Macht und Medien um 1500: Selbstinszenierungen und Legitimationsstrategien von Habsburgern und Fuggern 9783110539110, 9783110538397

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Macht und Medien um 1500: Selbstinszenierungen und Legitimationsstrategien von Habsburgern und Fuggern
 9783110539110, 9783110538397

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Kapitel 1: Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit
1. Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit
Kapitel 2: Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert
2. Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert
Kapitel 3: Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert
3. Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert
Kapitel 4: Ergebnisse
4. Ergebnisse
Anhang
5. Verzeichnisse

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Alexander Kagerer Macht und Medien um 1500

Deutsche Literatur Studien und Quellen

Herausgegeben von Beate Kellner und Claudia Stockinger

Band 23

Alexander Kagerer

Macht und Medien um 1500 Selbstinszenierungen und Legitimationsstrategien von Habsburgern und Fuggern

Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig‐Maximilians‐ Universität München (Tag der mündlichen Prüfung: 27.06.2016). Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Teilprojekt „Herrschernatur(en). Verkörperungen von Herrschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit“ der inter­disziplinären DFG-Forschergruppe „Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike – ­Mittelalter – Frühe Neuzeit“

ISBN 978-3-11-053839-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-053911-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-053841-0 ISSN 2198-932X Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: fidus Publikations-Service GmbH, Nördlingen Druck und Bindung: Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Für L., F., S. & B.

Vorwort Die Studie baut auf meiner an der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Beate Kellner und Tobias Bulang eingereichten Magister- beziehungsweise Staatsexamensarbeit auf.1 Durch die Betreuungszusage von Beate Kellner konnte ich die Forschungen vertiefend an einem breiteren Materialfeld ausbauen. Nach einem Promotionsstipendium der Stiftung der Deutschen Wirtschaft erhielt ich über das gemeinsam mit Ulrich Pfisterer bearbeitete Teilprojekt in einer von Andreas Höfele und Beate Kellner geleiteten DFG-Forschergruppe2 nicht nur wissenschaftliche und die notwendige finanzielle Unterstützung, sondern auch die Möglichkeit, kontinuierlich erste Forschungsergebnisse vorzustellen. So konnte ich von regelmäßig stattfindenden Projektsitzungen und Workshops profitieren; des Weiteren war es mir möglich, mit Kolleginnen und Kollegen auf Tagungen der Forschergruppe zu diskutieren.3 Mein herzlicher Dank gilt Beate Kellner für ihre Grundstein legende wissen­ schaftliche Förderung und ihren starken persönlichen Rückhalt gerade auch in Phasen des Zweifelns. Arndt Brendecke, Mariacarla Gadebusch-Bondio, Uta Goerlitz, Martin Hollegger, Jan-Dirk Müller, Ulrich Pfisterer, Barbara Stollberg-Rilinger und den Münchner Kolleginnen sowie Kollegen, allen voran Dominic Bormann, Magdalena Butz, Kathrin Gollwitzer-Oh und Alexandra Urban sei herzlich für ihr kontinuier­ liches Interesse an meiner Arbeit, besonders für ihre Inspiration, die wertvollen Tipps wie konstruktiven Anregungen und für den unkomplizierten Zugang zu einer Vielzahl an unveröffentlichten Quellenmaterialien gedankt, die im Folgenden in einen breiteren Kontext gestellt werden. Claudia Stockinger und Beate Kellner bin ich für die Aufnahme der Studie in ihre Reihe zu großem Dank verpflichtet, ebenso Maria Zucker und Frauke Schafft für ihre umsichtige wie professionelle Unterstützung. München im Frühjahr 2017 Alexander Kagerer

1 Die Arbeit trägt den Titel „Entwürfe von Herrschaft im Umfeld Kaiser Maximilians I. Studien zur historisch-genealogischen Konstruktion und multiperspektivischen Repräsentation von Macht am Beispiel von Jakob Mennels Fürstlicher Chronik“ und bearbeitete auf einem begrenzten Feld Ehrenwerke im Umfeld Kaiser Maximilians. 2 Das Teilprojekt „Herrschernatur(en). Verkörperungen von Herrschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit“ der interdisziplinären DFG-Forschergruppe „Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike – Mittelalter – Frühe Neuzeit“ gliederte sich in einen literaturwissenschaftlichen und kunsthistorischen Arbeitsbereich. 3 Deren Ergebnisse wurden auch einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt und publiziert, wie beispielsweise der Sammelband der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DFG-Forschergruppe zeigt: Jankrift/Kagerer/Kaiser/u. a. (2016); mein Aufsatz darin  – Kagerer (2016)  – präsentiert erste Forschungsergebnisse konzentriert auf die genealogischen Konstruktionen unter Habsburgern wie Fuggern. https://doi.org/10.1515/9783110539110-203

Inhalt Kapitel 1: Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom ­Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit   3 1.1 Einführende Bemerkungen   3 1.1.1 Begründung von Macht – eine Skizze    3 1.1.2 Macht im Kontext einer Memorialkultur   7 1.1.3 Repräsentation von Macht   8 1.2 Strategien der Machtsicherung   12 1.2.1 Die Körper der Machthaber zwischen Tradition und Ideal   12 1.2.2 Genealogische Konstruktionsformen – Phantasma und Kritik   21 1.3 Schwerpunkte der Studie – Verkörperung von Macht unter Habsburgern wie Fuggern um 1500    31 1.3.1 Zur Konstitution von altem und frischem Blut   31 1.3.2 Eingrenzung der Untersuchung: Materialfelder   32 1.3.2.1 Situierung des Themas mit Forschungsstand   32 1.3.2.2 Entwicklung der Fragestellung   41

Kapitel 2: Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert   45 2.1 Macht und Herrschaft im Übergang   45 2.1.1 Die Dynastie der Habsburger    45 2.1.2 Kaiser Friedrich III. – im Überblick   49 2.1.3 Kaiser Karl V. – im Überblick    58 2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut  2.2.1 Die Rolle(n) des Herrschers: Verkörperung(en) von Macht   69 2.2.2 Weißkunig   77 2.2.2.1 Entwürfe eines Ehrenwerks    77 2.2.2.2 Maximilian als gelehrter und werbender Herrscher    90 2.2.2.3 Die Sakralisierung des Kaisers als divus Maximilianus    106 2.2.3 Teuerdank   112 2.2.3.1 Gesamtanlage und Funktion der Clavis    112

 69

X 

 Inhalt

2.2.3.2 Tapferkeit und Ritterlichkeit    117 2.2.3.3 Übertragung in das carmen heroicum Magnanimus   128 2.2.4 Freydal   134 2.2.4.1 Übersicht zum Werk    134 2.2.4.2 Der Herrscher zwischen Turnier, Tanz, Erotik und minne    137 2.2.5 Austrias   147 2.2.5.1 Inhalt und Kontext   147 2.2.5.2 Maximilian als antiker Heros zwischen furor und clementia    150 2.2.6 Ludus Dianae und Rhapsodia   159 2.2.6.1 Virtuelle laudes und gelehrtes Wissen im Spiel   159 2.2.6.2 Repräsentation des Herrschers im Druck    164 2.2.7 Kaiserliche Monumente zwischen vergoldetem Stein und gedrucktem Papier   168 2.2.7.1 Goldenes Dachl   168 2.2.7.2 Stammbaum Schloss Tratzberg   176 2.2.7.3 Ehrenpforte    184 2.2.7.4 Triumphzug und Großer Triumphwagen   195 2.2.7.5 Grabmalsprojekt   206 2.2.8 Das Blut der Habsburger: Historisch-genealogische Konstruktionen und Dekonstruktionen in Text wie Bild   215 2.2.8.1 Fürstliche Chronik    215 2.2.8.2 Zaiger    255 2.3 Zusammenfassung mit Perspektiven    267

Kapitel 3: Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert 3

Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert    275 3.1 Alter und neuer Adel    275 3.1.1 Der Adel im Umbruch   275 3.1.2 Geblüts- versus Tugendadel: Blut vor Tugend – Tugend vor Blut   278 3.1.3 Adel und Handel   282 3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500   292 3.2.1 Repräsentation von Macht und Demut in Augsburg: Gebäude, Festlichkeiten und Stiftungen – ein summarischer Einblick   292 3.2.2 Fuggerchronik    305 3.2.2.1 Gesamtanlage, Struktur, Ziele und Überlieferung    305

Inhalt 

3.2.2.2 3.2.2.3 3.2.2.4 3.2.2.5 3.2.3 3.2.3.1 3.2.3.2 3.2.3.3 3.2.3.4 3.2.3.5 3.2.3.6 3.2.4 3.2.4.1 3.2.4.2 3.2.4.3 3.2.4.4 3.2.5 3.2.5.1 3.2.5.2 3.3

 XI

 309 Das Blut der Fugger: Schöne und starke Körper  Die Tugend der Fugger: Angeborn caritas   311 Exkurs: Der Zusammenbruch des Höchstetter-‚Hauses‘    313 Die Familie der Fugger zwischen Adel und Handel   318 Habsburgisches Ehrenwerk   328 Inhalt und Textgeschichte   328 Die Habsburger von den Anfängen bis Kaiser Friedrich III.: Buch I bis Buch VI   340 Die Habsburger unter Kaiser Maximilian I.: Buch VII   348 Geschichte der Habsburger on alle Poetterei   357 Genealogische Muster im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger und in der Fürstlichen Chronik Kaiser Maximilians I. – ein Vergleich   364 Von der Handschrift zum Druck   380 Ehrenbuch   400 Perspektiven zum Zweilinienwerk    400 Der Aufstieg der Fugger von der Lilie: Ökonomische Erfolge, genealogische Macht   412 Der Untergang der Fugger vom Reh: Bankrott des Geldes, Vertrocknen des Blutes   423 Das Ehrenwerk zwischen Text und Bild   428 Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines    429 Überblick zum Werk   429 Das Ansehen der Fugger    437 Zusammenfassung mit Perspektiven   444

Kapitel 4: Ergebnisse 4 Ergebnisse  

 453

Anhang 5 Verzeichnisse  

 461

5.1 Abkürzungsverzeichnis   461 5.2 Abbildungsverzeichnis    461 5.3 Literaturverzeichnis    469 5.3.1 Quellen    469 5.3.2 Forschung und Onlineressourcen  5.4 Namensregister    524

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Kapitel 1: Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Abb. 1.: Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 8r.

1 Entwürfe von Macht im Übergang vom ­Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit 1.1 Einführende Bemerkungen 1.1.1 Begründung von Macht – eine Skizze Ausgangspunkt für diese Arbeit ist die Überlegung, dass sich Machtsysteme nicht aus sich selbst heraus erklären können:1 Sie müssen sich vielmehr begründen.2 Gerade weil sie labil sind,3 diachron wie synchron betrachtet dem historischen Wandel ausgesetzt sind und den Moment des Entwurfes in sich tragen, bedürfen sie Selbstsymbolisierungen.4 Erst in unterschiedlichen textuellen wie visuellen5 Entwürfen – oder der Kombination beider mit je eigenen Schwerpunktsetzungen6  – sowie in kultu-

1 Vgl. hierzu die Thesen von Habermas (1973), v. a. S. 131–196. 2 Vgl. Strohschneider (2002), v. a. S. 147, dessen luzide Überlegungen zu Ursprungsgeschichten mittelalterlicher Prägung – er untersucht Diskurse im Kontext der „Alexius“-Legende – sich nicht nur auf Begründungsdiskurse des von ihm perspektivierten Zeitraums eingrenzen lassen, sondern in ihrer longue durée gelten. 3 Damit sind auch Demokratien gemeint, definiert man den modernen demokratischen Verfassungsstaat (Definition dazu bei Vorländer [1981], S. 32–33) als die säkulare Antwort auf die Frage nach der Legitimität politischer Ordnungen; siehe dazu generell Vorländer (20102), v. a. S. 9. 4 Diese können in demokratisch-pluralistischen Systemen sogar soweit gehen, dass man das Paradoxe der eigenen Ordnung selbst thematisiert, wie die Feierstunde zu Ehren von „65 Jahren Grundgesetz“ im Plenarsaal des Deutschen Bundestages am 23.05.2014 vor Augen führt: Navid Kermani, außerparlamentarischer Festredner, pointiert, dass die Verfassung „der Bundesrepublik Deutschland mit einem Paradox [beginnt]. Denn wäre die Würde des Menschen unantastbar, wie es im ersten Satz heißt, müsste der Staat sie nicht achten und schon gar nicht schützen, wie es der zweite Satz verlangt.“ Die Festrede ist abrufbar unter dem Webauftritt des Deutschen Bundestages: https://www. bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/-/280688 (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). Vgl. dazu auch Vorländer (2009), S. 111–112, ders. (2013a), S. 13 und ders. (2013b), S. 30. Das Medium der Schrift steht dabei nicht alleine, es bedarf der Visualisierung seiner Inhalte über Symbole, Bilder und Rituale. Ein besonders markantes Beispiel in der Visualisierung der deutschen Verfassung findet sich am Spreeufer des Deutschen Bundestages mit der Installation „Grundgesetz 49“ des israelischen Künstlers Dani Karavan: Durch transparente Glastafeln, die gleichsam als Stelen fungieren und in welche die neunzehn Grundrechtsartikel eingraviert sind, wird die Verfassung regelrecht öffentlichkeitswirksam ‚zugänglich‘ gemacht. (Siehe die Abbildung bei Kaernbach [2004], S. 87) Die Installation ist nicht einfach ‚nur‘ Kunst am Bau, bezeichnend, wenn der Webauftritt des Deutschen Bundestages die Installation unter der Kategorie ‚Kunst‘ listet (http://www. bundestag.de/kulturundgeschichte/kunst/ kuenstler/karavan/karavan/199028 [abgerufen zuletzt am 29.09.2016]), sondern für sich genommen bereits politisch. 5 Vgl. grundlegend dazu Belting (20117), v. a. S. 54–59. 6 Melville (2002), S. 79. https://doi.org/10.1515/9783110539110-001

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

rell je spezifischen Mechanismen7 und narrativen Dispositiven, wie beispielsweise Geltungsgeschichten,8 können sie für sich Legitimität generieren.9 Machtsysteme lassen sich insofern verstehen als besonders verdichtete symbolische Ordnungen.10 Macht wird dabei nicht nur in Geltung gesetzt, sondern sie muss stabilisierend in Geltung gehalten werden.11 Die Konstitution der Ordnung ist erfolgreich, wenn Präsenzherstellung von Ordnungsideen und -mustern gelingt.12 In den folgenden Studien interessiert dabei weniger, wie Machtsysteme im Einzelnen zu definieren sind, vielmehr ist zu analysieren, wie sie hergestellt, stabilisiert beziehungsweise entworfen werden.13 Begründungsdiskurse sind in historischer Dimension jeweils aufs Neue zu untersuchen.14 Besonders in der Nichtmoderne, vor allem in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften zentraleuropäischer Prägung, deren Epistemiken man eine, trotz ihres vergleichsweise schwachen Ausdifferenzierungsgrades,15 teilweise hohe Komplexität unterstellen kann,16 in denen darüber hinaus das Politische noch nicht

7 „Nur wenn man das berücksichtigt, gerät in den Blick, wie ein politisches Verfahren nicht allein Entscheidungen produzieren, sondern auch, wie es selbst deren Legitimität erzeugen kann.“ (Stollberg-Rilinger [2001], S. 12) 8 Melville (2002), S. 76 und Rehberg (2014e), S. 147. 9 Vorländer/Melville (2002), S. IX–XV. 10 Rehberg (2014a), S. 127; vgl. bereits ders. (1994), ders. (2001) und auch ders. (2014d). 11 Rehberg (2002), S. 344; vgl. auch ders. (2014b), S. 231. 12 Rehberg (2014b), S. 231. 13 Stollberg-Rilinger (2013b), S. 15. 14 Es gilt für nichtmoderne Gesellschaften jeweils das politische „Skelett mit kulturgeschichtlichem Fleisch und Blut auszustatten und so den ganzen politischen Körper in den Blick zu nehmen“, wie Stollberg-Rilinger (2001), S. 14 für das Spätmittelalter herausgearbeitet hat. 15 Zum Begriff vgl. Luhmann (1997), Bd. 1, S. 391–393, der moderne Gesellschaften als funktional ausdifferenziert beschreibt, zugleich – folgt man seiner systematischen Argumentationsstruktur (ebd., S. 351–354)  – auch nichtmoderner Kunst sowie Kommunikation hohe Komplexitätsgrade zugesteht (ebd., S. 392). Daher greifen Studien, die die Labilität des Mittelalters der Stabilität der Moderne gegenüberstellen (vgl. bspw. Blumenberg [1996], v. a. S. 548–549; ders. [1981], v. a. S. 162–179) oder eine lineare Verzeitlichung der Geschichte postulieren, „an deren Ende jene eigentümliche Art der Beschleunigung steht, die unsere Moderne kennzeichnet“ (Koselleck [20138], S. 19), gerade dann nicht, wenn in ihnen Momente des diskontinuierlich Kontinuierlichen außen vor gelassen werden. 16 Wie sehr dabei „[d]ie Erforschung des Mittelalters […] immer so sehr von der jeweils eigenen Gegenwart der Erforscher, ihren Zwängen, Interessen und Wünschen [handelt]“ (Groebner [2008], S. 74), zeigen aktuelle Studien. (Vgl. Fried [2002]) Dabei interessiert nicht so sehr, wie die Faszination am fortwährenden Rückblick ausgestaltet ist und wie sehr die ‚Hartnäckigkeit‘ des Mittelalters auch die Gegenwart affiziert, als vielmehr, wie die einzelnen Rückgriffe von der Moderne auf das Mittelalter diese selbst „durch den Bezug auf Vergangenes [an]reichern.“ (Kiening [2014], S. 16) Denn: „Es ist die Moderne, die den Horizont für die Beschäftigung mit der Vergangenheit bietet. Von ihr aus wird entworfen, was sich als zugleich alteritär und aktuell, fremdartig und anschlussfähig erweisen soll.“ (Ebd., S. 187)

1.1 Einführende Bemerkungen 

 5

ein autonomes gesellschaftliches Funktionssystem mit eigenen Handlungslogiken darstellt,17 lassen sich Entwürfe von Macht vertieft studieren. Hier anzusetzen und das Augenmerk auf die spannungsvollen, komplexen, teilweise widersprüchlichen Mechanismen der Begründung sowie Stabilisierung von Geltung zu legen,18 ist Anspruch dieser Arbeit. Die folgenden Studien beschäftigen sich maßgeblich mit der historisch-genealogischen Konstruktion und multiperspektivischen Repräsentation von Macht um 1500. Sie arbeiten exemplarisch an zwei Beispielfällen: Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik (Kap. 1) stehen auf der einen Seite Entwürfe von Macht unter den Habsburgerkaisern, mit einem Schwerpunkt auf Kaiser Maximilian I. (Kap. 2),19 sowie auf der anderen Seite jene der Fugger, vor allem der Fugger von der Lilie (Kap. 3),20 im Mittelpunkt. Ergebnisse und Perspektiven aus den Quellenstudien werden abschließend zusammengefasst (Kap. 4). Umbruchsituationen, wie im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit, sind als Untersuchungszeitraum für die Thematik dieser Arbeit gerade daher besonders aufschlussreich, „weil sie Anlaß zur Reflexion des sonst selbstverständlich Praktizierten geben.“21 Legitimitäten werden dann jeweils neu verhandelt.22 Welch große Rolle gerade darin mediale Dispositionen, unterschiedliche Modi von Zeichenhaftigkeit, textuelle und ikonische Strukturmuster spielen, wird sich in den folgenden Analysen zeigen: Die Medien sind substantielle Konstituenten in den Entwürfen von Macht. Medien tragen also weniger zur politischen Ordnung einfach nur bei, als dass sie diese selbst konstituieren.23 Sie verdoppeln das Repräsentierte, können es zugleich verstellen, da sie seiner statt agieren.24

17 Stollberg-Rilinger (20132a), S. 15. 18 Dabei sollen die vormodernen Phänomene nicht anachronistisch dem modernen Begriff „politisch“ unterworfen werden, vielmehr geht es um ein heuristisches Kriterium, das Strukturen in ihrer Relation zum Politischen als „einer kulturell fundamentalen, produktiven Sphäre umstrittener und stets neu einsetzender Begründungs- und Stabilisierungsversuche“ (Stollberg-Rilinger [20132a], S. 15) beobachtet: Das als zentrales Ziel der DFG-Forschergruppe „Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike – Mittelalter – Frühe Neuzeit“, erreichbar online unter dem Webauftritt der Forschergruppe: http://www.for1986.uni-muenchen.de/forschergruppe/index.html (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). 19 Friedrich III. und Karl V. werden sozusagen an den Rändern der Regierungszeit Maximilians I. summarisch betrachtet. 20 Die Fugger vom Reh sowie die Höchstetter werden in den nachfolgenden Studien nur gestreift. 21 Stollberg-Rilinger (2000), S. 403. 22 Stollberg-Rilinger (20132a), S. 21. 23 Stollberg-Rilinger (2013c), S. 39. 24 Kiening (2016), S. 30 fasst dieses Phänomen in seiner aktuellen Studie als „Fülle und Mangel“ von Medien auf: Sie sind „sowohl weniger, als das, worauf sie sich beziehen, als auch mehr.“

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Generell ist der Blick auf mittelalterliche Begründungsdiskurse von Macht für jeden modernen Wissenschaftler eine Perspektive der Fremdheit, in den Worten Barbara Stollberg-Rilingers, ein ethnologischer Blick.25 Die in dieser Arbeit unternommene Analyse der Machtentwürfe mittelalterlicher Dimension kann nur über die Rekonstruktion von Diskursen, Praktiken und so genannten „Objektivationen“ gelingen, in welchen sich die zeitgenössischen Bedeutungsstrukturen in gewisser Weise sedimentiert haben.26 Entwürfe von Macht sind umgeben von diskursiven Strukturen, welche einen zentralen Bestandteil bei der Herstellung von Geltungs- und Herrschaftsansprüchen einnehmen.27 Nicht die hinter ihnen liegende, wie auch immer geartete ‚soziale Realität‘ interessiert, als vielmehr ihr jeweiliges ‚Funktionieren‘, ihre Prozesssualisierung, ihre politische ‚Tektur‘.28 Diese kann gerade dann aufschlussreich analysiert werden, wenn im historischen Material konkurrierende Machtbereiche aufeinander treffen, wenn es zu Deutungskonflikten kommt, wenn das Imaginäre der Herrschaft thematisiert und sichtbar gemacht werden muss, wenn der Macht die Aura objektiver Faktizität, Notwendigkeit und Naturgegebenheit genommen ist.29 Diese Arbeit widmet sich über die Analyse von Machtentwürfen um 1500 dem komplizierten Geflecht wechselseitiger Geltungszuschreibungen, dem Bestand, Wandel wie Entwurfscharakter von Macht in der Frühen Neuzeit.30

25 Stollberg-Rilinger (2005), S. 12. 26 Stollberg-Rilinger (2005), S. 13. 27 Stollberg-Rilinger (2005), S. 16. Siehe hierzu die präzisen Formulierungen bei ebd., S. 20: „Man kann eine der besonderen Leistungen politischer Symbole, Mythen und Riten gerade darin sehen, daß sie hinter ihrer eigenen Vieldeutigkeit divergierende Positionen und Interessen wie hinter einer Konsensfassade verschwinden lassen.“ 28 Die Ausführungen von Wenzel/Müller (1999), S. 9, „daß uns Geschichte immer nur als textuell verfaßte und meistens in schriftlicher Form zugänglich ist: als in Texten strukturierte und gedeutete Historiographie“, gelten nach wie vor, denn „die sog. Realität [ist] nur in Repräsentationen faßbar […].“ 29 Stollberg-Rilinger (2005), S. 21. 30 Stollberg-Rilinger (2005), S. 21. Das auch als Erweiterung zu einer politischen Anthropologie; Definition dazu etwa bei Kiening (2003b), S. 84–85.

1.1 Einführende Bemerkungen 

 7

1.1.2 Macht im Kontext einer Memorialkultur Memoria31 spielt im Mittelalter und der Frühen Neuzeit eine zentrale Rolle.32 Otto Oexle hat memoria als „totales soziales Phänomen“33 mittelalterlicher Führungsschichten beschrieben:34 Dynastische Häuser, adlige Geschlechter und mächtige Gruppen konstituieren sich über die Dauer ihrer Erinnerung.35 Memoria ist nicht nur Erinnerung an Vergangenes, sondern immer auch schon die Vergegenwärtigung allen kommenden Erinnerns.36 Ohne retroperspektiver pietas und prospektiver fama kann Macht im Mittelalter nicht legitimiert werden.37 Die ewige gedechtnus beziehungsweise memoria ist Ziel der Inszenierungen von Herrschern wie Machthabern. Es geht darum, dass man sich an das Herrschafts- oder Machtzentrum und die einzelnen sterblichen Führungsfiguren erinnern wird.38 Kurz: Memoria schafft Identität.39 In der Frühen Neuzeit trägt memoria nicht nur nach wie vor eine zentrale poli­ tische Funktion in sich, diese wird gegenüber dem Mittelalter noch gesteigert: In Höfen und Dynastien, ebenso in größeren nichtdynastischen Machtverbünden, die um 1500 vielfältig institutionell strukturierte, kaum aber organisatorisch gesicherte Kommuni-

31 Während im digitalen Medienzeitalter der Gegenwart, als eine von Reizen und Informationen überflutete Welt (vgl. Haferland [2004], S. 21), Erinnern und Vergessen mehr und mehr an Trennschärfe zu verlieren scheinen (vgl. Assmann A. [2009], S. 217), ist memoria, verstanden als Aneinander-Denken und Füreinander-Handeln, spezifischer Ausdruck der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kultur. Man könnte zwischen zwei Dimensionen von Gedächtnis beziehungsweise memoria differenzieren: Zum einen die Fähigkeiten des Gedächtnisses selbst und dessen kulturelle Voraussetzungen, zum anderen der politische Aspekt, also „memoria als eine Form des sozialen Handelns von Individuen und Gruppen.“ (Oexle [1994b], S. 299) 32 Publikationen hinsichtlich des kulturellen Phänomens der memoria haben trotz ihrer großen interdisziplinären Bandbreite in einem erstaunlichen Maße inhaltlichen Konsens. Als Auszug mögen folgende wegweisende Arbeiten stehen: Kany (1987); Assmann J./Hölscher (1988a); Assmann A./ Harth (1991); Haverkamp/Lachmann (1991); ders. (1993); Nora (1984); Borgolte (1992); Wutke (1993). Auch die Mittelalterforschung, die memoria vor allem als soziales Phänomen begreift und das an soziale Gruppen gebundene Gedenken der Lebenden und Toten fokussiert, leistete einen erheblichen Beitrag an der Gedächtnisforschung; v. a. Schmid K./Wollasch (1984); ders. (1985). 33 Oexle (1994b), S. 302. Vgl. auch ders. (1994a). 34 Zur Kritik an der Definition von memoria als „totales, alle gesellschaftliche Interaktion durchdringendes Phänomen […] und als Phänomen langer Dauer,“ das „so den Blick auf die der Memoria wie jedem gesellschaftlichem Phänomen inhärenten semantischen, ikonographischen und diskursiven Mehrdeutigkeiten und Wandlungspotentiale [verstellt]“ siehe: Rohmann (2001), v. a. S. 104. 35 Oexle (1995), S. 9–78; mit übergreifenden, verallgemeinernden Thesen hierzu Halbwachs (1966) [französisch zuerst 1925], v. a. S. 307–309. 36 Assmann J. (20075), S. 47. 37 Memoria umfasst das Gedächtnis in seiner retroperspektiven und gleichzeitig auch in seiner prospektiven Dimension: Carruthers/Ziolkowski (2002), S. 20. 38 „Für die Konstitution und Legitimation konkreter politischer Ordnungen kommt dem Bezug auf die Vergangenheit ein großes Gewicht zu.“ (König [2010], S. 119) 39 Oexle (1995), S. 10.

8 

 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

kationsgefüge wie Erinnerungsräume darstellen,40 wird über weit ausgreifende und kühne multimediale Ehrenwerke die ewige gedechtnus gespeichert. Als sinnstiftendes Prinzip erhält memoria in der Frühen Neuzeit darüber hinaus eine Art Meta-Funktion, verstanden als Orientierungs-, Steuerungs- und Integrationselement,41 die nicht mehr auf Glauben beruhen kann, sondern zunehmend ‚bewiesen‘ werden muss: Über den Nachweis weit in die Vergangenheit zurückreichender Blutslinien wird Macht konstituiert. Memoria und damit verbunden Tradierung von Wissen trifft geradezu in die mikroskopischen ‚Synopsen‘, in die Innenräume und das ‚Mark‘ der frühneuzeit­ lichen Machtverbünde. Memorialbilder42 umspannen in der Frühen Neuzeit nicht nur Architektur und Denkmäler, sondern verstärkt auch gedruckte Texte43 wie ikonographische Darstellungen.44 Dimensionen der memoria schließen Literaturzeugnisse und Geschichtsdarstellungen mit ein.45 Man könnte die Kategorie der memoria als das jeden einzelnen Text übergreifende und das Wissen strukturierende Moment ansehen. Memoria, Wissen und Macht sind in der Frühen Neuzeit unmittelbar aufeinander bezogen.46

1.1.3 Repräsentation von Macht Die weit ausgreifenden Memorialkonstruktionen der Machthaber werden in der Frühen Neuzeit durch Medien sinnfällig gemacht. Über ‚Schlagbilder‘, ‚Visiotypen‘ und ‚Riesenschriften‘ wird Macht repräsentiert.47 Dabei ist nicht nur die Funktion der medialen Vermittlung und Propagierung eines Machtanspruches bedeutend, sondern die mediale Inszenierung folgte ihren eigenen Bedingungen und Möglichkeiten.48 Obwohl Machtdemonstrationen um 1500 in einem hohen Maße auf Präsenz angelegt waren, konnte ein Herrscher seine Person auf begrenzte Art und Weise immer nur einem Teil der politischen Gemeinschaft über face-to-face-Situationen zugänglich machen. Darin liegt ein struktureller Nachteil, den man durch Bauwerke

40 Vgl. Strohschneider (2001), v. a. S. 9–11; siehe auch Fried (2003), S. 142. 41 Faulstich/Giesecke/Burkhardt/Gersmann (2005), S. 20. 42 Oexle (1984), S. 384–440. 43 Einführend zum aufkommenden Druck bspw. Giesecke (1991); ders. (2007) und Heimann (2007), S. 147–160. 44 Erstmals herausgestellt hat diesen Zusammenhang Ohly (1984). Siehe in diesem Kontext des Weiteren die Studie von Thelen (1989). 45 Rösener (2005), S. 425. 46 Oexle (1994a), S. 155. 47 Vgl. Diers (1997), S. 25–27. 48 „Mediale Pluralität und Experimentalität charakterisiert die Situation mittelalterlichen Text- und Bildgebrauchs nicht nur an ihren Rändern, sondern in ihrem Zentrum.“ (Kiening [2003b], S. 14)

1.1 Einführende Bemerkungen 

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wie Säulen, Triumphbögen, Tempel, Grablegen oder Denkmäler, auch durch Münzen, Flugschriften, höfische Zeremonielle, Holzschnitte, Lieder und Sprüche zumindest teilweise kompensieren kann:49 Die Repräsentation von Macht gewann als Kollektivarbeit über mehrere Ebenen, die sich multimedial und -funktional überlagerten, an Gewicht,50 wobei manche Repräsentationsakte gar nicht in der Wirklichkeit stattfanden, sondern „vornherein“ nur auf dem Papier existierten.51 Im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit treten dabei vielfältige Medien auf: Während sich über Prachthandschriften ein besonders exklusiver Charakter von Macht unterstreichen lässt, erlauben es gedruckte Werke, einen größeren Rezipientenkreis zu erreichen. Den Texten beigegebene Illustrationen können den einzelnen Inhalt ‚anschaulich‘ machen.52 Zugleich arbeiten Bilder auf eigene Art und Weise: Die in ihnen entworfene Welt, um Überlegungen Klaus Krügers aufzugreifen, bietet Nähe und Unerreichbarkeit zugleich.53 Bilder oszillieren, stärker als Texte, zwischen einer „eigenwirklichen“ und doch „reproduktiven“ Existenz;54 in jedem Falle sind sie Medien der „Selbstverfassung und Selbstdeutung“55 von Machtverbänden. Die medialen Spezifika von Bild wie Text müssen in den einzelnen Repräsentationswerken der Machthaber jeweils aufs Neue analysiert werden. Zugleich sind Übergangsformen und Interferenzen zwischen den heterogenen Medien zu berücksichtigen.56 So umspannt die Vielfalt politischer Propaganda im 15. und 16.  Jahrhundert beispielsweise ‚verschriftlichte Mündlichkeit‘, ‚gedruckte face-to-face-Kommunikation‘, ‚repräsentative Öffentlichkeit im Druck‘.57 Derartige Repräsentationsformen von Macht tragen um 1500 Entwurfscharakter: Immer wieder werden ursprüngliche Konzepte verworfen, Texte wie Bilder umgearbeitet. Es zeigt sich auch, dass in den medialen Umbrüchen der Frühen Neuzeit,58 wie sie beispielsweise der aufkommende

49 Selbst dann, wenn diese von sich aus keine offiziell administrative Funktion haben: Müller (2004d), S. 97. 50 Müller (1982), S. 69. 51 Müller (2004d), S. 111. 52 So kann sich der Text den graphischen Mitteln stark unterordnen, wenn die Ordnung „historischer Phänomene durch die Graphik selbst vorgenommen wird, während der Text in die Aufgabe ihrer Erläuterung einrückt.“ (Melville [1987a], S. 68) 53 Krüger K. (1997), S. 72. Vgl. zur Visualisierung von Macht: Münkler H. (1995) und ders./Hacke (2009). 54 Krüger K. (1997), S. 72: Bilder sind – vielleicht stärker als Texte – Medien imaginärer Kommunikation, sie halten bewusst, dass der Anblick auf sie subsidiär für eine andere Betrachtung von Wirklichkeit steht. Im Medium des Bildes „sind das Sujet des Bildes und dessen Materialität im Sinne einer produktiven Spannung vermittelt.“ (Ebd., S. 77) 55 Krüger K. (2015), S. 7. 56 Müller (2004d), S. 96. 57 Müller (2004d), S. 103–105. 58 Müller (2004c), S. 52 spricht vorsichtig vom Medienwandel statt von einer Medienrevolution in der Frühen Neuzeit. Siehe hierzu auch die anregenden Studien von Eisermann (2003a) und ders. (2003b).

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Buchdruck oder verbesserte Illustrationstechniken darstellen, die neuen Möglichkeiten erst erprobt werden. Macht wird vielfach medial produziert und reproduziert, sie wird immer wieder aufs Neue situativ beziehungsweise okkasionell in den Medien hergestellt und ausgehandelt.59 Gleichzeitig soll ihr spezifisches arcanum gewahrt bleiben: Herrscher und Machthaber dürfen über Medien nicht ubiquitär ‚verfügbar‘ werden, müssen in diesen wiederum selbst verhüllt werden, um dem ‚Normalfall‘ entrückt zu bleiben.60 Darüber hinaus müssen gerade gedruckte Ehrenwerke Strategien entwickeln, um weiterhin als besonders kostbare Einzelwerke zu gelten.61 Die Ausstellung von Geltung findet erst dann in den symbolischen Medien ihren sinnlicherlebbaren Ausdruck.62 In den medialen Ehrenwerken geht es, so Jan-Dirk Müller, zentral um die Darstellung der Machthaber in bestimmten „traditionsgeheiligten“63 Rollen: Als mild, fromm, gebildet oder demütig werden sie in Text wie Bild ausgegeben. Die Repräsentation, dass der Fürst verschiedene Herrschertugenden in seiner Person verinnerlicht hat, wird im 16. Jahrhundert auch über eine Kombination aus Bild und Text erreicht. Das macht ein Faltblatt (Abb. 2) zu Ehren der Kaiserproklamation des Habsburgers Ferdinand I. von 1558 deutlich: Gezeigt ist die Krone des Kaisers. In Form eines Gittergedichtes wird die Mitrakrone64 durch einen figuralen Intext gebildet.65 Bügel und Hörner der Krone ergeben den Titel des Kaisers: Ferdinando Romanorum imperatori semper augusto. Die Edelsteine der Krone bilden drei, über den linearen Text angezeigte Herrschertugenden: clementia, prudentia und fortitudo sind geradezu als der Schmuck Ferdinands ausgegeben. Die flankierenden Säulen der Krone wiederum bestehen aus einem Akrostichon wie Telestichon, sie symbolisieren die Stützen in der Herrschaft des Kaisers.66 Gottesgnadentum, gratia Dei ducens, und die Tugend Ferdi-

59 Vgl. Krüger K. (2015), S. 7. 60 Warnke (20112), S. 486 61 Siehe hierzu die detailreichen Studien von Kiening (2016), v. a. S. 216–220 und bereits Kiening (2008), S. 56–57: „Neben der Ausgestaltung von Initialen und der Beigabe illustrierender Holzschnitte kam es schon früh zu aufwändigen Verschränkungen von Text und Bild in großen Druckunternehmen wie Schedels Weltchronik, Fridolins Schatzbehalter oder Maximilians Ehrenpforte. Doch änderten auch diese Unternehmen nichts daran, dass längerfristig mit der Ausbreitung gedruckter Bücher eine weitreichende Veränderung einherging: die Entindividualisierung, Entmaterialisierung und Entauratisierung des einzelnen Schriftstücks.“ Allerdings wären Kienings Schlüsse dahingehend zu überdenken, dass gerade kaiserliche gedruckte Ehrenwerke über die Beigabe einer Clavis, wie sie Maximilians „Teuerdank“ oder „Ehrenpforte“ tragen, wiederum vom ‚Normalfall‘ entrückt werden: Sie sind erst zu decodieren und schaffen sich damit (wieder) ihren eigenen kostbaren Status; siehe dazu im Folgenden die Studien v. a. unter 2.2.3 (zum „Teuerdank“) und 2.2.7.3 (zur „Ehrenpforte“). 62 Voigt (2008), S. 45. 63 Müller (2004d), S. 112. 64 Zur Interpretation als Mitrakrone siehe die wenigen Hinweise bei Römer/Klecker (1994), S. 192–193. 65 Kurze Analyse bei Römer/Klecker (1994), S. 192. 66 Römer/Klecker (1994), S. 193.

1.1 Einführende Bemerkungen 

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nands selbst, virtus assistens, sind das Fundament für eine entstandene Friedenszeit, wie der Text, von links nach rechts gelesen, besagt: Eius nunc semper clementia regnet in orbe. Das Beispiel weist darauf hin, dass der Machthaber in Ehrenwerken derart repräsentiert wird,67 als ob er die führende vorbildliche Rolle innehat – ganz unabhängig seiner tatsächlichen Machtstellung.

Abb. 2: Bartholomaeus Reisacher, Ferdinando Romanorum imperatori semper augusto (1558)68

Gerade weil Machtausübung kein factum brutum ist,69 muss der jeweilige Machthaber als tugendhafte Leitfigur für das Kollektiv immer wieder aufs Neue in Text und Bild,

67 Vgl. die Definition von Repräsentation bei Stollberg-Rilinger (2016b), S. 134. 68 Das Gedicht von Bartholomaeus Reisacher in: Raphael Hofhalter, Triumphus Ferdinando I. Ro. Imperatori […] Archigymnasii Viennensis nomine pro foelicibus Imperii auspiciis renunciatus. Ad Eundem Panegyrica Aliquot doctissimorum hominum carmina, Viennae Austriae 1558 (ÖNB, VD16 E 550), Bl. EA (das Gedicht ist als Faltblatt in das Werk als ÖNB, 38 E 47 eingeklebt). 69 Vgl. Foucault (2005a) [französisch zuerst 1994], S. 260.

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oder der Kombination beider, repräsentiert werden, wie das obige Beispiel zu Kaiser Ferdinand I. eindrucksvoll zeigt.

1.2 Strategien der Machtsicherung 1.2.1 Die Körper der Machthaber zwischen Tradition und Ideal Eine weitere Strategie zur Machtsicherung stellt in diesem Kontext die in Text wie Bild zur Schau gestellte Idealisierung der Körper dar:70 Die einzelnen Machthaber stehen ein für die jeweilige politische Ordnung, sie sind ihr Garant.71 Darüber hinaus bezeichnet der Umgang mit dem Körper72  – also ihr jeweiliger Einsatz und

70 Diese Feststellung erscheint trivial und bildet doch ein Forschungsdesiderat, denn „deutlich weni[g] Beachtung fand in der Mediävistik bislang […] die Frage nach der Legitimierung des jeweiligen Herrschaftsträgers als Einzelperson: Was befähigte einen individuellen Akteur in besonderem Maße zur Ausübung von Herrschaft und Macht? Dieser Ansatz führt zum Aspekt der persönlichen Eignung und Würdigkeit derjenigen Akteure, die politische Ämter einnahmen oder für sich beanspruchten.“ (Andenna/Melville [2015], S. 12) An diesem aktuellen Sammelband kann angesetzt werden, da er ebenso auf Legitimationsstrategien von Herrschaft und Macht aus dem Einzelnen heraus fokussiert, zugleich den Blick auf die Gemeinschaft übergreifende Legitimationsfiguren nicht aus den Augen verliert (im Band übernimmt v. a. Münkler M. [2015], S. 99–124 die Analyse, wie genealogische Entwürfe und Behauptungen persönlicher Idoneität aufeinander bezogen sind). Im Unterschied dazu bieten die nachfolgenden Studien in Kap. 2 und Kap. 3 mit Habsburgern und Fuggern um 1500 sozusagen den Mikroblick auf eine durch Umbrüche gekennzeichnete Zeit und heben dabei den Status von Medien im Besonderen heraus – überraschend, dass gerade diese Perspektive im Band von Andenna/Melville (2015) nur randständig geleistet wird. 71 Die Bandbreite an Literatur zum Themenkomplex des Herrscherkörpers ist nahezu unüberschaubar; als hilfreich für diese Studien boten sich v. a. die Studien von Meister (2012) an, da sie – obschon mit Konzentration auf das römische Prinzipat – über den spezifischen Blick auf vormoderne Quellen eine Analyse der physischen Manifestationen des Herrscherkörpers wie auch „der darin veranschaulichten Herrschaftssymbolik“ (ebd., S. 11) bieten können und in einer Zeit, die weder ein monarchisches Zeremoniell noch exklusive Insignien kannte, (ebd., S. 12) auf das Zusammenfallen von body natural wie body politic aufmerksam machen. (Ebd., S. 17 und v. a. S. 182–183, S. 225–226) Darüber hinaus sind die Studien anschlussfähig an Max Webers Modell der charismatischen Herrschaft (Weber M. [1975], v. a. S. 140–148, S. 654–687) und nicht zuletzt an Pierre Bourdieu (bspw. Bourdieu [1983] und ders. [1993] [französisch zuerst 1993]). Zur Diskursgeschichte des Körpers siehe v. a. mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Kamper (1973), v. a. 131–193; ders./Ritter (1976); ders. (1982); Bynum (1996), S. 1–33; Hillman/Mazzio (1997); Sarasin (1999), S. 437–451; ders. (2001); Guldin (2000); Hahn/Meuser (2002); Schroer (2005); Koschorke/Lüdemann/Frank/de Mazza (2007), v. a. S. 103–218; Höfele/Kellner (2016). Die breite Auseinandersetzung der Forschung mit den wirkmächtigen Thesen zum Individuum durch Burckhardt (1885), v. a. S. 143–194 kann hier nicht zitiert werden. Zur Auseinandersetzung der Theorie von den ‚zwei Körpern‘ durch Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957] siehe das Referat unter 1.3.2.1 in diesem Kapitel. 72 Foucault (2005a) [französisch zuerst 1994], S. 226, der von einer „Technologie der Macht“ spricht, versteht die „Machtmechanismen und Machtverfahren […] [als] Techniken, also als Verfahren, die

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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Gebrauch  – das eigentliche politische Handeln.73 Für die ‚Realisierung‘ von Macht ist der Körper der Mächtigen das entscheidende ‚Instrument‘.74 Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer derartigen Repräsentation von Macht,75 so das Postulat älterer Forschungsansätze,76 war im Mittelalter wie der Frühen Neuzeit ein unversehrter, gesunder wie ‚schöner‘77 Körper, kurz: Die physische Integrität. Sie kann gemäß humanistischen Ansprüchen nur gewahrt werden, wenn sich der Adel, der auß Tugend urspruenglich komt, vor allem vberlauffen vnd Fressen entsagt.78 Nur

erfunden und verbessert und ständig weiterentwickelt werden.“ Damit verbindet er in seiner Theorie drei Ebenen von Macht: Sie besitzt einen Ursprung, ein Wesen und muss sich immer in einer Äußerungsform niederschlagen. Umso eindringlicher stehen seine Studien im Zeichen des ‚Körperlichen‘, wenn er sein wissenschaftliches Arbeiten selbst (metaphorisch) auf das Vorbild der Chirurgie und der Anatomie zurückführt: „Mit meinem Schreiben durchlaufe ich den Körper der anderen, ich schneide ihn auf, ich hebe die Häute und Schichten ab, ich versuche Organe bloßzulegen und indem ich die Organe freilege, versuche ich schließlich […] dieses Etwas, das ihr Leben und ihr Denken ausgezeichnet hat und das in seiner Negativität letztlich alles organisiert hat, was sie gewesen sind, zum Vorschein zu bringen.“ (Foucault [2012] [französisch zuerst 2011], S. 41; vgl. dazu auch ders. [1973] [französisch zuerst 1969], v. a. S. 132–136) 73 „Der Körper ist das erste und natürlichste Instrument des Menschen.“ (Mauss [1989] [französisch zuerst 1950], S. 206) Eine grundlegende Einführung zu den ‚Techniken‘ der Herrscherkörper verstanden als „die Weisen, in der sich die Menschen in der einen wie der anderen Gesellschaft traditionsgemäß ihres Körpers bedienen“ bietet seine Studie bis heute. (Ebd., S. 199) Vgl. hierzu auch die Thesen von Stollberg-Rilinger (1986), S. 36, die Mechanismen der Maschinen-Metapher („[i]m Bild der Maschine sucht man auszudrücken, daß die Glieder des Staates einen lückenlosen wechselseitigen Funktionszusammenhang bilden“ [ebd., S. 122]) mit organologischen Metaphern engführt und so aufzeigt, dass „[d]ie Gesetze der Natur […] mit denen der Mechanik zu identifizieren [sind].“ (Ebd., S. 24) 74 Generell zur symbolisch-rituellen Dimension institutioneller Ordnungen im Alten Reich siehe die anregende Studie von Stollberg-Rilinger (20132a), die die „[w]eichen Themen der symbolischen Kommunikation […] [mit] den harten Themen der politischen Entscheidungshandelns“ zusammenbringen will. (Ebd., S. 17) 75 „In diesem Zusammenhang ist zu betonen, wie problematisch es ist, aus heutiger Sicht nach modernen Kriterien zu diagnostizieren, woran ein Fürst litt und ob er ‚wirklich‘ krank war […]. Die Quellen spiegeln ein breites Spektrum von Verhaltensweisen und Zuständen, das nur unvollkommen mit modernen Begriffen wie ‚Krankheit‘, ‚Geisteskrankheit‘ und ‚Regierungsunfähigkeit‘ gefaßt werden kann […]. Nicht nur die Begrifflichkeit bereitet Schwierigkeiten, sondern auch die Frage, nach welchen Kriterien die Umgebung eines Fürsten seinen Gesundheitszustand beurteilte […].“ (Nolte [2000], S. 16) Mit Aufnahme älterer wie jüngerer Forschung siehe die einschlägigen Aufsätze von Auge (2009), S. 21–46 und ders. (2015). 76 Dieses Postulat galt nach Auge (2009) bisher „[…] als […] historische[r] Tatbestand.“ (Ebd., S. 39– 40) 77 Zum Ideal der körperlichen Schönheit und Unversehrtheit der Herrschenden in der Dichtung (bspw. in den chansons de geste aus dem 10. bis 12. Jahrhundert, in Ritter- und Fürstenspiegeln oder in Chroniken und über eine Vielzahl an weiteren Beispielen): Auge (2009), S. 45–46. Zur politischen Dimension des „Körperkultes“ beim Fürstenadel im späteren Mittelalter siehe generell Nolte (2004), S. 45–92. 78 Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, Cap. LVIII., S. 68. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 22–85.

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dann können junge Adlige zu Gesundt vnnd steinhart Herren erwachsen, wie Reinhard Lorich in seinem Fürstenspiegel zur Erziehung der Fürstenkinder im 16. Jahrhundert unterstreicht.79 Als vorbildliches Beispiel dient der Koenig von Mauretanien Masinissa, der, wiewol neunzig Jar alt, noch von so guter körperlicher Verfassung war, dass er mit blossem Kopff kein Gewinde kein Frost kein regen hinderlich oder verdrießlich sein mocht.80 Die Sorge um seinen Körper, dieweil er von Jugendt sich auff kein Wollust deß Leibes begeben sondern Arbeitsam in weidlichen Haendeln geuebet vnnd gebrauchet einen trucken gesunden Leib gezogen hat, gilt Reinhard Lorich als Grund für seine Gesundheit bis ins hohe Alter.81 Wie einen Baum müsse man daher den Körper jedes jungen Fürsten groß ziehen und ihn in der jugend beugen,82 das heißt zum Besten erziehen: Wie man nu eines jungen Baums in der jugend wol warten vnd pflegen mus vnd sol anders ein geschlachter Baum daraus werden der nicht stachlich sey […] so mus man […] den Bawm schneitteln duengen vmbgraben raupen schnecken vnd anderm Unzieffer stewren […] vnd […] mus [man] auch solche edel jung Beumlein fleissig mit einem Zaun bewaren das es nicht von Zigen oder Boecken geschelet oder verbissen werde.83

Dagegen sind all die Herrscher zu verurteilen, die sich auff zuviel Trincken vnnd fleischlichen Luesten begeben haben, so dass sie krank und unfähig zu regieren wurden.84 Jede Krankheit oder Behinderung wurde damit – aus Sicht der älteren Forschung – im Mittelalter durchgehend als inutilis85 eingestuft: Ein versehrter Körper behindere die Machtzuschreibung oder weitere -ausübung, er war politisches Argument gegen eine Eignung als Herrscher oder Machthaber. Gesine Jordan konnte in neueren Studien

79 Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, Cap. LVIII., S. 77. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 22–85. 80 Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, Cap. LVIII., S. 77–78. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 22–85. 81 Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, Cap. LVIII., S. 77–78. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 22–85. 82 Christof Vischer, Wie man junge Fürsten vnd Herren dermassen auferzihen solle das sie hie nützliche Gefes vnd heilsame Regenten vnd dort in jenem leben Himelsfürsten werden mögen, Schmalkalden 1573, S. 235. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 219–251. 83 Christof Vischer, Wie man junge Fürsten vnd Herren dermassen auferzihen solle das sie hie nützliche Gefes vnd heilsame Regenten vnd dort in jenem leben Himelsfürsten werden mögen, Schmalkalden 1573, S. 235. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 233. 84 Nach Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, Cap. LVIII., S. 78 dienen Der Koenig von Syria, Sardanapalus und der Keyser Vitellius als besonders abschreckende Beispiele: Ebd., S. 78–80. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 22–85. 85 Vgl. besonders, auch mit Auseinandersetzung zu den Termini rex (in)iustus und tyrannus (in)utiliis, die Studien von Peters Ed. (1970), S. 2: „The full importance of the type rex inustilis, however, did not lie exclusively in theories […] but more deeply in what an astute recent scholar has described as the ‘modes of perception’ of men between the eighth and the fourteenth centuries.“

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diese – angeblich derart bedeutende – Rolle der physischen Idoneität bei der Erlangung und Behauptung von Herrschaft besonders über die Beispiele Karl III. der Dicke sowie Pippin der Buckelige relativieren:86 Beide blieben an der Macht beziehungsweise kamen zu Macht trotz ihrer körperlichen Makel.87 Zu denken wäre auch an den leprakranken König Balduin IV., der zwar seinen Schwager Guido von Lusignan zum Mitregenten machte, aber durch Willensstärke sowie Pflichtbewusstsein, wie es eine zeitgenössische Chronik hervorhebt, seine Krankheit ertrug und nicht zurücktrat: Febre igitur […] correputs et de vita desperans, convocatis ad se principibus suis, […] Guidonem de Liziniaco, sororis sue martium, comitem Ioppensem et Ascalonitanum, […] regni constituens procuratorem […]. […] Licet enim corpore debilis esset et inpotens, forti tamen pollebat animo et ad dissimulandam egritudinem et ad subportandam regiam sollicitudinem supra vires enitebatur.88

Demgegenüber lassen sich in normativen Texten vom frühen über das hohe bis ins späte Mittelalter hinein deutliche Hinweise finden, die eine enge Verbindung von physischer Integrität mit politisch-rechtlichen Befugnissen anzeigen.89 Nur dann wäre der Fürst imstande gut zu regieren, so betont Wolfang Seidel in seinem 1547 entstandenen Fürstenspiegel, wenn er mit maessigkait den leib bey guoter geschickligkait behelt.90 Die Herrscher müssen auf ihre Körper achten, damit sie alle zeit bey guoter vernunfft vnd scherpff jres verstands bleiben.91 Normative Werke wie die Lex Baiuvariorum92 und vor allem der Sachsenspiegel93 machen darüber hinaus den Status

86 Jordan (2009), v. a. S. 252–256. 87 Bei Herrschern, die Krankheiten überwanden, konnte Jordan sogar Formen von Machtsteigerung beobachten, da sie eine von Gott auferlegte Prüfung überstanden hatten und jetzt als mit besonderer Gnade belegt inszeniert werden konnten: Jordan (2009), S. 259 in Bezug auf Kehnel (2009). 88 Wilhelm von Tyrus, Chronik, hrsg. von Robert Huygens, Turnhout 1986 (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 63), lib. XXII, cap. 26 (25), S. 1049. Zugleich wurde Balduin IV. von Seiten des Heiligen Stuhls mit Verweis auf seinen körperlichen Zustand für den desolaten Zustand der Kreuzfahrerstaaten verantwortlich gemacht; siehe genauer Jankrift (1996), S. 56–57. 89 Auge (2015), S. 42. 90 Wolfgang Seidel, Wie sich ain Christenlicher Herr/so Landt vnnd Leut zu Regieren vnder jm hat/vor schedlicher Phantasey verhüten/vnnd in allen nöten trösten soll, 1547, S. 102: Die vierdt Regel. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 86–115. 91 Wolfgang Seidel, Wie sich ain Christenlicher Herr/so Landt vnnd Leut zu Regieren vnder jm hat/vor schedlicher Phantasey verhüten/vnnd in allen nöten trösten soll, 1547, S. 102: Die vierdt Regel. Zitiert nach der Ausgabe von Mühleisen/Stammen/Philipp (1997), S. 103. 92 Dum adhuc pater eius potest iudicium contendere, in exercitum ambulare, populum iudicare, equum viriliter ascendere, arma sua vivaciter baiulare, non est surdus nec cecus, in omnibus iussionem regis potest inplere. („Lex Baiuvariorum“, cap. 2, § 9, S. 96. Zitiert nach der Ausgabe von Eckhardt [1934]) 93 Wer ok ein kint geboren stum oder handlos oder vutelos oder blint, dat is wol erve to landrechte unde nicht le nerve. Hevet aber he len untangen, er he worde alsus, dat verluset he dar mede nicht. De meselseke man ne untvet weder len noch erve. Hevet he’t aver untvangen er der suke, he behalt it unde erst ist al en ander man. („Sachsenspiegel“, lib. I, cap. 4; zitiert nach der Ausgabe von Eckhardt [1955], S. 76–77)

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persönlicher Stellung generell an Kriterien wie legitimer Geburt und körperlicher Unversehrtheit fest.94 Für die Königswahl schloss der Sachsenspiegel einen lahmen oder leprakranken Kandidaten definitiv aus,95 ebenso sprach die Goldene Bulle vom Herrscher als tauglichen Mann, was nicht nur dessen moralisch-geistige Qualitäten, sondern auch seine körperlichen einschließt:96 Postquam autem sepedicti electores seu nuncii civitatem Frankenfordensem ingressi fuerint, statim sequenti die diluculo in ecclesia sancti Bartholomei apostoli ibidem in omnium ipsorum presentia missam de sancto spiritu faciant decantari, ad finem ut ipse sanctus spiritus corda ipsorum illustret et eourm sensibus lumen sue virtutis infundat, quatenus ipsi suo fulti presidio hominem iustum, bonum et utilem eligere valeant in regem Romanorum futurumque cesarem ac pro salute populi christiani.97

Nicht zuletzt aus der Tradition des ‚makellosen‘ Körperzustandes als Voraussetzung zur Führung eines Heerkönigtums98 oder der Übernahme eines Priesteramtes99 sind auch für den Herrscher im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Forderungen nach einem idealen Körper verbunden.100 Doch ist fraglich, ob im Umkehrschluss Hässlichkeit, Krankheit oder körperliche Mängel immer automatisch zur Degradierung junger Adeliger101 oder zur Herrscheruntauglichkeit führten.102

94 Siehe mit einer Vielzahl an weiteren Beispielen: Auge (2015), S. 42; für den „Sachsenspiegel“ differenziert ebd., S. 42–43, „dass ein späterer Körperdefekt keine Beeinträchtigung der noch im gesunden Zustand erworbenen Besitz- und Erbrechte nach sich ziehe. […] Wenn man so will, tritt hier ein Versorgungsmoment an die Stelle eines bedingten Leistungsprinzips älterer Prägung.“ 95 Dies wurde auch im jüngeren „Schwabenspiegel“ fortgeschrieben: Auge (2015), S. 43. 96 Auge (2015), S. 43. 97 „Goldene Bulle“, cap. 2 § 1, S. 332–334. Zitiert nach der Ausgabe von Weinrich (1983). 98 „Der erkennbare Konnex von körperlicher Eignung zu militärischer Führung […] wird gern in frühmittel-alterlichen Vorstellungen, z. B. dem Heerkönigtum aus der Zeit der Germanenwanderung, begründet gesehen […].“ (Auge [2015], S. 43) 99 „Für das Priesteramt […] galt […] das Ideal körperlicher Makellosigkeit. […] Das machte auch für das Herrschertum Sinn, wenn man an die sakrale Aura des Herrschers denkt […].“ (Auge [2015], S. 44) 100 Auge [2015], S. 44–45 mit Verweis auf die Forschung. 101 Zur adeligen Abschiebepraxis und der Praxis der „social markers“ die kritische Sicht bei Auge [2015], S. 49. 102 So evt. bei Kaiser Karl III. der Dicke, der so schwer erkrankte, dass er durch Arnulf ersetzt wurde. Generell ginge es um die Frage, „ob denn das vermeintliche Postulat körperlicher Unversehrtheit wenigstens bei der Inthronisation als Herrscher eine so zentrale Rolle spielte, wie behauptet wird.“ (Auge [2015], S. 54–55) So gelangte bspw. Karl III. trotz eines Anfalls geistiger Verwirrung auf den Thron; so wurde Albrecht I. trotz Einäugigkeit König; auch der zur Strafe geblendete Bela II. kam auf den Thron. Zu überlegen wäre auch, wie sich Wahl- und Erbmonarchie jeweils zu körperlichen Devianzen verhalten – welche Unterschiede es möglicherweise gibt.

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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Mit König Johann von Böhmen – nach Verlust seiner Sehfähigkeit später Johann der Blinde genannt  –103 ist jedenfalls ein besonderes Beispiel aus dem späteren Mittelalter überliefert, um nur eines exemplarisch aus einer ganzen Reihe diverser anzuführen,104 das einen körperlich versehrten, aber dennoch politisch agierenden Herrscher zeigt: Seine Blindheit führte nicht zur Absetzung vom Thron.105 Schließlich soll ihn der Makel seines Körpers nicht daran gehindert haben, sein Heer in der entscheidenden Schlacht bei Crécy gegen die Engländer zu befehligen.106 Er ließ sich im Schlachtfeld ganz nach vorne führen, qu’il puisse ferir un cop d’espée,107 um dort pflichtbewusst und furchtlos, alleine im Vertrauen auf Gott, zu kämpfen, wie eine zeitgenössische Chronik seinen Schlachtschrei festhält: Illuc me ducite, ubi major strepitus certaminis vigeret! Dominus sit nobiscum, nil timeamus!108 Indem Johann seinem Bündnispartner Frankreich bis in den Tod auf dem Schlachtfeld hinein Treue leistete, die angeblich auch das verfeindete England und nicht zuletzt der gesamte europäische Adel rühmte, wird er zur Zierde des Adels schlechthin.109 Johann entspricht damit Forderungen, sich nicht durch körperliche Schwäche von zivilen oder gar militärischen Leistungen abbringen zu lassen, wie sie Konrad Heresbach für den Fürsten definiert: Traditur corporis habitum firmum menti fuggerere ministerium aptum ne corporum imbecillitate impediti militaribis civilibusque actionibus tanquam laboriosis absterreamur.110 Die Schwäche durch Blindheit kann

103 Bereits 1337 am rechten Auge erblindet, verlor er 1340 auch das linke Auge; allg. dazu der Sammelband von Pauly (1997), darin v. a.: Bellwald (1997), S. 545–566. 104 Blinde, halbblinde oder geblendete Herrscher gibt es über das gesamte Mittelalter verteilt: So bspw. Kaiser Ludwig der Blinde (901-ca. 928); Albrecht I. (1255–1308); Graf Nikolaus von Holstein (1321–1397); Markgraf Wilhelm I. (1346–1407); Jan Žižka (1360–1424); Herzog Georg I. (1493–1531); ein besonderes Beispiel stellt der durch einen Turnierunfall verunstaltete und am rechten Auge erblindete Federico da Montefeltro (1422–1482) dar: Er wird in eine Reihe mit Hannibal gestellt, der ebenfalls ein Auge verloren habe, und sich „mit seiner im Profil erkennbaren, ganz charakteristischen Physiognomie […] sogar so oft wie kaum ein zweiter Herrscher […] porträtieren [ließ], wodurch er zu der ‚Nase Italiens‘ wurde.“ (Auge [2015], S. 52; siehe dort die Vielzahl an Beispielen zu weiteren, verletzten Herrschern) 105 Auge (2015), S. 53. 106 Als angebliche „Blüthe der Ritterschaft“ fiel Johann im Schlachtgetümmel, so Schötter (1865), S. 282. Zur Schlacht und der Rolle Johanns des Blinden siehe auch: Burne (1997), S. 567–596 und Atten (1997), S. 567–596; eine Übersicht zur Bewertung und Einordnung der Rolle Johanns des Blinden aus den unterschiedlichen Perspektiven der Forschung bei Seibt (1978a), S. 9–20. 107 Jean Froissart, Chroniques de France [1326–1400], hrsg. von Siméon Luce, Paris 1869–1975 (Société d’ Histoire de France), Bd. III, S. 178. 108 Beneš von Weitmuel, Chronicon [1283–1374], hrsg. von Franz Pelzel, Prague 1783–1784 (Scriptores rerum Bohemicarum), Bd. 1, S. 134. 109 Zur Trauerzeremonie für Johann durch die Engländer auf dem Schlachtfeld: Prestwich (2007), S. 150–152. 110 Conrad Heresbach, De educandis erudiendisque Principum Liberis, Frankfurt a. M. 1570 (BayStabi. 4 Pol.g. 117), Bl. 70.

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über den kräftigen Körper, der Grundbedingung für die erfolgreichen Kriegstaten ist, ausgeglichen werden, so dass Johann fürstlichen Ansprüchen (wieder) gerecht wird: Nam hi rectius valent qui corpore sunt viribus valido, quo in bellorum certamine se suosque servare, patriam tueri, periculaque superare possint.111 Des Weiteren kann Johanns außergewöhnliches inneres ‚Wesen‘, also seine Tapferkeit und Ausdauer, seinen physischen Makel überdecken, da die Krankheit seines Körpers eben nicht seinen Geist betrifft,112 obwohl das bei vielen Fürsten der Fall sei: Saepe enim morbos pervertere mentem videmus, neque ab re, nam corpore bene constituto, caeter melius cedunt, sin autem male habeat corpus, etiamsi omnes et animi et fortunae dotes affindantur, parum nobis vsui esse poeterunt.113 Die körperliche ‚Entstellung‘ durch Blindheit führt also nicht zur Schwächung des Königs, wie man nach zeitgenössischer Logik annehmen müsste ([e]t sicut fors mae elegantia animi pulchritudinem, ita deformitas animi turpitudinem plaerunque declarat),114 vielmehr korrespondieren Stärke des Körpers mit Mut wie Tapferkeit des Geistes: Statt als körperlich entstellter, damit schwacher König degradiert zu werden, entspricht Johann dem Idealbild eines Herrschers. Diskurse über den Zustand seines Körpers beschränken sich nicht auf das Mittelalter. In der jüngeren Gegenwart unterstellt man Johann von Böhmen nicht nur einen idealen Körper, man beweist, dass er tatsächlich ein ausgezeichnetes Äußeres besaß:115 So wurde das Skelett116 des ‚Helden aus Tschechien‘ im ausgehenden 20. Jahrhundert über eine röntgenologische, histologische wie serologische Untersuchung eingehend analysiert.117 Indem man die ursprüngliche „athletische Figur“ des

111 Conrad Heresbach, De educandis erudiendisque Principum Liberis, Frankfurt a. M. 1570 (BayStabi. 4 Pol.g. 117), Bl. 70. 112 Wie sehr Geist und Körper miteinander korrespondieren, zeigt nicht zuletzt Erasmus von Rotterdam, wenn er schreibt: Quidquid autem habet corpus boni, id ab animo scatet, velut a fonte. (Erasmus von Rotterdam, Institutio Principis Christiani. Fürstenerziehung. Die Erziehung eines christlichen Fürsten. Einführung, Übersetzung und Bearbeitung, hrsg. von Anton Gail, Paderborn 1986, S. 100) 113 Conrad Heresbach, De educandis erudiendisque Principum Liberis, Frankfurt a. M. 1570 (BayStabi. 4 Pol.g. 117), Bl. 70. 114 Conrad Heresbach, De educandis erudiendisque Principum Liberis, Frankfurt a. M. 1570 (BayStabi. 4 Pol.g. 117), Bl. 71. 115 Die vormoderne Bewunderung an Johann den Blinden als Verkörperung der Ideale des Adels scheint – das mag man hier anmerken dürfen – bis ins 19. und sogar bis ins 20. Jahrhundert ungebrochen, wenn er gerade während des Zweiten Weltkrieges zur emblematischen Heldengestalt v. a. der Widerstandsbewegung instrumentalisiert wird und auch für das Nachkriegs-Luxemburg eine entscheidende Rolle spielt; siehe hierzu Maas (1997). 116 Siehe die Fotographie des Skelettes bei Thill (1981), S. 19. 117 Für das große Interesse am Körper Johanns liefert die anthropologisch-medizinische Untersuchung seiner sterblichen Überreste in Prag 1980 ein besonderes Bsp. (Vlček [1981], S. 21, S. 23, S. 29)

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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Königs aus dem Mittelalter klinisch rekonstruiert, ist auch seine außergewöhnliche ‚Kampfesnatur‘ bewiesen.118 Im späten Mittelalter wiederum steht Johann in einer ganzen Reihe weiterer, erblindeter, halbblinder oder geblendeter Herrscher,119 die politisch aktiv blieben, ihre Herrschertauglichkeit trotz ihrer verletzten Natur nicht verloren haben.120 Auch Verrücktheit, als besondere ‚Sollbruchstelle‘121 in der als ‚rational‘ ausgegebenen Konstruktion von Macht, behinderte nicht unbedingt die fortlaufende Ausführung im Amt.122 Es bot sich – so zumindest als Hypothese mit Blick auf eine ganze Reihe an Beispielen formuliert123 – ein gewisser ‚Spielraum‘ im Umgang mit Krankheit, Wahnsinn, körperlicher wie geistiger Devianz bei politischen Leitfiguren an. Körperlicher Makel und politische Aktivität schlossen sich im Mittelalter nicht grundsätzlich oder prinzipiell aus: Es kommt darauf an, wie man mit der Krankheit umgeht und wie die Taten des Herrschers inszeniert werden. Man kann sogar den Eindruck gewinnen, dass sich aus einer deformierten Natur des Herrschers, gerade wenn es sich nicht um einen angeborenen Körperdefekt handelte, bei einer gewissen „(Über-)Erfüllung der Leistungsnormen“ Kapital schlagen ließ:124 In einer Art Narbenschau konnte dann der natürliche Makel zum politischen Ehrenzeichen umgewandelt werden. So schreibt beispielsweise Thietmar von Merseburg, dass Michael von Regensburg im

118 Vlček (1981), S. 31–32. 119 So beispielsweise Klaus von Holstein, der im Kampf gegen die Dänen ein Auge verliert und gerade dadurch zum idealen Landesvater wird: Comes Nicolaus extrincto in bello sibo von oculo eciam per quendam militarem de parte Dacie captiuatus est. (Presbyter Bremensis, Chronicon Holtzatiae, hrsg. von Martin Lappenberg, Kiel 1862 [Quellensammlung der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für Vaterländische Geschichte 1], cap. 26, S. 89) 120 Dagegen wertet ein Chronist die Königsqualität Albrechts I., der ein Auge durch falsche medizinische Versorgung erlitt, ab: er was ein gepaurischer man an der persone und het neur ain auge und gar einen unwirdichen anplich. (Zitiert nach Krieger K. [1994], S. 75) 121 Siehe hierzu die Überlegungen der Forschung aus der Alten Geschichte, die sich auf den Wahnsinn im römischen Kaisertum beziehen und (zumindest in methodischen Fragestellungen) einen guten Vergleichs- wie Anknüpfungspunkt für die Frühe Neuzeitforschung bieten könnten, die in diesem Punkt weitgehend ein Forschungsdesiderat ist. Mit Überblick zur Forschung aus theoretischen Gesichtspunkten: Winterling (2011), v. a. S. 7. 122 Zu denken wäre – so eine vorsichtige Hypothese – auch an während des Mittelalters gesteigerte ‚Entlastungsstrategien‘ im Umfeld eines gestörten Herrschers durch eine Art ‚Herrschafts-‘ und ‚Verwaltungsapparates‘, der auch unabhängig vom Krankheitsbild des Herrschers agieren konnte. Eine Auflistung geistig verwirrter oder kranker Fürsten bei Midelfort (1996), v. a. S. 49–70, S. 68: Ob Michael III. (842–867) wirklich wegen seiner geistigen Verwirrung ermordet wurde, diskutiert die Forschung; Heinrich IV. (um 1251-ca. 1272) wurde wegen seiner körperlichen wie geistigen Schwachheit abgesetzt; mit Karl VI. le Fou (1368–1421) ist ein bekanntes Bsp. gegeben, das einen verrückten Herrscher im Amt zeigt. 123 So bspw. leprakranke Herrscher (generell: Schelberg [2000]), die trotz der Krankheit im Amt blieben, wie bspw. Otakar IV. (1163–1192) oder Balduin IV. (1174–1185). (Auge [2015], S. 52–53) 124 Siehe besonders Auge (2009), v. a. S. 32–36.

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Kampf gegen die Ungarn schwere Kriegsverwundungen erlitt, diese aber als ‚Ausweis‘ jedem vorzeigen konnte und gerade dadurch zu höchsten Ehren kam: Qui cum commissa sibi optime diu regeret, commoventibus iterum orientales Ungris, cum caeteris, Bawariorum princibus his ad succurendum venit. […] Episcopus autem, abscisa suimet auricula et caeteris sauciatus membris, cum interfectis quasi mortuus latuit. […] Excipitur ab omnibus miles bonus in clero et servatur optimus pastor in populo, et fuit eiusdem mutilatio non ad dedecus, sed ad honorem magis.125

Pointieren könnte man, gerade mit Blick auf dieses Beispiel und noch einmal im Rückgriff auf den blinden König Johann von Böhmen: Wenn der natürliche Körper Mängeln, Defekten und Defiziten unterliegt, entscheidet seine politische Dimension. Wenn es der ‚politischen‘ Inszenierung zuträgt, wird der kranke, defekte ‚natürliche‘ Körper in besonderer Weise ge- wie benutzt. Wenn der blinde Herrscher – geradezu paradox – sein Herr anführend in die Schlacht leitet, dort im Nahkampf fällt, deutet seine Aura als Herrscher den Makel seiner menschlichen Natur um. Obwohl er blind ist, ist er fähig zu führen, wobei er, so eine zeitgenössische Chronik, nicht durch einen ritterlichen Nahkampf, sondern nur hinterrücks, durch die Pfeile der Engländer, niedergestreckt werden konnte.126 Schließlich stirbt Johann der Blinde heldenhaft in der Schlacht, ohne dass seine Dynastie oder das Reich untergingen:127 Er lebt im Blut seiner Nachfahren und -folger fort, wie beispielsweise in seinem Sohn Karl IV., der Kaiser des Reiches werden wird. Das mächtige Bild des aus einer als ganz ‚natürlich‘ ausgegebenen, langen Ahnenreihe herstammenden edlen Anführers, dessen Macht sich in seinen Nachfahren fortsetzen wird, scheint dem defizitären menschlichen Körper zusätzlich eine Aura zu verleihen, die den Makel in eine politische Auszeichnung überführt. Generell könnte man mit Bezug auf dieses sicherlich außergewöhnliche Beispiel verallgemeinern, dass unter Berufungen auf das Blut dem Herrscher ein „Transzendenzraum“128 angeboren erscheint, der ihm Idoneität129 für seine Herr-

125 Thietmari Merseburgensis, Chronik, hrsg. von Werner Trillmich, Darmstadt 1966 (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Bd. 9), lib. II, cap. 27, S. 64. 126 Der erlauchte Fürst, Neffe des Herrn Balduin, der unerschrockene Ritter, blind und dennoch bewaffnet, wurde durch Pfeile der Engländer tödlich getroffen. (Zitiert nach der Übersetzung von Hilsch [1997], hier S. 33) 127 Zu denken wäre in diesem Kontext auch an das Gebrechen Karls IV. oder an jenes von Sigismund sowie Friedrich III., die mit zunehmenden Alter nicht mehr ‚herrschafts‘-fähig waren, aber nicht abgesetzt wurden: Die ‚Führung‘ des Reiches funktionierte nach wie vor, selbst auf ‚einem Bein‘, wie sich nach der Fußamputation Friedrichs III. zeigte. (Wagner [2000], S. A3355) 128 In Anlehnung an das epistemologische Schichtenmodell von Foucault (2003) [französisch zuerst 1961], v. a. S. 98 und ders. (1991) [französisch zuerst 1972], S. 293–294; vgl. dazu auch Rau (2013), v. a. S. 90–91. 129 Zur Begriffsbestimmung: Andenna/Melville (2015), S. 15–17 und v. a. Peltzer (2015), S. 23–37.

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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schaft verleiht: Dieser Transzendenzraum ist die Tiefe der Vergangenheit der eigenen Dynastie.130 Nur auf den ersten Blick erscheint der Herrscher innerweltlich, doch wird erheblicher Aufwand betrieben, ihn zugleich zu sakralisieren oder ihn durch Verweise auf tatsächlich wie fiktive heilige Vorfahren oder über eine Anbindung an biblische Gestalten zu überhöhen. 1.2.2 Genealogische Konstruktionsformen131 – Phantasma und Kritik Mit dem Begriff des Transzendenzraumes beschreibt Gert Melville Strategien genealogischer Konstruktionen, Generationenketten anzufertigen, in welchen „der Fantasie kaum Grenzen gesetzt zu sein“ schienen.132 Geradezu hypertroph sind die Inszenierungen in der Macht des Blutes einer Dynastie.133 Entscheidend war, dass die genealogischen Konstruktionen trotz ihrer geradezu phantastischen Ausprägungen als plausibel erscheinen.134 Einen vorübergehenden Höhepunkt dieser genealogischer Repräsentation,135 also des Repräsentierens von Machtansprüchen aus der Tiefe der Dynastie über eine lange Kette an Vorgängern wie Vorfahren, mag man vor allem beim Sohn Königs Johann von Böhmen, dem späteren Kaiser Karl IV., finden.136 Seine Machtrepräsentation versucht, die ruhmreiche Herkunft der Dynastie in Schrift, Bild und auch in steinerner Form für kommende Zeiten zu bewahren: Die Sicherung seiner gedechtnus blieb bis in die Frühe Neuzeit hinein Maßstab setzend.137 Neben seiner eigenen Autobiographie und selbst erstellten Legenden138 schrieb er die Inszenierung seiner Abkunft von der alten böhmischen Herrscherdynastie auch in seinem Werk Hystoria nova de s. Wenceslao martyre duce Bohemorum nieder.139

130 Melville (2013), S. 150. 131 Zur Verwandtschaft im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit mit unterschiedlichen Ergebnissen, Methoden und Zielsetzungen: Bloch H. (1983); ders. (1986); Heck/Jahn (2000); Finucci/Brownlee (2001); Kellner (2004a); Melville/Rehberg (2004). Übergreifende Arbeiten zur Genealogie: Weigel (2002); dies. (2004a); dies./Parnes/Vedder (2004b); dies. (2006). 132 Melville (2013), S. 150. 133 Grundlegend hierzu die Forschungen von Kellner (2004a), v. a. S. 1–130. 134 Im Unterschied zum spätmittelalterlichen Kontext, wo allmählich Skepsis aufkommt. Siehe Kellner (2004a), S. 152. 135 Zur genealogischen Inszenierung der Dynastie in Luxemburg-Böhmen siehe die Studien bei Clemens (2001), S. 13–113. 136 Allg. dazu Seibt (1978a); ders. (1978b); Hoensch (2000), v. a. S. 105–192; Rosario (2000). 137 Clemens (2001), S. 112–113. 138 Eine detaillierte Auflistung von Werken Karls IV. bei Clemens (2001), S. 19 und S. 70. 139 Ausgabe mit Übersetzung bei Blaschka (1934). Wenzel ist als ‚Jesus-gleiche‘ Figur im Text besonders markiert, wenn er, kurz vor seiner Ermordung, folgende Worte spricht: Cras in vigilia prepositi paradisi, calicem passionis amore domini bibam; qui animam meam representabit deo meo. Nunc autem mecum bibite et epulamini, nam de genimini huius vitis amodo non bibam vobiscum. (Ebd., S. 71)

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Abb. 3: Edelsteinwand in der Kreuzkapelle auf Burg Karlstein (um 1400), Gesamtansicht heutiger Zustand140

Neben schriftlichen Aufzeichnungen dieser Art wird die genealogische Potenz unter Karl IV. auch in bildlichen wie architektonischen Medien modelliert. Die Burg Karlstein, geplant als ‚Hof‘ für die zahlreichen Reliquien und Heiligen der Dynastie Karls IV.,141 ist die in Stein gehauene Genealogie und Repräsentation des Gipfels der Macht. Sie ist gleichsam das architektonische „himmlische Konzil, ausgedrückt in der Metapher der leuchtenden Wände,“142 das sich über die vielen Ahnengalerien143 der Luxemburger und schließlich über die Kreuzkapelle, die gleichsam die Vision eines heiligen Jerusalem miteinschließt,144 in die Ewigkeit einschreiben will (Abb. 3).145 Heilige Könige, Äbte wie Bischöfe stehen in mit teuren Edelsteinen wie Gold verzier-

Indem in diesem Text Wenzel, als der Vorfahre wie Vorgänger Karls, zur heiligen Figur stilisiert wird, erreicht man eine Überhöhung der kaiserlichen Genealogie: Wenzel stirbt für das dynastische Heil seiner gesamten Familie. 140 Siehe einen ähnlichen Abdruck bei Seibt (1978b), S. 96. 141 Legner (1978), S. 169–184; vgl. auch Dvoráková (1964). 142 Belting (20117), S. 374–375. 143 „Statt die Wände auszumalen, füllte man sie mit einer lückenlosen Serie von Bildtafeln, auf denen alle Heiligen des örtlichen Kalenders mit Bild und Reliquie repräsentiert sind. […] So brachte man Ikonen und Reliquien zur Allianz.“ (Belting [20117], S. 374) Wie Ikonen und Reliquien für dynastische Ansprüche funktionalisiert werden, arbeitet ebd., S. 375 über ein Marienbild heraus, das Karl IV. der Reliquienbüste Karls des Großen als gotischen Anhänger umhängen lässt, um so sichtbare Evidenz zu stiften, „was zuvor nur eine Legende gewesen war.“ (Ebd.) 144 Clemens (2001), S. 82. 145 Das „Schreiben als Sich-Einschreiben in die Ewigkeit, als Herstellung einer Textur, die nicht mit dem Vergänglichen vergeht,“ (Kiening [2011], S. 44) ist damit einerseits nicht nur eine zentrale Idee mittelalterlicher klerikaler Schreibkultur, sondern auch dynastischer Verbünde, andererseits nicht nur auf die Schrift beschränkt, sondern umfasst auch weitere ‚Medien‘ wie Bilder. Dafür steht paradigmatisch auch die Freskenreihe auf Burg Karlstein, die nicht nur über die brabantische, karo-

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ten Portraitreihen nebeneinander und führen so die exklusive ‚Macht‘ der eigenen Dynastie auch ganz basal über die verwendeten Materialien vor Augen. Die Kapelle auf Burg Karlstein verkörpert die Fiktion einer bis in alle Ewigkeit bestehenden Genealogie des Hauses Luxemburg, die von keiner anderen zeitgenössischen Dynastie übertroffen werden konnte.146

Abb. 4: Fresken, Sigmund von Bayern-München, Alter Hof München (um 1460), Ausschnitt heutiger Zustand147

Als ein weiteres Phänomen derartiger Herrschaftskonstitution über Medien könnte der von Herzog Sigmund von Bayern-München nach 1460 in Auftrag gegebene Bilderzyklus im Ahnensaal des Alten Hofes in München angeführt werden (Abb. 4), der die Herzöge der Wittelsbacher in ihrer genealogischen Abfolge präsentiert.148 Weniger kam es dabei auf historische Genauigkeit, denn auf die prächtige Ausgestaltung an: Leuchtende Farben und gemalte Wappen schmücken die Ahnengalerie. Die historisch-genealogische Konstruktion zeigt, dass die Wittelsbacher eine besonders edle Dynastie sind, da sie direkt von Karl dem Großen abstammen, der wie selbstverständ-

lingische und merovingische Linie bis zu den Trojanern zurückgeführt wurde, sondern daran noch euhemeristisch verstandene Gestalten der antiken Götterwelt zurück bis Noah anschloss. (Melville [2013], S. 152) 146 Melville (1987c), S. 263; vgl. auch Rosario (2000), S. 30. 147 Anonym, Fresken, Farbe auf Stein (82cm x 120cm), München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. 38. Siehe den S/W-Abdruck bei Clemens (2001), S. 160. 148 Föringer (1851/1852), S. 270.

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lich ‚zwischen‘ ihren Ahnen steht.149 Damit werden die Wittelsbacher zu den einzig wahren Herren Bayerns erhoben.150 Mittels der Modellierung von Blutslinien sowie Amtssukzessionen in Text wie 151 Bild erweisen sich Genealogien in hohem Maße als flexible kulturelle Konstruktionen zur Legitimierung von Macht über Naturalisierungen.152 Trotz ihrer Prozessualität inszenieren sie sich als stabil.153 Genealogien sind damit eine Möglichkeit der

149 Der Text unter der Figur (in Abb. 4 von links gesehen an 6. Position): Carolus magnus/ der gorleich [sic!]/ Romischer kaiser/ zu Franckreich. Siehe dazu auch Clemens (2001), S. 160–161. 150 In eine ähnliche Richtung geht die „Bayerische Chronik“ von Ulrich Füetrer um 1500. (Ulrich Füetrer, Die Bayerische Chronik, hrsg. von Reinhold Spiller, München/Aalen 1969) Darin werden die Wittelsbacher nicht nur auf Karl den Großen zurückgeführt, sondern gleichsam als die einzig große Dynastie präsentiert, die sich auf einen Spitzenahn, den so genannten Bavarus, rückführen kann. (Clemens [2001], S. 177–178) Deutlich wird bei diesem zweiten Beispiel, auf welche erheblichen Konstruktionsverfahren sich dynastische Genealogien stützen und einen gleichsam hybriden Charakter entwickeln. 151 „Die Geschichte des genealogischen Denkens ist von der Geschichte ihrer Repräsentationsformen bzw. Medien nicht zu trennen.“ (Weigel [2002], S. 79) 152 „Natûre meint im Mittelalter nicht […] die belebte oder unbelebte Außenwelt des Menschen, […] sondern die in dieser und im Menschen selbst aufgrund ihrer Geschöpflichkeit wirkenden Kräfte und Prinzipien.“ (Grubmüller [1999], S. 3) Dabei ist Natur als so wirkmächtig gedacht, dass es über sie heißen kann: natûre ist der ander got,/ siu gebiutet unde twinget. (Der Stricker, Tierbispel, hrsg. von Ute Schwab, Tübingen 1983 [ATB 54], S. 53–54, V. 109–130) Ihre „normsetzende Qualität [gerät] in Konflikt […] mit dem Schöpfer und Richter Gott.“ (Grubmüller [1999], S. 7) Im höfischen Kontext des Mittelalters ist Natur eine Instanz zur Bestimmungen idealer Herrschaft: Ihre Macht wirkt konstituierend, definiert man Macht nicht als ein Vermögen, das etwas bewirkt, sondern als ein relationales Gefüge. Gerade das Animalische wird darin zu einer Chiffre für die Spannung zwischen Höfischem und Unhöfischem, „indem [sich] von der Peripherie bis ins Zentrum das Maß höfischer Disziplinierung steigert.“ (Friedrich [2009], S. 175) Allerdings ist das Wilde, Unzivilisierte weniger ein Gegenpol zum Höfischen, von dem es sich zu distanzieren gilt, sondern es kann auch die Sphäre des Bewunderten und ursprünglich Reinen in sich tragen, das wiederum seinerseits in Spannung zu höfischer Dekadenz treten kann; Natur hat dann Vorbildfunktion: „Der kulturelle Status von Herrschaft wird als ein natürlicher ausgegeben […] durch Rekurs auf eine providentielle Ordnung und eine überlegene ratio.“ (Ebd., S. 154) Diese Gedankenfiguren weiter gedacht, kann wiederum das ‚wilde‘ Gewaltethos des Heros als Legitimierung für einen Herrschaftsanspruch über die chaotische Natur hervortreten. Natur ist darin die Gebrochene, sie ist bezwungen. (Ebd., S. 333) 153 Jürgen Habermas hat das System der Verwandtschaftsbeziehungen in archaischen Gesellschaften als die totale Institution beschrieben: Es regle gänzlich die soziale Zugehörigkeit und die Rollendifferenzierung und ziehe eine „Grenze der sozialen Einheit.“ (Habermas [1995], S. 235) Vgl. auch die Beispiele bei Assmann J. (20075), v. a. S. 163–195, S. 196–228, S. 259–292. Differenzierter und mit einer Reihe an Beispielen für das Mittelalter und die Frühe Neuzeit siehe Kellner (2004a), S. 46: „Den Rahmen bzw. die Matrix […] [der] genealogischen Darstellungsformen bilden im christlichen Mittelalter zweifelsohne die alttestamentarischen Geschichten vom Ursprung der Menschheit und der kontinuierlichen Zeugung der Geschlechter seit Adam sowie die Genealogie Christi im Neuen Testament – pointiert formuliert also die biblische verbürgten Genealogien der Menschheit und des Gottes­ sohnes.“

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Idealisierung der Mächtigen durch Kanalisierung des Blutes.154 In ganz ‚natürlichen‘ Bildern wird die Verschränkung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unter den Gliedern einer Gruppe geleistet.155 Das zeigt deutlich ein 1475 zur Huldigung des Habsburgers Sigmund von Tirol erstellter Stammbaum (Abb. 5): Der Holzschnitt ist ausdrücklich als bom156 bezeichnet, der des hauses österreich auff wachsen visualisiert.157

Abb. 5 und Abb. 6: Heinrich Steinhöwel, Stammbaum der Habsburger (1476)158

154 Es ist das Blut einer Dynastie, das in aufwändigen Konstruktionen als natürliche Legitimationsgrundlage für die Geltung von Macht dient. Siehe hierzu grundlegend: Melville (1987a), S. 57–154; ders. (1987c), S. 203–309; Czerwinski (1993); Melville/Rehberg (2004); Kellner (2004a); Kiening (2009); Bauer V. (2013). 155 „Die transpersonale Kontinuität von Herrschaft über die Zäsur des Generationenwechsels hinweg wird in der Kontinuität des Sippenkörpers […] gewahrt, und diese wird im genealogischen Denksystem primär über die Linie des Blutes garantiert.“ (Kellner [2004c], S. 43) 156 Zur Leistungsfähigkeit des Baummodells in der Frühen Neuzeit siehe v. a. Berns (2000), S. 160–163. 157 Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476 (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 7v. 158 Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 8r, Bl. 8v; Abbildung in Bauer V. (2013), Kat. 50, S. 227.

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Pflanzliche Ranken stehen für die genealogischen Verflechtungen, die Buchstabenchiffren neben den Figuren werden im Anschluss durch Namensnennungen (Abb. 6) aufgelöst: Unten rechts ist Albrecht IV.159 zu sehen. Von ihm ausgehend ‚wächst‘ das Haus in die Höhe. Ganz oben in der Bildmitte sitzt schließlich Maximilian.160 Das Wachsen der Dynastie in der Zeit ist visuell über Bilder aus der Natur nachgezeichnet.161 Die weit zurück liegende Abstammung oder der Hinweis auf viele zukünftige ‚natürliche‘ Nachkommen sollen Text, vor allem Bild zur ‚Anschauung‘ bringen. Nicht im (modernen) biologistischen Modus wird argumentiert, sondern das Bewusstsein, das Repräsentieren der genealogischen Macht, ist die Wurzel der politischen memoria.162 Verkürzt ausgedrückt: Tote,163 Lebende und noch zu Zeugende sind über ihre Verwandtschaft als in einem ‚Haus‘ integriert dargestellt.164 In der Frühen Neuzeit wird diese Art der genealogischen Repräsentation nicht nur für Entwürfe von Macht genutzt, sie wird auch parodiert. So beispielsweise im volkssprachigen Werk165 Dil Ulenspiegel166, um in diesen Vorüberlegungen ein besonders 159 Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 8v; Abbildung in Bauer V. (2013), Kat. 50, S. 227. 160 Der zu seiner Figur dazugehörige Text besagt, Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 10v; Abbildung in Bauer V. (2013), Kat. 50, S. 227: Maximilianus des genantte kayser friedrichs liebster sun. Siehe dazu auch Bauer V. (2013), S. 226. 161 Indem Ladislaus Sunthaim diesen Holzschnitt der Handschrift in einen späteren Druck überführt, markiert das Bild auch den Beginn fürstlicher Stammbäume in der Druckgraphik: Bauer V. (2013), S. 226. 162 Oexle (1988), S. 101. 163 Das Totengedenken scheint besonders kommunikativ zu sein, da es jeweils von einer Gruppe lebender Menschen gehalten wird. Es ist zugleich kulturell, das es spezielle Träger, Riten und Institutionen abbildet und es ist in besonderem Maße zeitlich, da es retroperspektive und prospektive Erinnerung in sich vereint. Zum Hintergrund des Einflusses antiker Leichenzüge auf das Mittelalter und die Frühe Neuzeit im Speziellen vgl. Lauro (2007), S. 157. 164 Assmann J. (1988b), S. 101. 165 Zitiert als „Dil Ulenspiegel“ nach der Ausgabe: Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, nach dem Druck von 1515, hrsg. von Wolfgang Lindow, Stuttgart 2010, 27. Historie, S. 78. 166 „Dil Ulenspiegel“ wird dabei zu so genannten Prosaromanen gerechnet – „ein wenig spezifizierter Gattungsbegriff, der sich für längere fiktionale Erzählungen vor allem des 15. und 16. Jahrhunderts eingebürgert hat,“ (Müller [1985], S. 1) und sich als ein neuer literarischer Typus um 1500 herausbildet, der gesellschaftliche Transformationen reflektiert. Prosaromane stehen  – aus (post)moderner Sicht – in Distanz zur ständisch-exklusiven Literatur des Mittelalters, zugleich in Distanz zur Literatur einer sozialen und bildungsmäßigen Elite. Mannigfaltige Veränderungen um 1500, unter anderem die Produktionsbedingungen von Texten, die Erwartungen an wie die Selbstsicht von Autoren spiegeln die Prosaromane auf ganz unterschiedlichen Ebenen wieder: Beispielsweise scheint die Verwendung von Prosa anstatt des Verses der immer stärker um sich greifenden Transformation um 1500 vom Hören der Texte hin zum Lesen dieser Rechnung zu tragen; zusätzlich wird „[mit] dem Druck grundsätzlich die Textgestalt stabilisiert.“ (Ebd., S. 36) Des Weiteren wird der Gebrauch der jeweiligen Texte offener: „Erzähler, Publikum und Gegenstand [rücken] auseinander.“ (Ebd., S. 56–57)

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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schlagendes, wenngleich auch spezifisches Beispiel167 anzuführen, dessen ambiger Status nicht zuletzt im Wesen des Protagonisten selbst angelegt scheint.168

Abb. 7: Ulenspiegel als Maler (1515)169

167 Zur Altersdatierung, Druckgeschichte und der Abhängigkeit der Versionen: Honegger (1973), S. 81–83. 168 Besonders die jüngere Eulenspiegel-Forschung hatte Probleme damit, die Figur, aber auch das Werk als ganzes auf Eindeutigkeiten hin zu interpretieren und zu kategorisieren. So wurden Versuche unternommen, eine Art Ständedidaxe über die systematischen Anordnungsprinzipien der einzelnen unterschiedlichen Schwankreihungen im Prosaroman herauszuarbeiten und damit die Figur Ulenspiegel didaktisch auszudeuten. (Honegger [1973], S. 109–115; siehe auch die weiteren Forschungsbeiträge zur Druckgeschichte, ders. [1974], S. 9–14, sowie zur Figur des Ulenspiegel, ders. [1975], S. 19–35; ders. [1983], S. 29–48) Ein Spektrum der Didaxe wurde zu erschließen versucht, (Roloff [1983], S. 54– 79) ebenso die Interpretation der Rolle Ulenspiegels als „intelligenter Außenseiter“ (Brackert [1983], S. 20) oder als Exempel des Bösen schlechthin unternommen. (Wiswe [1976], S. 177) Umgekehrt wurde Ulenspiegel auch als Vertreter von Wahrheit und Kritiker gegen Ausbeutung wie Bosheit interpretiert. (Spriewald [1974], S. 82; dies. (1977), v. a. S. 366, S. 370, S. 372) Immer wieder wurde – basierend auf selektiven Studien  – eine didaktische Absicht des Autors unterstellt. (Bspw. Virmond [1981], S. 64) Gegen Versuche dieser Art „spricht allein schon, daß man sich nicht einigen kann, ob er nun positiver oder negativer Held ist.“ (Müller [1985], S. 85–86) Der Text unterläuft eindeutige Interpretationsversuche bereits in seiner ästhetischen Struktur: „Nicht von einem didaktischen Konzept her ist das Deutungspotential zu fassen, sondern ausgehend von einzelnen Situationen und Interaktionsformen.“ (Ebd., S. 86) Auch die Figur Ulenspiegel entzieht sich einer bestimmten moralischen und politischen Festlegung: Will man Eulenspiegel in einigen Passagen des Prosaromans als Helden sehen, so lassen sich zugleich Beispiele finden, in denen er als Antiheld auftritt sowie vice versa: „Eulenspiegel schädigt (zur Strafe) die Bösen, aber auch zweckfrei die anderen; er beutet Ausbeuter wie Ausgebeutete aus.“ (Ebd., S. 86) Die Unabgestimmtheit in der Figur führt zu einem Entwurf einer Erzählwelt, in der „Lösungen nie exemplarisch, sondern nur von Fall zu Fall […] gelingen.“ (Ebd., S. 86–87) Mit anderen Worten: Im „Dil Ulenspiegel“ geht es nicht um die Ausstellung positiver oder negativer Leitbilder. Vielmehr könnte der Prosaroman losgelöst von unmittelbar moralisierenden Bewertungen auf die Ausstellung unterschiedlicher Verhaltensmuster abzielen, die einmal als anziehend, einmal als abstoßend vorgeführt werden, beide Male als komisch kodiert sind. (Ebd., S. 86) 169 Ulenspiegel als Maler: Herman Bote, Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel gebore uß dem Land zu Brunßwick. Wie er sein Leben volbracht hatt. 96 seiner Geschichten, Straßburg 1515, Bl. G3r; siehe

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Abb. 8: Pfaffe Amis als Maler (1478)170

Ulenspiegel, der ähnlich dem Protagonisten seiner mittelalterlichen Vorlage im Pfaffen Amis,171 einem Fürsten zusichert, dessen genealogische Macht in einem Stammbaumfresko zu präsentieren, zieht nach angeblicher Vollendung das Leinentuch hervor und urteilt über die Betrachter seines Werkes: wer dann nit recht eelich geboren ist, der mag mein Gemält nit wol sehen.172 Weder der Fürst, noch später die Fürstin und ihr Gefolge können etwas erkennen. Dies fängt der Holzschnitt aus dem Druck von 1515 ein (Abb. 7):173 Er zeigt Ulenspiegel, der die angeblich nach ganz gängigen historisch-genealogischen Konstruktionen ausgeführte dynastische Genealogie des Landesfürsten in seinen ‚schönen‘ Fresken einem ins Nichts starrenden Landesfürsten in Anwesenheit dessen Hofes erklärt.174

den Abdruck des Holzschnitts auch bei: Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, nach dem Druck von 1515, hrsg. von Wolfgang Lindow, Stuttgart 2010, 27. Historie, S. 77. Zitiert als „Dil Ulenspiegel“. 170 Pfaffe Amis beim König in Paris; Der Stricker, Pfaffe Amis, Straßburg 1478 (BayStabi. 4 Inc.s. a. 1719 m), fol. 6r. 171 Der Text reflektiert die Vorlage selbst, wenn er in der Vorrede davon spricht, dass etlicher Fabulen des Pfaff Amis und des Pfaffen von dem Kalenberg als Zulegung beigegeben sind. („Dil Ulenspiegel“, Vorrede) 172 Ulenspiegel spricht die hohe Qualität seines Werkes an, so künstlich und auch so von schonen Farben. („Dil Ulenspiegel“, S. 79) 173 Allgemein zur Reziprozität zwischen Narr und Herrscher siehe bspw. Frank/Koschorke/Lüdemann/de Mazza (2002), S. 244–253; die Autoren gehen, v. a. S. 28–37, S. 38–43, auch genauer auf die beiden Werke „Pfaffe Amis“ und „Dil Ulenspiegel“ ein. 174 Sehen gnädiger Herr, diser Man, daz ist der erste Landtgraff von Hessen und ein Columneser von Rom geweßen unnd hatt zu einer Fürstin und Frauwen gehabt des milten Justinians Tochter, einer Hertzogin vonn Bayern, der nun darnach Keiser ward. Sehent, gnädiger Herr, vonn dem da ward geboren Adolffus; Adolffuss, der gebar Wilhelm den Schwartzen. Wilhelm gebar Ludwigen, den Frumen. Und also fürhin biß uff Ewer fürstliche Gnad. („Dil Ulenspiegel“, S. 79)

1.2 Strategien der Machtsicherung 

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Was hier ihm Rahmen dieser Studien besonders interessiert, ist die Macht des Genealogischen, auf die Ulenspiegel rekurriert, und mit der das frühneuzeitliche Werk regelrecht zu spielen scheint.175 Dabei orientiert sich Dil Ulenspiegel an seiner mittelalterlichen Vorlage Pfaffe Amis, die in der Frühen Neuzeit stark rezipiert wird:176 So erhält die Szene aus dem mittelalterlichen Text, die der oben beschriebenen ähnelt, beispielsweise in der Straßburger Handschrift um 1480 einen kolorierten Holzschnitt (Abb. 8), welchen das gedruckte Werk Dil Ulenspiegel wieder aufzugreifen scheint. Allerdings kommt es zu Verschiebungen zwischen Handschrift und Druck: Deutlicher als in der Handschrift ist im Druck Eulenspiegels Zeigegestus über die Verlängerung eines Stabes zu sehen, der in der Handschrift fehlt. Des Weiteren findet im Druck die Szenerie in Anwesenheit des Hofes statt, während in der Handschrift nur der vermeintliche Maler/Betrüger sowie der Fürst dargestellt sind. Die Pointe der eingebildeten genealogischen Darstellung der Fresken wird durch diese Veränderungen im Druck nochmals verstärkt: Das Werk parodiert regelrecht die Imagination von ‚Erwartungs-Erwartungen‘.177 Die Adligen, die mächtig, also genealogisch gesehen von edler Geburt sind, müssen selbstverständlich die mediale Inszenierung der dynastischen Genealogie zu lesen imstande sein;178 diejenigen wiederum, die ‚wirklich‘ mächtig sind, deren Macht ist ‚selbstverständlich‘ auch in medialen Repräsentationen zu sehen.179 Doch ohne einen genauen Nachweis im Bild, ohne das ‚wirkliche‘ Sehen der Blutslinien funktioniert diese Art der Repräsentation nicht.

175 Nicht eindeutige Erzählwelten prägen die Prosaromane, sondern mehrdeutige. Es entstehen heterogene Schichten. Dies scheint grundlegend für die Variationen in den Mikro- und Makrostrukturen der Texte bei ihren Neudrucken. Eingebettet in textübergreifende Diskurse kommt es in den Prosaromanen zu Reihenstrukturen: Es fehlt häufig ein Rahmen mit Einleitung und Schluss, die Handlung verläuft über eine Textreihung. (Müller [2003a], S. 97) Mit dieser ‚Offenheit‘ prägt die Texte nicht zuletzt eine Mehrdeutigkeit ihrer Aussagen. 176 Das zeigt schon die Vielzahl der Handschriften: So bspw. die Handschriften E (Fragment 5 Domarchiv Erfurt Pergamentdoppelblatt 2. Viertel 14. Jhd.), B (Ms. germ. fol. 762 Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin Papier 1419), C (cod. 408 Badische Landesbibliothek Karlsruhe Papier um 1430), G (cod. Chart. A 823 Forschungsbibliothek Gotha Papier 2. Hälfte 15. Jhd.), S (Hs.-Br. 5 Stadtund Kreisbibliothek Sondershausen Pergament 2. Hälfte 15. Jhd.), Z (Ms. S 318 Zentralbibliothek Zürich Papier 1479–1536), P (Rar. 422 Bayerische Staatsbibliothek München Druck Ende 15. Jhd.), A (cod. ser. nov. 2663 Österreichische Nationalbibliothek Wien Pergament 1504–1516) und V (Valentin Holls Handschrift [Bibliothek Merkel 966] Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Papier 1524–1526). 177 Vgl. den Terminus bei Stollberg-Rilinger (20132a), S. 9. 178 Man könnte regelrecht von der „Repräsentation einer Repräsentation“ sprechen: Siehe zum Terminus die Überlegungen von Stollberg-Rilinger (20132a), S. 55. 179 Die imago „stellte gewöhnlich eine Person dar und wurde deshalb auch wie eine Person behandelt.“ (Belting [20117], S. 9) Beltings Studien zur ‚charismatischen‘ Wirkkraft sakraler Bildnisse im Sinne einer Bildertheologie („Kunsttheorie war zur Sache der Kirche geworden, ein Instrument der Glaubensüberwachung“, ebd., S. 175), die er überwiegend an Material und Diskursen vom frühen bis ins späte Mittelalter herausarbeitet, gelten gerade auch dann für Bilder von Herrschenden wie Mäch-

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Was von dieser Szene schließlich bleibt, ist die Einzahl des ‚natürlichen‘ „von den Requisiten der Macht depravierten Körpers“ des Fürsten.180 Der Fürst und der Hof dürfen diesen medialen Leerlauf aber gerade nicht öffentlich aussprechen: Ihre eigene Ehre stünde auf dem Spiel.181 Sie ist ohne Untermauerung des genealogischen Anspruches in Text oder Bild kaum glaubwürdig. Genealogie muss medial repräsentierbar sein, da sie nicht einfach nur für die ‚natürlichen‘ Körper der Dynastie stellvertretend steht, sondern diese ebenso verkörpert.182 Das (leere) Freskenbild im Dil Ulenspiegel steht im Kontext eines breiten Diskurses in der Frühen Neuzeit, der die Glaubwürdigkeit des Genealogischen nicht ‚einfach‘ in Zweifel zieht,183 vielmehr verstärkt sich die über eine derartige Skepsis hinausgehende, von humanistischen Gelehrten um 1500 formulierte Kritik gegenüber dynastisch-genealogischen Konstruktionsformen noch um ein Weites.184 Der Glaube an das Blut reicht nicht mehr aus. Gerade daher müssen Formen genealogischer Repräsentation, an die in der Frühen Neuzeit festgehalten wird, gegenüber den Ausprägungen im Mittelalter noch gesteigert werden: Imposante multimediale Ehrenwerke entstehen, die in Handschrift wie Druck, in Text und Bild aus der genealogischen Vergangenheit Ansprüche für die Gegenwart sowie Zukunft über breite Beweiskonstruktionen ableiten und Kritik abzuwenden versuchen.185

tigen, wenn sich diese ebenso als transzendente Figuren feiern lassen (siehe nochmal das Beispiel zu Kaiser Karl IV., das Belting, ebd., S. 374–376 selbst nennt). 180 Frank/Koschorke/Lüdemann/de Mazza (2002), S. 153. Siehe dort auch zusätzlich zur Interpretation des obigen Beispiels eine Reihe weiterer, ähnlicher Beispiele, jedoch in spezifischen Kontexten: Ebd., S. 147–156. 181 Frank/Koschorke/Lüdemann/de Mazza (2002), S. 147–156. 182 Das in Bezug auf Kiening (1999), S. 75: „Der Körper im Text verweist auf jenen Körper jenseits des Textes, den dieser nicht wirklich repräsentieren, den er aber als das Subjektivität ermöglichende Objekt markieren kann.“ 183 Wobei auch hier extrem ausgreifende Versionen entstehen können. Beispielhaft sei nur Fischarts opulente „Geschichtsklitterung“ genannt, die eine Bearbeitung und Fortsetzung von Rabelais‘ „Gargantua“ darstellt und in der die Parodie auf die Genealogie einer Riesenfamilie das narratologische Grundgerüst der Erzählung bildet. Siehe mit weitreichenden Überlegungen v. a. Kellner (2007b), dies. (2008), dies. (2009b). 184 Siehe hier die Ausführungen im 2. Kap. des vorliegenden Bandes unter 2.2.8.1. 185 Siehe hier die Ausführungen im 2. Kap. des vorliegenden Bandes unter 2.2.8.1.

1.3 Schwerpunkte der Studie – Verkörperung von Macht 

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1.3 Schwerpunkte der Studie – Verkörperung von Macht unter Habsburgern wie Fuggern um 1500 1.3.1 Zur Konstitution von altem und frischem Blut Die folgenden Studien werden an die bisherigen Überlegungen anknüpfen, um sie zugleich zu spezifizieren. Das soll über die exemplarische Analyse zweier Machtdemonstrationen um 1500 geleistet werden: Erstens stehen Entwürfe ‚uralten‘ Blutes unter Kaiser Maximilian I. im Mittelpunkt (Kap. 2). Zweitens geht es um die Entwürfe des ‚frischen‘ Blutes der Fugger (Kap. 3). Wie das alte Blut der Dynastie und das neue Blut der aufgestiegenen adligen Kaufmannsfamilie konstituiert wird, soll untersucht werden. Als wie wirkmächtig Genealogie gerade für dynastische Höfe186 im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit ist, zeigt der Habsburgerkaiser Maximilian I. besonders. Die ‚wissenschaftliche‘ Erschließung der genealogischen Vorgeschichte sowie der verwandtschaftlichen Verflechtungen des Hauses Habsburgs wird unter Maximilian I. gelehrten Mitarbeitern übertragen. Hofgenealogen sammeln historische Spuren des Hauses und werten diese kritisch aus beziehungsweise vergleichen diese miteinander. Debatten entstehen unter den Genealogen, um Genauigkeit und Stimmigkeit zu erzielen.187 Professionalisierung und Verwissenschaftlichung sollen die genealogischen Konstruktionen des gedechtnus-Werkes gegen Zweifel absichern.188

186 In dieser Arbeit interessiert weniger, wie, ob und wohin sich Höfe im Verlaufe der Zeit entwickeln, wobei überhaupt zu fragen wäre, ob es im deutschen Reich bereits um 1500 ein Konzept von Hof gegeben hat, wie es Norbert Elias am Ancien Régime entwickelte (siehe hierzu die breiten Studien von Elias [1977], auch ders. [1976] zum Zivilisationsprozeß; die opulente Kritik dazu über eine Vielzahl an anderem, heterogenem Quellenmaterial bei Dürr [1988–2002]), als mehr, wie sie sich begründen, wie sich Entwürfe politischer Ordnung auch in der Verwendung diverser Medien niederschlagen bzw. durch diese erst zur ‚Darstellung‘ gebracht werden können und welche zentrale Rolle darin jeweils der Herrscher selbst einnimmt: „Da die Höfe die Zentren der vormodernen sozialen und politischen Beziehungsgeflechte waren, verspricht der Blick auf [sie] […] daher grundsätzliche Aufschlüsse über die sozialen und politischen Strukturen und deren Wandel, hier: die Prozesse der Machtkonzentration, sozialen Differenzierungen und herrschaftlichen Verdichtung.“ (Stollberg-Rilinger [2000], S. 397) Besonders interessiert das Spannungsfeld zwischen hoch komplexen kulturell-geschaffenen Konstrukten, die als ganz natürlich ausgegeben werden. Man könnte pointieren, es geht um den engen Konnex aus ‚Macht der Natur‘ und ‚gemachter Natur‘. 187 Vor allem unter Johannes Stabius, Jakob Mennel, Ladislaus Suntheim und Johannes Trithemius aus Sponheim entstanden Diskussionen, wobei letzterer in kritischer Polemik von Johannes Stabius angegriffen wurde, da seine angeblichen genealogischen Fabeleien nicht Zusammenhängendes zu einer vermeintlichen Einheit verschmelzen würden. Siehe hierzu genauer: Kap. 2.2.8.1 des vorliegenden Bandes. 188 Vergleiche hierzu das von Maximilian I. bestellte Gutachten bei der Wiener Theologischen Fakultät, das die Rückführung der genealogischen Linie bis Noah und die Übereinstimmungen mit den

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Die Fugger wiederum verwandelten regelrecht ökonomische in symbolische Macht.189 Sie sprengten Konventionen der ständischen Lebensführung, ignorierten als Zunftbürger die bürgerlichen Konsumschranken, als Reichsgrafen verletzten sie die adligen Erwerbsbeschränkungen.190 Dabei ist nicht die Frage zu stellen, ab wann sich die Familie nicht mehr als bürgerlich, sondern als adelig verstand,191 vielmehr ist der Akzent auf die generationenübergreifenden, man könnte formulieren, die durch und durch politischen Strategien der Familie zu legen, wie sie sich dem Adel assimilierte und sich als ‚Mitspieler’ in das Machtgefüge über Inszenierungen der Natur ihres Blutes einfügte.192 Interessant ist, dass das Haus der Fugger keine glorreichen Ursprünge hatte, somit keine weite genealogische Rückführung präsentieren konnte; umso mehr inszenierte und repräsentierte es sich in der Gegenwart und übertraf darin nicht selten altadelige Dynastien. Die Repräsentation und Inszenierung der Macht der Familie nahm, vorsichtig gesprochen, ‚herrschaftsähnliche‘ Züge an: In der Ausgestaltung von Festen und Feiern,193 von Hochzeiten,194 von Begräbniszeremonien,195 in der zur Schaustellung von Kleidern und Wappen,196 des Besitzes an Tieren197 und der architektonischen Ausschmückung der Firmensitze198 profilierte sich die Familie.

1.3.2 Eingrenzung der Untersuchung: Materialfelder 1.3.2.1 Situierung des Themas mit Forschungsstand Im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit treten Veränderungen in den Herrschafts- wie Machtpraxen auf: Etablierte Konzepte und Repräsentationsformen

Genealogien des Alten Testaments beglaubigen sollte: Gutachten der Wiener Theologischen Fakultät von 1518, ÖNB cod. 10298. 189 „Einen ersten Schritt auf diesem Weg unternahmen sie 1473, als Kaiser Friedrich III. finanziell nicht in der Lage war, anlässlich der Verlobung seines Sohnes Maximilian mit der burgundischen Erbtochter Maria [von Burgund] sein Gefolge angemessen einzukleiden. Die dem Kaiser in Augsburg empfohlenen Fugger statteten die habsburgischen Gefolgsleute aus ihren Tuchvorräten aus, als Gegengabe verlieh ihnen Friedrich III. das Lilienwappen.“ (Voigt [2008], S. 332–333; summarische Überlegungen auch bei Kagerer [2016], S. 163–165). 190 Vgl. Mörke (1983); Koutná-Karg (1996); Stollberg-Rilinger (1996), S. 45. 191 So die ältere Forschung, bspw.: Pölnitz (1966); Robert (1969). 192 Stollberg-Rilinger (1996), S. 45. 193 Koutná-Karg (1993), S. 89–98. 194 Hervorzuheben wäre beispielsweise die Hochzeit Anton des Jüngeren im Jahre 1591: Koutná-Karg (1993), S. 92. 195 Koutná-Karg (1993), S. 91. 196 Vgl. Jaritz (1993); Dinges (1992). 197 Lieb (1958), S. 401. 198 Lieb (1958), S. 90–124; Schulte (1904); Kellenbenz (1990).

1.3 Schwerpunkte der Studie – Verkörperung von Macht 

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von Macht werden brüchig, bedürfen der Neuaffirmation oder gar -definition.199 Es kommt nicht darauf an, dass Machthaber die ‚eine‘ Rolle als Leitfigur vorbildlich verkörpern. Vielmehr bieten sie über heterogene Rollen Sinnangebote für unterschiedliche Gruppen. So werden gerade um 1500 verschiedene Rollen in der Leitfigur so stark ineinander geschoben, dass sie kaum mehr voneinander zu trennen sind, andererseits sogar miteinander konfligieren. In unterschiedlichen Medien und Repräsentationsformen werden vielfältigen Facetten in der idealisierten Person der Machthaber entfaltet. In einem weiten Spektrum aus heterogenen Medien – von handschriftlich überlieferten zu gedruckten Texten, von Wappen, Zeichnungen, Druckgraphiken, Denkmälern bis hin zu residenzartigen Bauwerken – findet die Repräsentation von Macht medienübergreifend, nie medienunabhängig statt. Dabei scheint bereits die Wahl der Medien und Materialien, in denen die Mächtigen und ihre Familie visualisiert werden, Aussagekraft zu besitzen über Ziele der Repräsentation. Auf je unterschiedliche Art und Weise profiliert eine ganze Reihe an heterogenen Texten wie Bildern beispielsweise Kaiser Maximilian. Dies soll in Kap. 2 anhand der multimedialen maximilianeischen Ehrenwerke erschlossen werden, wie beispielsweise Weißkunig, Teuerdank, auch Jagdbuch, Freydal, Amores, Ludus Dianae, Rhapsodia und Austrias.200 Welche Rolle des Herrschers sie jeweils einzeln, aber auch in summa perspektivieren, wie sie jeweils unterschiedlich die Führungsposition des Herrschers in den Blick nehmen, schließlich, welche Seite der Wesenszüge des Kaisers mehr herausgearbeitet ist, welche mehr abgeblendet wird, soll hinterfragt werden. Dazu werden die Texte mit weiteren Werken, auf die sie breiten Einfluss hatten  – beispielsweise der Teuerdank auf den Triumph zu Bintz  – oder aus denen sie selbst schöpften – beispielsweise die Austrias aus Homer wie Vergil –, verglichen. Nicht zuletzt wird der ‚Inszenierungskontext‘ der Werke untersucht – beispielsweise, wenn der Ludus Dianae tatsächlich aufgeführt wurde  – sowie ihre mediale Vielfalt analysiert, schließlich ein Vergleich der Texte mit Bildern angestrebt werden – so bei der auf gedechtnus angelegten ‚erotischen‘ Rolle Kaiser Maximilians beispielsweise im Teuerdank mit der in den Gemälden von Joos van Cleve ausgestellten Rolle als Werber und ‚Liebender‘.201 Die Analyse weiterer Werke perspektiviert genauer die spezifischen medialen Leistungen in der Inszenierung von ewiger Macht Maximilians I.; so können Unter-

199 Dieser Entwurfscharakter von Macht bzw. politischer Ordnung um 1500 wird ersichtlich, gesteht man – in Anlehnung an Foucault (2005a) [französisch zuerst 1994], S. 260 – generell ein, dass „Machtausübung […] keine institutionelle Gegebenheit [ist] und auch keine Struktur, die Bestand hat oder zerfällt.“ Macht ist – und das ist aus analytischer Sicht besonders wertvoll – als ein Effekt von Strategien, als „eine bestimmte Art von Beziehun[g] zwischen Individuen“ (ebd., S. 218) anzusehen, sie kann – pointiert gesprochen – für Historiker nur in ihren ‚Maßnahmen‘, in ihrem Wirken und ihren Diskursen gesehen sowie gelesen werden. 200 Siehe Kapitel 2.2 in dieser Arbeit, v. a.: 2.2.2 bis 2.2.6. 201 Alle Beispiele unter 2.2 des vorliegenden Bandes.

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 1 Entwürfe von Macht im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

schiede wie Gemeinsamkeiten zwischen Schrift, Graphik und Monument beleuchtet werden: Die Repräsentationen des Blutes der Dynastie beispielsweise in den graphischen Umsetzungen von Triumphzug, Triumphwagen und Ehrenpforte, aber auch im Stammbaum von Tratzberg formierten sozusagen ‚Räume’ der gedechtnus; nicht zuletzt die Planungen für das Grabmal Maximilians I. sind als figurenreiches, monumentales und liturgisches Spezifikum anzusehen; musikalische Umsetzungen inszenieren ganz individuell Macht.202 Wie sehr sich die Fugger dem Adel, vor allem der Dynastie der Habsburger, in Inszenierungsformen von Macht anglichen, machen die Werke Fuggerchronik, Ehrenbuch und Habsburgisches Ehrenwerk klar.203 Besonders in Letzterem kommt dies schlagend zum Ausdruck: Indem die Fugger die Geschichte der Habsburger idealtypisch überhöhen, inszenieren sie eine enge Verbindung zu diesen; die Macht Habsburgs wird in ihrem ‚Haus‘ regelrecht gespiegelt.204 Ihnen geht es ebenso um die ewige gedechtnus ihrer Familie: Das zeigen nicht zuletzt Familienbuchschreibungen wie Fuggerchronik205 und vor allem Ehrenbuch.206 Der Text ist dort Träger für die Körper der einzelnen bedeutenden Vertreterinnen und Vertreter. Interessant wird hierbei sein, Strategien zu analysieren, die die Fugger von der Lilie als erfolgreiche Vertreter der Familie apostrophieren; dagegen kann von der gescheiterten, untergegangenen Linie der Fugger vom Reh nicht explizit die Rede sein: Die gesamte, durch Blut verbundene Familie aller Fugger würde leiden, so eine erste Thesenformulierung; es müssen andere Gründe für den Untergang dieser Fuggerlinie ‚gefunden‘ werden: Dies gilt es zu analysieren.207 Besonders ergiebig wird sich die Untersuchung in der Inszenierung der Wesenseigenschaften der Fugger zeigen: Ähnlich der Repräsentation Kaiser Maximilians und doch auch auf spezifische Art werden die einzelnen Vertreter der Familie als mildtätige, ehrenvolle wie tugendhafte Personen inszeniert, die zusätzlich über besonders schöne Körper verfügen.208 Die Fugger präsentieren sich nicht nur in schriftlichen Ehrenwerken als ein über der Gemeinschaft stehendes ‚Haus‘:209 Kommt es bereits im Ehrenbuch zu einer vielschichtigen Repräsentation mit Bildmaterialien – Einzelportraits zeigen die Familienmitglieder –, so kippt mit den Kupferstichen in den Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines das Verhältnis von Text und Bild.210 Das ‚Ansehen‘ der Fugger spiegelt sich,

202 Siehe hierzu v. a. unter 2.2.7.1 bis 2.2.7.5 des vorliegenden Bandes. 203 Siehe die Ausführungen im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes unter 3.2.2 bis 3.2.4. 204 Siehe die Ausführungen im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes unter 3.2.3. 205 Siehe hierzu 3.2.2 des vorliegenden Bandes. 206 Siehe hierzu 3.2.4 des vorliegenden Bandes 207 Siehe hierzu 3.2.4 des vorliegenden Bandes. 208 Siehe herzu v. a. 3.2.2.2 des vorliegenden Bandes. 209 Siehe hierzu 3.2.2.5 des vorliegenden Bandes. 210 Siehe hierzu 3.2.5 des vorliegenden Bandes.

1.3 Schwerpunkte der Studie – Verkörperung von Macht 

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so eine weitere Hypothese, die es zu untermauern gilt, auch in der exorbitanten Materialität dieses Werkes selbst wider. Daneben wird es um eine Ausweitung des Quellenmaterials gehen. Mit den Fuggerhäusern am Weinmarkt, der Fuggerei, schließlich der Grabkapelle St. Anna in Augsburg sind wesentliche media in der Repräsentation der Kaufmannsfamilie gegeben:211 Diese in ihren jeweiligen spezifischen Leistungen zu analysieren, wird Aufgabe der Studien sein. Schließlich geht es direkt um Diskurse zur Grundlage von Macht im Umfeld der Fugger: Welche Rolle Legitimationen ihres ‚neuen‘ Adels durch Blut oder aufgrund von Tugend und Ehre spielen und in welchem Wechselverhältnis sie zueinander stehen, wird herausgearbeitet werden.212 Mit den Werken Musterbuchhaltung und Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz liegen zusätzlich besonders schillernde Beispiele vor, die das Wissen um den Kaufhandel der neu-adligen Familie in eigenen Werken speichern.213 Die Leitfrage des vorliegenden Bandes nach der Begründung von Macht über die Person des Machthabers selbst trifft in das Zentrum des Verständnisses, der Legitimierung und Darstellung von Herrschaft und Macht in Mittelalter und Früher Neuzeit überhaupt.214 Die sich aus Repräsentationsformen ergebenden, hier nur als Überblick skizzierten vielfältigen und komplexen Problemebenen, Relationen, Überlagerungen, auch Spannungen und Diskrepanzen zwischen Konzepten und Legitimationsmustern wurden in der Forschung immer wieder über eine Theorie der ‚zwei Körper‘ zu greifen gesucht: Danach besitze der Machthaber nicht nur einen natürlichen, sondern auch einen politisch-mystischen Körper. Ernst Kantorowicz prägt diese mit seinem Werk Die zwei Körper des Königs215 bis heute,216 auch wenn dort weitaus weniger schlagend, als es der Titel217 suggeriert, eine rein dichotomische Perspektive auf den Herrscher-

211 Siehe hierzu 3.2.1 des vorliegenden Bandes. 212 Siehe hierzu 3.1.1 und 3.1.2 des vorliegenden Bandes. 213 Siehe hierzu die Ausführungen unter 3.2.2.5 des vorliegenden Bandes. 214 Das ist eine der zentralen Leitthesen des Teilprojektes 4 „Herrschernatur(en). Verkörperungen von Herrschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit“ in der DFG-Forschergruppe „Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike – Mittelalter – Frühe Neuzeit“. Erreichbar online unter dem Webauftritt der Forschergruppe: http://www.for1986.uni-muenchen.de/projektbereiche/ anthropologie/teilprojekt-4/index.html (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). 215 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957]. 216 „Bewußt halten muß man sich allerdings den Unterschied zwischen der spezifischen Theorie der „Zwei Körper des Königs“, auf die Kantorowicz zielt, und der viel weiter verbreiteten Vorstellung einer „Unsterblichkeit“ von korporativen oder Amtskörpern im konstitutionellen, rechtlichen und politischen Bereich.“ (Pfisterer [20112b], S. 559) 217 Zur „Erfolgsgeschichte“ des Titels, dessen „Bild […] derart stark war, dass es zu einem der meistzitierten und ebenso oft veränderten Titeln wurde“ (Antenhofer [2015], S. 138) siehe v. a. Jussen (2009), S. 103–104 und Klenner (2009), S. 125.

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körper enthaltet ist;218 vielmehr geht es ihm um die Entschlüsselung einer Art ‚Politisierung‘ theologischer Verkörperungsvorstellungen im Laufe des Mittelalters,219 die zur Fiktion einer Ewigkeit des sterblichen body natural durch dynastische Kontinuität führt.220 Ernst Kantorowicz weitet darüber hinaus seine Analysen auf Konzeptionen des Königsbildes aus,221 indem er die im Laufe des Mittelalters aufkommenden ‚juris-

218 „One may wonder whether the two bodies are really the book’s central idea, or whether they are just an arresting image that has distracted scholars from the book’s systematic interest.“ (Jussen [2009], S. 104) Wie wirkmächtig jedenfalls diese Theorie wohl auch in immer wieder aufkommenden Gleichsetzungen zur Biographie ihres Autors selbst aufscheint, zeigt die Vielzahl der aus unterschiedlichen Disziplinen geäußerten Spekulationen – vor geraden diesen sich die Studien hier verwehren möchten (siehe bspw. bereits v. a. Boureau (1992) [französisch zuerst 1990], S. 123–144 und auch noch Pfisterer [20112b], S. 563). 219 Ernst Kantorowicz schlussfolgert, dass der Herrscher zwar zwei Körper habe: Nämlich den natürlichen, der „für sich betrachtet ein sterblicher Körper [ist], der allen Anfechtungen ausgesetzt ist, die sich aus der Natur […] ergeben,“ und einen politischen Körper, „den man nicht sehen oder anfassen kann,“ der „völlig frei [ist] von Kindheit und Alter, ebenso von den anderen Mängeln und Schwächen, denen der natürliche Körper unterliegt.“ (Zitiert hier aus den „Reports“ von Edmund Plowden: Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 29) Doch sind diese zwei Körper in einer Person inkorporiert: „[D].h. der korporative Leib ist im natürlichen und e contra ist der natürliche Leib im korporativen.“ (Ebd., S. 31) 220 Ein Ansatz, welcher mitunter auch in seinen (ersten) Überlegungen zur politischen Ikonographie beispielsweise in seinem Werk „Götter in Uniform“ (Kantorowicz [1965], ders., [1998]; einführend dazu Klotz [1998], S. 161–170) und zur politischen Dimension von gesungenen Herrscherakklamationen, beispielsweise in seinem Werk „Laudes Regiae” (Kantorowicz [1958]) aufscheint. Mit „Götter in Uniform“ geht es ihm v. a. um die Interpretation „des Überlebens und der Kontinuität heidnischer Ikonographie in christlicher Verkleidung“, nach der Götter, auch Herrscher, in Soldatenuniformen bzw. -rüstungen repräsentiert werden. (Kantorowicz [1998] [englisch zuerst 1961], S. 67) Indem dort auch theoretische Perspektiven zum corpus mysticum über Bilder als Quellen angestrengt werden, gelingt es ihm – anachronistisch gesehen – erste Weichen seiner Theorien hin zu einer politischen Ikonographie zu stellen (einen Aspekt, den Pfisterer [20112b], S. 557–564 in seiner kritischen Würdigung zu übersehen scheint). Darüber hinaus bietet Kantorowicz mit seinen Studien zu den „Laudes Regiae“ einen detailreichen Blick auf den liturgischen Aspekt von (v. a. gesungenen) antiken wie mittelalterlichen Herrscherakklamationen; diese würden zwar, so der Ausblick von Kantorowicz, in der Neuzeit nicht mehr exakt nach vormodernen Vorbildern widergegeben, „[i]t is true that the way of acclaiming the ancient Caesars has not literally been renewed, nor has a modern Exaudi Dux replaced the ancient related hails” (Kantorowicz [1958], S. 186), aber in ihrer Sinnrichtung haben sie weder an Aktualität noch an Attraktivität verloren. 221 So vereinigt der Herrscher natura und gratia in sich, tritt also als gemina persona auf. (Kantorowicz [1992] [englisch zuerst 1957], S. 69; dazu die weiterführenden Überlegungen zur Unterscheidung eines feudalen und fiskalischen Königs bei ebd., S. 187) Wenn in Herrscherbildern der Nimbus der Führungsfigur explizit herausgearbeitet ist, (ebd., S. 98) dann geht es Kantorowicz mit der Auflistung dieser Beispiele explizit um die Skizzierung mittelalterlicher Entwicklungen, die von einem christokratisch-liturgischen Königsbild aus dem Mittelalter hin zu einer mehr theokratisch-juristische Vorstellung des Herrschers im Spätmittelalter führt. (Ebd., S. 111) Dabei pflegt er immer wieder Beispiele und Entwicklungen aus dem römisch-antiken sowie nichtchristlich-heidnischen Kontext ein.

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tischen‘222 Dimensionen berücksichtigt.223 Abstrakt gesprochen: Ernst Kantorowicz skizziert in seinen Studien am Spezialfall der zeitgenössischen Theorie von den zwei Körpern des Königs den Übergang einer als corpus mysticum224 aufgefassten Gemeinschaft christlicher Prägung225 hin zu dynastischen Verbänden spätmittelalterlichen Prägung, die in ihrer Gesamtheit als unsterblich gelten sollen.226 Wie Habsburger und Fugger das ewige Andenken an ihre Macht in der Frühen Neuzeit über eine Fülle an Repräsentationen konstruieren, soll im Folgenden gezeigt werden, um die Studien zwar an die Analyse nach Konzeptionen von Unsterblichkeit durch Ernst Kantorowicz anzuschließen, zugleich zu erweitern,227 denn: Ernst Kantorowicz geht es ausschließlich darum, warum es so etwas wie Körperschaft gibt und was Verkörperungen von Macht für das politische System bedeuten;228 er sieht diese damit als Elemente institutioneller Kontinuität an,229 die sich von organologischen Modellen ablösen und an deren Stelle das korporative Konzept der universitas trat,

222 Interessant auch die in seinen Studien gegebenen Definitionen, was als Jurisprudenz im Mittelalter aufzufassen ist: Es war „das Wissen um göttliche und menschliche Dinge. […] Sie wurde nicht nur als Wissenschaft (scientia) definiert, sondern auch als eine Kunst. Die Kunst war für die Juristen, lange ehe die Künstler der Renaissance den Gedanken aufgriffen, die „Nachahmung der Natur.“ […].“ (Kantorowicz [1992] [englisch zuerst 1957], S. 155) 223 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 141. 224 Explizit zum Terminus, der eine der zentralen Begrifflichkeiten in den Studien darstellt, siehe Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 208–220. „Die Idee des corpus mysticum wurde unleugbar auf die politischen Körper angewandt.“ (Ebd., S. 278) 225 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 207. Differenziert bereits unter ebd., S. 177: „[…] [D]er König symbolisiert zusammen mit seinen Richtern Gottvater mit dem göttlichen Christus auf dem Himmelsthron; aber der König ist auch der Gegentyp menschlichen Christus, wenn er nicht als Richter waltet, sondern jemand ist, der dem Gesetz untersteht.“ 226 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 282. 227 „Die Kontinuität des natürlichen Körpers des Königs […] war durch die dynastische Idee verbürgt. […] Beide Prinzipien – das der kontinuierlichen Folge von Individuen und das der korporativen Perpetuität des Kollektivs – scheinen in einem dritten Begriff zusammengetroffen zu sein, ohne den die Spekulation über die „zwei Körper“ eines Königs fast unverständlich bleiben würde: der dignitas.“ (Kantorowicz [1992] [englisch zuerst 1957], S. 387) 228 In seinem Vorwort verweist Kantorowicz in einer (wohl fiktiven) Anekdote auf ein Gespräch zwischen ihm und Max Radin, das sich um Ursprung und Funktionen von Einmannkörperschaften dreht und wiederum den Ursprung seines opulenten Buches bilde: Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 19–24. „Die Anekdote ist umso bemerkenswerter, als sie einen programmatischen Schlüssel zu Kantorowicz‘ eigener Leseart seine Buches gibt. Demnach galt sein Interesse weder dem natürlichen noch dem politischen Körper des Königs ebenso wenig wie Fragen nach der Repräsentation […], sondern der Frage nach der (monastischen) Korporation.“ (Antenhofer [2015], S. 138) In seinen Studien knüpft Kantorowizc an diese Anekdote auch dann immer wieder an, wenn er beispielsweise Vergleiche des Herzogtums Lancester mit einer modernen „AG“ oder „GmbH“ oder „Corporations (Inc.)“ wagt (gleichsam vorsichtig anekdoten- und klammerhaft): Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 407. 229 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 293.

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das Dynastien auch in ihrer Sukzession erfaßt.230 Die Studien zu den Fuggern und Habsburgern dagegen arbeiten direkt an der den diversen Quellen innewohnenden Heterogenität der Körperkonzepte und -vorstellungen231 um 1500 sowie am Aspekt der sich aus Genealogien ergebenden Naturalisierungstendenzen in den vielfältigen Entwürfen von Macht. Pointiert gesprochen: Während Ernst Kantorowicz, in den Worten Ulrich Pfisterers, „eher die ‚unkörperlichen‘ Aspekte der Königskörper untersucht hatte“,232 geht es den folgenden Studien zentral um den Stellenwert der visuell wie textuell repräsentierten Körper der Machthaber in ihren Idealisierungen innerhalb weit ausgreifender Inszenierungsformen von Macht um 1500.233 Im Unterschied zu Theorien der Biopolitik und Gouvernementalität, vor allem im Anschluss an Michel Foucault234 und seiner historischen Anthropologie,235 die aus der Idee eines überpersonalen corpus politicum entstand236 und als Kantorowicz-Fortsetzung gilt,237 soll darin allerdings nicht die Entschlüsselung aufkommender ‚staatlicher‘ Funktionsmuster erreicht werden. Die Studien setzen anders an: Sie konzentrieren sich explizit auf die Inszenierungen und Entwürfe von Macht, die sich in der Frühen Neuzeit in einem ganzen Bündel an unterschiedlichen Rollenkonzeptionen der Machthaber oder in verschiedenen Legitimationsstrategien neu aufgestiegener adeliger Familien niederschlagen und in Bildern sowie gleichermaßen in Texten analysiert werden sollen.238 Obwohl Ernst Kantorowicz an Beispielen vor allem, aber nicht nur konzentriert auf den englischen Bereich vom frühen bis ins ausgehende Mittelalter Funktionali-

230 Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 319. Das Konstrukt einer „Einmann-Korporation“ war „sozusagen die Lösung des schwierigen Problems der „Ewigkeit“ von Macht.“ (Ebd., S. 321) 231 Sie nehmen damit die in der Forschung immer wieder geäußerten Einwände gegen Kantorowicz, er kompiliere aus Verschiedenem eine für alles gültige These (siehe bspw. Kriegel [1998], S. 123–124), ernst. 232 Pfisterer (20112b), S. 562. 233 Im Unterschied zu den Bänden von Benthien (1999) und ders./Wulf (2001) analysieren die Studien hier nicht den Gebrauch einzelner Körperteile, sondern untersuchen Vorstellungen vom Körper, die sich – frühneuzeitlich verstanden – auch auf Wesenseigenschaften sowie Charakterzüge beziehen. 234 Überblick zu Foucault und seinen Werken bei Sarasin (20125). 235 Einführend hierzu Lemke (1997), S. 70–90 und ders. (20082), v. a. S. 23–46. 236 Siehe dazu einführend v. a. die Sammelbände: Hebekus/de Mazza/Koschorke (2003); Koschorke/Lüdemann/Frank/de Mazza (2007); Diehl/Koch (2007); Diehl (2014). 237 „Die Kantorowicz‘ Rezeption erfolgte […] großteils nach den 1980er Jahren, und zwar aus einer Foucault’schen Leseart.“ (Antenhofer [2015], S. 140) 238 So präsentiert beispielsweise der Herrscher als Ritter und Kämpfer Stärke und Gesundheit, zugleich tritt er als erotisch anziehender Mann auf, dem gehuldigt wird; so inszenieren sich neu aufgestiegene Handelsfamilien beispielsweise über ihre schönen Körper als besonders würdevoll, zugleich präsentieren sie ihre vorbildlichen Wesenseigenschaften wie ihre caritas, die quasi im Blut der Familie vererbt werden kann.

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sierungen wie Repräsentationen von Machtkorporationen untersucht,239 misst er der Frage nach der Medialität seiner Quellen einen Randstatus bei.240 Louis Marin hebt in seiner Kritik an Ernst Kantorowicz,241 um eine weitere Facette der Kantorowicz-Fortsetzung zu zeigen, mediale Manifestationen zwischen und neben die zwei Körper des Königs.242 Repräsentationsformen von Herrschern und Mächtigen wären nach seiner Theorie als ‚dritte Körper‘ anzusehen, „[d]ie bildliche Repräsentation müsse als eigene, zwischen body natural und body politic vermittelnde Körperform gelten.“243 Anders formuliert: Mit der Umsetzung der Zwei-Körper-Lehre in ein Bildmedium entstehen Zeichenkörper.244 Nicht nur Idealisierungsprozesse könnten, nach Louis Marin, so in ihrer medialen Umsetzung besser studiert werden, sondern der medientechnische Einsatz für Machtrepräsentationen an sich. Die Analysen zu den Repräsentationsformen von Habsburgern und Fuggern verschieben dagegen die Schwerpunkte, um sowohl Ernst Kantorowicz wie auch Louis Marin weiterzudenken. Immer wieder wird sich zeigen, wie sehr die ‚Macht‘ der Medien selbst in den Mittelpunkt tritt; wie Medien nicht einfach nur eingesetzt werden, sondern ganz wesentlich Macht entwerfen; schließlich, wie Medien in einem komplexen Verschränkungsprozess

239 Er steigt direkt mit den „Reports“ von Edmund Plowden in seine Untersuchung ein, die explizit vom body natural und body politic sprechen: Kantorowicz (1992) [englisch zuerst 1957], S. 29–30; seine Analysen zu Shakespeares „König Richard II.“ (ebd., S. 45–61) und Dante (ebd., S. 451–493) stellen darin Ausnahmen dar und sind bisher in der Forschung nicht genügend berücksichtig worden. 240 Wenngleich in der Forschung oft seine für das Theoriemodell analysierten diversen Medien, die unter voran geschrittenen medientheoretischen Zugangsweisen bearbeitet werden, übersehen werden. (Kantorowicz [1992] [englisch zuerst 1957], Abb. 1–32) Die Zuschreibung eines eigenständigen Status wird den Medien durch Ernst Kantorowicz allerdings gerade durch seine überladenen theoretischen Analysen mehr verwehrt als zugestanden – hier gilt es anzuknüpfen, weiter zu denken und die Studien auszubauen. Pfisterer (20112b), S. 560 bspw. korrigiert nicht nur wesentlich die Interpretation der Dedikationsminiatur des Liuthar-Evangeliars Ottos III. durch Ernst Kantorowicz, sondern beschreibt Gründe, die die Herausbildung einer Theorie der politischen Ikonographie zumindest erschwert haben könnten. (Ebd., S. 561–563) 241 Marin (2005) [französisch zuerst 1981], S. 26 geht es darum „das von Kantorowicz fürs Mittelalter Gleistete [für den ‚klassischen‘ Absolutismus] fortzusetzen“ mit der Leitthese, dass „der König […] bloß noch einen Körper [hat], aber dieser einzige Körper vereinigt in Wahrheit drei, einen historischen physischen, einen juridischen politischen und einen sakramentalen semiotischen Körper, wobei der sakramentale Körper, das ‚Porträt‘, ohne Rest den Austausch zwischen dem historischen und dem politischen Körper durchführt […].“ Indem Louis Marin postuliert, dass der König nur „an der Gesamtheit der Qualitäten [als präsent wieder-erkannt wird], die zu seiner Re-Präsentation nötig sind,“ (ebd., S. 191) und sich diese im Porträt des Königs widerspiegeln, das alle weiteren Könige repräsentieren, (ebd., S. 345) weist er dem Medialen einen besonderen Status im Absolutismus französischer Prägung zu – nur dort kann er den König als „Archi-Akteur“ (ebd., S. 112) bezeichnen; dieser Ansatz setzt sich in seinen Werken ders. (2007) [französisch zuerst 1993], teilweise auch in ders. (2002) [französisch zuerst 1981] fort. 242 Siehe hierzu die detaillierten Analysen von Pfisterer (20112b) und ders. (2012a), S. 28–60. 243 Pfisterer (20112b), S. 559. 244 Pfisterer (20112b), S. 559.

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ihrerseits auf ‚Realität‘ zurückwirken:245 Sehe- und Lesemodi wie Wahrnehmungshorizonte spielen eine evidente Rolle in politischen Ordnungen. Die unterschied­ lichen Traditionen und Medien von Herrschafts-, auch Machtentwürfen im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit bieten hier ein geradezu idealtypisches, vielschichtiges, mit Habsburgern und Fuggern auch regional überschaubares und gut operationalisierbares Untersuchungsfeld. Des Weiteren wurde, um eine letzte Facette der sich an Ernst Kantorowicz anschließenden Forschung zu bieten, versucht, das Modell der zwei Körper heuristisch zu erweitern: So setzt Kristin Marek in ihren Studien neben den natürlichen und politischen einen heiligen246 Körper des Machthabers.247 Doch ist fraglich, was der analytische Mehrwert eines derartigen Vorgehens ist.248 Die folgenden Studien arbeiten anders, um noch einmal ihre Ziele zu unterstreichen: Nicht um die Bündelung der komplexen, weit ausgreifenden frühneuzeitlichen Legitimationsstrategien von Habsburgern und Fuggern in einem theoretischen Universalmodell geht es. Dagegen sollen die einzelnen Quellen in ihrer jeweils ganz eigenen medialen Spezifik für sich betrachtet ernst genommen und analysiert werden. Es wird sich dadurch zeigen, dass weniger von einem ‚ersten‘, ‚zweiten‘ oder gar ‚dritten‘ Körper der Mächtigen gesprochen werden kann: Statt der Erarbeitung eines übergreifenden Modells steht, um zu pointieren, die Vielfalt der Repräsentationen von Macht selbst im Mittelpunkt. Der Facettenreichtum dessen, was sich in den Inszenierungen aus Text wie Bild, in Handschrift, Druck sowie Illustrationen niederschlägt, ist nicht auf die dichotomische Konstruktion der Vorstellungen von body natural und body politic oder auf die Vorstellungen der einen Verkörperung von Macht reduzierbar. Die folgenden Studien sollen die heterogenen Konzeptionen in ihrer Bandbreite zur Anschauung bringen; das auch, wenn sie sich teilweise überlappen, teilweise hypertroph übersteigern, teilweise um 1500 brüchig werden und Ansprüchen von Neuaffirmation gerecht werden müssen:249 Es

245 „Symbolisch aufgeladene Ereignisse werden nicht nur in Bildern medial vervielfacht, sondern diese Bilder wirken ihrerseits auf die Wahrnehmung der Ereignisse und das Handeln der Akteure zurück […].“ (Stollberg-Rilinger [2010a], S. 9) 246 Marek (2009), S. 17. 247 Marek (2009), v. a. S. 129–182. 248 Besonders auch dann, wenn Marek (2009), S. 264 in ihren Studien abschließend festhält, dass sie an „sehr spezifischen“ Materialien arbeitet und die Funktion der effigies, auf denen sie ihre Theorie gründet, rein „auf die Funeralien beschränkt“ blieb und diese damit keine dauerhafte Repräsentation von Macht darstellen. 249 Daher wird auch das historische und diskursive ‚Umfeld‘, in welchem die weit ausgreifenden Machtkonstruktionen der Habsburger wie Fugger entworfen werden, näher betrachtet werden, wodurch die Studien hier auch einlösen wollen, was die Forschung an Kantorowicz immer wieder kritisiert: „[T]he nearly total lack of references to social and economic structures and situations, even to the precise political conditions of texts and images production, even for thets upon which he lays emphasis.“ (Genet [1997], S. 267)

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geht damit um das Oszillieren der Machthaber in ihren repräsentierten heterogenen Rollen zwischen Tradition und Idealisierung.250 1.3.2.2 Entwicklung der Fragestellung Die Studien wollen über ein visuelle wie textuelle Quellenmaterialien verbindendes Herangehen zu einer Entschlüsselung der komplexen medialen Inszenierung wie Repräsentation von Macht um 1500 beitragen.251 Es geht explizit um die politische Relevanz von Medien für Entwürfe von Macht.252 Damit ist zu analysieren, „wie und was Sehen, Sichtbares, Bilder und schließlich ‚Kunst‘ leisten in Verbindung mit, parallel zu oder im Unterschied zu, sprach-, text[basierten]“253 Inszenierungen von Macht im politischen System um 1500.254 Die Repräsentation des Herrschers oder eines Machthabers in verschiedenen medialen Manifestationen ist politische Handlung. Der ‚Lesbarkeit‘ und ‚Anschaulichkeit‘ von Macht um 1500 kommt auch dann entscheidende Bedeutung zu, wenn man mit einrechnet, dass sich in den Künsten der Frühen Neuzeit erst eine eigenes Symbolsystem entwickeln musste, um beispielsweise den Körper des Herrschers überhaupt zur politischen Darstellung bringen zu können.255 Jedenfalls ist kennzeichnend [f]ür den Umgang früherer Historikergenerationen mit dem Alten Reich […], dass sie […] alles Farbige, Prunkvolle, Zeremonielle und demonstrativ Inszenierte entweder ignorierten oder dem Bereich der ‚Kultur‘ statt der Politik zuordneten.256

250 Das deckt sich mit neueren medien-theoretischen Überlegungen wie beispielsweise Kiening (2016), v. a. S. 221–257. 251 „Als methodisch weiterführend erscheint […] das im Kontext der sogenannten ‚Historischen Anthropologie‘ entwickelte Programm einer konsequenten Historisierung von zumeist als überzeitlich konstant gedachten anthropologischen Phänomenen und Dispositionen.“ (Kellner [1999], S. 43) Dort auch der Verweis auf die grundlegenden Forschungsberichte von: Peters (1992), Bd. 1, S. 63–86; Kiening (1996a), S. 11–129. Mit den Analysen von Bloch M. (1998) [französisch zuerst 1924], wodurch jener „zum Vater der heute sich entwickelnden historischen Anthropologie geworden“ ist (Goff [1998] [französisch zuerst 1924], S. 40), liegt eine grundlegende Studie vor, die – unter methodisch wie theoretisch überholten Prämissen – den engen Konnex von anthropologischen Phänomenen mit ihren jeweiligen historischer Kontexten perspektiviert. 252 V. a. im Unterschied zu Corbin (2005–2006) und Belting/Kamper/Schulz (2002). 253 Es geht bei Fragen nach den Naturen von Machthabern in politischen Ordnungsentwürfen daher auch zentral um textuelle wie visuelle Episteme: Pfisterer (20112a), S. IX. 254 Damit stehen auch Fragen nach den ‚Techniken‘ des Sehens und Lesens selbst im Vordergrund: Begründungen aus der Person der Mächtigen in ihren medialen Inszenierungsformen sind gerade auch dann besonders wirkmächtig, wenn man „mittelalterliche Theorien des Sehens [miteinrechnet], die eine physische Verbindung zwischen Betrachter und dem Betrachteten (d. h. ein zwischen den beiden fließender Stoff oder eine Energie) voraussetzten.“ (Scribner [1992], S. 311) Siehe dort mit Verweis auf die anregenden Studien von Kristeva (1986), S. 62–73, die auf die enormen Umbrüche vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit hinweist. 255 Schnitzler (1992), S. 337–363. 256 Stollberg-Rilinger (20132a), S. 15.

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Die Studien setzen demgegenüber anders an: Sie nehmen das Politische nicht als autonomes gesellschaftliches Funktionssystem mit eigener Handlungslogik an, sondern gehen davon aus, dass um 1500 die politischen, sozialen, religiösen, kulturellen und ökonomischen Ordnungen noch nicht voneinander getrennt waren.257 Dadurch werden die engen Wechselverhältnisse zwischen Habsburgern und Fuggern auch nicht als Konkurrenzsituationen verstanden, sondern es kann mehr das ‚Ineinander‘ unterschiedlicher Machtgruppen analysiert werden.258 Darüber hinaus kann in einer Kulturgeschichte des Politischen deutlich der Entwurfscharakter von Macht beobachtet werden, der sich in einer Vielzahl an ‚Umschreibungen‘ und Korrekturen der jeweiligen medialen Inszenierungen selbst niederschlägt. Zusätzlich wird klar, wie sehr politische Setzungen auf außerhalb ihrer Wirkkreise liegenden Begründungsfiguren angewiesen sind, um sich als stabil auszugeben: Natur, verstanden sowohl als das Körperliche, das Blut, aber auch als die Wesenszüge wie Verhaltensweisen der Mächtigen, spielt darin eine zentrale politische Rolle. Macht bedarf der Person von Herrschern wie Machthabern in der Vielzahl ihrer Rollenentwürfe als Argumentations- und Darstellungsmedien nicht nur, sondern wird konstitutiv durch diese erst hergestellt.259 Die Quellen dieser Studie stellen zur Beantwortung des skizzierten Fragenkomplexes zum größten Teil Forschungsdesiderate da und sind nicht publiziert. Unter der Perspektive des Entwurfscharakters von Macht testen und prüfen die nachfolgenden Analysen an ihnen sozusagen die Leistungen eines systematischen, diskurswie mediengeschichtlichen Ansatzes, der historiographische, literarische, kunstgeschichtliche Materialien ebenso wie architektonische Denkmäler bei Fragen nach der Begründung und Repräsentation von Macht vergleichend betrachtet. In diesem heterogenen Quellenfeld, das bloß vordergründig dem Kulturellen zuzurechnen ist, steht die politische Dimension im Mittelpunkt:260 Es geht um die Frage nach Aufstieg und Erhalt von Macht durch multimediale (Selbst-)Inszenierung.

257 Stollberg-Rilinger (20132a), S. 16. 258 „[P]olitisches Handeln [hieß] immer zugleich, seinen wirtschaftlichen Reichtum, seine soziale Zugehörigkeit und seinen Rang zu demonstrieren.“ (Stollberg-Rilinger [20132a], S. 16) 259 Choreographien der Macht sind politische Aktionen der Leitfiguren selbst. Darüber hinaus gehören „[z]ur repräsentativen Öffentlichkeit […] auch die Transzendierungen des Alltags durch Feste, welche zuweilen eine standes- und schichtenübergreifende Öffentlichkeit herstellen […].“ (Rehberg [2014d], S. 99) 260 Zum Wechselverhältnis von Kultur, Macht und Identität siehe zentral: Marchart (2008), v. a. S. 33–36. Indem er hervorhebt, dass „[i]m Feld der Kultur […] politische wie soziale Identitäten produziert und reproduziert [werden]“, verweist er auf heuristische Möglichkeiten, Machtverhältnisse zu analysieren. (Ebd., S. 12)

Kapitel 2: Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Abb. 1: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506): Schloss Tratzberg, Tirol; Wandmalerei (Gesamtlänge: 46 Meter; dargestellte Personen: 148), hier zu sehen: Kaiser Maximilian I. (1459–1519) mit seiner zweiten Ehefrau, Maria Bianca Sforza (1472–1510) und seiner ersten Ehefrau, Maria von Burgund (1457–1482).

2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert 2.1 Macht und Herrschaft im Übergang 2.1.1 Die Dynastie der Habsburger In der Schlußszene des achten Buches der Theresias,1 eines lateinisch-sprachigen Epos zur Huldigung der berühmten Habsburgerin Maria Theresia Mitte des 18. Jahrhunderts, trifft die Kaiserin auf ihren bereits verstorbenen Vater Karl VI., der ihr in einer Erscheinung gegenübertritt und sie anspricht: Sanguine nata meo!2 Er motiviert sie, in Kriegen standhaft zu bleiben. Schließlich sagt er ihr die Kaiserkrönung voraus.3 Bevor er entschwindet, die Szene ist ganz nach dem sechsten Buch der Aeneis4 gestaltet, was sich bis in wörtliche Übernahmen nachvollziehen lässt,5 verkündet er die Zukunft ihres Hauses: Gloria quanta maneat quoque sanguine natos/ progeniemque tuam nostrosque tuosque nepotes/ illustres animas Lotharique in nomen ituras/ expediam paucis.6 Die Macht der Habsburger ist in den Worten Karls VI. eng geführt mit genealogischer Potenz: Was im Blut geschaffen wurde, wird sich im Blut fortsetzen.7

1 Theresias, hrsg. von Heinz Martin Werhahn (1995), Buch 8, fol. 138v, V. 573-fol. 140r, V. 646. Zitiert als „Theresias“; siehe einführend: Klecker (2002), S. 233–248. 2 „Theresias“ Buch 8, fol. 138v, V. 575. 3 „Theresias“ Buch 8, fol. 139r, V. 591-V. 594. 4 Vergil, Aeneis, hrsg. von Manfred Lemmers, übers. von Johannes Götte, Leipzig/München 1979. ­Zitiert als „Aeneis“. 5 Das zeigt sich, stellt man die Begegnung des Aeneas mit seinem Vater in der Unterwelt gegenüber; wie Aeneas versucht Maria Theresia den Schatten ihres Vaters zu umarmen: ter conata patris collo dare bracchia cirum ter conatus ibi collo dare bracchia circum ter frustata videns simul evanescere vultus ter frusta comprensa manus effugit imago O pater, exclamat, pater, o, da jungere dextram da iungere dextram, teque nec amlexu nec voris subtrahe nostris da, genitor teque amplexu ne subtrahe nostro dixerat, et subito jam prompta dare oscula dextrae par levibus ventis volucrique simillima somno par levibus ventis volucrique simillima somno („Aeneis“ Buch 6, V. 700-V. 704) aspicit aufugiat cari genitoris imago. („Theresias“ Buch 8, fol. 140r, V. 640-V. 646) 6 „Theresias“ Buch 8, fol. 139v; in der „Aeneis“ Buch 6, V. 756 heißt es: Nunc age, Dardaniam prolem quae deinde sequatur gloria, qui maneant Itala de gente nepotes inlustris animas nostrumque in nomen ituras, expediam dicitis. 7 Maria Theresia wird hier als Herrscherin inszeniert, die das imperium Romanum neu gründen wird. Wie Aeneas‘ Nachkomme Augustus nach den Bürgerkriegen eine Friedenszeit schaffen wird, so ruhen ebenso große Hoffnung auf Maria Theresias Sohn Josef: Klecker (2002), S. 234–235. Siehe zu Maria Theresia die ausgezeichnete Studie von Stollberg-Rilinger (2017). https://doi.org/10.1515/9783110539110-002

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Abb. 2: Václav Brožík, Tu felix Austria nube (1898), Ausschnitt, heutiger Zustand8

In diesem Kontext steht der über die Jahrhunderte verbreitete und um 1800 wieder verstärkt rezipierte Leitspruch:9 Bella gerant allii, tu felix Austria nube.10 Als stark zusammengerafftes Wissen um die Außergewöhnlichkeit ihrer Träger hat das Monodistichon, als kleinste literarische Einheit poetischer Panegyrik,11 besondere Bedeutung für das Selbstverständnis der Habsburger.12 Er scheint die Verkörperung propagandistischer Inszenierung einer Dynastie zu sein, deren Macht nicht, wie bei anderen Häusern, auf Kriegen beruhe, sondern sich friedlich durch Blut tugendvoll fortpflan-

8 Václav Brožík, Tu felix Austria nube, Öl auf Leinwand (430cm x 730cm), Wien, Belvedere, Inv.Nr. 2768. 9 Zur historischen Entwicklung des Leitspruchs, der sich aus der Idee der pietas Austriaca hin zur Preisung der Eheverbindungen der Habsburger entwickelte siehe: Römer/Klecker (1994), S. 189–190 und v. a. Klecker (1997), S. 33–44; zur Hochzeit Franz Josephs I. mit Elisabeth von Bayern 1854 wird der Leitspruch dann in besonders origineller Form präsentiert: Ebd., S. 32. 10 „Von den zahlreichen lateinischen Devisen, die sich Herrscher aus dem Hause Habsburg seit Rudolf I. mit der Intention propagandistischer Selbstdarstellung wählten, hat keine das Bild der Dynastie so nachhaltig bis in die Gegenwart beeinflusst wie das Wort vom glücklichen Österreich, das ohne Kriege ein Weltreich eingeheiratet habe. Umso erstaunlicher scheint es, daß man der Frage nach seiner Entstehung bisher so wenig Interesse geschenkt […] hat.“ (Klecker [1997], S. 30) 11 Klecker (1997), S. 31. 12 Er modifiziert antike Verse, beispielsweise von Ovids „Heroides“ Buch 13, V. 84: Bella gerant alii, Protestilaus amat oder ebd., Buch 16, V. 254: Bella gerant fortes, tu Paris, semper ama! (Zitiert nach Klecker [1997], S. 31)

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ze.13 Auch im Bild repräsentiert man dies ideologisch, wie das opulente Gemälde Tu felix Austria nube von 1898 zeigt: Die von Kaiser Maximilian arrangierte Doppelhochzeit seiner Enkel vom 22. Juli 1515 wird rückblickend als Grundstein legend für ein machtvolles Geschlecht gepriesen.14 Und nicht nur separat in Text und Bild wird das Blut Habsburgs als ‚Säule‘15 von Macht inszeniert: Auch in der Kombination aus textlichen mit (semi-)bildlichen Elementen, wie das Bildgedicht von Joannes Neuschel zur Hochzeit Franz Josephs I. mit Elisabeth von Bayern 1854 einprägsam vorführt, wird der friedlichen Expansion des habsburgischen Machtbereichs ein Denkmal gesetzt: Als so genannter Intext16 ergibt sich der Hexameter durch eine Rahmung der Buchstaben in drei Säulen und über ein dreifaches Mesostichon17 aus dem Text: Bella gerant alii tu felix Austria nube. Die Säule des sich weit ausbreitenden Blutes der Habsburger ist gepriesen und wird noch einmal zusammenfassend unter dem Hexametron genannt. Wie die obigen Beispiele zeigen, sind die Memorialkonstruktionen der Habsburger in Text wie Bild besonders ausgreifend.18 Das Blut der Dynastie, ihre universitas, ist inszenierte Produktion der gedechtnus mit prozessualem Charakter. Gerade weil dynastische Argumentation immer auch historische Argumentation ist, lässt sich über die inszenierte Verbindung mit den Vorfahren im Blut wie Vorgängern im Amt eine geradezu ‚ewige‘ Macht einfordern.19 Die Grundlage für derartig imposante Inszenie-

13 Erst in der zeitlichen Distanz war es möglich, die Vergangenheit im Kontext der erzielten Erfolge Habsburgs zu idealisieren: Mit der spanischen Doppelhochzeit war 1496 der Anspruch Habsburgs auf die Erblande in Spanien nicht abzusehen; ebensowenig konnte man mit der Wiener Doppelhochzeit von 1515 zwischen Ludwig II. von Ungarn mit Maria von Habsburg, der Enkelin Kaiser Maximilians, sowie zwischen Kaiser Maximilian, stellvertretend für seinen Enkel Ferdinand I., mit Anna von Ungarn die ‚Gründung‘ der Donaumonarchie bereits im 16. Jahrhundert vorhersehen. 14 Das Gemälde wurde im Auftrag Kaiser Franz Josephs I. zum fünfzigjährigen Jubiläum seiner Herrschaft gemalt; die Gesamtabbildung mit kurzer Einführung auch bei Telesko (2013), S. 122. 15 Die beigegebene Erklärung im Gedicht, in columna tres lineae descendentes sequentem memorialem comprehendunt versum, unterstreicht dies auch ganz wörtlich. (Joannes Neuschel, Epithalamium Augustissimo Austriae [ÖNB cod. ser. n. 3261], Bl. 5r) Eine kurze Interpretation bei Klecker (1997), S. 32 und bereits in Römer/Klecker (1994), S. 190. 16 Siehe die treffende Verwendung bei Klecker (1997), S. 32. 17 Drei von oben nach unten zu lesende Buchstabenreihen sind farblich markiert und lassen das Motto der Dynastie derart aus dem Text entstehen. 18 Die breiten Repräsentations- und Inszenierungsformen des dynastischen Verbandes der Habsburger können nur analysiert werden, wenn sozialwissenschaftliche, kultur-, mentalitäts-, medien- und machtgeschichtliche Fragestellungen unter Prämissen einer wissenschaftlich fundierten, aber auch für einen breiten Rezeptionskreis lesbaren Kulturgeschichte des Politischen zusammengebracht werden: Vocelka/Heller (1997), S. 9. 19 Melville (1987c), S. 216. Das ideelle und sachliche Substrat von überzeitlich wirkenden Herrschernormen wie auch objektivierbaren Vorfahrenschaften stellt gleichsam den institutionellen Rahmen von Macht und Herrschaft. (Ebd., S. 219) Die Bindung des Blutes an die Herrschaftsinstitution ist historisch gewachsen. (Ebd., S. 254) Genealogie ist Institutionsgeschichte.

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rungen aus dem 18. wie 19. Jahrhundert scheint die Konsolidierung von Macht durch die Habsburgerkaiser am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zu bilden.

Abb. 3: Joannes Neuschel, Bella gerant alii, sed felix Austria nubat (1854)20

Um 1500 lassen sich Demonstrationen von Macht und Herrschaft unter den Habsburgern gerade auch daher eingehend studieren,21 da sich nicht nur in den politischen Ordnungen des Alten Reiches, sondern auch in den Repräsentationsformen und symbolischen Praxen der politischen Führungsschicht eine Reihe fundamentaler Transformationen verdichten. Die drei Kaiser Friedrich III., Maximilian I. und Karl V. mögen

20 Joannes Neuschel, Epithalamium Augustissimo Austriae (ÖNB cod. ser. n. 3261), Bl. 5r. 21 In den Worten von Stollberg-Rilinger (20132a), S. 21: „Das Augenmerk soll daher auch weniger auf den Normalfall als auf Bruchstellen und Konflikte gerichtet werden. Denn dann hatten die Beteiligten Anlass, die Spielregeln zu thematisieren, die sie sonst meist nur unausgesprochen in ihrem Handeln befolgten. Auf diese Weise kommt der flexible Charakter der symbolischen Praxis in den Blick, und man sieht, wie im Einzelfall politisch-soziale Grenzen neu gezogen, Ordnungskategorien neu definiert und Geltungsansprüche neu austariert wurden.“

2.1 Macht und Herrschaft im Übergang 

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ein Beispiel komplementärer dynastischer Genealogie mit individuellen22 Akzenten abgeben.23 Doch kommt es gerade unter den drei Habsburgerkaisern zu einer engen Verzahnung eines einheitlichen genealogischen Bewusstseins. Die Grenze zum vorhergehenden Herrscher wird dabei für seinen Nachfolger weniger als ‚natürliche‘ Trennlinie, sondern als Übergang und vor allem als Übergabe von Macht entworfen. Vater, Sohn und Enkel:24 Die konstruierten Äste und Wurzeln des jeweiligen Vorgängers und Vorfahrens setzen sich in seinem Nachfolger wie -fahren fort.

2.1.2 Kaiser Friedrich III. – im Überblick Während Maximilian I. als ein Kaiser in einer Übergangszeit gilt, wurde sein Vater Friedrich III.25 immer wieder als personifizierte ‚Erzschlafmütze‘ des Reiches deklassiert.26 Die Wesensnatur des Kaisers, die schon Zeitgenossen als pene stupidum27 charakterisierten, symbolisiert dabei seine schwache Herrschaft. Friedrich III., der

22 Tischer (2005), S. 22 untersucht die politischen Wesenszügen der Dynastie, die sich mit einem Herrscherwechsel ändern können, anhand der kommunikativen Praxis bei Kriegsfällen: „Eine in Sprache und Argumentation völlig andere Art, Kriege zu rechtfertigen, findet sich bei Maximilians Nachfolger Karl V. […].“ 23 Gerade Wahl- und Vokaldevisen können gleichsam als ‚individuelle‘ Insignien für die Machtentwürfe der einzelnen Herrscher gelten: Friedrich III. ließ sich über die Devise AEIOU (Wandruszka [1984], S. 87; siehe hierzu ebenso Müller [1982], S. 169, auch zur Devise Friedrichs Rerum irrecuperabilium summa felicitas est oblivio), Maximilian über Halt Maß (siehe hierzu die Ausführungen im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes genauer; die Fugger nahmen exakt diese Devise auf und stellten sie als ‚das‘ Signum in ihrem Habsburgischen Ehrenwerk für Maximilians Herrschaft aus) und Karl V. über Plus Ultra (eine kurze Analyse mit wichtigen Hintergrunddaten und -informationen bei: Vocelka/ Heller [1997], S. 221–222) ins Bild setzen. 24 Dass hier Philipp der Schöne von Kastilien, der älteste und einzig überlebende Sohn Maximilians I. und Vater des späteren Kaisers Karl V., ausgespart bleibt, mag mit seinem frühen Tod und der vergleichsweise nur schmalen Überlieferung, die er hinterlassen konnte, zusammenhängen und erklärt werden: „Sein früher und unerwarteter Tod hatte auch Folgen für das Bild, welches die Zeitgenossen wie die Nachwelt von Philipp machten. Als Herrscher, der schon in frühen Jahren starb und nicht die Chance bekam, sich durch bedeutende Aktionen oder wenigstens Pläne zu profilieren, hat er […] bei den Chronisten seiner Zeit wie bei den modernen Historikern – unter dem Verdikt unbedeutend – nur wenig Interesse gefunden.“ (Kahl [2008], S. 106) Der gleichsam rudimentäre Charakter seiner Herrschaft täuscht allerdings. Aus rein arbeitsökonomischen Gründen wird in dieser Arbeit verzichtet, intensiver auf ihn einzugehen. Einen ernsthaften Ansatz, vor allem zu seinen Jugendjahren zwischen habsburgischer Tradition und burgundischer Kultur, bietet ebd., S. 106–115. 25 Siehe u. a. zur Person Friedrichs III. mit unterschiedlichen methodischen und thematischen Schwerpunkten: Rill (1987) und v. a. die opulente Studie von Heinig (1997); erste Vorüberlegungen bei Kagerer (2016), S. 141–147. 26 Hilscher (2000), S. 30. 27 Eneas Silvius zitiert nach Lhotsky (1966), S. 19.

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angeblich Maximilians Reformen- wie Tatendrang skeptisch gegenüberstand,28 der ein Herrscher mit geringer Macht war,29 der sich für wenig begeisterte,30 der dem neu aufgekommenen Humanismus nichts abgewinnen konnte,31 wird als einziger historischer Verdienst der Erfolg zugestanden, dass er Maximilian ‚geschaffen‘ habe.32 Doch unterscheidet sich die Herrschaft Maximilians und seines Vater weitaus weniger,33 überschnitt sich ja bereits ihr ‚Hof‘-Personal stark.34 Besonders über genealogische Konstruktionen wird das Blut als verbindendes Element zwischen den beiden Herrschern präsentiert: Auf diesen Inszenierungsformen liegt im Folgenden der Schwerpunkt. Ein einprägsames „Identitätskonstrukt“35 der Dynastie stellt dabei das um 1514 von Joseph Grünpeck erstellte Werk Historia Friderici et Maximiliani36 dar, das dem Enkel Maximilians, Karl, überreicht werden sollte. Der junge Herrscher sollte aus dem Werk wie aus einer Art Leitstern lesen können und, ähnlich seiner Vorfahren, durch Taten Unsterblichkeit erreichen: si hanc gloriam que ex talium rerum amplexu emergi solet, tibi ducem proposueris, in eamque totis viribus incubueris, aeternitas ipsa haud fastidiet et te, et prolem tuam, vinis suis usque in aeui finem confouere et conservare.37 Karls Großvater, Maximilian, habe daher die Taten seiner eigenen Person und seiner

28 Größing (2002), S. 113. 29 Wies (2003), S 15. 30 Lhotsky (1971a), S. 249. 31 Lhotsky (1971a), S. 157. 32 Hilscher (2000), S. 25. 33 Heinig (1993), S. 11. Siehe auch: Noflatscher (2003), Bd. 1, S. 351. 34 Ähnlich seinem Sohn, Maximilian, stilisierte sich auch Friedrich; hierzu oberflächlich einige Beispiele: Wie Maximilian scheint auch Friedrich ein Interesse an der Sammlung und Zusammenstellung von Büchern gehabt zu haben; eine Art fürstliche Büchersammlung ermöglichte ihm einerseits ein ungemeines Potential der Wissensspeicherung, andererseits die Zusammenführung aller ‚Spuren‘ der dynastischen Vergangenheit seines Hauses. (Fingernagel [2001], S. 35) Dass bereits Friedrich III. wie Maximilian in Italien interagierte, zeigen beispielsweise seine Reisen dorthin: Siehe u. a. Luger (2010). Schließlich lassen sich bei der Grabmalsinszenierung Ähnlichkeiten zwischen Maximilian und Friedrich finden: Siehe u. a. Menke (2011). Allg. zur politischen Situation unter Maximilian und Friedrich: Wolf S. (2005). Ein auffallender Unterschied tritt dagegen in den Inszenierungen um den Kaisertitel zu Tage: In einem zeremoniellen Romzug zur Kaiserkrönung präsentierte sich Friedrich III.; Maximilian dagegen verzichtete als erster Kaiser auf den Romzug und „nahm 1508 mit päpstlicher Billigung den Titel Erwählter Römischer Kaiser an.“ (Schneidmüller [2006], S. 13, S. 109–110) 35 Müller M. (2010), S. 11. 36 Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 1514/1515 (HHStA Wien, cod. 24). Eine Ausgabe von Chmel (1838), S. 64–97. Die lateinische Fassung in einer (problematischen) Übersetzung bei Ilgen (1891); Aufnahme der Zeichnungen bei Bensch/Auer (1957). 37 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 2v. Indem sich das Werk in die Tradition vieler Dichter und Geschichtsschreiber stellt (Vergil, Livius, auch Sueton sind genannt), inszeniert es sich als besonders erstklassiges Ehrenwerk und stellt Karl zugleich in die genealogische Ahnenreihe berühmter Vorfahren wie Aeneas und Augustus: Non ab re maiores nostri, diue Karole, vnicum ingenue iuuentutis decus et ornamentum Austriaeque archiprincipum translucida gemma, poetas et historiographos et quicquid

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Vorfahren im Werk unter großem Kostenaufwand abspeichern lassen: hoc profecto Maximilianus Caesar auus tuus clarissimus sedulo animo complectens, res cum suas, tum maiorum suorum, summis impensis congeri curat.38

Abb. 4: Albrecht Altdorfer, De prosapie mairoum Friederici III. Romanorum imperatoris ­Maximilianique I. origine (Der Stammbaum der Kaiser), Ausschnitt (1515–1516)39

est id genus scriptorum similie summo beniuolentiae studio, et prope aeterna mercede prosecuti sunt („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 1v). 38 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 1v. 39 Lavierte Federzeichnung aus Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 1514/151516 (HHStA Wien, cod. 24), fol. 6r; siehe auch den Abdruck bei Bensch/Auer (1957), S. 115. Siehe ebd. die Ausführungen zur Farbgestaltung.

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Wie sehr auf die Genealogie des Hauses im Werk abgezielt ist, zeigt das sich anschließende zweite Kapitel der Chronik, das die Abstammung Kaiser Friedrichs III. und die Herkunft Maximilians I. enthält: De prosapie maiorum Friderici tercii Romanorum imperatoris Maximilianique primi origine.40 Hier tritt auch der zentrale mediale Doppelcharakter der nicht fertig gestellten Chronik hervor:41 Konzeptionell plante man jeweils eine Seite mit einer Abbildung wohl von Albrecht Altdorfer zu versehen, der eine Seite mit kurzen Ausführungen im Text zugeordnet war.42 Das dem zweiten Kapitel beigegebene Bild (Abb. 4) zeigt ein Stammbaummotiv: Aus der Brust des nicht näher bezeichneten Stammvaters wächst ein Stamm, der sich in zwei Äste teilt, die wohl die steirische und tirolische Linie der Habsburger symbolisieren sollen. Auf dem unteren Ast sitzen bärtige Halbfiguren, die auf die frühere Grafenzeit verweisen, darüber folgen Halbfiguren versehen mit Herzogshüten und kaiserlicher Bügelkrone, die den weiteren Aufstieg symbolisieren; eine Burgruine im Hintergrund könnte die zerstörte Stammburg Habsburg anzeigen.43 Während das Bild detailliert über die Kronen auf den sukzessiven Aufstieg der Habsburger hindeutet, spricht der Text nur allgemein von uralten hochberühmten Vorfahren, auf die sich Karl stützen könne: Prosapiae maiorum auiti paternique generis tui originem, e vetustissimis nobilissimisque familiis emanasse constat.44 Allein durch Taten und Tugenden sei das Geschlecht der Habsburger zur Kaiserkrone aufgestiegen: atque inde sub Habsbergiorum nomine centum lustra conquievisse, verum quidem virtutum rursum et rerum excellenter gestarum foecunditate effectum, ut nedum regum sed summum etiam Caesarum apicem conscenderint.45 Besonders Friedrich III. und Maximilian I. werden dabei als leuchtende Beispiele angeführt: et Fridericus tercius Romanorum imperator, et Maximilianus primus clarissima inde effulserunt sidera.46 Die Chronik gedenkt damit sowohl der Taten Friedrichs47 als auch denen Maximilians. Kaiser Friedrich wird als ein Herrscher dargestellt, der bereits sehr früh tugendhaft und vorbildlich agierte (mox ineunte pueritia virilem animum eamque in vultu constanciam et moribus grauitatem preseferre coepit),48 so dass er reif für die Kaiserwürde ist. Sein Machtausbau korrespondiert mit der Zeugung von Nachkommen:

40 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 3v. 41 Das Vorhaben verblieb auf einer redaktionellen Vorstufe und bricht mit dem 48. Kapitel ab. 42 Müller M. (2010), S. 11. 43 Die Interpretation folgt den Ausführungen von Bensch/Auer (1957), S. 115–116. 44 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 6v. 45 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 6v. 46 Über Maximilians Tugenden können Spiegelbilder der Sitten hergeleitet werden: Ab eius deinceps virtutum et rerum gestarum splendidissimis imaginibus […] Maximiliani caesaris morum et vite specula deducam. („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 6v) 47 Er wird bezeichnet als eine Lichtgestalt, die unter allen anderen Fürsten hervorragt: Par lumen inter principes non facile adepturus esses. („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 6v) 48 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 7r.

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Maximiliano et Kunegunda setzen das Blut fort.49 Obwohl große Unruhe in seinem Reich entstand, behielt Friedrich Geduld und baute die habsburgische Macht weiter aus.50 Besonders die friedliche Absicht seiner Politik und das Umgehen von Kriegen werden gepriesen.51 Seine Sammlung an Perlen (Dactilothecas plures habuit delectia gemmis et margaritis)52 und nicht zuletzt seine Fürsorge um Bräuche werden gesondert hervorgehoben.53 Die Chronik schließt mit einer Beschreibung zu seinem Tod und Begräbnis.54 Direkt daran knüpfen die Kapitel zu Maximilian an, so dass die Chronik die enge Verbindung zwischen den beiden Herrschern unterstreicht, wie der Text noch einmal gesondert hervorhebt: Postquam Friderici tercii Romanorum imperatoris morum et virtutum rerum et ab eo egregie et dictarum et gestarum simulachra, mediocri artificio expressa sunt, pientissime Karole filii nunc eius Maximiliani primi Romanorum caesaris sui tui clementissimi vite imagines eodem artificii genere explicandas censui.55 Ähnlich den Ausführungen zu Friedrich wird Maximilians frühe Begabung gepriesen, die seine zukünftigen Fähigkeiten bereits im Kindesalter vorwegnimmt: Nondum linguam sermoni pedes gressuum vsui expedite aptare valuit, precocia signa dedit, qualis esset princeps futurus quasque disciplinas amplexurus.56 Auch in seiner Lebensbeschreibung ist die Zeugung von Kindern besonders hervorgehoben: Philipp et Margarita führen das Blut der Habsburger fort.57 Maximilian trägt Eigenschaften in sich, die seinen Zorn unterdrücken und gegenüber Feinden keine Rachsucht erzeugen (De inimiciciarum facili remissione, ireque dissimulacione).58 Indem die Bilder immer wieder den Text zusammenfassen, wie beispielsweise eine Federzeichnung zu den vielen

49 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 8r. 50 At in omnibus aduersitatibus suis animum semper habuit miro patientie robore firmatum, ut iniurias etiam illatas non nis tardissime, sineque occassione congrue oblata expiaret vindicta, nulla denique seuitia, sed leni quadam emendationis nota. („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 8r) 51 „Historia Friderici et Maximiliani“, 8v–22v. 52 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 23v. 53 Religionie destiuatis semper horis, si eum persertim valitudo admisit, exacte et flagrantissime operam dedit, alioquin succisiuis temoribus noctu eque atque die diuinis supplicacionibus vacauit quin et animum ea pietate in coelestia numina semper imbutum habuit. („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 25v) 54 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 30r–34v. 55 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 36r. 56 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 40r. Im 22. Kapitel ist sogar eine Ausführung aufgenommen, wie Friedrich Vorherseher die Zukunft seines Sohnes ausdeuten lässt: Obwohl ihm ein schicksalhaftes Leben bevorsteht, wird er immer in der Zuneigung des Volkes stehen und sein Glück steigern können. („Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 45v–46r) 57 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 51r. 58 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 66r–67v.

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Turnierkämpfen,59 die Maximilian führte und im Text genauer beschrieben werden,60 ist die Tugend des Kaisers auch ganz ‚anschaulich‘ repräsentiert. In den letzten Kapiteln wird das Lob Maximilians gesteigert: Ausführungen zu seinen Eigenschaften und Tugenden, wie sein scharfer Verstand (eius subtilitate ingenii, scienciarum varietate)61 und seine Ausdauer (eius irremissibilibus laboribus et laborum sustentacionis paciencia),62 stehen neben der Beschreibung seines vortrefflichen Körpers.63 Dieser wird als ausgezeichnet in allen Altersstufen beschrieben, nicht zuletzt die strahlenden Augen, das gelockte Haar, die feine Nase und sein gerader Körperbau sind hervorgehoben und machen ihn zu einem besonders ehrenvollen Vertreter des Geschlechts, der von Frauen wie auch Männern geliebt wird: Forma fuit per omnes etatis gradus excellens, tranquillo vultu et sereno, fulgencium occulorum et siderei quasi vigoris quibus etiam infuit aliquod amoris illicium ut ab omnibus tam viris quam mulieribus diligeretur.64 Über die engen Text-Bild-Beziehungen, vor allem durch die Bezüge, die im Werk zwischen den Herrschern Friedrich III. und Maximilian I. hergestellt werden sollten, inszenierte man die Darstellung einer Art ‚Körperschaft‘ der Dynastie:65 Schließlich sei es Karl, in welchen die einzelnen Leistungen seiner Vorfahren münden.66 Friedrich und Maximilian sind in der Idealität politischen Agierens skizziert.67 Wie sehr dieser ‚Entwurf‘ politischer Ordnung allerdings tatsächlich auch Entwurf im Material verblieb, führen die vielen Korrekturen wie Durchstreichungen und Überarbeitungen im Arbeitsprozess des Werkes selbst vor Augen; das zeigt ein wohl von Maximilian persönlich mit drei Strichen verworfenes und zur Überarbeitung bestimmtes zentrales Bild zu Kaiser Friedrich III. an.

59 Siehe die lavierte Federzeichnung von Albrecht Altdorfer, De eius hasticis certaminibus (Turnierkämpfe) in: Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 1514/151516 (HHStA Wien, cod. 24), fol. 69r; siehe auch den Abdruck bei Bensch/Auer (1957), S. 125. 60 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 68v–71r. 61 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 74r. 62 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 78v. 63 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 83r–84v. 64 „Historia Friderici et Maximiliani“, fol. 83r. 65 Die einzelnen Episoden im Werk stehen für sich gesehen solitär, so dass der Schwerpunkt dort jeweils auf der Repräsentation des idealen Herrschers liegt: Doch ergibt sich mit Fortlauf der Texte wie Bilder, man könnte auch sagen mit dem Durchblättern des Werkes nacheinander Seite für Seite, das einheitliche Bild der gesamten Dynastie. Das stützt wohl nicht nur der Text, sondern vor allem auch das Bildmaterial, das „die skulpturale Solidität der Figuren betont.“ (Müller M. [2004a], S. 9–28) 66 „Die seinerzeitige Regierungsübernahme von Maximilian und die aktuelle Regierungsübernahme von Karl bilden somit eine gedankliche Einheit.“ (Müller M. [2004a], S. 15) 67 „[B]eide Herrscher erscheinen nicht mehr als Teil der Geschichte, sondern sie machen […] Geschichte.“ (Müller M. [2004a], S. 15)

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Abb. 5: Albrecht Altdorfer, De prodigiis et ostentis, quae mortem Friderici imperatioris praecesserunt (Wunderzeichen kündigen Kaiser Friedrichs Tod an), Ausschnitt (1515–1516)68

68 Lavierte Federzeichnung aus Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 1514/151516 (HHStA Wien, cod. 24), fol. 30r; siehe auch den Abdruck bei Bensch/Auer (1957), S. 119. Siehe ebd.

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Neben Darstellungen in Text und Bild, wie die Historia Friderici et Maximiliani vor Augen führt, bieten darüber hinaus Wappen die wohl denkbar knappste Ausdrucksform politischer Begründungen durch das Argument des ‚Blutes‘, das die verschiedenen Vertreter der Habsburgerdynastie miteinander verbindet.69 Wappen sind nicht nur komprimierte Beschreibung eines rechtsverbindlichen Status, sondern entwickeln eine Eigendynamik: Heraldik ist genealogisches Argument.70 Die unter Kaiser Friedrich III. an der Ostseite der Wiener Neustädter Burgkapelle erstellte Wappenwand, 71 auf die sich wohl Kaiser Maximilians I. im Druck erschienene Ehrenpforte bezieht, wurde um das Jahr 1453, vermutlich von Peter von Pusika, erstellt.72 Obwohl sie einen genealogischen Anspruch auf Länder erhebt, deren gezeigte Wappen und Helmzierate fingiert sind, die es also in der Realität nicht gab,73 ist sie mit größter technischer Leistung erbaut worden.74 Die Wappenwand untermauert den Anspruch Habsburgs auf Macht und Herrschaft. Der Inhalt der Wappen dient der Repräsentation einer Sonderstellung des habsburgischen Blutes: Der in Stein gehauenen Herrschaft Friedrichs III. wird Objektivität unter Verweis auf die Natur des Blutes verliehen. Natur, im Sinne des präsentierten genealogischen Blutes, und Stein, im Sinne der verwendeten Materialien, verbinden sich mit der Zielsetzung, Macht auszustellen. Die Statue75 des Herrschers (Abb. 6) ist darin das Zentrum der fürstlichen, politisch-dynastischen memoria. Es erweist sich als ein Medium historisch-genealogischer Konstruktion: Friedrich III. steht ganz ‚natürlich‘ im Mittelpunkt seines Machtentwurfes.

die Spekulationen, warum der Zeichner eine Billigung für dieses Bild durch Maximilian nicht finden konnte. 69 Auf die „Zähmung des Tierisch-Wilden […], das in der Repräsentation (z. B. in Wappen) präsent bleibt“ verweist Kiening (2003b), S. 59. 70 Hierzu vor allem der Beitrag von Schauerte (2011), v. a. S. 351–362. 71 Siehe den Abdruck der Wappenwand Kaiser Friedrichs III. (1453) bei Schauerte (2011), S. 428. 72 „[Sie] […] ist das größte, faszinierendste und auch künstlerisch anspruchsvollste heraldische Monument, das die nordeuropäische Kunstgeschichte des Mittelalters kennt […].“ (Schauerte [2011], S. S. 353) 73 Hye (1990), S. 102. 74 Boeheim (1834), S. 42–44. 75 Gerade das Standbild beschreibt Thomas Schauerte nicht nur als Bestandteil fürstlicher memoria und als politisch-dynastisches Monument, sondern er geht auch auf dessen sepulkralen Hintergrund ein: Schauerte (2011), v. a. S. 359.

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Abb. 6: Wappenwand Kaiser Friedrichs III. (1453), Gesamtansicht heutiger Zustand (Detail)

Zusammengefasst kann gerade im Hinblick auf die großen Vorbehalte gegenüber Kaiser Friedrich III. bis in die neueste Forschung hinein festgehalten werden,76 dass Inszenierungen von Macht unter den Habsburgern einerseits direkt über eine Betonung der Gemeinsamkeiten zwischen Maximilian und seinem Vater, nicht zuletzt über ihre Verwandtschaft im Blut ablaufen können wie die Historia Friderici et Maximiliani zeigt; andererseits repräsentiert Friedrich III. auch in eigenständigen Werken77 seine Macht und preist das Blut seiner Dynastie, wie beispielsweise in der Wappenwand.

76 Überspitzt könnte mit Hilscher (2000), S. 30 demnach gefragt werden, ob es nicht Kaiser Friedrich III. war, der eher als sein Sohn, Maximilian I., Zeitwende-Charakter aufwies und bereits in einer Zeit des Übergangs zwischen sich überlagerndem Mittelalter mit Früher Neuzeit lebte. 77 Enea Silvio Piccolomini, dem poeta laureatus Friedrichs III., kommt dabei eine besondere Stellung zu: In seinem Werk „Germania“ verbindet er beispielsweise politische Gegebenheiten mit historiographischen Fragestellungen. (Mertens D. [1992], S. 33) Des Weiteren verfasste Enea Silvio Piccolomini 1453 eine Art historisches Memorandum, das die vergangenen Ereignisse um Friedrich III. beschrieb, die so genannte „Historia Austrialis“. Mittelpunkt dieser Schrift war die Auseinandersetzung Friedrichs III. mit dem König von Böhmen und Ungarn sowie dem Herzog von Österreich. Der zweite Handlungsstrang ist die Romfahrt Friedrichs III. samt der Kaiserkrönung 1452 und der Hochzeit mit Ele-

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Neben Friedrich III. erscheint Karl V. als weiteres interessantes Beispiel für diese Studien, das summarisch analysiert werden soll, bevor detailliert auf die umfänglichen Ehrenwerke Kaiser Maximilians I. eingegangen wird.

2.1.3 Kaiser Karl V. – im Überblick Nach Maximilians I. Ableben sollte sein Enkel Karl die Königs- beziehungsweise Kaiserwürde übernehmen.78 Er musste sich vor allem gegenüber seinem schärfsten Konkurrenten, Franz I. von Frankreich, profilieren. Die propagandistische Inszenierung, die die habsburgische Seite in dieser Situation betrieb, stützte sich dabei immer wieder auf die besonderen Wesenseigenschaften, die Karl vorbildlich verkörpert:79 Er wurde als kräftiger und gesunder Fürst inszeniert, der das Reich stärken würde.80 Eine Repräsentation dieser Art wurde nicht nur während des ‚Wahlkampfes‘ betrieben. Auch nach der Wahl zum König und in seiner gesamten Regierungszeit als späterer Kaiser wurde Karl als eine Führungsfigur inszeniert.81 Seine Macht wurde über

onore von Portugal. Enea Silvio Piccolomini arbeitete das Werk in einer zweiten Redaktion in eine Landesgeschichte um; siehe die Neuedition von Knödler/Wagendorfer (2009). 78 Allg. Schorn-Schütte (2000), v. a. S. 24–46; auch: Diller (2000); Kunst- und Ausstellungshalle (2000); vgl. auch die summarischen Hinweise bei Kagerer (2016), S. 159–163. 79 Nun ist die kgl. wirde von Hispani als ain geporner ertzherzog zu Osterreich nit das wenigst glid des hailigen Reichs und Teutscher nation, des vordem vom loblichen hauß Osterreich denselben Reich und Teutscher nation alzeit getruwlich angehangen, hilff und beistand gethan. (Zitiert nach: Kohler [1990], S. 46–47) 80 Kohler (1999), S. 46–47. 81 Umso mehr erstaunt, wie wenig bisher die Inszenierung Karls V. in der Forschung untersucht wurde. Wohlfeil (2002), S. 21–57 kritisiert, dass sich wenige Autoren beispielsweise mit der Ikonographie Karls V. beschäftigt haben und nur Vorarbeiten erbracht sind. Doch könnten vor allem auch Bildnisse, wie u. a. jene des Künstlers Titiano Vecellio, wichtige Erkenntnisse und Rückschlüsse liefern: Die Werke von Titiano Vecellio „Karl V. im Lehnstuhl“ (1548, Alte Pinakothek München; die aktuellen wie zum Teil auch sehr emotional geführten Diskussionen über die tatsächliche Urheberschaft des Werkes können hier nicht detailliert widergegeben werden, vielmehr soll auf den Kompromiss von Schweikhart hingewiesen werden, der die kompositionelle Anlage des Bildes Titiano zuschreibt, die weitgehende Ausführung dessen Mitarbeiter Lambert Sustris: siehe Schweikhart [2001], v. a. S. 185) und „Karl V. bei Mühlberg“ (1548, Museo del Prado Madrid) stellen nicht zuletzt „[…] geschichtliche Urkunden von einzigartigem Wert“ dar; (Einem [1960], S. 7) sie präsentieren auch zwei Rollen des Kaisers im Gewand antiker Rezeption: Während das Herrscherbildnis „Karl V. im Lehnstuhl“ auf die zivile Rolle des Kaisers abzielt, kommt im Reiterbildnis „Karl V. bei Mühlberg“, als dessen Vorbild die Reiterstatue Marcus Aurelius gilt, die militärische Inszenierung Karls als siegreicher Heerführer zu tragen. (Freedma [1995], S. 116) Der im Hintergrund angedeutete Fluss des Werkes „Karl V. bei Mühlberg“, evt. die Elbe, könnte die symbolische Bedeutung des Rubicon angenommen haben: „Karls Sieg bei Mühlberg wird mit Caesars Entscheidungssieg über Pompeius verglichen.“ (Einem [1960], S. 17)

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eine ganze Reihe an Medien repräsentiert.82 Die nachfolgenden Studien bieten einen summarischen Überblick. In der Person des Kaisers scheinen sich mehrere Machtressourcen der Frühen Neuzeit zu verschmelzen: Er verkörperte das genealogische Potential der Habsburger von Geburt an; durch geschicktes Taktieren, besonders seines Großvaters Kaiser Maximilian I., fiel ihm das strategische Gewicht einer dynastischen Herrschaft in die Hände, die die spanischen, burgundischen wie habsburgischen Erblande umklammerte; durch das Geld der Fugger gewann er die Kaiserwahl; mit Entdeckung der ‚neuen Welt‘ wurde er Herrscher eines scheinbar ‚vergoldeten Sonnenreiches‘. Entscheidend für das Denken einer Kontinuität im Blut83 sind die oft zitierten Worte Maximilians an seine Tochter Margarete, die als Statthalterin des jungen Karl fungierte, er freue sich darüber, dass sein Enkel Karl nicht aus der Art geschlagen sei und sich mit ebenso großem Engagement der Jagd widme.84 Maximilians Worte zielen darauf ab, mit Karl einen würdigen Nachfahren im Blut zu haben, der seinem Haus, das als Körperschaft weit mehr darstellt als die Summe der Mitglieder, die Zukunft als Nachfolger im Amt sichern solle.85 Umso frappanter wirkt Karls körperlicher Zustand in seinen Jugendjahren: Sein angestrengtes Luftholen durch die kleinen Nasenlöcher und der geöffnete Mund haben gerade französische Gesandte zu Spekulationen über seinen schlechten Gesundheitszustand motiviert.86 Immer wieder berichten Diplomaten von den ihnen auffallenden Schwierigkeiten, die der junge Karl beim Sprechen habe.87 Nachdem Karl während einer Messe coram publico ohnmächtig zu Boden fiel, wurde eine schwere Epilepsie im Umfeld des französischen Königs und schärfsten Konkurrenten Karls angenommen.88 Bei spanischen und burgundischen Gesandten sowie im Briefver-

82 Wie sonst wohl kaum ein anderer Kaiser hat Karl V. die Kunst für seine Politik, Herrschaftsidee und sein Herrscherbewusstsein instrumentalisiert. (Schulin [1999], S. 22) Besonders über literarische Antikenrezeption wurde unter Karl V. versucht, seine Bedeutung als gleichsam ‚neuer Augustus‘ zu bestätigen. (Reisner [2004], S. 901) 83 Siehe die engen Verbindungen zwischen Maximilian I. und Karl V. bereits über eine Denkschrift von Jakob Mennel: Kugler (1960), v. a. S. 24–58. 84 Schlegelmilch (2011), S. 94. 85 Schlegelmilch (2011), S. 123. 86 Ob man wirklich das Portrait des zehnjährigen Prinzen, das Bernard van Orley um 1510 entworfen hat, als visuelle Abbildung eines Herrschers mit vorspringender Unterlippe sowie einem stumpfen, müden Blick und schweren Tränensäcken zu kleinen Augen interpretieren kann, bleibt fraglich: Siehe das Gemälde von Bernard van Orley (zugeschr.), Erzherzog Karl (um 1510): National Gallery of Scotland, Edinburgh. Inv.-Nr. 1895; Öl auf Leinwand (75,20cm x 56,20cm). Abbildung und Diskussion bei Schlegelmilch (2011), S. 323–325. 87 Schlegelmilch (2011), S. 345. 88 Siehe die Nachweise Schlegelmilch (2011), v. a. S. 182–184, S. 325, S. 345–347 und S. 351–355.

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kehr zwischen Margarete und Maximilian wurden solche Anomalien nicht erwähnt: Dem Anwärter auf die Herrschaft sollte kein Makel anhaften.89

Abb. 7 und Abb. 8: Anonym, La tryumphante et solemnelle, Ehrenbogen und Schaugerüst (1561)90

Makellos wurde Karl im Laufe seines Lebens nicht nur physisch, sondern ebenso moralisch inszeniert und präsentiert: Als Friedensfürst, als miles Christi und defensor ecclesiae, der den Furor91 durch Tugendhaftigkeit überwunden hat,92 wird seine politische Vision propagandistisch ausgedeutet. Eine Quellengattung, die Aufschluss über die Inszenierungen von Macht unter Karl gibt, sind die freistehenden, als nicht verschließbare, auf antike Triumph- und Ehrenbögen zurückgreifenden ephemeren, also nur für den kurzfristigen Gebrauch entworfenen, Ehrenpforten und Schauge-

89 Schlegelmilch (2011), S. 350, S. 353. 90 Einzug Karls V. in Brügge: ÖNB cod. 2591, fol. 46v und fol. 58v. 91 Siehe hierzu auch die von Leone Leoni 1551–1555 erstellte Statue Carlos V y el Furor: Museo del Prado, Madrid; Num. de catálogo E00273; Bronze (251cm x 143cm x 130cm). Der Furor, „[i]in zahlreiche Ketten geschlagen, symbolisiert […] das mit der Verriegelung der Kriegstore einsetzende Goldene Zeitalter: Die Pforten des Kriegs, die grausigen, werden/ dicht verschlossen mit Riegeln aus Erz: das ruchlosen Wahnsinns / Dämon, rücklings gefesselt mit hundert ehernen Banden, / hockt über grausen Waffen und knirscht mit blutigem Munde. (Vergil, Aeneis, hrsg. von Manfred Lemmers, übers. von Johannes Götte, Leipzig/München 1979, I, 294–296).“ (Bredekamp [2005], S. 43) 92 Philipp (2011), S. 89.

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rüste. Sie bezogen sich zu einem konkreten Anlass auf die Person des geehrten Würdenträgers.93 So kann der Einzug in Brügge von 1515, der anlässlich der Reise zum Herrschaftsantritt als Herzog in Burgund stattfand,94 vor Augen führen, wie eine ganze Stadt Karl als Herrscher huldigt: Bühnenkammern, Gerüste, ephemere Bauten und Tore preisen die Tugenden des Herrschers und symbolisieren, dass die Stadtbevölkerung ihm demütig gegenübertritt. Neben Ehrenbögen (Abb. 7) wurden auch Schaugerüste aufgestellt, die beispielsweise Karl V. und die Personifikation des Handelns zeigen, wie sie zusammen an einem Rad mit vier allegorischen Figuren drehen (Abb. 8).95 Das größte Aufsehen erregte wohl ein Brunnen (Abb. 9): Dieser bestand aus einer zentralen Säule, wobei sich auf einer kleineren Plattform oberhalb drei Statuen von nackten Frauen befanden.96 Aus ihren Brüsten floss angeblich Weißwein, Rotwein und Rosenwasser in ein Becken, wobei die feine Ausführung der Frauenkörper besondere Bewunderung hervorgerufen haben soll: si trespres du vif et dartifice tant parfaict.97 Der Brunnen galt von allen Festdekorationen als le plus beau et le plus gorgias de tout.98 Indem die erotischen Frauenkörper, die den Reichtum der Stadt symbolisieren, als beste und ‚natürliche‘ Elemente der Stadt Brügge – die Abbildung im Wiener Manuskript zeigt diese – Karl übergeben werden, sind damit auch Anforderungen an den Herrscher selbst verknüpft. Beeindruckt von der ‚üppigen‘ Natur der Stadt solle

93 Philipp (2011), S. 17. 94 Philipp (2011), S. 149. Der Einzug ist reich überliefert (in zwei Druckschriften, einer Handschrift und dem städtischen Rechnungsbuch) und wurde in der Forschung grundlegend aufgearbeitet. (Ebd., S. 151) 95 Daneben König Artaxerxes, der vom Propheten Nehemia und knienden Männern gebeten wird, Jerusalem wieder aufzubauen. 96 Der Holzschnitt eines ähnlichen Brunnens von Donat Hübschmann (Wien, Albertina, Inv.-Nr. Cim. IV, Nr. 15) zur Krönung Maximilians II. findet sich in: Caspar Stainhofer, Gründliche vnd kuhrtze beschreibung ds alten vnnd jungen ugs: welche bede zu Einbleittung der Röm. Kay. Mt. &c. Kaiser Maximiliani des Anndern […] von der Crönung von Franckfurt zu Wienn den 16. Martij im 63. jar […], Wien 1566; siehe dazu: Kriller (2016), S. 260. 97 Detaillierte Beschreibung bei Philipp (2011), S. 171; hier ebd., S. 160. Zitat aus: Remy Dupuys, La tryumphante et solemnelle entree faicte sur le Joyeule aduenement de Treshault et trespuissant prince Monsigneur Charles Prince des espagnes Archiduc daustrice etc en sa ville de Bruges Lan quinze centz et quinze le dixhuictiesme Jour dapuril apres pasques Redigee en escript par Maistre Remy du puys son tres humble Indiciaire et Hystoriographe, Paris 1515, Bl. E5v. Der Nachdruck bei Anglo (1973). 98 Remy Dupuys, La tryumphante et solemnelle entree faicte sur le Joyeule aduenement de Treshault et trespuissant prince Monsigneur Charles Prince des espagnes Archiduc daustrice etc en sa ville de Bruges Lan quinze centz et quinze le dixhuictiesme Jour dapuril apres pasques Redigee en escript par Maistre Remy du puys son tres humble Indiciaire et Hystoriographe, Paris 1515, Bl. E5v. Der Nachdruck bei Anglo (1973). Die Form sexualisierter Herrscherempfänge in der detailreichen und anregenden Studie zum Konnex von Macht und Erotik bei Pfisterer (2016), S. 187–188, dort auch das Beispiel des Einzugs Karls V. in Antwerpen 1520. Kriller (2016), v. a. S. 260 geht genauer auf den Weinbrunnen ein.

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er helfen, ihren Reichtum und Wohlstand zu erhalten.99 Die Sicherung des an sich nur für den Einzug des Herrschers aufgebauten Brunnens, auch aller anderen ephemeren Schaugerüste und Ehrenbögen, wurde durch einen eigenen Codex geleistet, der bis heute Einblicke in diese Form der Herrscherhuldigung gewährt:100 Karl wurde er auf seine weitere Reise mitgegeben, so dass nicht verklingen sollte, was im festlichen Einzug präsentiert worden war.

Abb. 9: Anonym, La tryumphante et ­solemnelle, Brunnendarstellung (1561)101

Nach dem Comuneros-Aufstand der Jahre 1520 bis 1522 diente Karls zweite Spanienreise zwischen 1522 und 1529 der Konsolidierung der Verhältnisse in Kastilien, das mit seinen Kolonien in Spanisch-Amerika als Finanzier des Reiches unverzichtbar war.102 Der Einzug in Sevilla im Jahre 1526, um ein weiteres besonders schlagendes Beispiel anzuführen, war einer der prächtigsten seiner Art  – überliefert ist er in mehreren anonymen Beschreibungen.103 Die sieben vom Rat der Stadt errichteten Ehrenpforten und das achte, von der Geistlichkeit erbaute Tor, verschmelzen antike und christliche,

99 Zu genaueren Umständen und Motiven dieses Appells siehe Philipp (2011), S. 170, auch S. 149–151. 100 ÖNB cod. 2591, fol.46v und fol. 58v. 101 Einzug Karls V. in Brügge: ÖNB cod. 2591, fol. 45v. 102 Philipp (2011), S. 171. 103 Philipp (2011), S. 172

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mittelalterliche und humanistische Tugenddiskurse. Sie preisen Karl V. nicht nur als natürlichen Repräsentanten der vier Kardinaltugenden und damit als Verkörperung alles sittlich Guten, sondern motivieren Karl regelrecht zum Einsatz seiner tugendhaften Wesenseigenschaften: Die sieben Ehrenpforten visualisieren mit den Tugendpreisungen das Ideal eines ‚guten‘ Herrschers. Sie präsentieren einen Regenten, der als säkularer Staatsmann und ebenso nach christlichen Prinzipien regiert, der als Kaiser über herrschaftlich-weltliche und von Gottes Gnaden vermittelte transzendente Qualitäten verfügt. So befand sich auf dem zweiten Bogen bei Santa Marina über dem mittleren Durchgang Fortitudo, die die aufbäumende Superbia mit Füßen trat: NON NOS QUOD UICTUM UI DEBELLAUERIS HOSTEM, HAEC/ DAMUS AUSPICIIS CAROLE MAGNE TUIS, NON QUOD SPES OMNIS/ IN TE INCLINATA RECUMBIT, NE LACERENT AUIDI UISCERA/ NOSTRA LUPI, SED QUOD UINCENDO TE, SIS TE FORTIOR, INDE/ LAUDIBUS HAEC CRESCUNT PEGMATA CELSA TUIS.104

In eine ähnliche Richtung weist mit seiner Inschrift der sechste Bogen auf dem Marktplatz bei San Salvador, über dessen mittleren Durchgang die Tugenden fides, spes und caritas während Schmiedearbeiten in der Werkstatt der Ehre dargestellt wurden.105 Der siebte Bogen war Höhepunkt und Finale der Sequenz: Er versinnbildlichte Karls absolute Macht, die sich nicht nur auf das Weltgerüst, sondern auch auf die launenhafte Fortuna erstreckte. Beeindruckt von den Verdiensten des Kaisers hielt sie ihr Rad an, um Karls Position im Zenit zu fixieren: GLORIA RELLIQUIAS HOMINUM POST SECULA MILLE SUSCITAT,/ ET UIUAS UIUERE SOLA FACIT. ILLA DEDIT FABIOS NOBIS, DEDIT/ ILLA CAMILLOS, HAEC PEPERIT STIRPIS ROBORA CAESAREAE./ NUNC AUTEM ILLA TUO DE PECTORE MAXIME CAESAR OMNIBUS/ IN REBUS, QUAS FACIS, EXORITUR.106

Haben sich von diesem Einzug keine bildlichen Quellen erhalten, so kann noch einmal das imposante Wiener Manuskript, das Karl nach dem Einzug in Brügge von 1515 überreicht wurde, zumindest in Ansätzen visualisieren, was wohl auch in Sevilla präsentiert wurde: Kaiser Karl V. saß thronend auf einem Schaugerüst (Abb. 10), vor ihm wird das Rad der Fortuna mit Fortitudo und Temperantia gezeigt, das von Gestalten wie Iustitia und Prudentia gesäumt wird; links und rechts sind die Kaiser Traian und Theodosius zu sehen.

104 Zitiert nach: Philipp (2011), S. 178 105 NULLA EST UIRTUTUM SPECIES, QUAE MAXIME CAESAR NON COLAT/ INGENIUM NOBILITATA TUUM. ILLAE OMNES UNUM CORPUS/ FORMARE PARATAE DOTIBUS IMMODICIS CORPORIS, ATQUE/ ANIMI, FORMAUERE TUUM CORPUS SANCTISSIME CAESAR ATQUE IN TE SEDES DISPOSUERE SUAS. (Zitiert nach Philipp [2011], S. 184) 106 Zitiert nach Philipp (2011), S. 185.

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Abb. 10: Anonym, La tryumphante et solemnelle, Schaugerüst (1561)107

Karl wird in Sevilla nicht nur als Friedensfürst empfangen, sondern auch als ebensolcher in und über die Ehrenpforten, deren politische Bedeutung bisher wenig Beachtung in der Forschung erhielt, inszeniert: Die Übergabe des Olivenzweiges bereits vor der Stadt, den er angeblich während des gesamten Einzuges in Händen gehalten hat, ist Auszeichnung und Symbol dafür.108 In literarischen Werken wird Karl V. ebenso gepriesen, wenngleich in anderen Dimensionen.109 So verhandelt Caspar Ursinus Velius,110 unter Maximilian I. zum poeta laureatus gekrönt, in der Ode De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate111 den Sieg Karls V. über Franz I. bei Pavia aus dem Jahr 1525. Die Ode, in alkäischer Strophenform verfasst, ist 100 Verse lang.112 Thema ist die virtus des Kaisers, die ihn zum Herrscher eines Weltreichs macht: Dicenda virtus Caesaris et domus/ Augusta Regum atque Imperii decus,/ tot regna terrarumque fines/

107 Einzug Karls V. in Brügge: ÖNB cod. 2591, fol. 37r. 108 Philipp (2011), S. 200–201. 109 Die folgenden Ausführungen knüpfen an die Überlegungen bei Kagerer (2016), S. 160–163 an. 110 Zu weiteren Analysen panegyrischer Dichtungen auf das Haus Habsburg durch Caspar Ursinus Velius, beispielsweise zu seinem ersten Stück „In laudem divi maximi Caesaris et Henrici VIII. Britanniae regis carmen“, das die Siege Maximilians über die Niederlagen der Feinde benennt, siehe: Plotke (2009), S. 97–100. 111 Text bei Römer (2002), S. 79–82 (Orthographie und Interpunktion sind gegenüber der Originalausgabe in einigen Punkten dem modernen Usus angepasst). 112 Die Interpretation folgt der detailreichen Lektüre von Römer (2002), v. a. S. 70–75.

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unius arbitrio subacti.113 In den ersten Strophen werden berühmte Dichternamen wie Homer, Vergil und Horaz angesprochen. So zeigt Caspar Ursinus Velius, dass es eines höchsten dichterischen Könnens bedarf, um den Taten des Kaisers überhaupt gerecht werden zu können.114 In Vers 50, also exakt in der Mitte des Werkes, wird der Name Karls ausgesprochen: His tam secundis auspitiis sua et/ virtute Divum CAROLUS impiger/ Hispana rursum ad regna tendit/ ingrediens mare belluosum.115 Reminiszenzen an horazische Lyrik – vor allem an das Siegeslied carmen 4,14 – treten hervor, wie die Wortwahl aus der horazischen Ode V. 16: auspiciis pepulit secundis oder V. 47–48: beluousus116 […] Oceanus ˗117 verdeutlicht.118 Über rhetorische Fragen wird schließlich die Aufmerksamkeit auf den Erfolg Karls gelenkt: Credetis o vos talia posteri?/ An facta vestram diminuent fidem/ miranda non audita priscis/ quae properans modo vidit aevum?/ Ferrata Caesar contudit agmina/ Regis superbi coepit et inclytum/ ipsum triumphatosque Gallos/ nunc populis Latioque monstrat.119

Diese Abschnitte enthalten besonders enge Horaz-Bezüge, wenn die erste Römerrede carmen 3,1 oder wieder das Siegeslied carmen 4,14 imitiert wird.120 Caspar Ursinus Velius lässt in seiner Ode neben Karl V. auch dessen Bruder Ferdinand auftreten. Der Text spricht von einem commune Imperium121 und huldigt so der Bedeutung des dynastischen Blutes des habsburgischen Hauses.122 Die Macht der Habsburger ist so gewaltig, dass sie sich sogar über das Römische Reich, symbolisiert durch das Kapitol, erhebt: Caedat et Austriae/ sacrata moles iam Capitolii […].123 Die Habsburger vollbrachten so Außergewöhnliches, dass das größte dichterische Talent dafür nicht mehr ausreiche, um es besingen zu können.124 Der letzte Vers preist Karl V. als eine Gottheit, Jupiter gleich, die allen Menschen Hoffnung spendet und Zuversicht verbreitet: Nil flante desperemus aura/ Caesaris et Iove tam benigno.125 Der Kaiser ist auf

113 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 29–32. 114 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 25–27: Nunc copiosis, nunc opus est modis/ et arte multa, nunc opus arduos/ qui moliantur dythirambos/ et moveant Helicona sacrum. 115 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 49–52. 116 beluosus ist klassisch singulär. 117 Horaz, Sämtliche Werke, hrsg. von Bernhard Kytzler, Stuttgart 1992. 118 Dass sich „die Bezüge […] keineswegs auf wörtliche Reminiszenzen beschränk[en]“ arbeitet deutlich Römer (2002), v. a. S. 74 heraus. 119 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 53–60. 120 Römer (2002), S. 72 spricht in diesem Kontext von einer Imitation. 121 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 65. 122 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 73–75. 123 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 69–70, 124 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 97–99. Vgl. auch Römer (2002), S. 74. 125 „De mirabili victoria Caesarianorum adversus Gallos ac potentissimi regis captivitate”, V. 99–100.

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diese Weise verbunden mit dem (Götter-)Himmel. Die sprachlichen Bezüge auf den antiken Hymnus bewirken in diesem Sinne eine Überhöhung des Kaisers und sind mehr als das Gerüst der Panegyrik:126 Karl steht nicht nur auf einer Stufe mit dem antiken Vorgänger, also Augustus. Indem auch seinem Bruder Ferdinand gehuldigt wird, ist die Ode ein Preis des exklusiven Blutes der Habsburger schlechthin. Nicht Karl oder Ferdinand allein stehen im Fokus, vielmehr dienen sie der Ode als Beispiele für die alle Zeiten übertreffende genealogische Macht der Habsburger in summa. Ein weiteres Beispiel panegyrischer Huldigung Kaiser Karls V. ist das drei Bücher umfassende Epos De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam127 von Antonio Sebastiano Minturno.128 Dort geht es primär um die Krönungsreise Karls von Spanien nach Bologna.129 In drei Büchern spielt die Handlung weitgehend auf der Götterebene, die historische Wirklichkeit wird durch einen geradezu „überzogenen Götter[apparat]“ ausgeblendet.130 In Buch eins steht ein consilium deorum im Vordergrund: Der pater Divum bereitet die Ankunft Karls vor und schlichtet Streit unter den Göttern. Buch zwei schildert die unter dem Schutz der Götter stehende Reise Karls nach Italien. Sein künftiges Schicksal wird Karl über eine Vision auf einer Seereise in Buch drei ausgebreitet. Die Krönungszeremonie Karls in Bologna stellt Sebastiano Minturno in Form einer Ekphrasis131 dar, die sich an Vergils Schildbeschreibung anlehnt: Dienende Geister des Königs Tybris arbeiten an einem Prachtgewand, das die Reise Karls und seine Doppelkrönung mit der Krone der Lombardei und der Kaiserkrone des Reiches entwickelt.132 Karl wird auch hier mit Augustus verglichen, wenn es heißt: Ipse sedens alte populis dat iura superbis,/ cuncta recognoscit placide missosque piorum/ undique legatos audit laetamque per omnem/ composito Hesperiam divulgat foedere pacem/ indicitque pius formidanda hostibus arma.133 Wie der vergilische Augustus, auf den durch die Übernahme von Friedensprophetien aus der „Aeneis“ hingewiesen wird,134 bringt Karl Frieden und schafft für alle Menschen der Welt ein goldenes Zeitalter: ipso ut rege per omnem/ Hesperiam redeant Saturnia saecula tandem/ optata, ac toto surgat pax aurea mundo.135 So steht Karl nicht nur für ein befriedetes Riesenreich, er

126 Das als Weiterentwicklung der Thesen von Römer (2002), S. 75. 127 Antonius Sebastianus Minturnus, De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam Poemata ad Consalvum Pyretium. Summi Consilii apud Catholicum Regem virum primarium, Venedig 1564. Zur Datierung: Dröthandl (1993), S. 75–79. 128 Römer (2002), S. 75–76 geht genauer auf den Entstehungskontext ein. 129 Eine Kurzzusammenfassung des Inhalts bei Reisner (2004), S. 904–905. 130 Römer (2002), S. 76. 131 Vgl. zur Definition und Funktion v. a. Rosenberg (1995), S. 297–318; ders. (2007), S. 271–282. 132 „De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam” Buch III, V. 348–353; vgl. dazu auch Römer (2002), S. 76. 133 „De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam” Buch III, V. 408–412. Dazu die Stellen aus der ­„Aeneis“ bei Römer (2002), S. 77. 134 Siehe dazu die Stellen aus der „Aeneis“ bei Römer (2002), S. 77. 135 „De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam” Buch III, V. 427–429.

2.1 Macht und Herrschaft im Übergang 

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verkörpert die genealogische Macht der Habsburger: Seine Person ist Ankündung des Friedens, mit ihm entsteht ein goldenes Geschlecht (Aurea tum primum fatali saecula rege,/ aurea progenies nascetur et aureus ordo).136 Neben den bisher analysierten Texten symbolisieren diese Sinnrichtung nicht zuletzt auch visuelle Medien, um den Analysen einen Ausblick beizugeben: Mit Horst Bredekamp gesprochen wird Karls Körper darin derart machtvoll dargestellt,137 dass er sogar die Erde zu er- wie umgreifen imstande ist.138 Hier sind politische Herrschaftsansprüche über den Körper Herrschers gesteigert, so könnte man in Bezug auf das allegorische Bildnis Karl V. mit Weltkugel von Mazzola Francesco (um 1530) interpretieren.139 Und es scheint gerade die Wahl der prunkvollen und außergewöhnlichen Materialität der Medien, die mit der Exklusivität des Herrschers korrespondieren soll: So feiern die Tapisserien zum Sieg des Kaisers bei Tunis mit ihrer je eigenen luxuriösen materiellen ‚Physis‘ in zwölf Wandteppichen den neuen Augustus Karl V.140 Nach zehn Jahren intensiver Arbeit wurden die zwölf Teppiche in der Weberei von Willem de Pannemaker nach Kartonvorlagen durch Jan Cornelisz Vermeyen in einer Dimension von fünf Metern Höhe und zwischen sieben und zehn Metern Länge 1554 fertig gestellt. Der Körper des Königs scheint in den einzelnen Kartons und Teppichen, besonders deutlich am zweiten Teppich des Zyklus „Die Musterung des Heeres in Barcelona durch den Kaiser“ (Abb. 11), für die Ordnung der weiteren Körper, die einzelnen Szenenkompositionen und Abläufe zu stehen: Karl führt sein Herr an und ist als Einziger ohne Helm zu sehen. Der Text unter dem Teppich preist, um die obigen summarischen Analysen zusammenfassen, einen Anführer, der fromme Gebete spricht sowie die Truppen aus Deutschland, Spanien und Italien vereinte: MADRITI CAMPOS AC TECTA RELINQVIT AVITA/CAESAR ET IN LAETIS BARCINNI CONSTITIT ARVIS./SIGNAQVE DVM LVSTRAT. PROCERES TVRMASQVE RECENSET./EN PIA VOTA FACIT EXPANDENS VELA PER AVRAS//VT RETA BINA SECANS BALEARES EXPLICET VNDAS/SAR­ DOASQVE SIMVL: QVO CLASSIS IVSSA COIRE/GERMANOS ITALAMQVE MANVM VETERESQVE COHORTES/PORTAT IBERORVM ET LIBYCIS ADVERTIT ARENIS.141

136 „De adventu Caroli V. imperatoris in Italiam” Buch III, V. 435–436. 137 Mit anderen Quellenmaterialien und vor allem unter anderen methodischen Prämissen, aber ähnlichen Ergebnissen: Bredekamp (20124), v. a. S. 73–94. 138 Zum Globus als Metapher für Weltherrschaft: Bosbach (2002), v. a. S. 97–101. 139 Karl V. mit Weltkugel: Privatbesitz, New York; Öl auf Leinwand (172cm x 119,4cm). Siehe auch die Kopie durch Paul Rubens, Allegorie auf Kaiser Karl V. als Weltenherrscher (um 1605): Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 303; Öl auf Leinwand (166,5cm x 141cm). Eine Abb. bei Kagerer (2016), S. 162. 140 Siehe daneben auch den zwölfteiligen Teppichzyklus, der die Taten leidenschaftlicher Jäger des Hauses Österreichs im Jahresablauf feiert, oder die achtteilige Serie, die den Sieg Karls V. über den König von Frankreich 1525 verherrlicht. (Kugler/Bauer [2000], S. 55) 141 Inschrift von Wilelm de Pannemaker, 2. Teppich: Die Musterung des Heeres in Barcelona durch Kaiser Karl V., Teppich (532cm x 715cm), Madrid, Patrimonio Nacional, Inv.-Nr. A 325-10761, S. 13/2; siehe die Abbildung auch in: Seipel (2000), S. 62–63.

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Abb. 11: Wilelm de Pannemaker, Karl im Tunisfeldzug (um 1548–1554)142

142 Wilelm de Pannemaker, 2. Teppich: Die Musterung des Heeres in Barcelona durch Kaiser Karl V., Teppich (532cm x 715cm), Madrid, Patrimonio Nacional, Inv.-Nr. A 325-10761, S. 13/2; siehe die Abbildung in: Seipel (2000), S. 62–63.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 2.2.1 Die Rolle(n) des Herrschers: Verkörperung(en) von Macht

Abb. 12: Julius Victor Berger, Kaiser Maximilian als Förderer der Kunst (1891), Ausschnitt, heutiger Zustand143

Indem der am längsten regierende Habsburgerkaiser, Franz Joseph I., Ende des 19. Jahrhunderts seinem Ahn aus dem 16. Jahrhundert, Kaiser Maximilian I., huldigt,

143 Deckengemälde im Goldenen Saal des Kunsthistorischen Museums Wien. Hier zu sehen Mittelteil mit dem Thron Maximilians; die Gesamt- und Detailabbildung auch bei Telesko (2013), S. 116.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

inszeniert er sich als Glied einer Dynastie, die kontinuierlich die edelsten Herrscher, wie Friedrich III., Karl V. und eben auch Maximilian I. vorweisen kann. Das 1891 im Auftrag des Kaisers durch Julius Victor Berger erstellte Deckengemälde des Kunsthistorischen Museums in Wien führt dies imposant vor: Maximilian sitzt in der Mitte umgeben von Kunstschaffenden, die er allesamt förderte (Abb. 12). Neben Bildern nehmen auch Texte des 19. Jahrhunderts Bezug auf Maximilian. So heißt es in der zwischen 1879 und 1880 von Theodor Fontane geschaffenen Novelle L‘Adultera in einem Brief von Melanie, die ihrer Schwester von einem Besuch der Innsbrucker Grabeskirche Maximilians berichtet: Und als Ruben sah, daß mir alles so wohltat und mich erquickte, da blieb er noch den folgenden Tag und besuchte mit mir alle Kirchen und Schlösser und zuletzt auch die Kirche, wo Kaiser Max begraben liegt. Es ist derselbe von der Martinswand her, und derselbe auch, der zu Luthers Zeiten lebte. […] Und es ist auch der, den Anastasius Grün als Letzten Ritter gefeiert hat, worin er vielleicht etwas zu weit gegangen ist. Ich glaube nämlich nicht, daß er der letzte Ritter war. Er war überhaupt zu stark und zu korpulent für einen Ritter, und ohne Dir schmeicheln zu wollen, find‘ ich, daß Gryczinski ritterlicher ist.144

Die zwei exemplarisch angeführten Werke, das Bild wie der Text, arbeiten auf je spezifische Weise. Das Heranziehen der Person Maximilians als Maßstab für Macht und Ritterlichkeit eint die beiden Beispiele: Über das Bild soll der aktuelle österreichische Kaiser in die Nähe des längst verstorbenen ehrenvollen Vorfahren gerückt werden. Im Text fungiert die dem Kaiser aufgrund seiner körperlichen Disposition abgesprochene Ritterlichkeit zur Überhöhung der eigenen preußischen Tugenden. Maximilian verkörpert bei Julius Victor Berger wie bei Theodor Fontane den Fluchtpunkt in der Selbstvergewisserung einer auf Geltung pochenden Oberschicht des 19.  Jahrhunderts.145 Um 1500 legt der Kaiser den Grundstein seiner Machtinszenierung: Er lässt die vorbildlichen Fähigkeiten, Kompetenzen und Tugenden seiner Person ebenso seine Tatkraft, nicht zuletzt die Genealogie seines Hauses in Schrift und Bild speichern, die so zu Urkunden seiner politischen Identität werden. Maximilian inszeniert sich durch Flugschriften,146 über Lieder, historiographische und (semi-)autobiographische Werke.147 Macht heißt unter Maximilian I. gedechtnus.148 Frühneuzeitliche Ent-

144 Theodor Fontane, L‘Adultera. Novelle, hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 1998 (Große Brandenburger Ausgabe. Das erzählerische Werk, Bd. 4), S. 95. 145 Mit detaillierter Analyse siehe in diesem Kontext: Müller (1982), v. a. S. 11–21, dort auch der Verweis auf die Schrift ohne jedoch Bilder mit zu berücksichtigen. 146 Zur so genannten Polyfunktionalität des Flugblattes siehe vor allem: Harms (1984) und Adam (1999). 147 Metz (2009), S. 25. Maximilians „image is everything“ (Silver [2008], S. X): Es besteht aus einander ablösenden Bildern des Fürsten. (Müller [1982], S. 262) 148 Kellner (2004a), S. 477.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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würfe von Geschichte verbinden sich mit Elementen antiker Mythologie; Vorstellungen ägyptischer Hieroglyphik treten zu denen christlicher Allegorese. Das als Hof149 imaginierte Umfeld Maximilians I. ist eine Art Brennglas150 für Zeichensysteme verschiedener Traditionen. Erstaunlich ist, wie in geradezu holistischen Entwürfen über Text und Bild ein universaler politischer Führungsanspruch des Kaisers und seines Hauses entwickelt wird,151 wobei sich in den Medien jeweils verschiedene Bedeutungsebenen einstellen, in die weiter vorzudringen nur jenen vorbehalten ist, denen die verschiedenen Gattungen und heterogenen Traditionen bekannt sind.152 Maßgeblich und wegweisend für die Sicherung von memoria ist die vielzitierte Passage153 aus dem Weißkunig.154 Die Worte der Hauptfigur des jungen weiß kunig richten sich gegen den Vorwurf eines mechtigen herrn, er würde Geld für seine gedechtnus vergeuden: wer ime in seinem leben kain gedachtnus macht, der hat nach seinem tod kain gedächtnus und desselben menschen wird mit dem glockendon vergessen, und darumb so wird das gelt, so ich auf die gedechtnus ausgib, nit verloren, aber das gelt, das erspart wird in meiner gedachtnus, das ist ain undertruckung meiner kunftigen gedächtnus, und was ich in meinem leben in meiner gedächtnus nit volbring, das wird nach meinem tod weder durch dich oder ander nit erstat.155

149 Mit ‚Hof‘ ist hier mehr der Organisationsgrad der Mitarbeiter in der Herstellung des gedechtnusWerkes gemeint, anstatt das Verständnis eines absolutistischen, durch Zeremoniale und Rituale bestimmten Zentrums des Reiches, das es unter Maximilian I. um 1500 so nicht gegeben hat (daher treffen Studien wie beispielsweise Niederkorn [1985] den zeitgenössischen Kern nicht, wenn suggeriert wird, es gäbe einen ‚Hof‘ im absolutistischen Stile). 150 Es wird sich zeigen, dass der Herrscher wie in einem Brennglas verschiedene Stereotype, die an verschiedene Traditionen geknüpft sind, in sich über ganz unterschiedliche Rollen bündelt; das deutet auch darauf hin, dass man einen Führungsanspruch gegenüber ganz heterogenen Gruppen zu ‚spielen‘ hat. Verschiedene Werke übernehmen die Realisierung dieses Rollenspiels, aber auch in den Werken selbst kommt es zu einer heterogenen Repräsentation von Rollenmustern; siehe hierzu die Analysen bei Müller (1982) v. a. S. 212–214. 151 Vorsichtig könnte man rückschließen, dass sich damit ein Krisenphänomen der Führungsschicht verdichtet; man könnte aber auch auf die gesteigerten medialen Möglichkeiten und Selektionspro­ zesse in den Großprojekten eines Herrschers um 1500 verweisen. 152 So arbeitet Müller über die Analyse der Ehrenpforte deutlich heraus, dass ihre Entschlüsselungen bis in die innersten Bedeutungsebenen nur noch die leisten können, die Wissen haben und zugleich eingeweiht im engsten Umfeld der Führungsschicht sind. (Müller [1982], v. a. S. 153) 153 Zur detaillierten Analyse der Passage: Müller (1982), S. 80–83. 154 Handschrift A von Marx Treitzsaurwein (ÖNB cod. man. 3032); ein Abdruck bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 1, S. 193–302. Zitiert als „Weißkunig Handschrift A“. 155 Kaiser Maximilians I. Weisskunig (1956), hier „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 24, S. 226. Es ist der glockendon, dem die Kraft zugemessen wird, das Vergessen einläuten zu können. (Vgl. dazu Gurjewitsch [1997], S. 37; Goff [1984] [französisch zuerst 2004], S. 36) Die weltliche, vor allem kaufmännisch und gewerblich bestimmte Zeitmessung erhält Tragkraft. Zeit wird ökonomisiert: „Nach und nach

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Der Herrscher muss Strategien entwickeln,156 um für seine gedechtnus Sorge zu tragen.157 Zerbrochene gedechtnus158 ist mit allen Mitteln zu vermeiden,159 damit das Andenken an seine Person für alle Zukunft Bestand hat.160 Um 1500161 setzt sich zudem eine schriftliche Sicherung politischer Normen, Regeln und Erfahrungen durch.162

erfuhren im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts die Rathaustürme der Städte Europas eine Ausstattung mit Uhren. Fortan gaben sie die Zeit an.“ (Voigt [2008], S. 209) 156 Im „Weißkunig“ werden diese Strategien beschrieben: […] und als er zu seinen jarn kam, sparet er kainen kosten, sondern er schicket aus gelert leut, die nichts anders teten, dann das sy sich in allen stiften, klostern, puechern und bey gelerten leutn erkundigeten alle geschlecht der kunig und fursten, und ließ solichs alles in schrift bringen, zu er und lob denen kuniglichn und furstlichn geschlechten. Neben der Schrift werden auch Denkmäler wie Münzen als Strategien zur memoria-Sicherung angeführt: Und wo ain kunig oder furst etwo ain stift gethan hat, des vergessen worden ist, so hat er deselben stifter widerumb mit seiner gedächtnus erhebt, das sonst nit beschehen were. […] und wo dem jungen weisen kunig also söliche gedächtnus anzaigt worden sein, hat er bevolen, dieselben gedächtnus wiederumb zu vernewen: er hat alle munz, so die kayser, kunig und ander mechtig herrn vor zeiten geschlagen haben und die funden und ime zuegepracht worden sein, behalten und in ain puech malen lassen […]. Dadurch […] hat [er] alle kunig ubertroffen […]. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 24, S. 225–226) 157 Dass dabei die Exklusivität des Ruhmeswerkes eine wichtige Rolle spielt, mag nicht bestritten werden können. Wohl darf aber gefragt werden, ob Maximilian I. mit der im „Weißkunig“ angesprochenen Rezeptionsart, über Mund, Augen und Ohren solle seine gedechtnus wahrgenommen werden, (siehe Müller M. [2002], S. 153) auch darauf abzielt, den sich parallel und quer verlaufenden herrschaftsständischen Entwicklungen an seinem Hof Rechnung zu tragen: Für alle an seinem Hof, ob hochgebildete adelige oder emporkommende bürgerliche Diener, soll eine jeweils adäquate Art gefunden werden, ihnen den Zugang zu seinem memoria-Werk zu ermöglichen. 158 Zu denken wäre an die von Kellner herausgearbeitete negative Genealogie Didos in Heinrichs von Veldeke, Eneasroman, mittelhochdeutsch und neuhochdeutsch, nach dem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Stuttgart 1986, V. 2180–2197, die par excellence als Kontrastfolie zu einer positiv-konstruierten Genealogie herangezogen werden könnte: Dido hat sich ihre Herrschaft erkauft, ihr fehlt eine genealogische Rückführung. Daher muss sie in einer totalen Auslöschung, bis von ihr nichts mehr bleibt als Asche, untergehen. Das Grabmal für Dido („Eneasroman“, V. 2515–2521) verfehlt konsequenterweise eine lebendige Erinnerung, es ist nur blasser, unpersönlicher Ersatz für eine nie dagewesene Genealogie: Kellner (2004a), S. 206–208. 159 Melville (2009), S. 104. 160 Maximilian wird so zum ‚Chamäleon‘ der Zeit: Für eine aktuelle Gegenwart bestimmte und an die Nachwelt gerichtete Bilder der Inszenierung sind vom Typus her nicht mehr zu unterscheiden. (Müller [2004d], S. 112) 161 Dass mit der Verbreitung von Schrift keineswegs ‚alte‘ symbolisch-rituelle Akte obsolet sind, sondern „[g]anz im Gegenteil: Die Rituale und Zeremonien […] vielmehr ihrerseits zum Gegenstand von Schriftlichkeit, vertraglicher Festschreibungen und juristischer Gelehrsamkeit“ wurden, betont Stollberg-Rilinger (20132a), S. 307. 162 Fraglich ist, ob man dies grundsätzlich „[m]it der Verschriftlichung des Alltagslebens und zunehmender Literarizität im Zuge der sozioökonomischen Veränderungen am Ausgang des Mittelalters“ (Müller [1982], S. 84) koppeln kann, wenn man von einer weitaus höheren Verbreitung der Schreibe- und Lesekompetenz auch in den Gesellschaften vor 1500 auszugehen hat. Des Weiteren betont Kiening (2007), S. 299: „Die Zunahme pragmatischer Schriftlichkeit, die sich seit dem 12. Jahr-

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Im Rahmen der maximilianeischen Großprojekte stehen Kollationierung und Systematisierung des ‚politischen Wissens‘ im Fokus.163 Die schriftliche Fixierung der politischen Erfahrungen folgt weniger dem Ziel einer lehrenden Unterweisung des Herrschers, seiner Nachfolger wie Nachfahren,164 als mehr der Sicherung der selegierten historischen Fakten selbst. Das historische Material165 wird ‚vertextet‘,166 der Herrscher ‚textuell‘ eingekleidet.167 Die Errungenschaften und Leistungen des Kaisers sind als der Rohstoff und die materi inszeniert, aus der ein volkumenlich werk werden soll.168 Literatur ist damit nicht nur Medium für die Propaganda politischer Ziele,169

hundert manifestiert, führt weder zu einer Abnahme von Mündlichkeit noch zu einer Verminderung der auratischen Dimension von Schriftlichkeit. Sie führt weder zu einer Konkurrenz der ‚Künste‘ des Wortes und des Bildes noch zu einer ‚Verdrängung‘ des Körpers aus dem Kommunikationsprozeß. Vielmehr können alle diese Aspekte Effizien- und Komplexitätssteigerungen erfahren.“ 163 So katalogisieren die Fischerei- und Jagdbücher die landesherrlichen Fischerei- und Jagdgründe sowie -bestände, ebenso die Eigenheiten des Geländes; mittels Topographie, Ökonomie, Kartographie werden Überblickswerke zur Führung der Machtbereiche erstellt. Zugespitzt in den Worten Jan-Dirk Müllers: „Der werdende frühneuzeitliche Staat benötigt eine zielstrebige Akkumulation und kontrollierte Aneignung überlieferter Erkenntnisse, Erfahrungen, Regeln der politischen und sozialen Praxis, eine Inventarisierung von Rechtstiteln und -normen, eine Sicherung hergebrachter Legitimationsmuster.“ (Müller [1982], S. 89) Immer wieder hebt Müller heraus, dass sich im Umfeld Kaiser Maximilian I. Entwicklungen ankündigen würden, die in einem  – sich bereits hier abzeichnenden – absolutistischen System münden würden. Diese Sicht muss relativiert werden, hat es im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation derart absolutistische Züge, wie sie Jan-Dirk Müller als Entwicklungstendenzen andeutet, nicht gegeben. 164 Moralische und politische Unterweisung fehlt im gedechtnus-Kapitel des „Weißkunig.“ 165 Wie sehr man sich der historischen Wahrheit verpflichtet sieht, die zwar modelliert ist, aber nicht aufgegeben, zeigen beispielsweise Lücken im Material, wie die Leerstelle im 117. Kapitel zum „Teuerdank“, die den Kreuzzug Maximilians aufnehmen sollte. Generell könnte man ‚historisch‘ hier folgendermaßen definieren: „Der Kern der literarischen Werke, die Maximilian in Auftrag gibt, und der überwiegende Teil derer, die ihm seine lateinischen Hofpoeten widmen, ist „historisch“, und zwar nicht nur in dem Sinne, daß geschichtliche Ereignisse Hintergrund oder Ausgangspunkt eines Versepos, eines Romans sind, sondern daß die Darstellung von „Geschichte“ ihr Ziel ist, genauer: der historischen Persönlichkeit, die allein ‚Geschichte‘ macht.“ (Müller [1982], S. 80) Siehe hierzu auch: Schubert M. (2009), v. a. S. 280–281. 166 ‚Vertextung‘ betrifft in diesem Kontext nicht nur das schriftliche Medium, sondern eben auch ihr visuelles Pendant; beide beziehen sich aufeinander, bilden dadurch gerade einen geschlossenen ‚Text‘, organisieren also das historische Material; zur Wechselbeziehung zwischen Text und Bild, die in einem vielfältigen Ergänzungsverhältnis stehen, generell Kiening (2007), S. 300 und spezifisch beispielsweise in Bezug auf den „Teuerdank“: Tennant (1989), S. 211–276. 167 Literatur wird so zum ‚Mantel der Macht‘: „In dieser „historical fiction“ gehen Gattungsoppositionen wie die zwischen höfischem und heroischem Epos […] unter.“ (Müller [1982], S. 203) 168 Jan-Dirk Müller arbeitet diese Charakteristika genau über die Analyse des „Freydal“ heraus, ergänzt darüber hinaus, dass an „tradierte ständische Verhaltenserwartungen und Wertvorstellungen“ appelliert wird: Müller (1982), S. 108. Arbeitsprozesse und Aufteilung der Arbeiten zwischen den Mitarbeitern: Ebd., S. 71–72. 169 Zu denken wäre auch an Flugschriften und Lieder.

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sondern die Ehrenwerke selbst sind ‚Politikum‘. Gelertn leut wird die Beweisführung der Mächtigkeit überlassen:170 Der Mitarbeiterzirkel ist Verwalter der Macht.171 Prozesshaft ‚entstehen‘ die einzelnen Werke.172 Die Texte und ihre Holzschnitte dienen einer Art Mythisierung der res gestae des Herrschers. Sie sind histori, also eine spezifische literarische Realisationsform, die kaum zwischen fiktional und nicht fiktional unterscheidet,173 in denen jeweils das Verhältnis zwischen moralisch-didaktischen und historiographischen Schwerpunkten ausgehandelt wird.174 Der Kaiser tritt als Repräsentant verschiedener tradierter sozialer Leitbilder auf, die er alle, so das Ziel der Darstellung, in seinem Wesen zu vereinnahmen imstande ist.175 Gedechtnus ist damit nicht ‚Memoiren‘, sondern schlicht: Rollenspiel.176 Für eine inhomogene Hof-

170 „Nicht ein „Dichter“ verantwortet das Ganze, das Ruhmeswerk ist nicht als autobiographisches Gesamtkunstwerk […] konzipiert, sondern als historiographische Kollektivarbeit, deren Inhalte mit Hilfe rhetorisch geschulter Sekretäre ausgeformt, von Gelehrten kontrolliert, von Literaten, Künstlern, Handwerkern zwecks gesteigerter Wirkung ausgeschmückt werden – unter Maximilians Oberaufsicht. […]“ (Müller [1982], S. 69) Mit diesen ‚transhistorischen‘ Illustrationen (vgl. zum Begriff Foucault [1988], v. a. S. 234–270), könnte man davon sprechen, dass die Ehrenwerke des Kaisers um 1500 nicht der Notwendigkeit einer Autorfunktion – nach einem Verständnis des 19. Jahrhunderts – bedürfen. Die Texte erhalten Sinn durch ihren Inhalt, nicht durch einen (oder mehrere) Autor(en). 171 Maximilian wird gleichzeitig zum Sinnbild eines Hofes, der keine detaillierte Struktur besitzt, der genauso fluktuierend in seiner Organisation wie in seiner mobilen Bewegung ohne feste Residenz ist, (Müller [2003b], S. 295) der trotz allem bereits über etablierte Diener und einen Regierungsapparat mit Hofkanzlei, Landesregimentern und fürstlicher Kammer verfügt. 172 Genauere Aufschlüsselung der Intentionen des Ruhmeswerkes Kaiser Maximilians bei Müller (1982), S. 80–82. Detaillierte Prozessstufen wie Diktat des Kaisers, Umschreibung des Diktats, ‚Fassung‘ der Entwürfe, Überarbeitungen und Kritik in den Literatenzirkeln: Müller (1982), S. 67–68. JanDirk Müller vergleicht die teilweise ganz, teilweise nur halb ‚vollendeten‘ Werke wie „Teuerdank“ und „Weißkunig“ mit den Vorstufen des Ruhmeswerkes, beispielsweise „Lateinische Autobiographie“ und „Historia Friderici et Maximiliani“. (Ebd., S. 96–103) 173 Das deckt sich mit aktuellen Forschungen, die ein Nebeneinander der Dimensionen von ‚fiktional‘ und ‚nicht fiktional‘ ausmachen sowie die Frage nach der Fiktionalität eines Textes als ‚offen‘ charakterisieren; siehe mit theoretischer Diskussion Kellner (2009a), v. a. S. 175–178. 174 „Unter dem Oberbegriff histori kann sich […] eine Differenzierung literarischer Funktionen vorbereiten. Sie scheint für eine Reihe der schoenen historien der Rekurs auf die Tatsachenwahrheit und der […] Anspruch auf praktisch-moralische Orientierungshilfe lediglich Schutzfunktionen für ein zweckfreies Unterhaltungsbedürfnis, den Wunsch nach affektivem Nachleben fremder „Geschichten“ zu übernehmen […].“ (Müller [1982], S. 209) 175 Damit sind Schrift und die Natur des Herrscherkörpers eng aufeinander bezogen, denn „Schrift [ist] mehr als Schrift. Sie ist Träger von Sinn und Verkörperung von Sinn in einem.“ (Kiening [2003], S. 18) Zugleich verweist das darauf, dass die Herrschernatur an sich „nicht als solche gegeben [ist], sondern immer im Rahmen symbolischer Ordnungen“ präsentiert ist. (Vgl. ebd., S. 57) 176 „Gedechtnus erzählt nicht die Taten eines ritterlichen Fürsten, sondern die Taten des Fürsten „als“ die eines Ritters, Heros usw. […] [I]ndem er sich „als“ Ritter, Herkules, Gelehrter identifizieren läßt, richtet Maximilian sein Bild an bestimmten sozialen Leitbildern aus, die jeweils für unterschiedliche Gruppen […] verinnerlichte Normen und Gebote darstellen […].“ (Müller [1982], S. 212)

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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gesellschaft, so scheint es, werden anschlussfähige Rollen präsentiert.177 Maximilian verkörpert nicht die (oder) eine Symbolfigur, vielmehr muss er verschiedene Erwartungen diverser Gruppen in einem sich um 1500 wandelnden Umfeld entsprechen.178 Einerseits garantiert der Kaiser für die Nobilitierung jeder einzelnen Gruppe, deren Leistung herausgestellt ist; andererseits muss der Fürst als primus inter pares in der jeweiligen Rolle der Beste sein, soll das wirkmächtige Bild eines Anführers inszeniert werden.179 Maximilians Ehrenwerke zeigen ihn sowohl als weisen und gelehrten Herrscher wie turnierenden, kämpfenden und tanzenden Ritter; als werbenden und erotischen Kaiser wie als Waldmann und Jäger; als antiken Heros und ebenso als vorbildlichen Christen, sogar als sakrale nahezu gottgleiche Figur. Das alles entwirft nicht das Bild eines universalen Kaisertums, sondern ist Sinnbild für die persönliche Erwähltheit des Fürsten.180 Die Charismatisierung des Herrschers findet in Text und Bild statt, ohne dass es die Hoforganisation eines realen Kultes um die Herrscherfigur tatsächlich gegeben hätte.181 Stattdessen tritt der Kaiser vor einem imaginierten Hof, vor einer Öffentlichkeit auf dem Papier und im Druck auf.182

177 Müller (1982), S. 251. 178 Müller (1982), S. 262. 179 Beachtet man diese Spezifika in den maximilianeischen Repräsentationsmodi, wird die geradezu ‚über‘-steigerte „Anhäufung von Symbolen und Leitbildern, in denen sich die Autorität legitimer Herrschaft verkörperte“ erst erklärbar. „[S]o treten Hieroglyphen neben Wappen und Devisen, römische Feldzeichen neben ritterliche Insignien, die Mitrakrone der frühmittelalterlichen Priesterkönige neben den Lorbeerkranz des Triumphators, das Glücksrad als Symbol für die Unbeständigkeit von Herrschaft neben den Schwertkranz, auf dem der antike imperator zum Heros erhoben wurde.“ (Müller [1982], S. 263) Dabei stehen neue rationale Formen von Herrschaft neben alten tradierten Formen: Bachtin (1979) [russisch zuerst 1974], v. a. S. 259–262 charakterisiert dieses Nebeneinander von Fremdund Eigenbilder als das wesentliche Moment der Prosaromane und des so genannten „Ritterromans“ um 1500, der mit dem Druck einem breiten Publikum zugänglich gemacht wird: „[A]ntike Literatur, frühchristliche Legende, bretonisch-keltische Sage […] – all dies diente als heterogenes und verschiedensprachiges Material […], in das sich die Einheit des Bewußtseins der Stände und Klassen des Ritterromans einkleidete und so ihre Fremdheit überwand.“ (Ebd., S. 259–260) 180 Bachtin (1979) [russisch zuerst 1974], S. 265. 181 Man könnte festhalten und formulieren: Während im zeitgenössischen Kontext Diskurse nur begrenzt das Spektrum von Macht einfangen können, so ist es das spezifische Vermögen von Text und Bild, man könnte verallgemeinern von Kunst, die Zurschaustellung der gesamten Machtfülle des Kaisers auszuschöpfen und ‚zur Sprache‘ zu bringen. Siehe hierzu mit Verweise auf Verfahren der Verknappung im Diskurs, (Foucault [1991] [französisch zuerst 1972]) auf die Reaktivierung ausgeschalteter Possibilitäten durch Kunst, wie Luhmann (1997), und den Möglichkeitssinn von Literatur bei Musil (1978): Kellner/Müller/Strohschneider (2011), S. 5. 182 Im Sinne von Adorno (1970), v. a. S. 103 kann man davon sprechen, dass Literatur als Kunst einlösen will, „was Natur verspricht“: Die Herrschernatur ist nicht als „Seiendes“ ausgestellt, sondern als „so-sei-es“ konstruiert. (Vgl. ebd., S. 198) Siehe hierzu einführend v. a. Sonderegger (2011), S. 414–427.

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Die folgenden Studien analysieren diese summarisch angeführten Strategien und Repräsentationsformen der politischen Ehrenwerke.183 Dabei werden in einem ersten Arbeitsschritt die verschiedenen Rolleninszenierungen des Kaisers interpretiert.184 Auf einer zweiten Ebene werden im Anschluss daran genauer die großformatigen ‚Denkmäler‘ Maximilians I., wie unter anderem Ehrenpforte, Triumphzug, aber auch die Grabmalsprojekte untersucht. Ein abschließender dritter Blick wird auf die besonderen genealogischen Inszenierungen in der Fürstlichen Chronik und im Zaiger geworfen: Kanalisierungen von Blutsbahnen sind dort für die politische Machtkonstruktion des Kaisers modelliert und funktionalisiert. In der Forschung sind nach wie vor die Arbeiten Jan-Dirk Müllers185 zu den sozialgeschichtlichen Formationen wie Leitbildern der Hofgesellschaft im Umfeld Maximilians grundlegend. Auch wenn von Jan-Dirk Müller dort der Schwerpunkt nicht auf die verschiedenen medialen Inszenierungen der Ehrenwerke und das Genealogische im Rahmen eines Ansatzes gelegt wird, der „den Anteil der gelehrten Literaturen am Hof stark [macht] und zu zeigen versucht, wie auch die volkssprachige gedechtnus von Ruhmvorstellungen der Renaissance geprägt ist.“186 Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht bieten die Arbeiten Hermann Wiesfleckers und seines Umkreises gute Grundlagen.187 Stephan Füssel wendet sich dem neulateinischen Programm Maximilians zu.188 Unter kunstgeschichtlichen Fragestellungen geht Thomas Schauerte auf die von Maximilian initiierten Werke ein.189 Simon Laschitzer, Alphons Lhotosky und Anna Coreth beschäftigen sich im engeren Sinne mit der genealogischen Thematik, allerdings bemessen sie die Genealogien an historischer Stimmigkeit wie Richtigkeit und bewerten sie dahingehend.190 Neuansätze bieten Gerd Althoff und Dieter Mertens, vor allem zur habsburgischen Merowingersage.191 Eine Erschließung der umfangrei-

183 Ein ähnliches Vorgehen bietet Silver (2008), allerdings mit Konzentration auf die visuellen Medien; literarische Medien werden dort wiederum ausgeblendet. 184 Allgemein geht es mit der Einnahme von Rollen um die wirkmächtige Identitätsbildung des Herrschers. Seine Rollen-Identität repräsentiert Macht. 185 Müller (1982); ders. (1996b); ders. (1998); ders. (2002). 186 Müller (2009), S. 4. Damit lag das Innovative im Ansatz Jan-Dirk Müllers gerade nicht darin, die Hofkultur des ‚letzten Ritters‘ als Versuch zu deuten, spätmittelalterlich-chevalereske Traditionen fortzuführen oder das Burgund des 15. Jahrhunderts als unerreichtes Muster anzusehen. 187 Wiesflecker (1971–1986); ders. (1991); siehe auch: Pfaffenbichler/Angermann (2000); Größing (2002); Rhein-Schmidt (2002); Hollegger (2005). 188 Füssel (1987); siehe dazu auch Müller (1981); Füssel (1986); Mertens D. (1986); Braungart (1991); Füssel (2003b), S. 24–31. 189 Schauerte (2001). 190 Laschitzer (1886–1887) v. a. S. 117–262; ders. (1899); Lhotsky (1936); ders. (1944); ders. (1949); ders. (1971a); ders. (1971b); Coreth (1950); Kugler (1960); Geissler (1965); Fichtenau (1959); ders. (1965); Hlawitschka (1969); Moeglin (1993); Kathol (1999); Clemens (2001); Füssel (2003a); Pollheimer (2005). 191 Althoff (1979); Mertens D. (1988).

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chen, multimedialen Hauptwerke im Umfeld Maximilians erscheint notwendig.192 Detailreiche sowie grundlegende Einzelarbeiten lieferten bisher Beate Kellner193 und ihre Schüler;194 daran knüpfen die nachfolgenden Studien an.

2.2.2 Weißkunig 2.2.2.1 Entwürfe eines Ehrenwerks Erst 1775, also ein Jahr nach Erscheinen von Goethes Werther beziehungsweise zwei Jahre nach Goethes Götz von Berlichingen,195 wurde der Weißkunig196 erstmals197 gedruckt: Bis zum Tod Maximilians am 12. Januar 1519 lagen nur unvollständige, teilweise voneinander stark abweichende Handschriften vor, wie beispielsweise Handschrift A198 und E199, auf die unten näher eingegangen wird. Weder Marx Treitzsaurwein als ursprünglicher Bearbeiter des Werkes, noch Maximilians Nachfolger,

192 Ausstellungskataloge bieten hier eine erste Annäherungen mit ihren reichen Materialsammlungen: Michel/Sternath (2013f), darin v. a. Schauerte (2013); Haag/Wieczorek/Pfaffenbichler (2014). Sammelbände bieten eine gute Zusammenstellung von Einzelstudien, so bspw. Hartmann/Löser (2009). 193 Kellner/Webers (2007a); Kellner (2013); Kellner (2016). 194 Webers/Hagemann (2009); Zimmerman (2011); Kagerer (2016). 195 Burger (1956), S. 32 beschreibt, dass dies eine „Kuriosität bedeutet.“ 196 Mit dem „Weißkunig“ werden die Lebensgeschichte Maximilians, vor allem seine Jugend, die burgundischen Kriege und weitere Kriegs- und Friedenstaten beschrieben. (Wiesflecker [1991], S. 321– 336) Für den „Weißkunig“ griffen Maximilian I. und sein Mitarbeiter Treitzsaurwein immer wieder auf andere Texte und Vorlagen zurück, wie unter anderem auf die „Historia Austrialis“ von Enea Silvio Piccolomini. (Hack [2007], S. 34) Siehe zum „Weißkunig“ u. a.: Dodgson (1910/1911), S. 1–13; Biener (1930), S. 83–102; Pesendorfer (1931); Burger (1963), S. 15–55; Riedl (1969); Wenzel (1980); Scholz-Williams (1980), S. 3–22; Müller (1982), S. 130–148, S. 214, S. 222–229, S. 241–250, S. 264; Kaulbach (1994); Cremer (1995); Müller (1995); ders. (1996b); Tersch (1999); Schmid B. (2006), S. 147–181. 197 Gedruckt im Auftrag des Wiener Verlags Josef Kurzböck durch Felix Franz Hofstaeter; der zweite Druck wurde 1888 durch Alwin Schultz veranlasst. 198 Handschrift A von Marx Treitzsaurwein (ÖNB cod. man. 3032); ein Abdruck bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 1, S. 193–302. Zitiert als „Weißkunig Handschrift A“. „Kaiser Maximilian hielt die Hs. A noch nicht für druckreif. […] In […] [die] Hs. E hat Maximilian seine Korrekturen grösstenteils eigenhändig eingetragen.“ (Burger [1956], S. 30) 199 Handschrift E von Kaiser Maximilian (ÖNB cod. 2832 Han); ein Abdruck bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 1, S. 393–462. Zitiert als „Weißkung Handschrift E“.

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Ferdinand I., ist es gelungen, die Arbeit am Weißkunig zu vollenden.200 Um 1500 ist der Weißkunig damit ein unvollständig gebliebener Entwurf in der Machtrepräsentation des Kaisers. Seine verschiedenen Bearbeitungsstadien geben Einblick in die ‚Produktion‘ eines kaiserlichen Ehrenwerkes. Wohl gegen Ende des 15.  Jahrhunderts beauftragte Maximilian Marx Treitzsaurwein mit der Aufzeichnung seiner kaiserlichen Geschichte, welche die authentischen Geschehnisse in verporgener gestalt, also über verschlüsselte Eigen- wie Städte- und Ländernamen, repräsentieren sollte. Dazu lag Treitzsaurwein eine Reihe kaiserlicher Diktate201 wie auch die Jugendgeschichte Maximilians vor,202 an denen er sich orientieren konnte. Er übergab dem Kaiser 1514 eine Handschrift, die sich in drei Teile gliederte.203 Diese Handschrift versteht sich allerdings selbst als ain unvolkumenlich werk, wie aus dem Vorbericht hervorgeht: Ain jeder, dem diz puech furkumbt und die offenbarung des puechs verporgen und unwissend sein, möcht vermainen, das puech were mit gemäl und schrift volkumenlich volpracht. Darinnen beschicht zu verantwurtung diese underricht: diz puech ist nun allein ain materi und ain unvolkumenlich werk und nichts anders, dann ain gestalt, die ime der allerduchleuchtigist, grosmechtigist, streitperist und unuberwindlichist kayser Maximilian […] furberait hat […]. Alsdann sölichs mit schrift vnd gemäl nach verstendiger ordnung begriffen ist und anzaigt wird. Damit thue ich mich Ewrn kuniglichen gnadn […] als meinen genedigisten herrn mit aller undertenigkait bevelhn.204

Obwohl von Marx Treitzsaurwein bis 1515 ein Fragbuch205 zur Überarbeitung angefertigt wurde,206 so dass vom Kaiser alle Mängl und Fragstuck auf Figuren und Schriften […] zu erledigen207 gewesen wären, legte der Kaiser selbst Hand bei der Korrektur an, wie die folgende Abbildung mit den vielen Durchstreichungen zeigt (Abb. 13):

200 Auch wenn Ferdinand in einem Schreiben vom 01.05.1526 an Marx Treitzsaurwein festhält, dass der Weysenkhunig […] in der truckherei gebraucht mugen werden und uns davon hundert puecher on allen costen frei zustellen sei, bleibt dieses Vorhaben aus. (Zitiert nach Petermann [1956b], S. 97) 201 Handschrift C, wohl von Marx Treitzsaurwein (ÖNB cod. man 2834), enthält nach Burger (1956), S. 29 fast 50 Diktate und 9 Reinschriften mit Korrekturangaben Kaiser Maximilians. 202 „Jugendgeschichte Maximilians“: ÖNB cod. man. 2892; darüber hinaus enthält Handschrift D, wohl von Marx Treitzsaurwein (ÖNB cod. man 2892), eine in Kapitel eingeteilte und mit Korrekturen versehene Geschichte Philipps des Schönen; siehe dazu Burger (1956), S. 23–24. 203 Diese ging 1775 als „Weißkunig“ in den Druck. 204 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, Vorbericht, S. 195. 205 „Fragbuch“ von 1515: ÖNB cod. 3034. 206 Wie unverständlich für Marx Treitzsaurwein die vielen verschlüsselten Namen wie Begriffe blieben, wie sehr er sich darum bemühte, genaue Zeitangaben einfließen zu lassen und die Zuordnung von Text und Bild zu regeln, zeigen seine vielen Fragen an den Kaiser, wenn er beispielsweise wissen will zu welicher Zeit sölichs beschehen ist, wievil Tote sy gehabt haben oder warum die Turcken den Krabatten dy Nasen abschnitten und ihre Köpf auf den Spießen herumfuerten. (Zitiert nach Burger [1956], S. 30) 207 Zitiert nach Burger (1956), S. 30.

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Seine Korrekturen sind für den dritten Teil des Weißkunig, also die Kapitel 53–221 als Fassung ‚letzter Hand‘ bis heute erhalten.208

Abb. 13: Weißkunig Handschrift E (um 1515)209

208 Dies ist die Handschrift E von Kaiser Maximilian (um 1514–1519): ÖNB cod. 2832 Han. 209 „Weißkunig Handschrift E“, ÖNB cod. 2832 Han, Bl. 262a.

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Deutlich lassen sich die kaiserlichen Änderungsbestrebungen ablesen, stellt man den Entwurf von Marx Treitzsaurwein direkt der oben als Handschrift gezeigten Korrekturfassung Maximilians gegenüber: Wie der plab kunig sein untrew nit lassen mocht, und wie der jung weyß kunig die swarz und abgefallen weyß geselschaft ain anzal in ainem täber erslueg.

Wie der plab kunig sein untrew nit lassen mocht, und wie der jung weyß kunig die Fleming ain antzall in ainem taber erschlueg.

Als der plab kunig vernam, das die weiß geselschaft den krieg wider die swarz und abgefallen weis geselschaftn widerumb angefangen hetten, schicket er abermals der bemelten abgefallen geselschaften etlich tausend man zu hilf, und richten also under inen selber zway hör auf: mit dem ainen hör schluegen sy sich fur ain sloß.473

Da der weyß kunig sich mit denen von Gent zerkrieget und gleich darauf zu den von Antorf wegkzoch. Dieselben von Antorf empfiengen den weyßen kunig alls iren hern hoch und schon. Derselbig claget inen, wie die von Gent mit im gefaren wern und im sein sun genomen wider ir verschreibung.474

Die verborgenen Namen sind bis auf den weiß/weyß und plab kunig aufgelöst, die Handlung orientiert sich an genauen lokalen Daten: Maximilian will ein historisches Quellenwerk schaffen. Dieses Vorhaben verblieb auf Vorstufen. Im ersten Druck wurde der Handschrift von Marx Treitzsaurwein gefolgt, ohne die Korrekturen Maximilians einzubeziehen. Wie sehr man nicht nur in den Text, sondern auch in die Ausgestaltung der Bilder eingriff, zeigen weitere zahlreiche Kommentierungen, „darunter möglicherweise auch eigenhändige Maximilians.“212 Für die geplante Bebilderung wurden um 1500 zunächst Probedrucke sowie erste Skizzen angefertigt.213 Bildanweisungen und Vermerke in diesen zeugen von ihrem Entwurfscharakter. So trägt man beispielsweise in ein Blatt, das die Schlacht gegen den König von Frankreich zeigt, die Anweisung ein: es sollen geraisig gegen geraisig sein und die plaben fuesknecht sollen mit stain werfen (Abb. 14); sowie unten links: die sollen mit stain werfen. Korrekturen nimmt man auch bei der Zeichnung vor, die wohl die Überfahrt zum Kampf gegen den englischen König

210 „Weißkunig Handschrift A“, c. 139, S. 282. 211 „Weißkunig Handschrift E“, c. 92, S. 410. 212 Werner (2015), S. 358 verweist auf die mangelnde Untersuchung der Korrekturanmerkungen. Dass das „Problem der Zudordnung von Text und Bild“ in der Forschung bis heute nicht gelöst ist, durch die Ausgabe von Musper „dadurch umgangen wurde, dass die Bilder von den Texten getrennt wurde“, arbeitet ebd., S. 351 deutlich heraus; siehe dort auch erste Vergleiche von Skizze, Reinzeichnung und Holzschnitt bei Schlachten- (ebd., S. 353–360) und Zeremonialdarstellungen (ebd., S. 360– 363). 213 Siehe dazu mit Verweis auf die Forschung Werner (2015), v. S. 349–353. Petermann (1956a), S. 65–71 differenziert zwischen den Probedrucken, Frühst- wie Frühdrucken, den Zeichnungen und den in die Ausgaben von 1775 sowie 1888 zusätzlich beigegebenen Illustrationen.

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wiedergibt: Im oberen Schiff steht der Vermerk sollen harnasch haben (Abb. 16), beim linken Schiff ist der Vermerk kriss und beim rechten landsknecht eingetragen; dazu kommt, dass in die Wimpel der Schiffe wohl burgundische Kreuze nachgetragen sind. Die finalen Holzschnitte von Hans Burgkmair (Abb. 15, Abb. 17) setzen die Anweisungen um; bedingt durch Verfahren der Herstellung sind sie teilweise spiegelverkehrt ausgeführt.

Abb. 14: Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515)214

214 ÖNB cod. 3034, fol. 126r.

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Abb. 15: Hans Burgkmair,215 Wie der plaw kunig dem herml kunig ein slacht abgewann in beywesen des swarzen rot weyssen kunigs (um 1515)216

215 Hans Burgkmair und Leonhard Beck gelten als die Urheber für einen Großteil der Holzschnitte des „Weißkunig“, die zwischen 1514 und 1516 entstanden; mit weiteren Bildern wurden betraut: Hans Schäubfelein und Hans Springinklee; im Folgenden wird Hans Burgkmair stellvertretend für die Gruppe genannt. Werner (2015), S. 355 arbeitet heraus, dass „bisher weder die Skizzen und Zeichnungn zugeschrieben sind noch der Anteil der namentlich bekannten Künstler an der Entstehung der Holzschnitte klar umrissen ist […].“ 216 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 127.

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Abb. 16: Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515)217

Abb. 17: Hans Burgkmair, Die drey schiffung mit lewten vor dem strait britany von yeder gesellschaft (um 1515)218

217 ÖNB cod. 3034, fol. 125r. 218 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 129.

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Nicht zuletzt enthalten auch die Bilder, die den Kaiser direkt repräsentieren sollen, Korrekturanweisungen: So heißt es bei einer Darstellung zum bösen Dechanten zu Gent: sollen fluegend röck anhaben auf flemisch (Abb. 18) oder bei einer Darstellung, wie der junge Weißkunig Boten empfängt: der im part solle vorsteen und deren im harnasch dar hinder (Abb. 20). Hans Burgkmairs Holzschnitte in der Endversion kommen nicht nur der Anweisung zur Umgruppierung nach, sondern auch in der Kleidung des bärtigen Fürsten (Abb. 19, Abb. 21).219

Abb. 18: Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515)220

219 Siehe dazu genauer die Ausführungen bei Werner (2015), S. 362–363. 220 ÖNB cod. 3033, fol. 166v.

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Abb. 19: Hans Burgkmair, Der pes techant von Gent (um 1515)221

Abb. 20: Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515)222

221 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 137. 222 ÖNB cod. 3034, fol. 161r.

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Abb. 21: Hans Burgkmair, Wie der weiss kunig ain treffenlichen fursten und haubtman hinder ime ließ, die praun weissen zu bekriegen (um 1515)223

Die Beispiele in Text und Bild zeigen, wie komplex die Herstellung des Ehrenwerkes war.224 Nicht zuletzt stockte die Arbeit immer wieder, weil Detailfragen ungeklärt blieben, wie beispielsweise zur Frage, was der Name weisse Kunig eigentlich bedeuten soll225 oder weil kein Geld zur Bezahlung der Künstler vorhanden war.226 Auch stellte sich den Bearbeitern immer wieder die Frage, was der Kaiser eigentlich im Werk mit den verborgenen Namen aussagen wolle oder wie die Kapitel angeordnet werden soll-

223 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 154. 224 Werner (2015), S. 366 spricht in diesem Kontext zusammenfassend von einem der „innovativsten Illustrationskonzpete zu Beginn des 16. Jahrhunderts.“ 225 Maximilian weist selbst an, dass man für die geplante Druckausgabe den Namen ersetzen solle: Für weysskunig blank kunig zu setzen, durch das ganz puech aus also zu setzen. („Fragbuch“, ÖNB cod. 3034, fol. 2a) 226 So schreibt Konrad Peutinger in einem Brief vom 15.12.1510 an Kaiser Maximilian: Und auf eur maj. bevelh hab ich mit dem buchtrucker gehandelt. Der beclagt sich art, wiewol eur kais. maj. auf nachts gehaltem reichstag alhie bevolhen hetten, im an seiner schulde gelt zu geben, so were im doch nichtz worden, deshalben er erarmet und fürwar schier gar verdorben ist. (Urkunden und Urkundenregesten aus dem Augsburger Stadtarchiv, Reg. Nr. 8577; zitiert nach Petermann [1956b], S. 92)

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ten.227 Im seinem Testament befahl der Kaiser letztlich, das Werk fortzusetzen, was bis heute unterblieb.228

Abb. 22: Hans Burgkmair, Der alt streit vor Terabanna (um 1515)229

227 So schlägt Johannes Stabius Kaiser Maximilian vor, zwei Kontrollbücher zum „Weißkunig“ ­schreiben zu lassen, über die die Bearbeiter genauer Verständnis erlangen: Und mögen demnach Eur kay. Mt. on erfordrung des Marxen dieselben zway puecher allein für sich nehmen, und nemblich am ersten das fragpuech, darin al figuren gemalt und ungemalt in irer ordnung mit der zal verzaichent sein, und wirdet daneben zu yeder gemalten und noch ungemalten figur in yeder frag anzaigt das plat im swarzen puech, wo davon meldung beschicht. (ÖNB cod. 2834, fol. 155a–155b; zitiert nach Petermann [1956b], S. 95) 228 Wenn Maximilian festhält, dass all unser khöcher, puecher, chronikhen und dergleichen trewliche zu verwaaren und zu fursehen [sind]bis auf unser lieben sun willen und weiter fursehung und vollendung, dann ist damit auch der unvollendet gebliebene „Weißkunig“ gemeint. (Zitiert nach Petermann [1956b], S. 96) 229 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 76.

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Ausschließlich Handschrift A, die ursprüngliche Version des Marx Treitzsaurwein, bietet den Weißkunig zumindest mit einer Rahmenhandlung als Heldenbuch. Auf sie konzentrieren sich die nachfolgenden Analysen. In ihr sind Ort und Zeit der einzelnen Kapitel und Handlungsstränge allerdings nicht genau bestimmbar.230 Der Weißkunig bleibt eine additive Aufzeichnung der Geschehnisse um Maximilian.231 Weniger in Form von Propositionen wird Wissen vermittelt, als vielmehr in der Biographie des Titelhelden eine Auseinandersetzung mit der Welt vorgeführt. Kohärenz, die in der narrativen Struktur fehlt, wird intermedial durch den Einsatz von Holzschnitten hervorgerufen:232 Sie sollen Anschaulichkeit vermitteln und visuelle Erklärungen auch für kleinere Textpassagen bieten. Als den Text stützende ‚Memorialbilder‘ übernehmen sie die Funktion einer lebendigen gedechtnus.233 So zeigen sie beispielsweise die im Text summarisch erwähnten Schlachten anschaulich über das Chaos der vielen Soldaten, zahlreichen Lanzen wie Pferde, die im Getümmel aufeinanderprallen (Abb. 22).234 Dem Text ist es in seiner ‚Ordnung‘ nicht möglich, das komplexe Durcheinander derart anschaulich wie im Bild vorzuführen.

Abb. 23: Hans Burgkmair, Der bunt: babst, kayser, Spanien und Hunger (um 1515)235

230 Müller (1982), S. 133. 231 Nachdem er – enorm beschleunigt – im Anschluss an die Hochzeit mit seiner Frau das Burgundische, dann das Flämische, das Englische, das Spanische, das Welsch usw. gelernt hat, ist er im Stande mit sieben Hauptleuten gleichzeitig in ihren jeweiligen sieben Sprachen zu sprechen. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 64–69, S. 348–349) 232 Füssel (2003d), S. 3–86; Henning (1987). 233 Tennant (1989), S. 224–225. 234 Tennant (1989), S. 232: „The verbal and the visual texts are as tightly interwoven as the difference in their media, the problem of perceptual closure, and the narrative nature of the poem will permit.“ 235 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 24: Hans Burgkmair, Wie der kunig mit den drey kronen von den anderen aus dem pund kam (um 1515)236

Des Weiteren stellen die Holzschnitte Kohärenz her, indem sie gegenseitig aufeinander verweisen. So werden die im Text nur kurz umrissenen Bündnisverhandlungen vor, zwischen oder nach den Schlachten in zwei Bildern, die deutlich aufeinander bezogen sind, vorgestellt (Abb. 23, Abb. 24): Wie es zum Schließen, aber auch Auseinandertreten der Bündnispartner kommt, wird im Bild deutlicher präsentiert als im Text. Die Besiegelung einer Allianz ist ritualhaft im Bild nachgezeichnet: Alle sitzen in einer Runde. Das Ende des Bündnisses ahmt wiederum ein Holzschnitt nach, indem er die beteiligten Könige zeigt, wie sie durch verschiedene Türen einen Raum verlasen.237 Die Bilder veranschaulichen hier einen abstrakten, „sich der Anschaulichkeit entziehenden Vorgang.“238 Im Text des Weißkungs dagegen steht die Inszenierung des Kaisers als vorbildlicher Herrscher zentral im Mittelpunkt. Im Folgenden geht es um die Analyse, wie Maximilians Machstellung repräsentiert wird.

Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 182. 236 Ebd., Tafel 192. 237 Dem Text geht es allgemeiner darum, wie es zum Bündnisschluss kommt und was dies für Auswirkungen auf den Kriegsverlauf hat: Die zwen kunig, der kunig der cronen und der swarz kunig, waren ainer parthey und tailten sich von dem plabn kunig und verrichteten sich mit dem kunig vom visch, und beschlossen diese drey kunig, uber den plan kunig zu ziechen. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 208, S. 285) 238 Müller (2007), S. 79 verweist darauf, dass die Interaktion unter Anwesenden dargestellt ist, so dass die Bilder symbolische Kondesate enthalten, also „visuelle Übersetzungen staatlichen Handelns, dem jene Bildhaftigkeit zurückgegeben wird, die es in der modernen bürokratisierten Welt nicht mehr hat.“

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

2.2.2.2 Maximilian als gelehrter und werbender Herrscher Es gehört zum traditionellen Bild des rex litteratus, dass der Herrscher die Gelehrten, die Poesie, die Kunst wie Wissenschaften fördert.239 Im Weißkunig240 antizipiert Maximilian das aristokratische Leitbild eines Fürsten, der mit dem Schwert ebenso gewandt wie mit der Feder ist, dessen ingenium sich im Krieg, in Regierung wie Wissenschaften und Kunst bewährt.241 Bereits in jungen Jahren erlernt der frühbegabte242 Maximilian die Fertigkeiten, die für die Führung seines Herrschaftsbereiches notwendig sind. Der Weißkunig zählt diese nicht wie in einem Handbuch auf, sondern verherrlicht die Kompetenzen Maximilians.243 Wissen ist hier als politisches Mittel verstanden, als Instrument zur Durchsetzung, Aufrechterhaltung und Repräsentation von Macht.244 Zugleich ist Wissen als Arkanbereich markiert, zu dem nur der Fürst und ein Kreis Eingeweihter Zutritt haben: Über ein exklusives Fachwissen ist die äußere Welt beherrschbar.245 Dies wird in der Rede des alten weiß kunig gegenüber seinem Sohn mehr als deutlich, wenn er sagt: [S]un hör mir zu: nach meinem tod wirdest du sain ain besitzer meiner reiche. Wiewol ain jeder künig ist wie ain ander mensch, so muessen doch die kunig die selbs regieren, mer wissen dann die fursten und das volk, damit das ir regierung by inen beleib, und mein red, die ich zu dir thue, das ist ain erfarung der welt.246

Dieses Wissen des Fürsten ist als Welterfahrung umschrieben. Gerade wenn um 1500 zwischen Kaiser, Kürfürsten und Fürsten ein relativ geringes Machtgefälle herrschte,247 müssen in der kaiserlichen Propaganda Verfahren entwickelt werden, die die Macht

239 Müller (1982), S. 131. 240 Zu den verschiedenen Redaktionen des Werkes siehe nochmals v. a. Müller (1982), S. 131. 241 So Müller (1982), S. 240. 242 Müller (1982), S. 245. Nicht nur in textueller Bearbeitung, sondern ebenso in bildlicher Darstellung scheint Frühbegabung eine wichtige Thematik im Diskurs von Macht und Herrschaft um 1500 gewesen zu sein: Pfisterer (2003), S. 263–302. 243 „Teuerdank erwies sich den Ärzten überlegen, indem er sich mutig über ihren erfolglosen Rat hinwegsetzte. Der junge Weißkunig konkurriert mit den Gelehrten nicht durch ritterlichen Wagemut, sondern auf ihrem Wissensgebiet […].“ (Müller [1982], S. 246) 244 Müller (1982), S. 247. 245 Müller (1982), S. 249–250: „Der hergebrachte „abergläubische Respekt“ vor dem Gelehrten weicht dem Ehrgeiz, es ihm gleichzutun – notfalls mit dem Teufel zu disputieren. Die Neugier auf Wissen, die schon den Ritter im Heldenbuch auszeichnet, macht den Weißkunig zum Rivalen von Künstlern, Gelehrten, Handwerkern, zum Teilhaben an der Aura, die die arcana umgibt.“ 246 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 247 Vgl.: „Das Verhältnis zwischen ihnen war nicht durch instrumentelle Erzwingungsmacht geprägt. Legitime Machtausübung des Oberhaupts war grundsätzlich an den Konsens und die Mitwirkung der anderen gebunden. Das Amt des Kaisers verlieh ihm keine Herrschaftsrechte, sondern autoritative Macht – d. h. eine Macht, die auf dem Bedürfnis nach wechselseitiger Anerkennung beruhte.“ (Stollberg-Rilinger [20132a], S. 301)

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Maximilians als etwas Besonderes beweisen. Sie wird damit begründet, dass er von den ‚Naturen‘ der anderen Fürsten und Untertanten besondere Kenntnis besitze. So liest der junge Weißkunig geschrift, die da saget von den vergangen geschichten und von der menschen natur und gemuet und von irn stenden, darynnen er mit grosser mue das gehaim wissen fand, wie die welt geregirt mueßet werden.248 Nur der König, der die geheimen, also verborgenen Funktionsweisen der politischen Verhältnisse  – unter Anstrengung – durchschaut und kompetent erlernt hat, kann gut regieren. Hierzu gehören auch die almechtigkait gots, der einfluss der planeten,249 von denen die menschen ir natur und wesen emphahen250 haben, die vernunft des menschn und die zwei Seiten der Herrschernatur aus senftmuetigkait in der regirung und streng in dem gewalt.251 Diese wesentlichen Bestandteile von Macht sind so stark ineinander verstrickt, dass nur der erfolgreich Herrscher sein könne, wie im Weißkunig betont wird, dem es möglich ist, den Überblick darüber zu wahren und ihre jeweilige Gewichtung einzuschätzen vermag.252 Das steht in Bezug zur Entscheidung Maximilians, so die Inszenierung, für sich die Devise halt maß zu wählen,253 weil er die menschliche natur mit irer guethait, aber auch posheit als besonders ambivalent durchschaut hat und nur ein ausgewogenes Verhältnis innerhalb der Herrschernatur selbst eine stabile Regentschaft sichere.254 Auch wenn sich im Weißkunig die einzelnen disziplinären Kompetenzen, über all die sich Maximilian als der Beste erweist, nur additiv aneinanderreihen und kein homogenes Leitbild ergeben, so sind sie insoweit untereinander verbunden, als dass sie jeweils einerseits als besondere natürliche Veranlagungen ausgegeben, andererseits als erlernbar markiert sind. Die Natur des Herrschers, das scheint im Weißkunig zentral vorgeführt, muss veredelt werden, damit dieser sein Amt ideal führen kann. Maximilian optimiert seine eigenen Veranlagungen zum Äußersten, bis er nicht mehr menschlich ist, wie der Erzählerkommentar im Text pointiert, sondern der menschen gemuet ubertrifft und sich der zeit geleicht.255 Maximilian handelt überlegt, nicht überstürzt, er vermeidet alles pöß und behält alles guet in seiner eigenen Natur bei, wie es bereits Paulus, der ubertreffenlichist lerer des cristenlichen gelaubens, anwies.256 Indem der alte weiß kunig seinen Sohn zusammen mit weiteren vil edler knaben […] von der art und natur die allergeschickisten erziehen lässt, wird aus dem jungen

248 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 249 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 250 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 22, S. 224. 251 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 252 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 253 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 223. 254 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 21, S. 224. 255 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 22, S. 224; gedechtnus, so scheint es, ist hier bis ins Extreme gesteigert. 256 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 23, S. 224.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Knaben ein ausgezeichneter Herrscher257 – doch genau dadurch ist er wiederum von allen anderen ‚Schülern‘ und Herrscherkindern empor gehoben, was der dazugehörige Holzschnitt (Abb. 25) stärker als der Text betont: Maximilian lernt gemeinsam mit allen, ist aber entrückt an einem eigenen Schreibtisch gezeigt. Seine ‚Sonderrolle‘ ist im Bild auch dadurch unterstrichen, dass er bereits direkt mit seinem Lehrer zu kommunizieren scheint, während die restlichen Schüler noch in ihren Büchern vertieft studieren.

Abb. 25: Hans Burgkmair, Ler und underweysung (um 1515)258

257 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 17, S. 221. 258 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 20.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Der Text legt den Schwerpunkt auf die Schilderung, wie sich der Machtbereich des Sohnes, bedingt durch seine besten Anlagen, zu einer vortrefflichen Regierung im Alter ausbauen wird.259 Der junge weiß kunig gibt dafür selbst ein Gleichnis aus der Natur und spricht: wie der stam des pawms in seiner jugent gefplanzt und gepogen wird, also beleibt er in dem alter; je edler ain frucht ist, je ainen edlern gesmach und tugend hat sy; je schöner und klarer ain stain scheint, je edler und kostlicher ist derselb edl stain.260 Das Pflanzen und Zurechtbiegen des Baumes spiegelt nicht nur metaphorisch die Erziehung und Bildung des jungen Prinzen in Bildern aus der Natur wider, sondern auch all seine späteren politischen Erfolge sind damit auf seine natürlichen Anlagen hin zurückgeführt: Ain yeder gelerter und verstendiger mensch mag merkn, das seine obgemelte wort bedeut haben kunftig werk, […] er [hat] erlangt die höchst kuniglich kron.261 Immer wieder setzen weitere naturalisierende Sprachbilder im Weißkunig die panegyrische Überhöhung um: Der samen der tugent und kunst des jungen Maximilian wird schöne pluemen tragen, dardurch [sein] garten [solle] vol werden des suessn gesmack, wie es weiter heißt.262 Konsequent muss auch alles pöß krawt ausgerottet werden, was so viel wie die zukünftige Befriedung des Reiches vor rawberey in seiner Regierungszeit bedeutet.263 Die nutzperkait der natürlichen Veranlagungen des Fürsten steht im Fokus, die ganz aus der dankpar und diemuetigkeit fleust, wie der junge weiß kunig selbst sagt.264 Aufgrund seiner besonders weisen Worte geben ihm die gelehrtesten maister […] disen namen, das er hinfuro gehaissen solle werden der jung weiß kunig.265 Es folgt die Darstellung einer ganzen Kette unterschiedlicher Bereiche, in denen Maximilian mit seinem vleyss und mit der täglichen uebung in kürzester Zeit aus eigenem Antrieb lernt: Der Bildungsanspruch, forciert durch seinen Vater, korrespondiert mit den natürlichen Anlagen des jungen Prinzen, seinem Wissenshunger und großen Verstand.266 So lernt Maximilian beispielsweise ain guete schrift,267 welche gerade für das Kanzleiwesen bedeutend ist,268 di siben freyen kunst,269 die kunst des

259 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 17, S. 221: So zeigt beispielsweise sein senftmutiger und frolicher Charakter im Knabenalter, der einen Streit unter Kindern verhindern kann, dass seine spätere Regierungszeit ganz dem Frieden verschrieben ist. 260 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 18, S. 222. 261 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 18, S. 222. 262 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 20, S. 223. 263 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 20, S. 223. Generell zu tautologischen Verfahren in mittelalterlichen Tugendlehren: Ubl (2011), S. 21–42. 264 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 18, S. 222. 265 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 18, S. 222. 266 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 19, S. 222; c. 21, S. 223. 267 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 19, S. 222. 268 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 26, S. 226–227. 269 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 20, S. 222.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

sternsehens,270 die szwarkunst271 und alle speiß.272 Auch das genealogische Wissen, das Herkommen seines Geschlechtes, wie die Erforschung der Geschichte seines Landes fördert er zu Tage.273 Wie sich verstand und natur in der Wissensaneignung ergänzen und damit als komplementär zu verstehen sind, deutet der junge weiß kunig in den Abschnitten zur Aneignung der erzney-Kunst nochmals selbst an: Denn er hat mit seinem verstand auf sein natur und wurkung seins leibs ganz besonders geachtet.274 Die natürlichen Veranlagungen und zugleich erlernten Kompetenzen des jungen weiß kunig sind dabei jeweils mit einem politischen Kontext kurz geschlossen. Das zeigen die Ausführungen zu seiner miltigkait: Gerade weil er sich um das Wohlbefinden seines Reiches, besonders seines Volkes kümmert, könne er später große Kriege gegen an Geld mächtige Könige gewinnen.275 Der Grund liegt im größten Schatz, den Maximilian besitzt und auf den er sorgsam achtet: Seinem streitparn volk.276 Auch das Erlernen weiterer Kompetenzen bezieht sich immer wieder auf politische Nützlichkeit, wie das malen, das es ihm ermöglicht, gewaltige heere zu befehligen und große Kriege zu führen, so der Text in nebulösen Ausführungen, weil es sich in disem puech nit zu öffnen [gezimbt], sonder […] den kunigen und hauptleutn vorbehaltn sei;277 auch das stainwerch278 und das zimerwerch,279 musica und saytenspil280 sind eng auf kriegerischen, also politischen Nutzen, perspektiviert; ebenso die Veredelung seiner Fähigkeiten im Ritterspiel, was sich auch in Festspielen äußert.281 Schließlich trägt das perkwerch282 militärische Momente in sich. Maximilian ist als Meister jeder ‚Kunst‘ besonders hervorgehoben, wie beispielsweise im Fechten.283 Die Exklusivität seiner Führungsfigur deckt sich dabei mit der Außergewöhnlichkeit seines Hofes, der in aller welt dermassen bekant gewest.284 Die Ausführungen münden in der Betonung, wie schnell der junge weiß kunig verschiedene Sprachen erlernte, die alle mit einem politischen Nutzen verbunden sind.285 Das Ziel der panegyrischen Überhöhung wird

270 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 22, S. 224. 271 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 23, S. 224. 272 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 33, S. 229–230. 273 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 24, S. 225–226. 274 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 26, S. 226. 275 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 27, S. 227–228. 276 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 27, S. 227. 277 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 29, S. 228. 278 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 30, S. 228. 279 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 31, S. 229. 280 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 32, S. 229. 281 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 34, c. 35, S. 230. 282 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 36, S. 230–231. 283 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 43, c., 44, c. 45, c. 46, c. 47, c. 48, c. 49, c. 50, S. 235-S. 239. 284 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 46, S. 236. 285 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 65, c. 66, c. 67, c. 68, c. 69, S. 246–247. So lernt er Englisch, weil er Dienstleute aus England hat; Spanisch, weil er in politischen Verhandlungen mit der spanischen

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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noch einmal klar: Jede Kompetenz ist immer wieder mit einem besonderen Nutzen, einem Vorteil sowie einem politischen Ziel verknüpft. Der praktische Erfolg verdankt sich der außergewöhnlichen Naturveranlagung des Fürsten. Das Ehrenwerk partizipiert an einem übergeordneten Diskurs zu politischen Kompetenzen um 1500, ohne explizit ein Fürsten-286 oder Prinzenspiegel287 zu sein. Der Weißkunig führt vor Augen, wie unterschiedliche Legitimierungsinstanzen im Herrscher kulminieren. Maximilian wird zu einem Musterbild für andere erhoben, die an seinen positiven Eigenschaften, wenn überhaupt, nur partiell partizipieren können. In seiner Rolle als weiser und gelehrter Fürst, ebenso als hand- wie bergwerklich und künstlerisch Begabter, ist Maximilian als der Beste des Reiches apostrophiert und als Leiter des Reiches legitimiert, zu herrschen. Dabei hebt der Text hervor, wie sich seine ausgezeichneten Naturanlagen als Grundlage seiner Fertigkeiten über lernung voll entfalten. Neben seiner Rolle als gelehrtester Herrscher treten im ­Weißkunig in eigenständigen Kapiteln288 seine Fertigkeiten als Jäger, Falkner und Fischer289 hervor. Vor allem die Jagd gilt um 1500 als besonders exklusives, adliges Privileg.290 Maximilians Jagdkünste werden in der kaiserlichen Propaganda repräsentiert.291 Sie werden

Krone steckt; weitere sieben Sprachen, weil er unterschiedliches Kriegsvolk in seinem Heer vereinigt und mit ihnen allen direkt kommunizieren will. 286 „Ein Fürstenspiegel ist eine in paränetischer Absicht verfasste Ausarbeitung, gerichtet an einen König, Fürsten oder Regenten jeweils als Person oder an einen (fiktiven) Amtsträger als Repräsentanten einer sozialen Gruppe.“ (Anton [2006], S. 3–4) Beispiele von Fürstenspiegeln zusammengefasst in: Singer (1981); Mühleisen /Stammen/Philipp (1997). Genauere Interpretationen und Studien: Mühleisen/Stammen (1990); Maigler-Loeser (2004). 287 Siehe hierzu bspw.: Jedin (1961), S. 52–61. Zum Kontext von Pädagogik und Herrschaft siehe mit einführendem Charakter: Deutschländer (2012). Interessant ist in diesem Kontext, dass auch bei Erasmus von Rotterdam „Institutio Principis Christiani“  – in diesem Werk stellt Erasmus teilweise die Notwendigkeit der ethischen Erziehung des Fürsten dem Konzept Niccoló Machiavellis in „Il Principe“ gegenüber – Natur als besondere Begründungsfigur herausgestellt ist (bspw.: Est ea naturae tuae bonitas, ea mentis integritas, ea vis ingenii), zugleich die Veredelung der Herrschernatur durch die Aneignung von Wissen und das Erstreben von Weisheit perspektiviert ist (bspw.: At in Principe parum est bona mente praeditum esse, ut velit optima, nisi accesserit sapientia, quae commonstret, quibus viis id quod cupit, adsequi queat; zitiert aus der Ausgabe Erasmus von Rotterdam, Institutio Principis Christiani. Fürstenerziehung. Die Erziehung eines christlichen Fürsten. Einführung, Übersetzung und Bearbeitung, hrsg. von Anton Gail, Paderborn 1986, S. 40, S. 118). 288 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 37–42, S. 231–235. 289 Die Rollen als Jäger, Falkner und Fischer gehören eng zusammen; das zeigen beispielsweise die Ausführungen im „Fischereibuch“, das immer wieder auch auf die Rolle als Jäger und Falkner zurückkommt. So: Kaiser Maximilians I. Tiroler Fischereibuch. Illuminierte Handschrift in Faksimile. Verfaßt und geschrieben im Jahre 1504 von Wolfgang Hohenleiter. Mit Bildern von Jörg Kölderer, hrsg. von Franz Unterkircher, 2 Bde., Graz/Wien/Köln 1967, hier Bd. 1, S. 77; genauer zum Fischerei- und Jagdbuch siehe: Michel (2013b), S. 314–315. 290 Hierzu Seipel (2004), S. 21. 291 So, wenn der Kaiser über „Jagd-“ und „Fischereibuch“ die verschiedenen Arten des Jagens textuell wie visuell abspeichern lässt; (zur Anlage der beiden Werke siehe genauer: Seipel [2004], S. 25–26)

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

direkt aus seiner angeborn natur und seinem kuniglichem gemuet heraus erklärt und von adliger gewonhait oder hoffart abgesetzt;292 die Funktion der Jagd zur Unterhaltung und zu Kurzweil, also als Art höfische „Freizeitbeschäftigung“,293 tritt in den Hintergrund.294 Bereits im Hinblick auf das Schießen mit dem handpogen zu roß und zu fueß wird die aigenschaft Maximilians herausgehoben in den riterspilen ainen yeden ubertreffen zu wollen.295 Er lernt aus aigner bewegnus,296 so dass er eine besondere Meisterschaft im Bogenschießen entwickelt – er was in kurzer zeit so maisterlichen und kunstlichen […], das ime an dem hof kainer geleihn möcht –,297 die sich im spezifischen Pfeilschuss des Kaisers, des kunigs schuß,298 wie der Text sagt, plastisch niederschlägt. Die Wissensaneignung durch ein Buch, das Maximilian in jungen Jahren liest, stellt das Fundament für die Entfaltung seiner Kompetenz im Jagen dar: Auf ain zeit las der jung weis kunig in ainem puech, daryn waren geschriben diese wörter: „du kunig nym war der valken und der hirschen und ergötz dich in den gejaitn, das dir zugeben ist, das du nit einfallest in die sundlichen und weltlichen laster.“299 „[D]er junge Fürst [obliegt] der Jagd nicht mehr als selbstverständlichem adligen divertissement […], sondern weil ein Buch ihm deren Nützlichkeit erklärt.“300 Es kommt darauf an, das richtige Verhältnis zwischen lust beziehungsweise naygung gegenüber der Jagd und

so, wenn er beispielsweise als vorbildlicher Jäger für die beste Ordnung der Jagdmannschaft seines Reiches Vorsorge trifft und in seinem Werk „Geheimes Jagdbuch und von den Zeichen des Hirsches“, einer Art Fürstenspiegel, Anweisungen für seine Nachfahren wie -folger niederschreibt, wie sie die Jagd zu betreiben haben: Siehe hierzu die Ausgabe von Theodor von Karajan, Kaiser Maximilians I. geheimes Jagdbuch und von den Zeichen des Hirsches/ eine Abhandlung des vierzehnten Jahrhunderts, Wien 1881. Die Anweisungen darin, ein guter Jäger zu werden, umgreifen die passende Kleidung (ebd., S. 5), das richtige Marschieren auf Bergen (ebd., S. 17), die korrekte Uhrzeit zur Jagd (bspw. um Bären zu jagen, so muestu gewondlich zu dreien uren auff sein, ebd., S. 19), das Fährten lesen (ebd., S. 54, auch S. 69 und S. 79) und nicht zuletzt den Sinn der Jagd; zur Gesundheit, Erholung, aber auch zuo trost deiner undertanen/ das du Inne bekannt magst werden/ sich auch der arm als der reich/ der reich als der arm teglichen an solhem waidberich Ihren Zugang mogen haben. (Ebd., S. 22) Schließlich sind die Taten Maximilians auf der Jagd genauer beschrieben, wenn es heißt: der gros waidman hat mitt seiner hantt vnd in aim jar gefelt XXXII hiersch/ XII gembsen und IIIC antthuogn. (Ebd., S. 46) 292 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 233. 293 „Schau- und Lustjagden dienen der höfischen Unterhaltung und Kurzweil.“ (Seipel [2004], S. 162) Differenzierter die kurzen Ausführungen von Pfaffenbichler (2014), S. 63–65. 294 Zu weiteren Funktionen von Jagd, wie bspw. den Invisibilisierungsmöglichkeiten des Herrschers, v. a. „den drängenden Forderungen der Gläubiger zumindest für kurze Zeit zu entkommen“ und diplomatische Gesandte ohne Protokoll empfangen zu können siehe: Pfaffenbichler (2014), S. 63–65. 295 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 37, S. 231. 296 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 37, S. 231. 297 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 38, S. 231. 298 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 38, S. 232. 299 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 39, S. 232. 300 Müller (1982), S. 89.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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dem eingesetzten verstand, also des Maßhaltens im Jagen zu entwickeln, um lasterhafte weltliche ‚Fehler‘ zu umgehen. Maximilian zeigt große ergötzlichhait im Jagen und trotzdem vergaß er nit der vorgemelten schrift.301 Er betreibt die Jagd mit großer unermüdlicher Weisheit, ermöglicht mit der Jagd direkte Räume des Zugangs zu seiner Person für seine Untertanen,302 hayet die Wildbestände, pflegt die Forst- und Fischereibestände,303 packt selbst zu, überlässt nichts seinen Dienern304 und installiert Hofämter,305 die die Jagd auch im administrativen Sinne organisieren.306 Er ist damit nicht als ein höfischer Jäger oder Fischer, sondern geradezu überhöht in seiner politischen Rolle als der erste Jäger und Fischer des Reiches repräsentiert.307 Schließlich wird im Weißkunig Wert auf die Betonung gelegt, dass Maximilian die Jagd auch im Gebirge, das ainem solichem grosmechtigen herrn zu vil und nit recht gethan was, […] gar fursichtig betrieb.308 Besonders die Funktion der Jagd als Vorbereitung auf den Krieg wird hier als Legitimationsmuster eingeführt, um den Vorwurf zu untergraben, der König würde seiner Würde Widersprechendes betreiben, und der Ansicht entgegenzuwirken, der jung weiß kunig het nichts anders gethan dann paissen und jagen.309 Im direkten Vergleich mit dem König von Frankreich wird Maximilian als allerhertist krieger gepriesen, der eben daher gar nicht als zu senftmuetig

301 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 233. 302 Im „Weißkunig“ wird dies durch einen Dialog des Kaisers mit einem niederen Hofmann präsentiert. Dieser redet zu dem kunig in sölicher maynung, als solt er nit so vil lust zu der valknerey und paiß haben, worauf ihm Maximilian nach der Demonstration, wie valken einen hoch geflogenen raiger wieder einholen und reißen spricht: du bist wider dich selbs, dann wann ich nit an die valkenpaiß rit, darann jederman zu mir kumen mag, so rittest du jetzo nit neben mir. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 39, S. 233) Zum Schema von Vorausdeutung und Erfüllung als mehrfacher Sinn im „Weißkunig“: Müller (1982), S. 146–147, der den Falken als chiffreartiges Bild des Fürsten deutet. 303 Siehe hierzu v. a. die Beispiele in „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 233. 304 [S]o hat er die aigenschaft an ime gehabt, das er in allen gejaiten das wiltpret gern selbst mit seiner hand gefangen und gefellt hat. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 233) 305 Genauer zur Organisation der Jagd, der Erteilung des Jagdrechts sowie zur Vergabe der einzelnen Titel wie Hofämter siehe: Ausserer (1962) v. a. S. 94, S. 212. 306 Er het auch bey ime an seinem hof funfzehen valkenmaister und albegen mer dann sechzig valknerknecht gehabt, die nichts anders theten, dann das sy die vlaken zuberaiten zu der valknerey. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 39, S. 232) Er hat gehabt in seinen kunigreichn ainen öbrigsten jegermaister, vierzehen vorstmaister, hundert und funf vorstknecht und uberreiter, der jeder hat in sonderhait ainen weiten gezirk innen gehabt, die vorst, wildpan, gejait und das witpret zu hayen und zu verwaren. Mer hat er gehabt zwen maisterjeger und dreyssig jegerknecht u seinen hofgejaitn; er hat auch gehabt in seinen kunigreichen mer dann funfzehen hundert jaghund, die er allain zu seinen gejaitn stätiglichn gehalten hat. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 233) 307 Zur Engführung von Jagd und Kampf siehe auch: Ausserer (1962), v. a. S. 173. Interessant erscheint, wie sich mit zunehmenden Alter des Herrschers auch die Art der Jagd verändert: „Je älter Maximilian wurde, umso mehr sehen wir ihn wieder der Beize huldigen – die von ihm so geschätzte und geliebte Gemsjagd wurde ihm zu beschwerlich.“ (Ausserer [1962], S. 210) 308 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234. 309 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234.

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im Militärwesen gelten könne, weil er uber hundert meil [ainen hirschen] hetzen kann und demselben hirschen fur und fur nach [reit] und facht denselben hirschen erst in dem land, das er bekriegen oder verderben wil.310 Der Text untermauert die politische Dimension der Jagd, unterstreicht ihre militärische Implikationen gerade auch dann, wenn sie als gefährlich311 beschrieben wird und besonderen Mut erfordert,312 so dass „[d]ie Jagdlust den hartnäckigen Krieger [ausweist]“.313 Darüber hinaus dient die Jagd der Erkundung von Feindesland, wie im Allgemeinen der körperlichen Ertüchtigung und damit Vorbereitung auf den Krieg: Wann ain ander kunig in den krieg auszogen ist, so hat sich derselb kunig zuvor ain lange zeit berait; so ist der jung weiß kunig albeg zu kriegen berait gewest, dann er fur und fur gejagt und gepaist, und die hirschen und raiger in seiner veind land in sonderhait gern gefangen. Kain kunig hat disem jungen weisen kunig mit streiten, heerfueren, jagen und paisen nit geleichen mugen; er was ein merer und liebhaber aller vorst, gejait und wiltpret, und ain aufenthalter und nerer des redlichen und ritterlichen kriegsfolks und aller jeger.314

Diese Fähigkeiten des ‚Jägers‘ Maximilian als durch und durch politische Fertigkeiten eines kompetenten Kaisers, werden direkt aus seiner eigenen Wesensnatur heraus begründet, wenn der Text davon spricht, dass Maximilian ain streitpers, edls und kuniglich gemuet gehabt hat […]. Nemlichen er aht nit als ain kunstlicher jeger sein mugen, […] er was noch vil kunstlicher, in kriegen land, stet und slösser zu gewynnen; wiewol er auch der maisterlichist valkner was, so was er doch vil maisterlicher, die grosmechtigen kunig, fursten und herrn zu seinem willen zu bringen.315

Als jeger, valkner, kriegsman und heerfuerer vereint der Kaiser vier haupttugend in seiner Person, die ain jeder kunig haben solle, und über die Maximilian zugleich alle kunig ubertroffen hat.316 Nicht nur das Kriegshandwerk wird in den Kapiteln zur Jagd

310 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234. 311 Zu den Schwierigkeiten und Gefahren der Jagd im Allgemeinen: Ausserer (1962), S. 67–68. Zur Legende des Unglücks Maximilians und seiner Errettung durch einen Engel an der Martinswand: Schmitz-von-Ledebur (2014), S. 67. 312 Neben dem „Weisskunig“ stellt v. a. der „Teuerdank“ die Gefahren der Jagd aus: Besonders die Episoden in den Unfalo-Kapiteln zeugen davon. (Steinschläge, gefährliche Hirsche, Bären, Gemsen, auch Unwetter, die Handhabe der Jagdtiere wie Jagdwaffen dienen als Beispiele; siehe: Kaiser Maximilian I., Teuerdank, Druck von 1517, hrsg. von Helga Unger, München 1968, Kapitel 25–74, S. 67–183) Teuerdank fasst selbst die Gefahren, in welche er gekommen ist, am Ende des Werkes zusammen. (Ebd., Kapitel 98, S. 254) Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Maria von Burgund ihren schweren, aus einem Jagdunfall stammenden Verletzungen erlag. 313 Müller (1982), S. 147. 314 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234. 315 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234. 316 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 40, S. 234.

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präsentiert, ebenso sind die innovativen Fähigkeiten Maximilians  – wenn er neue Behälter für das Fischen von newem erdacht317 – und vor allem die Fürsorge gegenüber seinem Volk und Land herausgestellt: Er wird als Heger und Pfleger vor allem seiner see[n] und vischwasser ausgegeben, die er katalogisieren lässt.318 Man könnte sagen: Das wirkungsmächtige Bild des Herrschers als der ‚beste Gärtner‘ seines Reiches entsteht. Die politische Rolle des Kaisers ist in Bildern aus der Natur präsentiert. Schließlich kulminieren Maximilians Rollen als optimaler Jäger, Falkner und Fischer in seinen Bemühungen um die voglerey.319 Sie, so wird in der maximilianeischen Propaganda inszeniert, ermöglicht es ihm, durch kurzweil und mit voller Freude wie ergötzlichayt seinen politischen Geschäften nachzugehen und alle menschlichen laster zu meiden:320 Wann die vogel bey ime in seinem zymer gesungen haben, hat er sonder frewd daryn gehabt, und wann er uber land geritten ist und hat etwo in ainer aw oder in ainem holz ain nachtigal hören singen, so ist er auf ain ort geritten und at dem gesang vleyssiglichen zugehört. Dieser kunig hat in allem dem ain frewd tragen und darynnen sein frewd und ergötzlichayt mit grossem lust gesuchet, das got dem menschen zu der eerlichen frewd beschaffen hat, dardurch die laster zu meiden. Ich kann in dem, noch in anderm nit sovil von seinem kuniglichen tugend und eerlichen frewden und wollust beschreiben: es ist noch vil mer, und durch die gelerten wird sein lob mit dieser waren schrift ausgeprait.321

Der Gesang der Vögel, an denen sich der Kaiser erfreut, ist hier geradezu (metonymisches) Signum für seine kuniglichen tugend, mit der er sich für sein Reich engagiert und so höchstes Lob verdient:322 Der vortrefflichste Kaiser ist der, so die Inszenierung, dessen politische Ordnung nicht nur den Hof, die Verwaltung und das Kriegswesen umfasst, sondern eben auch die ‚natürlichsten‘ Elemente des Reiches wie Wald-, Wasser-, Wiesen- und Tierbestände. Sein ‚fröhliches‘, als gut und ausgeglichen ausgegebenes Gemüt, symbolisiert in diesen Dimensionen verantwortungsvolles Handeln gegenüber dem Reich.

317 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 41, S. 235. 318 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 41, S. 234–235. Der beste Herrscher kennt am Genauesten sein eigenes Reich, er lässt es in Karten aufzeichnen. Zur Anlage von Gärten, Teichen und Tiergehegen siehe Ausserer (1962), S. 89–90 und S. 102–103. 319 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 42, S. 235. 320 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 42, S. 235. 321 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 42, S. 235. 322 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 42, S. 235.

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Abb. 26: Hans Burgkmair, Wie dem weissen kunig potschaft kam (um 1515)323

So kann der Herrscher als Jäger und Fischer für sein Reich sorgen, weil er aufs Engste mit diesem verbunden ist. Maximilians politische Ordnung deckt sich in diesen Inszenierungen mit der Ordnung der Natur.324 Das machen nicht zuletzt auch visuelle Repräsentationen im Weißkunig deutlich:325 Maximilian hält beispielsweise Hof an

323 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 153. 324 Zur Charakterisierung der Jagd als „bedeutenden Zweig der höfischen Kultur“ siehe: BeaufortSpontin/Pfaffenbichler (2005), v. a. S. 45–46. 325 Hans Burgkmair, Wie dem weissen kunig potschaft kam, das die Crobaten geslagen weren (um 1515); Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Le-

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den Seen seines Reiches326 – höfische und natürliche Elemente verschmelzen hier –, er wird auch als der während der Jagd das ‚politische Alltagsgeschäft‘ ausführende Herrscher im Bild (Abb. 26) präsentiert.327 Um zu pointieren: Das Repräsentierte, die aus der ‚Natur‘ des Herrschers legitimierte politische Ordnung, ist hier eng auf den Modus des Repräsentierens, der Darstellung der Natur des Reiches, also der Gebirge, Seen und Wälder, in denen sich die Führungsschicht nicht nur aufhält, sondern agiert, bezogen. Dass Maximilian seine Erkenntnisse, die er in der Jagd gewonnen hat, über die Schrift absichert und so auch seinen Nachfolgern zugänglich macht, zeugt von der großen Bedeutung der Jagd als wesentliches politisches Element und eben nicht als nur ‚beiläufig‘ zu verstehenden Appendix kaiserlicher Propaganda eines vermeintlich „natur-liebenden“ Herrschers.328 Indem man die Rolle des Kaisers als bester Jäger in den kaiserlichen Inszenierungen geradezu ‚überpolitisiert‘ beziehungsweise als meisterhafte Kunstfertigkeit ausgibt, mag man um 1500 versuchen, Tendenzen, die die Jagd als nur triviales oder geradezu überkommenes Freizeitelement des Hofes erscheinen lassen könnten, zu umgehen;329 es geht auch hier um die ‚reine‘ politische Repräsentation eines auf allen Gebieten erfolgreichen Kaisers.

onhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 153. 326 Jörg Kölderer, Jagdfest am Heiterwanger See (1504), ÖNB cod. 7962, fol. 26r; siehe den Abdruck bei: Kaiser Maximilians I. Tiroler Fischereibuch. Illuminierte Handschrift in Faksimile. Verfaßt und geschrieben im Jahre 1504 von Wolfgang Hohenleiter. Mit Bildern von Jörg Kölderer, hrsg. von Franz Unterkircher, 2 Bde., Graz/Wien/Köln 1967, hier Bd. 2, Tafel 26. 327 Indem nicht nur die männlichen Herrscher, sondern auch ihre weiblichen Pendants als Jägerinnen beziehungsweise Falknerinnen visuell repräsentiert sind und dabei beispielsweise, wie Maria von Burgund, mit reichem Wappenschmuck gezeigt werden, ist der wesentliche politische Aspekt von Jagd nochmals deutlich vor Augen geführt: Excellente Chronicke van Vlaenderen, fol. 372v (Brügge, Openbare Bibliotheek, Ms. 437); siehe den Abdruck bei König (1998), S. 34 und bei Weiss (2010), S. 33. Zur gemeinsamen Jagd Maximilians mit seiner zweiten Ehefrau: Ebd., S. 114–115, allerdings sieht Weiss die Jagd als „standesmäßige Freizeitbeschäftigung“ an und unterläuft so deren politischen Implikationen. (Ebd., S. 159) 328 Daher geht es nicht darum zu konstatieren, dass „uns [Maximilian] als Mensch […] mehr als sympathisch gegenüber [tritt]“, wenn sein „Jägerleben mit seiner grenzenlosen Weidmannslust [dafür] […] der Prüfstein“ sein solle, oder darum, festzuhalten, dass Maximilian „Pflege und Hege des Wildes […] nicht aus selbstsüchtiger Jagdsucht mit dem Ziele gewaltiger eigener Strecken veranlasst [habe], sondern aus Liebe zur Natur und ihren Lebewesen“ – wie Ausserer (1962), v. a. S. 229 und S. 118 anachronistisch interpretiert –, sondern die politische Dimension von Jagd ernst zu nehmen. 329 Daher das geradezu überladene Konnotieren der Jagd mit Weisheit und Wissen. Jagd soll hier nicht als höfische Beschäftigung repräsentiert werden, sondern als ernsthaftes politisches Agieren. Siehe hierzu nochmals die Beispiele im „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, v. a. c. 39, 40, 41, S. 233–235.

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Diese präsentierte Außergewöhnlichkeit dient auch zum Ausstechen aller vergangener Herrscher. So ist die Inszenierung im Weißkunig, der Kaiser besitze neben seinen Kompetenzen in der Jagd auch ausgezeichnete musikalische Fertigkeiten und fördere die Musik seines Umfeldes, explizit zur Übertrumpfung der Antike instrumentalisiert: Darnach trat er in nachfolgung kunig Alexanders mit dem frölichen saitenspiel der streiperkait und folget nach Julius Cesars mit den taten und ubertraf die baide, und will das lauter offenbaren.330 Darüber hinaus wird im Weißkunig die Logik entwickelt, wer gut musizieren könne, kämpfe auch tapfer und siegreich: Schließlich wird das trumel und pfeiffen zur Metonymie für die kriegerischen Kompetenzen Maximilians. Die Macht über Musik steht für den unbegreiflichen, wahrhaften331 Sieg des Kaisers über all seine Feinde, welche im Text durch die ‚Völker‘ Sbeizer, Venedig, Turken und durch ‚Länder‘ wie Frankreich, Unger, Bahaym332 pars pro toto angezeigt sind: Wiewol der groß Alexander grosse land bezwungen und sich des saitenspil erfrewt, so hat doch der jung weiß kunig ain sölich mandlich, frolich pfeifen und truml schlagen aufpracht und der massen in seinen streiten gepraucht, wann er gegen seinen veinden in den streit gezogen ist, haben dieselben trumel und pfeifen nit allein des menschen herz erfrewt, sonder der hal darvon hat den luft erfult, dardurch der jung eweiß kunig nit allein vil land bezwungen, sonder darzu in den hauptstreiten albegen seine veind bestritten und geschlagen.333

330 Unter dem Titel Wie der junge Weisse König Musik und Saitenspiel kennen lernte wird die Bedeutung von Musik ‚historisiert‘, wenn unterstellt wird, sie sei schon von König David entdeckt worden und es schließlich von König Alexander heißt, er sei durch Musik so bewegt worden, dass er seine Feinde besiegt habe. Darauf: aus dem war der jung weiß kunig gröslichen in seinem gemuet bewegt und in seinem herzen entzundt, in dem lob gotes dem kunig Davit und in der streitperkait dem kunig Alexander nachzufolgen, und er lernet mit grossen emsigen vleiss erkennen die art des gesangs und saytenspils, dann er nam fur sich die zway grossen stuck, den lob gottes und die uberwyndung seiner veind, das dann ainem kunig die zwo höchsten tugend sein. Es ist zu ermessen, so dieser kunig sölichs fur sich genomen und mit sonderm gemuet betracht, was vley er hierynnen furkert und was lieb ber darzu gehabt hat; duch seinen vleyß begriff er in kurzer zeit den grund des gesangs und aller saitenspil, und als er kam in sein gewaltig regirung, hat er am ersten in dem lob gottes nachgefolgt dem kunig Davit, dann er hat aufgericht ain söliche canterey mit ainem sölichen lieblichen gesang von der menschn stym, wunderlich zu hören, und söliche lieblich herpfen von ewen werken und mit suessen saytenspil, das er alle kunig ubertraf und ime nyemands geleihn mocht […]. Darnach trat er in nachfolgung kunig Alexanders mit dem fölichen saitenspiel der streiperkait und folget nach Julius Cesars mit den taten und ubertraf die baide, und will das lauter offenbaren. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 32, S. 229) 331 Es mocht ainer wider diese mein schrift reden, aber ich waiß, das sölichs kainer nit thuet, der in der geschrift und in der kunig geschichten erfaren und gelert ist und die gesalt der sachen erwegen kann; redt dann ainer dawider, der unerfaren und ungelert ist, der spot sein selber. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 32, S. 229) 332 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 32, S. 229. 333 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 32, S. 229.

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Abb. 27: Hans Burgkmair, Wie der jung weiß kunig alle saytenspiel lernet (um 1515) 334

Wie das trumel und pfeifen die Luft und damit des menschen herz ‚ergreift‘, so erfüllt der Sieg des Kaisers vil land. In diesem Kontext steht, dass Maximilian mit der (Neu-) Gründung der Innsbrucker Hofkapelle Musik einen festen Platz in der politischen Repräsentation einräumte;335 zugleich knüpfte er damit an das burgundische Zeremoniell an.336 Der Kaiser ist darin nicht nur Mittelpunkt, sondern auch Arrangeur und Akteur,337 wie man aus dem beigegebenen Holzschnitt (Abb. 27) ablesen könnte.

334 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 33. 335 Zur Wiener Hofmusikkapelle u. a.: Antonicek/Hilscher/Krones (1999). Zu Fest, Musik und Tanz im Kontext der Habsburger siehe u. a.: Salmen (1992); Vocelka (1976). Zur visuellen Darstellung von Musik im Umfeld Maximilians: Henning (1987). 336 Berger C. (1998), S. 173. 337 Kästner (1997), S. 16.

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Auf einer Stufe mit den inszenierten politischen Fertigkeiten des als optimalen Herrscher markierten Kaisers steht seine erotische Rolle: Die textuelle Inszenierung im Weißkunig kann dabei die Prozesse des Werbens und Geworbenwerdens, sozusagen die Dynamiken des liebenden Herrschers und seines Umfeldes, skizzieren. Im Weißkunig werden bereits in symbolischer Verhüllung geradezu stufenweise die Vorgänge der Buhlschaft und Werbung Friedrichs III. um Leonore von Portugal beschrieben: Der alte Weisskunig wird am portugiesischen Hof als Werbender empfangen, er begehrt ‚seine‘ junge, erotisch anziehende Königin. Der botschaft werbung was also: wie der allerdurchleuchtigist grosmechtigist alt weis kunig die durchleuchtigist junkfraw Leonora, die jung kunigin, zu seinem eelichen gemahl begeret, und sölich werbung beschach durch die botschaft mit schönen zierlichn worten.338 Leonora willigt schließlich weinend vor Rührung und Ergriffenheit ein: ir herz bewegt was, zu waynen und gab iren willen mit sonder frolockung darein.339 Die Beschreibungen um den jungen Weisskunig, also Maximilian, und die Tochter des Königs vom Feuerstein, gemeint ist Maria von Burgund, gehen in eine ähnliche Richtung, sind jedoch spezifisch: Nach dem Tod ihres Vaters, des Königs vom Feuerstein, entsteht ain groß werben um Maria; doch bereits ihr Vater, ebenso ihre Mutter haben Maximilian für sie als Ehemann auserkoren aus drei Gründen, wie der Text sagt: Weil er erstens der edlist, zweitens der Tüchtigste sei, also ruem und lob habe und edlisten pluet in sich trage.340 Drittes und bedeutendstes Argument ist im weiteren Textverlauf der konkrete Körper Maximilians: Der junge Mann verkörpert Schönheit, steht für Erotik, ist der ideale Ehemann für Maria. Seine größten Konkurrenten, die Franzosen, werben ebenso um Maria. Ihre Argumentation greift das ‚erotische Element‘ auf, verkehrt es bezogen auf Maximilian ins Gegenteil, wenn sie Maria überzeugen wollen, dass Maximilian ain ungestalt mensch were, also ein hässlicher Mann sei und so unmöglich fähig wäre, zu regieren.341 Sie solle daher lieber den Sohn des französischen Königs wählen, weil er so ain schöner wolgestalter jungling wäre.342 Allerdings stellt sich bald heraus, dass der Sohn des französischen Königs viel zu klein war, einen großen Kopf hatte und übermäßig kurze Beine, darüber hinaus und am Schlimmsten, einen derart ungestalteten Körper hatte, dass er der Buckelige genannt wurde: Nun was sein sun kurz und puggelet und het ainen grossen kopf und klaine pain, und derselb ward von seiner ungestalt wegen genannt der puggelet kunig.343 Die körperliche Devianz ist hier ganz deutlich Argument gegen den werbenden französischen ‚Kandidaten‘, sogar gegen seine Regierungsfähigkeit

338 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 2, S. 198. 339 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 3, S. 198. 340 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 56, S. 242. 341 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 56, S. 242. 342 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 56, S. 242. 343 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 56, S. 242.

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überhaupt: Er wird zu spot.344 Maximilian dagegen, davon kann sich auf einer Feier zu Ehren seiner Person Marias Mutter mit eigenen Augen, aber verklaidet, überzeugen, ist der schönste Jüngling aller Zeiten.345 Er muss der Gemahl Marias werden, da es keinen Attraktiveren für sie gebe.346 Maximilians wohlgestalteter Leib, sein liebliches Antlitz, sein schönes blondes Haar, wie der Text explizit heraushebt,347 sind Grund genug, dass die junge Königin großes Wohlgefallen an ihm findet, ihn begehrt und aus Liebe zu ihm entbrennt: ir herz het sich in demselbn wolgefallen gegen ime mit der eerlichen lieb entzundt.348

Abb. 28: Hans Burgkmair, Wie der jung weyß kunig die Burgundisch sprach gelernt hat (um 1515)349

344 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 61, S. 244. 345 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 61, S. 244. 346 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 61, S. 244. 347 [D]er jung weiß kunig was gar ain gerater jungling, ganz wol gestalt von leib und gepain, het ain schön lieblich antlitz und ain sonderlich schön gelb har; wer wurde genennt von seiner schön und schicklichait wegen der weiß kunig mit dem guetigen angesicht. („Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 61, S. 244) 348 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 61, S. 244. 349 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 66.

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Maximilian gewinnt die schöne, edle, junge Königin und mit ihr das burgundische Reich für sich.350 Ihre gemeinsame Liebe verkörpert Stabilität und Macht. Im Bild (Abb. 28) wird auf eigene Weise der politischen und erotischen Fertigkeiten des Paares gehuldigt. So ist Maximilian mit Maria von Burgund beispielsweise in einem Garten gezeigt, während er die zur Führung des Landes wichtige burgundische Sprache von ihr erlernt. Doch zeigt das Bild weitaus mehr: Das Paar sitzt in einem (Liebes-)Garten und ist umgeben von weiteren Paaren, die sich nicht nur in Armen halten, sondern auch liebkosen.351 Politische wie erotische Elemente, das untermauert das Bild, sind nicht voneinander zu trennen. 2.2.2.3 Die Sakralisierung des Kaisers als divus Maximilianus Die Inszenierung einer sakralen ‚Rolle‘ Maximilians sucht sicherlich gerade in den an einen humanistischen Rezipientenkreis adressierten literarischen Werken das Bündel der bisher ausgeführten Herrscherrollen zu übersteigen352 und kann doch als weiteres exemplum ‚einfach‘ herbeizitiert werden.353 Im Weißkunig wird die transzendente ‚Natur‘ des Herrschers gepriesen. Darüber hinaus wird einem Herrscher, der bereits voll und ganz eine gottähnliche ‚Rolle‘ eingenommen hat, gehuldigt.

350 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 70, S. 248. 351 Vgl. dazu Croix (2003) [französisch zuerst 1999], v. a. S. 62–109. 352 „Die Formeln antiker Herrscherapotheose, die Devotion gegenüber dem divus Maximilianus, bei dem man um die religiosa adorandi licentia nachsucht […], bleiben vorerst noch auffällig auf die gelehrte Kommunikationsgemeinschaft beschränkt: wenn Pirkheimer ins misterium einen Stern für divus aufnimmt, dann streicht der deutsche Text das entsprechende gotlich. […] Die angebliche Blasphemie (Lhotsky) ist keine im Kreis derer, die zwischen exoterischem und esoterischem Sinn der Apotheose zu unterscheiden wissen und die zugleich durch ein neues Untertanenverhältnis dem Herrscher verbunden sind: seine gelehrten diener.“ (Müller [1982], S. 265) 353 Müller (1982), S. S. 148

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Abb. 29: Hans Burgkmair, Wie die kunigin schwanger ward und ain sun geporen ward (um 1515) 354

Das deckt sich mit aktuellen Studien,355 die herausarbeiten konnten, wie gerade in visuellen Medien Maximilian immer wieder als Caesar divus, als divus Maximilianus, als Leitfigur des St. Georgs-Orden und als Heiliger auftritt.356 Maximilians sakrale Herrscherrolle verweist auf göttlichen ‚Leitstatus‘,357 pointiert: Maximilian wird als die übermenschliche Leitfigur, der die Leitung der Christenheit obliegt, repräsentiert. Seine ‚geheiligte‘ Herrschernatur ist wesentlicher – aber eben nicht alleiniger –

354 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 16. 355 Silver (2008), dort v. a. das 4. Kapitel, Caesar divus: Leader of Christendom, S. 109–145. 356 Silver (2008), S. 110. 357 Silver (2008), S. 111.

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Bestandteil in den Entwürfen politischer Ordnung.358 Dabei steht weniger die Transzendenz an sich im Vordergrund, als der politische Aspekt: Es geht um das Besiegen von nahen und weit entfernten Feinden – beispielsweise der Osmanen – sowie das Übertreffen konkurrierender politischer Kräfte – beispielsweise der Franzosen oder (Kur-)Fürsten. Nur die ‚Rolle‘ als vergöttlichte Figur scheint den hohen Anspruch eines Kaisers untermauern zu können, als exklusiver und alleiniger Führer der Christenheit zu gelten.359 Im Weißkunig wird die Geburt des Helden mit merern verstand beschrieben.360 Der Text spricht sowohl von einem Kometen, der als neuer Stern aus dem Morgenland ain besonder einflus, zaichen und offenbarung des kinds gepurt gewesen ist,361 als auch von einer Prophezeiung, nämlich, dass das Kind seines Vaters veinden rechen werde und sy diemuetigen durch die genad gots in unsern glauben.362 Die ikonographische

358 Die Studien können v. a. an die profunden Ergebnisse von Bloch (1998), ebenso an die – zum Teil provokanten – Thesen von Agamben (2010) [italienisch zuerst 2007] aufbauen. Während Marc Bloch nicht nur den synchronen, sondern auch diachronen Zuschnitt von Herrschaft und Herrlichkeit herausarbeitet, differenziert Giorgio Agamben zwischen einer politischen Theologie, „die die Transzendenz der souveränen Macht in dem einen Gott begründet,“ und der ökonomischen Theologie, „die diese Idee durch eine oikonomia ersetzt, die als immanente […] Ordnung sowohl des göttlichen als auch des menschlichen Lebens verstanden wird.“ (Ebd., S. 14) Eingelegt sind diese Thesen Giorgio Agambens in ein übergreifendes Konzept seiner Biopolitik, die in allen Epochen auftritt und ‚nacktes Leben‘ schafft. Darin zeigt sich allerdings auch, woran Agambens Studien im Allgemeinen kranken: Sie folgen einer „Subsumtionslogik, die ‚Fälle‘ unzulässig verallgemeinert und notwendige Differenzierungen unterlässt.“ (Lemke [20082], S. 107; siehe dort auch die differenzierte Auseinandersetzung mit Giorgio Agamben im Allgemeinen: S. 89–109) In den folgenden Studien geht es dagegen um Momente des ‚kontinuierlich Diskontinuierlichen‘ im Konnex von Macht und Herrlichkeit (am Einzelbeispiel Maximilians herausgearbeitet): Sakrale Aura wird für politischen Ordnungsentwürfe um 1500 weiter benötigt, muss aber zunehmend bewiesen werden, sie wird ‚künstlich‘ hergestellt und doch als ‚ganz natürlich‘ ausgegeben. 359 In diesem Kontext ist entscheidend, dass die ‚sakrale Aura‘ des Kaisers kollektive Verbindlichkeiten herstellt: Gemäß Studien von Durkheim (1981), S. 505 erzeugt die Herrlichkeit des Herrschers kollektive Gefühle, effervescence, „also eine kollektive emotionale Aufwallung.“ (Vgl. dazu StollbergRilinger [2013c], S. 23) Des Weiteren erscheint der Kaiser als liminale Figur – Herrscher und Heiliger (ebd., S. 25) –, die sich somit ‚geflechtartig‘ unterschiedlicher Legitimationsebenen bedient. 360 Müller (1982), S. 146. 361 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 14, S. 219. 362 Wie des alten weyßen kunig gemahel swanger worden ist aines suns: „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 13, S. 219. Des Weiteren werden die künftigen Taten des Kindes gegen die Ungläubigen durch den furst aus dem lande Otnap in der Rolle des greisen Simeon verkündet: ‚so glaub ich, dann mein gesit mich darzu bewegt, das mir got die genad gethan, wie Symony in dem templ, der da gesehen hat sainen hailand und erlöser des menschlichen geschlechts. Also hab ich das kind […] aus der tauf gehebt, der mich durch sich doer sein frucht gegen meinen feinden die mich vertriben haben rechen und die Turken mit streitperer hand iemuetigen wird.‘ Diese wort bedeuten kunfitg auslegung, die noch beschehen werden mit warer tat. (Wie das kind in gotes lob mit grosser eer getauf worden ist: „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 15, S. 220)

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Darstellung, (Abb. 29) die dem Text in einem Holzschnitt beigegeben ist, imitiert eine Madonnenstatue: Die Mutter hält das Kind, auf das die Sterne einwirken. Stilisiert ist damit die Geburt des Kaisers nach dem Lukasevangelium. Zusätzlich wird an mittelalterliche Herrschertypologie, vor allem an die Inszenierung des Herrschers als christomimetes angeknüpft.363

Abb. 30: Hans Burgkmair, Wie des jungen weysen kunigs planeten ascendentes Marcurius und Mars ine geweist haben auf ein geluck radt; Abb. 31: Hans Burgkmair, Die begird des jungen weiss kunig zu lernen die swarz kunst und zauberey und dargegen hernach das gotlich widerspil (um 1515)364

Doch bleibt von diesem religiösen Gehalt nur übrig, das konnte Jan-Dirk Müller in seinen Studien herausarbeiten, dass das heroisches exemplum das sakrale übertrumpft.365 Das zeigt vor allem auch die Namensausdeutung im Werk: Statt nach dem heiligen Maximilian abzuleiten, präferiert man eine Auslegung nach Maximus oder Aemilius. Es geht um den (politischen) Sieg gegen den Feind, wie der Text aus Maximilians Namen erklärt, der vor nye gehört was, dann er aus zwayen namen, die in irem leben die streiparisten gewesen sein, ainen namen schöpfet, zu ainer offenbarung,

363 Müller (1982), S. 147. 364 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 24 und 25. 365 Müller (1982), S. 147–148.

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das dasselb kind in seinen jaren sovil vepringen wurde, als dieselben zwen streiperistn heten gethan.366 Nur der Herrscher, den eine Aura entrückt vom Alltäglichen umgibt, ist der, der die heterogenen politischen Herausforderungen machtvoll bewältigen kann.367 Dabei spielt es kaum eine Rolle, wie genau diese Exklusivität produziert wird, wichtiger ist die Tatsache, dass sie repräsentiert ist. Wenn der junge Herrscher die schwarze Kunst zu lernen imstande ist, das zeigen Text368 wie Holzschnitte im Weißkunig (Abb. 30, Abb. 31), dient dies ebenso einer Entrückung weg vom ‚normalen‘ Gelehrtendasein hin in ‚magische‘ Sphären. Wenn ihm seine astrologische Nativität viele Unglücksfälle, also geferlichkeiten aufbürdet, die er nur unter höchster Anstrengung bewältigen kann – auch wenn der Komet bei seiner Geburt369 noch glücksverheißend war370 –, dann dient dies ebenso zur Betonung einer herausgehobenen Stellung: Maximilians natur und wesen sind von den Planeten, von einer ‚transzendenten‘ Macht bestimmt, aus der seine Erzieher „das beste […] zu machen [suchen], ohne seiner natura Gewalt anzutun.“371 Das bisher untersuchte Material, besonders die literarischen Werke unter Maximilian I., denen immer wieder ein ‚ästhetischer Mehrwert‘ im Vergleich zu literarischen Großwerken des Mittelalters sowie eine klare Kohärenz im Kontext moderner literaturwissenschaftlicher Parameter abgesprochen wird, ist damit weniger Ausweis gescheiterter Konzeption und Repräsentation von Herrschaft eines vermeintlich ‚letzten Ritters‘ in einer Transformationszeit oder bloßes Beiwerk in politischen Machtkonzeptionen, als dass die jeweiligen diskursiven Formationen wie litera­

366 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 15, S. 220. Siehe auch die Hinweise auf die gleiche Namensauslegung im „Ludus Dianae“: Müller (1982), S. 148. Allgemein könnte man mit den Thesen von Blumenberg (19905), S. 45 ableiten, dass das Sprechen vom Ursprung der Macht ein Aussprechen von Namen ist. 367 Die ‚göttliche‘ Rolle ist daher weniger Abbild von unumschränkter Macht, als ein weiterer Faktor zur Steigerung von Macht in den politischen Ordnungsentwürfen Maximilians. (Vgl. hierzu: StollbergRilinger [20132a], S. 116) 368 „Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 23, S. 224–225. 369 Weißkunig Handschrift A“ Bd. 1, c. 219, auch c. 224, c. 256. 370 Müller (1982), S. 267. 371 Müller (1982), S. 367 arbeitet deutlich heraus, dass „die Planetengötter des Weißkunig […] keinen herausragenden Helden [verheißen]. [Maximilians] angebliche Saturngläubigkeit samt der positiven Neubestimmung der Saturnkindschaft als Genialität spielt in der Selbstdarstellung keine Rolle. Die Sterne setzen die besonderen Bedingungen, mit denen [Maximilian] wie jeder Mensch fertig zu werden hat: keine Rede davon, daß seine welthistorische Mission aus den Sternen gelesen würde, erst recht nicht, wie bei Luther eine „Verlegung“ der Geburt zwecks bedeutsamer Konstellation.“ Mehr dient die gefährliche stellare Konstellation dazu, die Beschwernisse, denen der Kaiser ausgesetzt ist zu erklären; aber, und das ist entscheidend, eben diese ‚außerweltliche‘ Macht ist Argument dafür, die Position Maximilians zu überhöhen: Er kämpft gegen seine eigene, ungünstige Nativiät an und veredelt diese schließlich.

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rischen Imaginationen als ‚reale‘ Fakten372 eigenständig ernst zu nehmen sind.373 Es geht um die Huldigung Maximilians als Herrscher, wie nicht nur der Text, sondern auch die Holzschnitte im Weißkunig betonen. Eines der letzten Bilder im Weißkunig untermauert dies nochmals: Man preist den gerüstet dargestellten Kaiser demütig parfuß und barhaubt (Abb. 32).

Abb. 32: Hans Burgkmair, Wie die hucken zu Layden dem weissen kunig parfuß und barhaubt in sbare (um 1515)374

372 Vgl. Müller (2010a), S. 2. 373 Gerade auch dann, wenn mehr und mehr zugestanden werden kann, dass über sie nicht immer „[e]ine Welt neben der wirklichen entworfen [wird].“ (Müller [2013], S. 354) 374 Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig“, Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilians I. Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-Kade-Foundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956, hier Bd. 2, Tafel 232.

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2.2.3 Teuerdank 2.2.3.1 Gesamtanlage und Funktion der Clavis375

Abb. 33: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)376

375 Zitiert wird als „Teuerdank“ im Folgenden die Ausgabe: Kaiser Maximilian I., Teuerdank. Die Geferlicheiten und eins Teils der Geschichten des loblichen streitbaren und hochberümbten Helds und Ritters Herr Teuerdanks, hrsg. von Helga Unger, München 1968. Eine Übersicht zu verschiedenen Ausgaben des „Teuerdank“ bei ebd., S. 347–349. Vgl. auch die Ausgaben: Theuerdank. Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen Streytparen vnd hochberumbten helds vnd Ritters herr Tewrdannckhs. Facsimile-Reproduction nach der ersten Auflage vom Jahre 1517, hrsg. von Simon Laschitzer, Wien 1890; Kaiser Maximilians I. Teuerdank. Faksimile, 2 Bde., hrsg. von Heinrich-Theodor Musper, Stuttgart 1968. 376 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Kaiser Maximilian I., Die ruhmreichen Taten des Ritters Teuerdank. Ein illustriertes Meisterwerk der frühen Buchdruckerkunst, hrsg. von Anja Grebe, Darmstadt 2015 (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Tafel 117.

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Während der Weißkunig nicht nur als historisches Werk, sondern besonders auch in seiner literarischen Form als Machtentwurf des Kaisers unfertig blieb, wurde der Teuerdank 377 als einziges Ehrenwerk bis zum Tode des Kaisers fertig gestellt und ging in den Druck. Nur ein Kapitel kam dabei nicht zur Ausführung: Der Aufbruch Maximilians als Kreuzzugsritter. Das 117. Kapitel blieb leer, doch zeigt sich mit dem dazugehörigen Holzschnitt (Abb. 33), der bereits den Kreuzzug des Herrschers vorwegnimmt:378 Das Vergangene wäre auch für die Zukunft fortzuschreiben. Die Repräsentation von Macht zielt in die Zukunft. Als Druck weist der Text Besonderheiten auf: Die gotische Fraktur ahmt eine handschriftliche Zierschrift nach. Das soll hier anhand einer der ersten Textfolia (Abb. 34) gezeigt werden. Die Schrifttype kennzeichnet S-förmige Schnörkel, die Vinzenz Rocker zeichnete und Jost Negker in die für den Druck notwendigen Schnitte brachte, bevor Johann Schönsperger schließlich den Druck besorgte. Interessant erscheint an diesem Befund, wie sehr man in einem gedruckten Ehrenwerk handschriftliche Eigenschaften ‚imitiert‘: Das Ruhmeswerk scheint seine eigene Reproduzierbarkeit über den Druck zu verbergen, „es entsteht […] eine Handschrift im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit.“379 Verspielte Schleifen und geschwungene Verzie­rungen nähern den Druck der Handschrift an.380 Die Einmaligkeit des Herrscherruhms bildet offensichtlich eine handschriftliche Aufzeichnung besser ab, sie schützt die kaiserliche „gedechtnus vor Profanierung“.381 Interessant ist auch die Verwendung der Holzschnitte im Teuerdank: Ihre aufwändige Kolorierung gibt sie, ähnlich den verspielten Schnörkeln um den Text, als ‚individuell‘ für eine Prachthandschrift produziert aus. Ihre Reproduzierbarkeit im Druck soll damit verschwie-

377 Der „Teuerdank“ „ist die verkleidete Geschichte der Brautwerbung Maximilians um Maria von Burgund, eine Folge von wunderlichen Abenteuern […].“ (Wiesflecker [1991], S. 328) Der „Teuerdank“ war, nach allem was man weiß, ein Gemeinschaftswerk von Maximilian I., Marx Treitzsaurwein und Melchior Pfintzing; Matthäus Schultes nennt in seiner Ausgabe (Matthäus Schultes, Der Aller-Durchleutigste Ritter/Oder Groß-Thaten/Abentheuer […], Augspurg 1670) im Vorwort Kaiser Maximilian I. als Urheber, der seinem Schreiber Marx Treitzsaurwein das Werk aufgetragen habe, welches Melchior Pfintzing geordnet habe. Kritisch hierzu v. a.: Füssel (2003c) und ders. (2003e). Das Werk wurde in Maximilians Auftrag von Richardus Sbrulius in der so genannten „Magnanimus“-Version (Richardus Sbrulius, Richardi Sbrulii Equitis Foroiuliani Cesareique Poete ad Magnificum et Illustrem Maximilianum Seuenbergensem […] Moduli aliquot […], Auguste […] 1518) auch als lateinisches carmen heroicum inszeniert. (Römer [1997], S. 94) Zur lateinischen Version des „Teuerdank“ von Richardus Sbrulius und den damit verbundenen Bearbeitungsphasen wie -tendenzen in den neulateinischen Versen siehe detailliert: Müller (1982), S. 159–173. Allgemein zum „Teuerdank“ siehe u. a.: Laschitzer (1888), S. 7–116; Bürger (1902), S. 177–196; Ziegeler (1982), S. 67–110; Müller (1982), S. 108–130, S. 154–169, S. 214–222, S. 229–238, S. 252; Strohschneider (1986), S. 369–456; Cölln (2004), S. 425–433. 378 Schubert M. (2009), S. 280–281. 379 Müller (1982), S. 271. 380 Siehe dazu unter Bezug auf Müller (1982) auch: Kiening (2016), S. 216–217. 381 Müller (1982), S. 274.

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gen werden: Technisch gesehen sind sie dagegen, ebenso wie der Text, ganz für die Weiterverbreitung angelegt.382

Abb. 34: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)383

382 Müller (1982), S. 270. 383 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs,

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Das Werk steht paradigmatisch für die Ziellegung aller maximilianeischen Ehrenwerke: Es geht nie um genaue historische Rekonstruktion, vielmehr werden alle ‚historische‘ Vorgänge und Personen, auf denen der Teuerdank basiert, ‚verkleidet‘: Schon die verkerten Namen deuten das an. Ihr ‚Sinn‘ wird durch einen dem Text beigegebenen Kommentar, also durch eine Clavis, als erklärbar ausgegeben (Abb. 35). So heißt es in der Clavis, die die Namen sortiert: Disen Personen sein allein dise Namen erdacht und ire rechte Namen verschwigen aus der Ursach, dieweil derselben Verwandten in Leben sein, damit nit geacht wird, es beschehe dise Beschreibung sovil erlicher Getaten inen aus liebkosendem Gemuet, daß auch mit solchem Buoch denen, so vorzeiten die alten Heldenbuecher geschriben haben, nachgefolgt wurde; dann mich bedunkt, daß dem gemein Mann nit not sei, den Grund zu versteen.384

Die damit bestimmte Wirkungsintention der in den Druck integrierten Clavis könnte man mit Jan-Dirk Müller über die Begriffspaare schal/poeterey beziehungsweise kern/ histori als Metapher der Theorie eines „mehrfachen Schriftsinns“ charakterisieren.385 Das im Text derart Eingehüllte kann erst in der Verhüllung seinen wahren Wert, seine volle Macht entfalten.386 Überspitzt: Die ‚Art‘ des Werkes, verstanden als seine eigenen Darstellungsweisen und materielle Eigenschaften, überhöht die Wirkkraft der Machtrepräsentation. Wer das Ehrenwerk dann entschlüsselt hat, der ‚entdeckt‘, so soll suggeriert werden, als grundt die erinnerungswürdigen Taten des Kaisers: Die Verhüllung steigert mehr oder weniger den Wert des Verhüllten.387 Dies umso stärker, indem die Clavis als ‚Inszenierung der Inszenierung‘ ein ganz zentraler Bestandteil des Werkes ist und zum Druck gehört.388 Sie unterliegt also den gleichen Reproduktions- und Distributionsbedingungen wie der gesamte Text.389 Mit dem ‚Schlüssel‘ des Textes wird dem Leser weisgemacht, ‚als ob‘ der Text schwer verständlich wäre.390 Die Dechiffrierung ist dann ein Art Gestus für das politische arcanum.391

Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 1. 384 „Teuerdank“, Clavis, S. 303. 385 Müller (1982), S. 183. 386 Zu den zeitgenössischen Diskursen mit historischer Verortung: Müller (1982), S. 184–190. 387 Müller (1982), S. 189. 388 Strohschneider (1986), S. 435. 389 Strohschneider (1986), S. 435. 390 Strohschneider (1986), S. 436. 391 Strohschneider (1986), S. 439.

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Abb. 35: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)392

Die Rolle als letzter Ritter393 prägt über den Teuerdank Maximilians Bild bis heute entscheidend.394 Gerade diese Rolle ist es, durch die Maximilian zu einer Identifikationsfigur für eine ‚romantisierte‘ Rückwendung auf das Mittelalter wird, wobei ihm

392 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, fol. Ai; siehe den Abdruck bei: Grebe (2015), fol. Ai. 393 Zur Entstehung und kritischen Würdigung mit Korrektur des Terminus: Müller (1982), S. 11–12. 394 Müller (1982), S. 13.

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selbst wiederum eine Rückkehr „zu den abgelebten Ordnungen des Mittelalters unterstellt wird.“395 Doch sind um 1500 Rittertum und ritterliches Handeln nicht automatisch „Selbstdeutungsangebote“396 der höfischen Eliten. In Maximilians literarischem Werk Teuerdank beispielsweise wird das Bild des Ritters zu einer Art Etikette für die Machtrepräsentation des Kaisers: Der, der nicht Ritter ist, tritt in der Rolle des Ritters auf.397 Mechanismen und Strategien dieser Machtrepräsentation sollen im Folgenden genauer untersucht werden. 2.2.3.2 Tapferkeit und Ritterlichkeit Die Inszenierung des Fürsten als Ritter beginnt mit dem Bewährungsweg, über den Teuerdank durch ritterlich Tat und Eer die Künigin zart gewinnen will.398 Dabei geht die Initiative nicht von Teuerdank selbst, sondern von der Königin Ehrenreich aus, ihre Liebe ist belonung für Teuerdanks Taten.399 Ehrenreich handelt nach den Anweisungen ihres Vaters, der [d]en besten erwelen will, der wer/ Voller Tugend und liebt die Eer,/ Damit der mir mocht folgen nach.400 Schließlich bestimmt der alte König in seinem Testament den jungen Teuerdank als Ehemann für seine Tochter, [d]ann der sei [ihr] genoß am Adel,/ Mechtig, frei vor allem Tadel,/ Der mag [sie] und [ihr] Leut und Land/ Beschützen mit seiner streitbaren Hand.401 Sie nimmt ihn zum Mann und weist in den Schlusskapiteln des Werkes noch einmal explizit auf sein herausra­gendes

395 Müller (1982), S. 12. Müllers nuancenreiche Schlüsse beziehen hier gerade „die Bedeutung des 16. Jahrhunderts für […] [die] historische Selbstvergewisserung der Gesellschaft im 19. Jahrhundert [ein], deren unterschiedliche politische und kulturelle Formationen und Interessen sich auf unterschiedliche Symbolfiguren berufen […].“ (Ebd., S. 11) Eine derartige Perspektive meint Maximilian als Repräsentanten einer ‚janusköpfigen‘ Übergangsepoche zwischen Mittelalter und Moderne betrachten zu können, reproduziert im Endeffekt „nur besonders drastisch ein Geschichtsbild, das Geschichte nicht als Prozeß, resultierend aus einer Vielfalt von teils synchronen, teils gegeneinander verschobenen oder antagonistischen, nicht linear fortschreitenden Einzelentwicklungen und -tendenzen begreift, sondern als Abfolge mehr oder minder geschlossener Epochen.“ (Ebd., S. 13) Siehe weiter die Kritik von Jan-Dirk Müller, die bis heute Gültigkeit besitzt: „Ein überwiegend nur noch klassifikatorisch verwendeter Epochenbegriff hat auf diese Weise verhindert, daß der historische Ort der literarischen Werke Maximilians und des Maximilian-Kreises im Geflecht einander überkreuzender bildungs- und geistesgeschichtlicher Überlieferungen, funktionsgeschichtlicher Entwicklungen von Literatur, sozialgeschichtlicher und politischer Veränderungen innerhalb der an literarischer Kommunikation partizipierenden Schichten zureichend beschrieben wurde.“ (Ebd.) 396 Strohschneider (1986), S. 430 mit Verweis auf Denkfiguren bei Elias (1977), S. 320–322. 397 Strohschneider (1986), S. 431. 398 „Teuerdank“, c. 9, S. 25. „Die Legitimität von Teuerdanks Dasein als Fürst wird überlagert von seinem Legitimationsversuch als Ritter.“ (Strohschneider [1986], S. 376) 399 „Teuerdank“, c. 98, S. 254. 400 „Teuerdank“, c. 2, S. 12. 401 „Teuerdank“, c. 5, S. 18.

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Wesen als legitimen Grund für ihre Heirat hin: Als Eur Wesen mir wolgefellt,/ Will Euch drauf nemen zu der Ee.402 Ähnlich dem Weisskunig hat der Teuerdank den werbenden Herrscher zum Gegenstand:403 Im Teuerdank ist der Ausgang für die Taten und Gefahren, die der Ritter im Folgenden überstehen wird, eine Art Brautfahrt. Zwar lehnt sich der Teuerdank hier an das mittelalterliche Brautwerbungsschema der Heldenepik an,404 doch nur das Motiv der gefahrenvollen Werbung um eine Braut in einem fremden Land ist konsequent umgesetzt:405 Und wie er wollt auf die Fart/ Gewinnen die Künigin zart/ Durch ritterlich Tat und Eer/ Oder in der Welt nit mer/ Leben.406 Der politische Aspekt des Werbers beziehungsweise Umworbenen kommt besonders zum Tragen. Dem Motiv des Ehrbeweises liegt die Liebe zwischen Dame und Ritter zu Grunde, selbst wenn sie nur zitiert ist und in einen „ordnungsgemäß abgewickelten Staatsakt“ gegossen ist.407 Nur weil Maria zur Künigin der Eeren408 allegorisiert ist, können alle Rittertaten Teuerdanks und auch sein Aufbruch zum Kreuzzug am Ende des Werkes409 als Frauendienst gelten.410 Zentral steht Teuerdanks vorbildliches Agieren im Werk den Hauptleuten Fürwittig, Unfallo und Neidelhart411 mit ihren devianten Eigenschaften gegenüber: Sie vertreten die feindliche Sphäre.412 Alle drei handeln aus politischen Gründen gegen Teuerdank, da sie Angst um ihre eigene Machtposition im Reich haben und versuchen ihn abzuhalten, ins Land der Königin zu kommen: Kumbt der Held hieher/ Zu unser Frauen der Künigin,/ So wirdet er gleich nehmen hin/ von uns alls unser Regiment./ Darum so müessen wir behend/ Suchen subtil Mittel und Weg,/ dardurch der Held vor niderleg,/ ee er kem her.413 Vor allem die Heimlichkeit ihrer Aktionen gegen Teuerdank

402 „Teuerdank“, c. 116, S. 297. 403 „Der Rahmenhandlung (c. 1–6 und c. 98–116) liegt die für das Haus Habsburg so folgenreiche „burgundische Hochzeit“ zugrunde.“ (Müller [1982], S. 110) 404 Müller (1982), S. 112. 405 Jan-Dirk Müller arbeitet hier genau heraus, welche Elemente aus dem höfischem Roman und der Heldenepik gleichzeitig zitiert sind, modelliert werden und sich in der ‚Hybrid-Gattung‘ Heldenbuch wiederfinden: Siehe hierzu mit breiter Diskussion Müller (1982), S. 111–115. 406 „Teuerdank“, c. 9, S. 25. 407 Darüber hinaus hat „sich im Horizont des Frauendienstes kein eigener Spannungsbogen [konstituiert] […]“, da „ritterliche Tat und Liebe in keinem „syntagmatischen“ Zusammenhang [stehen].“ Siehe auch die Ausführungen bei Müller (1982), S. 122. 408 Von Beginn an ist sie so genannt: „Teuerdank“, c. 1, S. 7: Ein einige Tochter hübsch und fein,/ Die sie Ernreich nennten darum,/ Deann si was gar erlich und frumb. 409 Anstatt des Beischlafs soll Teuerdank die Ehe durch einen Zug gegen die so genannten Türken vollziehen: „Teuerdank“, c. 116, S. 297. 410 Müller (1982), S. 122. 411 Fürwittig c. 12–24; Unfallo c. 25–74; Neidelhart c. 75–97; Turnier mit sechs Rittern c. 99–107 412 „Teuerdank“, c. 13, S. 40, c. 37, S. 101; ähnlich: c. 85, S. 213, c. 81, S. 199. 413 „Teuerdank“, c. 7, S. 21.

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ist im Text immer wieder hervorgehoben, wenn es beispielsweise über Fürwittig heißt, dass er doch heimlich Haß/ Und Zoren in seinem Herzen trug.414 Auch besteht eine enorme Diskrepanz zwischen ihrem Sprechen und Denken, wenn es in einer UnfalloEpisode heißt: Unfallo im drauf Antwort gab:/ „Herr, das wer mir von Herzen leid,/ Sollt Euch etwas auf disem Jeid/ Widerwertiges begegnet sein.“/ Darneben hett er Angst und Pein,/ Daß er in sach frisch und gesund. Sein List er wol verbergen kunnt/ Gab aus falschem Sinn gute Wort/ Die waren Gift und tödlich Mord.415 Listigkeit ist Signum der ‚falschen‘ Natur der Hauptleute: Neidelhart was voll böser List.416 Durch die Konfrontation mit diesen drei ‚Gegnern‘, die Teuerdank allerdings nie direkt angreifen, sondern in immer neu arrangierte Gefahrensituationen bringen, kann er im Text erst als der vorbildliche Ritter repräsentiert werden: Ordnung und Unordnung, Ideal und Devianz gehen hier einen engen Konnex ein, sind nicht asymmetrisch-statisch, sondern sich wechselseitig bedingend zu denken. Dabei gewinnen die Aktionen Teuerdanks durch ihre Deutung als Heldentaten Tragkraft,417 die von allen, so si zu irer Sterk und völligem Alter kommen, inen in erlichen Sachen nachzufolgen sind, wie es in der Vorrede heißt.418 Prinzipiell kann im Teuerdank jegliche Situation und jeder Geschehniszusammenhang zur Steigerung des Ruhmes des Ritters beitragen: So beispielsweise das Palierrad, unter welches Teuerdank seinen Fuß stellt (Abb. 36), und allein durch große behendigkeit diesen wieder herauszieht, bevor er zerdrückt wird.419 Ebenso ein großes Unwetter, während dem Teuerdank beinahe von einem Blitz erschlagen wird, sich aber in letzter Sekunde retten kann: Und wer Teurdank, der Held so wert,/ ein wenig gezogen fürbaß/, so hett in erschlagen das (Abb. 37).420 Die Holzschnitte fangen die einzelnen Szenerien ein.

414 „Teuerdank“, c. 13, S. 40. 415 „Teuerdank“, c. 37, S. 101; ähnlich: „Teuerdank“, c. 85, S. 213. 416 „Teuerdank“, c. 81, S. 199. 417 Müller (1982), S. 116. 418 Allergnedigister Herr, ich hab bedacht, daß alle adenliche menschliche Gemuet begirig sein, alt Geschicht und teurlich Getaten, durch mechtig und hochgeborn Fürsten und Herren vollbracht, so die beschriben werden, zu lesen und daraus Neigung zu empfahen, so si zu irer Sterk und völligem Alter kommen, inen in erlichen Sachen nachzufolgen und den Geferlicheiten, so inen begegnen mochten, durch empfangne Gedechtnus vorzusteen, aus denselben Ursachen, dieweil Euer Küniglich Majestat von dem teuerlichisten, eltisten und namhaftigisten Geschlecht der Christenheit iren Ursprung und Herkommen hat […]. („Teuerdank“, Vorwort, S. 5–6) 419 „Teuerdank“, c. 21, S. 59. 420 „Teuerdank“, c. 52, S. 134.

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Abb. 36, Abb. 37, Abb. 38 und Abb. 39: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)421

Ritterfahrt wird nicht über aventiuren erlebt, sondern ist Bezugsrahmen für die Abfolge isolierter geuerlicheiten beziehungsweise geferlichkeiten. Das Abenteuer ist im Teuerdank keine soziale Ordnungs- oder Befreiungstat im Sinne klassischer aventiuren, sondern ist nur wichtig, insofern es die politische Reputation des Helden

421 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 21, Tafel 52, Tafel 60 und Tafel 70.

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erhöht: Der Held agiert nicht, er reagiert nur.422 Dabei übernehmen die Holzschnitte die ‚plakative‘ Darstellung der im Text ausführlicher beschriebenen Gefahren: Die vielen Erlebnisse in einer Waffenkammer beispielweise, die im Text nacheinander beschrieben werden, es geht darum, wie ein Narr seine Liecht [nam], dieses in das Pulver hinein gestoßen han und nur durch das Eingreifen Teuerdanks eine Explosion verhindert werden kann, fasst das Bild (Abb. 38) auf ein Mal zusammen.423 Ebenso zeigt man die Ausführungen, als Teuerdank von einer Hitz in seim Bett [niderlag] und die Krankheit ‚tapfer‘ übersteht, zusammengefasst in einem Holzschnitt (Abb. 39).424 Besonders einprägsam sind auch jene Holzschnitte (Abb. 40, Abb. 41), die Teuerdank in seiner ‚alten‘ Rüstung kämpfend gegen Kanonenfeuer präsentieren: Auch gegen diese ‚neuen‘ Waffen kann der Held standhaft bleiben.

Abb. 40 und Abb. 41: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)425

Die Holzschnitte betonen, ähnlich dem Text, immer wieder das ‚hauchdünne‘ Entkommen Teuerdanks vor den Gefahren:

422 Dabei ist im „Teuerdank“ „[d]ie Ritterfahrt […] in zwei Richtungen auslegbar: in Richtung auf Maximilians Biographie […] und in Richtung auf den überkommenen Verhaltenscodex […].“ (Müller [1996b], S. 32) 423 „Teuerdank“, c. 60, S. 151. 424 „Teuerdank“, c. 70, S. 172. 425 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 78 und Tafel 84.

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Der Held hort den Knall, sich ducket/ und sein Kopf an sich zucket./ Das was im fur ein Warheit not,/ er wer sonst erschossen zuo Tod,/ dann der Stein gieng so nahend zwar/ uber sein haubt, es felt nit gar/ umb ein spann. der Dunst dannocht schluog/ in sein Haupt mit solchem Unfuog,/ dass er kaum mit Not kam darvon.426

Im personalisierten Kampf der ‚guten‘ Naturen Teuerdanks gegen die ‚schlechten‘ Naturen seiner Widersacher wird der Ritter darüber hinaus zum Helden einer „Moralität“ stilisiert.427 Vor Gericht werden die Hauptleute, die Teuerdank in derartige lebensbedrohliche Gefahren gebracht haben, am Schluss des Werkes angeklagt.428 Im Gerichtsprozess beziehen sie die Verteidigungsposition, dass Teuerdank aus seim freien Willen auf der Suche nach Abenteur und, um von der edlen Künigin wegen/ Ritterspil und Kriegens zuo pflegen,429 sich den Gefahren aussetzte, die ihnen jetzt als Verrat zugeschrieben würden. Die Hauptleute weisen in diesem Kontext selbst auf ihre devianten Naturen hin, die ein idealer Herrscher zurückweisen müsse, seine eigene Natur also zum Ideal hin bearbeiten müsse, will er eine stabile politische Ordnung schaffen. Fürwittig klagt über sein junges Blut, das ihn reizte: Zuo dem hat mich mein Fürwitz bracht,/ Dann ich hab gehandelt unbedacht.430 Unfallo tadelt seine Unachtsamkeit, durch die er sein Umfeld gefährdete: Dann selten nimbts ein guotes End,/ Der all Sachen will fahren an/ und zuovor darauf nicht Achtung han.431 Neidelhart verweist auf Neid als eine ihn einnehmende Kraft, die Überhand gewann, dann mir ist von meim Herzen leid,/ Daß ich mich hab also verschuldt, und vor der sich ein jeder well hüeten sich.432 Dispositionen des ritterlichen Helden werden hier ‚angeklagt‘.433 Der ideale Ritter, so die Warnung, muss sich vor ‚Fürwitz‘, also vor Achtlosigkeit, gegenüber Unfällen, vor freydigkait und Neid sowie Verschwörungen in Acht nehmen, darf nicht auf sie ‚hereinfallen‘. Der Gerichtsprozess gegen die Hauptleute endet schließlich mit Todesurteilen: So ein jeder Teil fürbracht hett,/ haben die Ret erkannt zuerecht,/ daß die Haubtleut sein bese Knecht/ worden an der edlen Königin./ Darumb soll man sie füren hin,/ Fürwittig richten mit dem Schwert,/ Des andern Tags Unfallo hert/ Bei seim Hals binden an Galgen,/ Darnach Neidelhart zuwalgen/ Uber ein hohen Turn zuotal/ damit er sienen Hals abfall/ und kumm vom Leben zuo dem Tod.434

426 „Teuerdank“, c. 78, S. 194. 427 Müller (1982), S. 125. 428 Ernhold, der Begleiter Teuerdanks, klagt im Auftrag seines Herrn: „Teuerdank“, c. 108, S. 276– 278. 429 „Teuerdank“, c. 109, S. 280–281. 430 „Teuerdank“, c. 110, S. 283. 431 „Teuerdank“, c. 111, S. 285. 432 „Teuerdank“, c. 112, S. 286–287. 433 Müller (1982), S. 127. 434 „Teuerdank“, c. 109, S. 182.

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Schlaglichtartig führen die jeweiligen Holzschnitte diese drakonischen Strafen vor Augen (Abb. 42, Abb. 43, Abb. 44) und sind so geradezu zu Mahnbildern des Textes stilisiert.

Abb. 42, Abb. 43 und Abb. 44: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)435

Teuerdank dagegen wird am Ende als ein Paradebeispiel tugendhafter Ritterlichkeit gefeiert. Sein tapferes Bestehen gegenüber all den vielen Gefahren wird zur Behaup-

435 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 110, 111 und 112.

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tung gegen eine „widerständige Welt“,436 wenn der Text im letzten Kapitel über die menscheit im Allgemeinen räsoniert.437 Teuerdank ist ein Beispiel für jeden Menschen, der, obwohl nackt und bloß on alle Waffen geboren, in einer ‚wilden‘ Umwelt überleben kann: Denn ein jeder Mensch an im hat/ Vernunft und sindlichen Verstand.438 Zwar ist Teuerdank durch Gott geführt, doch wird der Ursprung seiner persönlichen Auszeichnung [a]llein aus seiner Geschicklickeit heraus interpretiert, die ihm naturgemäß gegeben ist.439

Abb. 45: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)440

Im Schlusstableau des 118. Kapitels (Abb. 45) wird diese Deutung in nuce visuell zusammengefasst: Teuerdank tritt auf ein aus Schwertern gebildetes Glücksrad. Er

436 Genaue Interpretation der Passage bei Müller (1982), S. 233. 437 „Teuerdank“, c. 118, S. 300. 438 „Teuerdank“, c. 118. Kapitel, S. 299. 439 „Teuerdank“, c. 118. Kapitel, S. 299. 440 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 118.

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bezwingt es und ist als domitor fortunae441 repräsentiert. Deutlich wird hier aber auch: Teuerdank kann dieser ‚Erfolg‘ nur gelingen, wenn er seine Affekte, seine fleischlichen Begir442 unterdrückt. Er darf nicht seiner Natur folgen wie ein unvernünftiges Tier, sondern Vernunft sol den Vorrang han.443 Die Veranlagung, also die gute Natur, bedarf der ‚Veredelung‘. Der Engel, dem Teuerdank abschließend begegnet, lobt diese Standhaftigkeit des Ritters in allen Gefahren, [d]ie Ir all überstanden habt,/ Darumb Ir billich seid begabt/ Mit der Kron von dem Kraut Lauren.444 Mit der dargestellten Nähe zwischen Engel und Ritter, die im Holzschnitt besonders deutlich in den Vordergrund tritt (Abb. 46), wird die Herausgehobenheit des Herrschers, der Gott folgt,445 auch im Bild unterstrichen.

Abb. 46: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)446

441 Müller (1982), S. 233. 442 „Teuerdank“, c. 10, S. 28. 443 „Teuerdank“, c. 10, S. 28. 444 „Teuerdank“, c. 115, S. 293. 445 „Teuerdank“, c. 115, S. 293: Heiliger Engel guot,/ ich hab verstanden Eur Leer/ Und gelaub je lenger, je mer,/ Daß Ir seid von Gott ein guot Geist,/ Daß Ir mir den rechten Weg weist/ Zeigt mir vil heimlicher Sach an/ Die sonst hat gewißt nie kein Mann,/ Darumb ich Euch billich folgen soll. 446 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 115.

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Eine Figur ist in den Holzschnitten des Teuerdank besonders oft präsent: Es ist der Ernhold, der Teuerdank auf seiner Ritter- und Brautfahrt stets begleitet. Ernhold ist Zeuge und Beglaubiger der Taten des Helden, wie er selbst sagt: darumb ich den Namen hab,/ Daß ich eins jeden erlich Tat/ Soll offenwaren fru und spat,/ Und strafen seer in allem Land/ Laster, Untugend und die Schand;/ Dann alles in der Welt zergeet,/ Ausgenommen die Eer beleibt steet.447 In seiner Figur ist gedechtnus verkörpert, ja geradezu gegenwärtig. Durch den Ernhold wird die Ruhmesfunktion des Textes ausgebaut:448 Offensichtlich markiert er die Absicherung der Aktionen Teuerdanks in der Zeit. Er ist als „Beobachterinstanz“ im Werk stilisiert.449 Allerdings ist er in den schriftlichen Ausführungen des Textes nur sporadisch ‚anwesend‘, dafür umso mehr in den Holzschnitten, beispielsweise steht er neben Teuerdank, als dieser griff trutzlichen in [den] Mund eines Löwen (Abb. 47).450

Abb. 47: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)451

447 „Teuerdank“, c. 11. S. 32. 448 Strohschneider (1986), S. 413–414. 449 Müller (1998), S. 123. 450 „Teuerdank“, c. 16, S. 46. 451 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 16.

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Das zeigt schlaglichtartig, wie bedeutend die kolorierte Bebilderung im Teuerdank ist: Nur über sie wird der Ernhold überhaupt in allen Gefahrensituationen erst ‚sichtbar‘. Er reitet mit Teuerdank zu Beginn des Werkes aus (Abb. 48), was auch im Text noch zentral durch Teuerdank bemerkt wird: Mein getreuer Gefert müßt sein,/ Damit du künftig mügst darvon/ Ein warhaftige Kundschaft ton.452 Daran anschließend wird seine Rolle nicht mehr im Text angesprochen, er ist nur noch visuell in den Holzschnitten ‚da‘. Erst am Ende des Werkes tritt er auch textuell wieder auf: Er kann die drei Hauptleute in dem Namen des Herren mein,/ als die Ernhold zu tun schuldig sein vor dem Hofgericht anklagen, weil er alles beobachtet hat und als Zeuge die sträflichen Handlungen ‚miterlebt‘ hat, wie auf dem Schiff, das durch eine List Unfalos in schwere Stürme geraten ist (Abb. 49).453

Abb. 48 und Abb. 49: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)454

Mit Blick auf den Teuerdank könnte zusammenfassend festgehalten werden, dass sich die Vielzahl der in ihm entworfenen Rollenkonzepte des Herrschers auf problematische Weise überlagern.455 Maximilian spielt so viele Rollen, beispielsweise als Fürst, Werber, Ritter oder idealer domitor fortunae, wie oben gezeigt werden konnte,

452 „Teuerdank“, c. 11, S. 32. 453 „Teuerdank“, c. 108, S. 276. 454 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 11 und 32. 455 Strohschneider (1986), S. 382.

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dass es dem Text nicht mehr gelingt, die einzelnen Rollen in ein konzeptionell bündiges Gefüge zu bringen.456 Doch gerade diese ‚Inkonsistenz‘ der Rollenentwürfe in den maximilianeischen Opera zeigt, dass in den Ehrenwerken ganz verschiedene literarische Muster gleichzeitig zitiert werden können.457 Des Weiteren wird klar, dass im Text aus einem heterogenen Bündel an Rollen des Herrschers auf den für einen bestimmten Zweck jeweils situativ notwendigen Aspekt zurückgegriffen werden kann: Die facettenreichen Rollen richten sich an ein heterogenes Publikum um 1500, das jeweils die ‚eine‘ vorbildliche ‚Rolle‘ des Herrschers als Etikett der Einzigartigkeit zu lesen imstande sein soll,458 die es selbst vertritt.459 2.2.3.3 Übertragung in das carmen heroicum Magnanimus Die bisherigen Überlegungen sollten pointieren, wie schwer es ist, nach der einen propagierten Idealeigenschaft in den Entwürfen der kaiserlichen Ehrenwerke wie Weißkunig und Teuerdank zu suchen. Dies führt letztlich nicht dazu, dass sich physische und soziale Aspekte des Herrscherkörpers voneinander distanzieren,460 vielmehr sind sie intrikat ineinander verschoben. Die Zuschreibungen und Anforderungen an den Herrscher ergeben sich aus den jeweiligen heterogenen Intentionen und Zielformulierungen der literarischen, hier kaiserlich-propagandistischen Verarbeitungen selbst: Davon hängen die Konzeptualisierung der Wesenszüge, des Habitus und der art des Herrschers ab. Diese Eigenheiten der kaiserlich-panegyrischen Texte um 1500 können mit der Übertragung des volkssprachigen Teuerdank in das lateinische carmen heroicum Magnanimus461 beispielhaft eingefangen werden. Die vorliegenden Studien beschränken sich nur auf Bruchstücke der lateinischen Übertragung, da der Magnanimus ein Fragment geblieben ist.462

456 Strohschneider (1986), S. 384–385. 457 Müller (1982), S. 115. 458 Schubert M. (2009), S. 280. 459 Dies korrespondiert mit jüngsten Studien, die darauf aufmerksam machen konnten, dass gerade in nichtmodernen Kulturen ein besonders hohes Maß an Ambiguitätstoleranz vorhanden ist. Das leitende Werk von Thomas Bauer zeigt, „daß die Wahrnehmung von Ambiguität und der Umgang mit ihr ein wesentliches Forschungsfeld der Kulturwissenschaften sein muß.“ (Bauer Th. [2011b], S. 13) Generelle Einführung zur Thematik: Bauer M./Knape/Koch (2010), S. 7–75. Perspektiven bei: Rexroth (2013), v. a. S. 94–95. Des Weiteren kann die Kunstwissenschaft aufzeigen, wie visuelle Werke „verschiedene Bedeutungsschichten enthalten, […] die unauflöslich nebeneinander stehen bleiben, sodass die Aussage letztlich in der Schwebe gehalten wird.“ (Krieger V. [2010], S. 44 und v. a. Pfisterer [2012b], S. 190–217) 460 Hier irren Analysen wie exemplarisch von Douglas (1993) [zuerst englisch 1970], v. a. S. 110 vorgebracht. 461 Richardus Sbrulius, Richardi Sbrulii Equitis Foroiuliani Cesareique Poete ad Magnificum et Illustrem Maximilianum Seuenbergensem […] Moduli aliquot […], Auguste […] 1518. 462 Überliefert sind nur die Einleitung, die Fürwittig- und die Unfalo-Reihe.

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Wenn der Kaiser Richardus Sbrulius beauftragt, den Teuerdank zu übersetzen,463 so ergeben sich daraus auch andere propagierte Wesenseigenschaften des Herrschers, immerhin werden die teuerlich getaten bei einem anderen Rezipientenkreis propagiert.464 Einerseits ist der Spielraum für den Bearbeiter des Teuerdank eingeschränkt, da er sich an die identischen Erzählmuster wie Personenkonstellationen der Vorlage halten muss. Andererseits wiederum ergeben sich Perspektivenwechsel im Text:465 Schon die Namenswahl in der bearbeiteten lateinischen Version deutet eine Konzeptveränderung an. Aus Teuerdank wird Magnanimus: Er verkörpert, bereits repräsentiert in seinem Namen, eine zentrale Tugend der frühneuzeitlichen Fürstenspiegel.466 Die magnanimitas des Kaisers kann durch geuerlicheiten belegt werden. Indem er sich diesen gegenüberstellt, ist sein Engagement hin zur virtus repräsentiert.467 Im Vergleich zu Teuerdank stellt Magnanimus seine Fahrten ganz unter das Diktum der virtus, wenn er sagt: Virtutemque sequar. Quid si frigusque famemque/ perpetiar? tolerare piam iuuat omnia mentem.468 Er repräsentiert damit nicht – wie Teuerdank – einen Herrscher, der Gelegenheit zu ritterlicher Tat sucht, sondern seine ‚ritterliche‘ Wesenseigenschaft im Gewande des antiken Heros liegt darin, dass er den Widrigkeiten von fortuna und fatum standhalten will.469 Die Ausdauer, patientia, und das tolerare gegenüber den labores des Lebens ist zum Ehrencodex des Herrschers erhoben.470 Der Sieg über die inneren Kräfte ist das ‚natürliche‘ Element eines Kaisers, der nicht mehr menschliche Feinde zu besiegen hat, sondern die unbeständige fortuna des Menschen schlechthin.471 Wo im „Teurdank“ die besonderen Umstände der geuerlicheiten herausgestellt wurden, wie oben gezeigt werden konnte, und die Leistung des Ritters in der Über-

463 Mit der Übersetzung will man „mehr als eine möglichst enge Übersetzung: erst die Bearbeitung „verschönert“ das Heldenbuch (pulchrius), führt es in die gelehrte Welt ein und verleiht ihm durch Rückbindung an die kanonischen Vorbilder der klassischen Literatur seine gültige Gestalt.“ (Müller [1982], S. 159) Deutschen Reimpaaren entspricht als Erzählvers der Hexameter; Anklänge an die hochmittelalterliche Epik werden durch colores des klassischen Epos ersetzt; Namen sind latinisiert: Ebd. 464 „[S]o konnte [Maximilian] seine teuerlich getaten auch in der gelehrten Welt bekannt machen. Die Erwartungen des neuen Adressatenkreises wirken aber auf Anlage und Inhalte des Heldenbuchs zurück […].“ (Müller [1982], S. 159) 465 Müller (1982), S. 160. Zur veränderten Struktur, die das klassische Epos zitiert, siehe ebd., S. 160– 161. 466 Müller (1982), S. 163. 467 Müller (1982), S. 163. 468 Richardus Sbrulius, Richardi Sbrulii Equitis Foroiuliani Cesareique Poete ad Magnificum et Illustrem Maximilianum Seuenbergensem […] Moduli aliquot […], Auguste […] 1518, Kapitel 11, fol. 26r. Siehe dazu auch: Müller (1982), S. 163–164. 469 Hier „geht es um den Kampf des Menschen gegen das personifizierte Laster.“ (Müller [1982], S. S. 236) 470 Müller (1982), S. 234–235. 471 „Nicht der militärische Erfolg, den auch der sceleratissimus latro erringen könne, sondern die Sittlichkeit des Handelns mache die Größe des Herrschers aus.“ (Müller [1982], S. 237)

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windung dieser lag, kommt es im Magnanimus bei den als labores bezeichneten Herausforderungen vor allem auf die innere Haltung an, mit der man ihnen begegnet.472 Details, wie der zu untersuchende Urin des kranken Helden im Teuerdank, der das hohe Fieber in ritterlich-inszenierter Manier ‚besiegen‘ kann, sind im Magnanimus ausgespart beziehungsweise umgestaltet: Mit patientia wartet Magnanimus seine Genesung ab. Er setzt nicht auf Risiko, sondern folgt den Anweisungen von superi, die ihm den Weg zeigen: ostendere viam heroi.473 Es geht hier um die Schaffung anderer Schwerpunkte im Kontext der kaiserlichen Repräsentation: Magnanimus verkörpert das aus antiken Kontexten reaktivierte Ideal heroischer virtus, das er als optimierter Held übertreffen soll.474 Auch das Motiv der Liebe ist im Magnanimus anders angelegt als im Teuerdank.475 Mit punktuellen Anklängen und Reminiszenzen an das klassische Epos kommt es im Magnanimus zu einem Perspektivenwechsel, weg vom kämpfenden Ritter, hin zum liebenden Kaiser. Magnanimus will memoranda vollbringen: Der Zusammenhang von amor und militia besteht im Magnanimus fort, doch sieht der Held die Ritterfahrt mehr als vergeudete Zeit an. Foelicem dicat/ Sed prius armatisque iuuat concurrere turmis/ Vt celebri uidear thalamum quaesisse beatum/ Militia […]/ Quum fuer nitidis non illaudatus in armis:/ Virginem dicar sertum, mollesque mereri/ Amplexus […].476

Entbrannt vor Liebe zu Erenrica ist er ungeduldig, sie zu sehen und will mit ihr zusammen sein, wie es im Text heißt: Magnanimo celeres labuntur tardius horae/ Mens, ait, ipsa meo iam se sociavit amori/ Corpus abest longe.477 Während im Teuerdank das Werben um Ehrenreich die Gelegenheit zum Ehrerweis und zur Ritterfahrt bietet, die Abenteuer also zum Erwerb von Frau und Land dienen, ist entgegengesetzt im Magnanimus ritterliche Bewährung „lästiger Aufenthalt“478 und Blockierung der in

472 Eine Reihe von detaillierten Beispielen führt Müller (1982), S. 166–169 an. 473 Müller (1982), S. 165. 474 „Wie Herkules, Achill, Hektor, Aeneas als exempla für den Helden zitiert werden, so ist der Ernhold sein Achates, so wird Erenrica mit Diana oder Pallas, Venus oder Juno verglichen. Die comparatio hat zumeist das Ziel, den Helden über seine antiken Vorbilder hinauszuheben nach dem Schema Alcidem tua fama premet.“ (Müller [1982], S. 167) 475 Zum eigenständigen Diskurs der politischen Erotik beziehungsweise der Rolle des Kaisers als Liebenden siehe die Ausführungen weiter unten in diesem Kapitel. 476 Richardus Sbrulius, Richardi Sbrulii Equitis Foroiuliani Cesareique Poete ad Magnificum et Illustrem Maximilianum Seuenbergensem […] Moduli aliquot […], Auguste […] 1518, fol. 17r, 18v, 53r. 477 Richardus Sbrulius, Richardi Sbrulii Equitis Foroiuliani Cesareique Poete ad Magnificum et Illustrem Maximilianum Seuenbergensem […] Moduli aliquot […], Auguste […] 1518, fol. 26v. 478 Müller (1982), S. 161.

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den Mittelpunkt gerückten Liebeserfüllung: Die Gefahren müssen schnell bewältigt werden, damit das Paar endlich verbunden sein kann. Minne steht über âventiure.479 Im Magnanimus entsteht kein Erzählzusammenhang, der Sinn stiften könnte, dagegen überhöht Richardus Sbrulius den sensus moralis aus dem Teuerdank.480 Maximilian ist im Magnanimus als der ethisch perfektionierte Herrscher ausgegeben, der gerade daher auch in ‚absoluter‘ Liebe ist, weil er der voluptas entsagt. Er weist eine ausgezeichnete innere Haltung auf, lässt sich von fortuna nicht erschüttern, auch nicht in seiner Rolle als Liebender.481 Der Herrscher ist der wahre Liebhaber, der moralisch korrekte Werber sowie Umworbene. Seine heroica virtus zielt auch auf den in den bisherigen Analysen immer wieder hervorgehobenen ‚erotischen Aspekt‘ in den Inszenierungen des Kaisers ab.482 Was im rudimentär gebliebenen Magnanimus nicht mehr zur Ausführung kam, übernimmt in schillernden Beschreibungen wiederum der Teuerdank: Die Transformation Teuerdanks weg vom kämpfenden Ritter nach Überstehen der Gefahren hin zum höfischen Ritter steht am Ende des Werkes auf dem Programm.483 Zugleich ist dieses Spielelement mit weiteren höfischen Bewährungsproben für Teuerdank verbunden, in denen er seine Tapferkeit noch einmal unter Beweis stellen muss: Im Auftrag der Königin turniert er, duelliert sich ihrer Ehre willen mit sechs Rittern im Stechen, Rennen und Ritterspil,484 was in den jeweiligen Holzschnitten eingefangen ist (Abb. 50, Abb. 51).

479 Die Konsequenzen, die sich im plot daraus ergeben, arbeitet detailreich Müller (1982), S. 161–169 heraus. 480 Müller (1982), S. 163 481 Müller (1982), S. 164–165. 482 Müller (1982), S. 164–165. 483 „Teuerdank“, c. 98, S. 245. 484 „Teuerdank“, c. 99, S. 257.

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Abb. 50 und Abb. 51: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)485

Als Teuerdank aus all diesen ‚Schaukämpfen‘ schließlich als Sieger hervorgeht, folgt eine Krönungszeremonie mit einem Kranz von Lauro,486 der Holzschnitt wiederum fasst den Textverlauf zusammen (Abb. 52). Ein Kranz wird Teuerdank durch die Königin nach der Romer Sit aufgesetzt, der seine Tugend symbolisieren soll, wie Erenreich bei der ‚Krönung‘ verbalisiert: Damit seid begabt,/ Dann dasselb Kraut die Tugend hat,/ Daß es keim wol auf dem Haubt stat,/ Er hab dann mit Ritters Eren/ Sein Leben vilfeltig tun mern/ Und an im aller Tugen Schein,/ Darumb wird es genannt Laurein.487 Auf uralter Tradition, so die Inszenierung, basiere dieses Krönungsritual, da bereits [u]nser Vorfarn haben die Kron/ Gar vil für kostlicher gehon/ Dann Silber oder das Gold rot.488 Spiel – im Sinne von Turnieren – sowie Fest – im Sinne der feierlichen Krönung  – und Bewährungsproben  – im Sinne der aventiuren-Fahrten des Ritters Teuerdank – kommen zur Deckung.

485 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 102 und 103. 486 „Teuerdank“, c. 107, S. 274. 487 „Teuerdank“, c. 107, S. 274. 488 „Teuerdank“, c. 107, S. 274.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 52: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)489

Im Teuerdank werden neben den Abenteuertaten des Helden auch Turnier- sowie Spielszenen aufgenommen,490 die als höfische Rituale eine Verschränkung von politischem Akt und fiktiver Spielrealität bieten.491 Das Turnier ist als Festspiel eine Art

489 Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 107. 490 Ob der literarische Entwurf tatsächlich die Grenzen zwischen der Welt des Kaisers und der Welt des Textes zu verwischen sucht, wie Strohschneider (1986), S. 430 wiederum mit Verweis auf Elias (1977), S. 413 betont, ist fraglich. 491 Müller (2013), S. 348; zum größeren Kontext von Fest und Spiel am Hof siehe ebd., S. 345–355 und Pfaffenbichler (2016), S. 46–47. Wie eng politisches Ritual, Spiel und Literatur um 1500 im höfischen Kontext interferieren, zeigt schlaglichtartig eine mehrtägige Festveranstaltung unter Maria von Ungarn, die 1550 im Druck erschien und wesentliche Elemente des maximilianeischen „Teuerdank“ wieder auf- beziehungsweise übernimmt: Thournier/ Kampff/ vnnd Ritterspiel/ Jnn Eroberunge aines Gefährlichenn Thûrns/ vnnd Zauberer Schloß […]. Zur Ehren dem Hochgebornen Durchleuchtigen Fürsten vnd Herrn/ Herrn Philipsen/ Princen auß Hispanien […] Zu Bintz vnd Marienberg Ritterlich gehalten. […] Auß anschickung der […] Fürstinn. Fraw Marien zu Vngern vnnd Behem Königinn […] zûgericht vnd

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„verkleidete“ Form492 fürstlicher Repräsentation.493 Dazu aktualisiert man um 1500 das Reglement, lässt technische Finessen in die Rüstungen einbauen,494 die in einer Art „Feuerwerk“ in ihre Einzelteile während des Turnieres zerbrechen können, um den ‚spektakulären‘ Moment der Kämpfe zu erhöhen.495 Zugleich bildet das ritterliche Spiel einen eigenen Raum aus, in dem die höfische Gesellschaft die Handlungs- und Funktionsregeln, die sie auszeichnen, zur Schau tragen kann.496

2.2.4 Freydal 2.2.4.1 Übersicht zum Werk Das zeigt sich deutlich auch im Freydal.497 In diesem Ehrenwerk Kaiser Maximilians ist vortreffliches ritterliches Leben zu „Momentaufnahmen“ höfischer Inszenierung geronnen.498 Drei Turniere, bestehend aus rennen, stechen499 wie kempfen, mit einer abschließenden mummerei sind im Freydal jeweils zu einem Turnierhof zusammen-

volnbracht, Frankfurt am Main 1550, Titel Bl. A1r. Eine Einführung bietet Peters Em. (1999), S. 10–35, wobei darin die nicht-anglophone Forschung zum Hof des 16. Jahrhunderts nicht zur Kenntnis genommen wird, wie Müller (2013), S. 349 betont. 492 Müller (2013), S. 355. 493 Die defizitäre Forschungslage bei gleichzeitig hohem Stellenwert des höfischen Turniers mag in diesem Kontext überraschen. Zentral weiterhin: Fleckenstein (1985); mit europäischer Perspektive: Barber/Barker (2001) [englisch zuerst 1989]. Einführend zum Turnier: Bumke (1986); Jezler P./Niederhäuser/Jezler E. (2014). Einen guten Überblick zur Entwicklung des Turniers: Mallinckrodt (2011), Sp. 844–864. Einführend zum Fest siehe Schnitzer (1999). 494 Allgemein zu Rüstungen um 1500: Thomas (1956), S. 33–50; siehe auch Becher/Gamber/Irtenkauf (1981). Zur Rezeption der Antike im fürstlichen Selbstverständnis beispielsweise über all’antica stilisierte Rüstungen sowie Harnischformen: Beaufort-Spontin/Pfaffenbichler (2005), S. 31–32. Siehe dort auch die Abbildung einer antikisierten Rüstungshaube (ebd., S. 136–137) sowie einer Sturmhaube, eines Rundschildes (ebd., S. 154–155) und eines Herkules-Harnisch (ebd., S. 164–165). 495 Beaufort-Spontin/Pfaffenbichler (2005), S. 24. Dort auch die Abbildung eines mechanischen Bruststücks der Turnierrüstung: Ebd., S. 74–75. Besonders die Automaten an den Rüstungen interessieren im Kontext der Rahmenthematik: Mechanische Bruststücke zerspringen über einen Federmechanismus beim genauen Aufschlag spektakulär in ihre Einzelteile, was eine Art ‚natürlichen‘ ‚ShowEffekt‘ über mechanische Finessen simuliert. Siehe hierzu: Ebd., S. 136–137. 496 Siehe hierzu vor allem die Ausführungen im Ausstellungskatalog von Haag/Wieczorek/ Pfaffenbichler/u. a. (2014); darin besonders der Aufsatz von Pfaffenbichler (2014) und Certeau (1988) [französisch zuerst 1980], S. 25; vgl. dazu Kagerer (2014). 497 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881. Zum Abdruck der Illustrationen siehe auch: Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1882. Die Illustrationen entnommen und der Text zitiert als „Freydal“ nach der prachtvollsten Handschrift von 1512–1516: „Freydal“, Kunsthistorisches Museum, Wien. Inv.Nr. KK 5073; Tempera- und Aquarellmalerei (je 38,2cm x 26,8cm). 498 Müller (1982), S. 107–108. 499 Wobei das Stechen nach „Freydal“, fol. 173r fehlt.

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gefasst und werden vor allem visuell präsentiert,500 wobei man hier frühneuzeitlichen Turnierbüchern folgt.501 Insgesamt 64 Mal wiederholt sich dieses Schema: Freydal kämpft jeweils im Rennen, Stechen und Fußkampf zu Ehren einer Dame an einem Hof, ein Maskenball am Ende feiert ihn als Sieger, wobei er darin selbst, meist als Fackelträger, auftritt.502 Eine enorme Anzahl an Holzschnitten zeigt die Turniere und Feste: Unterhalb der Turnierbilder sind die Gegner des Kaisers jeweils mit Namen markiert (Abb. 53, Abb. 54, Abb. 55).503 Auch die Mummereienbilder führen überwiegend Namen der Beteiligten an (Abb. 56); ebenso enthält ein Verzeichnis am Anfang des Werkes die Namen der Gegner Freydals sowie der Damen, vor denen er kämpft.504 Die Bilder vermögen besser als die Schrift vor Augen führen, wie gekämpft und gefeiert wird; der Schrift dagegen fehlt die Anschaulichkeit für die zahlreichen kolorierten Kampf- und Festszenen.505

500 Überblick zum „Freydal“ bietet Krause (2014), S. 167–180. 501 Einführend zu Turnierbüchern: Kurras (1992); siehe darüber hinaus Gamber (1957), S. 33–70; Jackson (1986), S. 49–73. Als besonders schillernde Beispiele an Turnierbüchern, in denen die Illustrationen überwiegen gelten v. a.: Turnierbuch. Ritterspiele gehalten von Kaiser Friedrich III. und Kaiser Maximilian I., Augsburg 1489–1511 (BayStabi. cod. icon. 398); auch: Marx Walther, Turnierbuch und Familienchronik, Augsburg 1506–1511 (BayStabi. cgm 1930); Hans Burgkmair, Turnierbuch, Augsburg 1540 (BayStabi. cod. icon 403); siehe auch die Ausgaben: Kos (1997). Zu Beispielen von Turnierbüchern, in denen der Text überwiegt: Ludwig von Eyb, Turnierbuch (BayStabi. cgm 961); dazu beispielhaft die Drucke: Hans von Francolin, Turnierbuch: Warhaffte eigentliche vnd kurzte Beschreibung aller Kurtzweil vnd Ritterspiel so der … Fürst vnd Herr … Maximilian … bey vnd in … Wien … lassen halten, Frankfurt am Main 1579; Georg Rüxner, Thurnierbuch, Das ist: Warhaffte eigentliche vnd kurzte Beschreibung von Anfang, Vrsachen, Vrsprung vnd Herkommen, der Thurnier im heyligen Römischen Reich Teutscher Nation Wie vil offentlicher Landthurnier, von Keyser Heinrich dem Ersten dieses Namens an, biß auff Keyser Maximilian, Frankfurt am Main 1578. 502 Alle Darstellungen geben tatsächliche Turniere und Kostümfeste des Kaisers wieder. Nähere Angaben wurden nur in einem Fall explizit gemacht: Das Schweifrennen im „Freydal“, fol. 204r wird mit den Worten charakterisiert als sol das perlen Rennen/ sein zu Augspurg. 503 Bei den Gegnern handelt es sich um eine bewusst getroffene Auswahl an Adeligen aus dem niederen wie höheren Adel, die aus allen Teilen des habsburgischen Machtgebietes kommen: „Die geographische und soziale Vielfalt, die sich in dieser Auswahl spiegelt, war keinesfalls Zufall, vielmehr ist sie Ausdruck des politischen Kalküls des Kaisers.“ (Krause [2014], S. 168) 504 Unter anderem sind jene Kontrahenten genannt, mit welhen freydal teutsch/gestochen hat und mit welhen freydal gerendt/hat vnnder dem Pundt („Freydal“, fol. Er und fol. Hv) sowie die schonsten kunigin/ fürstin grefin freyin vnd Edler junck/frawen vnd frawen namen in ger/manien vor denen freydal gerendt/gestochen gekempfft vnd gemumbt/hat. („Freydal“, fol. Ar) 505 Darin könnte man Reminiszenzen an frühneuzeitliche Fechtbücher sehen: Müller (1992), S. 379– 400. Zu Prozessen in der Genese der Fechtbücher von der verschlüsselten Versifizierung von Fechtregeln bis hin zur Überwindung der Kommunikationsbeschränkungen der Manuskriptkultur: Ebd., S. 399.

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Abb. 53, Abb. 54, Abb. 55 und Abb. 56: Süddeutsche Meister,506 Miniaturen aus dem „Freydal“, Rennen, Stechen, Fußkampf und Mummerei507 (um 1512–1515)

Begann die Planung für das Ehrenwerk bereits um 1500, ein Inhaltsverzeichnis zum ersten Werkentwurf trägt das Jahr 1512,508 so lagen beim Tod des Kaisers, im Unter-

506 Zu der Vielzahl der beteiligten Meister siehe: Michel/Sternath (2013f), S. 283–284. 507 Süddeutsche Meister, „Freydal“, Kunsthistorisches Museum, Wien. Inv.-Nr. KK 5073; Temperaund Aquarellmalerei (je 38,2cm x 26,8cm), fol. 17r: Rennen gegen Graf Wolf von Furstenberg; fol. 118r: Stechen gegen Scharl von Wiauin; fol. 115r: Fußkampf gegen Her Jacob Silber Camrer; fol. 56r: Mumerei an der teilnehmen Peter Altenhauser, Jörg Goldaker [und] Schefftenberg. 508 Michel/Sternath (2013f), S. 283; ein Textentwurf liegt vor als ÖNB cod. 2831*.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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schied zum vollendeten Teuerdank, nur fünf Holzschnitte vor.509 Neben den Bildern nimmt der Text eine andere, jedoch entscheidende konzeptionelle Funktion ein. Das Werk wird erst durch die beigegebene Schrift zu mehr als einem Turnierbuch,510 es enthält eine Rahmenerzählung: Der Held, also Freydal, ist im Text über sein Wesen, seine natürliche Veranlagung als der Beste des Turniers wie Festes markiert.511 Die Bewältigung der höfischen Disziplinen von Turnier, Fest und Tanz – rennen, stechen, kempfen und mumerreyen – dient im Text als Ausweis der politischen Außergewöhnlichkeit Freydals. Ihm wird die vortreffliche Erfüllung von höfischen Standesnormen zugestanden, er ist ain krön des adels.512 Es gibt keine Problemkonstellationen im Text, vielmehr geht es um die ‚reine‘ Kennzeichnung der Standestugenden Freydals und seines Umfeldes, dem er vorsteht. Ausschließlich der Ruhm des Helden, der verkleidet im ‚Kostüm‘ des Ritters, Maskentänzers und Feiernden auftritt, entwickelt sich im Werk – wenngleich eindimensional: Er kann wachsen und wachsen, da Freydal die ideale Herrschernatur besitzt. 2.2.4.2 Der Herrscher zwischen Turnier, Tanz, Erotik und minne Im Freydal ist nicht nur die vorbildliche Rolle Maximilians als Ritter in Turnier und Fest ausgestellt. Entscheidend ist die Konzeption der Rahmenhandlung des auf memoria abzielenden Ruhmeswerkes. Zu Beginn des Werkes stellen drei Jungfrauen Freydal die Aufgabe, an fremden Höfen für sie zu kämpfen, so dass klar wird: „Was Freydal-Maximilian im Laufe seines Lebens an denkwürdigen Turnieren bestand, ordnet sich zur Ritterfahrt im Minnedienst der drei Jungfrauen.“513 Sie sind es, die Freydal im Zeichen der Zuneigung auftragen, auszuziehen, da sein jugentlich hertz vnd gemut so mit grossen freiden vnd lieb entzunt worden ist,514 und am Ende doch zur schmerzlichen Trennung der Liebenden führt: hoher muot und schmertzen von laide,/ so sich lieb von lieb thut (schaiden), sind zwei Seiten einer Medaille.515 Freydal ver-

509 Als Entwurf hatte dieses Marx Treitzsaurwein nach einem Diktat Maximilians niedergeschrieben: Michel/Sternath (2013f), S. 283. Die einzig datierte Seite ist die Mummerei auf fol. 116r mit der Jahreszahl 1515; die geplante Drucksetzung für den „Freydal“ wurde nie realisiert. Siehe in diesem Kontext auch die Ausführungen zum Fragmentstatus des „Freydal“ bei Krause (2014), S. 168. 510 Müller (1982), S. 104. 511 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 3r, S. XV. Siehe dazu auch Müller (1982), S. 105. 512 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 57r, S. XXIX. 513 Müller (1982), S. 104–105. 514 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 3r, S. XV. 515 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 3r–v, S. XV.

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körpert das Muster höfischer Tugend: Er ist fur ander mit mit clugheit beziert,516 agiert immer dugentlich517 und aus adellicher tugent vnd schuldiger eerbeweisung heraus,518 wie es ganz seinem adellichen wesen nach zymt.519 Das als ‚Roman‘ stilisierte Turnierbuch ruft nicht nur zu einer Art Mitempfinden innerhalb der Werbe- und minne-Handlungen auf, sondern auch zur aemulatio mit dem Helden, da dieser in den einzelnen Turnierkämpfern hervorsticht und zugleich über seinen sein getruwer, eerlicher vnd loblicher dienst das Selbstbild einer höfischen Gemeinschaft um 1500 verkörpert.520 Mag bereits nach den Selbstgesprächen der drei Jungfrauen im Freydal der Minneroman zu Ende sein,521 konzentriert sich die Handlung ab da auf die Beschreibung der Turnierausrüstung, dreht sich um die Kleiderfrage, die Turnierhöfe samt den Kämpfen und Festen522 – in den Worten Jan-Dirk Müllers: „[d]ie Minne, hat sie erst einmal den Anstoß zur Turnierfahrt gegeben, ist vergessen“  –,523 so setzt die Minnehandlung nach der 64. Turnierreihe wieder ein:524 Es geht mit der Rückkehr an den väterlichen Hof um die Anerkennung des bewährten Ritters; schließlich erreicht Freydal die Botschaft einer mechttige[n] kunigin, die um ihn werben liess und begert, ihn zu ihrem eelichen gemahel zu machen.525 Dieser abschließende Rückblick auf den Anfang des Werkes fungiert als Anstoß für einen neuen Roman, der im Freydal bereits genannt wird: zu den thaten vnd wunderbaren (zu)uallen des Teuerdank.526 Die „65.“ Turnierreihe, so darf man hier konstatieren, ist mit dem Teuerdank eingelöst, sie wird auch als Brautfahrt im Weißkunig beschrieben und schließt so alle drei Werke miteinander kurz: Der werbende und umworbene Kaiser ist in allen drei Werken repräsentiert. Jan-Dirk Müller interpretiert den Freydal als das zur panegyrischen Ehrung

516 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 4v, S. XVII. 517 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 4v, S. XVII. 518 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 4v, S. XVII. 519 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 3r, S. XV. 520 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 9r, S. XVIII. 521 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 3r–6r, S. XV–XVII. 522 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 6r- 82r, S. XVII–XXXV. 523 Müller (1982), S. 105. 524 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 82v, S. XXXV. 525 Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 82r–82v, S. XXXV. 526 Siehe dazu Kaiser Maximilians I. Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881, fol. 83v, S. XXXVI und Müller (1982), S. 106.

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des Kaisers geschaffene minne-Werk genau.527 Auf eine evidente politische Rolle des Herrschers muss deutlicher hingewiesen werden: Maximilian tritt in der Rolle des Werbenden beziehungsweise Umworbenen auf. Der ‚Kaiser im Minnedienst‘ beziehungsweise ‚der Herrscher in Liebe‘ ist ein zentraler politischer Aspekt aller Idealvorstellungen des Herrschers um 1500. Umso eindringlicher wird die im Freydal präsentierte erotische Rolle des Kaisers, bedenkt man, dass sie Bestandteil in den die memoria sichernden Ehrenwerken ist: Sie steht ganz selbstverständlich neben den bisher skizzierten Rollen als weiser, gelehrter, handwerklich-begabter, gerüsteter, kämpfender, lenkender und organisierender Herrscher, wie bereits im Weiß­kunig auch im Teuerdank herausgearbeitet werden konnte. Mit anderen Worten: Durch Liebeswerben, durch die Ausstellung eines auch erotisch-edlen und anziehenden Herrschers, kann die exklusive Höfischkeit, die courtoisie des Kaisers repräsentiert werden. Indem der Herrscher mit ‚Liebe‘ – unabhängig von konkreten historischen Ereignissen  – verbunden wird, kann eine Repräsentation entfaltet werden, die ihn als tugendhaften Herrscher ausgibt. Die Macht der Erotik, verstanden sowohl in ihren konkret sexuellen Konnotation, aber vor allem als politische Repräsentation eines sowohl nach seinem Wesen wie aufgrund seines Körpers als ‚schön‘, anziehend und mächtig zu geltenden Herrschers, ist wesentlicher Bestandteil in den Entwürfen um das politische Ideal eines Kaisers, der auf allen Ebenen, also auch auf der erotischen, als der Beste zu gelten hat.528 Wie dabei um 1500 der tatsächliche Körper des Herrschers als politischer Symbolund Ausdrucksträger mit den neuen künstlerischen Darstellungsmöglichkeiten an Bedeutung gewinnt, kann vor allem die kunsthistorische Perspektive erhellen: Neue mimetische Portraitqualität und lebensechte Abbildung des Herrschers spiegelt seine körperlich-erotische Anziehung.529 Herrschende werden nicht nur als ‚Experten‘ in Fragen körperlicher, vor allem weiblicher Schönheit repräsentiert. Ihre Macht erhält auch Ausdruck über erotische Konnotationen. Das ideale, begehrenswerte Männerbild verkörpert dann einen Fürsten, der als Liebhaber herrscherliche wie männliche Attraktivität in seinem Wesen zusammenführt.530 In den Portraits Kaiser Maximilians wird dies besonders sinnfällig.

527 So hält er fest: Die Minnehandlung im „Freydal“ diene als bloßer Rahmen für eine Reihe von Ereignissen, erfülle nur noch eine aus der ritterlich-höfischen Epik überlieferten Norm, sich „durch ritterlichen Kampf im Dienst der Dame […] zu bewähren.“ (Müller [1982], S. 106) 528 Siehe in diesem Kontext vor allem die Studie von Pfisterer (2016). Ulrich Pfisterer führt unter anderem Karl VIII. von Frankreich als Beispiel an, der in einem Buch über Portraits jene Frauen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Aufmachung verzeichnete, mit denen er Umgang hatte: Es zeigt deutlich den doppelten, positiven wie negativen Aspekt sexueller Unterwerfung. (Ebd., S. 181) 529 Zum Kontext der im Hochmittelalter ausgestellten mimetisch lebensechten Repräsentationsmodi siehe Pfisterer (2016), S. 191–193. 530 Pfisterer (2016), S. 193.

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Abb. 57: Joos van Cleve: Maximilian mit Schriftrolle (um 1528);531 Abb. 58: Joos van Cleve: Maximilian mit Nelke (1530)532

Maximilian operiert mit den Einsatzmöglichkeiten seines Herrscherkörpers in unterschiedlichen Bildmodi: Das führt nicht zuletzt eine Reihe von Kaiserbildnissen überdeutlich vor Augen, deren Ausgangsportrait aus der Werkstatt von Joos von Cleve stammt.533 Maximilian ist als Fürst mit Schriftrolle, aber auch als Fürst mit Nelke zu sehen. So wie die Schriftrolle534 auf die jeweils spezifische Rolle als agierender Kaiser des Reiches symbolisch verweist, so steht die Nelke535 für den Kaiser als Werber. Maximilian tritt als Liebender auf, unabhängig von seinem Alter, von historischen Ereignissen oder vom Geschlecht seiner Betrachter.536 In der visuellen Tradition kann

531 Maximilian mit Schriftrolle: Koninklijke Musea voor Schone Kunsten van Belgiё, Brüssel; Inv.Nr. 2581; Öl auf Holz (33cm x 23cm). 532 Maximilian mit Nelke: Rijksmuseum Amsterdam, Amsterdam; Inv.-Nr. SK-A-3293; Öl auf Holz (34,6cm x 24,4cm); siehe auch das Portrait von Joos van Cleve um 1508/1509: Maximilian mit Nelke, Kunsthistorisches Museum, Wien; Inv.-Nr. GG_972; Öl auf Holz (28,5cm x 22,3cm). 533 Genauer die Ausführungen bei Pfisterer (2016), S. 191–194; zum Portrait: Schütz (2013), S. 134–135. 534 Siehe weiter beispielsweise auch das Portrait von Bernhard Strigel (1500): Maximilian im goldenen Harnisch: Kunsthistorisches Museum, Wien; Inv.-Nr. GG_922; Öl auf Holz (60,5cm x 41cm). 535 Nach Polleroß (2013), S. 104 verweist sie auf eheliche Treue und zugleich erotische Ausstrahlung. 536 Pfisterer (2016), S. 193. Das macht auch das Reliefsextett des „Goldenen Dachls“ in Innsbruck an einer der infrastrukturell bedeutendsten Positionen seines Machtbereiches zwischen Italien und

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damit auf einen Blick eingefangen und verstanden werden, was in den schriftlichen Ehrenwerken erst entwickelt werden muss: Der vollkommene Liebhaber ist der vollkommene Herrscher sowie vice versa. Dieses Moment wird in seiner longue durée fassbar, sieht man sich beispielsweise auch die Inszenierungen um Maximilians Sohn Philipp den Schönen – der Beiname symbolisiert seine körperliche Attraktivität und ‚verkörpert‘ so eine seiner auffälligsten ‚politischen‘ Tugenden – und auch um seinen Enkel Kaiser Karl V.537 an.538 Dass Maximilian explizit als ‚Liebendem‘ gehuldigt wird, können literarische Texte unterstreichen. Wie sehr die bisher perspektivierten ‚erotischen‘ Elemente in den kaiserlichen Repräsentationsformen mit politischen verbunden sind, macht beispielsweise ein Blick auf die Amores539 des Konrad Celtis540 deutlich. Der Erzählverlauf im Werk selbst ist mit dem Hauptziel des Gesamtwerkes kurzgeschlossen.541 Nach dem Abbruch seiner Liebesaffären macht sich der Erzähler direkt zum Kaiser auf.542 Er verwandelt sich vom Dichter, der den Frauen verfallen war und damit von

‚Deutschland‘ noch einmal überdeutlich: Maximilian wird dort neben seinen beiden Frauen – der zur Entstehungszeit des Bauwerkes längst verstorbenen Maria von Burgund und der noch lebenden Maria Bianca Sforza – gezeigt; er befindet sich in einer Art Werbemoment, seine eherechtliche Konstitution und die konkrete historische Situation ausblendend. 537 So könnte man mit der abnehmbaren Rüstung an der von Leone Leoni 1551–1555 erstellten Statue Carlos V y el Furor: Museo del Prado, Madrid; Num. de catálogo E00273; Bronze (251cm x 143cm x 130cm) festhalten, dass Karl V. in heroischer Nacktheit oder gerüstet repräsentiert ist: Die erotische Darstellung ist ebenso politische Verkörperung von Macht. Siehe zur Interpretationen und zum Entstehungszeitraum von Statue wie Rüstung: Pfisterer (2016), S. 190. 538 Pfisterer (2016), S. 185 führt darüber hinaus Philipp II. und seine Sammlung erotischer Gemälde als weiteres Beispielphänomen an: Vor allem im von Vecellio Tiziano erstellten Gemälde Venus und Orgelspieler: Museo del Prado, Madrid; Inv.-Nr. P00420; Öl auf Leinwand (138cm x 222,4cm x 3,5cm), in welchem Philipp II. selbst in der Rolle des Orgelspielers auftritt, ist die zunehmende Wirkmacht der Vorstellung, dass der ideale Herrscher zugleich ein vollkommener Liebhaber und Kenner von körperlicher Schönheit sein müsse, herausgestellt (Pfisterer [2016], S. 7–8). Zum Portrait siehe auch die Ausführungen von Pfisterer (2014), S. 47. 539 Die „Amores“ erschienen 1502 in einem Sammelband mit weiteren Werken Konrad Celtis. „Eingeleitet wird der Druck […] durch eine ausgreifende Vorrede an Maximilian, die sich zugleich als Panegyricus an den König ankündigt und den Sammelband als ganzen ins rechte Licht zu setzen versucht.“ (Robert [2003], S. 154) Zugleich kündigt sie bereits das Projekt einer Germania illustrata, einer Deutschlandbeschreibung an. (Ebd. S. 174) Zu den Vorlagen und besonders den Einflüssen aus der lateinischen Liebeselegie – bereits die formale Ausführung durch das elegische Distichon spricht für sich  – siehe: Robert (2002a), S. 9–17; zu Einflüssen aus der „Ars Amatoria“ Ovids: Luh (2001), S. 103–108. Allerdings inszeniert Konrad Celtis mit seinem Werk „eine veritable „Stunde Null“ […] ohne genuine Nachfolger in der Lyrik des 16. Jahrhunderts.“ (Robert [2002a], S. 9 und S. 16) 540 Zum ersten deutschen poeta laureatus siehe die Ausführungen bei Robert (2002a), S. 23–32. Zu den Werken von Konrad Celtis siehe die detaillierte Studie: Robert (2003), v. a. zu den „Amores“ S. 154–511. 541 Müller (1982), S. 257. 542 Müller (1982), S. 258.

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seiner eigentlichen Aufgabe durch das Überwiegen der negativen Seite des ambivalenten eros543 abgehalten wurde,544 zum Hofpoeten, der mit seinem Text dem Kaiser huldigt. Der wahre und finale ‚Dienst‘ des Dichters liegt in der ‚Werbung‘ um und für den Kaiser. Die Amores sind ein Panegyrikus, wie die Überschrift der Vorrede als Dedikation an Maximilian zeigt: Ad divum Maximilianum invictissimum et serenissimum Rhomanorum regem et Caesarem Augustum […] praefatio et panegyrici prima pars.545

Mit den Beigaben zur Drucklegung, wie beispielsweise der Norimberga,546 Germania generalis547 und vor allem des Ludus Dianae als eine Art Enkomion „auf den Herr-

543 Gerade an den platonischen Diskurs scheint man sich hier orientiert zu haben, der den eros als „unter den menschlichen Affekten […] [den] angenehmste[n], natürlichste[n] und mächtigste[n] [preist] […], wobei Celtis sogleich präzisiert, um welche Form der Liebe es sich handeln soll, nämlich um jene ‚reine Liebe‘, deren Erfahrung und Lektüre auch für die Jugend unbedenklich, ja ‚zur Weckung ihrer geistigen Kräfte‘ […] förderlich sei.“ Siehe mit Verweisen auf die „Amores“ und zur Dialektik „der beiden Liebesformen zwischen ‚amor honestus‘ bzw. ‚divinus‘ und ‚amor infamis‘ bzw. ‚spurcus‘“: Robert (2003), S. 193. 544 Zum Motiv der stultitia amoris bezogen auf die „Amores“ siehe die Ausführungen und weiteren Hinweise bei: Luh (2001), S. 188. 545 Vorrede der „Amores“ im Druck von 1502: Conradi Celtis Protucii primi inter Germanos imperatoriis manibus poete laureati quatuor libri amorum secundum quatuor latera Germanie feliciter incipiunt, Nürnberg 1502. Zitiert nach: Müller (1982), S. 258. 546 Sie ist der einzige vollendete Teil der „Germania illustrata“. Zum Verhältnis von „Amores“ und „Germania illustrata“ siehe: Robert (2003), S. 352–353. 547 Die „Germania generalis“, als „ein kleines und knapp 300 Hexameter umfassendes lateinisches Gedicht“, (Gernot Müller [Hrsg.], Die „Germania generalis“ des Conrad Celtis. Studien und Edition, Tübingen 2001 [Frühe Neuzeit, Bd. 67], S. 187) fungiert als eine Art Proömium der „Amores“. Sie ist ein Diskurs über „die deutsche Nation“ (ebd.) schlechthin: Auffällig ist die starke Zentrierung des Textes auf das Heilige Römische Reich und seiner eigenen Genealogie. Allgemein „lassen sich vier thematische Bereiche unterscheiden: die Darstellung von Entstehung und Aufbau der Welt unter kosmologischen Gesichtspunkten als Grundlage für ein geschichtsmythologisches Konzept (Kap. 1 und 3), die ethnographische Beschreibung der Germani (Kap. 4–6) sowie eine knappe Präsentation des zeitgenössischen Erschreibungsbildes der Germania (Kap. 7).“ (Ebd., S. 110) Mit der Erschaffung der Welt aus dem Chaos (Per Demogorgoneum memorantur cuncta tumultum/ Ex veteri prodisse Chao, dum ventre tumeret/ Forte senex totumque ferens in corpore mundum/ Distendit grauidam maturi ponderis aluum […], V. 1–4, zitiert nach der Edition von ebd.) setzt der Text ein. Es folgt eine Beschreibung der Lage Deutschlands und der Lebensart seiner Bewohner, wobei hier pointiert auf ‚Natura‘ eingegangen wird, die dem ‚Volk‘ der Deutschen ihr Aussehen, ihre gewaltigen Gliedmaßen, weißen Leiber, milchfarbigen Hälse, blondes Haar, helle Augen, eine wohlproportionierte Statur, eine männliche Stimme und eine kriegerische Gesinnung verliehen habe: Pectoribus similes ingentes corporis artus,/ Prodiga cui natura dedit per lactea colla/ Candida proceris tollentes corpora membris./ Flau coma est flauentque oculi flauoque colore/ Temperie iustam retinent sua membra statuarum./ Uox habitum mentis

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scher des zu illustrierendes Reiches“,548 zielen die Amores ganz auf die Repräsentation eines idealen Kaisers ab, der mit seinem Reich eng verbunden ist. Der Text greift dabei wiederum auf visuelle Medien zurück, um zu unterstreichen, dass es um eine Dedikation an den Kaiser geht, wie der konzipierte und für den Innentitel vorgesehen Holzschnittentwurf von Albrecht Dürer zeigt: Zu sehen ist, wie Konrad Celtis sein Werk dem auf einem Thron und von Weinreben umgebenen Kaiser überreicht.

Abb. 59: Albrecht Dürer, Konrad Celtis überreicht Maximilian die „Amores“ (um 1502)549

cum gestu et pectora prodit: Uox, que nil muliebre sonat, sed tota virilis/ Martia crassiloquo testatur corda palato. (Ebd., V. 66–73) Schließlich folgen Ausführungen über die Gestirne Deutschlands (De syderibus verticalibus Germanie, ebd. V. 99–109) und eine detaillierte Beschreibung der Ausdehnung des Reiches nach den vier Himmelsrichtungen. (De quatuor lateribus Germanie, ebd. V. 110–283) Damit zeigt die „Germania generalis“, wie sehr es um die – vor allem geographische – Beschreibung des Reiches geht, ebenso wie in den „Amores“. 548 Müller (1982), S. 259. 549 Albertina, Wien, Inv.-Nr. DG 1934/476; Holzschnitt partiell laviert (21,7cm x 14,7cm).

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Die Vorrede gibt das Werk explizit als ein historisch-geographisches aus.550 Die Amores enthalten Hinweise auf historische oder geographische, im Verständnis um 1500 durch und durch politische Begebenheiten des Reiches, in welchem Maximilian herrscht: Die Repräsentation kaiserlicher Herrschaft über seine Länder ist im Werk zentral.551 Man könnte von einer Art textuellem ‚Amalgam‘ sprechen, das die Amores kreieren, wenn die Beschreibung der Ländereien, über welche Maximilian herrscht, nach den „Gesetzen des Gattungsfeldes der Liebeselegie“ ausgeführt ist.552 Das wird auch an den Holzschnitten im Nürnberger Druck von 1502 noch einmal deutlich, die die eigentlich geplanten Einleitungsgedichte zu jedem Buch ersetzen:553 Jedes der vier554 Bücher beginnt mit einem Holzschnitt,555 das den Erzähler im Zusammensein mit seiner Liebesdame bei einem Mahl zeigt sowie auf die jeweilige Jahreszeit mit dem Stand der Sonne und den Tätigkeiten der Menschen verweist.556 Dabei repräsentieren die Jahreszeiten vier Altersstufen im Leben des vielseitigen Protagonisten […] als Jüngling und junger Mann, als gereifter und gealteter Mann. Der Totalität der Zeiten entspricht das Bemühen, auch eine Gesamtheit des Raumes anzudeuten: Im Blick nach Osten, Süden, Westen und Norden werden alle Regionen Deutschlands geschildert. Im Zentrum eines jeden Landschaftspanoramas liegt jene Stadt, die den Hauptschauplatz des folgenden Liebesromans abgibt. Ebenso bedeutsam ist die Wiedergabe des Flusses, der den geschilderten Teil Deutschlands durchzieht. An seinen Ufern liegen Gebirge sowie weitere Städte und Flüsse. Lediglich der vierte und letzte Holzschnitt weicht in einigen Zügen von dieser Systematik ab.557

Die Distanzen in den vier latera des kaiserlichen Herrschaftsbereiches sind in den Holzschnitten via an den Rändern eingeführten Rahmenleisten angegeben.558 Die geographische Konstellation des kaiserlichen Reiches durch die um 1500 voran

550 Müller (1982), S. 259. 551 Müller (1982), S. 258. 552 Mit Diskussion zur Forschung die Verwendung des Terminus bei Robert (2003), S. 255. 553 Müller (1982), S. 258. 554 Die Bedeutung des Viererschemas auch für astronomisches und geographisches Material siehe Luh (2001), S. 397: „In der Widmungsvorrede versichert Celtis, König Maximilian werde in den „Amores“ Seele und Körper der Menschen gemäß der Lehre von den vier Altersstufen und den Hebdomaden beschrieben finden […].“ Zur Anordnung der vier Bücher der „Amores“ nach den Lebenszyklen siehe auch Wiener (2002b), S. 93–104. 555 Zur detaillierten Analyse der jeweiligen Holzschnitte: Luh (2001), S. 139–189. 556 Luh (2001), S. 157. 557 Luh (2001), S. 157, auch S. 387: „Zur Lehrdichtung werden die „Amores“ in den astronomischastrologischen, den naturphilosophischen und den geographisch-beschreibenden Partien.“ 558 Zum Konnex der Holzschnitte mit den vier Regionen Deutschlands beziehungsweise des Rückgriffs auf Darstellungen zu Jahreslauf und Kartographie siehe: Luh (1991), S. 174–213.

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geschrittenen kartographischen Möglichkeiten an sich wird über das Werk präsentiert.559

Abb. 60: Meister der Celtis-Illustrationen, Holzschnitt zum 1. Buch der Amores, Hasilina aus Polen (1502); Abb. 61: Holzschnitt zum 2. Buch der Amores, Elsula aus den Alpen (1502)

559 „Theodor Geiger überprüfte die Angaben und stellte für den zweiten, dritten und vierten Holzschnitt ein befriedigendes Maß an Übereinstimmung mit den tatsächlichen Entfernungen fest.“ (Luh [2001], S. 157)

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Abb. 62: Holzschnitt zum 3. Buch der Amores, Ursula vom Rhein (1502); Abb. 63: Holzschnitt zum 4. Buch der Amores, Barbara von der Ostsee (1502)560

Mit detaillierten Proportionsangaben561 ist das Reich von Süd nach Nord und von Ost nach West ‚katalogisiert‘. Zusätzlich bietet die Germania generalis, als Teil der Amores, eine Beschreibung von Germania: Topographie, auch Chorographie sowie Kosmographie beziehen sich gegenseitig aufeinander.562 Konrad Celtis präsentiert

560 Die Holzschnitte des Meisters der Celtis-Illustrationen in den „Amores“; siehe die schwarz/weiß Abdrucke mit den jeweiligen Vornotizen beziehungsweise Entwürfen bei Luh (2001), Tafel 11, 13, 15 und 17. Die farbigen Abdrucke bietet der Ausstellungskatalog Wiener/Robert/Hess (2002a), Tafel 20, 21, 22 und 23. Allerdings ist beim Abdruck zum Holzschnitt des 2. Buches die für das Verständnis der Holzschnitte entscheidende untere Randbeschriftung, die die Distanzangaben sowie die Längeneinheiten erläutert, abgeschnitten worden, sie lautet: „Übersicht der Entfernungen von der Donauquelle bis Hamburg, der nördlichsten deutschen Stadt“ (Extensio Danubii a fonte vsque in Hamoburgo vultima vrbem Germaniae). 561 „Celtis ersetzt […] in seinen „Landkarten“ die Längen- und Breitengrade, die moderne Errungenschaft der Ptolemaeus-Karten, durch Proportionsangaben, indem er die Distanzen markanter Punkte, wie z. B. Flußquellen und -mündungen, zueinander in Beziehung setzt.“ (Wiener [2002b], S. 97) 562 Robert (2003), S. 185.

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darüber hinaus „geographische Lehrdichtung“.563 Das Wissen um die Geographie des Reiches ist in den Amores aufs Engste mit der Macht des Herrschers verbunden.564

2.2.5 Austrias 2.2.5.1 Inhalt und Kontext Neben den bisher präsentierten vorbildlichen ‚Rollen‘, in welche der Herrscher in den volkssprachlichen Ehrenwerken gezeigt wird, ist die Rolle des Kaisers als ‚antiker‘ Heros vor allem in lateinischen Werken literarisch ausgestaltet: Sie wird in den folgenden Analysen aufgegriffen, da sich mit ihr noch einmal exemplarisch der Entwurfscharakter von Herrschaft und Macht unter Kaiser Maximilian I. um 1500 überblicken lässt. Man könnte konstatieren, dass Maximilian gemäß einer trojanischen Herkunft der Habsburger, wie sie vor allem in der Fürstlichen Chronik ausgeführt ist, in den lateinisch-panegyrischen Werken daher in der Rolle des ‚neuen‘ Aeneas auftritt, damit seine besondere Macht überhöht zur Anschauung gebracht wird.565 Zugleich ist zu differenzieren. Erstens: Die Form der klassischen Ehrenwerke übertrifft nicht ihre Pendants in der Volkssprache. Beide sind ineinander übersetzbar, wie die Analyse des Magnanimus als Beispiel eines carmen heroicum bereits gezeigt hat: Ritterliches Verhalten kann in das Ideal heroischer virtus übertragen werden.566 Zweitens: Wenn Latein um 1500 noch als lingua franca oberhalb der Volkssprachen ‚thront‘, diese wiederum im Laufe des 16.  Jahrhunderts die Repräsentationsformen der lateinischen Gelehrtenkultur in sich aufnehmen, dann kann Maximilians ‚Hofkultur‘ als besonders hybrid charakterisiert werden. Volkssprache und Latein stehen an seinem ‚Hof‘ nebeneinander. Drittens: Man huldigt Maximilian als ‚antikem‘ Heros um 1500 in neulateinischen Versen, indem man nicht mehr, wie noch im Mittelalter, die antike Welt in die eigene Welt projiziert, sondern die frühneuzeitliche Welt im Text nach antiken Traditionen stilisiert.567 Pointiert: Der ‚Ritter‘ Maximilian wird zum klassischen Heros, sein Hof wird ins antike Gewand gehüllt,568 seine eigene Person der des antiken Helden angepasst. Die Macht Maximilians, die auch die Antike selbst zu übertreffen imstande ist, wenn er als der ‚bessere‘ und ‚neue‘ Aeneas erscheint, wird gefeiert: Dies kann über

563 Robert (2003), S. 158. Robert (2002b), S. 57 spricht von einer „schillernde[n] Verbindung von Astrologie, Medizin und elegischer Motivitik.“ 564 Dies geht sogar soweit, dass Konrad Celtis versucht, den italienischen Führungsanspruch im kulturellen Terrain zu entkräften: Robert (2003), S. 410. 565 Klecker (1995), S. 61. Siehe auch die ausführliche Studie von Tanner (1993), v. a. S. 52–66. 566 Müller (1982), S. 169. 567 Müller (1982), S. 169. 568 Siehe zu diesem Punkt, der im Folgenden ausgespart bleibt, mit einer Reihe an Beispielen: Müller (1982), S. 170–174.

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Huldigungsfeiern und Festspiele geschehen  – Ludus Dianae und Rhapsodia zeigen dies – oder auf indirektem Wege, wie beispielsweise in Eklogen.569 Riccardo Bartolini570 schrieb mit der Austrias,571 ein Epos von hoher Qualität,572 das geforderte opus summum höfischer Panegyrik unter Maximilian I.573 Es ist vergleichbar mit den unerfüllten Plänen des Konrad Celtis einer Maximilianeis.574 Im Unterschied zu Celtis‘ Plan eines Nationalepos575 ist die Austrias stärker in die dynastische Landesgeschichte verschoben:576 Bilden die Kämpfe des Austriacus heros577 im Bayerischen Erbfolgekrieg578 von 1504–1505, vor allem jene gegen Ruprecht von der

569 Weitere Werke wie Heinrich Bebels „Egloga triumphalis […] de victoria Caesaris Maximiliani contra Boiemos“ oder Ulrich Fabris „Argos“ oder Vadians Faustus „Ekloge“ bei Müller (1982), S. 172–174. 570 Die Forschungslage ist rar: Nach ersten Darstellungen von Schubert F. (1956), S. 95–127 hat vor allem Füssel die Bedeutung der „Austrias“ im Rahmen höfischer Panegyrik herausgearbeitet: Füssel (1985), S. 97–98; ders. (1986), S. 803–831; ders. (1987); ders. (1988), S. 33–39; im Rahmen der memoriaWerke geht Müller (1982), S. 174–176 auch auf die „Austrias“ ein; spezifische und detaillierte Analysen gibt Klecker (1994/1995), S. 613–637; dies. (1995), S. 50–65. 571 Zitiert wird nach der Erstausgabe: Riccardo Bartolini, Ad divum Maximilianum Caesarem Augustum De bello Norico Austriados libri duodecim, Straßburg 1516. Eine Version mit Kommentierungen liegt vor von Jakob Spiegel, Guntheri poetae clarissimi Ligurinus seu Opus de rebus gestis Imp. Caesaris Friderici I. Augusti lib. X. Richardi Bartholini Perusini Austriados lib. XII Maximiliano Augusto dicati cum scholiis Iacobi Spiegellij, Argentorati 1531. 572 Reisner (2004), S. 903. 573 Dass es drei Werke mit identischem Titel, aber von unterschiedlichen Autoren und unter verschiedenen Herrschern gibt (die „Austrias“ des Riccardo Bartolini entstand unter Maximilian I.; die „Austrias“ des Joachim Mynsingers ist ein mythischen Gestalten in den Mund gelegter Panegyrikus auf Karl V. und Ferdinand I.; die „Austrias“ des Andreas Gravinus ist Rudolph II. gewidmet und in ihrer Komplexität kaum mehr als Epos im klassischen Sinne verifizierbar; siehe hierzu mit bibliographischen Angaben: Römer/Klecker [1994], S. 194–195), zeigt wiederum den prozessualen Charakter in der Konstitution von Herrschaft. Für fast jeden Habsburgerkaiser ab Maximilian I. kann epische Dichtung nachgewiesen werden. 574 Füssel (1987), S. 31. 575 Zu den mehrfachen Plänen und Versuchen, ein Nationalepos für die habsburgische Dynastie zu schreiben siehe: Füssel (1986), v. a. S. 825–831. 576 Müller (1982), S. 175. 577 Die mythisch-fiktionale Einlagerung Maximilians als Nachfolger des Jupiter- bzw. Zeussohnes besitzt dabei keine bloß dekorative Funktion, sondern dient der Deutung seiner Person als Schirmherr der habsburgischen Genealogie und der gesamten zivilisierten Welt. (Klecker [1995], S. 51) Und die „Austrias“ wirkt, als wolle sie noch mehr: Maximilian tritt nicht nur in der Rolle des ‚neuen‘ Aeneas auf, sondern übertrifft dessen ambivalente Position zwischen impius und pius vollends, indem er zum pius Maximilianus aufsteigt. (Römer [2001], S. 61) 578 Zum historischen Kontext des bayerisch-pfälzischen, auch so genannten Landshuter Erbfolgekriegs u. a.: Tautscher (1964); Wiesflecker (1971–1986), hier Bd. 3 (1977), S. 164–165.

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Pfalz,579 den Kern, also die Haupthandlung,580 so ist der Rahmen gemäß dem Vorbild der vergilischen Aeneis581 in zwölf Büchern582 weit genug, um auch Traumvisionen oder prophetische Unterweltsbeschwörungen aufzunehmen.583 Vergangenheit – man erinnert beispielsweise an die kriegerischen Taten der Germanen584 – und Zukunft – man verweist beispielsweise auf das künftige Schaffen der Nachfolger des Kaisers – sind in der Austrias mit der Gegenwart Maximilians kurz geschlossen.585 Darüber hinaus ist die gesamte habsburgische Dynastie586 ins antike Gewand gehüllt: Die Austrias repräsentiert eine Germania illustrata, wenn beispielsweise auch Städte, Gegenden, sogar Gegenstände und Tiere587 so eng ‚genealogisch‘ mit der Antike verknüpft werden, dass teilweise nur noch der Kommentar in der Drucklegung der zweiten Ausgabe von Jakob Spiegel (1531) ein Zurücktreten der historischen Vorgänge hinter die klassische Verhüllung verhindert.588 Die Kampfszenen in der Austrias stehen symptomatisch für den Charakter des ganzen Werkes. Antikenimitationen sind Mittel zur epischen Wiedergabe offizieller Propaganda der Glorie Habsburgs: Ut datur liberiore pugnandi copia, magno/ cum stridore volant ineuntque nec ordine Martem/ hostiles turmae, resonat nemus omne fragore./ Austriadae contra, donec Mavortius ardor/ fulmina bellandi rabiemque accenderet aere,/ pugnabant taciti et tempus clamoribus aptant.589 Habsburg ist durch den

579 Der Kampf gegen die böhmischen Truppen, die tatsächlich entgegen der panegyrischen Verklärung in der finalen Schlacht am Wenzenberg bei Regensburg am 2. September 1504 zahlenmäßig um ein Weites unterlegen waren, (Klecker [1994/1995], S. 614) ist in der „Austrias“ als Kreuzzug gegen Ketzer dargestellt. 580 Innerhalb des Hauptgeschehens gibt es vielfältige Nebenhandlungen an unterschiedlichen Orten: „[D]ie Einheit [liegt] in der varietas.“ (Füssel [1987], S. 168) Die Kämpfe Maximilians I. gegen Ruprecht von der Pfalz im Bayerisch-pfälzischen Erbfolgekrieg von 1504–1505 sind der historische Rahmen des Werkes; eine detaillierte Inhaltsangabe bei Füssel (1987), S. 168–185. Die jeweiligen Bücher bilden in sich geschlossene Handlungseinheiten, „jedes Buch hat seinen spezifischen Schauplatz und unverwechselbaren Charakter […].“ (Ebd.) 581 Vergil, Aeneis, hrsg. von Manfred Lemmers, übers. von Johannes Götte, Leipzig/München 1979; im Folgenden zitiert als „Aeneis“. 582 Zur Buchkomposition der „Aeneis“ von Vergil siehe: Worstbrock (1963), S. 26–73. 583 Müller (1982), S. 175. 584 So beispielsweise bereits im Argumentum libri primi, V. 32–36 der „Austrias“. 585 Müller (1982), S. 175. 586 Müller (1982), S. 175. 587 So erlegt Maximilian ein auf Echidna und Typhaon zurückgehendes Ungeheuer, „[d]essen Verwandtschaft mit Orthus, dem von Hercules getöteten Wachhund des Geryoneus, zeigt […], daß mythisch-fiktionale Einlagen in der Austrias nicht bloß dekorative Funktion erfüllen, sondern der Deutung des historischen Geschehens dienen: Maximilian erscheint in der Nachfolge des Zeussohnes als Schirmherr der zivilisierten Welt […].“ (Klecker [1995], S. 51; dort auch zum Vorbild des Ungeheuerkataloges in Hesiods „Theogonie“ und der Entstehung des Ungeheuers nach dem Vorbild der Medusa) 588 Müller (1982), S. 175. 589 „Austrias“ Buch 10, V. 518–523.

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Ausspruch Jupiters zur Weltherrschaft berufen: fata immota manent: opus hunc se tollere ad astra/ et regere imperium terrae, dare frena superbis,/ indignantem orbem et gentes superare rebelles/ consortemque polo mecum nec habere refello.590 Indem die gesamte Erzählwelt nicht nur in Konzeption und Ausschmückung, sondern auch über vielfältige Bedeutungsperspektiven mit dem antiken Vorbild der Aeneis wetteifert, wird klar: Man konkurriert über dieses Werk nicht nur mit der Antike, man sucht sie zu übertreffen.591 Präsentiert man in der Austrias die Wesensart des antiken Heros im Allgemeinen, also beispielsweise dessen Manneskraft, Tapferkeit und Standhaftigkeit im Krieg, mit der man den exklusiven politischen Status Maximilians zu begründen sucht, so steht man in gewisser Weise vor einem Dilemma, denn: Der Heros verkörpert nicht nur in seiner potentia Kampfeskraft sowie Siegesgewissheit, sondern kann auch für Zorn, Wildheit und violentia stehen. Eigenschaften, die man innerhalb der humanistischen Begründungsstrategien aus dem Wesen des Herrschers heraus eben nicht gelten lassen, sie auch nicht im gleichen Modus übertreffen und damit überhöhen kann.592 2.2.5.2 Maximilian als antiker Heros zwischen furor und clementia Die Austrias sucht den Ausweg in einer Art ‚Doppel‘-Spiel:593 Es geht um eine Harmonisierung der wilden Rolle des ‚Heros‘ mit den tugendhaften Naturen eines vorbildlichen Herrschers. Maximilians zentrale Eigenschaft, seine clementia,594 übertrifft den

590 „Austrias“ Buch 12, V. 141–144; vgl. hierzu „Aeneis“ Buch 1, V. 257; Buch 6, V. 853; Buch 12, V. 795. 591 „Nur die Antike, ihre Mythologie und ihr Formenkanon verleihen dem Hof und an seiner Spitze dem Herrscher Glanz und Ruhm, aber die Adaptation muss stets das Adaptierte zu überbieten behaupten.“ (Müller [2009], S. 5) Das Schicksal des Hauses Habsburg und die Verherrlichung Maximilians sind die eigentlichen Kernthemen. Erst in der engen Vergil- und Homer-Nachfolge kommt die volle panegyrische Wirkung zu tragen: „Bartolini instrumentalisiert […] die Homerbezüge (die sich vor allem in Buch 4 und 5 des Epos sowie in den Anfangs- und Schlußpartien häufen) ganz im Dienste der habsburgischen Propaganda […].“ (Reisner [2004], S. 904) Über die Parallelisierung mit einem antik-heroischen Zeitalter will Riccardo Bartolini eine Überhöhung Maximilians erreichen und dessen Sieg als Triumph bis in alle Ewigkeit darstellen, indem Hausheilige, die Genealogie des Geschlechts, vergangene und künftige Taten, Erbländer und Siege über innere beziehungsweise äußere Feinde in summa vorgeführt werden. (Füssel [1986], v. a. S. 827) 592 Siehe in diesem Kontext v. a.: Rochlitz (1993). Bereits im antiken Kontext steht clementia für eine der Herrschertugenden schlechthin (erwähnt sei nur Senecas „De clementia“); im Mittelalter wird clementia vor allem in Fürstenspiegelen als Barmherzigkeit des idealen Herrschers zu einer der Zentraltugenden. 593 Auch wenn in der „Austrias“ keine Holzschnitte mitaufgenommen sind und damit das ‚Bild‘ als textuell entworfen zu verstehen ist. Jan-Dirk Müller spricht vom „Tableau“: „Eine glänzende Waffentat folgt der anderen; der Fortgang des Krieges bleibt undeutlich. Auch hier gerinnt Geschichte zum Tableau – selbst wenn die Holzschnitte fehlen.“ (Müller [1982], S. 177) 594 Clementia könnte hier als Signum für eine Gesellschaft um 1500 zu verstehen sein, in der (langsam) das Prinzip der Rache und Gewalt den Möglichkeiten der Konfliktbewältigung über Recht und Gesetz weicht.

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impius Aeneas. Im Gegensatz zum ‚mangelhaften‘ Wesen eines Aeneas schont Maximilian seine besiegten Feinde und steigt damit zu wahrer Größe auf. Das wird in der Austrias vor allem in den Kämpfen gegen die Amazone Pantho,595 die in der Schlacht am Wenzenberg bei Regensburg auf der Seite der mit Ruprecht von der Pfalz befreundeten Böhmen kämpft, deutlich. Pantho wird mit der antiken Hippolyte verglichen: Qualis sese offert iuxta Thermodontis/ Hyppolyte curruque levi transvecta per aequor/ crudam falcatis propellit Amazona peltis […] talis erat Pantho, talis sese ore ferebat.596 Der Kampf Kasimirs von Brandenburg – er agiert nicht nur als Repräsentant Maximilians, sondern wird in dieser Situation zum Kaiser selbst597 – und Pantho – sie tritt nicht nur stellvertretend für Maximilians Gegner Ruprecht auf, sondern verkörpert ihn hier598  – ist als der nach traditionellem homerischen und vergilischen Vorbild geforderte Zweikampf der Hauptgegner in der Entscheidungsschlacht ausgestaltet.599 Mit brachialer Gewalt zerschlägt Kasimir den siebenschichtigen Schild Panthos – hier folgt man der Version Vergils: acnisam […] peltam/ rescindit ferrique ruunt septemblicis orbes.600 Pantho gesteht Kasimir den Sieg zu – ab hier weicht man von der Tradition ab,601 die den Tod der unterlegenen Amazone vorsieht, welche nicht mehr dazu kommt, ihre Schonung flehend zu verbalisieren.602 Ähnlich Turnus in der Aeneis603

595 Pantho wird im Text mit folgenden Worten beschrieben: Hos inter pergebat ovans pulcherrima Pantho:/ Mille agit aec nymphas pharetrasque sonantiaque arma/ quaeque gerit colloque arcum suspendit eburno./ Ipsa at nunc celeres impellit in arma quadrigas, nunc loro compescit equos. Micat aureus olii/ cassis carbaseaeque intent in corpore vestes. („Austrias” Buch 10, V. 501–506) Eine detaillierte Analyse der Szenen mit und um Pantho bei Römer (2001), S. 709–724. Zum Motiv der kämpfenden Frau in der Literatur allgemein und zur Bedeutung des Namens Pantho siehe die detailreichen Ausführungen bei Klecker (1995), S. 51–53. 596 „Austrias“ Buch 10, V. 507–510. 597 Dies hängt mit der Abfolge der historischen Ereignisse im Bayerisch-pfälzischen Krieg zusammen, an die sich die „Austrias“ orientiert: „Da Ruprecht kurz vor der Schlacht am Wenzenberg verstorben war […], bot sich keine Möglichkeit zu dem nach homerischem und vergilischem Vorbild geforderten Zweikampf der Hauptgegner in der Entscheidungsschlacht.“ (Klecker [1995], S. 61) 598 „Daß die Amazone die Rolle des Turnus übernehmen kann, wird durch die enge Verbindung ermöglicht, die Vergil zwischen Turnus und Camilla herstellt […]. Das Treffen zwischen Pantho und Kasimir ist somit auch als Ersatzkampf zu verstehen: Bartolini läßt Ruprecht, den ‚Turnus‘ Maximilians, durch Pantho, die ‚Camilla‘ der Pfälzer, vertreten, Kasimir agiert als Repräsentant des Königs.“ (Klecker [1995], S. 62) 599 Klecker (1995), S. 61. 600 „Austrias“ Buch 10, V. 616 mit Rückgriff auf „Aeneis“ Buch 12, V. 924: orasque recludit/ loricae et clipei extremos septemplicis orbis. 601 Zu den Unterschieden zwischen „Aeneis“ und „Austrias“ gerade zwischen Turnus und Pantho: Klecker (1995), S. 60. 602 So wird Penthesilea, „das Urbild aller im Epos auftretenden Amazonen“ durch Achill getötet; sie erwägt im ersten Buch der „Posthomerica“ des Quintus Smyrnaeus zwar noch um Schonung zu bitten, kann dies aber nicht mehr aussprechen. Achill bedauert aufgrund ihrer Schönheit seinen Sieg (genauer Klecker [1995], S. 57). 603 „Aeneis“ Buch 12, V. 936–937: vicisti et victum tendere palmas/ Ausonii videre […].

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verweist Pantho auf ihre Niederlage, schließlich spricht sie Kasimir zu, Gnade gegenüber ihrem Leben walten zu lassen:604 moribundam te rogo ne plus/ hauri animam, victam fateor videre precantem/ ista tui et coram duplices me tendere palmas.605 Kasimir zögert mit dem Todesstoß – ähnlich Aeneas. Doch während bei Aeneas letztlich furor und ira die Oberhand gewinnen, er voller Hass und Rache den am Boden liegenden Turnus tötet, siegt bei Kasimir clementia. Die verwundete Pantho appelliert an ihren Besieger, besonders an sein herausgehobenes genium, wenn sie spricht: O iuvenis, quo non praestantio alter/ in terris, miserere precor: sum foemina Pantho/ parvaque de nostra dabitur tibi gloria morte./ Per genium nunc oro tuum, per candida colla/ quae praefers aequanda deis oculosque micantes/ sydera bina poli moribundam te rogo ne plus hauri animam: Victam, fateor, videre precantem ista tui et coram duplices me tendere palmas.606

Panthos Augen rollen schrecklich hin und her, Kasimir steht unschlüssig da. Schließlich bezähmt er seine Wildheit: Sein barmherziges Wesen siegt über seine Kampfesnatur. Milde erfüllt seinen rasenden Sinn. Die Gnade des Siegers rettet Pantho das Leben: Ille suos acer torvusque volutans/ hinc atque inde oculos dubius stetit, effera tandem/ corda domat vicitque feram clementia mentem./ „Hostis eras,” inquit, „tu nunc contra accipe vitam/ et quod poscis habe: Vivas auraque fruare./ Nam tua membra magis Venerem quam classica Martis/ signa decent. Sed tu magni fuge Caesaris arma.“/ Dixit et exanimem nymphae turbam inter et enses/ suscipiunt verbisque fovent et vulnera curant.607

Weder soll hier eine Diskussion über die ‚Bewertung‘ der Handlungen des Aeneas in der Schlussszene der Aeneis geführt werden – die Forschung ist breit –608, noch die mittelalterliche Vergil-Kritik ausgeführt werden, die vor allem am impius Aeneas Anstoß nimmt609 und beispielsweise im Sinne eines Laktanz über die Divinae institutiones Riccardo Bartolini vorlag –610, doch soll noch einmal deutlich hervorgehoben

604 Detailliert zu den auffälligen Gemeinsamkeiten in dieser Szene zwischen „Austrias“ und „Aeneis“: Klecker (1995), S. 58. 605 „Austrias“ Buch 10, V. 632. 606 „Austrias“ Buch 10, V. 627–634. 607 „Austrias“ Buch 10, V. 635–643. 608 Möglichkeiten der Interpretation nach wie vor bei Suerbaum 1981. Eine detaillierte und grundlegende Analyse zum Aeneas impius und Aeneas pius sowohl in der lateinischen Vorlage, als auch in der mittelalterlichen Rezeption nimmt Kellner (2004a), S. 153–296 vor: „Dem christlichen Mittelalter blieben beide Traditionen über die Aeneasfigur bekannt: die vergilische Verherrlichung des Helden im Rahmen der Gründungsgeschichte Roms und jene andere, welche die problematische Rolle des Aeneas beim Untergang Trojas fokussiert.“ (Ebd., S. 157) 609 Kellner (2004a), S. 157. 610 „Bartolinis Umgestaltung der Schlußszene setzt voraus, daß er das in der modernen Vergilforschung viel diskutierte Verhalten des Aeneas, anders als der (für die Renaissance sonst meist autori-

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werden: Mit der Darstellung von clementia611 entwickelte die Austrias eine Begründungsstrategie aus der Natur des Herrschers heraus, um Maximilian als den vortrefflichsten Kaiser schlechthin zu präsentieren. Diese Herrschertugend des Kaisers wird am Ende der Austrias, im elften und zwölften Buch, noch einmal als Superlativ repräsentiert:612 Nach einem versöhnlichem Ausklang der Schlachten im elften Buch gibt Maximilian die Leichen der gefallenen Feinde frei und zeigt sich gegenüber den Müttern und Frauen der Toten als clementissimus rex Austriadum613 – der sprachliche Superlativ und die Macht des Herrschers als ‚Superlativ‘ sind vollends zur Deckung gekommen. Anstatt des Todesseufzers, wie in der Aeneis, werden im zwölften Buch der Austrias zu Ehren des Sieges Maximilians Spiele und Feste ausgetragen.614 Mit ihnen scheint gegenüber allen Feinden, nicht nur den vergangenen und gegenwärtigen, sondern auch allen kommenden, das transparent eingelöst, was bereits gegenüber der Amazone Pantho ausgesprochen wurde: Hostis eras, […] nunc […] [v]ivas auraque fruare.615 Zur Feier des Herrschers im wieder hergestellten allgemeinen Frieden am Ende des Epos zeigt sich auch die Götterwelt versöhnt, die ebenso wie die Menschenwelt im Krieg gewesen war.616 Vom Berg Vogesen aus wollen die Götter Maximilians Triumphzug in Köln zusehen, Jupiter spricht dort die Worte: Victor Caesar erit, dominusque vocabitur orbis.617 Man verheißt Maximilian damit auch zukünftige Siege. Die Götter feiern den Kaiser, nur eine bleibt ausgespart: Venus erscheint nicht zum Fest. Jakob

tative) Kommentar des Servius, nicht rein positiv bewertete. […] Zweifellos war er wohlvertraut mit der christlichen Vergil-Kritik des Laktanz, der […] Vergils pius Aeneas als Exponenten heidnischer pietas […] heranzieht, um diese als impietas zu entlarven – indem er auf eben jene Stellen verweist, auf die sich die gegenwärtige Vergilforschung stützt: das erbarmungslose Verhaltes des Aeneas gegenüber besiegten […] Kampfgegnern.“ (Klecker [1995], S. 59) 611 Clementia ist das Schlagwort habsburgischer Propaganda: Pokorny (1974). 612 „Das Idealbild ist nicht mehr der Heros, aus dem die Gewalt ungezügelt und ohne Rücksicht auf ihre vernichtenden Folgen hervorbricht, sondern der höfische Ritter, der seine Affekte zu kontrollieren vermag und maßvoll im Sinne eines ritterlichen Kampfethos zu operieren versteht.“ (Kellner [2004a], S. 240–241); Kellner zeigt mit detailreichen Analysen von Heinrichs von Veldeke „Eneasroman“, dass gängige Sichtweisen, nach denen der Typus des Heros, den Turnus verkörpert, und jener des Ritters, den Aeneas symbolisiert, sich gegenüberstehen würden, zu kurz greifen. (Ebd., S. 241–242) Gerade hier setzen die maximilianeischen Ehrenwerke an: Sie präsentieren Maximilian als ‚Mixtur‘ zwischen Heros und Ritter, kurz: Als optimierte Lichtgestalt. 613 „Austrias“ Buch 11, V. 90. 614 Klecker (1995), S. 50–65. 615 „Austrias“ Buch 10, V. 638. 616 Das zeigt sich beispielsweise im vierten Buch, wenn das Kriegsgeschehen der Menschen von einem Kampf zwischen Venus und Diana begleitet wird: Interea Austriades paucis affatus,/ ad arma profilit et rapidos metitur in aequore cursus./ At contra belli cupidus non segniar ibat Oebalus/ et lato saevit vis Martia campo/ ensem alter vibrat, calva furit in vertive fulget cassida. („Austrias” Buch 4, V. 439–443) 617 „Austrias“ Buch 12, V. 148.

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Spiegel schreibt zu diesem Befund in seiner kommentierten Austrias-Ausgabe, dass Maximilians Triumph darin besteht, Venus nicht unterlegen zu sein, sie also auch nicht bei seiner Siegesfeier anwesend ist, so dass ihm höchsten Ruhm zukomme: Summa Caesaris laus: cum innuat a cupiditatibus nunquam victum fuisse.618 Das erfolgreiche Ringen mit der voluptas verdient gerade daher größten Respekt, weil der Kaiser sämtliche Auseinandersetzungen gegen Venus gewonnen hat: Als Venus beispielsweise in das Kampfgeschehen um Ortenburg eingreift, tritt ihr Maximilian entgegen. Ihm gelingt es sogar, sie mit seinem Schwert zu verwunden: sic furit Austriades victorque immania tela/ vibrat et Idaliae distringit saeva mamilla/ vulnera sub nivea, scissus fluit aeqiore cestus/ dulceque purpureo manta pro sanguine nectar.619 Aus ihrer Wunde fließt Nektar statt Blut, was Jakob Spiegel als Interpretation des homerischen ἰχὡρ kommentiert.620 Schließlich muss Venus vor Maximilian fliehen. Neben Venus bekämpft Maximilian auch Pallas, die der Kaiser im fünften Buch während des Angriffs auf Neuburg als Unterstützerin Ruprechts erkennt: Pugandum est iterum superis, nosco improba Pallas/ nosco iram glaucosque oculos atque horrida tela.621 Als er im Kampf gegen diese allerdings in Gefahr gerät, greift Diana auf seiner Seite ein. Doch rettet schließlich nicht sie ihn, sondern Maximilian wiederum diese Göttin, die plötzlich massiv bedrängt wird: Iam cominus acre/ Caesar ut aspexit punantes, ingruit hosti/ Palladaque horrisono ingentem diverberat ictu,/ qua niveae vertigo manus. Cadit altior orno/ hasta deae, lapsum conata attolere pondus/ deficit atque alta Tritogenia uritur ira/ et fremit immensum Boreas velut Arcticus inter/ et saxa et sylvas Pontoque immugit anhelo.622

Maximilian verwundet Pallas, so dass Merkur den Befehl Jupiters überbringt, diese müsse das Schlachtfeld räumen: volat aspera Pallas/ atque senem Chirona petit, qui fessus in antro/ Haemonio lectas curam impendebat in herbas.623 Der prudentia und fortitudo Maximilians wird der Sieg über Pallas und ihrer sapientia zugeschrieben.624

618 Jakob Spiegel, Guntheri poetae clarissimi Ligurinus seu Opus de rebus gestis Imp. Caesaris Friderici I. Augusti lib. X. Richardi Bartholini Perusini Austriados lib. XII Maximiliano Augusto dicati cum scholiis Iacobi Spiegellij, Argentorati 1531, S. 324. 619 „Austrias“ Buch 4, V. 843–846. 620 Imitatur Homerum qui dicit deos carere sanguine et nectar fluere cruoris loco. (Jakob Spiegel, Guntheri poetae clarissimi Ligurinus seu Opus de rebus gestis Imp. Caesaris Friderici I. Augusti lib. X. Richardi Bartholini Perusini Austriados lib. XII Maximiliano Augusto dicati cum scholiis Iacobi Spiegellij, Argentorati 1531, S. 112) 621 „Austrias“ Buch 5, V. 754–755. 622 „Austrias“ Buch 5, V. 776–783. 623 „Austrias“ Buch 5, V. 789–791. 624 Klecker (1994/1995), S. 632; unter S. 631 die Korrektur des „irreführend[en]“ Referats von Stephan Füssel zur Szene.

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Über die drei Beispiele des Sieges Maximilians gegen Pantho, Venus und Pallas ergibt sich in der Austrias auch eine moralische Nutzanwendung, mit der ein panegyrisches Lob verbunden ist: Es geht letztlich nicht (nur) um den Sieg gegen äußere Feinde, sondern zentral um einen Kampf gegen die inneren Laster,625 der auch weiterhin andauert.626 Mit anderen Worten: Der Triumph Maximilians gerinnt in der Austrias über einen militärischen Kontext hinaus zu jenem über die menschliche Natur schlechthin. Diese übermenschliche, geradezu göttliche Größe Maximilians kann im Werk erst vor Augen geführt werden, indem er der Gegnerschaft aus Übermenschlichem, also Göttlichem, gegenübertritt, das personifiziert beispielsweise in der Gestalt einer Pantho, Venus oder Pallas auftritt. Da man sich um 1500 für eine allegorische Interpretation dieser Kämpfe, der mythologischen fabellae, auf eine antike Auslegungstradition berufen konnte, die unabhängig der historischen auch eine moralphilosophische Bedeutungsebene enthält, wird klar: Maximilian kämpft im Sinne eines sensus physicalis direkt gegen den Zorn – dafür steht die clementia gegenüber Pantho –, direkt gegen das Laster der Liebe – sie verkörpert Venus627 – und ebenso direkt gegen die sapientia der Feinde – sie verkörpert Pallas –, indem er seine eigene prudentia einsetzt. Riccardo Bartolini verfolgt dabei keine Tugendlehre mit seinem Werk  – es kommt über die Bücher verteilt nur zu allgemeinen und unspezifischen Lehren. Die Austrias enthält keinen konsistenten Erzählzusammenhang, sondern trägt ganz zur panegyrischen Steigerung der historischen Ereignisse bei:628 Es geht um die memoria eines Kaisers, der im Kampf gegen die voluptas stellvertretend für alle Menschen siegt. Die Austrias schildert darüber hinaus den Kampf Maximilians gegen ein bedrohliches Hochwasser. Der Flussgott Hister will die königlichen Truppen vor Donauwörth aufhalten,629 so dass er seine Kräfte bündelt und die Soldaten des Kaisers überschwemmt: Ister super vehitur curru Deus altaque,/ miscet aequora, et impellit molem, mugitque,/ fremitque horrendum, fluviosque iubet sua tollere cornua./ Inde acies turbatur equis, iamque acte/ profundo haerent arma vado, iam pilla natantia/ fas est cernere et horrisono demergi/ corpora monstro.630

625 Müller (1982), S. 179. 626 So ist beispielsweise der Kampf gegen volputs weiter zu bestreiten: quoniam nobiscum maius certamen non agitur,/ quam rationis et appetitus. („Austrias“ Buch 12, V. 682–683; vgl. dazu auch Müller [1982], S. 179) 627 Müller (1982), S. 178. 628 Müller (1982), S. 178–179. 629 Klecker (1994/1995), S. 616. 630 „Austrias“ Buch 4, V. 384–391.

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Maximilian hält den Fluten nicht nur Stand, sondern er bekämpft den über die Ufer getretenen Fluss aktiv, substitit impavidus,631 indem er mit seinem Schwert dem Flussgott Hister gegenübertritt. Maximilian überwindet diesen Feind:632 At rex armipotens auro electroque refulgens/ pergere in adversas undas nec parcere cursu.633 Der Kaiser bezwingt die Naturgewalten, die sich versammeln und der Szenerie ein plastisches Bild verleihen. Gemäß diesem Sieg hat der Kaiser Macht nicht nur über Götter und Laster, die jene nach dem sensus physicalis verkörpern, sondern auch über die Wassermassen, oder abstrakt formuliert, über die Naturkräfte schlechthin. In der Austrias liegt in diesem Kontext eine enge Verbindung zwischen Vergil- und Homerrezeption vor.634 Dies zeigt sich in einer Szene zu Beginn der Kampfhandlungen im vierten Buch, wenn sich Maximilian nach der Überschwemmung bei Donauwörth mit einem Gebet an Jupiter wendet: Tunc rex extollens duplices ad sidera palmas/ „Iuppiter omnipotens, reges cui cura tuendi,/ si mortem oppetere, atque anima divellere corpus/ nos”, ait, „ordiris, melius precor astrue fatum!/ […]” Sic talia fantem/ obruit undarum globus et densata volumen/ ingens aequora agunt.635

Ist diese Szenerie von ihrem Rahmen her nach dem Muster des vergilischen See­sturmes der Aeneis konzipiert,636 so ist neben dem vergilischen auch ein homerisches Vorbild eingearbeitet: Die Unwetterszene ist, wie in der Ilias, Höhepunkt des Kriegsgeschehens.637 Es kommt bei der Gefährdung des Helden durch die Überschwemmungen in der Austrias zu keiner Diskussion über das Heldentum Maximilians, ähnlich wie es in der Ilias zu keiner über Achill kommt.638 Doch während in der Ilias dem Kampf gegen

631 „Austrias“ Buch 4, V. 396. Dass damit die Opposition der Fürsten gegen Maximilian ausgedrückt werden soll, kommentiert Jakob Spiegel, Guntheri poetae clarissimi Ligurinus seu Opus de rebus gestis Imp. Caesaris Friderici I. Augusti lib. X. Richardi Bartholini Perusini Austriados lib. XII Maximiliano Augusto dicati cum scholiis Iacobi Spiegellij, Argentorati 1531, S. 95. 632 Die hier verkürzt dargestellte ‚Unwetterszene‘ des vierten Buches der „Austrias“ bildet zusammen mit dem Szenenkomplex des fünften Buches den heroischen Hintergrund für die folgenden, fiktiven Zweikämpfe Maximilians gegen die böhmischen Feinde Oebalus und Ruprecht. Nimmt man dabei den Zweikampf des Aeneas mit Achill als Vorlage, (Homer, Ilias, übersetzt von Johann Heinrich Voss, Hamburg 1957, Buch 20, V. 199–202) so sticht eine Tatsache besonders heraus: In der „Austrias“ hat Maximilian, „der im ganzen Epos entsprechend der von ihm selbst propagierten trojanischen Genealogie als neuer Aeneas erscheint […]“, die überlegene Position inne, „dem auf der Gegenseite mit Oebalus nur noch ein Zerrbild des besten Helden der Achäer entgegentritt.“ (Klecker [1994/1995], S. 629) Die Machtverhältnisse haben sich zugunsten des Troergeschlechts verschoben. (Ebd., S. 628) 633 „Austrias“ Buch 4, V. 406. 634 Klecker (1994/1995), S. 616. 635 „Austrias“ Buch 4, V. 420–422. 636 Vgl. die Stellen in der „Aeneis“ Buch 1, V. 93: ingemit et duplicis tendens ad sidera palmas; „Aeneis“ Buch 1, V. 102–103: talia iactanti stridens Aquilone procella/ velum adversa ferit. 637 Klecker (1994/1995), S. 619. 638 Homer, Ilias, übersetzt von Johann Heinrich Voss, Hamburg 1957, Buch 21, V. 279–281

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den Fluss ein Kampf im Fluss vorausgeht,639 ist in der Austrias der Kampf vollständig als personalisierter Kampf zwischen Maximilian und ‚Fluss‘ ausgestellt. Die Austrias, deren eigene genealogische Wurzeln damit bis hin zur Aeneis und sogar Ilias zurückreichen, ist die Korrektur vergangener antiker Höhepunkte und gleichzeitig die Überhöhung Maximilians gegenüber seinen propagierten Vorfahren. Maximilian soll durch pietas, clementia und heroische Taten als die wahre Machtfigur der Menschheitsgeschichte inszeniert werden. Selbst wenn höfische640 Panegyrik, wie sie die Austrias darstellt, in der Forschung oft als marginal empfunden werden,641 so zeichnen zeitgeschichtliche Epen642 und poetische Genealogien643 ein heterogenes Bild:644 Unterschiedliche poetische Ausprägungen wie Epigramme, Embleme, Oden, Elegien, Eklogen, Großepen und sogar Ekphrasen auf Tapisserien645 mischen sich und wären ebenso zu untersuchen. Panegyrik wird so, überspitzt gesagt, zur Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Sprachlich stellt sie einen Rückbezug zur Antike her, inhaltlich eine Verbindung von Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem, genealogisch eine Zeitraffung von Stammvater und aktuellem Träger des Hauses. Entscheidend ist dabei, dass Panegyrik Begründungen für Macht entwickelt: Sie ist, so Jan-Dirk Müller, nicht als deskriptiv, sondern als praeskriptiv zu lesen.646

639 „Ilias“ Buch 21, V. 1–5 640 Grundlegend weist Thomas Haye in Einzelinterpretationen, die zeitlich sehr nah an die Herrscher Friedrich III. und Maximilian I. heranreichen, auch auf die Bedeutung panegyrischer Werke bei der Konstitution und Machtentfaltung im päpstlichen Umfeld hin (Haye [2009], S. 34). 641 Siehe im Wesentlichen die Arbeiten von Franz Römer zusammen mit Elisabeth Klecker und ihren Schülern, die in mehreren Forschungsprojekten wegweisend panegyrisches Material beziehungsweise lateinische Dichtungen im Umfeld der Habsburger unter philologischen und historischen Fragestellungen gesichtet, aufgearbeitet und detailliert analysiert haben; einen Überblick bei Römer (1998), S. 195–203. 642 Zu nennen wären unter anderem Aemilianus Cimbriacus, Encomiastica Encomiastica ad Divos Caesares Fridericum Imperatorem et Maximilianum Regem Romanorum, Venedig 1512; Riccardo Bartolini, Ad divum Maximilianum Caesarem Augustum De bello Norico Austriados libri duodecim, Straßburg 1516 oder Werke von Francesco Maria Cesare für Kaiserin Maria Theresia; siehe zu Letzterem genauer den Beitrag von Klecker (2002). 643 „[I]m 18. Jhdt. wurde sogar die Römerschau der Aeneis bis auf Maria Theresia und Josef II. erweitert, deren Regierung die von Vergil für August prophezeite Goldene Zeit endlich Wirklichkeit werden lässt.“ (Römer [1997], S. 93–94) 644 Römer/Klecker (1994), S. 184. Dass Panegyrik dabei gleichsam in ein konstruiertes Zeitvakuum eintritt, mag Joachim Meisters Werk, De Rudolpho Habsburgico Imp. Aug. Germanico libri tres editi a Ioachimo Meistero cognomento Gorlicio, Gorlicii 1576 vor Augen führen. Der Panegyrikus hat explizit den Stammvater Rudolf I. zum Gegenstand, der zum Aeneas Habsburgus stilisiert wird (Römer [2001], S. 712–713; siehe dazu bereits Tanner [1993], S. 52–66) Im Gegensatz zur „Austrias“ steht also nicht der aktuelle Herrscher Rudolf II. – gewidmet ist das Epos Maximilian II. – im Mittelpunkt des Werkes, sondern der Stammvater des Hauses. 645 Klecker (2006), S. 181–202. 646 Müller [1981], S. 134.

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Wie sehr das in der Austrias angelegte ‚Doppelspiel‘, Maximilian sowohl als erfolgreichen Kämpfer und zugleich als milden Herrscher zu präsentieren auch in anderen Medien verfolgt wird, kann abschließend ein Flugblatt um 1500 zeigen (Abb. 64).647 Maximilian ist dort als Herrscher  – hier ganz oberflächlich betrachtet ohne genauen Interpretationsanspruch erheben zu können, noch zu wollen –648 im horizontal in zwei Hälften geteilten ‚neuen Medium‘649 doppelt präsentiert.

Abb. 64: Anonym (vormals zugeschrieben Hans Suess von Kulmbach), König Maximilian als Hercules Germanicus (um 1493–1500)650

647 Siehe auch ein weiteres Flugblatt von 1509 zur Behmisch schlacht (Anonym, zugeschrieben Hans Burgkmair, Die behemsch Schlacht [1509]; Bayerische Staatsbibliothek, München Sign. Einblatt I, 13; Druck/Holzschnitt [24,5cm x 13,4cm]; der Abdruck des Flugblattes auch bei Füssel [1986], S. 820), in dem es über Maximilians Kampfkraft heißt, dass er im Krieg och wagt sein leben, so dass da ward erschlagen ain grosser huff. Das Schlachtenbild über dem Text zeigt das Gemetzel. Unmittelbar darauf, und das ist entscheidend, spricht der Text von Maximilian als einem milden Herrscher, der seine Feinde schont: kain her von österreich was nye/ Er war gantz gütig vnd auch milte. (Ebd., V. 66–67) 648 Eine genauere, auch den historischen Umständen gerecht werdende Analyse bietet: Braungart (1991), v. a. S. 85–95. 649 Braungart (1991), S. 86. 650 Graphische Sammlung Albertina, Wien. Inv.-Nr. DG1948/224r; Druckgraphik/Holzschnitt (28, 3cm x 17, 8 cm).

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Er ist herausgehoben als ‚wilder‘, allein kämpfender Hercules Germanicus,651 dessen Rohheit sich im Löwenfell, in seiner Barfüßigkeit, vor allem in seinen Waffen widerspiegeln könnte – Keule und Bogen mit Hydra als Pfeil sind zu sehen und werden im beigegebenen Text explizit genannt, so dass der Kaiser als ‚deutscher Herkules‘ alle Eigenschaften des antiken Vorbilds vereinigt: Hercules Amphitrionis Iouisque Filius Victorioissimus & Inuictissimus Monstrosorum/ Regum Terror & Domitor Pacator Orbis Muni Saluator Scientiarum Virtutumque/ Instaurator Musageticus Heroum Maximus Gloriosissimus Decimator Orbis.652 Zugleich wird Maximilian im unteren Teil des Flugblatts gezeigt: Dort ist er ganz der zeitgenössisch gerüstete Ritter, der ruhig, statthaft und edel auf einem Pferd sitzt, seine Bundesgenossen anführt und sie als ‚Weltmonarch‘ vereinigt, wie der Text betont: Maximilianus Friderici Tercii Imperatoris Filius/ Rex Regum & Dominus Dominatium Potentissimus/ Hercules Germanicus Mundi Monarcha Gloriosissimus.653

2.2.6 Ludus Dianae und Rhapsodia 2.2.6.1 Virtuelle laudes und gelehrtes Wissen im Spiel Eine neue Perspektive auf die Machtrepräsentation des Kaisers im antiken Gewand, das im Dienste der aktuellen Herrschaftsrepräsentation steht, eröffnet der eigenständige Druck des Ludus Dianae, der wiederum eng auf die Rhapsodia bezogen ist. Anders als die opulente Austrias wird im Ludus Dianae und in der Rhapsodia des Konrad Celtis der Macht Maximilians über das ‚höfische‘ Festspiel654 humanistischer655 Prägung gehuldigt: Der Ludus Dianae wurde 1501 tatsächlich in Anwesenheit

651 Zu den weiteren Lobrednern, die Maximilian als alten Hercules rühmen, siehe die Ausführungen bei: Luh (2001), S. 337–338. 652 Das Bild trägt beschreibende Kennzeichnungen der Insignien (bspw. Corona Populea für die Krone) und der Figur im Ganzen; zitiert nach Braungart (1991), S. 86. 653 Auch hier tragen die einzelnen Figuren, teilweise in ihren mitgetragenen Bannern beschreibende Worte; der Text oberhalb zitiert nach Braungart (1991), S. 87. 654 Müller (2009), S. 9 sieht im Gegensatz zu Dietl (2004), v. a. S. 238–239 den Reihentypus des Fastnachtspiels als Prätext näherliegender als die Tradition des Geistlichen Spiels. 655 Müller (2009), S. 4, geht es darum zu untermauern, dass der Humanismus um 1500 nicht stadtbürgerlicher Prägung gewesen ist, im Gegenteil: „Gerade führende Repräsentationen haben die Nähe des Fürstenhofes gesucht.“ Zugleich gehen die Repräsentationsbedürfnisse am Hof nur „teilweise mit den Interessen einer gelehrten Erneuerung der Antike“ konform: „Die Frage nach dem Vorrang der Sprachen und nach der Wiederherstellung eines an der Antike geschulten Lateins wird am Hof jedenfalls anders beantwortet als an den Universitäten oder in gelehrten Sodalitäten. […] Dabei entsteht im Rahmen einer erneuten Rezeption der Antike eine neue Hofkultur. Anders als in Italien oder Frankreich […] ist ihr Medium allerdings die lateinische Sprache.“ (Ebd.)

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von Maximilian, Maria Bianca Sforza und dem Hofstaat in Linz aufgeführt656 und erst nach der Aufführung 1501 sowie 1502 gedruckt. Die Rhapsodia wurde zu Ehren Maximilians aus Anlass seines Sieges im Pfälzischen Erbfolgekrieg in Abwesenheit Maximilians 1504 aufgeführt und 1505 gedruckt.657 In beiden Werken treten noch einmal grundlegende Elemente des maximilianeischen Herrschaftsverständnisses zu Tage.658 Die Laudatio des vorbildlichen Herrschers Maximilian gewinnt Ereignischarakter,659 zugleich wird das Huldigungsspiel im Druck gesichert: Die Macht des Kaisers ist, medial verstanden, virtuell repräsentiert. Den folgenden Studien geht es vordergründig um die in den beiden Werken genannten Wesenseigenschaften Maximilians als Herrscher; die Spezifika der panegyrischen Festrituale und ihrer Kontexte selbst werden im Folgenden nur gestreift.660 Mehr interessiert, wie im ‚alten‘ Medium des Festspiels, das im ‚neuen‘ Medium des Drucks gesichert wird, Legitimationen für die politische Ordnung aus der Rolle des Herrschers als vorbildliche Führungsfigur gewonnen werden können.661 Diana, die mit weiteren antiken Gottheiten immer wieder im Ludus Dianae auftritt, wird von Merkur angekündigt und würdigt Maximilian in seiner Rolle als Jäger und Krieger; zugleich wird sie – als Repräsentantin der Antike – von ihm übertroffen: Haec Maximo regi est datura Aemilio/ Arcum pharetram, cuspidas, rete et canes/ Sibi offerens, venationum insignia,/ Victamque se dicet per egregium virum/ Venationis

656 „Der Aufwand scheint eher bescheiden gewesen zu sein; Schauspieler waren beim Ludus gelehrte Hofleute, meist Mitglieder der königlichen Kanzlei; bei der Rhapsodia Söhne aus dem österreichischen Amtsadel, die sich dadurch für höhere Aufgaben wie ihre Väter empfahlen.“ (Müller [2009], S. 5 mit Verweis auf die Liste im Wiener Exemplar und das Kolophon) 657 Zu den zwei verschiedenen Ausgaben siehe die Ausführungen von Luh (2001), S. 269–281. 658 Müller (2009), S. 5. 659 Siehe hierzu v. a. die Studien von Rudolph (2011). 660 Zum „Ludus Dianae“ und zur „Rhapsodia“ siehe v. a. Dietl (2004), S. 237–248; dies. (2005), v. a. S. 190–195; Müller (2009), S. 3–19; Rest (2010), S. 159–173. Der Text des „Ludus Dianae“ und der „Rhapsodia“ bei Felicitas Pindter (Hrsg.), Conrad Celtis Protucius: Ludi scaenici (Ludus Dianae – Rhapsodia), Budapest 1945 (Bibliotheca scriptorum medii recentiorisque aevorum 29), darin S. 7–13 und S. 16–27; mit deutscher Übersetzung bei: Alfred Schuetz (Hrsg.), Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, darin S. 50–100 und S. 190–240. Nach Alfred Schuetz werden im Folgenden die Versangaben zitiert; Regieanweisungen und Prosatexte sind ebenfalls nach den Seiten bei Alfred Schuetz zitiert und mit eigenen Zeilenangaben versehen. 661 Jan-Dirk Müllers Studien verfolgen andere Ziele: Im Kontext des Teilprojektes A3 des Sonderforschungsbereichs 573 „Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit“ untersucht er mit „Ludus Dianae“ und „Rhapsodia“ die Hofkultur des 16. Jahrhunderts, die „die Frage nach dem Vorrang der Sprachen“  – Volkssprache oder Latein  – „und nach der Widerherstellung eines an der Antike geschulten Lateins […] anders beantwortet als […] [die] Universitäten oder […] gelehrten Sodalitäten.“ (Müller [2009], S. 4) Er sieht – seiner Habilitationsschrift folgend, die den Anteil der gelehrten Literaten am Hof Maximilians stark gemacht hat und gezeigt hat, dass auch die volkssprachige gedechtnus von Ruhmvorstellungen der Renaissance geprägt ist – „Ludus Dianae“ und „Rhapsodia“ als Beispiele einer gelehrt-chevaleresken Mischkultur an. (Ebd.)

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omnem expertissimum.662 Die Antike im Kollektiv verneigt sich vor dem überlegenen Maximilian  – in den Worten Dianas: Rideris prisca vetustas/ […] Iam nihil est quin ipsa virum venerata priorem/ Ipsa Diana colo […].663 Im Gewande der Adaptation übertrifft man das Adaptierte.664 Der Kult der antiken Göttin muß vor der Austriace aula665 zurückstehen,666 gerade weil Maximilian singulär und überwältigend ist. Darüber noch hinaus wird Maximilian, dessen Blut im Ludus Dianae genealogisch mit der Reihe der Romulides Caesares667 verbunden ist, als Herrscher der Welt präsentiert, er ist der vom Himmel Gesandte: ab aethereo missus mortalibus orbis.668 Der Ludus Dianae repräsentiert das Bild eines unumschränkt-herrschenden Führers, dessen lebhafter Geist – mens vivida – als natürliche Legitimationsfigur für seine Machtentfaltung und Friedenssicherung fungiert, so dass seine Untertanen ein sicheres Leben führen können. Dies ist auf hohe künstlerische Art im gedruckten Text mit einem Akrostichon und Telestichon sowie einer erklärenden Prosa- wie Versnotiz angezeigt.669 Das Akrostichon, aus dem ersten Wort jeder Verszeile in Versalien zusammengesetzt, lautet: Rex verus, cultor iuris, mens vivida. Serva/ Iustitiam Nobis. Victa impia culmina tollis./ Occurras telis Urbis. Tunde agmina Maumet./ Suscitat urbanos bellator perdere ritus,/ In nos constrictos intendens perfidus enses./ Vexati Imperii turgentes attere motus.670 Das Telestichon, bestehend aus den dem Verstext am rechten Rand entrückten Versalien, wünscht Maximilian das Alter eines Nestor, so dass für seine Untertanen prospektiv ein friedliches Leben sichergestellt sei: [D]ucimus invicto

662 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 11–15, S. 20. 663 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 48–49, S. 24. 664 Müller (2009), S. 5 bezeichnet dies als „das Paradox höfischer Renaissance- (und noch Barock-) Kultur.“ 665 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 37, S. 22. 666 Müller (2009), S. 6. 667 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 116–119, S. 34. 668 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 70, S. 28. Siehe hierzu: Müller (2009), S. 5–6: „Antike Herrscherdoration kreuzt sich mit dem Ideal des princeps Christianus.“ 669 Die Eigenheiten des Akrostichons und Telestichons aus der Hexamter-Rede des Silvanus, die hier ausschnittsweise zitiert wurde, sind genau herausgearbeitet bei: Müller (2009), S. 12–13. Allgemein kann man formulieren, dass die besondere Machart des Textes auf die besondere Natur des Herrschers verweist und vice versa. Zu den Notizen des Druckes in der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 104–109, dazwischen die Prosaausführungen, S. 32. 670 Das Akrostichon mit der Segmentierung nach Müller (2009) zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 69–103, S. 28–30.

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tutam sub principe vitam./671 Nestereos vtinam videat feliciter annos.672 Die auf virtuose Art und Weise ausgeführten Verse sind nur für den kundigen lector wahrnehmbar, sie beziehen sich ganz auf die Natur Maximilians.

Abb. 65: Hans Burgkmair, Insignien des Collegium poetarum et mathematicorum (1504/1505)673

Während der Aufführung können solche, für einen Leser bestimmte Feinheiten, vom Hörerkreis unmöglich erkannt werden. Die Verse haben dann andere Funktion: Gesprochen oder gesungen ‚untermalen‘ sie die Handlung. Im performativen Theaterakt wird die Ovation Maximilians, er tritt als Verkörperung der Macht auf, nicht nur gespielt, sie wird regelrecht betrieben: Das Theaterspiel ist ein actus solemnis.674 Neben den gesprochenen Versen kommen Instrumentalmusik und -begleitung,675 Tanz, drei- und vierstimmige Chöre676 zum Einsatz. Die eingebaute Dichterkrönung677 am Ende des Festakts ist dabei besonders interessant: Als Ritual im Ritual, das durch

671 Besonderheiten in diesem Vers ergeben sich aus dem Medienwechsel hin zum Druck: Siehe hierzu explizit die Hinweise von Müller (2009), S. 13. 672 Das Telestichon zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 69–103, S. 28–30. 673 Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 369–2; Holzschnitt (15cm x 22,7cm). 674 Zur genauen Begriffsdefinition vgl. die Ausführungen bei Stollberg-Rilinger (2013c), S. 15–16. 675 Zur Musik siehe genauer Gingerick (1940), v. a. S. 162, 166–168. Allgemein der Zusammenhang von Musik, Festspiele und Macht: Niemöller (2001), S. 29–39. 676 „Zum mehrstimmigen Gesang wird getanzt (erster und zweiter Akt), mit festgelegter Choreographie, gelegentlich legen Regieanweisungen die Art des Tanzes fest.“ (Müller [2009], S. 7) 677 Siehe die Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, V. 162–165, S. 38.

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Maximilian selbst ausgeführt wird,678 tritt der Herrscher im Spiel aus seiner ‚Rolle‘ des Gepriesenen und wird dann selbst zum funktionalen Bestandteil des ‚Spiels‘. Er ehrt den Poeten. Aus dem Huldigungsspiel wird so ein Huldigungsakt679 in der Dichterkrönung.680 Wie sehr sich diese Form der Ehrung der Dichter um 1500 etabliert, zeigen nicht zuletzt die in einem separaten Holzschnitt (Abb. 65) verewigten Insignien des Collegium poetarum et mathematicorum, das unter Maximilian I. 1501 auf Initiative von Konrad Celtis gegründet wurde. Die insignia poetarum bestehen aus Szepter, Lorbeerkrone, Ring, Birett und Siegel, dessen Umschrift im Holzschnitt ebenfalls widergegeben ist: sigillum collegii poetarum viennae. Indem der Ludus Dianae den Akt der Dichterkrönung mit in das Festspiel aufnimmt, ist damit nicht nur die Grenze zwischen Spiel und Fest durchlässig  – in den Worten Jan-Dirk Müllers: „[e]s ist ein Fest der Herrschaft und der Poesie“681 –, sondern auch die der verschiedenen Rollen Maximilians: Er verkörpert den mythisierten Weltenherrscher  – seine menschliche Natur ist transformiert in ‚göttliche‘ Hemisphären –, zugleich ist er der ‚reale‘ irdische Herrscher, der ‚nach‘ dem Spiel alle Anwesenden zum Umtrunk einlädt,682 was das Spiel ‚verlängert‘, es in die höfische Welt fließend übertreten lässt. Neben der panegyrischen Referenz an Maximilian besitzen auch die docti des ‚Hofes‘ verschiedene ‚Rollen‘. Sie geben sich sowohl als Lobredner wie auch als Ratgeber des Herrschers aus:683 Es wird an konkrete politische Konflikte erinnert, die Maximilian durch Wissen, vermittelt über seine Berater und oratores, zu bestehen weiß. Trägt bereits die Aufführung epistemische Momente in sich684  – die Schauspieler belehren die Zuschauer685 –, so sind diese in den Drucken noch einmal ver-

678 Genauer zur Dichterkrönung: „Es wird so getan, als habe dieses Ritual, das doch erst vor wenigen Jahren (1487) von Kaiser Friedrich III. erstmals in Deutschland zelebriert worden war, längst eingeführte Formen.“ (Müller [2009], S. 7–8) 679 Müller (2009), S. 10: „[D]ie Grenze zwischen theatraler Repräsentation und Partizipation verschwimm[t].“ 680 Müller (2009), S. 8. 681 Müller (2009), S. 8. 682 Siehe in der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Ludus Dianae“, Prosatexte, S. 45. 683 Müller (2009), S. 6. 684 Damit wird intendiert, dass sich die gedechtnus-Werke Maximilians nicht nur an der Machtrepräsentation orientieren, sondern die Kunst als Ausdruck der translatio imperii et studii fördern: Dietl (2004), S. 243. 685 Marcurius stellt Diana vor, nennt ihre Attribute; Geschichte und Funktion der Götter werden erläutert; Diana erklärt ihren Kult; Bacchus beschreibt seine ‚Eigengeschichte‘; verschiedene Versmaße werden exemplifiziert; der Begriff carmen ist als poetischer Gattungsbegriff eingeführt: „Präsentiert wird vor den Vertretern der ‚alten‘ Hofkultur von den Vertretern der ‚neuen‘ eine Musterkarte gelehrter Hofpoesie. Höfische Repräsentation und Schulactus sollen miteinander verschmelzen.“ (Müller [2009], S. 10–11)

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stärkt. Die Aufführung ist nur eine Realisationsform der Ehrerbietung. Mit dem Druck wendet man sich an die gelehrte Welt überhaupt.686 Dafür stehen die Szenenanweisungen der jeweiligen Akte: Sie sind zum Teil im Präteritum ausgeführt anstatt im für den Aufführungskontext bestimmten Präsens.687 In nuce wird hier die Strategie der maximilianeischen Ehrenwerke offensichtlich: Im Medium der Schrift kann die Würdigung der ausgezeichneten, an sich vergänglichen natürlichen Herrscherfigur Maximilian besser als in und mit der Performanz des Festspiels abgesichert werden. Damit ist das Werk nicht nur eine panegyrische Preisung des Herrschers, sondern zugleich das Protokoll eines Inszenierungsaktes sowie Dokument gelehrten Wissens per se.688 Zusammengefasst: Es ist (mediale) Verkörperung der Macht einer höfisch-gebildeten Elite um 1500, deren Leitfigur Maximilian ist. Aber gerade die Instabilität des ‚Hofes‘ Maximilians und der damit verbundenen Fluktuation ihrer Mitglieder schafft über das verschriftlichte Huldigungsfest keine konstante ‚höfisch-literarische‘ Tradition: Der Ludus Dianae bleibt singulär, er bricht ohne literarische Nachfolge ab.689 Die Synthese aus Panegyrikus des Herrschers mit gleichzeitigem Protokoll eines ‚echten‘ Hofzeremoniells gelingt nur im Ludus Dianae: Die Rhapsodia, von Konrad Celtis kurz nach dem Ludus Dianae geschrieben, muss deren synthetisierten Elemente wieder trennen, sie dividiert zwischen Virtualität und Realität.690 Das Festspiel findet erstens ohne Maximilian statt – ein Schauspieler vertritt ihn, agiert in persona regis –,691 zweitens ist die Huldigung des Kaisers nur literarisch ausgeführt,692 drittens ist sie ganz aus einem höfischen Rezeptionsrahmen gelöst.693 2.2.6.2 Repräsentation des Herrschers im Druck Was beim Ludus Dianae noch an und mit dem Körper des Herrschers im ‚Spiel‘ passierte und erst danach vertextet wurde, das ist in der Rhapsodia von Anfang an ganz auf Stellvertretung angelegt: Maximilian ‚spielt‘ nicht mehr mit, eine virtuelle

686 „Die Aufführung war […] nur eine Form der Realisation des panegyrischen Textes […]. Der Vollzugscharakter tritt in den beiden frühen Ausgaben des Ludus sukzessive zurück. Die Einzelveröffentlichung als Spiel und die Veröffentlichung im Angang von Celtis‘ Amores unterschieden sich nämlich dadurch, dass in letzterer die Noten fehlen […]. Der zweite Druck zielt damit eindeutig nicht mehr auf Vortrag oder Wiederholung, sondern auf Dokumentation eines ohnehin einmaligen Vorgangs.“ (Müller [2009], S. 11–12) 687 Müller (2009), S. 11–12. 688 Müller (2009), S. 13. 689 Müller (1982), S. 259. 690 Allerdings ist die Machart ähnlich dem „Ludus Dianae“; besonders bei der Dichterkrönung treten wieder Differenzen auf. Siehe dazu: Müller (2009), S. 16. 691 Zu Spekulationen, ob Konrad Celtis Maximilian vertritt: Dietl (2004), S. 246. 692 Müller (2009), S. 16. 693 Müller (2009), S. 16–17.

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Öffentlichkeit,694 hergestellt durch den Druck und nicht mehr ein während des Rituals anwesendes Publikum, ‚schaut‘ zu. Maximilians Körper ist medial repräsentiert; er wird zum militiae sublime decus – zur Zierde der Ritterschaft.695 Im Sinne der maximilianeischen gedechtnus-Werke ist ein ganzes Bündel seiner Herrschereigenschaften wie -tugenden im Text gepriesen: So zum Beispiel seine hohe Abkunft, seine bereits im Kindesalter hervorstechenden Geistes- wie Körperkräfte, seine Geschicklichkeit in Waffengattungen, die tapfer auf sich genommenen Gefahren.696 Auch seine Künste als Jäger, Turnierritter, Krieger und Kämpfer in Feldschlachten werden gepriesen.697 Die Rhapsodia entwirft durch und durch das Idealbild eines Herrschers, der sein ganzes Leben lang unentwegt rastlos und leistungsfähig agiert – nulla dies immunis erat698 –, niemals unbewegt ist, der seit seiner Jugend kein einziges Mal weichlich und träge war, Zeit nie vergeudete: molia luxu tempora.699 Maximilian übertrifft ‚weit entfernte‘ Heroen der griechischen Mythologie oder ‚nähere‘ Vorgänger wie Karl den Großen, die Ottonen und Staufer durch seine ausgezeichneten Eigenschaften  – Barbarossa, auch Chunradi, Henrici, Ludovici aliique corrusci700 sind genannt. 701 Im Ludus Dianae – als Beispiel der Inszenierung eines Aktes höfischer Repräsentation unter der Regie eines gelehrten Poeten702 – und auch in der Rhapsodia – als Beispiel für den Übergang einer höfischen Festkultur in die Schriftlichkeit703 – verschmelzen damit Mythologie und deutsche Geschichte zur Herrscherapotheose.704 Die Aufführung des Ludus Dianae fand – zumindest vor der Drucklegung – in Anwesenheit Maximilians statt, sprach diesen und seine Frau unmittelbar an, so dass sie in das Geschehen integriert wurden.705 Diana, Silvanus und Bacchus loben Maximilian für jene Qualitäten, für die sie als Gottheiten selbst stehen: Als Jäger, als Heerführer, als Freund und Förderer von Festen. Dem Herrscher wird mit der Aufführung jeweils die ‚Rolle‘ eines (Halb-)Gottes zugesprochen, auch wenn er weiter ‚real‘ während des Festspiels anwesend ist. Wird der Herrscher aber durch einen Schauspieler ersetzt,

694 Müller (2009), S. 17. 695 Müller (1982), S. 171. 696 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 46–63, S. 65–68. 697 Müller (2009), S. 14. 698 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 121, S. 76. 699 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 73, S. 104. 700 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 158, V. 167, S. 79. 701 Müller (2009), S. 14–15. 702 Müller (2009), S. 8. 703 Müller (2009), S. 14. 704 Müller (2009), S. 15. 705 Dietl (2004), S. 240.

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wie in der Rhapsodia, ist die Huldigung vollkommen ins Theatralische geführt: Dann ist es möglich, den Kaiser als etwas Höheres zu inszenieren.706 In der und durch die Rhapsodia, in der zusätzlich die Grenze zwischen einem nur gespieltem und einem zugleich tatsächlich vollzogenem Akt kollabiert,707 wird Maximilian zum göttlichen Abglanz708 und darüber hinaus selbst zu Gott, wie die Widmungsadresse besagt, in der Konrad Celtis und seine Schüler Maximilian ihre Aufwartung machen, genu nixi, ut coram deo fit.709 Mit gebeugtem Knie überreichen sie ihre hostia,710 wie es sich vor Gott, also Maximilian, ziemt, der die Herzen der Dichtenden zu neuen Tempeln werden lässt: Ergo colat variae te, princeps hostia linguae,/ Nam nova templa tibi pectora nostra facis,/ agunt et referunt.711 Wie die Sonne, die den Mittelpunkt des Himmels darstellt und von sieben Planeten flankiert wird, überstrahlt Maximilian die Siebenzahl an Kurfürsten.712 Er wird nicht nur Phoebus und Apoll, dem Sonnengott, gleichgestellt, sondern ebenso Jupiter: Ceu septem adverso discurrunt sidera motu./ Inter quae meius, splendide Phoebe, micas,/ Sic Caesar residet septeno numine cinctus,/ Sancta ubi maiestas et Iovis ales adest.713 Dabei vollzieht sich eine Steigerung in der Transzendierung Maximilians. Das Neue seiner Macht – nova templa steht hierfür metonymisch in der Widmungsadresse der Rhapsodia – schlägt sich gerade in der Überhöhung dessen nieder, als dessen Verkörperung Maximilian noch gepriesen wurde: Apoll und die Musen treten – jetzt nicht mehr im exklusiv für Maximilian bestimmten Beitext, sondern direkt im ‚Spieltext‘– jeweils in persona auf und besingen Maximilian als ihren Herrscher.714

706 Dietl (2004), S. 241. 707 Müller (2013), S. 347. 708 Dietl (2004), S. 242. 709 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 4, S. 197. 710 „In der Bezeichnung der dem König überreichten Dichtungen als „hostia“ – ein Begriff, dessen antik-christliche Doppeldeutigkeit sich Celtis wohl absichtlich bedient – und im mystischen Bild vom Tempel des Herrn im Herzen der Schüler wird [der] […] Vergleich des Herrschers mit Gott noch überboten.“ (Dietl [2004], S. 242) 711 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 6–8, S. 197. 712 Nach vorkopernikanischem Weltbild nimmt die Sonne die mittlere Bahn zwischen den anderen Planeten ein; fraglich ist die siebte Kurfürstenstimme, also die des Königs von Böhmen: „Im Druck soll auch außerhalb des unmittelbaren Festkontextes die Sonderrolle der böhmischen Kür gegenwärtig gehalten werden, und deshalb sind dem Spiel polemische Schriften gegen die Böhmen und Jan Hus beigegeben.“ (Dietl [2004], S. 242) 713 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 1–4, S. 59. 714 Zitiert nach der Ausgabe von Alfred Schuetz, Die Dramen des Konrad Celtis, Wien 1948, „Rhapsodia“, V. 14, S. 61. „Wie im „Ludus Dianae“ übertrifft Maximilian [in der „Rhapsodia“] die Gottheit in dem, was sie repräsentiert.“ (Dietl [2004], S. 243)

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Die Hybridisierung antiker Mythologie mit christlichem Gedankengut stellt in den Werken kein Problem dar, beides verschmilzt. Strategisches Ziel dabei kann aber nur das Übertrumpfen der Antike durch den ‚neuen‘ Apoll, den ‚neuen‘ Jupiter Maximilian sein. Diesen übertrifft und verkörpert Maximilian nicht nur, sondern er ‚vertritt‘ auch den christlichen Gott, denn: Mit Boccaccios Genealogiae deorum gentilium – die sich Konrad Celtis für seine Arbeiten von Sixt Tucher schicken lässt715 – wird klar,716 dass Jupiter eine Metapher für den christlichen Gott ist: Ihn verkörpert Maximilian (stellvertretend). Um die bisherigen Quellenanalysen Kaiser Maximilians I. zusammenzufassen: Im Durchgang durch die einzelnen literarischen Ehrenwerke und der Erweiterung mit bildlichen Quellen ist in den obigen Teilkapiteln die Komplexität der maximilianeischen Ehrenwerke deutlich geworden. Der Kaiser tritt immer wieder in verschiedenen Rollen auf, die sich oft nur noch heuristisch voneinander trennen lassen. Die Inszenierung des Herrscherkörpers kann nicht auf die eine Vorstellung vom Wesen des Herrschers herabgebrochen werden. Des Weiteren tritt im Material keine dichotomische Konstruktion der Vorstellung von body natural oder body politic auf. Es galt, jedes Einzelbeispiel für sich zu entschlüsseln: Welche Rolle(n) dort der Herrscher jeweils aus welchen Gründen einnimmt, wie das Spiel von Inklusion und Exklusion die leibliche und die Amtsnatur, die irdische und transzendente, die weltliche und geistliche Natur des Herrschers immer wieder aufs Neue verbindet und trennt, wurde untersucht. Anhand der folgenden Einzelanalysen des Stammbaums zu Tratzberg, des Goldenen Dachls, von Ehrenpforte, Triumphzug und Grabmalsprojekten sollen die bisher erarbeiteten Feststellungen im Folgenden vertieft, zugleich über eine breite Material-

715 Rupprich (1934), Nr. 36, S. 62, Nr. 73, S. 122–123. Siehe hierzu die fundierten Ausführungen bei: Dietl (2004), S. 244–245. 716 Dietl (2004), S. 244.

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schau erweitert werden. Medien-,717 wissens-718 und machtpolitische719 Aspekte der durch und durch politischen Repräsentationswerke werden berücksichtigt und miteinander verknüpft.720 Deutlich soll damit noch einmal auf die verschiedenen Bearbeitungsphasen und vielfachen Modellierungen in den medialen Ehrenwerken des Kaisers und seiner Dynastie eingegangen werden: Macht wird sowohl im Text wie im Bild, in Handschriften ebenso in steinernen wie gedruckten Denkmälern entworfen.721

2.2.7 Kaiserliche Monumente zwischen vergoldetem Stein und gedrucktem Papier 2.2.7.1 Goldenes Dachl Das Goldene Dachl in Innsbruck ist ein besonderes Beispiel eines architektonischen Großprojektes, das als Monument für die Macht des Kaisers steht. Im Kontext der Wechselverbindung von Macht und Architektur wird in den Studien hier bewusst auf Detailanalysen zu Gebäuden und Festungsbauten unter Friedrich III., Karl V. oder

717 Wie unterschiedlich die Medien fungieren, zeigt bereits die Qualität graphisch-visueller Träger, denen es zu gelingen scheint, ästhetische Mängel in der Sprachdarbietung kaschieren zu können: Berns (1980), S. 662. 718 Beispielsweise verschmelzen antike Mythologie und deutsche Geschichte in der Herrrscherapotheose. (Müller [2009], S. 15) Überhaupt scheint die Antike ein bedeutender Träger im Kontext der Hofkunst Kaiser Maximilians I. zu sein und zwar sowohl dekorativer wie auch inhaltlicher Natur. (Müller M./Räver-Kann [2003], S. 17) Uta Goerlitz beschreibt in diesem Kontext mit Paul Joachimsen gesprochen Konrad Peutinger als „historisches Orakel“ für den Gelehrtenkreis Maximilians I. Sie zeigt dabei auf, dass es Konrad Peutinger und vor allem Maximilian I. gerade nicht um eine rein pragmatische Aneignung der Antike im Speziellen und der Vergangenheit im Allgemeinen zum Zwecke des gegenwärtigen Herrscherlobes geht. Vielmehr steht ein Erkenntnisinteresse im Mittelpunkt, „das die historische Distanz markiert und eben dadurch den Blick vermehrt von der Antike auch auf das Mittelalter im Sinne der von den italienischen Humanisten ins Spiel gebrachten Epochentrias richtet.“ (Goerlitz [2009], S. 63–65 siehe dort auch die Anmerkungen zu Paul Joachimsen) 719 An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass gerade eine Analyse der Außenperspektive anderer Herrschaftshäuser auf Maximilian I. interessante Erkenntnisse hinsichtlich des Spezifikums und der Rahmenbedingungen seiner kaiserlichen Herrschaft erbringen kann. Siehe hierzu die Studien von Lutter (1998) zu den venezianischen Gesandten, die den Signorie detailreich über Maximilian zu berichten wussten. 720 Text wie Bild berücksichtigende Untersuchungen zu den multimedialen Werken Maximilians sind so in der Forschung noch nicht gestellt worden; eine Ausnahme bilden die Studien von Kellner (2013), S. 52–103. 721 In verschiedenen Arbeitsphasen und Bearbeitungsschichten werden jeweils eigene, ganz spezifische Binnenräume entwickelt. Die Anlage dieser Binnenräume korrespondiert mit jenen Räume, in die sie eingebettet zu sein vorgeben: Reale, symbolische, zeremonielle wie rituelle Räume. Zur Differenzierung der Räume siehe Vocelka/Heller (1997), v. a. S. 227–304.

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Maximilian I. verzichtet,722 mehr steht mit dem Goldenen Dachl ein Bauwerk im Mittelpunkt, an dem sich geradezu beispielhaft architektonische Strategien der Machtverkörperung, schließlich die Bedeutung von Medialität wie Materialität in der architektonischen Herrschaftsrepräsentation der Habsburger um 1500 studieren lassen.723 Das Monument wurde unter Maximilian an der zum Stadtplatz gelegenen Seite des Neuen Hofes in Innsbruck, den er im Kontext einer Verwaltungsreform von 1497/1499 zum Hauptsitz der Hof- und auch Raitkammer, also der obersten Finanzbehörde des Reiches,724 ausbauen ließ,725 wohl 1500726 durch den Abschluss der Arbeiten727 an der zentralen Wandmalerei und das Aufsetzen des Daches fertiggestellt.728 Die Komplexität des Monuments macht eine Gesamtdeutung schwierig:729 ‚Altes‘ und ‚Neues‘ verbindet sich zu einem Stil sui generis.730 Baukunst vermischt sich mit Plastik; Malerei tritt hinzu;731 Monumentalität und Detailreichtum gehen miteinander einher. Bereits ein erster Blick732 (Abb. 66) führt – ohne terminologisch allen Facetten gerecht werden zu können – den hybridartigen Charakter des Bauwerks vor Augen:733 Auf zwei säulenhaften Stützen fußend, erhebt sich die Konstruktion in ihrer multime-

722 Interessant sind hier vor allem die Bauten unter Friedrich III.: Grazer Burg, Wiener Neustädter ‚Hof‘-Anlage mit Kapelle und Wappenwand; unter Maximilian I. die Innsbrucker ‚Hof‘-Anlage. Siehe hierzu: Lhotsky (1971a), S. 239–263. 723 Beispielhaft für die Reihe an Forschungsliteratur, die die Verbindung von Architektur und Macht im Mittelalter und der Frühen Neuzeit analysieren, siehe den jüngsten Sammelband: Wagener (2012). Allgemein zu diesem kulturhistorischen Konnex: Oechslin/Nerdinger (2012); Schwandner (2004); Kündiger (2001). 724 Pokorny (2002/2003), S. 31. 725 Die Datierungsfrage ist bis heute nicht gesichert beantwortet, „[l]ediglich in bezug[sic!] auf die beteiligten Künstler gab es einen Konsens. So gilt die Bauplastik größtenteils als Werk des späteren Stadtbaumeisters Niklas Türing d. Ä. […], während die Wandmalereien […] Jörg Kölderer bzw. seiner Werkstatt zugeschrieben werden.“ (Pokorny [2002/2003], S. 31) 726 Zur Aktualisierung der Wappen nach der Kaiserkrönung Maximilians: Franke/Wenzel (2013), S. 17. 727 Es mag sich „die von Franz-Heinz Hye vertretene Frühdatierung in die Jahre 1494–96 durchgesetzt […]“ haben. (Pokorny [2002/2003], S. 39) Diplomatisch die Aussagen von Morscher (2004), S. 11–13. 728 Es schloss wohl „den Umbau eines bereits zuvor vorhandenen gewesenen […] Erkers“ ab: Hye (1997), S. 38; ebenso ders. (1980), S. 32–35. 729 Die genaue Datierung der Bauplastik selbst steht noch immer nicht zweifelsfrei fest. 730 Oberhammer (1970), S. 21–22. 731 Felmayer (1996), S. 11–12. 732 Gesamtbeschreibung: Lutterotti (1956), S. 7–28. 733 „Es wurde gelegentlich geäußert, es sei schwer, für den ganzen Bau des Goldenen Dachls einen bezeichnenden Ausdruck zu finden; in seinem unteren Teil sei er ein Erker, in seinem oberen ein Balkon. […] Man sollte doch treffender das ‚Ganze‘ als Söller oder als Altane bezeichnen […]. Wenn sich dennoch bei der Benennung des ganzen Bauwerks eine gewisse Hemmung einstellen will, so vor allem deshalb, weil […] die herkömmlichen Begriffe nicht recht passen […].“ (Oberhammer [1970], S. 23–24)

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dialen und mehrdimensionalen Eigenheit, leicht von der Hauptfassade abgesetzt, als Mischform zwischen Erker und Balkon;734 sie bietet, besonders mit ihrem bis heute namensgebenden goldenen Dach, einen imposanten Anblick.

Abb. 66: Goldenes Dachl (um 1500), Gesamtansicht heutiger Zustand

734 Zum goldenen Schnitt: Brätz (2006), S. 21–43.

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Nicht weniger interessant präsentiert sich das Miteinander der verwendeten Medien sowie Materialien: So treten Reliefs, Wandmalereien, Statuetten, Wappen und kleinformatige Figuren, auch Embleme ebenso zu Tage, wie sich Holz, Sandstein, Marmor und Gold mischen. Es stellt sich ein Wechselspiel zwischen Innen- und Außenraum ein: Zunächst sind an der Außenfläche – vom Erdgeschoss bis zum Dach gelesen – Inschrift, Wappen, Fenster, Bannerträger, Jahreszahl, Relief mit orientalisierendem Schriftzug735 sowie verwischte Wandmalereien an den Seitennischen, Kielbogen mit Tierfries, Statuetten an den Säulenecken über dem Balkon, Tierfigürchen und Goldschindeln des Daches zu entdecken. Machtansprüche  – auch der Aufbruch in ein neues Jahrhundert scheint mit der Zahl 1500 dem Monument eingeschrieben worden zu sein – werden durch das vergoldete Dach signalisiert. Exzessive Feiern – auf den Reliefs der Balkonbalustrade überschlagen sich Moriskentänzer736 förmlich in ihren Körperbewegungen und umgeben den zweimal dargestellten Kaiser im Zentrum  – und erotische Andeutungen737 verbinden sich mit Aussagen zur Genealogie des Bauwerkes.738 Auf einer Art Zwischenebene befinden sich die Figuren der Netzgewölbefiguration des Erdgeschosses und die Fresken an der Rückwand des Balkons: Diese werden erst beim Herantreten erkennbar. Sieht man sich das Netzrippengewölbe im Erdgeschoss an – es ist außen, doch zugleich innen –, so stechen die Posen nackter Männerfiguren hervor, die entblößte Hinterteile (Abb. 67) und Genitalien (Abb. 68) von sich strecken.739

735 Aktueller Deutungsversuch bei Brätz (2006), S. 10–17. 736 Analysen: Franke/Wenzel (2013), S. 23–45 und Felmayer (1972), S. 118–119. 737 Eine der Seitenfresken zeigt eine nackte Frau; fraglich allerdings, ob „[s]ie […] Frau Minne [darstellt], die am Ende des Mittelalters weniger die hohe als zunehmend die niedere Minne […] verkörperte.“ (Pokorny [2002/2003], S. 37) 738 Wappenstein Erzherzogs Sigismunds und Restaurationsinschriften: Morscher (2004), S. 13. 739 Darstellung der Figuren im Gewölbe des Erdgeschosses, auch des Schmuckes am Gewölbe des Balkons: „Die kleinen Figuren zeigen das ganze Spektrum der Gesellschaft, wobei Sebastian Brants ‚Narren-Schiff‘ […] wohl teilweise als Vorlage gedient hat.“ (Felmayer [1996], S. 69, S. 73–82)

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Abb. 67 und Abb. 68: Goldenes Dachl (um 1500), Figurenschmuck, Ausschnitt, Ansicht heutiger Zustand

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Eine weitere Zwischenebene bildet die zentrale Wandmalerei im Balkon:740 Teilweise zu weit weg, um sie vom Stadtplatz vor dem Goldenen Dachl aus genau erblicken zu können, da die Sicht durch vier Säulen verdeckt ist, was somit ein sukzessives Erfassen voraussetzt, und doch zu nah, um das Dargestellte auf einen Blick beim Aufenthalt auf dem Balkon einzufangen. In einem Innenraum über der zentralen Wandmalerei verschließt sich das Netzgewölbe Betrachtenden, die am Stadtplatz stehen: Dieses ist Besuchern auf dem Balkon des Goldenen Dachls vorenthalten.741 Nur diese können die Wandmalereien742 in den vom Gewölbe gebildeten Lünetten und Schmalseiten erkennen; auch der kleinformatige Schmuck und die Figuren, Embleme sowie Wappen743 in den Zwickeln der sich schneidenden Diagonalen der Netzgewölbefiguration und die Statuen am Rippenansatz können ausschließlich von ihnen erfasst werden. Es ist der Forschung bisher weder gelungen, das paradigmatisch in sich gespiegelte Gesamtpanorama des Monuments interdisziplinär zu untersuchen,744 noch diverse Einzelinterpretationsversuche745 für sich stehend auf der einen Seite gelten zu lassen, diese auf der anderen Seite zu harmonisieren746 oder die Multiperspektivität des Goldenen Dachls in seiner Gesamtheit zu würdigen:747 Geradezu überladen wirken manche Deutungsversuche, wohl auch bedingt durch das vielschichtige Programm.748 Deutlich wird: Das gesamte ‚Bauwerk‘ symbolisiert die Macht Maximilians. Der Kaiser besetzt mit dem Monument ‚effektvoll‘ und „repräsentativ ein städtebauliches

740 Die Wandmalerei „[…] nimmt auf die reale Architektur Bezug. [Sie] […] verbindet das Eingangsportal mit dem mittleren Gewölbebogen, wodurch das dortige Wappenfresko zugleich als Wandschmuck des gemalten Erkers fungiert und die Asymmetrie zwischen Portal und Gewölbe verschleift.“ (Beschreibung und Interpretation des schwer zu deutenden Programms bei: Pokorny [2002/2003], S. 38) 741 Fischnaler (1936), S. 37–38 spricht gegen die Sichtweise, er solle als „Hofloge am Stadtplatz“ gedient haben. (Hye [1988], S. 36) 742 Die Lünettengemälde stellen  – vom Balkon aus zur Platzseite hin von links nach rechts gesehen – Samsons Kampf mit dem Löwen, Samson und Delila sowie das Meerwunder dar. Die Schmalseiten zeigen – wieder vom Balkon aus zur Platzseite gewandt – links das Brustbild einer Frau, rechts das eines Mannes: Es wirkt, als blickten sich beide über den Balkonraum hinweg an. Deutung als „etwas spätere Ergänzungen“: Morscher (2004), S. 34–36. Interpretationsvorschläge mit Vorlagen von Albrecht Dürer bei Pokorny (2002/2003), S. 32–37. 743 Schematische Aufgliederung für den Schmuck im Gewölbe: Fischnaler (1936), S. 26–31. 744 Überblick bei Franke/Wenzel (2013), S. 15; dort der Verweis auf die einzige Schriftquelle, ein Zahlungsbeleg für die Vergoldung der Schindeln von 1500. 745 Franke/Wenzel (2013), S. 15–51. 746 Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass man sich bisher vermehrt an jeweils vorausgehenden Einzeldeutungen abgearbeitet hat, anstatt die Schwierigkeiten des Goldenen Dachls herauszuarbeiten (exemplarisch die Angriffe auf Johanna Felmayer durch Hye [1997], S. 59–60, S. 70). 747 Als zentrale Eigenschaft des Monuments könnte von einer starken Betonung an Doppelungen darstellender Art, wie bei den Paarbeziehungen der Moriskentänzer, und auch thematischer Art, wie beim Umspielen von Fest und Macht, Erotik und Herrschaft, gesprochen werden. 748 Siehe hierzu den geradezu überladenen Deutungsversuch von Brätz (2006).

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Scharnier, […] einen markanten Wegepunkt in seinem Reich. […] Es sind die Reisenden, die das Goldene Dachl bestaunen“,749 wenn sie es auf den Haupthandelsrouten nach Italien in Innsbruck kreuzen. Zugleich wurde das Monument wohl nicht nur bestaunt. Besucher traten auch auf den Balkon. Von Wert im Hinblick auf diese ‚aktive‘ Rezeption sind die in die Wandmalerei am Balkon eingravierten Namen der Besuchenden mit teilweise eigenen Kommentierungen, wie beispielsweise die G ­ raffiti auf der Frau (Abb. 69), die sie unter anderem als serva libidinis diskreditieren.750 Die „Kritzeleien“ zeugen davon, dass das Bauwerk für viele offen stand.751 Schließlich wird die Intention der übergroßen Fahnenträger, der Wappen und nicht zuletzt des nach allen Seiten hin strahlende Goldes am Dach von einem breiten Kreis verstanden: Es geht um die Vorrangstellung des Kaisers.

Abb. 69: Goldenes Dachl (um 1500), Wandmalerei, Ausschnitt, Ansicht heutiger Zustand

Zugleich, und hier werden wieder  – ähnlich wie bei der unten zu besprechenden Ehrenpforte – ‚Verstehensbarrieren‘ in einem maximilianeischen Großprojekt eingebaut, erhält das Monument die Aura des ‚Außer-Normalen‘ und zugleich Exklusivem, wenn beispielsweise der goldene, orientalische Sprache imitierende Schriftzug hinter den Figuren in den Reliefs an der Brüstung (Abb. 70) zwar in seiner ‚Riesenschrift‘ vom Stadtplatz aus gut sichtbar, aber nicht lesbar und (wohl auch gar nicht) über-

749 Franke/Wenzel (2013), S. 18, S. 20. 750 Pokorny (2002/2003), S. 42. 751 Das Urteil Morschers (2004), S. 33 dagegen, die Kritzeleien wären eine Quelle von „kulturgeschicht[lich] […] unschätzbarem Wert“, ist überzogen.

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setzbar ist. Das, das sich vor allen visuell ausbreitet, deutet selbst darauf hin, dass es nicht von allen verstanden werden will, womit es arkan bleibt.

Abb. 70: Goldenes Dachl (um 1500), Reliefs an der Balkonbalustrade, Ausschnitt, Ansicht heutiger Zustand

Kaiser Maximilian I. ist auf den beiden zentralen Platten des zum Stadtplatz zeigenden Reliefsextetts an der Balkonbalustrade des Goldenen Dachls doppelt dargestellt (Abb. 70): Auf der heraldisch rechten Reliefplatte mit zwei Frauen,752 auf der linken Platte mit einem Hofnarren und Ratsherren.753 Die Figur des Narren, der die Gestik des Kaisers in einer Spiegelverkehrtheit nachäfft, stellt die interne Verbindung im Doppelrelief her, indem er von einer Freske zur anderen blickt und deutet. Die Reliefs zeigen keine Gegenüberstellung von zwei Körpern des Kaisers, der männlichen Attraktivität und Potenz des Ehemanns mit seinen beiden Frauen754 heraldisch rechts und dem politischem rechtschaffenden Herrscher mit Ratsherren heraldisch links an.

752 Wohl seine beiden Gemahlinnen Maria sowie Bianca: „Auf Grund der Wappen, die den von der Brüstung hängenden Brokattepich schmückten, werden die beiden Damen seit Roschmann […] mit Maximilians Gemahlinnen identifiziert […]. Dabei besitzen die beiden Damen nicht die geringste Portraitähnlichkeit […]. Andererseits bezieht sich die Heraldik des Reliefs eindeutig auf Maximilians Gemahlinnen.“ (Pokorny [2002/2003], S. 32–37 und S. 43) Siehe auch die Überlegungen von Michel (2013), S. 144. 753 Deutung als Ratsherr bei Pokorny (2002/2003), S. 43. 754 Mit der dargestellten Szene im von Moriskentänzern gesäumten Relief mag auf ein ironisches Spiel einer Buhlschaft um Maximilian hingewiesen werden: Ein Buhlwettstreit, den Bianca verlieren sollte (Unterordnung kommt ja auch auf den Wandmalereien des Stammbaums in Tratzberg zur Geltung: Während Maria in das ‚Geflecht‘ der Habsburger eingebunden ist, wirkt Bianca isoliert, so Hye [2003], S. 157).

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Genauer gelesen ist in dieser ‚Doppelung‘ auf eine Gleichzeitigkeit mehrerer Rollen des Kaisers hingewiesen: Maximilian I. tritt als Herrscher und als Liebender beziehungsweise Umworbener auf – unabhängig eines genauen historischen Kontextes.755 Nicht zuletzt symbolisiert das exklusive Material am Bauwerk, dass die Macht und mit ihr verbunden die Aura des vollkommenen Herrschers regelrecht ‚vergoldet‘ ist. 2.2.7.2 Stammbaum Schloss Tratzberg756 Ein weiteres imposantes Denkmal für die Macht Maximilians ist das Stammbaumfresko im so genannten Habsburgersaal auf Schloss Tratzberg. Es wurde wohl 1505/1506757 zur Huldigung Maximilians durch die in den Adelsstand aufgestiegene Kaufmanns- beziehungsweise Bürgerfamilie Tänzl initiiert.758 Der Stammbaum präsentiert auf insgesamt 46 Metern 148 Erwachsene wie Kinder der Habsburger. Ähnlich dem Goldenen Dachl in Innsbruck verkörpert der Stammbaum die Macht des Kaisers, allerdings kommt es zu weitreichenden Verschiebungen im Darstellungsmodus: Das Blut der Dynastie steht im Vordergrund. Zugleich ist die Bilderchronik an die Wände des Prunksaals im Schloss gemalt und somit nicht, wie das Goldene Dachl, ein gebautes Monument. Zu diesem ausladenden und monumentalen Stammbaum der Habsburger Dynastie, der zu seiner Entstehungszeit „je geschaffen worden ist“,759 sollen mit dem Akzent auf der Medialität einige Perspektiven erarbeitet werden. Der Stammbaum stellt ein Forschungsdesiderat dar, was weitere Forschungen notwendig macht.760

755 Besonders, wenn die zu diesem Zeitpunkt seit Langem tote Maria von Burgund als Lebende neben Maria Bianca Sforza erscheint. 756 Die folgenden Ausführungen knüpfen an die kursorischen Überlegungen bei Kagerer (2016), S. 155–159 an, erweiteren diese zugleich über eine breitere und genauere Materialschau. 757 Zur Datierungsfrage und Zuschreibungsfrage an Hans den Maler von Ulm siehe genauer Hye (2003), S. 10–11. Dort auch die Diskussion, ob Stammbäume der Ambraser Sammlung Ferdinands II., beispielsweise der „Voland-Stammbaum“, als älter zu gelten haben. (Ebd., S. 11–13) 758 Nach kontinuierlicher Erweiterung des Landes Tirol, das Maximilian durch Erzherzog Sigmund dem Münzreichen übertragen wurde, kam Schloß Tratzberg „aus seiner bisherigen Randlage“ (Hye [2003], S. 10) in den Mittelpunkt der habsburgischen Ländereien. Maximilian überträgt 1499 mit weiteren wirtschaftlichen Rechten das Schloß der, über ihre Bergwerksunternehmen in den Adel aufgestiegenen, Kaufmanns- und Bürgerfamilie Tänzl und macht es von „einem landesfürstlichen Lehen z[u] [ihrem] Eigenbesitz.“ (Ebd.) Die Tänzl – als Auflage der Übertragung des Schlosses und des Tausches gegen die Feste Berneck verpflichteten sie sich zum Wiederaufbau des abgebrannten Tratzberg – nutzten den Renaissanceausbau um 1500 auch zur Huldigung des neuen Landesherren durch eine Darstellung seiner mächtigen Genealogie. 759 Hye (2003), S. 10. 760 Beispielsweise wäre grundsätzlich zu fragen, ob es sich hier überhaupt um einen Stammbaum handelt: Die folgenden Analysen werden immer wieder die Spezifika der Bilderchronik herausarbeiten, die das ursprüngliche ‚Bild‘ eines Stammbaumes korrigieren sollen.

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Der Stammbaum von Tratzberg zeigt in halblebensgroßen Körperportraits bedeutende Vertreterinnen und Vertreter Habsburgs: Sie ‚stehen‘ zwischen König Rudolf I. von Habsburg, mit welchem der Stammbaum beginnt, und den Kindern Johannas von Kastilien und Philipps des Schönen, mit denen das Bilderkabinett endet.761 Die Sukzession in der Zeit beziehungsweise das kontinuierliche ‚Fließen‘ des Blutes von Generation zu Generation ist über braune Äste – für die kognatische Linie – und grüne Äste – für die agnatische Linie –, von denen weitere Zweige abführen und sozusagen genealogische Verästelungen dieser Unilinearität bilden, symbolisch nachgezeichnet, damit als ‚natürlich‘ inszeniert. Auf den vier Wänden des Saales verzweigt sich von der Westwand über Nord und Ost zur Südwand der Stammbaum Habsburgs. Die einzelnen Vertreter sind mit als Schriftrollen fingierten Texten näher beschrieben;762 eine Ausnahme bilden die zum Zeitpunkt des Entstehens des Stammbaums noch lebenden Habsburger, also Maximilian I., Philipp der Schöne sowie dessen Töchter Isabella und Maria: Ihre Schriftrollen blieben leer. Die Reihung der Körper steht für die Gesamtgenealogie der Dynastie. Im Kern basiert der Stammbaum jeweils auf einem Doppelpaar, bestehend aus Frau und Mann,763 das sich gegenübersteht und durch Äste verbunden ist mit Vor- wie Nachfahren im Blut, zugleich mit Vorgängern und Nachfolgern im Amt. Man könnte festhalten, dass die Paare jeweils den Nukleus bilden, von welchem aus der Stammbaum organisiert ist: Es geht um die Repräsentation der genealogischen Potenz der Dynastie aus den Ehepaarbündnissen heraus; Heilige und Selige sind – bis auf eine Ausnahme764  – nicht mit aufgeführt. Indem der Stammbaum dabei nicht vertikal, also von ‚unten nach oben‘ (oder umgekehrt) verläuft, sondern horizontal ausgeführt ist –

761 Isabella und Maria werden noch gezeigt, die Darstellungen von Eleonore, Karl und Ferdinand kamen über Entwurfszeichnungen nicht hinaus, Katharina fehlt vollständig, was für einen Entstehungszeitrum um 1505/1506 spricht. 762 Hye (2003), S. 15. 763 Neben den Paaren aus Frau und Mann sind eine Vielzahl an Varianten aufgenommen: 1. Es ­können auch einzelne oder mehrere verstorbene Ehepartner der jeweiligen Habsburger in einem Bildnis aufgenommen sein, so dass ein Habsburger mit zwei oder weiteren Frauen dargestellt ist, (bspw. Rudolf I. mit seinen Frauen Margarete von Österreich sowie Königin Anna von Hohenberg und Agnes von Burgund; bspw. Erzherzog Sigmund der Münzreiche mit seiner ursprl. vorgesehenen Frau Prinzessin Radegund von Frankreich sowie seiner ersten Frau Eleonore von Schottland und seiner zweiten Gattin Katharina von Sachsen) ebenso eine Habsburgerin mit zwei Männern (bspw. Königin Agnes von Ungarn mit ihrem vor der Hochzeit verstorbenen Mann aus dem Haus der Colonna sowie ihrem Mann König Andreas von Ungarn). 2. Besonders Kinder sind entweder alleine (bspw. die namentlich nicht gekennzeichneten Kinder König Rudolfs von Böhmen), in gleichgeschlechtlichen Paarkonstellationen (bspw. die Töchter Herzog Friedrichs IV. von Österreich: Margarete und Hedwig; bspw. die Töchter Herzog Ernsts des Eisernen: Anna und Alexandria) oder auch in Gruppen (bspw. die Söhne Erzherzogs Ernst des Eisernen: Ernst, Rudolf und Leopold) präsentiert. 764 Katherina, geborene Herzogin von Österreich, ist als Nonne dargestellt, „ohne irgendeinen Hinweis auf ihre hierarchische Stellung, die sie als Äbtissin des von Rudolf II. und seiner Gattin Blanche gestifteten Klarissenklosters in Wien eingenommen hat.“ (Hye [2003], S. 88)

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bedingt durch das Anbringen auf den begrenzten Platz der vier Wände des Habsburgersaals im Schloss –, kommt es zu einer Art ‚Drehmoment‘ in der genealogischen Sukzession. Rezipienten ‚lesen‘ die Genealogie nicht frei, sondern werden eher wie in einem ‚Text‘ linear von links nach rechts geführt.765 Beginnt man beim ‚Gründer‘ des Stammbaums, also bei Rudolf I. an der Westwand, so dreht sich die Sukzession der Figuren jeweils ‚körperweise‘ über die Nord-Ost-Achse weiter bis hin zur Südwand, die mit den Kindern Johannas von Kastilien und Philipps des Schönen – diese sind nur noch in unvollendeten Entwurfsskizzen angedeutet (Abb. 71)  – die Genealogie abschließt.

Abb. 71: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand766

765 Man könnte sogar von einer ‚Führung‘ der ‚Leser‘ sprechen: Sie in entgegengesetzte Richtung zu lesen – also zeitlich gesehen rückwärts – widerspricht der ‚Leseordnung‘ von links nach rechts, die durch den ‚Lauf‘ der Äste wie die überwiegend nach rechts hin orientierten Körperhaltungen der Figuren hergestellt ist. 766 Die farblosen, teilweise schlecht zu sehenden, Entwurfsskizzen im Stammbaum sind ohne Nummerierungen: Am Besten ausgeführt ist der Entwurf – ganz oben – zu Eleonore und einem fingierten Gatten. Es folgen die Skizzen – darunter – zu Karl V. und Ferdinand I. mit fingierten Gemahlinnen, wobei die Skizze zu Ferdinand nur sehr dünn ausgeführt ist; siehe die Abbildung auch bei Hye (2003), S. 165.

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Eine Ausnahme bilden die Portraits von Isabella und Maria, die 1501 beziehungsweise 1505 geborenen Töchter von Johanna von Kastilien und Philipp dem Schönen: Ihre Bildnisse sind im Gegensatz zu denen der nur im Entwurfsstadium gebliebenen Portraits ihrer Geschwister, zu ihnen führen unvollendet die grünen Äste, ausgeführt.767 Doch sind sie nicht mehr an der abschließenden Südwand bei ihren Eltern oder Schwestern und Brüdern lokalisiert, sondern in die Westwand mit aufgenommen – ein verlängerter brauner Ast verbindet sie noch mit ihren Eltern, zieht sie zugleich hinüber zur Westwand, mit der der Stammbaum beginnt (Abb. 72). Als ‚letzte‘ Vertreter Habsburgs im Stammbaum von Tratzberg reichen sie damit eng an ihre ‚ersten‘ Vorfahren heran – sie ‚rutschen‘ in das Umfeld ihres Urahns, Rudolfs I. mit seinen Töchtern an der Westwand.

Abb. 72: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand768

767 Einprägsam hier die Abbildung bei Hye (2003), S. 165, die die Entwurfsfassungen der Kinder und zugleich das von der Südwand in die Westwand ‚gerutschte‘ Paarbildnis von Isabella und Maria zeigt. 768 Hier zu sehen Westwand, linke Hälfte, von oben links nach rechts, ohne Nummerierungen: Mechthild von Habsburg und Herzog Ludwig II. von Bayern (oben links), Anna von Habsburg und Herzog Otto III. von Bayern (oben mittig), Clementia von Habsburg und Karl Martells von Anjou (oben rechts), Elisabeth von Habsburg und Wenzel II. von Böhmen und Polen (Mitte), nicht identifizierbare Tochter Rudolfs II. mit Ehemann Markgraf von Brandenburg (unten links), nicht identifizierbare Tochter Rudolfs II. mit Ehemann Herzog von Sachsen (unten links); siehe jeweils die Gesamt- und Detailabbildung auch bei Hye (2003), S. 19, S. 21, S. 23, S. 25, S. 27, S. 29, S. 31.

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Während alle Schrifttafeln der ‚alten‘ Ahnen Habsburgs ausgefüllt sind, ist die Tafel unter Isabella und Maria leer (Abb. 72): Ihre Geschichte wäre noch zu schreiben, während die ihrer Urahnen bereits existiert. Die Platzierung des Doppelportraits von Isabella und Maria im Kreise ihrer Vorfahren muss bereits der zeichnerischem Planungsbeginn des Stammbaums einkalkuliert gewesen sein, denn nur so lässt sich erklären, dass der begrenzte Raum an den vier Wänden des Saales optimal für alle Portraits der Habsburger genutzt werden konnte ohne größere Lücken entstehen zu lassen.769 In dieser Konstellation erhält der Stammbaum eine besondere Dynamik: Neben der Darstellung von Sukzession ist ein sich dauerhaft erhaltendes Kreislaufmodell inszeniert. Das Blut zirkuliert nicht (nur) von Anfang bis Ende, von ‚links nach rechts‘, von der West- zur Südwand, sondern weitaus einprägsamer dreht sich die Genealogie in Form eines perpetuum mobile. Die Macht der Dynastie ist unendlich.

Abb. 73 und Abb. 74: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand770

Abb. 75 und Abb. 76: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand771

769 „Nur so konnte man schon in der ersten Planungsphase an der Westwand den für dieses letzte Bild notwendigen Platz anberaumen.“ (Hye [2003], S. 166) 770 Die Portraits tragen im Stammbaum die Nummerierungen: Nr. 12 (Erzherzog Ernst der Eiserne von Österreich mit Margarete von Pommern-Stettin und Cimburgis von Masovien), Nr. 27 (Kaiser Friedrich III. mit Eleonore von Portugal); siehe die Abbildungen auch bei Hye (2003), S. 121 und S. 137. 771 Die Portraits tragen im Stammbaum die Nummerierungen: Nr. 32 (Kaiser Maximilian I.) und Nr. 33 (Philipp der Schöne); siehe die Abbildungen auch bei Hye (2003), S. 157 und S. 163.

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Die Führung in der jeweiligen Blickrichtung der ‚Zuschauer‘ übernehmen dabei die Äste: An ihnen schlängeln sich die Körper der Vertreter Habsburgs entlang (Abb. 73, Abb. 74). Sieht man genauer hin, so führen die Äste teilweise in die Rücken der Habsburger,772 teilweise streifen diese sie,773 teilweise sind es nur ihre Blätter, die in die Richtung der menschlichen Körper weisen.774 Bei den mächtigsten männlichen Vertretern Habsburgs – also die, die Erzherzogstitel, Königs- und Kaisertitel erworben haben – kommen die Äste direkt aus ihrer Brust: Sie treten im Rücken ein (Abb. 75, Abb. 76), was die Verbindung mit den Vorfahren anzeigt, und treten mitten aus dem Herzen wieder heraus, was die Verbindung mit den Nachfahren symbolisiert.775 Neben dieser Hierarchisierung innerhalb der habsburgischen Genealogie fällt auf, dass die direkte Linie von Rudolf I. bis Maximilian I. und Philipp dem Schönen hervorgehoben ist: Ihre Paarbildnisse sind jeweils mit einem blauen Wolkenhintergrund als besonders tragend und bedeutungsvoll markiert.776 Auffallend ist auch, dass nicht nur Personen dargestellt sind, deren Gesten als ihre einzigen Bewegungsmomente gelten könnten, es sind auch zwei genealogische ‚Szenen‘ in den Stammbaum aufgenommen: In der ersten (Abb. 77) kämpft Rudolf I. persönlich gegen Ottokar II. Přemysl, König von Böhmen; in der zweiten (Abb. 78) wird der Mord Albrechts I. durch seinen Neffen Johann gezeigt. Man könnte festhalten: Ereignisse sind ebenso integrativer Bestandteil des Stammbaums. Sie verkörpern das Moment der Gewalt, denn Krieg und Gewalt spielen in Genealogien eine besondere Rolle.777

772 So bspw. bei: Graf Hartmann von Habsburg, Herzog Heinrich von Österreich, Herzog Katharina von Österreich, Herzogin Agnes von Österreich, Herzog Leopold II. von Österreich-Habsburg, König Ladislaus Posthumos von Ungarn und Böhmen. 773 Teilweise werden die Äste im Arm gehalten: So bspw. von Herzog Leopold I. von Österreich. 774 Bspw. Königin Agnes von Ungarn, Herzogin Katharina von Österreich, Herzogin Elisabeth von Österreich, Herzog Friedrich von Österreich. 775 So König Albrecht I. von Habsburg, Herzog Rudolf II. von Österreich, König Rudolf von Böhmen, Herzog Ott der Fröhliche, König Friedrich der Schöne, Herzog Albrecht II. von Österreich, Herzog Albrecht III. von Österreich, Herzog Albrecht IV. von Österreich, Herzog Leopold III. von Österreich, König Albrecht II., Erzherzog Ernst der Eiserne, Herzog Friedrich IV. Kaiser Friedrich III., Kaiser Maximilian I. und Philipp der Schöne. 776 Wie bei König Rudolf I., König Albrecht I., Herzog Albrecht II., Herzog Leopold III., Erzherzog Ernst der Eiserne, Kaiser Friedrich III., Kaiser Maximilian I. und Philipp der Schöne. Eine Besonderheit stellt das Portrait bei einem der unbekannt gehaltenen Söhne König Rudolfs von Böhmen dar: Der grüne Ast verläuft sich in einer kleiner dargestellten blauen Wolke, womit wohl „angedeutet wird, daß dieser Ast sehr wohl zum nächsten Stammhalter des Hauses Habsburgs nach König Albrecht I., nämlich zu Herzog Albrecht II. dem Weisen […] führen soll. Offenbar aus Gründen der ausgewogenen graphischen Gestaltung wurde der Ast jedoch nicht tatsächlich und linear dorthin geführt, sondern sein Ziel durch die kleine blaue Wolke angedeutet.“ (Hye [2003], S. 66) 777 Mit ausführlicher Diskussion der Thesen von Girard (1992a) [französisch zuerst 1972] siehe die Ausführungen dazu von Kellner (2004a), S. 147–152.

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Abb. 77: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand778

Im Kontext des Habsburgerstammbaums bedeutet dies, dass die Macht erst über die kriegerische Tat Rudolfs I. begründet, zugleich gesichert werden kann, wie der Text unter dem Bild deutlich sagt: Also da ward […] ain vermessner Streyt vnnd erschluog Kuonig Ruodolf Kunig Ottackern vnnd behilten das Veld. […] Da fiell die Kron zuo Behaim/ Merhern vnd Schlesy aber auff das Hauß Oesterreich.779 Der fingierte, persönliche Zweikampf, der historisch betrachtet niemals stattgefunden hat,780 steht symbolisch für die Machtsicherung der Habsburgergenealogie. Der Stammbaum verschleiert damit die langwierigen, teilweise über Rechtsstreitigkeiten, teilweise via symbolische Demütigungsgesten781 ausgetragenen Streit zwischen dem zunächst schwachen König Rudolf I. und dem mächtigen König von Böhmen über den Anspruch auf Ländereien.782 Indem der Stammbaum die entscheidende Schlacht von Dürnkrut am 26. August 1278,783 aus der Rudolf I. verletzt, aber siegreich hervorging, zu einem Zweikampf fingiert, überhöht er die Leistung des Habsburgers: Er macht mit seinem Schwertstich, dieser ist im Bild (Abb. 77) deutlich gezeigt, die Bahn frei für das imperium der Habsburger und schafft den Konkurrenten aus dem Weg.

778 Die Darstellung trägt im Stammbaum keine Nummerierung: Kampf Rudolfs I. mit König Ottokar von Böhmen; siehe die Abbildungen auch bei: Hye (2003), S. 17. 779 Die Sätze im als Schriftrolle dargestellten Textfeld unterhalb der Bildszene zitiert nach: Hye (2003), S. 18. 780 Hye (2003), S. 16. 781 So lässt sich Rudolf I. in Straßenkleidung von dem in prachtvollem Gewande erschienen Ottokar von Böhmen belehnen; siehe genauer Schwedler (2007), S. 167–169. 782 Zum Ablauf und historischen Kontext Krieger K. (2003), S. 131–135. 783 So genannte Schlacht auf dem Marchfeld; einführend siehe den Ausstellungskatalog von Kusternig (1978).

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Über den ‚blinden‘ Fleck der Genealogie, also das frevelhafte Beispiel Johanns wiederum (Abb. 78) – die Schlange auf seiner Schulter beweist seine ‚teuflische‘ Art, die in der Ermordung Albrechts I. gipfelt –, wird der Appell, concordia innerhalb der Dynastie aufrecht zu erhalten und Gewalttaten gegen Familienangehörige zu unterlassen, direkt an den Stammbaum gebunden. Der Text nennt explizit die Gründung des Klosters Königsfelden, das nach dieser Tat zur ewigen Bußleistung innerhalb der Dynastie errichtet wurde: In Kartusr Ordn tuet er piesen im Closter Vnser Frawen/ genant Herremitim zuo sant Agustein.784 Die Szene im Stammbaum ist zur ewigen Mahnung für alle Nachfahren stilisiert. Zusammenfassend könnte man den Stammbaum, in den Worten Gert Melvilles, als „planimetrisches Gefüge“785 auffassen: Die Ordnung der historischen Phänomene, also der Sukzession der natürlichen Körper, wird über graphische Mittel  – Äste, Blätter und Wolken  – vorgenommen; die Texte haben Erläuterungsfunktion. Wie herausgearbeitet werden konnte, bedient sich die Darstellungsweise im Habsburgersaal der Baumikonographie: Über Naturalisierungen im Sinne eines „Baumdenkens“ wird das Blut nicht nur als weit verästelt dargestellt, es werden ebenso kreisförmige Strukturen integriert.786 Die Zwei-Dimensionalität der Wandfläche, an der sich die einzelnen Körper quasi im Rondell aneinanderreihen, wird produktiv gemacht für die Repräsentation der Macht Habsburgs in der Zeit. Hergestellt wird eine geschlossene Kohärenz der „an sich mehrschichtigen“ Habsburgergenealogie.787 Mit anderen Worten: Geblüt ist hier als überzeitliche Potenz zur ‚Anschauung‘788 gebracht, dynastische Argumentation ist im Stammbaum historische Argumentation.789 Im Vergleich zu anderen Stammbaumdarstellungen der Habsburger spart man weite Rückführungen – wie beispielsweise in der Holzschnittgenealogie von Hans Burgkmair zu Hektor von Troja790 – aus und konzentriert sich hier ganz auf den mächtigen genealogischen ‚Kern‘, der als gemaltes Denkmal zur ewigen memoria stilisiert ist.

784 Hye (2003), S. 40. 785 Melville (1987a), S. 68. Besonders entscheidend der Hinweis, dass diese Gestaltungstechniken erst im Spätmittelalter auftreten; mit Diskussion bei ebd., S. 67. 786 Berns (2000), S. 160; genauer zum multimedialen Einsatz der Baumikonographie ebd., S. 172–173 und Peil (1991), S. 33–67. 787 Melville (1987a), S. 83. 788 Diese geradezu ‚natürliche‘ Repräsentation der Macht Maximilians im Medium des gemalten Stammbaumes schlägt bis heute durch, wenn das Anschauen des Freskos mit „eigenen Augen“ auch in modernen wissenschaftlichen Abhandlungen als die authentische Rezeption ausgegeben wird: Hye (2003), S. 7. 789 Mit Diskussion der Forschung siehe v. a. Melville (1987c), S. 216. 790 Die „Holzschnittgenealogie“ von Hans Burgkmair (ab 1509) enthält 92 Darstellungen, davon waren 77, die die Genealogie Maximilians bis auf Hektor zurückverfolgen, für eine Ausgabe vorgesehen. (ÖNB cod. 8018 und ÖNB cod. 8048) Es existiert keine endgültige Form mit Text: Siehe vor allem Veröffentlichungen der Genealogie von Laschitzer (1888), S. 1–199 und Frimmel (1889), S. CCCXXV– CCCLII.

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Abb. 78: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand 791

2.2.7.3 Ehrenpforte Immer wieder zeigt sich in den monumentalen Werken Kaiser Maximilians eine Abstraktion, Idealisierung und Auratisierung der Person des Kaisers in übersteigertem Maße, die sich in der Wahl der Medien direkt niederschlägt.792 Besonderes Beispiel ist hierfür die Ehrenpforte.793 Der monumentale Riesenholzschnitt (Abb. 79) stellt einen dreitorigen, zentralperspektivisch konzipierten Triumphbogen dar.794 Erstmals im Jahre 1517/1518 von 195 Druckstöcken gedruckt, umfasst das Opus ein Maß von insgesamt etwa 341cm Höhe und 292cm Breite. Die Mehrdimensionalität des Bild- und Textprogramms kreiert über elf vertikal angelegte Achsen, die sich zum Mittelturm hin giebelartig staffeln, einen räumlichen Eindruck.795

791 Die Darstellung trägt im Stammbaum keine Nummerierung: Ermordung Königs Albrecht I. von Habsburg; siehe die Abbildungen auch bei: Hye (2003), S. 41. 792 Siehe in diesem Kontext die Analysen von Kellner (2013), S. 78–90 und Kellner (2016), S. 161–162. 793 Einen Überblick über die Rezeptionsgeschichte und ihrer wissenschaftlichen Beurteilung bei: Schauerte (2001), S. 13–24. 794 Vgl. den Abdruck bei Chmelarz (1972), S. 289–319 und Tafelband; vgl. dazu an neueren Forschungen u. a.: Lüken (1998), S. 449–490; Schauerte (2001); Müller M. (2004b), S. 56–65; Schauerte (2005), S. 18–24; Manns (2009), S. 215–229; ältere Arbeiten u. a.: Giehlow (1903), S. 91–110; Erfa (1958), Bd. 4., Sp. 1443–1504; Strieder P. (1960), S. 128–142; Müller (1982), S. 153–159. 795 Glax (1849), S. 259–282.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 79: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1559), Gesamtansicht796

796 3. Ausgabe der Ehrenpforte durch Raphael Hofhalter; Albertina Wien, Inv.-Nr. DG 1935/973, kolorierter Riesenholzschnitt, 195 Druckstöcke, 36 Foliobögen (341cm x 292cm). Zu den verschiedenen Versionen der „Ehrenpforte“: „Die Verteilung der 1517/18 gedruckten Erstauflage kam durch Maximilians Tod 1519 nicht mehr zustande. Abgesehen von einigen wenigen Vorzugsexemplaren – etwa für den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen – blieb sie in Augsburg liegen, sodass erst unter Erzherzog Ferdinand 1526 Ergänzungen und eine erste Verteilung erfolgen konnten.“ (Schauerte [2013], S. 374)

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Die Ehrenpforte summiert im Charakter einer Bildchronik antike Traditionen, mittelalterliche Herrschereinzüge,797 ephemere Schaugerüste der burgundischen Entrées, gotische Flügelaltäre und spätmittelalterliche Wappenwände798 zum stilistischen Panegyrikus.799 Johannes Stabius erläutert das Bildprogramm der Ehrenpforte in einer eigenen Clavis und gliedert sie in diesem Kontext in sieben Teile:800 Die Porten der eeren des Allerdurchleuchtigisten grosmechtigisten Kaiser vnd Kunig Maximilian, Ist in der gestalt wie vor alten zeitenn die Arcus Triumphales den Romischen Kaisern in der stat Rom der etlich zerbrochen sein vnd etlich noch gesehen werden, durch mich Johann Stabius derselben Romischen Kaiserlichen Maiestat hystoriographen vnd Poeten gemacht auffgericht vnd in syben tail getailt […].801

Im ‚Lesen‘802 der Monumentalität und des Detailreichtums, die in Spannung zueinander stehen, wird das Programm signifikant. Nach Art einer Kapiteleinteilung803 kommentieren sich Bilder, Bildbeschriftungen und Text der Clavis804 gegenseitig. Die Ehrenpforte ist ähnlich einem theatrum memoriae805 aufgebaut: Nacheinander können alle Stationen einzeln und separat mit den Augen ‚abgeschritten‘ werden, wie man zugleich das Ganze auf einen Blick einfangen kann. Damit sind Modi von Linearität wie Simultaneität angesprochen. „[The] Arch has no obviously implict reading order analogous to the left-to-right, top-to-bottom scriptual order […].“806 Wenn man davon sprechen will, dass sich das Verhältnis von Text und Bild zugunsten des Bildes in der Ehrenpforte umkehrt, sollte die Frage gestellt werden, von welchem Bild dabei genau gesprochen wird. Die Ehrenpforte ist nicht ein Bild, vielmehr sind es mehrere Bilder des Kaisers, die gezeigt werden.

797 In diesem Kontext siehe die übergreifende Arbeit von Westfehling (1977) v. a. für die römische Antike, das Mittelalter und die Renaissance, S. 9–13. 798 Anklänge an den Innsbrucker Wappenturm Maximilians I., für den Jörg Kölderer verantwortlich war, sind unverkennbar: Schauerte (2001), S. 29–114; Lücken (1998), S. 449–490. 799 Im selben Maß vereinigen sich in diesem Werk auch die verschiedene Künstler Johannes Stabius, Jörg Kölderer und Albrecht Dürer, deren Wappen in der Pforte vergegenwärtigt sind. 800 Auszug aus der Inschrift von Johannes Stabius bei: Wiesflecker-Friedhuber (1996), S. 234–240. 801 Clavis I, 1–3, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), S. 289–319 und Tafelband, Tafel 32. Vgl. hier und im Folgenden auch den Abdruck der Clavis bei Schauerte (2001), S. 399–406. 802 Panofsky (1948), S. 89 spitzt zu: „The Triumphal Arch cannot be subjected to the categories of „appreciationists.“ It demands to be read like a book, to be decoded like a cryptogram, and yet to be enjoyed lik a collection of quaint and sparkling jewelry.“ 803 Schauerte (2005), S. 18; vgl. auch Kagerer (2016), S. 145. 804 Clavis verstanden in seiner Funktion als Text nicht wertend, sondern neutral als additiv zum Bildprogramm. 805 Müller (1982), S. 155. 806 Tennant (1989), S. 218.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 80, Abb. 81, Abb. 82 und Abb. 83: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1515), Ausschnitt807

Dass in der Clavis ein Erzähler agiert, hat für die Wahrnehmung und die Programmatik des gesamten Holzschnittes weitreichende Folgen.808 Schließlich tritt der Erzähler in seiner testimonialen Funktion selbst für die Wahrhaftigkeit hinter dem Bildprogramm ein,809 wenn es heißt, dass man dem Kaiser dise porten eroffent vnd auffge-

807 Die Abbildungen nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 6, 12, 13 und 14. 808 Manns (2009), S. 219. 809 Zur appellativen Funktion des Erzählers: Müller (1982), S. 154–156.

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richt, die auch sein kaiserlich gemüet in hohen eren durchwandelt hat.810 Momente der Performativität und Imagination wechseln sich mit der Suggestion eines Monuments ab. Allen anderen Fürsten wird die gewünschte Rezeptionsweise der Ehrenpforte in der Clavis vor Augen geführt. Sie sollen diese Tore auch mit lob und eer zierlich durchwandlen, genau so, wie sie der Kaiser bereits durchwandelt hat:811 Rezeption ist sinnreiche Partizipation. Das Werk stellt über die ‚Anleitung‘ der Rezeptionsart eine Beziehung zum Betrachter her.812 Das Mitteltor, die porten der eeren und der macht, von Johannes Stabius als wirdigist gekennzeichnet,813 ist das Zentrum der Ehrenpforte. In gedrängter Form repräsentiert und konstruiert sie den Stammbaum des Hauses Habsburgs in Bildern, der heraldisch rechts von Wappen der habsburgischen Erblande, heraldisch links von den Herrschaften aus Burgund und Spanien flankiert ist.814 Die römischen Kaiser sind im heraldisch rechten Tor,815 die porten des lobs,816 die Freuntschaften Sipschaften vnd Swagerschaften817 der Habsburger im heraldisch linken Tor vergegenwärtigt.818 Verziert sind die Seitentürme mit Tafeln, die Maximilians kriegerische Taten, wichtige dynastische Daten verherrlichen und auch in Bildbeischriften zeigen (Abb. 80, Abb. 81, Abb. 82, Abb. 83).819

810 Clavis I, 13–14, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), S. 289–319 und Tafelband, Tafel 32. 811 Clavis IV, 9–10, zitiert nach dem Abdruck von Chmelarz (1972), Tafel 35. 812 Man könnte geradezu davon sprechen, dass die Clavis der „Ehrenpforte“ als Spiegel mit Rückkopplung und Selbstrekurrenz arbeitet: Das Subjekt, eigentlich der Rezipient, wird hier zum Objekt, indem er ‚angeleitet‘ ist das Medium zu begehen. Siehe hierzu in enger Kombination der Theorien von Michel Foucault (2005b) zum Spiegel als „Ort“ und „Nicht-Ort“ mit den Ausführungen Platons im „Timaios“: Kiening/Beil (2012), S. 90–91. 813 Clavis I, 12, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 32. 814 Vgl. die Dokumentation dieser Wappen bei Schauerte (2001), S. 216–228 und S. 376–377. 815 Vgl. die Dokumentation der Herrscher bei Schauerte (2001), S. 286–295 und S. 386. 816 Clavis I, 20, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 32. 817 Clavis I, 21–22 zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 32. 818 Die tituli der Ehrenpforte differenzieren zwischen Versippung und Verschwägerung. Vgl. die Dokumentation bei Schauerte (2001), S. 297–298 und S. 390. 819 Die Dokumentation der Historien bei Schauerte (2001), S. 266–271 und S. 385. Insgesamt sind es auf beide Türme verteilt, je nach Ausgabe der Ehrenpforte, 23 bzw. 24 Historienbilder. Vgl. dazu ebd., S. 258–284.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 84, Abb. 85, Abb. 86 und Abb. 87: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1515), Ausschnitt820

820 Die Abbildungen nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 15, 16, 17 und 18.

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Im rechten und linken Portal,821 zusätzlich in den äußeren Seitentürmen, damit über die ganze Ehrenpforte verteilt, ist der Kaiser immer wieder in diversen Rollen zu sehen (Abb. 84, Abb. 85, Abb. 86, Abb. 87): Die Szenen stammen aus unterschiedlichen Kontexten, darinn ist begriffen, in was loblichen seligen vnd nutzlichen dingen sich Kay. Mat. von iugennt auf geübt hat, vnd noch teglichs volbringt,822 und apostrophieren über begleitende Texte die kaiserlichen Eigenschaften. Maximilian ist beispielsweise in der Rolle des Stifters, des Schirmherren des St.-Georgs-Ordens und der des Kriegsherren gezeigt; des Weiteren als Kreuzritter, Werber um seine Frau in Burgund, als Jäger, Ritter, Erfinder von Geschützen, als Bauherr823 und schließlich als gekrönter Kaiser.824 Man könnte summieren: Die Rollen des Kaisers stehen – auch hier ähnlich den oben in den literarischen Werken herausgearbeiteten Rollenkonzepten – für einen Herrscher ein, in welchem sich sämtliche politischen Anforderungen wie in einem Brennglas bündeln. Nimmt man die Figuren der beiden Erzherzöge hinzu, die die herrscherliche Tugend der Gerechtigkeit am unteren Portaleingang der Ehrenpforte verkörpern, und die dort an die Säulen angebundenen Sirenen, die die gemain weltlich widerwertigkait symbolisieren, doch diser edlen eren porten kain verletzung oder schaden getan haben,825 so zeigt das Programm: Maximilian repräsentiert das Tugend, Ehre und Gerechtigkeit verbindende Idealbild eines Herrschers, welcher unerschütterlich ist. Wie der Granatapfel, der neben den Rebstäben und Blumenbünden immer wieder über die gesamte Ehrenpforte verteilt zu sehen ist, verweisen die Bilder auf die innere Stärke des Kaisers. Der Granatapfel,826 der äußerlich nichts Repräsentatives zu bieten hat, aber in seinem Kern vil edler mildigkait vnd wolgemachten kornern begabet ist,827 symbolisiert in der Ehrenpforte metonymisch die vorzügliche Wesensnatur des Kaisers,828 die bereits in seiner Jugend angelegt war und sich in seinem Alter fortsetzte: Wie der Kern der Frucht nach ihrem Absterben das Fortpflanzen sichert, so steht Maximilians Blut für das seiner nachfolgenden Generationen ein; eine Symbolik, die sich auch im berühmten Portrait von Albrecht Dürer von 1519 niederschlägt:

821 Siehe dazu die je sechs oberen und unteren Historiendarstellungen im rechten wie linken Portal nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 14, 15, 20 und 21. 822 Clavis III, 16–17, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 34. 823 Beispielsweise ist er bei der Planung des Grabmals Friedrichs III. gezeigt. 824 Die Szenen bei Schauerte (2001), S. 325–337 und S. 394–395. 825 Clavis IV, 12–13 zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 35. 826 Kellner (2013), S. 83–85. 827 Clavis V, 2–1, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 36. 828 Die Clavis spricht davon, dass Maximilian den Granatapfel schon in der iugent erwellet habe (Clavis IV, 25-V, 1 zitiert nach dem Abdruck von Chmelarz [1972], Tafel 35 und 36), so dass es möglich war, die verporgen schicklichait mildigkeit mit der zeit nacheinander teglich zu plfanntzen vnd zu offenwaren. (Clavis V, 2–3, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz [1972], Tafel 36)

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Der Granatapfel ist dort halb aufgeplatzt, so dass die Frucht in der Hand des Kaisers zu sehen ist.829 Das eigentliche ‚Blut‘ des Hauses Habsburgs ist im Mittelturm des Werkes präsentiert. Dominiert von Frau Ehre, die die kaiserliche Infelkrone830 trägt, erhebt sich ausgehend von drei Frauenfiguren, die Troja, Francia und Sicambria bedeuten, der Stammbaum Maximilians in S-förmigen Schwüngen (Abb. 88, Abb. 89, Abb. 90): Die Schlangenlinien sind Äste eines Hauses, das sich immer weiter ‚verzweigt‘ und sich geradezu ‚natürlich‘ ausbreitet. Die Blutslinien sind stark komprimiert und nicht, wie in einer genealogischen Chronik, ausführlich entwickelt. Während die Verbindung mit den antiken und mittelalterlichen Amtsvorgängern nur auf den Seitenportalen geleistet wird, gipfelt der Stammbaum auf dem Mittelturm in der Darstellung des thronenden Maximilian I. und verzweigt sich im engeren Sinn zu seinen unmittelbaren Familienangehörigen.

Abb. 88, Abb. 89 und Abb. 90: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1559), Ausschnitt831

829 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. GG 825. Eine Abbildung und Auswahl der verschiedenen Bedeutungsschichten bei Schütz (2013), S. 292–295. 830 Vgl. zur Infelkrone: Schramm (1956), S. 1019–1024. 831 Stammbaum Kaiser Maximilians I., Oberes Mittelstück und Abschluss. Hier Ausschnitt aus: 3. Ausgabe der Ehrenpforte durch Raphael Hofhalter; Albertina Wien, Inv.-Nr. DG 1935/973, kolorierter Riesenholzschnitt, 195 Druckstöcke, 36 Foliobögen (341cm x 292cm).

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Zu Maximilians Linken sitzt Maria von Burgund (Abb. 88). Seine zweite Ehefrau Maria Bianca Sforza aus Mailand ist nicht abgebildet, sie ist genealogisch nichtig. Darunter befindet sich seine Tochter Margarete, ihr gegenüber Johanna von Kastilien, über die das spanische Erbe angeheiratet wurde. Links unten Kaiser Friedrich III., rechts unten Friedrichs Gemahlin Eleonore von Portugal, über den beiden die sechs Kinder Philipps des Schönen. Die Vater-Sohn-Dynastie ist in ihrer agnatischen Folge besonders durch Philipp den Schönen, der neben Maximilian sitzt, vergegenwärtigt. Dabei erinnert die Ehrenpforte an sakrale Ikonographie: Auf dem Thron sitzt sozusagen der Vater Maximilian, unter ihm ist sein Sohn, Philipp der Schöne angeordnet. Zwischen den beiden wird statt einer Taube der habsburgische Doppeladler gezeigt.832

Abb. 91 und Abb. 92: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1559), Ausschnitt833

Der Großteil der Bilder in der Ehrenpforte ist anhand gängiger Codes und Signifikationen, wie beispielsweise jene zur sakralen Ikonographie, recht leicht zu identifizieren.834 Das panegyrische Mysterium in der Mittelpforte ist dagegen ein Beispiel, wie schwierig es ist, hochkomplexe Bilder ohne Intertexte zu verstehen. Ein vollständig erklärender Passus in der Clavis fehlt, es werden nur Andeutungen gegeben. Die Turmbekrönung (Abb. 91, Abb. 92) ist als kaiserliche Infelkrone gestaltet, die mit der Römischen Königskrone auf dem linken und dem Erzherzogshut auf dem rechten Seitenturm korrespondiert. Auf der Laternenbasis des Hauptturmes ruht die größte

832 Müller (1982), S. 158. 833 Hier Ausschnitt aus: 3. Ausgabe der Ehrenpforte: Albertina, Wien; Inv.-Nr. DG 1935/973; kolorierter Riesenholzschnitt, 195 Druckstöcke, 36 Foliobögen (341cm x 292cm); siehe die Krone mit Detailvergrößerung auch bei Eduard Chmelarz, Maximilian’s Triumphal Arch, Tafel 30; die Bildtafel, ebd., Tafel 29. 834 Manns (2009), S. 220–222 zeigt dies beispielsweise an Hand des ersten Bildes der linken Historienwand.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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selbstständige Texttafel innerhalb des Bildkonzeptes der Ehrenpforte, eine tabula ansata.835 Oberhalb der tabula erhebt sich das eigentliche Mysterium der Ehrenpforte, das gesäumt wird von Hasen, Veneres, Satyren, Drachen und Putti.836 In der Mitte der Bildtafel sitzt eine herrschaftliche Figur, die durch Thron, Krone, Reichskleinodien sowie Vollharnisch als Herrscher markiert und umgeben von zahlreichen Tieren ist. Maximilian wird gerüstet mit Mantel dargestellt, umgeben von einer Anzahl an Hieroglyphen. Zwischen tabula und diesem Bild bestehen keine direkten Beziehungen, der Text erklärt das Mysterium nicht explizit. Vielmehr verdeckt das Rätsel den Sinn und offenbart lediglich durch Hinweise jenes Wissen, das zur Entschlüsselung hilft: Item in dem Tabernakel ob dem Tittel ist ein misterium der alten Egiptischen buchstaben, herkumend von dem künig Osyris, das von wort zu wort also ausgelegt wirdet, nemlich, Maximilianus aller frumster grosmutiger, gewaltiger, starcker vnd fürsichtiger Furst, ein herr eines untzergenklichen ewigen vnd loblichen geruchs von altem geschlecht geborn getzirt mit allen gaben der natur mit kunsten vnd guetter leer furtrefflich begabt, Romischer Kaiser, vnd ein gewaltiger herr eines grossen tails des vmbkreyss der erden hat mit streitparer hanndt hoher bescheidenhait vnd furtreffenlichen sig, vberwunden den mechtigisten hie inen angetzaigten künig das doch bey allenn menschen fur vnmuglich geacht ist gewesen, hat sich damit vor aufsatz gemeltens seins veindts ganntz vernufftigklich beschutzt vnd verwaret.837

Die Worte haben nur ‚einführenden‘ Hinweischarakter. Der höhere Sinn des Mysteriums bleibt denen verschlossen, die es ausschließlich über die Clavis verstehen wollen: „Das misterium auszulegen ist wenigen vorbehalten, die Botschaft für viele bestimmt.“838 Die Darstellung steht damit ein für das arcanum von Macht per se. Das Mysterium ist ein Extremfall, bei dem die Clavis das Bild in Worte umsetzt, ein explizites Übereinstimmen der Text-Bild-Bezüge aber zeitgleich verweigert.839 Nur wer Wissen von den Hieroglyphica des so genannten Horapollon hat, einer spät­ antiken phantastischen Rekonstruktion der ägyptischen Hieroglyphen, die um 1500 im Umlauf war und von Willibald Pirckheimer aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen wurde,840 dem ist es möglich, die Zeichen und Dimensionen des Mysteriums wirklich zu übersetzen:841 Dargestellt ist der Sieg des römischen Kaisers Maximi-

835 Manns (2009), S. 224. 836 Schauerte (2001), S. 247. 837 Clavis II, 20–25, zitiert nach dem Abdruck der „Ehrenpforte“ von Chmelarz (1972), Tafel 33. 838 Müller (1982), S. 158. 839 Manns (2009), S. 226. 840 Wittkower (1984), S. 238. 841 Siehe Giehlow (1915), S. 1–229; Haupt (1968), S. 253–267; Panofsky (1977), S. 230–263; Holzberg (1981), v. a. S. 172–179. Die Hieroglyphen lassen sich nach Giehlow (1915), S. 215 wie folgt entschlüsseln: Der Hund mit der Stola symbolisiert einen Fürsten, der Stern auf der Krone des Kaisers bedeutet Frömmigkeit, der Löwe steht für Tapferkeit und Stärke, der Basilisk für Ruhm, das Papyrusbündel für hohes Alter, der vom Himmel fallende Tau für die Begabung mit allen guten Tugenden, die Schlange,

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lian über seinen politischen Hauptkonkurrenten, den französischen König.842 Uralte Herkunft, Macht, die vorbildliche ‚Natur‘ des Herrschers, die sich in Taten und Tugenden niederschlägt, erhalten hier hieroglyphisch verrätselt eine besondere Aura.843 Die Hieroglyphen sollen das ‚außerweltliche‘ Ansehen Maximilians und das hohe Alter der kaiserlichen Dynastie verkörpern, wobei Maximilian wiederum ganz sichtbar als das ‚Höchste‘ und der Gipfel der Genealogie markiert ist: In der Ehrenpforte entsteht so eine Transzendierung des Kaisers. Zusätzlich wird Maximilian über die hieroglyphische Symbolik in die Nähe der ägyptischen Götter entrückt, wenn Osiris namentlich genannt ist. Verschiedene Zeichensysteme und Symboliken sind kombiniert und verleihen der Ehrenpforte synkretische Züge: Antike Mythologie und Feldzeichen, mittelalterliche Symbole, Allegorien und Devisen, ägyptische Reminiszenzen spiegeln sich in überlagernden Bedeutungsebenen, so dass die Rezeption der Ehrenpforte zu einer Entschlüsselung in der Wahrnehmung der Bilder und der Lektüre der Clavis wird, die ihren Betrachter unterschiedlich weit eindringen lassen: In summa sind neben den virtutes des Herrschers, die im mysterium hieroglyphicum verherrlicht sind, zugleich dessen größte Siege gegenüber seinen Feinden844 in der Ehrenpforte apostrophiert. Der ‚architektonische Code‘ der Ehrenpforte, man könnte sagen, ihre eigene ‚Machart‘, kann als ihr wesentliches Charakteristikum beschrieben werden. Momente der Spiegelung und der hierarchisch gestaffelten vertikalen Linienführung erstrecken sich von unten nach oben; das wird gerade bei der Kaiserfigur selbst immer wieder deutlich: Sie tritt in verschiedenen Rollen auf, als Kaiser sitzend im Thron, als kämpfender Ritter, als werbender Mann, als Jäger, schließlich als thronender ‚Gott‘. „Nahezu jedes Raum beanspruchende Element hat ein Gegenstück.“845 Dabei ‚will‘ die Ehrenpforte immer durchaus Architektur sein,846 alles andere hieße ihre Intention und ihren Charakter zu leugnen, auch wenn es darum ginge herauszuarbeiten, dass nicht von einem Primat des einen oder anderen Zeichensystems in einer TextBild-Verbindung gesprochen werden darf. Natürlich ist die Ehrenpforte immer auch imaginiertes Konstrukt und eine ungewöhnlich angeordnete Geschichtserzählung, dennoch bedient sie sich architektonischen Inventars. Als „Denkmal für Maximilian […] [fordert sie] den Betrachter auf, selbst dem in Bildern verschlüsselten Sinn nach-

die das Zepter umringelt, für die Herrschaft über einen großen Teil der Welt, der Falke für Sieg, der Bulle für Mut und Klugheit, der Kranich mit erhobenem Fuß für Wachsamkeit, der Adler für den Römischen Kaiser, der Hahn für den König von Frankreich; vgl. auch: Schauerte (2001), S. 248. 842 Haupt (1968), S. 259–260. Siehe auch: Kellner (2013), S. 89. 843 Müller (1982), S. 158. 844 Müller (1982), S. 264 spricht sogar – anachronistisch – von „einem national-staatlichen Konflikt“ zwischen Maximilian und dem französischen König. 845 Manns (2009), S. 226. 846 Müller (1982), S. 155.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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zuspüren […].“847 Sie ist ein (archi-)tektonisches Verständigungsmittel, das für den exklusiven Status des Kaisers steht, den physischen Körper des Kaisers vollends semiotisch überlädt und ganz und gar als ‚politischen‘ ausgibt. Genauso wie der Charakter der Ehrenpforte überladen mit Inhalten bei der Rezeption nebulöse Züge erhält, so verschachteln sich im Werk nicht nur zeitliche, personelle wie symbolische Ebenen, sondern die verschiedenen allegorischen Überfrachtungen selbst. 2.2.7.4 Triumphzug und Großer Triumphwagen

Abb. 93: Albrecht Dürer, Skizze Triumphzug (1519)848

Anders als beispielsweise über die Repräsentation von Macht im Goldenen Dachl oder in der gedruckten Ehrenpforte wird über den imaginierten Triumphzug849 in der

847 Müller (1982), S. 157. 848 Albrecht Dürer, Entwürfe für den Triumpzug Kaiser Maximilians I.: Greiser Standartenträger. Siehe die Abbildung bei Michel/Sternath (2013f), S. 263, Kat. 62. 849 Der ursprünglich auf 210 Illustrationen angelegte Triumphzug orientiert sich an ersten Entwürfen von Jörg Kölderer. Daneben existiert ein Miniaturentriumphzug, der Albrecht Altdorfer zugeschrieben wird. An der Serie aus Einzelblättern waren beteiligt: Albrecht Dürer, Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Leonhard Beck, Hans Leonhard Schäufelein und Hans Springinklee. Die Arbeiten,

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Performativität eines Rituals, das nie stattgefunden hat, mit Hilfe von Bildern, die in ersten Skizzen vorbereitet werden (Abb. 93), die Herrschaft des Kaisers inszeniert. In der Endfassung repräsentieren Miniaturen beziehungsweise Holzschnitte, die durch Texte erläutert werden sollten,850 die Vollkommenheit des Herrschers. Das Programm des Triumphzugs, von Marx Treitzsaurwein nach einem Diktat Maximilians I. niedergeschrieben, besagt, dass er Dem Allerdurchleuchtigsten großmechtigsten Fürsten und Herrn Maximilian Erwelten Römischen kaiser vndd haupt der kristenhait […] zu lob vnnd Ewiger gedächtnus seines Erlichen frewdten, kaiserlichem gemüet, vnnd streyparer vberwynndungen […] aufgericht ist.851

Abb. 94: Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug (um 1512–1515)852

Der ‚Megazug‘ erstreckt sich mit 147 Blättern auf 57 Metern853 und steht in enger Beziehung zu Maximilians weiteren Projekten, setzt über die mediale Inszenierung aller-

die im Jahre 1516 begonnen wurden, gerieten 1519 mit dem Tod des Kaisers ins Stocken, 1526 wurde die Holzschnittfolge erstmals gedruckt: Winzinger (1972); siehe auch: Ders., (1966), S. 157–173; ders., (1977), S. 405–412; Frenzel (2005), S. 12–18. 850 „In der Holzschnittfolge sind die Texte des Programms von 1512 noch nicht eingetragen […].“ Siehe dazu: Kellner (2013), S. 66 und Kellner (2016), S. 158–161. Knappe Anmerkungen: Kagerer (2016), S. 142. 851 Zitiert nach Appuhn (1979), S. 171. 852 Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug Kaiser Maximilians, hier: Der Venezianische Krieg, Federzeichnung mit Aquarell- und Deckfarbenmalerei auf Pergament (je ca. 45cm x 95cm), Gesamtlänge 53,8m, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 25205–25263. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei: Michel/ Sternath (2013f), S. 228, Kat. 68. 853 Stanley Appelbaum, The Triumph of Maximilian I. 137 Woodcuts by Hans Burgkmair and Others. With a translation of descriptive text, introduction and notes, New York 1964.

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dings andere Akzente. Nicht ein Sieg des Kaisers wird ausgebreitet, sondern alle res gestae des Kaisers sind inszeniert. Formen der höfischen Unterhaltung, Musik, Jagd, Tanz und Turnier sind miteinander kombiniert. Der Herrscher erscheint als ‚Chamäleon‘, er tritt auf mehreren Festwagen gleichzeitig auf, nimmt verschiedene Rollen ein und symbolisiert damit den sich durchziehenden systematischen ‚Faden‘ des Zuges. Er steht im Umfeld weiterer Figuren: Jede von ihnen ist in der je spezifischen Rolle eines Musikers, Turnierritters, Jägers oder Gauklers beziehungsweise Narren dargestellt und bedient mehrfache Repräsentationsebenen. Während die großformatigen, auf Pergamentbögen gemalten Miniaturen als kostbare Prunkausgabe für den Kaiser bestimmt waren, so stand die ältere Holzschnittedition wohl für einen breiteren Rezipientenkreis zur Verfügung.854 Die Holzschnitte stimmen weitgehend mit den Miniaturen überein, doch kommt es zu einer Verschiebung im Darstellungsmodus, wie beispielsweise die Präsentation der Schlachten Maximilians zeigt: In den kolorierten Miniaturen (Abb. 94) enthalten Schautafeln die historischen Ereignisse. Indem diese von Soldaten getragen werden, zeigen sozusagen die ‚Bilder im Bild‘ des Triumphzuges die militärischen Leistungen Maximilians an. Dagegen verweisen in der Holzschnittfolge (Abb. 95) prunkvolle Karossen mit Kriegsgerät auf die Erfolge des Kaisers.

Abb. 95: Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Triumphzug (1526)855

854 Michel (2013e), S. 49. 855 Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Triumphzug Kaiser Maximilians, hier: Trophäenwagen, Holzschnitt, Wien, Albertina, Inv.-Nr. Cim. I, Nr. 6. Siehe die Abbildung bei: Appel-

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Die Umwandlung im Darstellungsmodus bedeutet dahingehend eine Rückkehr zu antiken Darstellungsmustern, auf die sich die Holzschnittfolge stärker als die kolorierte Miniaturenversion bezieht.856 Das zeigt beispielsweise auch die neu in die Holzschnittfolge aufgenommene Gruppe von Vertretern aus Afrika, Südamerika und Indien, denen Elefanten vorausgehen (Abb. 96, Abb. 97): Hier knüpft man dezidiert beispielsweise an die für die Gonzaga in Mantua erstellten Leinwandgemälde von Andrea Mantegnas im Triumph Caesars an. Generell ist die antike Tradition der Triumphzüge, die für die italienischen und auch deutschen Herrscher bis in die Frühe Neuzeit weiterhin eine wichtige Bedeutung beibehielt,857 hier Schablone, die mit der Zurschaustellung mittelalterlicher Macht gefüllt wird.858 Weit mehr noch als antike Festzüge scheinen allerdings zeitgenössische Fest- und Trauerzüge die Konzeption des Triumphzuges Maximilians beeinflusst zu haben.859 Darüber hinaus steht die Dynastie und Genealogie der Habsburger im Mittelpunkt.

Abb. 96 und Abb. 97: Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Triumphzug (1526)860

baum (1964), 129. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei: Michel (2013d), S. 270, Kat. 68b. 856 Michel (2013d), S. 268–271. 857 Dotzauer (1973), S. 265. 858 Müller (1982), S. 151. 859 Michel (2013e), S. 59. 860 Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Triumphzug Kaiser Maximilians, hier: Indianer und Eingeborene aus Indien, Holzschnitt, Wien, Albertina, Inv.-Nr. Cim. I, Nr. 6. Siehe die Abbildung bei: Appelbaum (1964), 124. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei: Michel (2013d), S. 269, Kat. 68b.

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Auf der Makroebene ist der gesamte Triumphzug eine Art Kaleidoskop, das in verschiedentlicher ‚Mischung‘ den Herrscher samt Gefolge des Hofes auftreten lässt, Zeitebenen verschmilzt, indem Vorfahren und Ereignisse der Vergangenheit wie Gegenwart präsentiert werden. Banner der Erblande wie erworbener Länder, Kriegsdarstellungen, Trophäen, Denkmale der Vorgänger und Vorfahren, Gefangene, Soldaten und Wilde aus fremden Ländern sind im Triumphzug die an Körper wie Medien gebundenen Ausweise des kaiserlichen Triumphes sowie des Wissens um ihn. Diese Ordnung ist prima vista nicht nur nach dem Prinzip der Reihe gestaltet, sondern ist Spiegel eines transpersonalen Konstrukts der Kontinuität. Zusammenfassend: „Die Idee des antiken Triumphzuges verbindet sich mit der Präsentation eines spätmittelalterlichen Hofstaats“861 nicht nur, der einzigartige Triumph Maximilians ist hier in toto ausgestellt. In der Konsequenz damit auch jener über die Antike. Alles bisher Dagewesene scheint übertroffen. Der Triumphzug ist Kompositum mehrerer Ebenen: Er umspannt den kaiserlichen Hof, der im Triumphzug über konkrete Personen präsent ist;862 er verkörpert die dynastische Verwandtschaft des Kaisers, auch dessen Erblande, erworbene wie unterworfene Gebiete Europas und ebenso der gesamten Welt, wenn die Kalkutischen Leut863 als Eingeborene für ‚Indien‘ beziehungsweise die ‚neue Welt‘ stehen; der Triumphzug ist zugleich Nukleus der Zeit, wenn er fähig ist, Vergangenheit  – die Antike  –, Gegenwart und bereits auch zukünftige Erinnerung einzufangen.

861 Kellner (2013), S. 67. 862 Der gesamte ‚Hofstaat‘ ist mit Reitern, Hofämtern, Musikern, Herolden, Jägern, Hofnarren und Gefangenen als ‚Masse‘ anwesend, zugleich werden beispielsweise im an Marx Treitzsaurwein 1512 diktierten Programm der Pfeifer Anthonius von Dornstätt, der Falknermeister Hans Teuschel, der Hoforganist Meister Paul Hofhaimer und der Kapellenmeister Georg Slatkonia namentlich genannt, so dass die Figuren im „Triumphzug“ historischen Personen zugeordnet sind: Hierzu Appuhn (1979), S. 172, S. 176–177. 863 Item darnach solle ain kalikutischer Man reytten vnd ain Reimtafl fueren vnd ain lobkrenntzle aufhaben vnnd in de reimtafel sollen geschrieben sein diese wörter: Dise leut sein vnnderworffen den loblichen kronen vnd hvüsern vorangezaigt. (Zitiert nach Appuhn [1979], S. 195)

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Abb. 98: Albrecht Dürer, Entwurf zum Triumphwagen (um 1512)864

Hinzu tritt das Programm des Großen Triumphwagens bestehend aus acht zusammengefügten Einzelblättern. Bei dessen Endversion ergeben sich weitreichende Verschiebungen von den zahlreichen vorausgegangenen Entwürfen:865 So stellt die erste Skizze von Albrecht Dürer um 1512, sie wird als der so genannte Kleine Triumphwagen betitelt (Abb. 98), Maximilian I. direkt mit seiner Ehefrau und seinen Kindern dar. Betonung findet so die kaiserliche ‚Stammfamilie‘. Ursprünglich war der Triumphwagen als das Kernstück des Triumphzuges geplant. Schließlich erschien er als eigenständiges Werk (Abb. 99),866 das ein verkürztes Gefährt zeigt, auf dem die kaiserliche Familie fehlt: Man konzentriert sich auf die Glorifikation des Kaisers als Einzelperson. Diese modifizierte Version steht im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen. Ein umfassendes Programm an Tugendallegorien, enthüllt von Willibald Pirckheimers expositio als Fürstenspiegel, dominiert den Wagen: Nachfolgend sein an den vier orten diß Wagens die vier Engeltugent an statt vier seulen gesetzet, nemlich Iustitia, Fortitudo, Prudentia vnd Temperantia, auß welchen alle andere Tugenden ihr anfang vnd vrsprnug haben, ohn die auch kein König oder Herr volkommen sein kann oder mag.867 Victoria hält den Siegeskranz über Maximilian I., ihre Flügel dokumentieren die von ihm geführten Kriege: „Die historiographische und allegorische Ebene bestätigen sich […] gegenseitig.“868 Neben diesem Wagen, damit er nit wancken noch sincken möge sind weitere vier Tugendallegorien abgebildet, die ihn halten, nemlich Securitas,

864 Albrecht Dürer, Entwurf zum Triumphwagen, Feder in Braun (15,9cm x 45,7cm), Wien, Albertina, Inv.-Nr. 3140. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei: Michel/Sternath (2013f), S. 259, Kat. 58. 865 Überblick zu den Entwürfen und zur Entstehungsgeschichte des Wagens bei Giehlow (1910/1911), S. 14–84. 866 Seipel (2002), S. 104; Giehlow (1910/1911), v. a. S. 23–36. 867 Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Horst Apphun [1979], S. 199) Zur Interpretation, dass sich die verschiedenen Bearbeitungsschichten des „Triumphzuges“ und ihre Programme nicht als eine Gesamtkomposition lesen lassen: Müller (1982), v. a. S. 152–153. 868 Kellner (2013), S. 67.

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Fidentia, Gravitas, Perseverantia.869 Ratio lenkt den von persönlichen Tugenden des Kaisers beladenen Wagen: Diesselb Ratio helt auch zwey Leitseil, eines Nobilitatis, das ander Potentiae: angesehen, daß E.Key.May. mit Adel vnd Macht alle Koenig vnd Herren übertrifft.870 Weitere personifizierte Tugenden führen die sechs Zweispänner. Das innerste ‚Element‘ des kaiserlichen Körpers, sein Herz, dient als Ausweis seiner besonderen äußeren Vorrangstellung unter allen Menschen, da es direkt göttlich geleitet ist, sprich inn der hand Gottes stehe.871 Daher auch der Leitspruch: In manu Dei cor Regis est.872 Der ‚Sonnenwagen‘ repräsentiert den Kaiser als Weltherrscher schließlich unter dem Motto: Quod in coelis Sol, hoc in terra Caesar, vnd ist für das wort Sol ein Kreis gemalet vnd für das wort Caesar ein Adler.873 Scheinbar spielerisch, so wie sich die beigeordneten kalligraphisch anmutenden ornamentalen Schleifen dynamisch entwickeln, umschließen und verschmelzen sich in dieser Szenerie historiographische Darstellung und allegorische Verkleidung: Der Herrscher, durch ihn auch das ‚Blut‘ seiner gesamten Dynastie, ist überhöht, geradezu apotheotisiert.874 Der Herrscher ist panegyrisch zum Ideal stilisiert, greifbar als Vorbild für andere und doch ungreifbar durch die Transzendierung weg von der Erde in eine andere Sphäre, hin zur Sonne: Eine Symbolik, die diese Widmung schließlich auch für Karl V. attraktiv macht.875 Ist bereits der gesamte Triumphzug Medium und schließlich symbolische ‚Verkörperung‘ der Macht des Kaisers, so ist dessen eigener Körper im Triumphwagen gedoppelt in der Rolle als Mensch und als ‚übernatürliche‘, transzendente Machtfigur dargestellt.

869 Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Horst Apphun, Der Triumphzug Kaiser Maximilians I. 1516–1518, Dortmund 1979, S. 157–205, hier S. 201. 870 Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Horst Apphun, Der Triumphzug Kaiser Maximilians I. 1516–1518, Dortmund 1979, S. 157–205, hier S. 201. 871 Vnd wiewol alle Menschen nach dem willen Gottes geregiret werden, noch dann sagen die weisen, daß insonsders das Hertz deß Königs inn der hand Gottes stehe, der das auch nach seinem Götlichen wolgefallen wend vnd ker, darumb so stehet für E.M. diese Schrift: In manu Di cor Regis est, vnd für das wort Cor, ist zu mehrer zierligkeit ein Hertz mit einer Laurea gemalet, bedeutt das edel Hertz E.M: so mit allen Tugenden vnd Ehren gekrönet vnd geziret ist. (Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Apphun [1979], S. 202) 872 Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Apphun [1979], S. 202. 873 Willibald Pirckheimer, Beschreibung des Großen Triumphwagens von Albrecht Dürer, zitiert nach: Apphun [1979], S. 202. 874 Müller (1982), S. 149–153. 875 „Über den Holzschnitten […] hat Dürer denselben Text gekürzt wiedergegeben, jedoch widmete er ihn dem nun regierenden Kaiser Karl V. und änderte den Schluss.“ (Appuhn [1979], S. 198)

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Abb. 99: Albrecht Dürer, Großer Triumphwagen (1522)876

Denkt man an tatsächlich stattgefundene antike, vor allem römische Triumph­ rituale,877 so werden deren Inszenierungen nicht nur im Bild, sondern auch über textuelle Formen repräsentiert; beispielhaft steht der Triumphzug des antiken Kaisers Trajan, den Plinius in seinem Werk Panegyricus poetisch widergibt.878 Der Triumphzug Maximilians hebt sich von derartigen antiken Inszenierungen ab: Die

876 Albrecht Dürer, Großer Triumphwagen Kaiser Maximilians (1. Ausgabe, Druck von 1520–22), Holzschnitt, 45cm x 222,8cm, Wien, Albertina, Inv.-Nr. DG 1934/577. 877 Als prägend für die nachfolgenden europäischen Gesellschaften könnte man den römischen Triumphzug beschreiben. Gerade die monumentale Triumpharchitektur, die eine Art topographische Einkleidung für den Einzug bot, wurde um 1500 zum Muster für Herrschaftsarchitektur. Siehe hierzu v. a. Hölkeskamp (2008), S. 79–126; auch Krasser/Pausch/Petrovic (2008); McCormick/Victory (1986); zur Rezeption in Mittelalter und Früher Neuzeit v. a.: Müller (2001), S. 63–71. 878 Zu Leistungen dieser Dankesrede, eine programmatische Neudefinition des Verhältnisses zwischen Kaiser und Senat herzustellen im Sinne einer „doppelte[n] Beschwörung der Authentizität nicht nur der öffentlichen Rede, sondern auch der gewachsenen Zeremonien und Rituale des Principats“

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„Ritualdarstellun[g] […] existier[t] überhaupt nur als Kunstwerk“,879 ihr entspricht als Chronik in Bildern kein ‚realer‘ Akt. Das Triumphritual ist selbst Bild, zugleich immer nur Bild. Dadurch sind die spezifischen Strategien und Intentionen in der Machtkonstruktion ‚abzulesen‘.880 Deutlich wird: Um 1500 bedarf die politische Führungsschicht der Demonstration und Inszenierung auf symbolisch-rituelle Art und Weise.881 Der Triumphzug trägt einen ritual sense in sich:882 Es geht nicht um das Mitteilen, welchen konkreten Sinn die Herrschaft Maximilians besitze, sondern vielmehr um das Präsentieren einer allumfassenden Macht des Kaisers.883 Im Triumphzug sind Bild und die – für den Druck geplante – Schrift mit der Performanz des Rituals enggeführt. Damit kann erstens dem Triumph des Kaisers überregionale Verbreitung zugesichert werden; zweitens wird über eine Art ‚Repräsentation der Repräsentation‘884 die Intention des Triumphrituals in Text wie Bild verdoppelt; drittens und am weitreichendsten, bedingen sich Inhalt und Form, also Schrift und Aufführung,885 auf enge Art und Weise: Das Medium erhält ‚Exklusivitätsstatus‘, weil es den Triumph des Kaisers darstellt. Die Macht Maximilians wiederum gewinnt Stabilität, weil sie im Medium des Drucks abgesichert ist.886

siehe: Ronning (2007), S. 61. Herrscherpanegyrik ist in diesem Kontext definiert als ein „flexibles Instrument in der gesellschaftlichen Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen.“ (Ebd., S. 381) 879 Der Sammelband von Stollberg-Rilinger/Weissbrich (2010a) geht diesen Aspekten genauer nach und arbeitet heraus, dass symbolische Akte nicht nur selbst bildlichen Charakter hatten und haben, sondern „auch zu allen Zeiten prominente Gegenstände bildlicher Darstellung von Inszenierungen zweiter Ordnung […]“ waren, damit aber nicht schlicht Abbilder, sondern konstitutiv für die Erzeugung von Sinn sind. (Stollberg-Rilinger/Weissbrich [2010a], S. 13–14) 880 Siehe hierzu die detaillierte und anregende Einführung von Stollberg-Rilinger (2013c), die auch auf den „Triumphzug“ Maximilians eingeht, v. a. S. 181. 881 Den Begriff des Rituals und Theorien der rituellen „Spielregeln“ hat etabliert: Althoff (1996), S. 239–252; ders. (1997); ders. (2003); ders. (2008), S. 19–29. Kritik an Gerd Althoff am profiliertesten von Buc (2001), der für die Abschaffung des Ritualbegriffs im Mittelalter plädiert. Detailliert setzt sich Stollberg-Rilinger (2013c), S. 183–193 mit den Thesen und Gegenthesen auseinander, und kommt zum Schluss: Kulturmuster und Erzählmuster hängen wechselseitig voneinander ab, (ebd., S. 184) so dass von den Erzählmustern auf rituelle Handlungsmuster geschlossen werden darf. Den Vorwurf der Vermischung von emischer und etischer Perspektive in der Analyse von Ritualen begegnet StollbergRilinger mit dem Argument, dass die sozialen Codes gerade aus der Distanz genauer bestimmbar sind. (Ebd., S. 190) Für sie ist die Funktion des jeweiligen Rituals und sein Kontext von entscheidender Bedeutung bei dieser ‚distanzierten‘ Analyse. (Ebd., S. 187–189) 882 Stollberg-Rilinger (2013c), S. 194–195 plädiert in diesem Kontext dafür, den Stellenwert eines kollektiv geteilten symbolischen Codes von Ritualen, die von den jeweiligen Zeitgenossen eingelernt wurden und damit verstanden werden können, bei der Analyse des Quellenmaterials gelten zu lassen. 883 Fugger D. (2011), S. 411. 884 Der Terminus bei Rahn (2006), S. 134. 885 Detailliert zu diesem Konnex Müller (1996). 886 Zur Funktion von Ritualen hinsichtlich der Stabilisierung politischer Macht (Stollberg-Rilinger [2013c], S. 13) und genauer zu ihrer „sozialen Magie“ mit Verweis auf Pierre Bourdieu (Bourdieu [1993] [französisch zuerst 1980]): Stollberg-Rilinger (2013c), S. 17. Generell könnte man von einem performati-

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Über das Lesen, das Anschauen des Triumphzuges ist man gleichsam als Rezipient Teilhaber an einem Ritual. Das Medium verkörpert Macht.887 Allerdings ist diese Macht im Triumphzug nicht eindeutig kommuniziert: Maximilian tritt in diversen Rollen auf. Verschiedene Ebenen zeitlicher und geographischer Art, wie oben analysiert werden konnte, verschachteln sich.888 Anstatt einer exakten argumentativen Darlegung, wie beispielsweise eine Chronik in ihrer Linearität beweisend zu verfahren hätte, warum gerade Maximilian der idealisierte Herrscher sein soll, sind die ‚Betrachter‘ des Triumphzuges vielmehr so in das ‚Geschehen‘ involviert, dass unterschiedliche Deutungsangebote unterbreitet werden können: Rituale im Allgemeinen, Triumphrituale im Spezifischen fußen, das fasst Barbara Stollberg-Rilinger pointiert in ihren Studien zusammen, auf einem gemeinsamen Ordnungs- und Wertefundament, das gleichsam auf basaler Ebene von ‚jedem‘ verstanden werden kann.889 Allerdings, und das ist beim gedruckten Ritual des Triumphes Maximilians entscheidend, ist eine simultane Anwesenheit während eines ‚wirklichen‘ Triumphzuges des Herrschers nicht mehr notwendig: Man kann sozusagen ‚aus der Distanz‘ heraus, von ‚weiter weg‘ anstatt ‚mittendrin‘ bestaunen. Die Schrift beziehungsweise die aneinandergekoppelten Bilder, die einen ‚Zug‘ imitieren, lösen die Machtkommunikation von körperlicher Anwesenheit ab.890 Diese Veränderung durch die Drucke des Triumphrituals kann auch in ihr Gegenteil umschlagen, weil sie dann zum Gegenstand von Reflexion über kritische Distanz werden.891 Versetzte man sich schließlich in die Rolle des ‚schauenden‘ Rezipienten, der das Dargestellte – via Abschreiten der aufgehäng-

ve turn sprechen, der die Aufmerksamkeit der Historiker auf das spannungsvolle Verhältnis zwischen Schrift und Aufführung gelenkt hat, (ebd., S. 39) so dass die symbolischen Codes und das komplexe kommunikative Geschehen in politischen Ordnungen in den Mittelpunkt rücken. (Ebd., S. 51, S. 110) 887 Stollberg-Rilinger (2013c), S. 234. 888 Das Bild des Herrschers ist nicht genau gegriffen, es ist teilweise ‚unscharf‘. Das bedeutet, dass der „Triumphzug“ ein gewisses Maß an Ambiguität in sich trägt: Gerade diese „Unschärfe ermöglicht es […], dass […] [die Rezipienten] nicht auf bestimmte, präzise ausbuchstabierte Aussagen festgeleg[t] [sind].“ (Stollberg-Rilinger [2013c], S. 199) 889 Stollberg-Rilinger (2013c), S. 199 mit Verweis auf die Vielzahl neuerer kulturwissenschaftlicher Forschungen, die das Vermögen von Ritualen in einer Art „Tugend der Mehrdeutigkeit“ sehen. 890 „Keineswegs erübrigte und verdrängte […] [die] Schriftlichkeit die rituelle Performanz, aber es verändert sie.“ (Stollberg-Rilinger [2013c], S. 228–229) Dort mit detailliertem Bezug auf die Thesen von Jan Assmann im Zusammenhang des Medienwandels sowie im Hinblick auf die Interdependenz von Kult und Schrift; leitend die Studien von Assmann J. (20075); siehe auch ders. (2000), S. 97–106. 891 Auf diese ‚Gefahren‘ in Medien schriftlich fixierter Machtrituale weist Stollberg-Rilinger (2013c), S. 234 genauer hin: „Denn eine primär durch Rituale vergegenwärtigte Ordnung erscheint als ewiggleiche; eine primär durch Schrift vergegenwärtigte Ordnung hingegen in ihrer Veränderlichkeit sichtbar. Wenn schriftliche Dokumente allgemein verfügbar sind, lassen sich Phänomene aus verschiedenen Zeiten und Räumen leicht miteinander vergleichen. Die Wirkung ist ambivalent: Werden beispielsweise Herrschaftsrituale in gedruckten Schrift- und Bildmedien überregional verbreitet, so kann das einerseits dem höheren Ruhm der Beteiligten dienen, es kann sich auf die Wirkung der Rituale langfristig aber auch nachteilig auswirken, weil es sie zum Gegenstand der Reflexion macht, kon-

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ten Bilderchronik oder via Durchblättern/-rollen der Papiere – ‚vorüberziehen‘ lässt, kann man festhalten, dass der Triumphzug Maximilians gerade diese Defizite kompensieren möchte: Alle Sinnebenen will er im gedruckten Bild und Text ansprechen. Das geschriebene, gezeichnete und schließlich gedruckte Ritual wird zur Immersion.892 Im Triumphzug werden daneben auch Ahnen und Vorfahren Maximilians in Bildern beziehungsweise Statuen (Abb. 100 und Abb. 101) mitgetragen. Dadurch wird die zeitliche Dimension im ‚textlichen‘ Ritual unterstrichen: Die Erinnerung an die Toten im ‚Bild‘ ist Präsentation von Macht in der Gegenwart und für die Zukunft.

Abb. 100 und Abb. 101: Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug (um 1512–1515)893

kurrierende Deutungen offenlegt und so kritische Distanz dazu ermöglicht. Mit Jan Assmann könnte man sagen: Textuelle Kohärenz der Gesellschaft setzte sich gegen rituelle Kohärenz durch. […]“ 892 Zu den medialen Wechselbeziehungen im Ritual siehe den Sammelband: Stollberg-Rilinger/ Weissbrich (2010b). 893 Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug Kaiser Maximilians, hier: Ahnengalerie, Federzeichnung mit Aquarell- und Deckfarbenmalerei auf Pergament (je ca. 45cm x 95cm), Gesamtlänge 53,8m, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 25205–25263. Siehe die Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei: Michel/Sternath (2013f), S. 230–231, Kat. 84 und Kat. 80.

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2.2.7.5 Grabmalsprojekt

Abb. 102: Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530)

Die Grabmalspläne und -entwürfe Maximilians I. sind von seinen bisher skizzierten propagandistischen Medien nicht zu trennen, dennoch spezifischer Art und schließen den Durchgang in der Analyse der Inszenierungen und Ehrenwerke des Kaisers ab. Ideen mitunter aus dem Weißkunig, der Ehrenpforte und des Triumphzuges wirken im Grabmal als Summe des maximilianeischen Gedächtnisprojektes.894 Nicht zuletzt im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Begräbniszeremoniell war es einer Herrscherfamilie möglich, ihren splendor zur Schau zu stellen und gleichzeitig identitätsstiftend zu wirken. Ein Begräbnis, das wie eine Inversion, ein ‚ins Negative‘ gekehrter Triumphzug wirkt,895 bringt den Übergang der Herrschaft an eine neue Generation derselben Familie zum Ausdruck.896 Wie unterschiedlich die speziellen Ausfüh­ rungen der Grabdenkmäler der Habsburger in diesem übergeordneten Rahmen sind, könnten nicht zuletzt Vergleiche der Grabmalspläne beispielsweise zwischen Vater und Tochter oder Großvater und Enkel, zwischen Maximilian und seiner Tochter Mar-

894 Elisabeth Scheicher sieht die „Fürstliche Chronik“ von Jakob Mennel als „die wichtigste Voraussetzung für die mit den Grabmalsfiguren konstruierten genealogischen Verbindungen“ an: Scheicher (1999), S. 86. 895 Karl Vocelka und Lynne Heller sprechen im Zusammenhang der Trauergerüste beispielsweise für Karl V. von „ins Negative gewandte[n] Triumphbögen“ und weisen auf die Leichenzeremonien hin, die man sich als feierliche Messen mit pompöser musikalischer Umrahmung feststellen muss: Vocelka/ Heller (1997), S. 292. 896 Vocelka/Heller (1997), S. 288.

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garete beziehungsweise seinem Enkel Karl verdeutlichen, die Gemeinsamkeiten wie Differenzen ans Licht brächte.

Abb. 103: Grabmal Margaretes von Habsburg, Brou (um 1530)

Abb. 104: Grabmal Kaiser Karls V., Escorial (um 1560)

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Anders als die repräsentative Begräbnisstätte Maximilians I. ist das zweistöckige Grabmal der Erzherzogin Margarete in Brou beispielsweise als so genanntes Doppelgrabmal ein Denkmal der vanitas (Abb. 103): Ihre Liegefigur ist im oberen Teil des Grabsteins in aller Feierlichkeit auf einem Staatsbett im Prunkgewand und Ornat als Regentin der Niederlande aufgebahrt dargestellt, dagegen wird diese im unteren Teil im Leichenhemd von allen Symbolen der Macht befreit abgebildet.897 Im Unterschied zur imposanten Statue Maximilians, die alleine auf seinem Grabmal in Innsbruck kniet und von distanziert stehenden Figuren realer sowie fiktiver Verwandter umgeben ist, steht die komplett vergoldete Grabplastik von Karl V. im Kloster des Escorial (Abb. 104), erschaffen von Leone Leoni, im engsten Kreis weiterer Plastiken seiner realen Familienangehörigen. Maximilian selbst präferierte eine Grabmalskirche für seinen Leichnam im Seengebiet des Salzkammergutes.898 Dies zeigt ein Auszug aus dem verschollenen Testament von 1514.899 In einem Testament von 1518 ordnete er aufgrund der Unrealisierbarkeit dieses Wunsches an, seinen Leichnam in der St. Georgs Kapelle der Wiener Neustadt beizusetzen.900 Für dieses Grabmal waren 40 überlebensgroße Bronzestatuen von Vorgängern und Ahnen des Kaisers,901 100 Statuetten von Heiligen aus dem Hause Habsburgs sowie 34 Bronzebüsten der römischen Kaiser vorgesehen.902 Nur ein Bruchteil dieser Planungen konnte bis zum Tod des Kaisers abgeschlossen werden. Auch wenn das Grabmal nicht nach den Vorstellungen Maximilians verwirklicht wurde, zeigen sich in der heutigen Gestalt  – Kaiser Ferdinand I. ließ das Grabmal in Innsbruck zusammen mit den 28 realisierten Statuen, 23 Statuetten und 21 Kaiserbüsten errichten  –903 Leitgedanken des ursprünglichen Vorhabens. Waren vor Maximilian immer nur die Wände der Tumben geschmückt, so ist dieses Konzept in der Innsbrucker Hofkirche erweitert: Die ganze Kirche ist Grabmal, indem die ‚versammelten‘ Statuen an Ahnen wie Vorfahren im Blut und Vorgängern im Amt über dauerhaftes Material die Zeitordnung verräumlichen.904

897 Vocelka/Heller (1997), S. 311. 898 Kellner (2013), S. 90. 899 Siehe dazu besonders: Oberhammer (1935); ders., (1943); Ringler (1958); Oettinger (1965), S. 170– 184; ders. (1969), S. 107–112; Schmid K. (1984), S. 750–786; Hye (1988), S. 50–63; Madersbacher (1996), S. 124–139. 900 Kellner (2013), S. 90. 901 Zu den Bronzestatuen mit Illustrationen siehe: Oberhammer (1943). 902 Eine Skizze von Jörg Kölderer um 1522 zeigt die geplante Aufstellung: Jörg Kölderer, Aufstellungsplan Grabmal Kaiser Maximilians, Feder in Braun auf Papier (44,5cm x 30cm), Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Habsburg-Lothringisches Familienarchiv, Familienakte 17, fol. 29. Siehe alle Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei: Michel/Sternath (2013f), S. 87, Kat. 5. 903 Eine Übersicht bei Lauro (2007), S. 160–163. 904 Günther (2002), S. 87.

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Abb. 105: Jörg Kölderer, Die Ahnen Kaiser Maximilians I. (um 1512) 905

Die Aufstellung der Statuen am Grabmal scheint hier auf Gedanken aus dem Triumphzug und vor allem aus einer um 1512/1514 wohl durch Jörg Kölderer entwor­ fenen Ahnenreihe auf Pergamentpapier (Abb. 105) aufzubauen. Diese zeigt 38 ganzfigurige Darstellungen von Habsburger Fürsten, ihrer Ehefrauen, Maximilians Sohn sowie historischen und fiktiven Vorfahren des Kaisers.906 Ähnlich den Bronzefiguren am Grabmal sind in der Ahnenreihe jeweils Name, Titel samt Wappen der einzelnen Figuren gezeigt: Die Rolle beginnt mit Chlodwig I. (Clodoueus der Erst Cristentlich/ Künig der franncken) und führt sich fort über wirkliche Vorfahren, wie Kayser Karl der/groß, und legendäre Ahnen, wie Artus Küng zu Enngellanndt.907 Da eine chronologische Ordnung fehlt, Maximilians Sohn Philip Kinig Zu Castilia/ Ertzhertzog Zu Osterreich ist bereits an fünfter Stelle zu sehen, endet die Reihe mit Theoderich dem Großen (Dietrich von pärn Kunig/ in italien Hispanja & gechorum) und Herzog Philipp dem Guten von Burgund (Philips hertzog Zu/ Burgundj).908

905 Jörg Kölderer, Die Ahnen Kaiser Maximilians I., Aquarellierte Federzeichnung auf Pergament (35,5cm x 339cm), Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 5333. Siehe die Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei: Michel/Sternath (2013f), S. 170. 906 Eine knappe Übersicht mit Abbildung der gesamten Pergamentrolle siehe bei Michel/Sternath (2013f), S. 170–171. Besonders interessant wäre hier die in der Bayerischen Staatsbibliothek vorliegende Kopie der Pergamentrolle, das Wappenbuch des Hauses Habsburg von 1582, miteinzubeziehen. Die Rolle des Pergaments ist aufgelöst in ein Nacheinander von Codexseiten, gezeigt werden allerdings exakt die gleichen Figuren und Vor- wie Nachfahren Maximilians (BayStabi. cgm 908). 907 Michel/Sternath (2013f), S. 170. 908 Michel/Sternath (2013f), S. 171.

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Abb. 106: Jörg Kölderer, Die Ahnen Kaiser Maximilians I. (um 1512)909; Abb. 107: Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530)910

Die Ausführung der Bronzestatuen am Grabmal Maximilians orientieren sich dabei vor allem an der ersten Figur der Ahnenrolle: Wie Chlodwig I. im Pergament (Abb. 106) stehen alle Bronzefiguren am Grabmal auf dem Kapitell einer Säule mit Namensinschrift und Wappen (Abb. 107).911 Der Tod des Kaisers muss nicht betrauert werden,912 sein Tod wird geradezu ritualhaft im Kreise einer durch Statuen und Zentralszenen arrangierten ewigen Kultgemeinde913 gefeiert. Die gedechtnus an den Kaiser ‚lebt‘ darin fort. Das Grabmal in Innsbruck ist mit den vielen aufgestellten Bronzefi-

909 Jörg Kölderer, Die Ahnen Kaiser Maximilians I., Aquarellierte Federzeichnung auf Pergament (35,5cm x 339cm), Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 5333; siehe die Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei: Michel/Sternath (2013f), S. 170. 910 Grabmal Innsbruck, Bronzestatue: Chlodwig I. 911 Michel/Sternath (2013f), S. 170. 912 „Die meisten Figuren erwecken nicht den Eindruck zu trauern. Und die Präsenz Maximilians selbst paßt schlecht zur Trauergemeinde.“ (Günther [2002], S. 85) 913 Man könnte hier regelrecht von einer positiv konnotierten ‚Umkehrung‘ sprechen: Nicht (nur) die Geburt des Herrschers ist Zentrum der Feierlichkeiten, sondern ebenso sein Tod; das auch in Abgrenzung zu einer Logik der Umkehrung in bspw. Absatz- oder Schmähungs- und Entehrungsritualen,

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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guren die unmittelbare Konsequenz eines Denkens der einen Zeit gegen deren Wechselfälle. Sie ist der zu Stein gewordene Stabilisierungsfaktor über den natürlichen Tod hinaus. Genealogie ist somit Denken in der Präsenz der Zeitlichkeit: „Wieder steht die Genealogie des Kaisers, verbunden mit der imperialen Idee und der Bindung des Geschlechts an die Transzendenz über die Heiligen im Vordergrund, doch das Medium der Skulpturen erlaubt spezifische Arrangements.“914

Abb. 108, Abb. 109, Abb. 110 und Abb. 111 : Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530)915

Wirkliche und inszenierte Ahnen wie Zeitgenossen könnte man am Grabmal thematisch ordnen (Abb. 108, Abb. 109, Abb. 110 und Abb. 111): Die Reihe der Blutsverwandten führt von frühen Habsburgern (König Chlodwig und Rudolf I. sind aufgereiht) bis in die engere Familie Maximilians I. (Ernst der Eiserne, Zimburgis von Masovien, Friedrich III., Eleonore von Portugal, Maria von Burgund und Maria Bianca Sforza, Margarete, Kunigunde, Philipp der Schöne, Johanna von Kastilien). Verschwägerte Geschlechter wie die burgundischen, spanischen, portugiesischen und weitere Nebenlinien sind aufgestellt. Helden wie Theoderich der Große und König Artus zeigen die Verbindung mit der Vorzeit an, „auf deren Ruhm und Herrschaftsbereiche sich der Kaiser wohl beziehen wollte.“916

aber auch in Karnevalszeremonien und in Abgrenzung zur Symbolik der Inversion; dazu die Analysen bei Stollberg-Rilinger (2013c), S. 158–175. 914 Kellner (2013), S. 91. 915 Grabmal Innsbruck, Bronzestatuen: Rudolf I., Maria von Burgund, Theoderich der Große, König Artus. 916 „Naheliegend ist, dass die nicht ausgeführten Statuen von Julias Caesar und Karl dem Großen Kaiseridee und Translationsgedanken symbolisieren sollten.“ (Kellner [2013], S. 91)

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Abb. 112: Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530)917; Abb. 113: Albrecht Dürer: Graf Albrecht IV. von Habsburg (um 1513/1514)918

Beeindruckend ist, wie detailreich die Bronzefiguren ausgearbeitet sind: Stefan Godl gelang es 1517/1518 erstmals einen Hohlguss in einem Stück herzustellen. Die Entwürfe für die Statuen lieferte Albrecht Dürer. Wie eng sich der komplizierte Bronzeguss an die Vorlage anlehnt zeigt der abgebildete Vergleich zwischen vollendeter Statue Albrechts IV. und der vorangegangenen Entwurfszeichnung (Abb. 112, Abb. 113): Bis hin zu feinen Details wie an Knie- und Ellbogen sowie des übernommenen Spielbeins, das den Sockel nur leicht berührt, folgt die Statue der Zeichnung. Eigentlich wäre die Skizze nach dem Guss überflüssig.919 Doch kolorierte Albrecht Dürer diese. Das kostbare Blatt konnte für repräsentative Zwecke, ganz unabhängig von der tatsächlich

917 Grabmal Innsbruck, Bronzestatue: Albrecht IV. 918 Albrecht Dürer, Graf Albrecht IV. von Habsburg, Feder in Braun, aquarelliert (31,3cm x 15,7cm), Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, KdZ 4260. Siehe die Abbildung auch bei Michel/Sternath (2013f), S. 361. 919 Michel/Sternath (2013f), S. 360.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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ausgeführten Statue, (weiter) genutzt werden:920 Dem Kaiser war es so möglich, seine Ahnen auch auf Papier zu ‚besitzen‘.

Abb. 114: Tumba am Grab Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530)921

Auch wenn die Tumba des Grabmals in Innsbruck als „die repräsentativste Form des Grabdenkmals im Mittelalter“,922 nicht mehr seinem eigentlichen Zweck nachkam, also leer blieb und der Leichnam Maximilians I. nie von der Wiener Neustadt nach Innsbruck umgebettet wurde,923 so verkörpert der Kenotaph die Geschichte des Kaisers noch einmal komprimiert auf 24 Reliefs (Abb. 114).924 Definiert man das Gesamtprogramm mit Tumba, Statuen, Reliefs als weiteres Medium im maximilianeischen Großprogramm, das seine Macht repräsentiert, wird klar: Tod und Leben sind hier über das ‚Medium‘ des Grabmals enggeführt.

920 Michel/Sternath (2013f), S. 360. 921 Kenotaph-Relief: Spanische Doppelhochzeit von 1496. Abbildung auch in Frenzel (2003), Tafel XII, S. 32. 922 Panofsky (1993), S. 59. 923 Diemer (2004), S. 32. 924 Zu den Reliefs auf dem Kenotaph mit detaillierten Rahmeninformationen: Frenzel (2003), v. a. S. 8–10.

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Mit den Bestimmungen für seinen Leichnam – er solle einbalsamiert sowie gegeißelt werden925 – wird der Körper des Kaisers selbst zum ‚Medium‘.926 Die Inszenierung einer Christus-Nachfolge steht hier im Dienst der Repräsentation des Kaisers als politische Führungsfigur:927 Das exemplum eines Herrschers in all seiner menschlichen Hinfälligkeit ist Bestandteil kaiserlicher Repräsentation.928 Dabei ist die ‚Rolle‘ des aller Kraft beraubten Toten beispielsweise mit der ‚Rolle‘ des erotisch potenten Herrschers so eng zusammengeführt, dass sie kaum mehr voneinander zu trennen sind. Das macht das Diptychon, das das berühmte Totenportrait Maximilians neben sein Lebensportrait stellt (Abb. 115), welches ihn mit drei Nelken als liebenden Herrscher anzeigt, deutlich.929 Die ‚letzte‘ Rolle des Herrschers steht hier neben seiner erotischen.

Abb. 115: Kopie nach Monogrammist A. A., Kaiser Maximilian I. als Lebender und als Toter (um 1519)930

925 Zu den genaueren Bestimmungen siehe Hollegger (2005), S. 236–241. 926 Schmid P. (1997), S. 215 und v. a. Kellner (2016), S. 166–167. 927 „Predigten, Traktate und illustrierte Sterbebüchlein vermittelten damals die Regeln der „Kunst des guten Sterbens“ (lat. ars moriendi) und prägten die Vorstellungen von einem idealen Tod unter Erfüllung aller christlichen Pflichten.“ (Messling [2013], S. 381) 928 Der Umgang mit seinem Leichnam „bringt die Verwandlung zu einem ‚neuen Menschen‘ zum Ausdruck“ und weist darauf hin, dass es explizit um die „Rückwirkungen auf die Ordnung aller Beteiligten [geht] […].“ (Vgl. die allgemeinen Thesen von Stollberg-Rilinger [2013c], S. 95 und generell in diesem Kontext zum Zusammenhang von Religion und Geschlecht dies., [2014], v. a. S. 9–10) 929 „Diese Kombination veranschaulicht derart eindringlich und sinnfällig den Memento-MoriGedanken […], dass es sich gewiss um kein zufällig entstandenes Bildnispaar handeln kann. Möglicherweise verfügten auch die weiteren Totenbildversionen einst über ein Pendant – zumindest die Inschrift des Innsbrucker Bildnisses, die mit „Vnd ist gestorbn“ beginnt und keine Angaben zu Namen und Rang des Dargestellten enthält, lässt auf eine Ergänzung durch ein gegenüberstehendes Lebensbild schließen.“ (Messling [2013], S. 382) 930 Städtisches Museum, Zittau. Inv.-Nr. 2.690/60; Mischtechnik auf Holz (43cm x 31,8cm).

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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2.2.8 Das Blut der Habsburger: Historisch-genealogische Konstruktionen und Dekonstruktionen in Text wie Bild 2.2.8.1 Fürstliche Chronik Der Durchgang durch die Ehrenwerke in Schrift, Bild wie Stein konnte die verschiedenen medialen und materiellen Manifestationen der Machtentwürfe des Kaisers und seiner Dynastie vor Augen führen. Dies wurde unter anderem an den Opera Weißkunig, Teuerdank, Freydal, im Kontext von Jagdbüchern,931 über die Werke Ludus Dianae, Rhapsodia, Amores und Austrias, schließlich über die Analyse des Stammbaums von Tratzberg, des Goldenen Dachls, der Ehrenpforte, des Triumphzugs und den Grabmalsprojekten in ihren je spezifischen medien-, wissens- und machtpolitischen Dimensionen herausgearbeitet. Die Frage nach den Repräsentationsmechanismen von Macht wurde von den Idealen, Traditionen und genealogischen Legitimierungsformen des habsburgischen Herrschergeschlechtes aus entwickelt. Der Fokus der hier unternommenen Studien lag darauf, wie sich immer wieder neue Schichten in der Konstitution von Herrschaft und in der multimedialen Repräsentation von Macht über die Ostentation und Legitimation des Kaisers und seiner Genealogie niederschlagen. Herausgehoben werden konnte, dass die in Text wie Bild ausgebreiteten diskursiven Formationen wie Imaginationen von Macht „ebenso ‚real‘ [sind] wie so genannte historische Fakten: eine Schlacht, ein Machtwechsel“932 oder ähnliches.933

931 Zu ergänzen wären hier: „Das Fischereibuch Kaiser Maximilians“ (1901) und v. a. „Das Diurnale oder Gebetbuch des Kaisers Maximilian I.“ (1884). 932 Müller (2010a), S. 2. 933 Im detaillierten Studium weiterer Werke ließe sich zusätzlich die Prozesshaftigkeit des Genealogischen als institutionelle Ordnung unter Maximilian in den vielfachen Modellierungen und Umstrukturierungen der Linien einerseits, das gesteigerte Bedürfnis nach Repräsentation und Inszenierung von Macht um 1500 andererseits zeigen: Die „Holzschnittgenealogie“ von Hans Burgkmair, weitere Stammbäume, Gutachten, Flugschriften (siehe dazu v. a. die Ausführungen bei Oggolder/ Vocelka [2004], S. 860–874), Waffen, Heraldik, Embleme, Landkarten und Wandteppiche wurden aus arbeitsökonomischen Gründen ausgeklammert. Die „Holzschnittgenealogie“ (ab 1509) enthält 92 Darstellungen, davon waren 77, die die Genealogie Maximilians bis auf Hector zurückverfolgen, für eine Ausgabe vorgesehen (ÖNB cod. 8018 und ÖNB cod. 8048). Es existiert keine endgültige Form mit Text (siehe v. a.: Geissler [1965], S. 249–261). „Stammbaum“ (ca. 1509), Verfasser bislang nicht bestimmt (ÖNB cod. 3488); „Stammbaum und genealogische Abhandlung“, letztere von Matheus Marscalcus, der als „doctor canonicus Augustensis“ zeichnet (ca. 1512) (ÖNB cod. 352, „Stammbaum“ fol. 8); „Stammbaum, von Kaiser Maximilian I. dem Sekretär Marx Treitzsaurwein diktiert“ (ca. 1512) (ÖNB cod. 8273, fol. 41); „Bruchstück eines Stammbaums“ (1513), aus einem Schreiben des Abtes Johann Trithemius an Kaiser Maximilian (ÖNB cod. 9045*, fol. 14); Johann Trithemius, „Stammbaum der Habsburger“ (ca. 1514) aus seinen „Annales de origine regum et gentis Francorum“, glossiert durch Johannes Stabius unter dem Titel: Excerpta ex libris chronicis Trithemii abbatis Spanhamiensis cum glosa Stabii (ÖNB cod. 9045*); „Stammbaum“, Verfasser bislang nicht ermittelt (ca. 1515–1518) (ÖNB

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Ex negativo könnte man die Monumentalität sowie die geradezu kühnen Konstruktionen in der Konstitution von Herrschaft unter Maximilian I. auch als Finger auf offene Wunden deuten: Um Begründungen durch das Blut der Dynastie um 1500 noch als plausible Argumente zur Geltung bringen zu können, müssen sie gegen Zweifel und Skepsis des humanistischen Geschichtsverständnisses im Umfeld Maximilians und dem gesteigerten kritischen Umgang mit Quellen ‚abgedichtet‘ werden.934 Antworten auf kritische Nachfragen, wie beispielsweise das Eingeständnis durch Ladislaus Sunthaim, ich vind in kainer bewerten cronika, das die herrn von Habspurg in dem kunigreich Burgundi, herzogtumb oder grafschaft Burgundi geregiert haben,935 werden nicht akzeptiert: Die genealogische Macht Habsburgs über Europa muss bewiesen werden. Maximilian lässt dazu alte Urkunden und Chroniken, etliche puechlein und brief, durchforsten, wie Einträge in seine Gedenkbücher zeigen: So fragt er nach einem puch, darinnen geschrieben, wie weilend unser vorfordern römische kunig ire Romzüg getan und die kaiserliche cron emphangen haben, und bei einem doctor an unserm kgl. camergericht verhanden gewesen sein soll.936 Er befiehlt, man sol alle brief inventarisiern und registriren, dann man wys, wo ain yder sey.937 Nicht nur Schriftstücke, auch Bildmaterial soll herangeschafft werden, teilweise erneuert oder kopiert werden, um darüber die genealogischen Spuren des Hauses untersuchen zu können: Item bey maister Peter rotschmidtz zu Nurmberg dy altfrenkischen pild ab lassen malen.938 Daneben sollen diese Informationen mit Wappen939 und geographischen Sammlungen940 abgeglichen werden. In Maximilians Umfeld konstituiert sich um 1500 ein Kreis an Mitarbeitern, der die Erschließung der genealogischen Vorgeschichte sowie verwandtschaftlichen Verflechtungen des Hauses leistet. Eine zentrale Rolle spielen die genealogischen

cod. 3397). Als weiterer Autor wäre beispielsweise Joseph Grünpeck zu nennen. Siehe: Wiesflecker (1965). 934 Siehe hierzu mit detaillierteren Angaben und Ausführungen die fundierte wie leitende Studie von Kellner/Webers (2007), S. 125–127. 935 Siehe das Zitat des Briefes von Ladislaus Sunthaim am 22. Juni 1503 an Maximilian bei Laschitzer (1899), S. 10–11. 936 Siehe die Zitate aus den Gedenkbüchern bei Laschitzer (1899), hier S. 6. 937 Laschitzer (1899), S. 6. 938 Laschitzer (1899), S. 7. Besonders interessant das Beispiel um die Statue Königs Rudolfs I.: Maximilian schickt einen gewissen Hand Knoderer nach Speyer, um am Grabmal die Gesichtszüge genau abmalen zu lassen. 939 Laschitzer (1899), S. 7: Item umb das wappen von Burgundi, dieweil es ain kunigreich gewesen ist zu schreiben. 940 So soll Cunraden Pewtinger für etlich charta der Turgkey zu malen […] 20 guldin reinisch erhalten. (Laschitzer [1899], S. 7)

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Arbeiten des Abtes Johannes Trithemius:941 In seiner Frankengeschichte konstruiert Trithemius eine Abkunft der Grafen Habsburgs von einem gewissen Odopertus, der wiederum von Sigibert und Theudebert abstammt und so ein unmittelbarer Nachkomme des Merowingers Chlotar I. sei: Habebat autem Theodobertus tres filis, Sigebertum, Gunthramum et Lotharium, filiam vnam speciosissimam. Sigbertus maior natu fuga lapsus vsque ad mortem Theodorici secretissime latuit apud auunculum suum Genebaldum ducem Francorum orientalium, qui post mortem Theodorici procerum interuentu regnum accepit Heluetiorum, vt dicetur posthaec inferius, non tamen permittebatur sibi diadema imponere, vel regiam habere dignitatem. De hoc Sigeberto natus est Odobertus, per quem comites, in Habspurg, vt Paulo diximus ante, cum multis alijs in superiori Alemannia Heluetiae prouenerunt.942

Zusätzlich berichtet Trithemius dem Kaiser, dass er im Kloster Sponheim ein Buch des Franken Hunnibald gefunden habe, der zur Zeit Chlodwigs über den Ursprung und die Geschichte der Franken geschrieben und dargelegt hatte, wie ihre Vorfahren aus Troja ausgewandert und nach Deutschland gekommen seien.943 Als der Kaiser sich dieses Buch vorlegen lassen will, muss Trithemius eingestehen, dass er es nicht mehr findet: Timeo eum de loco alienatum aut latere absconditum.944 Johannes Stabius, der 1515 mit der Erstellung der genealogischen Ausführungen zur Ehrenpforte beschäftigt war, prüft daraufhin die genealogischen Abhandlungen von Johannes Trithemius, auf die sich wiederum Jakob Mennel in seinen Untersuchungen stützt.945 Stabius reagiert mit seiner Schrift Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae946 auf die Forschungen von Trithemius und Mennel. Der Traktat ist ein besonders einprägsames Zeugnis, wie am Hof Maximilians ein Diskurs über die Ableitung der Herrschaft und Macht aus der Natur des Blutes entsteht. Johannes Stabius gliedert sein Werk in zwei Teile: Während der erste Teil eingehend die Arbeitsweise von Johannes Trithemius und auch Jakob Mennel kritisiert,947

941 Zu Johannes Trithemius: Lehmann (1961); Schreiner (1966/1967), S. 72–138 und v. a. Arnold K. (1991), S. 167–179. 942 Johannes Trithemius, De origine gentis Francorum Compendium, in: Ders., Opera Historica, hrsg. von Marquard Freher, Frankfurt a. M. 1966, S. 89. Siehe hierzu auch Kellner/Webers (2007), S. 139. 943 Laschitzer (1899), S. 17. 944 Der Abdruck des Briefes von Johannes Trithemius (ÖNB cvp 9045*, fol. 29r) bei Chmel (1840), S. 315. 945 Allerdings unterscheiden sich beispielsweise die zentralen Stammbäume der habsburgischen Genealogie von Johannes Trithemius und Jakob Mennel stark voneinander, so dass Johannes Stabius für seinen Stammbaum in der Ehrenpforte sozusagen aus diesen beiden auswählen musste, was zur seiner genauen Prüfung und kritischen Analyse der Vorlagen führte: Genauer zu diesem Kontext siehe Laschitzer (1899), S. 20–21. 946 Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327. 947 ÖNB cvp 3327, fol. 2r–10r.

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präsentiert er im zweiten Teil den von ihm präferierten, auf eigenen historischen Forschungen beruhenden genealogischen Stammbaum der Habsburger.948

Abb. 116: Johannes Stabius, Spottbild (um 1497–1522)949

948 ÖNB cvp 3327, fol. 10r–13r. 949 Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327, fol. 6r. Abbildung auch in: Simon Laschitzer (1899), S. 23.

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Zentral wirft Johannes Stabius Jakob Mennel vor, dass er sich in seinen genealogischen Forschungen auf zu wenige Quellen stütze und vorwiegend Johannes Trithemius folge, den er für keinen Historiker halte, sondern für den größten aller Fabulatoren: quem non pro historico sed fabulatore omnium fabulosissimo reuputo.950 Johannes Trithemius sei nichts anderes als ein monstrum in Mönchskutte, dem nicht zutrauen sei. Genau wie dieser Mönch in seinen genealogischen Schriften alles miteinander mische, so müsse man sich seine Körpergestalt erdenken. Sie sei zusammengewürfelt nach einer Art chimera: Logici, cum rem impossibilem significare volunt, per chimeram exprimunt. Sed cedat chimera; nichil enim es in comparatione monstri abbatis, chimera quamvis ex partibus incomponilibus composita perque tria ora leonis suis et draconis iuxta fabulas ignem evomuerti, numquam tamen locuta est. Nostri autem abbatis historiae chimera nedum per rugientis leonis os sed et per aquile et buffonis animalium alias voce carencium divina locuta est oracula. Sed quid fabulis monachicis immoremur, ex ipsius abbatis verbis idolon ipsum pinegemus.951

Um sich dieses Wesen, das der Text beschreibt, besser vorstellen zu können, wird es auch über ein Bild gezeigt (Abb. 116): Einer Hydra gleich ist Johannes Trithemius im Traktat dargestellt.952 Wenn Trithemius, so führt Stabius als Beweis für seine Angriffe aus, schon bei den bekanntesten Personen wie beispielsweise Odoaker durcheinanderkomme und dessen Geschichte mit weiteren vermenge,953 ist seine Glaubwürdigkeit generell in Frage gestellt: Niemals dürfe einem, der wie im Traume fabuliere954 und solche Einbildungen wohl durch die Aluren Jupiters erhalte,955 gestattet werden, die Genealogie des erhabenen habsburgischen Hauses mit erfundenen Personen zu präsentieren.956 Auch Jakob Mennel greift Johannes Stabius an, wenn er kritisiert, dass dieser sich

950 ÖNB cvp 3327, fol. 5v. 951 ÖNB cvp 3327, fol. 5v. 952 Das Bild der Hydra steht paradigmatisch für den Vorwurf, Professionalisierung und Verwissenschaftlichung in den Argumentationen mit Natur außer Acht gelassen zu haben. Genauigkeit und Stimmigkeit wird gerade auch daher eingefordert, weil man politische Argumentationen führen muss, also den Vormachtanspruch Habsburgs zu beweisen hat: Er kann nicht einfach mehr auf ‚Glaube‘ beruhen, es geht um ‚wissenschaftliche‘ Fundierung historischer Legitimation. Siehe dazu bereits Arnold K. (1991), S. 170–172. 953 Sed cum abbas in persona tam illustri et omnibus temporum scriptoribus notissima Odoaero scilicet, qui ex omnibus nationibus omnium primus, deturbato a principatu Augustulo maiestate adepte Romana, regnavit in Italia, ita enormiter erravit, qui de aliis obscuris sui libri fabulis censendum est? (ÖNB cvp 3327, fol. 8v) 954 Quis umquam tam profundum dormivit somnum, cui talia spectra per quietam observata sunt? Pudet me recitare illas plusquam aniles ineptias! (ÖNB cvp 3327, fol. 6v) 955 Figmenta sunt ista abbatis, que Juppiter suus cum alrunis sibi suggesit. (ÖNB cvp 3327, fol. 10r) 956 Et cum ita omnia confundit ex ignoratia sive potius monachica presumptione abbas […] ac nunquam patiemur illum genealogie illustrissime domus Austriae inseri. (ÖNB cvp 3327, fol. 10r)

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in seinen genealogischen Ausführungen an Johannes Trithemius anlehne, wodurch das Kloster des Abtes für Mennel zu einem zweiten trojanischen Pferd verkomme, aus welchem nach Belieben geschöpft werden könne: Profecto monasterium sancti Tuperti est alter doctoris Mannlii equus Trojanus, ex quo dum opus habet semper novas in genealogiam domus Austrie evocat personas.957 Dass gerade die Chiffre um das Pferd aus Troja gegenüber der inszenierten trojanischen Herkunft der Habsburger ins Feld geführt wird, ist eine besondere Spitze dieser Polemik.958

Abb. 117: Johannes Stabius, Genealogische Kette (um 1497–1522)959

957 ÖNB cvp 3327, fol. 10v. 958 Kellner/Webers (2007), S. 144. 959 Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327, fol. 11v.

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Johannes Stabius kann seinen eigenen Ansprüchen allerdings nicht gerecht werden: Obwohl er Johannes Trithemius vorwirft, dass er alles erfunden habe, omnia esse ficta,960 zitiert er im zweiten Teil seines Traktats, der die tatsächliche Existenz von Otpert genauer beweisen soll, selbst eine anonyme Quelle: Unruhige Zeiten würden verhindern, dass Belege gefunden werden könnten.961 Er belässt es bei einfachen Medaillons (Abb. 117), die die Abfolge der Herrscher bis Otpertus darstellen sollen, so dass sein Traktat die Geschichte des Grafen Otpert quasi nur symbolisch andeutend und nicht mit ‚wissenschaftlichen‘ Belegen ausstattend endet.962 Jakob Mennel wiederum vertieft als eine Art Chefgenealoge die genealogischen Forschungen am Hofe Maximilians. Diese kulminieren in seiner voluminösen Fürstliche Chronik963, in welcher der Anspruch, Habsburg als führende Dynastie Europas zu präsentieren, eingelöst werden soll. Indem Jakob Mennel zusätzlich 1518 ein Gutachten an der Theologischen Fakultät der Universität Wien einholt, soll der Beweis auf Richtigkeit seiner genealogischen Forschungen untermauert werden.964 Doch konnte man wohl mit dem universitären Gutachten nicht alle Zweifel aus dem Weg räumen, wenn es dort heißt: Quis autem fuerit is Siccambrus, quem Turnus genuerit, nichil quod afferamus, habemus certi.965 Umso mehr zeigen die breiten Ausführungen sowie Konstruktionen in der Fürstlichen Chronik, die geradezu aufgebläht wirken, wie sehr man bemüht ist, den Führungsanspruch des Kaisers als ‚natürlich‘ zu untermauern und auch gegen die letzten Zweifel abzudichten. Die Chronik führt zusätzlich vor Augen, wie man politischen Konkurrenten dadurch Macht abspricht, indem man das Blut ihrer Dynastien als vertrocknet ausgibt. Historisch-genealogische Konstruktionen und Dekonstruktionen

960 ÖNB cvp 3327, fol. 13r. 961 ÖNB cvp 3327, fol. 17v. 962 ÖNB cvp 3327, fol. 17v. 963 Jakob Mennel, Fürstliche Chronik genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072*, 3073, 3074, 3075, 3076, 3077 (1512–1517): Sie ist das genealogisches Hauptwerk Kaiser Maximilians in fünf Büchern, die sechs Bände umfassen. Die Bände fünf und sechs stellen eine neue Redaktion des Werkes über die mit den Habsburgern verwandten und verschwägerten Heiligen (in anderer Ordnung) dar (ÖNB cod. 3072*-3077). Die Erschließung der Chronik wird durch die Transkription von Kathol (1999) erleichtert. Diese Studien schließen sich der Transkription von Kathol an und arbeiten aus der Handschrift. Eine leicht geglättete Zitierweise soll die Leserfreundlichkeit garantieren: Abbreviaturen und diakritische Zeichen sind aufgelöst; Rund-s ersetzen Schaft-s; u und v sowie i und j sind nach ihrem Lautwert größtenteils vereinheitlicht; Großschreibung bei Eigennamen durchgeführt; Virgeln sind getilgt; teilweise ist eine Interpunktion eingeführt. Die „Fürstliche Chronik“ in ihrer Gesamtkonzeption und in Verbindung mit dem „Zaiger“ stellt nach wie vor ein Forschungsdesiderat dar; Detailstudien bieten: Althoff (1979); Kathol (1998); Mertens D. (1988); Clemens (2001); Reinhardt (2005); Kellner/Webers (2007); Webers/Hagemann (2009); Zimmermann (2011); Kellner (2013); Kellner (2016). Zu Jakob Mennel: Burmeister/Schmidt (1978). 964 ÖNB cod. 10298. 965 ÖNB cod. 10298, fol. 49v.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

gehen um 1500 Hand in Hand. Die nachfolgenden Analysen beziehen sich näher auf die Fürstliche Chronik.966 Wie Jakob Mennel über den Anschein der als ganz natürlich ausgegebenen Kanalisierungen des habsburgischen Blutes Herrschaft und Macht legitimiert, soll untersucht werden. Zusätzlich wird das Verhältnis von Text und Bild in der Chronik genauer analysiert. Jakob Mennel bietet in den ersten Sätzen der Vorrede967 seiner Fürstlichen Chronik einen regelrechten Diskurs über das Genealogische an.968 Sein Anliegen, die Genese des Hauses Habsburg von den Ursprüngen bis in die Gegenwart Maximilians aufzuzeigen,969 um dessen gedechtnus durch genealogische Geschichtsschreibung abzusichern, korrespondiere mit der Tradition der Juden und Heiden: Wann wir bedenckhen Otheurer maximilian das die vngleubigen menschen besonder haiden vnnd Iuden nit allain seÿder Crist geburt, Ia auch ethlich tusent Iar daruor Ir altfordern herkomen geslecht stam vnnd namen sampt Ir geschichten von Zeitten Zu Zeitten mit hohem vleÿs haben lassen beschreyben.970 Sein Werk stehe damit in einer jahrtausendlan-

966 Erste Vorüberlegungen bei Kagerer (2016), S. 148–154 mit knappen Anmerkungen. 967 ÖNB cvp 3072*, fol. 1r–6r. 968 Dass sich dieser Diskurs in einer Reihe weiterer Werke von Jakob Mennel u. a. fortsetzt, könnte eine detaillierte, vergleichende Analyse seines Œuvres und dessen Entstehungskontextes ergeben. Ein Überblick zu weiteren Werken sei hier nur kursorisch angedeutet: Jakob Mennel, Chronica Habsburgensis nuper rigmatice edita (Druck, Konstanz 1507); Jakob Mennel, Stammbaum (1507) (ÖNB cod. 2800*); Jakob Mennel, Ladislaus Suntheim, Stammbaum (ca. 1509), verloren, Bruchstücke auch des begleitenden Textes überliefert durch Johannes Stabius (ÖNB cod. 3327, fol. 2); Jakob Mennel, Stammbäume, Bruchstücke (1515/1516), überliefert ebenfalls durch Johannes Stabius (ÖNB cod. 3327, fol. 5, fol. 10); im selben Codex Bruchstücke von Stammbäumen (ebd., fol. 11, fol. 13); Jakob Mennel, Heiligenkalender für den St. Georgs-Orden, in der Urfassung mit einem Affter Kalennder habsburgischer Heiliger und Seliger, Ausgabe: Der Habsburger Kalender des Jakob Mennel (Urfassung) (1979); Jakob Mennel, Die Heiligen aus der Sipp-, Mag- und Schwägerschaft des Kaisers Maximilian I.: Die Redaktion von 1514 ordnet die mit den Habsburgern verwandten und verschwägerten Heiligen, die mit Legenden und Stammbäumen dargestellt werden, genealogisch (ÖNB cod. 3077* und cod. 3077**); vgl. auch die Entwürfe in ÖNB cod. 8994 und die Skizzenbücher A-C (ÖNB cod. 2857; ÖNB cod. ser. N. 2627; ÖNB cod. ser. N. 1598); sowie den Miniaturencodex D (ÖNB cod. ser. N. 4711). Auf dieser Redaktion basierte auch die Holzschnittfolge von Leonhard Beck (1516/1518, 89 Bll.); Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger (1518), eine Art ‚Kurzversion‘ zur „Fürstlichen Chronik“ (ÖNB cod. 7892); Jakob Mennel, Das Buch von den erlauchten und verrumbten weybern des loblichen Haus Habspurg und Österreich (1518) (ÖNB cod. 3077***); Jakob Mennel, Kayserart (1513): Geschichtliches Tabellenwerk der Herrschersukzession der Kaiser von Caesar bis Maximilian (nach dem Prinzip der Vorgänger) (ÖNB cod. 8786); Jakob Mennel, Keyserall vnd Bapstall […] aller Römischen Keyser vnd Bäpst historien, Basel 1522; Jakob Mennel, Seel- vnd heiligenbuch Keiser Maximilians altfordern, Druck 1522, lat. Neubearbeitung 1593; Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327. 969 Der Aufstieg und vor allem die Positionierung des Hauses Habsburg als europäische Großmacht ereignen sich schwerpunktmäßig tatsächlich um 1500; dies scheint das Unternehmen Jakob Mennels zu motivieren: Mertens D. (1988), S. 121–123. 970 ÖNB cvp 3072*, fol. 1r.

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gen Kontinuität der genealogischen Geschichtsschreibung. Indem er sozusagen die Genealogie der historiographisch-genealogischen Methode vor Augen führt, funktionalisiert er die Vergangenheit für Gegenwärtiges: Was die Vorfahren taten, solle in der Gegenwart umso mehr verfolgt werden.971 Die Tendenz zur Quantifizierung von Herrschaft und Heil schlägt sich in der Arbeitsweise des Chronisten selbst nieder: Trotz zahlreicher Quellenverluste972 habe er alles eingesehen, was zu dieser Chronick dienstlich ist,973 um die Herkunft der Habsburger möglichst detailreich zu beschreiben. Er dokumentiert die verwendeten Quellen, archiviert antike, mittelalterliche und zeitgenössische Autoren und organisiert die verschiedensten Textsorten, die für sein Werk wichtig sind.974 Humanistischer Arbeitsweise gleichkommend betont er,975 wie er Quellen verglichen, beurteilt und ausgewertet habe, doch übergeht er eine direkte Auseinandersetzung mit den Autoren über die Floskel, es würde zu lange dauern alles zu benennen: von wölchem geschlecht die Franckhen entprosen seÿen ist mengerlay maÿnung. die selben all ZuerZelen hie Zelang.976 Jakob Mennel zieht zeitlich Getrenntes auf eine Ebene, kompiliert Unterschiedliches zu einem Ganzen, richtet dieses Konstrukt für genealogische Fragestellungen funktional aus, knüpft ein dichtes, mehrfach gesponnenes Netz genealogischer Linien, um die europaweite Macht des habsburgischen Blutes zu verdeutlichen.977 Widersprüchliches muss in logische Strukturen überführt werden: Wie in einem klaren Spiegel mit lautterm schein soll es den Rezipienten möglich sein, so Jakob Mennel, in seiner Chronik zu lesen.978 Die Vorgeschichte Maximilians muss strukturiert werden. Jakob Mennel hat nach Zahl der menschlichen [funff]979 synn diß furstlich Cronickh in funff buecher eingeteilt:980 Die Organisation des Werkes ist in naturalisierenden Bildern, orientiert an der Natur des menschlichen Körpers, eingefangen. Auf zwei unterschiedlichen Ebenen, die sich sowohl in inhaltlicher Akzentuierung

971 ÖNB cvp 3072*, fol. 1r–5v. 972 ÖNB cvp 3072*, fol. 2v–3r: deßgleichen das brieff register, rödel, seelbüecher unnd schrifften daran bey weylen am allermaisten gelegen ist durch kriegslöff, durch fewer, durch wasser unnd ander nöten an vil ortte entfrembt oder villeicht durch unvleiß verwarlost, zerrissen oder gar verloren sind, darzu auch die schryfften, figuren unnd bildnussen in den altten stifften unnd gebewen altters halb dickh verblichen swerlich zeerkhennen. 973 ÖNB cvp 3072*, fol. 12v. 974 ÖNB cvp 3072*, fol. 8v–12v. 975 Joachimsen (1910), S. 196–219. 976 ÖNB cvp 3072*, fol. 31v. 977 Zimmermann (2011), S. 371. 978 ÖNB cvp 3072*, fol. 5v. Diese Prämisse ist nicht zuletzt auch im Namen seines Werkes selbst ersichtlich: Fürstliche Chronik genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel. 979 In der Handschrift, ÖNB cvp 3072*, fol. 6r, ein Auslassungszeichen und in derselben Zeile der einzusetzende Text am linken Blattrand: funff. 980 ÖNB cvp 3072*, fol. 6r.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

wie auch in methodischer Entfaltung voneinander unterscheiden, aber durch genealogische Strukturierungen vereint sind, versucht Jakob Mennel die Materialfülle der Habsburger zu organisieren: Bücher eins bis drei (ÖNB cvp 3072*, 3073, 3074) sind chronologisch-linear angelegt, sie bilden mit der Darstellung der agnatischen Linie des Hauses Habsburg aus der Vergangenheit bis in die Gegenwart das Rückrat der Chronik (ÖNB cvp 3072*, fol. 6r–7v). Das vierte Buch (ÖNB cvp 3075) schließt sich an die ersten drei Büchern an und erweitert systematisch-räumlich die habsburgische Vorrangstellung: Im Blut der Habsburger sind alle europäischen Dynastien zusammengeflossen. Das zweigeteilte fünfte Buch (ÖNB cvp 3076 und ÖNB cvp 3077) führt die feste und vielfache Verbindung der Dynastie mit dem Himmel vor.981 Die transzendente Anbindung in ihrer räumlichen wie zeitlichen Dimensionalität zeigt an, dass Maximilian auch einen Großteil der himmlischen Sphäre für sich beanspruchen kann: Nicht mehr ein Ahn, sondern alle nur erdenklichen transzendenten Repräsentanten verleihen dem Geschlecht sakrale Würde. In den ersten vier Büchern der Fürstlichen Chronik (ÖNB cvp 3072*, 3073, 3074, 3075) organisiert das Modell des Stammbaumes den Text. Mit jedem weiteren Buch verästelt sich die habsburgische Dynastie in die zeitliche Tiefe und verwurzelt sich in ihren dynastischen Verbindungen.982 Im fünften Buch (ÖNB cvp 3076, 3077) lösen sich förmlich die vorangegangen Äste und Wurzeln in einer räumlich übersteigerten vertikalen Weiterführung bis zur Transzendenz auf. Die Bürokratisierung des habsburgischen Charismas aus den Büchern eins bis vier (ÖNB cvp 3072*, 3073, 3074, 3075) überschlägt sich in Buch fünf (ÖNB cvp 3076, 3077) durch die Vielzahl an Zuordnungskategorien von Dynastie-, Welt- und Heilsgeschichte. Natur wird zu einem quantitativen Parameter, der darauf basiert, Habsburg mit möglichst allem, zumindest mit möglichst vielem zu verbinden. In Form einer Systembildung versteht sich die Fürstliche Chronik als Verstehensmatrix der Geschichte Habsburgs für die gegenwärtigen Herrschenden.983 Jakob Mennel unterstreicht den umfassenden Anspruch, die Macht Maximilians für immer abzusichern: So hab ich yetzo derselben E.kaÿ.mt. Instruction Vnnd befelch mit Zuchten wie ich geburt vnderthenigklichen empfangen Vnnd darInn gehorsamlich vermerckht das ich von meinem angefengten furnemen nit abtreten Sonder nach vßweÿsung derselben weÿtter suchen Vnnd darnach vffs furderlichist was also vor vnnd nach erfaren Ich dasselbig ordenlich beschrÿben E.kmt. Vnnd derselben nachkommen Zu ewiger gedechtnus sondere buecher dauon machen soll Wie gar nun allerdurch-

981 Siehe die ausführliche Inhaltszusammenfassung bereits bei Laschitzer (1899), S. 12–14, wobei er ganz nach den Bemühungen älterer Forschungen, die „Fürstliche Chronik“ auf historische Stimmigkeit hin zu prüfen, zum vierten Buch betont: „Ich muss bemerken, dass in diesem ganzen Buche von dem Merowingern vollständig abgesehen ist, und dass nur von den Heiraten wirklich historischer Habsburger berichtet wird. Es scheint mir darum das werthvollste zu sein.“ 982 Kellner (2013), S. 56. 983 Kathol (1999), S. 17.

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leuchtigister kaÿser vß den nachvolgenden auch andern vrsach ich mich selbs gantz vngnugsam erkhenn E.k.mt. als deß obersten haupts der Cristenlichen welt so großmëchtig edel geslecht mit der hofflichait vnnd Zierd wie ich den hohen eeren nach wol Zÿmmet Zebeschreyben Vnnd buecher darvon Zemachen.984

Die Fürstliche Chronik soll nicht nur Zuträgerin oder Stütze für die Herrschaft Maximilians sein, sondern ist als textuelles Denkmal bereits per se konstitutive Vergegenwärtigung der Monumentalität habsburgischer Macht. Man könnte formulieren: Als ‚Denkmal‘ will sie sich ähnlich den Grabmalsplänen, ähnlich der Ehrenpforte oder dem Triumphzug in die Geschichte einschreiben. Im ersten Buch macht Jakob Mennel deutlich, dass alle Geschlechter der Erde Abkommen der drei Söhne Noahs, Sem, Ham und Japhet seien: Do got der herr die welt beschuoff vnnd ain yethlich element deßgleichen die hÿmel vnnd kör der engel mit sondern gnaden Zieret hat er die menschen vßerwölt fur ander Creaturen nach seiner bildnus gemacht vnnd gesprochen Ir söllen wachsen vnnd gemeret werden Vnnd erfüllen das ertrich wie dann sölchs von anfang seiner göthlichen schöpffung durch adam Vnnd eua mengfelltigklichen geschehen etc Als nun sölch welt Im ersten altter von Ir schweren sünd wegen durch die wasser guss von got gestrafft vertilgt ward Vnnd Noe der frum nach dem befelch gotz mit seinem weÿb vnd den dreÿen sönen: Sem Cham vnd Iaphet sampt Ir ÿedes weib in die arch gestïgenn behuet So sind nachmals von denselben dreÿen sönen nach laut der bibel alle menschen diser welt herkomen Vnnd ist von Inen die welt getailt in dreÿ tail als mit nam in ainam affricam Vnnd Europam Vnnd nach dem von sem komen sind xxvii geslecht so finden wir geschrÿben das die selben Zu Ir wonung erbaw haben Asiam, das weÿttest vnnd braÿttest enend mörs gelegen Dauon das volckh von Israhel vnnd vnser herr Cristus abkomen ist So dann von Cham xxx geslecht die Zu Ir wonung erbawen haben Affricam das reichest auch enend mers Dauon die Tÿrannen vnnd vil böser geslecht erwachssen sind Vnnd wiewol von Japhet nun xv geslecht die Zu Ir wonung gepflantzt haben Europam hie diset möres gelegen ist doch dasselbig am mechtigisten in volckh dauon Italia Germania Vnnd ander entsprossen.985

Ohne eine genaue Abstammungslinie von Noah herzuleiten, stellt Mennel mit diesen Ausführungen zunächst ganz ‚allgemein‘ die Genealogie der Habsburger in den Kontext der Universalgeschichte der Menschheit. Erst dann greift Jakob Mennel detailliert die Geschichte der Stadt Troja auf,986 mit der das Blut Habsburgs verbunden wird. In neun Titeln befasst er sich mit ihrer trojanischen Genealogie, um über ihre Historie den Ursprung der Habsburger in der zeitlichen Tiefe zu verankern.987 Aus Troja, dem wolriechenden würtzgarten, sind mit den Habsburgern der recht alt adel in

984 ÖNB cvp 3072*, fol. 2r–2v. 985 ÖNB cvp 3072*, fol. 13r–14r. 986 ÖNB cvp 3072*, fol. 14v–21r. 987 Zimmermann (2011), S. 373.

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teutsch unnd welsch land geflossen.988 Gegründet von Dardanus wurde Troja durch Troes erweitert und nach seinem Namen benannt, so führt Jakob Mennel aus.989 In einer ununterbrochenen Kette990 habe sich die Herrschaft Trojas über Generationen konstituiert. In der Darstellung Jakob Mennels hat Priamus die Stadt nach einer ersten Zerstörung wieder aufgebaut. Der genealogischen ‚Macht‘ der Trojaner gelingt es in ihrer Stärke diesen ersten Tiefpunkt zu überwinden: Diser kinig priamus was ain fraidiger manlicher ritter vnnd Zemal weÿs ist aber beÿ der vorberuerten Zerstörung Zu Troÿ nit gewesen Wann sein vatter laomedon het in wider ainen seiner feind in ander land abgefertigt Vnnd als er ethlich Zeit daselbs in ainer insul vor ainer vest lag kamen Im meer wie die kriechen vß klainer ansprach seinen Vatter Vnnd als sein volckh erschlagen darZu die stat Zerstört vnnd vil schöner iungen frawen vnnd Iungkhfrawen auch sein aller liebste schwöster esionam in das ellend gefuert hetten Der hertzlaidigen meer der Iung kinig ÿnnigklichen betriebt vnnd Zestund von der vesti hin gen Troÿ Zogen ist Vnnd als er die stat in massen wie im furkommen was Gantz vnnd gar Zerströwt sach Vnnd desselben halb vil Zeit mit grossem laid vertrieb Thet er nichts destminder als allweg der vnuerZagt Vnnd pawet die stat widerumb also schön vnnd hüpsch wÿ vor ye gewesen ist dauon der hochberuempt maister dares von Troÿ Vnnd homerus von kriechen, deßgleichen Ouidius, Virgilius vnnd ander schreÿbn das sÿ also hüpsch so groß vnd mechtig gewesen.991

Mit Verweisen auf Homer, Vergil, Ovid und Dares wird die zweite Zerstörung Trojas durch die Griechen als Ursprung neuer Kulturen, vor allem des römischen Reiches und Frankenreiches, inszeniert.992 Über das Verständnis einer translatio imperii,993 translatio artium994 und translatio militae995 werden die politischen, kulturellen, militärischen Übertragungen auf das deutsche Reich und besonders auf die europäischen Dynastien durch die genealogische Anbindung an Troja erklärt.996 Genealogie, als das wesentliche natürliche Element der Geschichtskonstruktion, überbrückt in dieser Repräsentation nicht nur zeitliche, sondern auch geographische Räume: Die Netze, die nach Rom und zum Frankenreich gesponnen werden, sind gleichsam Impulse zur

988 ÖNB cvp 3072*, fol. 14v. Sie wird „als Wiege des europäischen Adels schlechthin verstanden.“ (Kellner/Webers [2007], S. 130–131) Troja und seine Zerstörung im Krieg werden nicht nur in der „Fürstlichen Chronik“ sowie im „Zaiger“ als wahre Ereignisse betrachtet. Sie sind integraler Bestandteil der höfisch-ritterlichen Gesellschaft insgesamt: Müller (2006), S. 137. Siehe zur Trojanersage im Mittelalter u. a.: Klippel (1936); Bodmer (1963), S. 91–118; Eisenhut (1983), S. 1–28; Melville (1987b), S. 415–435; Garber (1989), S. 108–163; Brunner H. (1990); Borgolte (2001), S. 190–203. 989 ÖNB cvp 3072*, fol. 14v. 990 ÖNB cvp 3072*, fol. 14v–16v. 991 ÖNB cvp 3072*, fol. 16v–17r. 992 ÖNB cvp 3072*, fol. 18r. 993 Siehe in diesem Kontext v. a. Goez (1958). 994 Worstbrock (1965), S. 1–22. 995 Worstbrock (1965), S. 19–22. 996 Müller (2004a), S. 119–141.

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Stiftung neuer Dynastien.997 Jakob Mennel will seine ‚Studien‘ sodann auf die verwandtschaftliche Kontinuität zwischen Franken und Trojanern998 sowie auf den trojanischen Ursprung von teutsch und wälsch Frankreich konzentrieren, obwohl aber von wölchem geschlecht die Frackhen entsprossen seyen, ist mengerlay maynung, die selben all zu erzelen hie zelang.999 Offensiv konstatiert Jakob Mennel, dass er allain die mainung so in disem hanndel dienstlich ist nehmen will.1000 Wie sehr Geschichte gleichsam umgeschrieben wird, zeigen neben diesen schriftlichen Ausführungen vor allem auch die bildlichen Darstellungen im komplementär angelegten Zaiger (Abb. 118), der unten separat analysiert wird. Der Kampf um Troja wird dort mit Kanonen geführt. Die Geschichte steht in der Funktion historisch-genealogischer Konstruktion.1001

Abb. 118: Jakob Mennel, Kampf vor Troja (1518)1002

997 ÖNB cvp 3072*, fol. 21v. 998 ÖNB cvp 3072*, fol. 31r–34r. 999 ÖNB cvp 3072*, fol. 31r–31v. 1000 ÖNB cvp 3072*, fol. 31v. 1001 „Pointiert gesagt: Mennel nimmt das in seine Darstellung auf, was in sein Konzept passt.“ (Kellner/Webers [2007], S. 132) 1002 Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 3r. Der Text darunter lautet: Hie hebt an der erst tractat vnnd erst buchstab A darbey figurlich anaigt wie dia

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Umso prekärer wird diese Feststellung, wenn man gleichzeitig Methoden Jakob Mennels analysiert, die diesem subjektiven Umgang mit Quellen entgegenstehen. Regelrecht akribisch berechnet Jakob Mennel beispielsweise Verwandtschaftsgrade vom Ursprung her.1003 Er erstellt Schemata für die Verwandtschaftsberechnung Habsburgs mit den trojanischen Königen von Frankreich. Regeln sollen dabei eine Grundlage schaffen, um Verbindungen steril sezieren zu können. Wie lineare, direkte, kollaterale, auf- und absteigende Linien bestimmbar und quantifizierbar sind, soll in drei slosred gezeigt werden: Das die troÿanischen Frantzosen den fursten von habspurg mit siplicher fruntschafft verwandt sind Vnnd Zu bewerung desselbigen Nim ich anfengkhlich fur mich Clotharium den vi Troÿanischen kinig von Franckhreich Vnnd Ottperthum den eltesten furstn von habspurg Teutscher landenn Nÿm darnach fur mich ain Regul der gaistlichen Rechten der Inhaltung souil personen Dauon man fragt in slechter vfsteigender vnnd absteigen der Lynien funden werden mitsampt den mitlen personen Ain person allain vßgeslossen Souil sind Gradus der sÿplichen fruntschafft deren person Dauon man fragt etc So sich nun In disem fal allain vier personen1004 fur wie hieneben Deßgleichen Im erst Vnnd andern tail diss buochs gesehen werden erfunden So volgt daruss das bemelter Clotharius Troÿanischer kinig Vnnd Ottpertus furst von habspurg Im drÿtten grad der Sÿpschafft verwandt sind.1005

War die Version eines römischen Ursprungs der Habsburger auch erfolgsversprechend und noch bis ins 16.  Jahrhundert eine Abkunft der Habsburger als deutsche Nachfolger der römischen Colonna1006 populär,1007 so war es über eine trojanischfränkische Herkunftssage möglich,1008 das gesamte zeitgenössische Europa in Beziehung zum Hause Habsburg zu setzen.1009 Hektors Sohn Francio sei es gewesen, so Jakob Mennel, der mit einer großen Anhängerschaft von Troja aus nach Pannonien zog und die Stadt Sicambria in Ungarn, bekannt auch als Etzelburg von kunig Attila,

aller kostparlichest stat Troy davon dann ewer kay. Mt. Altorderen nach vsweysung des ersten buchs furstlicher Cronikh von dem aller theuresten kunig Hector entsprossen sind zerstört ist worden. 1003 ÖNB cvp 3074, fol. 163r–165v. 1004 Beginnend auf Höhe der folgenden Zeile am linken Blattrand folgende Namen als Stammreihe in vertikaler Folge notiert: Clotharius – Chilpericus – Theodobertus – Ottperthus (ÖNB cvp 3074, fol. 163v). 1005 ÖNB cvp 3074, fol. 163r–163v. 1006 „Neben den Trojanern wurde Caesar häufig als Ahne in fiktive Genealogien aufgenommen, da er als Nachkomme des Aeneas galt, des Gründers von Rom und daher mit den Franken die Abstammung von Troja teilte […]. Der Dichter des Annoliedes, das um 1080/85 in Siegburg entstand, hat ihn zu einer Leitfigur der deutschen Geschichte gemacht und andere sind ihm darin gefolgt, so auch der Verfasser der Kaiserchronik, die um 1150 entstanden ist.“ (Clemens [2001], S. 7) 1007 Pollheimer (2005), S. 26. 1008 Dabei scheinen es nicht Maximilian und sein Hofgenealoge Jakob Mennel gewesen zu sein, die in der Troja-Sage ein innovatives Mittel gefunden haben, um die Exklusivität Habsburgs zu untermauern. Vielmehr griffen sie auf bereits bestehende Ideen zurück. 1009 Lhotsky (1944), S. 210.

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gründete.1010 Dass Francio in einigen Geschichtsquellen nicht erwähnt wird, wehrt Jakob Mennel mit dem Argument ab, Francio sei bei der Zerstörung Trojas noch ein kleines Kind gewesen: Das dann vom Franco als kunig Hectors son nit von allen historicis meldung geschickt, ist kain wunder, dann als Lucius Tongrensis schreibt, so ist er zu den zeyten als Troy zerstört ward noch vnnder seinen iaren gewesen vnnd also mit etlichen der seinen heraus kommen wie dann hieuor gemeldet ist. Darbey ichs las beleyben.1011

Neben dieser ‚großen‘ Verbindung von Troja und Europa zeigt sich bereits in der Familie des Francio selbst die genealogische Engführung der Zeitebenen: Hektor tritt als Urvater auf, der schon vorher Pannonien zu seinen Stammlanden zählte.1012 Francio, sein Sohn, übernimmt das väterliche Erbe und überträgt dieses wiederum auf seinen Sohn Sicambria, nach dem das neue europäische Volk bezeichnet wird. Vater, Sohn und Enkel stellen in ihrer zeitlichen Dynamik gemeinsam flankierend den Ursprung der Franken dar. Erst in der römischen Zeit, als es zu Kämpfen gegen Rom kam und sich der Stamm der Sicambrier nach Deutschland bewegte, findet eine Namensänderung in frantzi,1013 die Freien, statt. Ihnen gelingt es, Gallien zu erobern und die Römer zu vertreiben. Jakob Mennels Fürstliche Chronik wirkt in dieser Dimension nur dürftig gekittet und gefüllt. Der Zeitraum zwischen der Zerstörung Trojas, der Gründung Sicambrias und der Geschichte der Franken ist nicht genug ‚gefüllt‘. Die Lücken dazwischen, darnach über vil hundert iar,1014 spielen in der Geschichtskonstruktion keine Rolle. Jakob Mennel verlagert die genealogischen Ordnungen vom eigentlichen Beginn hinaus und entschärft das Problem des Ursprungs, indem er ihren Beginn verschiebt und ihn sozusagen im „Modus einer Kontinuität“ umschreibt.1015 Die Fürstliche Chronik differenziert zwischen alten Franken, die unmittelbar von Hektor abstammen und den neuen Franken, die erst Zu den Zeitten der obbestimpten kaÿser valentiniani vnnd graciani deß ersten entsprung nachweisbar sind.1016 Mit Francio setzt die Chronik einen Neubeginn in der dynastischen Entwicklungsphase der Habsburger, der ihnen Unverwechselbarkeit verleihen soll und gleichzeitig eine kontinuierliche Abstammungslinie von Hektor an suggeriert. Die Franken sollen älter und vornehmer als die Römer erscheinen. Die heterogene Quellenfülle, die die Fürstliche Chronik dabei heranzieht, muss harmonisiert werden: die oberzelten

1010 ÖNB cvp 3072*, fol. 31v. Nach Jakob Mennel hatte Hektor nicht nur den Sohn Astyanax, sondern mit Francio einen zweiten (ÖNB cvp 3072*, fol. 34r). 1011 ÖNB cvp 3072*, fol. 37v. 1012 ÖNB cvp 3072*, fol. 37v. 1013 ÖNB cvp 3072*, fol. 32r. 1014 ÖNB cvp 3072*, fol. 31v. 1015 Kellner (2004a), S. 109. 1016 ÖNB cvp 3072*, fol. 34v–35r.

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autores mögen concordiert werden unnd doch yeder bey seiner opinion beleiben.1017 Die Frage nach der Herkunft der Habsburger wird, um noch einmal zu unterstreichen, durch die Verbindung mit dem Trojamythos und der Frankengeschichte zusammen in einer groß angelegten Kontinuitätskonstruktion bearbeitet.1018 Jakob Mennel zieht im Stile von qui-genuit-Formeln Name um Name aufführend durch 83 Generationen seine genealogische Aufzählung. Angefangen bei Hektor, dem son Priami des grossen kunigs zu Troya,1019 über Priamus III., dem ersten Herzog der neuen Franken, über Chilpericus und Theodopertus, König von Burgund, dessen Söhne Theodoricus und Ottpert, der erste Graf von Habsburg, bis Rudolf II., Kaiser Friedrich III. und schließlich Kaiser Maximilian I., Philipp von Kastilien und Karl V.1020 Die genealogischen Konstruktionen dienen zur Unterstützung und Sicherung von habsburgischen Herrschaftsansprüchen, gerade auch in Ländern, wie beispielsweise Burgund, in denen diese umstritten waren. In Jakob Mennels Chronik treten immer wieder die Franken in Erscheinung.1021 So geben die Stammbäume im dritten Buch ein eindringliches Zeugnis enger habsburgischer Verwandtschaft mit den trojanischen Frankenkönigen ab.1022 Auch die Legenden von Ludwig, dem König der Franken, der vor seiner Taufe Clodoueus hieß und seiner Gemahlin Crothilden gehen in diese Richtung.1023 Nicht zuletzt auch dann, wenn deren Herkunft aus dem Geschlecht der Sicambrier und damit der Trojaner besonders hervorgehoben wird: seins adenlichen Vnd alten herkommenns vss dem koniglichen geschlecht sicambriæ von troÿa abkomen thet.1024 Gleichzeitig wird Crothilden als die Stifterin des christlichen Glaubens, den auch ihr Mann annimmt, ausgegeben, wenn sie ihn nach der Heirat zur Konvertierung motiviert: Aber als sÿ deß tags das hochZeitlich fest mit geburender solemnitet volbracht hätten Vnnd als es nun abend ward beyZeschlaffenn da hat sy Ir vertrawen gesetzt Zu got Vnnd suessigklichen zu Irem gmahel gesprochen Mein herr kinig ich bit Ee dein dienerin sich dir Zugesel wollest mir vergonettwas Zebitten Antwort der kinig bit Vnnd beger was was du wilt also sagt sÿ so beger ich dreÿ ding anfengklich den allmechtigen himlischen got vatter der dich geschaffen hat Vnnd In Iesum Cristum

1017 ÖNB cvp 3072*, fol. 37r. Jakob Mennel beruft sich u. a. auf Orosius und Hieronymus und stellt sich beispielsweise gegen Gottfried von Viterbo: Kellner/Webers (2007), S. 132. 1018 Kellner/Webers (2007), S. 133: „Sie kostet jedoch den Preis, den dauernden Besitz eines Königtums oder überhaupt eines herausragenden Herrscheramtes und die uralte Bindung an ein bestimmtes Land und Volk nicht erweisen zu können.“ (Mertens D. [1988], S. 134) 1019 ÖNB cvp 3072*, fol. 38r. 1020 ÖNB cvp 3072*, fol. 38r–41r. 1021 „Damit wird auch klar, warum Maximilian I. sich zur Anerkennung der trojanisch-fränkischen Habsburgersage entschlossen hat: nur über sie – d. h. über Brabant, Lothringen und alles, was sich der Nachfolgeschaft Karl dem Großen unbestritten rühmte – war es möglich, ganz Europa in Beziehung zum Hause Habsburg zu bringen.“ (Lhotsky [1944], S. 210) 1022 ÖNB cvp 3074, fol. 1v–4v. 1023 ÖNB cvp 3076, fol. 3r–7r; ÖNB cvp 3076, fol. 7v–15v. 1024 ÖNB cvp 3076, fol. 4r.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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kinig der kinig der dich erlöst hat Vnnd In den heÿliggeist bestetter Vnnd erleuchter aller gerechtenn glaubenn wöllest Vnnd die Vnnutzen götter Die weder Inen selbs noch andern Zehilff mögen komen verlassest Dann sÿ anders nichts sind Dann aintwedersvß stain vs holtz vß erdenn oder gechmid gemacht vnnd Ir namen als saturnus Iupiter mercurius Vnnd ander sind namen der Creaturenn Vnnd Zum andern das du auch die heyligen gotzheuser die du bisher Zerstört hast wider Vffrichtest Dann die sund wirt nit abgelassenn also lang biß die sund widergoltten wirt Vnnd Zum dritten bit ich dich auch das du mein Vätterlich Vnnd mutterlich Erbs gerechtigkait Vonn kinig gondebalden meinem vettern der mir vatter vnnd mutter Iämerlich Vnnd wider alle billich hait Vmbracht hat Vnnd mein klaines schwösterlin Trona mit verwandelter klaidung In das Elend verschickht hat Erforderen wollest.1025

Offen bleibt jedoch in all diesen breiten Ausführungen die Antwort auf die Frage, wann und vor allem wie aus der Urzeit der trojanischen Franken das Geschlecht der Habsburger ans Licht trat. Jakob Mennel muss in seiner Konstruktion einen ersten Habsburger benennen.1026 Die eigentliche Aufgabe der Fürstlichen Chronik beginnt hier: Es geht um die Herstellung einer lückenlosen Reihe zwischen Merowingern und Habsburgern. Nicht in der genealogischen Ableitung der Habsburger von römischen Familien besteht die Pointe in der Fürstlichen Chronik,1027 sondern in der Ansippung an die Genealogie der Merowinger.1028 Bereits in früheren Entwürfen seiner Chronik, beispielsweise um 1507,1029 verknüpfte Jakob Mennel die Habsburger mit den Merowingern, lokalisierte den ersten Habsburger in der Person des Grafen Ottberth, Sohn des Königs Odoberth, wobei Odoberth wiederum als Nachkomme des berühmten Chlotars I. ausgegeben wird.1030 Bot diese Fiktion als novum1031 einer genealogischen Konstruktion großen Diskussionsstoff im weiteren Umfeld der Gelehrten Maximilians,1032 so erhält Ottpert sodann in den Bearbeitungsphasen der Fürstlichen Chronik um 1514 einen anderen Vater, einen so genannten Sigibert, welcher von Theudebert abstammt.1033

1025 ÖNB cvp 3076, fol. 11v–12r. 1026 Vgl. Hauck (1965), S. 173; siehe auch ders. (1950). 1027 Siehe beispielsweise die Hypothesen bei Tholomeus von Lucca, Annales, hrsg. von Bernhard Schmeidler, Berlin 1922, S. 1–242, auch bei Mathias von Neunburg, Chronica, hrsg. von Adolf Hofmeister, Berlin 1924–1940, S. 1–132 sowie bei Heinrich von Grundelfingen, Chronica Austriae, hrsg. von Alphons Lhotsky, Berlin/Zürich 1967 oder bei Albrecht von Bonstetten, Historia Domus Austriae, ÖNB cvp 13652, fol. 60v–61r, die die römische Herkunft der Habsburger aus der gens Cornelia mit der trojanischen Abkunft der Römer verbinden. 1028 Detaillierte Hintergründe zu den Merowingern v. a. bei Becher (2009), S. 1–86. 1029 So in einer Chronik von 1507: Jakob Mennel, Cronica Habspurgensis nuper rigmatice edita, Konstanz 1507. 1030 Jakob Mennel, Cronica Habspurgensis nuper rigmatice edita, Konstanz 1507, fol. 3r–3v. 1031 Althoff (1979), S. 75. 1032 Althoff (1988), S. 417–441; Melville (2009), S. 83–104. 1033 Jakob Mennel stellt Ottpert in die genealogische Reihenfolge und Abfolge: Chlotar I.  – Sigibert I. – Childebert II. – Theudebert II. – Sigibert. Dies mag ein besonders augenscheinliches Resultat

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Die Rekonstruktionen gehen in diesem Kontext eine enge Nähe zu den Schriften des Abtes Johannes Trithemius ein, von dessen genealogischen Entwürfen die Fürstliche Chronik profitieren kann.1034 Allerdings erfuhr Trithemius, wie bereits oben erwähnt, im Besonderen durch Johannes Stabius vehemente Kritik, der ihm vorwarf, Quellen frei zu kombinieren und zu erfinden.1035 Im Zuge dieser massiven Vorwürfe arbeitete Jakob Mennel seine Chronik um, verwarf Sigibert als Vater von Ottpert und setzte stattdessen Odopert ein, den er wiederum von Chilperich I. ableitete.1036 Auf erneute Kritik durch Johannes Stabius1037 reagierte Jakob Mennel schließlich mit Theodpert als Vater Ottperts, der in die Endversion der Fürstlichen Chronik von 1518 übernommen und als burgundischer König ausgegeben wird: Clodoueus geborn k. Clotharium den ersten regiert l Iar Aber Clotharius hat geborn k Chilpericum regiert xxiiii iar dauon geborn Theodopertus k Zu Burgundi dauon Zweÿ son der ain theodoricus ouch kunig Zu Burgundi vnnd der annder seinem vater nach genempt odoperthus oder ottperthus der erst graue von habspurg in teutschen landen darbeÿ sich der kunigklich stand diser linien nach geendert Deshalb sein vnnd seiner regierung nachkomen biß y kaÿser vnnd kunig worden sind vnderlassen Aber der selbig ottopertus hat geporn ain on genannt Bobo vnnd hat Bobo gehept Rothertum oder rotherum von welhem geborn ist ethopertus dauon gelbo vnnd von gelbon ramperthus Aber Ramperthus hat geborn Guntramum des namens den ersten So hat weÿtter Gontramus geborn luÿtardum vnnd hat luÿtardus geborn luÿtfridum Aber Luÿtfridus gebar hundtfridum So hat hundtfridus geborn Gontramum den annderen Aber Gontramus der annder hatt geborn betzelinum So hat Betzelinus geporn den Radepoto beÿ dem alt vnnd new habspurg vff ain person gewachsen ist Aber gemelter radepoto hat geporn wernharium vnnd derselbig wernharius gebar ottonem Aber otto gebar wernherum Vnnd wernherus hat geborn adelbertum So hat adalperthus geporn Rudolffum den ersten.1038

Während Jakob Mennels Vorgänger, wie Ladislaus Sunthaym und Johannes Trithemius scheiterten, das genealogisch-historische Interesse des Kaisers nach einer Verbindung zwischen Burgund und seiner Dynastie mit ihren Quellenbefunden zu harmonisieren, scheint Jakob Mennel dies zu gelingen: Eine Verbindung zwischen Burgund und Habsburg ist in der Fürstlichen Chronik dahingehend hergestellt, als dass der erste Habsburger, Ottopert, ein Königssohn Burgunds, nämlich Abkömmling

aus der Kritik weiterer Genealogen am Kaiserhof sein. Siehe hierzu die Ausführungen bei: Pollheimer (2005), S. 70–80. 1034 Johannes Trithemius, De origine gentis Francorum Compendium, in: Ders., Opera Historica, hrsg. von Marquard Freher, Frankfurt a. M. 1966, S. 89–90. 1035 Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327; ders., Excerpta ex libris chronicis Trithemii abbatis Spanhamensis cum glossa Stabii, ÖNB cvp 9045*. 1036 Kellner/Webers (2007), S. 140. 1037 Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327, fol. 2v–5r. 1038 ÖNB cvp 3072*, fol. 40r–40v; siehe auch ÖNB cvp 3072*, fol. 52v–53r.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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von Theodpert ist. Johannes Stabius bemängelt an dieser Verbindung nichts, fragt jedoch kritisch nach weiteren genealogischen Gliedern zwischen Ottopert und den Habsburgern, die diese Linie untermauern könnten.1039 Als Jakob Mennel daraufhin einen so genannten Bobo aus Quellensammlungen des Klosters St. Trudpert als Sohn Ottperts einführte, [a]ber der selbig ottopertus hat geporn ain son genannt Bobo vnnd hat Bobo gehept Rothertum oder rotherum von welhem geborn ist ethopertus,1040 um über mehr genealogische Glieder seine Konstruktionen abzusichern, verspottet Johannes Stabius die Fürstliche Chronik, aus der so viele bubones, also ‚Uhus‘, wie immer auch erforderlich hervorgehen könnten: Ita ille illustrissime genealogie domus Austrie bubones immiscere conatur.1041 Auch nach den vielen Umarbeitungen ist die Fürstliche Chronik damit nicht vor Angriffen gefeit. Dennoch erschafft die Fürstliche Chronik ein Konstrukt, das auf derartige Angriffe zumindest reagieren kann:1042 Die ‚Bausätze‘ der Genealogie werden geradezu ‚flexibel‘ neu zusammengesetzt, wie die Arbeiten zu Ottpert gezeigt haben. Die Fürst­ liche Chronik ist ein Beispiel für eine immer wieder vollzogene ‚Umschriftung‘ in den ­genealogischen Konstruktionen,1043 was nochmals deutlich an der Endfassung des ersten Buches der Fürstlichen Chronik zu Tage tritt: Im Text und in den beigegebenen Kettendarstellungen ist von Theodpert als Vater Otttperts die Rede.1044 Allerdings folgt im Textabschnitt unmittelbar auf diesen Namen zu Theodpert noch der Hinweis, Ottpert sei seinem vater nach genempt Odoperthus oder Ottperthus.1045 Dies kann als Rudiment vorhergehender Konzeptionen in den sich überlagernden Bearbeitungsstadien der genealogischen Konstruktionen in der Fürstlichen Chronik gewertet werden.1046 Detailliert beschreibt Jakob Mennel anschließend in verschiedenen Stammbäumen die agnatischen wie auch kognatischen Linien der Merowinger,1047 schildert die Ereignisse um Theodpert1048 und geht auch auf Ottpert selbst ein: So sind die nachgenden herschafft durch den Erbfal deßgleichen durch heÿrat Vnnd sunst dem gemeltten ottperthenn Zu gestannden Nemlich habspurg alttenburg vnnd kÿburg mit der herschafft burgenden sampt Ir Zugehör öchtlannd argow Vnnd thurgöw deßgleichen sunggöw Elsäss vnnd Breysgow mit dem swartzwald.1049

1039 Kellner/Webers (2007), S. 143. 1040 ÖNB cvp 3072*, fol. 40r. 1041 ÖNB cvp 3327, fol. 10v. 1042 Über den Tod Kaiser Maximilians I. hinaus verändert Jakob Mennel die Genealogie in der Namensfolge: Jakob Mennel, Seel und Heiligenbuch Keiser Maximilians altfordern, ÖNB cvp 7369, fol. 1r. 1043 Kellner/Webers (2007), S. 144. 1044 ÖNB cvp 3072*, fol. 52v–53r. 1045 ÖNB cvp 3072*, fol. 40r. 1046 Kellner/Webers (2007), S. 143 sprechen hier von einem „Relikt der früheren Entwürfe“. 1047 ÖNB cvp 3073, fol. 2v–111r. 1048 ÖNB cvp 3073, fol. 22r–24v. 1049 ÖNB cvp 3073, fol. 26r–27v.

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Allerdings steht die Kürze des Informationsgehaltes über die Zentralfigur der genealogischen Gesamtkonstruktion innerhalb der Fürstlichen Chronik1050 in Spannung zu der sonstigen Breite der Ausführungen.1051 Wie stark Jakob Mennel aus Nichtwissen fiktives Wissen produziert und wie enorm er seine Chronik aufbläht, sich gleichzeitig aber offensichtlich schwer tut, in sechs Codices alle Blätter zu füllen,1052 wird nicht zuletzt an der Figur des Ottpert deutlich. Sukzessive wird Ottperts Existenz ‚geschaffen‘: Im zweiten Buch muss Mennel eingestehen, dass er durch Quellenverluste des Klosters St. Trudpert, aus dem er seine Nachrichten von der Gründungsphase der Habsburger bezog, wenig über Ottpert und seine Familie weiß. Ich find, daß die gegni deß gotzhuß sancti Trutperti zum drittenn mal mit feures unnd etlich mal mit wassers und sonst offt mit kriegs nötten verhergt ist worden, dardurch dann die altten brieff, register unnd rödel daruß man gar vil nemen möcht, dreffenlich verloren sind, deßhalb ich von seinem eegemahel nit weitter schreyben kann, dann das sy gewesen soll sein eins hertzogs dochter von Franckhen oder Swaben genant Eufemia […].1053

Wird Ottpert im ersten Buch der Chronik1054 nur knapp erwähnt, so kann Jakob Mennel im zweiten Buch allerdings bereits etwas mehr über ihn berichten, er preist dessen Frömmigkeit, Demut und Tugenden: Diser ottperthus deß vorgemeltenn theodoberthi anderer son ist gewesen gar ein tugendreicher gotzforchtiger demietiger herr der nit groß achtung hat vff vberflussig Eer oder gut Sonnder wie kinig Salomon Im buch der spruch sagt Begert er allain sein notturfft.1055 Nach den Hinweisen zu Ottpert im dritten1056 und vierten Buch,1057 reiht ihn Jakob Mennel im fünften Buch in die Legende des heiligen Trudpert ein.1058 Über das Martyrium des so genannten Trudpert wird Ottpert, ausgegeben als dessen Vetter, an die Transzendenz mit angebunden:

1050 Immer wieder muss Jakob Mennel Lücken gegenüber Vertretern der Genealogie einräumen, u. a. ÖNB cvp 3073, fol. 83r: davon ich gar nichts mer find; fol. 83v: find nichts mer; so auch ÖNB cvp 3074, fol. 78v; ÖNB cvp 3075, fol. 104r. 1051 Kellner/Webers (2007), S. 145. 1052 Die vielen leeren Seiten (so bereits im ersten Buch: ÖNB cvp 3072*, fol. 43r, 63r, 63v, 67v–100v), die sich über die gesamte „Fürstliche Chronik“ erstrecken, sind nur das augenfälligste Pendant zu den zahlreichen inhaltlichen Lücken. 1053 ÖNB cvp 3073, fol. 29r. 1054 ÖNB cvp 3072*, fol. 40r. 1055 ÖNB cvp 3073, fol. 26v. 1056 Das die troÿanischen Frantzosen den fursten von habspurg mit siplicher fruntschafft verwandt sind Vnnd Zu bewerung desselbigen Nim ich anfengkhlich fur mich Clotharium den vi Troÿanischen kinig von Franckhreich Vnnd Ottperthum den eltesten furstn von habspurg Teutscher landen (ÖNB cvp 3074, fol. 163r). 1057 Was aber darvor von otperthen biß vff fraw Ita alt habspurg gewesen deß gebluts der kinig von Franckhen vnnd Burgundi etc Doch nach dem baide habspurg Zusamen gehuset haben ist desselben halb kain vnderschaid mer (ÖNB cvp 3075, fol. 139r). Siehe auch ÖNB cvp 3075, fol. 136v, 140r. 1058 ÖNB cvp 3077, fol. 115r–126v.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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[D]eßhalb er auch wol in die zal der heiligen zeschreybenn were.1059 Das Heil ‚steigert‘ sich in quantitativem Maße sogleich, wenn Jakob Mennel die heiligen Geschwister Trudperts, eine so genannte Erentraud1060 und einen Rupert1061 nachschiebt. Ottpert, von dem Jakob Mennel eigentlich wenig weiß, wird nach und nach zur Gründerfigur der Habsburger erhoben.

Abb. 119 und Abb. 120: Jakob Mennel, Kettendarstellungen (1518)1062

Neben den bisher analysierten textuellen Konstruktionen eines weit verzweigten Blutes der Habsburger werden die Aussagen der Fürstlichen Chronik in graphische Darstellungen gegossen. Allerdings gliedern sie nicht die extreme Materialfülle im Text, sondern bringen in der Zweidimensionalität der Fläche die Geschichtskonstruktion in anderer Weise als das Nacheinander der Schrift zur Anschauung.1063 Schrift

1059 ÖNB cvp 3077, fol. 123v. 1060 ÖNB cvp 3077, fol. 6r–7v 1061 ÖNB cvp 3077, fol. 77r–80r. 1062 Neuntes Blatt der genealogischen Kettendarstellung: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072*, fol. 60r und 37. Blatt der genealogischen Kettendarstellung: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072*, fol. 62r. 1063 Der Multidimensionalität der Fläche liegen andere Methoden als der Linearität der Schrift zu Grunde: Beispielsweise erläutert Jakob Mennel die Symbolik der Metalle und Farben (ÖNB cvp 3072*, fol. 42rv, fol. 64rv). Genauer hierzu Kellner/Webers (2007), v. a. S. 133–134. „Ihrerseits reduzieren die

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und Bild stehen in einem Wechselverhältnis, sie kommentieren und erläutern sich gegenseitig.1064 Generationenreihen werden beispielswese im ersten Buch in das graphische Medium von Ketten übertragen.1065 In diesen soll die Suggestion einer strikten linearen Abfolge des Hauses Habsburgs betont werden.1066 Von Hektor an wird eine Linie bis zu Maximilian und seinem Enkel Karl V. ausgezogen und als besonders starke eiserne Kette, als linea graecorum dargestellt. Zwei weitere Linien zeigen die contemplores der jeweiligen Glieder Habsburgs: Eine in goldener Farbe gehaltene linea hebreorum führt von Boas aus dem Stamm Juda über David und Jesus bis zu Papst Leo X. Mit Eneas beginnend zieht sich die silberne linea latinorum über die römischen Herrscher, deutschen Könige und Kaiser bis zu Kaiser Maximilian hin. Jakob Mennel geht es vor allem mit der linea graecorum darum, herauszuarbeiten, dass alle Glieder dieser Kette einem Geschlecht entstammen: Es handelt sich um ‚verkettete‘ Vor- und Nachfahren. Die beiden Ketten linea hebreorum und linea latinorum veranschaulichen Sukzessionsreihen. Insgesamt beziehen die Ketten den geistlichen und weltlichen Stand, die beiden höchsten Ämter, Kaiser- und Papsttum aufeinander: Nota primo: Item bey der ersten kettin vrsprung der ahiligen vater der bäpst durch die hebraischen linien. Nota secundo: Item bey der mittel kettin vrsprung der habspurgischen fursten von Osterreich durch die griechischen linien. Nota tercio: Item bey der ledtsten vrsprung der römischen kayser vnnd kunig durch die latinischn linyen.1067

Sie situieren die Genese der Habsburgerdynastie nicht nur im Verlauf von Weltgeschichte, sondern verknüpfen Dynastie- mit Weltgeschichte.1068 Die Genealogie Habsburgs ist auf die höchsten Ämter mittelalterlicher Gesellschaft ausgerichtet.1069

Zeichnungen die in der Schrift sehr viel ausführlicher und umständlicher entwickelten geschichtlichen Verläufe auf ein genealogisches Grundgerüst, was besonders deutlich wird in den Darstellungen der abgesägten Stämme als Symbolisierungen agnatischer Generationenfolgen.“ (Kellner [2013], S. 52–103) 1064 Kellner/Webers (2007), S. 126. 1065 Siehe: Mertens D. (1988), S. 134; detailliert Zimmermann (2011), S. 373–378. 1066 Zur Überlieferung von Geschichtskompendien mit graphischen Darstellungen vom 12. bis 15. Jahrhundert die besonders materialreiche Untersuchung von Melville (1987), S. 57–154. 1067 ÖNB cvp 3072*, fol. 47v. 1068 Kellner/Webers (2007), S. 137. 1069 Neben diesen Kettendarstellungen sind es die immer wieder auftretenden Stammbaumdarstellungen, die die Genealogie der Habsburger scheinbar zu ‚verräumlichen‘ suchen. Über die gesamte Chronik sind sie verteilt, teilweise besonders ausgeschmückt mit Blättern und Früchten, teilweise mit Kronendarstellungen, teilweise nur als karge, abgesägte Baumstämme erkennbar. Besonders häufig vor allem in Buch zwei (ÖNB cvp 3073, fol. 26rv, 35v, 39r, 45v, 56r, 63r, 71v, 78r, 111rv, 112r) und Buch drei (ÖNB cvp 3074, fol. 1v, 6v, 9r, 14r, 17r, 45r, 43r–44r, 46v, 70v, 84r, 102v, 134v–135v, 144r, 153r, 158r, 161v–162v, 167v, 176r). Die „Fürstliche Chronik“ suggeriert über ihre graphischen beziehungsweise

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 121: Jakob Mennel, Pfauenspiegel (1518)1070

Der Pfau entpuppt sich als weiteres prägendes ‚graphisches‘ Gliederungssymbol genealogischer Konstruktion und Repräsentation innerhalb der Fürstlichen Chronik.1071 Taucht der Pfau bereits im ersten Buch als Symbol für das Haus Habsburg auf,1072 so wird im vierten Buch, in einem so genannten Pfauenspiegel erklärt, welche, vor allem allegorische Rolle, dem Pfauen für Habsburg innewohnt. Genauso wie das Pfauenfleisch unverweslich sei, so wird propagiert, genau so sei die habsburgische Dynastie unsterblich.1073 Der Pfau ist ein aktuelles Memorialzeichen ideologisierter Herrschaft Maximilians, wie Mennel betont.1074

bildlichen Darstellungen einen geordneten Kosmos gegen das Chaos, sie entwirft hier Herrschaft als ein System verräumlichter Ereignisse. 1070 Erster Pfauenspiegel: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 12v–13r. 1071 Clemens (2001), S. 34. 1072 ÖNB cvp 3072*, fol. 44r, auch fol. 65v–66v. 1073 Ausführlich zum Pfauen als Symbol im Rahmen der Konstitution von maximilianeischer Herrschaft: Zimmermann (2011), S. 365–388. 1074 ÖNB cvp 3072*, fol. 66r–66v: dieweil nun die habspurgischen fursten von österreich aus solhem haidenischem stamen der Troÿar so die gemelten abgöt geert haben wie oblawt vnd entsprungen vnnd herkomen sind jst leichtlich dabeÿ abzenemen das sÿ die pfawen federen als ain oppffer der gött dauon

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[S]ind die pfawen mit Irer natur von got also Edel vnnd Rain geschaffen Wenn ainer stirbt das er nit leichtlich verZert wirt Sonder wie ain Balsamierter leÿb vor faulung behuet In gutem wesen beleÿbet Also auch osterreich wie vil darvon gestorben ist auch wie gar mengerlaÿ anfechtung widerwertigkait Vnnd abnagung dieselben furst gelitten haben sind sie doch von den göthlichen gnaden also fursehen das sy dennocht nit allain hertzogen vnnd ertzhertzogen Zu österreich beliben sind sonder auch das sy darZu die hochsten stul der welt als Bapstumb kayserthumb vnnd kinigreich erlangt haben.1075

Auf den Flügeln eines ersten doppelseitig dargestellten dreifach gekrönten, mit einer goldenen, einer silbernen und einer eisernen Krone versehenen Pfauen (Abb. 121), werden die Wappen derjenigen Kaiser- und Königtümer verzeichnet, mit denen Habsburg durch Heiraten verbunden ist: die wapen alle in gemain bedeutten die geschlecht so sich mit habspurg vnd habspierg mit Inen elich verfrundt haben wie dann solchs In den nachgebildten pfawen augenscheinlich gesehen Vnnd durch die nechstuolgenden titul von yedem gechlecht Insonders aigentlich erklärt vnd lutter an tag bracht wirt.1076 Das Römische Reich, Spanien, Böhmen, Ungarn, Kastilien, Sizilien, Schottland, England, Aragon, Portugal, Polen, Krakau und Dänemark sind aufgeführt. Auf dem Pfau ist auch das Wappen des französischen Königreiches abgebildet, das wie selbstverständlich der Habsburgerdynastie zugeschrieben wird. Als partes der Mutterdynastie erscheinen die unterschiedlichen Königreiche. Die Flügel des zweiten doppelseitig dargestellten Pfauen (Abb. 122) umschließen 22 Wappen von Herzogtümern:1077 Sachsen, Braunschweig, Bayern, Burgund, Britania, Bergen, Lothringen, Savoyen, Kärnten, Kalabrien, Lüneburg, Schlesien, Pommern, Mailand, Württemberg, Cussin, Gulch, Stettin, Breslau, Mäß, Seul und Venedig werden durch die Flügel Habsburgs eingerahmt.

sy dann gluck verhofften mit Inen herbracht vnnd also bis in die Cristenhait gefurt habe, aber in der Cristenhait nit solher gestalt wie die haiden sonder Zu gedechtnus Irs alten herkomens vnnd von wegen des pfawen naturlich aigenschafften die sich nach vßweÿsung plinÿs vnnd anndrer nit wenig mit dem loblichen haus osterreich vergleichen gehalten. Es hat och der weÿs kunig Salamon die pfawen gros geacht wie man dann sollichs In der Bibel besonnder am dritten buch der künig Im Zehenden Capitul des gleichen Im anndern buch Paralippomenon Im ix capitul beschriben findt darbeÿ grundtlich Zevermerckhen das sollich Zaichen nit allain Im newen Iar sonnder auch im alten testament Inhohem angesehen gewesen vnnd noch ist. 1075 ÖNB cvp 3075, fol. 4v–5r. 1076 ÖNB cvp 3075, fol. 11v. 1077 ÖNB cvp 3075, fol. 32v–33r.

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Abb. 122: Jakob Mennel, Pfauenspiegel (1518)1078

Der zweite Teil des vierten Buches setzt nach den beiden Pfauenspiegeln ein mit dem Titel: Also hiemit endet sich der erst taildis buochs Vnnd volgt hernach der ander tail mit seinen […] pfawen piegeln.1079 Weitere insgesamt sieben Pfauenfedern (Abb. 123, Abb. 124) zielen nun ebenfalls auf die Ostentation der Macht Habsburgs ab, allerdings verschiebt sich der Darstellungsmodus. Unterschiedliche Wappen werden auf rechteckigen Spiegeln geführt.1080 Jeweils ein Pfauenauge in Form einer Feder stellt den Mittelpunkt für diese Wappenkabinette dar.1081 So trägt der erste Spiegel mit zehn Wappen oben den Titel: Diß ist der erst pfawenspiegel besetzt mit Zehen wappen der pfaltzgrauen markhgrauen Landtgrafen vnnd Burggrafen geslecht damit sich habspurg verheÿrat hat.1082 Während die Wappen visuell präsentiert werden und sie kurze Namenszüge markieren, führen längere Textpassagen im Anschluss an den Spiegel, nacheinander Wappen für Wappen durchgehend, jeweils die Besitztümer genauer

1078 Zweiter Pfauenspiegel: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 32v–33r. 1079 ÖNB cvp 3075, fol. 57r–57v. 1080 Hier u. a. Pfalz-, Mark-, Land- und Burggrafen, Freiherrn- und Herrenwappen. 1081 ÖNB cvp 3075, fol. 57v–76v. 1082 ÖNB cvp 3075, fol. 57v.

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aus. So heißt es beispielsweise über das erste Wappen, das im Bild nur als das der pfaltzgrauen bey Rein betitelt wird: Graff friderich von habspurg der großmächtig genant der elter ertzhertzog Zu osterreich graue Zu tÿroll Vnnd elisabeth pfaltzgraff Rupert des Romischen kungs dochter sein erst eewib Von dero er nun ain docht(er) gehept hat mit namen elisabetha In der Iugend gestorben Sÿ ligen alle In Stams begraben an der Etsch Item graff albrecht von habspurg der gudig Ertzhertzog Zu osterreich Vnnd fraw machtild graff ludwig von wirttenbergs verlassen wittwe pfaltzgraff ludwigen dochter Im ward vergeben Vnnd ligt In sant Steffans kirchen begraben Zu wien In osterreich kain kind Item machtildis graff Rudolff von habspurg des streytbarn Romisch kungs dochter Vnnd pfaltzgraff ludwig beÿ Rein sÿ haben kinder gehept nemlich kayser ludwigen den Vierden hertzogen In Bayern vnd pfaltzgraff Rudolffen vß Inen ist kommen pfaltzgraff philip vnd machtild hertzog Eberhart dess ersten hertzogen von wirttenberg mit dem bart mutter die großmutter ist Zu haidelberg begrab Item Sibilla graff Friderichen des andechtigen von habspurg Romisch kaysers vß kinigunden seiner dochter dochter vnnd pfaltzgraff Ludwig beÿ Rein.1083

Abb. 123 und Abb. 124: Jakob Mennel, Pfauenfedern (1518)1084

Während die Aufgabe der Bilder in der Produktion eines ersten Überblicks liegt, erlaubt es der Text, der an die Wappendarstellungen anknüpft, über Biographien sowie Ausführungen zu den verwandtschaftlichen Verästelungen, die einzelnen Familien genauer darzustellen. Im Anschluss folgen die Ausführungen zu den restlichen neun Wappen: Die pfaltzgrafen von Tubingen (ÖNB cvp 3075, fol. 60r), marggrafen von osterreich (ÖNB cvp 3075, fol. 61r), marggrauen von merhern (ÖNB cvp 3075, fol. 62r), marggrauen von baden (ÖNB cvp 3075, fol. 63r), marggrauen von mantua (ÖNB

1083 ÖNB cvp 3075, fol. 58r–58v. 1084 Erste rechteckige Pfauenfeder: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 57v und vierte rechteckige Pfauenfeder: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 85r.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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cvp 3075, fol. 64r), marggrauen von brandenburg (ÖNB cvp 3075, fol. 65r), landgrauen von hessen (ÖNB cvp 3075, fol. 66r), burggrafen Zu maÿland (ÖNB cvp 3075, fol. 67r) und Zu Nurenberg (ÖNB cvp 3075, fol. 68r) sind beschrieben. Im Anschluss wird der nächste Pfauenspiegel gezeigt;1085 die Ausführungen im Text beschreiben wiederum dessen neun Wappen näher. Dieser Wechsel aus Bild und Text wiederholt sich bis zum 7. titul von den herren von Rapoldstain vnnd Habspurg.1086 Danach sind sieben runde Pfauenspiegel zu sehen (Abb. 125, Abb. 126, Abb. 127, Abb. 128).1087 Der erste Spiegel zeigt diejenigen Geschlechter an, deren Verbindungslinien für Jakob Mennel nicht rekonstruierbar sind, die er aber dennoch als Habsburgs ‚Besitz‘ inszeniert: Das drit glid dis buochs von den pfawen spiegeln in den Runden scheiben vmbschriben mit den geschlechten diesich nach anZaigung mengerlaÿ schrifften vnd figuren mit habspurg verheÿret haben dero personen aigen namen ich noch nit hab vnd sind der spiegel vii wie hernachuolgt.1088

Im Unterschied zu den rechteckigen Pfauenspiegeln mit den Pfauenfedern in der Mitte werden in diesem Abschnitt alle sieben runde Spiegel zuerst unmittelbar aufeinander folgend im Bild gezeigt. Erst danach schließt sich ein längerer Text an.1089 Jakob Mennel konstatiert darin, dass es sehr schwierig war, Informationen zu den einzelnen Wappen zu finden: Das vierd glid diß buochs vnnd erster titul wölchi land Ober osterreich auch niderosterreich vnd osterreich genempt sÿen Es ist nit leichtlich ZuerZelen was nachtails dauon kompt So man Vnderschaid der namen nit aigentlich warnimpt Nun begegnet vns der nam osterreich gar offt Hab auch In den altten buchern vnnd sunst desselben halb vil vnnderschaid gespurt wirt auch In der lateinischen Zungen mit villerlaÿ worten vßgesprochen.1090

Es folgen Ausführungen wie das furstenthum osterreich nach absterben der hertzogen von schwabn wider an das manlich geslecht gewachsen seÿ,1091 vom vrprunglichem herkomen des namens habspurg1092 und von hern von habspurg, gewonlichen sitz In

1085 Diß ist der ander pfawen spiegel besetzt mit viii wapen der grauen geschlecht so sich mit habspurg verheÿrat haben vnd hat viii titul (ÖNB cvp 3075, fol. 68v). 1086 ÖNB cvp 3075, fol. 114r. 1087 ÖNB cvp 3075, fol. 115r–118v. 1088 ÖNB cvp 3075, fol. 115r. 1089 Bei den Pfauenfedern wurde erst das Wappenbild gezeigt, dann kam der dazugehörige Text, anschließend wiederum ein Wappenbild, danach Text usw. 1090 ÖNB cvp 3075, fol. 119r. 1091 ÖNB cvp 3075, fol. 121v–122r. 1092 ÖNB cvp 3075, fol. 122r–140v. Zusätzlich sind Ausführungen eingearbeitet, woher der Name der Schweizer komme (ÖNB cvp 3075, fol. 146r–155v): Der v. titul von vrsprung vnnd herkomen des volckhs man yetzo schweitzer nempt vnnd etwas von ir aigenschafft.

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deutschLanden vnd von Irenn Landsässen vom adel Daselbs.1093 Daran schließt sich eine Reihe an Adelsnamen an, die Habsburg zugeordnet werden: Item die von Rud/die von trostberg/baldegkh/Hallweÿl/lo/Reinach/hethlingen Ror/hasle /Gerenstain/schonenfels/haidegg/Buttigkon/liebegg/kinigstain/Hunenberg/küssenberg/kienberg/ yffenthal/haidegg/Lielen/vrßlickhon/eschentz/hurnssen/schönnaw/bottenstain/scherenberg/ wartenstain/wartenfels/Bubendorff/kriechen von arburg/Hackhburg […].1094

Indem hier der Text zu einer bloßen Kette aus vielen Namen ohne Punkt und Komma verkommt, kann er nicht mehr durch die Bilder der runden Pfauenspiegel, die nur vereinzelte und manchmal leere Wappen zeigten, gedeckt werden: Text und Bild treten auseinander.

Abb. 125 und Abb. 126: Jakob Mennel, Pfauenfedern (1518)1095

1093 ÖNB cvp 3075, fol. 140v–155v. 1094 ÖNB cvp 3075, fol. 143v. 1095 Erste und zweite runde Pfauenfeder: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 115v und fol. 116r.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Abb. 127 und Abb. 128: Jakob Mennel, Pfauenfedern (1518)1096

In einem letzten Überblick kommen die Lerchenspiegel als graphische Mittel ins Spiel (Abb. 129, Abb. 130, Abb. 131, Abb. 132).1097 Im Funfft glid des vierten Buches geht es zunächst um die Erklärung, wie das Loblich huß österreich an die hertzogen von Schwaben komen vnd welher hertzog von swaben der erst margraff Zu osterreich gewesen ist.1098 Bezieht sich der erste Lerchenspiegel auf diesen Abschnitt um das Herzogtum Schwaben, so ist der zweite Lerchenspiegel innerhalb derjenigen Ausführungen eingearbeitet, durch wölch personen die Romischen kaÿser vnd sant leopolds geslecht in Eelich fruntschafft kommen sind.1099 Die Aufgabe des Textes besteht nicht mehr darin, die Wappen zu beschreiben. Vielmehr fassen die Lerchenspiegel nun den Text zusammen: Die Spiegel stehen also nicht mehr am Anfang des Textes, wie bei den Pfauenfedern und -spiegeln in den spezifischen Arrangements ersichtlich wurde, sondern unterbrechen diesen beziehungsweise rekapitulieren ihn. Das wird am zweiten Lerchenspiegel genauer ersichtlich, wenn es nach längeren Ausführungen heißt: Vnnd volgt hernach der ander lerchen spiegel darInn vier wapen der kinig Vnnd bedeut das erst kinig von vnger das ander Behem das dryt Reussen vnnd das vierd

1096 Dritte und vierte runde Pfauenfeder: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, 117r und 117v. 1097 ÖNB cvp 3075, fol. 157vr–184v. 1098 ÖNB cvp 3075, fol. 156r. 1099 ÖNB cvp 3075, fol. 158r.

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Burgundi die sich mit sannt leopolds geschlecht verheÿrat haben Vnnd ist derselbig lerchenspiegel also wie hernachvolgt.1100

Abb. 129, Abb. 130, Abb. 131 und Abb. 132: Jakob Mennel, Lerchenspiegel (1518)1101

1100 ÖNB cvp 3075, fol. 162r. 1101 Erster bis vierter Lerchenspiegel: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 157v, 162v, fol. 66v und fol. 175v.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Der fünfte Lerchenspiegel bietet schließlich rückblickend einen letzten Überblick zum Text: Also volgt hernach der funfft Lerchenpiegel von den Burggrafen Zu Regenspurg vnd österreich.1102 Mit ihm brechen die Spiegeldarstellungen aus Pfauen und Lerchen in der Fürstlichen Chronik ab. Die Dynastie Habsburg wird in der Fürstlichen Chronik über die graphischen Darstellungen als das ‚pulsierende Herz‘ Europas inszeniert, dessen ‚Adern und Venen‘, so weit verästelt sie sein mögen, in ihrer gemeinsamen Funktionalität übereinstimmen. Diese Metapher ist gerade daher so sinnfällig, weil die Vorstellung einer besonderen Qualität des habsburgischen Blutes ein Konzept der Überzeitlichkeit und Transpersonalität erschafft und mit einem Prinzip der Amtssukzession verschmilzt.1103 Genealogische Verwandtschaft und politische Eignung als Herrscher decken sich.1104 Habsburg hat nicht nur das alte Blut, sondern auch die Befähigung zur Macht kanalisiert.1105 Jakob Mennel schreibt die Geschichte des europäischen Adels neu,1106 indem er ganz Europa in Beziehung zur Habsburgerdynastie bringt.1107 Das genealogische Beziehungsgefüge setzt im Text bereits bei den Babenbergern 1108 an. Die Babenberger werden in der Fürstlichen Chronik in enger Verbindung zu den Habsburgern gezeigt. Alle späteren Babenberger stammen aus der Verbindung der Habsburgerin Mechtild mit dem Babenberger Ernst dem Strengen: Marggraf Ernst von osterreich der streng des Sighafften marggraff albrechten von osterreich son ain Bruder hertzog leopolds von schwaben genant der Starckh ritter ist gewesen der vierd marggraff von Osterreich Vnnd hat nach seinem vatter angehept herschen Vnnd als die osterreichischen Cronic sagt hat er gar loblich regiert xix Iar Vnnd hat das land osterreich Zu dreÿen malen wider die haiden behaltten Vnnd dieselbn gwalttigklich darauß trÿben Sein Eewib ist gewesen das holdsälig frawenbild genant machtildis des obgemeltten kunig Ruodolffs von Reinfelden geboren von habspurg dochter.1109

Die österreichischen Länder, so die Schlussfolgerung, waren bereits Jahrhunderte vor der eigentlichen Machtübernahme der Habsburger in deren Hand. Jakob Mennel handelt die Geschichte der Babenberger bis ins 13. Jahrhundert ab, dann geht er auf

1102 ÖNB cvp 3075, fol. 184r. 1103 Siehe hierzu die detailreichen Ausführungen im Hinblick des Prinzips der surrogatio bei Kellner (2004a), v. a. S. 122–127. 1104 Dass Genealogien nicht selten, wenn nicht sogar primär, nach dem Prinzip der Amtssukzession aufgebaut sind, erläutert Melville (1987), S. 251. 1105 Zum Begriff der „Kanalisierung“ siehe Melville (1987), hier S. 253. 1106 Mertens D. (1988), S. 141. 1107 Clemens (2001), S. 285. 1108 Mertens D. (1988), S. 141. Nicht das ‚Haus Österreich‘ steht damit im Fokus der „Fürstlichen Chronik“, sondern die habsburgische Dynastie, die mit ihrem österreichischen und burgundischen Länderkomplex gleichsam das Fundament, die Ausgangsbasis für Erweiterungen im Sinne einer Universalmonarchie bietet 1109 ÖNB cvp 3073, fol. 46r.

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einen so genannten Grafen Guntram des 9.  Jahrhunderts aus dem habsburgischen Deszent ein (Guntramus Χ 2us genant der dapffer des vorgemeltten hundfridi son),1110 um zugleich in einer zweiten langen Digression1111 die Zähringer und die Grafen von Freiburg als die Nachfahren der Habsburger vorzustellen. Die Geschichte der Zähringer führt Jakob Mennel bis zu deren Ende aus, die der Freiburger bis zum Herrschaftswechsel der Stadt im Jahre 1368: laut der brieff der dat Zu der Newenstatt mentag nach Inuencionis crucis Anno dni 1368 Will damit daß geslecht der grauen von Freÿburg außgericht in der collateral linien von habspurg abkhommen außgericht haben.1112 Die Bürger Freiburgs seien freiwillig zur verloren gegangenen Hauptlinie zurückgekehrt und haben die Württemberger und die Badener als Herrscher verlassen: So volgtt darvß das auch die landgraffschafft dem hauss osterreich Zustatt.1113 Nach zentralen Erläuterungen zum Stand der Habsburger, deren Ausgestal­ tungen über zunehmend anekdotenhafte Lebensgeschichten der einzelnen Herrscher von König Rudolf bis Maximilians Sohn Philipp des Schönen verlaufen,1114 werden Würden, Ämter und vor allem Gebiete aufgeführt, die die Habsburger bisher inne hatten: Schwaben, Kärnten und Burgund, auch der bayerische und pfälzische Raum sind von Jakob Mennel erwähnt.1115 Neben dieser Akzentuierung einzelner genealogischer Verbindungen wie zu den Häusern der Zähringer, Babenberger und auch Burgunder, wird das habsburgische Netz innerhalb der Fürstlichen Chronik mehrfach erweitert, sogar ‚internationalisiert‘. Aktuelle und virtuelle habsburgische Herrschaftsbereiche überlappen sich in der historisch-genealogischen Beanspruchung dynastischer Räume. Könige von England, wie Margaretha und Eduard (ÖNB cvp 3074, fol. 168r–169v), Dynastien aus Spanien (ÖNB cvp 3075, fol. 17r), Böhmen (ÖNB cvp 3075, fol. 18r), Ungarn (ÖNB cvp 3075, fol. 20r), Kastilien (ÖNB cvp 3075, fol. 21r), Sizilien (ÖNB cvp 3075, fol. 22r), Schottland (ÖNB cvp 3075, fol. 23r), Aragon (ÖNB cvp 3075, fol. 27r), Portugal (ÖNB cvp 3075, fol. 28r), Polen (ÖNB cvp 3075, fol. 29r), Dänemark (ÖNB cvp 3075, fol. 30r) und anderen Ländern (ÖNB cvp 3075, fol. 11r–08r) stehen unter Habsburgs Vorherrschaft. Auch Städte samt Herzogs-, Grafen- und Freiherrenständen sind in ihrer verwandtschaftlichen Verbindung mit Habsburg genannt, wie beispielsweise die Herzöge von Braunschweig (ÖNB cvp 3075, fol. 35r), die Herzöge von Mailand (ÖNB cvp 3075, fol. 49r), die Herzöge von Venedig (ÖNB cvp 3075, fol. 57r), die Grafen zu Nürnberg (ÖNB cvp 3075, fol. 68r) und die Freiherren von Regensburg (ÖNB cvp 3075, fol. 113r).

1110 ÖNB cvp 3073, fol. 60v. 1111 ÖNB cvp 3073, fol. 63r–89r. 1112 ÖNB cvp 3073, fol. 89r. 1113 ÖNB cvp 3075, fol. 85r. 1114 ÖNB cvp 3073, fol. 111v–254v. 1115 Zu den Andeutungen über die Wittelsbacher siehe Mertens D. (1988), S. 144.

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Diese Legitimation des außergewöhnlichen geradezu ‚paneuropäischen‘ Machtanspruches Maximilians I. läuft nicht nur über die ausdrückliche Betonung verwandtschaftlicher Beziehungen, also über die oben analysierten Konstruktionsverfahren anhand der Legitimationsfigur des Blutes ab. Bestimmte Verwandtschaftsbeziehungen können auch bewusst in den Hintergrund gerückt werden. Vor allem die 1477 geschlossene Ehe Maximilians I. mit Maria von Burgund schuf zwischen der franzö­ sischen Dynastie der Valois und den Habsburgern eine Konkurrenzsituation. Dabei versucht die Fürstliche Chronik sämtliche französischen Ansprüche auf Burgund quasi aus der Retroperspektive heraus zu entkräften. Dass das Haus der Valois nach Karl VIII. 1497 ausstarb, spielt Jakob Mennel das entscheidende Argument zu.1116 Auch mit Ludwig XII., dem neuen Regenten aus dem Haus Orléans, der keine direkte genealogische Kontinuität zu seinem Vorgänger außer über seine Ehe mit der letzten Valois Johanna, der Schwester Karls VIII.,1117 aufweisen konnte, hatte Frankreich jeden gegenwärtigen und auch zukünftigen Anspruch auf burgundische Länder und als europäische Macht im Ganzen verloren. Mit Franz I. von Angoulême, dem Nachfolger Ludwigs XII., gab es keine direkte Blutslinie zum alten Geschlecht der Valois mehr.1118 Frankreichs Rückführung auf die Karolinger erscheint nach der Logik Jakob Mennels besonders bedenklich, da sich mit Hugo Capet keine direkte Verwandtschaft mit den Karolinger rekonstruieren lässt: In dem hat […] Hugo Capeth […] vermaint, das Kunigreich sollte im zustan. […] Aber wie dem als Karolus ye vermaint der Sypschafft nach die besser Gerechtigkait darzu ze haben, angesehen das er von demselben kungklichenn Stammen unnd Namen herkommen were unnd es aber Hugo der von seinen Altfordern allain ain Graff was nit darbey wolt lassen belyben, hat er sich uffgemacht unnd ist mit worhaffter Hand wider Graff Hugen zogen. […] Als nahch dem Hertzog Karlin zu derselben Zeit sein Wonung zu Laudun, hat der Bischoff ze Nacht als die Burger schlieffen unnd sich gar nichts besorgten, die Porten uffgethon unnd den vilgemelten Graff Hugenn mit aim grossen Volckh in die Stat gelassen. Der hat sich von Stunden an zu Hertzog Karlins Palast gefuegt unnd dasselbs Hertzog Karlin unnd sein Husfrawen am Beth uffgehept vnnd gefuert gen Orliens in Gefenkhnus. Darumb auch Graff Hug dem Bischoff ain grosse Schenckung thet. Als nun der Hertzog durch Verrätery gefanngen was, lies sich Graff Hug salben zu aim Kinig von Franckhreich unnd desselben Iars starb der Hertzog in der Vengkhnus. Also ist die Kungreich uss der karolinischen uff die bugonischen Linien gewachsen.1119

Indem sich der westfränkische Adel für einen Nachfolger aus denen eigenen Reihen entschied, als Hugo Capet, ist jede Verbindung zu den Karolingern gekappt.1120 Doch

1116 Webers/Hagemann (2009), S. 308–309. 1117 Die Heirat zwischen Karl VIII. und Anna von Bertagne 1491 wird als ‚bretonischer‘ Brautraub markiert: Anna war eigentlich Maximilian I. versprochen. Nach dem Tod Karls VIII. heiratet die Bretonenherzogin Ludwig XII., nachdem er sich von Johanna scheiden ließ. 1118 Webers/Hagemann (2009), S. 308. 1119 ÖNB cvp 3074, fol. 132v–134r 1120 Webers/Hagemann (2009), S. 308.

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ist generell, so Jakob Mennel, der Anspruch der Karolinger auf die Krone der Franken prekär, da es ein einfacher Schiedsspruch des Papstes und kein Spitzenahn, kein besonderer heilsgeschichtlicher Aspekt und keine auf Kontinuität basierende Genealogie war, über die sie zu Macht gekommen seien: So haben sy ir dreffenlich Botschafft zu Zachariam domals Bapst gen Rom verfertigt […] das sein Heyligkhait inen hierinn beholffen und beraten sein wölt. Also nach gehaptem Rat war der Botschafft gewantwort, den Iren ze sagen, das sy hinfur ainen Kinig erwölen solten, der des Kinigreichs Eer unnd Nutz selbs schaffen kund. Solchs haben sy ze hoher Dankhparkhait vom Bapst angenommen.1121

Die Habsburger dagegen haben mit der Heirat zwischen Maximilian und Maria von Burgund verwirklicht, was ihnen eigentlich schon seit Generationen ‚natürlich‘ zugestanden wäre.1122 Anrecht auf Frankreich, in Jakob Mennels Sicht gleichgesetzt mit dem Frankenreich, haben habsburgische Herrscher und nicht die verkommenen Mitglieder aus dem Haus Orléans. Ottpert ist der enge Verwandte zu Karl dem Großen, wie Jakob Mennel über Regeln des kanonischen Rechts zu beweisen meint: Das die karolinischen Frantzosen den Fursten von Habspurg auch mit syplicher Freundschafft verwandt sind unnd zu Bewerung dessleben nim ich anfengklich fur mich Karolo Magnum, karolinischen Kinig von Franckhreich unnd den offtgemelten Ottperthum, Fursten von Habspurg. So findt sich in Ansehung irs nechsten gmainen Stammens Chilperici, das von demselbigen biss an Karolo Magnum sind zehenn Personen […] Volgt doch nichts destminder daraus, das Inhalt der drytten Regul Karolus Magnus unnd Ottperthus im neundn Grad naturlicher Sypschafft ainander verwandt sind.1123

Nicht Frankreichs Schwert ist als ein heiliges dazu berufen, Europa zu führen, sondern habsburgische Schwerter, die in der Exklusivität ihres Heils bestechen. Dem Schema intensiver Untermauerung genealogischer Verbindungen der Habsburger zu europäischen Dynastien entspricht eine Betonung genealogischer Besonderheiten ex negativo: Über die Konstruktionen von ‚Antigenealogien‘ soll Exklusivität durch Abgrenzung entstehen. Die hugonnischen Frantzosen sind mit Habspurg nur maglich verwandt, dadurch stehen sie unter der herausragenden Genealogie Habsburgs:

1121 ÖNB cvp 3074, fol. 61v. 1122 Ottpert, so Jakob Mennel, verzichtete einst auf sein rechtmäßiges Erbe in Burgund und im Frankenreich: [N]ach sich solcher Herschafftenn lassen benuegen unnd die kinigklich Dignitet unnd Kron umb Fridens Willenn verlassenn (ÖNB cvp 3073, fol. 27v–28r). Als eigentlich einzig legitimer Nachkomme der Merowingerkönige wird Ottpert gezeichnet. [U]mb Fridens Willenn tritt er aber von seinen Machtansprüchen zurück, lässt dadurch zwar den genealogisch minderwertigen und verbrecherischen Karolingern und Kapetingern den Vortritt, verleiht sich und seinem Haus über diese ‚Weisheit‘ aber geradezu immerwährende Heiligkeit (ÖNB cvp 3073, fol. 26v–27r). 1123 ÖNB cvp 3074, fol. 165r–165v.

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Daraus das Hugo Capeth Sant Adelhaidn von Habspurg im andern Grad der Magschafft verwandt ist, angesehen, das Inhalt bäpstlicher Rechten die Gradus maglicher oder swagerlicher Fruntschafft abzenemen sind bey den Gradibus syplicher Funtschafft alles nach weytterm Inhalt der Regulen in geschrybnen Rehten daruber begriffen alhie zu erzelen zulang. Yedoch erfint sich hiemit dessgleichen in dem Heyrat zwuschen Hertzog Leopolden von Osterreich nnd Blanccam, Kunig Phillipn von Franckhreich Dochter, auch andern Enden geschehen, das die hugonischen Frantzosen mit Habspurg maglich, so die andern syplich verwandt sind. Daruss dann der gantz Handel vor und nach dester baß verstanden mag werden.1124

Die prekären genealogischen Verhältnisse in Frankreich sind es, die Jakob Mennel hier besonders thematisiert und damit Frankreichs vertrocknetes Blut unter „Habsburgs Fittiche“1125 einordnet, dessen Blut uralt und zugleich immer ‚frisch‘ ist.

Abb. 133 und Abb. 134: Jakob Mennel, Legenden (1518)1126

1124 ÖNB cvp 3075, fol. 166v. 1125 Hierzu Mertens D. (1988), S. 145–147 und Webers/Hagemann (2009), S. 305–319. 1126 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3076, fol. 1r; Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3077, fol. 34r.

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Neben den groß angelegten genealogischen Konstruktionen wie Dekonstruktionen soll in Form eines Legendars1127 im letzten, zweigeteilten fünften Buch1128 der Fürstlichen Chronik, die besondere sakrale Aura, die Geblütsheiligkeit1129 Maximilians und mit ihm der gesamten Habsburgerdynastie belegt werden: Der erst Theil enthält 47 Legenden der Beati, denen jeweils ein kurzer Stammbaum ihrer Familie vorangestellt ist (Abb. 133): Das ist der erst tail diß Funfften Buochs furstlicher Cronickh darInn kurtzlich beschrÿbenn werdenn vil schöner hÿstorien der lieben heÿligen genant beati das sind die seligen kinig furstenn Vnnd herrenn sampt Iren husfrawen kinden Vnnd kinds kinden so kaÿser Maximilianen mit sip oder magschafft verwandt Vnnd Irem gotzförchtigen Vnnd tugentreichen leben nach auch von wegen der miracul Vnnd grossen wunder Zaichen / die der allmechtig durch sÿ wurckht Von den andechtigen Vnnd fromen Cristen fur heÿlig geacht sind.1130

Der zweit[e] Theil umfasst 123 Legenden der Sancti aus dem Geschlecht und der Verwandtschaft Kaiser Maximilians I.; ihnen ist jeweils ein Portrait des Seligen mitgegeben (Abb. 134):1131 Das ist der ander tail des Funfften buochs Furstlicher Cronickh darInn beschrÿbenn sind die hailigenn genannt sancti das sind die vsserwoltten kinig furstenn vnnd herrenn sampt Iren weÿbern kinden vnnd kinds kinden So kaÿser maximilian mitt sÿpp magschafft oder sunst verwanndt sind Vnnd Irem gotzförchtigenn vnnd tugentreichem leben nach auch von wegen der miraculen vnnd grossenn wunderZaichenn die der allmechtig durch sÿ gewurckht hat Vnnd noch teglichs thutt nit allain von den andechtigenn vnnd frommen menschen fur heilig geacht sonnder auch nach anZaigung Ir legennden von der Cristenlichen kirchenn Zu Rom erhept CanoniZiert sind Vnnd welhe darunder nit CanoniZiert sind doch dieselbenn vor der Zeit ee die CanoniZacion oder erhebung vff gesetzt was fur heilig gehalttenn wordenn Vnnd hat hundert vnnd xxiii legenden die vngeuarlich den drittenn tail des Iars begriffen Vnnd nach des kallenders ordnung gesetzt sind wie hernachuolgt.1132

Die literarische Textgattung der Legende scheint in den beiden Teilen des Buches nicht nur Lehr- und Wissensinhalte der Dogmatik, Liturgie und Moral zu verbinden, um die Herrlichkeit Maximilians abzusichern, auch auf methodischer Ebene verschmelzen unterschiedliche Vorgehensweisen: Reihungen und Kalender, die eher systema-

1127 Die Fassung des aus dem Jahre 1518 angelegten Seligen- und kalendarisch organisierten Heiligengbuches ist die zweite Fassung eines Legendars, das Jakob Mennel bereits im Jahre 1514 Maximilian als Auszug vorlegte: Reinhardt (2002), S. 122, S. 124. 1128 ÖNB cvp 3076, ÖNB cvp 3077. 1129 Zum Begriff siehe einführend Hauck (1950), S. 27. 1130 ÖNB cvp 3076, fol. IIIr. 1131 Laschitzer (1886–1887), S. 75. Zu Inhaltsangaben der beiden Teile siehe ebd. (1899), S. 12–14. „[D]as Bemühen um den zahlenmäßigen Rekord ersetzt die mythische Gewißheit.“ (Müller [1982], S. 266) 1132 ÖNB cvp 3077, fol. 1r–1v.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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tisierend wirken, sind mit den Narrationen der Legenden verbunden.1133 Während im ersten Teil ganz besonders auch die den einzelnen Texten vorangestellten Bilder Struktur bieten, unterschiedliche Pflanzen, wie Sonnenblumen, Hagebutten oder Vergissmeinnicht (Abb. 135, Abb. 136, Abb. 137) stehen am Anfang der Legenden, so organisiert im zweiten Teil der Jahreskalender mit seinen einzelnen Festtagen die Ausführungen: Per curriculum anni begleitet gleichsam der charismatische ­Charakter Habsburgs tagtäglich das gesamte Jahr über.

Abb. 135, Abb. 136 und Abb. 137: Jakob Mennel, Legenden (1518)1134

Ein Zusammenhang von Geblüt, Adel, Exklusivität, Macht und Heiligkeit wird in den beiden Teilen des fünften Buches hergestellt, der Geblütsadel aus den vorangehenden profanen Teilen der Fürstlichen Chronik nun mit Geblütsheiligkeit verschmolzen.1135 Nicht mehr nur über ein weitgespanntes, verwandtschaftliches Netz, das sich über geographische wie zeitliche Räume Europas legt, wird der Rang der habsburgischen Herrlichkeit präsentiert, sondern neben der horizontalen Machtrepräsentation setzt eine vertikale Sakralisierung der Habsburger ein: Die Macht der Habsburger liegt im Himmel, im Heil, in der Heiligkeit schlechthin. In diesem Sinne funktionalisiert Jakob Mennel Heiligenlegenden und schreckt nicht davor zurück, Seligen oder Heiligen neue Lebensläufe zuzuschreiben, wie bei-

1133 Zur Beschreibung der Sippenheiligen könnte Mennel „[i]nspiriert […] durch Brabanter Quellen“ gewesen sein, siehe dazu: Clemens (2001), S. 300. 1134 41., 44. und 47. Legende: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3076, fol. 135r, fol. 139v und fol. 145r. 1135 Reinhardt (2002), S. 32.

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spielsweise seine Amandus-Vita vor Augen führt,1136 sie ist in die Legende um Dagoberth eingelegt.1137 Jakob Mennel erzählt dort vom ersten Bischof in Straßburg, den heiligen Amandus. In einem Traum forderte diesen der heilige Petrus dazu auf, den Merowingerkönig Dagobert aufzusuchen: davon Lesen wir In legenda sancti amandi/ deß ersten Bischoffs Zu Straßburg/ wie der heÿlig Zwolffpotsant petter/ dem gedachten amando/ Im schlaff erschinen seÿ / Vnnd gesprochen hab / daß er sich Zu kinig dagoberthen fuegen solt.1138 Als Amandus dieser Forderung nachkommt, gebiert die Königin ein Kind, Sigibert, welches Amandus tauft und zum Bischof von Utrecht ernannt wird: Darumb gewan In dagobertus/ gar lieb/ Vnnd machet In Bischoff zu Vtricht.1139 Man spricht Amandus nach der Heilung eines Blinden heilig. Auf Bitten der Königin und des Königs wechselt Amandus dann nach Straßburg: aber da/ er drew Iar daselbs Bischoff/ gewesen Verlanngt den kinig/ Vnnd kinigin also hart nach/ Im daß sy nach Im schickhten/ Vnnd woltten In nit mer von/ In lassen/ must also beÿ In sein Im Elsaß/ Vnnd machten/ einen andern Bischoff Zu Vtricht.1140 Jakob Mennels Legende weist hier starke Unterschiede zur zeitgenössischen Fassung der Amandus-Geschichte im 15. Jahrhundert auf: Petrus rät Amandus nicht, König Dagobert aufzusuchen, sondern schlägt nur vage vor, dass dieser nach Gallien gehe.1141 Darüber hinaus ist nirgends verbürgt, dass Amandus zugleich Taufvater von Sigibert und Bischof von Utrecht war, wie es die Fürstliche Chronik darstellt.1142 Mennel geht es mit diesen Änderungen der Legende wohl auch um politische Setzungen: Indem er von der innigen Freundschaft zwischen dem Merowinger Dagoberth und dem Bischof Amandus spricht, der der Taufvater von Sigibert wird und vom König zuerst nach Utrecht geschickt wird, argumentiert er sozusagen aus der Retroperspektiver heraus, dass Burgund schon lange in der ‚Hemisphäre‘ der Habsburger, die die Nachfolger der Merowinger seien, gestanden habe. Die hart erkämpfte Autonomie der Utrechter wird in dieser Perspektive ausgeblendet.1143 Zusätzlich sind Personen in der Fürstlichen Chronik als Selige aufgeführt, die von der Cristlichen kirchen Zu Rom noch nit erhept […] wern.1144 Jakob Mennel arbeitet seine Legenden tendenziös um.1145 Er differenziert zwischen kanonisierten und nichtkano-

1136 Hierzu Reinhardt (2002), S. 122–123. 1137 ÖNB cvp 3076, fol. 44r–54r. 1138 ÖNB cvp 3076, fol. 48v. 1139 ÖNB cvp 3076, fol. 49r. 1140 ÖNB cvp 3076, fol. 49r.. 1141 Sedente autem eo in extasi mentis in gradibus ante fores ecclesiae, subito ei sanctus apparuit Petrus, blande lentierque eum adloquitur et, ut in Galliis ad praedicationem exercendam reverti deberet, admonuit. (Die Vita Amandi episcopi zitiert nach Reinhardt [2002], S. 122) 1142 Siehe die Ausführungen bei Reinhardt (2002), S. 122. 1143 Reinhardt (2002), S. 122. 1144 ÖNB cvp 3076, fol. IIIr. 1145 Reinhardt (2002), S. 123.

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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nisierten Heiligen. Während im ersten Teil des fünften Buches noch die genealogische Nähe des jeweiligen Heiligen zum Hause Habsburg über seinen Platz im Legendar eine wichtige Rolle spielte, so entscheidet im zweiten Teil des fünften Buches sein Festtag über den Ort im Legendar. Kanonisierten Heiligen sind so im kalendarischen Teil, die nicht kanonisierten Heiligen wiederum im Seligenbuch aufgeführt.1146 Heil wird quantifizierbar: Blutsverwandte, angeheiratete oder einfach ‚nur‘ mitaufgenommene Heilige stehen auf einer Stufe.1147 Ein exemplarisches Beispiel, das nicht stellvertretend für alle weiteren Phänomene im fünften Buch stehen kann, aber in seiner Eigenheit und Spezifik Wesenszüge offenbart, mag die von Mennel ausgeführte Legende der seligen Agnes, der Königin von Ungarn, sein.1148 Über ihre Erzählung bündelt Jakob Mennel gleichsam Heil in gedrängter Form und setzt die habsburgische Dynastie in enge Verbindung zu einer individuellen, personalisierten Biographie. Agnes, eine geborene Habsburgerin, die sich sich tetigklich geflissenn wie sÿ Irem himlischen vatter danckhper dienst beweÿsen kond,1149 begab sich, so Mennel, gemäß des Wunsches ihres zweiten Mannes, König Andreas III. von Ungarn, nach dessen Tod zu einer geistlichen Einsiedlerin vom ­Johanniterorden.1150 Nach prophetischen Worten dieser gründete Agnes auf der Todesstätte ihres Vaters das Kloster Königsfelden, kunigsfeld.1151 Hier setzt Mennels Erzählung sodann mit einer regelrechten Ansammlung Frieden bringender und Versöhnung stiftender Taten ein: Sie pflegte und tröstete Schwangere, pflag auch personlich Zu den krank vnnd absterbenden mensch Zekhomen Vnnd denselben weg der

1146 Reinhardt (2002), S. 146. 1147 Die Legende um den Fürst Anchises (ÖNB cvp 3076, fol. 16r–20v) steht neben der Legende der seligen Amelberga, der Tochter des Karolomannus, des Prinzen von Brabant (ÖNG cvp 3076, fol. 20r– 20v). Die Legende vom seligen Papst Leo dem Großen, des Stiefbruders Kaisers Karls des Großen (ÖNB cvp 3076, fol. 70v–74r), liegt eingebettet zwischen der Legende vom seligen Ortolf, des Bruders der seligen Wildetrudis (ÖNB cvp 3076, fol. 69v–70r), und der Legende von der seligen Bertha, der Königin von Burgund (ÖNB cvp 3076, fol. 74v–76r). Im Kalendermonat Oktober stehen Ausführungen über den Märtyrer Leodegar aus dem Geschlecht der Herzöge vom Elsaß (ÖNB cvp 3077, fol. 350r–353v) neben jenen um Pharahilde, der Herzogstochter von Austrasien (ÖNB cvp 3077, fol. 354r–356v), und Bano, Fürst von Spanien (ÖNB cvp 3077, fol. 357r–360r). Diese beispielhaft herausgegriffenen Legenden zeigen, dass die Ausführungen des vierten Buches, als die verschiedenen verwandten europäischen Adelsgeschlechter vorgestellt wurden, nun durch Personalisierung im fünften Buch weitergeschrieben werden sollen. 1148 ÖNB cvp 3076, fol. 92r–112r. Zur historischen Figur der Agnes, siehe v. a. Liebenau (1866), S. 1–193; Nevsimal (1951); Boner (1953), S. 1–24; Baldinger (1999). Die Ausführungen in diesem Abschnitt überschneiden sich mit Kagerer (2016), S. 149–150. 1149 ÖNB cvp 3076, fol. 92v. 1150 ÖNB cvp 3076, fol. 96v–97r. 1151 ÖNB cvp 3076, fol. 97v. Dass Königsfelden, nach allem was man weiß, nicht von Agnes, sondern von Elisabeth von Götz-Tirol gegründet wurde (vgl. Bookmann [1987], S. 202), ist ein weiterer Beleg für Mennels Tendenz, alles im Sinne einer habsburgischen Politisierung und im Gewande habsburgischer Geschichte umzuschreiben.

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seligkait furZehaltt getrewlich wartende biß Ir seelen Vßgiengen.1152 Sie feierte Friedensmahle, die speÿs des friden Vnd versönung deß Fridenn,1153 um Grafen, Freiherren, Ritter und Städter zu versöhnen, erreichte für viele Verurteilte Begnadigungen, sÿ hat auch vil armen leutten die Zum tod verurtailt warn beÿm leben behaltenn groß mitleichden mit den gefang dero sy auch vil ledig macht,1154 spendete armen Klöster Geld, auch ettlichen armen klostern die sunst gar verdorben warn mit Irem seckhel vffgeholff Vnnd als Ir legent sagt hat sÿ Iren seckhel mit den armen leutt gemain gehept1155 und war stets bemüht den Dienst an Gott zu fördern: Vnnd was gantz genaigt gotz dinst Zefurdern Darumb schnit sÿ den Iunkhfrawen die geistlich woltten werdenn Ir har selbs ab Vnnd Zieret sÿ mit andech tigen.1156 Kurz: Agnes ist liebhaberin deß Friden, die mit allen menschen mitleiden hat.1157 Dadurch, so Mennels Intention, soll die habsburgische Dynastie profitieren: So wie ihre Einzelmitglieder in ihrem Schaffen vorbildlich sind, so ist das gesamte Geschlecht herausgehoben und verbunden durch gleiches Blut, das die Fähigkeiten, Begabungen und Einstellungen immer in sich trägt und alle Generationen miteinander verbindet. Weitere Beispiele, wie unter anderem die Legende um St. Hugo, dem Sohn Karls des Großen,1158 die Legende des Märtyrers St. Trudpert1159 oder die Legende um die heilige römische Kaiserin Helena1160 mögen auf je spezifische Art und Weise verfahren, entscheidend ist: In der Multiplikation des vorgeführten jeweiligen Heils wird die gesamte Habsburger Dynastie an den Himmel angebunden. Mit Blick auf diese Dimensionen der Fürstlichen Chronik lassen sich noch einmal deutlich die Intentionen habsburgischer Propaganda formulieren: Während das Blut Habsburgs als besonders alt, edel und ‚heilig‘ ausgegeben ist, zugleich immer frisch ist, weil es nicht an Nachfahren wie -kommen, aber auch an Seligen und Heiligen mangelt, so ist das Blut konkurrierender Dynastien als vertrocknet ausgegeben. In den Kontinuitätsinszenierungen des maximilianeischen Ehrenwerks stehen konkrete politische, in den Worten Jan-Dirk Müllers „nationalstaatliche“1161 Konflikte, wie der zwischen Frankreich und Habsburg, im Vordergrund. Um zusammenzufassen: Jakob Mennels Fürstliche Chronik entwirft eine politische Zielrichtung, die den Beweis erbringt, die Habsburger seien die ‚natürlichen‘ Fürsten der österreichischen Erblande, zugleich aller abendländischer Territorien.

1152 ÖNB cvp 3076, fol. 102v. 1153 ÖNB 3076, fol. 103r. 1154 ÖNB cvp 3076, fol. 103v. 1155 ÖNB cvp 3076, fol. 106r. 1156 ÖNB cvp 3076, fol. 108v. 1157 ÖNB cvp 3076, fol. 103r. 1158 ÖNB cvp 3077, fol. 94v–101v. 1159 ÖNB cvp 3077, fol. 115r–126v 1160 ÖNB cvp 3077, fol. 137v–146r. 1161 Müller (1982), S. 264.

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Unterschiedliche Wissensformen sind perspektiviert, enzyklopädisiert, kaleidoskopisiert und funktionalisiert. Jakob Mennel, so könnte abschließend zur Machtkonstruktion in seinem Werk konstatiert werden, gibt vor, alle nur erdenklichen Quellen unter Maßstäben gegenwärtiger Nützlichkeit zusammengetragen zu haben.1162 Indem er dabei Vergangenheit und Gegenwart, Fiktion und Realität, Narratives und Diskursives, Text und Bild, Individuelles und Kollektives, Denken in Sukzession und Präsenz zugleich zu einem hybriden Gebilde verschränkt, dessen besonderer Wesenszug in der hohen Flexibilität liegt, macht er die Fürstliche Chronik zu einem politischen Instrumentarium in der Rechtfertigung von Herrschaftsansprüchen.1163 Der übergreifende ‚Körper‘ Habsburgs und die Körper der einzelnen habsburgischen Vertreter, der ‚Körper‘ der Dynastie Habsburg und die Körper der habsburgischen Dynastieglieder gehen Hand in Hand.1164 Habsburg ist, so will Jakob Mennel suggerieren, verwirklichte überzeitliche „Transpersonalität des Institutionellen“,1165 kurz: Der Garant für die (europäische) species Mensch schlechthin.1166 2.2.8.2 Zaiger Im Zaiger fasst Jakob Mennel die voluminöse Fürstliche Chronik in wesentlichen Zügen in einem eigenen Codex zusammen,1167 der die habsburgische Macht zuerst in Bildern,1168 dann in Baumstammabbildungen,1169 Grafenspiegeln1170 sowie Textabschnitten1171 präsentieren soll. Die Gesamtanlage dieses Werkes wurde in der Forschung bisher nicht untersucht: Einzelstudien gehen schwerpunktmäßig auf den ersten Teil des Zaigers ein, der die Geschichte Habsburgs in Bildern mit kurzen Textunterschriften widergibt. Auf diesen ersten Abschnitt folgen noch zwei weitere, in denen der Text gegenüber dem Bild wieder eine zentrale Rolle spielt.1172 Indem bisherige Studien aus einer Analyse des ersten Teils ihre Ergebnisse auf das Gesamtwerk

1162 Vgl. Melville (1987), S. 223. 1163 Die vielen leeren Blätter schaffen Raum für Berichtigungen und Ergänzung: Kathol (1999), S. 29, S. 33. 1164 Kellner (2004a), S. 124. 1165 Melville (1987), S. 250. 1166 Vgl. Kellner (2004a), S. 122. 1167 Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892. 1168 ÖNB cvp 7892, fol. 3r–16r; 23r–25r (dazwischen leere Blätter). 1169 ÖNB cvp 7892, fol. 34r–49v. 1170 ÖNB cvp 7892, fol. 54r–58r. 1171 ÖNB cvp 7892, fol. 52r–52v; 62r–71r; 93r–109v (dazwischen leere Blätter). 1172 So geht beispielsweise Kellner (2013), S. 62–65 erstmals in ihren Analysen des „Zaigers“ auf den Abschnitt fol. 1r–25v ein; darauf aufbauende Studien müssten die folgenden Ausführungen, die die Verwandten Maximilians, des Weiteren beati, sancti und Besitztümer der Habsburger aus der „Fürstlichen Chronik“ im Text zusammenfassen, in den Blick nehmen.

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projizieren, kommen sie zum Schluss, dass der Zaiger ein „Bilderbuch“ sei.1173 Die folgenden Analysen sind dahingehend als Ergänzung anzusehen, da sie das Verhältnis von Text wie Bild, bezogen auf das Gesamtwerk, untersuchen und dabei die Struktur des Werkes mit berücksichtigen.1174 Als zaigen versteht das Werk nicht ausschließlich visuelle Darstellung, so eine erste Hypothese, als vielmehr die Repräsentation der Macht Maximilians in verkürzter Version sowohl im Bild wie auch im Text. Bilder sind nicht unbedingt „dominant“, die Texte erscheinen nicht überwiegend „demgegenüber als subsidiär“ noch besteht ihre Funktion darin „lediglich in knapper Form die Zusammenhänge zu verdeutlichen.“1175 Bild und Text zeigen vielmehr gemeinsam die Genealogie Maximilians im ‚Schnelldurchlauf‘, wie die Vorrede andeutet.1176 Im Gegensatz zu den voluminösen fünf Büchern der Fürstlichen Chronik soll dem Kaiser anhand des Zaigers die Möglichkeit gegeben werden, die Genealogie seines Hauses in systematisierter Form rasch durchzublättern. Denn nach dem die selben bücher ettlicher maß gros und weytlöffig ewer kayserlichen Mayestät die mit statt obirgenden geschaffen beladen ist zuelesen zelarig derselben zeunderthanigem gefallen dis besonder buch vmb des willens das darjn vff das aller kürczest jnnhalt der vorberürten fünff bücher anczaigt wirt der zaiger genant zu zerichten wie man dann solliches bey dieser figur vermercken mag […].1177

Darum gliedert sich das Werk, wie Jakob Mennel in der Vorrede weiter ausführt, in drey tractet.1178 Detailliert beschreibt er die Gesamtkonzeption des Zaigers: Solch zaiger [hat] drey tractet aso das in dem ersten tractat xv buchstaben als abcdfghiklmnop vnnd in dem annderen tractat drey buchstaben als qrs sind. So dann ist der dritt tractat getailt in das drey tail vnnd werden im ersten tail geseczt xxxi boum darnn ougenschinlich angezaigt wirt wie die vsserwelten in dem funften buch beschriben vnnd ewer kayserlich mayestät altforderen von ainem stamen nemlich Marcomiro dem haynischen herczogen zu francken der nach vsweysung des ersten buchs furstlicher cronick von den troyanischen kunig Hector durch Sicambriam abkomen ist entsprossen sind desgleichen wie sich die sipp vnnd maglich fruntschafft jn vff vnnd absteigenden auch Collateral lynyen meer dann von tausent iaren her gemeret hat mit iren annalen vnnd contemporalen neben den bomen gepflannzt dieweil aber vbder solichs nach vil meer dann in disen bomen bestimpt vsserwelten hailgen dem hochloblichen husß Habspurg mit sipp vnnd magschafft verwandt vorhanden sind Jch aber derselebn aller gradus der lynyen nach nit also aygentlich hab mogen erfaren darumb so hab ich den annderen heerlichen geschlechten so innhalt des vierden buchs furstlicher Cronick durch den heyrat oder in annder weg ab Habspurg gewachsen begriffeb sind fur mich genomen vnnd hab damit die selben hailgen frund och hierjnn wollen furen vnnd vmb besser vnderrichtung willen in funff spiegel getailt. Aber in dem dritten und ledtsten tail werden all

1173 Kellner (2013), S. 62. 1174 Weiteres Bildmaterial zum „Zaiger“ bei Kagerer (2016), S. 151–154. 1175 Kellner (2013), S. 62. 1176 ÖNB cvp 7892, fol. 1v–2v. 1177 ÖNB cvp 7892, fol. 1v. 1178 ÖNB cvp 7892, fol. 1v.

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hailgen disen frundschafft es seyen Beati oder sancti so in den vorgemelten baumen vnnd spiegeln geseczt sind mit yerren touff ouch angeborn vnnd u namen des gleichen der hailgen vnnd salgen begrebnussen souil ich derselben vern vnnd nach hab mogen erfaren vff das aller kurczest registers wyß nach ain annder angezaigt alles in der form vnnd gestalt wie hernach volgt.1179

Erster wie zweiter Abschnitt des Zaigers fassen das Herkommen Maximilians zusammen: Bilder, sortiert nach den buchstaben als abcdfghiklmnop sowie qrs, gewähren einen Einblick in die Habsburgergenealogie. Der dritte Abschnitt des Zaigers ist wiederum getailt in drey tail: Der erste Teil fasst in xxxi boum die Ausführungen aus der Fürstlichen Chronik zusammen, die das Herkommen von den troyanischen kunig Hector durch Sicambrien sowie die Verwandtschaft, die sich meer dann von tausent iaren her gemeret hat, beschreiben, wobei der Schwerpunkt auf den vielen Heiligen und Seligen in der weitverzweigten Habsburgerdynastie liegt. Der zweite Teil des dritten Abschnittes zeigt in funff spiegel die vielen Heiratsverbindungen der Habsburger, wie sie im vierden buchs furstlicher Cronick genannt werden. Im dritten und ledtsten tail des dritten Abschnitts werden die Heiligen, [e]s seyen Beati oder sancti, mit detaillierten Angaben, wie sie in der Fürstlichen Chronik in den vorgemelten baumen vnnd spiegeln geseczt sind, beschrieben. Eine Sicht auf den Zaiger, das macht die Vorrede hier deutlich, gewährt somit resümierend auch einen Einblick, wie Jakob Mennel seine Fürstliche Chronik strukturiert hat. Allerdings wird eine Aussage, wie genau im Zaiger die Zusammenfassung der Fürstlichen Chronik im Bild und Text vonstatten gehen soll, nicht getroffen: Nur vage Andeutungen, dass es sich um xxxi boum oder spiegeln handeln und vff das aller kurczest registers wyß berichtet werden wird, geben einen Hinweis auf die Art der medialen Präsentation. Hier setzen die folgenden Analysen an: Sie orientieren sich an der Struktur des Zaigers und gehen nacheinander Texte wie Bilder der drei Abschnitte durch. Im ersten und zweiten Abschnitt des Zaigers fungieren die Bilder als Systematisierungsinstrumente; Texte darunter geben, stark verkürzt, Inhalte wie beispielsweise die Zerstörung Trojas wieder. So heißt es im Gegensatz zur breit entwickelten Geschichte Trojas im ersten Buch der Fürstlichen Chronik1180 unterhalb des Bildes im Zaiger in wenigen Zeilen: Hie hebt an der erst tractat vnnd erst buchstab A darbey figurlich anaigt wie deie aller kostparlichest stat Troy davonn dann ewer kay. Mt. Altforderen nach vsweysung des ersten buchs furstlicher Cronikh von dem aller theuersten kunig Hector entsprossen sind zerstört ist worden.1181 Weitere Bilder zeigen den Auszug der kinder von troy mit allem das sy vermogen1182 (Abb. 138) sowie ihre Ankunft in ain frembd land, wo Hektors Sohn buwet ain stat damals Sycambria vnnd als ettlich schrie-

1179 ÖNB cvp 7892, fol. 1v–2v. 1180 ÖNB cvp 3072*, fol. 14v–21r. 1181 ÖNB cvp 7892, fol. 3r. 1182 ÖNB cvp 7892, fol. 4r.

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ben nachmals Eczelburg vnnd yecz Strilweyssenburg genempt (Abb. 139).1183 Darauf folgen Bilder, die den Auszug der kinder von Sicambira in andre lannd zeigen,1184 wo sie beispielsweise die Stadt Franckfort erbauen.1185

Abb. 138: Jakob Mennel, Kinder von Troy; Abb. 139: Jakob Mennel, Sycambria (1518)1186

Die zahlreichen Kindeskinder wiederum1187 ziehen nach Gallia1188 und haben sich ettlich derselben gleich an der seit des raines […] nidergelassen und auff ainem hohen grossen berg ain wohlhabend stark vest schloss oder burg gebuwen und freyen willen ward das berg und die burg habendspurg deshalb dieselben als dann nit meer franken sonder habendspurger genampt sind worden.1189 Schließlich erobern sie vil lannd vnnd leut1190 und die sighafften von Habspurg [haben] vber all yr erobert land ain kunig gemacht.1191 Die erworbenen Länder werden unter den Söhnen durch den obgeseczten kunig als Burgundi, Auitania, Franckreich und Austrasia aufgeteilt.1192 Das Bild

1183 ÖNB cvp 7892, fol. 5r. 1184 ÖNB cvp 7892, fol. 7r. 1185 ÖNB cvp 7892, fol. 8r. 1186 Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 4r und fol. 5r. 1187 ÖNB cvp 7892, fol. 9r. 1188 ÖNB cvp 7892, fol. 10r. 1189 ÖNB cvp 7892, fol. 10*r–v. 1190 ÖNB cvp 7892, fol. 11r. 1191 ÖNB cvp 7892, fol. 12r. 1192 ÖNB cvp 7892, fol. 13r.

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(Abb. 140) zum Buchstaben N zeigt im Anschluss, wie man erst durch den Text versteht, die komplette Zerstörung der wohlhabend starck burg durch Jmierlich krieg.1193 Da sich auf dem Berg, der nach der Zerstörung weiterhin Habendspurg genannt wurde, viele Heilige ansiedelten, wurde er im Laufe der Jahre als der hailig berg bezeichnet und ist schließlich Romelspurg getauft worden.1194 Unweit von diesem Berg (Abb. 141) wurden dann andre schloss des namens Habspurg gebuwen vnnd zu aine grafflichen herschaft gemacht.1195 Mit dem Bild, das die Erwerbung von Habsburg durch Dietrich und Ottperth zeigt, schließt der Bilderzyklus.1196

Abb. 140: Jakob Mennel, Zerstörung Habendspurg; Abb. 141: Jakob Mennel, Andre gebuwet1197

Legen die oben gezeigten Bilder den Schwerpunkt auf die Ausstellung von Auszügen, Umzügen, Burg- sowie Städtegründungen und nicht zuletzt auf die vielen Bau-, auch Krönungsszenen, so wird erst durch die Nennung der Herrscher-, Völker-, Länderund Städtenamen im Text ersichtlich, dass es hier um die Aufstiegsgeschichte der Habsburger über Troja bis nach Österreich geht. Dem Text kommt derart keine zweitrangige Funktion zu, vielmehr ergänzen sich Bild wie Text gegenseitig: Die Bilder

1193 ÖNB cvp 7892, fol. 14r. 1194 ÖNB cvp 7892, fol. 14r. 1195 ÖNB cvp 7892, fol. 15r. 1196 ÖNB cvp 7892, fol. 16r. 1197 Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 14r, fol. 15r.

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visualisieren die Chronologie in Farben und Szenen, die dazugehörigen Beschreibungen liefern die Details und Informationen.

Abb. 142 und Abb. 143: Jakob Mennel, Silberne und goldene Leiter (1518)1198

Im folgenden Abschnitt hept an der ander tactat,1199 der ähnlich dem ersten Abschnitt Bilder in den Vordergrund schiebt, wobei auch hier die Texte die jeweiligen Darstellungen unterstreichen und genauer ausführen, um was es geht. Vertreter des Hauses Habsburg werden nach dem Modell der Jakobsleiter auf Sprossen je einer silbernen (Abb. 142), goldenen (Abb. 143) und mit Edelsteinen (Abb. 144) besetzten Leiter aufgereiht gezeigt.1200 Die silberne Leiter führt zum Mond und zeigt, wie sich die Habsburger nach einem vermeintlichen Abstieg aus dem ursprünglichen Königsstand in den Grafenstand wieder nach oben gearbeitet haben zu Positionen von lanndgraven markgraven pfalzgraven herzogen erzherzogen och kunig und kayser.1201 Auf der gol-

1198 Silberne Leiter: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 23r; Goldene Leiter: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 24r. 1199 ÖNB cvp 7892, fol. 23r. 1200 Siehe hierzu auch die Ausführungen von Clemens (2001), S. 290–291. 1201 ÖNB cvp 7892, fol. 23v. Den ,Tiefpunkt‘ bildet Ottpert, der als jener Graf von Habsburg bezeichnet wird, welcher von trojanischen und burgundischen Königen abstammend, den Königstitel verlo-

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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denen Leiter, die zur Sonne reicht, werden die geistlichen Würdenträger Habsburgs nach Rängen geordnet vorgestellt. „Im unmittelbaren Rekurs auf die dem Stammvater Jakob gegebene göttliche Prophezeiung (Gen 28,14 f.) werden die Habsburger schließlich zum von Gott auserwählten Geschlecht stilisiert.“1202 Die Worte Gottes an Jakob hätten die Habsburger sehr wohl verstanden: In welchen worten got also sprach: Dein sam wirt als der staub der Erden du wirst geweytert zu dem nidergang unnd uffgang zu weyttern tag und weyttern nacht und alle geschlecht der erden werden gesegnet in deinem samen unnd ich wird dein beschirmer sein wohin du gest.1203

Abb. 144: Jakob Mennel, Edelsteinerne Leiter (1518)1204

Die edelsteinbesetzte Leiter (Abb. 144) führt schließlich zu Gott persönlich: Hie stat ain laiter aus kostbaren gestain und fünf Sprossen.1205 Er verleiht den Habsburgern die himmlische Krone, die Märtyrerkrone. Jungfrauen, Ehefrauen, Witwen, Beichtväter

ren habe. (ÖNB cvp 7892, fol. 23v; vgl. das erste Buch der „Fürstlichen Chronik“, ÖNB cvp 3072*, fol. 40r ) 1202 Kellner (2013), S. 63. 1203 ÖNB cvp 7892, fol. 24v. 1204 Edelsteinerne Leiter: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 25v. 1205 ÖNB cvp 7892, fol. 25v.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

und Märtyrer symbolisieren die Verbindungen von weltlichen und geistlichen Würdenträger und die Verbindung Habsburgs mit der Transzendenz.

Abb. 145 und Abb. 146: Jakob Mennel, Bom der hayligen (1518)1206

Thematisch knüpft der dritte und letzte Abschnitt im Zaiger an diese Bilder und kurze Textpassagen an: Es geht noch einmal um alle Verwandten, vor allem um die seligen und heiligen des Geschlechts.1207 Allerdings verschiebt sich der Darstellungsmodus: Stammbäume stehen nun dominierend im Vordergrund (Abb. 145, Abb. 146), die die weitverzweigte Dynastie Habsburgs zeigen. Auf denen nennt jeweils die Schrift die einzelnen Heiligen namentlich: So wird auf insgesamt 32 einzelnen Stämmen,1208 die verschiedenen Baumsorten zugeordnet sind,1209 die große Anzahl der contemporales des Kaisers repräsentiert. Da jeder der mit dem Kaiser verwandten Familien

1206 Bom der hayligen: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 34r, fol. 39v. 1207 ÖNB cvp 7892, fol. 32v–109v. 1208 ÖNB cvp 7892, fol. 34r–49v. 1209 Vgl. beispielsweise Birken (ÖNB cvp 7892, fol. 41v) und Eschen (ÖNB cvp 7892, fol. 47v).

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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Heilige zugeordnet sind, wird die Herausgehobenheit in der Verwandtschaft unterstrichen.1210 Interessant ist hier die zeitliche Dimension: Nicht mehr ein zu verfolgender chronologischer Ablauf, wie im ersten und zweiten Abschnitt des „Zaigers“, wird präferiert. Dagegen stehen jeweils links neben den Stammbäumen unterschiedliche, nicht-chronologische Jahreszahlen.1211 Die Jahreszahlen wie Namensnennungen sind Informationsträger, während die ‚Bilder‘ der Stämme gewissermaßen den Eindruck eines kontinuierlichen ‚Fortlaufs‘ untermauern, auf denen die Medaillons und darin die Texte angebracht sind.

Abb. 147 und Abb. 148: Jakob Mennel, Spiegel (1518)1212

Neben der Darstellung über Baumstämme sind im zweiten Teil des letzten Abschnitts im Zaiger fünf Spiegel aufgenommen (Abb. 147, Abb. 148).1213 Diese konzentrieren

1210 In diesem Kontext steht auch die Frage samt einer Antwort, warum es so viele Heilige im Hause Habsburg gebe: Siehe ÖNB cvp 7892, fol. 52r–52v 1211 Diese sind gerechnet von Christi geburt an und zeigen ganz unterschiedliche Jahre teilweise auf einer Seite an. 1212 Spiegel: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 54r, fol. 55r. 1213 ÖNB cvp 7892, fol. 54r–58r.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

sich wiederum auf die vielen Geschlechter, deren Blut in Habsburg gewissermaßen zusammenfließt: Nicht Heilige sind hier über die kurzen Texte an den Spiegelrändern angezeigt, sondern ganze Geschlechter. Ähnlich dem ersten Teil des dritten Ab­schnittes bieten die Spiegelsymbole und ihre jeweiligen Umrahmungen Struktur. Doch erst über die Schrift kann verstanden werden, was gemeint ist: So ist der andter teil und zeigt erst spiegel von funff tail von dem falmiglichen geslehet, so sie sind mit habspurg erlich verfriunt.1214 Die Spiegel stehen also für die Verwandtschaft Habsburgs. Die Namensnennungen in den runden Rahmen bezeichnen mit Brittanien, Tenmark, Engelland und Frankereich Länder Europas,1215 auf die Habsburg Anspruch erheben kann, da sie mit der ‚Mutterdynastie‘ genealogisch verbunden sind. Der dritte und letzte Teil im dritten Abschnitt des Zaigers enthält abschließend nur noch Text (Abb. 149, Abb. 150) ohne Bilder:1216 Auf Symbole sowie Miniaturen wie in den ersten Abschnitten wird vollkommen verzichtet. Es geht um die Heiligen und Seligen der Habsburger. In zwei Teilen, die durch eine Vielzahl an leeren Blättern1217 voneinander getrennt sind, wird über Namensnennung sowie die Beschreibung der Lebensdaten und des Wirkens zuerst auf die Beati, dann auf die Sancti eingegangen: In dem drittentail des zeigers werden alle heiligen es seien beati oder sancti, so zu den vorberurten bäumen und spiegeln begriffen sind mit ihrem Tauf und angeborenen und Zunamen samt ihr aller begrebnussen vnnd feyrtag sovill ich hab mogen erfahren nach ain annder beschrieben vnnd soll sich dabey nieman lassen yrren ob sy willen by der grebnuß oder by den firtagen In allen Kalendar oder gotzhußern nit allweg ain maynung funden würt angesehen das offt ein haylig In aym land ain anndern feyrtag denn Im anndern hatt ouch offt ain haylig mer dann ainen tag, so sind auch gewonlich die religuie der hailigen an vill ort vßgetailt darauß dann volgt das ain haylig an vill orten ligen mag dazu sagt man offt dar ain hailig hie lig so wo annderßwo ligt darauß auch beyweylen zwuschen alten vnnd dreffenlichen gots husern streyt vnnd widerwartigkait entstand, aber wie ichs in dan alten stifften und schrifften In weyten landen funden hab also will ichs hie vuss aller kürtzest antzaigen vnnd anfanklich von den saligen genant beati wie hernach volgt.1218

Aus dem vermeintlichen ‚Bilderbuch‘ ist so am Schluss ein ‚Textbuch‘ geworden. Wie eng sich Jakob Mennel in der Organisation dieses letzten Abschnittes seines Zaigers an die Fürstliche Chronik anlehnt, zeigt die identische Sortierung der vielen Heiligen und Seligen nach einem Jahreskalender. Der Unterschied zur Fürstlichen Chronik liegt allerdings in der Kürze der Texte: Was im fünften Buch der Chronik noch breiter erzählt wurde, ist hier auf die wichtigsten Details herabgebrochen.1219 Nicht

1214 ÖNB cvp 7892, fol. 54r. 1215 ÖNB cvp 7892, fol. 54r; 55r; 56r; 57r; 58r. 1216 ÖNB cvp 7892, fol. 63r–109v. 1217 Siehe hierzu die größere Lücke zwischen ÖNB cvp 7892, fol. 71v–92v; nach den Sancti entsteht eine kleinere Lücke vor der Abschlussrede Jakob Mennels: ÖNB cvp 7892, fol. 110r–111r. 1218 ÖNB cvp 7892, fol. 63r. 1219 Teilweise sind nur Einzeiler aufgenommen; so beispielsweise bei Rudolffus (ÖNB cvp 7892, fol. 66v). Ähnlich verfährt Jakob Mennel in seinem Seel und Heiligenbuch Keiser Maximilians altfordern,

2.2 Kaiser Maximilian I.: Ewige gedechtnus und unsterbliches Blut 

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nur ein ‚Schnelldurchlauf‘ via Bilder wird damit im Zaiger geboten, sondern auch via Texte.1220

Abb. 149 und Abb. 150: Jakob Mennel, Beati und Sancti (1518)1221

In seiner Beschlussrede des Zaigers geht Jakob Mennel nochmals in einem längeren Textabschnitt auf die große Anzahl der Märtyrer und Heiligen ein, die er mit seinen genealogischen Werken für die Dynastie Maximilians sinnfällig machen wollte, obwohl […] kainer zungen moglich ist sollichs vsszesprechen nichts destminder hab ich dennocht zebeschlus dis buchs E.k.Mt. zevndertanigem gefallen solich himelreich vnnser ainfaltigen menschlichen art nach durch dis gegenwirtig figur wollen anzaigen darnn die vorbestimpten vnnd anndern vsserwelten bey got gloriren vnnd sich frowen yme vnnd ewiglich Amen wol damit den dritten

Freiburg im Breisgau 1522: Dort geht er auch nur pointiert auf die einzelnen Vertreterinnen und Vertreter ein, spart sich lange Ausführungen, um möglichst viele Selige und Heilige unterzubekommen (siehe dort v. a. im Vergleich zur „Fürstlichen Chronik“ die wenigen fünf Zeilen über Adelheidt: Bl. 4). 1220 Dass die vielen leeren Seiten einen Nachtrag auch für nachfolgende ‚Generationen‘ an Heiligen und Seligen bereitstellen, zeigen nicht zuletzt die tatsächlichen Ergänzungen von anderer Hand ab ÖNB cvp 7892, fol. 68v–71r. Vgl. in diesem Kontext auch das Schema Jakob Mennels in seinem Werk Keyserall vnd Bapstall […] aller Römischen Keyser vnd Bäpst historien, Basel 1522: Strikt nach dem Alphabet geordnet beschreibt Mennel kurz alle Kaiser und Päpste bis ins 15. Jahrhundert über Nennung ihrer Namen, Altersanageben und Leistungen. 1221 Heilige und Selige: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 63v und fol. 93r.

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tractat vnnd also dis besonder buch E.k.Mt. in gehaim zebehalten geendet haben mich derselben sampt den meinen hierbey vezaichnet als meinen aller g.h. vnderthanigklich bevilhende Datum Freybug im Brysgow am xi tag february anno Domini 1518.1222

Nach menschliche[r] art sei es eigentlich unmöglich, so betont Jakob Mennel, über die Macht des Kaisers zu schreiben. Dennoch wollen Zaiger, auch Fürstliche Chronik, den Ursprung sowie die Kontinuität der Genealogie Kaiser Maximilians, besonders seine außergewöhnliche ‚Verbindung‘ mit dem Himmel, repräsentieren. Indem dabei Verwandtschaftsbeziehungen mit allen europäischen Häusern über die verschiedenen medialen Möglichkeiten von Bild wie Text profiliert worden sind, ist der politische Anspruch Habsburgs zur ‚Führung‘ Europas eingelöst.1223 Die Text-Bild-Beziehungen im Zaiger und auch in der Fürstlichen Chronik scheinen die Mehrschichtigkeit von Zeit raffen zu wollen und zu versuchen verschiedene Zeitbezüge synchron darzustellen, um zusammenzufassen.1224 Über den Fokus auf das Bild, so mag man mit Blick auf die obigen Analysen zum Zaiger wie auch nochmals zur Fürstlichen Chronik feststellen können, ist der Dialog zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem,1225 zwischen dem Ursprung in Troja und dem kontinuierlichen Ausbau des Machtbereichs Habsburgs hergestellt. Doch nicht nur über das ‚Sehen‘ der mannigfaltigen Bilder, auch über das ‚Lesen‘ soll die maximilianeische Macht vor Augen geführt werden: Die vielen Beschreibungen zu den Heiligen und Seligen, sortiert nach einem Kalender, untermauern die Exklusivität der habsburgischen Dynastie. Bild und Text, das wurde herausgearbeitet, ergänzen sich dabei vielfach. Verschiedene ‚Arten‘ von Bildern und Texten sind in die Ehrenwerke eingearbeitet: Bilder von Personen wie Zeichnungen von Ereignissen, aber auch graphische Elemente wie Stammbäume und Spiegel im Zaiger und abgesägte Baumstämme in der Fürstlichen Chronik sind mitaufgenommen. Darüber hinaus stehen sich verhältnismäßig lange und kurze Textabschnitte gegenüber, die entweder unterhalb der Bilder stehen, aber auch ‚in‘ die Bilder selbst eingetragen sein können, wie es die Namensnennung innerhalb der Medaillons der Stammbäume zeigte. Text und Bild sind damit flexible Skripturen, die die Macht des Kaisers ausdrücken. In jedem Falle sind sie eigenständige Wissensarchive, die auf flexible Art und Weise zur Machtrepräsentation beitragen.1226

1222 ÖNB cvp 7892, fol. 111v. 1223 Gerade „die Ehebindungen, die die Habsburger mit Angehörigen anderer europäischer Königs-, Herzogs- und Grafengeschlechter eingegangen sind und durch die sie ihr Geschlecht verbreitert und erhöht haben […]“, bieten sich für dieses Vorhaben an (Zimmermann [2011], S. 379). 1224 Vgl. Sick/Schöch (2007), S. 10. 1225 Vgl. Arnold (2009), S. 39. 1226 Hier könnten weitere Studien ansetzen; beispielsweise bringt Jakob Mennels, Cronica Habspurgensis rigmatica, Konstanz 1507 in verkürzter Version auf wenigen Seiten in Reimform die Präsentation des Herkommens der Habsburger (dort v. a. interessant die Ausführungen, woher der Name ‚Habsburg‘ stamme: Bl. Aiii–Aiiii).

2.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

 267

2.3 Zusammenfassung mit Perspektiven Die Großprojekte, die unter den Habsburgerkaisern Friedrich III., Karl V. und Maximilian I. entstanden und in diesem Kapitel untersucht wurden, sind besonders ‚leuchtende‘ Beispiele für Entwürfe von Macht um 1500: Sie stellen multimedial angelegte opera dar, welche sich in Schrift, Bild und Monument manifestieren. Immer wieder hat sich darin gezeigt, dass der physische Körper des Herrschers zugunsten einer Repräsentation des Kaiseramtes sowie der Dynastie und eines ganzen Bündels an weiteren, heterogenen Rollen in den Hintergrund tritt. Vor allem die gedechtnus-Werke Maximilians I. standen im Fokus des vorliegenden Kapitels: Sie dienen der panegyrischen Repräsentation eines Kaisers, der um 1500 vor allem die eigene Geltung legitimieren muss. Verkörperung von Herrschaft und Macht bedeutet unter Maximilian I. die Repräsentation sowie Einlösung des Postulats, die natürlichen Begierden zu unterdrücken, ja zu überwinden, und die Naturanlagen im Blick auf das Ideal des Herrschers sowie die Unübertrefflichkeit der Dynastie zu veredeln. Welche große Rolle auch das Blut der Familie spielt, zeigten die Analysen zur opulenten Fürstlichen Chronik. Genealogische Bindungen werden jeweils in einem proto-wissenschaftlichen Umfeld konstruiert, hergestellt und diskutiert. Deutlich war zu sehen, welch eigenständige Rolle jeweils Text und Bild entwickeln, wie zugleich Kombinationen beider ablaufen.1227 Werke wie beispielsweise der Triumphzug und die Ehrenpforte als gedruckte ­Triumphrituale deuten darauf hin, dass sie sich selbst eine geradezu auratische Sphäre um sich herum ‚produzieren‘. Über Möglichkeiten eines Auf- und Ausstellens, wie beispielsweise der Riesenholzschnitte, kann darüber bestimmt werden, wann und wo Repräsentation stattfindent, nicht zuletzt, wer Zugang zum Anschauen und Bewundern hat. Die einzelnen Werke, um 1500 teilweise über das ‚neue‘ Medium des Druckes vervielfältigt, geben sich als handschriftliche Originale aus.1228 Allerdings

1227 Das konnte besonders an den Pfauen- auch Lerchenspiegeln der „Fürstlichen Chronik“ herausgearbeitet werden. Die Bilder und Texte im „Zaiger“ wurden gesondert untersucht. 1228 Müller (1982), S. 271 arbeitet heraus, wie in den Drucken der Ehrenwerke immer wieder Elemente wie Handschriftenstreifen, Schleifen oder ähnliches eingearbeitet wird, um einerseits ihre Originalität zu unterstreichen, andererseits ihren Repräsentationswerkt zu steigern; die verwendeten Schrifttypen und Drucktechniken unterlagen einer strikten Geheimhaltung. Zugleich weist Müller darauf hin, dass gerade die scheinbare Aura des Exklusiven der Werke zur ‚massenhaften‘ Nachahmung der besonderen Type motivierte, so dass beispielsweise „die kaiserliche Prunkletter zum Vorbild für eine der häufigsten Gebrauchsschriften, die Fraktur, […]“ wurde und die tendentiell unbegrenzten Möglichkeiten der Reproduzierbarkeit der Werke geradezu das arcanum des Kaisers zerstörten: Ebd., S. 271; siehe dazu auch Kiening (2016), S. 218.

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 2 Das alte Blut der Habsburger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

löst das ‚neue‘ Medium das ‚alte‘ nicht ab, als dass es mehr zu Verschränkungen kommt.1229 Darüber hinaus imaginieren die Ehrenwerke intramedial einen Hof, vor dem sich die Triumphe des Kaisers abspielen.1230 Die Medien sind nicht (nur) ästhetisches Anzeigen von Macht, sondern ‚re‘-präsentieren mit aller rechtlichen Vertretung den Herrscher.1231 Sie bezeugen die politische Einmaligkeit des Kaisers.1232 Die medialen Dispositionen, Modi von Zeichenhaftigkeit sowie die unterschiedlichen textuellen wie ikonischen Strukturmuster wurden in den hier vorgeführten Analysen nicht als bloße ‚Einkleidungen‘ des Machtanspruches Maximilians, sondern als substantielle Konstituenten verstanden. So zielt die Holzschnitt-Ehrenpforte auf „admirative Identifikation“.1233 Bilder, weniger die Texte,1234 verweisen darin auf die ‚Anschaulichkeit‘ der Leistungen Maximilians, der gleich mehrfach anwesend ist.1235 Der Triumphzug wiederum, der die gedechtnus des siegreichen Herrschers ebenfalls im Bild, teilweise im Text sichert, repräsentiert in der Dynamik der ‚vorbeiziehenden‘ Wägen alle res gestae eines Kaisers, der immer wieder selbst auf den einzelnen Holzschnitten in ganz unterschiedlichen ‚historischen‘ Situationen präsent ist.1236 Gefährdet eine derartige mediale ‚Ubiquität‘ des Herrschers gleichsam die Einzigartigkeit seiner Person, so müssen Strategien entwickelt werden, um die medialen ‚Stellvertreter‘ als einmalig zu inszenieren. Wie die Erörterung beispielsweise der Clavis im Teuerdank aufgezeigt hat, können die Riesenwerke nur dann gänzlich verstanden werden, wenn man ein ‚Mehr‘-Wissen zu ihrer Decodierung besitze: Hie-

1229 Kiening/Beil (2012) sprechen von einer ‚phantasmatischen Dimension‘ des Medialen. Siehe hierzu die fundierten, an neuesten kulturwissenschaftlichen Parametern orientierten, allerdings nur schriftliche Quellen abdeckenden Studien von ebd., S. 14: „Eine Imaginationsgeschichte des Medialen hat es fast immer mit Differenzsetzungen oder auch mit Rückgriffen zu tun. Indem sie nicht einfach Medien betrachtet, sondern mediale Gegebenheiten, in denen wiederum mediale Gegebenheiten vorkommen, die beschrieben, kommentiert oder in Handlungszusammenhänge versetzt werden, lenkt sie den Blick auf die Konturierung des Medialen im Modes des Relationalen: Gegebenes wird von anderen, älteren Formen her profiliert, auf Mediales oder Nicht-Mediales bezogen, im Kontext von Prozessen und Dynamiken, Mit- und Gegenläufigkeiten gezeigt.“ 1230 Müller (1982), S. 272–273. 1231 Darauf weist mit Nachdruck Müller (1982), S. 272–273 hin. 1232 Müller (1982), S. 91. 1233 Müller (1982), S. 92. 1234 Der Text der Clavis hebt die ‚Anschaulichkeit‘ der Taten Maximilians auf eine ‚höhere‘ Verstehensstufe, wenn er sie ausdeutet und als exklusiv markiert. 1235 Müller (1982), S. 158. 1236 Hierzu: Müller (1982), S. 152–153. „Der Triumphzug vereinigt nicht den Hofstaat zur Feier eines bestimmten Sieges, sondern ist gedechtnus Triumph, angeordnet als Chronik der gesamten Regierungszeit, die weit Auseinanderliegendes zu einer imaginären Gleichzeitigkeit versammelt, aber nicht einmal dann die Fiktion der Darstellung eines Rituals aufrecht erhält (daher der mehrfache Auftritt Maximilians immer da, wo es der dargestellte historische Vorgang erfordert).“ (Ebd., S. 208)

2.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

 269

roglyphenartig seien die Ehrenwerke zu entschlüsseln, was nur ganz wenigen gelingen mag.1237 Zusätzlich schafft man um den repräsentierten Körper des Kaisers – als Sieger im Triumphzug, als Herrscher in der Ehrenpforte, als Toter am Grabmal  – eine „Kultgemeinde“1238 an Zuschauern, die die ewige gedechtnus aufrechterhalten soll. Die leitende Frage dieser Studien, wie Herrschaft und Macht über die Person der jeweiligen Kaiser selbst demonstriert und legitimiert wird, konnte als produktiver Zugriff für die Analyse der Entwürfe im Umfeld der Habsburgerkaiser vorgeführt werden. Unter geschlechtergeschichtlichen Fragestellungen ließen sich weitere Studien zu den weiblichen Pendants der Habsburgerkaiser mit den obigen Ausführungen verbinden.1239 Vor allem zwei zentrale Perspektiven könnten hier im Vordergrund stehen. Erstens: Indem dem mächtigsten Mann die schönste Frau zusteht – dies hier als dem Material und zeitgenössischen Vorstellungen nur im Ansatz gerecht werdendes und verkürztes Postulat –, ist bereits ein elementarer Konnex angesprochen, der zu weiteren Untersuchungen im Verhältnis der Geschlechter im politischen Kontext gerade dann führen muss, wenn man berücksichtigt, dass der politische Spielraum von Frauen in der Frühen Neuzeit nur graduell, nicht kategorial von dem der Männer abweicht.1240 So zeigen erste Stichproben in der Prosaerzählung Frau Tugendreich,1241 wie ‚nah‘ sich die beste Frau und der bester Mann einander stehen. Tugendreich, Verkörperung des Frauenideals und als Krone ihrer Zeit beschrieben, die da ist die aller hibschest, vernünfftigest, baß kündest vnnd ain fromen fraw, die da lebt vnnder allem weybblichen geschlecht,1242 kommt zu Maximilian, der sie empfängt und sich um sie kümmern wird: Nun als die junckfraw in den garttenn kam, doett sy sich gar diemuettigklichenn gegen dem kayser naygen vnnd jm großs er erbietten […]. Da das der kayser gewar ward, da stuond er auff von seinem stuol, dratt ir entgegenn, bott ir sein hand vnnd nam sy gar schon in sein arm, huob an vnnd sprach

1237 „Insofern kommt der Verschlüsselung eine der Etikette analoge Funktion zu: sie entrückt den Herrscher und regelt den Zugang zu ihm.“ (Müller [1982], S. 279) 1238 Auf die Sphäre sakraler Unberührtheit verweist Müller vor allem in Anspielung auf die Verordnungen im Testament Maximilians, aber auch in Andeutung an seine Ehrenwerke, wenngleich „[d]ie Analogie zur Kultgemeinde [dort] […] nicht so deutlich [ist], wenn auch Intention und Theorie poetischen Verhüllens ihre Argumente der Sakralsphäre [ebenso] entlehnen.“ (Müller [1982], S. 279) 1239 Stellvertretend: Wunder (1992); Schulte R. (2002); Fößel (2000); Nolte (2011). 1240 Stollberg-Rilinger (2016c), S. 247 grenzt den frühneuzeitlichen Handlungsspielraum der Frauen von „einer staatsbürgerlichen Gesellschaft mit allgemeinen und gleichem Männerwahlrecht, das die Frauen als solche explizit und formal von der politischen Teilhabe ausschließt“, ab. 1241 Erste Stichproben im Material ergeben ein gutes, wenig beachtetes Arbeitsfeld: Das Werk „Frau Tugendreich“ (Codex 958, Stiftsbibliothek St. Gallen) ist in der Forschung trotz einer Ausgabe des Textes (siehe die Ausgabe von Elisabeth Lienert [Hrsg.], Frau Tugendreich. Eine Prosaerzählung aus der Zeit Kaiser Maximilians I. Edition und Untersuchung, München 1988; hier zitiert als „Frau Tugendreich“) kaum aufgebarbeitet. 1242 „Frau Tugendreich“ Buch II, V. 288–290.

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giettigklichen zuo ir, dar auff sy im gar tugentlichen antwurtt gab, dar ab der kayser gross wolgeuallenn hett.1243

Indem Maximilian nicht nur für ihren Schutz, sondern auch für ihre Verheiratung sorgt, ist er als der Förderer weiblicher Tugend beschrieben und kann gepriesen werden.1244 Das geradezu dichotomische Bild von der angeblich schönen, erfolgreichen, klugen, gesunden wie fertilen und damit mächtigen Maria von Burgund als erster Ehefrau Maximilians1245 gegenüber der hässlichen, erfolglosen, dummen, kranken und kinderlosen Maria Bianca Sforza von Mailand als zweiter Frau des Kaisers, der angeblich keine politische Macht zustand,1246 ergibt ein weiteres gut operationalisierbares Untersuchungsfeld. Darüber hinaus wäre an Johanna von Kastilien, die Mutter Karls V. zu denken, die als so genannte ‚Johanna die Wahnsinnige‘ in die Geschichte einging: Der Wahnsinn ist eng verwoben mit den politischen Interessen ihres Umfeldes.1247 Zugleich ist der Wahnsinn der Herrscherin eine Sollbruchstelle1248 in der ‚rationalen‘ Konstruktion politischer Ordnung,1249 die genauer zu untersuchen wäre. Nur angedeutet wurden weitere Konstituenten wie politische Praktiken und Handlungen um 1500.1250 In Herrschereinzügen wird eine andere Rolle des Herrschers

1243 „Frau Tugendreich“ Buch V, V. 35–40. 1244 Interessant wäre hier auch die Anwendungssituation des Textes zu untersuchen, wenn der Erzähler diesen als eine Art Frauenspiegel ausgibt, da das Werk zuo ainer underweysung allenn frawen vndd junckfrawenn („Frau Tugendreich“ Buch I, V. 18) geschrieben sei und Tugendrei allen frawenn zuo ainem spiegel dienen soll. („Frau Tugendreich“ Buch XX, V. 108) 1245 Interessant vor allem die über den Tod hinaus gehende ‚Machtposition‘ Marias, die immer wieder als „Nichtlebend-Lebende“ auftritt: Kiening (1996b), S. 472. 1246 Weiss (2010); Lutter (2011), S. 251–266. 1247 Ansätze bieten hier die Studien von: Koch-Kanz (1992), S. 12–44 und Álvarez (2008) [spanisch zuerst 2000]. Grundsätzlich, dass in Krankheitszuschreibungen stets politische Interessen und moralische Wertungen miteinflossen, die Studie von Nolte (2000), S. 16–17. 1248 Für das Mittelalter einführend, allerdings nicht an Beispielen zu Herrscherinnen oder Herrscher: Pfau (2008) und dies. (2010), S. 93–104. 1249 Beispielhaft spiegelt gerade der jeweilige Standpunkt gegenüber der spanischen Königin die politische Dimension von Natur als Begründungsfigur sowie v. a. deren Konstruktionscharakter noch einmal in nuce wider: Das Bild der fähigen, aktiven, klug-handelnden Herrscherin Johanna von Kastilien mit eigenem Handlungsspielraum, deren Macht aus ihren genealogischen Wurzeln, aber auch aus ihrem Wesen und ihrer Schönheit begründet wird, ist den politischen Strategien ihres Mannes, Philipp dem Schönen, dienlich; das Bild der mächtigen, agilen und potenten Anführerin dient den Comuneros im Aufstand gegen den fremden Landesfürsten Karl V.; nach dem Sieg ihres Sohnes, Karl V., wird Johanna als die Wahnsinnige bis zu ihrem Tod am 12. April 1555 in Tordesillas eingesperrt, wodurch sich Karl der legitimen Landesfürstin nachhaltig ‚entledigen‘ konnte, deren postulierte geistige Umnachtung jegliche politische Legitimation auf den spanischen Thron und die politische Führung nichtig werden ließ. 1250 Einen guten Überblick, wenngleich unter anderen Fragestellungen, stellen die Studien von Rudolph (2011) dar.

2.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

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gefeiert als bei Reichstagen oder politischen Ritualen; in Kämpfen und Kriegen steht eine andere Rolle des Herrschers als bei Festen und Turnieren im Mittelpunkt. Über das bisherige Material hinausgehend ließe sich so an die Analysen zur Repräsentation verschiedener Rollen des Herrschers im politischen Kontext anknüpfen.1251

Abb. 151: Paul Fürst und Werkstatt, Eröffnungssitzung (1653)1252

1251 Erweiterte man die Quellenbasis, wäre es dabei auch notwendig, andere, im direkten Umfeld des Herrschers agierende Figuren einzubeziehen: So könnte dem Narren, der nicht nur als Inversion des Herrschers anzusehen ist und der bloßen Belustigung dient, eine entsprechend wissenschaftliche Erforschung im Kontext der Thematik zuteil werden. Dadurch könnte er als weitere wichtige ‚politische‘ Figur herausgestellt werden; beispielsweise wird der Hofnarr Maximilians, Kunz von der Rosen, als besonders kluger ebenso wie schöner und kräftiger Berater, Beschützer und Diplomat des Kaisers beschrieben, auf den Maximilian angewiesen ist; siehe zu dieser Figur die Ausführungen im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes v. a. unter 3.2.3.3. 1252 Paul Fürst und Werkstatt, Eröffnungssitzung Reichstag in Regensburg 1653, Holzschnitt und Kupferstich, Radierung und Typendruck (23,2cm x 31cm [Bild]; 51cm x 33,2cm [Text]), Nürnberg, Graphische Sammlung, HB 6338.

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Interessant wäre genauer auf die ‚Bühnen‘ der Herrschaftsrepräsentation einzugehen. Bei Reichstagen und Ständeversammlungen tritt das eigentliche Entscheidungsverfahren oft in den Hinter- und der feierliche Aspekt sowie die politische Inszenierung des Kaisers in den Vordergrund: Auch Text und Bild fangen den politischen Körper des Reiches ein, um an die jüngsten Studien von Barbara Stollberg-Rilinger anzuschließen.1253 In diesem Kontext wäre es möglich, über die Analyse von textuellen wie visuellen Inszenierungsformen genauer zu studieren. Der Herrscher als Mittelpunkt muss gesehen werden; zugleich ist die Nähe zu ihm geregelt. Das Repräsentieren der ‚nach unten‘ hin zunehmenden ‚Blickdistanz‘ macht beispielsweise der Einblattdruck zur Eröffnungssitzung des Reichstags in Regensburg (Abb. 151) gerade auch dann pointiert deutlich, wenn der Rezipient des Druckes, als der am weitesten entfernte ‚Zuschauer‘, den Herrscher nur noch vage in der Ferne ausmachen kann. Wie sehr Herrschaftsinszenierungen im Übergang zur Frühen Neuzeit auch Gefühle in ihren Dienst nehmen, könnte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein: Wenn beispielsweise Jean Bodin in seinem Mitte des 16. Jahrhunderts erschienenen opulenten Werk Bücher über den Staat1254 den Herrscher als Vater des Vaterlandes und dessen Untertanen als Kinder bezeichnet, die durch Liebe gegeneinander verbunden seien, dann ist hier ganz wesentlich auf die Inszenierungen von Milde, Vertrauen und Fürsorge gesetzt. Empfindungen, Affekte und Wahrnehmungen sind dann kein emotionales Beiwerk in Entwürfen von Macht, sondern wesentliche politische Ressourcen und Werkzeuge für Macht. Schließlich könnten, um einen letzten Ausblick für diese Studien zu wagen, diese Fallstudien im Vergleich mit anderen Herrscherhöfen erweitert werden: Der synchrone, aber auch diachron wie regional ausgreifende Vergleich mit Repräsentationsmechanismen und Entwürfen von Macht im Osmanischen Reich brächte hier neue, über Europa hinausgehende Perspektiven; zu denken wäre ebenso an das MogulReich sowie China.1255

1253 Einen Überblick zur symbolisch-rituellen Grammatik ständischer Repräsentation unternimmt Stollberg-Rilinger (2016b), v. a. S. 139–149. Siehe dazu auch ihre Ausführungen zum Einzug Ferdinands III. in Regensburg: Stollberg-Rilinger (20132a), S. 157–159. 1254 Zitiert nach Frevert [2012], S. 42–43. 1255 Einführend der Band von Kurz/Scheutz/Vocelka [2005] mit Schwerpunkt auf den Kontakt der Habsburgerdynastie und einem vorwiegend islamisch geprägten Kulturkreis; einführend auch mit Blick auf Praktiken bei Herrschaftswechseln im Osmanischen Reich beispielsweise Bauer Th. [2011b], S. 285–315.

Kapitel 3: Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Abb. 1 und Abb. 2: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Augsburg 1545 (BayStabi. Cgm 9460), fol. 11r (Ulrich Fugger und Radigunda Mundsam), fol. 12v (Söhne).

3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert 3.1 Alter und neuer Adel 3.1.1 Der Adel im Umbruch Um 1500, als einer Zeit tief greifender gesellschaftlicher, religiöser und medialer Veränderungen,1 gab es keine einheitliche Herrschaftssymbolik, noch existierte eine gemeinsame kulturelle Tradition, aus der heraus sich die höfischen Eliten2 konstituieren konnten: ‚Alte‘ Rituale der Hofgesellschaft wie Turniere oder Wettkämpfe stehen neben ‚neuen‘ Ritualen gelehrter Hofleute wie Festreden, Empfängen, Dichterkrönungen sowie vice versa.3 Der Adel ist in einen vielschichtigen Umbruchprozess verstrickt.4 Diskurse, was der Adel sei,5 erweisen sich als eine Art

1 Kellner/Müller/Strohschneider (2011), S. 1. Im 15. und 16.  Jahrhundert scheint sich in der politischen Ordnung des Alten Reiches eine Reihe fundamentaler Umbruchprozesse vollzogen zu haben. (Vgl. Stollberg-Rilinger [20094], S. 36) Forschungen, die darauf ein zu starkes Gewicht legen und diese als geradezu ‚Epochen machend‘ ansehen, blenden aus, dass der Charakter des Reiches immer schon die spezifische Prägung eines „Geflecht[es] von Altem und Neuem, von symbolisch-rituellen Praktiken, formellen und informellen Spielregeln […] und vielen traditional legitimierten Gewohnheitsrechten, nicht zuletzt auch von vielfach unvereinbaren, konkurrierenden Rechtsansprüchen“ (ebd., S. 10) in sich trug und dieses grundlegende Moment des ‚kontinuierlich Diskontinuierlichen‘ im 15. sowie 16. Jahrhundert beibehielt. 2 Zu definitorischen Problemen siehe Burkhardt (2009), S. 92: „Die auf den König hin orientierte ‚höfische Gesellschaft‘, die Norbert Elias am Versailler Modell herausgearbeitet hat, ist dem absolutis­ tischen Mythos Ludwigs XIV. verpflichtet und nicht auf die deutschen Verhältnisse übertragbar. Nach den Ergebnissen der historischen Experten ist der Hof nicht so sehr als Herrscherveranstaltung, sondern als Karrierefeld für den Adel oder Mitspracheeinrichtung für die Stände zu begreifen.“ 3 Müller (1982), S. 251. 4 Immer wieder wurden diese  – hier verkürzt dargestellten  – Entwicklungen in der Forschung als Argumente für eine „Identitätskrise des Adels“ um 1500 angeführt: Müller (1982), S. 31 lokalisiert im Sinne seines sozialhistorischen Ansatzes die Folgen dieser „Identitätskrise des Adels“ – über deren literarische Artikulation – im Kriegswesen und dem „Reservat“ (ebd., S. 32) des Turniers, denen „offenbar kompensatorische Funktionen zu[kommen].“ (Ebd., S. 31) Des Weiteren erscheinen ihm die Anpassung des ritterlichen Adels an neue „politisch-ökonomische Bedingungen“ (ebd., S. 33) sowie die fließenden Grenzen zwischen Ritterstand und stadtbürgerlicher Oberschicht (ebd., S. 34), die zur Entstehung einer „neuen Aristokratie“ beitragen (ebd., S. 34), als weitere Argumente für die These der Identitätskrise. 5 Die Vielschichtigkeit dessen, was der Adel als Begriff umfasst, umreißen bereits Zeitgenossen, wie Bartolus von Sassoferato, Super postremis tribus libris codicis commentaria, Basel 1588, S. 121: verbum nobile est aequivocum. Des Weiteren wird der ausladende Bedeutungsumfang im Begriff nobilitas beklagt: cum tam late pateat nobilitatis nomen, (Giovanni Francesco Poggio Bracciolini, De nobilitate, Straßburg 1513, fol. 25r) so dass es keine certa nobilitatis norma gebe. (Ebd., fol. 26r) https://doi.org/10.1515/9783110539110-003

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Prüfstein dafür,6 auf welche Art und bis zu welchem Grad der Adel um 1500 als Stand in Frage gestellt ist und wie man neu aufgestiegene Machtverbände bewertete.7

Abb. 3: Lucas Cranach d. Ä., Der Adel (1509)8

6 Blumenberg (1996), S. 548–549 meint eine ‚Empfindlichkeit‘ des mittelalterlichen Systems darin verorten zu können, dass es labil auf Veränderungen reagiere, es also geringe Veränderungen in eine Krise stürzen könnten – im Gegensatz dazu sei das System der Neuzeit von „erstaunlicher Korrekturfähigkeit.“ Neuere Arbeiten gehen differenzierter vor. Es scheint sogar ein Kippen dieser Vorstellungen in der Forschung möglich, wenn so genannten nichtmodernen Kulturen eine dichtere Ambiguitätstoleranz zugeschrieben wird als modernen, die eine Ambiguitätsfurcht in sich tragen: Prägend die Studie von Bauer Th. (2011a), v. a. S. 311. Des Weiteren scheint es produktiver, im Kontext des Übergangs vom Mittelalter in die Moderne von einer ‚diskontinuierlichen Ausdifferenzierung‘ auszugehen. Mit diesem Begriff werden die zeitgenössischen Entwicklungen sowie die diskursiven Formationen besser getroffen; auch der Vielschichtigkeit der nichtmodernen Phänomene wird man dadurch (in Ansätzen) gerechter. Mit kritischen Verweisen auf Theorien zur linearen, kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Entwicklung ökonomischer Verhältnisse bereits: Burkhardt (1975), S. 57–72. 7 In diesem Kontext wäre auch an Rituale, Feste, Stammtafeln und Abstammungslegenden zu denken, über die Adlige um 1500 ihren Anspruch auf Ehre sicherten. 8 Abbildung in Lippmann (1895), Nr. 112, S. 89.

3.1 Alter und neuer Adel  

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Reaktionen des Adels auf die sich wandelnden Prozesse blieben jedenfalls nicht aus. Deutlich zeigt dies ein um 1509 in Umlauf gebrachtes Flugblatt (Abb. 3): Auf einem Holzschnitt von Lucas Cranach des Älteren wird ein reitender Mann in Prachtrüstung gezeigt; oberhalb der Figur befindet sich der Ausdruck Der Adel; unterhalb der Figur steht ein gedruckter, in Versen ausgeführter Kommentar: Ein Sprichwort heist, ist wol bekannt Durchaus im gantzen Deutschenland: Da Adam reut und Eva span, Wer war doch ein Edelman? Es ist wohl war, doch weil gewis Der Adel Gottes Ordnung ist, Soln wir im sein gebürlich ehr Erzeigen, nach S. Pauli lehr, Auch soll der Adel denken dran, Wie Keiser Maximilian: Ich bin gleich wie ein ander Man, Nur das mir Gott die Ehre gan C.M.O.9

Bild und Text ergänzen sich. Letzterer beinhaltet zunächst eine These: Hinsichtlich der Ansprache des englischen Aufrührers John Ball10 von 1381 darf es nach biblisch begründeter origo gentis keinen Anspruch auf soziale Überlegenheit geben (Ein Sprichwort heist, ist wol bekannt/ Durchaus im gantzen Deutschenland:/ Da Adam reut und Eva span,/ Wer war doch ein Edelman?). Darauf folgt eine Antithese: Nach dem Paulusbrief 13,1–5 entspricht der Adel der göttlichen Ordnung (Es ist wohl war, doch weil gewis/ Der Adel Gottes Ordnung ist,/ Soln wir im sein gebürlich ehr/ Erzeigen, nach S. Pauli lehr). Eine Synthese löst die Widersprüche auf: Nach einem Ausspruch Kaiser Maximilians I. stehen Adliger und Nichtadliger auf einer Stufe, allerdings besitzt der Adlige eine von Gott erteilte Ehre (Auch soll der Adel denken dran,/ Wie Keiser Maximilian:/ Ich bin gleich wie ein ander Man,/ Nur das mir Gott die Ehre gan).11 Die Reiterfigur über dem Text versinnbildlicht den Adel: Der Einzelne verkörpert das adlige Kollektiv, er ist in einer Prachtrüstung gezeigt; auch sein Pferd trägt teuren Schmuck. Während das Bild, das einen als Turnierteilnehmer12 gerüsteten Ritter zeigen könnte,

9 Die Transkription des gereimten Kommentars unter dem Holzschnitt auch bei Morsel (1997), S. 371. 10 Zur englischen Urfassung des Ausspruchs und John Ball als Anführer des englischen Bauernaufstandes siehe die Aufnahmen von Forschung bei Schreiner (1997), S. 389. 11 Die Ausführungen folgen der detaillierten Interpretation von Joseph Morsel: Siehe mit Angaben zur Forschung Morsel (1997), S. 371–374. 12 Als eine wichtige Bedingung der Zugehörigkeit zum Adel gilt um 1500 die Teilnahme am Turnier: „[D]as Turnier wurde nicht nur zur Strukturierung des adligen Gefüges gedacht, sondern auch und insbesondere, um das Bestehen und die Definition des Adels nach innen und nach außen durchzusetzen.“ (Morsel [1997], S. 355; dort auch die Kritik an den Thesen von Spiess [1992], v. a. S. 194–197;

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auf eine gewisse Synonymität zwischen Adel und Turnier verweist,13 übernimmt der Text die erklärende Funktion des spezifischen Surplus der Adligen. Ihre besonderen Eigenschaften wurden den Adligen verliehen, so die Intention des Flugblattes. Was auf den ersten Blick wie eine demütige Geste anmutet, verdeutlicht auf einen zweiten Blick hohe Ansprüche: Gott ist derjenige, der ihnen die Ehre erteilt hat und so Adlige von allen Nichtadligen abgrenzt. Der Adel inszeniert sich im sozialen System des 15. und 16. Jahrhunderts als mit besonderer Ehre ausgestattet. Die Umbrüche um 1500 drängten regelrecht zu einer Forcierung adliger Identitätsstiftung.14 Dies führte allerdings gerade nicht zu einem hermetisch abgeschlossenen Zirkel Adliger, wie es das Flugblatt mit dem auf Kollektivität abzielenden Titel Der Adel suggeriert. Noch kam es zu einer exklusiven Verwendung des Begriffes ‚Adel‘,15 wie es sich aus dem beigegebenen Text ablesen ließe. Im Gegenteil ging um 1500 mit der Etablierung des Adelsbegriffes auch eine gewisse Flexibilität in seiner Verwendung einher,16 vor allem kam es zu einem breiten Diskurs über den Ursprung sowie das Herkommen des Adels an sich.17

3.1.2 Geblüts- versus Tugendadel: Blut vor Tugend – Tugend vor Blut Adel wird um 1500 zunehmend als eine Qualität verstanden, die im Kaiser und kaiserlichen Recht ihren Ursprung hat. Wie Gott den Menschen in Gnade annimmt, so

vgl. auch Spiess [1993]) Die Reaktion der höfischen Eliten auf die Umbrüche und Wandlungen um 1500 setzt eine Verstärkung der eigenen Adelsidentität in Gang. Mikroperspektivisch zeigt sich dies nicht zuletzt im Gebrauch des Wortes ‚Adel‘ selbst, das ab 1400, vor allem um 1500 „stark zunahm und so üblich wurde, daß das Wort zu einem wichtigen begrifflichen Pol wurde, um den das soziale Imaginarium sich neuordnete.“ (Morsel [1997], S. 370) 13 Morsel (1997), S. 374. 14 Stollberg-Rilinger (1996), S. 31–45 führt in ihren Studien aus, dass es im Zuge der Umbrüche vom 15. zum 16. Jahrhundert zu einem Aufstieg bürgerlicher Eliten kam und damit verbunden zu tief greifenden Herausforderungen für den spätmittelalterlichen Adel; (ebd., S. 32–37) zugleich relativiert sie einen daraus ableitbaren Krisencharakter des Adels um 1500, indem sie mit der Leitfrage ‚Gut vor Ehre oder Ehre vor Gut?‘ betont, dass sich „[i]n der Praxis […] ‚Gut vor Ehre‘ oder ‚Ehre vor Gut‘ indessen keineswegs als unversöhnlicher Gegensatz dar[stellte]. Tatsächlich waren die Reaktionen […] auf die neue Lage höchst vielfältig.“ (Ebd., S. 35) 15 Zur deutschen und lateinischen Adelsterminologie in der spätmittelalterlichen Chronistik siehe: Möhring-Müller/Rödel/Schneider (1993), S. 385–428. 16 Schreiner (1997), S. 387 konstatiert: „Die Flexibilität des Begriffs ‚Adel‘ und seine Anwendbarkeit auf unterschiedliche Verhältnisse beruhen auf der Tatsache, daß die einzelnen Bedingungen und Faktoren, die Zugehörigkeit zum Adel begründeten oder davon ausschlossen, im Hinblick auf zeitund ortsbedingte Besonderheiten abgewandelt und neu definiert werden konnten, ohne dabei die Grundbedeutung des Begriffs Adel zu verändern.“ 17 In den Diskursen des 15. und 16. Jahrhunderts über die Legitimität des Adels stellte sich in ge­ wissem Maße ein „Pluralismus von Einstellungen und Traditionen“ (Schreiner [1997], S. 430) ein.

3.1 Alter und neuer Adel  

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verleiht der Kaiser Adelswürde: Sicut ergo ille apud Deum est nobilis, quem Deus sua grati sibi gratum fecit, ita in foro nostro ille est nobilis, quem Princeps sua gratia, vel lex sibi gratum vel nobilem facit.18 Adelswürde besitzt man nicht a seipso. Ausschließlich aus der Machtvollkommenheit eines princeps sind Adelsrechte ableitbar.19 Gerade neu nobilitierte Machtverbünde um 1500, wie beispielsweise die Handelsfamilie der Fugger in Augsburg,20 rekurrierten immer öfter auf die ‚erteilte‘ Qualität ihres Adels: Er ist weniger eine naturgegebene Sache, als geschaffen, also übertragen.21 Der Ursprung des Adels liege im Kaiser, da er der hoehest fliehend Vogel under allen andern Voegeln ist.22 Mit diesen Überlegungen amalgamieren sich Vorstellungen, dass die Adelsverleihung durch Tugend erreicht werden kann. Der Tugendadel hat dann Vorrang gegenüber dem Geburtsadel.23 In seinem im ausgehenden 15. Jahrhundert erstellten, 1603 erstmals gedruckten Traktat Libellus de cesarea monarchia24 bestreitet Peter von Andlau nicht, dass alle Menschen gleich seien, doch leitet sich Herrschaft vom höchsten Gott und seinem Willen ab: ab ipso summo Deo ejusque divina defluere voluntate.25 Darauf folgt eine lange Beschreibung der principes, die zur Leitung der Welt eingesetzt wurden.26 Immer wieder hebt von Andlau dabei hervor, dass Tugend eine wesentliche Führungseigenschaft sei; so konstatiert er, dass bereits die antiken Stoiker den Sitz des Adels in der Gesinnung ausmachten: Est itaque Stoicos propria sedes nobilitatis animus, cum enim nobilitas sit accidens quoddam, aut inheret corpori aut anime. Corpori quidem inhere non potest.27 Schließlich kommt er auf die nobilitatis excellencia des deutschen Adels zu sprechen. Er unterstreicht, dass die deutschen Adligen eine großherzige Gesinnung haben, animorum magnanimitas,28 die sie zur

18 Bartolus von Sassoferato, Super postremis tribus libris codicis commentaria, Basel 1588, Bl. 118r. 19 Schreiner (1997), S. 419. 20 Forschungen zu oberdeutschen Handelsgesellschaften liegen vor bei Seibold (1995); Nutz (1996); Göttmann/Nutz (1999); Häberlein/Burkhardt (2002); Hildebrandt (2004); Westermann/Welser (2009). 21 Jounna (1988), S. 166. 22 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. xiii. 23 Siehe die Zitate bei Müller (1982), S. 38. 24 Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8). 25 Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8), S. 26. 26 Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8), ab S. 34. 27 Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8), S. 240. 28 Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8), S. 150.

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Führung des Reiches qualifiziert. Nicht der Adel qua Geburt steht im alleinigen Fokus der Machtdiskurse um 1500,29 sondern zunehmend ein Adel qua Tugend, die ihn dazu legitimiert, wie Reinhart Graf zu Solms 1564 noch einmal festhält, alle policei vnd Regierung zu regieren.30 Damit geht einher, dass die Verwendbarkeit und Anwendbarkeit von Wissen an Bedeutung gewinnt31 – der Verweis auf altes Blut allein reicht nicht aus, vielmehr muss die politische nutzperkait der eigenen Fähigkeiten unter Beweis gestellt werden.32 Das macht Georg Rüxner in der Vorrede zu seinem Werk Anfang, Ursprung und Herkommen des Thurniers in Teutscher Nation deutlich: So nun gesagt wirt/ Adel sein eyn vortreffende Tugend/ so ist die Tugend eyner solchen natur/ das sie iederman guts zuthun begert.33 Der Tugendadel humanistischer Prägung34 ließ ein dynastisches Verständnis, das sich auf eine generationenübergreifende Genealogie stützte, nach und nach obsolet werden. Man beruf sich mehr auf einen Adel, der do kumpt auß tugent, die ein gab ist auß got, von natur in die stet und auß den stetten urspruenglich gewurczelt.35 Die Vorstellung, Adlige seien domini naturales, die sich über das Blut ihres stamen legitimierten, wurde zunehmend in Frage gestellt.36 Derjenige, der will edel heissen, muss seinen Adel mit tugend bewisen.37 Apologeten adligen Herkommens sprachen dagegen von der tugend des geslechts, der innata probitus und der Verbindung von Tugend mit altem ererbten Reichtum;38 des Weiteren führten sie durch moral-philosophische, theologische oder erbfixierte

29 Oexle (1990), S. 19–56 legt darauf ein zu starkes Gewicht. 30 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. iii. 31 Dies als Signum einer spezifischen Eigenschaft der Entwicklungen um 1500 und daher entgegen Brunner O. (1986), v. a. S. 177. 32 Müller (1982), S. 243. 33 Georg Rüxner, Anfang, Ursprung und Herkommen des Thurniers in Teutscher Nation, Siemern 1533, fol. iiiv. 34 So etwa Andreas Andreas Tiraquellus, De nobilitate et iure primigeniorum, Leiden 1566; Hieronymus Osorius, De gloria libri V et de nobilitate civili et christiani libri, Basel 1576; Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8). 35 Anonym, Klage des Adels über die Bürger und deren Verteidigung (BayStabi. cgm 4930), fol. 21r. 36 Schreiner (1997), S. 394. 37 Anonym, Buchlin der hundert capiteln mit XXXX statuten (um 1490–1510), hrsg. von Annelore Franke, Berlin 1967, S. 461. 38 Wie Simon Simonius, De vera nobilitate, Leipzig 1572; Zacharias Schneider, Karl Sigmund von Stenzsch, Disputatio politica de genuina nobilitate, Leipzig 1636; Otto Scheel, De nobilium recta et beatea vita oratio, Soro 1653; Ahasver Fritsch, Nobilis peccans, Nürnberg 1685; Heinrich Michaelis, Correlatio gentilitia de nobilitate generosa, Lübeck 1695.

3.1 Alter und neuer Adel  

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Adelskonzepte, wie beispielsweise über Hinweise auf Horaz39 oder auf biblische Grundsätze, wie Cyriacus Spangenberg in seinem Adels Spiegel40, den Beweis, nach denen aus einem guten Baum immer eine gute Frucht hervorgehe: ex arbore bona bonus fructus.41 Deutlich untermauerten sie die Kraft des Blutes, von dem der Adel seine Qualität als erbliche gab herziehe: ita nobiles generosi s. haereditarii suam eminentiam […] merito deducunt ex generatione, non creatione.42 Wie das Panorama dieser heterogenen Diskurse deutlich macht, um die skizzierten Stimmen zusammenzufassen, war das 15. und 16.  Jahrhundert durch ein Nebeneinander unterschiedlicher, teils konkurrierender Legitimationsstrategien des Adels geprägt: Auf der einen Seite der Skala Legitimationen, die auf das genealogische Herkommen setzten. Auf der anderen Seite Strategien, die auf virtus und Wissen abzielten,43 wobei diese gerade nicht als Adelskritik missverstanden werden dürfen.44 Dazwischen lagen Möglichkeiten, Abstammungs- und Tugendadel synthetisch zu harmonisieren. Die Ständeordnung kennzeichnete es nachgerade, wenn Tugend, Blut und Adel zur Deckung kommen. Man vermittelte so zunehmend zwischen Tugend- und Geblütsadel. Adel wird als erbliches mertium und zugleich als laus parentum beschrieben, das zur Achtung der virtus majorum verpflichtet.45 In der race, dem Geblüt der Verwandtschaftsgruppe, ist virtus im Sinne einer Qualifikation zur Teilhabe an der Herrschaft als vererbbare Qualität des Adels begriffen,46 wie Johannes Rothe festhält: ‚Herre‘ ist eyn name gud,/ Wan ouch gud ist sein lebin/ Edil nennit man sin blud/ Und sin herzce, merkit dit ebin.47 Geburt und Tugend stehen dann

39 Fortes creantur fortibus. (Horaz, Oden und Epoden, hrsg. von Bernhard Kytzler, Stuttgart 2005, carm. IV, 4,V. 29) Siehe dazu auch Schreiner (1997), S. 394–395. 40 Cyriacus Spangenberg, Adels-Spiegel. Historischer Ausführlicher Bericht: Was der Adel sey und heiße/ Woher er kome/ Wie mancherley er sey/ Und was denselben ziere und erhalte/ auch hingegen verstelle und schwäche, 2 Theile, Schmalkalden 1591–1594, Teil I, 4. Buch. 41 Matthäus 7,17; siehe dazu auch Schreiner (1997), S. 394–395. 42 Heinrich Michaelis, Correlatio gentilitia de nobilitate generosa, Lübeck 1695, I.9. 43 Rohmann (2004a), S. 9. Siehe auch: Williams (1979), S. 45–60; Honemann (1984), S. 274–288; Brskowsky (1990), S. 481–497. 44 Stollberg-Rilinger (1996), S. 39. 45 Johannes Gerson, Sermo in festo Nativitatis B. Mariae Virginis (1489), in: Ders., Ouevres completes, hrsg. von Palemon Glorieux, Paris/Tournai/Rome u. a. 1963, S. 346. Siehe hierzu auch Schreiner (1997), S. 395. 46 Rohmann (2004a), S. 9. 47 Bei Johannes Rothe, Der Ritterspiegel. Edition – Übersetzung – Kommentar, hrsg. von Christoph Huber/Pamela Kalning, Berlin/New York 2009, fol. 38r. Dort allerdings auch Passagen, die sich mit dem Tugendadel auseinandersetzen und diesem den Vorzug geben: Also werdit daz adil nicht angeborin/ Czu deme erstin von anbeginne. (Ebd., fol. 9v) Was fromit eyme sin edil gebort/ Mit bösin, geburischin sethin,/ Der wedir wise furit noch die wort/Glimphlich an keynen stetin? (Ebd., fol. 29r) Und heißet en herre an allir stad/ Nicht von sime geslechte,/ Sundirn von eigener fromikeid. (Ebd., fol. 40v) Das Zugeständnis an Handelstätigkeit wird gegeben: Der etzwaz koufschatz tribit/ Und vorlusit darumme nicht sin lehin,/ Eyn gudir ritter her wol blibit. (Ebd., fol. 43r)

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nicht in einem Spannungsverhältnis zueinander, schließlich ‚steckt‘ die gute Seele im Blut:48 In deme blute steckit der geist,/ God had ez selbir gesprochin./ In dem herzcin wonit her allirmeist. […]49 Tugend wird, nach diesen Aussagen, über das Blut gesichert beziehungsweise weitergegeben.50 Der Adel der Ahnen fließt auch im Blut der Nachkommen. Tugend wird als vererbbar angesehen, damit ins genealogische Muster eingebunden und dadurch naturalisiert. Die Leistungen ihrer Vorfahren sollen die Nachfahren tugendhaft weiterführen: Daran soll ein jeder […] gedencken/ daß er seinem Titel ein volge und gnügen thu/ daß er den mit ehren unnd wahrheyt tragen möge.51 Herkommen, Tugend, Ehre und Gnade52 werden so verbunden,53 um Macht zu legitimieren und die eigene adlige Geltung zu stabilisieren.

3.1.3 Adel und Handel Zu einer besonderen Überschneidung in der Qualifikation der eigenen herausgehobenen Position sowie in der Legitimation durch Tugend wie auch Blut kam es bei der Familie der Fugger.54 Diese gilt als Beispiel einer um 1500 in den Adelsstand erhobe-

48 Stollberg-Rilinger (1988), S. 285. 49 Johannes Rothe, Der Ritterspiegel. Edition  – Übersetzung  – Kommentar, hrsg. von Christoph Huber/Pamela Kalning, Berlin/New York 2009, fol. 38r. 50 Cyriacus Spangenberg, Adels-Spiegel. Historischer Ausführlicher Bericht: Was der Adel sey und heiße/ Woher er kome/ Wie mancherley er sey/ Und was denselben ziere und erhalte/ auch hingegen verstelle und schwäche, 2 Theile, Schmalkalden 1591–1594, Teil I, 1. Buch, Teil II, 5. Buch; Reiner Reineccius, Von deß Adels gemeinem herkommen/darob der fornembsten Völcker gebreuche und unterscheid/ Auch woher die Wapen unserm Deudschen Adel zukomen, Leipzig 1576, S. 5–7, 58–60; Simon Simonius, De vera nobilitate, Leipzig 1572, c. 5; Adam Rassius, Tractatus politico-iuridicus de nobilitate et mercatura, Wittenberg 1624, c. 3–4. Siehe hierzu auch Stollberg-Rilinger (1996), S. 39. 51 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. V. Man spielt das ökonomische Moment herunter, grenzt sich gegenüber dem Seckeladel ab, auch wenn Armut an und für sich selbst den Adel nicht nimpt noch auffhebt. (Cyriacus Spangenberg, AdelsSpiegel. Historischer Ausführlicher Bericht: Was der Adel sey und heiße/ Woher er kome/ Wie mancherley er sey/ Und was denselben ziere und erhalte/ auch hingegen verstelle und schwäche, 2 Theile, Schmalkalden 1591–1594, Teil I, S. 135) 52 „Geburt und Tugend stehen so durchaus nicht in einem Spannungsverhältnis.“ (Stollberg-Rilinger [1988], S. 285) 53 Stollberg-Rilinger (1988), S. 276–277; zur Stützung der These, dass Adlige auch „unternehmerisch“ tätig waren: Rich/Wilson (1977), v. a. S. 447–450; Kellenbenz (1953/1954), S. 103–114; Redlich (1958), S. 17–32; Zorn (1963), S. 241–254; Treue (1957), S. 26–56; Endres (1976), S. 215–237. 54 Die Forschungsliteratur zu den Fuggern ist sehr breit. Die folgenden Angaben beziehen sich auf wichtige Beiträge, geordnet nach drei systematischen Gesichtspunkten. 1. Überblicksdarstellungen zu den Fuggern: Ehrenberg (1896); Pölnitz (1960); Lieb (1958); Herre (1985); Häberlein (2006). Die Fugger im städtischen Kontext betrachten genauer die Studien von Burkhardt (1996a). Die Fugger im Kontext

3.1 Alter und neuer Adel  

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nen Handelsfamilie, die auf spezifische Weise Macht konstituierte und repräsentierte.55 Die folgenden Studien konzentrieren sich auf die Fugger von der Lilie56 und legen den Schwerpunkt57 auf die Analyse der Entwürfe von Macht und generationenübergreifenden Strategien des machtpolitischen Handelns der adligen Kaufmannsgesellschaft im 15. und 16. Jahrhundert.58 Schreibt man den Fuggern im 19. Jahrhundert den Status eines wahrhaft aristokratisch gesinnten Geschlecht[s] zu und apostrophiert, dass sie den Handel in würdiger, großartiger Weise betrieben haben,59 so konstatiert man im frühen 18. Jahrhundert: Von den Grafen Fugger./ Die Grafen von Fugger stammen aus einer alten vornehmen Augspurgischen familie her. Herr Raimundus von Fugger wurde von Kayser Carolo V anfangs zum Freyherrn / hernach an. 1530 auf dem reichstage zu Regenspurg in den Grafenstand erhoben. Ob wohl diese familie sich in Bayern und Schwaben mit vielen graf- und herrschafften beguetert hat/ und eine von denen reichsten des landes ist, so beruhet doch derselben reichsgraeflicher character mehrentheils auf der grafschafft Kirchberg und Weisesnhorn […].60

Die Fugger, die erst 1803 mit Fugger-Babenhausen und 1913 als Fugger von Glött in den Fürstenstand, also in den Hochadel erhoben wurden, besitzen unter solchen positiven Sichtweisen61 ahnenstolzer moderner Wissenschaftler uralte Abstammung:

des Alten Reiches analysieren Unger (1967); Burkhardt (2008). 2. Perspektiven zu Einzelaspekten der Fuggerschen Unternehmertätigkeit geben: Schulte A. (1904); Strieder (1905); Weitnauer (1931); Schiele (1967); Kellenbenz (1971), S. 221–229; ders., (1975), S. 33–53; ders. (1978), S. 1–37; ders., (1990); Klaus (2006); Denzel (2007), S. 185–198. 3. Studien zu Einzelpersönlichkeiten der Fugger liegen vor bei: Pölnitz (1958); ders. (1963); ders., (1967); ders. (1971); ders./Kellenbenz (1986); Burkhardt/Karg (2007). 4. Editionen und Korrespondenzen bietet: bspw. Karnhem (2003). 55 Dabei erweist sich in der Forschung immer wieder ein zu „ökonomistischer Blick“ auf die Geschichte der Fugger wie Burkhardt (1994), S. 19 kritisiert. 56 „Die Fugger gab es letztlich nicht, vielmehr schon frühzeitig miteinander konkurrierende Familienzweige bzw. seit 1575 sogar zwei Firmen, […] zudem den Gegensatz von der Lilie zu den armen Verwandten vom Reh.“ (Koutná-Karg [1996], S. 89) 57 Die ersten Vorüberlegungen bei Kagerer (2016), S. 163–175 sind auf eine engere Materialschau beschränkt. 58 Zur Trennung der Linie Fugger von der Lilie in zwei Gesellschaften: Hildebrandt (1966), v. a. S. 57– 71; Überblick auch bei: Karg (1993), S. 99–109. 59 Karl Heinrich Roth von Schreckenstein, Das Patrizipat in den deutschen Städten, besonders Reichsstädten. Als Beitrag zur Geschichte der deutschen Städte und des deutschen Adels, Tübingen 1856 (hier: Nachdruck, Aachen 1970), S. 553, S. 560. 60 Zacharias Zwantzig, Theatrum praecedentiae oder eines theils illustrer Rang-Streit, ander theils illustre Rang-Ordnung […] Zum Andern male in druck gegeben und mit vielen Anm. verm., Franckfurt 1709, Bd. II, S. 177. 61 Zur kritischen Perspektive auf die Fugger teilweise im 18., vor allem im 19. und 20. Jahrhundert, die ihren Handel und ihr Gewerbe als Ursache für wesentliche zeitgenössische gesellschaftspolitische Schäden sieht und darin wiederum rückgreifend auch auf Martin Luther rekurriert: Weber W. (1996), S. 279–296.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Sie sind gleichsam ‚dynastische Herrscher‘, eine alte vornehme familie; ihre niedrige, nichtadlige Herkunft als Weberfamilie ist vergessen.62 Ersichtlich wird dadurch schlaglichtartig, wie erfolgreich die generationenübergreifenden Strategien der Fugger waren, sich dem (Alt-)Adel über die Verbindung von erstrebter Tugend und ererbtem Adel anzugleichen.63 Im 15. und 16. Jahrhundert wird die Macht der Fugger anders bewertet. Vor allem der Konnex aus Macht und Geld,64 den die Fugger in herausgehobener Weise verkörpern, beschäftigt die zeitgenössischen Debatten,65 deren Spannweite besonders groß ist:66 So gibt es Sichtweisen, die dem Geld einen magischen Ursprung zuschreiben.67 Zeitgleich kommt es zu einer scharfen Verurteilung von Wucher und Eigennutz etwa bei Sebastian Brandt und Martin Luther.68 Daneben wiederum werden Reichtum,

62 Stollberg-Rilinger (1996), S. 45 liest diese Beispiele als Resultat der „erfolgreiche[n] soziale[n] Anpassung der Familie.“ 63 Stollberg-Rilinger (1996), S. 45. Dazu auch die Studien von Hildebrandt (1966). 64 Zur historischen Verortung: Grubmüller/Stock (2005a); Spufford (1988), v. a. S. 267–396. 65 Geld kommt eine Doppelrolle zu: Es verkörpert auf der einen Seite den Tausch, ist Zeichen des Wertes; auf der anderen Seite wird es zugleich selbst bewertet, wird zur Ware (Braun [2010], S. 1100– 1101; auch Braun [2012]) und prägt die Tauschbeziehungen. (Reichlin [2009], S. 68) Geld besitzt eine Art ‚substanzgewordene‘ Sozialfunktion; es kommt, in den Worten Georg Simmels, zur „Fleischwerdung“ des Geldes. (Simmel [1989], S. 209, S. 212) Engt man diese universale Sicht auf eine spezifischere Funktion ein, so kann Geld als ein Kommunikationsmedium in einem dynamischen System beschrieben werden. (Luhmann [1988], v. a. S. 68–71, S. 257 und auch S. 268) Der Umgang, die Bewertung des Mediums Geld ist jeweils historisch verschieden: Schumpeter (2008), S. 1 spricht davon, dass „[d]er Zustand des Geldwesens eines Volkes […] ein Symptom aller seiner Zustände [ist].“ Siehe auch North (1994), S. 15. Piketty (2014) [französisch zuerst 2013], S. 33 beklagt, dass die historische Auseinandersetzung mit Geld die aktuelle Wissenschaft vor ein Dilemma stellt: „[Z]u historisch für die Ökonomen und zu ökonomisch für die Historiker.“ Die semantische Dimension von Ökonomie untersucht Krauth (1984), v. a. S. 197–232. 66 Die Diskurse zur Macht des Geldes um 1500 kreisen nicht zuletzt um seine – hier nur angedeutete – paradoxe Tektur: Rasend vermehrt es sich, ist zeugend aktiv, obwohl es keine Verbindung zum Blut aufweist. Während „Reichtum [als Herrschaftsmittel] […] genealogisch verankert und auch kontrollierbar [ist] […] bringt [Geld] offensichtlich ein irritierendes abstraktes Moment in die personale Verfasstheit der mittelalterlichen Gesellschaft ein, das eingeordnet und bewältigt werden muss.“ (Grubmüller [2005b], hier S. 13) Geld hat ein emotionales Defizit, es steht im Gegensatz zur alten Tugend der milte immer in Gefahr politisches Handeln als politisches Geschäft zu entlarven – so zum Beispiel, wenn die Fugger von der Lilie neben anderen Handelsfamilien immer wieder die Habsburger ‚mitfinanzieren‘ (siehe hier die Studien von Groebner [2000], v. a. S. 169, der herausstellt, wie im 14. und 15. Jahrhundert um die Unterscheidung zwischen Geschenk und „Bestechung“ gerungen wird), zugleich erleichtert Geld Tauschgeschäfte und sichert über seine ganz eigene Macht Identität. 67 Beispiele von Flugschriften, die den defizitären Ursprung des Geldes anprangern bei: Laube (1997), S. 210. 68 Das zeigt sich so bereits in einer der bedeutendsten Schriften des 14. Jahrhunderts, die sich mit dem Handel auseinandersetzen: Der Traktat von Nicolas von Oresme, Tractatus de origine, natura, iure et mutationibus monetarum. (Abgedruckt und mit Übersetzung bei: Nicolas von Oresme, De Mutatione Monetarum. Traktat über Geldabwertungen, hrsg. von Wolfram Burckhardt, Berlin 1999) Han-

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Besitz und Geldgewinn verteidigt, sogar eine Rechtfertigung der längst üblich gewordenen Praxis von Geldverleih wie Zinsgewinn etwa beim Theologen Johannes Eck oder dem Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger ist möglich.69 Wenn Martin Luther den neuen Handel mit Geld und damit auch die Bedeutung des Geldcodes für die Konstituierung sowie Steuerung sozialer Beziehungen um 1500 geradezu negiert, es ist widder gott,70 und dagegen das ‚Alte‘, den Kaufhandel an sich, präferiert, dann stehen Tugend, auch Ehre und zugleich Geiz als besondere Argumente seiner Position: Das kann man […] nicht leugnen, daß keuffen und verkeuffen eyn nottig ding ist, des man nicht emperen und wol christlich brauchen kan, sonderlich ynn den dingen, die zur nott und ehren dienen.71 Gerade weil aber die menschliche Natur ist falsch, eitel, luegnhaftig und ungewiß, wie die Schrift sagt, und auch die Erfahrung taeglich lehret,72 sind beim sich intensivierenden Handel mit Geld der boesen, tueckischen, eigennuetzigen Natur Thuer und Fenster aufgethan, Luft und Raum gemacht, Urlaub und Macht gegeben, […] daß es alles vom Geiz stinkt, ja im Geiz ersaeuft und verkaeuft ist, wie mit einer grossen Suendfluth.73 Martin Luther prangert die mit Geld Handelnden an, besonders die Familie Fugger im Gesamten, vor allem aber Jakob Fugger, der gleichwie der Hecht die klein Fisch im Wasser schlucke und seine Handelsfirma durch die Übernahme kleinerer ausbaue:74

delt ein Teil diese Gemeinwesens gegen die Ordnung, so bricht sie auseinander, schreibt Nicolas von Oresme in seinem weit rezipierten Traktat über die Praxis der Geldabwertungen: Wie ein menschlicher Körper, in dem die Proportionen nicht mehr gewahrt bleiben, wenn Säfte im Übermaß in eines seiner Glieder strömen (sicut igitur corpus male disponitur quando humores excessive fluunt in unus ejus membrum [Ebd., Caput XXII, S. 64]), so gleicht der Staat, in dem unmäßig mit Geld gehandelt wird, einem monstrum. (Ebd., Caput XXII, S. 66) 69 Mit einer Reihe von Hinweisen auf Quellenmaterial: Kellner (2005b), S. 313; zu Johannes Eck: Prien (1992), v. a. S. 65–68. 70 Martin Luther, Kleiner Sermon von dem Wucher (1519), in: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1966, 6. Bd., S. 1–8., S. 8. Einführend zu Luthers Wirtschaftsethik siehe Prien (1992), v. a. 141–212. 71 Martin Luther, Von Kaufshandlung und Wucher (1524), in: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1966, 15. Bd., S. 279–313, hier S. 293. 72 Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung (1524), in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 (Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21), S. 9–34, hier S. 10. 73 Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung (1524), in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 (Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21), S. 9–34, hier S. 23. 74 Burkhardt (1996b), S. 59: „Die Schrift gipfelt in einer großen Scheltrede über Monopole und Handelsgesellschaften, denen Preismanipulation und Existenzvernichtung der Mitbewerber vorgeworfen wird. Luthers Wort vom Hecht, der die kleinen Fische fresse, – unser ‚Hecht im Karpfenteich‘– hält das bildlich fest. Mit der Anspielung auf Jakob Fugger, den reich gewordenen Mann, der Könige und Kaiser auskaufte, erscheint dem Reformator auch die gottgewollte Ständeordnung vom Monopolan-

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Denn solche Kaufleute thun gerade als waeren die Creaturen und Gueter Gottes alleine fuer sie geschaffen und gegeben, und als moechten sie dieselbigen den andern nehmen und setzen nach ihrem Muthwillen.75 Die gesamte Ordnung ist durch die neue Macht der Kaufleute, besonders durch die aufgestiegenen Fugger, in Gefahr: Das zeigt sich, so Martin Luther, bereits im Chaos auf den Straßen, die nicht mehr sicher sind.76 Martin Luthers Kritik gegenüber dem Geldhandel kulminiert im Aufruf: Laß abe.77 Ulrich von Hutten geht in seiner Kritik noch weiter als Martin Luther. In seinen Praedones greift er explizit die nobilitas der Fugger an, spricht ihnen grundsätzlich ab, unter adlige Geschlechter geführt werden zu können: Moneta autem Fuccherorum qualis est? […] Ah nobilitas, quam non hastae, non vexilla, non phalerae, neque cicatrices pepererunt, sed infamis pecuniarum possessio conciliavit, ut vacuis virtute saltem divitiae opitularentur! […] Nobiles mercatores, ut Fuccheri, generosi vero non sunt. […] Certe profecto verum est quod probus author Seneca ait, ex quo in honore coeperit esse pecunia, verum cecidisse rerum honorem.78

Von Hutten benutzt den Namen der Fugger als Chiffre für den verbrecherischen, jeder Tugend entbehrenden Charakter, der durch ehrlosen Geldreichtum (infamis pecuniarum possessio) entstehe. Niemals, so Ulrich von Hutten, kann der Mangel an Tugend durch Güter ersetzt werden: pecunia und honor stehen sich diametral gegenüber, sie

spruch des Handelskapitals bedroht.“ Detailliert zur zeitgenössischen Diskussion um Monopole: Mertens B. (1996), v. a. S. 119–148. 75 Von den Gesellschaften sollte ich wol viel sagen, aber es ist alles grund- und bodenlos, mit eitel Geiz und Unrecht, dass nichts dran zu finden ist, das mit gutem Gewissen zu handeln sey. Denn wer ist so grob, der nicht siehet, wie die Gesellschaften nicht anders sind, denn eitel rechte Monopolia? welche auch die weltliche heydnischen Rechte verbieten, als ein oeffentlich schaedlich Ding aller Welt; ich will des goettlichen Rechts und Christliches Gesetz schweigen. Denn sie haben alle Waar unter ihren Haenden, und machens damit, wie sie wollen, und treiben ohn alle Scheu die obberuehrten Stueck, daß sie steigern oder niedrigen nach ihrem Gefallen, und drucken und verderben alle geringe Kaufleute, gleichwie der Hecht die kleine Fisch im Wasser; gerade als waeren sie Herrn ueber Gottes Creaturen, und frey von allen Gesetzen des Glaubens und der Liebe. (Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung [1524], in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 [Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21], S. 9–34, hier S. 32) 76 Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung (1524), in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 [Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21], S. 9–34, hier, S. 31–32. 77 Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung (1524), in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 [Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21], S. 9–34, hier, S. 34. 78 Ulrich von Hutten, Praedones (1520), in: Ulrichs von Hutten Schriften, Bd. IV, hrsg. von Eduard Böcking, Leipzig 1963 (Aalen. Otto Zeller Verlagsbuchhandlung), S. 373. Siehe auch ebd., S. 365, S. 371.

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sind zwei sich ausschließende Wertemaßstäbe.79 Sobald über Geld Ehre erlangt wird (quo in honore coeperit esse pecunia), ist jeder Maßstab für den wahren Wert der Dinge dahin (verum cecidisse rerum honorem). In der Interessenliteratur80 für die Kaufleute durch beispielsweise Johannes Eck, der für die Zulassung eines mäßigen Zinssatzes plädiert, oder auch durch die Humanisten Willibald Pirckheimer und Konrad Peutinger,81 betonen dagegen Lobredner der Fugger, dass die Familie keinem schaden würde. Die Argumente Martin Luthers und Ulrich von Huttens werden ins Gegenteil umgekehrt: Die Fugger sorgen tugendhaft für das Gemeinwohl.82 Ir groser handel mit kauffmanschafft, on anderer nachtail, sunder zuo gemeinem nutz und auffenthaltung der armen ist mit grosem lob durch die gantzen welt gangen.83 Grundsätzlich wird der Handel der Kaufmänner im Kontext der verschiedenen Diskurse um 1500 als eine besonders gefährliche Tätigkeit beschrieben, wie ein Holzschnitt aus Hans Sachs Eygentliche Beschreibung Aller Stände auff Erden84 mit der Überschrift Der Kauffmann zeigt. Während das Bild einen Kauffmann in Aktion darstellt,85 führt der beschreibende Text darunter vor Augen, dass der Handelnde mit grosser sorg und gfehrlichkeit seinem Gewerbe nachgeht:86 Gerade weil die Kaufleute nicht nur ihr Hab und Gut in diesen risikoreichen Geschäften einbringen, sondern vielmehr ihre eigenen Körper und ihre gesamte Existenz aufs Spiel setzen, wenn sie sich beispielsweise auf gefährlichen Handelsrouten bewegen, dienen sie mit diesen Aktionen dem dauerhaften Vorteil vieler anderer. Das ist nicht zuletzt die Pointe in der Argumentation, wie sie Konrad Peutinger in seiner Denkschrift für Karl V. gegen Martin Luther zur Widerlegung des Ratslag der Monopolia halb anbringt:

79 Stollberg-Rilinger (1996), S. 35. 80 Höffner (1969), S. 55. Allerdings ist dieser Begriff hier vorsichtig zu verwenden, da von keinen einheitlichen Interessens-„Blöcken“ an Kritikern oder Verteidigern in der zeitgenössischen Diskussion auszugehen ist: Siehe hierzu genauer B. Mertens (1996), v. S. 142–148. 81 Burkhardt/Haberer (1996), S. 63. 82 Vollhardt (2001), S. 227. 83 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 165–166. 84 Hans Sachs, Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden, hoher und nidriger, geistlicher und weltlicher, aller Künsten, Handwercken und Händeln, Frankfurt a. M. 1568, Bl. Fi. 85 Hans Sachs, Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden, hoher und nidriger, geistlicher und weltlicher, aller Künsten, Handwercken und Händeln, Frankfurt a. M. 1568, Bl. Fi. 86 Ich aber bin ein Handelsmann/Hab mancherley Wahr bey mir stan/Würtz/Arlas/Thuch/Wolln vnd Flachß. Sammat/Seiden/Honig vnd Wachß/Vnd ander Wahr hie vngenannt/Die führ ich eyn vnd auß dem Land/Mit grosser sorg vnd gfehrlichkeit/Wann mich auch offt das vnglück reit. (Hans Sachs, Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden, hoher und nidriger, geistlicher und weltlicher, aller Künsten, Handwercken und Händeln, Frankfurt a. M. 1568, Bl. Fi)

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Sic eciam omnibus mercatoribus et eorundem societatibus, qui non solum bona et res, sed et corpora laboribus et periculis exponunt, dum contra ius non contrahunt, proprium commodum sicut et aliis, qui otiosi acquirunt, fovere et illi studere convenit.87

Konrad Peutinger überhöht die Taten der Kaufleute regelrecht, indem er postuliert, dass der menschlichen Gemeinschaft ein größerer Vorteil durch die Handelsgesellschaften entstehe, als diese selbst verbuchen könnten, erleiden sie ja oft große Verluste: Item societatum negociaciones non solum in eorum proprio, sed et in aliorum plurium commodo durabili, ut supra est relatum, versantur, praecipue omnium principum electorum, caeterorum principum et statuum Imperii, quibus ex talibus negociacionibus et circa tales non modica commoda vel eciam plura, quam ipsismet mercatoribus accedunt, licet mercatores aliquam iacturam paciuntur.88

Das Geld wird durch die Kaufleute selbst gedeckt: Sie bürgen mit ihren eigenen Körpern. Konrad Peutinger lässt mit diesen Aussagen anklingen, wie gefährlich der Handel mit Geld sei: Tauschen und Täuschen89 gehen eine enge Beziehung ein. Zwar spricht er von Mühen und Gefahren (laboribus et periculis), doch was er ebenso meint, klingt zumindest auf einer zweiten Sinnebene an: Wer mit Geld handelt, muss einerseits seine eigenen Affekte und Begierden unter Kontrolle bringen, andererseits damit rechnen, dass die Wesensart seines Gegenübers hinterlistig sein kann.90 Tugendhafte Kaufmänner setzen sich davon ab. Indem sie über ihren Handel für das Gemeinwohl sorgen und keine Prachtentfaltung betreiben, erweisen sie sich in besonderer Weise als würdig und ehrenvoll agierend aus.

87 Zitiert nach: Bauer C. (1954), S. 37. Übersetzung bei: Vollhardt (2001), S. 227. Zu Konrad Peutinger in diesem Kontext siehe auch Bauer C. (1955), S. 219–228 und differenziert v. a. Mertens B. (1996), S. 158–160. 88 Zitiert nach: Bauer C. (1954), S. 37. 89 „Insbesondere in seiner gebräuchlichsten Funktion als Tauschmittel bleibt der Geldgebrauch seit alters her durch jenen Verdacht qualifiziert, der sich im Deutschen ebenso wie das „Gelten“ des „Geldes“ auch sprachgeschichtlich und sprichwörtlich niederschlägt: ‚wer Lust hat zu tauschen, hat Lust zu täuschen.‘ […]“ (Bornscheuer [1998], S. 61) 90 Die Handlungsweise muss den jeweiligen Zeitumständen möglichst geschickt angepasst werden. Das sind Gedankenfiguren, die man im zeitgeschichtlichen Kontext mit Niccolὸ Machiavelli verbinden könnte: Eine der Hauptanforderungen an den Kaufmann ist, „den Überblick zu wahren“ (Jucker [2014], S. 178–179) und rational handeln zu können  – das zeigt nicht zuletzt Matthäus Schwarz in seinen „Kaufmannsnotizbuch“, auch in seinem „Trachtenbuch“. (Groebner [1998], S. 323–358; zur Person Matthäus Schwarz: Bechtel [1953]; Fink [1963]; zu Matthäus Schwarz als führenden Angestellten der Fugger von der Lilie: Sieh-Burens [1986], v. a. S. 68–70) Kompetenzen wie Handelsmethoden und Buchhalten, (Goff [2009] [französisch zuerst 1956], S. 31–37, auch ders. [2008] [französisch zuerst 1986]) Rechnen und Schreiben, aber auch die Einstellung zum Handel, die Mentalität sowie Würde ebenso wie Risikofreude sind ausschlaggebend. (Ferguson [20123] [englisch zuerst 2009], v. a. S. 158– 204)

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Die herausgehobenen Eigenschaften der Fugger werden um 1500 explizit betont, um an das oben genannte Diskursfeld anzuknüpfen. Demut, Milde, Verstand und Vernunft vereinigt die Familie. So heißt es bei Clemens Sender etwa über Jakob Fugger: [E]r ist ain […] hipsche, lustige, freliche person gewessen und [hat] sich gegen reichen und armen fraindlich mit trewlichem gemüt erzeigt, mit aller demietigkait. er ist gewesen fraindlichs zusprechens on allen pracht, eerenreich und milt mit gastungen und vil milter gegen hausarmen und andern armen. er ist hoches verstands und vernunfft gewesen und mit guotten sitten und gebert, auch allen tugetten geziert und [hat] all ander darmit übertroffen. treuhait, erberkait, trau und glaub und gerechtigkeit sind in seinem hertzen zuo haus gewesen.91

Eine derartige Inszenierung bringt allerdings das alte Adelsverständnis durcheinander, nach der ausschließlich der Adel für das Wohl aller sorgen und über das gemein herrschen darf, nicht aber der Kaufmann.92 Dieses Privileg kann der Adel nur aufrechterhalten, wenn er sich von anderen Ständen wie beispielsweise den Kaufmännern abhebt: dann solt er mit der Gemeyn mit Blut vermenget unnd verwandt oder gesellet seyn/ so were zu besorgen/ daß er sie nicht gern straffen oder rechtertigen würde/ wann sie sträfflich würden/ darum seynd sie von der gemeyn abgezogen.93 Die Adelsqualität besteht nach diesem Verständnis in einer über Generationen bewährten Standestugend, die Grenzen nach außen zieht.94 Darüber hinaus wird argumentiert, dass der Adel nur Exklusivität beanspruchen kann, wenn er sich vom Handel fern hält: dem Adel [ist] alle handthierung/ als kauffen und verkauffen/ auch alles was Wücheren/ oder wider den gemeynen nutzen ist/ verbotten.95 Der Aufstieg reicher Kaufmannsfamilien in den Adel wird in den Handelszentren mit beißendem Spott begleitet, wie beispielsweise ein anonymes Gedicht aus Frankfurt am Main aus dem 16. Jahrhundert zeigt: Zu Frankfurt am Maine/ Ein neuer Adel ist,/ Erdichtet nur alleine/ Aus Stolz und arger List./ Ihr Stamm entspringt vom Adel her,/ Als nämlich Mist und feistes Schmer […].96 Umge-

91 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 166. Unterlegt sind diese Beschreibungen mit Hinweisen auf die altkatholische Gesinnungsrichtung der Fugger: Herr Jacob Fugger ist ain guotter, warer, rechter crist gewessen, und gantz wider die lutherei. (Ebd., S. 169) 92 Stollberg-Rilinger (1996), S. 39. 93 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. iii. 94 Stollberg-Rilinger (1996), S. 39. 95 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. iii. 96 Das anonyme Spottgedicht bei Bothe (1966), S. 316–317; siehe dazu auch Stollberg-Rilinger (1988), S. 295.

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kehrt reagieren wiederum ‚bürgerliche‘ Theoretiker mit der Position, dass, wenn Handelstreibende nicht adlig sein dürften, Adlige niemals über den Handel ihren Unterhalt bestreiten dürften, selbst wenn sie in finanzielle Not gerieten:97 Siquidem nobiles prae plebeis honorari volunt./ Etiam ab eorum negotiationibus civilibus abstineant.98 Dennoch stellt sich in den heterogenen Diskursen um 1500 eine gewisse „Großzügigkeit“99 bei der Anerkennung von in den Adel aufgestiegenen Familien ein, wie prominent Reinhart Graf zu Solms ausführt:100 Solange sie eine adlige Lebensführung vorweisen können, über entsprechende Heiraten und vor allem tugendhafte Tätigkeiten die Kriterien für Adelsfähigkeit nachweisen, wird ihr Aufstieg als akzeptierbar angenommen.101 Entscheidend erscheint in diesem Diskursfeld, dass hier Tugend wie Blut eng miteinander verbunden werden: Der vollkommene Adel besteht in einem durch Verdienste und Tugenden erlangten Stand der Ehre, welcher durch den Beyfall des Volcks ist erhalten […] worden und in den Nachkommen sich auf gleiche Art fortsetzt.102 Die Fugger stehen im Zentrum dieser Diskurse. Ihr Herkommen durch Geld103 macht ihren Aufstieg in den Adel begründungswürdig. Durch die Erhebung104 in den Reichsgrafenstand105 durch Friedrich III. und Maximilian I. kann ihre Nobili-

97 Der Adel gerät mit der strikten Abgrenzung gegenüber Kaufmannsfamilien selbst in das Dilemma, sich nach ehrn und merung freundtschaft und nit nach reichthumb sich zu verheiraten. (Zimmern Chronik. Die Chronik der Grafen von Zimmern, hrsg. von Hansmartin-Decker-Hauff, Konstanz/Stuttgart 1967 [Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt], Bd. II, S. 21) Gerade verarmten Adelsfamilien, die übel Haus gehalten haben, wird so die Möglichkeit genommen, zu überleben: Sie müssen ire herrschaften oder schlösser, davon sie iren namen gehapt, schließlich alles, was sie von iren geschlechter erhalten haben, hingeben und verkaufen. (Ebd., S. 113) 98 Matthäus Stephani, Tractatus de nobilitate civili, Frankfurt a. M. 1617, Teil I.1., c. 7, S. 163. 99 Stollberg-Rilinger (1988), S. 285; auch Stollberg-Rilinger (1996), S. 35. 100 Reinhart Graf zu Solms, Beschreibung vom Ursprung, anfang und herkhomen des Adels, Adelichen underhaltungen und aufferlegtem gebürlichem bevelch, wie sich der Adel seinem Tittel nach halten und herwiederumb solle gehalten werden Alles mit berichtlichen ursachen angezeygt, Frankfurt a. M. 1564, fol. XX. 101 Genauer dazu: Stollberg-Rilinger (1988), S. 285. 102 Johann Michael von Loen, Der Kaufmanns-Adel. Untersucht von einem unpartheyischen RechtsGelehrten, Frankfurt a. M. 1742, S. 163; siehe die detaillierten Studien, wie Loen auf Diskurse aus dem 15. und 16. Jahrhundert zurückgreift und „im Rahmen traditionalen ständischen Denkens“ verbleibt, bei Stollberg-Rilinger (1988), S. 295–298. 103 Überblick zu ihren Erwerbsquellen neben Weberei, Textilhandel, Bergbau und Fernhandel bereits bei Strieder (1904), S. 176–183. Die Familie konnte nicht verschweigen, dass ihr Herkommen als nichtadlige Kaufmänner niedrig war, das blieb angesichts der kurzen Spanne ihres Aufstieges offensichtlich; doch inszenierten sie umso mehr ihren Aufstieg in den Adel als gottgewollt, der ihren tugendhaften und bescheidenen Einstellungen geschuldet sei. 104 Zu ihrem ökonomischen Aufstieg trat durch die Wappenfähigkeit von 1473, die Nobilitierung 1511, die Erhebung in den erblichen Reichsgrafenstand 1526 und 1530, erneut 1533 und 1534, beziehungsweise in das Patriziat 1538 (zum Augsburger Patrizipat und zur „Patriziervermehrung“ siehe Dirr [1913], S. 144–243; Strieder [1968], v. a. S. 36, S. 166; Rogge [1995], S. 56) der soziale Aufstieg. 105 Zum historischen Hintergrund siehe v. a. Mörke (1983), S. 141–162.

3.1 Alter und neuer Adel  

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tierung jedoch als legitim inszeniert werden: Sie ist durch den Kaiser verliehen, nicht erstrebt. Des Weiteren verheiraten sie sich mit einer Reihe Adliger. Über die Repräsentation ihrer Tugend wie auch ihrer Ehre, die sich im Blut der gesamten Familie fortsetzt, sollen sie darüber hinaus als dem Adelstand besonders würdig ausgewiesen werden. Die Fugger stehen damit, um die bisher summarisch skizzierten Entwicklungen um 1500 zusammenzufassen, zwischen Blut und Tugend, Ehre und Gut sowie Adel und Handel. Die ältere Forschung versuchte diese Spezifika über die Zuschreibung einer so genannten Sonderrolle zu analysieren.106 Darüber hinaus konzentrierte sich die Forschung zu den Fuggern bisher vor allem auf deren ‚proto-kapitalistische‘ Unternehmungen107 und ist durch eine wirtschaftshistorische108 Sicht geprägt.109 Sie bietet anachronistische Perspektiven auf Einzelpersönlichkeiten, wobei die ‚jüngeren‘ Fugger, also Vertreterinnen und Vertreter der Familie aus dem 16. und 17.  Jahrhundert, erst allmählich in den Blick der Forschung kommen.110 Eine erste Annäherung an die Machtbereiche der Kaufmannsfamilie bieten dahingehend die Studien von Götz von Pölnitz, Norbert Lieb und Franz Herre.111 Mit Mark Häberlein und Johannes Burkhardt wird der sozialhistorische Kontext in der Stadt Augsburg112 und vor allem im Reich genauer aufbereitet.113 Studien, die sich explizit mit der gesellschaftspoli-

106 Beispielsweise auch von Rohmann (2004a), der auf die besondere Geschäftsführung im Hause Fugger, (ebd., S. 12) auf ihre zielgerichtete Heiratspolitik, (ebd., S. 13) ihre Rolle in der städtischen Führungsschicht, (ebd., S. 14) ihre individuelle Legitimationsstrategien, (ebd., S. 15) ihre Inszenierungen von Mildtätigkeit und Freigiebigkeit (ebd., S. 15) sowie nicht zuletzt ihre Nahverbindungen mit dem Hause Habsburg (ebd., S. 15–16) hinweist. 107 Gerade die älteren Fuggerforschungen übersahen darin die Wechselverhältnisse zwischen Handelsunternehmer und frühneuzeitlicher Politik zu analysieren, so hebt Spranger (2003), S. 183 heraus. 108 „Was wir unter Wirtschaft verstehen, hat es zu Beginn der Neuzeit eigentlich noch gar nicht gegeben.“ (Burkhardt [1996], S. 5; zur „europäischen Sonderentwicklung“ der Verbindung von Kapital und Macht im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation siehe: Fried [20122], S. 191) Dies heißt allerdings nicht, dass alle Phänomene nichtmoderner Prägung unter ‚Ökonomie‘ zu fassen sind, sondern, dass der Schwerpunkt der Analysen auf den Spezifika und Eigenheiten der jeweiligen historischen Kontexte liegen muss. Eine Vielzahl von Traktaten und Abhandlungen beschäftigte sich in oft negativer Beleuchtung mit der Handels- und Geldwirtschaft um 1500: Es musste erst definiert werden, was Handel war; dahingehend musste man sich auch mit dem Kreditwesen sowie Finanzpraktiken auseinandersetzen. Mit Aufzählung und Interpretation einer Reihe von Beispielen: Burkhardt (1993), S. 11. Dies führte zur – im Terminus Johannes Burkhardts – „Entdeckung“ der wirtschaftlichen Aktivitäten im 15. und 16. Jahrhundert. 109 Schulte A. (1904); Strieder (1905); Weitnauer (1931); Schiele/Ricker (1967); Kellenbenz (1971), S. 221–229; ders. (1975), S. 33–53; ders. (1978), S. 1–37; ders. (1990); Klaus (1999); Spranger (2006); Denzel (2007), S. 185–198. 110 Pölnitz (1958); ders. (1963); ders. (1967); ders. (1971); ders./Kellenbenz, (1986); Karnhem (2003); Burkhardt/Karg (2007). 111 Pölnitz (1960); Lieb (1952); ders. (1958); Herre (1985). 112 Häberlein (1998); ders. (2006); Burkhardt (1996a). 113 Burkhardt (2008).

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tischen, man könnte auch sagen, der kulturellen sowie politischen Bedeutung der ‚neuen‘ Adligen beschäftigen und die damit verbundenen, zahlreichen Diskussionen aufbereiten, sind rar.114 Gerade die Begründungsstrategien und Geltungssetzungen der Fugger um 1500 sind wenig erforscht; auch ihre besonderen Inszenierungsformen in Text wie Bild werden nur einzeln, meist aus anachronistischer Sicht analysiert, ohne ihrer besonderen politischen, auch medialen Bedeutung gerecht zu werden.115 Hier setzen die nachfolgenden Studien an. Ihnen geht es nicht vordergründig darum, die vermeintliche Sonderstruktur der Fugger als ‚Neu‘-Adlige zu skizzieren, sondern vielmehr darum, ihre Strategien zu analysieren, wie sie sich dem Adel um 1500 als vollständig assimiliert inszenierten, ihre Macht repräsentierten und immer wieder ihre edlen adligen Eigenschaften als Argumente einsetzten: Indem sie Tugend und Ehre in ihrem Blut verankern und als generationenübergreifende Eigenschaft der Familie ausgeben, bekräftigten sie geradezu die Macht ständischer Distinktion.116 Die oben dargelegte Dynamik in der Konstituierung des Selbstverständnisses des Adels um 1500 im Spannungsfeld von dignitas, societas, virtus und sanguis verschaffte den Fuggern die Möglichkeit, sich trotz eines ‚neuen‘ Herkommens, das auf Geld basierte, dem dynastischen Stand des Blutes anzugleichen.117 Vorstellungen von genealogisch begründetem Ansehen amalgamieren sich mit neuen Legitimierungen von Macht über den tugendhaften Umgang mit Geld.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 3.2.1 Repräsentation von Macht und Demut in Augsburg: Gebäude, Festlichkeiten und Stiftungen – ein summarischer Einblick Die Inszenierung der Fugger als ehrenvolles und tugendhaftes Geschlecht fand in eigenständigen schriftlichen wie bildlichen Werken statt. Als Beispiel dienen im Folgenden Fuggerchronik, Habsburgisches Ehrenwerk, Ehrenbuch sowie Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines. Alle vier Werke können als Familienbuchschreibungen klassifiziert werden: Während die Fuggerchronik den Schwerpunkt auf die Schrift legt, so konzentrieren sich die Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines auf die visuelle Darstellung; Habsburgisches Ehrenwerk und Ehrenbuch vereinen Text wie Bild in unter-

114 Vgl. Stollberg-Rilinger (1996), S. 31–45. 115 Einführende Analysen bieten: Bushart (1994), v. a. S. 115–134; Oexle (1998), S. 354; ähnlich auch ders. (2000); Scheller (2004); Voigt (2008), v. a. S. 340. Besonders ergiebig die Forschungen von: Koutná-Karg (1993), S. 89–98, dies. (1996), S. 87–106 und v. a. von Rohmann, (2001); ders. (2004a); ders. (2004b). 116 Stollberg-Rilinger (1996), S. 45. 117 Stollberg-Rilinger (1996), S. 44.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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schiedlicher Gewichtung.118 Das unveröffentlichte Quellenmaterial wird detailliert unter macht-, medien- und wissensgeschichtlichen Fragestellungen analysiert. Dabei sprechen Änderungen an den Aufzeichnungen, Korrekturnotizen und Anweisungen der Auftraggeber für konzeptionelle Umstellungen sowie den Entwurfscharakter der Werke: Sie sind Träger der politischen Geltung der Fugger in Text und Bild.119 Über die Ehrenwerke, so die Hypothese, lassen sich die Strategien in der Konstruktion von Geltung durch die Fugger von der Lilie im 15. und 16. Jahrhundert besonders genau nachskizzieren.120 Dabei stehen die vier zentralen Ehrenwerke in einem Rahmen weitausgreifender Repräsentationen über Gebäude, Festlichkeiten und Stiftungen der Fugger in Augsburg. Um 1500 konzentrieren sich die vielen Familienzweige auf ökonomischen Erwerb,121 gleichzeitig auf die Konstitution und Legitimation ihrer Macht.122 Summarisch werden im Folgenden Beispiele gegeben, bevor in einem zweiten Schritt detailliert auf die genannten Ehrenwerke eingegangen wird.

118 „[D]as Familienbuch […] ist gekennzeichnet nicht durch klare gattungstypologische Abgrenzungen, sondern durch offene Affinitäten zum weiten Feld der häuslichen Aufzeichnungen, zum Rechnungsbuch, Handelsbuch, Hausbuch, Wappenbuch, Tagebuch, zur Chronik und zum rechtfertigenden oder vermächtnishaften Selbstzeugnis.“ (Rohmann [2007], S. 95) 119 Es wird sich zeigen, dass die Werke in dieser Funktion erhebliche Probleme in der Handhabung mit sich brachten. Gerade die bildlichen Darstellungen des für prospektive Ergänzungen konzipierten „Ehrenbuches“, aber auch der „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ machen die Werke dysfunktional: „Spätere Nachträge waren kaum möglich, jedenfalls nicht auf dem vorgegebenen künstlerischen Niveau.“ (Rohmann [2007], S. 115) Man griff verstärkt auf das Textmedium der „Fuggerchronik“ zurück. Umgekehrt begrenzt die Schrift in ihrer Linearität eine auf übergeordnete Zeitkonzepte hin ausgelegte mehrdimensionale Machtkonstruktion, so dass man wiederum auf die Möglichkeiten visueller Medium angewiesen ist. 120 Alle Werke geben sozial relevante Informationen über ihre Besitzer wider, sie materialisieren die Geschichte der Familie und vervielfältigen sie als Wissensspeicher. Rohmann (2007), S. 109 stellt in seinen Studien heraus, dass man dabei nicht von einer eindimensionalen Unterscheidung zwischen „geheim“ oder „häuslich“, „repräsentativ“ oder „öffentlich“ ausgehen kann; es kommt mehr auf die jeweilige Intention in der Erstellung der Werke und ihrer pragmatischen Verwendung in jedem Einzelfall an. (Ebd., S. 97) 121 Studien zu den weitverzweigten Handelsbeziehungen der Fugger liegen bisher exemplarisch vor. Siehe beispielsweise die Bände von Schulte A. (1904) oder Weitnauer (1931) oder die opulenten Bände von Kellenbenz (1990). Zum weitverzweigten Nachrichtenwesen der Fugger siehe v. a. die Quellensammlung Karnhem (2003) und die detailreiche Studie mit Aufnahme des aktuellen Forschungsstandes von Bauer O. (2008) und ders. (2011). 122 Mandrou (1969), S. 54; auch: Mörke (1983), S. 155. Die Fugger von der Lilie inszenieren gemäß der von Jakob Fugger festgelegten Firmenstruktur die Leitungsfunktion einem einzigen Mann zu überantworten. Ein struktureller Vergleich zwischen dem Haus der Welser und der Fugger bei ebd., v. a. S. 158; in ähnliche Richtung geht Sieh-Burens (1986), S. 67; zur Organisation von Kaufmannsgesellschaften siehe allg. ebd., S. 64–69; pointiert bereits bei Strieder (1938a), S. 53–85. Mit Jakob Fugger wird eine Art alleiniger Regierer der Familie inszeniert, wenn er in seinem Testament von 1525 nur Anton Fugger als Nachfolger bestimmt, so: Pölnitz (1958), S. 62–63; dagegen gehören beispielsweise dem Haus der

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Die Fugger von der Lilie konnten sich über ihr Geld sukzessive Besitztümer in der Augsburger Stadtgesellschaft aneignen,123 beispielsweise am Rindermarkt, wo sie ab 1490 ein Geschäfts- und Wohnquartier124 zu einem imposanten Sitz ausbauen ließen.125 Zusätzlich erwarb Jakob Fugger ab 1511 Häuser am Weinmarkt und gestaltete diese zu einem einheitlichen Gebäude um, also daß, wie es in der Fuggerchronik heißt, der Häuser zwei in einem worden sein.126 Es entstand eine Gesamtanlage (Abb. 4), die über ihren Stil im Sinne der italienischen Renaissance127 auf Neuheiten in der Baugestaltung um 1500 hinwies.128

Abb. 4: Anonym: ­Fuggerhäuser Fassade (um 1910)129

Welser „zu Beginn des 16. Jahrhunderts mindestens 18 Gesellschafter an, von denen 15 keine Welser waren.“ (Mörke [1983], S. 158–159) 123 Auch wenn herausgearbeitet werden konnte, dass sich um 1500 der Sitz der Fugger auf die Stadt Augsburg konzentrierte, so soll darauf hingewiesen werden, dass der Erwerb und Ausbau von Schlössern auf dem Land ebenso in die repräsentative Zurschaustellung von Macht der Fugger von der Lilie gehört: Das um 1578–1587 errichtete Fuggerschloß Kirchheim fällt besonders auf; siehe: Hundemer (2007), S. 177–190. 124 Herre (1985), v. a. S. 39–41; zu den präferierten Wohngebieten der Fugger von der Lilie: Sieh-Burens (1986), S. 106–108 und S. 125–127. 125 Die Planungen zu weiteren Bauwerken in Augsburg wie Herrentrinkstube und Reitbahn, die aufgrund der Wünsche der Fugger, ihr Lilienwappen am Gebäude anzubringen, nicht ausgeführt wurden, bei Koutná-Karg (1996), S. 103. Dass die Fugger von der Lilie nicht nur ihre eigenen Wohnhäuser, sondern auch ihre Firmensitze architektonisch ausbauten, weist auf den weitreichenden Charakter ihrer Repräsentation in baulicher Formation hin, so Lieb (1958), S. 401. 126 Zitiert nach Lieb (1952), S. 92. 127 Häberlein (2006), S. 143; auch: Koutná-Karg (1996), S. 102. 128 Koutná-Karg (1996), S. 93. Dennoch mussten die Fugger als neu aufgestiegene Familie auf Maßhalten in der Zurschaustellung ihres Reichtums achten, um nicht zu provozieren: Mit Verweis auf die frühneuzeitlichen Diskurse Wölfle (2009), S. 254. 129 Die Postkarte (Privatbesitz) aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigt die Fuggerhäuser noch mit der Bemalung, die nach den Zerstörungen in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs nicht mehr rekonstruiert wurde.

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Dass der Ausbau eines geradezu ‚residenzartigen‘ Sitzes der Fugger nicht aus Übermaß geschah, sondern vielmehr als der Stadt zu Gute kommend inszeniert werden sollte, stellt der Augsburger Chronist Clemens Sender heraus, wenn er schreibt, Jakob Fugger habe die Gebäude errichten lassen, nit allein im zu ainem lust, sunder auch armen leutten zu auffenthaltung und nutz, die daran arwaitten, sich das derbaß erneren migen.130 Spätestens ab 1531 ließ man einen Teil des Komplexes als kaiserliches palatium ausbauen.131

Abb. 5: Leonhard Beck: Fuggerhäuser Damenhof (ursprl. 1515; Skizze von 1888)132

Die enge Verbindung zwischen den Fuggern und Habsburgern kommt schlagend auch dann zum Ausdruck, wenn die Fugger die Herberge für beispielsweise Kaiser Maximilian I. oder Karl V. bei deren Besuchen in Augsburg bereitstellten: Die fuggerschen Gebäude wurden bei Anwesenheit des Kaisers samt seinem Gefolge zu einer Art ‚kaiserlichen Residenz‘. Eine weitere repräsentative Verbindung zwischen den Gebäuden der Fuggerhäuser, damit auch ihrer Familie, und dem Kaiser schufen die Fugger von der Lilie unter anderem durch prächtige Dekorationen. Der so genannten Damenhof (Abb. 5) im Inneren ihres Bauwerkes in Augsburg präsentierte dies bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg: Figurenszenen im Hofinneren rekurrierten ursprünglich auf Kaiser Maximilians Triumphzug,133 was sich heute über Rekonstruktionszeichnungen sowie Bildermaterial, das im 19. Jahrhundert entstand, nachvollziehen lässt.

130 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 168. Ein weiterer Ausbau der so genannten Fuggerhäuser am Weinmarkt erfolgte unter Anton Fugger bis 1523. 131 Lieb (1958), S. 181. 132 Die 1888 erstellte Skizze des im Zweiten Weltkriegs zerstörten Damenhofs durch Julian Groeschel bei Herre (1985), S. 41. 133 Lieb (1952), S. 116.

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Abb. 6: Ferdinand Wagner d. Ä.: Gründung der Fuggerei durch Jakob Fugger (1860–1863)134

Die Inszenierung einer engen Verbindung zwischen Kaiserhaus und Fugger spiegelte sich auch in der im Zweiten Weltkrieg komplett zerstörten Außenfassade der Fuggerhäuser in Augsburg wider, die durch Fresken, wohl von Hans Burgkmair, geschmückt wurde: Die restaurierende Bemalung der Fassade im 19. Jahrhundert, von der noch Bildmaterial vorliegt, greift auf die Repräsentation einer engen Verbindung zwischen Handels- und Kaiserhaus um 1500 zurück.135 Sie führt mit der Ausstellung unterschiedlicher Zentralszenen der Fuggergeschichte auch die ursprünglichen Strategien der Fugger von der Lilie vor Augen: Ihr Adel, ihr gesamter Aufstieg ist durch das Nahverhältnis mit dem Kaiserhaus als legitim inszeniert, ihre Genealogie ist mit jener der Habsburger eng verschränkt. Szenen wie „Die Gründung der Fuggerei durch Jakob Fugger“ (Abb. 6), „Kaiser Maximilian I. nimmt die Geschenke entgegen, welche ihm die Bürger Augsburgs, an der Spitze Konrad Peutinger und Jakob Fugger darbringen“ (Abb. 7) und „Der Kniefall Anton Fuggers vor Karl V. nach dem Sieg bei Mühlberg zur Schonung Augsburgs“ (Abb. 8) zeigen die Fugger von der Lilie darüber hinaus an der Fassade ihrer Wohnhäuser als wohltätige Kaufmänner und demütig agierende adlige Bürger, die sich als Katholiken für das Gesamtwohl einer bikonfessionellen Stadt einsetzen.

134 Die Fresken wurden irreparabel zerstört und nicht wieder hergestellt. Photographien der Fresken sind erhalten in der Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München; siehe die Abbildungen auch bei: John (1996), S. 337–338. 135 Eine erste Analyse unternimmt John (1996), S. 322–339.

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Abb. 7: Ferdinand Wagner d. Ä.: Kniefall Anton Fuggers vor Karl V. nach der Schlacht bei Mühlberg (1860–1863);

Abb. 8: Ferdinand Wagner d. Ä.: Maximilian nimmt die Geschenke der Augsburger entgegen (1860–1863)136

Die Gründung der Fuggerei137 in der Augsburger Jakobervorstadt geht in eine ähnliche Richtung und ist doch spezifisch: Sie ist in ein komplexes Stiftungsprogramm Jakob Fuggers integriert.138 Für einen jährlichen Mietzins von einem Gulden werden die

136 Siehe die Abbildungen auch bei: John (1996), S. 337–338. 137 Zur Bezeichnung: Tietz-Strödel (1982), v. a. S. 63; Pölnitz (1949), v. a. S. 351; Lieb (1952) v. a. S. 250. Allgemeine Analysen der Fuggerei bei: Häberlein (2006), S. 148–152; Herre (2009), v. a. S. 46–52. 138 Mit der Initiierung einer Grabkappelle im Westchor der Augsburger Karmeliterkirche St. Anna, einer Prädikatur an der Kollegiat- und Pfarrkirche St. Moritz und der Fuggerei hat Jakob Fugger in

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Häuser der Fuggerei [f]romen Armen taglönern vnd handtwerckern Bürgern vnd Jnwonern dieser stadt, die offenlich das almusen nit succhen,139 also keine Bettler sind,140 zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung müssen diese sich schriftlich zum täglichen Gebet für den Stifter und seine Familie verpflichten.141

Abb. 9: Georg Seld: Fuggerei Überblick (1521)142

Die Fuggerei der Fugger von der Lilie ist allerdings weder Armensiedlung143 noch Spital,144 noch kann sie als Art „Sozialdisziplinierungsmaßnahme“145 gelten. Viel-

seinem Stiftungsbrief von 1521 drei Stiftungen geschaffen, die in engen Wechselverhältnissen stehen. Bisher hat die Forschung die drei Stiftungen nur einzeln analysiert; dagegen bietet Scheller (2004) genauere, perspektivenreiche Analysen und geht immer wieder auf die Wechselverhältnisse der drei Stiftungen untereinander ein. 139 Zitiert nach Scheller (2004), S. 129. 140 „Die damit einhergehende Unterscheidung zwischen ehrlichen und betrügerischen Bettlern zeigt, daß die neue soziale Frage eine moralische Bewertung von Armut zur Folge hatte.“ Mit Verweisen auf die zeitgenössischen Diskurse, Scheller (2004), S. 135. Siehe hierzu auch: Oexle (1986), S. 88–90; Hippel (1995), v. a. S. 103–105; Schubert E. (2000), S. 869–893. 141 Zum Zusammenhang von Disziplinierung und Armenfürsorge siehe: Schilling (1999a), S 3–36; auch: Ders. (1999b); Jütte (1991), S. 92–101. 142 Der Holzschnitt als Ausschnitt zur Planansicht der Stadt Augsburg; die Abbildung aus: Kießling/ Plaßmeyer (1999), S. 137. Bezeichnend, dass sich der Holzschnitt heute auch auf den Dokumentationsseiten zur Deutschen Sozialgeschichte unter dem öffentlichen Webauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales findet: https://www.in-die-zukunft-gedacht.de/de/page/68/epochenabschnitt/38/dokument/560/epochen.html (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). 143 Rexroth (1994), v. a. S. 343. 144 Nübel (1970), S. 208, S. 211; Ropertz (1977), v. a. S. 190; Tietz-Strödel (1982), S. 135; Rexroth (1999), v. a. S. 253–255. 145 Zur Kritik an solchen Vorstellungen siehe: Breuer (1986), v. a. S. 52–56.

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mehr werden die Bewohner der mehr als 100 Wohneinheiten146 über Praktiken wie das tägliche Gebet angehalten, dem Stiftungszweck, damit der gedechtnus an die Familie durch tugendhaftes Handeln, gerecht zu werden:147 Nicht repressiv, sondern produktiv.148 Die genaue architektonische Strukturierung der Fuggerei149 – bereits in Stadtplänen um 1500 festgehalten (Abb. 9) – sowie das Verschließen der Eingangstore zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang erlaubte es den Pflegern alles zusehen, denn es werde nichts vnerbars oder schandtlichs gestattet.150 Die Fugger von der Lilie repräsentieren mit diesem Bau ihre caritas, wenn sie sich als für die Gemeinschaft einsetzend inszenieren,151 wie es über Jakob Fugger heißt: ain grosen tail seines guots hat er […] hausarmen leut [gegeben].152 Die Fuggerei ist integraler Bestandteil in der Selbstinszenierung der Fugger von der Lilie als Wohltäter.153 Kritik am Aufstieg durch Geld wird kanalisiert, sie soll von vornherein mit einem derart intendierten Programm der Stiftung unterlaufen werden.154 Selbst die aufkommende Reformation scheint den altgläubigen Fuggern und ihrer Fuggerei Respekt zu zollen.155 Sie sind reich, weil es gottgewollt ist, weil sie ehrbar sind, so die Inszenierung über die Fuggerei. Die Fuggerei kommt also dem gemeinen Nutzen zu

146 Zur Baugeschichte bereits Weidenbacher (1926), S. 16; Tietz-Strödel (1982), S. 47–48. Einen Überblick zur Ausgestaltung der Wohnungen gibt Scheller (2004), S. 138–145. 147 Fürsorgeeinrichtungen sind um 1500 generell mit einer verschärften sozialen Kontrolle verbunden: Rexroth (1999), v. a. S. 248. 148 Scheller (2004), S. 146 deutet in diesem Kontext auf Gedankenfiguren aus Foucault (1976b) [französisch zuerst 1975], v. a. S. 173–250 hin: „Foucault hat auf den pluralen, multiplen Charakter der Disziplin hingewiesen, die eben nicht Ergebnis einer, sondern zahlreicher Projektionen sei. Gleichzeitig hat er gezeigt, daß Disziplin nicht nur repressiv, sondern auch produktiv ist. Sie unterdrückt unerwünschte Eigenschaften und modelliert die erwünschten. Ein zentrales Ziel ist dabei, eine Ökonomie der Verausgabung und des Exzesses durch eine Ökonomie des kontinuierlichen Betriebs zu ersetzen […].“ Benjamin Scheller führt hier die Gedankenfiguren Michel Foucaults, nach der es eine doppelte Subjektivierung im Sinne einer Unterwerfung unter Kontrolle von außen sowie einer Bindung an die eigene Identität gebe, zusammen und projiziert diese auf die Fuggerei, indem er Kategorien von „privat“ sowie „öffentlich“ diskutiert. (Scheller [2004], S. 146) 149 Scheller (2004), S. 147–148 hält fest, dass es in der Fuggerei im Gegensatz zu vergleichbaren Einrichtungen keinen zentralen Platz einer Gemeinschaft der Bewohner gab, vielmehr klare Strukturen in der Straßenführung. 150 Zitiert nach Scheller (2004), S. 150. 151 Scheller (2004), S. 152. 152 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 168. 153 Hildebrandt (1996), v. a. S. 166. 154 „Es ist in diesem Zusammenhang durchaus erwähnenswert, daß die Fuggerei in der zeitgenössischen Chronistik nicht nur von Autoren gelobt wurde, die Jakob Fugger ohnehin freundlich gesinnt waren, sondern auch von solchen, die ihn sonst kritisierten. […].“ (Scheller [2004], S. 156) 155 Mit Beispielen bei Scheller (2004), S. 230.

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Gute.156 Das zeigen deutlich die 1519 an den Toren der Fuggerei angebrachten Inschriften: M.D.XIX./ VDLAR. GEORG. JACOB. FVGGERI. AVGVST:/ GERMANI. FRATRES. QVA. BONO. REIP. SE. NATOS./ QVA. FORVNAM. MAXIMAR. OPVM./ D.O.M. ACCEPTAM./ IN. PRIMIS. REFERENDVM. RATI. OB. PIETATEM. ET./ EXIMIAM. IN EXEMPLVM. LARGITATEM./ AEDES. C. VI. CVM. OPERE. ET CVLTV. MVNICIPIBUVS./ SVIS. FRVGI. SED. PAVPERIE. LABORANTIBVS./ D.D.D.157

Die Fugger von der Lilie seien zum Nutzen dieser Stadt geboren wurden (FRATRES. QVA. BONO. REIP. SE. NATOS), sie haben sich verpflichtet, so die Inschrift, ihr durch Gott verliehenes Vermögen (D.O.M. ACCEPTAM) diesem wieder zu erstatten. Daher haben sie aus Frömmigkeit und zum Vorbild hochherziger Freigebigkeit (OB. PIETATEM. ET./EXIMIAM. IN EXEMPLVM. LARGITATEM.) ganze 106 Behausungen mit allen Einrichtungen (AEDES. C. VI. CVM. OPERE. ET. CVLTV.) ihren fleißigen, aber in Armut geratenen Mitbürgern (MVNICIPIBVS./SVIS. FRVGI. SED. PAVPERIE. LABORANTIVBVS./D.D.D.) geschenkt. Mit dem Ausbau der Grabkapelle St. Anna verfolgten die Fugger von der Lilie andere Ziele als mit der Gründung der Fuggerei. Nach einer vertraglichen Regelung im Stiftungsprozess158 zwischen den Karmelitern159 und Fuggern wurde wohl spätestens 1509 mit den Bauarbeiten der Fuggerkappelle in der, im 14. Jahrhundert nach einem Brand wiederhergestellten, zu diesem Zeitpunkt noch katholischen Klosterkirche St. Anna begonnen.160 Nach Abschluss der Ausstattungsarbeiten um 1517 erfolgte 1518 die Einweihung der Kapelle an exponierter Stelle im neuen Westchor des Mittelschiffes in der St. Anna Kirche.161 Gerade die Eigenständigkeit der Raumgestaltung der Fuggerkapelle sowie die reiche Lichtdurchflutung kontrastiert stark mit der schmucklosen Kirche.162 Das Grabmalsprojekt der Fugger von der Lilie übertraf in seiner Ausstattung das in der Stadt Augsburg übliche Maß.163 Mit Epitaphien und großer Orgel,

156 Gedankenfiguren Konrad Peutingers, die bereits oben ausgearbeitet werden konnten, spiegeln sich hier wieder. 157 Zitiert nach Scheller (2004), S. 156–157; Übersetzung bei ebd. in Anlehnung an Tietz-Strödel (1982), S. 48–49. 158 Zur Beziehung der Fugger von der Lilie mit den Karmelitern von St. Anna und den vertraglichen Reglungen bezüglich der Stiftungskurkunde: Tietz-Strödel (1982), S. 47–53. 159 Überblick zum Orden der Karmeliter bereits bei Deckert (1961). 160 Die Baugeschichte der Fuggerkappelle in Umrissen bei: Bushart (1994). Kritisch zur Zuschreibung der Planungen und Ausführungen an Albrecht Dürer und Jörg Breu mit Überblick zur Forschung: Scheller (2004), S. 54. 161 Zur Überführung der Leichname von Georg und Ulrich Fugger, die auf dem Friedhof von St. Moritz bestattet worden waren, in die Kapelle: Bushart (1994), S. 35. 162 Scheller (2004), S. 63. 163 Scheller (2004), S. 62.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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die in ihrer kalkulierten Fernwirkung innerhalb der Kirche als „Flügelaltar“164 zu fungieren scheint, der reichen Ausstattung von Gewölbe, Gestühl und dem prononcierten Lilienwappen der Fugger, das den gesamten Dekor schmückt, bietet die Kapelle einen Reichtum,165 der in der Forschung des Öfteren mit anderen Grabmalsprojekten verglichen wurde, beispielsweise der Capella Julia, der von Papst Julius II. geplanten Grabkappelle in St. Peter zu Rom, und der Grablege, die Maximilian I. für sein eigenes Begräbnis plante.166 Auch ein Vergleich mit der Grabkapelle Capilla Real der Könige Spaniens in Granada von 1504 wird angestellt.167 Elemente aus Spätgotik und Renaissance verbinden sich in der Fuggerkapelle zu einer welsche[n] Art, derzeit gar neuerfunden, wie Clemens Jäger festhält.168 Besonders auffällig ist die Orgel: So zeigen die Flügel des kleines Werks der geschlossenen Orgel Malereien zur „Erfindung der Musik“ und „Verbreitung der Musik“; bei geöffneter Orgel sind auf den Flügeln musica theorica und cantus zu sehen.169 Musik ist damit im Bildprogramm der Kapelle selbst perspektiviert:170 Sie dient der Liturgie, ist Bestandteil in der memoria- beziehungsweise gedechtnus-Funktion der Grablege. Neben Orgel und Altar sind die vier Epitaphien, wohl von Albrecht Dürer erstellt,171 die bedeutendsten Ausstattungselemente der Kapelle:172 Die inneren beiden gelten Ulrich Fugger und Georg Fugger,173 einer der beiden nicht vollständig ausgeführten äußeren wohl Jakob Fugger, der andere eventuell Jakob dem Älteren (Abb. 10).174 Während die inneren Epitaphien in drei Zonen gegliedert sind, beispielsweise ist in der unteren Zone die zugehörige Inschrift dargestellt, in der Mitte wird jeweils ein Leichnam liegend gezeigt, in der dritten Zone ist bei Ulrich Fugger die Auferstehung Christi zu sehen, bei Georg Fugger der Kampf Simsons gegen die Philister, zeigen die äußeren beiden ein anderes Programm: Hier bespielen heraldische Motive

164 Bushart (1994), S. 161. 165 Die enormen, exorbitanten Kosten sprechen für sich und werden von Zeitgenossen immer wieder hervorgehoben: Siehe Scheller (2004), S. 63. 166 Scheller (2004), S. 62. Siehe hierzu auch: Bushart (1994), v. a. S. 263 und Oexle (1998), S. 350–353; ders. (2000), S. 33–42. Zur Cappella Julia siehe: Frommel (1977), S. 26–62 und Bredekamp (2000), v. a. S. 16–41. 167 Scheller (2004), S. 62–63. 168 Zitiert nach Bushart (1994), S. 37. 169 Zur Interpretation der Flügel der Orgel siehe Voigt (2008), S. 337–340. 170 In diesem Kontext weist v. a. Voigt (2008), S. 340 auf das enge Wechselverhältnis von Habsburgern und Fuggern hin. 171 Bushart (1994), S. 115–134. 172 Sie „sind das neben dem Altar wichtigste Element der Ausstattung“ der Kapelle: Scheller (2004), S. 74. 173 Bushart (1994), S. 134; Lieb (1952), v. a. S. 168. 174 Scheller (2004), S. 79 diskutiert verschiedene Varianten, präferiert Jakob den Älteren, da „[d]ies […] mit der Integration der Generation der Eltern der Stifter in die Fuggermemoria korrespondiert [hätte].“

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

den Hauptteil, im Inneren werden jeweils zwei stehende Krieger, gehüllt in antikisierende Rüstungen, zwei Sklaven und zwei beziehungsweise vier Putti, Trophäen und Fuggerwappen präsentiert.175 Ein Schwerpunkt des Grabmals liegt auf den Leichnamen in der Mitte: Mit herabgesunkenen Kinn, überkreuzten Armen und eingehüllt in Leichentücher sind die Leichen dargestellt.176 Man könnte summieren: Die Epitaphien Ulrichs und Georgs Fugger, die als Wandgrabmäler ausgeführt wurden, sind über die zur Schau gestellten Leichname dem Typus eines Grabmonuments177 zuzurechnen.178 Die Grabkapelle dient in diesem Kontext der memoria der Fugger von der Lilie.179 Nach den Testamenten180 und der Stiftungsbestimmungen181 ist die Grablege – ganz im Sinne adliger Systematik – nur männlichen Stiftern und ihrer agnatischen Deszendenz vorbehalten.

175 Genauere Analyse bei Scheller (2004), S. 73. 176 Zu diesem Darstellungstypus und auch zur Diskussion zwischen Panofsky und Körner, ob die toten Fugger-Brüder als transis dargestellt sind: Scheller (2004), S. 75. 177 Körner (1997); ders. (1998), S. 89–126; ders. (1990), S. 41–60; Schmidt (1990), S. 13–82; Michalsky (2000), S. 51–73. Überblick zur Sterbeliturgie: Angenendt (1984), S. 79–199 und Illi (1994), S. 59–68. 178 Schwarz (2000), S. 174–176. 179 Nach Oexle ist diese memoria auf die Zukunft ausgerichtet: Die Memoriakapelle der Fugger ist, so Oexle, Medium zur prospektiven Erreichung von Adelsqualität, zugleich Medium für adlige ‚Herrschaft‘. (Oexle [1998], S. 354) Scheller kritisiert diese Interpretation und fragt, welche adlige ‚Herrschaft‘ die Fugger hier repräsentieren wollten, beziehungsweise hinterfragt, ob sie mit der St. Anna Kapelle tatsächlich nach Adel strebten (Scheller [2004], S. 81) oder mehr einen Status „zwischen städtischem Großkaufmann und Adeligem“ perspektivieren. (Ebd., S. 81) Bedenkt man, dass die Fuggerkapelle in der St. Anna Kirche als liturgisch eigenständiger Raum konzipiert ist und sich direkt an das Umfeld sowie die Nachkommen der dort Begrabenen wendet, so zeigt die Grabkapelle ein ‚sowohl als auch‘ von Adel und Handel, als dass sie sich auf ein vermeintliches einheitliches Programmziel der Adelsrepräsentation fokussieren ließe. 180 Preysing (1992), S. 15, S. 28, S. 41, auch: Bushart (1994), S. 160. 181 Die Rechte sind den Stiftern und ihren Nachkommen vorbehalten; „[e]rst nach dem Aussterben der Fugger von der Lilie im Mannesstamm dürfen ‚weiter entfernte Verwandte beiderlei Geschlechts und von diesen die Nächstverwandten‘ über die Kapelle verfügen, allerdings mit der ausdrücklichen und signifikanten Einschränkung, daß sie ‚weder die Wappen und Schilde, die angebracht oder angemalt wurden, in irgendeiner Weise verändern oder abnehmen dürfen, noch ihre eigenen oder irgendwelche anderen dort anbringen oder aufmalen können […],“ (Scheller [2004], S. 83) wie es im Stiftungsprogramm heißt: Praetera ipsi et haeredes ac successores sui sanguinis et nominis ac armorum masculini sexus quamdiu in humanis erunt, et deinceps postquam nullus ipsorum huiusmodi superstiterit alii ex ipsorum genealogia, ipsis a latere coniuncti utriusque sexus et inter illos proximiores perpetuis futuris temporibus inuiolabiliter gaudere et in his liberaum facultatem habere debeant absque impedimento et contradictione cuisuscunque, saluo quod ijdem coniuncti arma et clipeos supradictos tam appensos quam depictos alterare seu amovere minime debeant, neque suos seu aliquos alius ibide appendere sive depingere poßint. (Zitiert nach Bushart [1994], S. 413)

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 10: Fuggerkapelle (um 1518), Ansicht heutiger Zustand

Die Vorsteher der Fugger von der Lilie – seit dem Gesellschaftsvertrag von 1494 gleichsam als Leitfiguren der Firma inszeniert182 – liegen in der Kapelle begraben und symbolisieren die Führung der Familie der Fugger; über die heraldischen Motive werden sie als adlig ausgegeben.183 Zugleich ist der Kaufmannsstand der Familie markiert: Das zeigen Signale wie der mehrfach im Boden eingelassene Handelsdreizack, aber auch die Ausführungen in ihren Testamenten deutlich an.184 Die memoria in der St. Anna Kapelle vereinigt demnach ganz ‚selbstverständlich‘ Konzepte von Adel und Kaufmannschaft miteinander.185 In der St. Anna Kapelle werden adlige Kaufmänner und ebenso kaufmännische Adlige gezeigt: Kaufmanns- und Adelsrolle gehen ineinander über, Geld und Blut sind über die liturgische memoria des Grabmals eng aufeinander bezogen, sie sind nicht voneinander zu trennen. Eine entscheidende Rolle spielten in dieser Inszenierung und Repräsentation von Macht der Fugger von der Lilie um 1500 auch ephemere Medien, ebenso Feste und

182 Peterka (1913), S. 396; Strieder (1938b), v. a. S. 196. Siehe hier v. a. auch die Motive im Vertrag zwischen Jakob, Ulrich und Georg Fugger über den ungarischen Handel 1502: Dieser wurde abgeschlossen, damit unser name und stamme und unser männlich erben und nachkommen in bestendigern wesen und destbass in und bey dem handel bleiben mögen. (Vertrag vom 23.12.1502 zitiert nach Jansen [1910], S. 272) 183 Darauf weist auch Scheller (2004), S. 85 und v. a. S. 87 hin: „Es ist dieses Handelsgeschlecht, das die Kapelle bei St. Anna repräsentieren sollte. Sie diente vor allem der Memoria der drei Brüder Jakob, Ulrich und Georg Fugger und ihrer agnatischen Deszendenz, daneben möglicherweise auch der Jakobs d. Ä.“ 184 Scheller (2004), S. 87. 185 Das scheint Benjamin Scheller zu ignorieren, wenn er nach einem vermeintlichen „Sonderstatus“ der Fugger von der Lilie sucht: Scheller (2004), S. 87.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Feiern.186 So konnte über Hochzeiten Pracht ausgestellt werden.187 Hierbei nahmen Kostümierungen eine tragende Rolle ein, wenn beispielsweise Anton der Jüngere als Herkules, er ist die Symbolfigur des habsburgischen Hochadels schlechthin,188 einreitet189 und in corpore die Verschmelzung adliger wie ökonomischer Macht präsentiert: Zum ersten herr Antoni Fugger der jünger als bräutigam, zog auff ganz ritterlich und herrlich auch zierlich, nemlich vorher ein heerbaucker, auf ihn 6 trompeter […] hernach gemelter Fugger als ritter mit seinen 3 löwen häuten […] wie Hercules gemacht wird.190

Daneben kamen panegyrische Gedichte, Schau- und Gedenkmünzen191 und immer wieder Musikstücke192 zum Einsatz, die Macht repräsentierten und eine Huldigung gegenüber der Familie inszenierten.193 Anonyme Lobgedichte auf Hans Jakob Fugger194 und vor allem kleinere Musikstücke auf Marx Fugger preisen deren Tugend

186 Mit reicher Übersicht zum Quellenmaterial: Koutná-Karg (1996), S. 87–106; dies. (1993), S. 87–106. Zur Festkultur der Habsburger als Vergleichsfolie: Rudolph (2011), S. 166–190. Die Anfertigung von Portraits eröffnet ein eigenes Diskursfeld. So das berühmte Portrait von Jakob Fugger den Reichen, erstellt wohl durch Albrecht Dürer um 1518. Kritik an der Zuschreibung beispielsweise bei: Wolf (2010), v. a. im Katalog unter „Fragliche Werke“, S. 224–286; weitere Analysen bei: Michel (2013a), S. 322–323. Perspektiven zu Portraits der Fugger gibt: Koutná-Karg (1996), S. 100–101. Besondere Rolle kommt auch der Kleidung zu (einführend Jaritz [1993], S. 8–31; Dinges [1992], S. 49–76; zum Augsburger Geschlechtertanz: Eikelmann [1993], v. a. S. 87; das Faschingskostüm Hans Jakob Fuggers erwähnt Koutná-Karg [1996], S. 94), die zur Distinktion von anderen Kaufmännern dient. In ähnliche Richtung gehen die Kleider von Dienern, die die Wappenfarben der Fugger von der Lilie – Blau und Gelb – trugen. Des Weiteren konnte über Geschenke die Macht der Schenker demonstriert, (mit Übersicht der Geschenke der Fugger von der Lilie zwischen 1527–1554 siehe: Lieb [1959], v. a. S. 142) zugleich die Freundschaft und Verpflichtung fokussiert werden. Auf diesen Konnex und den Einsatz von Gegenständen wie Tieren als Geschenke weist Koutná-Karg (1996), S. 94–95 hin. 187 Der Großteil der Hochzeiten der Fugger von der Lilie fand dabei in Augsburg statt, nur wenige außerhalb. Zu Teilnehmerlisten und Listen der Absagen: Koutná-Karg (1996), S. 91. 188 Herkules als Symbolfigur: Knall-Brskovsky (1990), v. a. S. 486–487. 189 Koutná-Karg (1996), S. 91. 190 Festbeschreibung der Fugger zitiert nach Koutná-Karg (1993), S. 89. 191 Mit Quellenhinweisen: Koutná-Karg (1996), S. 99. 192 Allgemein: Krautwurst (1993), S. 41–48. 193 So heißt in einer Preisung auf die Braut Katharina Fugger in einem Hochzeitsgedicht durch Nicolaus Mameranus, der sich als vortrefflicher Sänger ausgibt, (Nicolaus Mameranus, Epithalamium Augustae in nuptiis 7. Idus Ianuarii celebratis, Augsburg 1553, Bl. Aii) ganz im Sine einer Demutsgeste, dass nur der Mensch ein Gottessohn sei, der pflichtbewusst und ehrlich handle: Neve simultate, aut odia caeca sovebit:/ Nec sub blandenti corde venena teget:/ Sed facit officium, rectum dictante tenorem/ Natura semper, iustitiaque suum:/ Ille vir est vere prudentis nomine dignus,/ Dignus et aeterni filius esse Dei. (Ebd., Bl. Cii–Ciii; vgl. dazu Koutná-Karg [1996], S. 99) 194 Lobgedicht auf Hans Jakob Fugger: BayStabi. Clm 711; vgl. Koutná-Karg (1996), S. 99.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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und besondere Ehre.195 Auch Taufen und Begräbniszeremonien,196 bei denen Ausschmückungen der Kirchen, Musik197 und Speisen198 im Fokus standen, sowie Bankette konnten die Macht der Familie auszeichnen, wenn man beispielsweise die Leistungsfähigkeit der eigenen Ressourcen in der Versorgung hunderter Gäste repräsentierte: Von 120 tisch, die bewirtet werden müssen, spricht die Fuggerchronik bei der Hochzeit zwischen Anton Fugger mit der gräfin Barbara gräfin zue Montfurt, zu der vil grafen, freyherrn und andere herrn vom adl gekommen sind und so viele Festspiele getätigt wurden, davon wol ein ganz libell zu schreiben wer.199 Die Vielzahl der Beispiele führt vor Augen: Die Fugger von der Lilie inszenieren sich als eine besonders ausgezeichnete Kaufmannsfamilie, die prädestiniert ist, mit Waren und auch mit Geld zu handeln, welches sie für die Gemeinschaft wohlwollend einsetzt. Zugleich weist die Exorbitanz in der Repräsentation von Adligkeit wie Ehre und Tugend auch auf die Notwendigkeit in der Begründung des eigenen Status hin. Die Ehrenwerke, die im Gegensatz zur bisherigen summarischen Analyse nachfolgend detailliert interpretiert werden sollen, stehen in diesem Rahmen, führen dennoch in ihrer medialen Dimension weit darüber hinaus. Sie beinhalten ganz spezifische Strategien in der Konstitution von Macht.

3.2.2 Fuggerchronik 3.2.2.1 Gesamtanlage, Struktur, Ziele und Überlieferung Die Fuggerchronik stellt ein zentrales Element in den Inszenierungen der Fugger über die Natur des Blutes dar: Sie ist ein genealogisches Werk. Bereits in der Vorrede werden die Fugger als altes Geschlecht der Stadt Augsburg ausgegeben: Vil lenger dann nemand gedacht oder vermaint hette, hat das Fuggerisch geschlecht in der Stat Augspurg mit allen ehrn angefangen zu wonen […].200 Im Mittelpunkt der Chronik

195 Lobgedicht auf Marx Fugger: BayStabi. Clm 10785; vgl. Koutná-Karg (1996), S. 99. 196 Studien zum Umgang mit dem Tod um 1500 allgemein: Bastl (1991), S. 259–269, v. a. zu den Fuggern S. 265–267; differenziert zur Reflexion und zu Versuchen des Umgangs mit dem Tod in der Frühen Neuzeit, die zwischen Konkretheit und Abstraktheit schwanken, siehe Kiening (2003). 197 Auf die große Rolle von Musik auch bei den Fuggern, v. a. in der Fuggerkapelle, weist Voigt (2008), v. a. S. 337–344 hin. 198 Allgemein: Fouquet (1992), S. 83–123. Weitere Forschungsliteratur bei: Koutná-Karg (1996), S. 93. 199 Koutná-Karg (1996), S. 74. 200 „Fuggerchronik“, S. 1; zitiert nach der Ausgabe von Meyer (1902). Eine dringend notwendige Neuausgabe steht bis heute aus; zur Kritik an der Ausgabe siehe bereits Jansen (1907), v. a. S. 6–78; Hartig (1917), S. 36; Roth (1926), v. a. S. 38–39 und Pölnitz (1941), v. a. S. 96–98: „Wenn schon das einzig Richtige, den Urtext zu drucken, unterblieb, dann wäre beispielsweise die Fassung von 1610 zur Herausgabe geeigneter gewesen. Sie […] greift wohl selbst in der Ausgestaltung mit farbigen Wappen […] womöglich auf das Original der Chronik zurück.“ (Ebd., S. 98) Vgl. auch erste Vorüberlegungen zur Chronik bei Kagerer (2016), S. 165–168.

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stehen die genealogischen Zweige der Familie. Narrative Ausführungen zeigen die jeweiligen Biographien der Familienmitglieder, ihre Leistungen und vor allem Bautätigkeiten201 sowie die Erwerbung von Landsitzen wie Gütern, die auch noch heutigs tags […] in der herrn Fugger gewalt sind.202 Als schriftliche Chronik wird auf größeren äußeren Ausstattungsaufwand verzichtet. Strukturell gliedert sich die Chronik in zwei Teile: Im ersten Abschnitt stehen die Fugger vom Reh,203 im zweiten die Fugger von der Lilie im Mittelpunkt,204 wobei betont wird, dass die zwen stämen aus ainem stamen, nemblichen aus Hans Fuggers ersprungen sind.205 Die Fugger von der Lilie werden noch einmal unterteilt in stamben: Die Chronik beschreibt in zwai unterschidliche tail gesondert die beiden Erben Georg Fuggers, Raymund Fugger206 und Anton Fugger207, die zusammen den ganz Fuggerische stamben von der gilgen bilden.208 Die einzelnen Vertreterinnen und Vertreter der Familie sind in der Chronik jeweils nach dem Geschlecht, zusätzlich nach dem Familienstand geordnet, auf die Töchter des Hauses und ihre jeweilige Verheiratung wird ebenso eingegangen.209 Die Fuggerchronik weist eine außergewöhnlich zahlreiche Verbreitung in Abschriften aus: Vom frühen 16. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert sind Versionen enthalten, die sowohl in Breite der biographischen Angaben, in Selektion des genealogischen Materials sowie in ihren Schwerpunktsetzungen voneinander abweichen.210 Inhalt-

201 So bereits bei Hans Fugger, der die erste Fuggerische behausung kauft. („Fuggerchronik“, S. 3) Dies steigert sich bereits bei Raymund Fugger, der nach allem lust erpauen und noch viel mehr heuser, höf und gärten […] erkauft hat. („Fuggerchronik“, S. 4) 202 „Fuggerchronik“, S. 1. 203 „Fuggerchronik“, S. 1–17. 204 Ausführungen zu den Fuggern von der Lilie: „Fuggerchronik“, S. 17–89. 205 „Fuggerchronik“, S. 5. 206 „Fuggerchronik“, S. 32–59. 207 „Fuggerchronik“, S. 59–89. 208 „Fuggerchronik“, S. 31. 209 Dieses Strukturmuster schlägt bereits bei Andreas Fugger und Jakob Fugger, den Söhnen Hans Fuggers, durch: „Fuggerchronik“, S. 2–3. 210 Übersicht zur Überlieferung bei Lieb (1952), v. a. S. 299–301; weitere Exemplare ergänzen KoutnáKarg (1996), S. 98 und Rohmann (2001), 271–274. Eine Analyse der heterogenen Textgenese wurde in der Forschung bisher übergangen, sie steht dringend aus, gestaltet sich aufgrund der teilweise schwer zugänglichen und vor allem breit überlieferten Versionen jedoch kompliziert (beispielsweise: Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek [2° cod. aug. 9, 10, 11, 4° cod. aug. 74, 75, 76, 77, 78, 79]; Dillingen, Fugger Archiv [F 1, F 6a, F 6b, F 6c, F 6d, F 6e, F 6f, F 6g, F 6h, F 6i, F 6k, F 7, 1.2.2., 2.9, 3.8]; Fulda, Hessische Landesbibliothek [B 19]; Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum [Dip. 1222 (II)]; Jena, Universitätsbibliothek [Ms. Bud. q 51, Ms Sag. q. 24]; München, Bayerische Staatsbibliothek [cgm 2276, cgm 2277, cgm 2278, cgm 3138]; München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv [Personenselekt. Cart. 91 Fugger]; Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek [2° cod. hist. 251] und eine Reihe an unbekanntem Verbleib [Kloster Rheinau; Leitershofen; Schad’sche Stiftung Ulm]). Einen ersten Zugang bietet die Auflistung der verschiedenen Versionen bei Rohmann (2001), S. 311–315, wobei sich dort die über die tabellarische Ausarbeitung im Anhang hinausgehenden Anmerkungen im Fließtext nur auf kursorische Analysen beschränken.

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lich unterscheiden sich damit die einzelnen Abschriften voneinander,211 sie wurden für verschiedene Zweige des Hauses beispielsweise im Zuge von Heiratsverbindungen oder für interessierte Kreise aus deren Klientel umgearbeitet.212 Die Fuggerchronik speichert die Geschichte der Fugger im Text, sie präsentiert Herkommen213 und besondere exempla der Familie. Ursprünglich wurde die Fuggerchronik von Clemens Jäger214 ausgeführt, was aus starken Übereinstimmungen mit dem Ehrenbuch hervorgeht,215 zwischen 1561 bis 1602 von unbekannter Hand fortgesetzt. Die folgenden Analysen konzentrieren sich auf den Zustand der Chronik im ausgehenden 16. Jahrhundert; er fasst das Selbstverständnis der Fugger zusammen.216 Eine eingehende Erforschung der Fuggerchronik unter macht-, medien- und wissensgeschichtlichen Fragestellungen, die über allgemeine Angaben zur Überlieferungslage, Analysen zur Zuschreibungsfrage sowie bloße Allgemeinplätze zur Familiengeschichte der Fugger hinausgeht, steht aus. Die Fuggerchronik legt den Schwerpunkt auf die Nennung einer Vielzahl von Eheschließungen, Geburten, Todesfällen und Feierlichkeiten, sie ist – wie der Titel anzeigt – eine Chronica des gantzen Fuggerischen geschlechts von ihrem Eintreten in Augsburg an bis auf diese jetzige junge herrn der Fugger hinaus in der gemelten stat Augspurg,217 ordnet damit das Blut der Familie. Mit Fugger Hans, so die Chronik, hat der erste Fugger vor 250 jarn das burgerecht in der stat Augspurg erheurat218 und hat erstlich einen handl mit garn und wepsen gefüert:219 Er ist zu einer Art Gründergestalt der Familie stilisiert. Bereits hier zeigt sich, wie eng ökonomischer Erwerb und genea-

211 Rohmann (2007), S. 109. 212 Rohmann (2001), S. 273 führt zur Untermauerung der These aus, dass beispielsweise die Innsbrucker Handschrift einen eingeklebten Kupferstich exlibris mit Wappen sowie Namen des Raymund III. Fugger mit seiner Frau Juliane von Heudorf enthält: Dadurch lasse sich rückschließen, dass „die Fuggerchronik den spezifischen Interessen der Familienzweige entsprechend genutzt wurde […]“; zusätzlich gibt es in der Innsbrucker wie Augsburger Handschrift eine Deklaration an die Rehlinger, womit die Fugger über den auf Anna Rehlinger zurückgehenden Antoniuszweig an deren Genealogie gekoppelt sind; gemeinsam ist eine Version der „Fuggerchronik“ mit dem Familienbuch der Ehinger überliefert, (ebd.) so dass es zu Überlieferungen der „Fuggerchronik“ zusammen mit Familienbüchern von mit den Fuggern durch Heirat verbundenen Häusern kam (Rohmann [2007], S. 109). Siehe auch Rohmann (2001), S. 274. 213 „Herkommen war auch die Summe der Allianzen, und das Wissen um diese Allianzen war ganz unmittelbar Herrschaftswissen.“ (Rohmann [2011], S. 39) 214 Zum Verfasser der Chronik, Clemens Jäger, siehe nach wie vor: Pölnitz (1941), S. 91–101; mit aktuellerem, breiten Forschungsstand, die einschlägige Studie zu Clemens Jäger von Rohmann (2001); dort die Revision der Einschätzung älterer Forschung, Clemens Jäger sei angeblich „Haushistoriker“ der Fugger gewesen. (Ebd., v. a. S. 263–267) 215 Koutná-Karg (1996), S. 98. 216 Dies würde komplementäre Studien mit früheren, auch späteren Versionen notwendig machen. 217 „Fuggerchronik“, S. 1. 218 „Fuggerchronik“, S. 1. 219 „Fuggerchronik“, S. 3.

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logische Macht der Fugger zusammengeführt sind. Die Steigerung von handl und die Erzeugung etliche[r] kinder überlappen sich:220 Reichtum an Geld und an Kindern zeichnet von Beginn an die Familiengeschichte aus. Ähnlich den Konstruktionen dynastischer Genealogien obliegt es der Chronik, Brüche zu überbrücken und Kontinuität herzustellen, wenngleich im Text hervorgehoben wird, wie schwer es sei, aus alten brieflichen uhrkhunden221 Informationen der Vorgeschichte der Fugger zu erhalten. Die Vorgeschichte muss also ‚rekonstruiert‘ werden. So heißt es über Hans Fugger, dass von wannen […] der erste Fugger […] in die stat Augspurg komen, das mag aus der ursachen, dass ernennter Hans Fugger das burgerrecht erheurat und nicht erkauft, in kainen des raths püechern erfunden werden.222 Das Herkommen der Fugger wird in eine Art ‚Vorzeit‘ verlagert, auch wenn dies gegenüber habsburgischen genealogischen Phantasmen vergleichsweise nur weniger als 250 jarn sind,223 so sind strukturelle Analogien zu beispielsweise der Fürstlichen Chronik unter Kaiser Maximilian I., zumindest auf einem zweiten Blick, auffällig:224 Man greift Strategien und Konzepte adliger Inszenierungen auf, passt sie den eigenen Verhältnissen an beziehungsweise macht die eigenen Verhältnisse für genealo­gische Inszenierungen produktiv.225 Dabei überdecken die Fugger den Charakter einer Neugründung: Es geht vielmehr mit der Fuggerchronik darum, die Genealogie ihrer Familie als schon immer während und kontinuierlich zu präsentieren. Genealogie ist in der Fuggerchronik auf den ersten Blick zunächst verdeckt, weil man weder auf eine lange genealogische Vorfahrenskette rekurrieren, noch einen Spitzenahn in weiter Vorzeit vorweisen kann – oder will. Auf den zweiten Blick ist die Chronik allerdings geradezu in übersteigertem Maße ein genealogisches Werk. Die lückenlose Folge der Generationen ist en détail expliziert: In der Fuggerchronik sind genealogische Muster – zunächst aus dem Makroblick betrachtet – paradigmatisch in den Text eingeflochten. Indem erstens sich die Chronik besonders auf die einzelnen ‚Biographien‘ der Vertreter und Vertreterinnen der Familie konzentriert, zweitens die Sukzession innerhalb der Familie als quasi ganz ‚natürlich‘ und kontinuierlich ausgestellt wird – Nachfolger stehen in der Chronik bruchlos neben ihren Vorgängern im ‚Amt‘ der Handelsleiter sowie neben ihren Vorfahren im Blut –, drittens die Eigenschaften der jeweils genannten Vertreter und Vertreterinnen – sie sind edel, tugend-

220 „Fuggerchronik“, S. 2. 221 „Fuggerchronik“, S. 1. 222 „Fuggerchronik“, S. 1. 223 „Fuggerchronik“, S. 1. 224 Dass Clemens Jäger tatsächlich Kenntnis von der „Fürstlichen Chronik“ hatte, machen die Ausführungen zum „Habsburgischen Ehrenwerk“ unter 3.2.3 in diesem Kapitel deutlich. 225 Ähnlich den genealogischen Bestrebungen des Hochadels, aber auch Ländern und Provinzen, „konnten städtische Oberschichten sich […] als Nachkommen der staufischen Reichsministerialität oder auch angeblicher Adelshäuser der Zeit Karls des Großen ausgeben.“ (Rohmann [2004a], S. 27) Hierzu einschlägig: Mauer (2000), S. 165–170.

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haft, altkatholisch,226 moralisch und vor allem auch äußerlich besonders schön – auf ihre natürlichen Veranlagungen hinweisen und viertens die Chronik im Ganzen nach Mustern genealogischer Werke im Spätmittelalter sowie der Frühen Neuzeit strukturiert ist, wird im Mikroblick ersichtlich: Es geht um die Begründung des ‚neuen‘ Blutes der Fugger. 3.2.2.2 Das Blut der Fugger: Schöne und starke Körper Man konzentriert sich detailreich auf die Vertreter und Vertreterinnen, die die Familie in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne ihrer Familie aufbringen kann, fokussiert auf die enge Verbindung mit der kaiserlichen Familie227 und legt das Werk prospektiv an, denn: Was in der Vergangenheit genealogisch nicht vorzuweisen ist, ließe sich in der Zukunft nachtragen. In diesem Sinne ist die Chronik eine wirkmächtige ‚Fiktion‘. Sie ist eine zentrale Ordnungsform nicht nur des Blutes der Familie, sondern vor allem auch des Wissens über die Biographien der einzelnen Vertreter der Familie und ihrer Eigenschaften, sie bietet Interferenzen zwischen historischer Transparenz der vergangenen Familienangehörigen und imaginativem Potential der noch zu kommenden Vertreterinnen und Vertreter, steht damit im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In der Chronik wird den Verbindungen von inneren Wesenseigenschaften mit körperlichem Zustand besondere Aufmerksamkeit beigemessen, wenn davon gesprochen wird, dass seel, leib und leben lehrhaftig228 aufeinander bezogen sind. Mehrmals skizziert die Chronik die Fugger zunächst als besonders vorbildlich und ehrenhaft, um dann mit der Beschreibung ihrer Körper fortzufahren: War ein feiner, freundlicher und fromer herr ist dieser herr Uelrich Fugger gewesen, ein dick boschet weisses har, so ime vast ehrlich angestandend, hat er gehabt.229 Auch bei den Frauen korrespondiert die besondere Schönheit mit ihrem ehrbaren Wesen: war eine schene und erbare junkfraw, ist diese Sibilla Fuggerin gewesen.230 Interessant erscheinen dabei gerade die Stellen in der Chronik, die die äußerliche Schönheit und Stärke der Fugger thematisieren. Raimund Fugger wird beschrieben als eine

226 Die Fugger bleiben – beispielsweise kontrastiv zu den Welsern – in der bikonfessionellen Stadt Augsburg katholisch: Sieh-Burens (1986), S. 68–70. 227 So bereits bei Jakob Fugger, der das erste Fuggersche wappen mit den gulden rechhunden in blaher veldung bei kayser Friderichen für sich und seine brüeder allain ausbracht und erlangt […]. („Fuggerchronik“, S. 7) 228 „Fuggerchronik“, S. 41. 229 „Fuggerchronik“, S. 20. 230 „Fuggerchronik“, S. 22.

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schenen langen person, stark von leib und gemueth ist er gewesen, nicht allein ein besonder liebhaber, sonder ein vater und ehr aller warhaften historien und allen vorgemelter guetwissen der sachen ein fleissiger nachfrager und begaber aller gueten konsten, besonder der antiquiteten.231

Eingelegt ist diese Beschreibung in die Darstellung der großen Bautätigkeiten Raymund Fuggers232 und nicht zuletzt in die Ausführungen zur Erwerbung von grafund herrschaften, mit sambt vielen edlsmanssitzen, schlösser, törfer, die die Fugger in ansehung ihres redlich und freundlichen gemueths und tugent erworben haben.233 Aufs Engste sind hier Wesenseigenschaften, wie Wissensbegierde, Geschichts- und Kunst­ interesse sowie besonders die Eignung der Fugger für den Adel mit ihren vorbildlichen körperlichen Eigenheiten enggeführt. Als Verkörperung, so wurde in den vorhergehenden Studien zu den Habsburgern vorgeschlagen, kann dieses Denkkonzept auch hier beschrieben werden: Körper und Nichtkörperliches sind so eng aufeinander bezogen, spiegeln sich gegenseitig derart, dass sie im 15. und 16. Jahrhundert nicht unterscheidbar sind. Wer schön, lang, gerad, gelbs haar und bart hat, wie es über Christof Fugger heißt, der ist ganz lieblich, artlich und adelichen gewesen und von den edelleuten in Frankreich, Hispanien und Italin vast geliebt worden.234 Die Fugger sind ganz ‚natürlich‘, so die Inszenierung, für Macht bestimmt. Schönheit ist dabei eine Veranlagung, die innerhalb des fuggerschen Blutes weitergegeben wird, wenn Christof Fugger in seinem anziehenden Äußeren seinem vatern Raymundo Fuggern vast enlichen […] gewesen ist.235 Das geblüet236 der Familie nimmt eine besondere Stellung im Werk ein. Klar differenziert die Chronik zwischen den erfolgreichen Fuggern von der Lilie und den erfolglosen Fuggern vom Reh: Ihre Genealogie ist durch einen unfal gestört, ihr Stamm ist mit der zeit gar erloschen und verdorben, so dass vil derselben kinder […] handwerk lernen müessen.237 Die Ursachen für diesen Untergang macht die Fuggerchronik in den Wesenseigenschaften der Vertreter vom Reh fest: Steigen sie rasch auf, ist ihr Handel zunächst glücklich und wol ergangen, so geraten sie durch den großen Erfolg bald in Hochmut und verachten ihre Verwandten von der Lilie.238 Ihr schlechtes Verhalten führt zu ungünstigen wirtschaftlichen Aktionen, so dass ihre Firma grossen schaden erleiden muss und untergeht.239 Schließlich ertrinkt Matheus Fugger, Sohn

231 „Fuggerchronik“, S. 33. 232 Was grossen lust zu pauen hat er gehabt […]. („Fuggerchronik“, S. 33) 233 „Fuggerchronik“, S. 33. 234 „Fuggerchronik“, S. 37. 235 „Fuggerchronik“, S. 37. 236 „Fuggerchronik“, S. 9. 237 „Fuggerchronik“, S. 17. 238 „Fuggerchronik“, S. 5. Eine Verachtung, die dazu führt, dass Jakob Fugger wiederum seines herrn vatern brüeder und desseligen söhn verachtlich aus der Familie und Handelsgesellschaft ausgeschlossen und vergessen hat. (Ebd., S. 7) 239 „Fuggerchronik“, S. 8.

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des Andreas Fugger vom Reh, im Comer See:240 Ökonomischer wie genealogischer Niedergang gehen Hand in Hand. Aufstieg und Untergang sind hier dichotomisch gedacht, werden aber auch produktiv aufeinander bezogen, wenn gerade der Untergang der Fugger vom Reh dazu führte, so die Fuggerchronik, dass die Fugger von der Lilie ihre Solidarität mit diesen zeigen können: Sie helfen den Fuggern vom Reh241 auch durch finanzielle Zuwen­ dungen.242 Überhaupt hebt die Fuggerchronik die ehrenvollen Taten und Eigenschaften der Fugger von der Lilie besonders deutlich hervor. Sie greift hier auf Adelskonzepte zurück, um die Familienvertreter als würdevoll und tugendhaft zu inszenieren. 3.2.2.3 Die Tugend der Fugger: Angeborn caritas Die Fuggerchronik argumentiert im Sinne eines Tugendadels, da der ware adel allein aus gueten künsten und tugenten herfliesst.243 So wird über Hans Jakob Fugger geschrieben: Er sei, was bekannt ist, […] von herzen frumb gewesen, auch ein liebhaber aller gueten künsten.244 Es verschmelzen ehrn und guet miteinander, wie es bei Jakob Fugger heißt, der gerade durch seine ausgezeichnete Bildung den kaufhandl auf vorbildliche Weise betreiben konnte.245 Die Präsentation des redlich und freundlichen gemueths und tugent einzelner Vertreter steht exemplarisch für das gesamte ‚Geschlecht‘, für all[e] herrn Fuggern.246 Die Beschreibung der Tugend der Fugger, deswegen […] [sie] von menigelichen lieb und wert […] gehalten worden,247 ist in der Fuggerchronik zentral. So heißt es bereits bei Jakob Fugger, dass er als statlicher handlsman besonders aufrecht und redlich gewesen ist.248 Gegenüber all denjenigen allerdings, die hochmeut gegen im geuebt

240 „Fuggerchronik“, S. 8. 241 „Fuggerchronik“, S. 9. 242 „Fuggerchronik“, S. 14. 243 „Fuggerchronik“, S. 40. 244 „Fuggerchronik“, S. 40. 245 „Fuggerchronik“, S. 26. Stollberg-Rilinger (1996), S. 44 übersieht in ihrer kursorischen Interpretation zur „Fuggerchronik“, dass das Herkommen der Handelsfamilie in der „Fuggerchronik“ ebenso in ein Konzept des Ausstellens von kaufmännischer Vorbildlichkeit inbegriffen sein kann: Handel und Adel schließen sich nicht aus, werden als sich wechselseitig bedingend ausgestellt; Handelstätigkeit ist dahingehend in der „Fuggerchronik“ ebenso thematisiert und wird eben nicht „fast ohne jeden Hinweis“ (ebd.) verschwiegen. 246 „Fuggerchronik“, S. 33. 247 „Fuggerchronik“, S. 23. 248 „Fuggerchronik“, S. 18.

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haben, ist er rauch und hart erkunden worden.249 Seine zahlreichen Kinder250 folgen ihm in den gueten tugenten wie sitten nach, was darauf hindeutet, dass Tugend als vererbbar inszeniert wird.251 Der Schwerpunkt liegt auf der Präsentation einer Ausgeglichenheit der einzelnen Vertreter, die sich für das Gemeinwohl einsetzen und karitativ tätig sind; so heißt es beispielsweise bei Raymund Fugger: Von ganzem gemueth und herzen ist er sanft, milt und gabreich gewest, reiche und wol angelegte almuesen sind gleichsam angeborn von ime geflossen.252 Reichtum wird damit in der Chronik nicht verschwiegen, wenngleich der Schwerpunkt im Präsentieren des wohlwol­ lenden Umgangs mit Geld liegt: Gleichsam als genealogisch verankerte Eigenschaft – angeborn – gilt die karitative Tätigkeit der Fugger. Sie ist Alleinstellungsmerkmal der Familie. Die Fugger investieren ihr Geld in die Versorgung der Armen der Stadt, so die Inszenierung der Fuggerchronik, wenn beispielsweise Hieronymus Fugger fur 20.000 fl. ein spital bauen lässt und in seinem Testament festhält, dass aus seinem gescheft alspald 2.000 gulden unter die armen ausgethailt werden, so dass er mit großer clag menigelichs armen und reichen verschiden ist.253 Als fromme und soziale Persönlichkeiten sind die Fugger jeweils markiert, die die armen von herzen lieb gehabt, auch meniclichs guets bewisen haben.254 Große und reiche almuesen spenden die Fugger ganz miltigelichen, legen für sich selbsten kaines stolzes noch hoffart an den Tag, sondern sind demselben von herzen feind gewesen und erhalten die gerechtigkaiten in Augsburg.255 Die Stiftungen zur Armenfürsorge, wie beispielsweise das Spital oder die Fuggerei, die durch die alten herrn Fugger gegründet wurde,256 werden von den nachfolgenden Fuggern erhalten: Mit iren einkomen […] pessern sie sogar jene Einrichtungen.257 Generationenübergreifend, so die Inszenierung, treten damit die karitativen Tätigkeiten der Fugger zu Tage. Doch nicht nur gegenüber Armen sind die Fugger spendabel: Auch Reiche unterstützen sie in prekären Situationen mit ihrem Geld, so beispielsweise, wenn Anton Fugger ainem Rath in Augsburg ohne allen interesse […]

249 „Fuggerchronik“, S. 18. Interessant sind in diesem Kontext jene Passagen, die Intrigen und Neid gegenüber den Fuggern andeuten; so beispielsweise ein Abschnitt, der Karl Fugger am hof philipi könig aus hispania zeigt. (Ebd., S. 44) Der Sohn des Schatzmeisters und weitere Diener am Hof verfallen in feindschaft gegenüber Karl Fugger und trachten ihm nach dem Leben. In einem Hinterhalt, in welchen der junge Fugger gerät, ersticht Karl schließlich seinen Widersacher. (Ebd.) 250 Er hat siben söhn und drei töchtern. („Fuggerchronik“, S. 18). 251 „Fuggerchronik“, S. 19. Die Kinder folgen ihren Eltern im Handel nach; manche schlagen geistliche Wege ein und kommen in Klöstern, manche sogar in Rom zu hohen Positionen: So bspw. ebd., S. 25, S. 31. 252 „Fuggerchronik“, S. 34. 253 „Fuggerchronik“, S. 24. 254 „Fuggerchronik“, S. 60. 255 „Fuggerchronik“, S. 65. 256 „Fuggerchronik“, S. 29. 257 „Fuggerchronik“, S. 68.

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80.000 fl. fürgestreckt und erlent hat.258 Die Fuggerchronik repräsentiert gerade in den Abschnitten die Tugend der Familie noch einmal einprägsam, die das Nahverhältnis zum Kaiser aufzeigen. Dort werden die Geldzahlungen an diesen thematisiert – so bei Anton Fugger: Seinen freyen zuegang hat er jedereit zu dem kayser gehabt und hat oft ain hohe suma gelt aufbracht und furgestreckt.259 Die Fugger sind eine besonder ehr des ganzen varterlands.260 Tugend ist das Fundament ihrer außergewöhnlichen Stellung. Diese veredelt ihre natürlich angelegten Eigenschaften: Man wird zu größten ehrn, zunften und tugenten erzogen.261 Die außergewöhnliche Tugend der Fugger kulminiert in der Person des Anton Fugger. Nachdem sich die Stadt Augsburg 1546 im Schmalkaldischen Krieg dem siegreichen Kaiser Karl V. unterwerfen muss, wird mit hochen flechen und biten aines erbaren raths, so die Fuggerchronik, herr Antonius Fugger gebeten, daß er sich ainer unterhandlung gegen dem kayser zur Schonung Augsburgs begibt.262 Anton übernimmt diese Aufgabe mit größtem Respekt: Er ist dem kayser zue fueß gefallen und hat auf seinen knüen mit aufgehabnen henden und tränenden Augen umb gottes und seiner barmherzigkeit willen für Augspurg, sein vaterland, gebeten, weliches der kayser hat wellen in raub stecken.263 Das Bitten um Gnade durch den Fugger ist erfolgreich: er hat in solicher bittung den kayser dermassen zu barmherzigkeit bewegt, dass Karl V. Augsburg schließlich vergibt.264 Der Fugger nimmt Karl sogar in sein behausung auf, wo er sein kayserlich palatium gehalten hat.265 Größte Ehre erlangen die Fugger durch diese Taten Antons: Auf der einen Seite beruft die Stadt Augsburg sie in den Ratsstand,266 auf der anderen Seite bestätigt ihnen Karl V. nicht nur die Wappenfähigkeit, sondern verleiht ihnen weitere adls-, herrn- und gräflichen titulen, so die Fuggerchronik.267 3.2.2.4 Exkurs: Der Zusammenbruch des Höchstetter-‚Hauses‘ Der Fuggerchronik geht es zentral um die erfolgreichen Erwerbungen der Fugger von der Lilie, die sich von den erfolglosen Fuggern vom Reh abgrenzen. Erstaunlich ist, dass in die Fuggerchronik ein Beispiel eingearbeitet ist, das auch unter den Fuggern sozusagen einen Seitenblick auf die negative Seite in der Machtkonstitution des Han-

258 „Fuggerchronik“, S. 61. 259 „Fuggerchronik“, S. 62. 260 „Fuggerchronik“, S. 62. 261 „Fuggerchronik“, S. 82. 262 „Fuggerchronik“, S. 61. 263 „Fuggerchronik“, S. 61. 264 „Fuggerchronik“, S. 61. 265 „Fuggerchronik“, S. 62. 266 „Fuggerchronik“, S. 61; Octavian Secundus Fugger wird zum Rat der Stadt ernannt. (Ebd., S. 55); Hans Jakob Fugger wird zu dem ersten herrn burgermaister von dem kayser ernnent und beruefen worden. (Ebd., S. 42) 267 „Fuggerchronik“, S. 42.

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delshauses zulässt. Anton Fugger gewinnt ein hohes Erbe, gerät aber gerade dadurch in Streit mit seinen Vettern: Demnach sich aber auf ein zeit ain hocher unwillen zwischen disem herrn Antony Fugger und anderseits gegen seinen herrn vettern zuegetragen.268 Schließlich kann dieser unwillen zwischen den Verwandten aus dem Weg geräumt werden.269 Anton Fugger investiert sein ererbtes Geld, verliert aber einen Großteil mit ainer spanischen armada und macht viele Schulden; er flüchtet von Augsburg, versteckt sich listig, um seinen Gläubigern zu entgehen.270 Schließlich wird er aufgegriffen und in Haft genommen, in ein sondere stuben und gemach gefenklich ist behalten worden und wurd teglich mit 6 soldaten bewart und bewacht.271 Trotzdem wird er, wie die Fuggerchronik betont, mit gueter speis und trank versechen, sein Vergehen wird gerade auch dann abgeschwächt, wenn es im Text heißt, dass Gott […] in tresten und gedult verleichen [woll], bis er nach der Buße seines Vergehens wieder frei gelassen wird.272 Die Fuggerchronik scheint hier, zumindest in Andeutungen, auf die sich rasant verändernden ökonomischen Verhältnisse und vor allem auf die spektakulären Gewinne, aber auch Verluste ganzer Kaufmannshäuser zu reagieren. Man rekurrierte in diesem Kontext um 1500 verstärkt auf den alten Topos hoch- und spätmittelalterlicher Texte,273 die Kaufleute könnten besonders gut lügen und vor allem simulieren: Über monopoli und stupferei gelinge es ihnen, so schreiben beispielsweise Johannes Geiler von Kaisersberg beziehungsweise Johannes Pauli,274 Kontrahenten auszustechen, Monopole zu errichten und trotz Schulden weiter ökonomisch aktiv zu bleiben. In allen Bereichen, so scheint es, schlagen sich die aus dem Handel kommenden betrügerischen Eigenschaften nieder: Die Räte im Umfeld Kaiser Maximilians I. prangert Wilhelm Rem an, da sie Bestechungen annehmen, gelt, wiewol zů zeitten der kaiser nicht darum gewest hat;275 auch die Kurfürsten vergessen ihren Eid, so Wilhelm Rem, daß sie kain gelt oder schankung wellen nemen;276 schließlich sei der Rat der

268 „Fuggerchronik“, S. 56. 269 „Fuggerchronik“, S. 57. 270 „Fuggerchronik“, S. 57–58. 271 „Fuggerchronik“, S. 58. 272 „Fuggerchronik“, S. 58. 273 Groebner (1998), S. 353. 274 Johannes Geiler von Kaisersberg im Druck von Johannes Pauli, Die brösamlin doct. keiserspergs, Vn[d] sagt vo[n] de[n] funfftzehen Hymelschen staffelen die Maria vff gestigen ist vn[d] ga[n]tz von de[n] vier Leuwengeschrei […] nutzlich vnd gut den mensche[n], die […] dardurch gebesseret werde[n], Straßburg 1517, fol. 93v–96v. 275 Wilhelm Rem, Cronica newer Geschichten 1512–1527, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 5, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1896 (Die Chroniken der deutschen Städte, 25. Bd.), S. I–284, S. 100. 276 Wilhelm Rem, Cronica newer Geschichten 1512–1527, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 5, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1896 (Die Chroniken der deutschen Städte, 25. Bd.), S. I–284, S. 109.

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Stadt Augsburg von betrügerischen Machenschaften geradezu durchzogen und vor allem unter den Leitern der Handelsgesellschaften herrschten solche Zustände, daß wol zu glauben ist, daß größer dieb nicht sein dann die öbresten in etlichen gesellschaften.277 Wilhelm Rem pointiert in seiner Chronik über die Kaufleute um 1500: ettlich waren unter ainander untreu, sie beschissend ainander umb vil tausent guldin.278 Das geht soweit, wie Clemens Sender schildert, dass die eigenen Angestellten ihre Handelsgesellschaften verklagen, wie 1520 Bartholomäus Rem, der die Höchstettergesellschaft wegen Betruges und Gewinnverschleierung vor dem kaiser und den fürsten des reichs verclagt und hat von dem adel ain großen beistandt gehept279 – wenngleich erfolglos. Nicht einmal in den Familien selbst könne man Verlässlichkeit erwarten,280 wenn Lukas Rem beispielsweise aus einer mit seinen Brüdern gegründeten Handelsgesellschaft aufgrund von Unaufrichtigkeiten gezwungen wird, auszusteigen.281 Mit Ambrosius Höchstetter liegt ein besonders spektakulärer Fall eines Kaufmanns um 1500 vor. Ähnlich Anton Fugger steigt er ökonomisch auf und fällt dennoch tief. Die Art seines Untergangs unterscheidet sich stark von jenen Beschreibungen der Schulden von Anton Fugger in der Fuggerchronik. Schildert Clemens Sender seinen rasanten Aufstieg durchaus anerkennend und führt den finanziellen Gewinn mit der Schönheit seines Körpers eng, ähnlich wie die Fuggerchronik den Aufstieg der Fugger von der Lilie mit der Schönheit ihrer Körper und ihrer Tugend erklärt, – ist ain seiner, herlicher, langer, groser, starcker mann gewesen, aines fürstlichen ansechens, auch groß trauens und glaubens geacht gewessen, der auch mit trau und glauben mit kinigen und kaiser, fürsten und herrn und allen meniglichen gehandlot hat –, so machen ihn seine exorbitanten Reichtümer auch verdächtig: er lieg geren, heißt es.282 Seine listigkait

277 Wilhelm Rem, Cronica newer Geschichten 1512–1527, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 5, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1896 (Die Chroniken der deutschen Städte, 25. Bd.), S. I–284, S. 117. 278 Wilhelm Rem, Cronica newer Geschichten 1512–1527, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 5, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1896 (Die Chroniken der deutschen Städte, 25. Bd.), S. I–284, S. 116. Wortgleich übernimmt diese Passage Lukas Rem, Tagebuch aus den Jahren 1495–1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, hrsg. von Bernhard Greiff, Augsburg 1861 (26. Jahresbericht des Historischen Kreis-Vereins von Schwaben und Neuburg), S. 100; dies könnte darauf hindeuten, dass es hier mehr um eine allgemeine Charakteristik der Zeit aus Sicht der Chronisten geht, als weniger um konkrete historische Vorgänge. 279 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 147. 280 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 147. 281 Lukas Rem, Tagebuch aus den Jahren 1495–1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, hrsg. von Bernhard Greiff, Augsburg 1861 (26. Jahresbericht des Historischen Kreis-Vereins von Schwaben und Neuburg), S. 32–33. 282 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 219.

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dient als Erklärung für seinen geschäftlichen Erfolg: mit seiner kauffmannschaft hat er offt den gemeinen nutz und armen mann truckt.283 Aufgrund eines verschwende­ rischen Lebensstils, der sich in der ganzen Familie widerspiegelt – so die Schilderung des Clemens Sender  –, ist er schließlich nicht imstande, seine Gläubiger auszubezahlen, als diese ihr Geld zurückfordern: Er geht bankrott und wird verklagt.284 Man macht ihm, auch seinem Vater alt Ambrosi Hechsteter und Joseph Hechsteter, seines bruders sun, den Prozess; sie werden in des alten Ambrosi Hechsteters haus zů ainander in ain stuben gefangen gelegt, […] und haben in dieser stuben sie all trei sich ihres gemachs zů ainander miessen der natur began, und hat die stub fast übel gestuncken.285 Schließlich verurteilt man sie und legt sie in die eissen.286 Clemens Sender hält fest: Darnach am herbst ist der alt Ambrosi Hechsteter in dem stiblin in den eissen gestorben und hat solich groß scheden an den fiessen gehapt, daß er also fast gestuncken hat, daß nemants hat kunden bei im pleiben, auch er selbst disen gestanck mit großer beschwernus hat leiden miessen.287

Der Zustand des Körpers des Ambrosius Höchstetters288 korrespondiert mit dem finanziellen Untergang seines Hauses. Zugleich zeigen diese Beschreibungen:289 Ambrosius Höchstetter verkörpert hier die Figur des ‚Opfers‘.290 Er muss in die eissen

283 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 220. 284 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 220–221. 285 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 235–236. 286 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 236. 287 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 237. 288 Man könnte, mit den Worten von Groebner (1998), S. 354, diese Schilderungen zusammenfassen als: „Bankrott stinkt. Die Betrugsmetaphorik kippt zurück, jene, die andere „beschissen“ haben, sind in ihren eigenen Kot gesperrt, der Körper des bankrotten Kaufmanns verfällt und löst sich in übelriechende Geschwüre auf.“ 289 Groebners Schlussfolgerung, dass die Schilderung Clemens Senders ihre „Wirkung aus der Tatsache [bezieht], daß Höchstetter darin als der Kaufmann schlechthin erscheint: ein Mann mit einem schönen Körper, der begehrenswert ist und den man Geld anvertraut, weil er gerne lügt und erfolgreich übervorteilt,“ (Groebner [1998], S. 354) bedarf hierin einer Korrektur sowie einer Erweiterung: Groebner übersieht einerseits den Aspekt der Gewalt, anderseits zugleich den engen Konnex dieser mit dem Ritus des Opfers und der Sexualität, wie ihn Girard (1992a) [französisch zuerst 1972] deutlich herausgearbeitet hat; in ähnliche Richtung ließe sich auch Groebner (2003) weiterdenken. 290 „Das Opfer hat eine reale Funktion […]. Das Opfer tritt nicht an die Stelle dieses oder jenes besonders bedrohten Individuums, es wir nicht diesem oder jenem besonders blutrünstigen Individuum geopfert, sondern es tritt an die Stelle aller Mitglieder der Gesellschaft und wird zugleich allen Mitgliedern der Gesellschaft von allen ihren Mitgliedern dargebracht. Das Opfer schützt die ganze Gemeinschaft von ihrer eigenen Gewalt […].“ Girard (1992a) [französisch zuerst 1972], S. 18 sieht das

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gelegt werden, da er nicht mehr für das ihm anvertraute Geld bürgen kann. Die ‚Gläubiger‘ stürzt der Bankrott der Höchstetterfirma in eine schwere Krise, das arbeitet Clemens Sender in seiner Chronik deutlich heraus, sie verlangen nach Ausgleich. Da dieser aber nicht (mehr) finanziell geleistet werden kann, richten sie ihren Zorn, ihre Gewalt kompensatorisch auf den Körper des Vorstehers der Firma: Ambrosius Höchstetter schuldet den Gläubigern ihr Geld, er wird zum Schuldigen und büßt mit seinem Körper, der das fehlende Geld zur Deckung bringt. Gerade die Kostbarkeit des Männerkörpers, Clemens Sender beschreibt den Kaufmann in seiner Attraktivität und vor allem auch in seiner erotischen Kraft, gilt als Ausgleich für die hohen finanziellen Verluste der Gemeinschaft, denn: „Je akuter die Krise ist, desto ‚kostbarer‘ muß das Opfer sein.“291 Dessen Vernichtung ist gleichsam ein Akt der Kompensation für die sich aufstauende Gewalt in der Gesellschaft.292 Damit wird klar: Eben weil Ambrosius Höchstetter den Erfolg, die Kraft des Aufstieges verkörpert, muss er auch die Verluste, den Untergang des Geldes verantworten; geradezu mimetisch projiziert die Gemeinschaft Gewalt auf ihn.293 Ambrosius Höchstetter soll für sein Vergehen, der Nichtdeckung des Geldes, büßen. Der langsame, nach rechtlichen Prämissen eingeleitete Zerstörungsprozess seiner Person über das Einkerkern verläuft dabei geradezu entgegengesetzt zum schnellen Aufstieg eines im Umfeld der Öffentlichkeit zur Schau gestellten Reichtums: Im Kerker wird er mit der Zeit schwer krank, bekommt Geschwüre. Der Bankrott stinkt derart an seinem Körper, dass dieser sogar ihm selbst fremd wird: auch er selbst disen gestanck mit großer beschwernus hat leiden miessen.294 Isoliert stirbt Ambrosius Höchstetter in der Zelle. Wie eng im Diskursfeld über den Kaufmann um 1500 Körperliches, Wesensart und Handelspraktiken ineinander verschränkt sind, führt das oben genannten Beispiele auch ex negativo vor. Man könnte  – mit Blick auf den zeitgenössischen Diskurs – sagen: Wer sein Handelsunternehmen betrügerisch führt, der besitzt eine betrügerische Natur; schließlich: Wer bankrott geht, hat eine bankrotte Natur. Doch würde dies die Diskurse um 1500 ebenso verkürzen. Immer wieder zeigt sich auch, dass im Handel Manipulationskünste gebraucht werden, man sich in verschiedenen Situationen rasch in unterschiedliche Rollen begeben muss. Dies setzt die – durchaus

Opfer als „ein Instrument der Prävention im Kampf gegen die Gewalt“ an. (Ebd., S. 32) Vgl. dazu auch ders. (1961), ders. (1983) [französisch zuerst 1978], ders. (1992b) [französisch zuerst 1982] und auch Burkert (1976), ders. (19832), ders. (1997) und ders. (1991). 291 Girard (1992a) [französisch zuerst 1972], S. 33. 292 „Die kollektive Tötung erscheint als die Quelle aller Fruchtbarkeit; ihr wird das Prinzip der Fortpflanzung zugeschrieben.“ (Girard [1992a] [französisch zuerst 1972], S. 141) Zum Konnex von Gewalt und Sexualität, von Blut und Opfer, ebd. S. 54–61. 293 Girard (1992a) [französisch zuerst 1972], S. 215. 294 Clemens Sender, Chronik 1519–1520, in: Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 4, hrsg. von Karl Hegel, Leipzig 1894 (Die Chroniken der deutschen Städte, 23. Bd.), S. 237.

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auch anzuerkennende295 – Kompetenz voraus, dass man sich ständig selbst beobachtet, man die Zeichen der anderen zu lesen imstande ist.296 Derartige Entwicklungen repräsentiert die Fuggerchronik eben gerade nicht, deutet sie allenfalls an, federt sie aber vor allem ab, um Kritik an den Handelsunternehmungen der Fugger gar nicht erst aufkommen zu lassen: Sie zeigt eine Familie, die tugendhaft agiert und sogar im Falle von Schulden ihre Würde und ihr Ansehen beibehält, wie eben Anton Fugger, der ähnlich Ambrosius Höchstetter aufgrund seines Bankrotts eingekerkert wird, allerdings, so die Fuggerchronik, auf Freiheit und Gottes Barmherzigkeit hoffen darf:297 Er wurde durch einen Gerichtsprozess verurteilt, wird in Kerkerhaft nicht schändlich, sondern gut behandelt und darf, so deutet es die Fuggerchronik zumindest an, nach Absitzen seiner Strafe wieder (geschäftlich) aktiv werden.298 3.2.2.5 Die Familie der Fugger zwischen Adel und Handel Die Fuggerchronik betreibt großen Aufwand, um die Fugger als adlige und ökonomisch tätige Familie zu zeigen. Damit harmonisiert man in der Chronik Blut und Geld, Genealogie und Ökonomie, Adel und Handel. Der Kontakt zwischen Fuggern und Habsburgern ist in der Fuggerchronik besonders hervorgehoben: Wie ein roter Faden zieht er sich von der erste[n] kundschaft, handlung und gewerb der Fugger mit den osterreichischen Herrschern seit 1473 mit Kaiser Friedrich bis in die jüngste Gegenwart durch die Familiengeschichte, so die Chronik.299 Dieses Nahverhältnis erlaubt es, dem Adel der Fugger Legitimität zu verleihen: Er ist als untrennbar verbunden mit der kaiserlichen Familie ausgegeben. Indem die Fugger Wappen, Herrschaften und Besitztümer erwerben,300 kommen sie zu großem adligen Ansehen, werden vom Kaiser ihrer hoflichen art wegen […] geliebt,301 investieren in die Aneignung von Schlössern, ganzen Dörfern und weiterer Bauten: Schmia, Perken, Hennershofen, Herrschaft Kirchperg, Biberbach, Herrschaften und statt Weissenhorn, heuser auf dem weinmarkt, ein lusthaus und Wasserwerk, Gärten in Augsburg, darüber hinaus die Kirche Sanct Anna in Augspurg und viele weitere, teilweise sehr teure Häuser in Augsburg302 bringen sie in ihren Besitz bezie-

295 Am eindringlichsten Johannes Geiler von Kaisersberg (1517), fol. 7v, für den die Selbstbeobachtung zur Seligkeit führt: Der, der sich selbst ein wenig zuoluogt und sein Selbst ein wenig war nimmet/ der würt wol innen wie weit er ist von der volkummenheit. 296 Groebner (1998), S. 339. 297 „Fuggerchronik“, S. 58. 298 „Fuggerchronik“, S. 58. 299 „Fuggerchronik“, S. 20. 300 „Fuggerchronik“, S. 24. 301 „Fuggerchronik“, S. 28. 302 Besonders imposante Beispiele: „Fuggerchronik“, S. 28, S. 40.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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hungsweise gestalten diese nach ihren Vorstellungen.303 Seit der ersten Behausung,304 über den Ankauf weiterer Gebäude, die die Fugger teilweise abreißen und von neuem erpauen lassen und dem Fuggerischen namen unterworfen werden,305 bis hin zur Erwerbung von Grundherrschaften, die durch die nachfolgenden Generationen vleissig zusammen gehalten und auch […] trefflich gemehrt und gebessert werden,306 wird immer wieder die große lust zu pauen betont:307 Die Fugger gründen eine nach ‚normalen‘ Mustern gestaltete ‚Herrschaft‘. Darüber hinaus betont die Fuggerchronik, dass die Fugger Wälder zur Jagd erwerben,308 Fischereien aufbauen, in summa: forsten und jagten treffenlich gemert und gebessert haben.309 Der Machtbereich der Fugger beschränkt sich dabei nicht nur auf das Reich, sondern erstreckt sich bis nach Italien, Spanien und die Niederlande, wo ebenso Häuser und Herrschaften angekauft werden.310 Der Adel der Fugger resultiert neben den Nahverbindungen zum Kaiserhaus aus ihrem engen Verhältnis zu den fürnembsten potentaten, mit denen sie bekannt gewest sind.311 Gerade Hochzeitsfeierlichkeiten bieten in der Fuggerchronik die Möglichkeit, den engen Kontakt der Fugger mit weiteren Adelsgeschlechtern vorzuführen: So wird die Hochzeit zwischen Octavian Secundus mit Maria Jakobina Fugger auf dem tanzhaus in Augspurg in beysein viler grafen, freyherrn und anderer herrn vom adl und einem stattlichen frauenzimer von gräfin, freyfrauen und ander frauen von dem ald, wie auch der adelichen burgerschaft der statt Augspurg gehalten.312 Die Hochzeit zwischen Raymund Fugger und Anna Rehlinger ist durch die Anwesenheit vieler adliger Geschlechter sogar so groß und von solcher Ausstattung mit kostligkaiten, dass dergleichen zuvor von kainem in Augspurg nicht gehalten worden und auch noch nicht geschechen wierd.313 Der Adel der Fugger resultiert nicht nur aus ihrer Tugend, zeigt sich durch die Erwerbung von Ländereien und Schlössern, wird präsentiert, wenn Anton Fugger zu einem ritter des heiligen grabs geschlagen wird,314 sondern ist geradezu auch durch enge Verbindungen mit adligen Geschlechtern gefestigt.315

303 „Fuggerchronik“, S. 28–29. 304 Bei den Fuggern vom Reh: „Fuggerchronik“, S. 3; bei den Fuggern von der Lilie: „Fuggerchronik“, S. 19. 305 „Fuggerchronik“, S. 28; auch: „Fuggerchronik“, S. 63. 306 „Fuggerchronik“, S. 86. 307 „Fuggerchronik“, S. 33, S. 38. 308 „Fuggerchronik“, S. 40, auch S. 63. 309 „Fuggerchronik“, S. 63. 310 „Fuggerchronik“, S. 64. 311 „Fuggerchronik“, S. 46. 312 „Fuggerchronik“, S. 54. 313 „Fuggerchronik“, S. 60. 314 „Fuggerchronik“, S. 60. 315 „Fuggerchronik“, S. 32, S. 37, S. 40, S. 66.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Die Fuggerchronik verschweigt nicht, dass der Erwerb von Ländereien, zusammengefasst ire ligente güter in und ausserhalb der statt auch ihr adl und andere kayserliche freyheiten durch Handel ermöglicht ist, also, mit anderen Worten, erkauft ist:316 Erst durch rapide Steigerung des Reichtums können sich die Fugger ihren Aufstieg in den Adel leisten,317 es werden auch wieder Ländereien verkauft, um positive Bilanzen einfahren zu können.318 Doch geraten die finanziellen Tätigkeiten nicht als schmutziges oder ehrloses Geschäft in Verdacht, da der Aufstieg der Fugger als kontinuierlicher Prozess einer Familie ausgegeben ist, die gemeinsam, ehrbar, fleißig und in Demut wirtschaftlich arbeitet.319 Die Handelsgesellschaft wird nach und nach aufgebaut; die Handelsverbindungen werden ausgeweitet, Geld wird intensiviert.320 Zusätzlich sind Schilderungen eingebaut, die die enge Heiratsverbindung der Fugger mit bereits etablierten statlichen und habhaften Kaufmännern in Augsburg zeigen:321 Man heiratet zur befürderung des Fuggerischen handls.322 Außerdem legt die Fuggerchronik wert auf die Betonung, dass der Fuggerische handl aus der göttlichen genaden so statlich zugenomen und gewachsen ist.323 Kritik wird durch den Einbezug höchster Instanzen, hier der göttlichen, abgewehrt: Der Familie wird Geltung zugesprochen, indem man auch auf transzendente Begründungsformen setzt. Dabei verschmelzen in den einzelnen Vertretern des Hauses mehrere Legitimationsebenen: Einerseits sind sie als adlige Personen gekennzeichnet, zugleich als ökonomisch tätige Händler, wobei sie auch geistliche Stellen innehaben können. So heißt es beispielsweise von Jakob Fugger, dass er geistlich und ain tombherr durch bäpstliche heiligekeit geworden ist, später aber, als die fuggerische Firma ihn brauchte, wechselte er wieder in den kaufhandl nach Venedig, daselbten er etlich jar geblieben und sich das handels so wol angenomen.324 Die präsentierten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind in der Fuggerchronik nicht statisch, vielmehr ändern sie sich im Laufe der Zeit, was explizit gesagt wird: So hat Jakob Fugger den vorigen handl mit specerey, seiden und wullen nicht mehr zu fuern beschlossen, sondern begab sich auf perkwerck und werl, zu welichem die herrn Turzo, weliche in dem reich Hungern und Poln bey den kinigen in grossen ansechen und den Fuggern mit schwagerschaft verwandt waren, ime treffenliche befürderung bewisen.325

316 „Fuggerchronik“, S. I. 317 „Fuggerchronik“, S. 4. 318 „Fuggerchronik“, S. 47. 319 „Fuggerchronik“, S. 6. 320 „Fuggerchronik“, S. 20. 321 „Fuggerchronik“, S. 6. 322 „Fuggerchronik“, S. 21. 323 „Fuggerchronik“, S. 26. 324 „Fuggerchronik“, S. 26–27. 325 „Fuggerchronik“, S. 27.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Während der Handel der Fugger von der Lilie gerade daher als erfolgreich ausgegeben ist, weil er demütig und ehrenwert betrieben wird, so stehen die Fugger vom Reh in ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten unter keinem guten Stern: Teilweise als faul und nachlässig werden ihre Vertreter beschrieben,326 die in Kriege verwickelt werden,327 wenige bis keine Kinder zeugen, die den Handel fortführen könnten,328 und durch besagten unfal, der den erbfal mer zu besen schulden dann mit gueten wahrn werden ließ, in die Armut stürzen.329 Kontrastiv dazu wird in der Chronik von den Fuggern von der Lilie das Bild eines Kaufmannsgeschlechts gezeichnet, das seine Kinder kontinuierlich auf die bevorstehenden Aufgaben vorbereitet, indem sie in allen gueten künsten, sitten und tugenten […] erwisen werden.330 Ausführungen nehmen zentralen Platz ein, die sich allgemein um die gute Erziehung der Kinder drehen und ihre Reisen331 zu den zeitgenössischen Zentren Mitteleuropas nennen. So heißt es in nahezu formelhafter Art bei einer Reihe von Fuggern, dass sie mit allen gueten tugenten, sitten und geberden332 ganz nach allem christlichen wandl333 in allen gueten künsten erzogen worden334 und die Tugend erlernt haben. Immer wieder wird hervorgehoben, dass die Fugger eine ganze Reihe an Sprachen erlernten,335 als ob sie auf denselben allen und jedes in sonderhait erborn,336 indem sie an ganz unterschiedliche Orte zur Ausbildung geschickt werden: Nach Frankreich, Italien, Spanien und in die Niederlande.337 Ebenso beherrschen sie Latein wie Griechisch, auch Hebräisch.338 Nicht nur das Erlernen von Sprachen steht dabei im Mittelpunkt,339 sondern auch die stutia.340 Besonders einprägsam hebt die Fuggerchronik hervor, dass die Fugger eine bibliothecam aufgebaut haben mit so hochen und schweren uncosten zusamengebracht und teglich gemert, auch mit aignen und gelerten dienern ordenlich unterhalten.341 Diese enthält neben wissenschaftlichen Büchern, eine Reihe an Bilderbü-

326 „Fuggerchronik“, S. 12. 327 „Fuggerchronik“, S. 14. 328 „Fuggerchronik“, S. 14. 329 „Fuggerchronik“, S. 17. 330 „Fuggerchronik“, S. 54. 331 „Fuggerchronik“, S. 74; sogar bis nach Afrika kommen sie. 332 „Fuggerchronik“, S. 19. 333 „Fuggerchronik“, S. 23; ebenso beispielsweise ebd., S. 37. 334 „Fuggerchronik“, S. 44; ebenso beispielsweise ebd., S. 53 und S. 54. 335 „Fuggerchronik“, S. 39: italiänisch, französisch, hipanisch, niderlentisch, lateinisch, kriechisch. 336 „Fuggerchronik“, S. 39. 337 „Fuggerchronik“, S. 32: Italien, Frankreich; ebd., S. 39: Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande. 338 „Fuggerchronik“, S. 45. 339 „Fuggerchronik“, S. 72; ebenso beispielsweise ebd., S. 73. 340 „Fuggerchronik“, S. 75; ebenso beispielsweise ebd., S. 85. 341 „Fuggerchronik“, S. 41.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

chern, Karten und astronomischen Werken, so dass sie zu einer Art Lustgarten wurde, darinnen alle gelerten, wer die auch seind, sich erquiken kinnen.342 Detaillierte Schilderungen, ob und wie genau die Handelsfertigkeiten der Fuggerfirma erlernt werden, fehlen in der Fuggerchronik.343 Nirgendwo wird explizit darauf eingegangen, nur allgemeine Aussagen über den Handel der Fugger sind getroffen.344 Deutlich hervorgehoben ist dagegen, dass die über Generationen erworbenen Reichtümer und Güter der Fugger durch kunst und klueghait der Nachkommen auch in der Zukunft gesichert und vleissig zusammen gehalten werden,345 teilweise sogar mit roß und vich, mit vilen wälden, gehülz und forsten, mit grund und poden ausgebaut werden.346 Der Fuggerchronik geht es um den Ausweis eines adligen Geschlechts, das tugendhaft den Handel betrieben habe. Sie speichert sozusagen das Wissen um das adlige Blut der Familie, ihre Ehre, Demut und auch ihren ökonomischen Aufstieg: Genealogie und Ökonomie sind parallelisiert. Gegenüber Beschreibungen zum Wissen über das Handelswesen schweigt die Chronik: Sie ist an ihr Ende gekommen. Werke wie die Musterbuchhaltung347 und das Kaufmannsnotizbuch348 registrieren dagegen nicht nur den Waren- beziehungsweise Geldverkehr der Fugger, sondern besonders auch das Wissen um den Kaufhandel und die Arbeitsweisen des Kaufmanns:349 Sie führen Anweisungen vor Augen, wie man in konkreten Handelssituationen zu reagieren habe. Zusätzlich speichern sie das Wissen um die wirtschaft-

342 „Fuggerchronik“, S. 41. 343 „Den Schwerpunkt der Erziehung [der Fugger] bildeten die Fremdsprachen und geschliffenes standesgemäßes Verhalten (Tanz, Musik, Fechten). Hingegen trat die Ausbildung im Handel zurück.“ (Karg [1999], S. 105) 344 Deutlich bspw. bei den Ausführungen zu Jakob Fugger: „Fuggerchronik“, S. 26. 345 „Fuggerchronik“, S. 79. 346 „Fuggerchronik“, S. 80. 347 ÖNB cvp 10906 zitiert nach der Edition von Ekkehard Westermann, Markus Denzel (Hrsg.), Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Stuttgart 2011 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft, Bd. 215), S. 257–496. 348 ÖNB cvp 10720 zitiert nach der Edition von Alfred Weitnauer (Hrsg.), Venezianischer Handel der Fugger. Nach der Musterbuchhaltung des Matthäus Schwarz, München, Leipzig 1931 (Studien zur Fugger-Geschichte, 9 Bd.), S. 174–314 (der Text folgt der Elbinger Handschrift, vergleicht den Wortlaut mit der Wiener und einer Danzinger Handschrift). 349 Zu ergänzen wäre noch das „Trachtenbuch“ von Matthäus Schwarz (1520); Abdruck der Handschrift mit erläuterndem Kommentar bei: Fink (1963), S. 97–176. Allgemein kann man hier Valentin Groebner zustimmen, dass sich Tendenzen des Matthäus Schwarz abzeichnen, Buchhalten, bezogen auf kaufmännische Ereignisse, und Aufschreibepraktiken, bezogen auf die eigene Person, parallel laufen zu lassen; fraglich ist aber, ob man tatsächlich die „mehrfach[e] Eintragung eines Postens in unterschiedlichen Kontobüchern“ gemäß einer doppelten Buchführung auch mit den ‚doppelten‘ „biographischen Aufzeichnungen“  – getrennt in „Hauptbuch und Sonderregistratur“  – engführen kann. (Groebner [1998], S. 340) Vielmehr könnte man thesenartig formulieren, dass sich buchhalterische Organisationsprinzipien auch in biographischen Werken – wie Tagebüchern – niederschlagen; das zeigt Groebner selbst am Bsp. von Lukas Rem. (Ebd., S. 340–341)

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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lichen Aktivitäten der Fugger, sie fungieren als ‚Spiegel‘ der Selbstbeobachtung,350 ergänzen sozusagen das Wissen um das Blut in der Fuggerchronik mit dem Wissen um das Geschäft. In seiner Musterbuchhaltung, wohl 1516 beziehungsweise 1518 ausgeführt, Abschriften entstehen um 1550, geht es Matthäus Schwarz,351 er ist der Hauptbuchhalter für die Firma der Fugger, zunächst um die Beschreibung, was das Buechalten sey.352 Dabei hebt er allgemein die Notwendigkeit der Buchhaltung hervor: Das buchhalten vergleicht sich ainem sparhafen vnd ist ein solliche werckliche, artliche, ordentlich, richtige, kurtzweilige, schöne vnd kurtz erdichte kunst fur die handtierungs leut, von den Italianern erfunden. Aber solliche reichmachende kunst wirt bey vns Tuetschen wenig geliebt, insonders bey denen, die da mainen, sie dörffen sein nit.353

Gerade der muss die Buchhaltung betreiben, der mit vil leutten zethun hat, so dass er zu allen zeiten kann wissen, wie es mit seinen wahren, Creditore vnd Debitor allenthalben steet.354 Matthäus Schwarz führt die Technik der Buchhaltung – und das ist entscheidend – eng mit der Person des Kaufmanns selbst, der gleichsam wie in einen Spiegel blicke, wenn er seine beschreibungen macht: vnd sichts als fein vor im, als wann er sich selbst in ainem spiegel besehe, daraus er im selbst, auch andern, zu aller zeit vmb sein thun vnd lassen allerlay handtierung halben, red vnd antwort, auch gute bschaid geben kann.355 Es geht, so könnte man diese Worte interpretieren, um Techniken der Selbstkontrolle.356 Wie eng kaufmännische Tätigkeiten und ‚biographische‘ Ereignisse verschränkt sind, zeigt Matthäus Schwarz an, wenn er in die Anweisungen zur Buchhaltung Ausführungen, wie er selbst zum Buchhalten gekommen sei, einarbeitet. Nur wer sich und seinen Körper unter Kontrolle hat,357 sein selbst sein will, der kann auch erfolgreich handeln. 358 Notwendig macht dies nicht zuletzt – darum geht es Matthäus Schwarz im Besonderen – die komplexe Umwelt, die Vielzahl der beteiligten Prozesse im Handel, die man nicht alle im kopff tragen359 kann, sondern aufzeichnen muss. Anforderungen an

350 Siehe hierzu Groebner (1998), v. a. S. 354–358. 351 Dass die Vielzahl der von Matthäus Schwarz überlieferten Quellen weniger auf ein ‚Interesse‘ an der eigenen Person schließen lässt, sondern mehr ihr Augenmerk auf zeitgenössische historische Entwicklung legen, die sozusagen in zweiter Ordnung reflektiert werden und zu einem ‚Beobachten‘ des Selbst führen, zeigt bereits Georg Habich mit seinen Analysen zum „Gebetbuch“: Habich (1910), v. a. S. 5–6. 352 ÖNB cvp 10720, fol. 6a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 174. 353 ÖNB cvp 10720, fol. 6a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 174. 354 ÖNB cvp 10720, fol. 6a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 174. 355 ÖNB cvp 10720, fol. 6b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 175. 356 Groebner (1998), S. 339. 357 Groebner (1998), S. 340. 358 ÖNB cvp 10720, fol. 6a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 174. 359 ÖNB cvp 10720, fol. 6b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 175.

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den Kaufmann, besonders an den Buchhalter werden genannt: Er muß spitzfindiger sein, dann die andern, denn diese Welt ist undurchsichtig und betrügerisch.360 Des Weiteren: Der muß aufsehen, das er nit feele im einschreiben, was täglich wirt gehandlet, dann es ligt vil an im vnd wann er feelete vnd der mutierer ist vnfleissig vnd sieht dem feel nit nach, so feelen sie baid.361 Kontrollierbarkeit wird in der Welt im 16. Jahrhundert immer wichtiger, aber nicht nur gegenüber den Warenflüssen, sondern vor allem auch gegenüber den Kontrollierenden selbst, wenn es heißt, dass das buchhalten wie ein gegenschreiber oder contralier362 sei. Die mehrfache Aufschreibepraxis363 bedarf nicht nur einer Verzeichnung der Handelsvorgänge in verschiedenen Büchern, die sich gegenseitig kontrollieren, sondern eben auch mehrerer Personen, so dass kain herr betrogen werden364 kann.365 Unterschiedliche Kompetenzen werden eingefordert: Wer das Journal führt, soll spitzfindig sein; wer die Cassa führt, soll argwöhnisch sein; derjenige am Hauptbuch soll ein ausgezeichnetes Gedächtnis haben.366 Matthäus Schwarz rekurriert immer wieder darauf, Vorsicht gegenüber weiteren beteiligten Kaufmännern walten zu lassen. Sie könnten alle potentielle Betrüger sein, so dass man ein Wechselsystem gegenseitiger Beobachtung beziehungsweise Überwachung installieren muss, um die menschlichen Naturen durch Techniken der Buchhaltung im Griff zu haben: Wann sie aber all drey schelmen vnd dieb sein wöllen, so kunden sie ainem herrn, der ein solchen grossen handel fuert, wol vil abtragen vnd schaden thon. Aber darumb das man drey nimbt, das geschicht darumb, das selten drey personen ains sins seind zu eröffnen sein tück; daraus nit leichtlich ainer dem andern sein gmüet entdeckt vnd desterbaß pleibt ein jeder bey seinem officio. Vnd welcher in seinem officio fellt, der wirt von dem andern geuexiert. Damit wirt der herr nit betrogen vnd bleiben die diener fromm mit vnwillen.367

Indem Matthäus Schwarz in seinem Werk ein Register uber dreerlay buchhalten368 mit einer Fülle an Beispielen anführt, zeigt er auch, welche Anforderungen an den Kaufmann und vor allem dessen Wesensart gestellt werden: Dieser muss zuverlässig sein, loyal für seine Firma eintreten und nicht zuletzt sich selbst unter Kontrolle haben.369

360 ÖNB cvp 10720, fol. 7a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 176. 361 ÖNB cvp 10720, fol. 7a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 176. 362 ÖNB cvp 10720, fol. 7a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 176. 363 Groebner (1998), S. 340. 364 ÖNB cvp 10720, fol. 7a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 176. 365 So interpretiert auch Alfred Weitnauer, Weitnauer (1931), S. 20: „[E]in Buch [wird] durch das andere kontrolliert und damit zugleich eine Überwachung der mit der Führung der einzelnen Bücher betrauten Personen erreicht.“ 366 Groebner (1998), S. 341. 367 ÖNB cvp 10720, fol. 7a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 176–177. 368 ÖNB cvp 10720, fol. 12b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 186. 369 ÖNB cvp 10720, fol. 12b–75b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 186–272.

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In geradezu formelhaften Wendungen dekliniert Matthäus Schwarz in seiner Musterbuchhaltung die Beispielfälle370 und weist darauf hin, wie der Kaufmann situativ jeweils zu handeln habe371  – den Rezipienten seiner Musterbuchhaltung wird die jeweils richtige Rolle vor Augen geführt. Matthäus Schwarz beschließt372 diese Beispielketten mit den Worten: Wilt du aber, daß dir wol gelinge, so sich mit vernunfft zu deinen dingen.373 Vernunft bedeutet in diesem Kontext ‚ökonomischen‘ Erfolg.374 Auf Informationen und Nachrichten in verkerter gestalt,375 müsse man jederzeit gefasst sein. Der ‚Ambiguität‘ im Kaufhandel  – deutlich erkennbar am Sprichwort Interesse ist hoflich gewuchert, Financzen ist hoflich gestolen,376 das Matthäus Schwarz anführt, wenn er die kaufmännischen Terminologien erklärt – kann nur mit ruhiger und aufmerksamer Beobachtung begegnet werden.377 Zeigt Matthäus Schwarz in diesem Kontext auf, wie ein Kaufmann beschaffen sein sollte, so kommt dies schlagend auch noch einmal in einem seiner weiteren Werke, dem Kaufmannsnotizbuch, deutlich zum Tragen, gerade wenn es mit mehr als 350 Blättern, wohl bis 1548378 ausgearbeitet, seine Entstehung im Fuggerschen Kontor379 hatte und eine Reihe an Informationen zum Handel der Fugger um 1500 in nuce enthält. Das führt bereits der Titel vor Augen: Innhalt diß Buechs ist von viller Stött maß, Gewicht, muntz und anderm, wie sich solches alles zue der Richtigkhait unnd vergleichung fueget. 1548380

Das Register des Buches spiegelt die Struktur seines Inhalts wider: Nach Städten geordnet, wie Augspurg, Nurnberg, Frankhfurt, aber auch Venedig, Rom, Jenua,

370 „Seine ganze Musterbuchhaltung gibt dementsprechend vor, völlig fiktiv zu sein, sie sei nur muster oder formular: Tatsächlich besteht sie […] zum größten Teil um[sic!] Abschriften originaler Geschäftsbüchern der venezianischen Fuggerfaktorei.“ Groebner (1998), S. 342 weist bei dieser Feststellung auf die (spärliche) veraltete Forschungsliteratur hin: Weitnauer (1931), S. 36–37; Strieder (1914), S. 265–268; ders. (1938a), S. 55. 371 Vns soll steht dabei beinahe vor jedem Satz. 372 Das Werk selbst wird beendet, indem er mit einem Nachtrag von 1550 in einer letzten Beispielkette neben der doppelten Buchführung auf das vermischts buchhalten mit ainem Schuldbuch, Haubtbuch vnd Gehaimbuch zu sprechen kommt: ÖNB cvp 10720, fol. 77a–99a; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 272–306. 373 ÖNB cvp 10720, fol. 75b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 270. 374 Groebner (1998), S. 342. 375 ÖNB cvp 10720, fol. 75b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 271. 376 ÖNB cvp 10720, fol. 8b; zitiert nach der Edition von Weitnauer (1931), S. 180. 377 Groebner (1998), S. 342. 378 Zur Datierungsfrage: Denzel (2002), S. 129 und v. a. Westermann/Denzel (2011), v. a. S. 23. 379 Denzel (2002), S. 126. 380 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548 (ÖNB cvp 10720), fol. IIIr; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 257.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Bologna, Valentza in Hispania, Madrit, Ofen, Botzen und Reichenstain beinhaltet das Werk in 207 acta die Sammlung einer Vielzahl an Informationen, die den Fuggern von der Lilie für ihr Unternehmen wichtig erscheinen. Ein Blick in das Werk gleicht einem Blick in die innerste Machtzentrale der Fugger: Das Kaufmannsnotizbuch unterlag strenger Geheimhaltung.381 Es sammelt Informationen aus den einzelnen Faktoren, fasst die Berichte zusammen und erstellt Artikel zu einzelnen Städten, Ländern, um den Überblick zu halten sowie Strategien der Handelspraktik zu entwerfen.382 Die leeren Seiten stehen für die Möglichkeit von Nachträgen und Ergänzungen,383 was auch ein Grund für die Bevorzugung der Handschrift gegenüber dem Druck sein könnte. Ähnlich der Musterbuchhaltung zeigt auch das Kaufmannsnotizbuch, als wie notwendig man das Aufschreiben der Vorgänge innerhalb der Firma empfand, um den Überblick zu wahren, wenn es immer wieder in der Handschrift heißt: auch gefunden,384 ich hab gefunden, Weiter find ich385 – es geht um das möglichst vollständige Sammeln von Informationen. Man könnte pointieren: Nur diejenigen können eine Firma erfolgreich führen, die detailliert zählen und rechnen,386 beobachten und organisieren. Matthäus Schwarz nimmt eine ‚Schlüsselstellung‘ in der Dienerschaft der Fugger ein: Sie vertrauen ihm, sind auf seine Informationen angewiesen. Doch geht es nicht nur um das Sammeln und Zusammenfassen von Wissen, sondern auch um das Ver- und Abgleichen von Informationen innerhalb der Firma – Also hab Ichs gefunden auß her Jacob Fuggers seligen, aigen handtschrifft387  – und vor allem um das Auswerten dieser sowie der Kommunikation an die Firmenleitung, wenn Matthäus Schwarz beispielsweise nach seinen Rechnungen zum Goldstand in Ungern und in Theutschlandt hervorhebt: Also wers in Ungern pesser um 6 2/3 pro cento dann in Theutschland, solchs hab Ich mit hern Anthoni Fugger ec. Adj 12 des Monats Jungo 1535 disputiret.388 Darüber hinaus sind im Kaufmannsbuch Beispieldialoge zwischen

381 Denzel (2002), S. 129. 382 „Die Handelspraktik diente damit eindeutig dem Gebrauch innerhalb der Fugger-Zentrale, und zwar sowohl der Kontrolle von Nachrichten und Rechenschaftsberichten der Faktoren als auch der Buchführung (Inventur und Bilanz).“ (Westermann/Denzel [2011], S. 24–25) 383 „[Z]ahlreiche Leerseiten hätten einer weiteren Aufnahme von neuen Informationen nach 1548 noch viel Raum gelassen, und diese Möglichkeit ist auch zumindest für einige wenige Abschriften von Briefen genutzt worden.“ (Westermann/Denzel [2011], S. 25) 384 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548 (ÖNB cvp 10720), act. 9*; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 276. 385 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548 (ÖNB cvp 10720), act. 29; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 309. 386 Witthöft (2002), S. 201. 387 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548: ÖNB cvp 10720, act. 153; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 423. 388 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548: ÖNB cvp 10720, act. 175; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 448.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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einem Ich und weiteren Kaufmännern eingeführt, die exemplarisch vorführen, wie man sich in Geschäftssituationen zu verhalten habe.389 Das Kaufmannsnotizbuch ist ein Instrumentarium, das für die Unternehmensstrategie des Hauses Fugger und für die aktuelle Geschäftspolitik geschaffen, ergänzt und erweitert worden ist.390 Der Kaufmann muss in diesem Kontext dergestalt sein, dass er in jeder Situation adäquat reagieren kann. Dazu ist er nur imstande, wenn er auf gesammeltes Wissen zurückgreift und genauen Anleitungen folgt. Das zeigt noch einmal deutlich die Aufnahme der Beispiele im An- und Verkaufen von Perlin und Edlgestain in die Handschrift: Item so ainer perlin kauffen wolt, di da guot wasser und rain weren, das in aller perfection sey, mag es nach dem gewicht also kauffen, wie ich hernach anzaigen will.391 Das Kaufmannsnotizbuch dient einerseits als Wissensspeicher für die Firma der Fugger, andererseits spiegelt es auch Anleitungen und Anforderungen an den Kaufmann wider: Wer Geld-/Handelsströme überwacht, muss ebenfalls überwacht werden, muss sich selbst ‚von unten‘ her überwachen können. Diese Doppelfunktion der Handschrift zeigt auch der mikroperspektivische Blick auf den verwendeten Schrifttyp an: Mit der humanistischen Kursive, der so genannten Kanzleischrift, gewinnt man Effizienz im Text, man verzichtet auf Verzierungen, Serifen oder Elaborate, nimmt nur das Notwendige auf.392 Beschleunigung der Schrift – die ‚Art‘ des Textes verändert sich  – korrespondiert mit den Anforderungen an den Kaufmann, schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Nur wer sich selbst genau beobachtet, schnell aufschreibt, Wissen speichert und auf bereits gespeicherte Informationen in kurzer Zeit zurückgreifen kann, so zeigen es die Beispiele von Matthäus Schwarz, wird auf dem Feld des Handels langfristig bestehen. Im Unterschied zu diesen schmucklosen Werken der Fugger, die zentral das Wissen um die Handelstätigkeiten der Familie speichern, werden Ehrenwerke, die auf die Genealogie wie die Geschichte des Fuggergeschlechts abzielen, besonders prachtvoll ausgearbeitet. Zu einer Steigerung der bisher vor allem an der Fuggerchronik herausgearbeiteten Strategien in der Herstellung sowie Repräsentation einer genealogischen Machtposition der Familie, wenngleich in ganz eigener Modifikation, kommt es im unter hohem Aufwand erstellten, prachtvollsten, umfangreichsten und „wohl bedeutendsten“393 Werk der Fugger von der Lilie: Im Habsburgischen Ehrenwerk.394

389 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548: ÖNB cvp 10720, act. 170–170*; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 442–443. 390 Westermann/Denzel (2011), S. 219; im Allgemeinen zur Unternehmensstrategie der Fugger in zwei Phasen des 16. Jahrhunderts: Ebd., S. 220–221. 391 Matthäus Schwarz, Kaufmannsnotizbuch, 1548: ÖNB cvp 10720, act. 207, 207*, 208; zitiert nach der Edition von Westermann/Denzel (2011), S. 482–483. 392 Westermann/Denzel (2011), S. 25. 393 Rohmann (2001), S. 274. 394 Die folgenden Studien leisten unter dem im ersten Kapitel perspektivierten Leitfragenkatalog zu Verkörperungsstrategien in politischen Ordnungsentwürfen um 1500 erste Analysen, da eine de-

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

3.2.3 Habsburgisches Ehrenwerk 3.2.3.1 Inhalt und Textgeschichte Das  – wie der Text selbst sagt  – Oesterreichisch Ehrenwerkh,395 eine in mehreren, teilweise kolorierten Versionen396 in München, Wien, Dresden und Augsburg überlieferte,397 auf zwei Codices verteilte Geschichte des habsburgischen (Kaiser-) Hauses, durch Clemens Jäger398 nach Vorarbeiten als Prachtfassung 1555 begonnen399  – wobei diese Version mit dessen Tod 1561 unvollständig abgebrochen wurde –400 führt in sieben umfangreichen Büchern, die von zahlreichen kolorierten, fein ausgearbeiteten Wappen, vor allem Wappenstammbäumen, Fahnen, Portraits, Herolds-, Schloss- beziehungsweise Stadt-, Tumben-, wie Schlachtbildern und weiterer Darstellungen begleitet werden, die Geschichte Habsburgs vor Augen:401 Buch I konzentriert sich dabei auf die Entstehung der Markh Oesterreich402 sowie die Geschichte der Babenberger, nimmt sozusagen die Vor-Geschichte der Habsburger403 ebenso wie Buch II in den Blick, das sich auf das loblich herkhommen der vralten vnd gewaltigen Graven von Habspurg […] von den Troianischen fursten aus Rom bis

taillierte Aufarbeitung in der Forschung, die sowohl Text wie Bild aufnimmt, aussteht (erste Vorüberlegungen bei Kagerer [2016], S. 168–175); eine Edition der Handschrift könnte hier Abhilfe schaffen, müsste allerdings ebenso den Druck von 1668 und nicht zuletzt den immensen Umfang des Werkes berücksichtigen: Potentiale digitaler Editionsmöglichkeiten könnten hier produktiv gemacht werden und evt. helfen. 395 Zitiert wird in einer leicht geglätteten Transkription mit moderner Interpunktion und Klein- bzw. Großschreibung nach der Version der Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek: ÖNB cvp 8613 und ÖNB cvp 8614; hier ÖNB cvp 8613, fol. 3v. Zur Altersreihung der Handschriften siehe Friedhuber (1973), S. 106–107; dort auch die Zuschreibung der Illustrationen von cvp 8614* an Johannes Schreyer und seiner Werkstatt, (ebd., S. 106) wobei die österreichischen Versionen cvp 8613 wie cvp 8614 durch Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner illustriert wurden. 396 Einen ausführlichen Überblick zu den Versionen mit Beschreibungen und Darstellungen in der Forschung sowie einführende Bemerkungen gibt: Rohmann (2001), S. 274–275. 397 Die Fassungen im Überblick: Bayerische Staatsbibliothek, Prachtfassung cgm 895 und cgm 896; cgm 897 als schmucklose Abschrift aus dem 18. Jahrhundert; cgm 898, cgm 899, cgm 900a, cgm 900b als weitere schmucklose Abschriften. Österreichische Nationalbibliothek, Prachtfassung cvp 8613 und cvp 8614; cvp 8614* als eine ins Kursive geschriebene unvollständige Fassung des ersten Bandes. Landesbibliothek Dresden, cod.elect. 208 und cod.elect. 209 (im Zweiten Weltkrieg zerstört). Stadtbibliothek Augsburg, 2° cod. aug. 109 als eine schmucklose Abschrift. 398 Zur Zuschreibungs- und Mitarbeiterfrage siehe die genaue Darstellung des Forschungsstandes bei Rohmann (2001), S. 275–276. 399 Roth (1927), S. 39–41. 400 Roth (1927), S. 2 und S. 39–41. 401 Inhaltsüberblick bei Roth (1927), S. 45–63. 402 So besagt das Inhaltsverzeichnis: Ordnung und Erklerung, wie sich dises mein Osterreichisch Ehrenwerck in siben Büecher aufgetealet vnd inn jedem buch begrffen auch gehandlet werde soll, ÖNB cvp 8613, fol. 3v. 403 ÖNB cvp 8613, fol. 3v.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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zu König Rudolf von Habsburg konzentriert; Buch III führt die Geschichte Ruedolffus Grave zue Habspurg404 aus, während die habsburgischen Herrscher bis einschließlich Kaiser Friedrich III. in den Büchern IV bis VI präsentiert werden;405 schließlich geht Buch VII in einem eigenständigen, an Umfang die Bücher I bis VI (insgesamt 675 beidseitig beschriebene Blätter) sogar noch übertreffenden zweiten Codex (mit 714 beidseitig beschriebenen Blättern) detailliert auf das leben Khaiser Maximiliani ein, […] als dann volgen demselben alle anndere Ertzfursten des Oesterreichischen gebliets mit guetter ordnung ainnander nach,406 allerdings ohne Karl V. und Ferdinand I. zu nennen, für die ein gesonderter Band geplant war.407 Eine intensive Erforschung des Habsburgischen Ehrenwerkes unter macht-, medien- und wissensgeschichtlichen Fragestellungen steht bis heute aus. Der Bearbeiter des Werkes, Clemens Jäger, tritt zurück hinter Hans Jakob Fugger, stilisiert als Stifter oder Fundator,408 der in der Vorrede die Zielsetzung des Werkes in Ich-Form formuliert beziehungsweise formulieren lässt: Vorred/ Gnad, frid vnnd freud in dem heiligen/ Geist wunsche ich Hanns Jacob Fugger, Herr vom Kirchberg vnd Weissenhoren,/ vnnd zue Pfirdt, der Romischen kaiserlichen vnnd khuniglichen Maiestetenn/ Rath etc., als ein Stiffter vnd Ordinierer dises newen Oesterreichi/schen Ehernwerkhs, allen meinen Erben vnd Nachkhom/ben, sambt allen wahren/ liebhabern des Edlen Oe/sterreichischen gebliets, yetzunder vnnd Jn/ khünftiger zeit, von gantzem hertzen,/ Amen.409

Nach einer Skizzierung der Übereinstimmung alle[r] warhaftige[n] vnd gelerte[n] historischen Schreiber – begonnen bei Homer, dem hochberuembte[n] und eltist[en] Poet, der für seinen Kunig Agamemnionem also beschriben hat, das er von niemand anderst, dann von dem höchsten Got Joue herkome –, dass aller Gewalt auf Erden allein von Got dem Allmechtigen verordnet und hergeflossen seye, betont Hans Jakob Fugger, Got, der almechtig, […] habe auch ihm Gnaden verlihen.410 In dieser Inszenierung gelingt es ihm, sich in eine Tradition (panegyrischer) Geschichtsschreiber zu stellen. Ihm sei es ebenso möglich aus warer, angeborner Natur vnd Liebe zu allen lobwirdigen, guten Künsten allerfaculteten vor andern seines eerlichenn Geschlechts ein solche herrliche Bibliothecam […] zu schaffen, die nun auch mit einem […] aigenen gantzen österreichischen Eerenwerck wie dem Vorliegenden erweitert werden könne.411 Er unterstreicht die Freiwilligkeit seines Vorhabens, des Lobes auf das Herrscherhaus unter Berücksichtigung – konstruierter – literarischer Konventionen, wenn er sich in einer Reihe

404 ÖNB cvp 8613, fol. 3v. 405 Zur genauen Unterteilung des Werkes im Inhaltsverzeichnis: ÖNB cvp 8613, fol. 3v–4v. 406 ÖNB cvp 8613, fol. 4v. 407 Roth (1927), S. 39; so auch Friedhuber (1973), S. 117. 408 Rohmann (2001), S. 277. 409 ÖNB cvp 8613, fol. 2r. 410 ÖNB cvp 8613, fol. 2r. 411 ÖNB cvp 8613, fol. 2v–3r.

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mit Homer sieht, und sich zugleich „um die textuelle Inszenierung einer ungefilterten, originären Manifestierung innerer Überzeugungen“412 bemüht. Sein Werk entstehe aus warer, angeborner Natur, die als Begründung für die Initiierung des Ehrenwerkes eingeführt wird. Dabei sei, so Hans Jakob Fugger mit Verweisen beispielsweise auf Markus Tullius Cicero, bei einer Geschichtsdarstellung im Allgemeinen die Geschlossenheit des Werkes bedeutend, bei einer Gesamtschau der habsburgischen Geschichte sozusagen ob ovo besondere Übersichtlichkeit im Speziellen aufgrund ihrer mannigfaltig Blutstammen, […] gewaltig Sipschaft und Verheiratung notwendig;413 nicht nur, um den werten Leser nicht allain lustig vnd verstendig [zu] machen, sondern auch die Jugen, wie sie nach guten Eren und Tugenden stellen und werben sollten sowie guten Verstand erlernen vnnd empfahen.414 Schließlich unterstreicht Hans Jakob Fugger seine Motive für das Ehrenwerk und apostrophiert zugleich die Nahverbindungen zwischen Habsburgern mit Fuggern, denn er hat dem hochloblichen Haus Osterreich, aus welchem dem fuggerschen Namen nicht wenig Eer, Nutz vnd Wolfart, widerfuren, auch allen meinen Kindern vnd Nachkomen, vnd mir selbst, zu ainer loblichen und ewigen Gedechtnus, als ein [sovil mir bewüst] volkomne Beschreibung des Osterreichschen Namens vnd Geschlechts nicht mit weniger Mühe selbs versamelt.415

Darüber hinaus wendet er sich in dieser Vorrede direkt an seine Nachkommen, die sein Ehrenwerk, als Vorrat voller guten tugentsamen vnd gedechtnus wirdigen ehrenvolen, loblichen Kinder mit besassen wollen und nach seinem abscheiden zu Got fortführen sollen.416 Die Vorrede zeigt an: Das Habsburgische Ehrenwerk huldigt zwar den Habsburgern, es ist aber eben nicht exklusiv oder vordergründig als Dedikation an diese Dynastie gedacht, wie die alte, der Bedeutung des Werkes nicht gerecht werdende Forschung interpretierte.417 Vielmehr sind die Fugger als Rezipientenkreis

412 Schemata werden aufgegriffen, die panegyrische Werke aus der Antike widerzuspiegeln scheinen, so vor allem Plinius „Panegyricus“ auf Kaiser Trajan; vgl. hierzu die differenzierte Studie von Ronning (2007), v. a. S. 51. 413 ÖNB cvp 8613, fol. 2v. Die herausgehobene Machstellung der Habsburger wird in diesen Beschreibungen vor allem als Macht des Blutes repräsentiert. 414 ÖNB cvp 8613, fol. 2v. 415 ÖNB cvp 8613, fol. 3r. 416 ÖNB cvp 8613, fol. 3r. 417 Eine Ausnahme stellt Rohmann (2001) dar, allerdings gehen seine Analysen vertieft auf Clemens Jäger und den Status der Geschichtsschreibung im 16. Jahrhundert ein. Studien, die auch der medialen Komplexität des „Habsburgischen Ehrenwerkes“ gerecht werden, stehen nach wie vor aus. Siehe den Überblick zur spärlichen Forschung bei ebd., S. 278. Hartig, „weist“, so Rohmann (ebd., S. 278) „erstaunt darauf hin, daß keine der Handschriften Anzeichen für eine Widmung an die Habsburger enthalte.“ (Hartig [1917], S. 199) Auffällig ist: „Die gesamte weitere Literatur bis zu […] Friedhuber [(1973), S. 101–138] geht hingegen ganz selbstverständlich davon aus, daß eine Dedikation an das

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selbst angesprochen418 – das hebt der Text immer wieder an unterschiedlichen Stellen heraus.419 Es geht um die Reflexion eines Nahverhältnisses zwischen Habsburgern und Fuggern aus Sicht letzterer, wie die Vorrede auf den Punkt bringt: dieweil alle meine geliebten Voreltern von dem dritten Vater, bis Anher auf mich, bey den hochgemeltn Ertzfürsten des edlen Osterreichischen Geblüets in allen gnaden herkomen, auch derselben jeder Zeit mit waren trewen beystendig gewesen vnd in allen Noten nie verlassen haben, vor andern zimmen vnd gebühren will, das ich sollich hochloblich Haus Österreich, welches von Got so reichlichen getzieret worden, bey mir vnnd meinen Erben in guoter, eerwirdiger Gedechtnus erhalten möge, mein Gemüet zu befurderung Irer Eern, Gnaden vnd Wolfarrt mit höchstem Fleis in disem meinem fürgenommen Eernwerck erlustigen, auch denselben mit meinen höchsten Begirden hierinnen zudienen, von Hertzen wünschen vnd begeren solle.420

Über das gesamte Werk sind die Verbindungen zwischen Habsburgern und Fuggern verteilt: So besonders im sechsten Buch, das Beschreibungen der anfänglichen Kontakte zu Friedrich III.421 sowie vor allem der Verleihung des Lilienwappens von 1473 beinhaltet;422 aber auch im siebten Buch, in dem die Schilderung des Ankaufes der Juwelen Karls von Burgund423 durch die Fugger, dann wiederum des Rückkaufs durch die Habsburger424 aufgenommen ist, so dass die Kleinodien nicht zuletzt zu materiellen Trägern des Nahverhältnisses zwischen den Fuggern und dem Kaiserhaus werden425 (Abb. 11).

Herrscherhaus zumindest geplant gewesen sei.“ (Ebd., S. 278) Die kunsthistorische Forschung sieht das Werk ebenso als Dedikation an die Habsburger an: Unterkircher (1974); die historische Forschung ebenso: Lhotsky (1962); Roth (1927), S. 41 bewertet das Werk als „Prunkstück in der Fuggerschen Bibliothek“; der Ausstellungskatalog Fabien (2010), S. 108–109 bietet nur kursorische Studien. 418 Rohmann (2001), S. 278. 419 Zu fragen wäre auch, ob eine derartige Prachthandschrift überhaupt für ‚Außenwirkung‘ bestimmt war: „[D]ie Außenwahrnehmung einer als Einzelstück vorliegenden Handschrift […] [war] doch in jedem Fall begrenzt […].“ (Rohmann [2001], 189) Sie musste auch gar nicht auf Außenwirkung ausgelegt sein: „Gerade die prächtige Ausstattung konnte auch Ausdruck […] für die innerfamiliäre oder ganz individuelle Wahrnehmung innenwohnenden Wertes sein, abseits aller ‚Repräsentation‘ im Sinne eines Schauwertes in der Interaktion nach außen.“ (Ebd., S. 189) 420 ÖNB cvp 8613, fol. 1r–2v. 421 ÖNB cvp 8613, fol. 261r. 422 ÖNB cvp 8613, fol. 261v: Verleihung des Lilienwappens an die Fugger. 423 ÖNB cvp 8614, fol. 7v–8r. 424 Rohmann (2001), S. 279. 425 Rohmann (2001), S. 279.

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Abb. 11: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kleinodien Burgunds (um 1555)426

Daneben werden die während der Abfassung des Ehrenwerks nicht mehr zugänglichen Monumente der habsburgischen memoria durch Bilder sowie beigegebene kurze Beschreibungen vergegenwärtigt. Die Abbildung der Memorialbilder im Buch wird damit selbst zu einer Leistung der memoria,427 wie das Grab Rudolfs I. von Habsburg im Dom zu Speyer,428 der Grabstein Albrechts I.,429 die Aufbahrung Friedrichs III. .und seine Tumba,430 die Tumba Marias von Burgund (Abb. 12)431 und die Aufbahrung Maximilians I. zeigen.432 Diese ‚Monumente‘ werden über ihre Abbildungen im Ehrenwerk wiederum selbst medial ab- beziehungsweise gesichert, was die Fugger

426 ÖNB cvp 8614, fol. 8r. 427 Rohmann (2001), S. 281. Siehe dort genauer die Auflistung der Monumente der liturgischen memoria der Habsburger siehe: Ebd. 428 ÖNB cvp 8613, fol. 103r. 429 ÖNB cvp 8613, fol. 193r. 430 ÖNB cvp 8613, fol. 319r. 431 ÖNB cvp 8614, fol. 50v: Ein eigener Stammbaum schildert das burgundische Herkommen und lädt den habsburgischen Machtbereich dadurch umso mehr auf. 432 ÖNB cvp 8614, fol. 319r.

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als besondere ‚Leistung‘ für sich verbuchen können und derart ihre Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus unterstreichen.

Abb. 12: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Grab Marias von Burgund (um 1555)433

Zusätzlich reflektiert das Habsburgische Ehrenwerk den Aufstieg der Habsburger: Indem man die Insignien des ehrwürdigen Hauses nacheinander, zuerst ihren erworbenen Erzherzogshut (Abb. 13) sowie dann das kaiserliche Schwert, wie die Kaiserkrone, den Reichsapfel und das kaiserliche Zepter (Abb. 14) zeigt, ist auch der ‚Weg‘ der Habsburger durch die Fugger in ewiger memoria abgespeichert. Dabei ist die jeweilige Genealogie der Insignien im Text selbst nachskizziert, wenn es beispielsweise zum Erzherzogshut heißt, dass der Romisch Kaiser Hainrich disem unserem Ertzfursten Leopoldo vndd allen seinen Nachkommen des Oesterreichischen gebliets auch die Freihait Ehr vnnd Wierde mitgetailt hat, nemlichen das dieser Leopoldus vnnd alle Ertzherzogen zue Oesterreich vnnd Steir die Zierung seiner kaiserlichen Kron nemlich die zwen Kaiserlichen Bögen auff dem zuvor begabten gespitzeten oder

433 ÖNB cvp 8614, fol. 50v.

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gezinneten kranntz ober den Ertzherzog huet kreitzweis geschlossen one verhinnderung meniglichs inn ewiger Zeit tragen und zieren sollen vnnd mogen.434

Die Abbildung des Hutes symbolisiert die zierung der edlen Habsburger, die schließlich in der Gewinnung der Kaiserwürde gipfelt. Da der Text in diesem Kontext auch die Ehre der edlen Fursten vom Schwaben erwähnt, die mit denen von Oesterreich so hoch erhaben enge Verbindungen pflegen,435 schließt er die Aufstiegsgeschichte der beiden ‚Häuser‘ noch einmal deutlich miteinander kurz.

Abb. 13 und Abb. 14: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Erherzogshut und Kaiserliche Insignien (um 1555)436

Zusammengefasst: Das Werk gibt sich als das zentrale gedechtnus-Werk für die Leistungen der Habsburger aus, ist Träger für deren memoria. Habsburgs Ruhm, Tugend, schlicht die erfolgreiche Geschichte des Hauses in der Zeit und über der Zeit, ist ‚bruchlos‘ präsentiert. Auffällig wird dies vor allem auch bei der Aufnahme der Ereignisse um die Ermordung Albrechts I. durch seinen Neffen Johann.437 Die genauen Abläufe werden im Text verschwiegen, man spricht nur von der Aufbahrung des Leichnams, obschon man die Ermordung im Bild andeutet und die Flucht Johanns zeigt.438 Das Bild visualisiert gleichzeitig mehrere Abläufe (Abb. 15): Rechts stark verkleinert die Szene des Umkreisens Albrechts und den tödlichen Schwerstich durch Johann, links die Rache Leopolds, des dritten Sohns von Albrecht, an den Mördern seines Vaters.

434 ÖNB cvp 8613, fol. 31v. 435 ÖNB cvp 8613, fol. 35r. 436 ÖNB cvp 8613, fol. 31v, fol. 35r. 437 „[Sie] mußte für eine dynastische Traditionsbildung als besonders augenfällige Anomalie eine gefährliche Bruchstelle sein.“ (Rohmann [2001], S. 282) 438 ÖNB cvp 8613, fol. 139v–140r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Dadurch steht der Mord nicht alleine, er ist im Bild sozusagen eingebunden in einen größeren Kontext.

Abb. 15: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Ermordung Albrechts (um 1555)439

Gründung und Gewalt sind eng miteinander verschränkt.440 Ziel dieser Gesamtdarstellung habsburgischer Geschichte kann im Habsburgischen Ehrenwerk aber nur sein: Die Fugger knüpfen an den Glanz des Herrscherhauses an, sie stehen im Banne von deren Ruhm. Diesen propagieren sie innerhalb ihrer Familie zur Selbstvergewisserung der eigenen Macht.441

439 ÖNB cvp 8613, fol. 139v. 440 Die Bewältigung dieser innerfamiliären Bluttat wird durch die Gründung des Doppelklosters Königsfelden 1309/1311 durch Elisabeth, der Witwe des ermordeten Albrechts I. und der Mutter des Täters, gesühnt: Der Hauptalter steht genau über dem Tatort. (Rohmann [2001], S. 281–282) Die zahlreichen Stifterbilder und die Bilder in kniender Pose der in der Schlacht von Sempach 1386 Gefallenen, die hier im Codex folgen (ÖNB cvp 6183, fol. 163r–183r.), bereinigen die entstandene Schande der Dynastie. 441 „Die Anknüpfung an die historische Überlieferung eines Herrschergeschlechts zur eigenen Statuspräsentation entsprach durchaus einem gängigen Muster“, wie auch das Beispiel der Höchstetter in Augsburg zeigt. (Rohmann [2001], S. 282–283)

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Abb. 16, Abb. 17, Abb. 18, Abb. 19, Abb. 20 und Abb. 21: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Ernholde (um 1555)442

Die Ehre der Habsburger ‚färbt‘ ab  – man ist von ihrem glorreichen Glanz und der Macht ihres alten Blutes affiziert, zugleich entzieht man die habsburgische Ehre über ihre Manifestation in schriftlicher wie visueller Form einer Vergänglichkeit in der Zeit. Die Fugger inszenieren sich als die bedeutenden Träger der unsterblichen gedechtnus Habsburgs. Das Werk bemüht sich intensiv, die breite Geschichte Habsburgs übersichtlich darzustellen: Das Werk ist klar gegliedert. Heroldsfiguren (Abb. 16 bis

442 Herold eins bis sechs: ÖNB cvp 8613, fol. 10v, 43v, 74v, 85v, 125v, 184v.

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Abb. 21) leiten die einzelnen Bücher ein und stehen als ‚Anzeiger‘ in dieser Übersicht, wobei die siebte Heroldsfigur für den eigenen Codex zur Geschichte Maximilians I. steht (Abb. 22).

Abb. 22: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Ernhold (um 1555)443

Immer wieder fassen komplexe Stammbäume den Text zusammen, wenn beispielsweise gezeigt wird, wie innerhalb der Dynastie das gesamte Blut zirkuliert,444 zugleich die Macht weitergeben wird: Struktur der Geschichte soll über Strukturierbarkeit des Textes ausgestellt werden.445 Wer über die weitgefächerte Geschichte Habsburgs blickt, braucht einen Überblick. Die Fugger kreieren diesen. So zeigt beispielsweise ein über vier Seiten quer verlaufender (Riesen-)Stammbaum in seiner schieren Größe an, wie weit sich die Habsburger an anzal […] erstrecket haben: Der Geburtsstammen fasst die uralten Grafen von Oesterreich zusammen, präsentiert somit das Fundament der Habsburger in ihren ersten Grafschaften. Die opulente Größe des Stammbaums soll offensichtlich die Macht Habsburgs anzeigen, ohne dass zu sehr ins Detail gegangen wird, da eine Lektüre der komprimierten Wappen, die in kleiner Größe zu sehen sind, kaum mehr gelingt (Abb. 23, Abb. 24).446

443 Herold sieben: ÖNB cvp 8614, fol. 1v 444 So bereits: ÖNB cvp 8613, fol. 8r–8v. 445 Allg. zur Ordnung historischen Materials über Graphiken vgl. Melville (1987a), S. 57–154. 446 ÖNB cvp 8613, fol. 143v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Abb. 23 und Abb. 24: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Stammbaum (um 1555)447

Darüber hinaus bemüht man sich, ein genaues, an humanistischen Parametern orientiertes Arbeiten zu präsentieren: Über ein eigenes alphabetisches Autorenverzeichnis sind die Quellen für das Werk genannt (Abb. 25).448 Nicht der Glaube an die Macht der Habsburger steht im Fokus, sondern das Wissen und der ‚Beweis‘ um diese. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ehrenwerk von einer Reihe an Passagen durchzogen ist, die von historischen Ereignissen nicht gedeckt sind.449

447 Riesenstammbaum: ÖNB cvp 8613, fol. 143r–143v. 448 ÖNB cvp 8613, fol. 5r–5v. Eine genaue Auflistung dieser – v. a. „Fürstliche Chronik“ und „Teuerdank“ – mit Kommentierung bietet: Friedhuber (1973), S. 119–134. 449 Besonders ersichtlich an den Ausführungen zu Rudolf von Habsburg: Seine ritterlichen Taten werden breit ausgeschmückt – ein Ritterbild zeigt ihn, Rvdolpho victorioso, gerüstet auf einem Pferd (ÖNB cvp 8613, fol. 80v); sein männliches Wesen, bereit zu kämpfen, ist apostrophiert (Riesenschlachtdarstellungen sind eingefügt, ÖNB cvp 8613, fol. 93r); zugleich ist er von Gott auserwählt: Es hatte sich aber dieser krieg kaum geenndet, da ist ain newer vnnd ain schwererer krieg wider vnnseren Ruedolphum welcher zueglich als ob er vonn gott darzue verordnet das er durch seine Ritterschaft vnnd manchlihe gethate inn disen gefarlichen zeitten menniglichen widerumben zu recht helffen sollt ennt-

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Es tritt eine Art „Wechselspiel“450 zwischen Vermittlung von Wissen und unterhaltenden Elementen in Kraft, wobei „anekdotenhafte“451 Ausführungen die Authentizität des Berichteten betonen sollen.452

Abb. 25: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Autorentafel (um 1555)453

stannden. (Ebd., fol. 81r) Er wird er als derjenige dargestellt, der befridet alle Reichsstrassen. (Ebd., fol. 86r) Grundlage hierfür ist seine ausgewogene Natur, denn trotz seiner kriegszucht, ist er nie zu hart gewesen. (Ebd., fol. 105r) Mitten in die historiographischen Erläuterungen werden Ausführungen eingefügt, die die Ereignisse um Rudolph mit Fabelreminiszenzen umschreiben (ÖNB cvp 8613, fol. 106r–106v: Fabel von Löwe und Fuchs) oder die in seiner Regierungszeit erfolgten Wundergeburten (ÖNB cvp 8613, fol. 108r–108v: Tiere und Kinder in deformierten Körpern sind in Text und Bild versinnbildlicht) sowie Unglücke, Unwetter oder Erdbeben vorführen. (ÖNB cvp 8613, fol. 108v–109v) 450 Rohmann (2001), S. 70. 451 Kleinschmidt (1974), S. 205 spricht davon, dass die Darstellung Rudolfs von Habsburg im Ehrenwerk „völlig literarisiert [ist], indem eine Unzahl an Details, die durch die benutzten Quellen nicht gedeckt sind, eingeführt werden.“ 452 Rohmann (2001), S. 77. 453 ÖNB cvp 8613, fol. 5v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Das Ehrenwerk der Fugger inszeniert sich als ein Medium, das die wahre Geschichte der Habsburger darzustellen bemüht ist. Das kaschiert, dass und wie man Geschichte perspektiviert. Die ‚historischen‘ Ereignisse sind durchzogen von ‚a-historischen‘, dekorativen und zugleich eine ‚Aura‘ der Macht generierenden Passagen: Es wird berichtet und berichtet, man bläht das Werk auf. Quantität des Textes soll die Qualität der Dynastie anzeigen. Dabei unterläuft das Werk Kategorien wie wahr/unwahr: Es geht darum, dem Leser in beeindruckender Weise die Macht der Habsburger vor Augen zu führen. Strategischer Nukleus ist: Die Fugger inszenieren sich mit diesem Werk in ihrer eigenen ‚Genealogie‘, die von der Stabilität und Kontinuität der Habsburger ‚profitiert‘.454 3.2.3.2 Die Habsburger von den Anfängen bis Kaiser Friedrich III.: Buch I bis Buch VI Mit der Vorrede beginnt die Schilderung der habsburgischen Genealogie über den vogel Phoenix,455 der „als Symbol für die Auferstehung und das ewige Leben“, zugleich als Symbolfigur der memoria mitaufgenommen ist.456 Nach den Schilderungen der Zerstörung Trojas, von da an sich der Stamm der Habsburger ausbreitet457 – Hektor wird als ihr Spitzenahn angeführt, nicht der verrätter Enea458 –, folgen Schilderungen zu Romulus und Remus als Vorfahren der Habsburger.459 Neben detaillierter rechnung von anfanng der/ welt460 bis zu den aktuellen Kaisern461 knüpft das Habsburgische Ehrenwerk an die Ausführungen des historischreiber […] Jacob Mannlius,462 genauer an seine Fürstlich Cronick an.463 Sie gilt dem Habsburgischen Ehrenwerk als Beleg für die Genealogie der Habsburger; andererseits zeigt ihre Genese selbst auf, wie sehr Maximilian I. vonn natur vor allen anndern Oesterreichischen Erzfürsten ainen besonnderen fleiß zue den historien getragen auch hierinnen die rechte warhait zu wissen begert hat.464 Das Wesen Maximilians I. begründet direkt seine weitreichenden genealogischen Arbeiten.

454 Der folgende Abschnitt überschneidet sich mit allgemeineren Überlegungen bei Kagerer (2016), S. 170–175. 455 ÖNB cvp 8613, fol. 3r. 456 Rohmann (2001), S. 118. 457 ÖNB cvp 8613, fol. 43v nennt in einem Gedicht zum Herkommen der Habsburger aus Troja Alba Longa; eine opulente Stammtafel führt die Habsburger bis ins 16. Jahrhundert vor: ÖNB cvp 8613, fol. 55v. 458 ÖNB cvp 8613, fol. 51r. 459 ÖNB cvp 8613, fol. 48r. 460 ÖNB cvp 8613, fol. 48v. 461 ÖNB cvp 8613, fol. 48v–50r. 462 ÖNB cvp 8613, fol. 49r. 463 ÖNB cvp 8613, fol. 49v. 464 ÖNB cvp 8613, fol. 49r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Nach den Troianische[n], Sicambrische[n],/ frannckische[n] auch frannck­reichi­ sche[n] vnnd/ burgundisch[en] konig,465 die Jakob Mennel nennt, folgen im Ehrenwerk weitere Sukzessionslinien mit den Schilderungen zum ersten Grafen vom Ottoperten.466 Die Rekonstruktionsversuche anderer Genealogen für die trojanische und römische Frühgeschichte werden jeweils direkt den Widerlegungen durch Jakob Mennel gegenübergestellt.467 Das Habsburgische Ehrenwerk fasst schließlich in fünf mainung die Ergebnisse Jakob Mennels zusammen.468 Die enorme Vertrauensstellung, die Jakob Mennel bei Kaiser Maximilian I. genießt, wird auch in einer Illustration pointiert (Abb. 26);469 der beigegebene Text unterstützt das Bild eines Kaisers, der sich aus der Fürstlichen Chronik vorlesen lasse: Die Figür zaiget hiemit klarlich an wie der theure Kaiser Maximilian die geschichten seiner Eltern wert vom Herzen gerne hab gehört, sonders da er krankh gewesen die offt durch Manlium lassen lesen.470

Abb. 26: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Jakob Mennel liest (um 1555)471

465 ÖNB cvp 8613, fol. 55r. 466 ÖNB cvp 8613, fol. 55v. 467 Rohmann (2001), S. 285; „die Bemühungen Maximilians und Konrad Peutingers um die Ansippung der Habsburger an den König Zwentibold“ (ebd., S. 285) sind in ÖNB cvp 8614, fol. 303v–304v aufgenommen. 468 ÖNB cvp 8613, fol. 52v–54r. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, woher der Name Habsburg komme. 469 Siehe die Abbildung auch bei Kagerer (2016), S. 175. 470 ÖNB cvp 8613, fol. 55r. 471 ÖNB cvp 8613, fol. 55r.

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Jakob Mennels übersteigerte Konstruktionen aus der Fürstlichen Chronik und dem Zaiger sind im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger nicht mit aufgenommen. So fehlt beispielsweise die weitreichende Rückführung des Herkommens der Habsburger bis zum Ursprung der Menschheit, ebenso die Aufnahme von Heiligen und Seligen.472 Das zeigt, dass man aus fuggerischer Perspektive die Fürstliche Chronik nicht plakativ widergibt, sondern auswählt. Das Habsburgische Ehrenwerk dichtet die Ausführungen Jakob Mennels in gewisser Hinsicht gegenüber kritischen Einwänden ab.473 Gleichzeitig ist es über die Figur des Hofnarren Kunz von der Rosen, der im Habsburgischen Ehrenwerk eine zentrale Rolle einnimmt, möglich, auf die wunden Punkte der genealogischen Großprojekte des Kaisers hinzuweisen – wenngleich nur auf ironisierende Weise durch die Figur des Narren. Die Verschiebungen der Ursprünge habsburgischer Genealogie bis zum Anbeginn der Menschheit, man könnte mit deren extremen Übersteigerungen davon sprechen, dass die Fürstliche Chronik geradezu „enzyklopädischen“ Charakter gewinnt,474 führen sich ja selbst ad absurdum, denkt man sie konsequent weiter: Nach ihnen wäre jede und jeder mit jedem und jeder verwandt, so dass die genealogische Exklusivität des Kaiserhauses in der universalen Genealogie der Menschheit regelrecht aufzugehen droht. „Die Genea-Logik […] implodier[t]: Wenn alle Geschlechter miteinander verwandt sind, wird es schwierig, die Exklusivität der Habsburger im engeren Sinne noch zu behaupten.“475 Genau diese Kritik wird im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger in jenen Abschnitten geschildert,476 die das Herkommen477 und die Natur478 des ‚ersten‘ Dieners Kaiser Maximilians beschreiben. Conntz vonn der Rosen sticht in die ‚genea-

472 Auch die Aufnahme der Heiligen und Seligen in der „Fürstlichen Chronik“ (siehe hierzu mit weitreichenden Anmerkungen die Studien im zweiten Kapitel dieser Arbeit) wird hier ausgespart. 473 Man könnte auch sagen, die Fugger lassen hier die ‚blinden‘ Stellen der maximilianeischen Werke, die Kritik provozieren könnten – erinnert sei an die Ausführungen im zweiten Kapitel dieser Arbeit – weg. 474 Kellner/Webers (2007), S. 148. 475 Kellner/Webers (2007), S. 148. 476 ÖNB cvp 8614, fol. 309v–311r: Nün wellen wir vonn deß loblichen Kaisers Maximiliani diener Conntzen vonn der Rosen genannt welcher seiner Maiestat viel guetter kurtzweil gemachet vnnd seinen herren inn ainicher noth nie verlassen ain meldung thuen. 477 ÖNB cvp 8614, fol. 309v bietet eine detaillierte Darstellung des Herkommens des Kunz von der Rosen aus khauffbeurn, mit Erklärung seines Namens (ebd.) sowie Ausführungen zu seinem Tod (ebd., fol. 311r); auch ein Portrait ist mitaufgenommen: Ebd. 478 Hier zeigt sich ein großes Interesse an diesem Diener, dessen Nahverhältnis zum Kaiser – vor allem auch aus populärwissenschaftlicher Sicht  – immer wieder aufgegriffen wird. Der Text stellt dabei nicht nur seine kurtzweil heraus, die er Kaiser Maximilian anbietet, sondern auch seine Unterstützung in Kriegen, wenn es heißt: Dieser Conntz vonn der Rosen war vonn hertzen vnd gemiett vnerschrokhen vnnd ain rechter khuenhafftiger held, der den kaiser inn allen Schlachten vnnd scharmutzlen nie verlassen, im Gegenteil sogar in den gefährlichsten Augenblicken mit seiner ganzen Körperkraft zur Seite gestanden habe (ÖNB cvp 8614, fol. 301r).

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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logische Wunde‘ der maximilianeischen Großkonstruktionen.479 Als Hofnarr bringt er, so das Habsburgische Ehrenwerk, einen Bettler und eine Hure vor den Kaiser und Jakob Mennel, als diese zue Augspurg in ihren genealogischen Arbeiten vertieft arbeiten, und spricht vor ihnen: Lieber kaiser, du darffest dich diser erbern leut nit enntsetzen, dann dieweil sie anzaigen, das sie dir nahennd berfreundt sein hab ich dier sie zuegebracht, damit du in deiner grossen arbait nit irrest vnnd das enndt desto belder erlanngen mogest […]. Lieber kaiser vnd du Mannlius seinnd ir nit baide grosse Narren, das ir alle dinng inn ewren stammen bringen vnnd ausfuren wellen, dann ie lennger ir hinnder sich suechen, ie mer mein kaiser mir vnnd disen zwaien armmen mennschen, befreunndt sein werden, dann es nit muglich, das dein geschlecht one narren, hurren vnnd bueben sein mag. […]480

Das Bemühen der Habsburger, alles Blut auf Erden in ihren Stamm zu vereinnahmen, ist hier ganz wörtlich gemeint: Auch das Blut der Bettler und Huren, die stellvertretend alle unehrenwerte Schichten verkörpern, befindet sich in der Genealogie des Kaisers. Ihr unreines Blut würde genauso in den als rein inszenierten großgenealo­ gischen Bahnen der Habsburger fließen. Pointiert in den Worten des Bettlers und der Hure: [D]er alt Bettler sagt, wie er vor grosser armuet verdorben, vnnd diewel alle mennschen vonn dem ersten vater Adam her, schwester vnnd brueder sein, so were sein demuettig begern, das sein kaiserliche maiestat ime vonn gemainnet bruederschafft vnnd freundschafft wegen ain stattlich hilff erzaigen vnnd beweisen solt […] das weib […] hatt […] geanntwort, wie das sie ires alters inn dem vierzehennden Jar, bisz anher inn funfftzig iaren inn allen kriegen welch sein kaiserliche maiestat gefiert, auch zue miessigen vnnd fridlichen zeitten ann seiner Maiestat. hoff sich ennthalten, vnnd iederman vil liebe diennst mit irem leib erzaiget vnd bewisen habe, vnnd dieweil alle mennschen vonn Adam herkhommen, so bitte sie die kaiserliche Maiestat, das er sie solcher bruederichen sipschafft gemessen vnd also begaben lassen welle […].481

Kunz von der Rosen ist hier nicht nur als Narr und Gaukler markiert, der die Grenzen des kaiserlichen Machtbereiches überschreiten darf und den Kaiser vorführen kann, sondern eben auch als Vertrauter – das sagt der Text deutlich, wenn er ihn als Diener des Kaisers markiert.482 Ein eigenes Portrait zeigt ihn (Abb. 27). In dieser Doppelfunktion kann er Kritik anbringen, jedoch nur in ‚verkleideter‘ Form des beißenden Spotts, über Ironie und ausschließlich im privaten Gemach des Kaisers, von der Öffentlich-

479 Auffällig ist, dass bei dieser Figur die ihm zugewiesene besondere höfische Stellung aus seiner Natur selbst heraus erklärbar gemacht wird. Siehe ÖNB cvp 8614, fol. 309v: Da aber Connz vonn nattur gleichwol redlich vnnd warhafft aber vast frecher vnnd muettwilliger bueb war. 480 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 481 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 482 Das Nahverhältnis geht sogar soweit, dass dem Text die Schilderung wert ist, Kaiser und Kunz von der Rosen seien im selben Jahr gestorben: ÖNB cvp 8614, fol. 311r.

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keit ausgeschlossen. Im Umkehrschluss hieße dies aber auch: Was Kunz von der Rosen in der spezifischen Form seines extremen Nahverhältnisses zum Kaiser  – er hat allwegen freien zueganng zue dem kaiser gehabt483 –, eben auch in seiner ‚außer‘höfischen Stellung – als narrenhafter Berater des Kaisers484 – darf, das ist anderen verwehrt. Kritik dieser Art an den genealogischen Werken wird eben nicht über einen ‚normalen‘ Diener oder über gelehrte Mitarbeiter, sondern über die Rolle des Narren vorgeführt. Reaktionen bleiben, bis auf ein beherztes Lachen, aus: darauff Mannlius vnnd der Kaiser lachent gesagt, wir dachten wol das dise hanndlung durch unnseren Conntzen zuegericht worden, fahr hin, vnnd lass vunns zue friden. dann wir jetzunnder weitter zuehanndlen haben.485

Abb. 27: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kunz von der Rosen (um 1555)486

483 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 484 ÖNB cvp 8614, fol. 310r: Sein scharffe gedechtnis ist besonders hervorgehoben. 485 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 486 ÖNB cvp 8614, fol. 311r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Maximilian wird auch in Situationen dieser ‚Kritik‘ als ehrenhaft markiert,487 er arbeitet tugendhaft weiter  – dann wir jetzunnder weitter zuehanndlen haben  –, was der Narr freilich wiederum kommentiert mit einem spitzfindigen Appell für seine eigene genealogische Position im Werk des Kaisers: Ja lieber kaiser, ich bitte dich wann du ann mich kommest, so setze mich ann ain guetts orthen, das mannich wol sechen muge, aber schreib wardlich vnnd last deine schreiber feiren vnnd ist daine abgezogen.488 Die Ausführungen deuten an: Im Habsburgischen Ehrenwerk wird neben der Konzentration auf das genealogische Blut der Habsburger auch auf die einzelnen Herrscher, besonders auf Kaiser Maximilian I., eingegangen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Verhaltensweisen und Eigenschaften der einzelnen Figuren, die stellvertretend für das Haus stehen: Vor allem auf Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. wird breit eingegangen. Ihre Art und Eigenschaften sind Fixpunkte der Aufmerksamkeit des Werkes.489 Ihre vorbildliche Position, die durch ‚wahre‘ Taten belegt werden kann, rückt in den Fokus: Friedrich und Maximilian sind gleichsam Herrscherfiguren, in denen sich das gesamte Reich, so die Inszenierung, aufgehoben vorfinden kann.490 Sie sind, ein jeder für sich genommen jeweils optimus princeps,491 und weisen das Habsburgergeschlecht als optima domus aus. Dabei charakterisiert das Ehrenwerk die zwei Herrscher nicht deskriptiv über die Benennung ihrer Taten, sondern ihre Lebensführung gilt als normativer Beweis ihrer ehrenhaften und machtvollen Stellung.492 Von Kaiser Friedrich III. schafft das Habsburgische Ehrenwerk das Bild eines bescheidenen, in jeder Situation das richtige Maß haltenden Kaisers.493 Und nicht nur der Kaiser selbst, sondern sein gesamtes höfisches Umfeld spiegelt diese Demut wider: So auch der Maiestat Gemahel, welche vonn natur inn aller messigkait gelept hat.494 Gegensätzlich dazu werden die verkommenen kaiserlichen Feinde beschrieben, die ihn wider recht angefeinndet vnnd seiner kaiserlichen Maiestat alles args bewisen haben.495 In seiner Regierungszeit musste er, der fromb vnd fridsam kayser, viel rebelion, spot schmach496 erleiden. ‚Natur‘ dient auch zur Begründung, warum der

487 „Ob die Fugger tatsächlich den „Vertrauten Maximilians […] mit einer Posse über die Geschichtsvergessenheit des Kaiser […] [als] […] Ausdruck eines feinen ironischen Spiels mit den Grundlagen ihrer eigenen großen Argumentation [auftreten ließen],“ wäre zu überdenken. (Rohmann [2001], S. 287) 488 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 489 Vgl. bspw. Ronning (2007), v. a. S. 135. 490 Ronning (2007), S. 110–111. 491 Ronning (2007), S. 41. 492 Daher die intensive Bemühung, die historische ‚Wahrheit‘ auszuweisen; zum ähnlichen Kontext bei antikem Herrscherlob: Vgl. Ronning (2007), S. 111. 493 Eine Übersicht zum im Werk dargestellten Romzug Kaiser Friedrichs III. gibt: Hack (2007), S. 35– 39. 494 ÖNB cvp 8613, fol. 321v: Das zeigt vor allem ihre Enthaltsamkeit gegenüber Wein, so der Text. 495 ÖNB cvp, 8613, fol. 319v. 496 ÖNB cvp, 8613, fol. 319v.

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gute und zurückhaltende ‚Friedens‘-Kaiser bei vielen seiner Untertanen im schlechten Licht stehe: Durch die verderbten Nattur Schuld vnnd Aigenschaft geschehe es, das die underthanen kainen Kayser, Fürsten vnnd Herren für guett gelobt vnnd lieb hielten.497 Im Gegensatz dazu kommen die als positiv hervorgehobenen Eigenschaften Friedrichs III. vor allem in den Beschreibungen um seine Beinamputation(en) zu Tragen: Der Kaiser lässt sich den abgeschnittnen Fueß bringen und spricht auf dem Bett sitzennd kurz vor seinem Tod,498 nachdem er den Fueß inn die Hennd genommen vnnd besichtiget hat, folgende Worte:499 sehennt durch Gott liebe Herren was fur ain ellendes Leben haben wir auff dieser ellennden vnnd vergennklichen Welt, […] nemmet war, was für ain Unnderschid zwischen ainem romischen Kaiser der die ganntze Zeit seines Lebenns mitt allen Sorgen umgeben, vnnd ainem Bauren, der allain mit seinem Vieh vnnd Acker ze thuen hatt500 […] inn disem Leben sey, […] ain gesunder Baur vil besser, dann ain krancker Kayser.501

Die Position des kranken Kaisers wird hier unter jene des gesunden Bauern gestellt. Zusätzlich entsteht das wirkmächtige Bild eines Kaisers, dessen Wesenseigenschaft Bescheidenheit ist. Der Text hebt deutlich hervor, worin der evidente Unterschied zwischen der Person des Kaisers und jedem anderen Menschen bestehe, nämlich in der Ehre: Ich bin ain Man wie andrer Man,/ Allain das mir Got der Ern gan.502 Einem Spötter, der diesen Ausspruch kritisiert, entgegnet Kaiser Friedrich: es seie gleichwol nitt weniger das das gantzliche mennschliche Geschlecht vrsprunnglich vonn dem ersten Menschen Adam herkommen vnnd also um dem Anfang kainer vor dem annderen edler oder wurdiger gehalten worden sonnder alle gleich vonn Fleisch vnnd Bluet aus der Erden dahin auch alle Mennschen widerumben kommen miessen vonn Gott erschaffen […] worden seind.503

497 ÖNB cvp, 8613, fol. 322r: Dagegen, so betont der Text, werde gerade vonn den frembden mer […] vil lobs vnd guetts nachgesagt. 498 Nach Kaiser Friedrichs III. Tod trauert ganz Augsburg um seinen Verlust. Indirekt macht man deutlich, welche besonders enge Verbindung die Stadt und der Kaiser haben (ÖNB cvp 8613, fol. 311v). Der Tod Kaiser Friedrichs III. dient dem Ehrenwerk der Fugger als Inszenierung der engen Verbindung zwischen dem römischen Kaiser Augustus und dem habsburgischen Kaiser Friedrich: Während Augustus drei Jahre länger als Friedrich regiert habe, habe Friedrich wiederum drei Jahre länger als Augustus gelebt, wie es unter der Abbildung seiner Tumba im Text lautet (ÖNB cvp 8613, fol. 319r). Der Rückgriff auf die Antike unterstreicht die besondere Position Kaiser Friedrichs III. umso mehr. 499 ÖNB cvp 8613, fol. 311r–311v. 500 ÖNB cvp 8613, fol. 311v. Die österreichische Version bricht hier ab (es folgt: Inn disem seiner Maiestat der drank des schlaffs eingeben worden); der Schwerpunkt liegt also in einer allgemeinen Markierung der Differenz zwischen dem Leben eines Kaisers und eines Bauern. 501 BayStabi. cgm 895, fol. 382r. Der letzte Satz im Zitat kommt so nur in der Münchener Version vor, die die Differenz zwischen Kaiser und Bauer, auch über das Fehlen des Fußes, stärker markiert. 502 ÖNB cvp 8613, fol. 322r. 503 ÖNB cvp 8613, fol. 322r.

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Es sind gerade die Wesenseigenschaften, also nemlich das Gemiet, Vernunnft, die Gedechtnus und Krefften der Seelen, durch welliche Tugennt der Mensch vonn allen annderen vnvernunfftigen Thieren abgesonndert worden sei, so dass zwischen den Mennschen auff Erden ain vast grosser Vnnderschid zuehalten dann ainer vilmer als der annder zue wahren Ehren vnnd redlichaiten auch zue allerlai guetten Tugennten genaturet vnnd genaigt seie.504 Erst aus diesen Menschen, welliche sich der heiligen Gerechtigkait, Warhait vnnd Weißhait die Zeitt ires Lebenns beseissen ieben vnnd gebrauchen, konnte der wahre Adel entstehen.505 Sie bilden die ‚Geburt‘ des Adels. Ihnen sei es erlaubt, Land und Leute zu regieren, wie dann vonn Anfanng bis anher inn heiligen vnnd haidnischen Schriften solliches mit vilen Exemplen klar bezeugt vnnd dargethan werden mag.506 Indem hier auf komplexe Art und Weise Geburt- und Tugendadel in der generellen Diskussion, was der Adel sei, verbunden werden, kreieren die Fugger in dieser Argumentationskette auch Bedingungen, von denen sie direkt profitieren können: Es kommt auf die Tugend, schließlich auf die Ehre an und nicht (nur) auf uraltes Blut, um als mächtig zu gelten. Das bedeutet, dass auch ‚frisches‘ Blut, wie jenes der ‚neuaufgestiegenen‘ Fugger, als adlig gelten darf beziehungsweise gelten kann: Die Genealogie, schlicht die Natur der Adelsträger selbst, ist Begründung und Demonstration dafür, ob man ehrenvoll und dem Status des Adligen würdig ist.507 Die wirkmächtige Begründungsfigur der Natur wird hier als Argument für die eigene ehrenvolle Stellung genutzt. Wie sehr sich das Habsburgische Ehrenwerk als wahrhaftiges Lob, das aus einem hohen Grad an Freiwilligkeit durch die Fugger heraus geschaffen wurde, ausgibt,508 zeigen noch einmal übersteigert die breiten Ausführungen zu Kaiser Maximilian I.: Mit ihm inszenieren sich die Fugger als auf besondere Art und Weise verbunden. Man steht in der Tradition der gratiarum actio, und überführt diese in ein opulentes Enkomion. Die Bindung der Ausführungen an Glaubwürdigkeit soll vor Augen führen, dass der Inhalt des Ehrenwerkes mit der Form der Herrschaft korrespondiert.

504 ÖNB cvp 8613, fol. 322. 505 ÖNB cvp 8613, fol. 322. 506 ÖNB cvp 8613, fol. 322. 507 Gedankenfiguren spiegeln sich hier, die bereits im Eingang dieses Kapitels weitreichend aufgearbeitet werden konnten; verwiesen sei nochmals auf das in der Einleitung (3.1.1) zitierte Flugblatt um 1500, in dessen Synthese Adliger und Nichtadliger gleich seien, allerdings der Adel eine zusätzlich von Gott erteilte Ehre besitze: Morsel (1997), S. 354. 508 Deutlich wird, dass Anforderungen an panegyrische Werke aufgegriffen sind, die in der Antike entwickelt wurden. Vgl. besonders Ronning (2007), S. 37.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

3.2.3.3 Die Habsburger unter Kaiser Maximilian I.: Buch VII Das siebte Buch im Habsburgischen Ehrenwerk zeigt bereits quantitativ an, wie sehr das Haus der Fugger mit Kaiser Maximilian I. verbunden ist: Ein eigener Codex spiegelt seine Geschichte wider. Immer wieder sind darin die Nahverbindungen zwischen den Fuggern und dem Kaiser eingestreut.509 Man könnte das Dargestellte in zwei Bereiche gliedern. In einem ersten Durchgang werden Maximilians Lebensgeschichte (ÖNB cvp 8614, fol. 1v–21v), seine Kriegstaten (ÖNB cvp 8614, fol. 22r–264v), besondere Ereignisse und Reichstage (ÖNB cvp 8614, v. a. fol. 264v–292v) sowie sein Lebensende (ÖNB cvp 8614, fol. 292v–293r) präsentiert. Ein zweiter Durchgang, er ist gegenüber dem ersten stark panegyrisch aufgeladen, zeigt Maximilians vorbildliche Rollen: Als tugendhafter Ritter, als tapferer Krieger und doch weiser Friedensfürst (ÖNB cvp 8614, fol. 293v–298v), als sexuell potenter Herrscher, der eine Reihe an Schlafweibern vorzuweisen hat (ÖNB cvp 8614, fol. 320r–322v), als dynastisch handelnder Kaiser, der für sein Haus die Zukunft plant (ÖNB cvp 8614, fol. 322v–355r). Die folgenden Analysen konzentrieren sich vor allem auf die Stellen im Werk, die den Herrscher und seine vielschichtigen Rollen panegyrisch in den Blick nehmen.510 Das siebte Buch setzt mit dem Anspruch ein, alle loblich[e] vnd ritterlich[e] Thaten des Fursten vnnd Helden Maximiliani des ersten darzustellen.511 Ebenso sollen seine Erben vnnd Nachkommen bis auf die Allergromechtigsten Gewaltigsten Fursten vnnd Herren Carolum den Fünften vnnd Ferdinandum den ersten sowohl schriftlich als auch figurlich aufgenommen werden:512 Text und Bild nehmen eine gleichermaßen bedeutende Rolle ein. Im Werk werden Superlative panegyrischer Intention bedient.513 So bereits in jenen Passagen über die lernung des jungen Fürsten.514 Während expli-

509 So beispielsweise, als sich Maximilian, nach Ermächtigung der Graf vnnd herschafften Kirchberg vnnd Weißenhoren sambt iren Schloßern, waßerflüßen vnd gelegenhaiten derselben vmbligenden Landschafften, an die guten Verbindungen zwischen seinem Vater und dem kaiserlichen Rath Ulrich Fugger erinnert und den ehrenwerten Fuggern – ehere wirdig – die Ländereien übergibt (ÖNB cvp 8614, fol. 217r–217v; fol., 218r zeigt Schloss und Markt Kirchberg sowie die Stadt und das Schloss Weißenhorn in Bildern); so auch der Verkauf von Schloss Schwaben an Jakob Fugger, der irer Maiestat also barbezalt und das Schloss komplett neu bauen lässt (ÖNB cvp 8614, fol. 227v); so ebenfalls der Verkauf von Schloss Biberbach an Jakob Fugger von wegen seiner getreuen diennst (ÖNB cvp 8614, fol. 269r). 510 Das opulente Material soll unter dem in Kap. 1 (v. a. 1.3.2.1) entwickelten Fragenkatalog zu Verkörperungs- und Repräsentationsstrategien unter den Fuggern genauer untersucht werden. 511 ÖNB cvp 8614, Titelbild. 512 Karl und Ferdinand sollten in einem weiteren Buch gezeigt werden, zu dessen Ausführung es aber nicht mehr kam. 513 ÖNB cvp 8614, fol. 2: Wie derselbig wer dann vormals nie. 514 Das deutet an, dass auch der „Weißkunig“ als Vorlage für das „Habsburgische Ehrenwerk“ diente. Während allerdings im „Weißkunig“ „[d]ie gesamte Jugendgeschichte […] nichts als eine Aufzählung seiner überragenden Kenntnisse auf allen möglichen Gebieten [ist],“ (Müller [1982], S. 241) gibt das Ehrenwerk der Fugger vor, diese literarische Verkleidung zurück auf einen historischen Kern zu führen und stärker zu differenzieren.

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zit herausgehoben wird, was für [ain] edle[r] Kopf der vonn natur zue aller Kunst erboren[e] Maximilian gewesen sei, sind kontrastiv dazu die harten Lehrmethoden des Schuelmaister[s], welliche die guetten Ingenia verderben werdt, wenn er die Kunst mit Gewalt inn den gueten Herzen plerven welen, gegenübergestellt.515 Der edlen Natur vnnd Aigenschafft des jungen Fürsten steht die grobe Behandlung, die ihm durch sein Umfeld geschieht, entgegen.516 Dieses Muster wiederholt sich mit fortlaufenden Text, wenn in den insgesamt 28 Kriegsdarstellungen517 immer wieder seine Gegner in ihrer Schlechtigkeit ausgestellt werden – besonders der König von Frankreich518 –, und damit seiner eigenen, angeborenen vorbildlichen Natur entgegengesetzt sind. Die Gegner Maximilians haben schlechte Eigenschaften, können sich nicht unter Kontrolle halten, sie stören den ritterlichen Helden. Besonders apostrophiert wird die Rolle des an vorderster Front stehenden Helden, der selbst dann noch gegen seine Feinde kämpft, wenn er in massiver Bedrängnis steht.519 Obwohl er keinen Krieg sucht, so die Argumentation im Habsburgischen Ehrenwerk, weil seine natürliche Vernunft zum Frieden drängt,520 wird er durch die negativen Eigenschaften seiner Feinde – sie bestechen, hintergehen und drohen – zum Krieg gezwungen.521 Im Gegensatz zu seinen Feinden, welche Unordnung stiften und das Reich bekämpfen, verkörpert der Kaiser, so könnte man das Titelbild des siebten Buches interpretieren (Abb. 28), ruhig und ehrenvoll in majestate522 seinen Thron in königlicher Zier und Würde einnehmend Ordnung und Stabilität. Maximilian wird schließlich durch seine Feinde an den Rand seiner Kräfte getrieben: Nicht sein fortschreitendes Alter, sondern das Umfeld seiner Feinde macht ihn müde, er ist abgearbeitet […]

515 ÖNB cvp 8614, fol. 3r. 516 ÖNB cvp 8614, fol. 3r. 517 Der Text verwendet hier – quantitativ – einen hohen Aufwand, um die zahllosen Kriege, in die Maximilian verwickelt war, zu beschreiben: ÖNB cvp 8614, fol. 22r–264v. Dabei sind zahlreiche weitere Aspekte zur Geschichte Maximilians eingeführt (u. a. ebd., fol. 22r: Beschreibung zum Goldenen Fließ und ebd., fol. 285v: Aufnahme ins Goldene Fließ; ebd., fol. 50r: Grab Marias; ebd., fol. 63r: Gefangenschaft in Flandern; ebd., fol. 118v: Empfang in Augsburg) und es wird immer wieder auf die Ehre Maximilians rekurriert (beispielsweise: Ebd., fol. 61r, fol. 205r, fol. 253v). 518 ÖNB cvp 8614, fol. 285v. 519 ÖNB cvp 8614, fol. 199v. 520 ÖNB cvp 8614, fol. 285v. 521 ÖNB cvp 8614, fol. 232v: Das Reich verwehrt Maximilian jegliche Hilfe im 2. Venedigerkrieg (=19. Kriegsdarstellung); fol. 280v: Die Schweizer betrügen; ebd., fol. 285v: Die Franzosen bestechen. 522 Zum „Sitzen in majestate“ als dominantes Bildmotiv des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts, das anzeigt, wie der Körper des Kaisers seine Dynastie – hier Habsburg – und das Reich als Ganzes repräsentiert: Stollberg-Rilinger (20132a), S. 55–64; interessant wäre bei diesem Beispiel auch herauszuarbeiten, dass mit Philip und Johanna, die links und rechts Maximilians I. sitzen, Vertreter des Hauses Habsburgs aufgenommen sind, die wiederum ihrerseits auf das ‚frische‘ Blut des Dynastiekörpers verweisen.

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durch allerlai Vntrew vonn allerlais Ortten.523 Vor allem jene setzen ihm zu, bei denen er nur noch wenige Geldschulden habe, wie der Text zu berichten weiß.524 Weil jene den Kaiser durch Kritik stark bedrängen, wird er schwach: solche schmach [ist] seiner Maiestat dermassen zue Herzen ganngen, daß der loblich Kaiser sich etwas schwach befunnden.525 Schließlich nimmt sich der hochloblich Kaiser die Schmach so hoch zue Herzen […] dass sich ir Maisestat nit hat wellen trosten lassen, er gerät in eine schwere Melanncholey, die inn ain verporgen Fieber gefallen ist, von dem er sich nicht mehr erholen kann.526 Schmach und Schande treiben den bis ins hohe Alter unermüdlich agierenden Kaiser  – er war weder vonn Natur noch Gewonhait all sein Leben lanng niemals miessig bekunnden worden527 – in den Tod.528

Abb. 28: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555)529

523 ÖNB cvp 8614, fol. 285v. 524 Zu hinterfragen wären mit diesen Textstellen die gängigen Vorstellungen, dass sich die Fugger einen Kaiser kauften, wenn sie sich in ihrem eigenen Ehrenwerk, das dem Kaiser huldigt, eben nicht als Schuldeneintreiber gegenüber dem Kaiser inszenieren; diese Passagen im Ehrenwerk sind besonders aufschlussreich. 525 ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 526 ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 527 ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 528 ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 529 ÖNB cvp 8614, Titelbild. Ein ähnliches Bild mit gleicher Intention bereits bei der Beschreibung Rudolfs: ÖNB cvp 8613, fol. 85r.

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Das Habsburgische Ehrenwerk repräsentiert einen Kaiser, dessen ehrenhafte Art schändlichen Feinden ausgesetzt ist: Offensichtlich bemüht sich die Inszenierung um das Bild eines guten, aber bedrängten Herrschers, wenn die Gründe für sein Sterben mehr in seinen positiven Eigenschaften und den – zumindest hier so zu interpretierenden – negativen Eigenschaften seiner Feinde zu finden sind. In einem letzten politischen Akt530 ordnet der Kaiser weise die Zukunft seines Hauses über die Nachfolge durch Karl: Dieser soll all das vollbringen, was Maximilian durch seiner Schwachait nitt umsetzen konnte.531 Nachdem sich Maximilian aus der Fürstlichen Chronik vorlesen ließ,532 stirbt er in einem ganz außergewöhnlichen Lichtspektakel: Eine Sonnenfinsternis entsteht, sie waß dise funnsternuß der sonnen, die sich so bereits bei seiner Geburt zeigte.533 Bis über den Tod hinaus bewahrt er Demut und Ehre, so der Text, wenn er anordnet, dass sein Leichnam in einen Unterrock gekleidet werde, so dass dessen Genitalien verdeckt seien.534 Zugleich ist hier ein hoher Anspruch repräsentiert, wenn das Sterben des Kaisers jenem Jesu Christi angeglichen ist. Schließlich partizipiert das Habsburgische Ehrenwerk an der Ausbildung des bis in die (moderne) Gegenwart wirkmächtigen Bildes, dass ir Maiestat angeordnet habe, daß man derselben alsbald sie verschiden, ihr Har an dem ganntzen Leib abscheren auch alle Zeen ausbrechen vnnd dieseligen auff dem Kirchhof mit feurigen Kolen vergraben vnnd zuedecken solle, daß man auch ihren Lieb mit emplosten Angesicht annen ganntzen Tag lanng aile Menschen die alher kommen sehen lassen sollt, wie auch […] man solle auch irer Maiestat Corper gaislen vnnd […] in sant Georgen Capell vnder den grossen alter dermassen begraben das der priester wanner Meß helt auf seiner Maiestat brust stehen solle.535

Das alles, so schreibt das Ehrenwerk, geschehe darumben, um anzuzeigen, daß der Leib, so mit Sunden belanden, gestrafft vnd vor der welt verachtet werden solt.536 Die gesamte Beschreibung hat das Ziel, die Einzigartigkeit  – kain Kaiser wie lieber gewesen537  – bei gleichzeitiger Betonung der Bescheidenheit Maximilians anzuzeigen: Seiner inneren Art, seinen Einstellungen komme Vorrang gegenüber dem vergänglichen menschlichen Leib zu. Nach dem Tod des Kaisers trauert ganz Augsburg:

530 Der Reichstag in Augsburg ist genannt: ÖNB cvp 8614, fol. 287v–291v. 531 ÖNB cvp 8614, fol. 285v. 532 ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 533 Die Lichtmetaphorik setzt sich hier fort, wenn es heißt, dass sich der Kaiser Zeit seines Lebens darum bemühte, daß edle herkommen der herren vonn Oesterreich welches zuvor vas vnbekannt gewesen […] aus der dunnkel ann das liecht dermassen [herfur] zu bringen, daß es ietzunder vor aller welt mich hochsten flor vnnd Ehrenn […] glannzet vnnd leuchtet: ÖNB cvp 8614, fol. 292r. Das Licht steht hier in seiner Exorbitanz für den Glanz des Herrscherhauses. 534 Ir Maiestat verschaffe daß amn ir erlendt ain niderklaid anlegen solt, damit nach dem todt sein scham verporgen blibe: ÖNB cvp 8614, fol. 292r. 535 ÖNB cvp 8614, fol. 292r–292v. 536 ÖNB cvp 8614, fol. 292v. 537 ÖNB cvp 8614, fol. 292v.

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Die Stadt und mit ihr die Fugger sind, so die Inszenierung ähnlich jener bei den Schilderungen zum Tod Friedrichs III., mit dem Kaiser eng verbunden.538 Das Leben Maximilians ist nicht nur textuell festgehalten. Schrift und Bild sind im Codex eng aufeinander bezogen. Das zeigt sich besonders bei Aufnahme der zwei wichtigsten Devisen, MEDIOCRITAS OPTIMVM und HALT MAS, sowie den bedeutendsten Symbolen Maximilians, der GRANAT APFFEL (Abb. 29).539 Der Text bezieht sich auf das Herkommen und die Wirkabsicht dieser Symbole. So heißt es über die Granatäpfel: Die GranatApfell haben ir maiestat Ferdinanndo dem Künig zu Arragonia vnnd Sicilien, als er das Reich vnnd die Statt Granate gewunnen, zue Ehren geziert.540 Die Bilder wiederum konzentrieren sich auf ein repräsentatives Anzeigen beispielsweiser der Devisen Maximilians: So, wenn die Buchstaben des Spruchs Mediocritas optimum wie in ein Medaillon eingraviert und visuell miteinander verbunden wirken.

Abb. 29: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilians Devisen und Symbole (um 1555)541

538 ÖNB cvp 8614, fol. 292v. 539 ÖNB cvp 8614, fol. 314r. 540 ÖNB cvp 8614, fol. 314r. 541 ÖNB cvp 8614, fol. 314r.

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Quasi im ‚Schnelldurchlauf‘ werden zentrale Ereignisse der kaiserlichen ‚Biographie‘ in Bildern gezeigt. Maximilians äußeres Erscheinungsbild, das seine inneren Eigenschaften nach außen spiegelt,542 kann über die conterfettungen in einer Durchschau ordentlich[er], also besser, widergegeben werden, als es die schriftlichen Beschreibungen vermögen: wie der inn allem seinem Leben vnnd Absterben gestaltet gewesen sein ordenlich nachain ander vnd den werden Leser sechen lassen.543 Dabei fokussieren die Bilder die jeweilige Rolle Maximilians – abhängig vom Kontext. Die Chronik wird hier zum Bilderbuch (Auswahl an Bildern: Abb. 30 bis Abb. 37).

Abb. 30 und Abb. 31: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. und Maria von Burgund (um 1555)544

Maximilian ist zunächst in dem Alter, also als 19-Jähriger (Abb. 30) abgebildet, als er mit Maria von Burgund545 – sie ist in einem eigenen Bild546 (Abb. 31) ausgestellt – den Beischlaff vollzogen hat. Danach zeigt das Ehrenwerk Maximilian in der Rolle des potenten Fürsten (Abb. 32);547 weiter, als mächtigen römischen König mit 27 Jahren

542 ÖNB cvp 8614, fol. 311v. 543 ÖNB cvp 8614, fol. 314r. 544 ÖNB cvp 8614, fol. 314v, 315r. 545 Als Tochter des größten kriegsfurst inn ganntz Europa ist ihr Mann, Maximilian, über sie und ihre Familie ausgezeichnet, er profitiert von der Macht Burgunds: ÖNB cvp 8614, fol. 5r. 546 ÖNB cvp 8614, fol. 315r. 547 ÖNB cvp 8614, fol. 314v.

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(Abb. 33);548 indirekt – über das Portrait von Anna herzogin von Brittannia – als betrogenen Werber;549 mit 35 Jahren als Bräutigam550 der Maria Bianca Sforza551 – auch sie in einem eigenen Bild;552 als Kriegsfürst (Abb. 34);553 als Jäger554 (Abb. 35) und schließlich in der conterfettung, als er verschiden vnnd allen Volk offentlich zue […] sehen zue Wels auf ain Bett gelegt worden war (Abb. 36):555 Der kaleidoskopartige Bilderzyklus schließt mit der Abbildung seines Sargs in St. Georgen (Abb. 37).556

Abb. 32 und Abb. 33: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555)557

548 ÖNB cvp 8614, fol. 315v. 549 ÖNB cvp 8614, fol. 310r. 550 ÖNB cvp 8614, fol. 316v. 551 Ihre Krankheit und Unfruchtbarkeit haben negative Auswirkungen auf die politischen Verhältnisse: Der Kaiser bekommt keinen Nachkommen. So heißt es unter ÖNB cvp 8614, fol. 237, dass Bianca Maria also vnfruchtbar abgestorben ist, welches dem loblichen kaiser viel schwerer gedannken gemacht […] da sein kaiserliche maiestat ainen herren mit ir erzugen mogen. 552 ÖNB cvp 8614, fol. 317r. 553 ÖNB cvp 8614, fol. 317v. 554 ÖNB cvp 8614, fol. 318r. 555 ÖNB cvp 8614, fol. 318v. 556 ÖNB cvp 8614, fol. 319r. 557 ÖNB cvp 8614, fol. 315v, 316v.

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Abb. 34 und Abb. 35: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555)558

Abb. 36 und Abb. 37: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555)559

558 ÖNB cvp 8614, fol. 317v, 318r. 559 ÖNB cvp 8614, fol. 318v, 319r.

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Dem Text kommt neben den Bildern die Aufgabe zu, das Ehrenwerk zum gesteigerten Panegyrikus auszuschmücken. Während Maximilians natürliche vorbildliche Veranlagung durch ein transzendentes movens gestiftet wurde, er ist vonn Gott begabet gewesen,560 wie der Text sagt, so beweist der Kaiser in seinen Verhaltensweisen, dass er der beste Herrscher sei, denn: Die göttliche Fügung ist Grundlage für seine Herausgehobenheit, aber sie alleine reicht noch nicht aus. Nur durch ein ehrenhaftes Handeln, in dem immer wieder die ganz besondere Herrschernatur des Kaisers durchschlägt, die die Tätigkeiten zu steuern fähig ist, übertrifft Maximilian alle: Er hat seine Tugenden aus göttlicher Furfehung […] nit allain ann sich gehabt, sondern hat sie gehanndlet erzaigt vnd bewisen.561 Dabei entwickelt das Habsburgische Ehrenwerk ein ganzes Tableau an Beispielen, über welche man einsehen kann, warum Maximilian vor allen annderen Romischen Kaiser vnnd Konigen herrlichen gezieret gewesen sei:562 Er fördert die Sprachen, weist Poeten zurück, die ihn überschwänglich loben,563 zeigt kein Übermaß im Kleidungsstil – er trägt weder Silber noch Goldt ann daß Lambsen vonn dem Ritterlichen Orden deß gulden Fließ an seinem leib –,564 tritt gegen Geldwucher und Simonie ein, lässt seinen Dienern nie seinen Stuhlgang oder Harn sehen, ist gegenüber Frauen ehrbar und keusch, ist mäßig beim Essen und lässt keinen Überfluss walten, gibt sich keiner Trägheit hin, arbeitet wie Julius Caesar bis tief in die Nacht, huldigt der christlichen Religion und muntert traurige Fürsten auf.565 In vier letzten Punkten566 – unter den Leitbegriffen Prvdentia,567 Fortitvdo,568 Temperantia569 und Ivstitia570  – werden die gesamten Eigenschaften Maximilians noch einmal summarisch vor Augen geführt.571 Was hier präsentiert wird, ist eine Herrscherfigur, die als optimus princeps universal

560 ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 561 ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 562 ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 563 Damit deutet das Werk an, dass es eben als ganz wahrhaftig gemeintes Lob zu gelten habe. 564 ÖNB cvp 8614, fol. 299r. 565 ÖNB cvp 8614, fol. 299r–299v. Weiter zu nennen wären: Er zeigt keine Unkeuschheit; wägt in Gerichtsverfahren genau ab; fördert das waidwerk sowie das Schachspiel (hier ist wohl auf das „Schachzabelbuch“ Jakob Mennels angespielt); lässt den Ursprung seines Stammes aufschreiben (die genealogischen Werke sind gemeint); fragt, ähnlich Socrates, wie man Haß und Neid entkomme; beruhigt das Reich (ÖNB 8614, fol. 305r–309r); tritt für die Juden ein (ÖNB cvp 8614, fol. 309r). 566 ÖNB cvp 8614, fol. 299v–303r. 567 ÖNB cvp 8614, fol. 299v–300r: Eine Aufzählung der Autoren und Werke, die seine Taten zusammenfassen, ist hier aufgenommen. 568 ÖNB cvp 8614, fol. 300r–300v: Nur durch seine inventio, seinen Einfallsreichtum, können Kriegsmaschinen wie die „Nachtigall“, ein besonders raffiniertes Geschütz, erbaut werden. 569 ÖNB cvp 8614, fol. 301r–301v: Die Ordnung des gesamten Regiments steht als Beleg für die geordnete Natur des Kaisers. 570 ÖNB cvp 8614, fol. 301v–302v: Gerechtigkeit wird als Grundfundament für die Friedensordnung des Reiches angesehen. 571 ÖNB cvp 8614, fol. 302v.

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in jeglichen Lebenslagen auftritt: Der Herrscher ist das Paradebeispiel für ehrenhaftes Handeln.572 Das Zentralargument in diesen Beispielketten leuchtet immer wieder auf: Den natürlichen Anlagen, Eigenschaften und Verhaltensweisen, die die Art und Weise des Umgangs mit der göttlichen Veranlagung steuern und eine Ausgewogenheit zwischen Seele und Körper herstellen kann,573 kommt die zentrale Stellung zu. In diesem Kontext wird hervorgehoben, um der Warhaitt gewisslich zu sein,574 in welch pre­kärer Situation sich der Zustand des Reiches unter der Regentschaft Kaiser Maximilians befunden habe: Nur durch seine besondere Herkunft und sein außergewöhnliches Wesen konnte er diese Schwierigkeiten in der Rolle des ritterlichen Helden überstehen, meistern und Frieden schaffen.575 3.2.3.4 Geschichte der Habsburger on alle Poetterei Zu einer Steigerung des Lobes der ritterlichen Rolle Maximilians I. durch die Fugger kommt es bei jenen Passagen im Habsburgischen Ehrenwerk, die sich stark an Kaiser Maximilians Teuerdank anlehnen: Er dient neben der Fürstlichen Chronik dem Ehrenwerk der Fugger als ergiebige Quelle. Es geht darum, das Bild eines tapferen, tugendhaften Helden in seiner ritterlichen Mannhait sowie annderen ehrlichen Tugennten, die der loblich Held vonn Jugennt auff mit grosser Gefarde beganngen hatt576 zu zeichnen, so dass er mit Julio Cesare wol hette sagen mogen: VENI. VIDI. VICI. Ich kam, ich sach es, ich vberwands.577 Während der im Umfeld Maximilians erstellte Teuerdank als literarisches Werk dem Kaiser huldigt,578 heißt es im Habsburgischen Ehrenwerk über diesen: Zu dem seinnd dem Ritterlichen Helden laut des Buechs der Theurdannk genannt welches die gelerten Historici Maximiliani zusammen getragen vnnd von Herren Melchior Pfinntzing inn Druck gegeben worden inn seiner Jugennt vnnd Alter so manicherlai gefarlicher Abenntheur zue gestanden das ainer darab verwunnderen möcht, wie er sich doch vmb so schlechte Sachen inn

572 Dem „Habsburgischen Ehrenwerk“ geht es, so in den Worten Roths (1927), S. 37, darum, „die „Tugendhaftigkeit“ und „Mannheit“ [Maximilians] zu erweisen, indem […] die Natur der sieben Hauptlaster – Hoffart, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Haß, Völlerei und Trägheit – erörtert [wird] und durch Anekdoten und Geschichten aus dem Leben des Helden dartut, daß dieser davon gänzlich frei gewesen [ist], […] [es] zweitens die Natur der Haupttugenden – Fürsichtigkeit (Prudentia), Stärke (Fortitudo), Mäßigung (Temperanti), Gerechtigkeit (Justitia) – untersucht und […] beweist, daß Maximilian keiner dieser für einen großen Regenten unbedingt nötigen Eigenschaften entbehrt habe.“ 573 ÖNB cvp 8614, fol. 300v. 574 ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 575 ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 576 ÖNB cvp 8614, fol. 293v. 577 ÖNB cvp 8614, fol. 293v. 578 Strohschneider (1986), S. 412, 450, 453 und 454. Siehe dazu v. a. die Ausführungen im zweiten Kapitel dieser Arbeit, v. a. unter 2.2.3.1.

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so grosse Gefahr begen mogen oder derselben nit miessig ganngen seie dieweil nit annders dann Verlust des Lebenns vnnd Schaden dest Leibs darauff gestannden. Dieweil aber gemeltes Buech der Theurdannk auf daß die Personen welche dem werden Fürsten so hefftig zuegesetzt vonn der Welt nit angefeinndet vnnd verhasset werden durch ain Poeterey gestalt vnnd mit verborgner Weiß geschriben worden vnnd wir aber vnnser Histori on alle Poetterei bis anher warhafftig beschriben, so wellen wir die Poeterei vonn allen geschichten des Theurdannks absonderen vnnd auff das ainfeltigst die Thaten wie die ann inen selbst beschechene warhafftig beschreiben.579

Abb. 38: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555)580

Das Habsburgische Ehrenwerk bearbeitet die literarische Vorlage, stellt den Inhalt on alle Poetterei als ganz warhafftig aus, wie es bereits die gesamte Geschichte Habsburgs on alle Poetterei bis anher wahrhafftig beschrieben habe: Der historische Kern, absondert von aller poetterei, wird durch die panegyrische Ausführungen präsentiert. Dieses Verhältnis von Absonderung des Poetischen bei gleichzeitiger inhaltlicher Anbindung an die Vorlage, die durch ‚historische‘ Wahrheiten erweitert wird, spiegelt auch das Teuerdank-/Maximilian-Bildnis im Habsburgischen Ehrenwerk (Abb. 38) deutlich wider, vergleicht man es mit seiner Vorlage aus dem Teuerdank (Abb. 39).

579 ÖNB cvp 8614, fol. 293v. 580 ÖNB cvp 8614, fol. 294r.

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Abb. 39: Leonhard Beck, Teuerdank (1517)581

Oberflächlich betrachtet, könnte man sagen: Die Abbildung im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger nimmt jene aus dem Teuerdank Kaiser Maximilians I. wieder auf. Mikroperspektivisch gesehen kommt es allerdings zu Verschiebungen: Während im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger Maximilian I. direkt als Kaiser gezeigt wird, ist im maximilianeischen gedechtnus-Werk ‚Teuerdank‘– und sozusagen erst auf einer zweiten Sinnebene der Kaiser  – abgebildet. Die literarische Vorlage verweist „auf die Tradition der miles christianus-Ideologie. [Sie] zeigt den Helden, wie er auf einem Kranz von vierzehn Schwertern steht.“582 Der Roman erreicht die Einlösung eines sakralisierenden Steigerungsschemas,583 das der ganze Text nacheinander entwickelt hat: „In der Apotheose des Siegers und miles christianus Teuerdank/Maximilian […], der vielleicht gar Gott in einer Lehensgeste die Hand reicht […], kommt eine dichte Kette von Andeutungen und Anspielgen ans Ziel, die den ganzen Roman die Gottesauserwähltheit des Helden bewußt hält.“584

581 Der Beschluß dieser Histori von dem mandlichen und gluckhaftigen Held Teurdank: Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein, Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritter herr Tewrdannckhs, Nürnberg 1517, von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe die Abdrucke bei: Grebe (2015), Tafel 118. 582 Strohschneider (1986), S. 381. 583 Zur genaueren Erklärung dieses Begriffes mit Interpretation der Struktur und Intention des „Teuerdank“: Strohschneider (1986), S. 380–383. 584 Strohschneider (1986), S. 380–383.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Dieses Motiv nimmt das Habsburgische Ehrenwerk der Fugger zwar auf, vor allem, wenn es ebenfalls einen Kranz von vierzehn Schwertern zeigt, aber es ersetzt die ‚literarischen‘ Elemente durch Insignien, die Maximilian in Händen hält:585 Er trägt Reichsapfel und Schwert.586 Zusätzlich ist er im Bild umgeben von Waffen, Tieren und anderen Hinweisen: Diese Elemente in der Zeichnung, die visuell nur Andeutungen sind, werden im Text als ‚historische‘ Ereignisse genauer ausgeführt. So beispielsweise587 das im Unwetter gerettete Schiff,588 das angeschossene Pferd Maximilians,589 die Ereignisse mit Löwe,590 Wildsau,591 Bär592, Gemsen593 und Hirsch,594 so auch die Turnierlanzen,595 Pulverfässer,596 Waffen,597 aber auch Bücher und Behältnisse.598

585 Die Geste Teuerdanks ist zurückgenommen. Auch scheint man hier eine Überhöhung des Kaisers eher zu reduzieren, obschon der Sonnenstrahl, der aus der Himmelsdecke ragt und auf das Haupt Maximilians zu treffen scheint, diese Konnotationen zulässt; der ‚Gottesstrahl‘ oder eine Art Blitz könnte auch direkt vom Himmel bis zum Einschlag auf den Boden reichen, allerdings ist der Strahl dann nicht absolut linear, sondern eher in den im Hintergrund dargestellten Bergketten verlaufen, obschon der Einschlag wohl eher von den links im Bild platzierten Kanonen verursacht wird. 586 Zu deren Symbolsprache und den damit verbundenen Fiktionen: Stollberg-Rilinger (20132a), v. a. S. 7–22. 587 Alle geferlich geschichten sind ziemlich komprimiert auf zehn Blättern dargestellt, was dem Inhalt Überblick verschafft: ÖNB 8614, fol. 294r–298v. 588 ÖNB cvp 8614, fol. 295v: Der Text spricht davon, dass dieses durch Maximilian in Holland gerettet wird. 589 ÖNB cvp 8614, fol. 297v: In einem Hinterhalt wird das Pferd Maximilians erschossen. 590 ÖNB cvp 8614, fol. 294v: Maximilian legt seine Hand in das Maul des Löwen, der gegenüber dem Kaiser zart wie ein lamblin ist (auch: ÖNB cvp 8614, fol. 295v). 591 ÖNB cvp 8614, fol. 294v: Maximilian kämpft gegen eine Wildsau in Österreich. 592 ÖNB cvp 8614, fol. 294r: Maximilian kämpft im Schwabenland gegen einen Bären. 593 ÖNB cvp 8614, fol. 294v: In Innsbruck sticht Maximilian Gemse (auch: ÖNB cvp 8614, fol. 296r). 594 ÖNB cvp 8614, fol. 294r–298v: Gleich mehrmals treten Hirsche auf (in Brabant, Österreich, im Inntal u. a.) 595 Die Turnierszenen aus dem „Teuerdank“ scheinen hier – zumindest als Reminiszenzen – aufgenommen zu sein, wenn es heißt, dass Maximilian in Worms durch Claudius von Battre zum Zweikampf aufgefordert wird. Obwohl Maximilian bereits 36 Jahre alt ist, nimmt er an und gewinnt Ehre durch harte Schläge (ÖNB cvp 8614, fol. 297v). Zu einer Art Rückführung dieses Ereignisses ins Literarische kommt es im 18. Jahrhundert mit Karoline Pichler, die genau diese Szene in ihrem Gedicht „Kaiser Maximilian‘s Zweikampf“ verarbeitet: Die Wirkmacht des „Habsburgischen Ehrenwerkes“ über das 16. Jahrhundert hinaus wird hier ersichtlich. 596 ÖNB cvp 8614, fol. 296v: Maximilian führt durch seine weise und bedachte Art den Narren mit der Fackel aus der Waffen- und Pulverkammer. 597 Sie könnten für die Vielzahl der Kämpfe stehen, in denen Maximilian seine Tapferkeit beweist: Er kämpft weiter, obwohl ein Teil seiner Soldaten bereits aufgegeben hat (ÖNB cvp 8614, fol. 297v), stellt sich gegen einen Hinterhalt in Frankreich (ÖNB cvp 8614, fol. 297v) oder in den Niederlanden (ÖNB cvp 8614, fol. 297r) und überlebt den Beschuss durch Kanonen (ÖNB cvp 8614, fol. 297v). 598 Sofern es sich um medizinische Behältnisse handelt, könnte auf die Stellen Bezug genommen werden, die die Krankheitsszenen aus dem „Teuerdank“ übernehmen: ÖNB cvp 8614, fol. 297r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

 361

Darüber hinaus ist im Habsburgischen Ehrenwerk die Figur des Ernhold ausgespart, der im Teuerdank in den Abenteuererzählungen kaum erwähnt wird, aber in fast allen Holzschnitten anwesend ist.599 Seine Funktion als Zeuge ebenso als Beglaubiger der Taten des Helden600 – Ernhold verkörpert die fama601 – ist im fuggerschen Ehrenwerk obsolet: Man könnte sagen, mit ihm ist das ‚Poetische‘ in der fuggerschen Version vollends ‚abgesondert‘ worden, weil man ‚Wirkliches‘ darzustellen inszeniert, als Fugger selbst die kaiserlichen Ehrentaten beglaubigen kann. Damit fehlt aber auch der dezidierte Hinweis auf die Rota Fortunae in Ernholds Brustbild.602 Man verzichtet auf die allegorische Verkleidung,603 bedarf ihr offensichtlich nicht. Während im Teuerdank die historischen Ereignisse in eine komplizierte, literarische Form verkleidet wurden,604 ist dieses Verfahren bei den Fuggern rückgängig gemacht worden. Das einst vom ‚Historischen‘ in die poetterei Übersetzte wird nun wiederum ins Historische rückübersetzt. Das ist Strategie, um das Präsentierte als wahr auszuweisen. Eine Absicherung für die Vielzahl der als ‚echt‘ ausgegebenen Taten Maximilians kann im Text allerdings nicht durchgehend gleistet werden, er gibt ‚nur‘ vor ‚wahrhaftig‘ zu sein. Strukturell und thematisch knüpft man an die literarische Vorlage an, wenn die einzelnen 78 Abschnitte inhaltlich das im Teuerdank Geschilderte aufgreifen, doch man inszeniert das Erzählte – über jeweils geographische Anbindungen – von Anfang an als tatsächliche Wahrheit, wenn es heißt: Hernach folgen alle geferliche geschichten, welche dem theuren helden Maximiliano durch die ganntze Zeit seines Lebens zuegestannden vnnd aber auß genaden des Allmechtigen vnnd druch sein manhaffte behertzte fursichtigkhait den selben on allen Schaden entganngen ist.605 Jede einzelne Ausführung ist damit im Text an eine Stadt (Utrecht, Innsbruck, Worms u. a.), ein Land (Holland, Luxemburg, Frankenland u. a.) oder zumindest an einen greifbaren Ort (Inntal, Mor in Holland, Stift Utrecht) gebunden; das unterscheidet das Ehrenwerk der Fugger am Eindringlichsten vom Teuerdank, der auf genaue lokale Zuschreibungen verzichtet.

599 Strohschneider (1986), S. 412. 600 Strohschneider (1986), S. 413 601 Müller (1982), S. 220. 602 Das Wagenrad in der fuggerschen Version könnte man als einen abgeschwächten Hinweis auf die Rota Fortunae lesen. Zur Fortuna-Bildlichkeit im „Teuerdank“, mit Verweis auch auf „Weißkunig“ und in der „Holzschnitt-Genealogie“: Müller (1982), S. 129; mit detaillierter Textanalyse und im direkten Anschluss an Müller: Strohschneider (1986), v. a. S. 381. 603 Prozesse der Allegorese in der Rezeption des „Teuerdank“: Strohschneider (1986), S. 454. 604 Zur Interpretation Kaiser Maximilians als domitor Fortunae – v. a. am Schluss des „Teuerdank“ – siehe: Müller (1982), S. 129. 605 ÖNB cvp 8614, fol. 293v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Gedechtnus bedarf im Ehrenwerk nicht des Mediums der literarischen oder künstlerischen Gattung:606 Nicht der ‚Glaube‘ an die Macht des Kaisers, sondern das Wissen um diese Macht soll offensichtlich bewiesen werden. Dabei wird klar: Gött­ liche607 und natürliche608 Berufungsinstanzen sind in gleicher Weise Begründungen für die Tapferkeit des Kaisers. Durch die genaden des Allmechtigen und durch seine eigene Verhaltensweise, die manhaffte Fursichtigkhait, kann Teuerdank die Gefahren überstehen. Ähnlich der Passagen im Habsburgischen Ehrenwerk über Jakob Mennel, wie oben zu den Übernahmen aus der Fürstlichen Chronik herausgearbeitet werden konnte, passen die Fugger die Vorlage aus dem maximilianeischen Kontext an ihre eigenen Zielsetzungen an. Das bedeutet keine fundamentale Kritik am Teuerdank oder an den habsburg­ ischen gedechtnus-Werken, wie sie den Fuggern als besondere Vertreter der angeblichen „Kritiker aus dem stadtbürgerlichen Lager“ unterstellt wird.609 Die Fugger weisen in ihrem Ehrenwerk nicht auf die Dysfunktionalität ‚ritterlicher‘ Verhaltensmuster hin. Es geht ihnen ja eben nicht darum, den Text Teuerdank oder gar Maximilian I. an sich zu diskreditieren: Nicht Verwunderung über die Taten des Kaiser steht im Fokus, sondern strategische Bewunderung.610 Man missversteht die Intentionen des Habsburgischen Ehrenwerkes, wenn man punktuell und den Kontext des Ehren-

606 Müller fasst das Verhältnis zwischen Historiographie und Poeterey in den literarischen maximilianeischen Großwerken zusammen: „Gedechtnus bedarf des Mediums der traditionsgeheiligten literarischen oder künstlerischen Gattung: erst durch sie erscheinen die einzelnen res gestae erinnerungsfähig (memorabiles).“ (Müller [1982], S. 181, siehe dort v. a. die Ausführungen im V. Kapitel: „Historiographie und Poeterey“) 607 Gott greift ein, als Maximilians Leben durch einen Giftanschlag bedroht ist: ÖNB cvp 8614, fol. 298v. 608 Die Wesenszüge Maximilians, in Form seines wohlüberlegten Handelns, seiner Tapferkeit und seines Geschicks treten immer wieder in den Kriegsszenen (ÖNB cvp 8614, fol. 297v), aber auch in akuten Situationen der Bedrohung in Erscheinung (ÖNB cvp 8614, fol. 298r). 609 Müller (1982), S. 229. 610 „So bemerkte der Verfasser des Fuggerschen Ehrenspiegels, Clemens Jäger,“  – damit bezieht sich Müller auf die Handschrift, also das „Habsburgische Ehrenwerk“ und nicht auf den erst später entstandenen Druck des „Ehrenspiegels“, wenngleich er die Titelzuschreibungen vermischt – „wohl durchaus im Sinne seines Auftraggebers Hans Jakob Fugger über den Teuerdank: daß sich ainer darab verwunderen möchte, wie er sich doch vmb so schlechte sachen inn so grosse gefahr begeben mogen, oder derselben nit miessig gangen seie, dieweil nit annders dann verlust deß lebennß vnnd schaden deß leibß darauff gestanden. […]“ (Müller [1982], S. 229) Fraglich erscheint – schon auf lexikalischer Ebene –, ob schlechte sachen tatsächlich im nhd. Sinne ‚schlecht‘ meint oder in diesem Kontext weitere Konnotationen in sich trägt; auch fragt man sich, warum die Fugger ein derart zentrales und durch einen breiten Stab an etablierten Mitarbeitern bzw. Künstlern aufwändig erstelltes kaiserliches gedechtnus-Werk diskreditieren sollten, geht es ihnen um die Huldigung des Kaisers schlechthin; des Weiteren, warum im fuggerschen Ehrenwerk u. a. explizit jene Beispiele zur Huldigung des Kaisers aufgenommen sind – Maximilian stellt seinen Fuß unter ein Wagenrad; ‚kämpft‘ gegen ein Wasserrad (ÖNB 8614, fol. 294v) –, die Müller (1980), v. a. S. 25 als Beispiele für eine Alltagswelt heranzieht, „die gut ohne ritterlichen Wagemut auskäme.“

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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werkes übergehend daraus zitiert sowie dessen opulenten Umfang ausblendet.611 Ritterliches Handeln dient im Ehrenwerk der Fugger als Verhaltensschablone und als Argument für Einzigartigkeit und Vorbildlichkeit des Kaisers – noch einmal kommen die in der Einleitung zu diesem Kapitel ausgeführten Überlegungen eines sich um 1500 konstituierenden Adels, der des Rückgriffes auf die spezifische Ehre des Ritters bedarf, zur Deckung.612 Das Habsburgische Ehrenwerk übernimmt  – wie selbstverständlich613  – ebenso eine erotische Rollenzuschreibung an Maximilian. Nach der Beschreibung der Ehefrauen Maximilians614 folgen Ausführungen zu vier zuechtigen Schlaffweiber[n], die Maximilian in seiner Regierungszeit ‚besitzt‘ und mit denen er Kinder zeugt.615 Immer wieder wird bei diesen vier edlen und schönen Concubinen hervorgehoben,616 wie tugendhaft sie seien, was sie für ein zierliches Antlitz hätten und wie fruchtbar ihre Körper seien. Dem potentesten Herrscher stehen die besten Konkubinen zu. Politik und Erotik, so die nicht explizit geäußerte, aber doch intendierte Position des Habsburgischen Ehrenwerkes, sind ineinander verwoben. Maximilian in dieser Rolle zeigend617 bricht das letzte Buch des Habsburgischen Ehrenwerkes ab. Zusammenfassend kann man konstatieren: Das Sprechen über die HabsburgerEhre ist im Habsburgischen Ehrenwerk nicht (nur) als Dekor für oder Dedikation an das Kaiserhaus gedacht, das durch die Fugger panegyrisch hervorgehoben wird; das

611 Hier können nur Perspektiven gegeben werden: Müllers Ausführungen rekurrieren nämlich nicht nur auf das „Habsburgische Ehrenwerk“ der Fugger, sondern beziehen sich auch auf weitere „stadtbürgerliche“ Diskurse, vor allem auf die „Gattung“ Heldenbuch und auf das zeitgenössische Diskursfeld zum Ritterbild, dem Müller einen „Mangel an Verbindlichkeit eines Leitbildes, das in eine Spielwelt abgedrängt (Freydal), nicht mehr in sinnvolle Handlungszusammenhänge integrierbar (Teuerdank) oder einem komplexen politische-militärischen Geschehen äußerlich ist (Weißkunig)“ (Müller [1982], S. 228–229) zuschreibt. Die Fugger beispielsweise arbeiten im städtischen Kontext das „Leitbild“ eines vorbildlichen Ritters aber geradezu übersteigert in ihrem panegyrischen Werk heraus, entziehen es – hier könnten Jan-Dirk Müllers Thesen noch gelten, würde er sich darauf beschränken – einem literarischen Zusammenhang und stellen es in einen historischen Kontext. Das hieße aber nicht, dass die ‚Art‘ des Ritters um 1500 überkommen und diskreditiert wäre, sondern eben weiterhin – und vlt. sogar noch stärker – als vorbildlich in einem panegyrischen Werk zum ‚Ehrbeweis‘ des Kaisers herangezogen werden kann. Zur Kritik an Müllers Thesen, wenngleich nur vorsichtig über die literaturwissenschaftliche Analyse des „Teuerdanks“ ausgeführt siehe Strohschneider (1986), v. a. S. 406–407. 612 Man könnte zuspitzen: Gerade weil es um 1500 zu einer Stabilisierung des Leitbildes des Ritters kommt, kann dieses hier panegyrisch aufgegriffen werden. 613 Auch wenn der Text hier differenziert und betont, dass Maximilian erst als sehr junger Witwer mit diesen außerhalb des ehlichen standis stehenden Frauen Kinder zeugte: ÖNB 8614, fol. 320r. 614 ÖNB 8614, fol. 319v. 615 ÖNB 8614, fol. 320r–322r. 616 ÖNB 8614, fol. 322r. 617 Es geht schließlich um die detaillierte Beschreibung seiner ehelichen Kinder und wiederum deren Nachkommen, also um die succession des Blutes nach dem Kaiser: ÖNB 8614, fol. 322v–355r.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Werk vereinigt komplizierter in sich verschachtelt Modi in der Macht-Konstitution des Hauses der Fugger. Das Habsburgische Ehrenwerk ist viel mehr als reines ‚Reden‘ über die Ehre. Es ist als textuelles Medium integrativer Bestandteil in den breit angelegten Inszenierungsformen der Fugger. In der Repräsentation des Handelshauses als ‚Träger‘ der habsburgischen Macht – vermittelt durch die enge Anbindung vor allem an die Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. – inszeniert man eine ehrenhafte Adelsfamilie, die mit dem Kaiserhaus generationenübergreifend verbunden ist. Indem die Fugger die kontinuierliche und exklusive Macht der Habsburger präsentieren, diese in Texten und Bilder geradezu als ‚historisch‘ gesichert erweisen wollen, schreibt man auch der eigenen Familie, dem eigenen Haus Geltung zu.618 Die Fugger ‚adeln‘ sich, so könnte man etwas zugespitzt formulieren, über ihr Ehrenwerk selbst,619 indem sie sich einen ‚Spiegel‘ der Ehren und ihrer Macht selbst erschaffen. 3.2.3.5 Genealogische Muster im Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger und in der Fürstlichen Chronik Kaiser Maximilians I. – ein Vergleich Das Habsburgische Ehrenwerk, wie auch die in Kap. 2 analysierte Fürstliche Chronik, sind nicht nur herausragende Zeugnisse für die Repräsentation von Herrschaft beziehungsweise Macht über Text wie Bild um 1500.620 Als Memorialwerke sind sie darüber hinaus durch ihre detailreichen Ausführungen und medialen Konzeptionsformen besondere Beispiele für die Archivierung, Verarbeitung und Organisation von Wissen sowie die Komplexisierung genealogischer Muster im 16.  Jahrhundert.621 Ein Vergleich der beiden Ehrenwerke bietet sich dahingehend an. Die Analyse von Gemeinsamkeiten, aber auch von Unterschieden hinsichtlich ihrer jeweiligen Struktur- sowie Konstruktionsmuster soll noch einmal einen Einblick in die Repräsentationsformen von Macht unter Habsburgern wie Fuggern ermöglichen: Über einen systematischen Vergleich, der sich a.) auf die Struktur und jeweilige Medialität, b.) auf den Modus der genealogischen Konstruktionen sowie c.) auf die Bedeutung und den Status von gedechtnus innerhalb der Ehrenwerke konzentriert, sollen Habsburgisches Ehrenwerk und Fürstliche Chronik einander gegenübergestellt werden.

618 Ginge es den Fuggern in diesen Repräsentationen darum, ihr Haus generationenübergreifend als ‚institutionell‘, zumindest als soziale Ordnung anzusehen, die sich neben die ‚Institution‘ Kaiser und das Haus/die Dynastie Habsburg stellt, so könnte man mit Stollberg-Rilinger (20132a), S. 9 festhalten: „Jede institutionelle Ordnung […] beruht auf gemeinsam geglaubten Fiktionen. Fiktion bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jede soziale Ordnungen auf sozialer Konstruktion und kollektiver Sinnzuschreibung beruht.“ 619 Ronning (2007), S. 39. 620 Dass sich das „Habsburgische Ehrenwerk“ der Fugger an die „Fürstliche Chronik“ Maximilians I. anlehnt und Elemente weiterer Ehrenwerke des Kaisers wie aus „Zaiger“ sowie „Teuerdank“ mitaufnimmt, konnten die obigen Studien herausarbeiten. 621 Zur „Fürstlichen Chronik“ siehe in diesem Kontext besonders Zimmermann (2011), v. a. S. 371.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 40: Jakob Mennel, Fürstliche Chronik (1518)622

Während die Fürstliche Chronik in ihren ersten drei Büchern zunächst strikt chronologisch angelegt ist und in den folgenden beiden Büchern ausschließlich systematisch arbeitet,623 strukturiert das Habsburgische Ehrenwerk das genealogische Material anders: Die ersten drei Bücher orientieren sich an systematischen Gesichtspunkten, sortieren darin wiederum das Material chronologisch.624 Das IV. bis VII. Buch präsentiert die Geschichte Habsburgs nach einzelnen Herrschern gegliedert; darin

622 Lerchenspiegel in Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 184v. 623 Die Bücher I bis III enthalten nach chronologischer Anordnung schwerpunktmäßig die agnatische Linie Maximilians aus der Vergangenheit von Hektor bis in die Gegenwart und Zukunft zu Karl V., die Bücher IV und V führen systematisch die weiten Eheverbindungen der Habsburger mit anderen Geschlechtern sowie Legenden nicht-kanonisierter wie kanonisierter Seliger und Heiliger an. Siehe dazu auch: Zimmermann (2011), S. 379, S. 385. 624 Die ersten drei Bücher ordnen jeweils die Chronologie der Mark Österreich, die Geschichte der Babenberger und das Herkommen der Habsburger in eigenen Kapiteln systematisch. Anschließend konzentriert sich das vierte bis sechste Buch auf die Regierungszeit der einzelnen Habsburgerherrscher. Siehe dazu auch: Rohmann (2001), S. 277.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

ist die jeweilige Regierungszeit wiederum chronologisch organisiert.625 Die Linearität der Schrift spielt den Entwürfen der Fürstlichen Chronik zu: Im Nacheinander der Beschreibungen kann der Anspruch, Habsburgs Blut stamme aus alter Vorzeit und setze sich kontinuierlich bis in die Gegenwart um 1500 fort, auch ganz basal im Text selbst unterstrichen werden. Die Pfauenspiegel626 und Lerchenspiegel627 (bspw. Abb. 40) im IV. Buch bündeln schließlich das genealogische Material und zeigen auf ein Mal, was die Schrift erst entwickelte: Nahezu alle zeitgenössischen Könige und Herrscher sind mit den Habsburgern verwandt. So bringt ein Lerchenspiegel im IV. Buch die Grafengeschlechter Österreichs, die mit Wappen gezeigt werden, unter Habsburgs Blut.628 Dagegen wird die Macht der Habsburger im Habsburgischen Ehrenwerk anders präsentiert: Über das ganze Werk verteilt sind eine Vielzahl an prächtigen Wappen, Stammbäumen und immer wieder Portraits der Vertreterinnen und Vertreter der Dynastie eingearbeitet.629 Eine Verbindung mit Seligen und Heiligen wie im V. Buch der Fürstlichen Chronik630 ist ausgespart, man bedarf keiner sakralen Elemente, konzentriert sich auf die Leistungen der einzelnen Herrscher Habsburgs, wie beispielsweise der breite Tugendkatalog zu Rudolf I. oder die Beschreibung der Vielzahl an Kriegszügen, die Maximilian unternommen hat, zeigt.631 In der Fürstlichen Chronik führt der Aufwand in der komplizierten Herleitung und Verbindung des Blutes der Habsburger zu vielen Umarbeitungen, Korrekturen und Durchstreichungen im Material, wie ein Ausschnitt aus dem IV. Buch zeigt (Abb. 41); die Ausarbeitung der vereinzelten Aquarellzeichnungen mit Verzierungen, wie hier im V. Buch zu sehen, ist eher schlicht gehalten (Abb. 42). Dagegen zeugt das Habsburgische Ehrenwerk von besonderer Pracht: Die Textseiten sind reich ausgestattet, die Schrift wechselt die Farbe; zahlreiche Miniaturen, die fein ausgearbeitet sind, ergänzen den Text (Abb. 43). Während ‚Glanz‘ im Material

625 Wobei das siebte Buch nur die Zeit Maximilians enthält und mit Ausblick auf Karl V. und Ferdinand I. gibt. 626 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 12r–13r, 32v–33r, 57v, 68v, 76v, 85r, 94v, 101v, 108v. 627 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 160r, 162v, 166v, 175v, 184v. 628 Zu sehen sind hier die Wappen der Grafen von Galw, Schala, Ybbs und Österreich (Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 184v). Die Ausführungen im Text: Ebd., fol. 185r–186r. 629 Siehe beispielsweise den Riesenstammbaum ÖNB cvp 8613, fol. 28r oder die vielen Wappendarstellungen ebd., fol. 45v. 630 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3076 und cvp 3077; siehe beispielsweise die opulent beschriebene Legende um St. Helena: Ebd., fol. 12r. 631 Der breite Tugendkatalog Rudolfs fällt besonders auf: ÖNB cvp 8613, fol. 128r; zu den Kriegszügen siehe ÖNB cvp 8614, fol. 22r–263v; dort auch die panegyrische Überhöhung der Eigenschaften Maximilians (ebd., fol. 299v–302v).

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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der Fürstlichen Chronik geradezu ausgespart ist, das ganze Werk mehr wie eine Art ‚Arbeitsbuch‘ wirkt, besonders durch die zahlreichen Kommentierungen am Rand, ist das Ehrenwerk der Fugger sowohl im Text wie im Bild fein ausgearbeitet und geradezu ein repräsentatives Prunkwerk, das ohne Streichungen oder Kommentierungen auskommt, wie die beiden folgenden folia exemplarisch kontrastiv zu den beiden folia der Fürstlichen Chronik zeigen sollen.

Abb. 41 und Abb. 42: Jakob Mennel, Fürstliche Chronik (1518)632

Die Fürstliche Chronik speichert das (konstruierte) Wissen über den Ursprung und die Kontinuität in der Macht der Habsburger wie in aym klaren spiegel mit lautterm schein.633 Die Beschreibungen um die Gründung Trojas, von wo aus das Blut der Habsburger in der Hauptlinie herkommt,634 werden ergänzt durch die Darstellung vieler Nebenlinien, so dass das Blut der Habsburger auch das der Karolinger oder Zährin-

632 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 5r; cvp 3076, fol. 126r. 633 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072, fol. 6r. 634 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072, fol. 14r–14v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

ger in sich trägt, wie Jakob Mennel beschreibt.635 Zusätzlich wird die Verbindung der Habsburger mit vielen europäischen Herrscherhäusern unterstrichen.636 Auffällig ist, dass im IV. Buch auch die Verbindung mit dem ‚Haus‘ der Fugger angedeutet ist, wie die Beschreibung der Kontakte Habsburgs zu den feinen graven von weÿssenburg zeigt.637 Neben dem Wissen um diese genealogischen Verbindungen besteht in der Fürstliche Chronik auch ein etymologisches Interesse, woher der Name ‚Habsburg‘ überhaupt herstamme: So will ich nun/ geburen von dem namen habspurg/ wie derselbig herkomen seÿ Zeschryb/ Vnnd Zevnderrichtung desselben be/gegnennt mir funff opiniones/ oder mainung wie hernachfolgt.638

Abb. 43: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)639

635 ÖNB cvp 3073, fol. 35r–38v; siehe dort auch die kognatische Anbindung der Habsburger an die Karolinger (ebd., fol. 41v) sowie an die Zähringer (ebd., fol. 63r–77v). 636 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3074, fol. 167v, 176r–179v; besonders auffällig sind die Beweise für die Verwandtschaft der Franzosen mit den Habsburgern, so dass auch politische Ansprüche gerechtfertigt werden können (ebd., fol. 163r). 637 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 141v. 638 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 122v. 639 ÖNB cvp 8614, fol. 333v.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 44: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)640

Das Habsburgische Ehrenwerk greift die genealogischen Konstruktionen der Fürstlichen Chronik zwar auf, besonders die Ausführungen zur Etymologie und schildert ähnlich Jakob Mennel die verschiedenen Meinungen, wie es zum Namen ‚Habsburg‘ letztlich gekommen sei.641 Doch arbeitet das Ehrenwerk der Fugger, abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten, generell anders als die Fürstliche Chronik: Die kinig von Troia sind im zweiten Buch des Werkes nur kurz präsentiert.642 Sie sind namentlich mit einer schlichten Skizzierung ihrer Taten und Lebensdaten in der Reihenfolge, wie die nachainander geregieret haben,643 genannt. Eine direkte Anbindung an das habsburgische Blut über genealogische Konstruktionen, wie beispielsweise in den

640 ÖNB cvp 8613, fol. 97v. 641 ÖNB cvp 8613, fol. 126r–128r. 642 ÖNB cvp 8613, fol. 50r: Das ander Buch dises Osterreichischen Eerenwercks Inn welchem von dem herkomen der loblichen und uralten Graven von Habspurg gehandelt werden sol. 643 ÖNB cvp 8613, fol. 52v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Kettenabbildungen der Fürstlichen Chronik, wird unterlassen; es reicht dem Ehrenwerk der Fugger offensichtlich, die einzelnen Generationen für sich stehend ‚nur‘ zu nennen: Auf die Trojaner folgen die Kinige, so vber das Reich vnd Statt Alba geregiert haben,644 nach ihnen die Römer.645 Mit den römischen Königen setzen stark summarische Ausführungen zur Fürstlichen Chronik Jakob Mennels ein,646 der von dem waren ursprung der graffen von habspurg geschriben hat.647 Was Jakob Mennel noch zu beweisen ausführte, wird in der Habsburgischen Chronik anders strukturiert: Bis zu Othopertus oder Otpertus, der erst graffe von habspurg,648 skizziert man im Ehrenwerk der Fugger überblicksmäßig Namen und Regierungszeit der troyanische[n], sicambrisch[n], franckisch[n] auch franckreichische[n] und burgundische[n] könig, auch das geschlecht caroli magni, von welchem die Habsburger ihren waren ursprung und herkomen darvon haben.649 Eine große geburts taffel (Abb. 44) fasst bedeutende Könige der Trojaner, Sicambrier und Franken noch einmal auf einen Blick zusammen, ohne sie über den Text genauer zu erklären: Von Priamus unten links ausgehend über Hector schlängelt sich sozusagen das Blut durch die Wappen der einzelnen Vertreter und Vertreterinnen fortlaufend bis ins habsburgische Geschlecht fort, das in dieser Stammtafel mit Otobertus endet. Erst jetzt folgen im Werk die detailreichen Beschreibungen zu den einzelnen Herrschern der Habsburger. Mit den Ausführungen zu Othoperten knüpft man an die Fürstliche Chronik an,650 wobei das dritte Buch des Ehrenwerkes zunächst einen ersten allgemeinen Überblick der habsburgischen Herrschaftsbereiche gibt. Dort sorgt ein Wappenkabinett (Abb. 45) für die Orientierung über die erworbenen Herrschaften Habsburgs. Der innere Kern zeigt die Graf- vnd Herrschaften, so dem habspurgischen geblüet gehorsamet habe, ein weiterer Ring ergänzt stette, ober weliche die habspurgische Graven gerregieret haben, schließlich enthält ein äußerer Ring Wappen, die Landvogteyen, stette, landschaftten, edelmans sitz, schlössere, flecken vnd herlichkaiten, welche dem habspurgische stamen underworffen gewesen waren.651 Das Habsburgische Ehrenwerk konstruiert dergestalt im Gegensatz zur Fürstlichen Chronik nicht über die zahlreichen Verbindungen im Blut, wie beispielsweise die Verwandtschaftsgrade anzeigen, die Macht der Habsburger. Allein über die Nennung und Visualisierung ihrer Besitzungen, geordnet nach ihrer Bedeutung und Erwerbungszeit, geht es

644 ÖNB cvp 8613, fol. 53v. 645 ÖNB cvp 8613, fol. 54v. 646 ÖNB cvp 8613, fol. 58r–71v: Zusammenfassung der „Fürstlichen Chronik“. 647 ÖNB cvp 8613, fol. 56r. 648 ÖNB cvp 8613, fol. 60v. Detaillierte Ausführungen zu Ottpert als den ersten Habsburger unter ebd., fol. 63r–69r. 649 ÖNB cvp 8613, fol. 65r. 650 ÖNB cvp 8613, fol. 64r–69r. 651 ÖNB cvp 8613, fol. 88r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

 371

dem Habsburgischen Ehrenwerk um die Repräsentation von Herrschaft über Länder, Städte und Dörfer.

Abb. 45: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)652

Ab dem vierten Buch folgen die genaueren Zusammenfassungen zu Lebzeiten der einzelnen Herrscher der Dynastie, die mit dem leben Rudolphi Grave zue Habspurg einsetzen.653 Immer wieder sind die Herrscher in Bildern zu sehen, wie beispielsweise

652 ÖNB cvp 8613, fol. 73v. 653 ÖNB cvp 8613, fol. 103v.

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Rudolf in Kampfmontur (Abb. 46).654 Auch zentrale Ereignisse sind im Bild gezeigt: So die Krönung Rudolfs (Abb. 47).655

Abb. 46 und Abb. 47: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)656

Auf die Grabmäler sowie Tumben der Habsburger legt das Ehrenwerk einen besonderen Fokus, wie bereits gezeigt werden konnte: Sie sind in eigenen Bildern mitaufgenommen (Abb. 48).657 Das Habsburgische Ehrenwerk organisiert damit die Macht Habsburgs anders als die Fürstliche Chronik: Die Bindung der Ausführungen an die ‚realen‘ Lebensdaten, Taten und Monumente der einzelnen Herrscher steht stärker im Mittelpunkt, weniger ihr Herkommen. Während die Fürstliche Chronik eine möglichst lange und kontinuierliche genealogische Kette der Habsburgerkaiser bis in eine weit zurück liegende Vergangenheit beweisen will, geht es im Habsburgischen Ehrenwerk stärker um die jeweilige Regierungszeit der Habsburgerherrscher wie das Extrembeispiel zu Kaiser Maximilian I. zeigt.658 Das Wirken der Herrscher wird als historisch belegbar präsentiert.

654 ÖNB cvp 8613, fol. 97v: Rudolf in Kampfmontur. 655 ÖNB cvp 8613, fol. 85v: Krönung Rudolfs. Siehe auch fol. 112v: Schlachtordnung Rudolfs. 656 ÖNB cvp 8613, fol. 97v, 85v. 657 Zu ergänzen wären: Grabmal Marias von Burgund (ÖNB cvp 8614, fol. 50v); Aufbahrung Maximilians in St. Georgen (ÖNB cvp 8614, fol. 219r). 658 ÖNB cvp 8614.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

 373

Abb. 48: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)659

Als Zielformulierung der Fürstlichen Chronik gilt die Herstellung eines ewigen Andenkens an die kaiserliche Macht. Indem Jakob Mennel in seiner Vorrede Bücher als generelle Sicherungsmedien vor Vergessenheit lobt, macht er deutlich, dass nur über sie generationenübergreifend ewige gedechtnus hergestellt werden kann: wie dann solchs der heylig augustinus/ von der stat gotz/ In seinem funfften buoch/ vnnd ander leerer an vil enden beweisn/ O großmëchtigister kayser/ warumb wolt/ten dann wir Cristen so vnthewr sein/ Vnnd vnser altfordern/ die beÿ Iren Zeitt/ davon man noch an vil ortten mörgklich/ anzaigung findt/ groß sachen gethon haben/ In vergeß stellen/ Vnnd Zu ewiger gedëcht/nus nitt auch buecher darvon machen/ So sÿ doch durch ir gutthaten/ besonder/seid anfangs der Cristenhait/ nit allain/welthlich eer vnnd Ruom/ Auch nit/allain vom tod erkuckht/ Ja aber vor/lucifers qual behuet yetzo an dem him/lischen haus ewigs leben erlangt hab.660

Um das Andenken an den Kaiser zu wahren und in der Hoffnung auf eine wohlwollende Rezeption wurden die genealogischen Ausführungen niedergeschrieben, so Jakob Mennel. 661 Damit durch gebluembte wort der/ warhafft sein nit verdunkhelt werde,662 orientiert sich seine Chronik an einem klaren Schreibstil.663 Anders arbeitet das Habsburgische Ehrenwerk: Die Erinnerung an die Macht der Habsburger wird zwar, ähnlich der Fürstlichen Chronik, auch über die Repräsentation der einzelnen habsburgischen Herrscher geleistet, doch verschiebt sich hier der

659 ÖNB cvp 8613, fol. 319r (Grab Friedrichs). Siehe auch fol. 103r (Grabmal Rudolfs in Speyer) .und fol. 140r (Grab Albertus). 660 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 1v. 661 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 2r–2v. 662 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 4r. 663 Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 5r–5v.

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Schwerpunkt. Das Habsburgische Ehrenwerk präsentiert nacheinander die einzelnen Mitglieder der Dynastie, stellt noch stärker als die Fürstliche Chronik deren Leistungen in den Mittelpunkt.664 Detailreich skizziert das Habsburgische Ehrenwerk Schlachtordnungen, Abläufe von Kriegen und die daran beteiligten Parteien, wie beispielsweise zur so genannten Behamische Schlacht von Kaiser Maximilian I. (Abb. 49).665 Ein Bild visualisiert den Ablauf der Schlacht und sichert das Andenken an die Erfolge: Warhafftige Connterfettung der Behamischen Schlacht mit seiner lanndtschafft vnnd gelegehaint auch wie die Ordnungen zue baiden thailen gemacht vnnd wie die fahnen gestelt worden jnn welcher auch der romisch könig Maximilian sich neben anderen fürsten und herren am vordersten vast mannlich sehen lassen vnnd sich ritterlich gehalten hat anno 1506.666

Abb. 49: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)667

664 Wenn bereits bei den Ausführungen zu Kaiser Friedrich III. Schilderungen eingearbeitet sind, die die abgehaltenen Turnieren während seiner Regierungszeit aufnehmen, dann geht es auch dort um eine Absicherung der wahren ‚historischen‘ Ereignisse: So seind auch diese nachvolgende acht Thurnier sampt dem Ritterlichem Rennen und gestech inn der zeyt der regierung Kayser Fridrichs allenthalben gehalten worden, wie hernach erzelet werden soll (ÖNB cvp 8613, fol. 392v). Das „Habsburgisches Ehrenwerk“ nimmt keine genealogischen Fiktionen auf, sondern ‚reale‘ Geschehnisse zur Geschichte Habsburgs. 665 ÖNB cvp 8614, fol. 199v–201v. 666 ÖNB cvp 8614, fol. 200r. 667 ÖNB cvp 8614, fol. 200v.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Zusätzlich geht es dem Habsburgischen Ehrenwerk um eine generelle Schilderung des Aufstiegs Habsburgs zur Großmacht. Das wird allerdings weniger über genealogische Herleitungen postuliert, wie in der Fürstlichen Chronik, als durch eine chronologischhistorische Darstellung. Alle Besitztümer Habsburgs, die erworben werden konnten und seitdem kontinuierlich in der Hand des Hauses sind, werden über eigene Bilder oder Wappen samt Namensnennung und Jahresdatierung im Habsburgischen Ehrenwerk gezeigt: Hernach volgen alle Graf vnd herrschafften, stett, schlösser, länder, vogttheyen und flecken, welche den uralten und mechtigen Grave von Habspurg, inn vor und zu der zeytt Ruolphie des Römischen Königs underworffen unnd hernach den fürsten zu Osterreich gehorsam gewesen aber zum tayl vor den Aidgnossen desselheb gehorsams wiederum entzogen nd sonst daronv vershafft worden seind.668

Man erhöht die ‚Glaubwürdigkeit‘ der Darstellung, indem man dem Leser die einzelnen Erwerbungen ‚tatsächlich‘ vor Augen führt, wie nochmals die [w]arhaffte Conterfetur des Schloß habspurg deutlich macht (Abb. 50).669

Abb. 50: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)670

Besonders ersichtlich werden diese Strategien im Habsburgischen Ehrenwerk auch bei der Aufnahme einer Reihe an Kuriositäten, die sich im Reich ereignet haben sollen: hernach volgen die wundergeburtten welliche in/ der zeit der königlichen Regie-

668 ÖNB cvp 8613, fol. 110r. 669 Die zahlreichen Abbildungen siehe ÖNB cvp 8613 unter fol. 110v–121r; die Wappen und Namen der Erwerbungen Habsburgs unter ebd., fol. 121v–124r. 670 ÖNB cvp 8613, fol. 110v.

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rung Rudolphie erboren worden.671 Wundergeburten werden beschrieben (Abb. 51), auch Naturereignisse wie schreckliche Erdbeben oder riesige Überschwemmungen (Abb. 52) (Zeitlich wellen wir die Erdbibem hagel unnd grosse ungewonliche/ Bewasser welliche und der der Regierung Ruedolphi sich zuegtragen auch beschreiben672), die sich während der Regentschaft des Habsburgerherrschers ereignen. Sie werden auch im Bild eingefangen.

Abb. 51: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)673

671 ÖNB cvp 8613, fol. 108r. 672 ÖNB cvp 8613, fol. 109r. 673 ÖNB cvp 8613, fol. 108r. Die in der Regierungszeit von Rudolph erfolgten Wundergeburten (ÖNB cvp 8613, fol. 108r–108v: Tiere, auch Kinder in deformierten Körpern sind zu sehen) sowie Unglücke, Unwetter oder Erdbeben (ÖNB cvp 8613, fol. 108v–109v) sind besonders plastisch dargestellt.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Dadurch erhöht man den Wahrheitsanspruch und bedient die curiositas der Rezipienten. Das Habsburgische Ehrenwerk stellt das Andenken an die Habsburger in einen breiteren Kontext: Die gedechtnus an diese Geschehnisse in der Zeit ist Andenken an die Macht Habsburgs.

Abb. 52: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk (um 1555)674

Schließlich liegt der Schwerpunkt im Habsburgischen Ehrenwerk auf der Präsentation einer engen Verbindung zwischen Habsburgern und Fuggern. Das Andenken an diese ‚Beziehung‘ der beiden Häuser ist zentral, wie bereits die Verleihung des Lilienwappens, das auch im Bild gezeigt wird (Abb. 53), durch Kaiser Friedrich III. an die Fugger vor Augen führt: Gerechte konnterfettur des Fuggerischen wappens wie damit solliches vonn dem Hochloblichen Römischen Kaiser Friderichen Anno Tausennt vierhundert vnnd Dreiundsiebensibenntzig inn der statt Augspurg dem Fuggerischen Stammen vnnd geschlecht ist geschenkt vnnd verehrt worden.675 Indem derart die eigene Genealogie der Familie, ihr Aufstieg in den Adel und der Ausbau ihrer Macht als eng verbunden mit dem Blut der Habsburger repräsentiert wird, überhöht man den eigenen Status und macht ihn ‚erinnerungswürdig‘. Die Sicherung der gedechtnus um die enge Bindung zwischen Habsburgern und Fuggern ist das Ziel des Habsburgischen Ehrenwerks.

674 ÖNB cvp 8613, fol. 109r. 675 ÖNB cvp 8613, fol. 261v.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Abb. 53: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Lilien­ wappen (um 1555)676

Das Habsburgische Ehrenwerk schildert den Aufstieg der Fugger. Weil die Fugger den habsburgischen Herrschern zue dem offtermalen inn vilen erlittnen nöthen mit allen treuen zuehilff kommen und gedient verhannden waren, werden sie durch die habsburgischen Kaiser belohnt:677 Sie sind der ehere wirdig und erhalten Graff vnnd herschafften.678 Indem ihre ersten erworbenen Schlösser, Kirchberg und Weissenhoren,679 die Übertragung von schloß Schwaben, das Jakob Fugger abgeprochen vnnd vonn grunddt auff von neuem erpawen ließ,680 auch im Bild präsentiert sind,681 wird nicht nur der Aufstieg der Fugger visualisiert: Weitaus mehr geht es dem Habsburgischen Ehrenwerk darin um das Andenken an diesen Aufstieg überhaupt. Das wird noch einmal in den Ausführung zur Erwerbung des Schlosses Biberach deutlich:682 Das Schloss wird Jacob Fugger vonn wegen seiner getreuen dienst durch den Kaiser übergeben.683 Dieser lässt es neu aufbauen. Damit diese Erwerbung der Fugger auch dem werden leser ersichtlich werden kann, ist sie connterfettisch im Werk abgespeichert (Abb. 54).684

676 ÖNB cvp 8613, fol. 261v. 677 ÖNB cvp 8614, fol. 217r. 678 ÖNB cvp 8614, fol. 217v. 679 ÖNB cvp 8614, fol. 218r. 680 ÖNB cvp 8614, fol. 227v 681 ÖNB cvp 8614, fol. 228r. 682 ÖNB cvp 8614, fol. 269r. 683 ÖNB cvp 8614, fol. 269r. 684 ÖNB cvp 8614, fol. 269r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 54: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Schloss Biberbach (um 1555)685

Zusammenfassend könnte man festhalten: Die Illustrationen untermalen den Anspruch auf Wahrheit. Mit und in der Fürstlichen Chronik geht es um die politische Setzung eines Führungsanspruchs Habsburgs, der aus der Vergangenheit hergeleitet, für die Zukunft weiter beansprucht wird und durch die Präsentation einer Vielzahl an Heiligen und Seligen geradezu an den Himmel angebunden wirkt. Neben Manipulationen im Organisationsmuster genealogischen Wissens beherrschen unter dieser Sinnrichtung auch andere Wissensformen, wie die Strukturierung von Legenden im V. Buch, die Chronik. Das Habsburgische Ehrenwerk spiegelt die Macht und Ehre der Habsburger wider, indem es deren Leistungen als wahr erweist. In diesem Sinne trifft der Titel des Druckes aus dem Jahr 1668 als Ehrenspiegel von Sigmund von Birken – erst hier wird das Werk im Auftrag eines Habsburgerkaisers, nämlich durch Leopold I., für die eigene Dynastie adaptiert – durchaus den strategischen Kern der Handschrift. Wenngleich diese Intention im Druck eben nicht bedeuten kann, dass bereits die Handschrift, das Habsburgische Ehrenwerk, über die Repräsentation der habsburgischen Leistungen einer Honorierung der habsburgischen Dynastie dient. Vielmehr ‚blicken‘ die Fugger selbst in ihr Ehrenwerk und können sich durch die ‚Widerspiegelung‘ der engen Verbindung zwischen Habsburg und ihrem ‚Haus‘ als ehrenvoll und einem

685 ÖNB cvp 8614, fol. 269v.

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besonderen Status würdig ‚ansehen‘:686 Das Habsburgische Ehrenwerk ist ein ‚EhrenSpiegel‘, aber nicht für die Habsburger, sondern für die Fugger selbst.687 3.2.3.6 Von der Handschrift zum Druck In der Mitte des 17. Jahrhunderts kam der erste Band des Habsburgischen Ehrenwerks der Fugger an den Hof der Habsburger nach Wien.688 Kaiser Leopold I. ließ daraufhin das Werk für die eigene Dynastie adaptieren. Als Ehrenspiegel689 gelangte das Habsburgische Ehrenwerk 1668 durch Sigmund von Birken690 in den Druck.691 Allerdings rieten die Verleger von einem unveränderten Druck der Handschrift ab, da die Beschreibung gar kahl gestellt, altvätterisch, gleich denen gemeinen Hisotrien-Büchlein sei, wie Michael und Hans Friedrich Endter formulierten.692 Sigmund von Birken wurde beauftragt, die Chronik auf jetzige Art zu stilisieren.693 Die Analyse der Version

686 Besonders der Erwerb, der für den Eintritt der Fugger in die adlig-höfische Gesellschaft maßgeblichen Herrschaften Kirchberg, Weißenhorn, Schmiechen und Biberbach, wird daher repräsentiert. (Rohmann [2001], S. 283) 687 Konnotationen zu einem Fürstenspiegel scheinen im Werk – implizit – angedeutet zu sein; hier könnten weitere Studien ansetzen und Vergleiche anstellen. 688 Siehe dazu die detaillierten Ausführungen von Friedhuber (1973), S. 108 mit Bezug u. a. auf Johann Herdegen, Historische Nachricht von deß loblichen Hirten- und Blumen Ordnens an der Pegnitz Anfang und Forgang, Nürnberg 1744, S. 126–127. 689 Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich: oder Ausführliche GeschichtSchrift von Desselben, und derer durch Erwählungs-, Heurat-, Erb-, u. Glücks-Fälle ihm zugewandter Käyserlichen HöchstWürde, Königreiche […], Nürnberg 1668 (BayStabi. Res. 2 Austr. 66). Zitiert als Sigmund von Birken (1668). 690 „In dieser Bearbeitung gewann Clemens Jägers Ehrenwerk für die Geschichtsschreibung der Habsburger Bedeutung bis in die Moderne hinein“, so Rohmann (2001), S. 277; allerdings gehen seine Studien vertieft auf Clemens Jäger und den Status der Geschichtsschreibung im 16. Jahrhundert ein. Siehe den Forschungsüberblick bei ebd., S. 277. Zu Sigmund von Birken siehe v. a.: Hausenstein (1908), v. a. S. 217–225. 691 Allgemein zur Bedeutung des Drucks im 16. und 17. Jahrhundert mit inhaltlichem Vergleich zwischen Druck und Handschrift des „Habsburgischen Ehrenwerks“: Friedhuber (1973), v. a. S. 134–138. Zur Druckfassung allgemein: Roth (1927), v. a. S. 42–45 und Geppert (1996), v. a. S. 341. Diese Studien bieten allerdings nur Überblicksdarstellungen, wie sich die inhaltlichen Schwerpunkte zwischen Handschrift und Druck verschieben. Inhaltlicher Vergleich der Druckfassung mit der Handschrift bereits bei Aretin (1803), Stück 4.II, S. 53–70; ansatzweise auch bei Rohmann (2001), S. 283, der darauf hinweist, dass im Druck die Abbildungen der Herrschaftserwerbungen der Fugger reduziert sind, wobei er diese Feststellung gerade nicht in den geänderten Kontext der Auftraggeber des Drucks stellt. 692 Brief von Michael und Hans Friedrich Endter an Sigmund von Birken um 1660 zitiert nach Johann Herdegen, Historische Nachricht von deß loblichen Hirten- und Blumen Ordnens an der Pegnitz Anfang und Forgang, Nürnberg 1744, S. 124–125; vgl. auch Friedhuber (1973), S. 108. 693 Friedhuber (1973), S. 108. Bis heute dominiert die Leugnung des Bearbeitungscharakters durch Ranke (1824), S. 57–60 die Forschung zum „Ehrenspiegel“ (vgl. Friedhuber [1973], S. 103–104; dort auch der Verweis auf die weitere Forschung in Anlehnung an Ranke); neuere Studien stehen aus. Diesen muss es weniger um eine Beurteilung des Werkes gehen, als um einen direkten Vergleich zwi-

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von 1668 erlaubt dahingehend Rückschlüsse auf Veränderungen in der Darstellungsart zwischen Handschrift und Druck. Bereits im Titelblatt führt Sigmund Birken aus, dass er das Werk, das [e]rstlich vor mehr als C Jahren verfasset/ Durch/ Den wohlgebornen Herrn Herrn[sic!] Johann Jacob Fugger/ Herrn zu Kirchberg und Weissenhorn […]/ wurde, nun Aus dem Original neu-üblicher umgesetzet/ und in richtige Zeitrechnung geordnet/aus alten und neuen Geschichtschriften erweitert/ in etlichen StammTafeln bis auf gegenwärtiges Jahr erstrecket/ mit derer vom Erzhaus abstammenden Chur- und Fürstlichen Familien Genealogien/auch vielen Conterfaten/ Figuren und WapppenKupfern/ geziert/ und in Sechs Bücher eingetheilet694

habe. Auf das Titelblatt und die opulente Dedikation an Kaiser Leopoldo und Kaiserin Margaritae Augustis Sacrum695 folgt jene Vorrede, die auch Clemens Jäger in der Handschrift des Habsburgischen Ehrenwerkes beigegeben hatte: Gnad/ fried vnd freud Jn dem heiligen Geist wunsch ich Hanns Jacob Fugger Herr vom Kirchberg und Weissenhorn und zue Pfirdt/ der Römischen Kaiserlichen und künglichen Mayisteten […].696 In einer eigenen, sechs Blätter umfassenden, VorErinnerung an den Edlen Leser,697 kommt Sigmund von Birken dezidiert auf die Änderungen in seinem Werk zu sprechen, die es von der sieben Bücher umfassenden Handschrift des Habsburgischen Ehrenwerkes abgrenzen. Besonders wird hervorgehoben, dass sich der fürtreffliche Verfasser zwar um die Güte der Sachen und realien kümmerte, aber wenig um die zier der Sprache eines Geschichtswerkes; daher, sei es, so Sigmund von Birken, notwendig, dass besagter EhrenSpiegel aus dem Original in neu üblichere Teutsche Red art umgesetzet und damit die HauptSprache der heutigen kayserliche teutscher Nation widerspiegle.698 Vor allem wurde das Werk aus alten und neuen GeschichtSchriften über die hälfte erweitert/ und also/ mit langer Mühe und Arbeit/zu gegenwärtigen stand gebracht.699 An dem Originaltext wird vor allem das durcheinander laufen in der Anordnung kritisiert, so dass es viele Wiederholungen zu einem regelrechten labyrinth und Irrgarten gemacht hätten.700 Anspruch des Ehrenspiegels sei es dagegen, eine richtige jahr-ordnung zu halten, also die Geschichte Habsburgs nach einem stringenten

schen der Handschrift und dem Druck, auch im Hinblick auf geänderte Aussageabsicht und Darstellungsart – hier könnten weitere Studien ansetzen. Friedhuber (1973) geht es um einen Vergleich in der Konzeption sowie den Quellenwerten der beiden Werke und bietet eine solide Einführung – den medialen Status der Werke blendet sie aus. 694 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Titelblatt. 695 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. A 1–B 5. 696 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. i–iii, hier Bl. i. 697 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiii–iiiiiiiii. 698 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiiii. 699 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiii. 700 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiii.

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annalistischen Prinzip zu präsentieren.701 Das Vorwort weist darauf hin, dass sich der Ehrenspiegel sowohl als eine Universalgeschichte der Habsburger versteht, diese ist gegenüber dem Habsburgischen Ehrenwerk erweitert,702 als auch particularGeschichtSchriften703 mitaufnimmt; dahingehend sind historische Ausführungen beispielsweise zur Entdeckung Amerikas eingebaut.704 Darüber hinaus kann im Sinne eines annalistischen Darstellungsprinzips die Zusammenfassung für jeden Herrscher sortiert in Büchern, wie in der Handschrift, nicht umgesetzt werden: Stattdessen wird im Druck zu jedem Jahr sozusagen in Versatzstücken jeweils das Wesentliche notiert. Es kommt zu Überlappungen im Text gerade bei der Schilderung von Vorfahren und Vorgängern im Amt und Nachfahren beziehungsweise Nachfolgern im Amt: Beispielsweise wechseln sich Schilderung zu den Kaisern Friedrich III. und Maximilian I. ab, da sich deren Regierungs- wie Lebenszeiten kreuzen.705 Wie sehr das neue Medium des Drucks die ‚Machart‘ des Textes selbst verändert, wird im Vorwort reflektiert, wenn es heißt, dass die zahlreich kolorierten Wappen aus der Handschrift nun in geringer anzahl und nur nach notturfft eingarbeitet sind, um unnötig[e] kosten zu ersparen.706 Damit sich dennoch die ursprünglichen Metalle und Farben der Wappen aus der Handschrift auch im farblosen Druck widerspiegeln, habe man die kupferstecher dahin angewiesen/ solche jedesmal mit Buchstan/ Puncten und Strichen/ […] anzudeuten und zu bemerken, wie alleheir vor augen stichet; zur Verdeutlichung wird im Werk ein Beispielbild angeführt (Abb. 55).707

701 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiii. „Er hält sich ganz streng an das annalistische Prinzip und verzichtet auf geschlossene Lebensbeschreibungen, um alle Wiederholungen zu vermeiden.“ (Friedhuber [1973], S. 118) 702 Wie im „Habsburgischen Ehrenwerk“ wird ein Ausblick auf Karl V. und Ferdinand I. gegeben (Sigmund von Birken [1668]: BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1393, Bl. 1395); neu ist die Aufnahme von Stammtafeln zu Maximilian II., Karl II. und Ferdinand II.: Ebd., Bl. 1396 (Maximilian II.), Bl. 1397 (Karl II.), Bl. 1398 (Ferdinand II.). 703 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiii. Zur detaillierten Analyse der verwendeten Quellen durch Sigmund von Birken siehe v. a. Friedhuber (1973), S. 125–134. 704 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1051: Dieses Jahr [Anno 1492]/hat unser Europa mit Erfindung einer Neuen Welt/ihme zu ruhm verbunden gemacht. Zusätzlich sind Ereignisse im Osmanischen Reich und die Bedrohung durch die so genannten Türken aufgenommen: Ebd., Bl. 780, Bl. 826, Bl. 893, Bl. 928. 705 So sind in die Ausführungen zur Regentschaft Friedrichs bereits die Schilderungen zu Maximilian eingeflochten; beispielsweise wird die Geburt Maximilians 1459 (Bl. 658) genau während der Unruhen in Österreich unter Friedrich III. beschrieben. 706 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiii. 707 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiii.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 55: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Vorwort (1668)708

Die Umsetzung des Werkes, das erst dann in den Druck ging, als es durch den Kaiser censiert und beurtheilet worden ist,709 hat zum Ziel, die Geschichte des Hauses Österreich in möglichster Kürze zu präsentieren.710 Die Leser sollen also die gesamte Geschichte der Habsburger gleichsam mit Einem blick überschauen können.711 Das gelingt dem Werk, weil man es nicht nur in Büchern, sondern die Bücher in Capitel und wiederum die Capitel in etliche Redstucke/ endlich auch die Redstucke in Absätze oder Paragraphos getheilet habe.712 Das wurde so umgesetzt, damit das Aug des Lesers nicht ermüdet werde/ sondern bey den Ausgängen stillhalten und ruhen möge.713 Auch dem Kaiser selbst soll es möglich sein, jeden Column oder Blatseite/ inn ersten anblick erlesen zu können; jedem Kapitel ist daher ein HauptTitel vor- und der ganze Innhalt/ nach den Zahlbezeichneten membris oder Redstucken/ darunter gesetzet.714 Deutlich spiegelt diese Anordnung bereits das Kapitel zu Rudolf von Habsburg im ersten Buch wider, mit denen die detaillierte Schilderung der Habsburgerkaiser einsetzt:715 Indem das gesamte Werk in Spalten geordnet ist, wird Überblick geschaffen. Eine Kopfzeile enthält die Buchnummer (hier: I. Buch), das Hauptthema (hier: Grav Rudolphi Geburt), das Kapitel (hier: VI. Cap.) wie, in einem eigenen Kasten rechts, die Seitenzahl (hier: 49).

708 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiii. 709 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiiii. 710 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii. 711 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii. 712 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii. 713 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii. 714 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii. 715 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 49–134. Der Geschichte der Habsburger nach Jahren sind Kapitel vorgeschaltet, die die Römische Ankunft des Hauses Habsburg (Bl. 3–8), die Ankunft der Franken (Bl. 9–14), die fränkische Ankunft des Hauses Habsburg (Bl. 15–22), den Habsburgische[n] Stammbaum (Bl. 23–35) sowie die Gebietschaft der Graven von Habsburg (Bl. 36–48) in Beschreibungen, nicht nach Jahresabläufen geordnet, enthalten. Erst ab Bl. 49 mit Rudolf von Habsburg beginnt die Ordnung nach Jahreszahlen.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Eine schmale Rahmenspalte links wie rechts neben der Hauptspalte enthält jeweils oben das Jahr (hier: Anno 1218) und bietet Möglichkeiten Randnotizen, meist Schlagworte zum Textinhalt oder kurze Zusammenfassungen des Haupttextes, einzubauen. Der breite Textbereich in der Mitte wird in zwei nebeneinander liegende Hälften aufgeteilt, in welchen der Text spaltenweise fortläuft. Jedes Kapitel enthält zu Beginn eine große Überschrift (hier: Das VI. Capitel. Gr. Rudolphi von Habsburg/ Geburt/ Erziehung und Vermählung), unter der noch einmal der Inhalt des Kapitels in eigene Gliederungspunkte (hier: Innhalt von 1 bis 13) unterteilt ist.

Abb. 56: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Grav Rudolphi Geburt (1668)716

716 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 49.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Beeindruckend ist, wie das Werk die neuen Möglichkeiten des gedruckten Textes selbst reflektiert: Weil nicht ein jeder/ ein Buch oft und viel zu durchlesen/ die Weile/ oder das gelesene im Sinn zu behalten/die Gedächtnis hat: also soll ihme billig/ durch solche Eintheilung/ Do- und Randschriften/ verholfen und das Buchet Nutzgebrauch erleichtert werden.717 Ein Register (Abb. 57) und ein Kalender (Abb. 58) im Anhang sollen den Gebrauch des gedruckten Buches zusätzlich erleichtern, wie das Vorwort besagt.718

Abb. 57: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Register (1668)719

717 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii–iiiiiii. 718 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiiii–iiiiiii. 719 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. P ppppppp. Ein zweiseitiges Druckfehler-Verzeichnis ist ebenso beigegeben: Ebd., Anhang.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Ähnlich der Speicherung der im Kalender (so genannter Oesterreichischer GeschichtKalender) nach Monaten sortierten und zu jedem Jahr gebündelten Ereignisse der Habsburger bietet das Register im Anhang (so genanntes Register/Aller in diesem Oesterreichischen Ehren-Spiegel enthaltenen Denkwürdigen Sachen und Geschichten) einen schnellen Überblick für die Benutzer durch den Verweis auf Seitenzahlen zu den jeweiligen Lemmata.

Abb. 58: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Kalender (1668)720

720 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. D ggggggg.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Darüber hinaus findet die ‚Geschichte‘ des Buchdruckes im Ehrenspiegel selbst Eingang, zumindest ist, ganz nach den Prinzipien einer Geschichtserzählung, die den Jahresabläufen folgt, konsequentermaßen zum Jahr 1440 ein eigenes Kapitel zum Ursprung der Buchdruckerey eingefügt.721 Eine längere Beschreibung hat zunächst das Ziel, die Erfindung der hochnutzlichen Kunst des Bücherdruckens durch die Teutschen zu untermauern.722 Es folgen Ausführungen, wie der Druck funktioniert. Es wird aus vielen Buchstaben eine Zeile/ und aus vielen Zeilen eine Form/ zusammengesetzt […]. Es bestehet aber/das ganz Kunst-werk/ hauptsächlich im Buchstab-giessen/ Setzen und Drucken. Der Schriftgiesser gebraucht sich an stat des Holzes/ (woraus man vor alters die Buchstaben geschnitzet) Zinn/ Bley/ Kupfer/ Messing/ Stahl unnd Eisen/ vereinigt alle diese Metalle durch das Antimonium oder Spiesglas/ und nachdem er sie also zusammengeseschmelzet in einem Gefässe/giest er die Materie/ mit einem Löffel/ in die Matere oder Wödel/ worein die Buchstaben geschnitten sind/ und verfärtigt also die Drucker-Schriften.723

Diese angesprochenen Druckschriften finden in einer Art Beispielkanon zusammen mit der Visualisierung des Druckerprozesses Eingang in den Ehrenspiegel (Abb. 59, Abb. 60).

Abb. 59 und Abb. 60: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Beschreibung der Buchdruckerey (1668)724

721 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 524–530. Das Kapitel steht sozusagen ‚zwischen‘ den Ereignissen um König Friedrich (Bl. 523) vorher und den Beschreibungen der Reichsunruhen wegen der Kirchenspaltung (Bl. 530) nachher. 722 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 524–525: Dort auch die Nennung von Johannes Guttenberg. 723 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 527. 724 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 528.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Der Text unter dem Bild zum Augenschein von der Buchdruckerey gibt das spezifische Surplus des Druckes wieder: Durch die kunst man/ und die Kunst durch das Drucken/ ewig lebet: Diese Kunst macht/ das man nicht unsre Kunst mit uns begrabet. Wer will Wunder sehen/ komme/ schau hier eine Feder an: die/ in einem Augenblicke/ tausend Wörter schreiben kann.725 Wenn der Drucker anhebt zu arbeiten, so verfertigt er in Einem Tag/ drey in vierthalbtausend Abdrucke: soviel drey oder vier Schreiber/ zumal wann es kleine Schrift ist/ in einem ganzen Jahr mit Schreiben würden.726 Direkt auf den Ehrenspiegel bezogen bedeutet das: Das Werk kann besser, als es einer Handschrift möglich wäre, vervielfältigt und dadurch verbreitet werden. Im Gegensatz zum handschriftlich konzipierten Habsburgischen Ehrenwerk kann der gedruckte Ehrenspiegel unter eine größere Menge an Menschen gebracht werden: Während teure Handschriften allein die Reichen […] kaufen [konden]/ die Armen aber musten dahinten und Idioten bleiben, so können jetzt auch ärmere Schichten Bücher erwerben.727 Des Weiteren, und das scheint der größte Vorteil der Druckkunst zu sein, ist sie eine Bewahrerinn/ Saugamme und Mehrerinn aller künste/ ein Zaum der flüchtigen und alles mit sich davonführenden Zeit/ ein Tod der Vergessenheit/ und eine Mutter des Ewigen Andenkens.728 Im Druck, so die Intention dieser Zeilen, ist die Macht der Habsburger besser gespeichert, als es in einer Handschrift überhaupt möglich wäre.729 Zusätzlich kann der habsburgisch[e] Stammbaum im gedruckten Werk sauber sortiert werden,730 wie die habsburgische[n] Stammreihe[n], und vor allem die über das gesamte Werk verteilten gedruckten Stammbäume verdeutlichen (Abb. 61, Abb. 62).

725 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 528. 726 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 529. 727 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 529. 728 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 529. 729 Allerdings entsteht bei Fehlern in der gedruckten Version die paradoxe Situation, dass damit auch das Falsche in der Ewigkeit ‚gesichert‘ wäre. Gerade davor scheint sich Sigmund von Birken mit der Betonung im Vorwort, dass Fehler jedem Autor unterlaufen dürften (weil niemand ist/der sich jedermanne ohne Fehler zelgen kan; Bl. iiiiiii), verwahren zu wollen; auf das eigene Druckfehlerverzeichnis im Anhang wurde bereits hingewiesen: Dort wird beispielsweise eine Reihe an falschen Jahreszahlen korrigiert. 730 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 23.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Abb. 61, Abb. 62 und Abb. 63: Sigmund von Birken, Ehrenspiegel, Stamm­ reihen und Stammbaum (1668)731

731 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 22, Bl. 28, Bl. 1400.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Die große Oesterreichische StammVerwandtschaft am Ende des Werkes (Abb. 63) zeigt noch einmal die Vorteile gegenüber handschriftlichen Stammbäumen auf: Eine Vielzahl von Namen kann auf engem Raum angezeigt werden, ohne Übersichtlichkeit oder klare Linienführung zu verlieren. Zusätzlich sind in gedruckten Landkarten, wie beispielsweise in der Landtafel des Erherz. Oesterreich, die Machtbereiche Habsburgs auch geographisch deutlich vor Augen geführt (Abb. 64, Abb. 65).

Abb. 64 und Abb. 65: Sigmund von Birken, Landkarten (1668)732

Text und Bild ergänzen sich so im Ehrenspiegel,733 wobei die visuellen Elemente im gedruckten Werk oft nur als Illustrationen mitaufgenommen sind, die im Text nicht explizit erklärt werden: Das ist bei den oben gezeigten Landkarten ersichtlich, die zwar durch Bildüber- sowie Bildunterschriften mit Text ‚eingerahmt‘ sind, sonst aber nicht weiter im Fließtext erläutert werden oder für die schriftlichen Ausführungen notwendig wären. Ähnlich der Handschrift des Habsburgischen Ehrenwerks sind eine Reihe an habsburgischen Grabmälern734 sowie Zentralszenen in der Geschichte Habs-

732 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 36, unter der Karte der Text: Wie glücklich ward genannt/das Habsburg/von dein haben! schau dessen grosse haab/auf einem kleinen Blat. Vom Ostland/dieses haus ist weit ein mehrers hat. So kann/die Gotes-lieb/der gute Gott begaben; Bl. 161, unter der Karte der Text: Du/gelobtes Land der Teutschen/reiches Ort‘/o Oesterreich/blühet hoch/ dein Ruhmgerüchte riechet einer Rose gleich./ Thor‘ und Maurs des Teutschen Reichs! stehe/wie Du bist gestanden. hinter deinem Schild/man hofft sichre Orte in den Landen. 733 Das ist bei der Darstellung der Ermordung Kaiser Albrechts ersichtlich: Während im Text nacheinander der Grund sowie Verlauf des Mordes ausgeführt ist, zusätzlich die lobenswerten Eigen­ schaften Albrechts im Kontrast zu den hinterhältigen Naturen seiner Feinde stehen, fängt das Bild die Zentralszene auf einmal ein: Albrecht wird, auf seinem Pferd sitzend, durch seinen Vetter erschlagen (Text: Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 245–247; Bild: Ebd., Bl. 246). Ähnlich der Handschrift ist auch im Druck das Kloster Königsfelden, das nach der Ermordung Albrechts durch seine Frau und Tochter erbaut wird, in einem eigenen Bild gezeigt: Ebd., Bl. 373. 734 So beispielsweise der Sarg Leopolds (Sigmund von Birken [1668]: BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 166), das Grabmal Albrechts (Bl. 257), das Grabmal Marias von Burgund (Bl. 914) oder das Grabmal

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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burgs735 im Bild aufgenommen, denen als ‚abgedruckte‘ Denkmäler sozusagen ewige Erinnerung zukommen soll.

Abb. 66: Sigmund von Birken, Stammtafel der Fugger (1668)736

Im Unterschied zur Handschrift ist der Ehrenspiegel auf die Geschichte der Habsburger zugeschnitten, Ergänzungen zu den Fuggern sind nicht, wie im Habsburgischen Ehrenwerk, über das ganze Werk verteilt. Dennoch findet sich die Geschichte der Fugger auch im Ehrenspiegel wieder, allerdings in komprimierter Form (Abb. 66).737 Nur im V. Buch, zur Jahreszahl 1473, finden sich Beschreibungen über die Gräflic[h] Fuggerische Familie. Der Ehrenspiegel scheint diese Ausführungen erst rechtfertigen zu müssen, wenn es im Text heißt: Weil ein Fugger/ dieses Oesterreichischen Ehrenspiegels Erster Urheber ist: also ist billig/ daß/ gleichsam dem Kunde desselben/ ein

Friedrichs III. (Bl. 1086). Allerdings zeigt gerade letzteres, wie detailliert der „Ehrenspiegel“ die Grabmäler visualisieren will: Alle Seiten des Grabmals, Vorder-/Rück-/Seitenansichten, sogar eine Ansicht aus Vogelperspektive sind gezeigt (Bl. 1086). 735 Siehe beispielsweise die erste Zusammenkunft Maximilians mit Maria von Burgund (Sigmund von Birken [1668]: BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. Bl. 857) oder die Krönung Maximilians zum König (Bl. 954); neben den Bildern fungieren Beschreibungen von Ereignissen, wie beispielsweise des Leichenzugs Friedrichs III. (Bl. 1076), als ‚textuelle‘ Denkmäler. 736 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. iiiii. 737 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 782–784.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

kleiner Ehrenspiegel dieses Gräflichen Hauses eingefuegt/ und hierbey vorgestellet werde.738 Dem Habsburgischen Ehrenwerk angelehnt spricht der Ehrenspiegel von der Demut und den milden Tätigkeiten der Fugger gegenüber Armen.739 Die Kaufmannstätigkeiten sind explizit genannt, es wird sogar von den Veränderungen darin gesprochen, wenn es über Jakob Fugger heißt, dass er von der handelschaft auf Bergwerk in Hungarn […] sich verlegte.740

Abb. 67: Sigmund von Birken, ­Procession und Leichordnung (1668)741

738 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 782. 739 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 782: Dieser Jacob Fugger […] war fromm und aufrecht/ gegen jederman freundlich/ und mild gegen den Armen. 740 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 782. 741 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1076.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Zu direkten Übernahmen aus der Fuggerchronik scheint es gerade bei Beschreibungen zu Raymund Fuggers Aussehen zu kommen: Er war eine schöne lange Person/ stark von Leib und Gemüte/ ein Liebhaber der Geschichtschriften und freyen künste/ auch ein guter Baumeister.742 Dass man mit den Fuggern geradezu ein ‚dynastisches Geschlecht‘ vor Augen hat, suggeriert der opulente Stammbaum im Ehrenspiegel, der dermassen um sich gezweiget ist, dass A. 1619 bey 47 dieser Grafen/auch ebensoviel der Grafvinnen dieses angebohren Namens trugen.743 An den Fuggern, so der Text, bewahrheitet sich damit, was Gott prophezeit habe: Gibet! So wird euch gegeben. Jemehr sie den Armen gaben/ iemehr ihnen Gott wiedergabe.744 Mit Blick auf die Ausführungen zu Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. im Ehrenspiegel soll abschließend noch einmal ein direkter Vergleich zur Handschrift des Habsburgischen Ehrenwerkes unternommen werden. Ähnlich dem Habsburgischen Ehrenwerk beschreibt der Druck das Sterben Friedrichs III.745 Nachdem ihm ein Bein amputiert werden musste, spricht Friedrich im Ehrenspiegel, der Stilisierung im Habsburgischen Ehrenwerk folgend, die Worte: Ein gesunder Bauer/ sey in bässerm zustand/als ein kranker Röm. Keyser.746 Schließlich stirbt Friedrich III. und wird beigesetzt, was der Ehrenspiegel in Text wie Bild einfängt, ohne von der Handschrift abzuweichen.747 Detaillierter als die Handschrift gibt er allerdings die Prozessionsordnung (Abb. 67) während des Begräbnisses Friedrichs III. wider, die er über die doppelte Spaltenansicht exakt zu repräsentieren inszeniert, was in der Handschrift fehlt. Die Procession und Leichordnung ist ganz nach Ansprüchen aus dem Vorwort des Ehrenspiegels strukturiert, den Überblick in der Geschichtserzählung wahren wollen: Die Namen aller Beteiligten folgen nacheinander in hierarchischer Gliederung. Des Weiteren sortiert der Druck das (genealogische) Erbe Friedrichs III. anders als die Handschrift: Im Habsburgischen Ehrenwerk werden nacheinander die Kinder Friedrichs III. beschrieben, das Moment der Linearität ist betont. Indem der Druck dagegen über sein spezifisches Layout alle Familienangehörigen in zwei Spalten komprimiert darstellt (Abb. 68), fängt er auf ‚einem Blick‘ ein, was die Handschrift erst sukzessive erarbeiten musste: Das Blut Friedrichs und Eleonoras setzt sich damit gewissermaßen gleichzeitig in mehreren Kindern fort, wie die beigegebene Tafel zeigt.

742 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 783. 743 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 787. 744 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 784. 745 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl.. 1073–1086. 746 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1074. 747 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1079.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Abb. 68: Sigmund von Birken, Friedrichs Kinder (1668)748

Noch deutlicher kristallisieren sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Handschrift wie Druck bei der Beschreibung Kaiser Maximilians I. Tod und Nachruhm heraus.749 Ähnlich dem Habsburgischen Ehrenwerk der Fugger hält der Ehrenspiegel fest, dass Maximilian aufgrund vieler Verschmähungen über eine schwermut zu herzen750 in eine lebensbedrohliche Krankheit gefallen sei, obwohl er eine so stark[e] und gesund[e] natur [hatte]/ daß er in seinem leben nur zweymal erkranket751 war. Schließlich stirbt er und wird in weisse Leinwat und […] auf ein Bett gelegt und einen ganzen tag lang im Saal offentlich gezeiget,752 wie es der Text schildert. Sein Totenbildnis aus dem Habsburgischen Ehrenwerk ist im Ehrenspiegel aufgenommen.753 Im Unterschied zum Habsburgischen Ehrenwerk werden Beschreibungen über die Gei-

748 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1085. 749 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1363–1399. 750 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1363. 751 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1367. 752 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1365. 753 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1365. Der Text darunter lautet: Der so oft/der grosse held/sieghaft hat den feind bestanden: hier ligt/besiegt vom Tod/von des letzten feindes handen. Zwar war der Leib nur ligt: Sein nachrum ewig stehet und besteht. Trutz der Zeit und Grabeshöhle/daß sie seine Thaten tod!

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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ßelung seines Körpers ausgespart, auch ist weder seine Aufbahrung in St. Georgen noch sein Grabmal in Innsbruck über Bilder gezeigt, nur der Text beschreibt sie.754 Die Würdigung der positiven Eigenschaften Maximilians, die dann im Fokus steht, ähnelt wiederum jener aus dem Habsburgischen Ehrenwerk: So gehören zu seinen ruhm-beschaffenheiten unter anderem mildgebigkeit und Tapferkeit.755 Ein eigener Abschnitt zeigt Maximilians kunst-Liebe756 und kriegs-Gefärden.757 Während die genealogischen Arbeiten Jakob Mennels und Maximilians in der Handschrift der Fugger eine zentrale Rolle spielten, sind diese im gedruckten Ehrenspiegel nur rudimentär aufgenommen: Ganz allgemein wird berichtet, dass Maximilian gröste lust an den historien hatte.758 Jakob Mennel wird zwar erwähnt,759 der Inhalt seiner Fürstlichen Chronik nur in wenigen Zeilen ausgeführt;760 zusätzlich werden im Ehrenspiegel Werke wie Ehrenpforte und Fischereibuch kurz gestreift.761 Mehr Wert legt man im Ehrenspiegel auf die Beschreibung der Arbeitsweise Jakob Mennels: Er trägt Quellenmaterialien zusammen, vergleicht sie, aus welchen nachmals/ die Oesterreichische Historie und Genealogie am ersten ausfündig gemacht worden war.762

754 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1366: an welchem unten herum/auf 24 Tafeln von weissem und schwarzem Marmel/seine vornemste Thaten mit erhoebener Kunstarbeit vorgebildet/auch mit guldnen Buchstaben beschrieben/oben der Keyser in Keyserlichem habit gegen dem hohen Alter kniehend/und neben herum am Gegitter/von welchem das Monument eingefangen wird/28 König- und fürstliche Personen in Lebensgrösse stehen/alle aus Metall gegeossen/zusehen und am obersten Gesimse des Gegitters/folgendes Epitaphium oder Grabmalschrift K. Maximilians/gleichfalls mit guldnen Buchsteben rings herum eingehauen/zu sehen ist. […] 755 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1368–1371. 756 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1371–1373. 757 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1374–1386. 758 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1371. So werden zum Beispiel im „Ehrenspiegel“ die im „Habsburgischen Ehrenwerk“ breit ausgeführten Kritikpunkte durch Kunz von der Rosen an den genealogischen Großkonstruktionen nur angedeutet und in den anderen Kontext des Lobs der ausgezeichneten Eigenschaften Maximilians gestellt, wenn es im Druck heißt: Ein Hoch dieses Keysers/der auch einen halben Schalksnarren abgabe/als einsmals einer beym Keyser sich anmeldete/welcher seines Stammes ankunft aus dem Kasten Noah herzuführen verspracht/redte er dawider. (Ebd., Bl. 1386) 759 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1386: Demnach jene vom tod zu erretten und diese leben zumachen/insonderheit aber die damals noch unbekandte Ankunft und Historien der Häuser Habsburg und Oesterreich auszuforschen/liesse er […] Jacobum Manlium vo Freyburg/seinen Raht und Historiographum, in gesellschaft Ladislai Suntheimii von Ravensburg/seines Hof Caplans und Chorherrns zu Wien/mit grossen seinen kosten/nicht allein hoch- und Niderteutschland/sondern auch Italien und Frankreich durchreisen/in den Stiften und Klöstern alle Chroniken/Stift- und Saalbücher/ auch sonsten hin und wieder alle Bibliotheken/Grav und Wandschriften/aufsuschen und zusammentragen. 760 So bereits im zweiten Kapitel des ersten Buches zur Ankunfft der Franken und deren genealogischen Verbindungen zu den Habsburgern: Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 9. 761 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1371–1372. 762 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1371–1372

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Schließlich geht es dem Ehrenspiegel um eine detailreiche Darstellung der Gefärden Maximilians, die zeigen sollen, dass er neben seiner Rolle als weiser und gelehrter Regent auch ein tapferer Kriegsheld war.763 Wie bereits zum Habsburgischen Ehrenwerk analysiert, ist für derartige Passagen der Teuerdank Maximilians Vorlage. Im Habsburgischen Ehrenwerk wird diese Vorlage adaptiert, der historische Kern, absondert von aller poetterei, ist durch panegyrische Ausführungen präsentiert; das berühmte Bild Teuerdanks, das ihn auf einem Schwerterkreis triumphierend zeigt, fand in veränderter Form Eingang ins Habsburgische Ehrenwerk. Auch der Ehrenspiegel zeigt ein derartiges Bild im Druck. Dieses soll, so heißt es im Text, [d]em wehrten Leser […] in einem blick die Taten Maximilians zugänglich machen, die meiste der seither beschriebenen (Abb. 69).764

Abb. 69: Sigmund von Birken, Maximilians Gefahren (1668)765

763 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1372. 764 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1383. 765 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1383.

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Die Tendenz zur Historisierung des Materials aus dem Teuerdank, wie sie bereits das Habsburgische Ehrenwerk der Fugger unternahm, kann auch im Ehrenspiegel nachvollzogen werden, sie ist dort sogar noch einmal gesteigert: Alle Taten Maximilians werden als wahr ausgegeben, indem sie an konkrete Schlachten, Orte, historische Personen gebunden sind.766 Deutlich zeigt sich, wie sehr der Ehrenspiegel um Strukturierung und Überblickswahrung bemüht ist und weniger stark naturalisierend wie die Handschrift argumentiert: Die Taten orientieren sich an konkreten Jahresdaten und sind thematisch geordnet.767 Der Ehrenspiegel stilisiert sich als wahres Geschichtswerk, was nicht ausschließt, dass man auch dort das wirkmächtige Bild Maximilian als Bezwinger Fortunas inszenieren kann, wie der Text besagt: Viel unfalls ihn befällt/ ihn führen viel Gefärden: Held Maximilian doch ungefället steht. Das Glück den Kühnen hilft: Gott/Göttern dieser Erden: ihr LebensRad die Hand der Engel sicher dreht.768 Die starke Rückgebundenheit der Ausführungen im Ehrenspiegel an historische Ereignisse und ‚Tatsachen‘ wird nicht zuletzt noch einmal in den Beschreibungen über Maximilian als Förderer der Künste deutlich: Inmitten längerer Ausführungen zu den Kriegshandlungen Maximilians ist eine kurze Passage zur Erstellung des Weißkunig eingearbeitet. Das Bild (Abb. 70) zeigt den Kaiser während seiner historien-dictatur.769 Was sich auf den ersten Blick als Inszenierung eines Kaisers, der die Künste fördert, lesen lässt, gewinnt durch die spezifische Darstellungsart im Text des Ehrenspiegels eine andere Interpretationsrichtung: Die Erstellung seiner historien wird dort an ein genaues Datum geknüpft, in der oberen Spalte links und rechts mit Anno 1499 markiert.

766 Besonders deutlich wird dies, wenn zum Beweis der gefährlichen Gemsenjagd, die Maximilian an der Martinswand erlitt (Sigmund von Birken [1668]: BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1379), ein Landschaftsbild eingebaut ist, das alle umliegenden Orte, Schlösser und Flüsse mit ihren tatsächlichen Namen beschreibt. Interessant auch das Beispiel zum Löwen: Wie Maximilian einem Löwen die Hand ins Maul legt wird auch im „Ehrenspiegel“ skizziert; allerdings ist mit dem Hinweis, dass dies in München passierte, auch hier die Tendenz zur genauen Lokalisierung der Taten Maximilians angezeigt. (Ebd., Bl. 1380) 767 Zuerst sind Kriegswitze (Sigmund von Birken [1668]: BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1372–1373) genannt, darauf folgen Kriegsgefärden (ebd., Bl. 1374–1375), Taten ritterliche[r] Dapferkeit (ebd., Bl. 1376), Jagt-Gefärdern (ebd., Bl. 1378), Beispiele gefärliche[r] Gemsengejagd (ebd., Bl. 1379–1381) und andere Lebensgefärden K. Maximilians (ebd. 1381–1383). Schließlich sind berühmte Aussprüche wie Symbole Maximilians in den „Ehrenspiegel“ aufgenommen (ebd., Bl. 1384); im Gegensatz zum „Habsburgischen Ehrenwerk“ sind diese allerdings nur in wenigen Zeilen umschrieben und konzentrieren sich auf Wesentliches: So wird die Bedeutung des Granatapfels, auch das Spruchbild In manu Dei Regis est kurz erwähnt. (Ebd., Bl. 1384) 768 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1384. 769 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1122. Deutlich wird auf die Machart des „Weißkunig“ eingegangen: Es sind darinn alle Namen der Personen und Länder umgekehrt oder sonst verbuchstabwechselt: Welchen aber K. Maximilian durch einen eigenhändigen Verstand Schlüssel/Ihre gestalt wiedergeben. (Ebd., Bl. 1121)

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Die Passage über die literarischen Bestrebungen Maximilians kann nur deshalb im Ehrenspiegel stehen, weil sie in den Verlauf der Geschichtsschreibung gestellt ist: Während einer Überfahrt auf einem Schiff nach Konstanz diktiert Maximilian die Geschichte seinem Sectretarium Marx Treitsauerwein.770 Allein in dieser ‚Pause‘ zwischen den Kämpfen mit den Eidgenossen und weiteren Friedensverhandlungen, die der Ehrenspiegel detailliert beschreibt,771 ist Raum für die Darstellung des litera­ rischen ‚Schaffens‘ Maximilians gegeben.

Abb. 70: Sigmund von Birken, Maximilian diktiert (1668)772

Ohne auf Maximilians Schlafweiber einzugehen, diese sind im Gegensatz zum Habsburgischen Ehrenwerk ausgespart, endet der Ehrenspiegel mit der Beschreibung der zahlreichen Kinder und Nachkommen des Kaisers.773 Die Genealogie des Kaisers ist damit auch im Ehrenspiegel als ungebrochen und ‚ewig‘ markiert, wird allerdings anders als im Habsburgischen Ehrenwerk strukturiert: Seine beiden Frauen, seine Kinder und Enkel sind in einer Tabelle angezeigt, naturalisierende Argumentationen sind ausgespart.774 Das Fließen des Blutes des Habsburgerkaisers ist im Ehrenspiegel

770 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1121. 771 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1121–1123. 772 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1122. Der Text darunter lautet: Viel unfells ihn befällt/ihn führen viel Gefärden: Held Maximilian doch ungefället steht. Das Glück den Kühnen hilft: Gott/Göttern dieser Erden: ihr Lebens Rad die hand der Engel sicher dreht. 773 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1388–1393. 774 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1388.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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sortiert, in klare Bahnen gegossen, kurzum: Es ist tabellarisch aufgelistet. Schließlich kulminiert es in der opulenten StammTafel zu seinem Enkel und Nachfolger Keys. Caroli V (Abb. 71). Statt naturalisierenden Stammbäumen stehen Tabellen.

Abb. 71 (Teil 1 und Teil 2): Sigmund von Birken, Stammtafel Karls V. (1668)775

775 Sigmund von Birken (1668): BayStabi. Res/2 Austr. 66, Bl. 1392–1393.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

3.2.4 Ehrenbuch 3.2.4.1 Perspektiven zum Zweilinienwerk Ähnlich der bereits besprochenen Werke Fuggerchronik und Habsburgisches Ehrenwerk, auch ihrer Erweiterungen und Adaptionen, ist das Ehrenbuch776 der Fugger eine Art genealogisches Werk.777 Clemens Jäger erstellte das Ehrenbuch ab 1542/1543, nach 1545/1546 arbeitete er in enger Abstimmung mit der Breu-Werkstatt an der prächtigen Endversion des Werkes.778 Im Ehrenbuch werden im Vergleich zur Fuggerchronik779 und zum Habsburgischen Ehrenwerk teilweise andere Schwerpunkte gesetzt: Das Ehrenbuch vermittelt erstens explizit die Inszenierung eines kontinuierlichen Aufstiegs der Familie vom Weberhandwerk bis in den Grafenstand.780 Es versteht sich als ein gedechtnus-Werk, das die erreichte Ehre, Würde und Macht der Fugger von der Lilie speichert. Zweitens stellt das Ehrenbuch eine Art ‚Zwei-Linien-Werk‘ dar, indem es a) die Fugger von der Lilie – beziehungsweise genauer die Raymund-Linie781 – und b) die Fugger vom Reh782 über die einzelnen Vertreter und Vertreterinnen in ihren ehelichen Allianzen samt Kindern783 aufführt. Drittens geht es um eine kontrastive Gegenüberstellung zwischen dem Aufstieg der Fugger von der Lilie – ihre göttliche

776 Zitiert wird in einer leicht geglätteten Transkription mit moderner Interpunktion und Klein- bzw. Großschreibung nach der Handschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek: BayStabi. cgm 9460; entstanden in Augsburg, 1545–1547, mit Nachträgen von 1548/1549 und im 18. Jh. (BayStabi.-Hss cgm 9460). Zum Erwerb des „Ehrenbuches“ der Fugger (cgm 9460) zusammen mit dem Werk „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ (cod. icon. 380) durch die Bayerische Staatsbibliothek aus dem Hause Fugger siehe den Ausstellungskatalog: Fabien (2010). Ein Abdruck der gesamten Handschrift nach der Babenhausener Version bei: Rohmann (2004b). 777 Rohmann (2004a), S. 26. 778 Mit einer Unterbrechung zwischen 1546–1547 im Schmalkaldischen Krieg wird das „Ehrenbuch“ bis 1549 vollendet; siehe hierzu genauer die summarischen Ausführungen bei Rohmann (2001), S. 267. 779 Es fällt auf, dass „Passagen aus dem Ehrenbuch zum Teil fast wörtlich in der Chronik vorkommen.“ (Wunderle [2010], S. 45) Dazu ausführlich: Rohmann (2001), S. 271–274. 780 Rohmann (2004a), S. 31. BayStabi. cgm 9460, fol. 10r–10v: Mit Hans Fugger gewinnt das Haus das Burgerrecht und steigt kontinuierlich auf. 781 BayStabi. cgm 9460, fol. 9v–167v. „Das Ehrenbuch ist das Familienbuch nicht der Fugger von der Lilie, sondern des Raymundus-Zweiges, so zugleich Indikator wie Medium der Spaltung des Gesamthauses.“ (Rohmann [2004a], S. 269) Da Hans Jakob Fugger in der Vorrede zwar die Eigenständigkeit seines Zweiges postuliert, allerdings den Zusammenhalt des Gesamthauses nicht in Abrede stellt, relativiert sich die Konzentration auf den Raymund-Zweig. (Ebd.) 782 BayStabi. cgm 9460, fol. 168r–211r. 783 „Das Ehrenbuch erfaßt […] nicht […] nur die erwachsen gewordenen Familienmitglieder, sondern auch die früh verstorbenen Kinder. […] [Diese] […] unterlagen offenbar der Gefahr, aus der Erinnerung herauszufallen, dies zumal, wenn jüngere Geschwister in ihren Namen eingetreten waren. […] Das Ehrenbuch steht so in der Kontinuität der sakralen Memoria nicht nur individuell in der Ikonographie des Stifterandenkens zu Beginn der Handschrift, sondern auch kollektiv in der Gesamtanlage seiner Ahnenreihe.“ (Rohmann [2004a], S. 69)

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Gnadenvermittlung,784 zugleich ihre ehrenhaften Stellung durch karitative Tätigkeiten785 sind explizit genannt – und dem Abstieg der Fugger vom Reh, deren Scheitern in bildlicher wie textueller Umsetzung einer entgegengesetzten sozialen Bewegung786 gleicht. Konzeptionell dem Habsburgischen Ehrenwerk angeglichen stilisiert sich Hans Jakob Fugger – als auktorialer Ich-Erzähler im Text hervorgehoben,787 die Person des Bearbeiters Clemens Jäger wird verschwiegen  – nicht nur zum Stifter des Werkes, sondern er gibt sich sogar als der alleinige Verfasser aus.788 Dadurch inszeniert sich das Gehaim Eernbuch als Buch eines Hausvaters, der die Familiengeschichtsschreibung initiiert und memoria für die Familie in der Zukunft sichert,789 darüber hinaus seine Nachfahren als Rezipientenkreis nennt790 und diese zur Fortführung des Werkes aufruft.791 Das Ehrenbuch richtete sich an die Familie der Fugger in ihren verwandtschaftlichen Vernetzungen.792 Dadurch werden die Grenzen „zwischen innen und außen“ der Familienzugehörigkeit im Ehrenbuch weniger als „verschwommen“

784 BayStabi. cgm 9460, fol. 4r. 785 BayStabi. cgm 9460, fol. 5v. 786 Rohmann (2004a), S. 32. 787 BayStabi. cgm 9460, fol. 4v–5v. 788 Rohmann (2001), S. 208. 789 Derhalben, auf das der Vralt/ vnd Eerloblich Fuggerisch Nam, ab dem Eerlichen Stul gu-/ter flammenden gedechtnus, nicht verfiele, vnnd als ein/ vnpolierts Edelgestein, menigclich vnbekant belibe, Habe/ Jch mich (dieweil mir Got der Almechtig, vor andern mei/nes Geschlechts, die gnad, ein solch Eernwerck aufzurichten, so gnediglichen verlihen) allein aus warer vnd steter trew/ vnnd liebe, so Jch Zu Got, dem gedechtnus wurdigen alter, vnd/ dem gantzen fuggerischen Namen trage, Auch allen meinen/ Erben vnd Nachkomen zu ainem Spiegel, Exempel vnnd/ anraitzung aller redligkait, eern vnd guten tugenden, Jetz-/ und vvnd Jnn kunftig Zeit, ainen fuggersichen Plutstam-/ men auf vnd anZurichten, vnnd Zusamen Zuordnen, vn-/ derfangen, vnd den allen meinen Erben vnd erbens Erben,/ zu Eern, Wirde, vnnd guter Gedechtnus, nach meinem ab-/ sterben verlassen wollen, Welchen Jch die erstreckung, vnd wei-/ tere ausfuerung dises mhuesamen Eernwercks, des dem/ gantzen fuggerischen Geschlechte, Zu ewigem Lob, glroi, Eer, vnd/ guter gedechtnus, von mir angefangen vnd auffgerichtet, / auf das es also in kunfitg Zeit bestendig beleiben möge, mit/ allem fleis beuolhen haben will.// (BayStabi. cgm 9460, fol. 4v–5r) 790 Auch allen meinen Erben vnd Nachkomen zu ainem Spiegel, Exempel vnnd anraitzung aller redligkait, eern vnd guten tugenden. […] vnd den allen meinen Erben vnd Erbens Erben, zu Eern, Wirde, vnnd guter Gedechtnus, nach meinem absterben verlassen wollen […]. (BayStabi. cgm 9460, fol. 5r) 791 Rohmann (2001), S. 209. Siehe die Beschreibung im „Ehrenbuch“: Auf das alle meine/ Erben vnd Nachkomen, Jn ansehung meiner vilfältigen, langen/ vnd mhuesamen arbait, Zu Eern dem gantzen fugggerischen Namen,/ von mir beschehen, Jngedenck, Vnd das vileruent fuggerisch Eern-/werck, zu seiner Zeit, auf das die fuggerisch Eer, vber lange Jar uvd/ kunftig zeit, Jnn guter gedechtnus beleibe, zuerstrecken, vn weiter/ aufzufueren, mir nachzuuolgen, desterbasz angeraitzet werden,/ des Jch an alle Nachkommen des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, nicht allain zu dem freuntlichsten begere/ Sonder Zu dem allerfleissigsten sich in kunftig Zeit darinnen/ zuuben gebeten haben will. (BayStabi. cgm 9460, fol. 5v) 792 Rohmann (2004a), S. 35.

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repräsentiert, sondern von Anfang an als nicht vorhanden imaginiert: Alle ‚Teile‘ der Fugger, jede Personen, so dem fuggerischen Namen […] zugethon vnd verwandt,793 sind im Ehrenbuch als Familie, gleichsam als ein ‚Geschlecht‘ ausgegeben, darin wäre Gregor Rohmann in seinen Analysen zu korrigieren. Entscheidend erscheint: Die fuggerisch Eer kann vber lange Jar vnd kunftig zeit nur aufrechterhalten werden, wenn ihr durch die Verwandten gedechtnus zuteil wird; eine gedechtnus, die zwar immer schon retrospektiv ist, im Ehrenbuch eben auch als prospektiv markiert ist.794 Jeder Nachkomme, das besagt die Vorrede im Ehrenbuch deutlich, muss in der jeweiligen Gegenwart – zu seiner Zeit – sicherstellen, dass er den Blick zurück zu seinen Vorfahren aufrechterhalte.795 Das Ehrenbuch mahnt eine zukünftige, die Vergangenheit in den Blick nehmende Erinnerung an und schließt sich über seinen gegenwärtigen Vorbildcharakter – mir nachzuuolgen – mit dieser in die Zukunft gerichteten gedechtnus kurz.796 Gerade diese Verschmelzung der Zeitebenen aus Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigen weist das Ehrenbuch als generationenübergreifendes, damit als genealogisches Werk aus. Nach der Vorrede folgen Seite für Seite die einzelnen Fuggerinnen und Fugger und ihre Kinder, die als jeweilige Repräsentanten des Fugger-Kollektivs sowie als Glieder einer genealogischen Fugger-Kette durch gemeinsames Blut ausgegeben sind: Das Durchblättern des Buches führt zu einer Übersicht der fuggerschen Genealogie in der Sukzession. Zu Tragen kommt, dass das Ehrenwerk von einer Formalisierung in der Repräsentation der biographischen Daten geprägt ist: Ausführungen zu Geburt, Name, Heirat und Tod folgen bei allen Vertreterinnen und Vertreter einem gemeinsamen Strukturschema.797 Das mag auf kaufmännische Geschäftsschriftlichkeit zurückzuführen sein,798 ist aber wohl der besonderen Konzentration auf ein genealogisches Raster geschuldet.799

793 BayStabi. cgm 9460, fol. 5r. 794 BayStabi. cgm 9460, fol. 5v. 795 BayStabi. cgm 9460, fol. 5v. 796 BayStabi. cgm 9460, v. a. fol. 5v. 797 Rohmann (2001), S. 139 mit Verweis auf Zahnd-Lässer (1990), v. a. S. 11–13. 798 „Viele Familienbücher standen auch insofern in Affinität zur geschäftlichen und pragmatischen Schriftlichkeit, als sie zur kopialen Überlieferung familiärer Archivalien, zumal von Besitz- und Stiftungsurkunden, genutzt wurden.“ (Rohmann [2001], S. 155) Zur genauen Analyse der Schriftbänder im „Ehrenbuch“ über Beispiele, siehe: Rohmann (2004a), v. a. S. 65–67. 799 Rohmann (2001), S. 139.

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Abb. 72 und Abb. 73: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch (Nachtragungen 18. Jahrhundert)800

Das Ehrenbuch ist ein Medium in der Konstitution von Macht, es ist die Fixierung in Text und Bild dessen, was Pierre Bourdieu als das ‚soziale Kapital‘ bezeichnet.801 Zahlreiche leere Blätter802 stünden bereit für die ‚Nachträge‘ durch die Nachfahren, weisen darauf hin, dass die Rezeption des Werkes nicht nur im ‚An-Sehen‘, also Betrachten, sondern eben auch im ‚An-Fassen‘, im Bearbeiten liegen soll.803 Deutlich machen das die zahlreichen Nachträge bis weit ins 18. Jahrhundert hinein, wie beispielsweise der Eintrag der Genealogische[n] Deduction an die Stammreihe der Grafen

800 BayStabi. cgm 9460, fol. 113v, fol. 24r. 801 Rohmann (2001), S. 165; vgl. Bourdieu (1983), S. 183–198. 802 Zu differenzieren ist zwischen den leeren Seiten neben den ausgeführten Portraits, die wohl die Beschreibungen der Fuggergeschichte beinhalten sollten und deren Bordüren bereits ausgeführt sind (so bereits BayStabi. cgm 9460, fol. 16v–18r) – sie sind extra zu interpretieren –, und den komplett ­leeren Blättern am Werkende, die wohl für eine generelle Erweiterung der Genealogie der Fugger gedacht waren. So bspw. BayStabi. cgm 9460, fol. 112v, 130v–167v. 803 Die Nachfahren sollen zuerstrecken vnd weiter auf[fueren], wie es in der Vorrede heißt: BayStabi. cgm 9460, fol. 5v. Die leeren Blätter zeigen aber auch an, dass dies nicht umgesetzt wurde; Nachträge erwiesen sich an im Aufwand zu komplex. Dagegen führte man die „Fuggerchronik“ fort, was sich in der exorbitanten Anzahl ihrer Versionen und Handschriften zeigt und legte die „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ an.

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Fugger von Kirchberg und Weißenhorn auf den leeren Seiten des Ehrenbuchs (Abb. 72) oder der um 1800 ausgeführte Nachtrag jenes alten Briefes Jakob Fuggers des Reichen (Abb. 73), der Karl V. an seine finanzielle Unterstützung für dessen Kaiserwahl geradezu unverhohlen erinnert: Es ist auch wissentlich, und ligt am Tag das/ Eurer kayserlichen Mayestät die Römisch/ Cron außer mein nicht hätten erlangen/ mögen; Wie ich dann solches alles mit aller/ Euurer Kayserlichen Mayestät Handprif/ tun an Zaigen kann: so hab ich auch hierinn main/ aigen Nutz nit angesehen, dann wa ich von/ dem Haus Oesteraich absteen, und Frankreich/ fürdern hätte wollen, wolt ich groß Guet und Gellt/ wie mir dann angebotten worden […]/ […] erlangt haben. Was/ Euuer Kaiserlichen Mayestät und dem Hauß/ Oesterich Nachteil daraus entstanden wäre,/ das haben Eurer Kaiserlichen Mayestät aus/ hohem Verstand wol zu erwegen.804

Die einzelnen Vertreterinnen und Vertreter der Fugger sind jeweils über drei mediale Ebenen repräsentiert: Durch Portraits wird eine geradezu ‚natürliche Sicht‘ auf sie imaginiert.805 Wappen806 markieren ihr Herkommen: Entweder Fugger oder Ehepartner anderer Familien zu sein. Schriftbänder oder kurze Notizen wiederum enthalten ihre Namen und ‚biographische‘ Daten; längere Textabschnitte gehen – nur zu Beginn des Buches807 – genauer auf die Geschichte der einzeln gezeigten Vertreter und Vertreterinnen ein. Dieses Funktionsschema ist bereits bei Hans Fugger ersichtlich, der mit seinen beiden Frauen Clara Widolff und Elisabeth Gfattermann die Genealogie eröffnet (Abb. 74 und Abb. 75).

804 BayStabi. cgm 8560, fol. 24r–25r, in roter Farbe im 18. Jahrhundert nachgetragen. Die Sinnrichtung der demütigen und die Ehre der Familien betonenden Intention aus dem 16. Jahrhundert wird wohl im Laufe der Zeit missverstanden, da genau derartige Handlungen der Fugger im „Ehrenbuch“ keinen Platz finden durften. 805 Die Namenssetzungen direkt neben den Portraits inszenieren eine derartige Darstellung nach der ‚wahren‘ Gestalt bzw. Natur des Körpers. 806 Für die Fugger stehen von BayStabi. cgm 9460, fol. 9r–14 an das Dreizack-Wappen, ab fol. 16r das Lilienwappen, ab fol. 37v das gevierte Wappen der Grafschaft Kirchberg und der Herrschaft Weißenhorn. Ab fol. 113v kommt ein neues Wappen auf, das „[d]as bisher aufgetretene […] Wappen [ …] als älteres der Fugger von Kirchberg und Weißenhorn bezeichnet, um es einerseits von dem eben erwähnten zu unterscheiden, andererseits dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Fugger von der Lilie neben den jeweils spezifischen Titeln in allen Verzweigungen den der Grafen von Kirchberg und Weißenhorn führten.“ (Rohmann [2004b], S. 256) 807 BayStabi. cgm 9460, fol. 1r–15v.

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Abb. 74 und Abb. 75: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Hans Fugger (1545)808

Indem es im Ehrenbuch bei diesem (dreifachen) Zusammenspiel aus Portrait, Text und Wappen zu Variationen kommt – beispielsweise sind mit Fortlauf des Werkes vor allem die Texte zunehmend ausgespart809 oder es tritt ein Wechsel vom Portrait hin zum Wappen810 ein –, können auch Rückschlüsse auf die Intention der Darstellungsmodi selbst gewonnen werden. Die folgenden Studien konzentrieren sich weniger auf eine übergreifende Detailbeschreibung des Werkes – hier kann auf die soliden Analysen von Gregor Rohmann aufgebaut werden811 –, als dass sie mehr die einzelnen Entwurfsstufen in der Erstel-

808 BayStabi. cgm 9460, fol. 9v, 10r (Beschreibung folgt weiter auf fol. 10v). 809 Ab BayStabi. cgm 9460, fol. 16v. 810 Bei den Fuggern von der Lilie bereits mit BayStabi. cgm 9460, fol. 46r, 51v, 55r–v, 57v, 59v, 61v, 62r, 64r–v, 66v, 67r–v, 69v, 70r, 79r–v, 82r, 85r, 87v, 90r vollständig ab fol. 91v–101v, 105r–130r mit Unterbrechungen durch Portraits ab fol. 101v–104r; bei den Fuggern vom Reh vollständig nach dem Bankrott ab fol. 174v–211r. 811 Der Band Fabien (2010) bietet nur Beschreibungen, keine weitergehenden Interpretationen. Siehe hierzu die Studien von Rohmann (2001), S. 207–230 und S. 267–271; allerdings analysiert er v. a. die Stellung Clemens Jägers, weniger das Werk; in Rohmann (2004a) findet sich eine ausführlichere Beschreibung des Werkes mit Transkription auch der Vorlage, so dass genauere Studien möglich sind; über Rohmann (2004b) steht eine Kopie der Handschrift zur Verfügung, die allerdings mittlerweile auch online abrufbar ist und die Print-Kopie ersetzt. Das öffentlich zugänglichen (3D-)Digitalisat zum „Ehrenbuch“ (BayStabi. cgm 9460) ist erreichbar online unter

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lung des genealogischen Ehrenwerkes über die spezifischen medialen Manifestationen beleuchten. Auf den Entwurfs- beziehungsweise Konstruktionscharakter des Werkes wird in der Vorrede der Endfassung812 mit Erklärung der Konzeptionsfassungen sowie Vorlagen explizit eingegangen.813 Noch heute sind in der Konzeptfassung die Durchstreichungen und Korrekturen im Arbeitsprozess ersichtlich, wie hier beispielweise die Seiten zu Jakob Fugger wie Hans Jakob Fugger und Ursula von Harnach aufzeigen (Abb. 76 und Abb. 77).

Abb. 76 und Abb. 77: Clemens Jäger, Geheimes Ehrenbuch, Konzeptfassung (1545)814

In mehreren Stufen, so der Text, konzipierte man das Werk, indem man zuerst einen allgemainen fuggerischen Stammen, einen die kognatische und agnatische Verwandtschaft – alle vnd Jede Personen, so dem Fuggerischen Namen mit Freundschaft vnd Sip-

„bavarikon.de“ der Bayerischen Staatsbibliothek: http://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-HSS00000BSB00042105?cq=FuggerEhrenbuch&p=1 (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). 812 Ab 1542/1543 wird Clemens Jäger für das „Ehrenbuch“ engagiert; ab 1545/1546 arbeitet Clemens Jäger gemeinsam mit der Breu-Werkstatt an der Prachtfassung; nach einer Unterbrechung während des Schmalkaldischen Krieges wird ab 1547 bis 1549 die Endfassung fertig gestellt. Ausführlicher hierzu: Rohmann (2004a), S. 267. 813 Siehe dazu genauer: Wunderle (2010), S. 35–37. 814 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 29v, 30r.

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schaft zugethon vnd verwandt – zusammenfassenden Generalstamm815 entwickelte; „[v]on diesem zu unterscheiden ist das eigentliche Ehrenbuch mit seiner langen Reihe der Porträts“,816 die die patrilineare Ahnenreihe repräsentieren und allain die Jhenigen, so dem fuggerischen Geschlecht vom geblut Mansstammens, Namens, vnd Sipschaft erboren, vnd souil möglich, wo jeder gewonet, was sein Stand vnd handlung gewesen, rechter Ordnung nach, mit Wappen vnd Geschriften aufnahmen; schließlich wurde dem Ehrenbuch als Beilage eine Stammtafel zugefügt, die den Mansstammen, Jnn ainen – heute verlorenen – abgesenckten Stammen, fein ordenlich gebracht hatte, und wohl exklusiv die agnatische Verwandtschaft präsentierte.817 „Diese zweite, agnatische Stammtafel und das Ehrenbuch in seiner heute vorliegenden Form bildeten zusammen das gantz fuggerische Eernwerck.“818

Abb. 78 und Abb. 79: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Jakob Fugger der Ältere und Barbara Bäsinger (1545)819

815 Die Ausführungen in der Vorrede beziehen sich explizit auf diesen Generalstamm. Sie sind darin aber kein „Zeugnis zum intentionalen Hintergrund und zur Bearbeitungsweise“ des „Ehrenbuches“ als Ganzes: Ausführlich mit Kritik an der Forschung: Rohmann (2004a), S. 39. 816 Rohmann (2004a), S. 39. 817 BayStabi. cgm 8560, fol. 5r–v. 818 Rohmann (2004a), S. 39. 819 BayStabi. cgm 9460, fol. 14v, 15r (Beschreibung bis fol. 15v).

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Ursprünglich perspektivierte man, so ist es in der Entwurfsfassung des Ehrenbuches mit Beschreibungen zum Entstehungs- und Arbeitsprozesses angedeutet, Kurzbiographien neben jedem der Portraits der männlichen Fugger als Erweiterungen der reinen Genealogie um biographische und familiengeschichtliche Nachrichten anzulegen.820 Die Endversion dagegen zeigt, dass überwiegend Portraits ohne Kurzbiographien821 – die Schriftbänder sind nur kurze Abrisse –, teilweise sogar nur noch, die einzelnen Familienmitglieder stellvertretend repräsentierende Wappen aufgenommen sind.822 Dieser Wandel ist der medialen Konzeption des Werkes förmlich eingeschrieben. Das ursprüngliche Konzept eines Aufeinanderfolgens der Einheit aus Portrait, Wappen und Schriftbändern mit längeren, erläuternden Texteinheiten  – noch bis zu Jakob Fugger dem Älteren ausgeführt (Abb. 78 und Abb. 79) – wird aufgegeben: Der längere, beschreibende Text wird soweit reduziert, bis nur noch die eigentlich als Rah­mungen für diesen gedachten Bordüren, gleichsam als Rudimente, übrig bleiben.823 Leere (Text-)Seiten stehen neben der Ahnengalerie aus Portraits, Wappen und Schriftbändern: Ab Ulrich dem Älteren und Veronika Lauginger (Abb. 80 und Abb. 81) konzentriert man sich vollends auf den Repräsentationsmodus des Portraits. „Die Symbiose aus Familienchronik und Ahnengalerie mußte […] scheitern, solange das aus der Familiengeschichtsschreibung übernommene Fortführungsgebot Bestand hatte.“824 Den Anforderungen aus der Vorrede, alle Erben vnd Nachkommen der Fugger aus den sich immer mehr verzweigenden Familienlinien aufzunehmen, konnte nicht nachgekommen werden: Die ‚Art‘ des Buches, seine eigene räumliche Begrenztheit, stand alleine schon aus Praktikabilitätsgründen diesem Unterfangen im Wege.825 Mehr konzentrierte man sich auf eine ‚Bild‘-Genealogie, die mit dem Text nicht parallel laufen konnte:826 Die Ansprüche auf Aktualisierung und Universalität überluden das Ehrenbuch; man entschied sich für die Portraits und gegen chronikale

820 Rohmann (2004a), S. 39; zu den Entwürfen generell: Ebd., v. a. S. 151–200. Ein direkter Vergleich zwischen Nürnberger Fassung und der Babenhausener Endfassung könnte hier die Veränderungen in der Konzeption genauer aufdecken. 821 „Von den ursprünglich vorgesehenen Kurzbiographien sind aber in der Endfassung nur fünf ausgeführt.“ (Wunderle [2010], S. 43) 822 „Das Fuggersche Ehrenbuch wandelte sich während seiner Entstehung vom narrativen Familienbuch zum reinen Porträtbuch.“ (Rohmann [2001], S. 268) 823 „Während des mehrjährigen Entstehungsprozesses der Handschrift verschob sich […] das Gewicht von einer zunächst starr dualen Abfolge von Bild und Text über eine Inserierung der in ihrem möglichen Umfang nun verlängerten Textbausteine an den betreffenden Orten im Fortgang der Bildreihe bis zu einer weitest gehenden Konzentration auf die Fertigstellung des Bildbestandes unter Auslassung der Texteinträge.“ (Rohmann [2001], S. 40) 824 Rohmann (2004a), S. 41. 825 Rohmann (2004a), S. 41. 826 Der Text der Familiengeschichtsschreibung läuft linear fort, kann also jeweils ‚nach hinten‘ ohne Probleme verlängert werden.

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Ausführungen. Daher auch das separate Präsentieren827 der Fuggergenealogie über die Schrift in der Fuggerchronik828 und im Bild über die Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines;829 das Ehrenbuch nimmt hier einen Art ‚Zwischen‘-Status ein.

Abb. 80 und Abb. 81: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Ulrich der Ältere Fugger und Veronika Lauginger (1545)830

Die Portraits im Ehrenbuch mit ihren kurzen Schriftbändern und Wappen831 konnten besser als längere Texteinheiten den genealogischen, aber auch materiellen Reichtum der Fugger widerspiegeln: Viele Frauen zeigen mit deutlichen Gesten auf ihre Bäuche und verweisen damit auf ihre Fertilität;832 die Männer verkörpern über kost-

827 Genauer hierzu Rohmann (2004a), S. 41. 828 Siehe die Ausführungen im vorhergehenden Gliederungspunkt unter 3.2.2 in diesem Kapitel. 829 Siehe die Studien im folgenden Gliederungspunkt unter 3.2.5 in diesem Kapitel. 830 BayStabi. cgm 9460, fol. 16r, 16v (leere Seiten mit Rahmungen bis fol. 18r). 831 „Dabei ist das Wappen gegenüber der Figur nicht etwa in rein identifizierender Funktion in die Peripherie gerückt […], sondern steht gleichwertig als Repräsentation der Person und ihres Status.“ (Rohmann [2004a], S. 42) 832 Ob wirklich „[a]lle legitim zeugungsfähigen Frauen […] als Schwangere dargestellt[, d]emgegenüber die unverheiratet gestorbenen Töchter und die Nonnen ohne die charakteristischen Bäuche gezeigt [werden]“ ist fraglich; allerdings scheint bereits der Hinweis über Gesten auf ihre Fertilität zu reichen. Siehe mit Auflistungen aller Beispiele und der Interpretation, dass die „[m]ännlich[e] Ent-

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bare Schmuckstücke833 und Kostüme Reichtum;834 die Aufnahme von zahlreichen Kindern deutet auf die Kraft des Blutes einer genealogisch ‚erfolgreichen‘ Familie hin.835 Indem im Ehrenbuch der Schwerpunkt auf der visuellen Präsentation von Ehepaarbildnissen gelegt ist, wird sozusagen der genealogische Nukleus fokussiert: Er repräsentiert die für Verwandtschaft fundamentale Allianz.836 Man zeigt in den Doppel-Portraits aus Mann und Frau quasi die Macht der Familie selbst an. Durchaus ist hier im visuellen Darstellungsmodus des Werkes über das ‚Medium‘ des Portraits statt des Textes, in den Worten Gregor Rohmanns, eine „Konzentration auf die Erstellung einer Ahnengalerie in Buchform“837 angezeigt; allerdings übersieht Rohmann, dass sich auch hier wiederum der visuelle Modus verschiebt: Die Portraits verschwinden, sie sind ab fol. 91v de facto nicht mehr vorhanden.838 Stattdessen stehen – nach dem letzten Portrait, das noch Justina Benigna Fugger zeigt (Abb. 82) – ausschließlich Wappen für die Vertreterinnen und Vertreter (siehe Abb. 83).

Abb. 82: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Friedrich von Hollnegg und Justina Benigna Fugger (1545)839

sprechung des weiblichen Bauches […] die Schamkapsel im Schoß der Männer sein [könnte]“ bei Rohmann (2004a), S. 50–51. 833 Zum Schmuck der Fugger im „Ehrenbuch“: Rohmann (2004a), v. a. S. 61–62. 834 Zu den Kleidern im „Ehrenbuch“: Rohmann (2004a), v. a. S. 54–55, 60–61. 835 Siehe hierzu besonders die Ausführungen weiter unten in diesen Studien. 836 Rohmann (2004a), S. 183; allgemein: Völker-Rasor (1993) v. a. S. 316; Hinz (1974), v. a. S. 147–155; dagegen zur physiognomischen Repräsentation im Brautbild als Mittel der Brautwerbung: Dülberg (1998), v. a. S. 126–127. 837 Rohmann (2004a), S. 118. 838 Ausnahmen sind die Portraits von BayStabi. cgm 9460, fol. 101v, 102r–v, 103v, 104r und jene der neu einsetzenden Linie (ab fol. 168r) der Fugger vom Reh: fol. 168v–174r. 839 BayStabi. cgm 9460, fol. 90r.

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Abb. 83: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Severin Fugger und Catharina von Helfenstein (1545)840

Es wirkt, als böten die Wappen weitaus besser und effizienter die Option einer raschen Fortführung des Werkes: Denn unabhängig von der ‚Vorlage‘ für ein Portrait kann am Buch über die Erstellung von Wappen weiter gearbeitet werden. Nicht nur der Text verebbt, sondern auch das Portrait. Es wird ersichtlich, dass es dem Ehrenbuch weitaus mehr um eine in der Gesamtschau des Hauses liegende symbolische Kraft ging – möglichst alle Fugger und ihre Ehepartner/innen über Text, Portrait oder Wappen aufzunehmen –, als um die Konzentration auf eine Repräsentation jedes Einzelnen.841

840 BayStabi. cgm 9460, fol. 93r. 841 Das übersieht Rohmann (2004a), v. a. S. 118, wenn er bei den Portraits einen ‚individuellen‘ Charakter auszumachen glaubt.

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3.2.4.2 Der Aufstieg der Fugger von der Lilie: Ökonomische Erfolge, genealogische Macht

Abb. 84 und Abb. 85: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Fugger von der Lilie und Fugger vom Reh (1545)842

Welche zentrale Rolle die medialen – hier visuellen – Repräsentationsmodi im Werk spielen, wird bereits im Anzeigen des Erfolges der Fugger von der Lilie zu Beginn des Ehrenbuches deutlich. Vier Heroldsbilder843 verkörpern als bildliche ‚Einleitung‘844 die Entwicklungen der Familie.845 Zwei Herolde zeigen den Doppelcharakter des Werkes an: Während der Herold, der für die Fugger von der Lilie als Grafen von Kirchberg und Weißenhorn steht,846 seinen Heroldsstab durchaus in einer Aufwärtsbewegung andeutend nach oben hält, so senkt der Herold, der die Fugger vom Reh anzeigt,847 als vom Betrachter abgewandte Figur seinen Heroldsstab nach unten. Es geht, nimmt

842 BayStabi. cgm 9460, fol. 1v (Fugger von der Lilie), fol. 4r (Fugger vom Reh). 843 Zur Gestaltung des Warenzeichens der Fugger, dem Dreizack, siehe: Wunderle (2010), S. 40–41. 844 Rohmann (2004a), S. 31. 845 BayStabi. cgm 9460, fol. 1v–8r. 846 BayStabi. cgm 9460, fol. 1v. 847 BayStabi. cgm 9460, fol. 4r.

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man die Bewegungen der Heroldsstäbe ernst, um den Aufstieg der Fugger von der Lilie und – konträr dazu – den jähen Absturz der Fugger vom Reh (Abb. 84 und Abb. 85).848

Abb. 86 und Abb. 87: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Fugger von der Lilie und Fugger vom Reh (1545)849

Untermauert wird diese Intention über zwei850 weitere Ebenen. Erstens: Die Heroldsfigur der Fugger von der Lilie steht auf einem direkt zu einem Schloss führenden Weg; die Heroldsfigur der Fugger vom Reh ist vom Schloss im Hintergrund durch einen Fluss abgeschnitten. Zweitens: Die Rehe in den Wappen der Fugger vom Reh springen jeweils direkt zum Lilienwappen beziehungsweise sind diesem zugewandt.851 Unabhängig davon, ob diese Auffälligkeiten bis in jedes Detail stimmig interpretiert werden können, fällt auf: Die Pracht der Fugger von der Lilie schlägt sich bereits

848 „In der Entwurfsfassung standen sich die beiden Heroldsbilder zudem verso und recto gegenüber, so daß ein direkter Bezug der Demutsformeln des zweiten auf das erste gegeben war.“ (Rohmann [2004a], S. 118) 849 BayStabi. cgm 9460, fol. 6rv (Reh-Wappen), fol. 6r (Lilienwappen). 850 Auch die Farben könnte man dahingehend auf einer dritten Ebene interpretieren: Während grün den Heroldsrock des Lilienwappenträgers schmückt, ziert u. a. rot den Rock des Rehwappenhalters. Vorsichtig interpretiert: Grün wohl als Farbe der Hoffnung, rot wohl als die Farbe von Verderben. Rohmann (2004a), S. 32 mit Verweis auf die Forschung und mit genauer sowie überzeugender Analyse der Farbsymbolik. 851 Detaillierter bei Rohmann (2004a), S. 32.

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im Texteingang zum Ehrenbuch nieder; die geringe Stellung der Fugger vom Reh ist ebenso angezeigt. Deutlich wird das vor allem auch in der Ausführung der Wappen: Das Lilienwappen ist fein ausgearbeitet, dem Rehwappen mangelt dagegen eher die Pracht (Abb. 86 und Abb. 87). Was hier bildlich angedeutet sein mag, ist im Text deutlich ausgesprochen, denn zu den Fuggern von der Lilie heißt es im Heroldsgedicht: Secht an das ist das Buch der Eern,/ Darinn verleibt vil Edler Herren/ Die alle dem fuggerischen Namen/ Sein zugethon vnd pracht zusamen/ Durch ainen fugger auserkoren/ Von der Lilgen wolgeboren/ Welchem vergunt hat Got die gnad/ Das ers also geordnet hat/ Auf das des fuggerisch Geschlecht/ Inn guter gedechtnus pleiben möchte.852

Dagegen wird der finanzielle Bankrott und mit ihm auch der genealogische Untergang der Fugger vom Reh bereits explizit in der Vorrede genannt: So merckt Jr herren meine wort/ Inn disem Buch am letsten Ort/ Da sein die Fugger von dem Reh/ Verleibet schon mit Jrem GEschlecht[sic!]/ Welch auch der Lilgen sein verwandt/ Mit ehrn vnd freuntschaft wol bekannt/ Jch wais nicht was Jch sagen soll/ Jm anfang stond Jr sach gantz wol/ […]/ Aber Got Jn Jr Glick umbwandt/ Das Jn Jm handel ist miszulungen/ Des traurt Jr Stam durch alt vnd Jungen/ Dargegen den von der Lilgen werdt/ Jr glick an ehrn vnd gut gemert/ Des preis Jch Jr freymilitgkait/ Die altzeit durch barmhertzigkait/ Mit hilf den meinen ist berait.853

Der auf Ehre und Demut gegründete Erfolg der Fugger von der Lilie braucht Absicherung. Das Ehrenbuch steht unter der Autorität der ins Riesenhafte dimensionierten Figur des Jesus Sirach, der die erste Seite des Werkes besetzt und „zwischen dem biblischen Auftrag zum Gedenken an die Vorfahren und dem im Titel vorgestellten Ehrenbuch“ vermittelt.854 Familiengeschichtsschreibung (Hernach volget das gehaim Eernbuch Mannstammens vnd Namens des eerlichen vnd altloblichen Fuggerschen Geschlechts. aufgericht A. 1545) und eschatologische Dimensionen von memoria (RESPICITE AD GENEARATIONES ANTI/ VAS ET VIDETE NVMQUIS SPERANS IN DO/ MINVUM, CONFVSVS AVT IN TIMORE ILLIVS/ PERMANENS DERELICTVS SIT ECCLE II.)855 sind nicht nur textuell, sondern auch visuell eng aufeinander bezogen.856 Christlich-religiöse Traditionen werden mit antik-gelehrten kurz geschlossen, wenn aus den „Paradoxa ad Brutum“ im Widmungsgedicht des ersten Heroldsbildes zitiert ist: Marcu Tullius Cicero Schreibet in seinn Paradoxis,/ wie das der Tod gantz erschro-

852 BayStabi. cgm 9460, fol.1v. 853 BayStabi. cgm 9460, fol. 4r. 854 Siehe hierzu Ausführungen bei: Rohmann (2004a), S. 68–69. 855 Der Vers stammt aus dem Buch Jesus Sirach; seit Cyprian als Liber Ecclesiasticus bezeichnet. 856 BayStabi. cgm 9460, fol. 1r.

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cken vnd gausam denen men-/ schen seye, […]/ Aber mit nichten denen, welcher lob in guter gedechtnus be-/ leibt, vnd nimer ersterben mag.857 Immer wieder hebt das Ehrenbuch heraus, dass der Aufstieg der Fugger dem  – christlich,858 auch vorchristlich859 verstandenen – göttlichen Willen geschuldet sei: „Diesem Herrscherwillen Gottes ordneten sich […] die Fugger fromm unter: Auf das wir Inn allen Eern dir O Herr, als dem waren König der eern gantz gehorsam Inn allem erfunden werden.“860 Tugend, Demut, Wohltätigkeit861 und göttlicher Wille gehören zusammen. Die Wesenseigenschaften der Fugger, so die Inszenierung,862 die auch in ihren Devisen, die stark an Kaiser Maximilian I. angelehnt sind,863 umschrieben werden, sind die Grundlage für Erfolg: Sie dienen der Legitimation der Handelstätigkeit der Fugger. Erst in dieser Doppelinszenierung kann das kaufmännische Handeln als materielle Basis des Erfolgs thematisiert werden.864

857 BayStabi. cgm 9460, fol. 4v. 858 Durch tugent vnd durch redligkait/ Vnd die mitl holdseligkait/ Hat Got die Lilgen hoch erhebt/ Das die Jetzund in eern lebt/ Vnd andern vil guts mögen thon/ Des preis Ich Got Jnn Himles Thron/ Der wirt die Lilgen nicht verlon. (BayStabi. cgm 9460, fol. 1v) 859 So die Nennung der Verse Ovids: In Speties translata nouas sic omnia/ Verti Cernimus atque alias assumere/ robora gentis. (BayStabi. cgm 9460, fol. 1v) 860 Rohmann (2004a), S. 74. 861 [O]n allenn verdienst, aus lautern gnaden vnd guete. (BayStabi. cgm 9460, fol. 1r) 862 So heißt es  – zumindest in der Entwurfsfassung für das „Ehrenbuch“, die Textseiten in der prächtigen Endfassung kamen nicht mehr zur Ausführung, sie bleiben leer – über Jakob Fugger dem Reichen: Ainer solchen gewon-/hait ist er gewesen, bey aller seiner grossen handlung, ein solchs gerings gemut/ vnd sinn gehabt,/ Das er mermalen selbs gesagt hat, wann er zu nachts schlafen/ gang, hab er gar kain hinderung des schlafs, sonder lege mit dem hemmet alle/ sorg vnd anfechtung des handels von sich […]. (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 19v) Der Verweis auf Thomas Mann, Die Buddenbrooks. Verfall einer Familie, Frankfurt a. M. 1960 (Gesammelte Werke, Bd. 1), S. 175: „[S]ey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, daß wir bey Nacht ruhig schlafen können“ auch bei Rohmann (2004a), S. 75. Allgemein zur schwierigen Datierungsfrage der Entwurfs- und Endfassung des „Ehrenbuches“ siehe die Ausführungen ebd., S. 139–150. 863 Die Devise von Jakob Fugger dem Älteren heißt im „Ehrenbuch“: Leid meid/ Halt masz (BayStabi. cgm 8560, fol. 15v); jene Hans Jakob Fuggers: Messig/ Bstendig (fol. 48r) und in seiner Ahnenprobe für sich: Got gibt/ Got nimbt sowie für seine Frau: Alles Gott/ Ergeben (fol. 7r, 7v). Die Formel Halt Maß Maximilians scheint hier aufgegriffen zu sein. 864 Die Stellen, die die geschäftlichen Maßnahmen der Fugger thematisieren bei: Rohmann (2004a), S. 75.

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Abb. 88 und Abb. 89: Breu-Werkstatt, Genealogie der Fugger, Geheimes Ehrenbuch (1545)865

Genealogischer und materieller Reichtum sind in dieser Inszenierung im Ehrenbuch gleich geschaltet, sie können vor allem auf visueller Ebene genau angezeigt werden.866 Der ‚Reichtum‘ an Kindern, die dem Vorbild ihrer Vorfahren folgen sollen,867 schlägt immer wieder durch, wenn diese neben ihren Eltern ausgestellt sind. So sind die Söhne, Michael, Peter und Hans Fugger gezeigt (Abb. 89), die von Andreas dem Reichen und Barbara Stammler, die in einem eigenen zugeordneten Portrait (Abb. 88) zu sehen sind, abstammen.868 Die Portraits der Kinder verkörpern den genealogischen ‚Erfolg‘.869

865 BayStabi. cgm 9460, fol. 13v (Andreas der Reiche und Barbara Stammler), fol. 14r (Michael, Peter und Hans Fugger). 866 BayStabi. cgm 9460, fol. 11r (Ulrich Fugger und Radigunda Mundsam), fol. 12v (die Söhne Ulrich Fuggers). 867 Auch allen meinen Erben vnnd Nachkommen Zu ainem Spiegel, Exempel vnnd anraitzung aller redligkait, eern vnd guten tugenden. (BayStabi. cgm 9460, fol. 5r) 868 BayStabi. cgm 8560, fol. 13r–14r. 869 Ein weiteres Beispiel wären die Söhne Ulrich Fuggers des Älteren: BayStabi. cgm 8560, fol. 12v.

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Direkt in die Materialität des Ehrenbuches ist der ‚wirtschaftliche‘ Reichtum der Fugger eingearbeitet. Die kostbare Illuminierung sowie die reich ausgeschmückten Bordüren fallen besonders auf.870 Sie sind Rahmungen der Texte, verleihen dem Werk eine besondere Aura der Exorbitanz. Die Bordüren der Texte – in der Forschung bisher nicht interpretiert871 – symbolisieren die genealogische, aber auch ökonomische Potenz der Kaufmannsfamilie: Pfauen872 – Zeichen für die Unverwesbarkeit des Fleisches  –, Pelikane/Störche873  – Zeichen der Wachsamkeit, aber auch der Liebe Christi  –, Symbole von Fruchtbarkeit und ebenso vanitas-Allegorien,874 erotische Szenen,875 eine Reihe an Jagdbildern,876 biblische und hagiographische Motive877 und nicht zuletzt antike Mythologien878 rahmen ein machtvolles ‚Geschlecht‘ ein, so die Intention der Inszenierung. Zu sehen sind hier in Ausschnitten der Bordüren (Abb. 90 bis Abb. 97): Die Schöpfungsgeschichte beziehungsweise der Garten Eden; der Sündenfall; Kain und Abel; die Arche Noah; der Untergang von Sodom und Gomorrha sowie Lots Töchter täuschen ihren Vater; Abraham will Isaak opfern; der Tod Kleopatras und das Paris-Urteil.

870 Nur allgemeine Analyseschritte zu den Rahmungen unternehmen: Pfändtner (2010), S. 47–66; Rohmann (2004a), dort v. a. 5. Kapitel: „Die Bordüren der Textseiten“, S. 101–117. Auf die Wappenmedaillons wäre gesondert einzugehen: Seelig (2010), S. 67–70. 871 Ausnahmen wie oben skizziert. 872 BayStabi. cgm 9460, fol. 16v, 24v, 103r. Vgl. zum ‚unverweslichen‘ Pfauenfleisch in den Inszenierungen der Habsburger die Ausführungen bei Zimmermann (2011), S. 365–388. 873 BayStabi. cgm 9460, fol. 20v, 21v. Zur Interpretation siehe genauer Rohmann (2004a), S. 103. 874 Siehe die Aufstellung bei Rohmann (2004a), S. 103. 875 Zahlreiche Satyrn- oder Faungestalten zeigen ihre (beeindruckenden) Sexualorgane vor: BayStabi. cgm 9460, fol. 17v, 21v–22r, 26v–27r, 33v, 38v, 41r, 43v, 46r, 47r, 53r, 66r, 68v, 83v, 86v, 171r. 876 Wer zur Jagd legitimiert ist, hat Macht: Von Fuchsjagd mit Hunden über Hirschjagd mit der ‚Büchse‘ bis hin zur Vogeljagd mit Netzen sind zahlreiche Formen aufgenommen. (BayStabi. cgm 9460, fol. 2r, 4v, 5r, 5v, 10v, 11v, 12r, 15r, 15, 18r, 20v, 22r, 38r, 58r) 877 Beispielsweise allgemein: St. Georg der Drachentöter; die Bekehrung des Paulus; Jona und der Walfisch. (BayStabi. cgm 9460, fol. 17, 33v, 35r, 81v, 86r) Spezifisch aus Genesis: Schöpfungsgeschichte; Kain und Abel; Arche Noah; Turmbau zu Babel. (BayStabi. cgm 9460, fol. 48r, 52r, 52v, 63v) Aus Exodus: Die Plagen; der Zug durch das rote Meer; Moses und die Eherne Schlange. (BayStabi. cgm 9460, fol. 80r, 80v, 84r, 87r, 169r) Herkommen der Familie und Herkommen der Menschheit sind hier aufeinander bezogen. Detaillierte Analysen bei Rohmann (2004a), S. 109–112. 878 So beispielsweise: Tod der Kleopatra; Laokoon und seine Söhne; Aristoteles und Phyllis; das Paris-Urteil. (BayStabi. cgm 9460, fol.43r, 50r, 65r, 83r) Analysen bei: Rohmann (2004a), S. 112–114. Fraglich die Deutung von Rohmann, wenn er in den Rahmungen Anspielungen auf historische Ereignisse der Fugger vermutet; eher ist hier wohl ganz allgemein die Macht der Fugger repräsentiert. (Ebd., v. a. S. 114)

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Abb. 90, Abb. 91, Abb. 92, Abb. 93, Abb. 94, Abb. 95, Abb. 96 und Abb. 97: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Bordüren (1545)879

Indem man eine Reihe an Textseiten sieht, die nur die Bordüren enthalten, der Inhalt der Seiten dagegen leer blieb, wie bereits erstmalig im Ehrenbuch nach den Portraits von Ulrich Fugger und Veronica Laugingern, dort ist beispielsweise St. Georg der Drachentöter aufgenommen (Abb. 98), sind auch Rekonstruktionen der Arbeitsabläufe in der Erstellung des Werkes möglich: Die Bordüren und Textentwürfe wurden unabhängig voneinander angelegt.

879 BayStabi. cgm 9460, fol. 48r, 49v, 52r, 52v, 60v, 61r, 43r, 83r.

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Abb. 98: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Bordüren (1545)880

In der Prachtfassung kam es zwar an vielen Stellen zur Ausführung der Bordüren, doch nicht mehr zur Einarbeitung der Texte. Anderseits wiederum enthält die Konzeptfassung zwar den Text, aber noch keine Bordüren, deren aufwändige Produktion sich ja erst für die Prachtfassung rentierte; unten ist beispielsweise die Konzeptfassung des Ehrenbuchs für Jakob Fugger und Sibylla Artzt gezeigt (Abb. 99). In diesem Herstellungsprozesses des Ehrenbuchs ist kein direkter Bezug zwischen Bordürenbild und Textinhalt möglich. Bild und Text lösen sich voneinander, die Bordüren sind Illustrationen für den Text, keine Wiederspiegelung der Textinhalte.881

880 BayStabi. cgm 9460, fol. 17v. 881 „Diese Auflösung der Beziehung von Bild und Text (als Illustration) entspricht nun ganz dem Trend in der zeitgenössischen Buchmalerei.“ (Rohmann [2004a], S. 101 mit Bezug auf Kunze [1993])

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Abb. 99: Clemens Jäger, Geheimes Ehrenbuch, Konzeptfassung (1545)882

Die Illustrationen der Bordüren greifen auf Bildmuster zurück, die ‚allgemein‘ genutzt werden.883 Doch heißt dies nicht, dass die Bordüren ‚nur‘ eine Art dekorative Funktion hätten. Vielmehr sind in die oberen und unteren Leisten der Rahmungen, teilweise auch in den seitlichen links und rechts, Szenen präsentiert, die bereits eigenständig Aussagen treffen: Die vielen Jagdszenen untermauern, dass die Fugger ein ‚herrschaftliches‘ Geschlecht sind, sie sind Ausweis für das Prestige der Fugger.884 Eine Reihe an Monatsbildern deutet das Werden und Vergehen im Jahresablauf an, verweist zugleich auf die Fruchtbarkeit in der Natur (Abb. 100 und Abb. 101).885

882 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 19r. 883 Rohmann (2004a), S. 100–101. 884 Dass die Jagdszenen allegorisch auch auf das Themenfeld von Minne und Sexualität verweisen und so in gewisser Weise die Macht der Fugger auch im erotischen Feld untermauern, interpretiert Rohmann (2004a), S. 105. 885 Rohmann (2004a), S. 108.

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Abb. 100 und 101: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Bordüren (1545)886

Besonders zahlreich sind Szenen mit biblischen und hagiographischen Motiven,887 zentral jene Ereignisse aus Genesis und Exodus, die das Ehrenbuch in den Bordüren präsentiert: Mit der alttestamentarischen Darstellung der Schöpfungsgeschichte korrespondiert sozusagen der Rahmen, hier Erschaffung der gesamten Menschheit, mit dem Inhalt des Buches, das Herkommen und die genealogische Kontinuität der Handelsgesellschaft der Fugger.888 In dieser Rahmung steht die Familiengeschichte im Kontext des Ursprungs der gesamten Welt.889 Welche zentrale Rolle Gewalt in Gründungsgeschichten spielt, zeigt dabei der Brudermord des Kain an Abel.890 Schließlich wird auf Demut und die Abgrenzung gegenüber superbia mit der Darstellung des Turmbaus zu Babel rekurriert.891 Die Szenen, die in den Bordüren auf antike Mythen verweisen, stehen ebenfalls im Kontext von Gründung, zugleich auch von Ehre: Motive aus Ovids Metamorphosen, aus Livius und der Aeneis werden gezeigt.892 Der Reichtum aus alttestamentarischen wie antiken Szenen untermalt mit den Bordüren

886 BayStabi. cgm 9460, fol. 20v, 41r. 887 Die Bekehrung des Paulus; das Martyrium des Hl. Edmund; Jona und der Walfisch: BayStabi. cgm 9460, fol. 33v, 35r, 86r. 888 Schöpfungsgeschichte/Der Garten Eden: BayStabi. cgm 9460, fol. 48r; siehe auch die Beschreibung bei Rohmann (2004a), S. 110. 889 Rohmann (2004a), S. 117. 890 BayStabi. cgm 9460, fol. 52r. 891 BayStabi. cgm 9460, fol. 63v. 892 So Daphne, die sich in einen Lorbeerbaum verwandelt; Pyramus und Thisbe; das Paris-Urteil: BayStabi. cgm 9460, fol. 43v, 56r, 83r.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

die Position einer demütigen, wie zugleich äußerst mächtigen Familie (Abb. 102 und Abb. 103).893

Abb. 102 und Abb. 103: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Bordüren (1545)894

Als Buch der fuggerschen Ehren verzeichnet das Werk die gemeinnützigen und tugendhaften Eigenschaften der Familienmitglieder, die in der Vorstellung vom gemeinsamen Blut repräsentiert sind.895 Dabei kommt der visuellen Darstellung in den Portraits neben den Bordüren eine besondere Rolle zu: Die schönen Körper der Fugger spiegeln die ihnen über gemeinsames Blut innewohnende Tugend wider und legitimieren so ihren gesellschaftlichen Aufstieg.896 Über Ulrich Fugger heißt es: Ein schöner, starcker, volgeprufter Personierter Herr, doch nicht vberiger lenge, ist diser Vlrich Fugger gewesen, ein dick toschet har, das Jm alter gantz weis worden, hat er gehabt; und von Jakob Fugger dem Reichen berichtet das Werk als [e]iner schönen langen vnd vast lustigen Person, starck von leib vnd gemuet.897 Innere und äußere Perfektion harmonieren. Das alles deutet auf die gesellschaftliche und nicht zuletzt poli-

893 Zu ergänzen wären die vielen Kinderspiele und Puttenscherze (BayStabi. cgm 9460, fol. 17r, 25r, 25v, 26r, 26v, 36r, 42r, 42v, 53v, 58v, 68r, 68v); Turnierszenen (fol. 33r); Schlittenfahrten (fol. 49r); Szenen aus dem legendarischen wie literarischen Kontext, wie das Meerwunder (fol. 81r) oder der Herzog Ernst (fol. 16v). 894 BayStabi. cgm 9460, fol. 63v, 56r. 895 „Die Erinnerung an die Tugend der Vorfahren bestimmt das Verhalten der Gegenwärtigen und damit ihren Status und den der Zukünftigen.“ (Rohmann [2004a], S. 73) 896 Rohmann (2004a), S. 72. 897 So die Beschreibungen in der Vorlage, die nicht mehr auf die leeren Textseiten der Endfassung übertragen worden sind: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 15r, 28r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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tische Qualität einer für Macht bestimmten Familie hin.898 Schließlich konzentriert man sich auf die Repräsentation der Adligkeit der Fugger, wenn ihr Nahverhältnis zum Kaiser explizit als finanzieller Herrscherdienst genannt ist899 und ein langsamer, aus einfachen Verhältnissen900 bis hin zur Nobilitierung inszenierter Aufstieg in den Adel gezeigt wird: Dieser Adel – darauf liegt der Schwerpunkt der Inszenierung – wird von den Fuggern nicht aktiv gesucht, sondern im Gegenteil, sie werden durch den Kaiser bitlich angesucht,901 den Adelstitel anzunehmen. Ihre bescheidenen Wesenseigenschaften machen sie – auch in diesem Kontext – für die Standes- und Statuserhebung würdig:902 Ehre ist das Fundament für den Erfolg ihrer Geschichte. 3.2.4.3 Der Untergang der Fugger vom Reh: Bankrott des Geldes, Vertrocknen des Blutes Neben den Fuggern von der Lilie ist in einem zweiten Teil des Ehrenbuches auch die Linie der Fugger vom Reh aufgenommen. Eine eigene Vorrede leitet mit den Worten ein: Hernach volget das ander tail/ dises Fuggerschen Eernbuchs,/ welches tail des Fuggerisch Ge-/ schlecht von dem Rech Mansz/ Stammens vnd Namens in gu-/ter Ordnungn Jnn sich hellt./ 1545.903 Stellt das Ehrenbuch die Fugger vom Reh als selbstverständ­ lichen tail des Fuggerisch Geschlecht[s] aus, so ist auch ihr Untergang explizit genannt,

898 Ausgespart sind alle Aspekte in der Geschichte des Hauses, die der Kritik des Geldes in irgendeiner Weise Vorschub leisten könnten – so bspw. das Engagement in Rom oder die Debatten um Zins und Zinsverbot. 899 Das Verhältnis zwischen Jakob Fugger und dem Kaiser ist genannt: Der Römisch König vnnd theuer Held Maximilianus hochloblicher gedechtnus, sambt andern fuersten vnd hohen Potentaten, Haben Jn vmb seiner freuntlichen hilff vnd holdselig erbieten, treffenlich seer geliebet, Dardruch nicht allein Er, Sonder der gantz fugggerisch nam vnd handel in ein hohe Reputation vnd Reichtumb geraten, Also das Sie hiernacher vilen Königen, fuersten vnd Herren Jnen zu hohen Eern vnd nutz raichende merckliche hilff vnnd furstreckung bewisen haben. (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 19r) 900 Es hat aus alten der Stat Augspurg Steur vnnd Burger Buecher, nicht clarer bericht, woher der erst fugger Hans genant, burtig gewesen sey, vernomen werden mögen, dann Er das Burgerrecht nicht erkauft, Sonder Eelichenn erheurat hat. (BayStabi. cgm 9460, fol. 10r) 901 Erst bei Raymund Fugger ist die Nobilitierung genannt: Vnd nachdem er, als ein Kaiserlicher vnd Königclicher Ratz, zu offtermalen von vilen hohen Potentaten, das er sich sambt dem fuggerischen Geschlecht von der Lilien, adlen lassen solt, bitlich angesucht worden, Hat er doch uletst bewilligt, Darauf Jn dann die Kay. mt. Carolus V. nachdem Er, sein bruder anthon vnd Vetter Jheronimus mit Graffschafften sambt andern Herrschafften reichlich versehen gewsen, Jn ansehung seines redlichen vnnd freuntlichen gemuets vnd tugend, sambt allen herren fuggern der Zeit im leben, auch Jre Erben vnd Erbens Erben, in ewig Zeit, herliehen mit allen Gräflichen vnd Adels Titulen, Eern vnd wirden, datzu mit ainem quartierten Schilt vnd Wappen, als es die Herren Fugger der Zeit noch fieren, gantz gnedig vnd miltigclichen gezieret, begabet vnd versehen hat. (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731, fol. 27r) 902 Rohmann (2004a), S. 76. 903 BayStabi. cgm 8560, fol. 186r.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

er wird als erklärbar ausgegeben.904 Dabei spielen Naturalisierungen im Sinne genealogischer Potenz auf der einen Seite, zum anderen die (Wesens-)Art der Kaufmänner auf der anderen Seite eine tragende Rolle. Der Fokus im Werk scheint zunächst darin zu liegen, auch die genealogische wie ökonomische Kraft in der Linie der Fugger vom Reh herauszuheben, sie derjenigen der Fugger von der Lilie mindestens gleichzustellen – auch wenn dies eben nicht dem historischen Kern entspricht:905 Sie haben, wie jene, genealogischen und zugleich kaufmännischen Erfolg, so die Inszenierung im Ehrenbuch. Über Lukas Fugger als herausragenden Vertreter der Fugger vom Reh schreibt das Ehrenbuch: Herr Lucas Fugger, Andreas Fuggers Eelicher Sone, welcher/ zway Eeweiber, ein Doningerin, vnd ein Contzelmeinnin, Zu der Ee/ gehabt, vnd mit Inen baiden etlich vil kinder eelichen vberkomen vnd ertzeuget hat, wie Sie dann hernach gesehen werden. // Diser Lucas Fugger hat einen gewaltigen handel […]/ […] geubt vnd gehalten […].906

Die ökonomische Macht der Fugger vom Reh übertrifft sogar noch jene der Fugger von der Lilie, wenn es heißt, dass sie als die Reichisten fugger von menigclich beschrait vnd berueft gewesen seien: Sie gewinnen schneller Erfolg als die langsam und doch kon­ tinuierlich aufsteigenden Fugger von der Lilie.907 Sobald man auf die ‚Sollbruchstelle‘ der Familienlinie der Fugger vom Reh zu sprechen kommt, steigert man dadurch die Fallhöhe: Der Untergang der Fugger vom Reh ist im Text als explizit singulärer, außergewöhnlich spektakulärer finanzieller vnfall markiert, den Lukas Fugger weder vorhersehen konnte noch welchem er hätte entgegenwirken können. Ein gar Schwerer vnfall, ist Zu letst auf Jn gewachsen, Er hatte der Stat/ Leuen in Braband, in dreyen Posten, Zehentaustent zwaihundert Neuvnd-/ viertzig guldin, vnd dreitzehen Stiber, auf gnugsame verschreibung, Jn wel-/cher Burgermaister, Rat vnd Gemaind, sambt aller Jrer Rent, Zins, Vngellt,/ vnd einkomen, auch allen freihaiten, Recht, vnd gerechtigkaiten verleibt/ auch die Herren des Rats

904 Umso erstaunlicher, dass sich die – ohnehin marginale – Forschung zum „Ehrenbuch“ mit diesen Passagen bisher noch gar nicht auseinandergesetzt hat. Weitere Studien wären hier dringend notwendig; die folgenden Überlegungen geben Perspektiven. Zu randständig bleibt Rohmann (2004a), S. 91–100: „Die bloße Existenz der Fugger vom Reh mußte für die spezifische Legitimationsstrategie des Ehrenbuches einen Schwachpunkt darstellen: Setzte der Aufstieg auf den gradus nobilitatis des Tugendadels doch voraus, dass die adlige Qualität bereits in den Vorfahren, und damit auch in den zeitgenössischen Verwandten, angelegt war. Die Dekadenz der Fugger vom Reh mußte also genealogisch möglichst weit entfernt von der Deszendenz der Fugger von der Lilie eingesetzt haben, nicht schon bei dem älteren Bruder des eigenen Stammvaters, sondern erst bei dessen Kindern.“ (Ebd., S. 93) 905 Das widerspricht aktuellen Studien, die herausarbeiten konnten, dass die Fugger von der Lilie schon frühzeitig erfolgreicher waren als die Fugger vom Reh; so bspw. die Studien von Fugger Mari./ Fugger Mark. (2007). 906 BayStabi. cgm 8560, fol. 171r. 907 BayStabi. cgm 8560, fol. 171r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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mit Namen benant, vnd Sechsvndzwaintzig reich/ Burger dartzu zeburgen gesetzt, auf Jnteresse furgestreckt vnd gelihen,/ Er mochte aber onangesehen seiner brief vnd Sigil, in langen vnd vil/ Jahren, kain bezalung von Jnen bekommen, Vnd als er durch vil muhe,/ arbait vnd vnkosten, Jn acht Jar, durch Zwing und Peen, nicht erlan-/gen kunde, Jst die sach zu letst, an das Kaiserliche Chamergericht gewachsn,/ daran die Sach so lang gehangen, das schier noch halb voil darauf gangn/ ist, vnd gar wenig hauptguts daran erlangt hat. Diese handlung/ hat vast zu seinem abnemen gedienet.908

In dieser Erklärung des Bankrotts der Fugger vom Reh umgeht man Gründe, die diesen Untergang in eine Verbindung zu den Fuggern von der Linie bringen könnten. Die Fugger vom Reh sind ab dem Zeitpunkt ihres Misserfolg, ihres Bankrotts als abgesondert markiert. Der vnfall setzt sich im Haus vom Vater auf den Sohn und sogar auf den Enkel fort, stört die genealogische Kraft der Familie und führt zum ökono­mischen erloschen vnd verdorbenn. Der Terminus [a]us disem allem im Text zeigt an, wie eng genealogische und ökonomische Macht zusammenliegen. Nach Lukas Fuggers absterbenn/ sein Son auch Lucas genant, so ein Riderlin Zu der Ee gehabt, hernacher/ auch in dergleichen vnfaell gefallen, Vnd Zudem, das Jme etlich zu vast/ zugesetzt, vnd nach seinem verderben getrachtet, vnd auch sein Sone Ma-/ theus fugger in dem Gartsee ertruncken, Aus disem allem, ist dieser/ Fuggerisch handel von dem Rech, schier gar erloschen vnd verdorbenn,/ vnd habent die kinder hernach handwercker lernen muessen […].909

Ersichtlich werden diese Inszenierungen neben dem Text vor allem auch im Bild. Nach 21 Portraits910 bricht die ‚Körper‘-Schau der Fugger vom Reh jäh ab: Es folgen ausschließlich vollständig911 oder im Konzeptstatus912 belassene Wappen oder Allianzwappen – ohne Porträts und Schriftbänder913 –, die für die einzelnen Vertreterrinnen und Vertreter aus dem Hause der Fugger vom Reh sowie ihrer Ehepartner/-innen stehen. Nun könnte man konstatieren, dass mit dem Wechsel von Portrait- in Wappendarstellung an Aufwand in der Herstellung des Werkes gespart werden soll.914 Allerdings fällt auf, dass der Wechsel vom Portrait zum Wappen im zweiten Teil des Ehrenbuches erst mit den Beschreibungen des Bankrotts der Fugger vom Reh einsetzt.915 Während darauf hingewiesen wird, die letzten erfolgreichen Vertreterinnen

908 BayStabi. cgm 8560, fol. 171r–v. 909 BayStabi. cgm 9460, fol. 171r. 910 BayStabi. cgm 9460, fol. 168v, 196v, 170r, 170v, 171v, 172r, 172v, 173r, 173v, 174r. 911 BayStabi. cgm 9460, ab fol. 174v–211r. 912 Die leer gelassenen Wappen stehen ‚bereit‘ für die Eintragung der weiteren Eheverbindungen: BayStabi. cgm 9460, fol. 181r, 182r, 186v, 191r–v, 195v, 199r, 200r–v, 201r, 203r–v,204r–209v, 210v–211r. 913 Rohmann (2004a), S. 273. 914 Zumindest fällt bei Rohmann (2004a), S. 273 auf, dass er diesen Wechsel eher in den Kontext seiner bisherigen Interpretationen stellt, anstatt genauer auf seine Spezifika einzugehen. 915 Nach der Schilderung des Zusammenbruchs, BayStabi. cgm 9460, fol. 171r, der mit dem Portrait Lucas Fuggers verbunden ist, folgen noch 13 Portraits, die allerdings zur dritten Linie zu zählen sind, so dass nach dem Bankrott mit der vierten Linie (BayStabi. cgm 9460, fol. 174v) die Wappendarstellungen einsetzen.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

und Vertreter der Fugger vom Reh seien in ihrer ‚natürlichen‘ Gestalt gezeigt (Abb. 104 bis Abb. 107),916 sind ihre Nachfahren, die hernach handwercker lernen muessen, nach dem Zusammenbruch des Hauses nur noch via Wappen aufgenommen (Abb. 108 und Abb. 109).917

Abb. 104, Abb. 105, Abb. 106 und Abb. 107: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Fugger vom Reh (1545)918

916 BayStabi. cgm 9460, fol. 168v–174r. 917 BayStabi. cgm 9460, fol. 174v–211r. 918 BayStabi. cgm 9460, fol. 168v (Andreas der Reiche und Barbara Stammler), fol. 170r (Thoman Grander und Barbara Fugger); fol. 174r (Georg Roggenburger und Felicitas Fugger); fol. 174v (Lukas der

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Das Zeigen der ‚natürlichen‘ Gestalten vom Reh spiegelt – noch – den geschäftlichen und gleichzeitig genealogischen Erfolg des Hauses wider: Solange das Geld fließt, fließt auch das Blut. Das zeigt sich bis zur dritten Linie der Fugger vom Reh, wenn die Körper der Eltern und ihrer Kinder über ihre jeweiligen Portraits und Wappen ins Ehrenbuch mitaufgenommen sind.919 Kaufmännische Potenz ist mit Zeugungskraft kurz geschlossen, wie der Text beispielhaft erläutert: Herr Thoman Grander, Burger vnnd/ ein gwaltiger Kaufman zu Augspurg,/ hat etliche kinder mit fraw Barbara/ fuggerin Eelichenn ertzeuget.920 Dagegen deuten die allein stehenden Wappen,921 die nur noch schematisch die dem Bankrott nachfolgenden Fuggerinnen und Fugger vom Reh ab der vierten Linie präsentieren,922 Bedeutungslosigkeit an.923

Abb. 108 und Abb. 109: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch, Fugger vom Reh (1545)924

Jüngere Fugger und Justina Ridler). 919 Zusätzlich tritt Anna Fugger auf, die als Junckfraw dargestellt ist, die gaistlich worden, vnd in dem Closter zu dem/ dem Holtz Benedicter Ordens Conuentualis gewesenn,/ hat auch Ir leben darinn geendet. (BayStabi. cgm 9460, fol. 169v) 920 BayStabi. cgm 9460, fol. 170r. 921 Im Vergleich zu den Wappendarstellungen bei den Fuggern von der Lilie fällt hier die Schlichtheit, man könnte auch sagen, die ‚Armut‘ an Glanz auf. 922 BayStabi. cgm 9460, fol. 174v. 923 Zusätzlich sind nur noch kurze Namensbeschreibungen aufgenommen; ausführlichere Beschreibungen sind ausgespart. 924 BayStabi. cgm 9460, fol. 191r (Gabriel Fugger), fol. 210r (Susanna Fugger).

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Das Blut der Fugger von der Lilie versiegt mit ihrer ökonomischen Armut, wenn es nicht mehr in den bildlich angezeigten Körpern – vor allem in den bisher als fruchtbar markierten Frauenkörpern925 – fließen kann. Die Vertreterinnen und Vertreter der Fugger vom Reh werden nach dem Bankrott ihres Hauses nur noch durch die Schrift über den Wappen namentlich genannt, ihre Körper sind ausgespart – und selbst bei der Schrift spart man an Aufwand, wenn sich die ‚Texte‘ der Schriftbänder immer mehr verkürzen, schließlich nur noch Rudimentcharakter besitzen. Indem die genealogische Kraft des Hauses wie verdrängt wirkt, weist dies in umgekehrter Schlussfolgerung umso mehr auf ihren exzeptionellen Charakter als Begründungsfigur in (erfolgreichen) Machtbereichen hin. Zur vollen Geltung kann sie im zweiten Buch des Ehrenbuches erst wieder mit den Schilderungen über die erfolgreichen Fugger von der Lilie kommen, die ihre karitative Wesensart in der Situation des Bankrotts der Fugger vom Reh zeigen: Sie helfen den verarmten Fuggern vom Reh wie beispielsweise der Magdalena Fugger, die vil/ hilf vnd gutthat von den Fuggerischn/ von der Lilienn empfangenn.926 Die als gut markierten Wesenseigen­schaften der Fugger von der Lilie sind Grundlage für das ehrenhafte Verhalten. Die Formel des Ehrenbuches könnte man zusammenfassend auf den Nenner bringen: Erfolg (der Fugger von der Lilie) ist angesichts ihrer Tugendeigenschaften und ihres Geblüts natürlich, Scheitern (der Fugger vom Reh) ist geradezu ‚widernatürlich‘. 3.2.4.4 Das Ehrenwerk zwischen Text und Bild Das Ehrenbuch der Fugger zeigt darüber hinaus auch, das wurde immer wieder ersichtlich, welch enorme Rolle Medien, ihre generelle Wahl ebenso wie die Darstellungsmodi in Text und Bild spielen. Es kommt dabei auf die Lesbarkeit und Anschaulichkeit in der medialen Repräsentation an. Wie und warum man in der Konzeption des Ehrenbuches von der schriftlichen hin zur visuellen Repräsentation überging, sollte in den bisherigen Analysen deutlich werden. Das Ehrenbuch nimmt einen gewissen Zwischenstatus im Hinblick auf Fuggerchronik und Habsburgisches Ehrenwerk, die hauptsächlich beziehungsweise vorwiegend textuell arbeiten, sowie im Hinblick auf die Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines ein, welches ausschließlich auf visuelle Repräsentation setzt. Die Macht des adligen Handelshauses wird in Text und Bild wiedergegeben. Während das Bild in seinen spezifischen Funktionen besonderem Aufwand in der Herstellung bedarf, kann der Text schneller entworfen, ergänzt und fortgeführt werden. Dennoch entschied man sich im Ehrenbuch zunächst für eine Darstellungsform im Bild, anstatt im Text: Prächtig illuminierte Portraits und fein ausgeführte Wappen

925 Darauf weist Rohmann (2004a), S. 267 für die Portraits der Fugger hin, wenn der Bauch der einzelnen Frauen „durch die ins Hohlkreuz fallende Körperhaltung betont“ ist. 926 BayStabi. cgm 9460, fol. 177r.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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werden gezeigt, ein begleitender Text zu den einzelnen Familienmitglieder fehlt in der Prachtfassung teilweise fast vollständig. Allerdings deutet die Unvollendetheit, der abrupte Abbruch des Werkes auch darauf hin, dass die Entscheidung für das Bild anstatt des Textes, auf lange Frist gesehen, fehl schlug:927 Anstatt des Ehrenbuchs wurde die Fuggerchronik akribisch von Generation zu Generation weitergeführt  – das zeigt die hohe Anzahl ihrer Handschriftenüberlieferung bereits rein quantitativ im Vergleich zum unikal überlieferten Eherenbuch deutlich an. In der Linearität des Textes können die weit verzweigten genealogischen Sukzessionslinien besser eingefangen werden als im Bild. Auf der anderen Seite kann das Bild den Reichtum der Fugger deutlicher präsentieren, als es der Text vermag: Die prächtigen Farben, die Einarbeitung von kost­ baren Materialien, die feinen, geradezu überladenen Bordüren signalisieren bereits auf einen Blick, was der Text erst nach und nach beschreiben müsste, ohne die Macht der Fugger je ‚genau‘ einfangen zu können. Die Leistung des Bildes liegt also in der schillernden Präsentation der zahlreichen Familienmitglieder, der genealogischen Macht und ihrer kostbaren Kleider. Hier übersteigt das Ehrenwerk der Fugger bei Weitem den Prunk beispielsweise der Ehrenwerke Kaiser Maximilians I., dessen Fürstliche Chronik, Zaiger, auch Ehrenpforte oder Triumphzug nicht an das Ehrenbuch der Fugger heranreichen.

3.2.5 Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines 3.2.5.1 Überblick zum Werk Zu einer vollständigen Veränderung im Text-Bild-Verhältnis, weg von der Schrift und hin zur ‚reinen‘ visuellen Repräsentation, kommt es in den Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines der Fugger mit Ausgang des 16. Jahrhunderts. Ähnlich dem Ehrenbuch der Fugger wird in Portraits die genealogische Kraft der Familie repräsentiert, wobei die Wahl für das Medium des Kupferstichs zentrale Änderungen mit sich bringt. Über die in der Stadt Augsburg spät erfolgte Einführung des Kupferstiches in Buchillustrationen ließen sich Anforderungen,928 wie die Vervielfältigung einzelner Portraitstiche oder die Aufnahme einer großen Anzahl von Einzelportraitstichen, in ein auf Serie angelegtes Werk umsetzen. Die Erhöhung der Auflagenstärke führte des Weiteren zur intensiveren Verbreitung innerhalb der Familie, ähnlich der vielen Versionen der Fuggerchronik, und zugleich bei nicht verwandten Rezipienten. Die Fugger inszenierten die Kraft ihres ‚Geschlechts‘ über eine Art ‚Bilderbuch‘: Dieses repräsentiert

927 „Der Ausfall der narrativen Komponenten führte so in der Tendenz zu einer Verengung des ‚Herkommens‘ auf eine [Art] Dynastiegeschichte, zu einer Reduktion der Erfolgsgeschichte der Fugger auf den sukzessiven Aufstieg der Leiter der Ständeordnung.“ (Rohmann [2004a], S. 80) 928 Zäh (2010), S. 115.

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ausschließlich über das Bild die Genealogie der Familie.929 Umso mehr erstaunt es, dass sich die Forschung mit den Kupferstichfolgen der Fugger im 15. und 16. Jahrhundert nur randständig auseinandergesetzt hat – die folgenden Studien analysieren das Material im Kontext der Machtrepräsentation der Fugger.930

Abb. 110 und Abb. 111: Andreas Gessner, Holzschnitt von Kaiser Hadrian und Karl dem Großen in „Imperatorum Romanorum … imagines“ (1559)931

Graphische Bildnisfolgen traten im Alten Reich ab 1500 immer stärker mit Rückgriff auf antike Persönlichkeiten in Erscheinung: Sie präsentierten zunächst vor allem römische Kaiser und so genannte ‚berühmte Männer‘. Nach den 1517 entstandenen Illustrium imagines des Andrea Fulvio – das als erstes Werk dieser neuen Form der Repräsentation gilt und sich an antiken Münzen orientierte sowie Profilbilder in kreisförmigen Rahmen zeigt –, übertrug man Mitte des 16. Jahrhunderts die Form des „geschnittenen oder gestochenen Bildnis-Tondos […] auf nachantike und zeitgenös-

929 Zu den Anfängen des Kupferstiches in Augsburg siehe v. a. Zäh (2010), S. 115–116. 930 Eine Ausnahme bildet der Ausstellungskatalog der Bayerischen Staatsbibliothek im Rahmen der Erwerbung des „Ehrenbuches“ der Fugger (BayStabi. cgm 9460) und der „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ (BayStabi. cod. icon. 380), denen sich die folgenden Studien eng anschließen: Fabien (2010). 931 BayStabi. Rar. 2056, Bl. 15r und Bl. 82r.

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sische Herrscher […], so etwa in Stradas Epitome thesauri antiquitatum […] und Gessners Imperatorum Romanorum … imagines.“932 118 Blätter bieten kurze Biographien zusammen mit Illustrationen im Holzschnitt, wie hier zu Kaiser Hadrian und Kaiser Karl dem Großen angezeigt ist (Abb. 110, Abb. 111). Zu sehen sind in der antiken Reihe römische wie oströmische Kaiser ab Julius Caesar bis Konstantin, von Konstantin bis Karl dem Großen, die Reihe der Imperatores Germanis umfasst die Kaiser bis Karl V.933 Besonders die Habsburger des 16. Jahrhunderts, allen voran Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, instrumentalisierten Bildnisfolgen und Portraitsammlungen auch im Medium des Kupferstichs für ihre genealogischen Projekte.934 In ihrem Kontext steht der überwiegende Teil der Bildnisse, zu denen neben gemalten Stammbäumen das fünfbändige Kupferstichwerk Imagines gentis Austriacae von Francesco Terzio und Gaspar Patavinus gehört.935 Nicht zuletzt konnte Ferdinand II. beispielsweise über die Holzstichfolgen der Imperatorum Romanorum […] imagines die genealogische Fiktion untermauern, dass Habsburg die Franken als Vorfahren im Blut führe.936 Besonderen Status nahm das von Jakob Schrenck erstellte Werk Augustissimorum imperatorum […] descriptiones ein: Es ist weniger ein ‚Ambraser Armamentarium‘ oder ein ‚Heldenbuch‘ oder eine Art ‚Heldenrüstkammer‘, wie die ältere Forschung betonte, als dass das Werk auf die Tradition der mittelalterlichen res gestae und der uomini-famosiSerien zurückgreift und der aktuellen Lage anpasst.937 Wie die Vorrede zeigt, bezeichnet es sich selbst als Theatrum Heroicum,938 das die Tugenden der ‚Helden‘, ihre Taten in Krieg und Frieden beinhaltet. Pointiert: Es symbolisiert deren Ehre im Bild. Die Möglichkeiten der Kupferstichserien, Ehre und Macht über die Abfolge einzelner Familienmitglieder bei gleichzeitiger Ausstellung des Kollektivs im Bild zu repräsentieren, scheinen sich vor allem die Fugger zu eigen zu machen: Griff bereits Marx Fugger 1584 auf den Kupferstich zurück – er beauftragte Mang Seuter Ein schönes und nützliches Bißbuech […] zu erstellen,939 das in ausladender Breite in einer Serie von Stichen freilich zuerst nur die reichen Gestüte der Fugger samt Zaumwerkzeug der Pferde darstellt –, so ließ man von Dominicus Custos, den man zunächst Erzherzog Ferdinand II. empfohlen hatte und der von diesem zum Hofkupferstecher erhoben worden war, erste breitere Kupferstichserien zu Vertretern des eigenen ‚Hauses‘ anfertigen.

932 Strecker (2010a), S. 131. 933 Strecker (2010b), S. 164. 934 Siehe hier v. a. den Ausstellungskatalog: Seipel (2002). 935 Strecker (2010a), S. 135. 936 Strecker (2010b), S. 162. 937 Strecker (2010c), S. 166. 938 Strecker (2010c), S. 166. 939 Kurze Einordnung bei Zäh (2010), S. 115.

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Abb. 112: Dominicus Custos, Octavian Secundus in Icones decem (1593);940 Abb. 113: Enea Vico, Kaiser Karl V. als Sieger über die Türken und die Protestanten (1550)941

Mit den Icones decem illustr[ium] baronum ex Fuggarorum gente qui domicilia Augustae Vindelic[orum] constituta habent entstand 1592 die erste über Kupferstiche hergestellte Portraitserie der Fugger von der Lilie überhaupt,942 wenngleich einzelne Kupferstiche bereits vorher existierten. Man konzentrierte sich auf die Herstellung zehn separater Stiche von um 1592 am Leben gewesenen männlichen Mitgliedern der Familie wie beispielsweise: Marx, Hans, Jakob, Anton, Raymund oder Anton Fugger.943 In ovalen944 Brustbildern wurden die Vertreter der Familie in Dreiviertelansicht gezeigt; ein Schriftband in Antiqua-Umschrift945 um das jeweilige Brustbild herum, das den Dargestellten selbst als Auftraggebern und Gönnern huldigt, folgte dem bis auf die Vornamen gleichen Muster: Illustri ac Generoso D.D. […] Fuggaro

940 Abbildung in: Zäh (2010), Kat. 10, S. 131. 941 Madrid, Biblioteca Nacional, IH 1709–13. Abbildung auch bei Soly (1999), S. 476. 942 Beschreibung des historischen Kontextes bei Zäh (2010), S. 116–117. 943 Aufzählung aller zehn Mitglieder sowie Analysen bietet Zäh (2010), S. 116–118. 944 Dabei signalisiert der Übergang von den ursprünglich runden Portraitserien wie bei den antiken Kaiserbildnissen zur ovalen, komplizierteren Formen in gewisser Weise Professionalisierung im Umgang mit der Elementgeometrie; so die Studien von Strecker (2010a), S. 131. 945 Strecker (2010a), S. 132: „Die Antiqua-Umschrift wird – in Analogie zum Fries eines Gebälks – von Eierstab und Perlstab außen und einer Reihe sehr kleiner Perlen innen gerahmt, was zusammen mit der Modellierung des Porträts eine reliefhafte Plastizität erzeugt.“

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Baroni in Kirchberg et Weisenhorn A.° MDXCII.946 Nacheinander geschaltet, und das scheint die Pointe in der Kupferstichserie zu sein, ergaben sie die Repräsentation des gesamten Fuggerkollektivs im ‚Bild‘. Wie eng sich fuggerische und kaiserliche Inszenierungen im Kupferstich kamen, können genauere Analysen zeigen; angemerkt sei, dass das berühmte, 1550 entstandene Kupferstichportrait Kaiser Karls V. von Enea Vico und die Kupferstiche in den Icones decem […] (Abb. 112, Abb. 113), hier am Beispiel des Kupferstiches von Octavian Secundus exemplarisch als Vergleichsfolie gezeigt, enge Parallelen aufweisen, gerade was raumschaffende Elemente wie Rahmung und Schriftband betrifft947  – wenngleich der kaiserliche Einzelstich an Aufwand die auf Serie angelegten jeweiligen Kupferstiche der Fugger von der Lilie weit übertrifft.

Abb. 114: Dominicus Custos nach Giovanni Battista Fontana, Widmungsblatt (unkoloriert) im Heldenbuch (1582);948 Abb. 115: Dominicus Custos, Widmungsblatt (unkoloriert) in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1593)949

Auch die Ausarbeitungen der Titelblätter (Abb. 114, Abb. 115) der jeweiligen Kupferstichwerke führen vor Augen, wie eng sich Habsburger und Fugger in der Ausgestal-

946 Zitiert nach Zäh (2010), S. 116. 947 Strecker (2010a), S. 131. 948 Abbildung bei Strecker (2010a), S. 134. 949 Abbildung bei Strecker (2010a), S. 136, Kat. 12.

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

tung ihrer Werke kamen. Bereits der Titelblattstich der Fuggerorum et Fuggerarum, quae in familia natae, quaeve in familiam transierunt, quot extant aere expressae imagines, des ersten größeren genealogischen Kupferstichwerkes der Fugger von 1593, zeigt, dass man sich darauf konzentrierte, habsburgische Formen zu adaptieren, um sich in der Qualität der Werke anzugleichen:950 Als Vorlage für die Ausgabe von 1593 diente ein allegorisches Widmungsblatt eines von Ferdinand II. in Auftrag gegebenen habsburgischen Heldenbuchs aus dem Jahr 1582. Die Fugger von der Lilie entschieden sich für ein kleineres Format, vereinfachten den Detailreichtum der Vorlage und reduzierten die allegorischen Figuren, behielten Struktur und Wesensgehalt der Vorlage bei, fügten allerdings einen Text ein. Die Fugger repräsentierten – ähnlich den Habsburgern – ihre Macht bereits im Titelbild. Das Kupferstichwerk Fuggerorum et Fuggerarum, quae in familia natae, quaeve in familiam transierunt, quot extant aere expressae imagines, 1593 das erste Mal mit 71 Stichen von Dominicus Custos gedruckt, führt die Icones decem von 1592 weiter, unterlag dabei Erweiterungen, Ergänzungen und Änderungen.951 Beim Exemplar von 1593 fällt auf, dass es eine reine Stichfolge darstellt, ein typographischer Text zur Beschreibung der Kupferstiche fehlt, denn: Die Rückseiten sind jeweils leer. Das genealogische Werk beginnt mit Hans Jakob Fugger. Er steht an erster Stelle der Genealogie und ist zugleich als Verfasser des Werkes herausgehoben. Nacheinander folgen dann, ohne dass die Portraits nummeriert wären, die einzelnen Vertreter und Vertreterinnen gemäß dem Altersschema in ihrer jeweiligen Generation.952 Ein Teil der Rahmen zu jedem Portrait wurde dabei so bearbeitet, dass das beigegebene Wappen austauschbar ist, „um z. B. bei angeheirateten Ehefrauen deren jeweiliges Familienwappen einfügen zu können.“953 Vertreten sind ausschließlich Fugger von der Lilie – die Fugger vom Reh wurden nicht berücksichtigt –, wobei nur geborene Fugger und Fuggerinnen sowie die Ehefrauen der männlichen Familienmitglieder gezeigt sind.954 Aufgenommen werden die Familienmitglieder erst dann – das war die Hauptbedingung –, wenn die Existenz eines authentischen oder als solches geltenden, in der Regel gemalten Porträts zur Vorlage für den Kupferstich garantiert ist:955 quot extant, wie der Titel des Werkes eingehend schildert.956 Das führte

950 Vor allem auch dann, wenn man den gleichen Kupferstecher engagierte. Immer wieder wandte sich Ferdinand II. an die Fugger, die ihn bei der Sammlung von Bildnissen unterstützen sollten; Ferdinand bat auch Philipp Eduard Fugger darum, ihn bei der Ausgestaltung seines ‚Heldenbuches‘ von 1582 zu helfen: Strecker (2010a), S. 134. 951 Strecker (2010a), S. 131. 952 Zur genauen Abfolge in fünf Generationen mit Aufzählung der Namen siehe: Zäh (2010), S. 120. 953 Zäh (2010), S. 119. 954 Zäh (2010), S. 119. 955 Zäh (2010), S. 119. 956 „Die Authentizität der Bildnisse war wichtiger als der ästhetische Gesamteindruck […]. Man war im Gegenteil an authentischer Wiedergabe der vorhandenen Porträts interessiert und nahm dafür

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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dazu, dass beispielsweise frühere Generationen nur mit elf von insgesamt 71 Stichen präsent sind.957 Gerade weil viele, zum Teil besonders bedeutende Familienmitglieder der vorhergehenden Generationen, ebenso die Nachkommen des Hans Jakob Fugger fehlen, man zusätzlich auf die Nennung genauerer biographischer Daten verzichtet, „empfand man die erste Auflage […] als ergänzungsbedürftig.“958 Mehrere Überarbeitungen der Kupferstichserien wurden entworfen, die das Ziel verfolgten, ältere Fugger lückenhaft mitaufzuführen sowie biographische Erläute­ rungen beizugeben: Eine Schweinfurter Ausgabe von 1618  – ausgearbeitet durch Hans Ernst und Ottheinrich – trug in diesem Sinne handschriftlich Ergänzungen auf eingebundenen Blättern in die Ausgabe von 1593 nach. Bei fehlenden Portraitstichen fügte man ersatzweise Wappen ein. Auch Stammtafeln, ähnlich wie bei einer bereits um 1610 durch Lukas und Wolfgang Kilian fortgeführten und erweiterten Ausgabe der Imagines, die hier über den Stammbaum der Kinder des Marx Fugger gezeigt ist (Abb. 116), wurden beigegeben, um die nicht in den Kupferstichen repräsentierten Kinder zumindest erwähnen zu können.959 Eine komplette Neuausgabe von 1618 erhöhte schließlich die Anzahl der Kupferstiche von 71 auf 127,960 die Stiche wurden durchnummeriert, eine Anordnung nach Generationen wurde zugunsten einer Aufteilung der Linien zwischen Raymund Fugger und Anton Fugger aufgegeben,961 wobei wiederum in diesen Linien das Alters­ prinzip Anwendung fand.962 Entscheidender Veränderung unterlag die Ausgabe darüber hinaus durch die Beigabe eines lateinisch biographisch-genealogischen Textes: Dieser wurde auf die Rückseite des vorhergehenden Blattes gedruckt,963 auch gab man dem Werk einen Index samt Druckfehlerverzeichnis. Systematisierung und Komplettierung der ‚Genealogie‘ hielten zunehmend Einzug: Die Präsentation der Macht des Blutes der Fugger von der Lilie wurde geprägt durch die Beigabe aktueller und korrekter biographischer Angaben.964 Genealogie wurde katalogisiert und optimiert, indem alle Familienmitglieder selbst dann aufgeführt werden konnten, wenn von ihnen keine Portraits vorhanden waren. Diese Darlegung von Genauigkeit und Übersichtlichkeit schien einem gesteigerten Repräsentationsbedürfnis der Fugger

auch ästhetisch unbefriedigende Ergebnisse in Kauf“, so Strecker (2010a), S. 139–140. 957 Strecker/Zäh (2010d), S. 178. 958 Zäh (2010), S. 122. 959 Zäh (2010), S. 123. 960 Strecker/Zäh (2010d), S. 182–185. 961 Zur Interpretation der Änderungen an den architektonischen Rahmungen der Kupferstiche, siehe Strecker/Zäh (2010d), S. 185. 962 Zäh (2010), S. 123–124. Zu Änderungen direkt in den Portraits, zum Beispiel in der Physiognomie wie in der Darstellung des Bartes bei Raymund Fugger siehe ebd., S. 125 963 Zäh (2010), S. 127. 964 Zäh (2010), S. 127.

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auch dann nachzukommen, wenn man davon auszugehen hat, dass mit den weiteren Druckausgaben auch der Rezipientenkreis offener wurde.965

Abb. 116: Lukas und Wolfgang Kilian, Imagines (1610)966

965 Müller (2004b), S. 21–50 beschreibt detailliert die an literarischen Texten gewonnenen Entwicklungen sowie Änderungen im Zusammenhang mit dem aufkommenden Druck um 1500. 966 Stammbaum der Kinder des Marx Fugger in den „Imagines“ (1610), Bl. 26v; Abbildung in: Zäh (2010), S. 117, Kat. 12.

3.2 Die Kaufmannsfamilie als Geschlecht. Zur Geltung der Fugger um 1500 

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Eine weitere Ausgabe der Kupferstichserien von 1619 wechselte in Volkssprache: Mit den Contrafehe der Herrn Fugger vnd Frawen Fuggerin, wöllche in disem geschlecht geporen worden oder zue demselben sich ehelich verpflichtet haben erschien eine Ausgabe mit in die Volkssprache übersetzten Begleittexten.967 Damit einhergingen die Erhöhung der Auflagenzahl und die Verbreitung des Werkes im regulären Buchmarkt. Mit weiteren Ausgaben wie der Genealogia Fuggarica von 1628,968 oder einer geplanten Neuauflage im Jahre 1690 mit über 100 beigegebenen Portraits sowie deutschen Begleittexten – zusammen mit den vorhandenen Stichen sprengte man darin die Dimensionen, musste in zwei Bände aufteilen und kam über die Konzeptfassung nicht hinaus969 –, oder der Pinacotheca Fuggerorum […] von 1754, die sich zwar als editio nova pries, im Endeffekt aber auf Wiederabdruck setzte, riss die Darstellung der Fugger in Kupferstichserien nicht ab, sie nahm größere Auflagenzahlen an.970 3.2.5.2 Das Ansehen der Fugger Um 1500 wird ersichtlich, wie vielschichtig das neue Medium des Kupferstiches in der Präsentation der eigenen Genealogie durch die Fugger von der Lilie zur Anwendung kam. Waren die oben beschriebenen Ausgaben teilweise für einen breiten Familienkreis, teilweise gar für einen sich nach zeitgenössischen Verhältnissen etablierenden ‚Buchmarkt‘ bestimmt, so sorgten die Fugger von der Lilie gleichzeitig über die Schaffung eines singulären und besonders exklusiven Vorzugsexemplars auch für den internen Gebrauch vor: Ab 1593 wurden jeweils aufwändig kolorierte Einzelexemplare der Kupferstiche angefertigt, die 1619 gebunden und um 1700 auf Trägerpapier montiert wurden.971 Dabei generiert gerade die Kolorierung der Kupferstiche gegen Ende des 16. Jahrhunderts einen einschneidenden Unterschied zu den farblosen Vorgängern: Die einzelnen Seiten und das Gesamtwerk erhalten eine besondere Exklusivität. Es zeugt von der Macht und Herausgehobenheit der Fugger-Genealogie, wenn die Materialien Gold und Silber direkt in die Blätter ‚eingewoben‘ sind. Das wird bereits im Titelblatt mehr als sinnfällig, das stellvertretend für die Machart des Werkes steht und ankündigt, dass das Werk die Genealogie der Familie repräsentieren wird (Abb. 117).

967 Zäh (2010), S. 123–124. Zu Änderungen direkt in den Portraits, zum Beispiel in der Physiognomie wie in der Darstellung des Bartes bei Raymund Fugger, siehe ebd., S. 127. 968 Kurze Beschreibung bei Strecker/Zäh (2010e), S. 188–191 969 Zäh (2010), S. 129 führt als Grund die Schwierigkeiten an, „verlässliche Daten über sämtliche, weit verstreut lebende Familienmitglieder zu gelangen; zu groß […] war die Zahl von geschätzt 150 anzufertigenden Stichen.“ 970 Zu den letzten Ausgaben der „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ siehe: Zäh (2010), v. a. S. 129–130. 971 Zäh (2010), S. 128: „Der bei den Stichen aus der zweiten Auflage auf der Rückseite befindliche Drucktext ist dadurch nicht mehr erkennbar. Ebenso ging der ursprüngliche Überlieferungszusammenhang verloren, wodurch die Interpretation der Befunde sehr erschwert ist.“

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Abb. 117: Dominicus Custos, Widmungsblatt (koloriert) in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1593/1619)972

Man könnte – bezugnehmend auf Thesen Jan Dirk-Müllers – davon sprechen, dass mit dieser Ausgabe eine Art ‚Re-Auratisierung‘ der farblosen Kupferstichdrucke betrieben wird:973 Die weite Verbreitung der Drucke gewährleistete zwar die Repräsentation von Macht bei einer Vielzahl von Rezipienten, stellte aber auch eine Minimierung des Exklusivitätsstatus des Werkes an sich dar, sodass Bedarf bestand, eine besonders aufwändig gearbeitete Version über die teure und kostbare Kolorierung für den internen Gebrauch anzufertigen. Diese kolorierte Ausgabe führt noch einmal vor Augen, welches Ziel man mit der Anfertigungen der Kupferstichserien verfolgte: Das Umblättern der kolorierten Einzelblätter von 1593, sowie das Durchblättern durch das später gebundene Buch, ist ein Akt des ‚An‘-Sehens der Genealogie. Die einzelnen Seiten repräsentieren dabei die jeweiligen Vertreterinnen und Vertreter der Fugger nicht nur, sondern sind eine ‚mediale Verkörperung‘ für die ‚wirtschaftliche‘ wie genealogische Potenz der Fugger.

972 BayStabi. cod. icon. 380, fol. 1r. 973 Vgl. die Studien von Müller (1991), S. 128.

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Abb. 118, Abb. 119, Abb. 120 und Abb. 121: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et ­Fuggerarum […] imagines (1593/1619)974

974 Die Kupferstiche stehen hier beispielhaft für das Gesamtwerk: BayStabi. cod. icon. 380, fol. 3r (Jakob der Ältere), fol. 6r (Jakob der Reiche), fol. 5r (Georg), fol. 18r (Ursula, geb. Lichtenstein).

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Abb. 122, Abb. 123, Abb. 124 und Abb. 125: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et ­Fuggerarum […] imagines (1593/1619)975

975 Die Kupferstiche stehen hier beispielhaft für das Gesamtwerk: BayStabi. cod. icon. 380, fol. 22r (Ursula), fol. 36r (Albrecht), fol. 38r (Anna Katharina, geb. von Gumppenberg), fol. 87r (Georg).

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Nacheinander geschaltet repräsentieren alle Körper im Buch das Kollektiv der Fugger, sie ergeben in der Summe eine Art ‚dynastisches‘ Haus. Man könnte zuspitzend formulieren: Alle gezeigten Körper zusamen genommen bündeln die Kraft der Familiengenealogie. Damit ergibt sich allerdings nicht eine ‚Körperkette‘ im Sinne eines dynastisch-chronikalen Werkes, das auf einem Spitzenahn gründet. Die Fugger können keine weit zurückführenden Ursprünge ihrer Familie vorweisen. Nur in der Bündelung aller ‚zeigbaren‘ Familienvertreter einer vergleichsweise ‚kurzen‘ Genealogie erfolgt die Präsentation ihres Hauses: Die Gesamtheit ist auf jeden Einzelnen angewiesen (Abb. 118 bis Abb. 125).

Abb. 126, Abb. 127 und Abb. 128: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1618)976

Umgekehrt bedeutet dies auch: Die Wirkung der Kupferstiche entfaltet sich erst durch die repräsentative Serie. Dass wohl gerade die unkolorierten Ausgaben durch Verbreitung im allgemeinen Buchmarkt, damit jenseits des ursprünglichen Rezeptionskreises der Familie, ein „Fremdwerden“977 dieser Repräsentationsstrategien verursachten, untermauert das Bedürfnis nach einer Ausgabe, die die Kupferstichdrucke besser repräsentiert: Die kolorierte Kupferstichserie ist demnach weniger Abbildung der Genealogie der Fugger, sondern generiert die Macht der Fugger im konkreten visuellen Akt.978 In dieser Konzeption fügen sich die Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines ein in das übergeordnete Ziel der Fugger, Adel und Ehre auszustellen.

976 Exemplarisch: BayStabi. Rar. 643, fol. 18r (Raimund Georgius), fol. 28r (Jacobus Maximilianus), fol. 54r (Raimund). 977 Vgl. hier die Schlussfolgerungen, die Müller (1980), S. 399 im Vergleich von Handschriften mit gedruckten Werken gewinnt. 978 Diese Spezifika nichtmoderner, fremd gewordener Kulturen, die zum ganz Eigenen moderner Gesellschaften gehören, wurden auch von den Kuratoren der im Jahr 2010 von der Bayerischen Staatsbibliothek initiierten Ausstellung zu den Kupferstichserien der Fugger von der Lilie deutlich hervor-

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Abb. 129 und Abb. 130: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1618)979

Dabei gehen Physisches und Außerphysisches – Ehre, die auf Dauer gestellt werden soll – eine Einheit ein. Wie sehr die einzelnen Körper in den Kupferstichen gewisser-

gehoben; zugleich bemühte man sich über 3D-Visualisierungen diese gleichsam haptischen Formen nichtmoderner Prägung für einen breiten modernen Rezipientenkreis ‚erfahrbar‘ zu machen. Daher auch Bestrebungen moderner Bibliotheken und Archive, diese schriftlichen Kulturdenkmäler nicht nur zu digitalisieren und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern sie im dreidimensionalen virtuellen Raum gleichsam nochmals zu erschaffen: „Bei der Digitalisierung der Fugger-Genealogien ist die Bayerische Staatsbibliothek mit dem Ziel größtmöglicher Annäherung an die ‚Aura‘ des Originals noch zwei Schritte weiter gegangen. […] [D]ie ‚planen‘ zweidimensionalen BildDigitalisate [wurden] zu einem dreidimensionalen Buch zusammengefügt, das nun vermittels Maus oder Touchscreen am Bildschirm manipuliert werden kann: Alle Seiten lassen sich durchblättern und heranzoomen, das geöffnete Buch ebenso wie der Einband können im virtuellen Raum beliebig gedreht und aus allen Blickwinkeln betrachtet werden.“ (Ceynowa [2010], S. 200) Es wird sozusagen die ‚Natur‘ des Buches auf virtueller Ebene (wieder) erschaffen: Benutzung im Netz und Verwendung im Original fließen ineinander, da „[o]hne das ‚Dazwischentreten‘ von Maus oder Touchscreen […] die Fugger-Bücher durch bloße Handbewegung durchgeblättert […] werden [können].“ (Ebd.) Dass gerade diese Eigenschaften bei der Analyse der Fugger-Genealogien über virtuelle Digitalisate zum besseren Verständnis vormoderner Eigenarten essentiell sind, wird hier deutlich. Das öffentlich zugänglichen 3D-Digitalisat zu „Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines“ (BayStabi. cod. icon. 380) ist erreichbar online unter „bavarikon.de“ der Bayerischen Staatsbibliothek: http://www.bavarikon.de/ object/bav:BSB-HSS-00000BSB00042106? cq=fuggerorum&p=1 (abgerufen zuletzt am 29.09.2016). 979 Exemplarisch: BayStabi. Rar. 643, fol. 187r (Julius Caesar), fol. 186r (Triumphzug).

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maßen auch ‚rollenhaft‘ für den Adel stehen, zeigt deutlich noch einmal eine Ausgabe der Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines von 1618: Die männlichen Vertreter sind dort mit kriegsrelevanten Accessoires und Waffen ausgestellt, in den Bordüren finden sich Hinweise auf Turnierszenen. Man repräsentiert ‚Ritterbürtigkeit‘ und das Recht, Waffen zu tragen (Abb. 126, Abb. 127, Abb. 128).980 Der Adel der Fugger ist über die Rolle des Imperators in der Zeit verankert  – nicht zuletzt ersichtlich, wenn antike Kaiser wie Caesar, Augustus, auch Alexander der Große und (römische) Triumphzugdarstellungen in das Kupferstichkabinett ‚anachronistisch‘ aufgenommen sind (Abb. 129, Abb. 130): Die res gestae der Fugger lassen sich, so lässt sich abschließend pointieren, nur im Vergleich mit der Vorzeit, hier der Antike messen, schließlich wird ihre Macht, zumindest in Andeutung, der antiker Imperatoren (Abb. 131) gleich gestellt, deren Reich ganz Europa, also die alte Welt, umspannte (Abb. 132).

Abb. 131 und Abb. 132: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1618)981

980 Den tatsächlichen Kriegsdienst einer Vielzahl von Vertretern der Fugger analysiert Haberer (2008), S. 242. 981 Exemplarisch: BayStabi. Rar. 643, fol. 188r (Augustus), fol. 185r (Herrschaft der antiken Imperatoren).

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Auffallend ist, dass die Fugger nicht in die Inszenierung explizit literarischer Werke ‚investierten‘. Die Fugger repräsentieren eine ‚andere‘ Rolle als beispielsweise die Habsburger, allen voran Kaiser Maximilian I. mit seinem Weißkunig, Teuerdank oder Freydal. Den Fuggern geht es um die Zurschaustellung und zugleich der Harmonisierung einer Doppelrolle als Kaufmänner und Adlige: Sie verdecken nicht, dass sich ihr Blut ‚neu‘ im Machtgefüge um 1500 etabliert, setzen dieses allerdings durch ihr Nahverhältnis mit dem ‚alten‘ Blut der Habsburger in Szene und verschaffen sich damit Geltung. Obwohl das ganz ‚frische‘ Blut der Fugger mit Blick auf die massive Kritik durch beispielsweise protestantische Stimmen besonderem Legitimationsdruck unterlag, umgaben die Fugger ihre Familie mit einer ‚Aura der Notwendigkeit‘: Die Fugger präsentieren sich in ihren genealogischen Entwürfen als Macht, die notwendig im Gesellschaftssystem der Frühen Neuzeit verankert sei, und verschafften sich dadurch, auch prospektiv betrachtet, erfolgreich Anerkennung.

3.3 Zusammenfassung mit Perspektiven Das Bedürfnis, sich als ‚neue‘ Macht im adligen Umfeld zu konstituieren, erscheint um 1500 als Motivation für die Kaufmannsfamilien derartig aufwändige Projekte, wie sie bisher analysiert wurden, anfertigen zu lassen. Die obigen Studien arbeiteten auf drei Ebenen: Makroperspektivisch ging es ihnen darum herauszustellen, wie um 1500 alte und neue Begründungsfiguren  – Blut und Geld  – ineinanderfließen und es – durchaus spannungsreich – zu einem Changieren beider kommt. Ehre und Gut amalgamierten dabei mehr, als dass sie als entgegengesetzt gedacht sind. In diesem Kontext hat sich, sozusagen durch den Mikroblick über die Detailanalysen zu den aufwendigen Ehrenwerken gezeigt, wie sich das Handelshaus der Fugger an die Inszenierungen der Habsburger, vor allem an die maßstabsetzenden multimedialen Werke Kaiser Maximilians I. anlehnt. Die ‚Neu‘-Begründung des frischen Blutes griff zurück auf das ‚alte‘ Blut der Habsburger-Dynastie, spiegelte dessen Ehren, kopierte und modifizierte Strategien wie Inszenierungsformen in der Repräsentation und Geltungssetzung der eigenen Macht und sicherte sich damit Geltung. Zusätzlich wurde auf einer dritten Ebene bei der Erschließung der Medialität und Analyse der Materialität der Ehrenwerke ersichtlich, dass sie die kaiserlichen bei weitem übertreffen. Die Konzentration auf die Zeit um 1500 sowie auf Augsburg als ‚Sitz‘ der Fugger erwies sich daher als sinnvoll, weil so ein operationalisierbares Untersuchungsfeld gegeben war. Doch kann dies nur einen exemplarischen Ausschnitt bieten. Weitere Studien können hier ansetzen: Nicht zuletzt wären auch direkte Vergleiche in der Stadt Augsburg, beispielsweise zwischen Fuggern und Welsern, oder auch den Höch­ stettern produktiv, welche sich auf andere Art und Weise im politischen System der Stadt Augsburg Geltung verschafften. Interessant wären auch Perspektiven zu den

3.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

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‚Wirkkreisen‘ der Handelsunternehmungen: Die Fugger hielten sich aus der ‚Neuen Welt‘ im Vergleich beispielsweise zu den Höchstettern fern. Des Weiteren wären Detailanalysen zwischen Ehrenwerken der Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilien sinnvoll. So könnte ein Vergleich zwischen dem Ehrenbuch der Fugger und jenem der Herwart,982 entstanden wohl um 1544,983 enge stilistische Gemeinsamkeiten aufzeigen. Interessant ist, dass sich das Ehrenbuch der Herwart auf nur wenige familienhistorische und genealogische Angaben beschränkt: Register dises Eerenbuchs, welchs Jnn drey tail abgesonndert ist. Das erste Tail, Jst alle vnnd Jede Personen, des Eerlichen vnnd vralten Herwartischen Geschlechts, wer Jeder gewesen, vnnd wie die anainnander succediert haben, Jnns sich halten.984 Das Buch erfasst nur die Linie direkter Nachkommen des so genannten Herwart Herwart, nicht die zweite Hauptlinie der Nachkommen des Peter Herwart,985 und verknüpft Familien- sowie Stadtgeschichte eng miteinander: Das annder tail thut der Geschlechter Namen, wie der seinen anfanng genomen, Jre Stuben beschlossen, vnnd als Sy gar nahe abgestorben, wider ersetzet worden, sein, darbey Jederzeit der Herwartisch Nam Jm Magistrat vnnd Burgermaiser Ambt gewesen, ercleren vnnd mit sich bringen.986 Deut­ licher als bei den Fuggern fällt auf, dass die Herwart die Geschichte der Stadt Augsburg präsentieren, weniger jene der eigenen Familie: Der dritte tail, gibet aller vnnd Jeder herren Birgermaister, von Geschlechten vnnd Zunfften zu erkennen, Jnn welchem der Herwartisch Nam auch eerlich erkannt wirt, vnnd diß ist die erst Ordnung vnd Eeren Regiser, welche zuuor nie gesehen oder erhört worden ist.987 Hier wäre in Folgestudien anzusetzen.988

982 „Ehrenbuch der Herwart“: StadtAA Reichsstadt, Schätze 194b; Hinweise und Auflistung von Forschungsliteratur, die das Ehrenbuch nur allgemein beschreibt, gibt Rohmann (2001), S. 239–241. 983 Überlegungen zum Entstehungszeitraum mit Verweisen auf die Forschung bei Rohmann (2001), S. 240. 984 StadtAA Reichsstadt, Schätze 194b, Bl. 23. 985 Rohmann (2001), S. 239. 986 „Ehrenbuch der Herwart“: StadtAA Reichsstadt, Schätze 194b, Bl. 23. 987 „Ehrenbuch der Herwart“: StadtAA Reichsstadt, Schätze 194b, Bl. 23. 988 Interessant für einen derartigen Vergleich wäre auch die Einbeziehung des „Gehaim Ernnbuch“ der Familie von Stetten, Edition von Hämmerle (1955), das sich direkt auf das „Ehrenbuch der Herwart“ stützt, mit denen die Familie geschäftliche Verbindungen pflegte (erste Analysen bei Rohmann [2001], S. 241–244); zusätzlich müsste ein Vergleich mit dem „Ehrenbuch der Pfister“ (StadtAA Reichsstadt, Schätze 24) eingearbeitet werden, das auch einen bebilderten Exkurs zur Geschichte der reichsstädtischen Freiheiten Augsburgs seit Rudolf von Habsburg und ursprünglich eine Stammtafel der Pfister enthielt: Vnd auf das ieder desto verstendiger gesehen würde, hab Jch in dem gantzen Pfisterischen Manßstammen, in einen besonderen Stammen fein ordentlich gesetzt, wie dann diß mein Ehrenbuch darauf gericht, vnd sich mit gemeltem Stammen Vergleicht. (Ebd., fol. XXIv; erste Analysen zum Ehrenbuch bei Rohmann [2001], S. 244–248) Weitere bisher unerforschte Ehrenbücher in der Stadt Augsburg, wie das „Ehrenbuch der Rehlinger“ (StBA 2° cod. H. 7) oder das „Ehrenbuch der Linck“ (StBA 2° cod. aug. 489) wären hinzuzuziehen, eine Auflistung bei: Rohmann (2001), S. 248–256. Ergie-

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 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

Auf Strategien, wie sich weitere Handels-‚Geschlechter‘ der Stadt Augsburg inszenierten und ihren Aufstieg in das Patriziat oder den Adel legitimierten, wäre ebenfalls einzugehen: Tugend wird mit Ehre und Adel verknüpft. So argumentieren die Bimmel, eine seit dem frühen 16.  Jahrhundert in Augsburg wirtschaftlich wie politisch erfolgreiche Familie,989 in ihrem Bimmlische Stammen in einem Gedicht, dem Elogium Genealogicum,990 das als Vorrede auch in die Handschrift ihres Ehrenbuches übernommen ist, dass sie mit Getreuem vnd besonderem fleisz, auch richtiger ordnung ihre Familie vergrößert haben und aus Tugend adlig wurden.991 Für weitere Studien ergiebig wäre in diesem Kontext auch detailliert auf Bilder einzugehen. So zeigt der von Narziss Renner erstellte Geschlechtertanz der nichtdynas­ tischen Familien von 1522992 auf fast dreiviertel Quadratmeter Fläche dreißig tanzende Paare im Reigen. Die Inschrift an einem Baumstumpf am Kopf des Reigens lautet: VNDERSCHID/ (D)ER ALTEN VN/ NEWEN WELT/ 1200/ 1522.993 Das Gemälde inszeniert die Geschichte der ‚bürgerlichen‘ Stadtbewohner Augsburgs als weit zurückreichend und führt sie zugleich eng mit der Gegenwart:994 Trachten der Vergangenheit stehen neben Kostümen, die das Zeitalter Maximilians I. repräsentieren, worauf wiederum Tänzer folgen, die die Mode um und nach 1500 vorführen. Die letzten sieben Paare vertreten schließlich die ‚neue Welt‘ von 1522.995 Der Geschlechtertanz ist die Repräsentation des ‚neuen‘ Standes der in den Adel aufgestiegenen Kaufmannsfamilien, die sich zugleich als ‚uralt‘ inszenieren.996 Detailanalysen, die auch Vorlagen

big wären besonders Forschungen, die die Welser in den Blick nehmen und klären, ob sich tatsächlich kein Ehrenbuch dieser Familie finden lässt, wie ebd., S. 252 feststellt. 989 Überblick bei Rohmann (2001), S. 248–252. 990 „Bimmlischer Stammen“: StBA, 4° cod. H. 11, fol. 6r. 991 „Ehrenbuch der Bimmel“: StBA 2° cod. S. 102, fol. 7r. 992 Zu den verschiedenen Versionen siehe die Andeutungen bei Fink (1963), S. 35 und S. 37; August Fink benutzt für seine Analysen die qualitativ schlechtere Augsburger Ausgabe, da die im Berliner Kupferstichkabinett gelagerte Version im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde – umso interessanter wäre ein direkter Vergleich seiner Studien mit Habich (1911), S. 213–235, dem noch Zugriff auf die (qualitativ wohl höherwertigere) Berliner Version möglich war. 993 Zitiert nach Habich (1911), S. 221. Eine beigegebene Unterschrift schildert das gezeigte Programm: Anno Domini 1522 hat Mattheus Schwartz, Burger zu Augspurg diese obgemahlten Dantz machen lassen, vnd ist wie sich die Burgerschaft alhie zu Augspurg vor alten Zeiten zu dem Dantz beklaidt vnd geziert hat, davon hat er dreyssig paar machen lassen, wie dann genummerirt sein von N. 1 bis N. 30  – von dem Jahr nach Christi Geburt 1200, bis auf das 1522.ste Jahr, vnd wiewol der Trachten vnd Manier der Klaidungen vnd Geschmuckh dieser langen Zeit her vielmehr gewesen sein, so hat Er doch nur die gewissesten auch die schärpftesten vnd gebutzsesten herausgezogen. […] (Zitiert nach ebd., S. 213–214) 994 Rechts neben einem Schriftband, das ihn und seine Schwester nennt – Marta Mathevs Schwartsen –, steht Matthäus Schwarz und scheint mit einladender Geste eben „auch die Nachwelt zum Reigen [zu rufen].“ (Fink [1963], S. 32) 995 Fink (1963), S. 32. 996 Augsburger Geschlechtertanz: Städtische Kunstsammlung, Augsburg; Inv.-Nr. 3819; Aquarell auf Leinwand (75 cm x 94 cm).

3.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

 447

und weitere Versionen miteinbeziehen müssten,997 könnten Legitimationsstrategien der Kaufmannsfamilien im Bild detailliert nachskizzieren. Schließlich wäre ein Blick auf Inszenierungsformen von kaufmännisch initiierten Stiftungen wie den Nürnberger Hausbüchern998 aufschlussreich. Auch der Blick auf die so genannten Trachtenbücher999 eröffnet weitere Perspektiven: Das Wissen um die Gewänder – sei es im individuellen Leben, sei es im Kollektiv – korrespondiert dort mit einem Wissen über das eigene Herkommen. Dies führt Matthäus Schwarz vor.1000 In Form einer Art Bilderbuch stellt er 137 Portraitminiaturen seiner Person aus (Abb. 133 bis Abb. 137): Dieses Panorama zeigt ihn als Kleinkind in Windeln, als jungen Schüler, Lehrling, Buchhalter, Schlittenfahrer, nackten Mittdreißiger, Bräutigam, schließlich als greisen, von einem Schlaganfall gezeichneten, um Anton Fugger trauernden Mann.1001 Das Buch durchläuft Matthäus Schwarz Leben mittels Miniaturen.1002 Sie

997 Das Gemälde von 1522 schließt an ältere Tanzbilder an; so beispielsweise an eine Vorlage aus dem Jahr 1500, wenn der Reigen ebenso wie dort zwei Mal die Bildfläche kreuzt und von Zuschauern (zur detaillierten Beschreibung bei Habich [1911], S. 224–233) umgeben ist – allerdings kehrt Narziss Renner die Richtung des Reigens in seinem Gemälde von 1522 gegenüber der Version aus dem Jahr von 1500 um und verlegt den Tanz aus dem Inneren der Stadthäuser am Weinmarkt in die Natur. 998 Die zahlreichen kolorierten Handwerksbilder der Zwölfbrüderstiftung liegen vor bei: Sauer/Sträter (2012); siehe dazu auch Schindler (2013), v. a. S. 271. 999 Auswahl verschiedener Beispiele: Hans Burgkmair, Heinrich Vogtherr, Augspurgisches Geschlechterbuch, Augsburg 1558, das jeweils eine Figur für das gesamte Haus der Kaufmannsfamilien in eigener Kleidung ausstellt; Ferdinando Bertelli, Trachtenbuch, Venedig 1563: Babylonier und Türken stehen in ihrer spezifischen Tracht neben Römern, Deutschen u. a.; Hans Weigel, Habiuts praecipuorum populorum tam virorum quam feminarum singulari arte depicti, Nürnberg 1577, das auch Türken, Araber und Mohren enthält; Sigmund Feyrabend, Frauentrachtenbuch, Frankfurt am Main 1580, das beispielsweise Tugend und Kleidung miteinander engführt und – bemerkenswerterweise – die Fugger unter die Adelsgeschlechter zählt. 1000 In Auseinandersetzung mit den Thesen von Lugowski (1976) zum Zusammenhang von ‚Ich‘ und ‚Welt‘ in so genannten autobiographischen Werken des 16. Jahrhunderts siehe v. a.: Pastenaci (1993), v. a. S. 243–255. 1001 Matthäus Schwarz, Trachtenbuch. Matthaei Schwartzens Lebenslauf, Augsburg 1520 (Wolfenbüttler Bibliothek 58.5 Aug. 8°). Abdruck mit betreffender Nummerierung und erläuterndem Kommentar bei: August Fink (1963), zitiert als „Trachtenbuch“: Nr. 2, S. 100 (Kleinkind in Windeln); Nr. 4, S. 102 (Schüler); Nr. 6, S. 103 (Lehrling); Nr. 28, S. 115–116 (Buchhalter); Nr. 44, 51, 58, 59, S. 124, 129, 133, 134 (Schlittenfahrer); Nr. 79, Abdruck, S. 145 (nackter Mittdreißigjähriger); Nr. 80, S. 145–146.Nr. 113, S. 162 (Bräutigam); Nr. 131, S. 173 (Greis); Nr. 137, S. 176 (Trauernder). 1002 Eingebettet in eine ganze Reihe weiterer Werke, stellt das „Trachtenbuch“ nur einen „Bruchteil der Selbstdarstellungen“ (Groebner [1998], S. 325) des Matthäus Schwarz dar. Mit dem Werk „der welt Lauf“ könnte man das Pendant zum „Trachtenbuch“ greifen – der Schwerpunkt liegt auf dem Text, über den das Leben des Matthäus Schwarz aufgezeichnet wird; das „Trachtenbuch“, S. 98 verweist immer wieder darauf, wenn es in der Vorrede heißt: Es ist mir auch nicht abwögen nach meynem synn gangen, darvon ist ein besunder beuch geschrieben, genant „der welt lauf“, und darin von etlichen klaydern geschrieben und auf dieses biechlin angezeigt. Zum verschollenen Werk „der welt Lauf“: Fink (1963), S. 12–16 und auch überblicksmäßig Penndorf (1912), S. 114–118. Fraglich erscheint, ob das „Trachtenbuch“ „deutlich für den internen Gebrauch gedacht“ war und was genau mit „internen Ge-

448 

 3 Das frische Blut der Fugger – Entwürfe von Macht im 15. und 16. Jahrhundert

sind nacheinander geschaltet, erzeugen eine Serie und wirken wie Selbstportraits;1003 ein Effekt, der vor allem über begleitende Kommentare erzeugt wird.1004 In der ersten Person Singular werden die einzelnen Portraits über kurze Textabschnitte mit jeweiliger Altersangabe kommentiert.

Abb. 133: Narziss Renner, In der fetschen; Abb. 134: Narziss Renner, Kurtzweil, so ich aus der schůl kam1005

brauch“ gemeint sein soll (ebd.), zumindest scheint es in der Familie weitergegeben worden zu sein, wenn Matthäus Schwarz Sohn, Veit Konrad Schwarz, dem Vorbild seines Vaters folgte und eine weitere ‚Kostümgeschichte‘ anfertigte (der Abdruck ebenfalls bei Fink [1963], S. 180–259). 1003 Genaue Definition und Diskussion bei Pfisterer/Rosen (2005), S. 12: „Das Selbstbildnis zeichnet gegenüber allen anderen Formen des Porträts eine Besonderheit aus: Der Künstler tritt nicht nur als sein Schöpfer in Erscheinung, sondern macht sich zugleich zum Thema.“ 1004 Groebner (1998), S. 358. Dabei kommt es zu zahlreichen Nachträgen, Korrekturen und Übermalungen: Siehe bspw. „Trachtenbuch“, Vorrede, Abdruck, S. 98; „Trachtenbuch“, Nr. 94, Abdruck, S. 153. 1005 „Trachtenbuch“, Nr. 2, Abdruck S. 100; Nr. 8, S. 104.

3.3 Zusammenfassung mit Perspektiven 

 449

Abb. 135: Narziss Renner, Gassenbuler; Abb. 136: Narziss Renner, Krad 23 Jar alt; Abb. 137: Narziss Renner, Matthäus Schwarz als Greis1006

Neueren Studien muss es um den spezifischen Blick eines Stadtbewohners und Kaufmanns beziehungsweise Buchhalters auf sich selbst gehen – wie Valentin Groebner in seiner differenzierten Analyse perspektiviert.1007 Wenn man dem Werk allerdings einen neuen Stil des Sprechens über sich zuschreibt, der als „Individualismus“1008 definiert wird und ein neues Verhältnis von Freiheit und Innerlichkeit repräsentieren soll,1009 so dass das Werk in das Aufkommen einer neuzeitlichen Identität gerückt wird,1010 verdeckt man die Pointe des Trachtenbuches, nach der die Kompetenz, Rollen zu tauschen und zu ändern und diese zugleich zu betrachten, gerade direkt mit der Umwelt eines Kaufmanns um 1500 enggeführt wird: Der erfolgreiche Kaufmann ist nicht nur der, der gut tauschen, sondern auch der, der gut täuschen sowie inszenieren und sich repräsentieren kann.

1006 „Trachtenbuch“, Nr. 15, S. 108; Nr. 42, S. 122; Nr. 131, S. 173. 1007 Man zog das „Trachtenbuch“ in der Forschung heran, wenn es darum ging „Alltagskultur“ und Privatleben um 1500 zu analysieren, dagegen Groebner (1998), S. 323–358. 1008 Braunstein (1991), S. 517; vgl. auch ders. (1992). 1009 Siehe die Übersicht zur Forschung bei Groebner (1998), S. 328 und zusätzlich beispielsweise auch die Thesen von Davis (1986). 1010 Hierzu Taylor (1994), v. a. S. 52–104. An dessen Thesen könnten weitere Studien, die Text wie Bild genau analysieren und ihre spezifischen Arrangements untersuchen, ansetzen.

Kapitel 4: Ergebnisse

Abb. 1: Johann Nass, Genealogia Fuggarica, Augsburg 1628 (Dillingen, Fugger-Archiv, F 1), Titelblatt.

4 Ergebnisse Ziel der vorliegenden Studien war es, durch die Analyse politischer Entwürfe um 1500 in ihren jeweiligen medialen Manifestationen Herrschafts- wie Machtlegitimationen zu erschließen. Indem das Augenmerk mikroanalytisch auf einen durch zahl­reiche Transformationen wie tief greifende Umbrüche verdichteten Zeitraum gerichtet wurde, konnten Strategien, Regeln, Bauprinzipien, nicht zuletzt Repräsentationsformen und Strukturen in der Behauptung politischer Geltung konturiert werden. Im Vordergrund standen zunächst über Fallbeispiele die vielfachen Verknüpfungen persönlicher Idoneität mit vornehmer Abstammung für die Begründung wie Stabilisierung dynastischer Herrschaft. Die Analyse der Begründungsstrategien und Repräsentationsformen führte über die Frage nach der Herstellung und Sicherung von Ansehen hinaus auf die Problematik politischer Setzungen im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Gerade „die Veränderungen adligen und bürger­ lichen Selbstverständnisses, die neuen Entwürfe von Gemeinschaft, […] Herrschaft und Macht“,1 die sich um 1500 manifestieren, boten ein überaus ergiebiges Untersuchungsfeld. Paradigmatisch ließ sich über den Gegenstandsbereich der Verkörpe­ rungen von Herrschaft und Macht hinaus erhellen, dass und inwiefern darin Medien eine zentrale Rolle einnehmen. Das weit gespannte Programm konnte im Rahmen der Analysen nur in exemplarischen Fallstudien an einem eingegrenzten Materialfeld aus Literatur wie Historiographie über Text und Bild umgesetzt werden. Die Studien konzentrierten sich im Umfeld Kaiser Maximilians I. wie der Fugger auf Strategien der Naturalisierung von Herrschaft durch das Blut. Zugleich wurden Legitimierungen für Macht über persönliche Eignung, Würde, Ehre, individuelle virtus, auch Tauglichkeit und Befähigung perspektiviert. Sowohl der dynastische Herrscher, wie auch der mächtige und adlige Kaufmann ist auf Techniken zur Plausibilisierung seiner exzeptionellen Position angewiesen: Wie dabei von Fall zu Fall unterschiedliche Kriterien zur Begründung der Macht zum Tragen kommen, die ihrerseits aus Wertehorizonten heterogen strukturierter Gruppen stammen, und zur Ausbildung ganz diverser Rollen führen, wurde gezeigt. Der Schwerpunkt lag in den einzelnen Abschnitten auf den genealogischen Herleitungen und Repräsentationen individueller Herausgehobenheit unter Maximilian I., der als Kaiser eines Wahlsystems2 besonders auf Legitimität seiner Person angewiesen ist (Kap. 2), zugleich auf den multimedialen, weit ausgreifenden Legitimationsstrategien sowie den breiten Diskurs über die Eignung als Adlige und Kaufmänner bei den Fuggern, die ebenso legitimierungsbedürftig sind (Kap. 3). Da die Themen-

1 Kellner/Müller/Strohschneider (2011), S. 2. 2 „Dadurch rückte die persönliche Eignung und Würdigkeit eines Herrschers mehr in das Zentrum der zeitgenössischen Legitimationsdiskurse.“ (Andenna/Melville [2015], S. 14) https://doi.org/10.1515/9783110539110-004

454 

 4 Ergebnisse

stellung auf den Entwurfscharakter von Macht wie Herrschaft zugeschnitten wurde (Kap. 1), war ein systematischer Rahmen für diese Studien gesetzt, der Kohärenz sicherte. Tatsächlich tat sich eine Reihe von Bezügen zwischen den verschiedenen Materialien und Feldern der genannten Untersuchungszentren hervor: So kristallisierte sich quer zu den je unterschiedlichen Kontexten, Bedingungen und Voraussetzungen in der Konstituierung der einzelnen politischen Ordnungen ein gemeinsamer Rückgriff auf das Blut als Begründungsfigur heraus. Diese fundamentale und übergreifende Stellung genealogischer Argumentationen sollte jedoch nicht über die ebenso herausgearbeiteten Differenzen sowie Eigenheiten in den einzeln untersuchten Machtentwürfen hinwegtäuschen: So zeigte sich unter Maximilian I., dass Legitimationen über das Blut der Dynastie nicht mehr allein auf Glauben beruhen können, sondern in der Frühen Neuzeit immer stärker ‚wissenschaftlich‘ zu verifizieren sind; so konnte in den Studien zu den Fuggern dokumentiert werden, dass Tugend- und Geblütsadel, des Weiteren Geld und Blut vielfach verschränkt werden, was zu einem intrikaten Nebeneinander älterer mit neuerer Legitimationsmuster, aber auch zu Problemen führt; so erhellten die enormen Konstruktionsleistungen in den multimedial angelegten Ehrenwerken Kaiser Maximilians I. wie auch der Fugger den Einsatz von Blut als Argument, wiesen darin aber gerade auf ihr Brüchigwerden um 1500 hin, so dass etablierte Konzepte und Repräsentationsformen nach besonderer Affirmation oder auch Neudefinitionen verlangten. Sowohl die Leistungen der jeweiligen Medien für sich, als auch die Wechselverhältnisse und das Zusammenspiel der Medien untereinander wurde genauer untersucht. So konnten beispielsweise die gedruckten gedechtnus-Werke unter Kaiser Maximilian I. in ihrer Memorialfunktion erschlossen werden. Gleichzeitig wurde pointiert, dass eine nahezu ‚ubiquitäre‘ mediale Verfügbarkeit des Kaisers einer Gefährdung seiner spezifischen Aura Vorschub leistete. Umgekehrt führte die Sakralisierung des Herrschers zu Verstehensbarrieren, die durch Hilfsmittel wie beispielsweise eine Clavis abgebaut werden mussten. Darüber hinaus analysierten die Studien, wie es in kühnen, großformatig-multimedial angelegten Projekten möglich wird, gleich mehrere Rollen der Herrscherfigur medienwirksam zu repräsentieren. Deutlich wurde auch die Bedeutung der jeweiligen Materialität der Medien: So konnten die ‚teuren‘, mit Gold und Silber veredelten Ehrenwerke der Fugger als ganz besondere ‚Träger‘ für deren Macht interpretiert werden.3 Zugleich wurde ersichtlich, dass es auch eine Änderung innerhalb der Medienwahl geben kann: So wurde in den Ehrenwerken der Fugger einerseits ein Wechsel

3 Zu einer Steigerung dieser herausgearbeiteten Ergebnisse kommt es schließlich in der 1628 erschienen und von Johann Nass bearbeiteten Genealogia Fuggarcia Oder Stammen der Hochberhüembten ganzen Fuggerischen Familie von der Gilgen, wie das Titelbild zu dieser Zusammenfassung visualisiert: Das Gold auf der Titelseite des Buches verweist auf die ‚veredelte‘ Genealogie des Hauses der Fugger schlechthin.

4 Ergebnisse 

 455

weg von der Illustrierung hin zur Vertextung ausgemacht, wenn es darum ging, möglichst ‚lückenlos‘ die Familiengeschichte in einem Werk aufzunehmen; komplementär dazu veränderte sich beispielsweise die visuelle Repräsentation: Anstatt mit Portraits wurde die Macht der Familie in den Ehrenwerken zunehmend über Wappen symbolisiert, wenn diese unabhängig von ‚natürlichen‘ Vorlagen zur Anschauung gebracht werden sollte; schließlich wurde aufgezeigt, wie sich mit der Wahl von Handschrift oder Druck auch Änderungen in den Darstellungsweisen der Texte und Bilder selbst ergeben. Der Analyse des Medialen kam in dieser Studie besondere Relevanz zu. Auch wurde das Moment des Entwurfes stark gemacht: Umarbeitungen und Streichungen im Material zeigten, wie an Argumentationsschemata innerhalb der Werke gearbeitet wurde und in welchem Verhältnis neue sowie alte Medien standen.4 Deutlich wurde über diese mediengeschichtliche Erschließung die Rückgebundenheit von Machtrepräsentation an Text und Bild. Diese Beobachtung war Ausgangsprämisse und trug gerade auch dann einen besonderen analytischen Mehrwert in sich, wenn man eingesteht, dass „[j]e weiter die zu untersuchende Kultur von unserer eigenen Welt entfernt ist, desto ausschließlicher […] sie uns nur noch in schriftlicher [und bildhafter] Überlieferung zugänglich [ist].“5 Erst über ein textwie bildwissenschaftlich verbindendes Vorgehen war es möglich, die Machtentwürfe genauer zu analysieren. Es kristallisierte sich heraus, dass mediale Dispositionen, unterschiedliche Modi von Zeichenhaftigkeit, textuelle und ikonische Strukturmuster nicht als bloße ‚Einkleidungen‘ diskursiver Strategien zu betrachtet sind, sondern Konstituenten dieser Strategien selbst sind: Macht konstituiert sich über mediale Symbolisierung,6 ihre Geltung erhält Wirkung.7 Die ‚medialen‘ Körper von Herrschenden und Mächtigen wurden dahingehend besonders analysiert. Daher gewann der Begriff der ‚Verkörperung‘ in diesen Studien Stellenwert: Mit ihm ist die Verweisstruktur personaler Rollenträger angedeutet worden.8 Die historischen ‚Spezifitäten‘ der Machtentwürfe unter Habsburgern wie Fuggern in ihren zeitlich wie auch regionalen Eigenheiten sollten nicht aus dem Blick verloren werden. Daher blieb die Materialbasis eingegrenzt. Die vorliegenden Fallstudien können im Sinne einer Kulturgeschichte des Politischen auch ausgeweitet werden. Die zusammenfassenden Berichte nach den jeweiligen Kapiteln eröffnen Perspektiven.9

4 Siehe unter dieser Perspektive mit Bezug auf Kaiser Maximilian I. auch Kiening (2016), S. 216–217. 5 Müller (2010a), S. 7. 6 Erst über Formen, Zeichen und Verkörperungen können Ordnungen ein Verständnis ihrer selbst entwickeln: Vgl. Vorländer (2013b), S. 13–14. 7 Rehberg (2014d), S. 101. 8 Vgl. Stollberg-Rilinger (2005), S. 21. 9 Komplementär zu den bisherigen wären Studien ergiebig, die sich mit Situationen des Machtverlusts beschäftigen: Was ist, wenn das Blut einer Dynastie oder eines Machtverbandes nicht mehr auszureichen droht, um Macht zu erhalten, wie beispielsweise unter König Heinrich III., mit dem 1589 nach 261 Jahren die direkte Linie der Valois erlosch? Auf welche anderen Strategien wird dann

456 

 4 Ergebnisse

Abb. 2: Bundestagswahlkampf, Deutschlands Zukunft in guten Händen (2013)10

gegebenenfalls durch Machthaber oder ihr Umfeld umgeschwenkt? Konzentrieren könnten sich die Studien explizit auf den Moment des Untergangs von Machtverbünden. Darüber hinaus wäre näher auf mittelalterliche wie frühneuzeitliche Diskurse um und Praktiken mit ‚gestörten‘ Herrschern sowie Mächtigen einzugehen (einführend Auge [2015], S. 39–58). Verliert beispielsweise ein blinder Herrscher automatisch die Legitimation für Macht oder bietet der Makel seines Körpers, wie mit Ludwig dem Blinden bereits in der Einleitung angedeutet werden konnte, in einer Art ‚Narbenschau‘ Potential zur Steigerung seiner Potenz? Ist die Zuschreibung von Wahnsinn, wie beispielsweise bei Johanna der Wahnsinnigen, erst als ‚politisches Argument‘ von Konkurrenten im ‚Wettbewerb‘ um politische Geltung ‚produziert‘ worden? (Vgl. Nolte [2000], S. 1–36) Ist Hässlichkeit immer negativ konnotiert oder kann sie sogar als Auszeichnung ausgelegt werden? (Einführend Bettella [2005]) Sind Bastarde automatisch, aufgrund ihrer prekären Zeugung, aus dem Machtraum ausgeschlossen oder lassen sich vielmehr hybride Figurationen finden? (Einleitend die Überlegungen von Bartl/Catani [2010] und v. a. Slanička [2009], S. 5–22) Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit scheint, das als erste Hypothese, eine weitaus höhere „Ambiguitätstoleranz“ (zum Terminus: Bauer Th. [2011a]) im Umgang mit gestörten wie verletzten Körpern vorzuherrschen, als dass sich ‚geordnete‘ und ‚chaotische‘ Körper rein dichotomisch gegenüber stünden. Des Weiteren könnte genauer auf den ‚Einsatz‘ von Schmähschriften und Schandbilder eingegangen werden: Mit einer Fülle an Beispielen Lentz (2004). Deren Analyse würde weitere Ergebnisse gerade auch dann liefern, wenn Schmähschriften wie Schandbilder keine ‚offizielle‘ und institutionalisierte Strafpraxis darstellen, sondern ihre Praxis weitaus mehr eine ‚inszenierte‘ Wirklichkeit in Text wie Bild widerspiegelt. (Ders. [2000], S. 48 und v. a. S. 57–58) Nicht zuletzt wäre es produktiv, ein Augenmerk auf die Funktion von Spottpraktiken zu legen. So beispielsweise im publizistischen ‚Krieg‘ zwischen altgläubigen und reformatorischen Kräften um 1500: Gerade weil der Körper des Papstes als Leib der Kirche verstanden wird, zu dem die Kardinäle als Glieder gehören, ist er entscheidendes Argument für die Einheit der Kirche. Zugleich liefert die Physis des Papstes den Angriffen der Reformation eine ideale Zielscheibe. (Emich/Wieland [2013], S. 15) ‚Absetzungsverfahren‘ von Herrschern wie Mächtigen wären ebenso genauer zu beleuchten: Wird der Herrscher erst untauglich ‚gemacht‘ durch politische Konkurrenten? (Einführend hierzu Rexroth [2015], S. 77–97) Die Studie würde sich dahingehend auch öffnen, weil sie politische Praktiken untersuchte. 10 Eine Abbildung des Plakats aus dem Jahr 2013 ist entnommen dem Webauftritt der Bundespartei CDU (erreichbar unter https://www.cdu.de/artikel/cdu-riesenposter-im-herzen-der-hauptstadt-0 [abgerufen zuletzt am 29.09.2016]).

4 Ergebnisse 

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Wie sich Führungsfiguren auch im 21. Jahrhundert inszenieren, könnte nicht zuletzt ein Blick auf die deutsche Bundeskanzlerin zeigen, um der Studie ein besonders markantes Beispiel beizulegen.11 Gerade daher scheint es gerechtfertigt, dieses einer Arbeit, die sich mit Entwürfen von Macht beschäftigt, abschließend anzuhängen, weil sich so untermauern lässt, dass Macht nicht nur in der Vormoderne, sondern in einer longue durée bis heute über die Figur der ‚Herrschenden‘ selbst repräsentiert wird.12 Die Tatkraft der Bundeskanzlerin visualisiert besonders einprägsam ein für den Bundestagswahlkampf entworfenes Riesenplakat:13 Angela Merkels Hände, die darin symbolhaft eine Raute darstellen, werden mosaikartig gebildet durch die vielen weiteren Hände der Menschen, die sie vertritt (Abb. 2 und Abb. 3).

Abb. 3: Bundestagswahlkampf, ­ eutschlands Zukunft in guten Händen, D Detail (2013)

11 Mit Blick auf den Gewinner der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl aus dem Jahr 2016 und seinem Politikstil eröffnet sich eine Perspektive ganz eigener Dimension. 12 Im Rückgriff auf das untersuchte Material aus dem Spätmittelalter sowie der Frühen Neuzeit erscheint entscheidend, dass vergangene Epochen nicht exklusiv die Domäne fachspezifischer Wissenschaftler sind, sondern dem kulturellen Gedächtnis und Selbstverständnis einer größeren Gemeinschaft gehören. Als Herausforderung kann dabei gelten, die historische Spezifik verschiedener Epochen zu akzentuieren sowie Kontinuitäten und Diskontinuitäten differenziert herauszuarbeiten. Probleme des 21.  Jahrhunderts werden durch eine Kulturgeschichte des Politischen, die sich mit einem ‚ethnologischen‘ Blick zurück auf Geschichte als ein kulturelles Phänomen bezieht, nicht gelöst. Doch sind es gerade jene ‚alten‘ Erfahrungen, die eine Grundvoraussetzung für ‚neue‘ Herausforderungen schaffen; oder anders formuliert: „Dieses Verstehen der Geschichte und der Traditionen bietet selbstverständlich keine Lösungen für die […] Aufgaben der Gegenwart, aber ist wohl eine der Bedingungen dafür.” (Kellner [2012], S. 116) Daher sind diese Studien nicht als Ergebnis einer Spezialdisziplin aufzufassen, sondern eines Fachbereiches, der Geschichte insgesamt in den Blick nimmt: Müller (2010a), S. 2. 13 Mit 2.378 Quadratmetern setzte das Poster am Hauptbahnhof Berlin auch rein größentechnisch Maßstäbe in Bundestagswahlkämpfen. Die 2.150 einzelnen Hand-Motive sind dabei das Ergebnis einer so genannten CDU-Mitmach-Aktion: Mitglieder, Unterstützer und Freunde werden Teil des Wahlkampf-Projekts; die Riesenfläche inszeniert sich damit auch in ihrer Produktion selbst als Gemeinschaftsleistung. Dies hat  – unfreiwillig  – Ähnlichkeit mit einem Propaganda-Video der türkischen AKP, das, strukturell gelesen, ähnliche Muster aufweist (erreichbar unter https://www.youtube. com/watch?v=80J0FCe69to [abgerufen zuletzt am 29.09. 2016]).

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 4 Ergebnisse

Die Führung mit ruhiger Hand ist die Fiktion eines tatkräftigen politischen Handelns für das Volk, das erst inszeniert werden muss, um dann repräsentiert werden zu können.14 Gewissermaßen unter der bunten Farbschicht verweist das (Riesen-)Bild auf die Präsentation eines Politikstils.15 Darin entspricht die Inszenierung aber gerade nicht der Realität des politischen Systems:16 Die Kanzlerin verdankt ihren herausgehobenen Status nicht einem Engagement für Land und Bevölkerung, sondern ihrer Parteizugehörigkeit,17 ihrem Wahlmandat, in den Worten Barbara Stollberg-Rilingers, „ihrem Ort im politischen System.“18

14 Butler (2016) [englisch zuerst 2015], S. 212. 15 Zur Definition siehe genauer: Stollberg-Rilinger (2016a), v. a. S. 21–22. 16 „[M]it anderen Worten: Das [moderne] politische System hat eine gewisse Autonomie gegenüber seiner gesellschaftlichen Umwelt gewonnen und reproduziert sich nach seiner eigenen Logik.“ (Stollberg-Rilinger [2016b], S. 150) 17 Auf sie wird an den Plakatseiten verwiesen. 18 Stollberg-Rilinger (2016b), S. 151. Diese Art der Inszenierung von Macht unterscheidet sich damit von einem älteren Repräsentationsverständnis, wie sie die Studie untersuchte. Generell zur symbolisch-rituellen ‚Grammatik‘ im politischen Kontext mit einem Vergleich zur vormodernen Repräsentation siehe ebd.: „Das Repräsentationsverhältnis ist in der Moderne ein […] abstraktes […].“

Anhang

5 Verzeichnisse 5.1 Abkürzungsverzeichnis BayStabi Bayerische Staatsbibliothek München Bearb. Bearbeiter cgm Codex Germanicus Monacensis [Bestand: BayStabi] cod. Codex cod.guelf. Codex Guelferbytanus cod.icon Codices Iconographici [Bestand: BayStabi] cvp Codex Vindobonensis Palatinus [Bestand: ÖNB] HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Hs. Handschrift(en) Hzg./Hzg.in Herzog/Herzogin Inv.-Nr. Inventarnummer Kg./Kg.in König/Königin Ks./Ks.in Kaiser/Kaiserin ÖNB Österreichische Nationalbibliothek Wien StA Staatsarchiv StAA Staatsarchiv Augsburg StadtA Stadtarchiv StadtAA Stadtarchiv Augsburg StBA Staats- und Stadtbibiliothek Augsburg UB Universitäts-Bibliothek Übers. Übersetzer

5.2 Abbildungsverzeichnis Kapitel 1 1: Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 8r. 2: Raphael Hofhalter, Triumphus Ferdinando I. Ro. Imperatori […] Archigymnasii Viennensis nomine pro foelicibus Imperii auspiciis renunciatus. Ad Eundem Panegyrica Aliquot doctissimorum hominum carmina, Viennae Austriae 1558 (ÖNB, VD16 E 550), Bl. EA (das Gedicht als Faltblatt eingeklebt; ÖNB, 38 E 47). 3: Edelsteinwand in der Kreuzkapelle auf Burg Karlstein (um 1400), Gesamtansicht heutiger Zustand [eigene Fotografie]; siehe einen ähnlichen Abdruck bei Seibt (1978), S. 96. 4: Fresken, Sigmund von Bayern-München, Alter Hof München (um 1460), Ausschnitt heutiger Zustand [eigene Fotografie]; siehe den S/W-Abdruck bei Clemens (2001), S. 160. 5, 6: Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Speculum vitae humanae (deutsch: Spiegel des menschlichen Lebens), Augsburg 1476, Stammbaum der Habsburger (UB Heidelberg, Q 8516 qt. INC), Bl. 8r, Bl. 8v. 7: Ulenspiegel als Maler; Herman Bote, Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel gebore uß dem Land zu Brunßwick. Wie er sein Leben volbracht hatt. 96 seiner Geschichten,

https://doi.org/10.1515/9783110539110-005

462 

8:

 5 Verzeichnisse

Straßburg 1515, Bl. G3r; Abdruck des Holzschnitts bei Wolfgang Lindow (2010), 27. Historie, S. 77. Pfaffe Amis beim König in Paris; Der Stricker, Pfaffe Amis, Straßburg 1478 (BayStabi. 4 Inc.s. a. 1719 m), fol. 6r.

Kapitel 2 1: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506) [eigene Fotografie]; Schloss Tratzberg, Tirol, Wandmalerei (Gesamtlänge: 46 Meter; dargestellte Personen: 148), hier zu sehen: Kaiser Maximilian I. (1459–1519). Václav Brožík, Tu felix Austria nube (1898); Belvedere, Wien, Inv.-Nr. 2768; Öl auf Leinwand 2: (430cm x 730cm). Joannes Neuschel, Epithalamium Augustissimo Austriae: ÖNB cod. ser. n. 3261, Bl. 5r. 3: Lavierte Federzeichnungen aus Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 4–5: 1514/151516 (HHStA Wien, cod. 24), fol. 6r, fol. 30r; siehe die Abdrucke auch bei Bensch/ Auer (1957), S. 115, S. 119. Wappenwand Kaiser Friedrichs III. (1453), Detailansicht heutiger Zustand [eigene 6: Fotografie]; Abdruck bei Schauerte (2011), S. 428. Einzug Karls V. in Brügge (1561): ÖNB cod. 2591, fol. 46v, fol. 58v, fol. 45v, fol. 37r. 7–10: Wilelm de Pannemaker, Karl im Tunisfeldzug (um 1548–1554); Wilelm de Pannemaker, 2. 11: Teppich: Die Musterung des Heeres in Barcelona durch Kaiser Karl V., Teppich (532cm x 715cm), Madrid, Patrimonio Nacional, Inv.-Nr. A 325-10761, S. 13/2; siehe die Abbildung bei Seipel (2000), S. 62–63. Julius Victor Berger, Kaiser Maximilian als Förderer der Kunst (1891), Ausschnitt, heutiger 12: Zustand [eigene Fotografie]; Deckengemälde im Goldenen Saal des Kunsthistorischen Museums Wien; die Gesamt- und Detailabbildung auch bei Telesko (2013), S. 116. Weißkunig Handschrift E (um 1514–1519): ÖNB cod. 2832 Han, Bl. 262a. 13: 14, 16: Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515): ÖNB cod. 3034, fol. 126r, fol. 125r. 15, 17: Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig Handschrift A“; Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei „Weißkunig Handschrift A“, Bd. 2, Tafel 127, Tafel 129. Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515): ÖNB 18: cod. 3033, fol. 166v. Marx Treitzsaurwein und Kaiser Maximilian, Entwurf zur Buchgestaltung (um 1515): ÖNB 20: cod. 3034, fol. 166v, fol. 161r. 19, 21: Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig Handschrift A“; Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei „Weißkunig Handschrift A“, Bd. 2, Tafel 137, Tafel 154. 22–32: Kaiser Maximilian, Marx Treitzsaurwein, „Weißkunig Handschrift A“; Holzschnitt von Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Hans Schäufelein und Hans Springinklee; siehe die Abdrucke bei „Weißkunig Handschrift A“, Bd. 2, Tafel 76, Tafel 182, Tafel 192, Tafel 20, Tafel 153, Tafel 33, Tafel 66, Tafel 16, Tafel 24, Tafel 25 und Tafel 232. 33–52: Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein „Teuerdank“; von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellte kolorierte Holzschnitte; siehe die Abdrucke bei Grebe (2015), Tafel 117, Tafel 1, fol. Ai, Tafel 21, Tafel 52, Tafel 60, Tafel 70, Tafel 78, Tafel 84, Tafel 110, Tafel 111, Tafel 112, Tafel 118, Tafel 115, Tafel 16, Tafel 11, Tafel 32, Tafel 102, Tafel 103 und Tafel 107.

5.2 Abbildungsverzeichnis  

53–56:

 463

Süddeutsche Meister, „Freydal“ (um 1512–1515); Kunsthistorisches Museum, Wien. Inv.-Nr. KK 5073, Tempera- und Aquarellmalerei (je 38,2cm x 26,8cm), fol. 17r, fol. 118r, fol. 115r, fol. 56r. 57: Joos van Cleve, Maximilian mit Schriftrolle (um 1528); Koninklijke Musea voor Schone Kunsten van Belgiё, Brüssel, Inv.-Nr. 2581, Öl auf Holz (33cm x 23cm). 58: Joos van Cleve, Maximilian mit Nelke (1530); Rijksmuseum Amsterdam, Amsterdam, Inv.-Nr. SK-A-3293, Öl auf Holz (34,6cm x 24,4cm). 59: Albrecht Dürer, Konrad Celtis überreicht Maximilian die „Amores“ (um 1502); Albertina, Wien, Inv.-Nr. DG 1934/476; Holzschnitt partiell laviert (21,7cm x 14,7cm). 60–63: Meister der Celtis-Illustrationen, Holzschnitte zum 1. bis 4. Buch der „Amores“ (1502); Abdrucke bei Luh (2001), Tafel 11, Tafel 13, Tafel 15 und Tafel 17. Anonym (vormals zugeschrieben Hans Suess von Kulmbach), König Maximilian als 64: Hercules Germanicus (um 1493–1500); Graphische Sammlung Albertina, Wien. Inv.-Nr. DG1948/224r; Druckgraphik/Holzschnitt (28, 3cm x 17, 8cm). Hans Burgkmair, Insignien des Collegium poetarum et mathematicorum (1504/1505); 65: Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 369-2; Holzschnitt (15cm x 22,7cm). 66–70: Goldenes Dachl in Innsbruck (um 1500), heutiger Zustand [eigene Fotografien]. 71–78: Hans der Maler von Ulm, Habsburger-Stammbaum (1505/1506), Ausschnitt, heutiger Zustand [eigene Fotografien]; Abbildungen auch bei Hye (2003), S. 165, S. 19, S. 121, S. 137, S. 157, S. 163, S. 17 und S. 41. Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1559), Gesamtansicht; 3. Ausgabe der Ehrenpforte durch 79: Raphael Hofhalter; Albertina Wien, Inv.-Nr. DG 1935/973, kolorierter Riesenholzschnitt, 195 Druckstöcke, 36 Foliobögen (341cm x 292cm). 80–87: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1515), Ausschnitte; Abbildung bei Chmelarz (1972), S. 289–319 und Tafelband, Tafel 6, Tafel 12, Tafel 13, Tafel 14, Tafel 15, Tafel 16, Tafel 17 und Tafel 18. 88–92: Albrecht Dürer, Ehrenpforte (1559), Ausschnitte; 3. Ausgabe der Ehrenpforte durch Raphael Hofhalter; Albertina Wien, Inv.-Nr. DG 1935/973, kolorierter Riesenholzschnitt, 195 Druckstöcke, 36 Foliobögen (341cm x 292cm). Albrecht Dürer, Skizze Triumphzug (1519); Abbildung bei Michel/Sternath (2013), S. 263, 93: Kat. 62. Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug (um 1512–1515); Federzeichnung mit 94: Aquarell- und Deckfarbenmalerei auf Pergament (je ca. 45cm x 95cm), Gesamtlänge 53,8m, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 25205–25263. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei Michel/ Sternath (2013), S. 228, Kat. 68. 95–97: Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Triumphzug (1526); Holzschnitt, Wien, Albertina, Inv.-Nr. Cim. I, Nr. 6. Siehe die Abbildung bei Appelbaum (1964), S. 129. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei Michel (2013d), S. 270, S. 269. Albrecht Dürer, Entwurf zum Triumphwagen (um 1512); Feder in Braun (15,9cm x 45,7cm), 98: Wien, Albertina, Inv.-Nr. 3140. Siehe die Abbildungen in Farbe auch bei Michel/Sternath (2013), S. 259, Kat. 58. 99: Albrecht Dürer, Großer Triumphwagen (1522); 1. Ausgabe, Druck von 1520–22), Holzschnitt, 45cm x 222,8cm, Wien, Albertina, Inv.-Nr. DG 1934/577. 100, 101: Albrecht Altdorfer und Werkstatt, Triumphzug (um 1512–1515); Federzeichnung mit Aquarell- und Deckfarbenmalerei auf Pergament (je ca. 45cm x 95cm), Gesamtlänge 53,8m, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 25205–25263. Siehe Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei Michel/Sternath (2013), S. 230–231, Kat. 84 und Kat. 80. Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530) [eigene Fotografie]. 102: 103: Grabmal Margaretes von Habsburg, Brou (um 1532) [eigene Fotografie].

464 

 5 Verzeichnisse

Grabmal Kaiser Karls V., Escorial (um 1560) [eigene Fotografie]. 104: 105, 106: Jörg Kölderer, Die Ahnen Kaiser Maximilians I. (um 1512); Aquarellierte Federzeichnung auf Pergament (35,5cm x 339cm), Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 5333. Siehe die Abbildungen zur Ahnengalerie in Farbe auch bei Michel/Sternath (2013), S. 170. 107–112: Grabmal Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530) [eigene Fotografien]. Albrecht Dürer, Graf Albrecht IV. von Habsburg (um 1513/1514); Feder in Braun, aquarelliert 113: (31,3cm x 15,7cm), Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, KdZ 4260; siehe die Abbildung auch bei Michel/Sternath (2013), S. 361. Tumba am Grab Kaiser Maximilians I., Innsbruck (um 1530) [eigene Fotografie]; Frenzel 114: (2003), Tafel XII, S. 32. Kopie nach Monogrammist A. A., Kaiser Maximilian I. als Lebender und als Toter (um 1519); 115: Städtisches Museum, Zittau. Inv.-Nr. 2.690/60; Mischtechnik auf Holz (43cm x 31,8cm). 116, 117: Johannes Stabius, Scriptus super conclusionibus genealogiae illustrissimae domus Austriae, ÖNB cvp 3327, fol. 6r, fol. 11v. Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 118: 3r 119, 120: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3072*, fol. 44r, fol. 62r. 121–132: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3075, fol. 12v–13r, fol. 32v–33r, fol. 57v, fol. 85r, fol. 115v, fol. 116r, fol. 117r, 117v, fol. 157v, fol. 162v, fol. 166v, fol. 175v. 133, 134: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3076, fol. 1r; ÖNB cvp 3077, fol. 34r. 135–137: Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, ÖNB cvp 3076, fol. 135r, fol. 139v, fol. 145r. 138–150: Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger, ÖNB cvp 7892, fol. 4r, fol. 5r, 14r, fol. 15r, fol. 23r, fol. 24r, fol. 25v, fol. 34r, fol. 39v, fol. 54r, fol. 55r, fol. 63v, fol. 93r. Paul Fürst und Werkstatt, Eröffnungssitzung Reichstag in Regensburg 1653, Holzschnitt 151: und Kupferstich, Radierung und Typendruck (23,2cm x 31cm, Bild; 51cm x 33,2cm Text), Nürnberg, Graphische Sammlung, HB 6338. Kapitel 3 1, 2: Breu-Werkstatt, Geheimes Ehrenbuch um 1545 (BayStabi. cgm 9460): fol. 11r (Ulrich Fugger und Radigunda Mundsam), fol. 12v (ihre Söhne). Lucas Cranach d. Ä., Der Adel (1509); Abbildung bei Lippmann (1895), Nr. 35. 3: 4: Anonym: Fuggerhäuser Fassade; Ausschnitt aus einer Postkarte um 1910 (Privatbesitz). Julian Groeschel: Fuggerhäuser Damenhof (Skizze von 1888); Abbildung bei Herre (1985), 5: S. 41. Ferdinand Wagner d. Ä., Gründung der Fuggerei durch Jakob Fugger; Maximilian nimmt die 6–8: Geschenke der Augsburger entgegen; Kniefall Anton Fuggers vor Karl V. nach der Schlacht bei Mühlberg (1860–1863); Abbildung bei Andrew (1963), S. 337–338. Georg Seld: Fuggerei Überblick (Holzschnitt von 1521); Ausschnitt aus Planansicht der 9: Stadt Augsburg; die Abbildung aus Kießling/Plaßmeyer (1999), S. 137. Fuggerkapelle, Augsburg (um 1518); Detailansicht heutiger Zustand [eigene Fotografie]. 10: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kleinodien von Burgund (um 1555); 11: Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 8r.

5.2 Abbildungsverzeichnis  

12:

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14:

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16–22:

23, 24:

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40:

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Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Grab Marias von Burgund (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 50v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Erherzogshut (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 31v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kaiserliche Insignien (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 35r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Ermordung Albrechts (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 139v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Ernholde (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 10v, fol. 43v, fol. 74v, fol. 85v, fol. 125v, fol. 184v; (ÖNB cvp 8614), fol. 1v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Stammbaum (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 143r–143v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Autorentafel (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 5v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Jakob Mennel liest (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 49r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kunz von der Rosen (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 311r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kaiser Maximilian I. (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), Titelbild. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kaiser Maximilians Devisen und Symbole (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 314r–319r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kaiser Maximilian I. und Maria von Burgund (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 314v, 315r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Habsburgisches Ehrenwerk, Kaiser Maximilian I. (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 315v, 316v, 317v, 318r, 318v, 319r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Kaiser Maximilian I. (um 1555); Ausschnitt aus Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 294r. Kaiser Maximilian, Melchior Pfintzing, Hans Leonhard Schäufelein „Teuerdank“; von Leonhard Beck, Hans Burgkmair und Hans Schaufelein erstellter kolorierte Holzschnitt; siehe den Abdruck bei Grebe (2015), Tafel 118. Jakob Mennel, Lerchenspiegel (1518); Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, Wien 1518 (ÖNB cvp 3075), fol. 184v.

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 5 Verzeichnisse

Jakob Mennel, Ausschnitte (1518); Jakob Mennel, Fürstliche Chronick genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel, Wien 1518 (ÖNB cvp 3075), fol. 5r; (ÖNB cvp 3076), fol. 126r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Ausschnitte (um 1555); Hans Jakob 43: Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 333v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Stammbaum (um 1555); Hans Jakob 44: Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 97v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Erwerbungen Habsburgs (um 45: 1555); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 73v. 46, 47: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Rudolf I. (um 1555); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613,) fol. 97v, fol. 85v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Grabmal Friedrichs III. (um 1555); 48: Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613,) fol. 103r Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Schlachtendarstellung (um 1555); 49: Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8614), fol. 200v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Schloß Habsburg (um 1555); Hans 50: Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 110v. 51, 52: Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Wundergeburten und Naturkatastrophen (um 1555); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 108r, fol. 109r. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Verleihung Wappen (um 1555); 53: Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol. 261v. Hans Maisfelder, Georg Fellengibel und Simon Gartner, Schloss Bieberbach (um 1555); 54: Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613), fol 269v. Sigmund von Birken, Vorwort (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], 55: Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. iiiii. Sigmund von Birken, Grav Rudolphi Geburt (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von 56: Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 49. Sigmund von Birken, Register (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], 57: Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. P ppppppp. Sigmund von Birken, Kalender (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], 58: Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. D ggggggg. 59, 60: Sigmund von Birken, Beschreibung der Buchdruckerei (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 527, Bl. 528. 41, 42:

5.2 Abbildungsverzeichnis  

61–63:

 467

Sigmund von Birken, Stammreihen und Stammbaum (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 22, Bl. 28, Bl. 1400. 64, 65: Sigmund von Birken, Landkarten (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 36, Bl. 161 66: Sigmund von Birken, Stammtafel der Fugger (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. iiiii. Sigmund von Birken, Leichenordnung (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken 67: [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 1076. Sigmund von Birken, Friedrichs Kinder (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken 68: [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 1085. Sigmund von Birken, Maximilians Gefahren (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von 69: Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 1383. Sigmund von Birken, Maximilian diktiert (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken 70: [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 1122. Sigmund von Birken, Stammtafel Karls V. (1668); Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken 71: [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayser- und Koeniglichen Erzhauses Oesterreich, Wien 1688 (BayStabi. Res/2 Austr. 66), Bl. 1392–1393. 72, 73: Breu-Werkstatt, Hans Fugger, Nachtragung 18. Jahrhundert (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 113v, fol. 24r. 74, 75: Breu-Werkstatt, Hans Fugger (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 9v, fol. 10r. 76, 77: Clemens Jäger, Ausschnitte (1545); Clemens Jäger, Gehaim Eernbuch, Konzeptfassung (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731), fol. 29v, fol. 30r. 78–81: Breu-Werkstatt, Jakob Fugger der Ältere und Barbara Bäsinger; Ulrich der Ältere Fugger und Veronika Lauginger; Jakob Fugger der Ältere und Barbara Bäsinger; Ulrich der Ältere Fugger und Veronika Lauginger (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 14v, fol. 15r, fol. 16r, fol. 16v. 82, 83: Breu-Werkstatt, Friedrich von Hollnegg und Justina Benigna Fugger; Severin Fugger und Catharina von Helfenstein; Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 90r, fol. 93r. 84, 85: Breu-Werkstatt, Fugger von der Lilie und Fugger vom Reh (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 1v (Fugger von der Lilie), fol. 4r (Fugger vom Reh).

468 

 5 Verzeichnisse

86, 87: Breu-Werkstatt, Fugger von der Lilie und Fugger vom Reh (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 6rv (Reh-Wappen), fol. 6r (Lilienwappen). 88, 89: Breu-Werkstatt, Genealogie der Fugger (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 13v (Andreas der Reiche und Barbara Stammler), fol. 14r (Michael, Peter und Hans Fugger). 90–98: Breu-Werkstatt, Bordüren (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 48r, fol. 49v, fol. 52r, fol. 52v, fol. 60v, fol. 61r, fol. 43r, fol. 83r, fol. 17v. Clemens Jäger, Ausschnitte (um 1545); Clemens Jäger, Gehaim Eernbuch, Konzeptfassung 99: (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Hs. 1668, Bg. 3731), fol. 19r. 100–103: Breu-Werkstatt, Bordüren (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 20v, fol. 41r, fol. 63v, fol. 56r. 104–109: Breu-Werkstatt, Fugger vom Reh (um 1545); Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]), fol. 168v, fol. 170r, fol. 174r, fol. 174v. fol. 191r, fol. 210r. 110, 111: Andreas Gessner, Kaiser Hadrian, Karl dem Große (1559); Andreas Gessener, Imperatorum Romanorum […] imagines, Augbursg 1559 (BayStabi. Rar. 2056), Bl. 15r, Bl. 82r. Dominicus Custos, Octavian Secundus in Icones decem (1593); Abbildung bei Strecker 112: (2010a), S. 131. Enea Vico, Kaiser Karl V. als Sieger über die Türken und die Protestanten (1550); Abbildung 113: bei Soly (1999), S. 476. Dominicus Custos nach Giovanni Battista Fontana, Widmungsblatt (unkoloriert) im 114: Heldenbuch (1582); Abbildung bei Strecker (2010a), S. 134. Dominicus Custos, Widmungsblatt (unkoloriert) in Fuggerorum et Fuggerarum […] 115: imagines (1593); Abbildung bei Strecker (2010a), S. 136, Kat. 12. Lukas und Wolfgang Kilian, Stammbaum der Kindes des Marx Fugger (1610); Abbildung bei 116: Zäh (2010), S. 115–130. Dominicus Custos, Widmungsblatt (koloriert) in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines 117: (1593/1619) (BayStabi. cod. icon. 380), fol. 1r. 118–125: Dominicus Custos, Kupferstiche Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1593/1619) (BayStabi. cod. icon. 380), fol. 3r, fol. 6r, fol. 5r, fol. 18r, fol. 22r, fol. 36r, fol. 38r, fol. 87r. 126–132: Dominicus Custos, Kupferstiche in Fuggerorum et Fuggerarum […] imagines (1618) (BayStabi. Rar. 643), fol. 18r, fol. 28r, fol. 54r, fol. 187r, fol. 186r, fol. 188r, fol. 185r. 133–137: Matthaei Schwartzens Lebenslauf, Augsburg 1520 (Wolfenbüttler Bibliothek 58.5 Aug. 8°); Abbildungen bei Fink (1963), Nr. 2, S. 100; Nr. 8, S. 104; Nr. 15, S. 108; Nr. 42, S. 122; Nr. 131, S. 173. Kapitel 4 Dominicu Custos, Titelblatt (1628); Johann Nass, Genealogia Fuggarica, Augsburg 1628 1: (Dillingen, Fugger-Archiv, F 1); Abbildung bei Fabien (2010), S. 188, Kat. 15.

5.3 Literaturverzeichnis 

2, 3:

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Bundestagswahlkampfplakat, Deutschlands Zukunft in guten Händen (2013); Abbildung erreichbar unter: https://www.cdu.de/artikel/cdu-riesenposter-im-herzen-derhauptstadt-0 (abgerufen zuletzt am 29.09.2016).

5.3 Literaturverzeichnis 5.3.1 Quellen Peter von Andlau, Libellus de cesarea monarchia, hrsg. von Rainer Müller, Frankfurt a. M. 1998 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 8). Anonym, Buchlin der hundert capiteln mit XXXX statuten (um 1490–1510), hrsg. von Annelore Franke, Berlin 1967. Anonym, Klage des Adels über die Bürger und deren Verteidigung (BayStabi. cgm 4930). Anonym, Lobgedichte auf die Fugger, BayStabi. Clm 711, Clm 10785. Stanley Appelbaum (Hrsg.), The Triumph of Maximilian I. 137 Woodcuts by Hans Burgkmair and Others. With a translation of descriptive text, introduction and notes, New York 1964. Horst Appuhn (Hrsg.), Der Triumphzug Kaiser Maximilians I. 1516–1518, Dortmund 1979 (Die bibliophilen Taschenbücher 100). Rodrigo Arévalo, Heinrich Steinhöwel [Übers.], Spiegel des menschlichen lebens, Augsburg 1475 (HAB 8.9 Eth. 2°). Pegolotti Francesco Balducci, La Practica della Mercatura, hrsg. von Allan Evans, Cambridge 1936. Riccardo Bartolini, Ad divum Maximilianum Caesarem Augustum, Riccardi Bartholini, de bello Norico Austriados libri duodecim, Straßburg 1516. Riccardo Bartolini, Ricardi Bartholini Perusini de bello Norico ad divum Maximilianum Austriados libri duodecim: cum Scholiis Jacobi Spiegelij Selestadiensis. […] Francofurti 1584. Beneš von Weitmuel, Chronicon [1283–1374], hrsg. von Franz Pelzel, Prague 1783–1784 (Scriptores rerum Bohemicarum). Otto Bensch, Erwin Auer (Hrsg.), Die Historia Friderici et Maximiliani, Berlin 1957 (Deutscher Verein für Kunstwissenschaft). Ferdinando Bertelli, Trachtenbuch, Venedig 1563. Anton Blaschka (Hrsg.), Die St. Wenzelslegende Kaiser Karls IV. Einleitung, Text, Kommentar, Prag 1934. Albrecht von Bonstetten, Historia Domus Austriae (ÖNB cvp 13652). Herman Bote, Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel gebore uß dem Land zu Brunßwick. Wie er sein Leben volbracht hatt. 96 seiner Geschichten, Straßburg 1515. Giovanni Francesco Poggio Bracciolini, De nobilitate, Straßburg 1513. Büchlein von der Kauffmanschaft (1511) (Herzog August-Bibliothek Wolfenbüttel, cod. guelf. 18.4 Aug. 4°). Hans Burgkmair, Heinrich Vogtherr, Augspurgisches Geschlechterbuch, Augsburg 1558. Hans Burgkmair, Turnierbuch, Augsburg 1540 (BayStabi. cod. icon 403). Konrad Celtis, Quatuor libri amorum secundum quatuor latera Germaniae. Germania Generalis, hrsg. von Felix Pindtner, Lipisae 1943 (Bibl. Scriptorum medii recentisque aevorum saec. XV– XVI). Konrad Celtis, Conradi Celitis Protucii primi inter Germanos imperatoriis manibus poete laureati quatuor libri amorum secundum quatuor latera Germanie feliciter incipiun, Norimbergae 1502. Eduard Chmelarz (Hrsg.), Maximilian’s Triumphal Arch. Woodcuts by Albrecht Dürer and Others, New York 1972 (Reprint von Eduard Chmelarz, Die Ehrenpforte des Kaisers Maximilian I., in: Jahrbuch

470 

 5 Verzeichnisse

der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 4 [1886], S. 289–319 und Tafelband). Aemilianus Cimbriacus, Encomiastica Encomiastica ad Divos Caesares Fridericum Imperatorem et Maximilianum Regem Romanorum, Venedig 1512. Dominicus Custos, Fuggerorum et Fuggerarum, quae in familia natae, quaeve in familiam transierunt, quot extant aere expressae imagines, Augsburg um 1590 (BayStabi cod. icon. 380). Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel, nach dem Druck von 1515, hrsg. von Wolfgang Lindow, Stuttgart 2010. Remy Dupuys, La tryumphante et solemnelle entree faicte sur le Joyeule aduenement de Treshault et trespuissant prince Monsigneur Charles Prince des espagnes Archiduc daustrice etc en sa ville de Bruges Lan quinze centz et quinze le dixhuictiesme Jour dapuril apres pasques Redigee en escript par Maistre Remy du puys son tres humble Indiciaire et Hystoriographe, Paris 1515 [Nachdruck bei: Sydney Anglo (Hrsg.), Remy Dupuy: tryumphante entrée de Charles Prince des Espagnes en Bruges 1515, Amsterdam/New York 1973]. Erasmus von Rotterdam, Institutio Principis Christiani. Fürstenerziehung. Die Erziehung eines christlichen Fürsten. Einführung, Übersetzung und Bearbeitung, hrsg. von Anton Gail, Paderborn 1986. Ehrenbuch der Herwart, StadtAA Reichsstadt, Schätze 194b. Ehrenbuch der Pfister, StadtAA Reichsstadt, Schätze 24. Ehrenbuch der Rehlinger, StBA 2° cod. H. 7. Ehrenbuch der Linck, StBA 2° cod. aug. 489. Ehrenbuch der Bimmel, StBA 2° cod. S. 102 (Bimmlischer Stammen: StBA, 4° cod. H. 11). Sigmund Feyrabend (Hrsg.), Frauentrachtenbuch, Frankfurt a. M. 1580. August Fink (Hrsg.), Die Schwarzschen Trachtenbücher, Berlin 1963. Theodor Fontane, L‘Adultera. Novelle, hrsg. von Gabriele Radecke, Berlin 1998 (Große Brandenburger Ausgabe. Das erzählerische Werk, Bd. 4). Hans von Francolin, Turnierbuch: Warhaffte eigentliche vnd kurzte Beschreibung aller Kurtzweil vnd Ritterspiel so der […] Fürst vnd Herr […] Maximilian […] bey vnd in […] Wien […] lassen halten, Frankfurt a. M. 1579. Ahasver Fritsch, Nobilis peccans, Nürnberg 1685. Ulrich Füetrer, Die Bayerische Chronik, hrsg. von Reinhold Spiller, München/Aalen 1969. Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Gehaim Eernbuch Mans stammens vnd Namens des Eerlichen vnd altloblichen Fuggerischen Geschlechts, Augsburg um 1545–1547 (BayStabi. cgm 9460 [BayStabi.-Hss cgm 9460]). Hans Jakob Fugger, Clemens Jäger [Bearb.], Oesterreichisch Ehrenwerkh, Innsbruck um 1555 (ÖNB cvp 8613, cvp 8614). Hans Jakob Fugger, Sigmund von Birken [Bearb.], Spiegel der Ehren des Hoechstloeblichsten Kayserund Koeniglichen Erzhauses Oesterreich: oder Ausführliche GeschichtSchrift von Desselben, und derer durch Erwählungs-, Heurat-, Erb-, u. Glücks-Fälle ihm zugewandter Käyserlichen HöchstWürde, Königreiche […], Nürnberg 1668 (BayStabi. Res. 2 Austr. 66). Andreas Gessener, Imperatorum Romanorum […] imagines, Augsburg 1559 (BayStabi. Rar. 2056). Johannes Geiler von Kaisersberg im Druck von Johannes Pauli, Die brösamlin doct. keiserspergs, Vn[d] sagt vo[n] de[n] funfftzehen Hymelschen staffelen die Maria vff gestigen ist vn[d] ga[n] tz von de[n] vier Leuwengeschrei […] nutzlich vnd gut den mensche[n], die […] dardurch gebesseret werde[n], Straßburg 1517. Johannes Gerson, Sermo in festo Nativitatis B. Mariae Virginis (1489), in: Ders., Ouevres completes, hrsg. von Palemon Glorieux, Paris/Tournai/Rome/u. a. 1963.

5.3 Literaturverzeichnis 

 471

Goldene Bulle, in: Quellen zur Verfassungsgeschichte des Römisch-Deutschen Reiches im Spätmittelalter (1250–1500), hrsg. von Lorenz Weinrich, Darmstadt 1983 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 33). Joseph Grünpeck, Historia Friderici et Maximiliani, Wien 1514/151516 (HHStA Wien, cod. 24), hrsg. von Joseph Chmel, Der österreichische Geschichtsforscher, Bd. I, Wien 1838, S. 64–97. Heinrich von Grundelfingen, Chronica Austriae, hrsg. von Alphons Lhotsky, Berlin/Zürich 1967. Heinrich von Veldeke, Eneasroman, mittelhochdeutsch und neuhochdeutsch, nach dem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Stuttgart 1986. Albert Hämmerle (Hrsg.), Derer von Stetten Geschlechterbuch, München 1955 (Stetten-Jahrbuch 2). Johann Herdegen, Historische Nachricht von deß loblichen Hirten- und Blumen Ordnens an der Pegnitz Anfang und Forgang, Nürnberg 1744. Conrad Heresbach, De educandis erudiendisque Principum Liberis, Frankfurt a. M. 1570 (BayStabi. 4 Pol.g. 117). Raphael Hofhalter, Triumphus Ferdinando I. Ro. Imperatori […] Archigymnasii Viennensis nomine pro foelicibus Imperii auspiciis renunciatus. Ad Eundem Panegyrica Aliquot doctissimorum hominum carmina, Viennae Austrae 1558 (ÖNB VD16 E 550). Homer, Ilias, übersetzt von Johann Heinrich Voss, Hamburg 1957. Horaz, Sämtliche Werke, hrsg. von Bernhard Kytzler, Stuttgart 1992. Horaz, Oden und Epoden, hrsg. von Bernhard Kytzler, Stuttgart 2005. Ulrich von Hutten, Praedones (1520), in: Ulrichs von Hutten Schriften, Bd. IV, hrsg. von Eduard Böcking, Leipzig 1963 (Aalen. Otto Zeller Verlagsbuchhandlung). Theodor Ilgen (Hrsg.), Die Geschichte Friedrichs III. und Maximilians I. von Joseph Grünpeck, Leipzig 1891 (Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, 90). Jean Froissart, Chroniques de France [1326–1400], hrsg. von Siméon Luce, Paris 1869–1975 (Société d’ Histoire de France). Hermann Kellenbenz (Hrsg.), Handelsbräuche des 16. Jahrhunderts. Das Meder’sche Handelsbuch und die Welser’schen Nachträge, Wiesbaden 1974. Julia Knödler, Martin Wagendorfer (Hrsg.), Eneas Silvius Piccolomini. Historia Austrialis, 2 Bde. Hannover 2009. Alfred Kohler, Quellen zur Geschichte Karls V. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit, Darmstadt 1990. Dusan Kos (Hrsg.), The Tournament Book of Gasper Lamberger. Codex A2290. Kunsthistorisches Museum Wien. Hof- und Rüstkammer, Ljubljana 1997. Eberhard König (Hrsg.), Das Berliner Stundenbuch der Maria von Burgund und Kaiser Maximilians. Handschrift 78 B 12 im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, Lachen 1998. Georg Kugler (Hrsg.), Eine Denkschrift Dr. Jakob Mennels, verfasst im Auftrage Kaiser Maximilians I. für seinen Enkel Karl, Wien 1960. Lex Baiuvariorum, in: Gesetze der Karolinger 714–911, Bd. 2: Alemannen und Bayern, hrsg. von Karl Eckhardt, Weimar 1934 (Germanenrechte: Texte und Übersetzungen 2/2). Elisabeth Lienert (Hrsg.), Frau Tugendreich. Eine Prosaerzählung aus der Zeit Kaiser Maximilians I. Edition und Untersuchung, München 1988. Wolfgang Lindow (Hrsg.), Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Nach dem Druck von 1515 mit 87 Holzschnitten, Stuttgart 2010. Reinhard Lorich, Paedagogia Principum, Frankfurt a. M. 1595, in: Fürstenspiegel der Frühen Neuzeit, hrsg. von Hans-Otte Mühleisen/Theo Stammen/Michael Philipp, Frankfurt a. M. 1997 (Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens, Bd. 6), S. 22–85.

472 

 5 Verzeichnisse

Johann Michael von Loen, Der Kaufmanns-Adel. Untersucht von einem unpartheyischen RechtsGelehrten, Frankfurt a. M. 1742. Tholomeus von Lucca, Annales, hrsg. von Bernhard Schmeidler, Berlin 1922. Martin Luther, Kleiner Sermon von dem Wucher (1519), in: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1966, 6. Bd., S. 1–8. Martin Luther, Von Kaufshandlung und Wucher (1524), in: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1966, 15. Bd., S. 279–313. Martin Luther, Bedenken von Kaufshandlung (1524), in: Geschichte der Ökonomie. Vierhundert Jahre deutscher Wirtschaftstheorie in 21 klassischen Texten – aus den Quellen herausgegeben und kommentiert, hrsg. von Johannes Burkhardt/Birger Priddat, Frankfurt a. M. 2000 (Bibliothek der Geschichte und Politik, Bd. 21), S. 9–34. Nicolaus Mameranus, Epithalamium Augustae in nuptiis 7. Idus Ianuarii celebratis, Augsburg 1500. Thomas Mann, Die Buddenbrooks. Verfall einer Familie, Frankfurt a. M. 1960 (Gesammelte Werke, Bd. 1). Maria von Burgund, Stundenbuch. Handschrift 78 B 12 im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, hrsg. von Eberhard König, Lachen 1998. Mathias von Neunburg, Chronica, hrsg. von Adolf Hofmeister, Berlin 1924–1940. Kaiser Maximilian, Das Diurnale oder Gebetbuch, hrsg. von Eduard Chmelarz, Wien 1884. Kaiser Maximilian, Das Fischereibuch Kaiser Maximilians, hrsg. von Michael Mayr, Innsbruck 1901. Kaiser Maximilian I., Die ruhmreichen Taten des Ritters Teuerdank. Ein illustriertes Meisterwerk der frühen Buchdruckerkunst, hrsg. von Anja Grebe, Darmstadt 2015 (Wissenschaftliche Buchgesellschaft). Kaiser Maximilian I., Freydal, Kunsthistorisches Museum, Wien. Inv.-Nr. KK 5073. Kaiser Maximilian I., Freydal. Turniere und Mummereien, hrsg. von Quirin Leitner, Wien 1881. Kaiser Maximilian I., Geheimes Jagdbuch und von den Zeichen des Hirsches/ eine Abhandlung des vierzehnten Jahrhunderts, hrsg. von Theodor von Karajan, Wien 1881. Kaiser Maximilian I., Teuerdank. Die Geferlicheiten und eins Teils der Geschichten des loblichen streitbaren und hochberümbten Helds und Ritters Herr Teuerdanks, hrsg. von Helga Unger, München 1968. Kaiser Maximilian I. Teuerdank. Faksimile, 2 Bde., hrsg. von Heinrich-Theodor Musper, Stuttgart 1968. Kaiser Maximilian I., Tiroler Fischereibuch. Illuminierte Handschrift in Faksimile. Verfaßt und geschrieben im Jahre 1504 von Wolfgang Hohenleiter. Mit Bildern von Jörg Kölderer, hrsg. von Franz Unterkircher, 2 Bde., Graz/Wien/Köln 1967. Kaiser Maximilian I., Weisskunig. In Lichtdruck-Faksimiles nach Frühdrucken mit Hilfe der Max-KadeFoundation Inc. New York für den Stuttgarter Galerieverein, hrsg. von Heinrich-Theodor Musper in Verbindung mit Rudolf Buchner/Heinz-Otto Burger/Erwin Petermann, 2 Bde., Stuttgart 1956. Joachim Meister, De Rudolpho Habsburgico Imp. Aug. Germanico libri tres editi a Ioachimo Meistero cognomento Gorlicio, Gorlicii 1576. Jakob Mennel, Stammbaum (1507) (ÖNB cod. 2800*). Jakob Mennel, Cronica Habspurgensis nuper rigmatice edita, Konstanz 1507. Jakob Mennel, Ladislaus Suntheim, Stammbaum (ca. 1509) (ÖNB cod. 3327, fol. 2). Jakob Mennel, Fürstliche Chronik genannt Kayser Maximilians Geburtsspiegel (1512–1517) (ÖNB cvp 3072*, 3073, 3074, 3075, 3076, 3077). Jakob Mennel, Kayserart (1513) (ÖNB cod. 8786). Jakob Mennel, Stammbäume, Bruchstücke (1515/1516) (ÖNB cod. 3327, fol. 5, fol. 10). Jakob Mennel, Das Buch von den erlauchten und verrumbten weybern des loblichen Haus Habspurg und Österreich (1518) (ÖNB cod. 3077***). Jakob Mennel, Kayser Maximilians besonder buch, genant der Zaiger (1518) (ÖNB cod. 7892).

5.3 Literaturverzeichnis 

 473

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520 

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 5 Verzeichnisse

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5.3 Literaturverzeichnis 

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524 

 5 Verzeichnisse

5.4 Namensregister A Abel 417, 421 Abraham 417 Achill 130, 151, 156 Adorno, Theodor W. 75 Aeneas 45, 130, 148, 151, 152, 153, 156, 157, 228, 236, 340 Agnes (ungarische Kg.in) 177, 181, 253, 254 Albrecht I. (deutscher Kg.) 16, 17, 181, 184, 334 Altdorfer, Albrecht (Künstler) 51, 52, 54, 55, 195, 196, 197, 198, 205 Althoff, Gerd 76, 203, 221, 231 Amandus (Heiliger, Bischof von TongerenMaastricht) 252 Andlau, Peter von (Rechtsgelehrter) 279, 280 Apoll 166, 167 Artus 209, 211 Augustus (römischer Ks.) 45, 50, 59, 66, 67, 346, 443 B Bartolini, Riccardo (Humanist) 148, 150, 151, 152, 155, 157 Beck, Leonhard (Künstler) 82, 83, 85, 86, 87, 88, 92, 100, 101, 103, 105, 107, 109, 111, 112, 114, 115, 116, 120, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 132, 133, 195, 222, 295, 359 Birken, Sigmund von (Schriftsteller und Geschichtsschreiber) 262, 379, 380, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 390, 391, 392, 394, 396, 398, 399 Blumenberg, Hans 4, 110, 276 Boccaccio, Giovanni 167 Bourdieu, Pierre 12, 203, 403 Brandt, Sebastian 284 Bredekamp, Horst 60, 67, 301 Breu, Jörg Breu (der Ältere) (Künstler) 274, 300, 400, 403, 405, 406, 407, 409, 410, 411, 412, 413, 416, 418, 419, 421, 422, 426, 427 Burgkmair, Hans (Künstler) 81, 82, 83, 85, 86, 87, 88, 89, 92, 100, 103, 105, 107, 109, 111, 112, 115, 120, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 132, 133, 135, 158, 162, 183, 195, 196, 197, 198, 215, 296, 359, 447

C Caesar, Julius 51, 65, 107, 153, 154, 166, 201, 211, 222, 228, 356, 431, 442, 443 Celtis, Konrad (Humanist) 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 159, 160, 163, 164, 166, 167 Cleve, Joos van (eigentlich Joos van der Beke, Künstler) 33, 140 Cranach, Lucas der Ältere (Künstler) 276, 277 D Dares Phrygius 226 Diana 130, 153, 154, 160, 163, 165 Dürer, Albrecht (Künstler) 143, 173, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 197, 198, 200, 201, 202, 212, 300, 301, 304 E Eck, Johannes (kathol. Theologe) 285, 287 Eleonore von Portugal (Ks.in) 58, 180, 192, 211 Erasmus von Rotterdam 18, 95 F Ferdinand II. (Ks.) 176 Ferdinand I. (Ks., deutscher Kg.) 10, 12, 47, 78, 148, 178, 208, 329, 366, 382 Fontane, Theodor 70 Foucault, Michel 11, 12, 13, 20, 33, 38, 74, 75, 188, 299 Franz I. (französischer Kg.) 58, 64, 247 Franz Joseph I. (Ks.) 46, 47, 69 Friedrich III. (Ks., deutscher Kg.) 5, 20, 32, 48, 49, 50, 52, 54, 56, 57, 58, 70, 135, 157, 163, 168, 169, 180, 181, 192, 211, 230, 267, 290, 329, 331, 332, 340, 345, 346, 364, 374, 377, 382, 393 Fugger, Anton (Sohn von Georg Fugger von der Lilie) 293, 295, 296, 297, 305, 306, 312, 313, 314, 315, 319, 432, 435, 447 Fugger, Georg (Sohn von Jakob Fugger d.Ä. von der Lilie) 301, 303 Fugger, Hans (gilt als der Begründer der Fugger) 306, 307, 308, 400, 404, 405, 416 Fugger, Hans Jakob (Sohn von Raymund Fugger von der Lilie) 304, 311, 329, 330, 362, 380, 381, 400, 401, 406, 434, 435

5.4 Namensregister  

Fugger, Jakob „der Reiche“ (Sohn von Jakob Fugger dem Älteren von der Lilie) 285, 289, 293, 296, 297, 299, 301, 304, 311, 378, 406, 415 Fugger, Raymund (Sohn von Georg Fugger von der Lilie) 306, 310, 312, 319, 393, 423, 435, 437 Fugger, Ulrich (Sohn von Jakob Fugger d.Ä. von der Lilie) 274, 300, 301, 348, 416, 418, 422 G Girard, René 181, 316, 317 Goethe, Johann Wolfgang von 77 Goff, Jacques Le 41, 71, 288 Grünpeck, Joseph (Humanist) 50, 51, 54, 55, 216 H Habermas, Jürgen 3, 24 Heinrich III. (französischer Kg.) 455 Heinrich von Veldeke 72, 153 Hektor 130, 183, 229, 236, 365 Herkules 74, 130, 134, 159, 304, 340 Höchstetter, Ambrosius der Ältere (Textilkaufmann, Bankier) 315, 316, 317, 318 Horaz 65, 281 Hugo Capet (Kg. der Franken) 247 Hutten, Ulrich von (Humanist) 286 I Isaak 417 J Jäger, Clemens (Augsburger Geschichtsschreiber) 301, 307, 308, 328, 329, 330, 362, 380, 381, 400, 401, 406, 420 Johanna von Kastilien (spanische Kg.in) 177, 178, 179, 192, 211, 270 Johann von Böhmen (auch Johann der Blinde; böhmischer Kg.) 17, 18, 20, 21 Juno 130 Jupiter 148, 153, 156, 166, 167 K Kain 98, 417, 421 Kantorowicz, Ernst 12, 35, 36, 37, 38, 39, 40 Karl der Große (Ks., Kg. der Franken) 22, 23, 209, 211, 230, 248, 254, 430, 431

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Karl IV. (Ks., deutscher und böhmischer Kg.) 20, 21, 22, 30 Karl V. (erwählter Ks., spanischer und deutscher Kg.) 5, 48, 49, 58, 59, 61, 63, 64, 65, 67, 68, 70, 141, 148, 168, 178, 201, 206, 208, 230, 236, 267, 270, 287, 295, 296, 297, 313, 329, 365, 366, 382, 404, 431, 432 Karl VI. (Ks.) 19, 45 Kleopatra 417 Kunz von der Rosen (Berater und Hofnarr Ks. Maximilians I.) 271, 342, 343, 344, 395 L Laktanz 152, 153 Leoni, Leone (Künstler) 60, 141, 208 Leopold I. (Ks.) 181, 379, 380 Livius 50, 421 Luhmann, Niklas 4, 75, 284 Luther, Martin 283, 284, 285, 286, 287 M Machiavelli, Niccoló 95, 288 Mann, Thomas 415, 472 Maria Bianca Sforza (Ks.in, Hzg.in von Mailand) 44, 160, 176, 192, 211, 270, 354 Maria Theresia (Ks.in) 45, 157 Maria von Burgund (Ks.in, Hzg.in von Burgund) 44, 98, 101, 104, 106, 113, 141, 176, 192, 211, 247, 248, 270, 332, 353, 391 Marin, Louis Aimé 39 Maximilian I. (Ks., deutscher Kg.) 5, 31, 44, 48, 49, 52, 54, 57, 59, 64, 69, 70, 71, 72, 73, 77, 98, 110, 112, 113, 135, 147, 148, 157, 163, 168, 169, 175, 176, 177, 180, 181, 191, 196, 200, 214, 215, 216, 222, 230, 247, 267, 290, 295, 296, 301, 308, 340, 341, 345, 347, 348, 350, 353, 354, 355, 358, 359, 362, 364, 372, 374, 382, 393, 415, 444, 453, 454, 455 Melville, Gert 3, 4, 9, 12, 20, 21, 23, 25, 47, 72, 183, 226, 231, 236, 245, 255, 337, 453 Mennel, Jakob (Genealoge im Umfeld Ks. Maximilians I.) 31, 206, 217, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264,

526 

 5 Verzeichnisse

265, 266, 341, 343, 362, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 373, 395 Minturno, Antonio Sebastiano (Humanist) 66 Müller, Jan-Dirk VII, 6, 9, 10, 26, 27, 29, 49, 50, 52, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 88, 89, 90, 96, 97, 98, 106, 108, 109, 110, 111, 113, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 124, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 137, 138, 141, 142, 143, 144, 147, 148, 149, 150, 155, 157, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 168, 184, 186, 187, 192, 193, 194, 198, 200, 201, 202, 203, 215, 226, 250, 254, 267, 268, 269, 275, 278, 279, 280, 348, 361, 362, 363, 436, 438, 441, 453, 455, 457 N Noah 23, 31, 225, 395, 417 O Oexle, Otto Gerhard 7, 8, 26, 280, 292, 298, 301, 302 Ovid 46, 141, 226, 415, 421 P Pallas 130, 154, 155 Paris 17, 28, 46, 61, 281, 417, 421 Peutinger, Konrad (Humanist) 86, 168, 285, 287, 288, 296, 300 Philipp der Schöne (spanischer Kg., Hzg. von Burgund) 49, 141, 177, 178, 179, 180, 181, 192, 211, 246, 270 Philipp II. (spanischer Kg.) 141 Piccolomini (Papst) 57, 58, 77 Pirckheimer, Willibald (Humanist) 193, 200, 201, 287 R Rehberg, Karl-Siegbert 4, 21, 25, 42, 455 Remus 340 Rem, Wilhelm (Chronist) 314, 315 Renner, Narziss (Künstler) 446, 447, 448, 449 Romulus 340 Rudolf I. (deutscher Kg., Graf von Habsburg) 46, 157, 177, 178, 179, 181, 182, 211, 216, 332, 338, 366, 372, 373, 383 Ruprecht von der Pfalz (deutscher Kg.) 149, 151

S Sachs, Hans (Meistersinger) 287, 474 Sbrulius, Richardus (Humanist) 113, 128, 129, 130, 131 Schwarz, Matthäus (Hauptbuchhalter der Fugger) 35, 288, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 446, 447, 448, 449 Sender, Clemens (Geschichtsschreiber) 287, 289, 295, 299, 315, 316, 317 Sigmund von Bayern-München (Hzg. von Bayern) 23 Solms, Reinhart (Heerführer, Militäringenieur und Militärtheoretiker) 279, 280, 282, 289, 290 Spiegel, Jakob (Humanist) 148, 149, 154, 156 Stabius, Johannes (Humanist) 31, 87, 186, 188, 215, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 232, 233 Stollberg-Rilinger, Barbara VII, 4, 5, 6, 11, 13, 29, 31, 32, 40, 41, 42, 48, 72, 90, 108, 110, 162, 203, 204, 205, 211, 214, 269, 272, 275, 278, 281, 282, 284, 287, 289, 290, 292, 311, 349, 360, 364, 455, 458 Strohschneider, Peter 3, 8, 75, 113, 115, 117, 126, 127, 133, 275, 357, 359, 361, 363, 453 Sueton 50 Suntheim, Ladislaus (Genealoge im Umfeld Ks. Maximilians) 31, 222, 395 T Titiano Vecellio (Künstler) 58 Treitzsaurwein, Marx (Geheimschreiber im Umfeld Ks. Maximilian I.) 71, 77, 78, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 92, 100, 103, 105, 107, 109, 111, 113, 137, 196, 199, 215 Trithemius, Johannes (Humanist aus Sponheim) 31, 215, 217, 219, 220, 221, 232 V Velius, Caspar Ursinus (Humanist) 64, 65 Venus 130, 141, 153, 154, 155 Vergil 33, 45, 50, 60, 65, 149, 150, 151, 152, 153, 156, 157, 226 Vorländer, Hans 3, 4, 455