Lobreden auf römische Kaiser: Panegyrici latini. Band II: Von Konstantin bis Theodosius. Lateinisch und deutsch 9783534181377, 9783534205868, 9783534262304, 9783534262311, 3534181379

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Lobreden auf römische Kaiser: Panegyrici latini. Band II: Von Konstantin bis Theodosius. Lateinisch und deutsch
 9783534181377, 9783534205868, 9783534262304, 9783534262311, 3534181379

Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Panegyrici Latini Lobreden auf Römische Kaiser
Panegyricus Latinus IV (X) Panegyricus des Jahres 321
Panegyricus Latinus III (XI) Panegyricus des Jahres 362
Panegyricus II (XII) Panegyricus des Jahres 389
Anmerkungen
Zur Textgestaltung
Panegyricus in Hellas und Rom – Entstehung und Entwicklung eines rhetorischen Begriffs
Zeittafel
Konkordanz der Sammelausgaben
Literatur in Auswahl
Index Panegyrici Latini II–XII
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EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose

PA N E G Y R I C I L AT I N I LOBREDEN AUF RÖMISCHE KAISER Band II Von Konstantin bis Theodosius Lateinisch und deutsch

Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Brigitte Müller-Rettig

Verantwortlicher Bandherausgeber: Kai Brodersen Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch den Wilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung: Federica Casolari-Sonders (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Uwe Hermann, Berlin Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, 55595 Gutenberg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-18137-7 Gesamtnummer Band I–II ISBN 978-3-534-20586-8 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-26230-4 eBook (epub): 978-3-534-26231-1

Inhalt PANEGYRICI LATINI LOBREDEN AUF RÖMISCHE KAISER  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  7 Panegyricus Latinus IV (X) Panegyricus des Jahres 321  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   8 Panegyricus Latinus III (XI) Panegyricus des Jahres 362  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  62 Panegyricus II (XII) Panegyricus des Jahres 389  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  108 Anmerkungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  187 Zur Textgestaltung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  257 Panegyricus in Hellas und Rom – Entstehung und Entwicklung eines rhetorischen Begriffs  . . . . . . . . . . . . . . . .  263 Zeittafel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  277 Konkordanz der Sammelausgaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  286 Literatur in Auswahl  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  289 Index Panegyrici Latini II–XII  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  295

PANEGYRICI LATINI LOBREDEN AUF RÖMISCHE KAISER

PANEGYRICUS LATINUS IV (X) PANEGYRICUS NAZARII DICTUS CONSTANTINO 1  (1) Dicturus Constantini augustissimas laudes, qui tantum ultra omnium saeculorum principes eminet quantum a privatis ceteri principes recesserunt, et dicturus in coetu gaudiorum exsultantium et laetitiae gestientis, quam cumulatiorem solito beatissimorum Caesarum quinquennia prima fecerunt, sentio nullam eloquentiam nec optari nec concipi posse quae dignam adferat aut tempori gratiam aut materiae copiam aut vestris studiis facultatem. Iactat quippe se nunc cum maxime alacris omnium ac beata devotio.  (2) Nec operta mentium rimari necesse est; exstat in vultu cuiusque hilaritatis publicae decus, et in serenis frontibus animorum indicia perleguntur.  (3) Non enim se capit exundantis laetitiae magnitudo, sed dedignata pectorum latebras ita multa et candida foris prominet ut intellegatur non ingentior esse quam verior. Nec vero mediocribus bonis gaudent, qui exsultandi modum non habent. 2  (1) Fruimur nos quidem praesentium maxima voluptate, sed lenocinatur his iam futuri ratio, et quae temporibus disparata sunt animorum praesumptione iunguntur. (2) Quintum decimum maximus princeps salutaris imperii degit annum, sed auguramur iam vicennalia et venturi fidem superiorum felicitate sancimus.  (3) Quinquennalia beatissimorum Caesarum occupatos in gaudiis habent, sed iam in destinatis decenniis vota properantia et spes volucres constiterunt; horum dehinc compotes propagabimus optabilis boni seriem.  (4) Ita omnia quae ex principibus nostris prospere veniunt continuatos fructus ferunt, nec magis recepta delectant quam exspectata iuverunt. (5) Verum quid

PANEGYRICUS DES JAHRES 321 LOBREDE DES NAZARIUS ZU EHREN KONSTANTINS 1  (1) Da ich im Begriff stehe, das feierlichste Lob auf Konstantin vorzutragen, der die Herrscher aller Jahrhunderte so weit überragt, wie die anderen Herrscher von ihren Untertanen entfernt sind, und da ich im Begriff stehe, das Wort in einer Versammlung zu ergreifen, die sich in überschwänglicher Freude und ausgelassenem Jubel begeistert, den die ersten Quinquennien der vom Glück so reich bedachten Caesares noch in ungewöhnlichem Maß gesteigert haben, spüre ich, dass man sich keinerlei Redekunst zu wünschen oder vorzustellen vermag, die imstande ist, für diese Situation angemessenen Dank vorzubringen oder dem Stoff angemessen sprachliche Fülle zu verleihen oder eurer Begeisterung ein angemessenes Ausdrucksmittel zur Verfügung zu stellen. Denn heute schwingt sich ja die freudige und glückliche Ergebenheit aller in ganz besonderer Weise empor.  (2) Es ist auch nicht nötig, die geheime Gedankenwelt der Herzen zu erforschen: auf dem Antlitz eines jeden leuchtet der Glanz der allgemeinen Fröhlichkeit, und auf heiteren Stirnen liest man die Zeichen ihrer Empfindungen.  (3) Denn die Größe freudigen Überschwangs vermag keine Zurückhaltung zu wahren, sondern sie verschmäht das Versteck des Herzens und tritt nach außen in solcher Fülle und so strahlend hervor, dass man erkennt, dass sie ebenso wahrhaftig wie außerordentlich ist. Und es sind ja in der Tat keine Güter von mittelmäßigem Rang, an denen sich diejenigen erfreuen, die in ihrem Jubel kein Maß kennen. 2  (1) Gewiss genießen wir höchstes Vergnügen an der Gegenwart, doch verleiht der gedankliche Ausblick auf die Zukunft diesen Dingen einen noch höheren Reiz, und was der Zeit nach voneinander getrennt ist, wird durch geistige Vorwegnahme miteinander verknüpft.  (2) Es ist das fünfzehnte Jahr segensreichen Regimentes, dass der höchste Herrscher sein Amt ausübt, doch wir stellen schon die Berechnung der Vicennalien an und besiegeln unser Vertrauen auf die Zukunft mit dem Glück der vergangenen Jahre.  (3) Die Quinquennalien der vom Glück so reich bedachten Caesares halten uns fest im Bann der Freude, doch haben unsere dahineilenden Wünsche und unsere beflügelten Hoffnungen bereits bei den Decennien Station gemacht, die das Schicksal für sie vorherbestimmt hat. Dann, wenn wir im Genuss dieser Zeiten sind, werden wir (durch Fortführung der Vota) den Fortbestand dieses wünschenswerten Gutes erlangen.  (4) So trägt alles, was uns durch unsere Herrscher glücklich zuteil wird, fortwährend Früchte, und es verschafft uns im selben Maß das bereits Empfangene Freude, wie uns das erst Erwartete Vergnügen bereitet hat.  (5) Doch was tun wir da, wenn wir mit

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Panegyricus Latinus IV (X)

agimus vicenis aut iam tricenis annis circumscribendo quae aeterna sentimus? Ampliora sunt merita principum quam optata votorum.  (6) Eat quin immo in immensum felicis cursus imperii, nec humanorum terminos curent qui semper divina meditantur. Certe cupitorum irriti non sumus qui, cum optemus maxima, id faciamus benignius quam securius, quod propter caelestem in illo favorem tam certa adipiscendi spes est quam optandi soluta libertas.  (7) Has igitur gratulationes, quae praesentibus excitantur quaeque superiorum memoria vigent aut quas in posterum redundaturas cogitatio avida depascitur, quis omnium queat flagrantissimis audientium studiis satisfacere dicendo?  (8) Iam vero, cum publicas tantum utilitates amplecti velim et unusquisque privatim suas cogitet, tremebunda proferatur oratio, quae tacita reputatione vincenda est.  (9) In ipsis etiam publicis gestorum ingentium professa laudatio augendi cupiditatem prae se ferat: non iniuria minuendi metum faciunt quae spem amplificationis ex magnitudine sustulerunt. 3  (1) Quis, oro, Constantine maxime (praesentem enim mihi adloqui videor qui, etsi conspectu abes, revelli tamen mentibus non potes), quis, inquam, adspirare laudes tuas audeat aequiparandi magis spe quam gratia non tacendi?  (2) Quis tam potens fandi, cuius copia tam larga tam felix, quae, cum virtutes tuas attrectaverit, non aut circumventa numero desperato exitu stupeat aut obteratur magnitudine aut splendore obsolefacta tantum nitoris habeat quantum ex rerum luce collegerit?  (3) Cuius cum divina virtus et eius misericordia comes appendixque victoria urbem Romam non praecipitantem exceperit, sed adflictam et plane iacentem excitarit recrearit erexerit, cumque aliae felicissimae tuae prius ac deinceps expeditiones non

Panegyricus des Jahres 321

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zwanzig oder auch dreißig Jahren Zeitspannen umschreiben, die nach unserem Empfinden doch von ewiger Dauer sind? Die Verdienste unserer Herrscher umfassen größere Dimensionen als die Inhalte unserer Wünsche.  (6) Ja, bis ins Unendliche möge der Lauf einer glücklichen Herrschaft vordringen, und um die Grenzen, die dem Menschlichen gesetzt sind, sollen sich nicht diejenigen sorgen, die sich in ihrem Denken stets mit Göttlichem befassen. Jedenfalls erliegen wir keiner Täuschung in unseren Wünschen, die wir, da wir nach dem Größten verlangen, dies mit ebenso großer Zuversicht wie Großzügigkeit tun; denn aufgrund der Gunst des Himmels, die sich an jenem zeigt, ist die Hoffnung, das Erwünschte zu erlangen, ebenso sicher begründet wie die Freiheit unseres Wünschens ohne Grenzen ist.  (7) Was also diese Segenswünsche angeht, die die Gegenwart in uns hervorruft und denen die Erinnerung an das Vergangene frische Kraft verleiht oder die unsere begehrliche Vorstellung sich schon im Vorgriff auf die reiche Fülle in der Zukunft zu Eigen macht: wer unter allen Menschen vermag denn wohl in der Rede zu leisten, was der glühendsten Begeisterung der Hörer angemessen ist?  (8) Nun aber, da ich doch nur den Nutzen für den Staat behandeln will und ein jeder seinen eigenen Vorteil für sich selbst bedenken mag, sei voller Zagen eine Rede zum Vortrag gebracht, die sich, zieht man ein Resümee im Stillen, ja geschlagen geben muss.  (9) Und ja gerade, wenn es um die Belange des Staates geht und die Rede mit ihrer Verheißung, außerordentliche Leistungen zu preisen, den Wunsch nach deren Überhöhung offen präsentiert, rufen nicht zu Unrecht Taten, die aufgrund ihrer eignen Größe die Hoffnung auf eine Steigerung in Worten zunichte gemacht haben, Furcht vor ihrer Minderung hervor. 3  (1) Wer nun, ich bitte dich, höchster Konstantin, – denn es kommt mir vor, als richte ich das Wort an dich in eigener Person – der du, wenn du uns auch vor Augen nicht zugegen bist, unseren Herzen dennoch nicht entrissen werden kannst: wer, sage ich, kann es wohl wagen, sich deinem Lob eher in der Hoffnung zu nähern, dieser Aufgabe gewachsen zu sein, als in der Absicht, nicht in Stummheit dazustehen?  (2) Wer ist der Rede so mächtig, wessen Ausdrucksfähigkeit so reich und so gesegnet, dass sie nicht, wenn sie auf deine Tugenden zu sprechen kommt, umringt von ihrer Vielzahl, am Ausgang des Unterfangens verzweifelt in Erstarrung liegt oder von ihrer Größe zermalmt wird oder, durch ihren strahlenden Schein wertlos geworden, soviel Glanz nur hat, wie sie aus dem Licht der Taten selbst gesammelt hat?  (3) Da deine göttliche Tapferkeit und ihre Begleiterin, das Mitgefühl, sowie in ihrem Gefolge der Sieg die Stadt Rom nicht nur in ihrem Sturz aufgefangen, sondern sie, zerschmettert und gänzlich danieder liegend, wiedererweckt, neu erschaf-

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Panegyricus Latinus IV (X)

minus in sese operis amplexae sint quam ex ipsis faucibus fati Roma servata, quid dignum magnitudine tua excogitari ac dici potest, in cuius laudibus id maximum non est quod in terrarum orbe primarium est?  (4) Nobilissimorum quoque Caesarum laudes exsequi velle studium quidem dulce, sed non et cura mediocris est, quorum in annis pubescentibus non erupturae virtutis tumens germen, non flos praecursor indolis bonae laetior quam uberior apparet, sed iam facta grandifera et contra rationem aetatis maximorum que fructuum matura perceptio.  (5) Quorum alter iam obterendis hostibus gravis terrorem paternum, quo semper barbaria omnis intremuit, derivare ad nomen suum coepit; alter iam consulatum, iam venerationem sui, iam patrem sentiens, si quid intactum aut parens aut frater reservet, declarat mox victorem futurum, qui animo iam vincit aetatem.  (6) Rapitur quippe ad similitudinem suorum excellens quaeque natura, nec sensim ac lente indicium promit boni, cum involucra infantiae vividum rupit ingenium.  (7) Unde enim principis maximi tam effusus in liberos animus, nisi iam quod in illis simulacrum sui conspicit? 4  (1) Commendet inferioribus suos sola necessitudo naturae, et qualescumque diligant qui in illis quod ex se desiderent non habent: praestantissimum principem hoc maxime iuvat quod in annis primoribus iam sunt ductae lineae quibus virtutum suarum effigies possit includi, et pater optimus, sed melior imperator, non tam sibi quam rei publicae gaudet, cum liberos sibi similes intuetur.  (2) Quibus ad perficienda quae ingenerata sunt bona non segnis virtutum opifex disciplina coniungitur, ut spes aequiparandi patris certa sit;

Panegyricus des Jahres 321

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fen, wiederaufgerichtet haben, und da deine anderen überaus erfolgreichen Unternehmungen zuvor wie auch danach für sich genommen keine geringere Leistung umfassen als es die Rettung Roms aus dem Rachen des Schicksals selbst darstellt: was kann da noch erdacht und ausgesprochen werden, was der Größe deiner Person angemessen ist, bei deren Lob das Höchste nicht dasjenige ist, was auf dem Erdkreis den vornehmsten Rang einnimmt?  (4) Auch den Lobpreis der so edlen Caesares ausführen zu wollen, ist zwar ein erfreuliches Unterfangen, doch ist es keine Aufgabe, die nur durchschnittliche Mühe erfordert: in den Jahren ihres Heranwachsens zeigt sich nicht der schwellende Keim einer Tugend, die sich erst künftig den Weg bahnen wird, nicht eine Blüte als Vorbote einer trefflichen Veranlagung, die sich eher heiter noch als üppig schon entfaltet zeigt, sondern es gibt schon Taten von reichem Ertrag und eine, berücksichtigt man das Alter, unerwartet reife Ernte schönster Früchte.  (5) Von ihnen ist der eine bereits gewaltig in der Vernichtung der Feinde und hat begonnen, den Schrecken vor dem väterlichen Namen, der die Barbarenwelt stets insgesamt erbeben ließ, auf seinen eigenen zu übertragen; dem anderen sind schon der Rang des Konsulats, schon die Verehrung seiner eigenen Person, schon die Größe seines Vaters bewusst, und er lässt, falls ihm Vater oder Bruder ein Werk übrig lassen, das noch nicht in Angriff genommen ist, deutlich erkennen, dass er bald Sieger sein wird, er, der mit der Tatkraft seines Wesens bereits den Sieg über sein Alter erringt.  (6) Jede hervorragende Natur beeilt sich ja, den eigenen Verwandten ähnlich zu werden, und nicht allmählich nur und langsam lässt sie das Kennzeichen ihrer Vortrefflichkeit zutage treten, wenn erst der Geist voller Lebenskraft die Hülle der Kindheit durchstoßen hat.  (7) Denn woher kommt es, dass das Herz des höchsten Herrschers sich seinen Kindern so hingegeben hat, es sei denn, weil er in ihnen schon das eigene Ebenbild erblickt? 4  (1) Mag es bei Menschen geringeren Standes allein das verwandtschaft­ liche Band der Natur sein, das ihnen die eigenen Angehörigen ans Herz legt, und mögen sie sie lieben, gleich welcher Art sie sind, ohne an ihnen das vorzufinden, was sie sich von ihrer eigenen Person her (als Anlage bei ihnen) wünschen: den trefflichsten Herrscher freut in höchstem Maße die Feststellung, dass schon in ihren Anfangsjahren die Linien gezeichnet sind, in denen das Abbild seiner eigenen Tugenden zu fassen ist; und der beste Vater, doch ein besserer Kaiser noch, empfindet Freude nicht so sehr für seine eigene Person als im Interesse des Staates, wenn er seine Kinder anschaut, wie sie ihm ähnlich sind.  (2) Die ihnen angeborenen Vorzüge zu vollenden, tritt Unterweisung als fleißige Bildnerin der Tugenden hinzu, so dass die Erwartung, dem Rang des Vaters gleichzukommen, eine sichere Grundlage hat.

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Panegyricus Latinus IV (X)

quippe indoles similis, sed sub eodem magistro discendi fortuna felicior.  (3) Ipsum a tenero intuentes, in ipsum oculis ac mente conversi, nihil ab eius contemplatione deflectunt, incerti mirentur an diligant, nisi quod necesse est utrumque permixte simul fieri; nam et amor factorum commendator est, unde nascitur admiratio, et facta cum mira sunt amorem invicem creant.  (4) Ita spectantibus liberis, quidquid ab eo pulcherrime geritur, cum propter ipsum magis placuit, tum studio imitationis inolescit.  (5) Iam tibi quidem in erudiendo, imperator optime, non omnia proponebantur quae sequi velles, nisi quod recte factorum contemplator acerrimus, si quid secus fieret, a spectandi cura pudentes oculos abstrahebas. Dabit enim veniam clementia tua, si audaciorem veritas facit. 5  (1) Existimare quidem de principibus nemini fas est. Nam et in vestibulo suo inquirentem repellit obiecta veneratio, et si qui [mente] propius adierunt, quod oculis in solem se contendentibus evenit, praestricta acie videndi facultate caruerunt.  (2) Verum tu facis, principum maxime, ut patere videantur quae obstructa prius fuerant, qui tam optas totus videri quam ceteri recusabant.  (3) Non terror obtentu est nec occultandis quae plerumque extrinsecus latent demorandoque adspectu ostentatio speciosa perhibetur.  (4) Obtutus hominum benignus receptas, nec intuentem iniquus fulgor retundit, sed serenum lumen invitat. Nunc denique intellegimus quae desideranda in prioribus fuerint, postquam ea quae operta in ceteris veriti sumus in te reserata veneramur.  (5) Igitur, ut facitis, beatissimi Caesares, per omnes paternarum laudum vias ite securi.  (6) Non simplici quidem itinere numerosae eius virtutes ingrediuntur, sed omnia ad eundem gloriae exitum ferunt. Nullae cupiditatum deflexiones,

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Ihre Veranlagung ist ihm zwar ähnlich, doch ist die Gunst des Schicksals, auch unter seiner Leitung lernen zu können, für sie ein noch größeres Glück.  (3) Auf ihn selbst schauen sie von zarter Kindheit an, auf ihn sind ihre Augen und ihr Herz gerichtet, und von der Betrachtung seiner Person wenden sie sich in keinem Moment ab; unsicher, ob sie ihn bewundern oder lieben sollen – doch es ist unausweichlich, dass sich beides vermischt und zu gleicher Zeit ereignet. Denn einerseits verleiht die Liebe den Taten Wertschätzung, worin die Bewunderung ihren Ursprung hat, andererseits schaffen Taten, wenn sie Bewunderung verdienen, im Gegenzug auch Liebe.  (4) So ruft jede Tat, die er so ganz vortrefflich ausführt, bei den Kindern, wenn sie ihm zuschauen, zum einen höheres Wohlgefallen hervor, weil sie von ihm selbst stammt, und ganz besonders gewinnt sie an Bedeutung durch ihren Eifer, es ihm nachzutun.  (5) Schon als du dich noch selbst im Stadium der Erziehung befandest, trefflichster Kaiser, wurden dir nicht nur Taten vorgeführt, denen du nacheifern wolltest; doch hattest du, bei deinem so scharfsichtigen Blick für die Rechtmäßigkeit von Taten, die Gewohnheit, dann, wenn sich etwas Schlechtes zutrug, deine Augen schamhaft von der Aufmerksamkeit für solchen Anblick fernzuhalten. Deine Güte wird mir Verzeihung gewähren, wenn die Wahrheit mich allzu kühn werden lässt. 5  (1) Über die Herrscher sich ein eigenes Urteil zu bilden, ist zwar niemandem gestattet: denn einerseits weist die Schranke der Hoheit den, der sie aufsuchen will, schon in ihrer Vorhalle zurück; wenn aber doch einige näheren Zugang fanden, wurden sie – wie es mit den Augen geschieht, wenn sie sich direkt auf die Sonne richten – in ihrer Sehkraft ganz geblendet und verloren ihre Fähigkeit, zu sehen.  (2) Du aber, Höchster der Herrscher, bringst es fertig, dass es den Anschein hat, es stehe offen, was zuvor versperrt gewesen war: der du so sehr den Wunsch hast, dich in eigner Person ganz sehen zu lassen, wie es die anderen verweigert haben.  (3) Es gibt keinen Schrecken als Hindernis, und es wird auch keine prächtige Schau geboten, indem man noch verhüllt hält, was zumeist der Außenwelt verborgen bleibt, und indem man seinen Anblick hinauszögert.  (4) Mit Wohlwollen nimmst du die Blicke der Menschen entgegen und kein feindlicher Blitzstrahl stößt den Betrachter ab, sondern sanfter Lichtschein lädt ihn ein. Jetzt erst erkennen wir, was wir zu vermissen hatten bei deinen Vorgängern, nachdem wir das, was wir bei den andern verhüllt in scheuer Furcht geachtet haben, bei dir jetzt offen zugänglich verehren.  (5) Schreitet also, ihr vom Glück so reich bedachten Caesares, sicher auf allen Wegen väterlichen Ruhmes voran, wie ihr es bereits tut.  (6) Die Fülle seiner Tugenden zieht freilich nicht auf einem Weg allein dahin, doch alle Wege führen zu demselben Ziel: dem Ruhm. Da gibt

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Panegyricus Latinus IV (X)

nullus erroris anfractus, ut verenda progredientibus non sit dispendiosa revocatio.  (7) Itaque maturiorem cursum instituistis qui moram considerandi itineris non habetis.  (8) Sed mihi circumvento hac ipsa rerum copia, quae potissimum capessenda sit via, qui aditus fiat, incertum est: ita se multa offerunt specie paria, magnitudine congruentia. 6  (1) Verum ut in magnis domibus interiorem ornatum vestibula ipsa declarant, sic nobis venturis ad ingentium virtutum stupenda penetralia debet laudationis ingressum et praedicationis ianuam Roma praebere.  (2) Quae demersa quondam tyrannidis impiae malis et quo maior eo miserabilior maiestatis pristinae decus ad misericordiae ambitum conferebat, tibi tamen, Constantine maxime, etiam in illa sui sorte venerabilis, quod quos impense amamus observantia illorum integra est, etiamsi dilapsa fortuna est. In abiectos officia gratiora sunt quae non ex misericordia sed ex honore venerunt.  (3) Sed nimirum recte a sapientibus ponitur conexio inter se apta virtutum. Sic enim mutuo et opera iuvant et fructum operae partiuntur, ut facile appareat inseparabilis et indiscreta permixtio.  (4) Gessisti bellum, imperator maxime, quod tibi non minus honos Urbis imposuit quam eiusdem aerumna persuasit.  (5) Itaque non plus ex eo laudis fortitudini tuae datum quam pietati tributum est quod, dum scelestos persequeris, miseros liberasti.  (6) Constituta enim et in perpetuum Roma fundata est, omnibus qui statum eius labefactare poterant cum stirpe deletis. 7  (1) Non enim, qui bellorum eventus solent esse, per varios et volubiles casus Mars dubius erravit, nec fortunae vicissitudo, quae plerumque prosperis rebus triste aliquid adglutinat, victorum laetitiam vulneravit; sed tanta hostium et tam ampla caedes, tam felix et incruenta victoria, ut credas

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es keine Abweichungen der Begierden, keine Windung eines Irrwegs, so dass die Vorwärtsschreitenden nicht fürchten müssen, unter Zeitverlust wieder zurückgerufen zu werden.  (7) Und so habt ihr denn einen Lauf begonnen, auf dem ihr zeitig schon recht weit gelangt seid, die ihr keinen Verzug dadurch habt, dass ihr den Weg erst reiflich überdenken müsst.  (8) Doch ich bin mir, umstellt von eben dieser Fülle an Dingen, nicht sicher, welcher Weg am ehesten einzuschlagen ist und welchen Zugang ich denn nehmen soll: so zahlreich bieten sich die Gegenstände an, gleich an Schönheit und angemessen in der Größe. 6  (1) Doch wie bei bedeutenden Häusern schon die Eingangshallen von der Ausstattung des Innern künden, so muss uns, da wir zu dem wunderbaren heiligen Wohnsitz außerordentlicher Tugenden gelangen wollen, Rom den Eingang zum Lob seines Ruhmes schaffen und uns die Türe zu seinem Lobpreis öffnen.  (2) Einst versunken in unheilvollem Leid ruchloser Tyrannei und, gemessen an seinem hohen Rang, umso mehr zu beklagen, hat Rom das Ansehen seiner alten Größe bei seinem Bestreben, dein Mitgefühl zu wecken, eingebracht: für dich jedoch, o höchster Konstantin, war die Stadt selbst in jenem Schicksal, wie es ihr bestimmt war, verehrungswürdig, da die Hochachtung für die, die wir sehr lieben, unberührt bleibt, auch wenn das Glück zerronnen ist. Hilfeleistungen für die, die ganz am Boden liegen, sind willkommener, wenn sie nicht aus Mitleid, sondern aus Wertschätzung zustande gekommen sind.  (3) Doch es wird natürlich zu Recht seitens der Weisen die Behauptung vom Zusammenhang und der Verflechtung der Tugenden miteinander aufgestellt. So nämlich unterstützen sie sich gegenseitig in ihrer Arbeit und teilen sich auch die Früchte ihrer Mühe, so dass ihre untrennbare und ungeschiedene Vermischung leicht sichtbar wird.  (4) Du hast, o höchster Kaiser, einen Krieg geführt, den dir nicht weniger die Ehre dieser Stadt auferlegt als ihn dir die Sorge ihretwegen angeraten hat.  (5) Und so ist aufgrund dieser Tat deiner Tapferkeit ebensoviel Lob gezollt worden wie man deiner Liebe zugewiesen hat, da du mit der Verfolgung der Verbrecher den Unglücklichen die Freiheit wiedergeschenkt hast.  (6) Denn jetzt ist Rom gegründet und gesichert für die Ewigkeit, da alle, die ihren Bestand ins Wanken hätten bringen können, mitsamt der Wurzel ausgerottet sind. 7  (1) Denn Mars hat nicht, wie es in Kriegen gewöhnlich geschieht, unschlüssig seine Streifzüge durch die veränderlichen Wechselfälle der Ereignisse unternommen, und der Wechsel des Schicksals, der sehr oft an den Erfolg ein schmerzliches Ereignis anknüpft, hat der Freude der Sieger keine Beeinträchtigung zugefügt; sondern das Morden an den Feinden war so gewaltig und

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non bello ancipiti dimicatum sed solas impiorum poenas expetitas.  (2) Tantum etiam inter arma bona conscientia sibi vindicat, ut iam coeperit non virtutis magis quam integritatis esse victoria.  (3) Spectat enim nos ex alto rerum arbiter deus et, quamvis humanae mentes profundos gerant cogitationum recessus, insinuat tamen sese totam scrutatura divinitas; nec fieri potest ut, cum spiritum quem ducimus, cum tot commoda quibus alimur divinum nobis numen impertiat, terrarum se curis abdicaverit, nec inter eorum vitas diiudicet quorum utilitates gubernat.  (4) Illa igitur vis, illa maiestas fandi ac nefandi discriminatrix, quae omnia meritorum momenta perpendit librat examinat, illa pietatem tuam texit, illa nefariam illius tyranni fregit amentiam, illa invictum exercitum tuum tot victoriarum conscientia plenis pectoribus ardentem tantis insuper viribus iuvit, quantas praestare aut deus potuit aut amor tuus debuit, ut horrendas acies, ut incognita ferri et corporum robora fulmineus miles everteret, ut, quidquid instruxerat diuturni sceleris longa molitio, felici congressione consumeres. 8  (1) O tuam, imperator, non victoriam magis quam clementiam prae­di­can­ dam! Gravate apud animum tuum etiam mali pereunt. Invitus pugnasti qui tam facile vincebas.  (2) Iamdudum quippe pervideras hominem non imperando habilem, non tantae maiestatis capacem, quod magnitudo male crediti muneris extra animi angustias effluebat. Quam qui tueri nequeunt, ubi sub tanto onere fortunae infirmitas lapsa est, faciunt licentiam de potestate.  (3) Quid ego referam infelicium indignissimas caedes, quid inexpletos libidinum pastus, quid miseras patrimoniorum direptiones?  (4) Sileantur haec sane, non tantum ne sopitam malorum memoriam oratio mea suscitet, sed ne

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so umfassend, der Sieg so glücklich und so ohne Blutvergießen, dass man glauben könnte, es habe nicht ein Kampf mit ungewissem Ausgang stattgefunden, sondern es sei nur die Bestrafung der Frevler vollzogen worden.  (2) Soviel kann ein gutes Gewissen selbst im Kampf für sich (als Verdienst) in Anspruch nehmen, dass (damit) der Sieg schon begonnen hat, ebenso Erfolg der Tapferkeit wie der Lauterkeit zu sein.  (3) Denn auf uns blickt vom hohen Himmel her als Schiedsrichter der Dinge Gott und, mag der Geist der Menschen auch noch so tief verborgene Rückzugsorte seiner Gedanken haben, so dringt die Gottheit doch ganz in sie ein, sie zu erforschen; und es ist unmöglich, dass sich der göttliche Wille, da er uns den Atem, den wir schöpfen, da er uns so viele Güter, denen wir unseren Daseinsunterhalt verdanken, zuerteilt, – dass er sich von der Sorge für die Welt losgesagt hat und sein Urteil nicht nach den Formen der Lebensführung derjenigen bemisst, auf deren Nutzen seine Lenkung ausgerichtet ist.  (4) Jene Macht also, jene göttliche Erhabenheit, die Recht und Unrecht scheidet, die allen Wert und Rang der Verdienste genau prüft, wägt und untersucht: sie hat deine Liebe beschützt, sie hat den verbrecherischen Wahn jenes Tyrannen zerbrochen; sie hat dein unbesiegtes Heer, das im Bewusstsein so zahlreicher Siege aus vollem Herzen kampfbegeistert ist, darüber hinaus mit solchen Kräften unterstützt, wie sie nur ein Gott verleihen konnte oder die Liebe zu dir schenken musste: damit der blitzeschleudernde Soldat die schreckenstarrenden Schlachtreihen, damit er die ihm zuvor nicht bekannte Widerstandskraft von Eisenwehr und Leibern zerschmettern konnte, damit du all das, was die ausgedehnte Vorbereitung einer langen Ära des Verbrechens ins Werk gesetzt hatte, in einem glücklichen Kampf gänzlich vernichten konntest. 8  (1) O deine Milde, Kaiser, ist ebenso zu preisen wie dein Sieg: selbst der Untergang der Bösen beschwert dein Herz. Gegen deinen Willen hast du gekämpft, der du sonst den Sieg so leicht errungen hast.  (2) Du hattest freilich schon lange genau erkannt, dass dieser Mensch zur Herrschaft nicht geeignet, zu solchem Hoheitsrang nicht befähigt war, weil die Größe dieser Aufgabe, die ihm zu schlechtem Ausgang anvertraut war, weit über die engen Grenzen seines Geistes hinausging. Diejenigen, die sie nicht behaupten können, sobald einmal ihre Schwachheit unter so großer Schicksalslast ins Wanken geraten ist, verwandeln die Befugnis ihres Amts in eine Willkürherrschaft.  (3) Was soll ich also von dem schmählichsten Morden an den unglücklichen Opfern sprechen? Was von der unstillbaren Befriedigung seiner Begierden? Was von der elenden Plünderung ererbter Privatvermögen?  (4) Es mag über diesen Dingen meinethalben Schweigen ruhen: nicht nur, damit meine Rede nicht die in Schlaf gesunkene Erinnerung an die Leiden weckt, sondern damit sol-

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sanctissimas principis laudes, dum aliena vitia depromimus, sermo talis incestet.  (5) Incrementum quidem adeptae felicitatis est malorum commemorata depulsio; verum ut in segetibus, etiamsi multa quae humum obsederant industria revellenda sunt, laborem tamen purgati soli nesciunt qui fructus editos intuentur, sic Constantini laudibus satis est, dum efflorescentia bona cernimus, ne mala excisa reputemus. 9  (1) Ferebas tamen, imperator, ferebas illum in tantis malis ludentem et, cum omnia tu scires, vota hominum coniventi patientia fatigabas, qui ne sic quidem iniuste arma caperes, etsi nondum ab homine lacessitus, iam tamen vitiorum eius inimicus, (2) sed (quod erat consentaneum clementiae tuae) experireris remedia molliora ut, quod leniri quam resecari malles, mitior medicina sanaret.  (3) Quin extorques animo tuo et conveniendi studium et concordiae voluntatem, si concordiam quam veniam appellari fas est, cum qui potest vincere optat ignoscere. Et non dubito quin hanc rationem caelestis prudentia tua duxerit, quod coniunctione sua flagrantissimas hominis cupiditates vel exstingueret penitus vel modice temperaret.  (4) Nulla quippe est libido tam vecors quam non capiat cum in consortium temperantia venerit; deicit oculos deformis ignavia ubi ei pulchritudo virtutis obiecta est.  (5) Tergiversari atque haerere petulantiam videas, gravitate modestia et decore confusam, ut appareat te, imperator optime, concordia impetranda non illi impunitatem vexandae Urbis daturum, sed leniorem petisse victoriam, cum malles vitia eius quam arma superare. 10  (1) Sed profecto nulla vi possunt coire quae naturali divortio dissident, nec ulla tam fidelis est copula quae in diversum tendentia nexu suo teneat.

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che Äußerungen nicht das heiligste Lob des Herrschers beflecken, wenn wir fremde Verfehlungen ans Tageslicht bringen.  (5) Das Glück, das erlangt ist, wird zwar noch gesteigert durch die Erwähnung der Vertreibung dieser Leiden; doch wie bei den Saatfeldern (muss man auch vieles, was den Boden in seinen Besitz genommen hatte, mit eifrigem Einsatz wieder ausreißen) trotzdem die Mühsal der Kultivierung des Bodens denjenigen nicht bewusst ist, welche die dann hervorgebrachten Früchte anschauen: so ist es für Konstantins Lobpreisung genug, während wir die Güter in ihrer Blüte betrachten, nicht wieder über die Ausmerzung der Übel Erwägungen anzustellen. 9  (1) Dennoch hast du ihn ertragen, Kaiser, hast ertragen jenen Mann, der mit so großen Leiden sein Spiel trieb; und obgleich du um alles wusstest, hast du die Wünsche der Menschen in deiner nachsichtigen Duldsamkeit bis zur Erschöpfung hin zermürbt, da du nicht einmal unter diesen Umständen zu den Waffen greifen wolltest ohne rechtliche Begründung, – wenn du auch noch nicht von diesem Menschen herausgefordert warst, so warst du doch bereits ein Gegner seiner Lasterhaftigkeit:  (2) sondern du wolltest ja (was zu deiner Milde passte) nicht so starke Mittel ausprobieren, damit ein milderes Medikament das heilen könne, was du lieber sanft behandelt als weggeschnitten haben wolltest.  (3) Ja, du nötigst deinem Herzen das Bestreben ab, dich mit ihm zu treffen, sowie den Wunsch, zu einem Einklang zu gelangen, – falls es denn erlaubt ist, dies als Einklang eher zu bezeichnen denn als Nachsicht, wenn der, der siegen kann, Verzeihung zu gewähren wünscht. Und ich habe keinen Zweifel, dass deine göttliche Klugheit folgende Überlegung angestellt hat: sie werde durch die Berührung mit ihr selbst die übergroße Glut der Leidenschaften dieses Mannes gänzlich zum Erlöschen bringen oder ihr doch Maß und Linderung schaffen können.  (4) Keine Leidenschaft ist ja so wahn­erfüllt, dass Mäßigung sie nicht gewinnen könnte, wenn sie mit ihr in Verbindung tritt. Hässliche Feigheit senkt die Augen, sobald ihr die Schönheit der Tugend gegenübersteht.  (5) In Zaudern und ins Stocken geraten kann man dann wohl die Frechheit sehen, wenn sie von Ernst, Besonnenheit und Schicklichkeit in Verwirrung gebracht ist, so dass deutlich wird, du, trefflich­ ster Kaiser, wolltest bei Erlangung eines guten Einvernehmens jenem nicht Amnestie für die Misshandlung dieser Stadt gewähren, sondern du hast nur einen milderen Sieg erstrebt, da du lieber über seine moralischen Fehler als über seine Waffen siegen wolltest. 10  (1) Doch in Wirklichkeit vermag keine Macht Dinge, die von Natur getrennt im Widerstreit zueinander liegen, zu vereinen, und kein Band ist so zuverlässig sicher, dass es voneinander Strebendes selbst verknüpfen und

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(2) Perpendit scilicet secum excellens prudentia tua eique semper pietas applicata omnes concordiae commoditates: illam esse fundamentum ac radicem otii, bonorum civilium seminarium, quietis publicae segetem et almam pacis altricem.  (3) Sed o quam aeger est ad honestatem recursus his qui iam gradum ex nequitia protulerunt! Vocas ad societatem; appetitum tuum refugit aversatur horrescit, nihil sibi putat tecum commune quia nihil simile est. Iam certe quiescere virtuti integrum non est; (4) nam bellum animo gerere armis abstinentem non concordiae ratio est sed ignava dissensio. 11  (1) Licet non sit in his ratio desideranda qui semel de via praecipites ire coeperunt, mirari tamen nequeo, cur id delatum non amplexus sit, quod impudens esset si auderet optare.  (2) Utrum Urbis funestam illam lacerationem lente ac remisse te laturum putavit? Sed natura fert ut iniuriae eius quem diligas, etiam si re ipsa graves sunt, fiant tamen amore graviores.  (3) An credidit conserenda manu non inferiorem? Hoc vero quam opinari non potuerit exitus docuit, cum signis tam saepe conlatis nihil umquam fuerit quod aut spes aucuparetur aut fortuna promitteret.  (4) Dolis, credo, existimavit decipi posse. Sed non virtus tua de congressione quam prudentia est de fraude securior. Quis enim ad praesentiendum sagacior? Quis vigilantior ad videndum? Quis contempletur praesentia acrius, ventura prolixius, ambigua certius, captiosa felicius?  (5) Non hinc tecum Lynceus ille certaret qui, ut poetae ferunt, parietum saepta et arborum truncos visu facile traiciebat, aut etiam ille quem eadem vetustas locuta est, cum in Siciliensi specula constitisset, conspicari solitum naves quae Africae portum subirent, cum

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ihm so Halt geben kann.  (2) Freilich haben deine herausragende Klugheit und deine Liebe, die ihr stets verbunden ist, sämtliche Vorzüge eines Einvernehmens genau abgewogen: dass eben dies Fundament und Wurzel ruhiger Muße sei, Pflanzstätte für das Wohlergehen der Bürger, Saatfeld der Ruhe, die den Staat im Inneren erhält, und segensreicher Ernährer des Friedens.  (3) Doch ach, wie voller Mühsal ist die Rückkehr zur Sittlichkeit für diejenigen, welche bereits in Verderbtheit auf ihrem Weg vorwärts gegangen sind! Du lädst ihn zu einem Bündnis ein: er weicht vor deinem Wunsch zurück, wendet sich ab, schaudert zurück: nichts, glaubt er, sei ihm mit dir gemeinsam, da es keine Ähnlichkeit zwischen euch gibt. Jetzt ist es kriegerischer Tüchtigkeit gewiss nicht mehr gestattet, stillzuhalten.  (4) Denn die Auseinandersetzung nur auf geistiger Ebene zu führen, ohne zu den Waffen zu greifen, ist keine Vernunfterwägung des Einvernehmens, sondern Uneinigkeit, die keine Tatkraft kennt. 11  (1) Mag man auch nicht nach einer Begründung forschen bei Leuten, die einmal begonnen haben, vom Weg blindlings abzuweichen, so kann ich mich doch nicht genug darüber wundern, weshalb er dieses Angebot nicht gerne angenommen hat; unverschämt wäre es, hätte er sich erkühnt, solches (von sich aus) zu wünschen.  (2) Hat er denn geglaubt, du würdest jene unheilvolle Zerfleischung dieser Stadt ruhig und gelassen hinnehmen? Die Natur bringt es doch mit sich, dass Unrechtstaten gegenüber demjenigen, den man liebt, – auch wenn sie schon von der Sache her schwerwiegend sind – trotzdem aufgrund der Liebe noch schwerer wiegen.  (3) Oder war er der Meinung, er werde im Fall einer Schlacht nicht unterliegen? Doch wie wenig er zu einer solchen Auffassung berechtigt war, lehrte der Ausgang, da es trotz so zahlreicher Gefechte niemals etwas für ihn gab, was die Hoffnung hätte erjagen oder was das Glück hätte versprechen können.  (4) Meiner Meinung nach hat er geglaubt, du könntest dich per Überlistung täuschen lassen: doch ist deine Klugheit hinsichtlich des Betrugs ebenso sicher wie deine kriegerische Tüchtigkeit hinsichtlich des Kampfes. Denn wer hat größeren Spürsinn in der Vorausahnung? Wer größere Wachsamkeit des Blicks? Wer könnte wohl mit größerer Scharfsicht die Gegenwart betrachten, mit größerer Weitsicht die Zukunft, mit größerer Zuverlässigkeit die Ungewissheit und mit größerem Erfolg heikel verfängliche Momente?  (5) In dieser Hinsicht wollte nicht jener berühmte Lynkeus mit dir in Wettstreit treten, der, wie die Dichter sagen, mit seinem Blick die Absperrung der Mauern und die Stämme der Bäume leicht durchdringen konnte; noch auch jener, der, wie uns dieselbe Tradition der Alten berichtet hat, als er sich in Sizilien auf einem Beobachtungsposten eingerichtet hatte, gewöhnlich mit eigenen Augen die Schiffe sehen konn-

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prospectum hominis non aer offusus quem crassiorem exalatio maris faceret, non tantum disiunctarum regionum longinquitas impediret. 12  (1) Cum spes omnis frigere debuerit et voluntas pacificandi alienata sit, quis dubitet divinitus armis tuis deditum, cum eo dementiae processerit ut ultro etiam lacesseret quem ambire deberet?  (2) O quam acres dolorum aculeos habes, contumelia quam imponit inferior! Ecce enim, pro dolor! (verba vix suppetunt), venerandarum imaginum acerba deiectio et divini vultus litura deformis.  (3) O manus impiae, o truces oculi! Ita non caligastis? In quo lumen mundi obscurabatis, meritas ipsi tenebras non imbibistis? Commovere tandem, conscia virtus, nec permittas hoc furori cui de te aliud non licebat.  (4) Sed quid tandem adsequeris, caeca dementia? Aboleri vultus hic non potest. Universorum pectoribus infixus est, nec commendatione cerae ac pigmentorum fucis renitet sed desiderio efflorescit animorum. Una demum Constantini oblivio est humani generis occasus.  (5) Nunc vero commendabiliorem iniuria tua faciet patientiam eius: avidius expetent quem pictura non reddit. Flagrantiora sunt animorum desideria, cum oculorum solacia perdiderunt. 13  (1) Nihil profecto gravius, nihil miserius, Roma, doluisti. Quamvis re­ condita alte magis gemeres, et ingestos cotidie luctus callo quodam obduratae patientiae sustineres, confessus est se inconsultior dolor nec timuit deprehendi, et male clausi signa maeroris per vultus indices exierunt.  (2) Hoc enim, Ro­ ma tot vulneribus saucia, vindicari volebas, cum tamen praestantissimus princeps iniuriae suae neglegens ulcisci tuas mallet. (3) Ita ambo,

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te, die in Afrika im Hafen einliefen, wobei weder die hingebreitet ruhende Luftschicht, welche die Ausdünstung des Meeres weiter verdichtete, noch die Distanz so weit entfernter Regionen die Sicht des Mannes behinderten. 12  (1) Da also jegliche Hoffnung erstarrt sein musste und der Wille, Frieden zu schließen, ganz abhanden gekommen war, wer könnte nun noch daran zweifeln, dass er von göttlicher Seite deinen Waffen preisgegeben war, da er sich zu einem derartigen Grad an Verrücktheit verstieg, denjenigen noch obendrein zum Kampf zu reizen, dem er sich mit Bitten hätte nahen sollen?  (2) O wie spitz und schmerzlich sind deine Stachel, Schmach, wenn es ein niedriger Charakter ist, der uns die Kränkung zufügt! Denn sieh, o Schmerz – kaum fassen es die Worte: die bitter verletzende Umstürzung deiner ehrwürdigen Bilder und die schimpfliche Tilgung deiner göttlichen Züge!  (3) Ihr gottlosen Hände! Ihr grässlichen Augen! So seid ihr nicht in Finsternis versunken? Als ihr das Licht der Welt in Dunkelheit zu hüllen suchtet, habt ihr nicht die verdiente Nacht selbst (in euch) eingesogen? So rühre dich nun endlich von der Stelle, o Tapferkeit, die du um all dies weißt, und übe bei dieser Tat keine Nachsicht mit solcher Ausgeburt des Wahnsinns, die ja, was dich betrifft, nichts anderes zustande bringen konnte.  (4) Doch was erreichst du schließlich, blinde Unvernunft? Dieses Antlitz kann man nicht zerstören: im Innern aller Menschen ist es eingeprägt, es strahlt nicht wider im freundlichen Schimmer des Wachses oder im bunten Schein der Farben, vielmehr erblüht es in der Sehnsucht unserer Herzen. Dass Konstantin einmal vergessen wird, tritt nur dann ein, wenn die Menschheit untergeht.  (5) Jetzt aber bewirkt dein Unrecht, dass seine Duldsamkeit sich noch willkommener empfiehlt: noch begieriger werden sie nach dem verlangen, dessen Züge das Gemälde nicht mehr wiedergibt. Leidenschaftlicher ist die Sehnsucht der Herzen ja, wenn Trost und Zuflucht der Augen verloren sind. 13  (1) Nein, wahrhaftig: einen schlimmeren, elenderen Schmerz hast du nie empfunden, Rom! Obwohl du es eher gewohnt warst, die Dinge tief im Verborgenen zu beklagen und die traurigen Geschehnisse, die dir Tag für Tag aufgeladen werden, gleichsam mit der Hornhaut empfindungslos gewordener Duldsamkeit zu ertragen, hat sich dein Schmerz doch weniger kühl abgewogen zu erkennen gegeben und keine Furcht vor Entdeckung gezeigt, und zum Vorschein kamen Zeichen nur schlecht verhohlener Trauer, da dein Antlitz deine Empfindungen offenbarte.  (2) Denn es war dein Wille, Rom, die du selbst so vielfach verwundet und verletzt warst, diese Tat zu strafen, während doch der trefflichste Herrscher, des selbsterlittenen Unrechts nicht achtend, eher das dir zugefügte rächen wollte.  (3) So habt ihr denn beide, in

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benigni ratiocinatores officiorum, paria fecistis, tu voto quo solo valebas, ille amore pariter et facultate, ut tantum bonorum tibi tribueret quantum te sibi velle cognosceret.  (4) Pugnasti igitur, imperator, coactus quidem, sed hoc maxime victoriam meruisti quia non desiderabas. Optasti pacem, sed ignosce si plus omnium vota valuerunt.  (5) Nec illa divinitas obsecundare coeptis tuis solita in hoc refragata est, sed aliquid ex sententia tua non dedit, ut plus pro meritis iniret. Negata est concordia cui erat parata victoria. 14  (1) In ore denique est omnium Galliarum exercitus visos, qui se divinitus missos prae se ferebant.  (2) Et quamvis caelestia sub oculos hominum venire non soleant, quod crassam et caligantem aciem simplex illa et inconcreta substantia naturae tenuis eludat, ibi tamen auxiliatores tui adspici audirique patientes, ubi meritum tuum testificati sunt, mortalis visus contagium refugerunt.  (3) Sed quaenam illa fuisse dicitur species, qui vigor corporum, quae amplitudo membrorum, quae alacritas voluntatum? Flagrabant verendum nescio quid umbones corusci et caelestium armorum lux terribilis ardebat; tales enim venerant, ut tui crederentur.  (4) Haec ipsorum sermocinatio, hoc inter audientes serebant: „Constantinum petimus, Constantino imus auxilio.“  (5) Habent profecto etiam divina iactantiam et caelestia quoque tangit ambitio: illi caelo lapsi, illi divinitus missi gloriabantur, quod tibi militabant.  (6) Ducebat hos, credo, Constantius pater, qui terrarum triumphis altiori tibi cesserat, divinas expeditiones iam divus agitabat. Magnus hic quoque pietatis tuae fructus: quamvis particeps caeli, ampliorem se fieri gratia tua sensit, (7) et cuius munera in alios influere iam possint, in eum ipsum tua munera redundarunt.

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wohlgesonnener Abwägung eurer Pflicht und Schuldigkeit, das Entsprechende getan: du mit deinem Wunsch, der allein deine Stärke ausmachte, er mit seiner Liebe gleichermaßen wie mit seiner Macht zu handeln, um dir soviel Gutes zuzufügen, wie du es (das wusste er) für ihn wünschtest.  (4) In diesen Kampf bist du also gegangen, Kaiser, genötigt zwar, doch du hast darum ganz besonders diesen Sieg verdient, weil du ihn nicht sehnlich wolltest. Gewünscht hast du dir Frieden, – doch sei nachsichtig, wenn die Wünsche der Gesamtheit ein größeres Gewicht hatten!  (5) Und jene Gottheit, deren Gewohnheit es ja ist, deinen Unternehmungen förderlich zur Seite zu stehen, hat sich dir auch in diesem Fall nicht widersetzt; doch etwas hat sie dir nicht nach Wunsch verliehen, um entsprechend deinen Verdiensten ein größeres Ziel anzugehen: die Verweigerung des Einvernehmens galt ja dem, für den der Sieg bereitet war. 14  (1) Schließlich geht in allen gallischen Ländern die Rede, es seien Heere gesehen worden, die offen verkündeten, sie seien von göttlicher Seite ent­ sandt.  (2) Und obgleich himmlische Wesen den Menschen gewöhnlich nicht zu Gesicht kommen, weil jene reine und unkörperliche Substanz einer feinen Natur unserer groben und in Finsternis gehüllten Sehkraft nicht zugänglich ist, ließen es deine Helfer dort dennoch zu, dass man sie sehen und vernehmen konnte, und erst, als sie für dein Verdienst ihr Zeugnis abgelegt hatten, entzogen sie sich dem Kontakt sterblicher Wahrnehmung.  (3) Doch wie sah denn, den Berichten zufolge, ihre Gestalt aus? Welche Kraft besaßen ihre Körper? Welche Größe ihre Glieder? Welch frohen Eifer zeigten ihre Entschlüsse? Ihre Schilde loderten in flackerndem Schein, der irgendwie scheue Furcht hervorrief, und Schrecken verbreitender Lichtglanz flammte auf ihren himmlischen Waffen. Denn so gerüstet waren sie gekommen, um als dein Gefolge Geltung zu erlangen.  (4) So klang ihre eigene Rede, solche Worte verbreiteten sie rings unter denen, die sie vernahmen: „Konstantin suchen wir, Konstantin kommen wir zu Hilfe!“  (5) Ja, selbst göttliche Wesen haben ihr Ruhmbedürfnis, und auch Himmlische rührt der Ehrgeiz an: jene, die vom Himmel hernieder gekommen, jene, die auf göttliches Geheiß entsandt waren, rühmten sich, dir als Kämpfer zu dienen.  (6) Ihr Führer war, so glaube ich, dein Vater Constantius, der für irdische Triumphe dir, dem Überlegenen, seinen Platz geräumt hatte und der, nunmehr in den Rang der Götter erhoben, Feldzüge göttlicher Dimensionen unternahm. Ein reicher Lohn deiner Liebe ist auch dies: obgleich er als Mitglied in den Himmel aufgenommen war, war er dennoch der Meinung, er werde (das sei dir zu verdanken) noch an Größe dazugewinnen.  (7) Und eben auf ihn, dessen Gaben jetzt anderen zufließen können, haben deine Gaben sich in vollem Maße ergossen.

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15  (1) Cedat tibi non recentium saeculorum modo sed totius memoriae vetustas, quamvis illa recti appetens et nullo umquam in officio depravata glorietur penes se sanctitatis famam stetisse.  (2) Sed negleguntur praeconia hominum, ubi quaeruntur iudicia divina.  (3) Illi igitur veteres, laudati vitae moderatores, qui refrenandis cupiditatibus restricte contenteque vixerunt, quorum omnis aetas armis conterebatur, quando tantam in proelio divinam opem pro merito integritatis habuerunt ut, qui longe a virtutibus tuis distant, in proximo saltem iustitiae gradu reponantur?  (4) Romano quodam in bello ferunt duo cum equis iuvenes exstitisse spectandos forma pariter ac viribus, qui in dimicando praeter ceteros insignes fuissent. Iussu imperatoris ad remunerandam industriam requisitos, ubi nulli inveniebantur, fides habita est divinos fuisse, quod cum laborem sedulo communicavissent, laboris pretium respuerunt.  (5) Equidem historiae non invitus adsentior; neque enim in hoc veri interpolatrix tenenda quae se non vanam antiquitatis nuntiam pollicetur. Sed tamen illi qui hoc annalium monumentis inligaverunt, verebantur ne apud posteros miraculi fides claudicaret.  (6) Estote, o gravissimi auctores, de scriptorum religione securi: credimus facta qui maiora nunc sensimus. Magnitudo principis nostri gestis veterum fidem conciliat, sed miraculum detrahit.  (7) Pro auxilii copia negotiorum ratio metienda est. Duo quondam iuvenes, sed nunc exercitus visi; hoc certe uberius nec infirmius veritate. Stat argumento duplici fides nixa: sic Constantinus iuvari meruit, sic debuit Roma servari. 16  (1) Magnum hoc, imperator maxime, sed de tua pietate non mirum. Adesse tibi in omnibus summam illam maiestatem quae te circumplexa tueatur, coniectura mentium tenebamus, etsi nondum ad fidem patebat oculorum.

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15  (1) Die Vergangenheit soll dir jetzt den Platz freigeben, nicht nur die Spanne der gerade erst zurückliegenden Jahrhunderte, sondern die ganze altvergangene Zeit, soweit Erinnerung reicht, obgleich diese ja, nach dem Rechten strebend und bei keiner Pflicht je korrumpiert, sich rühmt, bei ihr habe sich der Ruf reiner Gesittung niedergelassen.  (2) Doch menschliche Lobpreisungen finden keinerlei Beachtung, wo man göttliche Urteile befragen kann.  (3) Jene Alten also, die für ihre maßvolle Lebensführung gepriesen waren, die, unter Zügelung ihrer Begierden, ein karges und genügsames Dasein hatten, die ihr ganzes Leben in Kriegstaten zubrachten: wann haben sie einmal für das Verdienst ihrer Lauterkeit so bedeutsame göttliche Hilfe in einer Schlacht erhalten, so dass sie, in weitem Abstand zu deinen Tugenden, doch wenigstens, was die Gerechtigkeit angeht, auf der nächstfolgenden Stufe Platz finden könnten?  (4) In einem Krieg der Römer, so erzählt man, sollen zwei junge Männer mit ihren Rossen erschienen sein, gleich anzuschauen an Schönheit der Gestalt und Kraft, die sich vor den anderen im Kampf außerordentlich bewährt hatten; auf Befehl des Feldherrn ließ man nach ihnen suchen, ihren Einsatz zu belohnen, und als es nicht gelang, sie ausfindig zu machen, glaubte man, sie seien göttlicher Natur gewesen, da sie, trotz ihrer engagierten Beteiligung an der Mühsal der Unternehmung, den Lohn für diese Mühsal nicht entgegennahmen.  (5) Ich jedenfalls stimme der Geschichte recht gerne zu: man darf sie, die sich als durchaus glaubwürdige Botin der Vergangenheit darbietet, nämlich nicht in dieser Sache für eine verfälschende Umgestalterin der Wahrheit halten. Aber trotzdem befürchteten jene, die diesen Bericht in die Bücher ihrer Geschichtsdarstellungen aufgenommen haben, bei den Nachfahren werde der Glaube an das Wunder erlahmen.  (6) Seid ohne Sorge, hochehrwürdige Autoren, was unseren frommen Respekt gegenüber euren Schriften angeht: wir schenken diesen Taten Glauben, da wir jetzt noch größere erfahren haben. Die Größe unseres Herrschers verleiht den Taten der Alten Glaubwürdigkeit, doch sie mindert auch den Rang des Wunders.  (7) An dem Umfang der Hilfeleistung ist die Einschätzung der Aufgaben zu ermessen: einst sah man zwei junge Männer, doch jetzt – Heere: dies ist gewiss üppigere Unterstützung, und nicht minder wahr. Fest steht unser Glaube, auf ein doppeltes Argument gestützt: solche Hilfe hat Konstantin verdient, solche Rettung war Rom geschuldet. 16  (1) Das ist ein Ereignis von hohem Rang, höchster Kaiser, doch bei deiner Frömmigkeit nichts Wunderbares. Wir hatten im Herzen die Vermutung, dass dir in allen Dingen jene höchste Macht zur Seite steht, die dich umfängt und schützt, wenn auch für die Augen noch kein deutlicher Beweis vorlag.

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(2) Etenim cum mens tua mortali contagione secreta, pura omnis, funditus sincera, ubique se promerendo deo praestet, cum gloria tua humanum modum supergressa sit, quis est omnium quin opitulari tibi deum credat, cum id et vita mereatur et rerum gestarum magnitudo testetur?  (3) Parumper igitur ab instituto cursu non ingrato deverticulo recedamus. Tenebo hunc orationis modum ut nec inhumane de ceteris muta sit nec odiose instantibus obloquatur.  (4) Tu, imperator optime, inito principatu, adhuc aevi immaturus sed iam maturus imperio, ostendisti cursum aetatis non exspectandum in festinatione virtutis.  (5) Tu exinde domi militiaeque iuxta bonus nusquam gradum extulisti, quin ubique te gloria quasi umbra comitata sit. Tu ferocissimis regibus Ascarico et comite suo captis tanta laude res bellicas auspicatus es, ut eam inauditae magnitudinis obsidem teneremus.  (6) Ut Herculem ferunt adhuc tenerum atque lactantem duos angues manu elisisse, ut iam infantulo indoles futuri roboris emicaret, sic tu, imperator, in ipsis imperii tui cunabulis, quasi geminos dracones necares, per saevissimorum regum famosa supplicia ludebas. 17  (1) Franci ipsi praeter ceteros truces, quorum vis cum ad bellum effervesceret ultra ipsum Oceanum aestu furoris evecta, Hispaniarum etiam oras armis infestas habebant. Hi igitur sub armis tuis ita conciderunt ut deleri funditus possent, nisi divino instinctu, quo regis omnia, quos ipse adfeceras conficiendos filio reservasses.  (2) Quamquam ad gloriam vestram fecunda malis suis natio ita raptim adolevit robusteque recreata est, ut fortissimo Caesari primitias ingentis victoriae daret, cum memoria acceptae cladis non infracta sed asperata pugnaret.  (3) Differamus parumper Italicas expeditiones

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(2) Denn da dein Geist, von der Berührung mit dem Sterblichen gesondert, gänzlich rein, von Grund auf lauter, überall durch sein Verdienst dem Gott für sich selbst bürgt, da dein Ruhm Menschenmaß überschritten hat: wen gibt es unter allen, der nicht an des Gottes Hilfe für dich glauben sollte, da dir dies durch deine Lebensführung als Verdienst zusteht und auch die Größe deiner Taten es bezeugt?  (3) Also wollen wir ein wenig von dem eingeschlagenen Kurs auf einen nicht unerfreulichen Seitenweg abweichen. Folgendes Maß will ich in meiner Rede einhalten: weder soll sie in unhöflicher Stummheit zu den anderen Themen schweigen noch soll sie in ärgerlicher Länge ihre Worte zur Gegenwart ausbreiten.  (4) Du, trefflichster Kaiser, hast seit Herrschaftsantritt, als du dem Alter nach noch nicht zur Reife gelangt, doch schon zu kaiserlicher Macht herangereift warst, gezeigt, dass man angesichts der eiligen Ungeduld, mit der sich deine Tüchtigkeit offenbarte, nicht auf das Fortschreiten deines Alters zu warten hatte.  (5) Du hast seither, im Krieg wie im Frieden gleichermaßen tüchtig, keinen Schritt je unternommen, ohne dass, gleichwie ein Schatten, der Ruhm überall dein Begleiter war. Du hast, mit der Gefangennahme von so wild trotzenden Königen, des Ascaricus und seines Gefährten, deine Kriegstaten mit so herausragendem Ruhm glücklich begonnen, dass wir in ihm nun einen Bürgen für Größe besaßen, wie sie uns bisher unbekannt gewesen ist.  (6) Wie Hercules, erzählt man, in ganz zartem Alter und ein Säugling noch, mit bloßer Hand zwei Schlangen erwürgt hat, so dass schon bei diesem ganz kleinen Kind die natürliche Anlage seiner künftigen Kraft hervorleuchtete: so hast du, Kaiser, dich in der Wiege deiner Herrschaft schon, gleichsam um ein Drachenpaar zu vernichten, daran vergnügt, an grausamsten Königen Hinrichtungsstrafen zu vollziehen, die weithin von sich reden machten. 17  (1) Die Franken selbst, deren Wildheit alle anderen übertrifft, hielten mit ihren Waffen sogar die Küsten der spanischen Länder bedroht, als ihre kämpferische Macht in Kriegsleidenschaft entbrannte und in der Woge ihrer Raserei sogar über den Ozean hinaus gefahren war: sie also sind unter deinen Waffen so zusammengebrochen, dass sie gänzlich hätten vernichtet werden können, hättest du nicht in der göttlichen Eingebung, mit der du alles lenkst, die von dir selbst bereits Geschwächten zur völligen Vernichtung deinem Sohn vorbehalten.  (2) Zu eurem Ruhm ist dieses Volk jedoch, fruchtbar an eignem Leid, so rasch gewachsen und so kraftvoll neu erstarkt, dass es dem tapfersten Caesar die Erstlinge eines gewaltigen Sieges verleihen konnte, da es, eingedenk der eingesteckten Niederlage, nicht etwa gebrochenen Mutes, sondern in wilder Erbitterung den Kampf führte.  (3) Lassen wir für eine Weile deine Unternehmungen in Italien beiseite, – in deren Verlauf hast du zunächst die

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quibus Segusiensium civitatem, quae superatis Alpibus Italiae claustrum obiecit, cum vi et virtute velut ianuam belli refregisses, inde per obiectas acies, per exercitus obvios usque ad Romana moenia inoffensus victoriarum impetus percucurrit. 18  (1) Quid memorem Bructeros, quid Chamavos, quid Cheruscos Lancionas Halamannos Tubantes? Bellicum strepunt nomina, et immanitas barbariae in ipsis vocabulis adhibet horrorem. Hi omnes singillatim, dein pariter armati conspiratione foederatae societatis exarserant.  (2) Tu tamen, imperator, cum tantam belli molem videres, nil magis timuisti quam ne timereris. Adis barbaros, et dissimulato principis habitu quam proxime poteras, cum duobus accedis.  (3) Numquam est excelsior principatus quam cum se publico submittit officio. Facis verba, spem illorum agitas et versas credulitatem, negas te esse praesentem.  (4) O vere caeca barbaria, quae in illo vultu signa principis non videris, quem ne sic quidem senseris, cum intra iactum teli securus sui staret, Constantinum esse! Qui hoc poteras non timere, dubitare quisquam potest te per omnia subnixum deo vadere? Invictos ducis et solus timeris.  (5) Tot regna, tot populi et tantarum nationum congregatio indignam se viribus tuis putat, quem credit absentem. Tibi tamen incrementum laudis ex multiplicatione terroris est. Magnificentius congregata obteris quae scrupulosius dispersa sequereris.  (6) Innumerae simul gentes ad bellum coactae, sed uno impetu tuo fusae, dum conlativam vim comparant, compendiosam victoriam praestiterunt. 19  (1) Uno hoc bello, si debitis laudibus immorari vacaret, dies integer conderetur. Nunc ita omnia praetervolans tetigit oratio, ut victoriarum tuarum non summam evolveret sed ornamenta monstraret.  (2) His rebus semper e re

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Stadt Segusio, die, sind erst die Alpen überwunden, einen Riegel vor Italien legt, mit machtvoller Tapferkeit gleichsam als Tor des Krieges aufgebrochen, und daraufhin ist der stürmische Vorstoß deiner Siege unangefochten durch die Reihen, die sich dir entgegenwarfen, durch die Armeen, die gegen dich marschierten, bis zu den Mauern Roms vorgedrungen. 18  (1) Was soll ich die Bructerer erwähnen? Wozu die Chamaven? Was Cheruscer, Lancionen, Alamannen und Tubanten? Diese Namen haben kriegerischen Klang, und die Rohheit des Barbarenlandes nutzt mit der Benennung selbst die Schreckenswirkung. Sie alle standen zuerst einzeln, dann gemeinsam unter Waffen und hatten sich in leidenschaftlichem Aufruhr zu einer Gemeinschaft von Bündnis und Allianz verschworen.  (2) Du, Kaiser, hast jedoch, obgleich du so eine gewaltige Kriegslast sahst, nichts mehr gefürchtet, als dass du gefürchtet würdest. Du suchst die Barbaren auf, des Herrschers Gewand wird unkenntlich gemacht und du trittst mit zwei Begleitern möglichst nahe an sie heran.  (3) Nie ist Herrschaft erhabener, als wenn sie sich der Verpflichtung für die Öffentlichkeit unterwirft. Du wechselst Worte, erweckst Hoffnungen in ihnen, drehst und wendest ihre Leichtgläubigkeit, streitest deine Anwesenheit ab.  (4) O wahrhaft blindes Barbarenvolk, das du auf jenem Antlitz die Züge des Herrschers nicht erkannt hast; dass dies Konstantin gewesen ist, hast du nicht einmal da bemerkt, als er, ohne Sorge für sich selbst, innerhalb der Reichweite eines Speerwurfs dastand! Und du, der du hierbei ohne Furcht sein konntest! Wie kann da noch jemand zögern anzunehmen, dass du, in Zuversicht auf die Hilfe der Gottheit, alles zu durchschreiten vermagst? Unbesiegbare Soldaten führst du an und wirst allein gefürchtet.  (5) So viele Königreiche, so viele Völker und der Zusammenschluss so bedeutender Völkerschaften halten sich nicht für wert, dass du deine Kräfte gegen sie erprobst, – du, den sie abwesend glauben. Doch dein Ruhm wächst mit der Vervielfachung des Schreckens. Großartiger ist es, wenn du die zusammengeschlossenen Scharen zermalmst, die du – wären sie einzeln zerstreut – mit größerem Aufwand verfolgen müsstest.  (6) Ungezählte Stämme, die zum Krieg verbündet waren, doch in einem einzigen Angriff von dir in die Flucht geschlagen wurden, haben dir, indem sie eine vereinte Streitmacht bildeten, in einem Zug zu einem raschen Sieg verholfen. 19  (1) Mit diesem einen Krieg müsste man einen ganzen Tag zubringen, wäre es gestattet, bei dem schuldigen Lob zu verweilen. Jetzt hat meine Rede in ihrem raschem Flug alles nur so berührt, dass sie nicht die Gesamtheit deiner Siege entfaltet, sondern Auszeichnung und Ehre, die sie bedeuten, vorgeführt hat.  (2) Diese Taten hast du zum Wohl des Staates stets mit soviel

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publica gestis tanta vi tantoque successu ut numquam virtus tua intremuerit, prudentia haeserit, felicitas claudicarit, satis, ut opinor, probatum est perpetuam in te benignae maiestatis opem fluere, ut caelestes exercitus tui non tunc primo missi sed tum demum intellecti esse videantur.  (3) Talis igitur ad liberandam Italiam et tam tutus accedis, ut cum res bellica caecos habeat eventus, in te tamen dimicandi voluntatem pro victoriae pignore teneres, etiamsi abessent auxilia divina.  (4) Aderat enim robustus et florens, plenus virium animi plenus exercitus, laetus armis et militiae munia exsequens studio magis quam necessitate, quippe cui stipendia sint pauciora quam proelia (cum dico proelia, significo victorias), praeterea tam amans tui quam tibi carus.  (5) Ignosce enim, superba Virtus: quantumvis fiduciae et spiritus capias, amor principis facit militem fortiorem. 20  (1) Antiqua admodum res est quam proferam, sed non indigna memoratu. Illyrii quondam despicientes Aeropi regis infantiam Macedonas bello lacessierunt. Et prima quidem congressio secundum illos fuit; verum Macedones cum bellum reficerent, regem suum in cunis ad aciem detulerunt.  (2) Cum illos ira, hos miseratio, illos signorum cantus hos pueri vagitus accenderet, mutata est ratio certaminis: vicerunt qui amore pugnabant.  (3) Quanto igitur est amor fidelior accepti beneficii memoria quam praesumptione futuri, quod illic percepta res iuvat, hic exspectata blanditur, tanto tui animosius dimicaverunt qui non puero spem gratiae munerabantur, sed principi post natos homines benignissimo meriti debitum rependebant. 21  (1) Primam igitur Segusiensium civitatem, quam primam iter dederat, victoria facilis amplexa est. Quae resistendi pertinacia ita in se imperatoris vim convertit ut pietatem tamen non alienaverit.  (2) Nam cum introitus vi manu

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Kraft und so großem Erfolg vollbracht, dass nie ein Zittern deine Tapferkeit erbeben ließ, nie deine Klugheit in Ratlosigkeit verfiel, nie dein Glück ins Schwanken geriet: also ist zur Genüge erwiesen, meine ich, dass dir unaufhörlich Hilfe von Seiten einer wohlgesonnenen Macht zufließt, so dass deine himmlischen Heere dir offensichtlich nicht damals zum ersten Mal zugesandt, sondern damals erst von uns wahrgenommen wurden.  (3) So gerüstet und in solcher Sicherheit ziehst du zu Italiens Befreiung aus, dass du, mag das Geschäft des Kriegs auch ungewissen Ausgang haben, dennoch mit deiner Person den Entschluss zum Kampf als Pfand des Sieges fest in Händen hieltest, selbst wenn göttliche Hilfe nicht vorhanden wäre.  (4) Denn es stand dir ein starkes und mächtiges Heer zur Verfügung, reich an Kräften, reich an Mut, waffenfroh, das die Pflichten des Kriegsdienstes mehr voller Eifer als aus einem Zwang heraus erfüllt, da die Zahl seiner Dienstjahre kleiner ist als die der Schlachten (und wenn ich Schlachten sage, meine ich damit Siege), ferner dir ebenso ergeben wie dir teuer.  (5) Denn verzeih, du stolzgesinnte Tapferkeit: wieviel Selbstvertrauen und hohen Sinn du auch für dich beanspruchst – es ist die Liebe zu dem Herrscher, die dem Soldaten größere Tapferkeit verleiht. 20  (1) Recht alt ist die Geschichte, die ich euch vortragen will, doch nicht unwert der Erinnerung: Die Illyrer haben einst, in Geringschätzung für das kindliche Alter des Königs Aeropus, gegen die Makedonen einen Krieg eröffnet. Und gewiss, das erste Treffen ging zu ihren Gunsten aus. Als die Makedonen jedoch den Krieg wiedereröffneten, trugen sie ihren König in seiner Wiege bis zu ihrer Schlachtlinie hin.  (2) Als nun jene die Kampfeswut, diese das Mitgefühl, jene der Klang der Kampfsignale, diese das Wimmern des Knaben anfeuerte, verwandelte sich das Gesetz des Kampfes: den Sieg gewannen die, die aus Liebe kämpften.  (3) Je zuverlässiger nun also treue Liebe in Erinnerung an eine schon empfangene Wohltat ist als aufgrund einer Vorwegnahme künftiger Wohltat, weil dort bereits Erlangtes Freude macht, hier erst Erwartung lockt: desto mutiger kämpften deine Soldaten, die nicht einem Knaben ihre Hoffnung auf seine Gunst zum Geschenk machten, sondern dem gütigsten Herrscher, seit es Menschen gibt, das vergalten, was sie seinem Verdienst zu verdanken hatten. 21  (1) Die Stadt Segusio, die dir auf deiner Marschroute als erste in die Hand gegeben war, war also die erste, die ein leichter Sieg erobert hat. Sie hat durch die Hartnäckigkeit ihres Widerstands die Macht des Kaisers auf sich gelenkt, doch so, dass sie trotzdem seine Liebe nicht abwenden konnte.  (2) Denn als man sich mit aller Macht bemühte, in die Stadt einzudrin-

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quaereretur, et portarum inflammatio ignem late distulisset, cuius facilis per adiuncta contagio pastu pestifero valescebat, maxima benignissimi imperatoris fuit cura, non modo ut incendium non adiutum senesceret, sed oppressum emori posset; et longe operosior clementia eius quam fortitudo perspecta est, cum plus in conservanda urbe quam in capienda fuerat laboris oreretur.  (3) Itaque digrediens sic civitatem cupidam sui fecit, ut eam ad omne obsequium non victoriae metus componeret sed admiratio lenitatis. 22  (1) Optima esse aiunt remedia quae ad usum corrigendi nostri ex aliena calamitate nascuntur; verum animus pravitate velut morbo impeditus dilectum boni non habet.  (2) Ecce iam apud Taurinos venientem pugna gravior exspectat; nec Segusiensium vastitas monet ut sibi caveant, nec cogitant quo cum principe res futura sit, quod neque vis eius resistendi spem faciat nec mansuetudo rationem.  (3) Campum late iacentem tantus miles oppleverat, ut non improbaret fiduciam qui instructos videret.  (4) Quae enim illa fuisse dicitur species, quam atrox visu, quam formidolosa, operimento ferri equi atque homines pariter obsaepti! Clibanariis in exercitu nomen est: superne hominibus tectis, equorum pectoribus demissa lorica et crurum tenus pendens sine impedimento gressus a noxa vulneris vindicabat. 23  (1) Te tamen, imperator, non terruit nec quod tanto numero duplicabat armatura terrorem nec quod vim armis numerus addebat.  (2) Certum est enim pro negotii modo animosam esse virtutem, quod ex serie rerum captum suum temperat: in parvis prope ad securitatem remissa, in mediocribus modice intentior, ubi magna venerunt iuxta magnitudinem exanclandi

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gen, und der Brand der Tore das Feuer schon weithin ausgedehnt hatte, das über die anschließenden Bauten leicht Kontakt zur weiteren Verbreitung fand und in unheilvollem Fraß erstarkte, war es die größte Sorge unseres gütig­ sten Kaisers, nicht nur den Brand nicht weiter anzufachen und so allmählich dahinschwinden zu lassen, sondern ihn aktiv zu bekämpfen und damit zum Erlöschen bringen zu können. Und es war deutlich zu sehen, dass seine Milde mit weitaus mehr Aufgaben befasst war als seine Tapferkeit, da mehr Anstrengung zur Erhaltung der Stadt erforderlich wurde, als es zur Einnahme der Fall gewesen war.  (3) Und so hat er die Stadt bei seinem Weggang in einen Zustand solcher Ergebenheit gegenüber seiner Person versetzt, dass nicht die Furcht aufgrund seines Sieges, sondern die Bewunderung für seine Milde sie zu vollständiger Fügsamkeit brachte. 22  (1) Am besten, sagt man, seien die Heilmittel, die uns zum Zweck unserer Besserung aus fremdem Schaden erwachsen. Doch einem Geist, der von der Verkehrtheit seines Denkens wie von einer Krankheit behindert ist, ist es nicht möglich, eine Wahl des Guten zu treffen.  (2) Sieh, da erwartet ihn bereits bei den Taurinern zu seiner Ankunft ein noch schwererer Kampf: doch es mahnt sie nicht die Verwüstung von Segusio, sich in Acht zu nehmen, und sie bedenken nicht, mit was für einem Herrscher sie es zu tun haben werden, – da ihnen weder seine Macht Hoffnung auf Widerstand lässt, noch seine Milde einen Grund dafür.  (3) Die weithin sich erstreckende Ebene war mit so vielen Soldaten angefüllt, dass, wer sie zur Schlacht aufgestellt erblickte, ihre Selbstgewissheit nicht für unangebracht hielt.  (4) Denn welch ein Schauspiel soll sich da geboten haben, wie grässlich anzusehen, wie furchteinflößend: Pferde und Männer, umhüllt von Eisenwehr in gleicher Weise. Im Heer nennt man sie „Clibanarii“. Im oberen Teil waren die Männer ganz von ihrer Rüstung bedeckt, und ein Panzer, der über die Brust der Pferde herabhing und bis zu den Beinen hinunter reichte, schützte sie, ohne sie in der Fortbewegung zu behindern, davor, durch eine Verletzung Schaden zu erleiden. 23  (1) Dich jedoch, Kaiser, hat es nicht schrecken können, weder, dass diese Bewaffnungsart mit einer so gewaltigen Zahl den von ihr ausgehenden Schrecken noch verdoppelte, noch, dass die Zahl den Waffen zusätzliche Kraft verlieh.  (2) Denn es ist sicher, dass die Tüchtigkeit ihren Mut der Art ihrer Aufgabe anpasst, weil sie ihren Einsatz an der Reihenfolge des Rangs der Dinge bemisst. In kleinen Dingen ist sie fast bis zur Sorglosigkeit herabgestimmt, bei Aufgaben mittlerer Bedeutung ist sie etwas aufmerksamer, und wenn große Ereignisse eingetreten sind, reckt sie sich bis zur Größe der

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operis erigitur.  (3) Illa armorum ostentatio et operti ferro exercitus, qui imbelles oculos vulnerassent, invictas mentes incitaverunt, quod imbutus imperatoris exemplo totis animis eius miles ardescit, cum invenit hostem, quem vinci deceret.  (4) Catafractos equites, in quibus maximum steterat pugnae robur, ipse tibi sumis. His disciplina pugnandi ut, cum aciem arietaverint, servent impressionis tenorem, et immunes vulnerum, quidquid oppositum, sine haesitatione perrumpant. 24  (1) Sed tu, imperator prudentissime, qui omnes bellandi vias nosses, opem ex ingenio repperisti: (2) quod tutissimum eludere quos est difficillimum sustinere. Diducta acie inrevocabilem impetum hostis effundis; dein quos ludificandos receperas, reductis agminibus includis. Nil proderat contra tendere, cum ex industria tui cederent; flexum ad insequendum ferreus rigor non dabat.  (3) Ita nostri proditos sibi clavis adoriuntur, quae gravibus ferratisque nodis hostem vulneri non patentem caedendo defatigabant ac maxime capitibus afflictatae, quos ictu perturbaverant, ruere cogebant.  (4) Tunc ire praecipites, labi reclinis, semineces vacillare aut moribundi sedilibus attineri, permixta equorum clade impliciti iacere, qui reperto sauciandi loco passim equitem effreni dolore fundebant.  (5) Ad unum interfectis omnibus, tuis integris, horrorem armorum ad miraculum victoriae transtulerunt, quod qui invulnerabiles habebantur sine tuorum vulneribus interissent.  (6) Antoninus imperator in toga praestans et non iners nec futtilis bello, cum adversum Parthos armis experiretur, visis catafractis adeo totus in metum venit, ut ultro ad regem conciliatrices pacis litteras daret.  (7) Quas cum rex immodicus animi respuisset, insolentia quidem barbari debellata est, sed

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zu meisternden Aufgabe empor.  (3) Jene Zurschaustellung der Waffen und die eisengepanzerten Heere, die kriegsungewohnte Augen schon verwundet hätten, stachelten die unbesiegten Gemüter an, weil die Soldaten, erfüllt vom Beispiel ihres Kaisers, von ganzem Herzen in Kriegslust entbrannten, wenn sie auf einen Feind stießen, den es zu besiegen galt.  (4) Die Panzerreiter, auf denen die größte Kampfstärke beruhte, nimmst du dir selbst vor. Diese wenden folgende Kampftaktik an: wenn sie gegen eine Schlachtreihe heftig losgestürmt sind, behalten sie den Schwung des Angriffs bei, und da sie unverwundbar sind, durchbrechen sie jedes Hindernis, ohne ins Stocken zu geraten. 24  (1) Doch du, klügster Kaiser, der du ja alle Kampfmethoden kanntest, hast in deiner Ingeniosität ein Mittel ersonnen:  (2) dass es am meisten Sicherheit bietet, diejenigen dem Spott preiszugeben, denen man nur sehr schwer standhalten kann. Du lässt deine Schlachtordnung auseinandertreten und gibst dem Ansturm des Feindes freien Lauf, der nicht mehr rückgängig zu machen ist; dann führst du die Heeresteile wieder zusammen und schließt so diejenigen ein, die du zur Verhöhnung in deinen Reihen aufgenommen hattest. Es hatte keinen Zweck, dagegenzuhalten, da deine Leute mit Absicht zur Seite wichen. Die Starrheit der Eisenwappnung erlaubte es nicht, eine Wendung zur Verfolgung vorzunehmen.  (3) So greifen unsere Soldaten die ihnen Preisgegebenen mit Knüppeln an, die mit ihren schweren, eisenbeschlagenen Knoten den Feind, der keinen Verwundungen ausgesetzt war, durch ihre Hiebe zu völliger Erschöpfung brachten und besonders, wenn die Köpfe solche Schläge abbekommen hatten, die vom Schlag Betäubten dann zum Niederstürzen zwangen.  (4) Dann gingen sie kopfüber zu Boden, fielen rücklings herab, wankten halbtot umher oder wurden sterbend in ihren Sätteln festgehalten, lagen kreuz und quer, in den Untergang der Pferde mitverwickelt, die – hatte man eine Stelle, sie zu verwunden, entdeckt – rasend vor Schmerz ihre Reiter ringsumher abwarfen.  (5) Als sie alle bis zum letzten Mann getötet, deine Soldaten dagegen unversehrt geblieben waren, hat man das Entsetzen vor den Waffen auf das Wunder dieses Sieges mitübertragen, da die als unverwundbar Geltenden zugrundegegangen waren, ohne dass deine Soldaten eine Verwundung erhalten hatten.  (6) Den Kaiser Antoninus, der so trefflich in der Friedenstoga und im Krieg so tüchtig und so zuverlässig war, ergriff, als er auf einem Feldzug gegen die Parther die Kataphrakten zu Gesicht bekam, so ganz und gar die Furcht, dass er von sich aus einen Brief an ihren König sandte, um Frieden zu erwirken.  (7) Als der König diesen in der Maßlosigkeit seines Sinns zurückgewiesen hatte, wurde die Überheblichkeit des Barbaren zwar völlig besiegt – doch es wurde

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pate­factum est in his armis tantam inesse violentiam ut eam et vincendus fideret et superaturus timeret. 25  (1) Quid ego referam post tantam et tam gravem pugnam, quod apud Brixam magnus quidem et acer equitatus, sed fuga quam vi sua tutior et primo impetu tuo pulsus, Veronam usque contendit ad praesidia maiora?  (2) Neque id dedecori fuit, quod excusati fugiunt qui tibi cedunt. Contingat quin immo miserae timiditati res ostentanda, fuga quae habuerit dignitatem.  (3) Ipsa autem Verona referta immanibus copiis, quas in unum adventus tui formido conduxerat, cum multorum iam clades accepisset, facta est parumper metu cautior, non ratione felicior: muris se ab impetu vindicant.  (4) Aderat quidem Ruricius, experientissimus belli et tyrannicorum ducum columen, per tota admodum moenia magna vis hominum; sed apud Brixam plerique iam fracti. Ut in corpore, cum aliqua pars aegra est, valitudo omnis contaminari solet, sic illius multitudinis portio malo affecta totum exercitum timoris contagium dissiparat.  (5) Quam faciles lapsus infirmitas habeat, cum eam intempestiva movit audacia, cum saepe alias tum maxime in illa obsidione perspectum est.  (6) Clausi impetum faciunt, et qui se aliquamdiu latendo a morte defenderant, facta pugnandi copia, poenas eruptionis temerariae pependerunt.  (7) Idemque Ruricius magna suorum clade reiectus in moenia, spe iam lassa et adhuc mente vesana, cum se Verona proripuisset, novos eodem egit exercitus, et praecipitante iam die bellum non detrectavit pugnae avidior quam salutis. Sed eum exitus magis quam merita fefellerunt; nam furorem mors domuit, quem non potuerat nec considerati ratio nec victi formido sanare.

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deutlich, dass diese Art der Rüstung einen so starken Eindruck von Gewalt erzeugte, dass der zu Besiegende sein Vertrauen in sie setzte und der künftige Sieger Furcht vor ihr empfand. 25  (1) Was soll ich nach so großem und so schwerem Kampf davon berichten, wie bei Brescia eine Reitertruppe, die zwar groß und von feurigem Elan war, aber größere Sicherheit in der Flucht sah als in der eigenen Stärke und bei deinem ersten Angriff in die Flucht geschlagen war, bis nach Verona eilte, um größeren Schutz zu erlangen?  (2) Aber das bedeutete keine Schande für sie: entschuldigt fliehen ja die, die vor dir zurückweichen. Ja, es mag sogar kläglicher Furchtsamkeit eine rühmenswerte Tat gelingen: eine Flucht – in Würde.  (3) Verona selbst andererseits, mit Truppen in gewaltiger Zahl vollgestopft, die die Furcht vor deiner Ankunft alle an einer Stelle zusammengebracht hatte, war, da man schon zahlreiche Verluste hatte hinnehmen müssen, aus Furcht für kurze Zeit vorsichtiger, aber nicht erfolgreicher in seiner Überlegung: in seinen Mauern suchte man vor deinem Angriff Schutz.  (4) Da gab es nun Ruricius, einen sehr kriegserfahrenen Mann und Hauptpfeiler der militärischen Befehlshaber des Tyrannen, und es war über die gesamte Maueranlage hin eine große Menschenmenge verteilt; doch sehr viele waren schon bei Brescia überwältigt worden. Wie bei einem Körper, wenn ein Teil erkrankt ist, für gewöhnlich die Gesundheit insgesamt in Mitleidenschaft gezogen wird, so hatte der Teil jener Menge, der von dem Unglück betroffen war, die Ansteckung der Furcht auf das ganze Heer verteilt.  (5) Wie leicht man die Schwachheit zu Fall bringt, wenn sie sich durch unangebrachte Kühnheit hat hinreißen lassen, konnte man oft bei anderer Gelegenheit, doch ganz besonders bei jener Belagerung erkennen.  (6) Die Eingeschlossenen unternahmen einen Angriff, und sie, die sich eine Weile vor dem Tod durch Versteckthalten hatten retten können, sie hatten, da sich ihnen eine Gelegenheit zum Kampf bot, die Strafe für die Unbesonnenheit ihres Ausfalls zu zahlen.  (7) Und eben derselbe Ruricius wurde, mit großen Verlusten unter seinen Männern, bis in die Stadt hinein zurückgedrängt, und da er, mit schon ermatteter Hoffnung, doch weiter in wahnsinniger Verfassung, aus Verona einen Vorstoß unternommen hatte, führte er frische Truppen an dieselbe Stelle, und obwohl sich der Tag schon neigte, verzichtete er nicht auf den Kampf, da er mehr auf die Schlacht versessen war als auf das Leben. Doch hat er sich mehr im Ausgang des Kampfes getäuscht als in dem, was er verdient hatte; denn der Tod hat seine Raserei bezwungen, die weder die vernünftige Überlegung eines Besonnenen noch die Furcht eines Besiegten hatte heilen können.

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26  (1) O nox illa aeternis saeculis monumentisque mandanda! Cum spissis tenebris congressu Fortunae totum liceret, tu tamen, imperator, non intutior tempore quam deo tectior, saevissimo hosti multus instares et libertate caedis exsultans donum noctis duceres quod pugnantem nemo servaret. Per infestas acies interritus vadis, densissima quaeque perrumpis deicis proteris.  (2) Mortis decus perdunt quos ignoratus adfligis, nisi quod te ipsa vis tua cogit agnosci. Nihil enim te permovent tubarum fractae voces, horrendus militum clamor, permissa casibus vulnera, inlisi cominus gladii, cadentum graves gemitus, arma late strepentia et in unum quendam sonitum diversi fragoris acta confusio, quod haec omnia aut virtus neglegit aut ira non sentit.  (3) Nox ipsa, iustissima bellantibus causa terroris, vehementiorem te agendis stragibus fecerat. Quod solum enim virtutis tuae impedimentum est, miserationem tenebrae non habebant, ut intellegi liceat quantum illo in bello vis tua perfecerit pietate non retenta et maiestate secura.  (4) Proelio vix multa nocte confecto fessus caedibus, anhelus ex bello, cruore oblitus sed hostili, ad obsidionis vigilias recurrebas.  (5) O Fortuna! O praepotens Roma! Quam tu umquam gratiam pro tantis his laboribus referes? nisi quod indulgentissimus princeps, tamquam hoc ipsum tibi debeat, eo cariorem habet quo maiore labore servavit. 27  (1) Et quoniam me ad Urbis commemorationem fors quaedam intulit, non rerum ordo deduxit, neque revocari inde orationem fas est quo iamdudum contenta veniebat, praetereo te, Aquileia, te, Mutina, ceterasque regiones quibus propter insecutas incredibilium bonorum commoditates gratissima fuit ipsius oppugnationis iniuria.  (2) Senserunt enim translatis ad fortissimum principem fortunarum suarum gubernaculis quam facile omnia ad salubrem

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26  (1) O jene Nacht, die es verdient, für ewige Zeiten und zu ewiger Erinnerung überliefert zu werden! Da in der Tiefe der Dunkelheit Fortuna alle Freiheit der Entscheidung über den Kampf zustand, da du jedoch, o Kaiser, durch die Tageszeit nicht weniger geschützt als durch die Obhut der Gottheit, dem wild tobenden Feind unablässig zusetztest und, erfüllt von Jubel über die Ungebundenheit der Schlacht, es für ein Geschenk der Nacht ansahst, dass den Kämpfenden keiner im Auge behielt: Unerschrocken schreitest du durch die Reihen des Feindes, durchbrichst gerade die dichtest gedrängten Massen, schlägst sie in die Flucht, zermalmst sie.  (2) Die Ehre ihres Todes verlieren diejenigen, die du unerkannt zu Boden streckst, wenn nicht deine Kampfgewalt selbst sie zwingt, dich zu erkennen. Denn es erschüttern dich in keiner Weise schrill-geborstener Tubaklang, das schreckliche Geschrei der Soldaten, die Wunden, wie sie des Zufalls Wirken überlassen sind, der Zusammenprall der Schwerter im Nahkampf, das furchtbare Stöhnen der zu Fall Gekommenen, der weithin tosende Waffenlärm und die Vermischung dieses unterschiedlichen Getöses zu einer Art gewaltigem Gesamtklang – entweder nun, weil deine Tapferkeit all dies nicht achtet, oder, weil deine Kampfeswut es nicht spürt.  (3) Die Nacht selbst, triftigster Grund des Schreckens für die Kämpfenden, hatte dich noch hitziger darin gemacht, Vernichtung zu verbreiten. Denn was allein ein Hindernis ist für deine Tapferkeit: Mitleid – kannte die Dunkelheit nicht, so dass man erfassen kann, was für eine Leistung deine Stärke in jenem Kampf vollbracht hat, da sie nicht von Liebe zurückgehalten wurde und in deiner Majestät Sicherheit besaß.  (4) Kaum war die Schlacht in tiefer Nacht beendet, eiltest du, erschöpft vom Blutbad, keuchend noch vom Kampf, mit Blut bespritzt – doch dem des Feindes –, zurück, um bei der Belagerung Wache zu halten.  (5) O Fortuna, o Rom, du in der Fülle deiner Macht! Mit welchem Dank wirst du je so gewaltige Anstrengungen vergelten können? Es sei denn, dass der nachsichtigste Kaiser – so als ob er genau dieses dir schuldete – dich umso mehr liebt, je mehr Anstrengung deine Rettung ihn gekostet hat. 27  (1) Und da mich ein Zufall veranlasst hat, den Namen der Stadt Rom zu erwähnen, ohne dass die Abfolge der Ereignisse mich dazu gebracht hat, und da es nicht rechtens ist, die Rede von dem Gegenstand abzubringen, den sie doch schon lange voller Eifer zu erreichen suchte, übergehe ich denn also dich, Aquileia, dich, Mutina, und die anderen Gebiete alle, denen – aufgrund der Vorzüge unglaublich großer Güter in der Zeit danach – der Schaden durch Belagerung und Sturm selbst höchst willkommen war.  (2) Als die Lenkung ihrer Geschicke auf den tapfersten Herrscher übergegangen war, merkten sie nämlich, wie leicht alles zu einem vorteilhaften Lauf zurückfand; alles war ja

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cursum redirent, quae ita deferebantur ut mox aut malorum omnium scopulis inliderentur aut miseriarum vadis adhaerescerent.  (3) Praetereo, inquam, et haec et alia complura quorum est et singillatim onerosa moles et omnium simul acervus onerosior.  (4) Nam quae diducta ferre nequeas, his congregatis subire spei importunioris est quam fiduciae promptioris.  (5) Recuperata igitur Italia hic primus fuit liberandae Urbis gradus et ad victoriam facilis ascensus, quod illum semper exedendae Urbis visceribus inhaerentem ex adsuetis latebris vis divinitatis excussit.  (6) In quo quidem tantum momenti fuit ad perficiendae rei facilitatem, ut non tam gloriandum sit virtuti tuae, praestantissime imperator, quod eum viceris quam gratulandum felicitati quod ad pugnam potueris evocare. 28  (1) Non enim casu, non fiducia factum putemus ut ultro etiam exercitum educeret adversum eum cuius adventus stridorem ipsum perhorresceret, nisi animum iam metu devium infestior deus et pereundi maturitas perpulisset; quod ipsa ratio disponendi exercitus docuit illum mente perdita implicatoque consilio, cum eum pugnae locum caperet ut interclusa fuga moriendi necessitatem imponeret, cum spem victoriae non haberet.  (2) Quod quidem imperatori nostro optandum largiter fuit, qui hoc uno maxime offenditur, si certamen lubricum faciat spes prompta fugiendi.  (3) Relaxaverit acies aut frons impulsa titubaverit, fiducia manuum ad pedes migrat. Non amas, imperator, bella nisi ferventem hostem in gradu suo praecisa fuga teneas, ut aut ferro concidat aut miseratione servetur.  (4) Apud Tiberim igitur suos instruit sic ripae locatos ut ultimorum vestigia praesagio quodam eventurae cladis unda fatalis adlueret, ita vero multitudine suppeditante ut ultra quam

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dabei, derart stromab zu treiben, dass sie bald darauf entweder an den Klippen aller Leiden zerschellt wären oder in den Untiefen des Elends festgehalten.  (3) Ich übergehe, sage ich, sowohl dies als auch anderes mehr, dessen Gewicht, jedes einzeln für sich genommen, eine schwere Last ist und dessen aufgehäufte Gesamtmenge noch schwerer wiegt.  (4) Denn das, was man einzeln abgeteilt nicht zu tragen vermag, alles zusammengehäuft auf sich zu laden, zeugt eher von Hoffnung am verkehrten Ort als von einem Selbstvertrauen mit sicherer Perspektive.  (5) Da Italien also wiedergewonnen war, war es der erste Schritt, die Stadt zu befreien, und eine leicht zu meisternde Stufe zum Sieg, dass die Macht einer Gottheit denjenigen, der sich in den Eingeweiden der Stadt auf Dauer festgesetzt hatte, sie zu verschlingen, aus seinem vertrauten Schlupfwinkel aufgejagt hat.  (6) Das hatte jedenfalls so großen Einfluss darauf, die Vollendung der Tat zu erleichtern, dass sich nicht so sehr deine Tapferkeit zu rühmen hat, trefflichster Kaiser, dass du ihn besiegt hast, wie dass deinem Glück zu gratulieren ist, dass du ihn zum Kampf herauslocken konntest. 28  (1) Denn wir dürfen nicht annehmen, es sei durch Zufall oder aus Zuversicht geschehen, dass er sogar von sich aus das Heer gegen denjenigen ins Feld führte, vor dessen waffenklirrendem Heranrücken er bereits in heftiges Entsetzen geriet, hätte nicht eine feindlicher gesinnte Gottheit und die nun gekommene Stunde seines Untergangs seinen Sinn, der vor Furcht schon auf Abwege geraten war, dazu angetrieben; denn gerade die Art und Weise, wie er sein Heer verteilte, zeigte, dass sein Geist zerrüttet und sein planendes Denkvermögen in Verwirrung war, da er einen solchen Platz für den Kampf auswählte, dass ihm die Flucht abgeschnitten war und so den Tod als unausweichliches Ende auferlegte, da er keine Hoffnung mehr auf einen Sieg hatte.  (2) Dies war für unseren Kaiser freilich sehr wünschenswert, dem das allein größtes Ärgernis bereitet, wenn bequem verfügbare Hoffnung auf Flucht die Entscheidung in der Schlacht zu einem Terrain macht, von dem man leicht entschlüpfen kann.  (3) Mag die Schlachtordnung nachgeben oder die vordere Linie durch eine Attacke ins Wanken geraten, so verlagert sich das Vertrauen, das auf die bewaffnete Hand gesetzt hat, auf die Füße. Du, Kaiser, liebst nur Kämpfe, in denen du – da die Flucht abgeschnitten ist – den tobenden Feind in seiner Stellung festhältst, so dass er entweder durch das Schwert fällt oder durch Mitgefühl gerettet wird.  (4) Nahe beim Tiber stellte er also seine Soldaten so am Ufer verteilt auf, dass das Wasser schicksalhaft in einer Art Vorankündigung der kommenden Niederlage die Füße der Letzten umspülte; die Menge war aber so groß, dass sich die Schlachtordnung in ihrer Ausdehnung über den Punkt hinaus erstreckte, wohin der Blick

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visus agi posset extenta acies pertineret,  (5) non quo frons imbecilla tractu invalido duceretur, sed tanta subsidiorum atque ordinum confirmatione ut acies non porrectior quam robustior mirum utrumque praeberet, quod eam nec constipatio contraxisset nec longitudo tenuaret. 29  (1) Praetermittam hoc loco, Constantine maxime, disponendi militis tui miram incredibilemque rationem. Hoc enim persequi vellem, quem tenuisse locum caelestis exercitus dicam? – quamquam illos non arbitror stetisse nisi tecum.  (2) Difficillimam enim pugnae partem tibi deligis et, tamquam pro fortunae gradu modus virium debeatur, ita inter tuos non vis principatu magis excellere quam labore.  (3) Cumulatissimum quidem principis munus est, si manu cesset, non cessasse consilio; sed tu non segnior gerere quam iubere simul exercitus tuos monitu regis, opere iuvas, incendis exemplo.  (4) Quod hic etiam facis promptius quam in ceteris proeliis, quod in praesenti erat tam ampla pugnae merces quam pugnator inlustris et statim Roma victoris.  (5) Cuius rei cum imaginem cepi, dicturus horresco. Invadis primus aciem, solus inrumpis. Obumbrant euntem telorum inriti iactus, sonat ictibus umbo securus. His, quos trabalis hasta deiecit, insultans equus proterit. Fulget nobilis galea et corusca luce gemmarum divinum verticem monstrat. Auro clipeus, auro arma conlucent. O quantam vim possides, Virtus, quae in hoc habitu plus terroris praeferas quam decoris!  (6) Secuti hunc ardorem fortissimi milites, et dignos se ductu eius imperioque testati sic viritim laboraverunt, quasi summa res singulorum manu teneretur. 30  (1) Non commemorabo hic tectas continuis stragibus ripas, non oppletum acervis corporum Tiberim et inter congestas alte cadaverum moles aegro nisu

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noch reichen konnte;  (5) nicht so, dass sich die Front schwach, in kraftloser Linie hinzog, sondern mit einer solchen Zahl an Reserven und Schlachtreihen, dass die Schlachtordnung, ebenso ausgedehnt wie stark, einen doppelt staunenswerten Anblick bot: denn weder hatte die dichte Aufstellung sie verkürzt, noch hat die lange Ausdehnung sie ausgedünnt. 29  (1) An dieser Stelle, höchster Konstantin, will ich deine wunderbare und unglaublich kluge Planung zur Aufstellung deiner Soldaten beiseite lassen. Denn diese Frage hätte ich gerne verfolgen wollen: welchen Platz, soll ich sagen, haben die himmlischen Heere eingenommen? Obgleich ich glaube, jene konnten nur an deiner Seite Aufstellung bezogen haben.  (2) Denn den schwierigsten Teil des Kampfes suchst du für dich selbst aus und, als ob es deine Pflicht sei, entsprechend dem Rang deines Glückes auch das Maß deiner Kräfte einzusetzen, hast du den Wunsch, dich unter deinen Soldaten durch deine herrscherliche Position nicht mehr auszuzeichnen als durch deine Leistung.  (3) Die höchste Aufgabe eines Herrschers ist es zwar, wenn er das Kampfgetümmel verlässt, nicht auch in der Planung zu pausieren; doch du, der du ebenso eifrig im Handeln bist wie im Erteilen von Befehlen, lenkst zur gleichen Zeit durch Zuspruch deine Heere, unterstützt sie durch die Tat, feuerst sie durch dein Beispiel an.  (4) Dies führst du hier sogar mit noch größerem Einsatz aus als bei den anderen Schlachten, da in dieser Situation der Lohn für den Kampf ebenso reich wie der Kampfgegner berühmt war und Rom sogleich im Besitz des Siegers.  (5) Indem ich mir ein Bild von diesem Geschehen gemacht habe, schaudere ich zurück, da ich nun sprechen soll. Als erster gehst du auf die feindliche Reihe los, alleine stürzt du dich in sie hinein. Unwirksam losgeschleuderte Geschosse hüllen dich auf deinem Weg in ihren Schatten, dein Schild hallt sorglos sicher von den Treffern wider. Diejenigen, die deine balkenstarke Lanze niedergeworfen hat, stampft dein Ross nieder und zermalmt sie. Glanz verbreitet dein edler Helm und bietet das göttliche Haupt im funkelnden Licht der Edelsteine dar. Von Gold erstrahlt dein Schild, von Gold erstrahlen deine Waffen. Welch gewaltige Macht besitzt du, Tapferkeit, die du in diesem Kleid mehr Schrecken offenbarst als Waffenzier?  (6) Diesem Feuer der Begeisterung folgten die tapfersten Soldaten und zeigten sich seiner Führung und seines Befehls würdig: sie setzten sich Mann für Mann so ein, wie wenn die höchste Entscheidung in die Hand jedes einzelnen gelegt wäre. 30  (1) Nicht erwähnen werde ich hier die Ufer, ohne Zwischenraum bedeckt von Bergen der Verwüstung, nicht den Tiber, angefüllt von Leichenhaufen, wie er zwischen hoch aufgehäuften Massen von Kadavern in mühsamer An-

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ac vix eluctantibus gurgitibus exeuntem, quodque illum ipsum tyrannum non mors virilis sed fuga turpis prodidit et digno ignaviae et saevitiae exitu fluctus sanguinei necaverunt.  (2) Perstringi haec satis est, quod etiam pridie prolixius mihi dicta sunt neque pro dignitate exsequi copia est, et ne pugna raptim gesta diutius narrata quam confecta videatur.  (3) O si nunc mihi facultas daretur sermonis pro rerum figurandi! Adhiberem omnes flosculos et abuterer exquisito quodam lepore ac venustate dicendi.  (4) Iam strepitus Martii, iam tubarum sonores festus et resultanti favore mutantur. Dicendus in Urbem ingressus est imperatoris, et in exprimendo senatus populique Romani maximo gaudio ingrata, nisi et ipsa lascivit, oratio.  (5) Nullus post Urbem conditam dies Romano inluxit imperio, cuius tam effusa tamque insignis gratulatio aut fuerit aut esse debuerit; nulli tam laeti triumphi quos annalium vetustas consecratos in litteris habet. 31  (1) Non agebantur quidem ante currum vincti duces sed incedebat tandem soluta nobilitas. Non coniecti in carcerem barbari, sed educti e carcere consulares. Non captivi alienigenae introitum illum honestaverunt sed Roma iam libera.  (2) Nil ex hostico accepit sed se ipsam recuperavit, nec praeda auctior facta est sed esse praeda desivit et, quo nil adici ad gloriae magnitudinem potest, imperium recepit quae servitium sustinebat.  (3) Duci sane omnibus videbantur subacta vitiorum agmina quae Urbem graviter obsederant: Scelus domitum, victa Perfidia, diffidens sibi Audacia et Importunitas catenata. Furor vinctus et cruenta Crudelitas inani terrore frendebant; Superbia atque Arrogantia debellatae, Luxuries coercita et Libido

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strengung, in strudelnden Wassern, denen es kaum gelang, sich hervorzuwinden, einen Ausweg suchte; und dass kein mannhafter Tod, sondern schändliche Flucht den Tyrannen selbst ausgeliefert hat, und dass ihn blutige Fluten in einem seiner Feigheit und Grausamkeit angemessenen Ende in den Tod gezogen haben.  (2) Es genügt, diese Geschehnisse hier nur kurz zu streifen, da ich mich zuvor schon ausführlicher dazu geäußert habe, und doch keine Möglichkeit besteht, all dies seinem Rang angemessen darzulegen, – und damit es nicht den Anschein hat, es habe längere Zeit gebraucht, den Kampf, der ja rasch ausgefochten war, zu schildern als ihn zu vollenden.  (3) Ja, wäre mir jetzt Gelegenheit geboten, meine Rede nach dem Maß der Taten auszugestalten! Alle Blüten holte ich herbei, und wahrhaft erlesene Anmut und feinen Liebreiz der Rede nutzte ich in vollem Maße.  (4) Schon vertauscht man das Kriegsgetöse, schon der Tuba Schall mit festlichem Stimmenklang und dem Widerhall des Beifalls. Zu schildern ist der Einzug des Kaisers in die Stadt – und die Rede kann, soll sie das Übermaß der Freude bei Senat und Volk von Rom in Worten dartun, nur dann willkommen sein, wenn sie sich auch selbst in frohem Überschwang präsentiert.  (5) Es gibt keinen Tag, der seit der Gründung der Stadt dem römischen Reich sein Licht geschenkt hat, an dem es eine so verschwenderische und so außerordentliche Bekundung dankbarer Freude gegeben hat oder hätte geben sollen; keiner der Triumphe, welche die alte Überlieferung der Annalen in ihren Aufzeichnungen verewigt enthält, war so von Freude erfüllt. 31  (1) Vor dem Festwagen wurden freilich keine Anführer in Fesseln mitgeführt, sondern dort schritt der Adel, endlich befreit, voran. Man warf keine Barbaren in den Kerker, sondern man führte die Consularen aus dem Kerker heraus. Keine Kriegsgefangenen aus fremdem Land haben diesem Einzug Ehre und Glanz verliehen, sondern das nunmehr freie Rom.  (2) Die Stadt hat nichts aus Feindesland erhalten, sondern sich selbst wiedergewonnen, sie ist durch Beute nicht vergrößert worden, sondern hat aufgehört, selbst Beuteobjekt zu sein; und, was man, die Größe des Ruhmes noch zu steigern, durch Größeres nicht überbieten kann: sie, die die Sklaverei zu ertragen hatte, hat wieder die Herrschaft übernommen.  (3) Es entstand in der Tat bei allen der Eindruck, dass die Laster, welche die Stadt unter schwerem Druck besetzt gehalten hatten, in Heerscharen unterjocht im Zug mitgeführt wurden: das Verbrechen bezwungen, besiegt die Treulosigkeit, ohne ihre Selbstsicherheit die Verwegenheit und die Unverschämtheit in Ketten gelegt; gefesselte Raserei und blutbefleckte Grausamkeit knirschten mit den Zähnen, ohnmächtig, Schrecken zu verbreiten; besiegte Hochmut und Anmaßung, gezügelte Ausschweifung und in Fesseln gelegte Lüsternheit wurden in eisernen Ban-

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constricta nexu ferreo tenebantur.  (4) Sequebatur hunc comitatum suum tyranni ipsius taeterrimum caput ac, si qua referentibus fides est, suberat adhuc saevitia et horrendae frontis minas mors ipsa non vicerat.  (5) Iaciebantur vulgo contumeliosissimae voces; nam et ludibriis oppressoris sui auspicari libertatem iuvabat et mira cum voluptate conceptus e vita terror insultatione interitus obterebatur. 32  (1) Quis triumphus inlustrior, quae species pulchrior, quae pompa felicior?  (2) Dicam itaque, imperator, quo uno satis mihi videor divinam gloriam tuam significaturus. Quot in illo turpitudinum notas extinxeras, tot in te laudum infulae refulserunt.  (3) Fraudari indulgentissimus princeps ea gratia neminem voluit, quominus omnia, quae odium eius pervaserat, spectaculum tyrannici funeris expiaret.  (4) Ubique iam quidem laetitiam gestae rei diffuderat Fama velox et ad celeritatem nuntii pennata Victoria; insequebatur tamen uberiore cum gaudio ipsius rei fructus, quod ad animum languidius accedunt quae aurium via manant quam quae oculis hauriuntur.  (5) Itaque tanti per Italiam concursus hominum excitabantur, tantae ex oppidis effusiones, ut facile anteacti terroris testificatio in praesenti exsultatione luceret.  (6) Pari studio missum eiusdem tyranni ad permulcendam Africam caput, ut quam maxime vivus adflixerat laceratus expleret. Et nondum satis tempestivo mari adfuerunt tamen navigantibus felices aurae et fluctus secundi, beatissimamque victoriam ipsa etiam elementa iuverunt.  (7) Caput, in quo titulus tantae laudis circumferebatur, reddidit Tiberis, prosecuti sunt venti, maria servarunt.  (8) Quonam modo te, potens Africa, quanto laetitiae fremitu, quam insolenti voluptate iactasti! Nil quippe est immoderatius quam post longam tristitiam repens gaudium; impetu suo fervet, nec ut primum liberum, continuo defaecatum, statim purum est.

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den festgehalten.  (4) Auf dieses persönliche Geleit folgte das so scheußliche Haupt des Tyrannen selbst, und, wenn man den Berichterstattern Glauben schenken darf, war seine Wildheit noch vorhanden, und der Tod selbst hatte es nicht vermocht, den drohenden Ausdruck der graueneinflößenden Stirn zu besiegen.  (5) Schmählichste Worte wurden ihm von der Masse zugeschleudert; denn es erfreute sie, das Zeitalter der Freiheit durch Verspottung ihres Unterdrückers zu eröffnen, und mit seltsamer Lust trat man, in Verhöhnung seines Untergangs, den Schrecken, der im Leben von ihm ausgegangen war, mit Füßen. 32  (1) Welcher Triumph ist strahlender gewesen? Welcher Anblick schöner? Welcher Festzug glücklicher?  (2) Ich will daher das aussprechen, Kaiser, womit allein, so scheint es mir, ich deinem göttlichen Ruhm genügenden Ausdruck zu verleihen vermag. So viele Makel an Schimpf und Schande du an jenem getilgt hattest, ebenso viele heilige Ruhmesbänder erstrahlten an dir in hellem Schein.  (3) Der gütigste Herrscher wollte niemandem die Gunst vorenthalten, mit dem Anblick der Leiche des Tyrannen alle Orte zu entsühnen, die der Hass auf ihn durchdrungen hatte.  (4) Schon hatte zwar die schnelle Fama überall die Freude über die vollbrachte Tat verbreitet, und auch Victoria, die ihre Schwingen nutzt, die Botschaft rasch zu überbringen. Die Befriedigung über die Sache selbst jedoch folgte, mit üppigerer Freude, etwas später nach, da die Kunde, die auf dem Weg des Gehörs Verbreitung findet, mit geringerer Lebhaftigkeit unseren Geist erreicht, als was wir mit den Augen trinken.  (5) Daher kam es in ganz Italien zu so gewaltigen Menschenansammlungen, so große Mengen strömten aus den Städten hervor, dass im freudigen Überschwang der Gegenwart der Beweis für den zuvor verbreiteten Schrecken leicht und klar zutage trat.  (6) Mit dem gleichen Bestreben wurde das Haupt desselben Tyrannen übersandt, Afrika zu besänftigen, damit er dem Land, das er im Leben so schlimm heimgesucht hatte, nunmehr in Stücke gerissen, Genugtuung schaffe. Und obwohl es für die Schifffahrt auf dem Meer noch nicht ganz die passende Jahreszeit war, halfen den Seefahrern doch glückbringende Winde und günstige See, und den herrlichsten Sieg unterstützten sogar die Elemente selbst.  (7) Dieses Haupt, mit dem der Ehrentitel so hohen Ruhmes für dich ringsum verbreitet wurde, hat der Tiber zurückgegeben, die Winde haben ihm Geleit gegeben, die Meeresfluten haben es verschont.  (8) In welchem Maß, mächtiges Afrika, in welch gewaltigem Freudenlärm, in wie exzessiver Vergnügungslust hast du geschwelgt! Nichts ist ja maßloser als plötzliche Freude nach einer langen Zeit der Trauer: in entsprechendem Ungestüm braust sie empor und ist nicht auf der Stelle ungetrübt und sogleich klar, wenn sie die Freiheit eben erst erlangt hat.

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(9) Nam ut fistulae, cum diu intersaeptae sunt, exitu dato quo largiores eo crassiores aquas evomunt, sic vota hominum metu interclausa turbidi aliquid egerunt cum cumulata ruperunt. 33  (1) Hae victoriarum gratulationes, nec minus uberes fructus reliquarum virtutum fuerunt.  (2) Implicatam quidem atque obsitam Urbem gravissimis malis evolverunt indefessa vis atque eximia fortitudo; sed quantum boni prudentia excogitavit, benignitas et clementia contulerunt!  (3) Quorum quid magis iuverit, difficilis existimatio est. Nam et calamitate obsessis finis est voti miseria liberari, et mox vacuitas miseriarum parum grata est, nisi laetitia consequatur.  (4) Ita pro se quaeque officiis suis functae fortitudo et liberalitas imperatoris cumulatissimam Urbis beatitudinem exhaurienda et congerendis commodis reddiderunt.  (5) Facilior quidem, multo proclivior laedendi quam commodandi semper est via, vulnerare integrum quam sauciato mederi, dissipare parta quam divulsa componere; cessit tamen haec rerum condicio principi nostro.  (6) Nam quidquid mali sexennio toto dominatio feralis inflixerat, bimestris fere cura sanavit. Sanavit, dico? Redintegratio status pristini permulcendo dolori satis est, non etiam arcessendae gratulationi; nec amplius postules quam ut eum sui non poeniteat qui solita ... non modo id egit ut recuperatis quae amiserat non doleret sed etiam ut novorum adeptione gauderet.  (7) Praetereo privatim reddita omnibus patrimonia quos illa monstrosa labes extorres domo fecerat; praetereo, inquam, quia vix sufficit oratio facta publicitus explicare; quamquam, cum ex singulis sit coagmentata res publica, et quidquid in eam confertur ad omnes pro portione permanat et vicissim necesse est, quod singillatim omnes adipiscuntur, in commune rei publicae redundare.

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(9) Denn wie Rohre, wenn sie lange Zeit verstopft gewesen sind und dann der Ausgang wieder freigelegt ist, ihr Wasser in desto schlammigerem Schwall ausspeien, je reichlicher es fließt: ebenso haben die Wünsche der Menschen, da Furcht sie unterdrückt gehalten hat, etwas trüb Aufgewühltes mitgerissen, als sie, zu Haufen aufgetürmt, sprengend hervorgebrochen sind. 33  (1) Von solcher Art waren die Freudenbekundungen für deine Siege. Nicht weniger ertragreich waren die Früchte deiner anderen Tugenden.  (2) Gewiss haben deine unermüdliche Stärke und deine außerordentliche Tapferkeit die Stadt, die in schlimmste Leiden hineingeraten und von ihnen übersät war, davon befreit: doch wieviel Treffliches hat deine Klugheit erdacht, haben Güte und Milde beigetragen!  (3) Was von all dem der Stadt mehr Nutzen gebracht hat, ist schwer einzuschätzen: denn einerseits ist es für diejenigen, die vom Unglück in Beschlag genommen sind, der Gipfelpunkt ihres Wünschens, aus ihrem Elend befreit zu werden; andererseits ist schon bald das Befreitsein von den Leiden nicht angenehm genug, folgt nicht auch Freude gleich dazu.  (4) So haben beide, eine jede für sich, ihre Aufgaben erfüllt, die Tapferkeit und die Großzügigkeit des Kaisers, und haben so das Glück der Stadt hoch aufgetürmt, indem sowohl das Elend beseitigt als auch Vorteil und Nutzen in Fülle gewährt wurden.  (5) Leichter freilich und viel einfacher ist stets der Weg, Schaden zuzufügen als sich gefällig zu erweisen, einen Unversehrten zu verletzen als einen Verwundeten zu heilen, erworbenes Gut zu zerteilen als auseinander gerissenes zu vereinen. Und doch hat dieses Prinzip für unseren Herrscher seinen Platz geräumt.  (6) Denn alles Leid, das eine todbringende Gewaltherrschaft in diesen ganzen sechs Jahren zugefügt hatte, hat seine Fürsorge in fast zwei Monaten geheilt. Geheilt, sage ich? Die Rückkehr zu dem alten Zustand genügt, den Schmerz zu besänftigen, nicht aber, auch noch freudigen Dank zu gewinnen. Und man darf ja wohl nicht mehr verlangen, als dass er nicht unzufrieden ist mit sich selbst – er, der in gewohnter Sorge nicht nur darum bemüht war, dass der Staat das Verlorene wiederbekam und ihn dies also nicht mehr schmerzte, sondern auch, dass er sich über den Erwerb neuer Dinge freuen konnte.  (7) Ich übergehe die persönliche Zurückerstattung der ererbten Güter an alle diejenigen, die jener abscheuliche Schandfleck aus ihrer Heimat vertrieben hatte; ich übergehe sie, so sage ich, weil meine Rede kaum genügt, die Leistungen für das Gemeinwesen zu beschreiben; indessen, da ein Staatswesen aus der Zusammenfügung von Einzelpersonen besteht, gelangt sowohl alles, was man ihm zukommen lässt, anteilmäßig zu allen hin, als auch muss umgekehrt das, was alle je einzeln erlangen, dem Gemeinbesitz des Staates zufließen.

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34  (1) Iam illa vix audeo de tanto principe commemorare, quod nullam matronarum, cui forma emendatior fuerit, boni sui piguit, cum sub abstinentissimo imperatore species luculenta non incitatrix licentiae esset sed pudoris ornatrix.  (2) Quae sine dubio magna seu potius divina laudatio, saepe in ipsis etiam philosophis non tam re exhibita quam disputatione iactata.  (3) Sed remittamus hoc principi nostro, qui ita temperantiam ingenerare omnibus cupit, ut eam non ad virtutum suarum decus adscribendam sed ad naturae ipsius honestatem referendam arbitremur.  (4) Quid? faciles aditus, quid? aures patientissimas, quid? benigna responsa, quid? vultum ipsum augusti decoris gravitate, hilaritate admixta, venerandum quiddam et amabile renidentem, quis digne exsequi possit? Quarum rerum miraculo sic omnes devinciebantur ut non tam homines dolerent quod illum tyrannum ita diu tulerant quam quod tali principe tam sero fruerentur. 35  (1) Longum est ex illo percensere beneficia principis, quae in orbem sine modo redeuntia contexta eius benignitate fulserunt, ita infinita numero commodis magna, ut numquam oblivionem gratiae obductura sit vel multitudo omnium vel utilitas singulorum.  (2) Sensisti, Roma, tandem arcem te omnium gentium et terrarum esse reginam, cum ex omnibus provinciis optimates viros curiae tuae pignerareris, ut senatus dignitas non nomine quam re esset inlustrior, cum ex totius orbis flore constaret.  (3) Populi vero Romani vis illa et magnitudo venerabilis ad imaginem antiquitatis relata non licentia effrenis exsultat, non abiecta languide iacet, sed sic adsiduis divini principis monitis temperata est ut, cum ad nutum eius flexibilis et tenera ducatur, morigeram se non terrori eius praebeat sed benignitati. Placidam quippe rerum quietem et profundum Urbi otium gentes perdomitae condiderunt.  (4) Vacat remissioribus

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34  (1) Kaum habe ich jetzt den Mut, bei einem so hohen Herrscher zu erwähnen, dass keine verheiratete Frau, deren Gestalt von außerordentlicher Schönheit war, ihren Vorzug zu bereuen hatte, da unter einem so zurückhaltenden Kaiser strahlendes Aussehen keinen Anreiz zur Zügellosigkeit darstellte, sondern Zierde züchtigen Anstands war.  (2) Dies ist ohne Zweifel ein hohes oder vielmehr göttliches Lob, das oft auch selbst bei Philosophen weniger im Leben verwirklicht als vielmehr in der Diskussion erörtert ist.  (3) Doch wollen wir diesen Punkt unserem Herrscher zuliebe nicht weiter betrachten, der ja so sehr den Wunsch hat, allen Menschen Mäßigung einzupflanzen, dass wir glauben, sie sei nicht der Zierde seiner Tugenden zuzuordnen, sondern auf seine ehrenhafte Veranlagung selbst zurückzuführen.  (4) Was soll ich nennen? Die Leichtigkeit des Zugangs zu ihm? Was weiter? Seine höchste Duldsamkeit, uns anzuhören? Was noch? Die milde Freundlichkeit seiner Antworten? Was schließlich? Das Antlitz selbst, ernst in erhabner Würde, von Heiterkeit begleitet, etwas Verehrungswürdiges und Liebenswertes widerstrahlend – wer könnte das in angemessenen Worten ausführen? Das Wunderbare an diesen Dingen hat alle Herzen in der Weise bezwungen, dass die Menschen nicht so sehr Schmerz darüber empfanden, jenen Tyrannen so lange schon ertragen zu haben als vielmehr, sich eines solchen Herrschers erst so spät erfreuen zu dürfen. 35  (1) Es wäre zu weitläufig, von damals an die Wohltaten des Herrschers der Reihe nach durchzugehen, die, auf den Erdkreis ohne Ende herabkommend und mit seiner Großzügigkeit verknüpft, ihr Licht erstrahlen ließen, so unbegrenzt an Zahl und an Vorzügen so reich, dass es niemals geschehen kann, dass unsere Dankbarkeit, sei es für die Fülle des Gesamten, sei es für den Nutzen jeder einzelnen Tat, vom Mantel des Vergessens bedeckt wird.  (2) Endlich hast du gespürt, o Rom, dass du die Zitadelle aller Völker und Königin aller Länder bist, da du die edelsten Männer aus allen Provinzen für deine Kurie zum Unterpfand genommen hast, auf dass der Rang des Senats nicht dem Namen nach rühmlicher sei als von der Sache her, da er sich jetzt aus der Blüte des ganzen Erdkreises zusammensetzte.  (3) Jene Macht des römischen Volkes aber und seine verehrungswürdige Größe, wieder zugewandt dem Geist der alten Zeit – sie jubelt nicht enthemmt in Zügellosigkeit, sie liegt nicht schlaff verzagt danieder, sondern hat sich auf die ständigen Mahnungen des göttlichen Herrschers hin so in Mäßigung geübt, dass sie, da sie sich auf seinen Wink bereitwillig und fügsam führen lässt, sich nicht dem Schrecken seines Namens, sondern seiner Güte willfährig zeigt. Die gänzliche Unterwerfung der Völker hat ja sanften Frieden für den Staat und tiefe Ruhe für die Stadt geschaffen.  (4) Denen, die nun zu mehr

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animis delectamenta pacis adhibere. Celeberrima quaeque Urbis novis operibus enitescunt, nec obsoleta modo per vetustatem redivivo cultu insigniuntur, sed illa ipsa quae antehac magnificentissima putabantur nunc auri luce fulgentia indecoram maiorum parsimoniam prodiderunt.  (5) Circo ipsi maximo sublimes porticus et rutilantes auro columnae tantum inusitati ornatus dederunt, ut illo non minus cupide conveniatur loci gratia quam spectaculi voluptate. 36  (1) Tantorum Roma compos bonorum, quae quidem ei sunt cum toto orbe communia, haurit insuper ingentis spei fructum, quam propositam sibi ex Caesaribus nobilissimis habet eorumque fratribus. Quorum iam nomina ipsa veneramur, etsi vota nostra interim proferuntur.  (2) Nec Lacedaemoniis magis licuerit hoc instituto rem publicam tueri suam, cum regem nisi ex stirpe Herculis non haberent: tuos, Constantine maxime, tuos liberos ac deinceps nepotes tecum optat, ut tanto a pluribus petantur quanto maiora noscuntur.  (3) Declarant ecce rationem cupiditatemque votorum facta Crispi, Caesarum maximi, in quo velox virtus aetatis mora non retardata pueriles annos gloriis triumphalibus occupavit, cuius ita iam uberes scatent laudes ut plenae possent videri nisi coepisse et patrem cogitaremus.  (4) Qui quidem nunc nobilissimus Caesar venerandi patris, fratrum suorumque omnium fruitur adspectu seque fruendum omnibus praebet.  (5) Cruda adhuc hieme iter gelu intractabile, immensum spatio, nivibus infestum incredibili celeritate confecit, ut intellegamus alacritati eius nihil asperum, qui ipsam quam a suis petebat tam laboriosam instituerit voluntatem. 37  (1) Quae tuum, Constantine maxime, mite pectus inundavit gratulatio, cui tanto intervallo videre filium licuit, et videre victorem!  (2) Narravit utique

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Gelassenheit gefunden haben, steht es frei, die Annehmlichkeiten des Friedens zu genießen. Gerade die berühmtesten Punkte der Stadt erstrahlen im Glanz neuer Bauwerke, und nicht nur all das, was aufgrund des Alters baufällig geworden ist, zeichnet sich durch die Erneuerung seiner Pracht aus, sondern eben jene Bauten, die zuvor für ganz großartig galten, haben jetzt, im Licht des Goldes strahlend, erkennen lassen, dass die Sparsamkeit der Vorfahren ohne den Reiz der Schönheit lebte.  (5) Selbst dem Circus Maximus haben hochragende Säulenhallen und Säulen im rötlich schimmernden Glanz des Goldes soviel außergewöhnlichen Schmuck verliehen, dass das Volk ebenso gern wegen der Schönheit des Ortes dort zusammenkommt wie aus Vergnügen an den Spielen. 36  (1) Rom, im Besitz so bedeutender Güter, die es ja mit dem ganzen Erdkreis teilt, erfreut sich darüber hinaus an der außerordentlichen Hoffnung, die es mit den edelsten Caesares und deren Brüdern vor Augen hat. Eben die Namen der letzteren verehren wir bereits, wenn unsere Wünsche auch einstweilen noch warten müssen.  (2) Auch die Lakedaemonier hatten wohl keine bessere Möglichkeit, als mit diesen Brauch ihren Staat zu schützen, da sie ihren König ausschließlich aus dem Geschlecht des Hercules hatten: für deine, höchster Konstantin, für deine Kinder und danach für deine Enkel wünscht Rom, mit dir zusammen, dass umso mehr Menschen nach ihnen verlangen, je bedeutendere Gaben bei ihnen zu erkennen sind.  (3) Denn sieh, die Taten des Crispus, des ältesten der Caesares, machen schon den Grund und Eifer unserer Wünsche deutlich: bei ihm hat rasch herangereifte Tüchtigkeit, unbehindert vom Verzug des Alters, die jungen Jahre mit triumphalen Ruhmestaten angefüllt, und sein Lob und Ruhm sprudeln bereits so reichlich, dass es den Anschein haben könnte, sie hätten schon ihr volles Maß erreicht, dächten wir nicht daran, dass so auch die ersten Taten seines Vaters ausgesehen haben.  (4) Dieser edelste Caesar erfreut sich ja jetzt gerade des Anblicks seines verehrungswürdigen Vaters, seiner Brüder und aller seiner Angehörigen und schenkt allen seine eigene Gegenwart zu ihrer Freude.  (5) Noch in harter Winterszeit hat er mit unglaublicher Schnelligkeit eine Route zurückgelegt, die vom Eis unpassierbar, unendlich in ihrer Ausdehnung und von Massen an Schnee bedroht war, so dass wir erkennen: seiner Tatkraft ist nichts zu schwierig, da er eben die Willenskraft, die er von seinen Soldaten eingefordert hat, sich selbst so unermüdlich zur Aufgabe gemacht hat. 37  (1) Was für ein Gefühl dankbarer Freude, höchster Konstantin, hat da dein mildes Herz überflutet, da es dir vergönnt war, deinen Sohn nach so langer Zeit wiederzusehen und ihn als Sieger wiederzusehen!  (2) Er hat dir ja ge-

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exhausta bella, et hoc ad tuam gratiam, non ad sui ostentationem: qualis excipiendo hoste, quam resistenti vehemens, quam facilis supplicanti.  (3) Audivit haec frater intentus, et puerilem animum spes laeta et blanda gaudia titillarunt; cumque miraretur fratrem etiam sibi favit, quod ex annis eius quam proximus tantae gloriae esset agnovit.  (4) Nunc te, Constantine maxime, omnes rogamus, cum praesentem laudaveris, cum iam rei publicae flagitanti, cum Gallis desiderantibus reddes, iterum atque iterum moneas revertentem (neque enim persuaderi facile potest) ut, si quando armis vestris contusa barbaria aliquid tamen moverit, sit ille animo, sit consilio tui similis; temperet modo dexterae, manu parcat, et sit aliquid quaesumus in quo te iterum nolit imitari.  (5) Te vero, Constantine Caesar, incrementum maximum boni publici, quibus votis amplectitur Romana felicitas, quae de te tantum exspectat quantum nomine polliceris! Et licet aetas adhuc avocet ab imitatione virtutis paternae, iam tamen ad pietatem eius natura deducit: iam maturato studio litteris habilis, iam felix dextera fructuosa subscriptione laetatur.  (6) Delegat multa indulgentissimus parens, et quae per te concedit referri ad gratiam tuam mavult. 38  (1) Quid igitur his temporibus fortunatius cum beneficio Constantini maximi, qui tam mature nobis Caesares dedit, et utamur maximis eorum commodis et integra aetas supersit? Nihil imminuitur et plurimum sumitur ut, cum res largiter suppetat, spes tamen inlibata permaneat.  (2) Quinquenniis igitur feliciter inchoatis, decennia Caesarum nobilissimorum ultra posteros nostros extendenda quam impense rogare et orare nos conveniat, ipsis bonis temporum et rei publicae utilitatibus admonemur.  (3) Iacet in latere Galliarum aut in sinu suo fusa barbaria; Persae ipsi, potens natio et post Romani

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wiss die zu Ende gebrachten Kriege geschildert, und dies, um dein Wohlgefallen hervorzurufen, nicht, um sich selbst zur Schau zu stellen: wie er den Feind in Empfang nahm, wie heftig er sich seinem Widerstand widersetzte, wie bereitwillig er auf sein flehentliches Bitten einging.  (3) Aufmerksam hörte sein Bruder diesen Worten zu, frohe Hoffnung und schmeichelnde Freuden reizten den Sinn des Knaben und, da er seinen Bruder bewunderte, war er auch sich selbst gegenüber günstig gestimmt, da er an dessen Jahren erkennen konnte, wie ganz nahe er selbst schon so großem Ruhme war.  (4) Nun bitten wir dich, höchster Konstantin, allesamt: wenn du ihm persönlich dein Lob ausgesprochen hast, wenn du ihn dann dem Staat, der nach ihm verlangt, wenn du ihn den gallischen Ländern, die ihn vermissen, zurückgibst, ermahne ihn immer wieder, wenn er zurückkehrt, (denn man kann ihn nicht leicht davon überzeugen), er solle, wenn eines Tages die Barbarenwelt, von euren Waffen zwar zerschmettert, dennoch eine Erhebung wagt, an Mut, an kluger Planung dir ähnlich sein; er solle nur seiner Rechten Mäßigung verordnen, die eigne Hand schonen, und es solle etwas geben, bitten wir, worin er dich nicht wieder nachahmen wolle.  (5) Dich aber, Constantinus Caesar, den wichtigsten Zuwachs für das Wohl des Staates, mit welchen Wünschen schließt das Glück Roms dich in seine Arme, das von dir so viel erwartet, wie dein Name es verheißt! Und mag deine Jugend dich noch davon abhalten, der Tüchtigkeit des Vaters gleichzukommen, so führt dich deine Natur doch schon zu dem liebevollem Pflichtgefühl hin, wie es ihm eigen ist: nach zeitig absolviertem Studium schon geschickt im Schreiben, erfreut sich deine Rechte schon erfolgreich an nutzbringender Unterschrift.  (6) Dein Vater vertraut dir in seiner ganzen Güte viele Dinge an und zieht es vor, dass man, was er durch dich gestattet, einem Akt deiner Gunst zuschreibt. 38  (1) Was für ein größeres Glück könnte es also geben als diese Zeiten, da aufgrund der Gnade des höchsten Konstantin, der uns so zeitig Caesares geschenkt hat, wir uns einerseits größter Vorteile durch sie erfreuen, sie andererseits noch ein ganzes Leben vor sich haben. Nichts wird verringert, und doch wird sehr viel verbraucht, so dass – Vorrat ist ja reichlich vorhanden – die Hoffnung dennoch ungemindert fortbesteht.  (2) Da ihre Quinquennien also einen glücklichen Anfang genommen haben, werden wir gerade durch die Vorzüge der Zeiten und den Nutzen des Staates darauf hingewiesen, wie nachdrücklich zu flehen und zu bitten es uns ansteht, dass die Decen­ nien der edelsten Caesares über unsere Nachfahren hinaus Verlängerung finden.  (3) Das Barbarentum liegt am Boden, an der Flanke der gallischen Länder oder im Innern seiner eigenen Gebiete hingestreckt; sogar die Perser, ein mächtiges Volk und auf Erden nach der Größe Roms an zweiter Stelle, haben

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magnitudinem in terris secunda, amicitiam tuam, Constantine maxime, non minus trepide quam amabiliter petiverunt. Nulla in terris tam ferox natio est quae te non metuat aut diligat.  (4) Omnia foris placida, domi prospera annonae ubertate, fructuum copia. Exornatae mirandum in modum ac prope de integro conditae civitates. Novae leges regendis moribus et frangendis vitiis constitutae; veterum calumniosae ambages recisae captandae simplicitatis laqueos perdiderunt.  (5) Pudor tutus, munita coniugia. Securae facultates ambitione sui gaudent, nec aliquis habendi quam plurimum metus, sed in tanta bonorum adfluentia magna verecundia non habendi. Hic denique status rerum est, ut obtinendae potius felicitatis votum geramus quam augendae cupiditatem.  (6) Unum modo est quo fieri possit Roma felicior, maximum quidem sed tamen solum, ut Constantinum conservatorem suum, ut beatissimos Caesares videat, ut fruendi copiam pro desiderii modo capiat, ut vos alacris excipiat et, cum rei publicae ratio digredi fecerit, receptura dimittat.

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um deine Freundschaft, höchster Konstantin, ebenso in Furcht wie in Liebe geworben. Es gibt kein Volk auf Erden, das so wild ist, dass es dich nicht fürchtete oder liebte.  (4) Draußen ruht alles in Frieden, drinnen ist alles voller Segen durch den reichen Vorrat an Lebensmitteln, durch die Fülle der Erträge in der Landwirtschaft. Auf wunderbare Weise sind die Gemeinden schön geschmückt und beinahe neu gegründet. Neue Gesetze sind aufgestellt, die Gesittung zu verbessern und die Lasterhaftigkeit zu bändigen. Die Winkelzüge rechtsverdreherischer Klagen der Vergangenheit sind beschnitten und haben ihre Fallstricke zur Überlistung der Arglosigkeit eingebüßt.  (5) Die Ehre ist in Sicherheit, die Ehen sind geschützt. Hab und Gut sind in Sicherheit und voller Freude, dass man sie begehrt, und es gibt keine Furcht vor möglichst großem Besitz, sondern, angesichts so reichen Zustroms an Gütern, große Scheu, nichts zu besitzen. Mit einem Wort, die Lage der Dinge ist von solcher Art, dass wir eher den Wunsch haben, dieses Glück zu wahren, als ein Verlangen danach, es zu vergrößern.  (6) Nur eines gibt es, was Roms Glück noch steigern könnte, es ist zwar ein sehr großer Wunsch, jedoch der einzige: Konstantin, seinen Erhalter, und die vom Glück so reich bedachten Caesares mit eigenen Augen zu schauen, die Fülle des Genusses entsprechend dem Maß seiner Sehnsucht zu fassen, euch mit frohem Eifer zu empfangen und, wenn euch das Interesse des Staates veranlasst, fortzugehen, euch zu entlassen, um euch wieder zu empfangen!

PANEGYRICUS LATINUS III (XI) GRATIARUM ACTIO MAMERTINI DE CONSULATU SUO IULIANO IMPERATORI 1  (1) Etsi scio te, imperator, et cunctos qui consilium tuum participant posse mirari quod nunc demum gratias agere exorsus sum, quasi beneficia in me tua coeperint a consulatu, fatebor tamen quod ingenii cuius me poenitet conscius etiam nunc tacere voluissem et prorumpens licet huius muneris gaudium intra arcanae laetitiae conscientiam coercere.  (2) Sed sive errorem nostrum sive consilium congesta et coacervata in unum beneficia vicerunt atque in id redegerunt necessitatis ambiguum ut mihi aut indiserti aut ingrati esset fama subeunda, malui eloquentiam potius quam pietatis erga te officium meum desiderari.  (3) Et sane in his honoribus quibus me prius honestaras, minor esse causa ad agendas gratias videbatur.  (4) Nam cum me aerarium publicum curare voluisti, cum quaerens virum animi magni adversus pecuniam, liberi adversus offensas, constantis adversus invidiam me qui tibi viderer eiusmodi delegisti, idque eo tempore, quo exhaustae provinciae partim depraedatione barbarica, partim non minus exitialibus quam pudendis praesidentum rapinis ultro opem imperatoris exposcerent, milites saepe anteactis temporibus ludo habiti praesens stipendium flagitarent, quoquo modo videbar honorem onere pensare.  (5) At cum me praetoriis praefecisti et provincias de te egregie meritas meae fidei tutelaeque mandasti, ingens iudicii tui fuit munus, sed in eo non mihi solum quem tanta potestate succinxeras verum etiam negotiis tuis commodasse aliquatenus videbare.

PANEGYRICUS DES JAHRES 362 DANKREDE DES CLAUDIUS MAMERTINUS FÜR SEIN KONSULAT AN KAISER JULIAN 1  (1) Es ist mir zwar bewusst, dass du, Kaiser, und alle, die in deinem Rat mitwirken, sich möglicherweise darüber wundern, dass ich erst jetzt das Wort ergreife, dir meinen Dank abzustatten, als ob deine Gunsterweise mir gegenüber erst mit dem Konsulat ihren Anfang genommen hätten: dennoch will ich gestehen, dass ich, im Bewusstsein meiner, wie ich bedaure, nur geringen Begabung, auch jetzt noch hätte Stillschweigen bewahren und meine Freude über dieses Amt, obgleich sie hinaus in die Öffentlichkeit drängt, in verschwiegenem Wissen um mein Glück bei mir behalten wollen.  (2) Doch mag dies nun ein Fehler von mir oder der richtige Entschluss gewesen sein: die Auszeichnungen, mit denen du eine einzige Person überhäuft und überschüttet hast, haben den Sieg davongetragen und meine Überlegungen in den unausweichlichen Zwiespalt gebracht, entweder den Ruf eines Mannes ohne Talent zur Rede oder ohne Dankbarkeit auf mich nehmen zu müssen; und so zog ich es vor, dass man an mir eher die Kunst der Rede als den schuldigen Erweis dankbarer Ehrerbietung dir gegenüber vermisst.  (3) Und in der Tat, bei den Ämtern, mit denen du mich früher ausgezeichnet hattest, schien mir der Grund, Dank abzustatten, weniger bedeutsam zu sein:  (4) denn als du den Entschluss gefasst hast, ich solle die Verwaltung der Staatskasse übernehmen, als du, auf der Suche nach einem Mann, dessen Sinn dem Geld gegenüber unanfechtbar, angesichts von Beleidigungen unbeeindruckt und gegenüber Anfeindung standhaft sei, mich ausgewählt hast, da ich dir von solcher Art zu sein schien – und dies gerade zu einer Zeit, da die Provinzen teils durch die Ausplünderung seitens der Barbaren, teils durch die ebenso unheilvollen wie schändlichen Raubzüge ihrer Statthalter erschöpft waren und obendrein dringend um kaiserliche Hilfe baten; da ferner die Soldaten, die man in früheren Zeiten oft betrogen hatte, ihren Sold nachdrücklich in bar verlangten: damals also glaubte ich, auf jede Weise für die mir verliehene Würde mit der übernommenen Bürde mein Entgelt leisten zu können.  (5) Und als du mich zum Prätorianerpräfekten ernannt und die Provinzen, die sich um dich in hervorragender Weise verdient gemacht hatten, meiner Treue und meinem Schutz anvertraut hast, war dies ein außerordentlich hoher Erweis deiner Einschätzung meiner Person; doch schienst du hierbei nicht allein mir, den du mit so großer Amtsbefugnis ausgestattet hattest, zum Vorteil gehandelt zu haben, sondern bis zu einem bestimmten Maß auch zum Nutzen deiner eigenen Belange.

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2  (1) Porro in decernendo consulatu remotis utilitatibus tuis rationem meae solum dignitatis habuisti.  (2) Nam in administrationibus labos honori adiungitur, in consulatu honos sine labore suscipitur; in illis si laeteris cupidae ambitionis esse videaris, in hoc nisi aperte et propalam laeteris ingratus sis.  (3) Huc accedit quod ipsa haec urbs atque hoc augustissimum consilii publici templum officium huius orationis efflagitant. Haec tibi nominis novi sed antiquissimae nobilitatis civitas patria est, hic primum editus, hic quasi quoddam salutare humano generi sidus exortus .  (4) Hi cives et populares tui silere me non sinunt, nec patiuntur ut quisquam alius auspicatissimo die apud te ac de te loquendi munus usurpet quam is qui amplissimo sit praeditus magistratu.  (5) Putant aliquid adicere ad splendorem laudum tuarum consulis nomen, et recte putant; adicitur enim laudum dignitati honore laudantis.  (6) Ac licet, maxime imperator, publico iudicio et nomine agere tibi gratias debeam, tamen illa quae pro summa re domi forisque gessisti nunc ex parte maxima praetermittam, ut quanto ocius ad ea quae propria sunt perveniat oratio. 3  (1) An ego nunc receptas virtute tua Gallias, barbariam omnem subactam pergam quasi nova et inaudita memorare? – quae in hac Romani imperii parte gloriosissima sint famae laude celebrata, in tantum ut imperatoris fratris mererentur invidiam. Quid enim aliud a te consortis imperatoris alienavit animum nisi gloriae tuae splendor?  (2) Testor immortalem deum, testor ad vicem numinis mihi sanctam conscientiam meam me multa constanter in hac potissimum urbe fuisse dicturum de his quae adversus optimum imperatorem inclementer et impie cogitata atque suscepta sunt, si etiamnunc hominum coetus divus Constantius frequentaret.  (3) Numquam profecto liberi civis et boni senatoris officio defuissem, quominus redarguerem

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2  (1) Bei der Entscheidung über das Konsulat hast du hingegen, unter Hintansetzung deiner persönlichen Interessen, deine Überlegung allein meiner Würde zugewandt.  (2) Denn bei den Verwaltungsposten ist mit der Ehre die Anstrengung verbunden, beim Konsulat übernimmt man die Ehrenstellung ohne Anstrengung: zeigt man bei ersteren seine Freude, mag es den Eindruck erwecken, man sei ein Mann von leidenschaftlichem Ehrgeiz; bei letzterem geriete man wohl, falls man nicht offen und vor aller Welt seine Freude hier­ über zum Ausdruck brächte, in den Ruf des Undanks.  (3) Hinzu kommt, dass eben diese Stadt und dieser höchst ehrwürdige heilige Sitz des staatlichen Ratsgremiums die Erfüllung dieser Redepflicht dringlich wünschen. Diese Stadt, die einen neuen Namen trägt, jedoch von ältester Zeit her hohem Ruhm genießt, ist deine Vaterstadt. Hier bist du zur Welt gekommen, hier bist du gleichsam als ein Gestirn aufgegangen, das dem Geschlecht der Menschen Segen bringt.  (4) Die Bürger hier und Landsleute von dir lassen nicht zu, dass ich schweige, noch dulden sie, dass irgendein anderer an diesem so überaus glückverheißenden Tag die ehrenvolle Aufgabe, vor dir und über dich eine Rede zu halten, für sich beansprucht als eben derjenige, welcher das höchste Amt bekleidet.  (5) Sie sind der Meinung, der Titel des Konsuls trage einiges zum Glanz des dir gewidmeten Lobes bei, und ihre Meinung ist zutreffend: denn mit dem Rang des Redners wächst auch die Geltung der Lobrede.  (6) Und wenn ich dir auch, höchster Kaiser, im Auftrag und Namen der Öffentlichkeit Dank abstatten soll, so werde ich doch jene Leistungen, die du für das Wohl des Staates in Krieg und Frieden vollbracht hast, jetzt zum größten Teil beiseite lassen, um meine Rede desto rascher zu den Themen gelangen zu lassen, die ihr eigentlicher Gegenstand sind. 3  (1) Oder soll ich jetzt fortfahren mit dem Bericht, wie durch deine Tapferkeit die gallischen Länder wiedergewonnen, wie die gesamte Barbarenwelt unterworfen wurde, so, als seien diese Dinge neu und unbekannt? Sie haben doch in diesem Teil des Römischen Reiches schon ruhmvollste Verbreitung gefunden in festlichem Lob – bis zu dem Grad, dass sie den Neid deines kaiserlichen Bruders hervorgerufen haben! Denn was sonst hat dir den Sinn deines kaiserlichen Gefährten entfremdet als der Glanz deines Ruhms?  (2) Ich rufe den unsterblichen Gott als Zeugen an, ich rufe, was mir, der Gottheit gleich, heilig ist, mein eigenes Gewissen zum Zeugen auf: ich hätte mit standhafter Haltung vieles gerade in dieser Stadt zu all dem gesagt, was gegen unseren trefflichsten Kaiser böswillig und ruchlos gedacht und ins Werk gesetzt worden ist, würde der vergöttlichte Constantius noch heute die Gemeinschaft der Menschen aufsuchen.  (3) Ich hätte mich wahrhaftig nie der Pflicht eines freien Bürgers und ehrenwerten Senators entzogen und es un-

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atque convincerem eas illi in te odii fuisse causas quae amoris inflammatrices et fidei obsides esse debuerint. 4  (1) Florentissimas quondam antiquissimasque urbes barbari possidebant; Gallorum illa celebrata nobilitas aut ferro occiderat aut immitibus addicta dominis serviebat.  (2) Porro aliae quas a vastitate barbarica terrarum intervalla distulerant iudicum nomine a nefariis latronibus obtinebantur. ingenua indignis cruciatibus corpora; nemo ab iniuria liber, nemo intactus a contumelia, nisi qui crudelitatem praedonis pretio mitigasset, ut iam barbari desiderarentur, ut praeoptaretur a miseris fortuna captorum.  (3) In hoc statu imperator noster Gallias nactus minimum habuit adversus hostem laboris atque discriminis: una acie Germania universa deleta est, uno proelio debellatum. Sed emendatio morum iudiciorumque correctio et difficile luctamen et periculi plenum negotium fuit.  (4) Nam ut quisque improbissimus erat, ita maxime Caesaris rebus inimicus vitandis legum poenis de novo scelere remedia quaerebat; quia defendere admissa flagitia non poterat, in ultorem iuris invidiam congerebat.  (5) Et cum sancti principis mores atque instituta falsarum vituperationum licentiam submoverent, callido nocendi artificio accusatoriam diritatem laudum titulis peragebant, in omnibus conventiculis quasi per benivolentiam illa iactantes: ‚Iulianus Alamanniam domuit, Iulianus urbes Galliae ex favillis et cineribus excitavit.  (6) Illae provinciae obsessae, oppugnatae, ferro ignique vastatae beatiores sunt his oppidis quae habet sine hoste Constantius. Aestates omnes in castris, hiemes in tribunalibus degit; (7) ita illi anni spatia divisa sunt, ut aut barbaros domitet aut civibus iura restituat, perpetuum professus aut contra hostem aut contra vitia certamen.‘

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terlassen, alle Vorwürfe zurückzuweisen und unwiderleglich den Beweis zu führen, dass gerade solche Dinge seinen Hass auf dich verursacht haben, die eigentlich seine Liebe entfachen und Bürgen deiner Treue hätten sein sollen. 4  (1) Die einstmals blühendsten und ältesten Städte hielten die Barbaren besetzt: der so ruhmreiche Adel der Gallier hatte entweder durch das Schwert den Tod gefunden oder leistete, grausamen Herren ausgeliefert, Sklavendienste.  (2) Andere Städte wiederum, welche die räumliche Distanz ihres Landes von der Verwüstung durch die Barbaren verschont hatte, wurden von schändlichen Räubern, „Statthaltern“ dem Namen nach, besetzt gehalten. Der Leib freier Bürger wurde schmachvollen Folterqualen ausgesetzt. Niemand war von Unrecht unbetroffen, niemand unberührt von Schmach, es sei denn, man hätte die Grausamkeit des Räubers mit Geld beschwichtigt; so dass schon die Barbaren herbeigesehnt wurden und die Unglücklichen sich das Los von Kriegsgefangenen wünschten.  (3) In diesem Zustand fand unser Kaiser die gallischen Länder vor, und hatte doch gegenüber dem Feind nur ganz geringe Mühe und Gefahr: in einer einzigen Schlacht ist ganz Germanien vernichtet, in einem einzigen Gefecht der Krieg beendet worden. Doch waren die Besserung der Sitten und die Reform der Gerichte ein schwieriger Kampf und eine Unternehmung voll Gefahr.  (4) Denn gerade die Ruchlosesten, die auch die ärgsten Gegner der Bestrebungen des Caesar waren, suchten, um den gesetzlichen Strafen zu entgehen, neuerlich ihre Zuflucht im Verbrechen; weil sie die begangenen Schandtaten nicht zu rechtfertigen vermochten, häuften sie ihren Hass auf den Rächer des Rechts.  (5) Und da der Charakter des heiligen Herrschers und seine Lebensweise falsche Anschuldigungen unmöglich machten, brachten sie in heimtückischer List, ihm zu schaden, ihre scheußliche Anklage unter dem Deckmantel von Lobeshymnen vor, indem sie bei Zusammenkünften aller Art, gleichsam voller Wohlwollen, rühmend Reden solcher Art ausstreuten: „Julian hat Alamannia bezwungen, Julian hat die Städte Galliens aus Schutt und Asche wieder aufgerichtet.  (6) Jene Provinzen, die belagert, im Sturm erobert und mit Feuer und Schwert verwüstet waren, sind jetzt glücklicher als diejenigen Städte, die ohne gegnerische Bedrohung in der Hand des Constantius sind. Die Sommer verbringt er allesamt im Feldlager, die Winter auf dem Tribunal.  (7) Die Zeiten des Jahres hat er in der Weise aufgeteilt, dass er entweder die Barbaren bezwingt oder den Bürgern ihre Rechte wiederherstellt, mit der Zusicherung unaufhörlichen Kampfes, sei es gegen den Feind oder gegen den Verfall der Sitten.“

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5  (1) Hae voces fuerunt ad inflammanda odia probris omnibus potentiores. Si enim comminisci aliqua flagitia temptassent, facile ipso splendore laudis et gloriae refutarentur; invenerunt accusandi genus quod nullus refelleret.  (2) Sed quid, oro vos, principem nostrum facere debuisse censetis? Romanas urbes hostibus dederet, ne animum fratris offenderet? Provincias firmissimas utilissimasque rei publicae sub obtutibus suis vexari ac diripi sineret, ne quid Augustus quod nollet audiret? Flagitiis administrantium non modo frena laxaret, sed etiam stimulator accederet, ne inter principes faceret morum dissimilitudo discordiam?  (3) Nobilem Etruriae adulescentem ferunt, cum propter eximiam formae dignitatem multarum in se feminarum amores excitaret, faciem suam ad obliterandam pulchritudinem vulneribus sauciasse. Sed facile fuit iuveni dignitati corporis decorem animi praeponenti et candorem decolorare et oris nitorem alte impressis cicatricibus devenustare.  (4) Num aliquid huiusmodi adversus amorem civium facere debuit Iulianus? At ne potuit quidem, nisi forte existimamus patientes vulnerum formas esse virtutum. Scilicet et candorem Aequitatis potuit obumbrare et a Temperantia purpuram sancti ruboris abolere, cervicem Fortitudinis indignis confodere vulneribus, eruere oculos Providentiae!  (5) Dein nisi ille adulescens severam manum propriis vultibus intulisset, dies et mora ac non longa aetatis successio omnem illum florem corporis peremisset. At in virtutibus principis nostri quanto aetas prolixior, tanto pulchritudo praestantior.

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5  (1) Solche Stimmen vermochten den Hass wirksamer zu entfachen als alle Verleumdungen. Hätten sie nämlich versucht, irgendwelche Schandtaten zu erfinden, so wären sie mühelos allein schon vom Glanz seines Ruhmes und seiner Anerkennung widerlegt worden. Sie haben eine Art der Anklage erfunden, die niemand widerlegen können sollte.  (2) Doch was hätte denn, ich bitte euch, unser Herrscher eurer Meinung nach tun sollen? Hätte er römische Städte den Feinden ausliefern sollen, um das Empfinden seines Bruders nicht zu verletzen? Hätte er Provinzen, die so treu und von so großem Nutzen für den Staat sind, unter seinen eigenen Augen misshandeln und ausplündern lassen sollen, nur damit der Augustus nicht etwas zu hören bekäme, was er nicht zu hören wünschte? Hätte er etwa den schändlichen Taten führender Amtsträger nicht nur freien Lauf lassen, sondern sogar in eigener Person ihrem Kreis als Ansporn beitreten sollen, damit nicht die Verschiedenheit der Charaktere Zerwürfnis unter den Herrschern stiften sollte?  (3) Ein vornehmer Jüngling aus Etrurien soll, da er wegen der außerordentlichen Schönheit seiner edlen Gestalt die Leidenschaft zahlreicher Frauen auf sich zog, sein Antlitz durch selbst zugefügte Verletzungen entstellt haben, um dessen Liebreiz auszulöschen. Doch war es leicht für einen jungen Mann, der den Adel des Geistes höher schätzte als die Schönheit des Leibes, dem hell schimmernden Glanz seine Farbe zu nehmen und die leuchtende Schönheit seines Angesichts durch tief eingegrabene Narben ihrer lieblichen Anmut zu berauben.  (4) Hätte nun etwa Julian etwas Derartiges unternehmen sollen, um der Liebe seiner Bürger entgegenzutreten? Doch dazu wäre er überhaupt nicht imstande gewesen, es sei denn, wir halten es für möglich, dass die Schönheit sittlicher Werte Verletzungen erleiden kann. Sicherlich – er hätte ja den Glanz seiner Gerechtigkeit in Dunkelheit hüllen und seiner Selbstbeherrschung den Purpur heiliger Scham rauben können, er hätte den Nacken seiner Tapferkeit mit schmählicher Verwundung durchbohren und seiner vorausschauenden Klugheit das Augenlicht entreißen können!  (5) Ferner: hätte nicht jener Jüngling seine Hand so hart gegen das eigene Angesicht erhoben, so hätten die Tage, die Zeit und eine nur kurze Spanne fortschreitenden Alters jene ganze Blüte des Leibes hinweggerafft. Doch hinsichtlich der Tugenden unseres Herrschers gilt: je weiter die Jahre voranschreiten, umso herrlicher ist ihre Schönheit.

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6  (1) Mitto cunctam barbariam adversus vindicem Romanae libertatis in arma commotam, gentesque recens victas et adversum iugum nuper impositum cervice dubia contumaces in redivivum furorem nefandis stimulis excitatas. Quae omnia obstinatam et immobilem principis maximi tandem vicere patientiam.  (2) Itaque cum in ipso molimine oppressisset Alamanniam rebellantem, qui paulo ante inaudita regionum fluviorum montium nomina exercitu victore peragraverat, per ultima ferarum gentium regna, calcata regum capita supervolans, in medio Illyrici sinu improvisus apparuit.  (3) Vidimus, felices illius viae comites, stupentes urbium populos dubitasse credere quae videbant.  (4) Non aliter consternatas arbitror gentes quae primae lapsum caelo excepere Palladium. Virgines pueri, feminae , tremulae anus titubantes senes non sine magno attoniti horrore cernebant imperatorem longam viam sub gravium armorum onere currentem, properantis anhelitum sine sensu lassitudinis crebriorem, sudorum rivos per fortia colla manantes, et inter illum pulveris qui barbam et capillum onerarat horrorem micantia sidereis ignibus lumina.  (5) Voces gaudentium oppresserat miraculi magnitudo; cessabant officia laudandi plus quam laudanda cernentibus. 7  (1) Sufficere quidem poterat ad expeditionem praesentium negotiorum sola properatio, sed non sufficit principi nostro publicae rei una ratione consulere. Multa pariter aggreditur pectus nullis umquam laboribus fatigatum. Ut uno eodemque tempore et componeret fidissimarum provinciarum statum et barbariam omnem admoto propius terrore percelleret, longissimo cursu Histrum placuit navigari.  (2) Pro sancta divinitas! Quae navigationis illius fuit pompa, cum dexteriorem incliti fluminis ripam utriusque sexus, omnium ordinum, armatorum atque inermium perpetuus ordo praetexeret, despi-

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6  (1) Ich lasse beiseite, wie die gesamte Barbarenwelt aufgewiegelt wurde, gegen den Beschützer der Freiheit Roms die Waffen zu ergreifen, und wie die Volksstämme, die gerade erst besiegt waren und gegenüber dem erst unlängst auferlegten Joch ihren Nacken widerspenstig und in nur zweifelhaftem Gehorsam beugten, durch ruchlosen Ansporn zu neuerlicher Raserei aufgestachelt wurden. All dies hat schließlich der beharrlichen und unerschütterlichen Duldsamkeit des höchsten Herrschers ein Ende gesetzt.  (2) Also hat er zunächst Alamannia genau zu Beginn eines erneuten Rebellionsversuchs überwältigt; darauf ist er, der erst kurz zuvor mit seinem siegreichen Heer Landschaften, Flüsse und Bergregionen mit noch nie gehörten Namen durchquert hatte, entlegenste Reiche wilder Stämme, im Flug hineilend über die Häupter von Königen, die er mit Füßen trat, unerwartet mitten im Herzen des Illyricums aufgetaucht.  (3) Wir, vom Glück begünstigte Begleiter auf diesem Zug, haben es mit eigenen Augen gesehen, wie die Bevölkerung der Städte starr vor Staunen zauderte, das, was sie sah, für Wirklichkeit zu halten.  (4) Ebenso außer Fassung waren, glaube ich, die Menschen, die als erste das Palladium empfingen, das vom Himmel herabgefallen war. Junge Mädchen und Knaben, Frauen und Männer, zitternde Greisinnen und wankende Greise sahen nicht ohne tiefen Schauder und mit Erschütterung den Kaiser unter der Last der schweren Waffen seinen langen Weg im Lauf zurücklegen; ferner, wie der Atem des Dahineilenden ohne eine Spur von Erschöpfung schneller ging, wie Bäche von Schweiß über seinen starken Nacken strömten und wie zwischen dem starrenden Staub, der Bart und Haare bedeckt hatte, seine Augen als flammende Sterne erstrahlten.  (5) Die Größe des Wunders hatte die Stimmen der Freude überwältigt. Schuldige Lobesbekundungen blieben aus, da die Betrachter Dinge erblickten, die mehr als Worte des Lobes verdienten. 7  (1) Zur Erfüllung der gegenwärtigen Aufgaben hätte zwar Eile allein bereits genügen können, doch ist es unserem Herrscher nicht genug, das Wohl des Staates nur auf einem einzigen Weg zu verfolgen. Zahlreich sind die Vorhaben, die sein Herz, von keinerlei Strapazen je erschöpft, zu gleicher Zeit in Angriff nimmt. Um zu ein und demselben Zeitpunkt sowohl die Lage der treuesten Provinzen in Ordnung zu bringen wie auch die gesamte Barbarenwelt durch näher herangerückte Schrecknis in Mutlosigkeit zu stürzen, fasste er den Entschluss, den Zug histrosabwärts in einer einzigen gewaltigen Fahrt zu unternehmen.  (2) O heilige Gottheit! Zu was für einem Festzug ist jene Fahrt geworden, da das rechte Ufer des berühmten Stromes eine unendliche Kette von Menschen beiderlei Geschlechts und aller Stände, von Waffenträgern und von Waffenlosen säumte! Und da man zur Linken niederblickte auf

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ceretur ad laevam in miserabiles preces genu nixa barbaria!  (3) Omnes urbes quae Danuvium incolunt aditae, omnium audita decreta, levati status instaurataeque fortunae, innumerabilibus barbaris data venia et munus pacis indultum. Qui properationem illam contemplabitur, nihil egisse praeter viam imperatorem putabit; qui gestarum rerum multitudinem considerabit, properasse non credet. 8  (1) O facundia potens Graecia! Omnium tuorum principum gesta in maius extollere sola potuisti, sola factorum glorias ad verborum copiam tetendisti.  (2) Tu navem unam propter aurati velleris furtum et virginis raptum in caelum usque sublatam sideribus consecrasti. Tu puerum, inventorem serendi, draconum alitum curru volantem semina in terras sparsisse iactasti.  (3) Quid tu, si ad scribendas celebrandasque res principis nostri animum adieceris, de Iuliani lembis liburnisque factura es? – quae non modo nihil cuiquam adimunt neque urbes hospitas populant, sed ultro omnibus populis immunitates privilegia pecunias largiuntur.  (4) Qua dignitate describes classem per maximi fluminis tractum remis ventisque volitantem, tum principem nostrum alta puppe sublimem non per cuiuscemodi agros frumenta spargentem, sed Romanis oppidis bonas spes libertatem divitias dividentem, tum ex parte altera in barbaricum solum terrorem bellicum trepidationes fugas formidines obserentem? 9  (1) Iam quale illud fuit quod Histrum adhuc navigans beneficia tua usque ad Hadriam Tyrrhenum Mareoticum porrigebas? Ipso enim tempore levati equorum pretiis enormibus Dalmatae, Epirotae ad incitas intolerandi tributi mole depressi providentia, imperator, tua non modo miserias exuerunt, sed amplam etiam atque opulentam revixere fortunam.  (2) Urbs Nicopolis, quam divus Augustus in monumentum Actiacae victoriae trophaei instar exstruxerat,

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das Barbarentum, das Knie gebeugt zu flehentlichen Bitten!  (3) Alle Städte, die an der Donau liegen, wurden besucht, die Beschlüsse aller angehört; gebessert wurde ihre Lage, wiederhergestellt ihr Wohlstand; Barbaren ohne Zahl wurde Begnadigung zuteil und das Geschenk des Friedens gewährt. Wer sich das rasche Tempo jener Fahrt vor Augen führt, wird annehmen, der Kaiser habe außer der Bewältigung der Route nichts vollbracht; wer die Vielfalt der erledigten Geschäfte betrachtet, wird nicht glauben, dass er seine Reise in so rascher Fahrt durchgeführt hat. 8  (1) O Griechenland, du Meisterin der Kunst des Wortes! Die Taten all deiner Großen noch zu erhöhen, hast alleine du vermocht! Du allein hast es verstanden, den Tatenruhm zu reicher Fülle sprachlicher Gestaltung zu entfalten.  (2) Du hast ein einziges Schiff wegen des Raubes eines goldenen Fells und wegen der Entführung einer Jungfrau zum Himmel hinauf erhoben und unter den Sternen verewigt. Du hast rühmend die Kunde verbreitet, ein Knabe, der Erfinder des Säens, habe, auf einem Wagen mit geflügelten Drachen dahinfliegend, Saatkörner über die Länder ausgestreut.  (3) Was wirst du, wenn du dich entschließt, die Taten unseres Herrschers niederzuschreiben und zu rühmen, aus den Lemben und Liburnen Julians machen? Diese Schiffe nehmen ja nicht nur niemandem etwas weg noch verwüsten sie gastfreundliche Städte, sondern sie gewähren sogar noch freigebig allen Völkern Steuerbefreiungen, Privilegien und Gelder.  (4) Wie eindrücklich und imponierend wirst du die Flotte beschreiben, wie sie über den Lauf des mächtigsten Stromes, getrieben von Ruder und Wind, dahinflog, dann unseren Herrscher, wie er, auf hohem Heck hoch aufgerichtet, – nicht über irgendwelche Felder Getreidekörner ausgestreut, sondern wie er römischen Städten Segenshoffnungen, Freiheit und Reichtum zugeteilt und auf der anderen Seite dann auf dem Boden der Barbaren Schrecken des Krieges, Zittern, Flucht und Entsetzen ausgesät hat? 9  (1) Welch staunenswerte Tat war es aber erst, dass du noch während der Fahrt auf dem Hister deine Gunsterweise bis zum adriatischen, tyrrhenischen und mareotischen Meer hin ausgedehnt hast! Denn eben zu dieser Zeit erfuhren die Dalmater Entlastung von den ungeheuren Kosten für die Pferde, die Epiroten, die unter dem Gewicht unerträglicher Tributzahlung bis zur Bewegungslosigkeit niedergedrückt waren, konnten sich dank deiner Vorsorge, Kaiser, nicht nur ihrer elenden Lage entledigen, sondern sogar zu ansehnlichem und reichlichem Wohlstand neu erstarken.  (2) Die Stadt Nikopolis, die der vergöttlichte Augustus zum Gedenken an den Sieg von Aktium wie ein Tropaion hatte erbauen lassen, war fast ganz zu jammervollen Trümmer-

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in ruinas lacrimabiles prope tota conciderat: lacerae nobilium domus, sine tectis fora, iamdudum aquarum ductibus pessumdatis plena cuncta squaloris et pulveris.  (3) Certamen ludicrum lustris omnibus solitum frequentari intermiserat temporis maesti deforme iustitium. Ipsae illae bonarum artium magistrae et inventrices Athenae omnem cultum publice privatimque perdiderant. In miserandam ruinam conciderat Eleusina.  (4) Sed universas urbes ope imperatoris refotas enumerare perlongum est; scire satis est cunctas Macedoniae Illyrici Peloponnessi civitates unis an binis epistulis maximi imperatoris repentinam induisse novatis moenibus iuventutem, aquas locis omnibus scatere, quae paulo ante arida et siti anhelantia visebantur ea nunc perlui inundari madere, fora deambulacra gymnasia laetis et gaudentibus populis frequentari, dies festos et celebrari veteres et novos in honorem principis consecrari. 10  (1) Si quis mortalium in aliquam caelestem speculam nube sublatus paulo ante vidisset maesta omnia, semiruta oppida, desolata moenia, ab indigenis solitudinem, exsulum turbam, is si nunc in idem illud editum reponatur ac despiciat cuncta laetantia, agros consitos, urbes frequentes, aquas oppidis influentes, magnifico cultu non privatas aedes sed publica tecta surgentia, dites pro terrarum ingeniis messibus segetes, vincentes agricolarum vota vindemias, arduos colles profundasque valles et lata camporum balatu hinnitu mugitibus persona, profecto mirabitur tam brevi cuncta mutata, desiliet e nubibus et viciniam caeli cupide derelinquet ut tuis, imperator, terris fruatur.  (2) Illud vero cuius miraculi est, neminem ullum in tanto rerum paratu sensisse dispendium, in omnia pecuniam ab imperatore depromi et quoddam versa vice provinciis pendi tributum, illinc ad universos fluere

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haufen eingestürzt: zerfallen die Häuser der Vornehmen, ohne Bauten die öffentlichen Plätze, und da die Wasserleitungen schon lange zerstört waren, lag alles voller Schmutz und Staub.  (3) Den Spielen, die stets an allen Lustren feierlich begangen wurden, hatte der schmähliche Stillstand des öffentlichen Lebens in jener traurigen Zeit ein Ende bereitet. Selbst Athen, die ruhmreiche Lehrmeisterin und Erfinderin der Schönen Künste, hatte in öffentlichem wie privatem Rahmen jeglichen Glanz verloren; Eleusis war zu einem erbarmenswürdigen Trümmerhaufen zusammengesunken.  (4) Doch es würde zu lange dauern, sämtliche Städte aufzuführen, die dank der Unterstützung des Kaisers zu neuem Leben erwacht sind. Es genügt zu wissen, dass alle Städte der Macedonia, des Illyricums und der Peloponnes aufgrund eines oder zweier Briefe des höchsten Kaisers ihre Mauern wiederaufgebaut und rasch von neuem jugendliche Gestalt angenommen haben; dass überall die Wasser wieder sprudeln, dass Orte, welche kurz zuvor noch ausgedörrt und lechzend vor Durst zu sehen waren, jetzt bewässert, überflutet und von Feuchtigkeit durchtränkt sind, dass die Plätze, Promenaden und Gymnasien von frohen und vergnügten Menschen eifrig besucht und dass sowohl die alten Festtage gefeiert wie auch neue zu Ehren des Herrschers begründet werden. 10  (1) Wenn einer der Sterblichen, von einer Wolke auf eine himmlische Warte emporgetragen, kurz zuvor noch alles in desolatem Zustand gesehen hätte: halbzerfallene Städte, verlassene Mauern, die Verwaistheit der Stätten von einheimischer Bevölkerung und die Masse der Vertriebenen; und wenn dieser Mensch jetzt wieder an jenen selben hohen Ort versetzt würde und von dort herab alles in froher Blüte sehen könnte: die Äcker bestellt, die Städte voller Menschen, den Zustrom des Wassers bis in die Städte hinein, wie sich in großartiger Pracht nicht private Gebäude, sondern öffentliche Bauwerke erheben, wie entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Landes Saatfelder reiche Frucht tragen, wie die Weinernten die Wünsche der Bauern noch übertreffen, wie steilragende Anhöhen, tiefe Täler und die Weite der Gefilde vom Blöken, Wiehern und Muhen der Herden widerhallen: dann wird er sich wahrhaftig wundern, wie in derart kurzer Zeit alles verwandelt ist, und er wird aus den Wolken herabspringen und mit Freuden die Nachbarschaft des Himmels verlassen, sich an deinen Ländern, o Kaiser, zu erfreuen!  (2) Doch welch ein Wunder ist es, dass angesichts so gewaltigen Aufwandes für diese Dinge niemand irgendeine Einbuße erfahren hat, dass das Geld für alle Projekte vom Kaiser zur Verfügung gestellt wird, dass, in Umkehrung des üblichen Verfahrens, den Provinzen gewissermaßen ein Tribut gezahlt wird und eben von der Stelle, wo früher alle Schätze von überallher zusammenflossen, sich diese jetzt in alle Welt hinaus ergie-

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divitias quo prius undique confluebant! – ut in maxima quaestione sit a quo accipias, imperator, qui sic omnibus largiaris.  (3) Sed qui vitae tuae instituta rationemque cognoverit, facile fontem copiae huius inveniet. Maximum tibi praebet parsimonia tua, Auguste, vectigal. Quidquid enim alii in cupiditates proprias prodigebant, id omne nunc in usus publicos reservatur. 11  (1) Hucusque solus is fructus imperii putabatur, ut imperator a ceteris civibus non fortibus factis nec splendore gloriae sed magnitudine sumptuum separaretur.  (2) Inde nihil necessariae substructionum in aedibus moles, ingentes aulicorum catervae legionum sumptum facile vincebant.  (3) Quin etiam prandiorum atque cenarum laboratas magnitudines res publica sentiebat, cum quaesitissimae dapes non gustu sed difficultatibus aestimarentur, miracula avium, longinqui maris pisces, alieni temporis poma, aestivae nives, hibernae rosae. Haec cuncta animus voluptatum omnium victor abiecit.  (4) Neque enim ei parandae sunt picturatae marmorum crustae et solido auro tecta laquearia, qui maiorem anni partem in nuda humo cubet et caelo tantum tegatur; neque turbae institutorum ad delicias ministrorum, cui tam pauca sint ministranda; neque tempus epularum ei qui saepius statarium prandium ad necessitatem humani corporis capiat, gaudens castrensi cibo ministro obvio et poculo fortuito. 12  (1) Sed inter haec mirari satis nequeo quod tam severe parcus in semet in cives suos tam liberalis est ac remissus, laborum asperrima sibi sumens ut nos quietis rebus agitemus, cum illud usu venire animadvertamus ut qui remotam a voluptatibus vitam sequantur difficiles et morosi sint sibi parum laeti, sed aliis tristiores maestas atque sollicitas etiam privatas domos faciant.  (2) At sanctissimus imperator impense studet ut nos pro dignitate habitemus,

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ßen! Daher ist es die größte Frage, woher du denn all dies erhältst, o Kaiser, der du ja so freigebig alle beschenkst.  (3) Doch wer die Grundsätze und Art deiner Lebensführung kennt, wird leicht die Quelle so reichen Besitzes finden. Die höchsten Einkünfte verschafft dir, Augustus, deine Sparsamkeit. Was andere nämlich üblicherweise verschwenderisch für ihre persönlichen Vergnügungen ausgegeben haben, all dies wird jetzt für die Belange der Allgemeinheit aufbewahrt. 11  (1) Bis jetzt galt allein dies als Vorteil der kaiserlichen Herrschaft, dass der Kaiser sich von den übrigen Bürgern nicht etwa durch tapfere Taten oder den Glanz seines Ruhmes, sondern durch die Größe seiner Aufwendungen abhebe.  (2) Daher übertrafen unnötige Anlagen von massiven Substruktionen bei Palastbauten und ungeheure Scharen von Höflingen an Kosten leicht den Unterhalt von Legionen.  (3) Ja sogar die aufwendig inszenierte Pracht der Mähler und Diners bekam der Staat zu spüren, da man die Erlesenheit der Speisen nicht nach ihrem Geschmack, sondern nach der Schwierigkeit, die ihre Beschaffung darstellte, bemaß: wundersame Vögel, Fische von fernem Meer, Früchte aus fremder Jahreszeit, im Sommer Schnee, im Winter Rosen. All diese Dinge hat ein Geist verworfen, der Sieger über jegliche Genusssucht ist.  (4) Denn es sind keine Marmorplatten mit bunten Einlegearbeiten oder getäfelte Decken aus purem Gold für den zu beschaffen, der den größeren Teil des Jahres auf bloßer Erde schläft und nur den Himmel als Decke über sich hat; noch sind Scharen von Dienern, die zu üppigen Vergnügungen unterwiesen sind, demjenigen vonnöten, für den so wenige Dienstleistungen zu erbringen sind; noch braucht derjenige Zeit für Mahl und Schmaus, der oft genug sein Essen im Stehen einnimmt, um nur dem Bedürfnis des menschlichen Leibes Genüge zu tun, und froh ist mit einer Kost, die ihm das Feldlager bietet, mit einem Diener, der gerade da ist, und mit einem Becher, den der Zufall reicht. 12  (1) Doch bei alledem kann ich es nicht genug bewundern, dass er sich selbst so strenge Sparsamkeit auferlegt und zugleich zu seinen Bürgern so großzügig und freundlich ist, wobei er die schwierigsten Mühen selbst übernimmt, damit wir in ruhigen Verhältnissen leben können und, während wir sonst üblicherweise feststellen, dass diejenigen (Herrscher), die ihr Leben, den Vergnügungen fern, in Zurückgezogenheit verbringen, schwer zugänglich und voller Eigensinn sind und dass sie, sich selbst wenig freundlich gesonnen, anderen gegenüber noch mürrischer, sogar das häusliche Privatleben (ihrer Bürger) in Betrübnis und Niedergeschlagenheit versetzen.  (2) Dagegen ist unser heiligster Kaiser nachdrücklich darum bemüht, dass wir eine

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ut commodis adfluamus, ut castam quidem sed hilarem ducamus aetatem, cum alios principes labor truces, remissos desidia reddiderit semperque seriis imperatoribus gratia, comibus defuerit industria. Neque quisquam sibi molestus ita se facilem ceteris praebuit, ut non ad suum exemplum alios coerceret.  (3) Noster imperator nihil sibi veniae, nihil ceteris molestiae ac laboris impertiens suo negotio omnibus otium praestat, divitiarum largitor, curarum avarus, laboriosissima negotiorum praeoptans ipse agere quam aliis imperare. 13  (1) Multi post exactos reges imperium universae rei publicae solitarium cupiverunt. Nota sunt recordantibus nomina eorum videlicet qui in propria furentes adfectati regni supplicia pependerunt.  (2) Mitto veteres qui saxo praeceps dati, quorum bona publicata, domus erutae, interdicta posteris nomina; non paucos huiusmodi furore vecordes etiam nostra aetas tulit, qui propter caecam imperandi cupidinem in ferrum ruerunt.  (3) Si hos deus paulisper vitae redditos adloquatur: ‚Heus‘, verbi gratia, ‚Nepotiane atque Silvane, per infestos gladios praesentesque mortes imperium petivistis. At nunc ultro vobis potestas regnandi datur ut ea qua Iulianus conditione regnetis, ut pro omnium otio die noctuque vigiletis et, cum domini vocemini, libertati civium serviatis, saepius proelium quam prandium capessatis, nihil cuiquam auferatis et ultro omnibus largiamini, nulli gratificemini, in neminem saeviatis, toto in orbe terrarum nullius virginis fama violetur, sit lectulus etiam sine concessis et legitimis voluptatibus Vestalium toris purior, aestate Alamannicum pulverem hieme pruinam Thraciae intectis verticibus perferatis‘, profecto verborum ipsorum molestiam delicatae aures non poterunt sustinere; tantis negotiis territi non modo imperium sed etiam vitam

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angemessene Wohnung haben, dass wir Annehmlichkeiten im Überfluss genießen können, dass wir ein gewiss sittenreines, doch frohes Leben führen: dagegen ließ die Mühsal andere Herrscher finster werden, Untätigkeit ließ sie erschlaffen, und stets hat es ernsthaften Kaisern an Liebenswürdigkeit, freundlichen an beharrlichem Tatendrang gemangelt. Und niemand, der mit sich selbst so streng war, hat sich gegenüber den anderen so umgänglich gezeigt, dass er nicht auch auf andere Druck ausgeübt hätte, seinem eigenen Beispiel nachzufolgen.  (3) Unser Kaiser, der mit sich selber keine Nachsicht übt, anderen keinerlei Beschwernis und Strapaze auferlegt, schenkt durch seine Geschäftigkeit allen Menschen Zeit der Muße, ist Spender von Reichtum, begierig, Sorgen auf sich zu nehmen, und eher bestrebt, die mühevollsten Aufgaben selbst durchzuführen als sie anderen aufzuerlegen. 13  (1) Seit der Vertreibung der Könige haben sich viele die Alleinherrschaft über das gesamte Staatswesen gewünscht. Denen, die zurückdenken, sind natürlich die Namen derjenigen bekannt, die, von Raserei gegen ihr eigenes Land gepackt, die Strafe für ihr Streben nach der Königsherrschaft zahlen mussten.  (2) Ich lasse unerwähnt die Männer alter Zeit, die man vom (Tarpeischen) Felsen herabgestürzt hat, deren Vermögen man konfisziert, deren Häuser man zerstört hat und deren Namen weiterzuführen man den Nachkommen untersagt hat. Auch unsere Epoche hat nicht wenige hervorgebracht, die, von solch rasendem Wahn erfasst, sich aus blinder Herrschsucht in ihr Verderben gestürzt haben.  (3) Wenn diese nun für eine kurze Zeit ins Leben zurückkehren könnten und ein Gott zu ihnen sagte: „Ihr da“, (beispielsweise) „Nepotianus und Silvanus, ihr habt mit feindlichen Schwertern und den Tod unmittelbar vor Augen nach der Herrschaft gegriffen. Doch jetzt wird euch die Herrschgewalt aus freien Stücken übertragen, mit der Maßgabe, dass ihr nach demselben Grundsatz wie Julian euer Regiment führt: dass ihr Tag und Nacht im Interesse allgemeinen Friedens Wache haltet und, lasst ihr euch auch ‚Herren‘ nennen, doch der Freiheit eurer Bürger dient, dass ihr euch öfters mit dem Kampf befasst als mit dem Essen, niemandem etwas wegnehmt, sondern überdies allen reiche Gaben zukommen lasst, niemandem Privile­ gien der Gunst gewährt, gegen niemanden mit Raserei vorgeht, dass auf dem ganzen Erdkreis keiner Jungfrau guter Ruf verletzt wird, dass eure Bettstatt selbst ohne die erlaubten und rechtmäßigen Ehefreuden reiner ist als das Lager der Vestalinnen, dass ihr im Sommer Alamanniens Staub, im Winter Thrakiens Reif ertragt, auch ohne euer Haupt zu schützen!“ – Wahrhaftig, ihre zarten Ohren werden die bedrohende Last der bloßen Worte nicht aushalten können! Durch so große Aufgaben in Schrecken versetzt, werden sie, voller Abscheu nicht nur gegen die Herrschaft, sondern sogar gegen das Leben,

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perosi ad inferiores aliquos inferos redire properabunt. Videbunt enim iustum principatum laboribus curis vigiliis inquietum, cuius illi faciem amoenam et amabilem contemplantes laborum aspera non videbant. 14  (1) Cum igitur inter egregia negotia itinere confecto usque ad Thraciae fines perventum foret, cursim disposito exercitus commeatu ad Romanam urbem annonae vacuam mentem reflexit.  (2) Quemlibet alium a subveniendi conatibus gravissima fames et tristissimum rei publicae periculum deterruisset. Sed stipendiis provinciarum et patrimonii sui fructibus, tum undique frumentis coemptis usque ad opulentiam abundantiamque esurientem iam Urbem refersit. Dicet aliquis ‚Quomodo tam multa tam brevi tempore?‘ et recte.  (3) Sed imperator noster addit ad tempus quod otio suo detrahit. Nihil somno, nihil epulis, nihil otio tribuit; ipsa se naturalium necessariarumque rerum usurpatione defrudat; totus commodis publicis vacat.  (4) Itaque grandaevum iam imperium videbitur his qui non ratione dierum aut mensium sed operum multitudine et effectarum rerum modo Iuliani tempora metientur.  (5) Cum Romani populi victus et exercitus commeatus esset in manibus, in media expediendae annonae trepidatione nuntius venit plurimas naves Africano tritico graves litus Achaicum praetervectas Constantinopolim pervolasse. Permoti omnes et adversus eos qui oram maritimam tuebantur irati venimus ad principem; desidia iudicum tantum perisse frumenti certatim pro se quisque conquerimur.  (6) At maximus imperator serenum renidens: nihil esse peccatum, non sibi perisse quae ad hanc urbem frumenta venissent. Nos vocem illam noti amoris in patriam putabamus, cum proditionem futuri verborum ambago celaret; iam tum enim venturae felicitatis eventum conscius divini animus praevidebat.

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sich beeilen, in noch tiefere Regionen der Unterwelt zurückzukehren. Sie werden nämlich sehen, dass eine gerechte Herrschaft vor lauter Mühen, Sorgen und Wachen keine Ruhe kennt, – eine Herrschaft, von der sie nur das reizende und liebenswerte Antlitz geschaut, die harte Mühsal der Strapazen aber nicht gesehen haben. 14  (1) Nachdem er (Julian) also, mit so herausragenden Unternehmungen befasst, den Weg zurückgelegt hatte und bis zur Grenze Thrakiens gelangt war, ließ er eilends die Versorgung des Heeres sicherstellen und wandte seine Aufmerksamkeit dann der Stadt Rom zu, die keine Getreidevorräte mehr besaß.  (2) Jeden anderen hätte die schwer drückende Last der Hungersnot und die für den Staat höchst unheilvolle Gefahr von Versuchen, Abhilfe zu schaffen, abgeschreckt. Doch er hat mit den Steuern der Provinzen und mit den Erträgen seines eigenen Vermögens dann überall Getreide aufgekauft und die Stadt, die schon dem Hunger ausgeliefert war, damit soweit angefüllt, dass sie Vorräte in reichem Maß, ja bis zum Überfluss besaß. Jemand wird sagen – und mit Recht: „Wie hat er so vieles in so kurzer Zeit zustande gebracht?“  (3) Doch unser Kaiser mehrt die Zeit um das, was er der eignen Muße nimmt. Nichts gönnt er dem Schlaf, nichts dem Mahl und nichts der Muße; sogar die Erledigung natürlicher und lebensnotwendiger Dinge versagt er sich. Ganz uneingeschränkt steht er dem Wohl der Allgemeinheit zur Verfügung.  (4) Daher wird es für diejenigen, welche die Regierungszeit Julians nicht nach der Berechnung von Tagen oder Monaten, sondern nach der Vielzahl seiner Taten und der Größe seiner Leistungen bemessen, den Anschein haben, als bestehe seine Herrschaft schon seit beträchtlich langer Zeit.  (5) Als man nun gerade mit der Nahrungsbeschaffung für das Volk von Rom und mit der Versorgung des Heeres befasst war, traf mitten in dem aufgeregten Eifer, die Lebensmittel zu besorgen, die Nachricht ein, eine sehr große Zahl an Schiffen, die mit afrikanischem Weizen beladen waren, sei an der Küste von Achaea vorbei nach Konstantinopel gesegelt. Aufs höchste erregt und voller Zorn gegen diejenigen, die die Meeresküste zu schützen hatten, kommen wir alle zu unserem Herrscher; ein jeder für sein Teil, beklagen wir uns um die Wette, dass durch die Nachlässigkeit der Aufseher soviel Getreide verloren gegangen sei.  (6) Doch unser höchster Kaiser erwidert, heiter lächelnd: es sei nichts Verkehrtes geschehen, für ihn sei das Getreide, das in diese Stadt gelangt sei, nicht verloren. Wir sahen dies als eine Äußerung seiner bekannten Liebe zu seiner Vaterstadt an, da uns das Rätsel seiner Worte die Enthüllung der Zukunft noch vorenthielt; denn damals sah sein Geist, mit göttlichem Wissen vertraut, bereits das Eintreten des künftigen Glücks voraus.

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15  (1) Cis pauculos dies in novum ac florentem statum re publica restituta, sacra mens ad honorum fastigia et magistratuum ornamenta respexit.  (2) Versari coepit in sacri pectoris comitio consulatus. Quid secutus sit, ipse scit et quaecumque consilia eius gaudet formare divinitas. De omnibus Romani imperii viris primus electus sum, cum honorem meum adoreis militaribus gloriosus collega cumularet.  (3) Gratias tibi, gratias, imperator, si mereri me credidisti, et plures gratias, imperator, si tantum amasti ut me consulem faceres etiam non merentem.  (4) Nec ignoro maximos honores ad parum dignos penuria meliorum solere deferri, sed non vereor ne quis malivolorum in consulatu meo id autumet accidisse. Si quis hoc lividus iactitat, ipso tempore refutatur, adversus quem dixisse satis est: iam tum principi nostro Roma parebat.  (5) Quid quod nihil speranti mihi de honoris augmento (neque enim ultra praefecturam se votorum meorum modestia porrigebat) perfertur nuntius consulem me creatum sine impendio, quod iam diu paucis; sine labore, quod numquam; sine petitione, quod nemini? 16  (1) Quis ignorat tum quoque, cum honores populi Romani suffragiis mandabantur, multos fuisse candidatorum labores? Ediscenda omnium nomina, tributim homines atque etiam singuli salutandi, prensandae obviorum manus, omnibus adridendum, non solum cum infimis sed etiam cum ignotis familiaritatis imago simulanda, multaque alia propter honorem agenda quae alias virum honore dignum facere non deceret.  (2) Unde illud Crassi celebre dictum. Cum peteret consulatum et forte cum Scaevola socero per vias Urbis incederet nec praesente gravissimo et severissimo viro blandiri populo, palpare obvios et artes petitorias auderet exserere, ‚Quaeso‘, inquit,

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15  (1) Als so innerhalb ganz weniger Tage der Staat wieder in einen neuen, blühenden Zustand versetzt war, da wandte sich sein heiliges Denken den höchsten Ehrenämtern und den Auszeichnungen der Magistratsämter zu.  (2) Er begann, sich in seiner heiligen Brust, der „Stätte der Abstimmung“, mit der Frage der Konsulatsvergabe zu befassen. Welches Ziel er dabei verfolgt hat, weiß er allein und weiß die Gottheit, welche es auch ist, die sich daran freut, ihm seine Ratschlüsse einzugeben. Unter allen Männern des römischen Reiches bin ich als erster erwählt, wobei mein Amtskollege, berühmt durch seine militärischen Erfolge, meine Ehre noch erhöht hat.  (3) Dank sage ich dir, Dank, mein Kaiser, wenn du geglaubt hast, ich verdiene diese Würde, und größeren Dank noch, Kaiser, solltest du solch ein Gefallen an mir gefunden haben, dass du mich zum Konsul machtest, wenn ich es auch nicht verdiente!  (4) Ich weiß recht wohl, dass es üblich ist, höchste Ämter aus Mangel an tüchtigeren Männern auch auf wenig würdige zu übertragen, doch habe ich nicht die Befürchtung, ein Übelgesonnener könne behaupten, dieser Fall sei bei meinem Konsulat eingetreten. Wenn jemand dies öffentlich voll Neid verbreitet, so wird er durch den Zeitpunkt selbst widerlegt; es genügt, ihm entgegenzuhalten: „Schon damals hat Rom ja unserem Herrscher gehorcht.“  (5) Was ist dazu zu sagen, dass mir zu einem Zeitpunkt, da ich keinerlei Erwartung hinsichtlich einer Erhöhung meiner Ehrenstellung hatte (denn über die Präfektur reichte das bescheidene Maß meiner Wünsche nicht hinaus), die Nachricht überbracht wird, ich sei zum Konsul gewählt – ohne jeden Kostenaufwand, was schon seit langer Zeit nur wenigen zuteil geworden ist, ohne eigene Anstrengung, was es bis dahin nie gegeben hat und ohne eigene Bewerbung, was keinem noch gelungen ist? 16  (1) Wer weiß nicht, dass auch damals, als die Ämterwahl den Abstimmungen des römischen Volkes anvertraut war, die Strapazen der Kandidaten zahlreich gewesen sind? Auswendiglernen musste man die Namen aller, man musste die Menschen tribusweise und sogar einzeln grüßen, die Hände derer schütteln, die einem begegneten, allen zulächeln, nicht nur mit Leuten niedersten Standes, sondern sogar mit gänzlich Unbekannten die Vorspiegelung freundschaftlicher Vertrautheit inszenieren und viele andere Dinge des Ehrenamtes wegen tun, die sich in anderer Situation für einen Mann, der Ehre verdient, nicht ziemen würden.  (2) Daher jenes berühmte Wort des Crassus: als er sich um das Konsulat bewarb und einmal mit seinem Schwiegervater Scaevola durch die Straßen der Stadt ging, und als er nun in Gegenwart dieses höchst würdevollen und gestrengen Mannes es nicht wagte, der Menge zu schmeicheln, die Leute, die man traf, zu hofieren und seine Finessen der Bewerbung vorzuführen, da sprach er: „Bitte, Mucius, geh ein wenig bei-

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‚Muci, paulisper abscedas, nec comitatu tuo honestari putes. Impedis honorem meum: te spectante ineptus esse non possum.‘ (3) At vero ego nullius favorem turpi adsentatione promerui, nihil feci ineptum, nihil egi quod spectare Mucium nollem.  (4) Non modo nullum popularium deprecatus sum, sed ne te quidem ipsum, imperator, quem orare praeclarum, cui preces adhibere plenissimum dignitatis est, verbo saltem adii. Sponte in familiam meam divinum istud a te munus infusum est. 17  (1) Fatebor autem tibi, maxime imperator, et tuto apud te omnia animi operta reserabo. Numquam in capita civium potestatem, numquam provincias concupivi; sed, quia iuvanda etiam a me videbatur pro virili portione res publica, cum administratum vocarer, propter opinionem desidiae non refugi.  (2) Negotium publicum neque ambitor appetii neque per timiditatem aut ignaviam recusavi, sed a teneris annis, ab aetate puerili, ad hanc usque canitiem consulatus amore flagravi.  (3) Secundum etiam confessionis tibi gradum debeo. Cum in aliorum principum esset potestate res publica, diu inanem cupiditatem sine spei solaciis fovi. Unde enim mihi adspirandi ad hoc nomen esset amentia, opum vacuo et ignaro ambiundi?  (4) Nam primum, cum Caesar esses, marcentem iam cupiditatis meae flammam spei bonae flatibus excitasti. Cum vero te, Auguste, mirificum innocentiae ac virtutum spectatorem viderem, tunc mecum: ‚Claudi Mamertine, non frustra hucusque vixisti. Habes idoneum fidei ac industriae iudicem. Memento in magno res tuas esse discrimine. Scietur non meruisse te consulatum, si tibi non detulerit hic imperator.‘ 18  (1) Habes, Auguste, proditionem silentii mei, et rem a me non brevis aevi taciturnitate celatam. Nondum tamen cuncta prodidimus. Nullum hinc iam

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seite und glaube nicht, mir werde durch deine Begleitung Ehre zuteil. Du stehst meinem Ehrenamt im Wege: wenn du zuschaust, bin ich nicht imstande, als Geck aufzutreten.“  (3) Doch ich habe mir wahrhaftig nie irgendjemandes Gunst durch schändliche Kriecherei erworben, habe nichts Albernes getan, habe nichts begangen, was ich vor dem Blick des Mucius hätte verbergen wollen.  (4) Ich habe nicht nur niemanden meiner Mitbürger um seine Stimme gebeten, sondern ich habe mich nicht einmal an dich selbst auch nur mit einem Wort gewendet, mein Kaiser, den zu bitten glanzvoll, dem ein Ersuchen vorzutragen außerordentlich ehrenvoll ist. Ganz ohne mein Zutun hat dieses göttliche Geschenk durch dich Eingang in mein Haus gefunden. 17  (1) Ich will dir aber ein Bekenntnis ablegen, höchster Kaiser, und will dir ohne Furcht alle Geheimnisse meines Herzens offenlegen. Niemals habe ich Macht über die Häupter unserer Bürger, niemals Provinzen begehrt; doch da ich der Ansicht war, auch selbst entsprechend meinem persönlichen Anteil dem Staat meinen Dienst leisten zu sollen, habe ich, wenn man mich zu einem Verwaltungsposten berief, mich nicht zurückgezogen, um mir nicht den Ruf der Untätigkeit zuzuziehen.  (2) Um ein öffentliches Amt habe ich mich weder als Bewerber bemüht noch ein solches aus Furchtsamkeit oder Trägheit zurückgewiesen, aber in mir trug ich, von frühen Jahren an, vom Knabenalter bis zu den altersgrauen Tagen heute, die Flamme leidenschaftlichen Verlangens nach dem Konsulat.  (3) Was mein Geständnis angeht, schulde ich dir noch einen zweiten Schritt: als der Staat sich in der Hand anderer Herrscher befand, habe ich meine Sehnsucht lange Zeit vergeblich, ohne die Tröstungen der Hoffnung, am Leben erhalten. Denn wie hätte ich so einen wahnsinnigen Gedanken hegen können, mich zu diesem Titel zu versteigen, ich, der ich mittellos und ohne Kenntnis im Verfahren der Bewerbung war?  (4) Du warst es ja, der mir als Caesar zum ersten Mal die schon kraftlos gewordene Flamme meiner Sehnsucht mit dem Hauch einer schönen Hoffnung neu belebt hat. Als ich dann aber dich, Augustus, sah, wie du in staunenswerter Weise Integrität und Wert prüfend ins Auge fasstest, da sagte ich zu mir: „Claudius Mamertinus, du hast bis jetzt nicht umsonst gelebt. Du hast einen Richter, der Treue und eifriges Bemühen angemessen einzuschätzen weiß. Sei dir bewusst, dass sich dein Schicksal jetzt in einem wichtigen Moment der Entscheidung befindet. Man wird wissen, dass du das Konsulat nicht verdient hast, wenn es dir dieser Kaiser nicht verleiht.“ 18  (1) Nun hast du, Augustus, die Enthüllung meines Schweigens und kennst eine Sache, die ich im Stillschweigen einer nicht geringen Lebensspanne geheim gehalten habe. Ich habe jedoch noch nicht alles preisgegeben. Ich will

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mecum volo referre secretum; omnia pectoris arcana vacuabo.  (2) Sus­ pendisses benivolentiam tuam et tuae isti in me liberalitati contra mores tuos artificii aliquid addidisses: forsitan rogassem.  (3) Parvi autem, imperator, putas esse beneficii quod rogandi mihi periculum remisisti? Periculum inquam, sanctissime imperator. Si praestare dubitasses, si in posterum distulisses, quid me fieret post repulsam?  (4) In levissimis quoque beneficiis petitis nec impetratis amicitia dissolvitur. Namque is quo amicitia continetur amor apud utrumque polluitur. Alter amari se quia non praestitit non putat, alter odio se esse quia non obtinuit arbitratur.  (5) Nec sane mihi gratuito consul factus viderer, si honorem precibus emissem; miserum enim et laboriosum subissem meliore aevi parte transacta tirocinium rogandi.  (6) Neque enim existimo molestius esse pecuniam quam preces fundere. Denique omnes in emendo videmus repensandi fiducia magno erectoque animo aurum argentumque depromere, eos vero qui preces adlegant humiles atque demissos vix cunctabunda atque titubantia verba proferre, neque solum orationem inclinare sed totis corporibus in genua submitti. Prorsus, ut ex animi mei sententia loquar, maximo vendit beneficium qui preces accipit. 19  (1) An vero, si centuriatis comitiis consul creatus essem, gloriosius mihi universi populi suffragiis declaratus viderer? Minime, siquidem etiam illis priscis temporibus multorum ambitu fuit Campus infamis. Nota divisorum flagitia, notae loculorum praestigiae, tum operarum ad vim et seditionem manus emptae.  (2) Nec sane potest in confusa imperitorum multitudine quicquam esse perpensum. Nam cum boni rari sint, improborum vulgus immensum, in Campo autem numerus et turba praepolleat, sine dubio intellegitur eum suffragiis populi magistratum capere quem plures, id est

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kein Geheimnis mehr von diesem Ort mit mir zurücktragen. Alle in meiner Brust verborgenen Gedanken will ich offenlegen.  (2) Hättest du dein Wohlwollen noch zurückgehalten und mit eben deiner Großzügigkeit mir gegenüber, deinem Wesen ganz zuwider, irgendeine künstliche Erschwernis verbunden, so hätte ich mich vielleicht aufs Bitten verlegt.  (3) Glaubst du aber, Kaiser, es sei ein Gunsterweis von nur geringer Bedeutung, dass du mir das Risiko der Bittstellerei erlassen hast? ‚Risiko‘ sage ich, heiligster Kaiser! Wenn du gezögert hättest, meine Bitte zu erfüllen, wenn du es auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hättest, was hätte nach einer solchen Zurückweisung aus mir werden sollen?  (4) Sogar wenn ganz unerhebliche Gefälligkeiten erbeten werden und nicht in Erfüllung gehen, löst sich eine Freundschaft auf. Denn die Zuneigung, auf welche Freundschaft gegründet ist, wird auf beiden Seiten mit einem Makel behaftet: der eine glaubt, er werde nicht geliebt, da er der Bitte nicht stattgegeben hat, der andere denkt, er sei verhasst, weil sie ihm nicht erfüllt worden ist.  (5) Und gewiss, so scheint es mir, wäre ich nicht Konsul geworden, ohne dafür einen Preis zu zahlen, wenn ich dieses Amt mit Bitten erkauft hätte. Denn ich hätte mich dem elenden und mühseligen Anfängerdienst der Bewerbungsbittstellerei unterziehen müssen, nun, da der bessere Teil meines Lebens verstrichen ist.  (6) Denn ich glaube, Geld hinzugeben ist nicht unangenehmer als sich in Bitten zu ergehen. Schließlich sehen wir ja, wie alle Welt bei einem Kauf, im Bewusstsein, dass man ja bezahlt, stolz und aufrecht das Gold und Silber hervorholt, wie aber diejenigen, die Bitten vorbringen, in unterwürfiger und demütiger Haltung kaum ihre Worte zögernd und stammelnd herausbringen, und wie sie sich nicht nur in ihrer Rede beugen, sondern mit dem ganzen Körper in die Knie gehen. Mit einem Wort, um es so auszusprechen, wie ich es im Innern denke: zum höchsten Preis verkauft seine Gunst derjenige, der Bitten annimmt. 19  (1) Oder käme es mir etwa, wenn ich von den Zenturiatkomitien zum Konsul gewählt worden wäre, ruhmvoller vor, meine Ernennung den Stimmen des ganzen Volkes zu verdanken? Keinesfalls, da ja auch in jenen alten Zeiten das Marsfeld wegen der Wahlumtriebe zahlreicher Kandidaten berüchtigt war. Bekannt sind die schändlichen Machenschaften derjenigen, die Bestechungsgelder verteilten, bekannt der Betrug mit den Wahlurnen, und schließlich die käuflichen Banden, die man zu Gewalt und Aufruhr angeheuert hat.  (2) Und tatsächlich kann es ja bei einer buntgemischten Menge von Leuten ohne Erfahrung nichts Wohlabgewogenes geben. Denn da die Guten selten sind und die Masse der Schlechten ungeheuer groß ist, da auf dem Marsfeld aber Zahl und Haufe die Übermacht haben, ist die Erkenntnis ganz unstreitig, dass derjenige mit den Stimmen des Volkes ein öffentliches

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quem peiores, probarunt; unde factum ut maiores nostri viderent Gabinios designatos et repulsos Catones.  (3) Sed haec vetusta; detur recordari quemadmodum paulo ante honor petitus sit. Vix pauci exstiterunt quorum virtutibus deferretur, cum quidem ipsis illis tarda industriae ac probitatis merces veniret. (4) Ceteri vero perditissimum quemque ex aulicis frequentabant. Uti quispiam per artes turpissimas imperatori acceptissimus videbatur, eum adsiduis obsequiis emerebantur donisque captabant. Nec viros quidem sed mulierculas exambibant; nec feminas tantum sed spadones quoque, quos quasi a consortio humani generis extorres ab utroque sexu aut naturae origo aut clades corporis separavit. Ita praeclara illa veterum nomina sordidissimum quemque ex cohorte imperatoria et probrosissimum adulabant.  (5) Hi, cum in provincias immissi erant, qua sacra qua profana rapiebant, iter sibi ad consulatum pecunia munientes. 20  (1) Itaque nullum iam erat bonarum artium studium. Militiae labor a nobilissimo quoque pro sordido et inliberali reiciebatur. Iuris civilis scientia, quae Manilios Scaevolas Servios in amplissimum gradum dignitatis evexit, libertorum artificium dicebatur.  (2) Oratoriam dicendi facultatem multi laboris et minimi usus negotium nostri proceres respuebant, dum homines noluisse videri volunt quod adsequi nequiverunt. Et vere tantum laboris vigiliarumque suscipere ad id adipiscendum, cuius usus agendae vitae ornamenta non adiuvaret, dementia ducebatur.  (3) Itaque omne studium pecuniae coacervandae; tanto enim quisque vir melior quanto pecuniosior habebatur.  (4) Iam serviendi miseranda patientia, adsentandi mira calliditas. Ministrorum aulae cotidie limina terebantur. Ad fores eorum qui regiis cupiditatibus serviebant celsos patriciae gentis viros cerneres ab huiusmodi

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Amt erlangt, den die Mehrheit, d.h. den die Schlechteren für gut befunden haben. Daher ist es gekommen, dass unsere Vorfahren mitansehen mussten, wie Leute vom Schlage des Gabinius gewählt und Leute wie Cato abgewiesen wurden.  (3) Doch das sind alte Geschichten; es sei erlaubt, daran zu erinnern, wie noch vor kurzer Zeit die Bewerbung um ein (Ehren-)Amt vonstatten ging. Es hat gerade einmal einige wenige Männer gegeben, denen es aufgrund ihrer Tugend und Tüchtigkeit übertragen wurde, und dabei wurde freilich selbst ihnen solcher Lohn für ihre Tatkraft und Integrität erst spät zuteil.  (4) Die anderen suchten jedoch gerade die Verruchtesten aus dem Kreis der Höflinge ständig auf. Sowie jemand aufgrund schändlichster Ränke beim Kaiser in höchster Gunst zu stehen schien, suchte man sich unablässig durch Gefälligkeiten Verdienste bei ihm zu erwerben und ihn durch Geschenke zu gewinnen. Nicht einmal Männern, sondern Frauenspersonen stellten sie mit ihren Bitten nach, und nicht nur Frauen, sondern auch Eunuchen, welche, gewissermaßen aus der Gemeinschaft des Menschengeschlechtes verbannt, entweder eine natürliche Ursache oder ein körperlicher Eingriff von beiden Geschlechtern ausgeschlossen hat. So geschah es, dass so berühmte Namen aus den alten Familien gerade den schändlichsten Abschaum aus dem kaiserlichen Gefolge umschmeichelten.  (5) Wenn diese Leute in die Provinzen entsandt waren, raubten sie sowohl geweihte wie auch nicht geweihte Güter und sicherten sich so den Weg zum Konsulat mit Geld. 20  (1) Daher gab es auch keinerlei Bemühen mehr um die edlen Künste. Die Anstrengung des Kriegsdienstes wurde gerade von den Vornehmsten als etwas Verächtliches und eines freien Mannes Unwürdiges verschmäht. Die Rechtswissenschaft, die Männer aus den Familien der Manilii, der Scaevolae, der Servii in den höchsten Ehrenrang erhoben hat, nannte man eine Betätigung für Freigelassene.  (2) Die Kunst der Rede verwarfen unsere vornehmen Herren voll Verachtung als ein Geschäft von hohem Arbeitsaufwand und geringstem Nutzen – wobei diese Leute den Anschein erwecken wollten, etwas zu verschmähen, was sie gar nicht imstande waren zu erreichen. Und in der Tat, so viele Mühe und schlaflose Nächte auf sich zu nehmen, um etwas zu erreichen, dessen Anwendung nichts dazu beiträgt, dem Leben, so wie man es führen wollte, Glanz zu verleihen – das sah man als Verrücktheit an.  (3) Daher zielte alles Bestreben darauf ab, Geld aufzuhäufen. Denn jedermann wurde für umso tüchtiger gehalten, je reicher er war.  (4) Nun die erbärmliche Unterwürfigkeit von Sklavendienerei, das erstaunliche Raffinement der Schmeichelei: Tag für Tag wurden die Türschwellen der Hofbeamten abgetreten. Vor den Türen derjenigen, die den Wünschen des Herrschers dienstbar waren, hätte man stolze Männer patrizischer Abkunft sehen können,

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dedecore non imbri, non gelu, non amaritudine ipsius iniuriae deterreri. Demissi iacentesque vix capita supra eorum quos precabantur genua tollebant. Ad postremum honores non iudicio aut benivolentia superborum sed misericordia merebantur. 21  (1) At nunc quisquis provincias tribunatus praefecturas consulatus cupit, nihil necesse est pecuniam per fas et nefas quaerat ac libertatem suam salutator vilis imminuat. Quanto fuerit paratior servituti, tanto honore indignior iudicabitur.  (2) Tum aliud quoddam hominum genus est in amicitia principis nostri, rude (ut urbanis istis videtur), parum come, subrusticum; blandimentis adulantium repugnat, pecuniae vero alienae tamquam rei noxiae tactum reformidat, maximas opes in rei publicae salute et gloriosa imperatoris sui laude constituit.  (3) Iam ipse ingenti divinaque prudentia adversus omnes adsentatorum inlecebras captionesque munitus est. Quippe ei a fucatis adulantium venenis quod periculum est, qui aures etiam veris laudibus gravatus impartiat?  (4) Sed multo multoque nunc facilior est ratio honorum petendorum. Quisquis, inquam, capere magistratum voles, auri atque argenti neglegens esto, nullas ostiatim potentum aedes obito, nullius pedes nullius genua complectitor. Adhibeto tantum tibi gratuitas et paratu facillimas comites, iustitiam fortitudinem temperantiam atque prudentiam: ultro ad te maximus imperator accedet et ut capessas rem publicam flagitabit.  (5) Otioso tibi atque alia curanti provinciae praefecturae fasces sella curulis atque omnia insignia magistratuum deferentur. Quid enim sibi verae vir perfectaeque virtutis non constanter de honore promittat, cum me propter tantillum innocentiae meritum uno in anno ter videat honoratum? 22  (1) Ecquis deus uno in anno multiplices fructus agro uni dedit? Num quisquam in eadem novali aestate una amplius quam semel messuit? Num

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wie sie sich von solcher Schande weder durch Regen noch durch Eiseskälte noch durch die Bitternis der Kränkung selbst abschrecken ließen. Unterwürfig und am Boden hingestreckt erhoben sie kaum das Haupt über die Knie derer empor, an die sie ihre Bitten richteten. Zuletzt verdankten sie ihre Ämter nicht dem Urteil oder dem Wohlwollen der Hochmütigen, sondern ihrem Mitleid. 21  (1) Heute jedoch muss niemand, der nach Provinzen, Tribunaten, Präfekturen, Konsulaten strebt, Geld auf rechtem und unrechtem Weg beschaffen und seine eigene Freiheit aufgeben, indem er, käuflich um geringen Preis, seine Aufwartung macht. Je eher er bereit zu Knechtschaft ist, desto eher wird man ihn eines (Ehren-)Amtes nicht für würdig halten.  (2) Sodann ist es ein anderer Typus von Menschen, der sich der Freundschaft unseres Herrschers erfreut, ungeschliffen, wie es diesen feinen Städtern scheint, wenig liebenswürdig, etwas bäurisch. Er widersetzt sich den Schmeichelworten der Kriecher, vor der Berührung mit fremdem Geld schreckt er sogar zurück wie vor dem Kontakt mit einer schädlichen Substanz, als größten Schatz sieht er das Wohlergehen des Staates und Ruhm und Lob seines Kaisers an.  (3) Er selbst ist außerdem dank seiner außerordentlichen und göttlichen Verstandeskraft gegen alle Lockungen und Verführungskünste der Jasager geschützt. Denn welche Gefahr geht vom getünchten Gift der Schmeichler für einen Mann aus, der sein Ohr selbst wahren Lobesworten nur mit Missbehagen leiht?  (4) Doch viel, viel leichter ist heutzutage das Verfahren der Bewerbung um die Ehren­ ämter. Ich sage: wer immer du bist, der du ein Amt erlangen willst, kümmere dich nicht um Gold und Silber, gehe nicht von Tür zu Tür, die Häuser der Mächtigen aufzusuchen, umfasse niemandes Füße, niemandes Knie. Nimm dir nur die zu Gefährten, die nicht gekauft, doch sehr leicht zu beschaffen sind: Gerechtigkeit, Tapferkeit, Selbstbeherrschung und Einsicht. Dann wird der höchste Kaiser von selbst an dich herantreten und darauf dringen, dass du eine Aufgabe im Dienst des Staates übernimmst.  (5) Ohne dass du dich dar­ um bemühen musst und während du mit ganz anderen Dingen befasst bist, werden dir Provinzen, Präfekturen, Rutenbündel, der kurulische Stuhl und alle Amtszeichen übertragen. Welche Hoffnung hinsichtlich eines Ehrenamtes sollte sich denn ein Mann von wahrer und vollkommener Tüchtigkeit nicht mit fester Zuversicht machen dürfen, wenn er sieht, dass ich aufgrund des so geringen Verdienstes meiner Unbescholtenheit in einem einzigen Jahr dreimal mit der Verleihung eines Amtes ausgezeichnet worden bin? 22  (1) Hat denn je ein Gott in einem einzigen Jahr einem einzigen Acker mehrfachen Ertrag geschenkt? Hat denn je ein Mensch auf demselben neugepflügten Land in einem einzigen Sommer mehr als einmal Ernte eingefah-

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cui uno autumno unoque vineto vindemia triplex fluxit? Una certe unius hiemis est olivitas. Sed in nostri principis beneficiis miraculo caret multiplicata fecunditas.  (2) Ut de aliis optimis viris taceam qui a priore in proximum autumnum fructus annorum multiplices messuerunt, mihi certe tertia unius anni ubertas est consulatus. Primum thesaurorum omnium mandata custodia et dispensatio largiendi, secundum locum tenet in honorum meorum fructibus praefectura; additus his quo vel solo cuiuslibet aviditas vinceretur, proventuum meorum tertius, consulatus.  (3) Dein cum ager adsiduitate fructuum in maciem decoquatur, imperatoris nostri posterior liberalitas vincit priorem, nec fit effeta gignendo sed per vices fructuum fecundatur. Nova prorsus fuit honorum deferendorum et insperata congestio.  (4) Nondum statum suum siderum curricula mutaverant: iam princeps cursum dignitatis alterius commovebat. Etiamtum sol ab eorundem astrorum regione radiabat: iam Augustus tertia magistratus mei signa transcenderat.  (5) Quaeso, non vobis inanis gloriae cupidissimus, non flagrans ambitione notabili videretur, si quis in se tanta pariter optasset quanta in me uno tempore Augustus ingessit? 23  (1) Habitari ab iustis viris in Oceano terras ferunt quas Fortunatorum insulas vocant, quod per eas non arato solo frumenta nascuntur, fortuitis vitibus iuga collium vestiuntur, sponte pomis arbor gravatur, ad herbarum vicem olus vulgo est.  (2) Quantula ista sunt, si deum auctorem consideres, munera! Nempe nobis quoque, cum agrum non nostris manibus excolamus, haec inlaborata nascuntur.  (3) Quanto felicior nostra conditio! Quanto beatitudo praestantior! Non spica triticea, non viles uvarum racemi, sed opes atque divitiae nihil laborantibus ingeruntur; provinciae praefecturae fasces sponte proveniunt.  (4) Tu, tu inquam, maxime imperator, exsulantes relegatasque virtutes ad rem publicam quodam postliminio reduxisti, tu exstincta

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ren? Hat je einem Menschen in einem einzigen Herbst ein einziger Weinberg eine dreifache Weinlese erbracht? Nur eine Olivenernte gibt es doch sicherlich in einem Winter. Doch angesichts der Segenstaten unseres Herrschers gehört vielfache Fruchtbarkeit nicht in die Kategorie des Wunders.  (2) Um von anderen ganz hervorragenden Männern zu schweigen, die vom vorigen Herbst bis zum nächsten mehrfache Jahreserträge geerntet haben: für mich ist jedenfalls das Konsulat die dritte reiche Ernte eines einzigen Jahres: zuerst wurde mir die Aufsicht über alle Kassen und die Verwaltung der kaiserlichen Spenden übertragen, die zweite Stelle nimmt im Erntesegen meiner Ämter die Präfektur ein; ihnen hinzugefügt wurde, womit allein schon das Verlangen eines jeden Mannes zufriedengestellt würde, der dritte meiner Erträge, das Konsulat.  (3) Und dann: während ein Acker durch fortgesetzte Erträge bis zur Erschöpfung ausgelaugt wird, übertrifft jeder nächste Akt der Freigebigkeit unseres Kaisers den vorangegangenen, und diese verliert nicht im Erzeugen ihre Kraft, sondern es wächst mit fortgesetztem Wechsel der Erträge ihre Fruchtbarkeit. Ganz und gar neuartig und unverhofft war es, mit der Übertragung von Ämtern derart überhäuft zu werden.  (4) Noch hatte der Lauf der Gestirne seine Position nicht verändert: schon brachte der Herrscher eine zweite Würde auf die Bahn. Auch da glänzten die Strahlen der Sonne noch aus der Region derselben Sternbilder: schon hatte der Augustus seine Schritte das dritte Zeichen meiner Ämterwürde passieren lassen.  (5) Ich bitte euch, sähe es nicht für euch so aus, dass jemand allzu versessen auf eitlen Ruhm und von außerordentlichem Ehrgeiz entflammt wäre, wenn er für sich in gleicher Weise so vieles ersehnt hätte, wie es der Augustus in einem einzigen Zeitraum über mich gehäuft hat? 23  (1) Es heißt, die Gerechten bewohnen im Ozean Länder, die man die Inseln der Seligen nennt, weil auf ihnen ringsumher das Getreide auf ungepflügtem Boden wächst, weil die Hügelketten sich in ein Kleid natürlich gewachsener Reben hüllen, weil der Baum ohne fremdes Zutun schwer an Früchten trägt und überall statt Gras Gemüse wächst.  (2) Wie gering sind doch solche Gaben, wenn man bedenkt, dass Gott der Urheber ist. Denn auch für uns wächst dies ja ohne Mühe, da wir den Acker nicht mit unsern eigenen Händen bebauen.  (3) Wieviel glücklicher ist unsere Lage! Wieviel reicher unser Segen! Nicht die Weizenähre, nicht wohlfeile Weintrauben, sondern Macht und Wohlstand werden über uns gehäuft, ohne dass wir uns darum bemühen: Provinzen, Präfekturen, Rutenbündel gedeihen ganz von selbst!  (4) Du, du, sage ich, höchster Kaiser, hast die Tugenden, die verbannt und ausgewiesen waren, in den Staat zurückgebracht und sie gewissermaßen in ihre alten Rechte wiedereingesetzt; du hast die Flamme der schon erloschenen Stu­

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iam litterarum studia flammasti, tu Philosophiam paulo ante suspectam ac non solum spoliatam honoribus sed accusatam ac ream non modo iudicio liberasti, sed amictam purpura, auro gemmisque redimitam in regali solio conlocasti.  (5) Suspicere iam in caelum licet et securis contemplari astra luminibus, qui paulo ante pronorum atque quadrupedum animantium ritu in humum visus trepidos figebamus. Quis enim spectare auderet ortum sideris, quis occasum? Ne agricolae quidem, quorum opera ad motum signorum caelestium temperanda sunt, tempestatum praesagia rimabantur.  (6) Ipsi navitae, qui nocturnos cursus ad astra moderantur, stellarum nominibus abstinebant. Prorsus terra marique non ratione caelesti sed casu ac temere vivebatur. 24  (1) Nihil igitur mirum est, imperator, quod tantus amor et tam verus in te civium fervet; neque enim ullum post homines natos puto tanto generis humani ardore dilectum.  (2) Ceterorum regum atque imperatorum caritates admodum rarae nec umquam diuturnae fuerunt. In summis enim hominum habitavere pectoribus subita et forte nata benivolentia provocatae, non virtutum admiratione devinctae.  (3) At vero noster adfectus veri certique iudicii est imis mentis sedibus inligatus, animae et vitae immixtus et unitus, resolutis etiam morte corporibus cum immortali mente victurus.  (4) Arma igitur et iuvenes cum gladiis atque pilis non custodiae corporis sunt, sed quidam imperatoriae maiestatis sollemnis ornatus. Quid enim istis opus est, cum firmissimo sis muro civici amoris obsaeptus?  (5) An metuenda tibi curia est, cum senatui non solum veterem reddideris dignitatem sed plurimum etiam novi honoris adieceris? An populus est timendus procuratori alimentorum suorum, vitae vindici, libertatis auctori? Nam quid de militibus loquar? Duo an tria ferme ex vetere memoria amicorum paria proferuntur.  (6) Nego quempiam ab uno amico plus dilectum quam tu, imperator, non modo

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dien von Bildung und Wissenschaft wieder entzündet; die Philosophie, die vor kurzem noch als verdächtig angesehen und nicht nur aller Ehren beraubt, sondern sogar angeklagt und vor Gericht gestellt war, hast du nicht nur von gerichtlicher Verfolgung befreit, sondern du hast sie in Purpur gehüllt, mit Gold und Edelsteinen bekränzt und auf den Königsthron gesetzt.  (5) Jetzt darf man wieder zum Himmel emporschauen und mit furchtlosem Blick die Gestirne betrachten, während wir vor kurzem noch, nach Art vornüber gebeugter vierfüßiger Lebewesen, unsere Blicke ängstlich zu Boden hefteten. Denn wer hätte den Aufgang eines Gestirns, wer seinen Untergang zu beobachten gewagt? Nicht einmal die Bauern, die ihre Arbeiten ja nach der Bewegung der Gestirne am Himmel ausrichten müssen, haben die Anzeichen des jeweiligen Witterungswandels zu erkunden versucht.  (6) Sogar die Seeleute, die ihre nächtlichen Fahrten nach den Sternbildern orientieren, haben es vermieden, die Namen der Sterne zu verwenden. Kurz, auf dem Land und zur See lebte man nicht nach der Ordnung des Himmels, sondern nach dem Zufall, aufs Geratewohl. 24  (1) Es ist also nicht zu verwundern, o Kaiser, dass deine Untertanen in so großer und so aufrichtiger Liebe zu dir entflammt sind; seit der Entstehung der Menschheit ist nämlich, wie ich glaube, noch nie jemand mit solch glühender Begeisterung des Menschengeschlechtes verehrt worden.  (2) Liebe zu sonstigen Königen und Kaisern war recht selten und niemals von langer Dauer. Denn in der Brust der Menschen hatte diese nur ganz an der Oberfläche ihren Sitz, da sie durch ein unverhofft aufgetretenes und zufällig entstandenes Wohlwollen hervorgerufen war, nicht von Bewunderung für ihre Tugenden gefesselt.  (3) Unsere Zuneigung jedoch gründet wahrhaft auf ehrlichem und festem Urteil, im tiefsten Grund des Herzens verankert, mit unserer Seele und unserem Leben verwoben und vereint, und sie wird, selbst wenn sich unser Leib im Tod auflöst, mit unserem unsterblichen Geist weiterleben.  (4) Die Waffen und die junge Mannschaft mit ihren Schwertern und Speeren sind also nicht Wächter deines Leibes, sondern gleichsam feierlicher Schmuck der kaiserlichen Majestät. Denn wozu solltest du derlei benötigen, da du von der stärksten Mauer geschützt bist: von der Liebe deiner Untertanen?  (5) Oder hast du die Kurie zu fürchten, da du dem Senat nicht nur sein altes Ansehen zurückgegeben, sondern ihm sogar darüber hinaus so viel neue Ehre verliehen hast? Oder musst du vor dem Volk Angst haben, – der du für seine Nahrung sorgst, der du sein Leben schützt und der du Schirmherr seiner Freiheit bist? Denn was soll ich von den Soldaten sagen? Aus der Überlieferung alter Zeiten werden uns etwa zwei oder drei Freundespaare benannt.  (6) Ich behaupte, dass nie jemand von seinem einzigen Freund mehr

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a comitibus tribunis tuis sed a legionibus cunctis, equitibus ac peditibus, gregariis etiam militibus diligaris.  (7) Itaque, quod ad te attinet, cuncta iam a custodia tui arma removeres; sed quando hoc potes persuadere militibus? Anxia est fidelium diligentia; maximo amori maximus timor iunctus est. Non nobis sufficit quod obtinuisti ut nemo te velit laedere, nisi nos curamus ut nemo possit. 25  (1) Habuerunt nonnulli alii principes devotam et amantem sui cohortem, sed alio quodam modo: primum quod imperiti ac rudes indoctissimum quemque in consilium delegabant, scilicet ut ipsorum prudentia vulgo suorum aliquatenus emineret.  (2) Ita, cum vilissimus quisque honorum et divitiarum potitus foret, sua commoda et vitia principum diligebant. Ab his optimus quisque abigebatur procul, cum suspecta esset probitas et invisa, et quanto quisque honestior tanto importunior turpium arbiter vitaretur.  (3) At tu, Auguste, omnibus nugis remotis optimum et doctissimum quemque perquiris. Si quis praestat virtutibus bellicis et laude militiae, in amicis habetur; qui in oratoria facultate, qui in scientia iuris civilis excellit, ultro ad familiaritatem vocatur.  (4) Quicumque in administratione rei publicae innocentem se umquam et strenuum praebuit, in consortium munerum receptatur.  (5) Regendis provinciis non familiarissimum quemque sed innocentissimum legis. Omnes a te augentur pecunia, locupletantur divitiis, honoribus honestantur. 26  (1) Prorsus amicitias tueris privati fide, imperatoris opulentia. Quae perpetuae et constantis benivolentiae prima fiducia est, certissima virtutum et maxime principis, veritas. Numquam in animo esse suspicarer audivi: (2) nemo simulatis blanditiis, nemo falsa pollicitatione deceptus est. Quis nescit aliorum imperatorum hilarem diritatem cachinnantemque saevitiam, a quibus ingenita crudelitas figmento laetitiae tegebatur?  (3) Mira est in principe

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geliebt wurde, als du, Kaiser, nicht nur von deinem Gefolge und deinen Tribunen geliebt wirst, sondern auch von allen Legionen, Reitern und Fußsoldaten, sogar von den gemeinen Soldaten.  (7) Daher könntest du, was dich betrifft, jetzt deiner Leibgarde alle Waffen wegnehmen lassen; doch wann kannst du deine Soldaten davon überzeugen? Die Aufmerksamkeit deiner Getreuen ist voll ängstlicher Sorge. An größte Liebe ist auch größte Furcht geknüpft. Es genügt uns nicht, dass du erreicht hast, dass niemand dich verletzen will, wenn wir nicht dafür sorgen, dass auch keiner dazu imstande ist. 25  (1) Es hatten auch einige andere Herrscher ein Gefolge, das ihnen ergeben und liebevoll zugetan war, doch auf eine andere Art: erstens, weil sie, selbst ohne Erfahrung und Kenntnisse, gerade die am allerwenigsten Gebildeten in ihren Rat entsandten, offenbar, damit ihr eigener Verstand bis zu einem gewissen Punkt aus der Masse ihrer Ratgeber herausrage.  (2) Da auf diese Weise gerade die Minderwertigsten Ehrenämter und Reichtümer erlangt hatten, liebten sie ihre eigenen Vorteile und die Fehler ihrer Herrscher. Gerade die Besten wurden von ihnen weit fortgejagt, da Redlichkeit verdächtig und verhasst war, und je ehrenhafter jemand war, desto eher mied man ihn als unbequemen Richter des eigenen schändlichen Verhaltens.  (3) Doch du, Augustus, hast dich aller windigen Gestalten entledigt und suchst allemal die besten Männer mit der höchsten Bildung. Zeichnet sich jemand durch soldatische Tugenden und Kriegsruhm aus, zählt er zu deinen Freunden. Wer in der Redekunst, wer in der Kenntnis des bürgerlichen Rechts herausragt, wird ganz von selbst in den Kreis deiner Vertrauten berufen.  (4) Wer in der Staatsverwaltung sich je untadelig und tatkräftig gezeigt hat, wird zur Mitwirkung bei deinen Aufgaben hinzugezogen.  (5) Für die Leitung der Provinzen suchst du nicht gerade solche aus, die dir am nächsten stehen, sondern Männer von höchster Integrität. Alle werden sie von dir mit Geld überhäuft, mit Schätzen reich ausgestattet und mit Ehrenämtern ausgezeichnet. 26  (1) Ferner sorgst du für deine Freundschaften mit der Treue einer Privatperson und dem Reichtum eines Kaisers. Was die wichtigste Gewähr für eine dauerhafte und unwandelbare Zuneigung ist, die zuverlässigste der Tugenden, und ganz besonders bei einem Herrscher, ist die Wahrhaftigkeit. Nie habe ich davon gehört, dass du etwas im Sinn habest, gegen das ich Misstrauen hegen könnte.  (2) Niemand ist durch geheuchelte Schmeichelei, niemand durch falsche Verheißung getäuscht worden. Wer kennt nicht die grauen­ volle Härte hinter heitrer Miene und die wilde Wut hinter einem offenen Lachen bei anderen Kaisern, die ihre angeborene Grausamkeit mit der Maske der Fröhlichkeit kaschieren?  (3) Wunderbar ist dagegen bei unserem Herr-

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nostro mentis linguaeque concordia. Non modo humilis et parvi animi sed servile vitium scit esse mendacium. Et vere, cum mendaces homines aut inopia aut timor faciat, magnitudinem fortunae suae imperator qui mentitur ignorat.  (4) Quis, oro vos, plura praebuit fidei constantiaeque documenta? Omnes quos privatus in familiaritatem recepit, eodem habet imperator adfectu; nemo gradu pulsus, nemo aditu prohibitus, nulli palatii fores clausae sunt; omnes bonos habet.  (5) In recipiendis amicis optimus iudex est; si aliqui sunt improbi, tolerandis familiarium vitiis immutabilis est amicus. 27  (1) At mutant secundae res animos. Nostrum principem si nondum mutaverint, quando mutabunt? Cuius umquam divinior felicitas fuit?  (2) Paulo ante in laceratis Galliae provinciis lapsus inimicorum capitalium apertis armis et occultis insidiis petebatur; in pauculis mensibus divino munere Libyae Europae Asiaeque regnator est. Quae maiora exspectabimus dei praemia, quae uberiora dona Fortunae?  (3) Videte num secundis rebus elatus aliquid de prioris vitae mansuetudine et moderatione mutaverit. Mutavit, plane mutavit; nam civilior factus prosperorum infregit invidiam.  (4) Cui non vel illud tempus sedatae praebuit mentis indicium, quo horrendi belli metu re publica liberata elati sumus cuncti gestiente laetitia?  (5) Sed imperator, quamquam caelesti ope salutem rei publicae propagatam videret, et condicionem doluit humanam et offensarum gratiam faciens induit fratrem, et cuius armis vitam suam impugnatam sciebat mortem eius ornavit ac postea ipse iusta persolvit. Et memoria et oblivione mirabilis, oblitus inmici meminit heredis.

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scher der Einklang von Denken und Sprechen. Er weiß, dass die Lüge nicht nur einen niedrigen und kleinen Geist kennzeichnet, sondern überhaupt der Makel einer Sklavennatur ist. Und wahrhaftig, wenn ja Not oder Furcht die Menschen zu Lügnern macht, so verkennt ein Kaiser, der lügt, die Bedeutung seiner eigenen Position.  (4) Wer, ich bitte euch, hat zahlreichere Beweise seiner Treue und Beständigkeit gegeben? All denjenigen gegenüber, die er noch als private Person ohne Amt in seinen Freundeskreis aufgenommen hat, zeigt er jetzt als Kaiser dieselbe Gesinnung; niemand ist von seinem Rang verdrängt, niemandem ist der Zutritt versagt, niemandem sind die Tore des Palastes verschlossen; alle sieht er als gute Menschen an.  (5) Bei der Wahl seiner Freunde ist er ein ausgezeichneter Richter; wenn einige moralisch das rechte Maß vermissen lassen, so ist er im Ertragen von Fehlern seiner Vertrauten ein unerschütterlicher Freund. 27  (1) Doch Glück verwandelt die Herzen! Wenn es nun unsern Herrscher bis jetzt noch nicht verwandelt hat, wann wird es ihn je verwandeln? Wem wurde je ein göttlicheres Glück zuteil?  (2) Noch vor kurzem haben ihn, als er sich in den zerrütteten Provinzen Galliens befand, seine Todfeinde mit offener Waffengewalt und verdecktem Hinterhalt angegriffen; innerhalb ganz weniger Monate ist er, durch göttliches Geschenk, jetzt Herrscher von Libya, Europa und Asia. Welche noch größeren Gaben können wir denn von Gott erwarten? Welche noch reicheren Geschenke von Fortuna?  (3) Seht, ob er denn, vom Glück emporgetragen, etwas von der Milde und dem maßvollen Wesen seines früheren Lebens verändert hat! Er hat etwas verändert, deutlich verändert, denn er ist noch zuvorkommender geworden und hat so dem Neid auf sein Glück die Bitternis genommen.  (4) Wem hat nicht gerade jener Zeitpunkt einen Beweis für seine gelassene Sinnesart geliefert, als der Staat von der Furcht vor einem schrecklichen Krieg befreit war und wir uns alle in ausgelassenem Jubel emportragen ließen!  (5) Doch obgleich der Kaiser sah, dass die Existenz des Staates durch die Hilfe des Himmels bewahrt worden war, empfand er doch Schmerz über das Los des Menschen und verzieh gnädig die Kränkungen und verhielt sich als ein Bruder; und er ließ den, dessen Waffen, wie er wusste, sein eigenes Leben bekämpft hatten, im Tod auszeichnen und erwies ihm später noch selbst die letzten Ehren. Für sein Gedächtnis wie für sein Vergessen der Bewunderung wert, vergaß er, dass dieser sein Feind war, und bewahrte nur den Gedanken, dass er dessen Erbe war.

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28  (1) Sed quid ego longius indicia mitis et mansuetae mentis accerso? Hic ipse, hic inquam ipse dies praebuit civilis animi satis clara documenta.  (2) Ego et collega meus, ne quid maximus imperator propensius humanitatis studio faceret, verebamur.  (3) Itaque matutino crepusculo palatium petimus. Adventare nos principi forte tum danti operam salutatoribus nuntiatur. Statim e solio tamquam praeceptus exsiluit vultu trepido atque satagente, qualis meus esse potuisset, si principi serus occurrerem.  (4) Aegre remotis populi qui nos praegrediebatur agminibus, ut quam longissime nobis obviam procederet laboravit. Illic gaudentibus cunctis, pro sancta divinitas! quo ore, qua voce ‚Ave‘ inquit, ‚consul amplissime‘. Dignatus osculo oris illius divinis adfatibus consecrati dexteram dedit, illam dexteram, immortale pignus virtutis et fidei.  (5) Poetae ferunt altissimum illum et cuncta potestate cohibentem deum, qui ditione perpetua divina atque humana moderatur, cum despiciat in terras, habitu oris tempestatum incerta mutare, eius nutu mundum tremescere, illius hilaritate turbines abigi, nubes fugari, nitentia per orbem serena diffundi. 29  (1) Hoc ita esse oculis paulo ante licuit experiri. In quantam laxatus est populus te consulibus tuis adridente laetitiam!  (2) Vidimus attonitos admirantium vultus, multiformes laetantium status, varios corporum motus. Clamores inconditos profundebat laudandi effusa libertas. Tripudiabat crebris saltibus multitudo. Nimiae laetitiae decoris sunt et gravitatis immemores. Illa iactatio togarum, illa exsultatio corporum nescientibus paene hominibus excitabatur.  (3) Omnem modestiam populi, omnem verecundiam tui gaudia effrena superaverant. ‚Ave, consul amplissime!‘ Aveo plane, imperator,

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28  (1) Doch wozu bringe ich noch weiterhin Beispiele für sein sanftes, mildes Wesen herbei? Genau dieser Tag, ja eben dieser Tag, so sage ich, hat genug leuchtende Zeugnisse seiner zuvorkommenden Wesensart geboten.  (2) Ich und mein Kollege, wir hatten die Befürchtung, unser höchster Kaiser könne im Eifer seiner Güte ein Zuviel an Bereitwilligkeit an den Tag legen.  (3) Daher begeben wir uns noch in der frühen Morgendämmerung zum Palast. Man meldet unsere Ankunft dem Herrscher, der sich zu diesem Zeitpunkt gerade den Besuchern widmet, die ihm ihre Morgenaufwartung machen. Sogleich sprang er von seinem Thron auf, als sei man ihm zuvorgekommen, mit aufgeregter und bestürzter Miene – so, wie ich selbst hätte aussehen können, wäre ich meinem Herrscher zu spät entgegengeeilt.  (4) Nachdem sich die Heerscharen von Leuten, die uns vorausgingen, nur mit Mühe hatten zurückdrängen lassen, strengte er sich an, uns möglichst weit entgegenzugehen. Da, unter freudigem Beifall aller – heilige Gottheit! Mit welchem Mund, mit welcher Stimme sagte er da: „Ave, hochangesehener Konsul!“ Er würdigte uns des Kusses – von jenem herrlichen Mund, der durch seine Gespräche mit der Gottheit geheiligt war, und er gab uns die Rechte – jene ruhmvolle Rechte, unsterbliches Unterpfand der Vortrefflichkeit und Treue.  (5) Die Dichter sagen, wenn jener höchste Gott, der alles durch seine Macht zusammenhält, der mit ewiger Herrschgewalt alles Göttliche und Menschliche lenkt, auf die Erde niederblicke, so ändere er, je nach dem Ausdruck seines Antlitzes, das unbeständige Wetter, von einem Nicken seines Hauptes erzittere die Welt, von seiner Heiterkeit würden Sturmwinde verjagt, Wolken zerstreuten sich und strahlend klares Licht des Himmels breite sich wieder über dem Erdenrund aus. 29  (1) Dass es sich wirklich so verhält, konnte man kurz zuvor mit eignen Augen erleben: wie sehr ließ das Volk doch seiner großen Freude ungebunden freien Lauf, als du deinen Konsuln dein Lächeln schenktest!  (2) Da sahen wir Gesichter voller Bewunderung, starr vor Staunen, vielerlei Ausdrucksformen in den Haltungen der Menge in ihrer frohen Ausgelassenheit, unterschiedliche Arten der Bewegung ihrer Leiber. Die ungehemmte Freiheit, Lob zu spenden, ließ die Freudenrufe in bunter Regellosigkeit erschallen. Die Menge sprang und tanzte ausgelassen ohne Ende. Gefühle allzu großer Freude achten nicht auf Schicklichkeit und Würde. Die Togen, wie sie da flatterten, die Leiber, wie sie froh umhersprangen – all dies trug sich zu, fast ohne dass die Menschen selbst es überhaupt wahrnahmen.  (3) Zügellose Freude und Jubel hatten jegliche Zurückhaltung des Volkes, jegliche Scheu vor dir besiegt. „Ave, hochangesehener Konsul“: ja, ganz gewiss ‚Ave‘ mir,

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et avebo. Neque enim eventus esse potest optati huius ambiguus, cum is avere me iubeat qui iam fecit ut averem. ‚Consul amplissime.‘ Sum plane et consul et amplissimus consul. Quis enim me fuit amplior consul, quem sublimat et inlustrat consulatus quem tribuisti, amplitudo quam tribuis?  (4) Post primae salutationis fausta conloquia, quid pro iure consulari agere nobis placeat sciscitatur, senatorium impleturus officium, si libeat tribunal petere, si contionem advocare, si rostra conscendere. Sed nos ad curiam sollemnia diei huius senatusconsulta ducebant.  (5) Itaque comitem se statim praebet et utrumque latus consulibus praetextatis tectus incedit, non multum differens a magistratibus suis et genere et colore vestitus. 30  (1) Superfluum forte videatur quae vosmet ipsi vidistis iterare, neque enim auribus expetuntur quae fuerint usurpata luminibus; sed mandanda sunt litteris, inserenda monumentis, mittenda in posteros venturis saeculis vix credenda miracula.  (2) Paene intra ipsas palatinae domus valvas lecticas consulares iussit inferri et, cum honori eius venerationique cedentes sedile illud dignitatis amplissimae recusaremus, suis prope nos manibus impositos mixtus agmini togatorum praeire pedes coepit, gradum moderans paene ad lictoris nutum et viatoris imperium.  (3) Credet hoc aliquis qui illa purpuratorum vidit paulo ante fastidia? – qui ideo tantum honorem in suos ne inhonores contemnerent conferebant. Credet aliquis tanto post veterem illam priscorum temporum libertatem rei publicae redditam? Neque enim ego Luci Bruti et Publi Valeri, qui primi exactis regibus potestate annua civibus praefuerunt, consulatum nostro anteponendum puto.  (4) Uterque bono publico, uterque Romanae rei publicae salutaris, uterque insignis

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mein Kaiser, und auch in Zukunft ‚Ave‘. Denn die Erfüllung dieses Wunsches kann ja nicht mehr zweifelhaft sein, da derjenige gebietet, es mir wohl ergehen zu lassen, der es ja schon zustande gebracht hat, dass es mir wohl ergeht. „Hochangesehener Konsul“: ich bin ja wirklich ‚Konsul‘ und dazu auch ‚hochangesehener Konsul‘. Denn welchen Konsul hat es je gegeben, der höheres Ansehen genoss als ich, den das Konsulat, das du mir verliehen hast, und das Ansehen, das du mir schenkst, erhöht und in hellem Glanz erscheinen lässt?  (4) Nach den ersten Worten der Begrüßung und Beglückwünschung fragt er uns, was wir, entsprechend unserem Recht als Konsuln, jetzt zu tun gedächten, – er, zur Erfüllung seiner Senatorenpflicht bereit: ob es uns beliebe, das Tribunal aufzusuchen oder die Volksversammlung einzuberufen oder die Rednerbühne zu besteigen. Doch die feierlichen Senatsbeschlüsse dieses Tages führten uns zur Kurie hin.  (5) Und so bietet er sich gleich als Begleiter an und schreitet einher, beidseits umrahmt von den Konsuln in ihrer purpurgesäumten Toga, ohne sich dabei in Art und Farbe seiner Kleidung erheblich von seinen Magistraten zu unterscheiden. 30  (1) Es mag vielleicht überflüssig erscheinen, was ihr selbst gesehen habt, nochmals auszusprechen (man verlangt ja nicht danach, mit den Ohren zu vernehmen, was man schon mit den Augen wahrgenommen hat): doch man muss es schriftlich dokumentieren, muss es in die Geschichtswerke aufnehmen und der Nachwelt übermitteln, was für Wunder sich zugetragen haben, die künftigen Jahrhunderten kaum glaublich erscheinen können.  (2) Fast durch die Flügeltüren bis ins Innere des Palastes hinein ließ er die Konsulssänften bringen und, als wir der Ehrerbietung und dem Respekt gegenüber ihm den Vorrang einräumten und also jenen der höchsten Würde vorbehaltenen Sitz zurückwiesen, da setzte er uns fast mit eigner Hand darauf, mischte sich dann unter die Schar der togatragenden Bürger, und begann, zu Fuß voranzugehen, wobei er seine Schritte sozusagen nach dem Wink des Liktors und Befehl des Wegeordners ausrichtete.  (3) Wird das jemand glauben, der kurz zuvor den bekannten Hochmut jener Purpurträger mitangesehen hat, die nur deshalb ihrer Umgebung Ehre zukommen lassen, um nicht Leute verachten zu müssen, die nicht einmal mit Ehren ausgestattet sind? Wird es denn jemand glauben, dass nach so langer Zeit jene alte Freiheit langvergangner Zeiten dem Staat wiedergeschenkt ist? Denn ich glaube nicht, dass das Konsulat des Lucius Brutus und des Publius Valerius, die als erste nach der Vertreibung der Könige mit einjähriger Amtsgewalt an der Spitze der Bürger standen, dem unseren vorzuziehen ist.  (4) Denn jedes der beiden ist für das allgemeine Wohl, jedes für den römischen Staat segensreich, jedes zeichnet sich durch den Beginn glücklicherer Zeiten aus; doch hat ein jedes

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principiis commodorum; sed habet aliquid unusquisque praecipuum. Illi consularem potestatem per populum acceperunt, nos per Iulianum recepimus. Illorum anno libertas orta est, nostro restituta. 31  (1) Sed sint, sanctissime imperator, ea quae tu iuste moderate civiliter facis aliis forte miraculo; mihi esse non possunt, qui te omnibus humanis vitiis absolutum et liberum sciam solo immortalitatis amore flagrare, derigere omnes opes et cogitationes tuas ad memoriam posteritatis aeternam, atque his maxime servire iudicibus qui de rebus gestis tuis sine odio et gratia venturis saeculis iudicabunt.  (2) Non potest quicquam abiectum et humile cogitare, qui scit de se semper loquendum.  (3) Nunc, si tibi, imperator, parum ampla nec respondente meritis tuis oratione usus videbor, quaeso obtestorque ne meae id naturae potius quam magnitudini beneficiorum tuorum putes esse tribuendum.  (4) Nemo, nemo usquam post homines natos ampliora praemia a regibus atque imperatoribus consecutus est, nulli plus oneris impositum.  (5) Non abnuam praefecturas et consulatus multis esse delatos, sed iis post emensos labores honos quasi debitus restitutus est; mihi, cum iam honorem adeptus sim, nunc demum ut meruerim laborandum est. Versa ratione temporum, permutata munerum vice, modo enitendum est ut praemio dignus existimer, cum iam praemium ceperim.  (6) O mihi festinae benivolentiae tuae gravissimum pondus! Vereor ut aperte exprimere difficultatum mearum ordinem valeam. Facilius est, imperator, bonis artibus mereri consulem fieri quam industria et labore perficere ut videaris meruisse, cum factus sis. 32  (1) Absit, Auguste, et istud sancta divinitas omen avertat, ut tu a quoquam mortalium exspectes vicem beneficii! Verumtamen (quod solum vel accipere potest ista fortuna vel a nobis opibus tuis tribui) immortalitatem munerum

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auch für sich allein einen besonderen Vorzug: jene haben die konsularische Amtsgewalt durch das Volk erhalten, wir haben sie von Julian empfangen. In ihrem Amtsjahr ist die Freiheit geboren, in unserem zu neuem Leben erweckt worden. 31  (1) Doch mag all das, heiligster Kaiser, was du gerecht, maßvoll und wohlgesonnen vollbringst, für andere vielleicht ein Wunder sein; für mich kann es das nicht sein, der ich ja weiß, dass du, losgelöst und frei von allen Fehlern der Menschen, allein von glühender Sehnsucht nach Unsterblichkeit ergriffen bist; dass du all deine Macht und all dein Denken auf das ewige Andenken bei der Nachwelt richtest, und dass du dich vorzugsweise solchen Richtern unterwerfen willst, die in künftigen Jahrhunderten ohne Hass und Gunst über deine Taten urteilen werden.  (2) Nichts Niedriges und Gemeines kann Gegenstand des Denkens für denjenigen sein, der weiß, dass immer über ihn zu sprechen sein wird.  (3) Wenn es dir Kaiser, nun scheint, ich hätte eine Rede vorgetragen, die Größe vermissen lässt und deinen Verdiensten nicht gerecht wird, so bitte und beschwöre ich dich, dies dahingehend zu bewerten, dass es nicht so sehr meiner Natur zuzuschreiben ist als der Großartigkeit deiner Gunsterweise!  (4) Niemand, niemand hat je seit der Entstehung des Menschengeschlechtes höhere Auszeichnungen von Königen und Kaisern erlangt, keinem ist je größere Last auferlegt worden.  (5) Ich will nicht in Abrede stellen, dass Präfekturen und Konsulate schon vielen übertragen worden sind; doch wurde ihnen dies sozusagen als schuldige Anerkennung zuerkannt für einen langen Weg voller Mühen, den sie zuvor zurückzulegen hatten. Da ich die Ehre bereits empfangen habe, muss ich mich erst jetzt anstrengen, sie überhaupt verdient zu haben. Umgekehrt ist die zeitliche Reihenfolge, vertauscht die Abfolge der Leistungen; und so muss ich mich jetzt erst anstrengen, solcher Belohnung auch für würdig gehalten zu werden, da ich die Belohnung ja bereits erhalten habe.  (6) O ungeheuer große Last, die mir durch dein so eilig bekundetes Wohlwollen auferlegt ist! Ich fürchte, ich bin nicht imstande, dir die Reihe der mich erwartenden Schwierigkeiten deutlich darzulegen. Es ist leichter, Kaiser, sich durch Tüchtigkeit das Verdienst zu erwerben, Konsul zu werden, als durch Einsatz und Anstrengung zu erreichen, dass man es verdient zu haben scheint, wenn man bereits Konsul ist. 32  (1) Es sei ferne, Augustus (und die heilige Gottheit möge solches Wort fernhalten!), dass du von irgendeinem Sterblichen die Vergeltung einer Gunst, die du erwiesen hast, erwarten solltest! Aber trotzdem will ich – und das ist das Einzige, was dein so glückliches Geschick noch dazubekommen kann oder was wir deiner Macht noch hinzufügen können – ich will also deinen

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tuorum colam officiis sempiternis.  (2) Omne negotium, omne otium meum in ornandis rebus tuis celebrandisque ponetur; neque solum a vivente me ac vigente grati animi benivolentia declarabitur, sed etiam cum me anima defecerit monumenta tui in me beneficii permanebunt.  (3) In referenda autem gratia, sanctissime imperator, hoc tibi polliceor semperque praestabo, mihi neque in suggerendis consiliis veritatem neque in adeundis, si res poposcerit, periculis animum neque in sententia simpliciter ferenda fidem neque in hominum voluntatibus pro re publica teque laedendis libertatem neque in laboribus perferendis industriam neque in augendis imperii tui commodis grati animi benivolentiam defuturam, idque omni vitae meae tempore summis opibus enisurum elaboraturum effecturum ut honores in me tui non, quia necesse fuerit, ad quemcumque delati, sed, quia ita oportuerit, recte positi et ratione conlocati esse videantur.

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unvergänglichen Geschenken mit immerwährend treuer Pflichterfüllung huldigen.  (2) All meine Arbeit, all meine Zeit der Muße soll dafür verwendet sein, deine Taten zu preisen und zu feiern. Und nicht nur, solange ich lebe und bei Kräften bin, werde ich dir die Zuneigung eines dankbaren Herzens bekunden, sondern auch dann, wenn der Lebensatem mich einmal verlassen hat, werden die Denkmäler deiner mir bewiesenen Gnade weiter bestehen.  (3) Mit der Abstattung meines Dankes, heiligster Kaiser, gebe ich dir aber dieses Versprechen und werde es immer einhalten: es soll mir weder, wenn ich Rat zu erteilen habe, an Aufrichtigkeit fehlen; noch an Mut, Gefahren anzugehen, wenn die Lage es erfordert; nicht an Treue, wenn ich ungekünstelt meine Meinung zu sagen habe; nicht an Unerschrockenheit, wenn ich im Interesse des Staates und für dich Bestrebungen der Menschen verletzen muss; nicht an Einsatz, wenn es gilt, Mühe und Anstrengung auf mich zu nehmen; schließlich nicht an der Gewogenheit eines dankbaren Herzens, wenn das Glück deiner Herrschaft zu mehren ist: und mein ganzes Leben lang will ich mit höchster Kraft danach streben, mich anstrengen und es zu erreichen suchen, dass der Eindruck entsteht, die Ehren, die du mir hast zuteil werden lassen, seien nicht, weil es gerade unumgänglich gewesen sei, auf einen Erstbesten übertragen worden, sondern sie seien, weil es so angemessen und vernünftig gewesen sei, richtig verteilt und mit Überlegung verliehen worden.

PANEGYRICUS II (XII) PANEGYRICUS LATINI PACATI DREPANI DICTUS THEODOSIO 1  (1) Si quis umquam fuit, imperator Auguste, qui te praesente dicturus iure trepidaverit, eum profecto me esse et ipse sentio et his qui consilium tuum participant videri posse video.  (2) Nam cum te semper ultra omnes retro principes laudari oportuerit, nunc porro ultra quam alias praedicatus es in ea urbe conveniat dicendo celebrari, cuius et libertatem armatus adseruisti et auxisti dignitatem togatus, quo tandem modo consequi maiestatem utriusque vestrum oratione mea potero hoc praecipue in tempore, quo ita mutuo ambo crevistis, ut nec tu fueris adhuc maior nec illa felicior?  (3) Huc accedit auditor senatus, cui cum difficile sit pro amore quo in te praeditus est de te satis fieri, tum difficilius pro ingenita atque hereditaria orandi facultate non esse fastidio rudem hunc et incultum Transalpini sermonis horrorem, praesertim cum absurdae sinistraeque iactantiae possit videri his ostentare facundiam, quam de eorum fonte manantem in nostros usque usus derivatio sera traduxit.  (4) Quibus equidem cogitatis adeo sollicitor ut non eos tantum hodie arbitrer interesse quos cerno, sed adsistere obversarique dicturo Catones ipsos et Tullios et Hortensios omnesque illos oratores putem qui me in posteris suis audiunt.  (5) Ita multiplici circumventus metu, quasi parum habeam timere quod video, quod timeam. 2  (1) Quid ergo? Novusne me pavor et inopina trepidatio in ipso dicendi tempore deprehendit? Mihi vero hi omnes quibus altrinsecus iactor aestus diu ante meditati longeque prospecti sunt; sed cum admiratione virtutum tuarum ab ultimo Galliarum recessu, qua litus Oceani cadentem excipit solem

PANEGYRICUS DES JAHRES 389 PANEGYRICUS DES LATINUS PACATUS DREPA­ NIUS ZU EHREN DES THEODOSIUS 1  (1) Wenn es je, Imperator Augustus, einen Menschen gegeben hat, der, da er in deiner Gegenwart das Wort ergreifen sollte, zu Recht von unruhiger Sorge erfüllt war, so handelt es sich hierbei wahrhaftig um mich: so empfinde ich es selber und sehe, dass es so auch für die Mitglieder deines Rates hier aussehen kann.  (2) Denn da es ja immer angemessen war, dich über alle Herrscher der Vergangenheit hinaus zu loben, da es ferner heute passend ist, dich über das Lob hinaus, das du andernorts erhalten hast, mit einer Rede in dieser Stadt zu feiern, der du in Kriegswaffen die Freiheit verschafft und deren Ansehen du in der Friedenstoga gemehrt hast: wie also werde ich da imstande sein, euer beider Majestät in meiner Rede gerecht zu werden, zumal zum jetzigen Zeitpunkt, da ihr, jeder auf seiner Seite, beide zugleich so gewachsen seid, dass du niemals größer, sie (die Stadt) niemals glücklicher gewesen ist?  (3) Hinzu kommt, dass der Senat mein Zuhörer ist: denn wenn es schon schwierig ist, ihm entsprechend seiner Liebe, die er zu dir hegt, gerecht zu werden, was deine Person angeht, so ist es noch schwieriger, ihm in Anbetracht seiner angeborenen und ererbten Begabung zur Rede mit dem kunstlosen, rohen Grauen meiner transalpinen Redeweise keinen Widerwillen zu bereiten; und dies besonders, da es den Anschein unsinniger und schlimmer Überheblichkeit erwecken mag, diesen Männern hier eine Kunst der Rede vorzuführen, die bei ihnen ihren Ursprung genommen hat und die erst in später Abzweigung zu uns gelangt ist und uns ihre Anwendung ermöglicht hat.  (4) Über diese Betrachtungen gerate ich also dermaßen in Beunruhigung, dass ich nicht nur diejenigen heute für anwesend erachte, die ich hier sehe, sondern glaube, Leute wie Cato persönlich, wie Tullius und Hortensius sowie all jene Redner, die mich in ihren Nachfahren anhören, stünden hier und wendeten sich mir zu, da ich nun reden soll.  (5) So ringsum bedrängt von Furcht in vielfältiger Gestalt, und als ob es denn zu wenig wäre, das zu fürchten, was ich sehe, sehe ich, was ich noch weiter fürchten kann. 2  (1) Wie nun? Furcht neuer Art und unerwartete Besorgnis packen mich genau im Augenblick der Rede? Ich habe in der Tat all diese Besorgnisse, von denen ich hin und her getrieben werde, schon lange zuvor bedacht und von weiter Ferne her vorausgesehen. Doch da ich aus Bewunderung für deine Tatkraft und Trefflichkeit aus der entferntesten Region der gallischen Provinzen herbeigeeilt war – dort, wo das Gestade des Ozeans die sinkende Sonne

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et deficientibus terris sociale miscetur elementum, ad contuen­dum te ad­ orandumque properassem, ut bona quae auribus ceperam etiam visu usurparem, timui (fateor) pii laboris officium impia taciturnitate corrumpere.  (2) Ita dum obsequio interpretor impudentiam, dum in eundem hominem non puto convenire gaudium et silentium, duas res diversissimas iunxi metum et temeritatem. Quin et illud me impulit ad dicendum quod ut dicerem nullus adigebat; non enim iam coacta laudatio et expressae metu voces periculum silentii redimunt.  (3) Fuerit abieritque tristis illa facundiae ancillantis necessitas, cum trucem dominum auras omnes plausuum publicorum ventosa popularitate captantem mendax adsentatio titillabat, cum gratis agebant dolentes et tyrannum non praedicasse tyrannidis accusatio vocabatur.  (4) Nunc par dicendi tacendique libertas, et quam promptum laudare principem, tam tutum siluisse de principe. Libet igitur redditam postliminio securitatem loquendo experiri; libet, inquam, quia neminem magis laudari imperatorem decet quam quem minus necesse est. 3  (1) Det igitur mihi sermonis huius auspicium ille felicitatis publicae auspex dies qui te primus inauguravit imperio.  (2) Nam ut divinis rebus operantes in eam caeli plagam ora convertimus a qua lucis exordium est, sic ego vota verborum quae olim nuncupaveram soluturus id oratione mea tempus adspiciam, quo Romana lux coepit.  (3) Iacebat innumerabilibus malis aegra vel potius dixerim exanimata res publica, barbaris nationibus Romano nomini velut quodam diluvio superfusis.  (4) Sed parcam replicare causas et placatum ulcus offendere. Nam cum per se vivax sit recordatio calamitatum, tum mihi metus hanc gaudiorum praesentium lucem tristium commemoratione fuscare.  (5) Faciam ergo quod facere praestantes scientia medicos saepe vidi:

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in Empfang nimmt, wo das Land endet und das ihm verbundene Element sich mit ihm vereint –, mit dem Ziel, dich zu schauen und dir meine Verehrung zu erweisen, um all das Gute, von dem ich durch Erzählung schon vernommen hatte, auch mit eigenen Augen zu erfassen: da hat mich Furcht ergriffen, ich gestehe es, durch pflichtvergessene Stummheit die Erfüllung einer frommen Pflicht zunichte zu machen.  (2) So habe ich, indem ich meine Dreistigkeit als Ergebenheitsbekundung auslege und damit, dass ich es nicht für denkbar halte, dass bei ein und demselben Menschen Freude des Herzens und Stillschweigen zueinander passen, zwei ganz verschiedene Dinge miteinander verknüpft: Furcht und Verwegenheit. Ja, was mich gerade zum Reden veranlasst hat, war, dass mich niemand zu einer Rede gedrängt hat. Denn die Lobrede ist nicht mehr erzwungen, und nicht mehr haben Worte, die der Furcht abgenötigt sind, die Gefahr des Schweigens abzuwenden.  (3) Sie sei Vergangenheit und fern von uns, jene traurige Notwendigkeit sklavischer Redekunst, als lügnerische Liebedienerei einem schrecklichen Herrn Ohrenkitzel schuf, der, in eitler Sucht, dem Volk zu gefallen, jedem Hauch von öffentlichem Beifall nachjagte, da man im Schmerz noch Dankbarkeit bekundete und den Tyrannen nicht zu rühmen als Kritik an der Tyrannis galt.  (4) Jetzt steht es gleichermaßen frei, zu reden wie zu schweigen, und ebenso, wie es leicht möglich ist, dem Herrscher Lob zu spenden, ist es auch gefahrlos, über den Herrscher Stillschweigen zu bewahren. Also gefällt es mir, die nach dem Heimkehrrecht wiedergeschenkte Sicherheit in einer Rede zu erproben, es gefällt mir, sage ich, da keinem Kaiser mehr Lob gebührt als dem, bei welchem es weniger aus Zwang geschieht. 3  (1) Den Anfang meiner Rede heute schenke mir also jener verheißungsvolle Tag des allgemeinen Glücks, der erste, der den Anfang deiner Herrschaft begründet hat.  (2) Denn wie wir bei der Durchführung heiliger Handlungen das Angesicht jener Region des Himmels zuwenden, wo das Licht seinen Anfang nimmt, so will ich, im Begriff, das Gelöbnis meiner Worte, wie ich es einstmals abgelegt, nun einzulösen, in meiner Rede auf jene Zeit mein Augenmerk richten, da das Licht Roms seinen Anfang nahm.  (3) Das Staatswesen lag danieder, krankend an Leiden ohne Zahl, oder ich sollte eher sagen: davon entseelt, da sich Barbarenvölker wie in einer Sintflut über den Namen Roms ergossen hatten.  (4) Doch will ich mich hüten, Gründe aufzurollen und eine Wunde anzutasten, die bereits zur Ruhe gekommen ist. Denn wenn die Erinnerung an unglückliche Geschehnisse schon von sich aus lebhaft ist, so erfüllt mich besonders die Furcht, dieses Licht freudiger Gefühle der Gegenwart durch die Erwähnung trauriger Ereignisse zu verdunkeln.  (5) Ich werde also das tun, was ich oft schon Ärzte tun sah, die in ihrer Wissenschaft aus-

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altorum vulnerum cicatrices, postquam cutem sanitate duxerunt, manu pendente tractabo, per sententias isse et singulos universosque rogitasse contentus, an, cum inter omnes liqueret fessis rebus medendum tali aliquo viro publicis gubernaculis admovendo, qui imperatoris unius tueretur aetatem alterius iuvaret laborem, potuerimus huiusmodi principem vel optare. In integro itaque rem totam esse faciamus, et in quodam orbis terrarum comitio quaeri putemus, quisnam sit ille qui debeat tantam molem subire et nutantia Romanae rei fata suscipere.  (6) Nonne is omnium suffragiis hominum tributim centuriatimque legeretur, cui felix patria cui domus clara cui forma divina cui aetas integra cui militarium civiliumque rerum usus contigisset? 4  (1) Cuncta igitur a capite proposito ordine persequamur: iam profecto constabit eum principem declaratum qui et ab omnibus legi debuerit et ex omnibus.  (2) Nam primum tibi mater Hispania est, terris omnibus terra felicior, cui excolendae atque adeo ditandae impensius quam ceteris gentibus supremus ille rerum fabricator indulsit; (3) quae nec austrinis obnoxia aestibus nec arctois subiecta frigoribus media fovetur axis utriusque temperie; quae hinc Pyrenaei montibus, illinc Oceani aestibus, inde Tyrrheni maris litoribus coronata naturae sollertis ingenio velut alter orbis includitur.  (4) Adde tot egregias civitates, adde culta incultaque omnia vel fructibus plena vel gregibus, adde auriferorum opes fluminum, adde radiantium metalla gemmarum. Scio fabulas poetarum auribus mulcendis repertas aliqua nonnullis gentibus attribuisse miracula; quae, ut sint vera, sunt singula, – nec iam excutio veritatem: sint, ut scribitur, Gargara proventu laeta triticeo, Mevania memoretur armento, Campania censeatur monte Gaurano,

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gezeichnet sind: die Narben tiefer Wunden werde ich mit behutsamer Hand berühren, nachdem sie im Prozess der Heilung eine zarte Haut gebildet haben; und ich will es zufrieden sein, Meinungen zu erkunden und den Einzelnen wie die Gesamtheit zu befragen, ob, als es für alle Welt feststand, es müsse der Erschöpfung des Staates Abhilfe verschafft werden, indem man einen Mann zur Leitung der Staatsgeschäfte heranziehe, der imstande sei, das jugendliche Alter des einen Kaisers zu beschützen und die Tätigkeit des anderen zu unterstützen, – ob wir uns also damals einen Herrscher solcher Art auch nur wünschen konnten! Nehmen wir also an, die Frage sei noch ganz und gar unerörtert, und stellen wir uns vor, man befinde sich in einer Art Weltversammlung auf der Suche, wer denn derjenige sei, der solch gewaltige Last auf sich laden und die wankenden Geschicke der Macht Roms auf sich nehmen solle.  (6) Würde man nicht mit einhelliger Stimme in den Tribus und Komitien denjenigen auswählen, dem (vom Geschick) ein glückliches Land der Geburt, dem eine ruhmvolle Familie, dem eine göttlich schöne Gestalt, dem ein tatkräftig blühendes Alter und dem praktische Erfahrung in militärischen und zivilen Unternehmungen gegeben wären? 4  (1) Wir wollen also alle Punkte von Anfang an in der vorgesehenen Reihenfolge ausführen; bereits jetzt wird es mit Sicherheit als ausgemachte Tatsache feststehen, dass derjenige als Herrscher ausgerufen ist, der dazu bestimmt war, von allen und aus allen ausgewählt zu werden.  (2) Denn erstens ist Spanien deine Mutter – ein Land, das vom Glück mehr gesegnet ist als alle Länder sonst, für dessen Ausstattung, ja sogar Reichtum jener höchste Schöpfer der Dinge großzügiger gesorgt hat als bei anderen Völkern.  (3) Dieses Land erfreut sich, da es weder der Sonnenglut des Südens ausgesetzt noch der Winterkälte des Nordens unterworfen ist, der Gunst eines milden Klimas in der Mitte zwischen beiden Polen; es ist auf der einen Seite von den Bergen der Pyrenäen, auf der anderen von den Fluten des Ozeans, auf einer weiteren von den Gestaden des tyrrhenischen Meeres umkränzt und so durch die Schöpfergabe einer kunstreichen Natur gleichsam als ein zweiter Erdkreis umschlossen.  (4) Füge hinzu die Vielzahl hervorragender Städte, füge hinzu alles bebaute und unbebaute Land, voll von Erträgen der Ernten oder von Herden, füge hinzu die Schätze goldführender Flüsse, füge hinzu die Abbaustätten glänzender Edelsteine. Ich kenne die Geschichten der Dichter, die, ersonnen, das Ohr zu erfreuen, einigen Völkern mancherlei Wunder zugeschrieben haben; selbst wenn sie wahr sind, sind sie nur Einzelphänomene; ihren Wahrheitsgehalt untersuche ich jetzt nicht; mag also, wie man schreibt, Gargara gesegnet sein mit seiner Weizenernte, mag Mevania seiner Rinderherden wegen Erwähnung finden, Kampanien wegen des Mons Gau-

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Lydia praedicetur amne Pactolo, – dum Hispaniae uni quidquid ubique laudatur adsurgat.  (5) Haec durissimos milites, haec experientissimos duces, haec facundissimos oratores, haec clarissimos vates parit, haec iudicum mater, haec principum est. Haec Traianum illum, haec deinceps Hadrianum misit imperio; huic te debet imperium. Cedat his terris terra Cretensis parvi Iovis gloriata cunabulis et geminis Delos reptata numinibus et alumno Hercule nobiles Thebae. Fidem constare nescimus auditis; deum dedit Hispania quem videmus. 5  (1) Erat iustae compensationis occasio, ut qui de patriae tuae laudibus pauca dixissem, patris saltem virtutibus praedicandis prolixius immorarer. Sed quid faciam? Novam quandam patior ex copia difficultatem.  (2) Quid, inquam, faciam? Quae Rhenus aut Vachalis vidit adgrediar? Iam se mihi Sarmatica caede sanguineus Hister obiciet. Attritam pedestribus proeliis Britanniam referam? Saxo consumptus bellis navalibus offeretur. Redactum ad paludes suas Scotum loquar? Compulsus in solitudines avias omnis Alamannus et uterque Maurus occurrent.  (3) Cum igitur impediat turba dilectum, ad hoc tanti viri gesta praestet in summam referre quam enumerando tenuare, dixisse sufficiat unum illum divinitus exstitisse, in quo virtutes simul omnes vigerent quae singulae in omnibus praedicantur.  (4) An si eius saeculo mos ille vixisset, quo Romani duces Macedonici Cretici Numantini de vocabulis gentium subactarum adoptivum insigne sumebant, nonne hodie pauciora in annalium scriniis quam in vestrae domus titulis cognomenta legerentur? – cum ipse Saxonicus, ipse Sarmaticus, ipse Alamannicus diceretur et, quantum tota res publica habet hostium, tantum una familia ostenderet et triumphorum.

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rus geschätzt und Lydien wegen seines Paktolusflusses gepriesen werden, – vorausgesetzt, all das, was überall auf der Welt Lob erfährt, erweist Spanien allein seine ganze Reverenz.  (5) Diese Erde ist es, die die ausdauerndsten Soldaten, die erfahrensten Feldherrn, die fähigsten Redner, die berühmtesten Dichter hervorbringt, sie ist die Mutter der Herren des Rechts wie auch der Herrscher. Sie ist es, die den berühmten Trajan und danach Hadrian dem Imperium geschenkt hat: ihr hat das Imperium dich zu verdanken. Vor dieser Erde soll die Erde Kretas zurücktreten, die stolz auf die Wiege des kleinen Iuppiter war, und Delos, wo die göttlichen Zwillinge erste Krabbelwege erprobten, und Theben, das durch seinen Zögling Herkules berühmt war. Wir wissen nichts von sicherer Verbürgtheit dessen, was wir da gehört haben: doch Spanien hat uns einen Gott geschenkt, den wir sehen können. 5  (1) Es wäre hier ein günstiger Zeitpunkt für eine angemessene Gegenüberstellung zum Ausgleich, jetzt, da ich zum Lob deines Vaterlandes einiges gesagt habe, wenigstens beim Preis der trefflichen Taten deines Vaters etwas ausführlicher zu verweilen. Doch was soll ich tun? Dank ihrer Fülle sehe ich mich einer Schwierigkeit neuer Art ausgesetzt!  (2) Was, sage ich, soll ich nun tun? Wende ich mich den Taten zu, die Rhein und Waal gesehen haben? Schon wird sich mir, blutströmend vom Gemetzel an den Sarmaten, der Hister entgegenstellen. Soll ich berichten, wie Britannien in den Käm­pfen der Fußtruppen zerrieben wurde? Der Sachse wird mir da entgegentreten, der in den Kriegen zur See vernichtet wurde. Soll ich sprechen vom Schotten, der zum Rückzug in seine Sumpfregionen gezwungen wurde? Es werden mir die Völker der ganzen Alamannen in den Sinn kommen, und auch die der Mauren beider Länder, wie sie in unwegsame Einöden verjagt wurden.  (3) Da diese Fülle also einer Auswahl im Wege steht und da es zudem besser ist, die Taten eines so bedeutenden Mannes in ihrer Gesamtheit anzuführen als sie durch eine Aufzählung zu schmälern, soll es genügen, zu sagen, dass es, in göttlicher Fügung, allein jenen Einen gegeben hat, bei dem sich alle Tugenden zugleich in voller Blüte zeigten, die man bei allen anderen nur einzeln rühmt.  (4) Oder wenn im Zeitalter dieses Mannes noch jener Brauch bestanden hätte, dass römische Befehlshaber sich als Macedonici, als Cretici, als Numantini von den Namen der unterworfenen Völker abgeleitet Ehrenbezeichnungen geben ließen: wäre da nicht heutzutage eine geringere Zahl von Beinamen in den Archiven der Geschichtsaufzeichnungen zu lesen als in den Ehrentiteln eures Hauses? Da würde ja er selbst Saxonicus, Sarmaticus und Alamannicus genannt, und, wie viele Feinde der gesamte Staat hat, auch ebenso viele Triumphe würde eine einzige Familie vorweisen.

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6  (1) Sed quid necesse est mitti in praeteritum diligentiam curiosam? Patrem, imperator, tuum de te aestimemus. Nec difficilis coniectatio est; nam cum duo sint quae claros duces faciant, summa virtus summaque felicitas, scire obvium est qua praeditus fuerit felicitate: te genuit!  (2) O digna imperatore nobilitas, eius esse filium principem qui princeps esse debuerit, qui hunc Romani fastigii apicem non solum fortitudine atque sapientia sed decore etiam corporis et dignitate potuerit aequare! – velut tua haec forma venerabilis quam fortunae suae par est, quam longe lateque conspicua commendat imperium, ut plane in ambiguo sit utrumne te magis nostris mentibus virtus an obtutibus vultus insinuet!  (3) Non frustra plane opinione sapientium, qui naturalium momenta causarum subtilius sciscitati arcanis caelestibus nobiles curas intulerunt, augustissima quaeque species plurimum creditur trahere de caelo. Sive enim divinus ille animus venturus in corpus dignum prius metatur hospitium, sive cum venerit pro habitu suo fingit habitaculum, sive aliud ex altero crescit et cum se paria iunxerunt utraque maiora sunt, parcam arcanum caeleste rimari.  (4) Tibi istud soli pateat, imperator, cum deo consorte secretum; illud dicam quod intellexisse hominem et dixisse fas est: talem esse debere qui gentibus adoratur, cui toto orbe terrarum privata vel publica vota redduntur, a quo petit navigaturus serenum peregrinaturus reditum pugnaturus auspicium. 7  (1) Dudum, ut video, dedignaris hanc gloriam; sed patere ea in laudum tuarum parte constitui, quae solebant in aliis sola laudari. Virtus tua meruit imperium, sed virtuti addidit forma suffragium; illa praestitit ut oporteret te principem fieri, haec ut deceret.  (2) An vero quidquam putamus in imperii tui

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6  (1) Doch wozu ist es nötig, seine Aufmerksamkeit so sorgfältig der Vergangenheit zuzuwenden? Deinen Vater, Kaiser, wollen wir nach dir bemessen; es ist ja nicht schwierig, daraus seine Folgerung zu ziehen. Da es zwei Dinge gibt, die glänzende Befehlshaber hervorbringen, größte Tapferkeit und größtes Glück, ist es ja leicht zu verstehen, was für ein Glück ihn privilegiert hat: er hat dich gezeugt.  (2) Welch ein Adelstitel, würdig eines Kaisers: dass der Herrscher der Sohn desjenigen ist, der selbst Herrscher hätte sein sollen; der ja diesen höchsten Gipfel römischer Macht nicht nur dank seiner Tapferkeit und Weisheit, sondern auch aufgrund der Schönheit seines Körpers und seiner Haltung hätte erlangen können! So, wie hier deine verehrungswürdig schöne Gestalt – wie ganz entspricht sie doch dem Rang ihres Glückes! Wie zieht sie weit im Umkreis alle Blicke auf sich und ist Empfehlung für die kaiserliche Herrschaft! So ist es denn ganz unentschieden, ob dir eher deine Tapferkeit das Wohlwollen unserer Herzen schafft oder dein Antlitz das unserer Blicke.  (3) Nicht ohne Grund gilt ganz gewiss nach Ansicht der Weisen, die bei ihren so gründlichen Forschungen nach der Bedeutung der Gründe der Natur ihre vornehme Sorge auf die Geheimnisse des Himmels gerichtet haben, dass gerade die edelste Gestalt ihren größten Anteil vom Himmel herleitet. Denn sei es, dass jener göttliche Geist, im Begriff, in einen Körper einzutreten, sich zuvor einen würdigen Ort des Aufenthaltes absteckt; sei es, dass er nach seiner Ankunft sich seine Wohnstatt der eigenen Gestalt entsprechend bildet; sei es, dass der eine (~ der Körper) vom anderen her Zuwachs erfährt und sie dann, sind sie als Paar in gleichem Rang verbunden, beide größer sind: ich werde mich hüten, dieses himmlische Geheimnis auszuforschen.  (4) Dieses Geheimnis soll allein dir, Kaiser, zusammen mit dem Gott, der deinem Schicksal als Begleiter verbunden ist, enthüllt sein. Ich werde das sagen, was zu erkennen und auszusprechen einem Menschen gestattet ist: solch ein Mann muss derjenige sein, der von den Völkern andächtig verehrt wird, an den auf dem gesamten Erdkreis Gelübde und Gebet, privat oder von Staats wegen, gerichtet werden, den man vor Antritt einer Seefahrt um einen heiteren Himmel bittet, vor einer Reise zu Land um die Rückkehr und vor dem Kampf um ein günstiges Auspizium. 7  (1) Seit langem, wie ich sehe, weist du solchen Ruhm zurück; gestatte mir jedoch, nur als einen Teil deines Lobes das anzuführen, was bei anderen für gewöhnlich als Einziges gepriesen wurde. Deine Tüchtigkeit hat die Herrschaft verdient, doch der Tüchtigkeit hat auch die Schönheit ihre Stimme hinzugefügt. Jene hat bewirkt, dass es für dich angemessen war, Herrscher zu werden, diese, dass es dir wohl anstand.  (2) Oder glauben wir gar, dass irgendetwas bei der öffentlichen Bekanntmachung deiner Kaiserwürde über-

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declaratione praeteritum, cum ductam esse rationem ipsorum etiam vide­ amus annorum? – cuius quidem rei tanta fuit cura maioribus, ut non solum in amplissimis magistratibus adipiscendis sed in praeturis quoque aut aedilitatibus capessendis aetas spectata sit petitorum, nec quisquam tantum valuerit nobilitate vel gratia vel pecunia qui annos comitiali lege praescriptos festinatis honoribus occuparit.  (3) Nec iniuria id quidem; nam et qui venturi sunt in virtutis adoptionem, illo tamen adulescentiae lubrico, ut non cadant, titubant.  (4) An non clarissimos nominis Romani viros (Sullas Catulos Scipiones loquor) aliquantisper sibi luxuria vindicavit? – quos etsi ad portum mutati in melius flatus revexerint, diu tamen vitiorum turbo iactavit, et naufragos atque fluitantes ab illis quibus mersabantur erroribus aegre aetas recepit.  (5) Bene igitur cuncta quadrarunt, et ceteris quae innumera congruebant anni quoque suum iunxere suffragium, qui soli in homine perfecti bono duarum potiuntur aetatum, virtute iuvenum et maturitate seniorum.  (6) Prius fortasse imperium inire debueras, ut diutius imperares; sed sine exempli periculo providebitur ne quid amiseris: vita longiore pensandum, quod ex praeterito perdidisti. Parum interest quando coeperit quod terminum non habebit. 8  (1) Hactenus in te praedicata sint, imperator, dona Fatorum; nunc ad ea proferamus gradum quae tibi debes. Neque enim tua illa praeterita bellicae rei gloria, quam per tot laborum experimenta quaesisti, adscribenda Fortunae est; (2) cui hoc nomine etiam suscenseri potest, quod quem sceptro et solio destinaverat numquam indulgenter habuit, sed ut severi patres his quos plus diligunt filiis tristiores sunt, ita illa te plurimis bellis et difficillimis rei publicae temporibus exercuit, dum aptat imperio.  (3) Et prius quidem quam ad illa venio quae aevi maturus egisti, summatim tuum illud attingam

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gangen worden ist, da wir doch sehen, dass sogar deine Jahre Berücksichtigung fanden? Gerade hierauf haben unsere Vorfahren soviel Aufmerksamkeit verwendet, dass nicht nur bei der Gewinnung bedeutendster öffentlicher Ämter, sondern auch bei der Übernahme des Prätoren- und Ädilenamtes auf das Alter der Bewerber geachtet wurde und dass niemand allein aufgrund seiner vornehmen Abkunft, seines Einflusses oder Vermögens soviel Geltung besaß, dass er die vom Wahlgesetz vorgeschriebenen Jahre durch beschleunigten Zugriff auf die Ehrenämter verfrüht in Anspruch nahm.  (3) Und dies geschah ja nicht zu Unrecht: denn selbst diejenigen, die künftig im Kreis der Tüchtigkeit Aufnahme finden sollen, geraten dennoch auf jenem unsicheren Boden jugendlichen Alters, wenn sie auch nicht zu Fall kommen, ins Schwanken.  (4) Oder hat nicht üppige Genusssucht die ruhmreichsten Träger des römischen Namens (ich rede von Leuten wie Sulla, Catulus und Scipio) eine Zeitlang in ihren Bann geschlagen? Mag auch das Wehen der Winde wieder günstiger geworden sein und sie zum Hafen zurückgebracht haben, so hat sie doch der Wirbelsturm ihrer Leidenschaften lange Zeit umhergeworfen, und nur mit Mühe hat das Alter sie, schiffbrüchig, in den Wellen treibend, aus jenen Verirrungen, in denen sie versunken waren, wieder gerettet.  (5) Alles hat sich also trefflich zueinander gefügt, und zu all dem anderen, was, an Zahl unendlich, sich in dir vereinte, haben auch deine Jahre ihre Stimme hinzugetan, Jahre, die alleine beim Menschen in ihrer Vollendung den Vorzug zweier Lebensalter haben: die Tapferkeit der Jugend und die Reife des Alters.  (6) Du hättest die Herrschaft vielleicht früher antreten sollen, um länger zu regieren. Doch ohne das Risiko eines exemplarischen Falls wird dafür gesorgt sein, dass dir nichts verloren geht: durch ein längeres Leben ist Ausgleich zu schaffen für das, was du von der Vergangenheit eingebüßt hast. Es ist von geringer Bedeutung, wann etwas seinen Anfang nahm, das niemals enden wird. 8  (1) Bis hierher seien, was dich betrifft, o Kaiser, die Gaben des Geschicks an dich gerühmt. Jetzt wollen wir weitergehen zu den Vorzügen, die du dir selbst verdankst. Denn jener frühere Kriegsruhm, den du dir mit so zahlreich erbrachten Beweisen von Taten voller Mühen erworben hast, ist nicht Fortuna zuzuschreiben; (2) ihr könnte man in diesem Punkt sogar zürnen, da sie den von ihr zu Szepter und Thron Bestimmten niemals mit Milde behandelt hat, sondern, wie strenge Väter den Söhnen, denen sie mehr Liebe entgegenbringen, umso härter begegnen, so hat auch jene dich mit sehr vielen Kriegen und für den Staat überaus schwierigen Zeiten in Atem gehalten, während sie dich für die Herrschaft vorbereitete.  (3) Und bevor ich nun zu den Taten komme, die du im Alter der Reife vollbracht hast, will ich nur in allgemei-

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cum patre divino castrense collegium, actas sub pellibus hiemes, aestates inter bella sudatas, dies noctesque proeliando aut vigilando consumptas, gravissimas pugnas terra marique pugnatas.  (4) Non tam patiens Africanus prima rudimenta militiae sub Paulo patre toleravit, nec pari indole Hannibal puer tentoria Hispana successit, nec futurarum spe certiore virtutum Philippea castra Alexander nondum Magnus implevit.  (5) Quos etsi plurima laude dotaverit amplificatrix veri vetustas, nihil tamen blandita plus praestitit quam ut eos in his annis secutos regum aut ducum castra vulgaret, in quibus tu ita fortiter multa gessisti, ut ea non tantum Alexander aut Africanus aut Hannibal videre dum discerent, sed parentes atque institutores eorum optassent facere dum docerent. 9  (1) Quam tecta sunt semper consilia Fortunae! Quis (quaeso) tum publicis rebus non putasset inimicum tuum illum a statione castrensi ad quietem receptum?  (2) Enimvero illa futurum principem comens idcirco paulisper voluit esse privatum, ut quia iam ad plenum bellicis artibus abundabas, usus civilis experiens sub otii tempore reddereris. Quod ego tuum otium aliorum negotiis anteverto; (3) non enim te amoena litora nec dispositi ad temporum vices ha­buere secessus, sed sive tu agris sive oppidis tempus dabas, rem et famam pariter augebas. Et in urbibus quidem omnium aetatum ordinumque homines his aut illis beneficiis apprehendebas, amicorum commoda absentium negotia adsiduitate consilio re iuvabas.  (4) Iam si placuisset oppida rure mutare, ut tu vitae oblitus urbanae exsequebaris agricolam! Audio etiam, imperator, et credo, saepe aliqua te laborum tibi ipsi iniunxisse et, ne contraheres torporis veternum, cuiuscemodi semper opere insidiantis otii tersisse rubiginem.

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nen Zügen jene Zeit streifen, die du in Gemeinschaft mit deinem göttlichen Vater im Feld zugebracht hast, die im Zelt verlebten Winter, die Sommer, in Mühe und Schweiß auf Kriegszügen durchgestanden, die Tage und die Nächte, mit Kämpfen oder Wachen zugebracht, die schwersten Schlachten, zu Land und zur See durchfochten.  (4) Nicht hat mit solcher Ausdauer Africanus die ersten Proben des Militärdienstes unter seinem Vater Paulus bestanden, noch hat Hannibal als Knabe mit entsprechender Veranlagung das Leben in den Zelten Spaniens zugebracht, noch hat Alexander, damals noch nicht „der Große“, das Lager Philipps mit größerer Zuversicht auf künftige Heldentaten hoffen lassen.  (5) Wenn auch das Alter der Überlieferung, das die Wahrheit größer erscheinen lässt, diese Männer mit höchstem Lob bedacht hat, so hat es doch mit seiner Schmeichelei nicht mehr geleistet, als allgemein kundzutun: jene haben im Lager von Königen oder Feldherrn ihren Dienst in eben den Jahren geleistet, in denen du eine Vielzahl von Taten mit solcher Tapferkeit vollbracht hast, dass nicht nur Alexander oder Africanus oder Hannibal sich gewünscht hätten, sie selbst mitanzusehen, zu der Zeit, da sie Unterricht erhielten, sondern auch ihre Väter und auch Lehrer, sie selbst zu vollbringen, zu der Zeit, da sie Unterricht erteilten. 9  (1) Wie verhüllt sind stets die Pläne der Fortuna! Wer, so frage ich, hätte zu jener Zeit deinen Rückzug vom Posten im Feld in das Leben ruhiger Privatheit nicht als ein Verhängnis für das Wohl des Staates angesehen?  (2) Nun hatte sie aber, da sie den künftigen Herrscher heranbildete, den Wunsch, er solle darum eine Weile nur Privatperson sein, damit du, da du ja bereits in vollem Umfang Kenntnis in der Kunst des Kriegswesens besaßest, in der Zeit der Muße Erfahrungen in ziviler Praxis sammeln könntest. Deine Art von Muße ziehe ich jedenfalls geschäftiger Betätigung anderer Leute vor; (3) denn es konnten dich keine lieblichen Gestade halten, noch für den Wechsel der Jahreszeiten passend ausgestattete Orte der Erholung, sondern du hast – ob du nun deine Zeit dem Land oder der Stadt widmetest – deinem Vermögen und deinem Ansehen gleichermaßen zu Wachstum verholfen. Und du hast dir in den Städten ja Menschen aller Altersstufen und Stände mit diesen oder jenen Gunsterweisen verpflichtet, hast die Interessen der Freunde, die Geschäfte der Abwesenden durch deine beständige Gegenwart, mit deinem Rat und mit deinem Vermögen unterstützt.  (4) Ferner: wenn es dir gefiel, die Stadt mit dem Land zu vertauschen, wie hast du da das Stadtleben vergessen können und das Metier des Landmanns ausgeübt! Auch höre ich, o Kaiser, und glaube es, dass du dir oft selbst mancherlei an Mühen auferlegt und, um nicht in Erstarrung und Tatenlosigkeit zu verfallen, stets mit irgendeiner Aufgabe den Rost heimtückischen Müßiggangs entfernt hast.  (5) So

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(5) Sic agrestes Curii, sic veteres Coruncani, sic nomina reverenda Fabricii, cum indutiae bella suspenderant, inter aratra vivebant, et ne virtus quiete languesceret, depositis in gremio Capitolini Iovis laureis triumphales viri rusticabantur.  (6) Inde est quod accepimus datos serentibus fasces et missas cum curulibus sellis per rura palmatas, quod agricolas consulares pastoresque trabeatos et dictatores inter armenta vestitos.  (7) Sed illos quidem angusta res familiaris addicebat labori, ut quibus ipsis suburbani horti praecepsque Ianiculum et iugera artata pomerio vomere essent aut ligone versanda, nec iniuria opus reverteretur ad dominos, cum deerant quibus iuberent. Detrahit laudem patientiae inopia; maioris exempli est labor sine necessitate. 10  (1) Gaudent profecto perpetuo divina motu, et iugi agitatione se vegetat aeternitas, et quidquid homines vocamus laborem vestra natura est. Ut indefessa vertigo caelum rotat, ut maria aestibus inquieta sunt, ut stare sol nescit, ita tu, imperator, continuatis negotiis et in se quodam orbe redeuntibus semper exercitus es.  (2) Vix tecta Hispana successeras: iam Sarmaticis tabernaculis tegebaris. Vix emerita arma suspenderas: iam hosti armatus instabas. Vix Hiberum tuum videras: iam Histro praetendebas.  (3) Ne tum quidem, cum in altiorem provectus gradum iubere tantum et dividere cum negotiis otium et parta gloria velut reposito frui posses, honori operam remisisti, quin omnium castrensium munerum numeros primus aut cum primis obires – stare pro signis, excubias sorte agere, vallum ferre, locum bello antecapere, speculatum

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verbrachten Männer wie der Bauer Curius, wie der alte Coruncanius und – respektgebietend sind die Namen – wie Fabricius, ihr Leben mitten unter Pflugscharen, wenn Waffenstillstand den Kriegshandlungen Einhalt geboten hatte, und um ihre Tatkraft in der Zeit der Ruhe nicht erschlaffen zu lassen, befassten sich Männer, die Triumphe gefeiert und ihren Lorbeer im Schoß des Iuppiter Capitolinus niedergelegt hatten, mit der Landwirtschaft.  (6) So kommt es, dass wir aus der Überlieferung Kenntnis haben von den Rutenbündeln, die Männern bei der Aussaat ausgehändigt wurden, und von palmzweigverzierten Tuniken, die zusammen mit den kurulischen Stühlen über Land entsandt wurden, daher die Kenntnis von Bauern, die auch Konsuln waren, von Hirten, mit der Trabea bekleidet, und Männern, mitten unter ihren Herden ausgestattet mit dem Kleid der Diktatur.  (7) Doch jene nötigte freilich ihre dürftige Vermögenslage zu beschwerlicher Arbeit, da sie ja selber ihre Vorstadtgärten, den steilen Abhang des Ianiculus und ihre vom Pomerium begrenzten Felder mit dem Pflug oder der Hacke zu bestellen hatten und da diese Aufgabe ja ganz naturgemäß den Besitzern zufiel, als es an Leuten fehlte, die sie damit hätten beauftragen können. Die Mittellosigkeit entzieht der Ausdauer das Lob: höheren Wert als Vorbild hat die Anstrengung ohne den Zwang der Not. 10  (1) Göttliche Wesen erfreuen sich ja wahrhaft immerwährender Bewegung und in ununterbrochener Tätigkeit erhält sich die Ewigkeit das Leben, und was wir Menschen Arbeit nennen, ist das Gesetz eurer Natur. Wie unermüdliche Drehung den Himmel kreisend in Bewegung hält, wie die Meere durch die Gezeiten ohne Ruhe sind und wie die Sonne nicht imstande ist, still zu stehen, so bist du, Kaiser, stets mit Tätigkeiten beschäftigt, die keine Unterbrechung kennen und, gleichsam in einem Kreis, wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehren: (2) Kaum warst du in deinem spanischen Zuhause angelangt: da boten dir schon die Zelte der Sarmaten Obdach. Kaum hattest du die ausgedienten Waffen aufgehängt: schon standest du dem Feind gewappnet gegenüber. Kaum hattest du deinen Ebro zu Gesicht bekommen: schon lagertest du am Hister.  (3) Nicht einmal zu der Zeit, als du, zu höherer Stufe aufgerückt, es dabei hättest belassen können, nur noch Befehle zu erteilen, deine Zeit zwischen Muße und Geschäften aufzuteilen und den erworbenen Ruhm wie einen wohlverwahrten Fundus zu genießen: nicht einmal da hast du, um der verliehenen Ehrenstellung willen, in tätiger Bemühung abgelassen, als erster oder gemeinsam mit den Ersten dich dem Katalog aller militärischen Aufgaben zu stellen: vor den Feldzeichen auf Posten zu stehen, gemäß dem Los Wache zu halten, den Schanzpfahl zu tragen, einen Ort für den Kampf im voraus zu sichern, zur Aufklärung auszurücken, das

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egredi, castra metari, in proelium primus ire, proelio postremus excedere, dux esse consilio miles exemplo, – ut iam tum posset intellegi alios imperatori pugnare te tibi.  (4) Illud tamen prae ceteris mirum quod, cum omnia faceres uti imperare deberes, nihil tamen faciebas ut imperares. 11  (1) Argumento est dies ille communis boni auctor quo tu, cum ad suscipiendam rem publicam vocabaris, oblatum imperium deprecatus es, nec id ad speciem tantumque ut cogi videreris, sed obnixe et diu et velut impetraturus egisti.  (2) Quippe aberat causa fingendi: non enim te princeps solus et domi et tamquam temptaret ambibat, sed publice et in comitio et ut aliud iam facere non posset, prorsus ut nisi imperium adfectu simplici noluisses, potueris velle securus.  (3) Expostulari hoc loco tecum rei publicae verbis necesse est, quae in summam tua cunctatione formidinem a media spe relapsa tali aliqua te profecto, sed quam solus audires, voce convenit:  (4) ‚Parumne me, Theodosi, hactenus distulere Fata ut tu insuper temptes moras augere Fatorum? An nescis rem tuam per momenta consumi? Nescis me tibi tuisque decrescere? Quidquid atterit Gothus, quidquid rapit Chunus, quidquid aufert Halanus, id olim desiderabit Arcadius. Perdidi infortunata Pannonias, lugeo funus Illyrici, specto excidium Galliarum.  (5) Principum senior in tanta bella non sufficit; alter, etsi futurus sit aliquando fortissimus, adhuc tamen parvus est. Tu dubitas excipere conlapsam et, ut nihil differas, sero reparandam?  (6) Hanc mihi gratiam refers quod te etiam felix desideravi? quod cum me Nerva tranquillus, amor generis humani Titus, pietate memorabilis Antoninus teneret, cum moribus Augustus ornaret, legibus Hadrianus imbueret, finibus Traianus augeret, parum mihi videbar

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Lager abzustecken, als erster in die Schlacht zu gehen, die Schlacht als letzter zu verlassen, Führer zu sein mit klugem Plan und Soldat durch das Vorbild: so hat man damals schon erkennen können, dass die anderen für den Kaiser kämpften, du für dich selbst.  (4) Doch was vor allem anderen staunenswert ist: während du alles dafür tatest, die Kaiserherrschaft zu verdienen, tatest du jedoch nichts dazu, Kaiser zu sein. 11  (1) Beweis hierfür ist jener Tag, der den Beginn für das Wohlergehen der Allgemeinheit darstellt: damals hast du, da man dich aufrief, die Leitung des Staates zu übernehmen, die angebotene Herrschaft durch Bitten abzuwenden versucht; und das hast du nicht zum bloßen Schein getan und nur, um dann angeblich einem Zwang zu unterliegen, sondern beharrlich, lange Zeit hindurch und wie jemand, der es auch durchsetzen wollte.  (2) Es gab ja freilich keinen Grund, solches vorzutäuschen. Der Herrscher hat dich nämlich nicht alleine und zuhause und, dich gleichsam auf die Probe zu stellen, darum ersucht, sondern öffentlich, in allgemeiner Versammlung und so, dass er nicht mehr anders handeln konnte, – so dass es dir durchaus möglich war, falls du die Herrschaft nicht aus ehrlichem Gefühl heraus abgelehnt hättest, dich unbedenklich zur Zustimmung zu entschließen!  (3) An dieser Stelle muss ich bei dir im Namen des Staates Klage führen, der durch dein Zaudern mitten aus seiner Hoffnung in größte Furcht zurückgefallen und an dich sicherlich mit etwa folgenden Worten, doch allein für dein Ohr bestimmt, herangetreten ist: (4) „Haben mich denn, o Theodosius, die Geschicke bisher noch nicht lange genug hingehalten, dass du noch obendrein versuchst, den Aufschub der Geschicke zu verlängern? Oder weißt du nicht, dass dein Gut mit jedem Augenblick weiter aufgezehrt wird? Weißt du nicht, dass ich dahinschwinde, zu deinem eignen Schaden wie auch dem deiner Familie? Was der Gote verwüstet, was der Hunne dahinrafft, was der Alane fortschleppt, das wird Arcadius einst vermissen. Ich Unglücklicher habe die pannonischen Provinzen verloren, ich betrauere den Untergang von Illyricum, ich schaue die Vernichtung der Galliae an.  (5) Der ältere Herrscher ist Kriegen von solchem Ausmaß nicht gewachsen, der andere jedoch ist heute noch zu jung, mag er auch in Zukunft einmal sehr tapfer sein. Und du zögerst, denjenigen (Staat) aufzufangen, der schon dahingesunken und, selbst wenn du keinen Aufschub zulässt, spät erst wiederherzustellen ist?  (6) Derart dankst du es mir, dass ich dich sogar schon herbeigewünscht habe, als ich mich im Glück befand? Dass ich, als der friedliebende Nerva, Titus, den das Menschengeschlecht liebte, und Antoninus, berühmt wegen seiner Frömmigkeit, meine Herrscher waren, als Augustus mir das Fundament der Sitten schenkte, Hadrian mich in das Gesetzeswesen einführte und Trajan meine Grenzen ausdehnte: dass

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beata quia non eram tua?  (7) Quid tu mihi faceres si iuris tui esses? Orat ecce te dominus meus, orat ecce te dominus adhuc tuus, et qui posset cogere mavult impetrare. Imperium, quod ab imperatore defertur, tam tibi nolle iam non licet quam velle non licuit.‘ 12  (1) Solus igitur, Auguste, solus inquam omnium qui adhuc imperaverunt ut princeps esses praestitisti. Alios empta legionum suffragia, alios vacans aula, alios adfinitas regia imposuere rei publicae; te nec ambitus nec occasio nec propinquitas principem creaverunt, nam et eras a familia imperatoris alienus et adsciscebaris tertius et cogebaris invitus.  (2) Invitus inquam; audite hoc, publici parricidae, qui oblita caede dominorum sceptra cepistis et periculo non minore quam scelere imperium vita paciscentes sanguinis pretio regni nomen emistis: repulsam patitur principatus, et unus est ambitus candidati ne declaretur.  (3) Credetne hoc olim ventura posteritas, et praestabit nobis tam gratiosam fidem ut nostro demum saeculo adnuat factum, quod tantis infra supraque temporibus nec invenerit aemulum nec habuerit exemplum? Sed qui vitae tuae sectam rationesque cognoverit, fidei incunctanter accedet, nec abnuisse dubitabit imperium sic imperaturum.  (4) Illi enim, illi avide regna desiderent, quos soluta legibus vita delectat, quorum crudelitas indemnatos necandi, cupiditas privata rapiendi, libido honesta foedandi ius atque impunitatem requirunt.  (5) Quid tua intererat te principem fieri, qui futurus eras in imperatore privatus? – nisi forte in te hodie aut pudicitiae remissior cultus aut minor sanguinis humani metus aut alienae rei maior est appetitus. Idem es qui fuisti, et tantum tibi per te licet quantum per leges licebat. Ius summum facultate et copia commodandi, non securitate peccandi

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es mir also damals schien, ich sei noch nicht glücklich genug, da ich nicht dir gehörte?  (7) Was würdest du für mich tun, wärst du dein eigner Herr? Da bittet dich mein Herr, da bittet dich der, der einstweilen noch dein Herr ist, und obgleich er Zwang ausüben könnte, zieht er es vor, deine Zustimmung durch Bitten zu erlangen. Die kaiserliche Herrschaft abzulehnen, die dir vom Kaiser übertragen wird, ist dir nicht mehr gestattet, ebenso, wie es dir nicht gestattet war, den Anspruch auf sie zu erheben.“ 12  (1) Du bist also der einzige, Augustus, der einzige, sage ich, unter allen, die bis jetzt regiert haben, der die Vorzüge dazu besaß, Herrscher zu sein. Die einen hat erkaufte Stimmabgabe der Legionen, andere ein verwaister Hof, dritte die Verwandtschaft mit dem Herrscherhaus zum Herrn des Staates gemacht; dich haben weder Bestechung noch Gelegenheit noch verwandtschaftliche Bande zum Herrscher erwählt; denn du gehörtest nicht der kaiserlichen Familie an, wurdest an dritter Stelle herangezogen und dazu genötigt, gegen deinen Willen: (2) Gegen deinen Willen, sage ich. Hört dies an, ihr Mörder des Staates, die ihr die Szepter, vom Mord an euren Herrn befleckt, an euch genommen habt, die ihr ebenso gefahrvoll wie verbrecherisch den Kontrakt zur Herrschaft gegen den Einsatz eures Lebens abgeschlossen und den Königstitel um den Preis des Blutes erkauft habt: das Kaisertum erlebt eine Ablehnung und das einzige Bewerbungsziel des Kandidaten ist die Nichternennung!  (3) Wird dies die künftige Nachwelt einmal glauben und wird sie uns soviel Gunst und Vertrauen schenken, zu akzeptieren, dass gerade in unserem Zeitalter ein Ereignis stattgefunden hat, das in so langen Zeiten zuvor und danach weder einen Nachahmer finden noch ein Vorbild haben wird? Doch wer Art und Grundsätze deiner Lebensführung kennt, wird ohne Zaudern Glauben schenken und keinen Zweifel an der Ablehnung der Herrschaft durch einen Mann hegen, der die Herrschaft einmal in solcher Weise ausüben sollte.  (4) Jene Leute nämlich, jene sollen begierig nach der höchsten Macht verlangen, denen ein von Gesetzesbindung freies Leben Vergnügen macht, deren Grausamkeit das Recht auf die Ermordung von Menschen ohne ein Gerichtsurteil und Straflosigkeit dafür einfordert, deren Gier solches für den Raub von Privatvermögen und deren Triebhaftigkeit es für die Schändung aller Sittlichkeit begehrt.  (5) Was hat es dir bedeutet, Herrscher zu werden, der du auch als Kaiser eine private Person bleiben solltest? Es sei denn, deine Hochschätzung der Tugendhaftigkeit hat heutzutage nachgelassen oder deine Furcht, Menschenblut zu vergießen, ist geringer oder größer deine Lust auf fremdes Eigentum. Du bist derselbe, der du warst, und es ist dir nur so viel von deiner Seite her gestattet, wie es seitens der Gesetze gestattet war. Höchstes Recht machst du nur geltend, um Gelegenheit und Mittel zu nut­

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experiris.  (6) Unum tibi praestitit principatus, ut certum habeamus omnes etiam sub imperatoribus aliis vixisse te legibus tuis; nam qui nihil facit licenter cum potest, numquam voluit. 13  (1) Quin ubi primum te imperio praestitisti, non contentus ipse ultra vitia recessisse, aliorum vitiis corrigendis curam adiecisti, idque moderate, ut suadere potius honesta quam cogere videreris.  (2) Et quia vel longo Orientis usu vel multorum retro principum remissione tantus quosdam luxus infecerat ut adulta consuetudo lasciviae haudquaquam facile videretur obtemperatura medicinae, ne quis se pati iniuriam putaret, a te voluisti incipere censuram, et impendia palatina minuendo, nec solum abundantem reiciendo sumptum sed vix necessarium usurpando dimensum, quod natura difficillimum est, emendasti volentes.  (3) An quis ferret moleste ad principis semet modum coerceri? Aut subtractum sibi doleret privata luxuria, cum videret imperatorem rerum potentem, terrarum hominumque dominum, parce contenteque viventem, modico et castrensi cibo ieiunia longa solantem; (4) ad hoc aulam omnem Spartanis gymnasiis duriorem, laboris patientiae frugalitatis exemplis abundantem; neminem unum inveniri qui auderet ad penum regiam flagitare remotorum litorum piscem, peregrini aeris volucrem, alieni temporis florem? 14  (1) Nam delicati illi ac fluentes, et quales tulit saepe res publica, parum se lautos putabant nisi luxuria vertisset annum, nisi hibernae poculis rosae innatassent, nisi aestivam in gemmis capacibus glaciem Falerna fregissent.  (2) Horum gulae angustus erat noster orbis; namque appositas dapes non sapore sed

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zen, Gutes zu stiften, nicht um sichere Garantie zu haben, frevelhaft zu handeln.  (6) Eines hat dir deine Machtstellung erbracht: dass wir nun alle sicher sind, dass du auch unter anderen Kaisern nach deinen Gesetzen gelebt hast; denn wer keine Willkür des Handelns übt, wenn er die Macht dazu hat, der hat auch nie den Wunsch danach gehabt. 13  (1) Ja, sobald du dich der Herrschaft zur Verfügung gestellt hattest, hast du, nicht zufrieden damit, selbst fern von allen Verfehlungen Position bezogen zu haben, Sorge dafür getragen, die anderen in ihren Verfehlungen wieder auf den rechten Weg zu bringen, und dies mit ruhiger Mäßigung, um damit eher den Eindruck zu erwecken, eine Empfehlung für sittliches Verhalten auszusprechen als Zwang auszuüben.  (2) Weil sich manche Leute – sei es durch den langen Kontakt mit dem Osten, sei es durch die Nachlässigkeit vieler Herrscher zuvor – derart von Genusssucht hatten anstecken lassen, dass es aussah, als werde eingefahrene Gewohnheit der Ausschweifung nicht leicht einem Heilmittel gehorchen: da hast du, damit keiner glaube, ihm widerfahre Unrecht, bei dir selbst mit der Ausübung der Zensur beginnen wollen; und durch die Minderung der Kosten für den Hof, indem nicht nur überflüssiger Aufwand verworfen, sondern kaum das notwendige Maß beansprucht wurde, ist dir gelungen, was naturgemäß am schwierig­ sten ist – sie mit ihrem eigenen Willen zu bessern.  (3) Oder wer wäre wohl ungehalten darüber gewesen, ein Leben zu führen, das seine Grenzen nach dem Maßstab seines Herrschers hat? Oder wer hätte sich wohl darüber gegrämt, Abstriche an seinem privaten üppigen Wohlleben hinnehmen zu müssen, da er den Kaiser, den Machthaber der Welt, den Herrn über Länder und Menschen, karg und genügsam sein Leben führen und lange Zeit ertragenen Hunger mit bescheidener Lagerkost stillen sah, (4) ferner den gesamten Hof strenger gehalten als die Trainingsstätten Spartas, überreich an Beispielen der Anstrengung, Ausdauer und Genügsamkeit? Und dass kein einziger Mann zu finden war, der es wagen durfte, für die Tafel des Palastes den Fisch entlegener Gestade zu verlangen, den Vogel eines fremden Himmels und die Blume einer anderen Jahreszeit. 14  (1) Denn jene genusssüchtigen und verweichlichten Herrscher, wie der Staat sie oft zu ertragen hatte, sahen es für sich als Mangel an Eleganz an, hätte ihre Verschwendungssucht nicht das Jahr auf den Kopf gestellt, wären nicht im Winter Rosen in ihren Bechern geschwommen, hätten nicht im Sommer Falernerweine in großen Edelsteinpokalen Eis zum Schmelzen gebracht. (2) Für ihren Gaumen besaß unser Land nicht genügend Raum; sie bemaßen ja das ihnen vorgesetzte Mahl nicht nach dem Geschmack, sondern nach dem

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sumptu aestimantes, illis demum cibis adquiescebant, quos extremus Oriens aut positus extra Romanum Colchus imperium aut famosa naufragiis maria misissent, quos invitae quodammodo reluctantique Naturae hominum pericla rapuissent.  (3) Ut taceam infami saepe dilectu scriptos in provinciis aucipes ductasque sub signis venatorum cohortes militasse conviviis, nonne cognovimus cuiusdam retro principis non prandia saepe sed fercula sestertium milies aestimata patrimoniorum equestrium pretia traxisse?  (4) Tuae, imperator, epulae mensis communibus parciores locorum ac temporum fructibus instruuntur. Hinc certatim in omnes luxuriae pudor, parsimoniae cultus inolevit, et quiescentibus legum minis subiit quemque privatim sui poenitentia. Sic est enim, sic est: exasperat homines imperata correctio, blandissime iubetur exemplo. 15  (1) Sed cum haec et ad hunc modum cetera mores hominum et instituta formarint, tum nihil abdicandis vitiis adoptandisque virtutibus impensius sentio profuisse quam quod his te viris semper dedisti quos adfectare publica deberet imitatio, qui quam faciles tibi fuissent sequacesque discipuli, tam ceteris expetendi essent magistri.  (2) Ut de his sileam quos tibi primus ille nascentis imperii dies obtulit, tantis virtutibus praeditos ut non pro copia sumpti sed ex copia viderentur optati, quos tu postea qualesque legisti, quibus provinciarum custodiam, quibus militaris rei summam, quibus consiliorum tuorum arcana committeres!  (3) Ergo cum duplex fuerit iste dilectus, unus ex iudicio alter ex fato, incertum meliores viros sapientia tua an fortuna quaesiverit, cum tales vel acceptos habeas vel repertos ut et illi meruerint teneri et isti debuerint cooptari.

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Aufwand, und sie gaben sich erst mit solchen Speisen zufrieden, die ihnen die äußerste Region des Ostens oder, jenseits der Grenzen des römischen Reiches, die Kolcher zugeschickt hatten, oder Meere, die durch ihre Schiffbrüche berüchtigt waren, mit Speisen also, die menschliches Wagnis und Gefahr der Natur gleichsam gegen ihren Willen und trotz ihrer Gegenwehr entrissen hatten.  (3) Um nichts davon zu berichten, wie Vogelfänger, in den Provinzen oft unter schändlicher Rekrutierung in die Listen eingetragen, und Jägerkohorten, in Reih und Glied ausgerückt, ihren „Felddienst“ für (Hof-) Gelage leisteten: haben wir nicht Kenntnis von einem Herrscher aus vergangener Zeit, bei dem oft nicht (ganze) Mahlzeiten, sondern einzelne Gänge auf 100 Millionen Sesterzen veranschlagt wurden und also den Wert von Rittervermögen verschlungen haben?  (4) Dein Mahl, Kaiser, ist bescheidener als die allgemein üblichen Speisen und wird aus den Produkten der Region und der Saison zubereitet. Daher kommt es, dass in gegenseitigem Wettstreit bei allen Scham vor der Verschwendung und Übung in der Sparsamkeit gewachsen sind und sich, ohne Drohung von Gesetzen, persönlich bei jedermann Reue über sich selbst eingestellt hat. So ist es ja tatsächlich, ja so ist es: durch Befehl verordnete Veränderung zum Rechten reizt die Leute zur Erbitterung, überaus gewinnend wirkt die Aufforderung durch das Vorbild. 15  (1) Aber wenn diese und andere Fälle nach solchem Muster Sitten und Grundsätze der Menschen geprägt haben, so bin ich mir doch bewusst, dass nichts zur Lossagung von Verfehlung und zur Wahl sittlichen Lebenswandels einen größeren Beitrag geleistet hat, als dass du dich stets dem Umgang mit solchen Männern gewidmet hast, auf deren Nachahmung die Öffentlichkeit eifrig bedacht sein sollte und die ebenso gerne von den anderen als Lehrmeister begehrt werden sollten, wie sie dir ihrerseits bereitwillige und folgsame Schüler gewesen waren.  (2) Um nicht von denjenigen zu sprechen, die dir jener erste Tag zu Beginn deiner Herrschaft vorgestellt hat, begabt mit so herausragenden Eigenschaften, dass es den Anschein hatte, jene seien nicht einfach als Menge aufgenommen worden, sondern aus einer reichen Fülle ausgewählt: was für Menschen – und mit welchen Gaben ausgestattet – hast du dann ausgesucht, um ihnen den Schutz der Provinzen, den Oberbefehl im Kriegswesen und die Geheimnisse deiner Beratungen anzuvertrauen!  (3) Da also diese Auswahl zweifachen Ursprung hatte, zum einen in deinem Urteil, zum anderen im Willen des Schicksals, bleibt ungewiss, ob deine Weisheit oder günstige Fügung die tüchtigeren Männer ausgesucht hat, da du Männer übernommen oder selbst ausfindig gemacht hast, die solche Eigenschaften hatten, dass die ersteren es verdienten, von dir behalten zu werden, und es letzteren zustand, neu hinzugewählt zu werden.

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16  (1) Ecquis imperatorum umquam putavit amicitiae cultum in regia laude ponendum? Humilis haec virtus, dubiumque an virtus iudicabatur, nec palatiis digna sed pergulis habebatur. Inde facilius inveneris qui pecuniam ex aerario quam qui ex animo fidem prompserit. Optimus ille ditabat, non etiam diligebat; prodesse noverat, amare nesciebat.  (2) Tu Amicitiam, nomen ante privatum, non solum intra aulam vocasti, sed indutam purpura, auro gemmisque redimitam solio recepisti, reque non verbis adseruisti principis mentem tanto in suos benigniorem esse debere quanto sit fortuna praestantior, cum fide ac facultate paribus agas et familiaribus tuis imperator tribuas quod privatus optaras.  (3) Quamquam quae capere vota potuerunt quod plerique te principe consecuti sunt? Nec nunc de his honoribus loquor quos in quemcumque conferre imperatori necesse est. Dux aliquis evehitur: exigit disciplina castrorum. Praefectus attollitur: imponendum est provinciis caput. Consul creatur: habiturus est nomen annus. Ita in summis illis pulcherrimisque beneficiis est aliqua praestantis utilitas.  (4) A te nova benignitate is amicis honos habitus est qui totus esset illorum quibus deferebatur, nihilque ex eo ad te redundaret nisi dandi voluptas; cui cum essent domi filii, geminae illae spes oculique rei publicae, dilatis eorum magistratibus amicos consulatus ornavit.  (5) Si mehercule vir ille divinus, felicitatis publicae auctor, parens tuus viveret, quid aliud exspectasset a filio quam ut nepotibus anteferretur? Praebuisti igitur tu amicis quo plus nec patri praestare potuisses. O benevolentiae tuae singulare consilium! Auges tempore dignitatem, quae incrementum ex magnitudine non habebat. Renuntiantur amici ante filios tuos consules, quia non poterant plus esse quam consules.

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16  (1) Wer von den Kaisern ist denn je der Ansicht gewesen, die Pflege der Freundschaft sei dem Herrscherlob zuzurechnen? Diese Tugend sah man für gewöhnlich als unbedeutend an, und es bestand Unsicherheit, ob sie überhaupt eine Tugend sei, und man glaubte, sie passe nicht zu Palästen, sondern zu Hütten. So könnte man denn leichter einen Herrscher finden, der Geld aus seiner Schatzkammer, als einen, der treue Zuverlässigkeit aus seinem Herzen hervorholt. Jener „beste Herrscher“ teilte zwar reiche Gaben aus, doch empfand er hierbei nicht auch persönliche Wertschätzung. Er verstand zu nützen, doch er wusste nicht zu lieben.  (2) Du bist es gewesen, der die Freundschaft, zuvor ein Wort des privaten Lebensbereichs, nicht nur an den Hof berufen hat, sondern, mit Purpur bekleidet, mit Gold und Edelsteinen bekränzt, auf dem Thron hat Platz nehmen lassen, und du hast in deinen Taten, nicht mit Worten, den Grundsatz verfochten, dass der Sinn des Herrschers so viel wohlwollender gegenüber seinen Untertanen sein solle, wie der Vorzug seines Glückes größer ist, da du in gleicher Treue wie auch entsprechend deinen Mitteln handelst, und da du deinen Vertrauten als Kaiser zuteil werden lässt, was du ihnen schon als Privatperson gewünscht hattest.  (3) Freilich, was konnte man sich denn noch wünschen, da die meisten es mit deiner Herrschaft ja schon erlangt haben? Und ich spreche jetzt nicht von den Ehren, die der Kaiser allen möglichen Personen zu übertragen hat: jemand wird zum Feldherrn erhoben – die Ordnung des Militärwesens erfordert dies; jemand wird zum Präfekten ernannt – den Provinzen ist ein Oberhaupt zu geben; jemand wird zum Konsul gewählt – das Jahr soll einen Namen erhalten. So liegt in eben diesen höchsten und schönsten Auszeichnungen ein Nutzen für den, der sie verleiht.  (4) Bei dir galt, in einer Großzügigkeit von neuer Art, solches gegenüber Freunden als Ehre, was ganz im Besitz der Empfänger war und wovon nichts wieder zu dir zurückkehrte – außer der Freude des Schenkens; obgleich du nun im Haus zwei Söhne hattest, jenes Hoffnungspaar und Augenlicht des Staates, hast du ihre Amtsführung noch aufgeschoben, und das Konsulat hat deine Freunde ausgezeichnet.  (5) Wahrhaftig, wenn jener göttliche Mann, Urheber unseres allgemeinen Glückes, dein Vater, noch am Leben wäre, was hätte er anderes von seinem Sohn erhofft, als den Vorzug noch vor seinen Enkeln zu erhalten? Deinen Freunden hast du also ein so großes Geschenk gemacht, dass du deinem Vater kein größeres hättest schenken können. O einzigartig kluge Entscheidung deiner Zuneigung! Durch den Zeitpunkt erhöhst du den Rang einer Würde, die von der Größe her keinen Zuwachs haben konnte: noch eher als deine eigenen Söhne sind deine Freunde zu Konsuln ernannt, da es für sie nicht möglich war, noch mehr zu sein als Konsuln.

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17  (1) Eat nunc sui ostentatrix vetustas et illa innumeris litterarum vulgata monimentis iactet exempla. Pirithoi fidem praedicet et decantatum omnibus scaenis Phocaei iuvenis laudet officium; Pinthiam etiam, si videtur, dicat et Damona, quorum alter in amici morte se vadem obtulit, alter ad diem vadatae mortis occurrit.  (2) Ut haec esse vera credamus quae mendaciis vatum in plausus aptata cavearum fidem tempori debent, num praestare credendo plus possumus quam ut istos qui amicitiae laude censentur amicorum fuisse quam sui diligentiores putemus? Sed cum instituente Natura plus fere filios quam nosmet ipsos diligamus, omne vicit exemplum qui amicos his praetulit quos sibi praeferebat.  (3) Sed tu quidem ad exonerandam debentium verecundiam quae in tuos confers non vis videri praestare sed reddere.  (4) Geramus tibi morem, et beneficiorum summas tuorum pro tua voluntate ducentes, quidquid familiaribus tuis tribuis non expendi potius sed rependi putemus. Enimvero cum leviter cognitos aut etiam semel visos his honoribus ditas, quibus et amici possent esse contenti, nonne omnibus vis probare amicum tibi esse qui bonus sit?  (5) Cuicumque quid publici mandatum fuerit officii, praemium spondetur et redditur. Sibi humilitatem et tenebras suas imputet iacens virtus, quae non obtulit se probandam. Quod conscientiae tuae sufficit, honoratus est qui probatus. 18  (1) Velim tamen dicas unde, cum tantis promissa persolvas, quid cui promiseris scias, nec te vel rei publicae cura vel ipsa illa beneficiorum tuorum turba confundat, ut parcior tardiorve tempore quem modove decipias.  (2) Quis debitor verecundus ita mutuum ad diem reddit ut tu quod

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17  (1) Mag sie jetzt ruhig ihrer Wege gehen, die Künderin des eignen Lobs, die alte Zeit, und ständig jene Beispiele anpreisen, die in zahllosen Werken der Literatur verbreitet sind! Mag sie die Treue des Peirithoos rühmen und, auf allen Bühnen oft besungen, die Pflichterfüllung des jungen Helden aus der Phokis loben; mag sie ferner, falls es ihr gut scheint, von Pinthias und Damon künden: von ihnen bot sich der eine als Bürgen seines Freundes für die Vollstreckung des Todesurteils an, der andere eilte zum festgelegten Tag zurück, für den die Bürgschaft des Todes geleistet war.  (2) Mag uns dies alles auch als wahr gelten, was in den Erfindungen der Dichter für den Beifall der Zuschauerränge zurechtgemacht wurde und seine Glaubwürdigkeit der Zeit verdankt: können wir etwa in unserem Glauben noch weiter gehen als anzunehmen, diejenigen, deren Wertschätzung nach dem Lob ihrer Freundschaft bemessen wird, seien um ihre Freunde liebevoller besorgt als um sich selbst? Doch da wir – die Natur verleiht uns diese Anlage – unsere Söhne gewöhnlich mehr lieben als uns selbst, hat der jedes Beispiel übertroffen, welcher seine Freunde denen vorgezogen hat, denen er sonst vor sich selbst den Vorzug gab.  (3) Um aber diejenigen, die dir verpflichtet sind, von der Last des geschuldeten Respekts zu befreien, willst du es nicht aussehen lassen, als seien die deinen Vertrauten übertragenen Ehren ein Geschenk, sondern eine ihnen zustehende Gegenleistung.  (4) Fügen wir uns also deinem Willen, betrachten deine höchsten Gunsterweise so, wie du es wünschst, und sehen also das, was du deinen Vertrauten zuteil werden lässt, nicht als eine Ausgabe, sondern als Erstattung an. Denn wahrhaftig, wenn du Menschen, die du nur flüchtig kennst oder sogar nur einmal gesehen hast, mit solchen Ehren reich beschenkst, mit denen selbst deine Freunde zufrieden sein könnten, ist es da etwa nicht dein Wunsch, allen zu zeigen, dass jeder Tüchtige dein Freund ist?  (5) Jedem, der mit einem öffentlichen Amt betraut ist, wird eine Belohnung versprochen und verliehen. Tüchtigkeit, die brachliegt und sich nicht zur Bewährung angeboten hat, soll sich die Unbedeutendheit und Dunkelheit ihres Daseins selbst in Rechnung stellen! Deinem Gewissen genügt der Grundsatz: Ehre erfährt, wer sich bewährt! 18  (1) Ich wollte aber doch, dass du mir sagst, woher du, angesichts der Einlösung von Versprechen an so viele Leute, weißt, was du wem versprochen hast; und wieso weder die Sorge um den Staat noch eben diese große Schar deiner Wohltaten bei dir zu Verwirrung führt, so dass du etwa, minder großzügig und mit zeitlichem Verzug, auch nur irgendwen nach Zeitpunkt oder Umfang deiner Gaben enttäuschen könntest.  (2) Welcher Schuldner gibt sein Darlehen so sorgsam auf den Tag genau zurück, wie du die Zuweisung dessen einhältst, was du in Aussicht stellst! Und du sollst nicht glauben, dies

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promittis appendis? Nec imponi neglegentibus arbitreris. Cotidie in beneficia tua quaerimus et memoriam convenimus et, ne singulis insidietur oblivio, cum altero quisque conferimus.  (3) Unum invenire non possumus cuius spem atque exspectationem non dicam fefelleris sed, quae delicatior est querela, distuleris. Solamne me, imperator, benevolentiam tuam mirari putas? At ego miror etiam memoriam; nam cui Hortensio Lucullove vel Caesari tam parata umquam adfuit recordatio quam tibi sacra mens tua loco momentoque quo iusseris reddit omne depositum?  (4) Utrum tamen ipse te admones an, ut illi maiestatis tuae participi deo feruntur adsistere Fata cum tabulis, sic tibi aliqua vis divina subservit, quae quod dixeris scribat et suggerat? Nihil ita primoribus labris polliceris quin promisso fidem subdas et verba re sancias. Nemo iam, nemo beneficia quae dederis ab eo credit tempore computanda quo dederis, quia tam sunt certa quae spondes ut tum videantur accepta cum spondes. 19  (1) Iam illud ipsum quod ante promittis, nonne de summo purissimae mentis candore proficiscitur? Nam cuius est animi nec vota hominum fatigare nec adhibere muneribus artem difficultatis, sed denuntiare praestanda, ut et prolixior sit sensus bonorum nec repentina felicitas faciat attonitos et similes reddat ingratis? Animos enim nostros subitis adfectibus impares perinde laetitia ut dolor, si deprehendat, externat.  (2) An non illa Romana pietatis notissimae mater nuntio mali Cannensis exterrita, filio reduce quem flebat, deriguit in mortem, nec par esse gaudio potuit quae superfuerat orbitati? Conscius igitur caelestis arcani et naturalium depositorum mavis hominibus

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werde Leuten zugefügt, die darauf nicht achten: jeden Tag stellen wir Nachforschungen zu deinen Wohltaten an, suchen unsere Erinnerung auf und unterhalten uns ein jeder mit dem anderen über sie, damit sie nicht einzeln hinterrücks das Vergessen bedroht.  (3) Es ist uns unmöglich, auch nur einen Menschen zu finden, den du in seiner Hoffnung und Erwartung, ich will nicht sagen: enttäuscht, sondern – so ist es als Klage feiner formuliert – hingehalten hast. Glaubst du, o Kaiser, ich bewundere nur deine wohlwol­lende Gesinnung? Nein, ich bewundere auch dein Gedächtnis. Denn welchem Hortensius, Lucullus oder Caesar hat je so leicht die Erinnerung beigestanden, wie dir dein göttlicher Geist jedes ihm anvertraute Gut an dem Ort und zu dem Augenblick, da du es gebietest, zur Verfügung stellt?  (4) Doch erinnerst du dich selbst daran oder bietet dir – wie an der Seite jener Gottheit, die deine Majestät mit dir teilt, die Geschicke mit ihren Tafeln stehen sollen – ebenso eine göttliche Macht solchen Dienst, indem sie dein Wort niederschreibt und es dir wieder präsentiert? Kein Versprechen verlässt so von ungefähr den Saum deiner Lippen, ohne dass du deiner Verheißung eine Garantie hinzufügst und deine Worte durch die Tat bestätigst. Niemand, niemand glaubt ja noch, die Wohltaten, die du erwiesen hast, seien von dem Zeitpunkt an zu rechnen, da du sie erwiesen hast: ist doch das, was du in Aussicht stellst, so unverbrüchlich, dass es scheint, man habe es bereits erhalten, wenn du es in Aussicht stellst. 19  (1) Und gerade dies, dass du zuvor noch ein Versprechen gibst – hat das nicht seinen Ursprung im strahlendsten Glanz der reinsten Lauterkeit deines Wesens? Welche Sinnesart offenbart es denn, die Wünsche der Menschen nicht müde werden zu lassen, bei der Vergabe der Geschenke nicht ein Verhalten an den Tag zu legen, das den Umgang schwierig macht, sondern die Gaben, die zu schenken sind, im Voraus anzukündigen, damit sich frohe Empfindung über diese Gaben des Glücks umso bereitwilliger einstelle und nicht unverhofftes Glück sie sprachlos mache und sie Undankbaren ähnlich erscheinen lasse? Denn unsere Herzen, die ja unerwarteten Aufwallungen der Gefühle nicht gewachsen sind, bringen Jubel ebenso wie auch Schmerz, wenn sie uns überraschen, gänzlich außer Fassung.  (2) Oder hat nicht jene römische Mutter, für ihre Kindesliebe hochberühmt, die über die Nachricht des Unglücks von Cannae vor Entsetzen außer sich geraten war, dann bei der Rückkehr ihres Sohnes, den sie schon beweinte, völlig erstarrt sogleich den Tod erlitten und nicht die Kraft besessen, der Freude standzuhalten, sie, die den Verlust ihres Kindes doch schon überlebt hatte? Also ziehst du, der du um das Geheimnis des Himmels und um die Verborgenheiten der Natur weißt, es vor, dass deine Gunsterweise zu den Menschen kommen, wenn man

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sperata procedere quam insperata supervenire beneficia.  (3) Nec immerito: namque fugitiva successuum repentinorum voluptas ut occupat, sic relinquit; felicitas longior est exspectare securum. Itaque cum hactenus a Natura esset statutum ut bona sua homines ante nescirent, et tum primum inciperent felicitate gaudere cum coepissent esse felices, tu promittendo praestanda invenisti tempus quod nobis Natura subtraxerat, ut quos adepta solum iuvabant etiam adipiscenda delectent. 20  (1) Pari benignitate cum plures adficere honoribus velles quam honorum loca admitterent et angustior esset materia voluntate nec mentem tuam quamvis diffusum caperet imperium, quem nondum aliquo provexisti gradu tamen dignatione solatus es.  (2) Atque haud scio an quibusdam consolatio ista suffecerit. Ille cohonestatus adfatu, ille mensa beatus, ille osculo consecratus est. Ita omnibus qui te principe sibi iure confiderent aut processit dignitas aut satisfecit humanitas – humanitas inquam, quae tam clara in imperatore quam rara est.  (3) Nam cum indiscreta felicium pedisequa sit superbia, vix cuiquam contingit et abundare fortuna et indigere arrogantia. Cuius quidem ita maiores nostros pertaesum est, ut graviorem semper putaverint servitute contemptum, eiusque impatientia sint coacti post bellatores Tullos Numasque sacrificos et Romulos conditores regnum usque ad nomen odisse.  (4) Denique ipsum illum Tarquinium exsecratione postrema hoc damnavere maledicto, et hominem libidine praecipitem, avaritia caecum, immanem crudelitate, furore vecordem vocaverunt Superbum, et putaverunt sufficere convicium.  (5) Quod si per rerum naturam liceret ut ille Romanae

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sie bereits erhofft, statt dass sie unverhofft überraschend in Erscheinung treten.  (3) Und mit Recht: denn so, wie flüchtiges Vergnügen plötzlich eingetretener Erfolge den Menschen packt, verlässt es ihn auch wieder; länger währt das Glück, ihnen in sicherer Erwartung entgegenzusehen. Während es also bis heute von der Natur so bestimmt war, dass die Menschen im Voraus keine Kenntnis von ihren eigenen Glücksgütern hatten, und dass sie erst dann anfingen, sich über ihr Glück zu freuen, wenn sie bereits begonnen hatten, glücklich zu sein, hast du, indem du die künftig zu erbringenden Leistungen im Voraus angekündigt hast, uns eine Zeitspanne geschaffen, die uns die Natur entzogen hatte, – mit der Folge, dass Menschen, denen stets nur die erlangten Güter Freude bereitet haben, jetzt auch an denen, die erst zu erlangen sind, ihre Freude haben. 20  (1) Als du dann mit gleicher Großzügigkeit einer höheren Zahl an Menschen Ehren zuteil werden lassen wolltest, als es die zur Verfügung stehenden Ehrenstellen zuließen, und da die Möglichkeiten enger begrenzt waren als dein Wollen, und sich deine Herrschaft, wie weit sie auch ausgedehnt war, als zu klein für deinen Geist erwies, da hast du denjenigen, den du noch nicht zu irgendeinem Rang befördert hattest, durch deine Wertschätzung getröstet.  (2) Und manchen mag dieser Trost genug Zufriedenheit gegeben haben: der eine ist durch ein persönliches Wort von dir hochgeehrt, der andere ist glücklich, an deiner Tafel zu weilen, der dritte ist durch deinen Kuss geheiligt. So ist allen, die unter deiner Herrschaft mit Recht Vertrauen zu sich selber haben, entweder die Würde eines Amtes erwachsen oder es hat ihnen deine menschliche Wesensart genug geschenkt, – deine menschliche Wesensart, sage ich, die bei einem Kaiser ebenso rühmlich wie selten anzutreffen ist.  (3) Denn da der Hochmut untrennbarer Begleiter der Erfolgreichen ist, tritt kaum einmal der Fall ein, dass ein Mensch im reichen Überfluss des Glücks und zugleich frei von Anmaßung zu leben vermag. Freilich hat unsere Vorfahren solcher Ekel davor erfasst, dass sie diese Missachtung stets für schlimmer hielten als die Knechtschaft und sich infolge ihrer Unfähigkeit, jene zu ertragen, gedrängt sahen, nach der Herrschaft des kriegerischen Tullus, des frommen Numa, des Gründers der Stadt, Romulus, die Königsherrschaft bis zu ihrem bloßen Namen hin zu hassen.  (4) Schließlich haben sie eben jenen Tarquinius in äußerster Verfluchung zu diesem schimpflichen Namen verurteilt, und diesen Menschen, in seinen Leidenschaften unaufhaltsam dem Abgrund zustürzend, vor Habgier blind, unmenschlich in seiner Grausamkeit, in seiner Raserei vom Wahn gezeichnet, – ihn nannten sie „Superbus“ und waren der Ansicht, dies sei Schmach genug.  (5) Wenn es aber von der Natur der Dinge her möglich wäre, dass jener Retter der Freiheit Roms,

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libertatis adsertor, regii nominis Brutus osor, precariae redditus vitae saeculum tuum cerneret studiis virtutis parsimoniae humanitatis imbutum ac refertum, nullum toto orbe terrarum superbiae libidinis crudelitatis exstare vestigium, iam te ipsum qua publice qua privatim videret priscorum duritia ducum, castitate pontificum, consulum moderatione, petitorum comitate viventem, (6) mutaret profecto sententiam tanto post suam et, cum Romanam dignitatem ac libertatem probaret meliore in statu imperatore te esse quam consule se fuisse, necessario fateretur Tarquinium submoveri debuisse, non regnum. 21  (1) Sed quod facere magnas urbes ingressi solemus, ut primum sacras aedes et dicata numini summo delubra visamus, tum fora atque gymnasia et pro suis extenta porticibus ambulacra miremur, ita in laudibus tuis sanctos Palatii ritus et priscis aequanda caerimoniis instituta venerati gradum ad illa proferimus quae in medio constituta et ad publicos usus patentia non parti sed in commune conducunt, nec parietibus sed orbe clauduntur, nec tecto sed caelo operiuntur.  (2) Velut primum illud est (ne statim summa captemus) quod creber egressu exspectantibus populis te fateris, nec videri modo patiens sed facilis adiri e proximo accipis vota hominum tuorum ut, quisquis ille consultor est, etiamsi meruerit (quod est rarum) repulsam, ferat tamen visi numinis conscientiam.  (3) At quanto aliter illorum principum mos fuit (quos loquar, notum est), qui maiestatem regiam imminui et vulgari putabant, nisi eos intra repositum Palatinae aedis inclusos tamquam aliquod Vestale secretum veneratio occulta consuluisset, nisi intra domesticam umbram iacentes solitudo provisa et silentia late conciliata vallassent.  (4) Quin si quando in lucem venire

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Brutus, der Hasser des Königsnamens, dem Leben für kurze Frist wiedergeschenkt, dein Zeitalter sehen könnte, wie es von Bestrebungen um Tugend, Sparsamkeit und Menschlichkeit erfüllt und durchdrungen ist, und dass auf dem gesamten Erdkreis keine Spur von Hochmut, Willkür und Grausamkeit mehr vorhanden ist; wenn er dann dich selbst, sei es im öffentlichen, sei es im privaten Raum, anschauen könnte, wie du in harter Zucht nach Art der Heerführer alter Zeit dein Leben zubringst, in sittenstrenger Reinheit wie die Oberpriester, mit maßvollem Regiment wie die Konsuln und mit freundlichem Zuvorkommen wie die Bewerber um ein Amt: (6) er würde wahrhaftig nach so langer Zeit seine Meinung ändern, und wenn er anerkennen würde, dass Rang und Freiheit Roms unter deiner Herrschaft in besserer Verfassung sind als sie es unter seinem Konsulat waren, müsste er zugeben, dass man Tarquinius und nicht das Königtum hätte beseitigen sollen. 21  (1) Doch beim Besuch großer Städte halten wir es gewöhnlich so, dass wir zuerst sakrale Bauwerke und der höchsten Gottheit geweihte Heiligtümer besichtigen, danach die Foren, Gymnasien und Promenaden, die ihren Säulenhallen vorgelagert sind, bewundern; ebenso erweisen wir beim Lob deiner Person zunächst den heiligen Riten deines Palastes unsere Verehrung sowie den Bräuchen, die den Vergleich mit den Zeremonien alter Zeit verdienen; dann lenken wir unseren Schritt zu den Dingen hin, die, im Zentrum befindlich und der Allgemeinheit zur Verfügung stehend, nicht einer Gruppe, sondern der Gemeinschaft von Nutzen sind, und die keine Wände, sondern den Erdkreis als Grenze haben und auch nicht von einem Dach, sondern von der Wölbung des Himmels bedeckt sind.  (2) Zum Beispiel steht da an erster Stelle jenes Verdienst (um nicht sofort die höchsten Dinge anzugehen), dass du häufig in der Öffentlichkeit auftrittst, dich den Volksmengen, die auf dich warten, zeigst und dich nicht nur geduldig anschauen lässt, sondern auch leichten Zutritt gewährst und die Wünsche der Menschen, der Deinen, aus unmittelbarer Nähe entgegennimmst: also kann jeder, der dich um Rat ersucht, mag er auch, was selten ist, eine Zurückweisung verdient haben, dennoch das Bewusstsein mitnehmen, die göttliche Hoheit selbst gesehen zu haben.  (3) Doch wie ganz anders war das Verhalten jener Herrscher (es ist bekannt, wen ich damit meine), die der Ansicht waren, die kaiserliche Macht werde gemindert und zum Allgemeinbesitz gemacht, hätte man ihnen nicht, im Innern des Palastgebäudes eingeschlossen wie in einem Heiligtum der Vesta, Verehrung im Verborgenen erwiesen und ihren Rat erbeten; und hätte sie nicht, da sie im Schatten des Hauses verharrten, sorgsam behütete Abgeschiedenheit und weit ringsum abgesicherte Stille wie ein Wall umgeben.  (4) Ja, wenn sie es aber einmal über sich gebracht hatten,

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et diem ferre potuissent, lecticis tensisque subvecti et densissima circum supraque cooperti virorum armorumque testudine sensim atque ad numerum movebantur. Tum longe populus abigebatur, nec otiosa viatoris manus plebem verbere submovebat, ut secretum esset in publico.  (5) At noster hic omnibus spectandus offertur, nec magis communem hunc diem atque solem quam nostrum imperatorem videri licet. Quin cum vicinum habeant permissa fastidium, numquam iste mirantes explet oculos; magis magisque visus expetitur, et (novum dictu) praesens desideratur. 22  (1) Miremur in urbibus tuis et a tuis populis te videri? – quem fere nulla in solo suo natio externa non vidit, idque ita crebro ut paene tam notus sit barbaris vultus iste quam nobis. Nec frustra, cum aestates omnes foris, hiemes domi ducens civibus hostibusque pari sorte anni spatia diviseris et, si qui forte sunt barbarorum qui nondum virtutis tuae fulmen exceperint, nominis terrore percussi et velut adflati quiescant.  (2) Tua enim, imperator, auspicia non hae tantum gentes tremunt quas ab orbe nostro silvarum intervalla vel flumina montesve distinguunt, sed quas aeternis ardoribus inaccessas aut continua hieme separatas aut interfusis aequoribus abiunctas Natura disterminat. Non Oceano Indus, non frigore Bosforanus, non Arabs medio sole securus est; quo vix pervenerat nomen ante Romanum, accedit imperium.  (3) Dicamne ego receptos servitum Gothos castris tuis militem, terris sufficere cultorem? Dicam a rebellibus Sarracenis poenas polluti foederis expetitas? Dicam interdictum Scythis Tanain et imbelles arcus etiam fugientis Albani?  (4) Quaecumque natio barbarorum robore ferocia numero gravis umquam nobis fuit, aut boni consulit ut quiescat aut laetatur quasi amica si serviat. Persis ipsa rei publicae nostrae retro aemula

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ans Licht zu kommen und den hellen Tag zu ertragen, so ließen sie sich auf Sänften und Götterwagen transportieren und bewegten sich, ringsumher und von oben durch einen undurchdringlichen Schild von Männern und Waffen abgeschirmt, langsam und im Takt voran. Dann wurde das Volk weit abgedrängt, und unaufhörlich wehrte die Hand des Zugordners mit Hieben die Menge ab, um auch in der Öffentlichkeit die Absonderung aufrechtzuerhalten.  (5) Doch unser Herrscher hier bietet sich den Augen aller dar, und es ist uns vergönnt, unseren Kaiser ebenso selbstverständlich zu betrachten wie dieses Tageslicht und die Sonne hier. Ja, mag das Erlaubte auch leicht den Überdruss in seiner Nähe finden: an ihm kann sich das Auge niemals sattsehen in Bewunderung, immer noch mehr verlangt man, ihn zu sehen, und – seltsam, das zu sagen: obgleich er da ist, sehnt man seine Gegenwart herbei. 22  (1) Sollen wir darüber staunen, dass du dich in deinen Städten und von deinen Völkern sehen lässt, du, den fast jedes fremde Volk schon auf dem eigenen Boden gesehen hat, und dies tust du so häufig, dass dein Angesicht bei den Barbaren schon fast ebenso bekannt ist wie bei uns? Und nicht ohne Erfolg, da du alle Sommer auswärts und alle Winter zu Hause zubringst und die Abschnitte des Jahres auf die Bürger und auf die Feinde zu gleichem Anteil aufgeteilt hast, und da die Barbaren, wenn es denn zufällig noch welche gibt, die den zerschmetternden Blitzschlag deiner Tapferkeit noch nicht zu spüren bekommen haben, vom Schrecken deines bloßen Namens getroffen und gleichsam vom Blitzstrahl versengt, sich nicht rühren.  (2) Denn vor deiner Macht, Kaiser, zittern nicht nur die Völker, die von unserem Kreis durch Waldregionen, Flüsse oder Berge getrennt sind, sondern auch diejenigen, welche die Natur von uns scheidet, weil sie in ewiger Sonnenglut unerreichbar oder durch einen Winter ohne Ende unzugänglich oder durch trennende Meeresfluten ferngehalten sind. Nicht lebt der Inder durch den Ozean in Sicherheit, nicht der Anwohner des Bosporus durch die Kälte, nicht der Araber in der Sonnenglut des Südens. Dort, wo früher kaum der Name Roms hingelangt war, rückt deine Herrschaft vor.  (3) Soll ich die Goten nennen, die in unsere Dienste aufgenommen sind, sich deinem Lager als Soldaten, unserem Land als Bauern zur Verfügung zu stellen? Soll ich die Strafen nennen, die man von den aufständischen Sarazenen für die Verletzung des Vertrages eingefordert hat? Soll ich den Tanais nennen, der den Skythen verboten ist, und, nicht mehr im Kriegseinsatz, den Bogen des Albaners, der sogar auf der Flucht ist?  (4) Jedes Barbarenvolk, das uns je durch seine Stärke, wilden Mut und Zahl schwere Last bedeutet hat, ist zufrieden, Ruhe zu halten, oder freut sich, gleichsam befreundet, wenn es uns unterworfen dient. Sogar das Land der Perser, in der Vergangenheit Konkurrent unseres Staates und berühmt für

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et multis Romanorum ducum famosa funeribus, quidquid umquam in principes nostros inclementius fecit, excusat obsequio.  (5) Denique ipse ille rex eius dedignatus antea confiteri hominem iam fatetur timorem et in his te colit templis in quibus colitur; tum legatione mittenda, gemmis sericoque praebendo, ad hoc triumphalibus beluis in tua esseda suggerendis, etsi adhuc nomine foederatus, iam tamen tuis cultibus tributarius est. 23  (1) Nec tamen, imperator, existimes cuncta me ad aurium gratiam locuturum: triumphis tuis Galli (stupeas licebit) irascimur. Dum in remota terrarum vincendo procedis, dum ultra terminos rerum metasque Naturae regna Orientis extendis, dum ad illos primae lucis indigenas et in ipsum, si quod est, solis cubile festinas, invenit tyrannus ad scelera secretum.  (2) O quam parvis veniunt mala summa principiis! Sic in ultimum prope Italici generis excidium ecfracto Cn. Lentuli ludo mirmillonum agmen emicuit; sic bella consulibus ancipiti Marte pugnata Cilix pirata conflavit; sic tenentibus arma fugitivis Romana diu pila cesserunt ferro ergastulorum.  (3) Quis non ad primum novi sceleris nuntium risit? Nam res infra dignitatem iracundiae videbatur, cum pauci homines et insulani totius incendium continentis adolerent et regali habitu exsulem suum illi exsules orbis induerent.  (4) At quantos parturiebat Fortuna motus! Quantum rei publicae malum pestis augenda, quantam tibi gloriam restinguenda servabat, praecipue cum perfidia ducum, defectione legionum contra rem publicam foret versum quidquid pro re publica fuerat armatum! 24  (1) Nolo tamen usquequaque miserorum vel factum onerare vel fatum qui, dum carnifici purpurato tua se et adfinitate et favore iactanti infeliciter

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den Tod zahlreicher Heerführer Roms, büßt in willfähriger Unterwerfung alles, was es je im Übermaß schonungsloser Härte unseren Herrschern angetan hat.  (5) Schließlich gibt selbst der große König dieses Landes, der früher das Eingeständnis, ein Mensch zu sein, von sich gewiesen hat, heute seine Furcht zu und erweist dir in eben den Tempeln seine Verehrung, wo man ihn verehrt; ferner schickt er eine Gesandtschaft, bietet Edelsteine und Seidenstoff, liefert noch dazu für deine Wagen Tiere zum Triumphzug, und also ist er dir – wenn auch dem Namen nach noch ein Verbündeter – dennoch, wie die dir erwiesenen Ehren zeigen, jetzt zu Tribut verpflichtet. 23  (1) Doch du sollst nicht glauben, Kaiser, ich hätte die Absicht, alle Dinge nur deinen Ohren zu Gefallen vorzutragen. Über deine Triumphe sind wir Gallier voll Zorn (du magst darüber staunen): während du siegreich in entlegene Länder der Erde vorrückst, während du die Reiche des Ostens über die Grenzen der Welt und über die Schranken der Natur hinaus ausdehnst, während du in eiligem Lauf zu jenen Völkern des Sonnenaufgangs und gar bis zu dem Ort vordringst, wo sich die Sonne zur Ruhe begibt (falls ein solcher existiert), hat ein Tyrann einen geheimen Weg für seine verbrecherischen Taten ausfindig gemacht.  (2) O, wie klein sind doch die Anfänge, aus denen größtes Leid entsteht! So ist ein Trupp von Myrmillonen aus der Schule des Cn. Lentulus ausgebrochen und losgestürmt, um das italische Volk fast in äußerste Vernichtung zu stürzen; so hat der kilikische Pirat Kriege entfacht, in denen die Konsuln mit wechselndem Kriegsglück zu kämpfen hatten; so mussten, als entflohene Sklaven Waffen führten, die Speere Roms für lange Zeit vor den Klingen der Sklavenwerkstätten das Feld räumen!  (3) Gibt es jemanden, der bei der ersten Nachricht von diesem beispiellosen Verbrechen nicht in spöttisches Gelächter ausgebrochen ist? Die Sache schien ja zu gering, als dass sie Zorn verdiente, da eine nur geringe Zahl an Menschen und Inselbewohnern damit beschäftigt war, einen ganzen Kontinent in Brand zu setzen und, selbst verstoßen aus dem Erdkreis, ihren eigenen Ausgestoßenen in das Gewand des Herrschers kleidete.  (4) Doch was für gewaltige Erschütterungen wollte Fortuna da hervorrufen! Wie großes Leid hat das Anwachsen dieser Pest dem Staat noch vorbehalten, wie großen Ruhm hat ihre Auslöschung für dich bewahrt, besonders da sich durch den Treubruch der Heerführer und den Abfall der Legionen alles gegen den Staat richten sollte, was zum Schutz des Staates mit Waffen ausgestattet war! 24  (1) Doch will ich nicht in einem fort das Handeln oder das Schicksal der Unglücklichen mit noch größerer Last beladen; indem sie unseligerweise diesem Henker im Purpur Glauben schenkten, der sich der Verwandtschaft mit

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c en­ credunt, gravissimum omnium nefas fecerunt adfectu inno­ tium.  (2) Intellego quam difficilem in locum scopulosumque devenerim. Nam cum revolvi illud lustrale iustitium aures tuae respuant, laudes petant gloriaeque intersit ad praesentium commendationem bonorum mala decursa reputari, contra vero clementia summam beneficii sui malit imminui quam tristium enumeratione cumulari, necesse me erit vel tacentem publica incommoda vel loquentem aut ingratum virtuti aut onerosum esse pietati.  (3) Sed tamen, imperator, exiguam sensibus tuis iniunge patientiam; nam si dulcis in bonis miseriarum recordatio est, si nautas tempestatum si medicos iuvat meminisse morborum, cur non tu quoque mala nostra audias ut tua beneficia recognoscas?  (4) Unde igitur ordiar, nisi de tuis, mea Gallia, malis? quae ex omnibus terris quas illa pestis insederat haud iniuria tibi vindicas privilegium miseriarum non auribus modo, quarum sensus est levior, sed coram oculis ferre compulsa victoriam Maximi, interitum Gratiani.  (5) Alta licet vulnera, quod fatendum est, proximus nobis Italus et contiguus ostendat Hispanus; sed in dolore summo habet suum uterque solacium. Tyrannidem ille non vidit; hic tyrannicidium vidit.  (6) Nos primi impetum beluae furentis excepimus, nos saevitiam eius innocentium sanguine, nos cupiditatem publica paupertate satiavimus. Apud nos semet exercuit crudelitas iam secura et adhuc inops avaritia. Alibi malum publicum aut coepit aut destitit: in Gallia sedit. 25  (1) Quis se nobis calamitate contulerit? Tyrannum et cum aliis tulimus et soli. Quid ego referam vacuatas municipibus suis civitates, impletas fugitivis nobilibus solitudines? Quid perfunctorum honoribus summis virorum

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dir wie auch deiner Gunst rühmte, haben sie, in ihrem Herzen ohne Schuld, das schändlichste aller Verbrechen begangen.  (2) Ich erkenne, an welch schwieriger und klippenreicher Stelle ich angelangt bin. Denn wenn dein Ohr sich weigert anzuhören, dass jenes Jahrfünft allgemeinen Stillstands wieder ins Gedächtnis gerufen wird; wenn dein Lob aber danach verlangt und es zu deinem Ruhm beiträgt, im Hinblick auf den Lobpreis unseres gegenwärtigen Glückes auch das erlittene Leid zu bedenken; wenn andererseits aber deine Milde lieber den ganzen Umfang ihrer Wohltaten in geringerem Licht erscheinen als durch die Aufzählung schmerzlicher Ereignisse auftürmen lassen will, wird es für mich keinen Ausweg geben: ob ich das Unglück der Allgemeinheit verschweige oder darüber spreche, entweder bin ich voller Undank gegenüber deinem Verdienst oder ich falle dir in deiner Güte zur Last.  (3) Lege aber trotzdem, o Kaiser, deinen Gefühlen noch eine kleine Weile die Zügel der Geduld an! Denn wenn Erinnerung an Leid süß ist im Glück, wenn es dem Seemann Freude macht, bestandener Stürme zu gedenken, dem Arzt, sich an geheilte Krankheiten zu erinnern, warum sollst du dann nicht auch von unseren Leiden hören, um dir deine Wohltaten für uns zu vergegenwärtigen?  (4) Wo soll ich also beginnen, wenn nicht bei deinen Leiden, mein liebes Gallien? Von allen Ländern, in denen sich jene Pest festgesetzt hatte, nimmst du mit gutem Recht den ersten Platz des Elends in Anspruch, da du nicht nur gezwungen warst, es mit Ohren zu vernehmen (die Wahrnehmung des Gehörs ist leichter zu ertragen), sondern mit eigenen Augen den Sieg des Maximus, den Untergang des Gratianus anzusehen.  (5) Unser nächster Nachbar Italien und das angrenzende Spanien mögen tiefe Verwundungen vorweisen (das muss man zugeben), doch im größten Schmerz hat jedes seinen eigenen Trost: das eine (Spanien) hat keinerlei Tyrannis zu Gesicht bekommen, das andere hat die Tötung des Tyrannen angeschaut.  (6) Wir haben als erste den Angriff der rasenden Bestie erlebt, wir haben ihr Toben mit dem Blut Unschuldiger gesättigt, wir haben ihre Gier mit der Not des ganzen Volkes gestillt. Bei uns fanden Grausamkeit, jetzt ohne Risiko, und Habsucht, immer noch ungestillt, ihr Trainingsfeld. Andernorts hat das Unglück der Allgemeinheit seinen Anfang genommen oder sein Ende erlebt, in Gallien hat es sich festgesetzt. 25  (1) Wer könnte sich an Unglück denn mit uns vergleichen? Den Tyrannen haben wir sowohl zusammen mit den anderen als auch allein ertragen. Wozu soll ich berichten von den Städten, die ihrer eigenen Bürger entblößt, von öden Regionen, die jetzt voll sind von Flüchtlingen vornehmen Standes? Wozu sprechen von der Einziehung der Güter von Männern, die höchste Ämter verwaltet hatten, vom Verlust der bürgerlichen Rechte, von der Bemes-

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bona publicata, capita diminuta, vitam aere taxatam?  (2) Vidimus redactas in numerum dignitates et exutos trabeis consulares et senes fortunarum superstites et infantum sub ipso sectore ludentium flendam securitatem, cum interim miseri vetabamur agere miseros, immo etiam cogebamur mentiri beatos et, cum domi atque secreto solis coniugibus ac liberis credidissemus furtivum dolorem, procedebamus in publicum non nostrae fortunae vultu.  (3) Audires enim dicere delatorem: ‚Quid ita ille tristis incedit? An quia pauper ex divite est? Non enim se vivere gratulatur? Quid ita hic publicum atratus incestat? Luget, credo, fratrem; sed habet filium.‘ Ita fleri non licebat amissa metu reliquorum.  (4) Serenos ergo nubilis mentibus vultus induebamus, et ad illorum vicem qui degustato Sardorum graminum suco feruntur in morte ridere, imitabamur laeta maerentes.  (5) Est aliquod calamitatum delenimentum dedisse lacrimas malis et pectus laxasse suspiriis; nulla maior est poena quam esse miserum nec videri. Spes inter haec nulla praedonis explendi.  (6) Nec enim, ut Natura fert, copiam satietas sequebatur; crescebat in dies habendi fames, et parandi rabiem parta irritabant.  (7) Ut aegrorum sitim potus accendit, ut ignis arentibus non obruitur sed augetur, ita coactae publica egestate divitiae aviditatem ieiunae mentis acuebant. 26  (1) Stabat ipse purpuratus ad lances et momenta ponderum nutusque trutinarum pallens atque inhians exigebat. Comportabantur interim spolia provinciarum, exuviae exsulum, bona peremptorum. (2) Hic aurum matronarum manibus extractum, illic raptae pupillorum cervicibus bullae, istic dominorum cruore perfusum appendebatur argentum. Numerari ubique pecuniae, fisci repleri, aera cumulari, vasa concidi, cuivis ut intuenti non

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sung einer Existenz nach Geldeswert?  (2) Wir haben gesehen, wie man die Stellungen von Rang zu bloßer Zahl degradiert, den Konsularen ihre Trabea ausgezogen hat, wie alte Männer ihr Vermögen überlebten, wie mitleiderweckend die Sorglosigkeit kleiner Kinder war, die sich direkt zu Füßen des Aufkäufers an ihren Spielen vergnügten; unterdessen hat man uns Unglückliche gehindert, unser Unglück offen zu zeigen, ja man hat uns gar gezwungen, Glück zu heucheln und, während wir, zuhause und im Verborgenen, nur unseren Frauen und Kindern unseren heimlichen Schmerz anvertraut hatten, traten wir in der Öffentlichkeit mit einer Miene auf, die nichts von unserem wirklichen Schicksal verriet.  (3) Man hätte ja einen Denunzianten sagen hören können: „Was geht der da so trübsinnig einher? Etwa, weil er, zuvor ein reicher Mann, heute in Armut ist? Ist er denn nicht froh und dankbar, überhaupt am Leben zu sein? Wieso beschmutzt der hier die Öffentlichkeit mit seinem Trauerkleid? Er beklagt einen Bruder, glaube ich, – aber er hat einen Sohn!“ Also war es uns nicht möglich, das Verlorene zu betrauern, aus Furcht um das, was uns geblieben war.  (4) So kleideten wir unser betrübtes Gemüt in heitere Mienen und wie diejenigen, die nach dem Genuss des Saftes sardischer Kräuter noch im Tod ein Lachen zeigen sollen, boten wir noch im Schmerz ein Bild der Freude.  (5) Es liegt eine gewisse Linderung des Unglücks darin, über das Leid Tränen zu vergießen und die Brust durch Seufzer zu erleichtern. Es gibt keine größere Strafe, als im Unglück zu sein und dies nicht zeigen zu dürfen. Und inmitten solcher Not keinerlei Hoffnung, diesen Halsabschneider zufriedenzustellen!  (6) Denn bei ihm folgte nicht, wie die Natur es sonst eingerichtet hat, auf Fülle Sättigung: von Tag zu Tag wuchs sein Hunger nach Besitz, und das bereits Gewonnene verursachte nur wilde Gier nach weiterem Gewinn.  (7) Wie ein Trunk den Durst der Kranken steigert, wie ein Feuer durch trockenes Material nicht erstickt wird, sondern wächst, so stachelten die Schätze, aufgehäuft um den Preis allgemeiner Not, die Habgier eines hungrigen Gemütes an. 26  (1) Er stand im Purpurkleid persönlich bei den Waagschalen und prüfte, bleich und mit offenem Mund gaffend, die Bewegung der Gewichte und die Schwankungen von Zünglein und Nadel. Unterdessen brachte man den Raub aus den Provinzen, die Beutestücke der Vertriebenen, die Habe der Getöteten heran.  (2) Hier wurde das Gold gewogen, das man den verheirateten Frauen aus den Händen gerissen hatte, dort die Amulettkapseln, die man den verwaisten Kindern vom Hals gezerrt hatte, da das Silber, überströmt vom Blut seiner Herren. Überall wurde Geld gezählt, es wurden Kästen vollgestopft, Münzen aufgehäuft und Gefäße zerschmettert, so dass es für jeden Betrachter aussah, als sei dies nicht der Wohnsitz eines Kaisers, sondern der Schlupfwinkel ei-

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illud imperatoris domicilium sed latronis receptaculum videretur.  (3) Sed tamen latro raptis abutitur et ablata aliis [ut] sibi reddit, nec ideo vias saltusque obsidet, ut thesaurum struat atque defodiat et cum scelere miser sit, sed ut gulae ventrique suppeditet nec desit sumptus impendiis; nam et effundit et neglegit eadem quaerendi et perdendi facilitate.  (4) Noster ille pirata, quidquid undecumque converrerat, id nobis sibique periturum in illam specus sui charybdim congerebat. Charybdim loquor? quae cum plena navigia sorbuerit, dicitur tamen reiectare naufragia et contortas fundo rates Tauromenitanis litoribus exponere.  (5) Bona nostra ad aerarium una et perpetua via ibant; nullas eorum reliquias, nulla fragmenta vel sero victa fastidio illa communis vorago revomebat. 27  (1) Est improborum principum postrema defensio auferre donanda et invidiam rapinarum magnitudine munerum deprecari. Quae (malum!) ratio est abstulisse omnibus quod nullus habiturus sit?  (2) Et privatorum quidem avaritiae, licet mala, tamen aliqua defensio est: timetur inopia et reponitur senectuti et prospicitur heredi. Quam adfert causam concupiscendi qui quantum ubique est habet?  (3) Quin ego, si fas piumque mortalibus aestimare caelestia, nullam maiorem esse crediderim principum felicitatem quam fecisse felicem et intercessisse inopiae et vicisse Fortunam et dedisse homini novum fatum.  (4) Itaque imperatori propriam maiestatem bene aestimanti non tam illud videri suum debet quod abstulit quam quod dedit.  (5) Nam cum intra ipsum volvantur omnia et, ut ille qui cuncta ambit Oceanus quas suggerit aquas terris recipit e terris, ita quidquid in cives manat a principe redundet in principem, et rei et famae bene consulit munificus imperator; lucratur enim gloriam, cum det pecuniam reversuram.

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nes Räubers.  (3) Aber ein Räuber genießt doch seinen Raub in vollen Zügen und lässt das, was er anderen weggenommen hat, sich selbst zukommen; und er hält nicht deswegen Straßen und Pässe besetzt, damit er einen Schatz aufhäufen und vergraben und mit seinem Verbrechen ein armseliges Leben führen kann, sondern um Gaumen und Bauch zu frönen und es nicht an Geld für seine Aufwendungen fehlen zu lassen. Denn er verschwendet alles ohne Achtsamkeit, ebenso unbekümmert im Gewinn wie im Verlust.  (4) Unser Pirat da hatte die Gewohnheit, alles, was er überall zusammengeschachert hatte, für uns und für ihn selbst zum Untergang bestimmt, in der Charybdis seiner Höhle dort aufzuhäufen. Charybdis sage ich? Wenn sie die vollbeladenen Schiffe eingesogen hat, schleudert sie doch, wie man sagt, die Wracks wieder zurück und wirft die Schiffe, die sie in ihrem Abgrund verschlungen hat, hinaus an die Gestade von Tauromenion.  (5) All unsere Habe nahm ihren Weg auf einer einzigen Straße, ohne Unterbrechung, in seine Schatzkammer; keinerlei Reste davon, keinerlei Bruchteile hat, selbst in späterer Zeit, von Ekel überwältigt jener allesverzehrende Schlund wieder ausgespieen. 27  (1) Eine letzte Verteidigungsmöglichkeit nichtswürdiger Herrscher ist es, Güter zu entwenden, um sie dann als Geschenke einzusetzen, und durch die Größe der Gaben den Hass, den ihre Raubzüge hervorrufen, abzuwenden. Aber (was für ein Unsinn!), welchen Grund gibt es, allen das wegzunehmen, was dann keiner haben soll?  (2) Auch für die Habgier gewöhnlicher Leute gibt es doch irgendwie einen Verteidigungsgrund, mag er auch schlecht sein: man fürchtet eine Notlage, macht Rücklagen für das Alter, trifft Vorsorge für seinen Erben. Welchen Grund für sein heftiges Verlangen führt jemand an, der alles, was es auf der Welt gibt, bereits besitzt?  (3) Ja, ich möchte glauben (wenn es Sterblichen gestattet ist und frommem Sinn entspricht, himmlische Dinge zu beurteilen), dass es kein größeres Glück für die Herrscher gibt, als jemanden glücklich zu machen, dem Mangel abzuhelfen, Fortuna zu besiegen und einem Menschen ein neues Schicksal zu geben.  (4) Daher soll ein Kaiser, der von seiner eigenen Herrscherwürde eine zutreffende Vorstellung hat, nicht so sehr dasjenige als seinen persönlichen Besitz ansehen, was er anderen weggenommen hat, wie das, was er ihnen gegeben hat.  (5) Denn die Bewegung aller Dinge vollzieht sich innerhalb seiner persönlichen Sphäre, und ebenso, wie jener alles umschließende Ozean die Wasser, die er an die Länder heranträgt, von den Ländern wieder zurückerhält, kehrt alles, was vom Herrscher auf seine Bürger übergeht, auch wieder zum Herrscher zurück: und daher sorgt ein Kaiser, wenn er freigebig ist, in der rechten Weise für sein eigenes Interesse und Ansehen. Er gewinnt ja Ruhm, wenn er Geld austeilt, das zu ihm zurückkehren wird.

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28  (1) Sed illi quidem stulta omnis ratio captandae laudis videbatur; qui praeter insitum pessimo cuivis boni exemplum summam felicitatem habendi ac nocendi fine determinans non solum ut quam plurimum quaereret sed ut nihil cuiquam reliqui faceret laborabat. Nec enim qui regibus mos est, exercendis invigilabat metallis ut latentia Naturae bona in usum arcesseret et pararet innoxias nullo pauperiore divitias.  (2) Parum ille pretiosum putabat aurum quod de montium venis aut fluminum glareis quaesitor Bessus aut scrutator Gallaicus eruisset; illud purius splendidiusque credebat quod dedissent dolentes, quod hominum lacrimae non amnium aquae abluissent, nec e terrenis specubus egestum sed e cervicibus iugulisque caesorum esset ecfossum.  (3) Sic, cum immitis tyranni et stilus timeretur et gladius, transierat in vota paupertas et, ut possemus effugere carnificem, optabamus subire sectorem.  (4) Quod si cui ille pro ceteris sceleribus suis minus crudelis fuisse videtur, vestrum is, vestrum, Vallio triumphalis et trabeate Merobaudes, recordetur interitum; quorum alter post amplissimos magistratus et purpuras consulares et contractum intra unam domum quendam honorum senatum vita sese abdicare compulsus est, alteri manibus satellitum Britannorum gula domi fracta et inusta femineae mortis infamia, ut scilicet maluisse vir ferri amantissimus videretur laqueo perire quam gladio.  (5) Sed in illos fortasse speciales putaretur habuisse odiorum causas tyrannus; steterat enim uterque in acie Gratiani et Gratianus utrumque dilexerat. Quid de his dicimus qui honorum ac principum nescii et tantum inter suos clari nobiles animas sub carnifice fuderunt?

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28  (1) Doch jener Person schien freilich jede Überlegung, wie man Ruhm erwerben könne, töricht. Denn im Gegensatz dazu, dass auch den schlechtesten Menschen ein Bild des Guten von Geburt an innewohnt, bemaß er sein höchstes Glück nach dem Ziel, Besitz zu haben und die Macht, Schaden zuzufügen, und er strengte sich nicht nur an, möglichst großen Gewinn zu erlangen, sondern niemandem auch nur irgendetwas übrig zu lassen. Denn er trug auch nicht, wie es die Könige üblicherweise tun, Sorge für den Abbau in den Minen, um so die verborgenen Schätze der Natur nutzbar zu machen und um Reichtum zu gewinnen, der niemandem schadet und durch den niemand in Armut gerät.  (2) Für zu wenig kostbar hielt jener das Gold, das der bessische Sucher oder der gallaecische Arbeiter aus den Erzadern der Berge oder aus dem Kies der Flüsse hervorgeholt hatten; als reiner und prächtiger glänzend sah er jenes Gold an, das man ihm unter Schmerzen ausgehändigt hatte, das die Tränen der Menschen, nicht das Wasser der Flüsse gebadet hatte und das nicht aus Höhlen in der Erde zutage gefördert, sondern seinen Mordopfern von Hals und Kehle weggerissen war.  (3) So hatte sich, da man Stilus und Schwert des erbarmungslosen Tyrannen fürchtete, Armut zum Gegenstand unserer Wünsche verwandelt, und um dem Henker entrinnen zu können, war es unser Wunsch, uns dem Aufkäufer unseres Besitzes zu unterwerfen.  (4) Wenn aber jemand den Eindruck hat, jener sei, gemessen an seinen sonstigen Verbrechen, hier weniger grausam gewesen, mag er sich an euren, ja an euren Tod zurückerinnern: Vallio, der du selber den Triumph erlebtest, und Merobaudes, der du die Trabea trugst! Von ihnen ist der eine, nach Absolvierung höchster Ämter, nach Konsulspurpur und nachdem in einem einzigen Haus quasi ein „Senat“ an Auszeichnungen zusammengekommen war, gezwungen worden, aus dem Leben zu scheiden; den anderen hat man zuhause von der Hand britannischer Spießgesellen erdrosseln lassen und ihn mit der Schande einer Todesart, wie sie für Frauen angewendet wird, gebrandmarkt; offensichtlich mit dem Ziel, den Anschein zu erwecken, er, ein Mann, der das Schwert so sehr liebte, habe es vorgezogen, durch den Strick statt durch das Schwert zu sterben.  (5) Doch man hätte glauben können, der Tyrann habe vielleicht ihnen gegenüber besondere Gründe gehabt, sie zu hassen: jeder hatte ja im Heer Gratians gestanden, und Gratian hatte jeden der beiden geschätzt. Was sagen wir denn über diejenigen, die, obgleich sie keine Bekanntschaft mit Ämtern und Herrschern gemacht hatten und nur unter ihren eigenen Leuten berühmt waren, ihr edles Blut unter dem Henker vergossen haben!

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29  (1) De virorum mortibus loquor, cum descensum recorder ad sanguinem feminarum, et in sexum cui bella parcunt pace saevitum?  (2) Sed nimirum graves suberant invidiosaeque causae, ut unco ad poenam clari vatis matrona raperetur; obiciebatur enim atque etiam probabatur mulieri viduae nimia religio et diligentius culta divinitas.  (3) Quid hoc maius poterat intendere accusator sacerdos? Fuit enim, fuit et hoc delatorum genus qui nominibus antistites, re vera autem satellites atque adeo carnifices, non contenti miseros avitis evolvisse patrimoniis calumniabantur in sanguinem et vitas premebant reorum iam pauperum; quin etiam, cum iudiciis capitalibus adstitissent, cum gemitus et tormenta miserorum auribus ac luminibus hausissent, cum lictorum arma cum damnatorum frena tractassent, pollutas poenali contactu manus ad sacra referebant et caerimonias quas incestaverant mentibus etiam corporibus impiabant.  (4) Hos ille Falaris in amicis habebat, hi in oculis eius atque etiam in osculis erant, nec iniuria, a quibus tot simul votiva veniebant: avaro divitum bona, cruento innocentium poena, impio religionis iniuria. 30  (1) Tandem in nos oculos deus retulit et bonis Orientis intentus ad mala nostra respexit et hunc sacerrimo capiti obiecit furorem ut foedus abrumpere, ius fetiale violare, bellum edicere non timeret.  (2) An ego sine divino numine factum putem, ut qui sub nomine pacis ludere et primi sceleris poenas lucrari quiescendo potuisset, secundum tertiumque vexillum latrocinii civilis attolleret et superatis Alpibus Cottiis Iulia quoque claustra laxaret tibique, imperator, imponeret servanti adhuc veniae fidem vincendi

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29  (1) Spreche ich über den Tod von Männern, während ich doch daran denke, dass man so weit gegangen ist, das Blut von Frauen zu vergießen, und dass man im Frieden gegen ein Geschlecht gewütet hat, das der Krieg verschont?  (2) Doch lagen natürlich gewichtige und hasserzeugende Gründe vor, die Gattin des berühmten Dichters mit dem Haken zu ihrer Bestrafung zu schleifen; es wurde der verwitweten Frau nämlich allzu große Frömmigkeit und allzu eifrige Verehrung der Gottheit zum Vorwurf gemacht und sogar als erwiesen anerkannt.  (3) Was für einen schlimmeren Vorwurf als diesen konnte der Kläger erheben, der ja Priester war? Denn es gab sie ja, es gab auch diese Spezies von Denunzianten, die dem Namen nach Priester von hohem Rang, in Wirklichkeit jedoch Spießgesellen und sogar Henker waren und die, nicht zufrieden damit, die Unglücklichen ihres altererbten Vermögens zu berauben, sie böswillig bis zum Tod verklagten und das Leben von Angeklagten bedrohten, die schon keine Güter mehr besaßen; ja, sogar wenn sie an solchen Gerichtsentscheiden auf Leben und Tod teilgenommen, wenn sie das Stöhnen und die Folterqualen der Unglücklichen mit eigenen Ohren und Augen gierig aufgenommen hatten, wenn sie mit den Waffen der Liktoren, mit den Fesseln der Verurteilten in Berührung gekommen waren: selbst dann wandten sie ihre Hände, die durch den Kontakt mit der Ausführung der Strafe befleckt waren, wieder den heiligen Dingen zu und schändeten die heiligen Handlungen, die sie mit ihrer Denk- und Sinnesart befleckt hatten, auch mit dem Körper.  (4) Solche Leute zählte jener Phalaris zu seinen Freunden, sie waren seine Augensterne und empfingen sogar seinen Kuss. Und das nicht ohne Grund: von ihnen wurden ihm so viele Dinge, die er sich wünschte, gleichzeitig zuteil: dem Habgierigen die Besitztümer der Reichen, dem Blutdürstigen die Marter der Unschuldigen, dem Frevler die Verletzung der Religion. 30  (1) Schließlich hat der Gott seine Augen auf uns gerichtet, hat – obschon aufmerksam auf das Wohl des Ostens bedacht – seinen Blick unserem Unglück zugewendet und diesem gänzlich verfluchten Haupt solchen Wahnsinn eingegeben, dass er sich nicht scheute, den Vertrag zu brechen, das Fetialrecht zu verletzen und die Kriegserklärung abzugeben.  (2) Soll ich glauben, es sei ohne göttlichen Willen geschehen, dass er, der sich unter einem nominellen Frieden hätte amüsieren und sich die Bestrafung seines ersten Verbrechens durch Wahrung der Ruhe hätte ersparen können, dass er also ein zweites und ein drittes Mal das Banner räuberischen Bürgerkriegs erhoben hat? Dass er die Cottischen Alpen bezwungen, dann sogar den Riegel der Julischen Alpen überwunden und dir, Kaiser, den Zwang zum Sieg auferlegt hat, der du bis zu diesem Moment für ihn noch die Garantie der Verzeihung aufrecht-

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necessitatem?  (3) Agebat eum, credo, praecipitem vindicanda iam proximo ultore res publica et extinctus aperto dominus parricidio poenas ab eo debitas expetebat. Non illud confidentia sed amentia, non temeritas sed necessitas erat, nec ultro lacessebat ille te bello sed ulterius non poterat se negare supplicio.  (4) Alioquin quando tantam concepisset audaciam, ut ruere in ferrum et obviam morti venire tam ignavus et timens mortis auderet, ut qui se non potuerit postea vel victus occidere?  (5) Et te quidem, imperator Auguste, ad adserendam rem publicam usurpandamque victoriam suffecisset in bella vel solum venire; nam si olim domini adversum rebelles servos dimicaturi flagra in aciem detulerunt tantaque vis conscientiae fuit ut ab inermibus verterentur armati et qui obtulerant mortibus pectora darent terga verberibus, nonne tu quoque legionibus otiosis rem totam visus egisses? 31  (1) An sustinere te coram et solum oculorum tuorum ferre coniectum ille quondam domus tuae neglegentissimus vernula mensularumque servilium statarius lixa potuisset? Non statim totum subisset hominem praeteriti sui tuique reputatio? Non sibi ipse obiecisset te esse triumphalis viri filium, se patris incertum; te heredem nobilissimae familiae, se clientem; te omni retro tempore Romani exercitus ducem, libertatis patronum, se orbis extorrem patriaeque fugitivum?  (2) Iam vero te principem in medio rei publicae sinu, omnium suffragio militum, consensu provinciarum, ipsius denique ambitu imperatoris optatum; se in ultimo terrarum recessu, legionibus nesciis, adversis provinciarum studiis, nullis denique auspiciis in illud tyrannici nominis adspirasse furtum?  (3) Postremo tecum fidem, secum perfidiam; tecum fas, secum nefas; tecum ius, secum iniuriam; tecum

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erhalten hattest?  (3) Unaufhaltsam in den Abgrund jagte ihn, so glaube ich, der Staat, der durch den Rächer, der schon ganz nahe war, seine Freiheit wiedererhalten sollte, und der Tod des Herrschers, den unverhohlener Mord beseitigt hatte, forderte die Bestrafung, die er dafür schuldig war. Das war kein Akt des Selbstvertrauens, sondern des Wahnsinns, kein Akt der Unbesonnenheit, sondern der Notwendigkeit. Er forderte dich nicht aus freien Stücken zum Krieg heraus, sondern er war nicht imstande, sich noch weiter der Bestrafung zu entziehen.  (4) Wie hätte er denn sonst auch solche Kühnheit entwickeln können, sich wagemutig in den Kampf der Schwerter zu stürzen und dem Tod die Stirn zu bieten, so feige, wie er war, und so sehr von Todesfurcht erfüllt, dass er ja nicht einmal später, als er sogar schon besiegt war, es fertigbrachte, sich das Leben zu nehmen?  (5) Und was dich angeht, Imperator Augustus, so hätte es, um dem Staat die Freiheit zu geben und den Sieg zu erringen, jedenfalls genügt, wenn du sogar allein in die Schlacht gezogen wärst. Denn wenn es in alter Zeit so war, dass die Herren, wenn sie gegen rebellische Sklaven kämpfen wollten, ihre Peitschen in den Kampf mitnahmen, und dass die Macht des Gewissens so stark war, dass Bewaffnete von Unbewaffneten in die Flucht geschlagen wurden und Männer, die ihre Brust dem Tod entgegengehalten hatten, vor Peitschenhieben die Flucht ergriffen: hättest da nicht auch du die ganze Angelegenheit ohne Beteiligung deiner Legionen durch dein bloßes Auftreten erledigt? 31  (1) Oder hätte er es vermocht, deiner Gegenwart standzuhalten und es zu ertragen, dass auch nur der Blick deiner Augen auf ihn gerichtet wäre, er, der einst als ganz pflichtvergessener Sklave zu deinem Haus gehörte und bei den Tischen der Sklaven als Besorger von Speisen postiert war? Hätte diesen Menschen nicht auf der Stelle ganz und gar die Erinnerung an die Vergangenheit, die eigene und die deine, gepackt? Hätte er sich nicht selbst vor Augen geführt, dass du der Sohn eines Triumphators bist und er nicht weiß, wer überhaupt sein Vater ist? Du der Erbe aus einer sehr vornehmen Familie, er ein Klient; du in der ganzen Zeit zuvor Führer des römischen Heeres, Schirmherr der Freiheit, er aus der Welt verbannt und seinem Vaterland entflohen?  (2) Vollends, dass du als Herrscher mitten im Herzen des Reiches, mit der Stimme aller Soldaten, mit der Zustimmung der Provinzen, schließlich vom Werben des Kaisers selbst erwählt bist; dass er – im letzten Schlupfwinkel der Erde, ohne Kenntnis der Legionen, den Bestrebungen der Provinzen zuwider, schließlich ohne Auspizien – es auf den Raub des Titels eines Tyrannen abgesehen hatte?  (3) Schließlich, dass auf deiner Seite die Treue, auf seiner der Treubruch stand; auf deiner Seite göttliches Recht, auf seiner der Frevel; auf deiner Seite die Gerechtigkeit, auf seiner das Unrecht; auf dei-

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clementiam pudicitiam religionem, secum impietatem libidinem crudelitatem et omnium scelerum postremorumque vitiorum stare collegium?  (4) Res ipsas interrogemus et, quae certissima coniectatio est, colligamus gerenda gestis. Num tandem dubitari potest quid fuerit eo praesente facturus, quem non vidit et fugit? 32  (1) Quamvis igitur, imperator, hoste tali abutereris nec tam ad proelium conserendum quam ad supplicium de nefario capite sumendum venires, consiliis tamen tantis tantisque rationibus bellum administrabas, ut cum Perse aliquo decertaturus aut Pyrrho aut cum illo ipso Hannibale videreris.  (2) Nam primum fidem regum quibus limes Orientis ambitur data atque accepta dextera signas, quo foris securus agitares, si nihil sollicitum et suspectandum domi reliquisses.  (3) Tunc copias tuas trifariam dividis, ut et hostis audaciam multiplicato terrore percelleres et fugam circumfusus ambires. Postremo populis barbarorum ultroneam tibi operam ferre voventibus commilitii munus indulges, ut et limiti manus suspecta decederet et militi auxiliator accederet; qua tua benignitate pellectae omnes Scythicae nationes tantis examinibus confluebant, ut, quem remiseras tuis, barbaris videreris imperasse dilectum.  (4) O res digna memoratu! Ibat sub ducibus vexillisque Romanis hostis aliquando Romanus, et signa contra quae steterat sequebatur, urbesque Pannoniae quas inimica dudum populatione vacuaverat miles implebat. Gothus ille et Chunus et Halanus respondebat ad nomen et alternabat excubias et notari infrequens verebatur.  (5) Nullus tumultus, nulla confusio, nulla direptio ut a barbaro erat. Quin, si quando difficilior frumentaria res fuisset, inopiam patienter ferebat et quam numero artarat annonam comparcendo

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ner Seite Milde, Schamempfinden, Frömmigkeit, auf seiner religiöse Pflichtvergessenheit, Ausschweifung, Grausamkeit und der Verein sämtlicher Verbrechen und der äußersten Grade der Lasterhaftigkeit?  (4) Wir wollen die Ereignisse selbst befragen und – das ist eine Mutmaßung von größter Sicherheit – aus dem, was geschehen ist, das erschließen, was zu geschehen hatte; kann man denn überhaupt im Zweifel sein, was er getan hätte, wenn jener zugegen gewesen wäre, den er gar nicht zu Gesicht bekam und vor dem er die Flucht ergriffen hat? 32  (1) Obwohl du, Kaiser, dich also mit einem solchen Gegner zu befassen hattest und nicht so sehr in der Absicht kamst, ihm eine Schlacht zu liefern, als vielmehr, um die Todesstrafe an diesem verbrecherischen Haupt zu vollziehen, hast du trotzdem mit so umfangreicher Planung und so viel Methode und Kalkül die Leitung dieses Kriegs gehandhabt, dass es den Anschein hatte, du wolltest dir mit einem Perseus oder Pyrrhus oder dem berühmten Hannibal persönlich den Entscheidungskampf liefern.  (2) Denn zunächst besiegelst du mit den Königen, deren Reiche entlang der Grenze im Osten liegen, in gegenseitigen Bündniszusagen die Treue, um außerhalb unbesorgt vorgehen zu können, wenn du im Innern nichts Beunruhigendes und Besorgniserregendes mehr zurückgelassen hättest.  (3) Dann teilst du deine Truppen in drei Abteilungen auf, um so den Schrecken zu vervielfachen und den Wagemut des Feindes zu erschüttern, ihn dann zu umzingeln und ihm so die Flucht abzuschneiden. Schließlich gewährst du den Barbarenvölkern, die von sich aus den Wunsch äußerten, dir Hilfe zu leisten, die Gunst, gemeinsam mit deinen Soldaten zu kämpfen, um sowohl Abteilungen von zweifelhafter Zuverlässigkeit von der Grenze abziehen zu können als auch deinen Soldaten Verstärkung zukommen zu lassen. Angezogen durch solches Entgegenkommen von dir strömten alle Skythenvölker in so riesigen Schwärmen herbei, dass es schien, du habest an die Barbaren den Befehl zur Aushebung ergehen lassen, die du ja deinen eigenen Leuten erlassen hattest!  (4) Welch ein Ereignis, des Gedenkens wert! Unter den Führern und Fahnen Roms marschierte der einstige Gegner Roms; er leistete den Feldzeichen Folge, gegen die er im Feld gestanden hatte; die Städte Pannoniens, die er früher als Feind verwüstet und der Verödung preisgegeben hatte, bevölkerte er mit seinen Soldaten. Jener Gote, Hunne und Alane – sie gaben Antwort beim namentlichen Appell, sie hielten im Wechsel Wache und scheuten den Tadel der Nachlässigkeit im Dienst.  (5) Keinerlei Aufruhr, kein Durcheinander, keine Plünderung, wie es von Barbaren zu erwarten war! Ja, wenn sich die Getreideversorgung einmal schwieriger gestaltete, ertrug man den Mangel in Geduld, und die Lebensmittel, die an Zahl geringer bemessen worden waren,

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laxabat, pro omni praemio omnique mercede id unum reposcens ut tuus diceretur. Quanta est virtutis ambitio! Accipiebas beneficium quod imputares. 33  (1) Memorabile putavit antiquitas quod Actiaco aliquando bello ducibus motibusque Romanis peregrina Aegyptus arma permiscuit, tantumque res credita est habere novitatis ut, nisi frequenter isset in litteras, apud posteros videretur facti fides laboratura.  (2) Nam quis annalium scriptor aut carminum tuas illas, Cleopatra, classes et eborata navigia et purpurea cum auratis funibus vela tacuit? Quin ita crebro historia recantata est, magis ut ab isdem saepe dicta quam ut ab aliquo intermissa videatur.  (3) Non contendam duces – nec enim principem nostrum non dicam victus Antonius, sed victor Augustus aequaverit; quid in ceteris saltem simile deprehendemus, maxime si rerum temporumque facies altrinsecus conferamus, et hos illosque populos animorum subiciamus oculis?  (4) Illos vela facientes data ventis classis attulerat; hi longum iter sub armorum fasce carpebant. Illos peregrino igne suspirans regina pellexerat; hos amor laudis et participandae gloriae cura rapiebat. Illos tepens Farus et mollis Canopus leviumque populorum altor Nilus emiserat; hos minax Caucasus et rigens Taurus et ingentium corporum durator Hister effuderat. Illos tenero perlucentes amictu et vix leve carbasum vitando sole tolerantes alterno concussa tinnitu sistra ducebant; hos loricis onustos inclusosque ferro fractae voces tubarum ingentiumque lituorum clangor acuebat –   (5) quae tandem ut collatio posset esse populorum, etiamsi tanta non esset dissimilitudo causarum ut ab illis fuerit Romani imperii appetita captivitas,

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streckte man durch sparsamen Verbrauch; und man verlangte als gesamten Lohn und gesamten Sold nur dies: dein Soldat zu heißen. Wie stark ist doch der Drang nach Tüchtigkeit! Du hast eine vorzügliche Dienstleistung erhalten, die du dir selbst als Verdienst anrechnen konntest. 33  (1) Die alte Zeit hielt es für ein denkwürdiges Ereignis, dass Ägypten einst in der Schlacht von Aktium seine fremdländischen Waffen mit römischen Feldherrn zusammengebracht und sich in die politischen Unruhen Roms eingemischt hat; und dieses Ereignis galt als dermaßen unerhört, dass es scheint, die Glaubwürdigkeit des Geschehens hätte bei der Nachwelt zu leiden gehabt, wäre es nicht in vielfacher Form ins Schrifttum eingegangen.  (2) Denn welcher Verfasser von Annalen oder welcher Dichter hat deine berühmten Flotten, o Kleopatra, deine elfenbeinverzierten Schiffe und deine purpurbesetzten Segel mit den golddurchwirkten Tauen unerwähnt gelassen? Ja, die Geschichte ist in so häufiger Wiederholung besungen worden, dass es den Anschein hat, sie sei eher von denselben Autoren mehrfach wiedergegeben als von irgendwem ausgelassen worden.  (3) Ich will nicht die Anführer miteinander vergleichen; denn mit unserem Herrscher dürfte wohl – ich will nicht sagen: der unterlegene Antonius, sondern: nicht einmal der Sieger Augustus auf eine Stufe zu stellen sein. Was werden wir wenigstens bei den anderen an Ähnlichkeit finden, besonders, wenn wir das Bild der Ereignisse und Zeiten beidseits miteinander vergleichen und die Völker hier und dort vor unser geistiges Auge treten lassen?  (4) Jene hatten die Segel aufgespannt, und, dem Wind anvertraut, hatte die Flotte sie hergebracht; diese legten ihren langen Weg zu Fuß zurück, beladen mit der Bürde ihrer Waffen. Jene hatte eine Königin dazu verlockt, die sich in Liebes­glut zu einem Fremden verzehrte; diese riss die Sehnsucht nach Anerkennung und das Bestreben, an deinem Ruhm teilzuhaben, mit sich. Jene hatte Pharos in lauer Wärme ausgesandt, Canopus in seiner Verweichlichung sowie der Nil, der Völker unbeständigen Sinnes nährt; diese hatte der drohende Kaukausus, der starr ragende Taurus und der Hister hervorstürmen lassen, der gewaltige Leiber abhärtet. Anführer jener dort, die in ein zartes, durchscheinendes Gewand gehüllt waren und kaum einen leichten Leinenstoff ertrugen, um der Glut der Sonne zu entgehen, waren die Sistren mit ihrem rhythmisch klirrenden Klang; diese hier, die mit der Last ihrer Brustpanzer beladen und ganz von Eisen umschlossen waren, stachelte der gebrochen-dumpfe Ruf der Tuba und der laute Klang der gewaltigen Signalhörner an; (5) schließlich, was für einen Vergleich könnte es zwischen solchen Völkern geben, selbst wenn die Verschiedenheit der Beweggründe nicht so groß wäre, dass jene danach strebten, das römische Reich in Knechtschaft

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ab his repetita libertas? Quo tibi, imperator, indignius videbatur eius piaculi quemquam inveniri potuisse consortem, cuius se barbarus agebat ultorem. 34  (1) Sed illi quidem nefario sanguine belli primitias imbuentes par poenae culpaeque docimentum fuerunt. Testis es, Siscia, testis pulcherrimi, Save, conflictus, si conflictus ille dicendus est quo ita in publicos proditores animi plenus miles invasit, ut eum nec numerus resistentium nec maximi fluminis altitudo remorata sint quin, ut erat ex itinere longissimo anhelus atque pulvereus, equos calcaribus incitaret, amnem nando coniungeret, ripam insiliret, paratos denique exspectantesque deprenderet.  (2) Sermo iste prolixior est quam illa res fuerit. Vix fluvium manus invicta transierat; iam locum belli tenebat. Vix hostem invenerat; iam urguebat. Vix pectora viderat; iam terga caedebat. Datur debito rebelle agmen exitio, volvuntur impiae in sanguine suo turbae, tegit totos strages una campos continuisque funeribus cuncta late operiuntur.  (3) Iam qui ad muros differenda morte properaverant, aut fossas cadaveribus aequabant aut obviis sudibus induebantur aut portas quas eruptione patefecerant morte claudebant. At quorum se fugae impervius ripis amnis obiecit, trepidando collecti et alterum quisque complexi per abrupta glomerantur.  (4) Spumat decolor cruore fluvius et cunctantes meatus vix eluctatis cadaveribus evolvit utque se tibi posset speciali imputare militia, ipsum illum vexillarium sacrilegae factionis avidis gurgitibus absorbuit et, ne morti sepultura contingeret, cadaver abscondit. Nonne utroque credendus tuae studuisse vindictae, et adiuvando victoriam et occupando clementiam? 35  (1) En tibi alteram pugnam alteramque victoriam! Delectas in proelium Marcellinus cohortes et ipsum factionis nefariae robur illa belli civilis

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zu bringen, diese seine Freiheit zurückforderten? Umso schändlicher schien es dir, Kaiser, zu sein, dass sich jemand hatte finden lassen, der an einer solchen Freveltat beteiligt sein sollte, als deren Rächer sogar der Barbar auftrat. 34  (1) Doch jene, die den Beginn des Kriegs mit ihrem frevlerischen Blut benetzten, lieferten ein Beispiel, wie dem Maß der Schuld das Maß der Strafe entspricht: Zeuge bist du, Siskia, Zeuge des schönsten Kampfes du, Save, – wenn denn jenes Treffen die Bezeichnung „Kampf“ verdient, bei dem die Soldaten voller Tatendrang einen derartigen Angriff auf die Verräter des Staates unternommen haben, dass weder die Zahl derer, die sich ihnen entgegenstellten, noch die Tiefe des gewaltigen Flusses sie davon abhalten konnten, außer Atem und staubbedeckt, wie sie von der Riesenstrecke waren, ihren Pferden die Sporen zu geben, den Fluss schwimmend zu durchqueren, ans Ufer zu springen und schließlich die dort kampfbereit auf sie wartenden Gegner zu überrumpeln.  (2) Meine Rede hiervon dauert länger, als jenes Geschehnis gedauert hat. Kaum hatte die unbesiegbare Truppe den Fluss durchquert, schon hatte sie den Schauplatz des Kampfes in ihrer Hand. Kaum war sie auf den Gegner gestoßen, schon setzte sie ihm heftig zu. Kaum hatte sie den Gegner von vorn erblickt, schon schlug sie ihn von hinten nieder. Die aufständische Armee ist ihrem verdienten Untergang preisgegeben, die frevlerischen Scharen wälzen sich in ihrem eigenen Blut, ein einziges Gemetzel deckt alle Fluren zu, und in weitem Umkreis liegt alles unter einem dichten Leichenteppich begraben.  (3) Diejenigen, die zu den Mauern gelaufen waren, um sich Aufschub vor dem Tod zu verschaffen, ebneten schon mit ihren Leichen die Gräben ein oder spießten sich an entgegenstarrenden Spitzpfählen auf oder versperrten mit ihrem eigenen Tod die Tore, die sie beim Ausfall geöffnet hatten. Und die, deren Flucht der Fluss mit seinen unwegsamen Ufern verhindert hat, drängen sich, in angstvoller Verwirrung vereint und jeder den anderen umklammernd, in Massen an den Steilhängen zusammen.  (4) Vom Blut verfärbt schäumt der Fluss und wälzt zögernd seinen Lauf, da er sich durch die Leichenberge kaum Bahn verschaffen kann; und um sich bei dir mit einer besonderen kriegerischen Leistung verdient zu machen, hat er gerade den Fahnenträger dieser verbrecherischen Rotte mit unersättlich gurgelndem Schlund hinabgezogen, und um dem Tod kein Begräbnis zu gestatten, hat er den Leichnam den Blicken ganz entzogen. Muss man daher nicht annehmen, dass er deiner Rache in beiderlei Hinsicht dienstbar war: indem er deinem Sieg seine Unterstützung bot und indem er deiner Milde zuvorkam? 35  (1) Hier hast du nun eine weitere Schlacht und einen weiteren Sieg: ausgewählte Kohorten hat Marcellinus und den eigentlichen Kern dieser schänd-

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Megaera rapiebat, tanto ceteris satellitibus audentior quanto exsertiorem operam navabat tyranno frater tyranni.  (2) Quo quidem maxime tuus gaudebat exercitus, cum se ultro videret lacessi, qui nihil magis timuerat quam timeri, adeo quidem, ut castris ad castra conlatis, quod praecipiti die manum conserere non poterat, spe victoriae cum luce venturae pervigil ageret, tardum solem, desertorem diem, annuum noctis aestivae tempus criminaretur.  (3) Ecce lux tandem, et iam campus horrebat exercitu: divisi in cornua equites, leves ante signa velites, dispositae manipulatim cohortes et gradu pleno ferentes agmina quadratae legiones universa late qua visus agi poterat occuparant.  (4) Nondum se virtus experiebatur; iam disciplina vincebat. At postquam intra coniectum teli acies utraque promovit, et effusis hinc inde iaculorum sagittarumque nimbis res venit ad capulos, milites pristinae virtutis, Romani nominis, imperatorum denique memores causam publicam manu agere. Hostes venditam operam, laceratam Italiam, spem in ferro reliquam cogitantes gladiatoria desperatione pugnare, nec gradu cedere sed in vestigio stare vel cadere. 36  (1) At ubi impulsa acies fronsque laxata et fiducia in pedes versa est, ire praecipites aut globo fugere et se invicem festinando tardare. Armati inermes, integri saucii, primi postremique misceri. Miles urguere eminus cominus, gladiis hastis, punctim caesim ferire. Alii poplitibus imminere, alii terga configere, aut quos cursu non poterant continari iaculis occupare.  (2) Arma tela, equi homines, viva perempta, prona supinaque corpora passim

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lichen Clique hat jene Megäre des Bürgerkriegs zum Kampf getrieben, er, der ebensoviel verwegener war als die übrigen Anhänger wie er als Bruder des Tyrannen dem Tyrannen mit offenerem Einsatz Beistand leistete.  (2) Hierüber freilich freute sich dein Heer am meisten, da es sich zum Kampf ohne eigenes Zutun herausgefordert sah; es hatte ja nichts mehr gefürchtet, als selber Furcht hervorzurufen, jedenfalls so sehr, dass es das Lager in der Nähe des gegnerischen Lagers aufgeschlagen hatte, weil man zu fortgeschrittener Tageszeit nicht mehr mit der Schlacht beginnen konnte, und dort in der Hoffnung auf den Sieg, der mit dem Tagesanbruch kommen sollte, die Nacht durchwachte: und es bezichtigte die Sonne der Säumigkeit, den Tag der Fahnenflucht sowie die Sommernacht, ein ganzes Jahr zu dauern.  (3) Und siehe, endlich Tageslicht! Schon starrte das weite Feld von Heeresmacht: die Reiter in Flügelkontingente eingeteilt, die leichtbewaffneten Plänkler vor den Feldzeichen, die Kohorten nach Manipeln gegliedert und die Legionen im Karree, die im Sturmschritt ihre Kolonnen heranrücken ließen: sie hatten alles Gelände ringsumher, so weit das Auge sehen konnte, besetzt.  (4) Noch lieferte die Tapferkeit kein Probestück; schon hatte die Kriegszucht die Oberhand. Doch als die beiden Linien bis zur Reichweite der Geschosse vorgerückt waren, als beidseits der Sturzregen der Speere und Pfeile niedergegangen und es zum Kampf der Schwerter gekommen war, da riefen sich deine Soldaten ihre alte Tapferkeit, den Namen Roms und schließlich ihre Kaiser in Erinnerung und nahmen die Sache des Staates in ihre Hand. Die Feinde dachten an den Kriegsdienst, den sie sich als Söldner hatten abgewinnen lassen, an Italien, das sie verwüstet hatten, und an die Hoffnung, die allein im Kampf noch lag; sie kämpften also mit der Verzweiflung von Gladiatoren und wichen nicht von ihrem Posten, sondern harrten an ihrem Standort aus oder fanden dort den Tod. 36  (1) Doch sobald ihre Schlachtreihe ins Wanken gebracht war, ihre Frontlinie nachgegeben hatte und sie ihr Selbstvertrauen auf die Füße verlegt hatten, stürzten sie Hals über Kopf davon oder flohen in dichtgedrängter Schar und behinderten sich gegenseitig in ihrer Hast. Bewaffnete und Waffenlose, Unverletzte und Verwundete, die ersten und die letzten Reihen – alles war durcheinander gemischt. Deine Soldaten brachten sie aus der Ferne und von Nahem in Bedrängnis, mit Schwertern und Lanzen, stachen sie nieder und hieben sie in Stücke. Die einen waren ihnen dicht auf den Fersen, die anderen durchbohrten ihnen den Rücken oder trafen diejenigen, die sie nicht im Lauf erreichen konnten, mit ihren Wurfspeeren.  (2) Wehr und Waffen, Pferde und Menschen, lebendig und tot, Leiber, nach vorne gestürzt und rücklings hingestreckt, alles lag ringsumher verstreut oder übereinander gehäuft.

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vel in acervo iacere. Illi mutilis excisisque membris reliqua sui parte fugiebant, hi dolorem vulnerum sequebantur, isti mortes receptas in silvas et flumina differebant, illic postremum spiritum in admiratione nominis tui et sui ducis detestatione fundebant. Nullus finis caedendi insequendique, nisi subtraxisset aliquando victoribus mors hostem et nox diem.  (3) At quanto melius manus illa consuluit, quae submissis precabunda vexillis petiit veniam necessitatis, et terram osculis premens calcanda vestigiis tuis corpora et arma proiecit! Quam tu non superbe ut victam, non irate ut ream, non neglegenter ut parum necessariam praeteristi, sed blande liberaliterque tractatam iussisti esse Romanam.  (4) Iunguntur socia agmina et sub uno capite diversa rei publicae membra coalescunt. Ambo pari gaudio feruntur exercitus: hic opera sua gaudet, hic venia, uterque victoria. 37  (1) Nec pia Haemona cunctantius, ubi te adfore nuntiatum, impulsis effusa portis obviam provolavit et, ut est omne desiderium post spem impatientius, parum credens patere venienti festinavit occursare ven­ turo.  (2) Fingit quidem, ut scimus, timor gaudium, sed ita intimos mentis adfectus proditor vultus enuntiat, ut in speculo frontium imago exstet animorum. Velut illa civitas a longa obsidione respirans, quod eam tyrannus Alpibus obiacentem tamquam belli limen attriverat, tanta se et tam simplici exsultatione iactabat ut, ni esset vera laetitia, nimia videretur.  (3) Ferebant se obviae tripudiantium catervae, cuncta cantu et crotalis personabant. Hic tibi triumphum chorus, ille contra tyranno funebres nenias et carmen exsequiale dicebat. Hic perpetuum victis abitum, ille victoribus crebrum optabat adventum. Iam quocumque tulisses gradum, sequi circumcursare

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Dort flohen sie, die Glieder verstümmelt und zerhauen, mit dem, was von ihnen übrig war; hier gaben sie sich dem Schmerz ihrer Verwundungen hin; da schoben sie, zu Tode getroffen, ihr Ende auf und flohen in die Wälder und zu den Flüssen; dort hauchten sie ihren letzten Atem aus in Bewunderung für deinen Namen und unter Verwünschung ihres eigenen Anführers. Es hätte kein Ende des Blutvergießens und der Verfolgung gegeben, hätte den Siegern nicht endlich der Tod den Gegner genommen und die Nacht das Tageslicht entzogen.  (3) Doch wieviel besser war jene Schar beraten, die mit gesenkten Fahnen flehentlich um Pardon für das Verhängnis ihrer Tat gebeten und, die Erde mit Küssen bedeckend, ihre Leiber und Waffen hingestreckt hat, damit du sie im Gehen mit deinen Füßen niedertrittst. Du hast sie nicht stolz als Besiegte übergangen, nicht erzürnt als Angeklagte und nicht gleichgültig, als seien sie für dich von zu geringer Wichtigkeit, sondern du hast sie freundlich und großmütig behandelt und angeordnet, sie sollten fortan Römer sein.  (4) Die Heereszüge verbinden und vereinen sich, und unter einem einzigen Oberhaupt wachsen die gegnerischen Glieder des Staatswesens zusammen. Beide Heere sind in gleicher Freude hochgestimmt. Das eine freut sich über die Erfüllung seiner Aufgabe, das andere über den gewährten Pardon, alle beide über den Sieg. 37  (1) Auch Emona, die Pflichtgetreue, hat nicht etwa längeres Zaudern an den Tag gelegt: gleich auf die Meldung deiner bevorstehenden Ankunft hin hat sie die Tore aufgestoßen, ist hinausgeströmt und dir eilends entgegen gezogen; und wie jedes Verlangen, ist einmal die Hoffnung geweckt, umso weniger Geduld zeigt, so hat diese Stadt, in der Meinung, es sei zu wenig, dir für dein Kommen nur die Tore geöffnet zu halten, sich gesputet, dir schon entgegenzueilen, als du noch auf dem Weg zu ihr warst.  (2) Freilich kann, wie wir wissen, die Furcht die Züge der Freude annehmen, doch gibt die Miene die innersten Gemütsregungen verräterisch so preis, dass auf dem Spiegel des Antlitzes das Bildnis der Seele hervortritt. So schöpfte jene Stadt aus ihrer langen Belagerung wieder Atem, da der Tyrann sie, den Alpen vorgelagert, gleichsam als Schwelle des Krieges zermalmt hatte, und sie war so sehr und so offen vom Überschwang der Freude gepackt, dass es, wäre der Jubel nicht echt gewesen, übertrieben erschienen wäre.  (3) Scharen tanzender Menschen zogen dir entgegen. Alles hallte wider von Gesang und Ka­stagnettenklang. Hier besang ein Chor deinen Triumph, dort trug dagegen einer Totenklagen und einen Grabgesang für den Tyrannen vor; hier wünschte einer für die Besiegten, dass sie auf immer abzögen, dort einer für die Sieger, dass sie häufig wiederkehren sollten. Schon folgte man dir, wohin du deinen Schritt auch lenktest, man umkreiste dich, lief voraus, schließlich

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praecedere, vias denique quibus ferebaris obstruere. Nullus cuiquam sui tuive respectus; blandam tibi faciebat iniuriam contumacia gaudiorum.  (4) Quid ego referam pro moenibus suis festum liberae nobilitatis occursum, conspicuos veste nivea senatores, reverendos municipali purpura flamines, insignes apicibus sacerdotes? Quid portas virentibus sertis coronatas? Quid aulaeis undantes plateas accensisque funalibus auctum diem? Quid effusam in publicum turbam domorum, gratulantes annis senes, pueros tibi longam servitutem voventes, matres laetas virginesque securas? Nondum omne confeceras bellum, iam agebas triumphum. 38  (1) Ibat interim Maximus ac te post terga respectans in modum amentis attonitus avolabat. Nec ullum ille consilium ullamve rationem aut denique spem, quae postrema homines deserit, sequebatur; quin ipsos viae implicabat errores et nunc dexter aut laevus, nunc vestigiis suis obvius incertum iter ancipiti ambage texebat.  (2) Quotiens sibi ipsum putamus dixisse: ‚Quo fugio? Bellumne temptabo? – ut quem viribus totis ferre non potui, parte sustineam? Alpes Cottias obserabo, quia Iuliae profuerunt? Peto Africam, quam exhausi? Repeto Britanniam, quam reliqui? Credo me Galliae? – sed invisus sum. Hispaniae committo? – sed notus sum.  (3) Quid ergo faciam inter arma et odia medius? A tergo premor hostibus, a fronte criminibus. Si morerer, evaseram. Sed ecce nec animum sequitur manus nec manum gladius; labitur ferrum, tremit dextera, mens fatiscit. O quam difficile est miseris etiam perire!‘ (4) Ergo ut clausae cassibus ferae quaesito diu exitu desperatoque consistunt et prae timore non fugiunt, ita ille ipso quo agitabatur metu adligatus in oppidum semet Aquileiense praecipitat, non ut

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versperrte man alle Straßen, wo du dich bewegtest. Niemand übte Rücksicht gegenüber sich selbst oder gegenüber dir; es war ein Unrecht von einnehmender Schmeichelei, das dir der Eigensinn des freudigen Überschwangs antat.  (4) Wozu soll ich berichten vom festlichen Aufzug des nunmehr freien Adels vor den Mauern seiner eigenen Stadt, von den Senatoren, kenntlich an ihrem weißen Gewand, von den ehrwürdigen Flamines in ihrem städtischen Purpurkleid, von den Priestern, an ihren spitzen Kegelmützen zu erkennen? Wozu von den Toren, die mit grünenden Girlanden bekränzt waren? Wozu von den Plätzen, die erfüllt waren vom Wehen der Teppichdecken, und von dem Tag, der durch das Anzünden der Fackeln verlängert war? Wozu von der Schar, die aus den Häusern in die Öffentlichkeit geströmt war, von den Greisen, die sich zu ihrem Alter beglückwünschten, von den Knaben, die dir langen Dienst gelobten, von den Müttern in ihrer Freude und den jungen Frauen, die jetzt in Sicherheit lebten? Du hattest noch nicht den ganzen Krieg zu Ende gebracht, schon feiertest du den Triumph! 38  (1) Unterdessen zog Maximus davon, und als er sich umwendete und dich hinter sich erblickte, entfloh er wie ein Wahnsinniger, voller Entsetzen; er verfolgte keinerlei Plan, keinerlei Überlegung oder überhaupt irgendeine Hoffnung, die als letzte die Menschen verlässt; ja er nahm sogar verwickelte Irrwege, und bald zur Rechten, bald zur Linken einherziehend, bald seinen eigenen Spuren begegnend, wob er mit diesem Hin und Her an Winkelzügen ein Weggespinst der Ungewissheit.  (2) Wie oft, glauben wir, hat er zu sich selbst gesagt: „Wohin fliehe ich? Soll ich den Kampf versuchen? Um mich gegen den, dem ich mit meinen gesamten Streitkräften nicht standzuhalten vermochte, mit einem Teil von ihnen zu behaupten? Soll ich die Cottischen Alpen abriegeln, da mir die Iulischen so von Nutzen waren? Begebe ich mich nach Afrika, das ich schon ausgesaugt habe? Suche ich Britannien wieder auf, das ich verlassen habe? Vertraue ich mich Gallien an? Doch dort bin ich verhasst! Wage ich mich nach Spanien? Doch man kennt mich dort!  (3) Was soll ich also tun, in der Mitte zwischen Krieg und Hass? Im Rücken bin ich von meinen Feinden bedrängt, vorne an der Frontlinie von meinen Verbrechen. Stürbe ich, so wäre ich entronnen. Doch sieh, es leistet weder meine Hand dem Willen Folge, noch mein Schwert der Hand! Das Schwert entgleitet mir, es zittert meine Rechte, mein Entschluss erschlafft. O wie schwierig ist für die Elenden selbst der Untergang!“  (4) Tiere der Wildnis, die in Netzen gefangen sind und lange nach einem Ausweg gesucht, schließlich die Hoffnung aufgegeben haben, halten dann inne und suchen vor Furcht nicht mehr zu fliehen; ebenso also ist jener Mensch von eben der Furcht, die ihn umtrieb, angekettet und stürzt sich eilends in die Stadt Aquileia, nicht um

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vitam resistendo defenderet, sed ne poenam frustrando differret.  (5) Quamquam quae poterat ulterior esse dilatio? – cum ita vestigiis eius ac tergo ardens miles insisteret, ut paene omnem quae est secuta pompam ultio festinata praeceperit. 39  (1) Recte profecto germana illa pictorum poetarumque commenta Victoriam finxere pinnatam, quod hominum cum fortuna euntium non cursus est sed volatus.  (2) Ille ab ultimo Orientis sinu festinatis itineribus raptus exercitus, tot nationibus relinquendis, tot fluminibus enatandis, tot scandendis montibus fatigatus, in alio orbe et sub alio (paene dixerim) sole positus, spatio lucis unius Illyrico continuavit Aquileiam.  (3) Nihil tamen sibimet hoc nomine milites tui vindicant et, si quando mirantium circulos contrahunt aut convivia nostra sermone producunt, operam omnem suam fine Alpium terminantes deberi sibi abnuunt illam celeritatem, quod expertes laborum pervenisse se viderint quo ire non senserant. Negant immo se suis vectos esse corporibus sed, tamquam per aliquas imagines somniorum ferrentur absentes, praebuisse gestantibus ventis otiosorum ministeria membrorum.  (4) Nec fides anceps: nam si olim severi credidere maiores Castoras geminos albentibus equis et stellatis apicibus insignes pulverem cruoremque Thessalicum aquis Tiberis abluentes et nuntiasse victoriam et imputasse militiam, cur non tuae publicaeque vindictae confessam aliquam immortalis dei curam putemus adnisam? – nisi forte maiorem divini favoris operam res Romana poscebat Macedonico augenda regno quam tyrannico eximenda servitio.  (5) Ego vero, si caeleste studium pro dignitate causarum aestimandum sit, iure contenderim equites tuos Pegasis, talaribus pedites vectos ac suspensos fuisse. Neque enim

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sein Leben durch Widerstand zu verteidigen, sondern um nicht einmal mehr durch Täuschung Aufschub für seine Bestrafung zu suchen.  (5) Indessen, welchen weiteren Aufschub hätte es noch geben können, da deine Soldaten ihm so voller Kampfbegierde auf der Spur waren und im Nacken saßen, dass ihre hastig betriebene Rache beinahe das ganze Festzugsritual, das noch folgte, schon vorweggenommen hätte! 39  (1) Wahrhaftig, jene geschwisterlichen Erfindungen der Maler und Poeten haben Victoria zu Recht mit Flügeln dargestellt, da die Menschen, wenn sie ihren Weg mit dem Schicksal gemeinsam gehen, sich nicht im Lauf, sondern im Flug bewegen.  (2) Jene Armee, die vom entlegensten Winkel des Ostens in Eilmärschen rasch herangerückt war, erschöpft, so viele Völker hinter sich gelassen, so viele Flüsse schwimmend passiert und so viele Berge erklommen zu haben, die in einer anderen Welt und – fast möchte ich sagen: unter einer anderen Sonne aufgestellt war: jene Armee ist in der Spanne eines einzigen Tages von Illyricum nach Aquileia gelangt.  (3) Dennoch machen deine Soldaten aus diesem Grund keinerlei Anspruch für sich selber geltend; und wenn sie einmal Kreise von Bewunderern um sich versammeln oder unsere Gastmähler mit ihren Erzählungen länger ausdehnen, dann setzen sie den Markstein für ihre ganze Mühe an der Alpengrenze und streiten ab, jene Geschwindigkeit sei ihnen zu verdanken: sie hätten sich nämlich ohne Strapazen dort ankommen sehen, wobei sie den Marsch dorthin nicht einmal wahrgenommen hatten. Ja, sie bestreiten sogar, sich mit ihren eigenen Körpern dorthin bewegt zu haben, sondern, wie man, selbst unbeteiligt, durch irgendwelche Traumbilder dahingetragen werde, so hätten sie den Winden, die sie forttrugen, die Dienstleistungen ihrer tatenlosen Glieder überlassen.  (4) Der Glaube hieran ist nicht anzuzweifeln: denn wenn unsere strengen Vorfahren einst der Überzeugung waren, die Castor-Zwillinge, an ihren weißen Rossen und den sternbekrönten Kegelmützen kenntlich, hätten Staub und Blut Thessaliens in den Wassern des Tiber abgewaschen, den Sieg verkündet und sich die kriegerische Leistung als ihr Verdienst angerechnet: warum sollen wir dann nicht glauben, dass der unsterbliche Gott sich in einer offen bekundeten Sorge für deine und des Staates Rache eingesetzt hat? Es sei denn, das römische Staatswesen erforderte vielleicht eine größere Unterstützung seitens göttlicher Gunst in der Zeit, da Rom um das makedonische Reich zu vergrößern war, als nun, da es von tyrannischer Versklavung zu befreien war.  (5) Ich jedenfalls möchte, wenn der Eifer des Himmels am Rang der Beweggründe zu bemessen sein sollte, mit vollem Recht behaupten, dass deine Reiter von Pegasusrossen, deine Fußsoldaten von Flügelschuhen fortgetragen und in die Lüfte erhoben worden sind. Denn wir werden, da

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quia se divina mortalibus dedignantur fateri, idcirco quae visa non fuerint dubitabimus facta, cum facta videamus quae dubitaverimus esse facienda. 40  (1) Anguste fortunam tuam, imperator, expendit, quisquis id de te tantum quod fieri potest credit. An ego, cum ab Alpibus Iuliis otioso feriatoque ferro non proelium fuisse videam sed triumphum, dubitaverim illam specialem quandam felicitatis tuae dixisse militiam?  (2) Scimus quidem, imperator, ita te cuncta administrasse ut non possint se tibi imputare successus; sed fatearis necesse est quantum te in bello tantum Fortunam tuam egisse post bellum. Cui si vocem demus et iudicem, nonne prolixe suam enumerabit operam et, ut virtutibus tuis multa concedat, sibi aliqua vindicabit?  (3) Et cur, quaeso, non demus ut accipiamus utriusque partis adserta, cum sit quae vicerit tua? Audio Constantiam dicere: ‚bellum atrox periculosumque suscepi‘; memorare Patientiam: ‚immensum iter, tempus anni grave semper armata, saepe ieiuna toleravi‘; tenere Prudentiam: ‚partita sum militem et multiplicavi arte terrorem‘; adserere Fortitudinem: ‚bis conflixi cum hoste, bis vici‘; omnes postremo clamare: ‚quid tibi debemus, Fortuna, quam fecimus?‘ Sed si illa dicat: ‚ego properationem militum iuvi, ego fugam hostium praepedivi, ego Maximum in muros coegi et quem vos cogebatis mori vivum domino reservavi‘, (4) non video quod possit esse iudicium quin, cum ista pars imputet tyranni fugam, illa custodiam, res publica, quae utrique pariter obnoxia est, ita utramque coniungat ut fateatur semet uni victoriam, alteri debere vindictam. 41  (1) Sed nec tu debitam gratiam beneficii infitiator abiuras; nam etsi per te confeceris quae volebas, per Fortunam tamen plus adeptus es quam volebas. 

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das Göttliche nicht geruht, sich den Sterblichen offen zu zeigen, nicht etwa deshalb zweifeln, dass Dinge geschehen sind, die nicht sichtbar waren: wir sehen ja, dass Dinge vollbracht sind, von denen wir bezweifelt haben, dass sie ausführbar seien. 40  (1) Zu eng bemisst dein Schicksalsglück, o Kaiser, wer da glaubt, was dich betrifft, gebe es nur die Tat, deren Ausführung auch möglich ist. Oder soll ich, da seit dem Übergang über die Iulischen Alpen, wie ich sehe, das Schwert Muße und freie Zeit hatte und da es keinen Kampf, sondern einen Triumph gegeben hat, zögern, dies als eine besondere Kriegsleistung zu bezeichnen, die deinem Glück zu verdanken ist?  (2) Wir wissen freilich, Kaiser: du hast alles so eingerichtet, dass glückliche Erfolge bei dir sich ihre Leistung nicht als eigenes Verdienst zumessen können; doch du musst eingestehen, dass deine Fortuna nach dem Krieg ebensoviel geleistet hat wie du im Krieg. Wenn wir ihr eine Stimme und einen Richter geben, wird sie dann nicht in reichem Umfang ihre eigene Hilfeleistung aufführen und, mag sie auch vieles deiner Leistung zugestehen, doch auch für sich einiges in Anspruch nehmen?  (3) Und warum, bitte, sollen wir nicht zulassen, das anzuhören, was von beiden Seiten vorgebracht wird, da es ja deine Seite ist, die siegreich ist? Ich höre die Standhaftigkeit sagen: „Ich habe einen schrecklichen und gefahrvollen Krieg auf mich genommen.“ Die Ausdauer ruft uns in Erinnerung: „Ich habe eine ungeheure Wegstrecke, eine schwierige Jahreszeit durchgestanden, stets in Waffen, oftmals hungrig.“ Die Klugheit behauptet den Standpunkt: „Ich habe das Heer geteilt und durch meine Kunst den Schrecken vervielfacht.“ Die Tapferkeit fügt hinzu: „Zweimal habe ich gegen den Feind gekämpft, zweimal habe ich den Sieg errungen.“ Zuletzt rufen alle: „Was sind wir dir schuldig, Fortuna, du, deren Existenz wir ja erst ermöglicht haben?“ Falls jene dann aber sagt: „Ich habe die Soldaten in ihrer Eile unterstützt, ich habe die Feinde auf der Flucht aufgehalten, ich habe Maximus in die Mauern der Stadt getrieben und den, den ihr zu sterben zwingen wolltet, habe ich für seinen Herrn am Leben erhalten“: (4) dann sehe ich nicht, wie das Urteil ausfallen kann, wenn nicht – da sich die eine Seite die Flucht des Tyrannen zurechnet, die andere seinen Schutz – der Staat, der beiden gleichermaßen verpflichtet ist, beide so miteinander verbindet, dass er eingesteht, er verdanke der einen seinen Sieg, der anderen seine Rache. 41  (1) Doch du stellst die dir erwiesene Gunst nicht in Abrede, leugnest nicht den Dank, den du schuldig bist; denn wenn du auch aus eigener Kraft vollendet hast, wozu du entschlossen warst, so hast du doch durch Fortunas Hilfe noch mehr erreicht, als du dir vorgenommen hast. 

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(2) Agedum,si videtur, praeteritas cogitationes tuas consule et vota conveni. Num amplius speravisti quam ut Maximus tibi nuntiaretur occisus, quam ut semivivum eius caput nondum clausis tota morte oculis ex acie referretur, quam summum ut fugiens resistensve caperetur?  (3) Ceterum quando quod factum est vel optasti, ut se tibi ipse servaret, ut consciscere sibimet interitum nollet et posset? Magno quidem (fateor) pectoribus humanis atque adeo maximo lux amori, interitus horrori est, sed quatenus aut ista optari potest aut ille vitari. At si ultima supra caput steterit hora et venerit dies numquam reversurus ac se confessa mors fuerit, non timentur extrema cum certa sunt.  (4) Hinc reorum usque ad damnationem metus, postea attonitus stupor et ex desperatione securitas et ad locum supplicii voluntaria carnifice non trahente properatio. Ut de his taceam qui cum fatis fortius paciscentes incertum exitum certo occupaverunt, ut nihil de servis loquar qui verbera vitavere suspendio et motus heriles usque ad praecipitia fugerunt, quis umquam ultra spem timuit?  (5) Quis idcirco semet occidere noluit ut occideretur? Nisi vero vel levior manus aliena quam propria, vel foedior mors privata quam publica, vel longior poena ferro incumbere et corpore vulnus onerare et recipere interitum statim totum quam supplicium dividere, poplitem flectere, cervicem extendere, plagam exspectare fortasse non unam. 42  (1) Et tamen quando ille secum ferro transigendum putabat? Non potius ignem laminas crucem culleum et quidquid merebatur timebat? Numquam profecto tam bene de sceleribus suis sensit, ut mortem potuerit sperare qua periit.  (2) Si igitur nec praesumere veniam reus nec sperare fugam clausus nec mortem potuit timere moriturus, et certo extremorum levior videri debuit

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(2) Nun also, wenn es dir gefällt, bedenke deine früheren Überlegungen und rufe dir deine Wünsche in Erinnerung! Hast du etwa mehr erhofft, als die Nachricht vom Tod des Maximus zu erhalten, mehr, als sein halbentseeltes Haupt, die Augen noch nicht ganz im Tod geschlossen, aus der Schlacht herbeigebracht zu sehen, mehr noch, höchstens, als seine Gefangennahme auf der Flucht oder beim Kampf zu erleben?  (3) Aber wann hast du dir auch nur gewünscht, was ja eingetreten ist: dass er sich selber für dich aufbewahrt hat, dass er sich selbst den Tod nicht geben wollte, obwohl er es vermochte? Freilich wohnt im Herzen der Menschen, das gebe ich zu, eine große, ja vielmehr eine ganz außerordentliche Liebe zum Dasein, und ebenso das Entsetzen vor dem Untergang, doch insoweit nur, wie man entweder das eine wünschen oder sich dem anderen entziehen kann. Doch wenn die letzte Stunde über unserem Haupt schwebt und wenn der Tag ohne Wiederkehr gekommen ist und der Tod seine Anwesenheit offenbart hat, fürchtet man die letzten Dinge nicht, wenn sie Gewissheit sind.  (4) So kommt es, dass die Furcht der Angeklagten bis zur Verurteilung andauert, danach Betäubtheit und Erstarrung herrschen, Ruhe aufgrund der Hoffnungslosigkeit, und dass sie eilig aus eigenem Antrieb zur Stätte der Hinrichtung streben, ohne dass der Henker sie dorthin schleppen muss. Doch um nicht von denjenigen zu sprechen, die ihre Übereinkunft mit dem Geschick tapferer getroffen haben und einem ungewissen Ende durch einen sicheren Tod selbst zuvorgekommen sind; um nichts über die Sklaven zu sagen, die sich der Auspeitschung durch Erhängen entzogen und sich vor der Wut und Erregung ihrer Herren bis zum Sturz in den Abgrund geflüchtet haben: wer hat denn jenseits aller Hoffnung jemals Furcht empfunden?  (5) Wer hat auf Selbsttötung deswegen verzichten wollen, um den Tod durch einen anderen zu erleiden? Außer etwa, fremde Hand wäre sanfter als die eigene, oder der Tod ohne Öffentlichkeit schändlicher als der öffentlich vollzogene, oder die Bestrafung würde länger dauern, wenn man sich ins Schwert stürzte, mit dem Gewicht des Körpers die Wunde vergrößerte und den Tod sogleich ganz und gar empfinge, als wenn man die Vollstreckung aufteilte, das Knie beugte, den Nacken hinstreckte und den Hieb erwartete, der vielleicht nicht der einzige wäre! 42  (1) Und doch: wann konnte denn jener glauben, es gehe bei ihm darum, durch das Schwert sein Ende zu finden? Hat er sich nicht eher vor Feuer, Eisenplatten, Kreuz, Ledersack und all dem, was er verdiente, gefürchtet? Er hat ja sicherlich niemals über seine eigenen Verbrechen ein so wohlwollendes Urteil gehabt, dass er einen Tod erwarten konnte wie den, den er starb.  (2) Wenn also weder der Angeklagte Straferlass voraussetzen noch der Eingeschlossene auf Flucht hoffen noch der zum Tod Bestimmte den Tod fürchten konnte,

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voluntarius quam coactus, honestior privatus quam publicus, postremo brevior occupatus quam exspectatus interitus, num cui dubium est in eo quod non habuit rationem fuisse Fortunam? Illa, illa tyranni consilia caecavit, illa et animum eius obtudit et gladium, illa expeditam in vulnus manum percussit et tenuit.  (3) Nisi vero tu tuum, venerabilis Gratiane, carnificem Diris comitatus ultricibus obsidebas, et irata minax umbra ob os eius oculosque fumantes infernis ignibus taedas et crepitantia torto angue flagra quatiebas ne morti honestae vacaret, ne regalem illum sacrosanctumque vestitum impio cruore pollueret, ne cultus olim tuus ac deinceps fratrum futurus funestum sanguinem vel dum vindicatur acciperet, ne postremo te manus ulcisceretur tyranni et deberes Maximo vel suam mortem. 43  (1) Et plane ita cuncta ceciderunt ut non servata modo ultio sed ordinata videatur. Nam unde, quaeso, tam repentina conversio ut qui oppetere timuerat interitum non timeret expetere et quem incluserat metus proferret audacia?  (2) Hic nulla iam reliqua festinandis rebus mora: actutum fortissimi duces instruendo accinguntur triumpho, capiti diadema decutitur, humeris vestis aufertur, pedibus ornatus evellitur, totus denique homo aptatur ad meritum.  (3) Publice publicus spoliator exuitur, nectuntur manus rapaces, nudantur crura fugitivo, talis denique tuis offertur oculis qualem offerri decebat victori captum, domino servum, imperatori tyrannum.  (4) Nec tu illum, qua es clementia, in conspectum tuum venire voluisses, ne oculos istos omnibus salutares homo funebris impiaret, nisi famam confutare mendacii teque purgare eodem teste quo insimulatore voluisses.  (5) Habet ultores, habet nescio quos internos mens scelerata carnifices, aut ipsa sibi carnifex

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und wenn, angesichts der Gewissheit des Endes, ein freiwilliger Tod leichter erscheinen musste als ein erzwungener, ein Ende ohne Öffentlichkeit ehrenhafter als ein öffentliches, schließlich ein vorweggenommenes kürzer als eines, auf das man warten muss: besteht da noch für jemanden ein Zweifel, dass es das Werk der Fortuna war, dass er keine vernünftige Überlegung zustande brachte? Sie war es, sie hat Rat und Einsicht des Tyrannen geblendet, sie hat seinen Geist stumpf werden lassen und sein Schwert, sie hat heftig an seine Hand geschlagen, die zum Stoß bereit war, und sie festgehalten.  (3) Es sei denn, du, verehrungswürdiger Gratian, hattest, von den Göttinnen der Rache begleitet, deinen eigenen Henker in deiner Gewalt und dein zorniger und drohender Schatten schüttelte vor seinem Antlitz und vor seinen Augen die Fackeln, rauchend von den Feuerbränden der Unterwelt, und die Peitschen, klatschend, mit ihren Schlangenwindungen: damit er keinen Raum für einen ehrenhaften Tod habe, damit er nicht jenes königliche, heilige Gewand mit seinem ruchlosen Blut besudele, damit der Schmuck, der vormals dir gehörte und danach für deine Brüder bestimmt war, nicht – selbst in der Stunde der Rache – von seinem verfluchten Blut befleckt werde, und damit schließlich nicht die Hand des Tyrannen dir Rache verschaffen sollte und du dem Maximus sogar dessen eigenen Tod zu danken hättest. 43  (1) Und es hat sich durchaus alles so zugetragen, dass die Rache nicht nur gewährleistet, sondern in ihrem Ablauf ordentlich geregelt zu sein schien. Woher kam denn bitte ein so plötzlicher Umschwung, dass er, der sich gefürchtet hatte, den Tod zu erleiden, keine Furcht mehr hatte, nach ihm zu verlangen, und ihn, den der Schrecken eingesperrt gehalten hatte, Wagemut nach draußen trieb?  (2) Da gibt es keinen Aufschub mehr, die Dinge rasch zu vollenden: die tapfersten Heerführer rüsten sich auf der Stelle, den Triumph vorzubereiten: das Diadem wird ihm vom Kopf geschleudert, das Gewand von den Schultern gezerrt, der Schmuck von den Füßen gerissen, der ganze Mensch schließlich nach Verdienst ausstaffiert.  (3) Öffentlich wird der Ausplünderer der Öffentlichkeit entkleidet, seine räuberischen Hände werden gebunden, die Beine des Flüchtlings nackt enthüllt und schließlich wird er deinen Augen so präsentiert, wie sich der Gefangene dem Sieger zu präsentieren hat, der Sklave dem Herrn, der Tyrann dem Kaiser.  (4) Und du, o Kaiser, hättest in der dir eignen Milde nicht gewollt, dass er dir vor das Antlitz träte, um diese Augen, die aller Welt Segen bringen, nicht durch jenen Mann des Unheils beflecken zu lassen, – hättest du nicht das Lügengerücht zum Schweigen bringen und dich durch das Zeugnis eben desjenigen davon befreien wollen, welcher der Urheber der Beschuldigung gewesen ist.  (5) Er hat seine Rächer, der verbrecherische Geist, er hat, ich weiß nicht, was für

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conscientia est, aut (quod magis credo) omni severius quaestione est a te interrogari.  (6) Ad primam tuam vocem nefario pectori excussa confessio est, nec cunctari saltem aut mussitare potuit quin consilium omne nudaret, se videlicet favoris tui obtendisse praetextum, quod aliter non potuisset adlicere militum societatem nisi auctoramenti tui se finxisset actorem. 44  (1) Et post hanc tu vocem non illum in crucem tolli, non culleo insui, non discerpi in frusta iussisti? Non postremo illam tanti ream mendacii linguam radicitus erui praecepisti cum eorum parte vitalium quorum fuerat locuta commentum?  (2) Quin iam coeperas de eius morte dubitare et deieceras oculos et vultum rubore suffuderas et cum misericordia loquebaris. Sed bene est quod non omnia potes: tui te vindicant et invitum. Rapitur ergo ex oculis et, quid posset licere clementiae, inter innumeras manus fertur ad mortem.  (3) Ecce iterum, imperator, averteris, et illam tyrannici exitus relationem gravaris. Iam, iam esto securus. Geram clementiae tuae morem: quod noluisti videre non audies.  (4) Huc, huc totas, pii vates, doctarum noctium conferte curas, hoc omnibus litteris linguisque celebrate, nec sitis de operum vestrorum perennitate solliciti. Illa quam praestare historiis solebatis ab historia veniet aeternitas.  (5) Vos quoque quibus secunda sors cessit dare famam rebus, artifices, vulgata illa veterum fabularum argumenta despicite, Herculeos labores et Indicos Liberi triumphos et anguipedum bella monstrorum. Haec potius, haec gesta sollertes manus ducant; his fora, his templa decorentur; haec ebore reddantur haec marmore, haec in coloribus vivant, haec in aere moveantur, haec gemmis augeant pretium.

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welche, Peiniger in sich selbst, oder es ist das Gewissen selbst für sich der Peiniger, oder es gibt, was ich eher glaube, keine strengere Art der Untersuchung, als von dir verhört zu werden.  (6) Beim ersten Klang deiner Stimme entrang sich der verbrecherischen Brust schon das Bekenntnis, und er war sogar außerstande, auch nur zu zögern oder stumm zu bleiben, um seinen Plan nicht ganz und gar zu enthüllen: dass er – natürlich – deine Gunst nur zum eignen Schutz vorgeschoben habe, da er die Soldaten auf keine andere Weise zu einem Bündnis hätte verleiten können, hätte er sich nicht als in deinem Auftrag handelnd hingestellt. 44  (1) Und nach diesen Worten hast du nicht den Befehl erteilt, ihn ans Kreuz zu schlagen? Nicht, ihn in den Ledersack einzunähen, nicht, ihn in Stücke zu zerreißen? Du hast schließlich nicht befohlen, ihm die Zunge, die so schwerwiegender Lüge angeklagt war, von Grund auf auszureißen, mitsamt dem Teil derjenigen Lebenskräfte, deren Lügenerfindung sie ausgesprochen hatte?  (2) Ja, du hattest schon angefangen, was seinen Tod betraf, in Zweifel zu geraten, du hieltest deine Augen gesenkt, Röte hatte dein Antlitz überzogen, und deine Worte waren von Mitgefühl erfüllt. Doch es ist gut, dass du nicht alles vermagst. Die Deinen rächen dich auch gegen deinen Willen. Er wird also eilig aus deinem Blickfeld entfernt, und um deiner Milde keine Möglichkeit zu lassen, wird er von zahllosen Händen zum Tod geführt.  (3) Siehe, wieder wendest du dich ab, o Kaiser, und hörst mit bedrücktem Sinn den Bericht über das Ende des Tyrannen an. Jetzt, jetzt sollst du ohne Sorge sein: ich werde deine Milde respektieren: was du nicht ansehen wolltest, sollst du auch nicht anhören müssen.  (4) Hierher, auf diesen Punkt hier, fromme Dichter, wendet alle Bemühung eurer Nächte voller Gelehrsamkeit, dieses preist in all euren Schriften und Sprachen, und seid unbesorgt um die Unvergänglichkeit eurer Werke. Jene ewige Dauer, die ansonsten ihr den Ereignissen der Geschichte verliehen habt, wird aus der Geschichte selbst erwachsen.  (5) Auch ihr, denen es ein wohlgesonnenes Geschick gestattet hat, den Geschehnissen Ruhm zu verschaffen, ihr Künstler, lasst jene sattsam bekannten Themen alter Sagenwelt beiseite, die Taten des Herkules, die indischen Triumphe des Liber und die Kämpfe schlangenfüßiger Ungeheuer. Vielmehr sind es diese Taten hier, sie sind es, die geschickte Hände wiedergeben sollen: mögen doch mit ihnen die Foren, mit ihnen die Tempel ihren Schmuck erhalten; mögen sie in Elfenbein, mögen sie in Marmor wiedergegeben werden; mögen sie in Farben Leben erhalten, mögen sie in Erz geprägt sein, mögen sie den Wert edler Steine noch vergrößern!

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Panegyricus II (XII)

45  (1) Pertinet ad securitatem omnium saeculorum quod est factum videri, ut, si quis umquam nefaria vota conceperit, monimentis nostrorum temporum recensitis per oculos hauriat innocentiam. Quisquis purpura quandoque regali vestire humeros cogitabit, Maximus ei exutus occurrat.  (2) Quisquis aurum gemmasque privatis pedibus optabit, Maximus ei plantis nudus appareat. Quisquis imponere capiti diadema meditabitur, avulsum humeris Maximi caput et sine nomine corpus adspiciat.  (3) Scimus quidem nihil umquam novandum, cum Romanum semper imperium aut tuum futurum sit aut tuorum; pertinet tamen ad geminam rei publicae securitatem quod fieri non potest etiam non timeri.  (4) Sed utcumque virtutis tuae opera curiosae posteritatis oculis artificum manus reddet, cum te vel Alpium dorsa superantem vel flumina obiecta tranantem vel agmen hostile triumphalibus vestigiis atterentem pictorum atque fictorum adsequetur imitatio, clementia, imperator, tua quo caelo, quo pigmento, quo aere aurove ducetur? – qua tu ipsius victoriae victor ita omnem cum armis iram deposuisti ut ceciderit nemo post bellum, certe nemo post Maximum.  (5) Paucis Maurorum hostium, quos secum velut agmen infernum moriturus incluserat, et duobus an tribus furiosi gladiatoris lanistis in belli piaculum caesis, reliquos omnis venia complexa velut quodam materno sinu clausit.  (6) Nullius bona publicata, nullius multata libertas, nullius praeterita dignitas imminuta. Nemo adfectus nota, nemo convicio aut denique castigatione perstrictus culpam capitis aurium saltem molestia luit. Cuncti domibus suis, cuncti coniugibus ac liberis, cuncti denique (quod est dulcius) innocentiae restituti sunt.  (7) Vide, imperator, quid hac clementia consecutus sis: fecisti ut nemo sibi victus te victore videatur.

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45  (1) Es ist von Bedeutung für die Sicherheit aller Zeitalter, dass das, was sich ereignet hat, auch sichtbar bleibt, damit, falls je ein Mensch verbrecherische Wünsche hat, er die Denkmäler der Erinnerung aus unseren Zeiten betrachten und so die Lektion eines Lebens ohne Schuld erlernen kann. Jedem, der einmal daran denkt, seine Schultern in herrscherlichen Purpur zu kleiden, soll das Bild des Maximus, wie er dessen entblößt ist, vor Augen treten.  (2) Jedem, der sich als normaler Bürger Gold und Edelsteinschmuck an den Füßen wünscht, soll Maximus mit nackten Sohlen erscheinen. Jeder, der die Absicht hat, sich ein Diadem aufs Haupt zu setzen, soll das Haupt des Maximus, abgerissen von den Schultern, und den namenlosen Leichnam betrachten.  (3) Wir wissen freilich, dass es keinerlei umstürzlerische Neuerung jemals mehr zu geben hat, da die Herrschaft Roms stets dir oder deinen Nachfahren gehören wird; es ist jedoch wichtig für die zweifache Sicherheit im Staat, dass das, was nicht geschehen kann, auch nicht zu fürchten ist.  (4) Doch, wie auch immer Künstlerhand die Werke deiner Tapferkeit den Augen einer wissbegierigen Nachwelt präsentieren wird: wenn die Darstellung der Maler und Bildhauer dich abbildet, sei es, wie du die Alpenkämme überwindest oder Flüsse, die vor dir liegen, schwimmend durchquerst oder das feindliche Heer mit triumphierenden Schritten zermalmst – mit welchem Meißel, welcher Farbe, mit welchem Erz oder Gold werden sie, Kaiser, deine Milde wiedergeben? Mit ihrer Hilfe bist du Sieger sogar über den Sieg und hast zusammen mit den Waffen jede Kriegswut so abgelegt, dass niemand mehr nach dem Krieg zu Tode gekommen ist, jedenfalls sicher niemand mehr nach Maximus.  (5) Eine kleine Anzahl maurischer Feinde, die er, zum Tod bestimmt, gleichsam als seine Truppe für die Unterwelt, mit sich eingeschlossen hatte und zwei oder drei Lehrmeister des rasenden Gladiators wurden als Sühneopfer für den Krieg erschlagen; doch alle übrigen hat deine Gnade in ihre Arme geschlossen und gleichsam am Busen einer Mutter umschlungen gehalten.  (6) Niemand erlebte die Konfiskation seiner Güter, niemand büßte seine Freiheit ein, niemand sah seinen Rang von einst geschmälert. Niemand erfuhr entehrenden Tadel, niemand war von lautem Vorwurf oder überhaupt von einer Zurechtweisung betroffen und büßte so seine Schuld, die den Tod verdiente, wenigstens mit dem Missbehagen über das, was er anzuhören hätte. Alle wurden ihrem Heim, alle ihrer Gattin und ihren Kindern wiedergegeben, schließlich wurden alle, was noch größere Freude bereitet, wieder in den Stand der Schuldlosigkeit versetzt.  (7) Sieh hin, o Kaiser, was du mit solcher Milde erreicht hast: du hast bewirkt, dass niemand sich als Besiegter fühlt, da du der Sieger bist.

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Spectabas haec e tuis collibus, Roma, et septena arce sublimis celsior gaudio ferebaris. 46  (1) Tu, quae experta Cinnanos furores et Marium post exsilia crudelem et Sullam tua clade Felicem et Caesarem in mortuos misericordem ad omne civilis motus classicum tremescebas; (2) quae praeter stragem militum utraque tibi parte pereuntium exstincta domi senatus tui lumina, suffixa pilo consulum capita, Catones in mortem coactos truncosque Cicerones et Pompeios fleveras insepultos; (3) cui damna graviora scissus in partes civium furor quam portis imminens Poenus aut receptus muris Gallus intulerat; cui Alliensi die Emathia funestior, Cannis Collina feralior tam altas olim reliquerunt cicatrices ut gravius semper tuam quam alienam experta virtutem nihil tibi magis quam te timeres – (4) vidisti civile bellum hostium caede, militum pace, Italiae recuperatione, tua libertate finitum; vidisti, inquam, finitum civile bellum cui decernere posses triumphum. 47  (1) Hactenus memet, imperator Auguste, praeteritas res tuas attrectasse fas fuerit; at cum tempus admoneat meminisse praesentium, finem sermoni facere maluerim quam in amplissimi ordinis munus invadere.  (2) Dabitur utcumque venia piae temeritati, si usurpasse communia, non occupasse videamur aliena. Licuerit mihi, quae in barbaris gentibus longinquisque provinciis pro summa re fortiter feliciterque fecisti, et adnuente numine tuo et senatu favente dixisse.  (3) Ea vero quae Romae gesta sunt, qualem te Urbi dies primus invexerit; quis in curia fueris, quis in rostris; ut pompam praeeuntium ferculorum curru modo, modo pedibus subsecutus alterno clarus

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Du hast all diese Geschehnisse von deinen Hügeln herab betrachtet, Rom, und dich, auf siebenfachem Gipfel thronend, von der Freude deines Herzens in noch größere Höhen emportragen lassen! 46  (1) Du, die du die Raserei eines Cinna, die Grausamkeit des Marius nach den Tagen des Exils erlebt hast, ferner einen Sulla, der durch deine Niederlage der „Glückliche“ geworden ist, und Caesar, der nur gegenüber Toten Mitleid fühlte, und bei jedem Schlachtsignal des Bürgerkriegs erschaudertest; (2) du, die du – abgesehen von der Niedermetzelung der Soldaten, die dir auf beiden Seiten zugrunde gingen – Tränen vergossen hattest um die glänzend­sten Männer deines Senates, die im eigenen Haus getötet, um die Häupter von Konsuln, die auf Spieße gesteckt wurden, um Männer wie Cato, den man in den Tod getrieben, wie Cicero, den man enthauptet hat, und wie Pompeius, den man unbestattet ließ; (3) du, der die Raserei deiner Bürger, in Parteien aufgespalten, größeren Schaden zugefügt hatte als der Punier, wie er drohend vor den Toren stand, oder der Gallier, der in deine Mauern Einlass fand; du, der Emathia, unheilvoller als der Tag der Allia, und der das Collinische Tor, verderbenbringender als Cannae, einst so tiefe Narben hinterließen, dass du, die du stets die eigene Tapferkeit schlimmer erfahren hast als eine fremde, für dich nichts mehr gefürchtet hast als dich selbst: (4) du hast gesehen, wie der Bürgerkrieg sein Ende fand – mit dem Blutbad unter den Feinden, mit dem Frieden für die Soldaten, mit der Wiedergewinnung von Italien und mit deiner eigenen Freiheit; du hast, sage ich, das Ende eines Bürgerkriegs gesehen, für den du einen Triumph beschließen konntest. 47  (1) Möge es, Imperator Augustus, mir gestattet sein, bis zu diesem Punkt deine Taten der Vergangenheit dargestellt zu haben; doch obgleich der Augenblick mich auffordert, an deine Taten der Gegenwart zu erinnern, möchte ich doch lieber meine Rede beenden als mich in das Aufgabengebiet des glanzvollsten Standes hineinzudrängen.  (2) Man wird jedenfalls Nachsicht mit meiner frommen Kühnheit haben, wenn sichtbar wird, dass ich die Gedanken aller ausgesprochen habe und nicht ein Terrain besetzt halte, das anderen zusteht. Möge es mir erlaubt gewesen sein, die Taten, die du bei Barbarenvölkern und in weit entfernten Provinzen zum Nutzen des Staates tapfer und erfolgreich vollbracht hast, mit Zustimmung deiner göttlichen Hoheit und dem Beifall des Senates vorgetragen zu haben.  (3) Doch alles, was in Rom geschehen ist: wie du am ersten Tag in die Stadt Einzug gehalten hast; wie du in der Kurie, wie du auf den Rostra aufgetreten bist; wie du, dem Festzug mit den Präsentiertragen, die vor dir einherzogen, bald im Wagen, bald zu Fuße folgend, strahlend in jeder Art deines Auftretens, bald über Krie-

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incessu nunc de bellis, nunc de superbia triumpharis; ut te omnibus principem, singulis exhibueris senatorem; ut crebro civilique progressu non publica tantum opera lustraveris sed privatas quoque aedes divinis vestigiis consecraris, remota custodia militari tutior publici amoris excubiis, (4) horum haec linguis, horum, inquam, voce laudentur qui de communibus gaudiis et dignius utique quae maxima et iustius poterunt praedicare quae propria sunt.  (5) O mea felix peregrinatio! O bene suscepti et exhausti labores! Quibus ego intersum bonis, quibus paror gaudiis! Quae reversus urbibus Galliarum dispensabo miracula! Quantis stupentium populis, quam multo circumdabor auditore, cum dixero: ‚Romam vidi, Theodosium vidi, et utrumque simul vidi; vidi illum principis patrem, vidi illum principis vindicem, vidi illum principis restitutorem!‘ (6) Ad me longinquae convenient civitates, a me gestarum ordinem rerum stilus omnis accipiet, a me argumentum poetica, a me fidem sumet historia. Compensabo tibi istam, imperator, iniuriam si, cum de te ipse nil dixerim quod legendum sit, instruam qui legantur.

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ge, bald über den Hochmut triumphiertest; wie du dich der Gesamtheit als Herrscher, den einzelnen als Senator gezeigt hast; wie du bei deinen häufigen Ausflügen nach Art eines Bürgers nicht nur die öffentlichen Bauten besucht, sondern auch private Gebäude aufgesucht und mit den göttlichen Spuren deiner Schritte geheiligt hast, und dies ohne militärischen Schutz, in größerer Sicherheit durch die Wachsamkeit, mit der die Liebe deines Volkes dich behütet:  (4) all dies soll mit der Zunge der Männer, mit der Stimme der Männer, sage ich, gerühmt werden, die dazu imstande sein werden, von den Freuden der Allgemeinheit jedenfalls diejenigen in angemessenerer Weise zu preisen, die die größten sind, und mit größerer Berechtigung diejenigen, die sie persönlich angehen.  (5) O Glück meiner Reise! O ihr Mühen, die ich glücklich auf mich genommen und zu Ende gebracht habe! Welche Segnungen des Glücks, an denen ich teilhaben kann! Welche Freuden stehen mir bevor! Welche Wunder werde ich den Städten der gallischen Provinzen nach meiner Rückkehr zu erzählen haben! Von welchen Mengen staunender Menschen, welch zahlreicher Zuhörerschaft werde ich umringt sein, wenn ich sage: „Ich habe Rom gesehen, ich habe Theodosius gesehen und ich habe beide zugleich gesehen; ich habe den Vater eines Herrschers gesehen, habe den Rächer eines Herrschers gesehen, habe den Retter eines Herrschers gesehen!“  (6) Weitabgelegene Gemeinden werden sich bei mir einfinden; ich bin es, von dem jede Feder den Bericht deiner Taten in ihrer richtigen Abfolge empfangen wird, von mir wird die Dichtung ihren Stoff, von mir die Geschichtsschreibung ihre Glaubwürdigkeit erhalten. Ich werde dir, Kaiser, einen Ausgleich schaffen für dieses Unrecht, wenn ich, da ich selbst über dich nichts vorgetragen habe, was es verdient, gelesen zu werden, diejenigen mit Wissen ausstatte, die man lesen wird!

Anmerkungen Zum Panegyricus des Jahres 321 (IV/X) 313–321: Als Nachfolger des 307 getöteten Severus war Licinius seit 308 Augustus des Westens. Eigentlich mit der Vertreibung des Maxentius beauftragt, hatte er nach dem Tod des Galerius im Mai 311 den Balkan in Besitz genommen und war, mit weiteren Nachfolgefragen befasst, 312 von einem Eingreifen in Italien abgehalten. Anfang 313 trafen sich die Augusti Konstantin und Licinius in Mailand zu Interessenklärung und Absprachen, auch im Hinblick auf Maximinus Daia, den im Osten amtierenden dritten Augustus. Licinius erhielt Constantia, eine Halbschwester Konstantins, zur Frau, und man legte das weitere Vorgehen und neue Prinzipien einer toleranten Christenpolitik fest. Nach seinem Sieg über Maximinus Daia am 30. April 313 und dessen Tod übernahm Licinius auch die östlichen Provinzen und ließ dort die in Mailand verabredete allgemeine Religionsfreiheit verkünden, die im Westen bereits realisiert war. Die Bestellung eines eigenen Caesars für Italien sollte die Krise in der Neuordnung der Gesamtherrschaft abwenden: Der vorgesehene Kandidat Bassianus, ein Schwager Konstantins, wurde aber wegen eines Putschplanes hingerichtet. Fortgesetzte Differenzen eskalierten 316 zum ersten Krieg gegen Licinius: Konstantin siegte in der Schlacht von Cibalae am 8. Oktober. Licinius behielt schließlich vom Balkan nur die Dioecesis Thracia. Am 1. März 317 wurden Crispus und sein Halbbruder Constantinus II. sowie Licinius II. zu Caesares ernannt. Die Lage blieb weiter angespannt, bis 321 sogar die gemeinsamen Konsulate aufgegeben wurden: Crispus und Constantinus II. waren Konsuln (coss. II) im Westen, Licinius I. (cos. VI) Konsul im Osten.

Redner und Redesituation Der Autor der Rede gibt keine näheren Informationen zu seiner Person, in den Handschriften aber erscheint Nazarius als Name des Verfassers: Er wird von Ausonius in seiner Commemoratio professorum Burdigalensium im Abschnitt 14 über den Rhetor Agricius, zusammen mit Patera als „Vorgänger“

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Anmerkungen

erwähnt, ohne dass beide in dieser Liste eigens gewürdigt werden. Nazarius gilt als vorzüglicher (insignis) Rhetor (Hieron. Chron., zu 324); seine Tochter komme ihm in der Redekunst gleich (ders., zu 336). Laut Prosper Tiro (Chron. min. I, 452) heißt sie Eunomia und ist Christin; für den Vater, der einen Namen durchaus christlicher Prägung trägt, lässt sich aus der Rede selbst nichts Derartiges erkennen. Nazarius stammt aus Bordeaux, doch scheint Rom eine spätere Wirkungsstätte zu sein. Innerhalb der Rede werden mehrere Herrschaftsjubiläen genannt: Quindecennalienfeiern (306–321) für Konstantin, Quinquennalienfeiern für seine Söhne Crispus und Constantinus II. (317–321). Solche Festakte wurden im ganzen Reich begangen. Andererseits beginnt gerade im Jahr 321 das zehnte Jahr nach der Schlacht an der Milvischen Brücke, eine Rede mit dem speziel­ len Schwerpunkt eines solchen decennalen Gedenkens hat in der Capitale des Imperiums einen angemessenen Ort. Der Panegyricus wird präsentiert als eine Festrede zu Ehren des kaiserlichen Hauses, gehalten vor dem Senat im Rahmen von Feierlichkeiten des Jahres 321. Der Hauptinhalt gilt den spektakulären Ereignissen des Jahres 312 in Italien und Rom sowie den militärischen und zivilen Tugenden und Leistungen Konstantins unter dem Gesichtspunkt der Wiederherstellung der Urbs libera; die politische Entwicklung der Jahre danach, besonders die Auseinandersetzung mit Licinius um die Macht, ist ausgeblendet. Zur historischen Situation 312 vgl. Band I 267 zu XII (a. 313). Dies ist die einzige Rede aus dem Corpus der Panegyrici Latini, in welcher der Adressat selbst nicht „zugegen“ ist, weder der Kaiser noch offenbar die Söhne. Innerhalb der Anordnung der Handschrift umrahmen die beiden Reden von 313 (XII) und 321 (IV) mit ihrem gemeinsamen Kernthema „Rom 312“ das Konvolut der sieben jüngsten Reden (289–311). Nazarius zieht literarisch-rhetorisch alle Register und pflegt einen überladenen, bisweilen recht verschachtelten und anspielungsreichen Stil; Vorbilder in Wortwahl und Wendungen sind ihm oft Cicero und Vergil. Das Rühmen der zu Lobenden ist hier bes. schulmeisterliche Epideixis der „Sprachkunst“, mit deren Hilfe der Redner auch sensible Themen zu verhüllen sucht (z. B. Religionsfragen) oder eben ganz ausblendet. Charakteristisch sind die zahlreichen, detailliert ausgestalteten Einzel-Tableaus, etwa die Belagerung einer Stadt, eine offene, kampftechnisch herausragende Feldschlacht, der Kaiser in kühner Einzelak­tion, ein allegorischer Triumph. Schmidt 1989, 170 ff.; Brandt 2006, 42 ff.; Herrmann-Otto 2007, 37 ff.; Nixon / Rodgers 1994, 334 ff.

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1–3.4 Einleitung: 3.5–4 Kurzes erstes Lob der Caesares: adäquate Söhne und Garanten froher Zukunftshoffnung Anlagen und Unterweisung, Bewunderung und Liebe 5–35 Lob Konstantins 5–8 Tugenden – Verhalten Konstantins 9–15 Vergeblicher Versuch zum Ausgleich mit Maxentius – unheilbarer Tyrann – bellum iustum – Hilfe des Himmels 16–18 Germanenkämpfe Konstantins 19–30 Der Italienzug (Frühjahr-Herbst 312)     19–20 Das Heer Konstantins     21 Segusio     22–24 Turin     25–26 Brescia, Verona     27 Aquileia, Modena – Rom     28–29 Rom: Kontrastierung Maxentius – Konstantin 30 Ende des Maxentius – Heer und Rom: Sieg und Freiheit 31–35 Nach dem Sieg     31–32 Präsentation des besiegten Tyrannen in Rom,     Italien, Africa     33–35 Der Friedensbringer; seine Würde und Milde; Segenstaten 36–37 Zweites Lob der Caesares: Crispus und die Franken; Constantinus II. als weiterer Hoffnungsträger Schluss: Bild des Segens: Friede nach außen, Ordnung und Wohler38 gehen nach innen – Hoffnung auf Dauer sowie auf kaiserliche Besuche in Rom 1.1 Die Rede des Nazarius gibt sich als Vortrag vor einer Festversammlung im Senat (in coetu; vestris) zu erkennen; erst ab c. 3,1 wird der Kaiser, obgleich in Rom nicht anwesend, ausdrücklich und von nun an durchgehend direkt angesprochen (16 × als Imperator / Kaiser, 7 × mit seinem Namen). – Die Caesa­res sind die beiden ältesten Söhne Konstantins, namentlich genannt erst gegen Ende der Rede (36,3; 37,5): Crispus, geboren ca. 300 (von Minervina), und Constantinus II., geboren 316 oder 317 (?) (von Fausta), der im Purpur Geborene. Sie waren zum 1. März 317 in Serdica zu Caesares erhoben worden und absolvierten also gerade das letzte Jahr ihres ersten Quinquenniums; nicht erwähnt wird freilich der dritte damals ernannte Caesar: Licinius II., Sohn von Licinius und Constantia, geboren 315. –

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Anmerkungen

Um die Rhetorik der Fülle zu verdeutlichen, ein Beispiel zu Beginn: dicturus Constantini augustissimas laudes – der Superlativ der enkomiastischen Aufgabe zeigt sich am Hiat des Abstands zwischen Herrscher und Volk, der hier in einer Verhältnisgleichung der „Eminenz“ entfaltet ist: Nicht der übliche Rangunterschied zwischen Kaiser und Untertanen, sondern das Bindeglied der „Herrscher aller Jahrhunderte“ lässt die wahre Dimension hierarchischer Entrücktheit und somit eine ambitionierte Redneraufgabe erkennen. – et dicturus: ferner der freudige Überschwang des versammelten Publikums: Von nun an durchzieht das Thema der umfassenden, allgemeinen Freude die ganze Rede; das doppelte Feierdatum für die Caesares setzt den dritten Akzent. – nullam eloquentiam: Eine Redekunst, die den drei Rahmenvorgaben Dank, Stofffülle und Hörerschaft angemessen sein könnte, ist nicht einmal vorstellbar: eine weitere „Auxesis des Abstands“ – jenseits einer üblichen rednerindividuellen Bescheidenheitsgeste. 1.2–3 Die Freude des Inneren (animorum; pectorum) ist nicht zu verbergen und verschafft sich vielfältig sichtbaren Ausdruck (in vultu, in frontibus). Ratsam ist es zuweilen, Gefühle doch zu verbergen – etwa Furcht um des Herrschers Wohlergehen: ein nicht selten anzutreffender rhetorischer Gestus. 2.2 Beginn und Ende von Regierungsjubiläumsjahren bieten besonderen Anlass zu offiziellen Festakten, doch lassen sich auch im Verlauf des Jahres andere Anlässe finden oder kombinieren – wie hier: Konstantin steht im 15. Jahr seiner Herrschaft (306–321), dessen kalendarischen Abschluss sein dies imperii am 25. Juli bilden wird. Zugleich wird schon das Fest des 20-jährigen Jubiläums ins Visier genommen – augurari lässt auch an die im Vorfeld üblichen vota suscepta (s. 2,3) denken. Erst im Sommer 326, zu den großen Abschlussfeiern anlässlich dieser Vicennalien, wird der Kaiser wieder in Rom weilen. – Glück des Kaisers (und des Volkes): s. 8,5;19,2;27,6;38,5 f. 2.3 f. Von der Quinquennalienfeier der Caesares aus richtet sich der Blick bereits auf das nächste Jubiläum, getragen von der Zuversicht der Menschen und der Bestimmung seitens der übermenschlichen Sphäre, auf die im März 326 sich erfüllenden decennia der Söhne: Dann erscheint die nächste Auxesis, auf die noch und immer weiter folgenden Vota und Zeiträume. Der Wunsch nach Kontinuität und Sicherheit ist spürbar in den Rück- und Vorverweisen, im stets betonten Einklang von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. – Die künftige Realität für den einen der Caesares „beatissimi“: Im Februar 326 lässt Konstantin, der zu den Vicennalienfeiern schon unterwegs nach Rom ist, Crispus durch eine familiäre (Macht-)Intrige in Pola / Istrien töten. Im selben Jahr werden von ihm auch noch weitere Familienmitglieder (Fausta, Neffe Licinianus) und Freunde beseitigt.

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2.5 f. Wird in XII 26,4 erst ganz am Ende an den höchsten Schöpfer die dringliche Bitte um aeternitas (fac ut) gerichtet, so spricht Nazarius bereits hier zu Beginn von einer zeitlich unbegrenzten Kaiserherrschaft, wie sie ja deutlich im Bewusstsein der Menschen verankert sei (sentimus). Die üblichen Maximierungszahlen von 20, 30 Jahren schiebt er dabei als nicht adäquates Zahlenwerk beiseite. Zu Abstand und Privilegierung des Herrschers gegenüber der Begrenzung, die dem „gemeinen Sterblichen“ gesetzt ist, vgl. XI 6,4 (Diokletian / Maximian). – Vgl. auch VI 21,4 mit der Übersteigerung des Nestoralters in der heidnischen Vision; Ausonius, grat. act.  4,19 f. 2.7–9 Ambitionierte captatio-Ausführungen zum Problem der inhaltlich und emotional adäquaten Rede (vgl. 1,1), besonders 8 f.: Nazarius grenzt sein Thema auf die Leistungen Konstantins für den Staat ein, den persönlich erfahrenen Gewinn soll jeder für sich selbst bedenken: Doch das anlässlich des Vortrags erfolgende Résumé und der Vergleich von Wort und Tat (tacita reputatione) erbringen (für alle) die Einsicht in die grundlegende Insuffizienz des Wortes. Zwei Faktoren sind hier zu absoluter Größe gesteigert: der Rang der zur Debatte stehenden kaiserlichen Leistung und die maximale Begeisterung und Erwartungshaltung der Hörer. Daraus resultiert eine Kapitulation des Panegyristen; gefordert ist hier ja eine ars augendi, wie sie gar nicht zu leisten ist, auch nicht von einem anderen: daher gibt es keinen Klageruf nach einem berufenerem Redner. 3.1 f. Die direkte Anrede an den Kaiser als quasi-präsenten Adressaten, die ab jetzt so beibehalten wird, leitet emphatisch die letzten rhetorischen Fragen (quis / quis…quis) der captatio zur Redekunst ein: keine Steigerung durch das rühmende Wort, auch keine Äquivalenz – die minimierte Erwartung von Redner und Hörer bemisst sich nur noch an der Pflicht des „Nichtschweigens“, mit allem damit verbundenen Bewusstsein des Ungenügens. – Vgl. XII 1,3: Die Größe der Tat verbietet den gänzlichen Verzicht aufs Wort. – § 2 Zahl, Größe und Glanz der virtutes erlauben nicht mehr als einen bloßen Widerschein in den Worten des Redners. Summarisch: Die zentrale Großtat der Errettung Roms im Jahre 312 3.3 (virtus-misericordia-victoria / excitarit recrearit erexerit) verlangt ein – stilistisch ermüdendes multiples Feuerwerk an – Höchstlob, ebenso wie alle Taten davor und danach. – ex ipsis faucibus fati: noch pointierter als bei Ciceros Eigenlob: Cat. 3,1 (urbem) e flamma atque ferro ac paene ex faucibus fati ereptam; verwandte Bilder: Rachen des Krieges: Cicero, Arch. 21; des Orcus: Apuleius, met. 7.7; Arnobius, adv. nat. 2,53 (Hölle). – in „cuius“ laudibus: grammatikalisch auf Konstantins Größe (fem.) oder auf Konstantin selbst (masc.) zu beziehen. – primarium: Die Befreiung Roms und ebenso alle Taten davor und danach sind Konstantins exorbitante Leistungen: Was

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Anmerkungen

kann man denn noch denken und sagen, was solchem Rang entspricht? Ist nicht das Höchste seine Position als Herr der Welt (Constantinus maximus)? Oder doch: Ist nicht diejenige Tat die größtmögliche und vornehmste, mit der er Rom, die Herrin der Welt, befreit hat? (Der Folgetext gilt direkt den Söhnen). – Ohne Details hier „die Feldzüge davor“: Franken 306/307 (VII 4,2; VI 10,2); Bructerer 308 (VI 12,1); Franken 310 (VI 18,1) – „danach“: Franken 313 (XII 21,5); die ersten Auseinandersetzungen mit Licinius 316/17 (Eutrop 10,5; Aurelius Victor, Caes. 41,6 ff.). 3.4 f. Lob der Caesares: Das Bild der Entfaltung des Menschen analog zur Pflanze (Keim – Blüte – Frucht) dient als Folie zum Lob der früher als erwartet gereiften Tatenfrüchte hoher Begabung; zur Absehbarkeit künftiger Ergebnisse s. den Vergleich adulescentia – herbae bei Cicero, Cael. 76. – Crispus war als Caesar in Gallien erfolgreich mit der Sicherung der Rheingrenze beauftragt (s. u. 17,2 und 36,3 zu den Frankensiegen; Publilius Optatianus Porfyrius, c. 5,30 ff.; 10,24 ff.). Der Sohn in den Spuren des Vaters: zum terror nominis des Kaisers als Schrecken der Barbaren s. VI 11,1. – Der 316 oder 317 geborene Constantinus II. war für 321 mit seinem Bruder zum Konsul im Westen ernannt. Das altbekannte Motiv, es gebe für den Sohn und künftigen Helden möglicherweise keine Taten mehr zu vollbringen (vgl. Plutarch, Alex. 5,4), ist hier auf die Konkurrenz auch zu dem älterem Bruder ausgedehnt. 3.6 f. similitudinem / simulacrum: Das Band der Blutsverwandtschaft ist zugleich Garant verwandter Sinnesart, die früh zum Edlen strebt und also frühe Aufgaben zumutbar macht. Echtbürtigkeit der Natur lässt zu Recht Ebenbürtigkeit der Tat erwarten. Vgl. auch die similitudo-Propaganda bei den Tetrarchen-„Familien“. 4.1–4 Abgrenzung von zwei Arten des „Gleichen“: hier die individuelle, unkritische Liebe der Leute (inferiores) zu jedem ihrer eigenen Sprösslinge, dort die stolze und hoffnungsvolle Zuneigung des edlen Herrschers (pater optimus, melior imperator) für die edlen Anlagen der Söhne, mit Wächterblick aufs künftige Staatswohl. Übliche Kriterien guter Erziehung, wie etwa die Anlagen oder die Unterweisung, werden übertroffen vom Rang und der Wirkung des Exemplums, welches für die Römer grundsätzlich eine ungemein wichtige Kategorie anschaulichen Lernens darstellte: Der eigene Vater erscheint als direktes und ständiges Vorbild – seine Taten schaffen Liebe und Bewunderung in wechselseitigem Anreiz. 4.5 Zur grundlegenden Sittsamkeit des Kaisers von Jugend an s. VII 4,1; XII 4,4; hier c. 34,1 f.; 38,5. – Das Motiv „Wahre Sachlage rechtfertigt kühnere, offenere Worte“ kann sich, wie hier, in eher allgemein gehaltenen Andeutungen erschöpfen, aber auch vorsichtige Rückversicherung bei prekären

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Schilderungen markieren (z. B. auch VII 7,7). – Konstantins frühe Jahre im Osten bei Diokletian und Galerius dienen manchen Autoren später als Beispiel für die Begegnung mit Sittenverderbnis und persönlichen Angriffen. S. dazu mit Belegen Nixon / Rodgers 348, A. 22. 5.1–4 Die Zugänglichkeit des (abwesenden) Kaisers für Auge und Ohr, seine menschliche Nähe, mildes Wesen und sanfte Ausstrahlung stehen ganz im Kontrast zur feierlichen Inszenierung herrscherlicher Entrücktheit, wie man sie seit den Jahren der Tetrarchie und, in bestimmten Aspekten, auch als Element der Distanz des Tyrannen vorgeführt bekam: Vorhalle und Riegel, mystische Assoziationen mit Schauder, Verhüllung, grellem Glanz (zur „Praxis der Anderen“ s. auch XI 11,1 ff.; II 21,3 ff.; Ammian 16,10,4 ff.). – iniquus fulgor: positiv dagegen fulgor als Segensglanz kaiserlichen Blicks in VI 17,1; XII 19,6. 5.5–7 Appell an die Caesares zu erleichterter imitatio auf bekannten Wegen: Der Ruhm steht hier als umfassendes Ziel am Ende eines „Sektors“, der viele einzelne Direttissima-Strecken umschließt. Sprachlicher Aufwand soll die Pluralisierung der Wege der virtutes – und der Nicht-Abwege – verdeutlichen. – Vorstellbar wäre für den Gedanken „all seine Wege führen zum Ruhm“ auch das Bild einer freundlich glänzenden Sonnen-Aureole des Ruhms gewesen, bei der Konstantin im Zentrum als Urheber der von ihm ausgehenden Strahlen der Tugenden steht. Fülle, Schönheit, Größe: Die Suche nach dem aktuell bestmöglichen 5.8 Einstieg des Redners (Topos unde oriar?) ergibt ohne Umschweife das Thema „Konstantin und Rom“, mit dem Schicksalsjahr 312. Rom ist der Ort der Rede, auf der Liste der aktuellen Jubiläumsreden kann nun, fast ein Jahrzehnt danach, auch dieses grundlegende Ereignis mit seinen für Stadt und Reich so positiven Folgen im Mittelpunkt einer eigenen Würdigung stehen. 6.1 Vom Vergleich zum Bild: Die Gesamtheit der virtutes stellt ein prächtiges Bauwerk dar, für eine angemessene Eingangshalle bzw. als Portal ist allein das Thema „Rom“ denkbar. Vgl. c. 5,1 das Haus des Herrschers, dessen vestibulum schon die ganze Hoheit des Inneren ankündigt. 6.2 Der „Tyrann“ – Konstantins Schwager Maxentius – wird auch hier, wie stets, nicht namentlich genannt, denn Assoziationen zu Familien- und Bürgerkrieg dürfen nicht aufkommen. – Liebe und Wertschätzung für die altehrwürdige Größe Roms sind durch dessen Unglück nicht beeinträchtigt, ihre großzügigen Gaben bewahren die Würde der Stadt und sind willkommener als die Gaben bloßen Mitleids. 6.3 Die „Einheit der Tugenden“ ist ein von Philosophen viel diskutierter Gegenstand und gehört zum allgemeinen Bildungsgut: didicimus, s. Plinius, paneg. 59,5; Erörterung dieses Themas beim frühen und späten Platon: Prot.;

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Anmerkungen

leg. XII 963c ff.; Stoa: Chrysipp, SVF III 295, 297, 299; Cicero, off. 2,35. – Die Anweisungen der Rhetorik propagieren ansonsten eher das Prinzip der Fülle, d. h. die Zuordnung der Einzeltugenden – besonders der vier Kardinaltugenden – zu den einzelnen Taten und Tatenfeldern (Krieg und Frieden) der Herrscher. 6.4 f. Das Zusammenwirken von fortitudo und pietas erbringt beiden Seiten, Tätern und Opfern, Recht und Ausgleich nach Gebühr. 6.6 Bilder aus Schifffahrt und Architektur: Untergang / demersa (§ 2), Schwanken / labefactare, dagegen das Roma aeterna-Motiv: Stabilisierung auf ewig / constituta et in perpetuum fundata (resultatives Perfekt). – Maxentius fand in der Schlacht an der Milvischen Brücke den Tod; cum stirpe: stirps – Wurzelstock, Stamm; gemeint ist „radikale“ Beseitigung, vgl. Livius 9,29,10 omnes (Potitios) intra annum cum stirpe extinctos – „ mitsamt dem letzten Sprössling“. Maxentius’ älterer Sohn Valerius Romulus war bereits 309 gestorben, ein jüngerer, unbekannten Namens, offenbar im Umfeld der Ereignisse von 312. 7.1 f. non … Mars dubius: metonymer Gebrauch für Krieg, s. u. 30,4. Das Kriegsglück stand Konstantin, trotz manch schwieriger Kampfsituation, durchgehend zur Seite. Der Übergang über die Cottischen Alpen, der Italien­ zug und die Schlacht gegen Maxentius waren nach wenigen Monaten beendet, was als Zeichen rechtmäßigen Handelns und berechtigter Gewissheit der Sieger gedeutet wird. 7.3 f. rerum arbiter deus – divinitas – divinum numen: Die Gottheit erscheint im Singular, mit indifferenten Termini, wodurch sie dem Verständnis von Heiden wie Christen zugänglich wird. Der sorgende Gott hat alles Denken und Handeln der Menschen aufmerksam im Blick, trifft sein Urteil, greift unterstützend ein. Ein göttliches Desinteresse, wie etwa bei Epikur, ist hier undenkbar. – Zu divinum numen s. Nixon / Rodgers 351, A. 37. – Die pietas des Kaisers, Liebe und Begeisterung des Heeres siegen, wie stets, mit göttlicher Hilfe; zwei zentrale Belege dafür sind, dass schon auf den Campi Taurinates in Oberitalien die Panzerreiter (zu diesen clibanarii s. u. c. 22,4) als schrecklichste Kampfgegner vom miles fulmineus (Sing.) zerschmettert werden., was Assoziationen zu einer jupitergleich alles vernichtenden Blitzgewalt weckt. Hinzu kommt das entscheidende, die lange Ära des Verbrechens beendende Treffen vor Rom. – § 4 Göttliche Protektion begleitet Konstantin immer: Panegyrici von 310, 313, 321, s. u. c. 14. 8.2 Allgemeine Reflexion – eine These zur Entstehung von Tyrannis: Mangelnde geistige Kapazität (animi angustias, infirmitas) für übertragene Aufgaben (muneris, potestate) disqualifiziert den Kandidaten für die Herrschaft und führt zu Entartung der Machtausübung (licentiam).

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8.3 Morde, Laster, Habgier als Stichworte: Vgl. XII, wo ab 3,5 f. eine detaillierte Präsentation der Vorwürfe erscheint, c. 4,1 ff. ganz in der Kontrastierung zu Konstantin. Die politische Lage der Jahre 310 ff. und der familiäre Bezug (der Vater Maximian) spielen 321 als Argument keine Rolle mehr. 8.4 f. Rhetorische Dezenz in der Erinnerung an prekäre Situationen: s. o. 4,5. Der Vergleich mit dem Ackerbau lässt an die Fülle lateinischer Werke zu Feld-, Obst- und Weinbau, Viehzucht etc. denken: Verfassern wie Cato, Varro, Vergil, Columella (1 praef. 4: Blutsverwandtschaft mit der sapientia) und Plinius waren Eifer im Erwerb von Sachkenntnis, Achtsamkeit und Fleiß in der Praxis Daueraufgabe und Garanten von Erfolg und Freude. Vgl. Hesiod, op. 289 f., 304 ff. Zum Weinbau s. V 6,4 ff. 9.1 iniuste: Es gilt, Konstantins Vorgehen gegen Maxentius als bellum iustum zu propagieren; Konstantins Charakter, hervorragend an Langmut, Milde und Friedensliebe, erstrebt statt Krieg zunächst Therapie durch mäßigenden Einfluss (temperantia) und ein beiderseitiges Einvernehmen (concordia; 10,3 societas), was aber des Gegners moralische Verkommenheit und Konsensunfähigkeit nicht zulässt, ergo: s. o. – coniventi (patientia): die Augen verschließen vor etwas: vgl. 4,5 pudentes oculos abstrahebas. – Nazarius hat in c. 9 ff. das Thema zur Rechtfertigung des militärischen Eingreifens mit moralischen, philosophischen, politischen Betrachtungen rhetorisch breit ausgeführt; zu den angesprochenen Verhandlungsbemühungen finden sich allerdings keine parallelen Zeugnisse in den Quellen. – S. Nixon / Rodgers 353, A. 45. 10.2 concordia im Bild: als nährende Fruchtbarkeit staatlichen Friedens in allen Vegetationsstadien; zu seminarium: Cicero, off. 1,54; Cat. 2,23. 10.4 Das Scheitern der erstrebten lenior victoria (9.5) verpflichtet jetzt zur Tat, zur ultima ratio des Waffengangs; sonst steht ignava dissensio als Vorwurf mangelnder Tatkraft und Feigheit im Raum. 11.2–4 Realitätsblindheit des Maxentius: erstens die kapitale Größe seines Unrechts an Rom (drastisch: funestam .. lacerationem) im Gegensatz zur Liebe Konstantins für die Stadt; zweitens die militärische Unterlegenheit, erwiesen in den vielen Kämpfen auf dem Italienzug; drittens Verkennung der differenzierten und täuschungsresistenten virtus-Kapazität seines Gegners, wobei die Weitsicht Konstantins durch ein anaphorisch dreifaches quis und Auxesis gekennzeichnet wird. S. § 5. 11.5 Konstantins geistiger Weitblick übertrifft die nur physische Sehkraft bedeutendster Exempla aus Mythos und Historie: Lynkeus, messenischer Königssohn, war, mit seinem älteren Bruder Idas, Teilnehmer an der Kalydonischen Eberjagd und beim Argonautenzug; er war sprichwörtlich berühmt für seinen ebenso weitreichenden wie alles durchdringenden Blick (lynx –

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Anmerkungen

Luchs), tief in die Erde hinein (Apollonios Rhodios 1,155; bei Palaiphatos 9 gedeutet als Erfinder des Bergbaus); hinunter bis zur Styx (Valerius Flaccus 1,463 f.); über das grenzenlose Land in unerreichbare Weite, wobei die Silhouette des Herakles so zart wie der Umriss des Mondes bei Neumond erscheint (Apollonios Rhodios 4,1477 ff.). – Vgl. Goethes Türmer Lynkeus (Faust II, 3., 5. Akt). – Plinius (n. h. 7,21,85) führt vier Exempla zur unglaublichen Sehkraft des menschlichen Auges an, darunter auch das zweite, von Nazarius verwendete Beispiel: der hier namenlose, laut Varro Strabo geheißene Späher aus der Zeit „des Punischen Krieges“ habe 135 000 Schritte (ca. 202,5 km) weit sehen können; Strabon (6,2,1 p. 267) bemisst die Strecke von Lilybaeum bis Karthago auf 1500 Stadien (ca. 277,5 km), die „einer der Scharfsehenden“ für seine Meldungen überblickt habe. – Vgl. z. B. Plutarch, mor. 1083 d; Valerius Maximus 1,8, ext. 14. 12.1 lacesseret: Konstantinische Propaganda macht Maxentius direkt zum Urheber des Krieges und Angreifer. Die Kriegserklärung an Konstantin war erfolgt „unter dem Vorwand, an ihm den Tod seines Vaters zu rächen“: Lactanz, DMP 43,4; Zosimos 2,14,1. Maxentius hatte seinen Vater nach seinem Tod 310 divinisieren und in Italien Münzen für den Divus Maximianus Pater prägen lassen. 12.2 imaginum acerba deiectio: Von einer derartigen Aktion des Maxentius gegenüber Konstantin ist andernorts nichts überliefert. – Provinzen und Städten wurde bei Regierungsantritt eines neuen Herrschers dessen Porträt als Präsenzsymbol und zur Loyalitätsbindung zugesandt; in der Tetrarchie war es Zeichen gegenseitiger Anerkennung der Herrscher, den collegae imperii die eigenen Porträts zu übersenden und zum Zeichen der concordia die Bildwerke aller aufzustellen. Galerius hat das in widerwilligem, aber realpolitischem Kalkül mit Konstantins 306 nach Nikomedien gesandter imago laureata getan. (Vgl. Lactanz, DMP 25). Umgekehrt wurden Statuen und Abbildungen im Zuge einer damnatio memoriae wieder entfernt und zerstört. Vgl. Lactanz, DMP 42,1: Maximianus Herculius. 12.3–5 Die Zerstörung der Herrscherbilder löst eine hoch emotionale Kette von Klagen und Fragen aus, die ganz auf die Bilderwelt der Augen, das geraubte und vermisste äußere Sehen wie das unzerstörbare, innere des Herzens, orientiert ist. – o truces oculi …tenebras non imbibistis: Gefühle können auch poetischere Synästhesien erzeugen: „Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluss der Welt.“ (G. Keller). 12.4 Zu den Porträtbüsten aus Wachs und Tafelgemälden s. o. § 2. 13.1 Rom, in persona leidend, ist mit der Zeit empfindungslos geworden, abgestumpft: callum / callus – Schwiele, Verhärtung ist ein auch von Cicero viel verwendetes Bild für Erstarrung in Schmerz und Trauer, nicht für wehr-

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haften Schutz einer „hürnenen“ Haut (vgl. obduruerat et percalluerat civitatis .. patientia: Cicero, Mil. 76). – per vultus indices: Miene als Spiegel der Empfindung s. o. 1,2 (Freude). 13.3 benigni ratiocinatores officiorum: vgl. boni r. o. Cicero, off. 1,59: Auch dort gilt das Prinzip des Leistungsproporzes; paria fecistis: Ihr habt das, was jeweils dem Einzelnen als Pflicht zum Handeln angemessen ist und was auch seinen Möglichkeiten entspricht – quasi ein officium suum cuique –, als „Rechnungsbeitrag auf Gegenseitigkeit“ geleistet. 13.4 Abschluss: Der reichsinterne Krieg gegen den unheilbaren Tyrannen, zweifelsfrei ein bellum iustum, ist dennoch Konstantin nur, um Roms willen, aufgezwungen. Sein eigentlich erstrebtes Ziel, Ausgleich und Friede, hat ihm die Gottheit verwehrt, zugunsten eines größeren, angemesseneren Sieges (vgl. XII 20,3 Segen dieser civilis victoria). Zum göttlichen Beistand s. c. 14 f. 14.1 ff. In den Panegyrici wird für den Kaiser wiederholt ein exklusives göttlich-menschliches Nahverhältnis konstatiert: Dieses verleiht dem Auserwählten höheres Wissen und handlungsrelevante Einsicht; er bedarf dann keines politisch-militärisch-religiösen Spezialistenwissens; Tiefe und Hintergrund seiner Einsicht bleiben dem normalen Menschen verborgen, der all dies ehrfürchtig bestaunt und im Nachhinein die Richtigkeit erkennt. Himmelserscheinungen, auch für alle sichtbare, und individueller göttlicher Zuspruch in Vision, Traum, Zwiesprache sind in der Literatur mehrfach beschrieben. S. hierzu umfassend Weber 2000. Nazarius stellt fast ein Jahrzehnt später, da christliche Deutungsangebote zum Sieg von 312 diskutiert und publiziert sind, eine (sonst nicht bezeugte) gallische Himmelserscheinung vor, bei welcher der Einsatz des (nunmehrigen Divus) Constantius dem Geschehen einen legitimatorischen Hintergrund verleiht, der noch zeitnah auf die Ereignisse von 309/310 zurückführt. Es gilt, nach Maximianus jetzt den Sohn als Usurpator zu besiegen und Rom vom Tyrannen zu befreien: Dafür ist der legitime Herrscher auch der himmlischen Unterstützung des Vaters sicher (s. u. zu 14,6 ff.); zugleich ist die dynastische Zukunftsperspektive mit der Quinquennalienfeier der Caesares zum Zeitpunkt der Rede im Blick. Fünf berühmte literarische Zeugnisse im weiteren Umfeld des Deutungskomplexes für das Jahr 312: – Jahr 310: Rückblick auf 306 (VI 7,3 ff.) als Tableau: Approbation durch Jupiter, alle Götter, auf Vorschlag des Vaters, des neuen deus Constantius; die erste göttliche Erscheinung: Apollo-Victoria-Vision in Gallien (c. 21,3 ff.): deus praesens, tuus, vidisti, mit der Verheißung langer, siegreicher Herrschaft.

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Anmerkungen

– Zum Jahr 312: a) Die Rede von 313 (XII) betont das Arcanum der göttlich-kaiserlichen Zwiesprache: 2,5 mens divina, die sich nur Konstantin zeigt und ihm ratend, gegen die Befürchtungen und Warnungen spezieller Wahrsager (§ 4), zur Seite steht; 3,3 promissam divinitus victoriam – die göttliche Verheißung des Sieges wird offensichtlich nur dem Kaiser zuteil, aus dessen Impetus des Handelns die Klugen den wahren Hintergrund erkennen. b) Lactanz, DMP 44,5 (ca. 315–317): Traumgesicht des Kaisers vor der Entscheidungsschlacht: Aufforderung an ihn, ein caeleste signum dei auf den Schilden anzubringen, was er auch tut: Christum in scutis notat. Der Christengott hilft: manus dei supererat aciei (§ 9). – Vgl. noch 46,3 ff., wo ausführlich ein Traumgesicht des Licinius behandelt wird: Aufforderung zum Gebet an den „höchsten Gott“, mitsamt dem ganzen Heer, durch einen Engel Gottes, Traumdiktat des Gebetstextes, Aufzeichnung und Vollzug am Tag. c) Eusebius, HE (ca. zur selben Zeit wie b) 9,9,1 ff.: Gebet Konstantins an den Christengott und dessen Symmachie zu wundersamem Ausgang der Schlacht; seiner Statue in Rom soll ein Zeichen (trópaion / sēmeîon) des heilbringenden Leidens in die rechte Hand gegeben werden. d) Nazarius stellt 321, neben den vielen Verweisen auf die persönliche Kaiser-„Gott“-Beziehung, ein allgemein sichtbares Himmelsprodigium sehr pointiert heraus: Himmlische Truppen stellten sich unterwegs, auf dem Weg nach Italien, aus eigenem Antrieb offen als „Hilfskontingente“ zur Verfügung (§ 2 auxiliatores, § 4 Constantino imus auxilio); ihre Mitwirkung vor Rom: 29,1. Nur er berichtet von solch himmlischem Heereszug, unter Führung des Divus Pater Constantius, von dem „alle gallischen Provinzen“, Konstantins Stammlande und Ausgangspunkt des Italienzuges, Kenntnis haben. Der Vater ist also wiederum vom Himmel her hilfreich, wie schon bei der dortigen Empfehlung des Sohnes zum Nachfolger (VI 7). Beglaubigung des Wunders durch den Einsatz der Dioskuren. e) Eusebius, VC (Fertigstellung nach 337): von Konstantin beeidet 1) 1,28,2: Himmelserscheinung unterwegs, am späteren Nachmittag, die dem Kaiser und dem ganzen Heer sichtbar gewesen sei: Das trópaion eines Kreuzes aus Licht, mit einer Schrift (graphḗ) verknüpft: toútōi níka – Durch dieses siege! 2) 1,29 eine Traumerscheinung in der Nacht danach, in der er eine Aufforderung Christi erhalten habe, dieses Zeichen zur Abwehr der Kriegsgegner nachzubilden (31 f. Beschreibung der Standarte; christliche Unterweisung Konstantins). Zu Vergleich, Entfaltung und Wechselwirkung sowie zur Breite der philologischen, historischen, theologischen und archäologischen Forschungs-

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diskussion s. aus der Fülle der Literatur e. g. Weber 2000, 274 ff.; Girardet 2010, bes. 26 ff. 14.2 Zur Feinstofflichkeit göttlicher Wesen: Vergil, Aen. 4,277 f. Merkur entschwindet, noch mitten im Wort an Aeneas: mortalis visus medio sermone reliquit / et procul in tenuem ex oculis evanuit auram; Unsichtbarkeit der feinstofflichen Seele, menschliche Wahrnehmungsschwäche: Cicero, Tusc. 1,50. 14.3 Die himmlischen Kontingente werden dezidiert nicht als Personen, nur im Glanz und Klang der Waffen (und Stimmen: § 4) beschrieben. – veren­ dum nescio quid: ein numinoser Schein auf den Schildbuckeln – Hinweis auf das besondere „siegstiftende Zeichen“? – Vgl. Vergil, Aen. 8,524 ff.: Himmlisches Kriegsgetöse und Waffenglanz in Wolke und Licht (doch ohne Soldaten) sind Zeichen der Venus für Ermutigung, Kampf und Sieg des noch zaudernden Aeneas über die Italiker. 14.4 f. Auxesis und anthropomorphe Psychologie der Himmelswesen: Selbst die caelestes drängen sich eifrig zum Dienst für einen Größeren, den auf Erden agierenden Kaiser), um als ergebene und stolze Helfer vom gesamten Tatenglanz ein eigenes Quäntchen imperialen Ruhms zu ernten. 14.6 f. Constantius ist in den Panegyrici dieses Corpus stets hochgeehrt: Im Mittelpunkt stehen die eigenen Taten und das Dynastie-Motiv. Zu seiner Rolle als Divus: O felix in imperio et post imperium felicior! – so in VII 14,3 f. (307) seine Aufnahme in den Himmel: Sol ipse invecturus; die Szenerie VI 7,2 f. (310) consessu caelitum Iove ipso dexteram porrigente; Stolz und Freude des Vaters, der von den Taten des Sohnes übertroffen und damit zugleich selbst über das Erdenleben hinaus geehrt wird: XII 24,4–25,4 (313; vgl. z. B. Xenophon, Cyr. 8,7,17). All dies wird hier nochmals gesteigert in der Ehre, von himmlischer Warte aus persönlich den Einsatz himmlischer Auxiliartruppen für seinen Sohn leiten zu können. 15.1–3 Für adäquate Exempla muss man über 800 Jahre zurückblicken (vetustas § 1, veteres § 3): Die in Rom stets hochgepriesene redliche Tüchtigkeit der alten Zeiten hat trotz all ihrer sanctitas, moderatio, integritas nur ein Beispiel göttlicher Hilfe erbracht, womit wenigstens ein „zweiter virtus-Platz“ für ihre „iustitia“ erwiesen sein könnte; der inneritalische Krieg des nun folgenden Exemplums lässt auch an den, mit dem göttlichen Einsatz quasi beglaubigten, bellum iustum-Aspekt denken. Zu vetustas vgl. Sehlmeyer 2009, 18 ff.,73 ff. 15.4 Auch namenlos ein wohlbekanntes Exemplum: Die Epiphanie / das Eingreifen der Dioskuren, der Zwillinge Kastor und Pollux, mit ihren glanzvollen Rossen (VI 8,5) in der Schlacht am Lacus Regillus im Gebiet von Tusculum sicherte den Römern und ihrem dictator und Feldherrn Aulus Postumius 499/496 den Sieg über den Latinerbund (Octavius Mamilius) und über

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Anmerkungen

die vertriebenen Tarquinier (z. T. Epiphanie auch in Rom), gefolgt von einem ca. 150 Jahre überdauernden Bündnis (foedus Cassianum). – Vgl. Cicero, nat. deor. 2,6; 3,11; Dionysios von Halikarnass, ant. 6,13,1 ff.; anders Li­vius 2,20; zu den Castores s. auch II 39,4. 15.5–7 Rhetorische Reflexion zum Metier des Historikers: Ist das miraculum der Dioskuren als verbürgtes Ereignis anzusehen oder bloß als Märlein der Alten und Exempla-Versatzstück? Bild: ne … fides claudicaret (§5) – stat … fides (§7). - Die jetzt gern und mit Emphase zugebilligte Glaubwürdigkeit der alten Erzählung mindert zugleich ihren Rang. Die Synkrisis lotet das göttliche Einsatzquantum für einst und jetzt aus: damals zwei iuvenes, heute ganze Heereszüge. Ferner gibt es heute zwei verdiente Adressaten, der Kaiser und Rom (man ergänze: die damaligen Herrscher waren im Gegenteil gerade als Tyrannen verjagt). – Zur Kritik an der Überbietungstopik vgl. aber Sehlmeyer 2009, 187 f. 16.1–2 Überleitung zum Tatenlob: Das Wirken der unsichtbaren göttlichen Macht ist sicher zu erschließen aus der Lebensführung und den Taten des Kaisers. – Freiheit und Klarheit von Seele und Geist sind bei Konstantin stets Wirklichkeit. Vgl. Cicero, Tusc. 1,72: minima cum corporibus cont­agio – guter Weg der Seele nach dem Tod, mit Bezug auf Platon, Phaed. 80e; div. 1,63 sevocatus animus .. a contagione corporis (Schlaf und Tod). 16.3 Die Taten Konstantins bis zum Italienzug 306–312 sollen in einem eigenen Abschnitt (deverticulo: c. 16 ff.) gewürdigt werden. 16.4 Frühreife Jugendtaten bilden einen gerne verwendeten Topos, auch wenn Konstantin bei Herrschaftsantritt 306 kein ganz junger Mann mehr war. 16.5 Zur Frankenkampagne im Jahr 306, bald nach Konstantins Rückkehr von Britannien, mit der Gefangennahme und Hinrichtung der Könige Ascaricus und Merogaises (comite suo) s. bereits VII 4,2 (307) und VI 10,2; 11,5 (310). 16.6 Die Wiegentat des wenige Monate alten Herakles, der die beiden von Hera in der Nacht gesandten Schlangen erwürgt und stolz dem Vater präsentiert, hat Pindar, Nem. 1,39 ff. dargestellt. Die Weissagung des Teiresias von der Laufbahn des Helden bis zur Aufnahme in den Olymp bildet innerhalb dieses Epinikions für einen Wagenlenker den Mythosteil. Das göttliche Kind wird Genre-Motiv hellenistischer Dichtung: Theokrit, eid. 24 (Herakliskos); vgl. noch Apollodor 2,62; Vergil, Aen. 8,288 f. ut prima novercae / monstra manu geminosque premens eliserit anguis. 17.1 f. Der herausragende Wildheit der Franken, stets ein besonderes Ruhmeskriterium für ihren Bezwinger, meistert sogar die Wildheit der Elemente. Vgl. auch VIII 18,3 (297; mit Anm.): Reminiszenz an große Meerfahrten z. Zt. des Probus (276–282), dort als Auxesis für Größe der Aufgabe der Küs-

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tensicherung durch Constantius. – Zu Spanien und Tarraco: Aurelius Victor, Caes. 33,3; Eutrop 9,8,2: Ära Gallienus (253–268). – Zu Konstantins Erfolgen nach 312 am Rhein s. XII 22,3 ff., § 6 „vernichtend“: vix ullum nomen. Die militärischen Erfolge des Crispus über die (dennoch) rasch wieder erstarkte natio (c. 36 f.; auch 3,5) liegen 321 noch nicht lange zurück; zu Datierungsfragen s. auch Nixon / Rodgers 362, A. 76 f. (Münzen); Kienast 1996, 306. – „Göttliche Eingebung“: divino instinctu: vgl. XII 11,4 divino monitus instinctu; ILS 694 (315) instinctu divinitatis (Konstantinsbogen). 17.2 Sarkastischer Ton: neues Wachstum zum Ruhm der Sieger heißt zugleich Fruchtbarkeit zu / an eigenem Leid; (fecunda) malis suis: als Dativ (wie ein Gerundivum) oder Ablativus Instrumentalis konstruierbar. 17.3 Aufschub des Hauptthemas, der Darstellung des unaufhaltsamen Siegeszuges durch Italien „von Segusio bis Rom“ (s. u. c. 21 ff.), mit praeter­ itio-artiger Kurzfassung der Hindernisse und Wege: Es folgen vorab die Ereignisse nach 312 in gebotener Kürze, soweit sie dem Redeziel dienlich sind (c. 18 f.): Der Rhein bleibt umkämpfte Grenze im Norden. 18.1–6: Der Zahl der Gegner und Größe ihres Bündnisses begegnet Konstantin obendrein mit einem prophylaktischen Täuschungsmanöver: Inkognito praesens wiegt er sie – zur Überhöhung der römischen Leistung – in falscher Sicherheit; Sicherheit besteht ja nur auf Seiten des Kaisers, durch die Gottheit, seine Soldaten und eben seine eigene Stärke und Ausstrahlung (solus timeris). Größe und Schnelligkeit dieses Gesamtsieges geben, chronologisch als hysteron proteron positioniert, eine Einstimmung auf das eigentliche, noch zu schildernde Hauptereignis. – Vgl. dazu die Abfolge in XII 22: periura gens / Barbarendrohung am Rhein, rasche Ankunft des Kaisers, Abrücken der Barbaren, Finte eines Abzugs, Vordringen der Barbaren, umfassender Sieg im Barbarenland: Hier aber akzentuiert Nazarius besonders die persönliche Kriegslist des Kaisers und die Größe der Bedrohung. 18.1 „Franken“ (c. 17) sind eine in diesen Reden oft verwendete Sammelbezeichnung für Stämme am rechten Ufer des Niederrheins; hier unterstreicht dagegen die (asyndetische) Aufzählung der Stämme die Vielzahl der Gegner in Germanien und den barbarisch fremden, schrecklichen Klang der Namen. – Vgl. Ovid in der Verbannung über die Sprache der Geten und Sarmaten: vocis ferinae, hostilis soni: trist. 5,12,55 f.; Florus 1,45,21 der Führer des Aufstandes omnium Galliarum, Vercingetorix: nomine .. ad terrorem composito; Plinius, ep. 8,4,3 Daker: barbara et fera nomina. – Brukterer (VI 12,1), Chamaven (VIII 9,3), Tubanten: Frankenstämme an Niederrhein; Halamanni X 5,1; XI 17,1.3; Alamannia VIII 2,1; 10,4; Franken und Alamannen auf Münzen: RIC 7,363, n. 28; 365, n. 37; Lanciones: Stamm an der Lahn (auch als Langiones, Longiones, Logiones; Landi bei Strabon 7,1

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Anmerkungen

p. 292); die Cherusker – ihr Siedlungsgebiet war beidseits der Weser, Harz, bis zur Elbe – waren einst der Schrecken Roms durch den Sieg unter Arminius im sog. Teutoburger Wald (9 n. Chr.). – Zu Datierungen s. Nixon / Rodgers 363, A. 79 ff.. 18.2–4 Topos nil magis timuisti quam ne timereris: II 35,2 Heer: qui nihil magis timuerat quam timeri; Claudian 21,341 Stilicho: ne timeare times. – Für eine ähnliche Inkognito-Aktion als Mutprobe und Kriegslist vgl. Galerius (Eutrop 9,25,1). 18.5 praesens-absens-Abwägung und solus timeris-Gedanken in komprimiertem Satzbau: Der Glaube an Konstantins Gegenwart im Kampf lässt jeden Gegner erstarren; der Glaube an seine Abwesenheit verleiht dem Gegner Zuversicht; letzterer erweist sich hier aber als fataler Fehlschluss. 19 Faktoren des unzweifelhaften Sieges: An erster Stelle stehen virtus, prudentia, felicitas des Kaisers; Erfolgsbegleiter und –helfer sind sodann die göttliche Macht (perpetua ops), mit ihren Heeren, auch im Rückblick, und ferner die Soldaten Konstantins: Denn ihre rückhaltlose Zuneigung sowie ihre Wertschätzung durch den Kaiser schaffen produktivste Unbesiegbarkeit. – Hierzu bes. VI 16(f.). – § 3: caecos eventus des Krieges: vgl. Vergil, Aen. 6,157 f. Aeneas: caecosque volutat / eventus animo secum; Seneca, Phoen. 632 Iokaste: Fors caeca. – Oft auch: Mars communis, dubius, incertus, Fortuna anceps. 20.1 f. Die Geschichte zu Aeropus, aus dem Geschlecht der Argeaden, einem Vorfahren Alexanders des Großen, ist bei Justinus 7,2 sowie Ammianus 26,9,3 überliefert, der sie als Parallele zu einer Auseinandersetzung zwischen Valens und Procopius anführt. Dieser führt die kleine Tochter des Constantius, Enkelin Konstantins, mit sich, um den eigenen dynastischen Anspruch zu untermauern und den Kampfesmut seiner Soldaten für das kaiserliche Geschlecht anzustacheln. 20.3 Vgl. VI 16,7 zu den Gaben Konstantins – manifeste sunt grata militibus, sed hoc gratiora, quod tua sunt. 21 Segusio (heute Susa), der Hauptort der Segusini / Segusienses, an der Route über den Hauptpass der Cottischen Alpen (Mt. Genèvre) gelegen, Riegel (s. 17,3) und Tor in die Po-Ebene und nach Italien, war mit einer Garnison des Maxentius belegt. – Zur Eroberung vgl. XII 5,4 ff.: In-Brand-Setzung der Tore, Erstürmung der Mauern in einem Zug, Schutz vor Plünderung. – Nazarius: clementia Constantini im Mittelpunkt: Schutz vor Brandzerstörung (§ 2 Tableau). 22.1 f. Das Prinzip „Lernen aus den Fehlern der anderen“ erfordert eine mens sana, versagt hingegen bei defektem, schiefkrummem animus, im Wortsinn hier also: pravitas als Ausdruck einer Skoliose des Geistes. Vgl. XII 6,2:

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Das Exemplum Gomphi (in Thessalien) „heilt“ die Caesargegner, Segusio aber nicht die Taurinaten. – Augusta Taurinorum ist wichtiger Straßenknotenpunkt, besonders zu den Pässen in den Cottischen und Graischen Alpen, zugleich Anfangsstation des ab hier schiffbaren Padus. 22.3 Das Tableau der großen Schlacht auf weitem Feld präsentiert Konstantin ausgiebig als genialen Taktiker gegenüber einer besonders furchterregenden Kampfgattung und dem technisch gefährlichsten Nahkampfgegner, der mit Klugheit besiegt wird: c. 22 ff. Es gibt keinerlei andere Quelle hierzu. Vgl. dagegen die Darstellung der Schlacht in XII 6; gemeinsam ist das Ausweichmanöver. Die Schilderung wirkt wie ein rhetorisch-literarisches Versatzstück (s. zu 22.4). 22.4 Clibanarii / Cataphractarii: s. gr. klíbanos – Bratofen (oder pers. Wort) / gr. katáphraktos – eingeschlossen, gepanzert: Damit gemeint sind schwere Panzerreiter, die in ihrer Reiter-Ross-Eisenrüstung wie Metallkentauren wirken und im Vorrücken ihrer Einheiten Furcht erregen. – Eine sehr detailreiche, anschauliche Darstellung ihrer Bewaffnung und Kampftechnik, der von ihnen ausgehenden Gefahr und ihrer Schwachpunkte, gibt der Romanautor Heliodor (3./Anfang 4. Jh. n. Chr.) in der großen Entscheidungsschlacht zwischen Persern und Aithiopen (Aith. 9,15 ff.). – Erste Überlieferungen verorten sie bei den Persern; sie werden dann von den Seleukiden übernommen. Die Römer machen Erfahrungen mit ihnen im Kampf gegen Antiochos III. (190 v. Chr.; Livius 35,48,3; 37,40,11); bei Carrhae (53 v. Chr.) gegen die Parther (Plutarch, Crass. 24 f. mit Kampfdetails); gegen die Sarmaten an der unteren Donau (69 n. Chr.; Tacitus, hist. 1,79,3); zum Partherkrieg des Lucius Verus s. u. 24,6 f.; auch von den Sassaniden werden sie weiter eingesetzt (SHA Alex. Sev. 56,5: panegyrisch aufgeputzte Rede im Senat: 10 000 getötet und ihre Waffen übernommen). – Im römischen Heer erscheint unter Hadrian (?) eine ala I Gallorum et Pannoniorum catafractata (ILS 2735); catafracti equites, quos clibanarios dictitant sind Teil der Prunkeskorte des Constantius beim Einzug in Rom im Jahr 357, politi wie Werke des Praxiteles: Ammian 16,10,8. In den Truppen Julians werden sie regelmäßig aufgeführt (bes. gegen die Alemannen 356/357: Ammian 16,12,22.38), ferner als altbekannte Gegner an der persischen Front (Ammian 24,6,8; 25,1,12 f.). 23 ex serie rerum: Die „Reihe“ ergibt sich aus der Hierarchie des ratio­ nal ermittelten Einsatzbedarfs; der persönliche Einsatz (ipse tibi sumis) an vorderster Stelle in der größten Herausforderung offenbart eine Grundkonstante von virtus und Konstantins Selbstverständnis: das suum cuique-Prinzip von Angemessenheit und Proportionalität im Handlungsauftrag. 24.1 bellandi vias nosses: Neben der Praxis war Theorie, Sach- und Beispielwissen zu Strategie, Taktik, Technik des Militärwesens, für militäri-

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Anmerkungen

sche Führungskräfte unerlässlich; Schriften (gr., lat.) gab es in Fülle, in der römischen Kaiserzeit etwa: Frontinus (1. Jh.), hoher Beamter, Statthalter in Britannien, Fachbuchautor, u. a. vier Bücher Strategemata („Kriegslisten“); Vegetius (zweite Hälfte des 4. Jh.), Epitoma rei militaris, systematisches Handbuch zum gesamten Militärwesen, vielrezipiert bis in die Renaissance; Anonymus de rebus bellicis (zweite Hälfte des 4./5. Jh.), Beschreibung neuartiger Kriegsgeräte, mit Abb. – Vgl. noch die Sammlung historischer Exempla für alle Lebenslagen des Valerius Maximus (1. Jh.): Facta et dicta memorabilia, für Gebildete, Redner, Literaten (dort 7,4: Strategemata). 24.2 ff. Zur hier beschriebenen Kampfesweise vgl. auch die Belege zu c. 22,4. 24.6 Antoninus imperator: Marcus Aurelius und Lucius Verus wurden auf Geheiß Hadrians 138 von Antoninus Pius adoptiert; Marcus übernahm 161 bei Herrschaftsantritt das Cognomen Antoninus, nicht aber sein nunmehriger Mitkaiser. Partherkönig Vologaeses III. ließ um 161 Armenien besetzen, es kam bis 165 zu einer erfolgreichen Gegenoffensive, unter Lucius: dieser nahm 165 den Titel Parthicus Maximus an und feierte 166 in Rom gemeinsam mit Marcus den Triumph über die Parther. Wegen einer Seuche waren die Römer abgezogen. 25.1 f. Nazarius übergeht die begeisterte Aufnahme Konstantins in Mailand (XII 7), dagegen fehlt dort das Intermezzo-Geplänkel von Brixia. Nach der „Panzerreiterschlacht“ von Turin ist hier die rasche Flucht der Reitertruppe nach Verona exkulpiert und hat sogar eigene dignitas. – Brixia ist das alte „Welsch-Brixen“ (heute Brescia) am Nordrand der Po-Ebene, einst mit Verona einer der Hauptsitze der keltischen Cenomanen. 25.3 Verona (s. zu XII 8,1) wird die erste große Bewährungsprobe. Wegen der erwarteten Bedrohung durch Licinius vom Balkan her waren hier von (Ruricius) Pompeianus, dem versierten praefectus praetorio des Maxentius, mehrere Einheiten stationiert. Vgl. Probleme und Verlauf in XII 8 f.: das Terrain (die Etsch im Westen und Süden), die Überquerung des Flusses (dieses nur hier); ferner die Befestigung der Stadt, ihre Umzingelung, die (schweren) Kämpfe gegen den Ausbruch der Eingeschlossenen und weitere eilig herbeigeholte Entsatztruppen des Pompeianus, Sieg. – Problem der Behandlung so vieler Gefangener (XII 11 ff.): nichts davon in IV. – Vgl. die Abbildung der Belagerung einer Stadt (Verona) auf dem Fries an der Südseite des Ehrenbogens in Rom. 26 Besonderes Tableau der großen nächtlichen Schlacht: Die entfesselte blutige Raserei des Kampfes, tosender Lärm, und mitten darin, unsichtbar, doch allgegenwärtig Konstantin, der Kriegsheld, von der Dunkelheit gedeckt, ohne das Erbarmen der Tageshelle, auf Posten selbst nach der Schlacht. – XII 9 f.: nachdrückliche Klage, Vorwurf wegen des hohen persönlichen Risikos.

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26.2 Poetisch-heroisches Motiv: Bewusstsein, den Tod durch die Hand eines Großen zu erhalten: Vergil, Aen. 10, 829 f. Trost: hoc tamen infelix miseram solabere mortem: / Aeneae magni dextra cadis. – 11,688 f. Ehre: nomen tamen haud leve patrum / manibus hoc referes, telo cecidisse Camillae. 27.1–4 Wortreiche Praeteritio (§ 1; 3) der weiteren Stationen des Italienzuges, nur zwei Städte sind noch namentlich apostrophiert: Aquileia (s. zu VII 6,2; XII 11,1), dessen Übergabe strategische Sicherheit Richtung Osten, zum Balkanraum hin, bedeutet, gibt dem Druck des erfolgreichen Vordringens Konstantins nach; Mutina (heute Modena) am Nordhang des Appenins an der Via Aemilia, liegt zentral am Schnittpunkt verschiedener Routen nach Norden, vor allem Nordwesten, zu Konstantins Stammlanden hin. – ceterasque regio­nes: s. zu XII 15.3 per Venetos; von Rimini aus führt die Via Flaminia über den Apennin nach Rom – oppugnationis iniuria: XII 11,1 obsidendo servaveras. – Das ganze Repertoire möglichen Verhaltens (Widerstand, Belagerung, Verhandlungen, sofortiger Übertritt) ist im Einzelnen nicht eindeutig zugeordnet; alles mündet jedenfalls letztlich in schieren Jubel und Dank. – Ganz widerstandsfrei scheint der weitere Vormarsch allerdings nicht gewesen zu sein (Spoletum, Otriculi; vgl. auch Lactanz, DMP 44,1 ff.). § 2 Das Bild des (Staats-)Schiffes ist in der griechisch-römischen Antike seit früher Zeit vielfach verwendet, bes. mit den Aspekten Gefahren der Seefahrt, rettendes Kommando des Lenkers. – Lateinische Belege s. Nixon / Rodgers 372, A. 115. 27.5 f. Italia recuperata: Der erste Teil des Feldzugs ist beendet. Basis der urbs liberanda: Maxentius verlässt unerwarteterweise (XII 16,1 f.) die gut befestigte und gut vorbereitete Stadt und erspart Konstantin die Belagerung: (a) Des Kaisers Gottheit (vis divinitatis) jagt ihn heraus (vgl. à la Kroisos von Maxentius fehlgedeutete Orakelsprüche: desavouierend bei Lactanz, DMP 44,5 f.; Zosimos 2,16,1); (b) Des Kaisers Glück (felicitas) lockt ihn heraus. Rationale Abwägung wird Maxentius nicht zugetraut. – Das Bild von der Stadt als einem lebenden Organismus, dessen Leib, dessen Innerstes von dem chronisch festgesetzten Virus zerfressen wird, beinhaltet ein páthos, das Lactanz umgekehrt gerne den Christen verfolgenden Tyrannen als Strafe zuteil werden lässt. – Vgl. VIII 18,1 lues ..Britanniae visceribus intabuit.; Tacitus, ann. 2,27,1 rem publicam exedere; Vergil, Aen. 5,785 f. exedisse nefandis / urbem odiis (Troja). 28 Holzschnitt-Kontraste § 1 Maxentius erscheint als feige, geisteszerrüttet, gottgeschlagen, fehlplanend, § 2 ff. Konstantin als tapfer und konfrontativ, mit überlegener Strategie zur Positionierung der Truppen (ratio disponendi, s. 29,1) – § 4 Zur Aufstellung apud Tiberim vgl. XII 16,3; die Massenaufstellung des gegnerischen Heeres am Flussufer verhindert groß-

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Anmerkungen

flächige Flucht der Maxentiustruppen und ist willkommenes Bewährungspotential für Konstantin und seine Soldaten. – Zu divergierenden Zahlen in den Quellen und deren Intention s. Kuhoff 2001, 897 f. mit A. 1672. 29.1 f. praeteritio der Truppenaufstellung Konstantins: Die caelestes exercitus (c. 14) scheinen nun seiner eigenen ratio zu unterstehen. In der Entscheidungsschlacht stehen sie ihm zur Seite (Potentialis vellem, Deliberativ dicam – Gestus der Vorsicht), er selbst aber zeigt sich vorbildlich und umfassend in höchstem Einsatz: Constantinus miles. 29.5 f. Visualisierung des inneren Bildes (imago) im Wort: In einem panegyrisch-glanzvoll überhöhten Idealbild erscheint der Kaiser als heroischer Promachos; seine Vorbildwirkung macht aus jedem Soldaten einen eigenen Superlativ und kleinen Konstantin. – Zu poetischen Reminiszenzen in Wortwahl und Bild s. Nixon / Rodgers 375. 30.1 praeteritio: der Untergang in den Tiberfluten – mit den beiden prägnanten Hauptszenen: Massenuntergang und Einzelbild (vgl. XII 17,2 f.). 30.2 pridie: 1. tags zuvor 2. vorher, früher. Dieses dankbare Thema ist für einen Redner in Rom permanent aktuell, ob im Rahmen der anstehenden Jubiläums-Feierlichkeiten oder zu anderer Gelegenheit jüngeren Datums. – Redelänge übertrifft Schnelligkeit der Tat: s. II 34,2 mit Usurpator Maximus als Gegner. 30.4-32.9 Triumphal präsentierter Adventus in Rom (29.10.312) 30.4 f. Feierlicher Einzug, mit Klang und Glanz: Als erstes (iam – iam) registriert das Ohr die „neuen Töne“, den frohen Lärm des Friedens; der Ingressus des Kaisers überstrahlt alle früheren Anlässe der Stadt zu Freude, Dank und Glückwunsch (gratulatio) oder Triumphen (fasti triumphales „seit Romulus“). 31 Die spektakuläre Visualisierung des introitus hebt die außerordentliche Bedeutung dieses Sieges hervor, in Verweis und Umkehrung der Elemente eines traditionellen triumphalen Aufzugs: Beute, Gefangene, Tatenbilder, Magistrate, Senat, Triumphator auf dem Triumphwagen, Soldatentreiben. § 1 Drei Antithesen zur Teilnehmerschar dieses Siegeszuges kontrastieren den sonst üblichen Anblick des unterlegenen Gegners, des Barbaren mit dem aktuellen Bild der Vertreter der nunmehr freien Urbs in persona. Zu den „römischen“ Vergehen des Maxentius an Führungsschicht und Volk s. auch XII 4,4 (mit Nixon / Rodgers 301 f., A. 28). – § 2 Antithetisch zugespitzt ist die Präsentation der Beute: Ende des Selber-Beute-Seins, das wiedergewonnene, freie Selbst, mit dem imperium, der Herrschaft über sich selbst und die Welt. § 3 ff. Nun die wahrhaft Besiegten: Allegorischer Zug der personifizierten zehn Vitia, gefesselt, in vergeblicher Wut und Scheußlichkeit: Scelus – Perfidia – Audacia – Importunitas / Furor – Crudelitas / Superbia – Arrogan-

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tia / Luxuria – Libido – ganz im Kontrast zu kardinalen Virtutes wie Iustitia, Clementia, Temperantia – Moderatio sowie Pietas, Fides u. a. Begriffen aus dem Tugend- und Wertekanon des vorbildlichen Herrschers, der hier mit seinen Virtutes den Sieg davongetragen hat. S. dazu c. 33. – Zum gebändigten Furor vgl. bes. die Prophezeiung Jupiters in Vergil, Aen. 1,293 ff.; zur Vorliebe allegorischen Gestaltens in römischer Dichtung s. das um 400 entstandene Gedicht des Prudentius, Psychomachia, mit dem Kampf der heidnischen Laster gegen die christlichen Tugenden. § 4 f. Deren ureigenes „Haupt“, noch im Tod mit der Wildheit des Tyrannen, ist nunmehr machtlos, erleichterter Schmähung ausgesetzt, seine öffentliche Präsentation bestätigt Konstantins endgültigen Erfolg. – Vgl. c. 32; XII 18,3 – si … fides: Nazarius war damals nicht zugegen. 32.2 infulae: (Woll-)Binden, die im sakralen Bereich vielfache Verwendung fanden; diademartiger Kopfschmuck der priesterlichen Tracht, mit beidseits herabhängenden Quasten (vittae); später auch Abzeichen sonstiger Ämter (honorum infulas: Symmachus, or. 1,23); stets mit einer Aura besonderer Würde und heiliger Unantastbarkeit verbunden. Vgl. auch Konstantins spätere Präferenz sowohl für Band-, Perlen- und Juwelendiadem (mit Nackenbändern) sowie die Tradition der griechischen Siegerbinde. – Kolb 2001, 76 ff. mit den Abb. S. 201 ff. 32.3 funeris – (meton.) Leichnam, quasi totum pro parte: § 6 Übersendung (nur) des Hauptes. 32.4 Zum Topos der Fama velox s. VII 1,3; zu den Schwingen der Victoria s. VI 8,5 (besser als Iris). – Zum Vorzug visueller Wahrnehmung s. Horaz, ars 180 ff.; IX 20,2 f. (m. Anm.). – Zum Bild oculis hauriuntur s. o. zu 12,3. 32.5 f. Rom – Italien – Africa: Präsentation und letzte Reise des Hauptes machen Sieg und neues Regiment unzweifelhaft, für die einst Unterdrückten ebenso wie für die alten Anhänger des Maxentius, die, sofern sie nur zeitweilig „verführt“ und wahrem Römertum entfremdet waren, in Gnade wieder aufgenommen werden können. – Das freudige Herbeiströmen aus Stadt und Land: Cicero, Pis. 51; XI 10,5. 32.6 f. Ausbeutung Africas: XII 16,1. Die dortigen Truppen hatten 308 den schon älteren vicarius Africae, L. Domitius Alexander, zum Gegenkaiser erhoben; dieser wurde 310 von Rufius Volusianus, dem Praetorianerpraefekten des Maxentius, besiegt und hingerichtet, mit weiterer Revanche. Die abtrünnige Kornkammer stand Rom nun wieder zur Verfügung, sei aber auch der Verwüstung und Plünderung ausgesetzt gewesen (Aurelius Victor, Caes. 40,19; Zosimos 2,14,2 ff.). – Für Schiffsreisen ungünstig war das winterliche Schlechtwetterhalbjahr ab dem Frühuntergang der Plejaden im Oktober / No-

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Anmerkungen

vember (Hesiod, op. 617 ff.), das gerade begonnen hatte. Doch die Gunst der Elemente ist dem Sieger gewiss. 32.8 f. Die psychologische Beobachtung (auf Trauer und Unterdrückung folgt zunächst freudiger Exzess, vgl. V 8,3) wird illustriert durch einen technischen Vergleich. crassus – schlammig – trüb – aufgewühlt: für Flusswasser Ovid, am. 3,6,7 f.; Lucan 6,364 f.; eine falsche Bauweise lässt durch Stau und Überdruck Leitungsrohre bersten: Vitruv 8,6,9. Fazit: In der Beschreibung des triumphal präsentierten Adventus von 312 lässt der Redner in Trier im Jahr 313 für das gallische Publikum nach der triumphalen Vorführung des Hauptes einen normalen Ingressus des Kaisers folgen, mit bildhafter Freude der „geneigten“ Dächer und Zuschauergedränge (oculis ferre) des „SPQR“; dagegen visualisiert Nazarius in Rom, im zeitlichen Abstand des Jahres 321 und in Rücksicht auf aktuell besser unerwähnt bleibende Unsicherheiten der politischen Entwicklungen, einen allegorischen Triumph der Tugend(en) über den Zug der besiegten Laster mit dem Haupt des Tyrannen als End- und Höhepunkt, dessen letzte tour d’horizon durch die Länder ebenso detailfreudig geschildert ist. – Dazu und zur Selbstdarstellung des Herrschers in Repräsentationskunst (Ehrenbogen), Inschriften und Münzen s. Ronning 2007, 341 ff. 33 Gesamtlob: § 1–5 virtutes – einschlägiges Repertoire an Tugenden und Leistungen in Krieg (vis, fortitudo) und Frieden (prudentia, benignitas, clementia; liberalitas, cura): Abwägung des jeweiligen Nutzens von Rettung und Segen durch Fürsorge; allgemeine Betrachtungen. § 6 Rom: 6 Jahre Maxentius (Oktober 306 – Oktober 312) gegen zwei Monate Konstantin (ca. November / Dezember 312): Auxesis – der Zeitaufwand ist quasi umgekehrt proportional zur Gesamtleistung an Heilung plus neuen Wohltaten. – Der Kaiser blieb bis zum neuen Jahr in Rom, den nächsten Winter verbrachte er in Mailand. (Nixon / Rodgers 379, A. 147). § 7 praetereo mit zwei Details: Rückruf und Entschädigung der Opfer, dazu gehören die Außerkraftsetzung von widerrechtlich verfügten Maßnahmen des Maxentius, Strafen für delatores und auch die Auflösung der Prätorianergarde (XII 21,2; CTh 15,14,3) 34 Das Auftreten des Kaisers ist geprägt von respektvoller Zurückhaltung gegenüber dem weiblichen Geschlecht, Dezenz, überhaupt von temperantia als direkter Naturanlage; Umgänglichkeit, Charme, edle Schönheit als Zeichen der Sittsamkeit und philanthropia lässt Konstantin immer wieder gern präsentieren: vgl. XII 7,5 Einzug in Mailand; 4,4 Gegenbild zum „Wüstling“ Maxentius.

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34.2 Übereinstimmung von Wort und Tat, die bei Philosophen oft vermisst wird: s. dagegen das Vorbild Konstantin mit seinem exercitus „sapiens“: VI 16,3 rara illa virtus continentiae. 34.4 faciles aditus: zu seiner civilitas s. o. c. 5,2 ff. (vgl. II 21,2 Theodo­ sius); Abschottung des Maxentius: XII 14,3 ff. 35.2 Zum Rang Roms vgl. Cicero, Cat. 4,11: lucem orbis terrarum atque arcem omnium gentium; Rutilius Namatianus I 47 regina tui pulcherrima mundi. – Zur Wiederaufwertung des Senats, der pars melior humani generis (Symmachus, ep. 1,52), unter Konstantin (XII 20,1), zu Ausweitung des Ämterzugangs und Personenkreises s. Jones 1986, 525 ff., Demandt 2007, 331; Résumé: Eusebius, VC 4,1; Kritik Julians an „Barbarenzuwachs“ (Ammian 21,10,8. 12,25). – Senatoren aus den Provinzen gab es zunächst nur vereinzelt aus Spanien und der Gallia Narbonensis, dann unter Flaviern und Adoptivkaisern häufiger, bes. aus Nordafrika und Kleinasien. 35.3 f. delectamenta pacis – der Glanz neuer und restaurierter Bauten in Rom: zwei Projekte des baufreudigen Maxentius an der Via Sacra firmieren nun (nur noch?) unter Konstantin. Der Venus-und-Roma-Tempel war schon von Maxentius großenteils restauriert und neugestaltet; der Bau der Basilica war als repräsentatives Gegenüber und herrscherliche Empfangshalle von ihm begonnen, von Konstantin vollendet worden (vgl. Aurelius Victor, Caes. 40,26 Flavii meritis patres sacravere). – Ferner hatte Maxentius die Palastfläche auf dem Palatin mit Thermen und gewaltigen Bogensubstruktionen zum Circus Maximus hin erweitert; vgl. noch seinen suburbanen Komplex mit Kaiservilla, Rennbahn und Mausoleum an der Via Appia, 3 km extra muros. Zu der neuartigen Architekturauffassung und Pracht an Materialien und Farben s. Leppin / Ziemssen 2007, 52 ff. – Konstantin ließ in den Wohngebieten auf dem Quirinal eine kleinere, noble Therme erbauen und den Circus Maximus, mit ca. 150.000 Plätzen die Stätte für die größte Zuschauerzahl in Rom, prachtvoll ausstatten (Aurelius Victor, Caes. 40,27 (f.) excultus mirifice). Vgl. ferner die Fülle an großen Kirchenbauten Konstantins in Rom bis 337. – Der Senat stiftete dem Kaiser ein monumentales Sitzbild für die Apsis der neuen Basilica und den berühmten Ehrenbogen am Kolosseum, ein reich ausgestattetes, zur Decennalienfeier 315 fertiggestelltes, programmatisches Monument der Kaiserherrschaft: Zu sehen waren hier bedeutende Spolien früherer Ehrenmonumente vorbildlicher Kaiser, Konstantin-Reliefs mit adlocutio an das Volk auf dem Forum, Vergabe von Geldgeschenken (congiarium), Szenen des Italienzuges – profectio, Belagerung einer Stadt (Verona; Susa?), Schlacht an der Milvischen Brücke, adventus in Rom –, dazu die Bauinschrift und der Sonnengott in der Quadriga. Zum Bogen s. Ronning 2007, 342 ff.

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Anmerkungen

36.1 Rückkehr zum Lob der Söhne Konstantins: Caesares: Crispus (hingerichtet 326) und Constantinus II. (337–340); Brüder: Constantius II. (337– 361), geboren 317 und Constans I. (337–350), geboren 320 (oder 323: dann müsste ein anderer, jung verstorbener Sohn gemeint sein). 36.2 Vgl. X 9,4 f.: In der Zeit der Dyarchie Diokletian – Maximian erscheint das Beispiel des spartanischen Doppelkönigtums der Herakles-Abkömmlinge im Rahmen der Iovius-Herculius-Ideologie; hier bildet Hercules als Ahnherr einer dauerhaften Erbmonarchie in Sparta (regem nisi ex stirpe Herculis) Exemplum und Zukunftsperspektive für das alleinige Erbe der Herrschaft im Konstantinischen Haus. 36.3 Zu den frühen Taten des Crispus s. o. c. 3,5 und 17,1 f.; in Analogie zu den Erstlingstaten des Vaters s. 16,5. – pueriles annos: Altersbezeichnungen in Poesie und Panegyrik liefern keine numerische Sicherheit, sondern können auf Tenor und Intention der Aussage abgestimmt sein. – Das Geburtsjahr des Crispus ist fraglich. Kienast 1996, 305 vermutet ca. 300. 36.4 f. Das Familientreffen zum Jubiläum des 1. März 321 fand wohl in Serdika statt, wo Konstantin im Februar bezeugt ist (Nixon / Rodgers 345, A. 11 zu c. 3,1). Zum Motiv „souveräne Überwindung aller Strapazen von Klima und Natur mit unermüdlicher Energie und Schnelligkeit“ vgl. auch das hymnisch ausgestaltete Tableau des winterlichen Alpenübergangs der Dyarchen zum Treffen von Mailand (XI 9 – a. 291). 37 Ideal inszeniertes Familienbild und Fürstenspiegel-Interieur als allseitig fruchtbares Lehrstück der Generationen: Tatenbericht, Auswertung (Lob, Mahnung), Ansporn (s. o. c. 3,5). 37.4 Das Ersuchen von res publica und provinciae um Präsenz in Krieg und Frieden sind stets Teil der Schlussworte an den Herrscher. Bei Konstantin wie bei seinem Sohn gehört die Bitte um Rücksicht aufs eigene Leben dazu, quasi eine Frage des Familientemperaments (z. B. c. 26; 29; XII 9 f.). 37.5 Constantinus Caesar ist ungefähr fünf Jahre alt; die rechtsgültige Unterschrift des kleinen Herrschers, gleichsam auf Vaters Schoß, wirkt wie ein Genrebild nach hellenistischer Art – auch Götterkinder, man denke an Hermes und Herakles, sind ja schon tatenfrohe Wiegenhelden. 38.2 quinquennia, decennia: Nazarius hebt hier die jeweiligen Zeiträume des Regiments der beiden Caesares als glücklich hervor, die Fortdauer der Herrschaft ist so, durch weitere Additionen, weit in die Zukunft projiziert; 313 war der Wunsch nach unbegrenzter Dauer naturgemäß noch stärker auf den maximus imperator hin orientiert: XII 26,1.4 f. 38.3–5 Nazarius übertrifft mit seinen epilogoi, die eine Idealität an Frieden und Segen rundum und ohne Abstriche präsentieren, noch die diesbezüglichen Ratschläge eines Menander Rhetor II, 377,9 ff.

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§ 4 Eine Fülle an Gesetzen zur Sicherung von Familien- und Erbrecht, gegen Vergewaltigung und Konkubinat, gegen juristischen Missbrauch, Verleumdung und Denunziantentum wurde erlassen. Dazu Nixon / Rodgers 384 mit A.  178 f. § 5: status rerum: Die allgemeine felicitas markiert quasi das Ende des traditionellen Votums; statt Mehrung ist Wahrung des Glücks (Herrscher: 19,2; 27,6; Rom 2,2; 8,5) das Ziel künftiger Bitte – natürlich nicht ohne die Coda des emotionalen Schluss-Komparativs felicior (6). 38.6 Besuche des Kaiserhauses in Rom könnten auch eine wieder engere Bindung an die traditionsreiche Hauptstadt signalisieren; reale, nicht nur symbolische kaiserliche Gegenwart ist stets auch in den Provinzen erbeten (X 14,4 f.). Konstantin hielt sich allerdings, nach der Decennalienfeier im Sommer 315, nur noch zum Abschluss seines Vicennalienjahrs im Sommer 326 in Rom auf. Ansonsten zog er Sirmium, Serdika und Konstantinopel, Residenzstadt ab 324, Einweihung 330, vor.

Zum Panegyricus des Jahres 362 (III/XI) 337–362: Mamertinus präsentiert in seiner Rede die Taten Julians in Gallien und bis zu seiner Alleinherrschaft eher unter thematischen als chronologischen Gesichtspunkten, daher hier zunächst ein historischer Überblick: Fl. Claudius Iulianus (Apostata), Enkel von Constantius I. Chlorus, Neffe Konstantins des Großen, Cousin Constantius’ II., wurde 331, im Jahr nach der Einweihung der neuen Kapitale des Ostens, in Konstantinopel geboren. Er war der Sohn des Iulius Constantius und seiner zweiten Frau Basilina, die wenige Monate nach Julians Geburt starb. Im Jahr 337 kam es nach dem Tod Konstantins zu einer Mordserie an den möglichen männlichen Thronkonkurrenten im konstantinischen Haus, von der nur Julian und sein Halbbruder Gallus verschont blieben. Auch ihr Vater und ein älterer Bruder wurden getötet. Die drei Konstantinsöhne teilten sich, seit dem 9. September 337 als Augusti, das Reich: Constantinus II. erhielt die gallische Präfektur, Constantius II. Oriens, Constans Italia; Illyricum wurde aufgeteilt unter den beiden letzten. Julian erhielt eine umfassende (arianisch-)christliche und klassisch-heidnische Erziehung und Ausbildung, wichtige Stationen waren Nikomedien, die kaiserliche Domäne Macellum in Kappadokien (342–348, mit Gallus), Konstantinopel, wieder Nikomedien, Pergamon, Ephesus, Athen u. a. Überall pflegte er intensiven Kontakt mit bedeutenden Philosophen, Rednern und Kirchenmännern. Er verehrte und studierte besonders Homer, Pythagoras,

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Anmerkungen

Platon und Jamblich und entwickelte ein großes Interesse für den Neuplatonismus und die Theurgie. Nachdem Constantinus II. im Jahr 340 in Aquileia, auf dem Italienzug gegen Constans, und nachdem anschließend auch Constans im Jahr 350 auf der Flucht vor Magnentius in Helena in den Pyrenäen den Tod gefunden hatten, war Constantius II. Alleinherrscher des Imperiums. Er sah sich im Westen mit erheblichen Problemen durch Usurpatoren – Magnentius, Nepo­ tian, Vetranio – sowie Germanenunternehmungen an Ober- und Niederrhein konfrontiert. Die Usurpation des Magnentius war durch Siege des Constantius bei Mursa / Pannonien 351 und bei Mons Seleuci / Gap 353 sowie den Suizid des Mag­nentius in Lyon beendet. Die Germanenprobleme, besonders mit Alamannen und Franken, die in Gallien über 40 Städte erobert hatten, dauerten an, in Britannien gab es Probleme mit Scoten und Picten. Für den Osten war seit März 351 Gallus als Caesar zuständig, der aber nach religiösem und wirtschaftlichem Schreckensregiment und ausgreifenden politischen Unruhen von Constantius zurückbeordert und 354 in Pola hingerichtet wurde. Auf den Vorschlag seiner Gattin Eusebia erhob Constantius am 6. November 355 in Mailand den 24-jährigen Julian zum Caesar für Gallien, verheiratete ihn mit seiner Schwester Helena und gab ihm zur Unterstützung und Überwachung den Heermeister Ursicinus mit. Nach dem spektakulären Rombesuch im Jahr 357 mit seinen Truppen zur Feier des Sieges über Magnentius zog Constantius an die Donau wegen der Einfälle der verbündeten Quaden und Sarmaten (und weiterer Gegner) und schloss 358 einen Frieden. Doch im Folgejahr musste er abermals gegen ihre Übergriffe einschreiten. Am Euphrat war der Perserkönig Sapor II. (307–379) um die Wiedergewinnung des oberen Mesopotamien und Einfluss auf Armenien bemüht. Erhebliche Rückschläge des Constantius – 359 in Amida, 360 in Singara und in Bezabde – und scheiternde Friedensverhandlungen veranlassten ihn, seinem in Gallien militärisch und in zivilen Belangen sehr erfolgreichen Caesar Truppen für den Osten abzuverlangen. Julian hatte inzwischen in diversen Kampagnen alljährlich gegen verschiedene Germanenstämme gekämpft und die Rheingrenze stabilisiert. 356 wurde Köln von den Franken befreit, 357 errang Julian bei Straßburg mit 13 000 Mann einen wichtigen Sieg über eine Alamannenkoalition unter Chnodomar. Im Jahr 358 besiegte er die Salfranken und überließ ihnen nun per foedus das Land zwischen Maas und Schelde (Toxandrien) zur Siedlung und als Bollwerk gegen andere Barbaren. Ein Vertrag mit den Chamaven sicherte die Seeverbindung von der Rheinmündung zur Kornkammer Britannien. Der Heermeister Lupicinus war Anfang 360 mit einem Großaufgebot gegen

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die ins römische Britannien eingedrungenen Picten und Scoten beordert worden. 357–359 stieß Julian ins rechtsrheinische Alamannengebiet vor, wobei er Tausende von gefangenen und versklavten Provinzialen sowie deren Hab und Gut zurückforderte. Neu- und Wiederaufbau von Städten, Grenzen, Straßen, Durchforstung von Rechtswesen und Verwaltungsbürokratie, Neuordnung der Finanzlasten der Provinzialen, Sachadäquatheit und Gerechtigkeit als Maßstab von Entscheidungen statt Klientelbedienung, enormer Fleiß und bescheidene Lebensführung bieten Mamertinus Stoff für ein Fazit zum ersten Quinquennium als Caesar in Gallien. Die Jubiläumsfeier fand im Winterquartier zu Vienne statt. Auf die Truppenanforderung des Constantius entsandte Julian zunächst nur einen Teil der Soldaten und legte in einem Brief an den Augustus seine Bedenken und Vorschläge dar, vergeblich. Die Truppen, bei Paris versammelt, protestierten und erhoben Julian im Frühjahr 360 zum Augustus, wobei die Schilderhebung nach germanischem Ritus stattfand und ein Torques als Dia­ demersatz diente. Das Ersuchen Julians um Anerkennung als iunior Augustus und Verzicht auf Truppenentsendung fand harsche Ablehnung, die Huldigung für Julian in Gallien wurde wiederholt – der Konflikt rückte näher. Im Frühjahr 361 unternahm Julian einen letzten Feldzug gegen die Alamannen am Oberrhein (Kaiseraugst), schon nahe der Grenze von gallischer und italischer Präfektur. Bei Basel leisteten 23 000 Soldaten den Treueid auf ihren neuen Augustus. Dieser teilte sein Heer für den Vorstoß nach Osten auf und zog selbst an der Donau entlang über Sirmium nach Naissos. Eine Reihe von Sendschreiben erging von dort nach Rom, Sparta, Korinth und Athen, in denen er sein Vorgehen plausibel zu machen suchte, das vom römischen Senat zurückgewiesen wurde. Die offiziell überbrachte Meldung vom überraschenden Tod des Constantius in Kilikien am 3. November 361, verbunden mit der Aufforderung an Ju­lian, die Nachfolge als Alleinherrscher in Konstantinopel anzutreten – sie war, wie es heißt, von Constantius zuletzt noch legitimiert worden –, beenden die Zeit des Wartens auf die offene Konfrontation in einem Bürger- und „Bruder“-Krieg. Am 11. Dezember 361 hielt der 30 Jahre junge Kaiser umjubelten Einzug in Konstantinopel. Persönliches Totengeleit für die sterblichen Überreste des Constantius und feierliche Beisetzung im Grabbau Konstantins sowie die Erlaubnis zur traditionellen Divinisierung durch den Senat unterstreichen das Bestreben, die Form zu wahren und die innere Ruhe bei der Machtübernahme zu sichern. Noch 361 wurde in Chalkedon ein Sondergerichtshof für Verfahren gegen einige verhasste Höflinge des Constan­tius und persönliche Feinde Julians eingerichtet und mit führenden Zivil- und Militärbeamten des Nachfolgers – darunter auch die Konsuln von 362, Mamertinus

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Anmerkungen

und Nevitta – besetzt. An innenpolitischen Direktmaßnahmen des princeps civilis, als der sich Julian ausdrücklich verstand, sind z. B. die Verkleinerung des Hofstaats, Reduzierung allen Luxusaufwands an Hofpersonal und Repräsentationsprunk, Bekämpfung von Korruption und Wahlmissbräuchen zu nennen. Gesetzgebung und Besteuerung, Religions-, Bildungs-, Städte- und Außenpolitik bis zum frühen Tod im Kampf gegen die Perser am 26. Juni 363 in Maranga / Tigris können hier nicht mehr vorgestellt werden: ein junges Herrscherleben, in stürmischem Tatendrang, eifernd, getragen von hohen Maßstäben und schier unerschöpflichem Arbeitsethos – mit viel zu kurz bemessener Zeit zu Umsetzung und Bewährung eines gewaltigen Programms. Redner und Redesituation Am Neujahrstag 362 hält Claudius Mamertinus vor Kaiser und Senat in Konstantinopel eine Gratiarum actio in lateinischer Sprache: Der Dank gilt der Verleihung des Konsulats durch Julian und ist ausgestattet mit viel persönlichem Kolorit sowie hohem Lob von Person und Leistung des neuen Alleinherrschers. Die Anempfehlung seiner erst wenige Wochen alten Herrschaft soll den Blick positiv in zwei Richtungen lenken: zum einen zurück zum Herrscherideal eines princeps civilis optimus und weiter bis zu den Anfängen der Republik; zum anderen aber nach vorn: Julian ist, jetzt als Augustus und auch rückwirkend frei vom Ruch eines Usurpators, als Vertreter eines iustus principatus zu preisen, in dem alle Bürger ihr Leben in segensreicher, angstfreier libertas entfalten können sollen. Mit Spannung sind sicher die ersten Maßnahmen Julians registriert, die weitreichende, grundlegende Änderungen beinhalten, wie das Sondergericht gegen einige hohe Beamte des Constantius, die Umgestaltung der Hofhaltung und erste Religionsedikte. Kein leichtes Terrain für die Antrittsrede des Konsuls, der aber durchaus nicht an stark kontrastierender Bezugnahme auf die jüngere Vergangenheit spart. Die Rede vor (mehrheitlich) christlichem Senat und heidnischem Kaiser ist religiös neutral gehalten, Mamertinus selbst wohl Anhänger des alten Glaubens. Der Redner, wahrscheinlich aus Gallien stammend, ist ein Mann mittleren oder fortgeschrittenen Alters, offenbar aus gutem Hause, rhetorisch versiert und belesen. Er zeigt genaue Kenntnisse von den Vorgängen in Gallien, doch seine früheren Aufgaben und Ämter kennen wir nicht. Der Glanz des Konsulatsamtes ist ihm Erfüllung eines Herzenswunsches, gehegt seit frühen Tagen, doch nicht als realisierbar in Betracht gezogen. Er ist treuer Anhänger Ju­lians und begleitet den Kaiser 361 auf seinem Zug gegen Con­ stantius. Innerhalb dieses Jahres erhält er drei zivile Spitzenämter: Vor Beginn des Feldzugs wird er comes sacrarum largitionum und steht an der Spitze der Finanzverwaltung; nach der Flucht der beiden Consuln, des praefectus

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praetorio von Italia und Africa, Taurus, und des praefectus praetorio von Illyricum, Florentius, vor den nahenden Truppen Julians folgt die Ernennung zum praefectus praetorio per Illyricum, nach dem Tod des Constantius auch für Italia und Africa; er führt das Amt unter den nächsten Kaisern weiter bis 364 bzw. 365, als eine Unterschlagungsklage seine Amtszeit beendete. Noch in Naissus bestimmt Julian ihn für 362 zum Consul (prior), zusammen mit dem germanischen Heermeister Flavius Nevitta. Bei dem Prozess von Chalkedon 361 agieren diese designierten Konsuln, der Zivilist und der Militär, als Beisitzer in dem überwiegend von hohen Offizieren geführten Verfahren gegen mehrere Spitzenbeamte des Constantius und Gegner Ju­lians. Auch in Aquileia, das lange der Belagerung trotzte, verhängte Mamertinus als PPO Todesstrafe nur für den Haupträdelsführer Nigrinus und zwei Stadträte. In der Vielzahl seiner Aufgaben bestimmen Überlegung und Besonnenheit sein Vorgehen. Schmidt 1989, 172; Demandt 2007, Kap. II 4 f.; Bringmann 2004, 43 ff.; Rosen 2006, 122 ff., 393 ff.; Gutzwiller 1942, 20 ff.; Blockley 1972, 437 ff., Lieu 1989, 3 ff.; García Ruiz 2006, 11 ff.; Nixon / Rodgers 1994, 386 ff.; zu den Quellen: Demandt 2007, 119. 1–2,5 Proömium 3–14 Allgemeine Danksagung: Bisherige Taten Julians Militärische Erfolge und zivile Leistungen des Caesars in Gallien (3–6) Erhebung und erste Taten bis zum Tod des Constantius (6–14)   Marsch nach Illyrien, wirtschaftliche Erneuerung (6–10)   Qualitäten und Tugenden Julians (11–13)   Getreide für Rom (14) 15–22 Persönlicher Dank Wahl und Amt – Kontrast zu Republik und früheren Kaisern 23–27 Segen der neuen Herrschaft – Vergleich neue Lebensverhältnisse – Liebe des Volkes – Mitarbeiter – Wesen Julians 28–31 Der Neujahrstag 362 31–32 Schluss: Dank und Versprechen 1.1 Das direkte Auditorium besteht aus dem Kaiser als dem Adressaten der Dankrede und dem Senat: Der Hörer mag zwar, im feierlichen Eröffnungssatz, bei consilium tuum an offiziöse Gremien denken – wie den Staatsrat, consistorium sacrum, vgl. auch das ältere consilium principis, oder überhaupt

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Anmerkungen

den Senat –; doch schließt die Formulierung hier wohl, allgemeiner ausgreifend, auch die Vertrauten und Ratgeber Julians mit ein, die seinen (und des Redners) Werdegang und den Weg des Kaisers bis zur Alleinherrschaft begleitet haben: cunctos; vgl. aber Pacatus in II 1,1 his: direkte Senatsadresse. – § 1 f. Exordialtopos der Rednerinsuffizienz: Menander Rhetor II, 368 f.; VIII 1,1; IX 1,2; XII 1,3. 1.4 Diese Kasse leitete Mamertinus als comes sacrarum largitionum (CSL; vgl. Ammian 21,8,1) und war somit als Finanzminister des Kaisers zuständig für Steuern und Münzwesen, für die Auszahlung der Löhne von Beamten und der Militärausgaben (besonders Sold, Donative, Kleidung) und viele weitere Bereiche wie z. B. kaiserliche Manufakturen, Steinbrüche, Bergwerke (Demandt 2007, 282 ff.). – Zu Missständen in den Provinzen besonders ab 350 (Barbaren, Statthalter: praesideo meint eigtl. schützen) s. 4,1 f. 1.5 Mamertinus erhielt zunächst die Präfektur Illyricum (Ammian 21,12,25), nach dem Tod des Constantius am 3. November 361 auch Italia und Africa. Solche Dreierkombinationen wurde mehrfach üblich (Demandt 2007, 293 f.). Ferner gab es die Präfekturen Galliae und Oriens. – Der Praefectus praetorio (PPO) ist höchster Verwaltungsbeamter und Stellvertreter des Kaisers; wichtige Aufgabe ist die Einziehung der annona von den Provinzen, einer Natural-Steuer für die Versorgung von Heer und Beamten; weitere Funktionsbereiche sind z. B. allgemeine Verwaltung, Gerichtswesen, Aufsicht über die Städte. – Zur Amtsintegrität des Mamertinus und dem Verlust seiner Präfektur im Jahr 365 s. aber Ammian 27,7,1 f. 2.1 Nutzen und Dignität: Die Designation erprobter Männer wie Mamertinus und Nevitta in Naissos sollte ja der Stabilisierung des Vertrauens in unsicherer Lage auf dem Balkan dienen (s. auch Ammian 21,12,25). 2.2 Trotz des Rückgangs an politischer und militärischer Befugnis und Bedeutung genoss das Konsulat weiterhin höchstes Ansehen, umfasste aber auch finanzielle Verpflichtungen, wie etwa die Ausrichtung von Spielen: ludi circenses am Neujahrstag 362 (Ammian 22,7,2). 2.3 Byzantion, um 660 v. Chr. in außerordentlich günstiger strategischer Lage am Bosporus als Kolonie von Megara gegründet, wurde am 11. Mai 330 von Konstantin dem Großen als Konstantinopolis neubegründet und eingeweiht, nachdem es seit 324 mit monumentalem profanem und sakralem Bauprogramm umgestaltet und erweitert worden war. Politisch wurde es sukzessive nach dem Vorbild Roms strukturiert. Ein Senatsgebäude entstand am Forum Augusteum im alten Teil der Stadt, ein weiteres am neuen, kreisförmigen Konstantinsforum mit der berühmten Statue des Kaisers. – Zur Kurie als consilii publici templum: Cicero, Mil. 90; zum Ort der Rede s. u. 29,4. – Julian ist wohl im Frühsommer 331 in Konstantinopel geboren (s. o.

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Einleitung). Der Vergleich des Herrschers mit einem heilbringenden Gestirn assoziiert göttliche Nähe, ist traditionell, beliebt und wird von Julian durchaus begrüßt (Ammian 21,10,2). Es ist hier auch an sein spezielles Bekenntnis zu Helios / Sol und neuplatonischer Astraltheologie zu denken; vgl. seine berühmte Abhandlung, den Hymnos auf den König Helios zur Wintersonnenwende am 25. Dezember 362. 2.4 f. Die obligatorische Dankrede zur Konsulatsverleihung – in beider Namen – ist natürlich immer auch eine Lobrede auf den Herrscher. Die – für Mamertinus schmeichelhafte – Korrespondenz Laudandus – Laudator dient der rhetorischen Auxesis des glückhaften Tages (auspicatissimo die): Der öffentliche Auftritt fungiert auch als Gesamtadresse der Bevölkerung an den neuen Kaiser (§ 6 publico iudicio ac nomine, vgl. noch Plinius, paneg. 4,1). 2.6 Zwei Themen: Herrscherlob (c. 3 ff.); persönlicher Dank (15 ff.). 3.1 Der seit dem 6. November 355 als Caesar amtierende Julian hatte in den Jahren bis 360/361 auftragsgemäß Franken und Alamannen aus Gallien zurückgedrängt, die Rheingrenze in voller Länge gesichert und in engagiertem Einsatz für die Wiederherstellung geordneter Lebensverhältnisse gesorgt – was auch im östlichen Reichsteil (in hac parte) bekannt war. – Den Vetter als Bruder (frater patruelis) zu bezeichnen, ist durchaus üblich; hier hebt imperatoris fratris neben consortis imperatoris legitimatorisch die Nähe von Constantius und Julian in Verwandtschaft (s. u. 27,5) und Rang hervor. Vgl. überhaupt seit diokletianischer Zeit die Betonung solcher Bande in strukturierter Mehrherrschaft. 3.2 f. Der Titel divus wird, wie bei den Kaisern üblich, hier auch dem einstigen Gegner Julians und Christen Constantius nach seinem Tod am 3. November 361 zugebilligt; vgl. zur Totenehrung: 27,5. – Julian ist optimus princeps (Topos besonders seit Trajan: Plinius, paneg. 2,7; 88,4 ff.) und wird zugleich Gegenstand von Erfolgsneid, Eifersucht, Hass, Machtintrigen: ein kontrastwirksames Thema (4,5 ff.); zur Ridikülisierung seiner Person durch Hofschranzen, Herabminderung der militärischen und zivilen Leistungen und politischen Verdächtigungen s. Belege bei Nixon / Rodgers 396 f., A. 20. – (Jetzt freilich gefahrlose) Selbststilisierung des Redners als des risikobereiten vir bonus („liber civis, bonus senator“) mit Wahrheitspflicht gegenüber Staatswohl und Eidesbindung. Vgl. Cicero, off. 3,44: zum Thema Gewissen und Freundschaft. 4.1 f. Franken und Alamannen hatten zur Zeit des Usurpators Magnentius 350–353 und danach bei ihren Vorstößen über den Rhein von der Mündung bis zur Burgundischen Pforte ca. 45 Städte erobert (Julian, ep. ad Ath. 279 a), die direkte Landnahme reichte etwa 55 km nach Gallien hinein, ungefähr dreimal soweit ins Hinterland die Sphäre der Abschreckung. Anschauliche

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Anmerkungen

Szenen der Folgen ihrer Raubzüge und Eroberungen finden sich bei Libanios (or. 18,34 f.; 46; 12,48 f.). – „Garanten von Schutz und Recht“, praesides (s. 1,4) und iudices (4,2; vgl. 14,5), sind zeitgenössische Begriffe für die Statthalter, hier eher zynisch als Garanten für Ausbeutung, Misshandlung und Korruption. 4.3 f. Das tatsächliche Kampfgeschehen war langwierig, schwierig, dann aber für Jahre erfolgreich. Wichtige Stationen waren 356 die Rückeroberung von Köln und der Friedensschluss mit den Frankenkönigen; 357 schlug Julian die für ihn bedeutsamste Schlacht (hier: die einzige – una acie): Im August besiegte er bei Argentorate / Straßburg mit 13 000 Mann eine zahlenmäßig überlegene Alamannenkoalition unter König Chnodomar; Zug an den Untermain. Es folgten 358 der erste Zug gegen die Franken am Niederrhein, 359 der zweite Zug gegen die Franken, der Vorstoß ins Dekumatland; sodann 360 der dritte Zug an den Niederrhein, die Sicherung der Flussgrenze bis zum Oberrhein und 361 der Strafzug gegen die Alamannen und Vadomar. – Hier soll aber die Wiederherstellung der inneren Ordnung und moralischen Erneuerung als die größere, grundlegende Aufgabe Julians zivile Herrscherqualitäten deutlich machen. – Zu Problemen der Steuerreform mit dem PPO Florentinus s. z. B. Ammian 17,3,2 ff. 4.5–7 Zum Psychogramm der falschen Lobredner in Missgunst, Tücke, Heuchelei s. Tacitus, Agr. 41: Vorgehen und Erfolg gegenüber Agricola bei Domitian. – Ammian 20,4,1. – § 5 Heiligkeit: sanctus (princeps). Vgl. Plinius: paneg. 1,3 für den optimus Traianus und als Briefanrede: sanctissime imperator; sanctissime ist in den Pan.Lat. nur hier an Julian gerichtet (18,3; 31,1; 32,3, sowie 12,2), sonst steht seit Diokletian die persönliche Adresse sacratissime. Zu Differenz und Intention – sanctus hat eine ethische Komponente – s. Müller-Rettig 1990, 38 f. 5.1 f. morum dissimilitudo: Zuspitzung moralischer Diskrepanz zwischen Julian und dem Toten, der Entourage des Neides sowie der Dekadenz der Administration im Staccato absurder rhetorischer Gegenfragen. 5.3 ff. Das Tatenexempel edler verecundia – sittlicher Scheu des Jünglings Spurinna (Valerius Maximus 4,5 ext. 1) ist Basis der Steigerung und Kon­ trastierung von Außen und Innen, von Vergänglichkeit und Dauer: Unzerstörbare Liebe zu unzerstörbarer Schönheit der virtutes manifestiert sich an den vier Kardinal- und Herrschertugenden (§ 4 in ironischer Apostrophierung). 6.1 vindex libertatis: innenpolitisches Schlagwort der ausgehenden Republik (Caesar, b. c .1,22,5; Augustus, rer. gest. 1). In der Folge wird die Erhaltung / Wiederherstellung der Freiheit ein wichtiger Aspekt der Kaiseridee (Konstantin nach 312: ILS 687, 691, 694; Julian: ILS 750–752; s. u. 24,5;

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30,3 f.). – § 1 f. Erfolg und Erhebung Julians hatten Constantius veranlasst, durch den eigentlich verbündeten Alamannenkönig Vadomar Germaneneinfälle an den Grenzen Galliens inszenieren zu lassen, um den Konkurrenten in Gallien zu binden. Zur Aufdeckung der Konspiration und Verbannung des Doppelstrategen Vadomar nach Spanien s. Rosen 2006, 201, 209 f.; Ammian 21,3 f. 6.2 ff. Nach der Ansprache Julians in Augst und dem Treueid der Soldaten auf ihren neuen Kaiser brach er im Sommer 361 mit 23 000 Mann in drei Abteilungen nach Osten auf: Iovinus und Iovius über eine Süd-Route Oberitalien – Julische Alpen – Save; in der Mitte Nevitta durch Raetien und Noricum; Julian mit ca. 3000 Soldaten zu Fuß vom Rhein zur Donau, ab Ulm zu Schiff in elf Tagen bis Bononia (Kastell, heute Banoštor), dann Marsch zur Kaiserresidenz und Hauptstadt der Pannonia Secunda: Sirmium an der Save (ca. 27,5 km; Ammian 21,9,6 ff.; 10). – Als Augenzeugenbericht (vidimus) breit entfaltet ist hier die Topik von Schnelligkeit und Überwindung aller geographisch bedingten Strapazen von Marsch und Fahrt. Dazu kommen das Porträt Julians in unermüdlicher Aktion, seine plötzliche Epiphanie in medio Illyrici sinu und das Staunen der Bevölkerung, die hier eher mit einem adventus des Constantius zu rechnen hatte. 6.4 Das Palladium wird als Statue der bewaffneten Pallas Athene beschrieben, die einst wundersam vom Himmel auf die Erde kam, als Ilos Ilion erbaute, und ist Garant für Schutz und Bestand einer Stadt. Rom, Athen, auch Konstantinopel u. v. a. Städte erhoben später den Anspruch, im Besitz des Originals zu sein. – Vgl. besonders Ovid, fast. 6,417 ff.; Apollodor, 3,143 ff.; Raub durch Odysseus und Diomedes bzw. Mitnahme durch Aeneas. 7.1 Schnelligkeit, Omnipräsenz und umfassende Fürsorge Julians für die Anrainer auf der Flussreise rühmen ein Optimum an Effizienz en passant. Die Namen für Unter- und Oberlauf der Donau (§ 1 Hister, § 3 Danubius) markieren auch die Dimensionen: die so rasch gemeisterte Strecke Ulm – Bononia ist 1280 km lang, der Fluss insgesamt ca. 2850 km. 7.2 f. Großangelegtes Tableau einer geradezu triumphalen Schiffs-pompé, mit dem differenziert visualisierten Publikum der reichsrömischen und der barbarischen Flussufer als Empfängern kaiserlicher beneficia: Wohlstand hier, Frieden dort. – Andere Quellen (z. B. Libanios, or. 12,63 f.; 18,111 f.; Ammian 21,9,2 f.) betonen Raschheit, Heimlichkeit, Überraschungseffekte des Unternehmens zur Vermeidung früher Konfliktsituationen. 8.1 Die Wertschätzung griechischer Sprachkunst als Kunst der Rede und Darstellung ist für jeden Gebildeten der griechisch-römischen Antike selbstverständlich (Cicero, de or. 1,13). Das Lob erweist hier auch dem aktuellen Hörerpublikum seine Reverenz. – principum ist hier im Wortsinn „heraus-

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Anmerkungen

ragende, große Männer“, „die erste Stelle einnehmend“ verwendet, daneben § 3: Herrscher Julian als princeps. 8.2–4 Zwei mythische Exempla: Für die große Schwarzmeerfahrt des Jason von Jolkos nach Kolchis – sie hatte die Rückgewinnung des Goldenen Vlieses zum Ziel, was mit Medeas Hilfe schließlich gelang – wurde der schnelle 50-Ruderer Argo erbaut. Athena hatte dabei mitgewirkt, auch den Balken der sprechenden Eiche von Dodona hinzugefügt und die spätere Verstirnung veranlasst (Hygin, fab. 14,33). Das Sternbild war am Südhimmel in der Nähe von Orions Hund lokalisiert, sein Aufgang der Geburt tüchtigster Schiffsführer in Krieg und Frieden zugeordnet: s. die Lehrgedichte Arats (Phainomena 342 ff.) und des Manilius (erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr.; Astronomica 5,32 ff.). – Die Argonautensage behandeln die Epen des Griechen Apollonios Rhodios (3. Jh. v. Chr.) und des Römers Valerius Flaccus (1. Jh. n. Chr.). 8.2 / 4 Triptolemos, Sohn des Keleos, des Königs von Eleusis, erhielt von Demeter den Auftrag, mit dem geflügelten Drachenwagen vom Himmel Getreide auf die Erde zu säen (so Apollodor 1,32, mit Varianten zur Abkunft). Er gilt seit dem 6. Jh. v. Chr. als Heros des Ackerbaus für Aussaat und Ernte: sowohl für Attika (Athen propagiert in seinen zivilisatorischen Tatenkatalogen mit ihm traditionell die eigene „Stifterrolle“ auch für diese Kulturtechniken) als auch für Hellas und die ganze Erde (Ovid, met. 5,642 ff.). Älter war die Verbindung des Triptolemos mit dem eleusinischen Mysterienkult (Homer, h. 2,153 ff.; 473 ff.), dann auch zur Orphik. In der Kaiserzeit war er u. a. Sinnbild für ein Goldenes Zeitalter, vgl. auch Ammian 22,2,3. 8.3 Transportschiffe für die 3000: Lembus: urspr. ein illyrischer Piratenschiffstyp, schnell und manövrierfähig, zum Kampf wie auch als Schnelltransporter und Depeschenboot eingesetzt, ein- und zweireihige Bauweise. Die Weiterentwicklung war die Liburne – zweireihig, zweirangig, unterschiedliche Größen und Bauarten, 23–30 m lang, bis zu 5 m breit – die ebenfalls urspr. ein Korsarenschiff war, seit dem erfolgreichen Einsatz des Agrippa bei Actium im Jahr 31 v. Chr. aber als leichtes, wendiges Kriegsschiff der römischen Marine favorisiert wurde. – Die Trajanssäule zeigt Flussliburnen auf der Donau für die großen Truppentransporte der Dakerkriege. 9.1 Rhetorisch ausgeweitetes maritimes Ausgreifen von Italien und Balkan (tyrrhenisches Meer / Adria) bis ins südöstliche Mittelmeer: Mareotis-See, mit der Stadt Marea, auch bekannt als Weinregion, im Nildelta bei Alexandria, steht für den afrikanischen Saum des Reiches. – Die hohen Provinzbelastungen beruhen offenbar auf der aktuellen, weitgespannten Superindiction des Constantius angesichts eines drohenden Zweifrontenkonflikts (Perser, Ju­ lian) und sind hier panegyrisch verallgemeinert (Ammian 21,6,6; Pack 1986, 109 ff.); die Ankunft Julians im Illyricum kann da der Bevölkerung rasche

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Erleichterung bringen. – Zur Neuordnung des Postverkehrs im Jahr 362 s. CTh 8,5,12; Libanios, or.  18,143 ff. 9.2 f. Tropaion ist eigentlich das Wendezeichen, wo sich der Feind zur Flucht gewendet hat, mit den Beutewaffen (gr. trépein, „Trophäe“). Vgl. das Tropaeum Alpium – La Turbie aus dem Jahr 7 / 6 v. Chr., das nach einem Feldzug und Sieg der Römer über 46 Alpenstämme errichtet wurde. – Nikopolis am Golf von Ambrakia, gegründet zur Erinnerung an den berühmten Sieg von Actium 31 v. Chr. – dieses Jahr bildet den Beginn des augus­ teischen Prinzipats –, Hauptort der Provinz Epirus Vetus, mag von einem jüngeren Erdbeben zerstört sein. Vgl. Ammian zu den großen Beben in Macedonia – Asia – Pontus am 24. August 358 (17,7,1 ff.; Pack 1986, 108). 9.3 Augustus hatte die alten Spiele des Akarnanischen Bundes für Apollon Aktios erneuert (Strabon 7,7,6 p.325), die Wettkämpfe fanden alle 4 Jahre (das „lustrum“ ist inklusorisch gezählt) in Nikopolis statt und genossen hohes Ansehen, wie die Spiele in Olympia und Delphi. – Athen hatte sich seit dem 5. Jh. v. Chr. als Inbegriff von Bildung, Kultur, Schöpfergeist und Philanthropie verstanden (vgl. Cicero, de or. 1,13). Der Ruhm von Eleusis beruhte auf dem altehrwürdigen Mysterienkult von Demeter und Kore, in den sich auch Julian aufnehmen ließ. Auch all diese Geistigkeit habe unter Constantius, so der implizite Vorwurf, einen desolaten Tiefpunkt erreicht. 9.4 Julians erste Briefe aus Naissos in wichtige Städte des westlichen Reichsteils, wie Rom – wo aber der Senat loyal zu Constantius stand –, Korinth, Sparta und das im Wortlaut erhaltene Schreiben an Athen, dienten vorrangig der Rechtfertigung seines Vorgehens – die direkte Auseinandersetzung mit Constantius schien ja noch bevorzustehen. Jetzt, Anfang 362, wird alles bisherige Tun Julians als konkret wirksamer kaiserlicher Erfolg dargestellt. 10–14 Lob der virtutes Julians in unablässigem panegyrischem Hochton. 10.1 Der Blick von himmlischer Warte zielt hier nicht auf Kosmos, Jenseits, göttliche Sphäre oder, mit philosophischer Distanz in unbehinderter Sicht, auf die irdische Begrenztheit (Marcus Aurelius 7,48; 9,30; Cicero, rep. 6,11 ff.), sondern er ist gerade der Ausgangspunkt für freudige Rückkehr auf die Erde und Teilhabe am kaiserlichen Segen. Der rasche Umschwung zum Wohlergehen von Stadt und Land ist als belebtes Tableau in poetischer Sprache und Bildern des goldenen Zeitalters gehalten und stellt zudem ein kostenfreies Geschenk des Kaisers dar. 10.2 f. Zur Verbindung Freigebigkeit und Sparsamkeit des Kaisers s. das Lob Trajans bei Plinius, paneg. 41 und Cicero, parad. stoic. 6,3 quam magnum vectigal sit parsimonia; moderate Forderungen, Erlass ausstehender Abgaben: Ammian 25,4,15. Zur Propaganda s. Pack 1986, 104; 119 f.

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Anmerkungen

11.2 Massenentlassungen des unnützen Ochlos (Haufe, Pöbel) an Köchen, Friseuren, Mundschenken, Tafeldienern, Eunuchen, Drohnen aller Art, Sekretären an Julians Hof in Konstantinopel schildert Libanios, or.18,130 f.; zur Korruption der Palastbeamten s. Ammian 22,4. 11.3 f. Zu ausgiebiger Kritik am exzessiven Tafelluxus und Lob des vorbildlichen Theodosius vgl. Pacatus-Rede von 389 (II 13 f.); zu Julians vorbildhaft maßvoller, ja asketischer Lebensführung vgl. Ammians Tugendkapitel (16,5) sowie die große letzte Würdigung anlässlich seines Todes (ebd. 25,4). 12 Julian als stets freundlicher, großzügiger, selbst unermüdlich tätiger, schwere Aufgaben selbst übernehmender Herrscher: Mit vielen Details findet sich dieses Bild bei Ammian 16,5 und Libanios, or. 18, 174–81. Zu Trajan vgl. Plinius, paneg. 4,6. 13 Kontrast: Herrschaftsformen von regnum und Usurpation alter und neuer Zeit vs. Julians iustus principatus, der eine libertas im Sinn einer selbstbestimmten Lebensgestaltung aller Bürger ermöglicht. 13.1 Tarquinius Superbus, siebter König von Rom, regierte nach antiker Rechnung von 534–509 v. Chr. Seine Grausamkeit und Willkür galten als Ursache für seinen Sturz und die Vertreibung seiner Gens. – Szenario zur Gründung der libera res publica Romana. Vgl. Cicero, rep. 2,44 ff.; Livius 1,46 ff. 13.2 Bekannte Strafexempla beim Streben nach regnum sind: Sp. Cassius Vecellinus (cos. 502, 493, 486 v. Chr.), Sp. Maelius und M. Manlius Capitolinus (cos. 392; Verteidiger des Kapitols gegen den Gallierangriff im Jahr 387; Livius 6,11 ff.). – Der Sturz vom tarpeischen Felsen am Kapitol war Strafe für verschiedene Verbrechen, benannt sei die Stätte nach Tarpeia, der Verräterin Roms an die Sabiner (Livius 1,11,5 ff.). 13.3 Die Lizenz zur Prosopopoiie auch einer Gottheit: Quintilian 9,2,29 ff. – Fl. Popilius Nepotianus, Sohn von Konstantins Schwester Eutropia, Usurpator in Rom für vier Wochen, wurde zusammen mit seiner Mutter von den Militärs des Magnentius am 30. Juni 350 getötet (Aurelius Victor, Caes. 42,6 ff.). Der Franke Silvanus war nach seinem Übertritt von Magnentius zu Constantius ab 352/353 als magister peditum in Gallien eingesetzt; in Reaktion auf Intrigen am Kaiserhof ließ er sich in Köln am 11. August 355 zum Augustus erheben, wurde aber vier Wochen später von Ursicinus und eigenen Soldaten getötet (ausführlich Ammian 15,5). – Zu Arbeitsethos und Position vgl. das Lob Maximians in X 3,3 (a. 289). – Julians Gattin Helena war Anfang 361, nach fünf Jahren Ehe gestorben, Julian blieb Witwer. Der Topos der Enthaltsamkeit ist, aus römischer Perspektive, maximal gesteigert: Er übertrifft quasi das Jungfräulichkeitsgebot der Vestalinnen (diese hatten es allerdings 30 Jahre lang einzuhalten). Innerhalb der Pan. Lat. vgl. das Lob Konstantins: VII 4,1; XII 7,5; IV 34,1.

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14.1 Wenige Tage nach der Ankunft in Sirmium / Sremska Mitroviča rückte Julian auf der großen Balkan-Heeresstraße von Singidunum / Belgrad über Serdika / Sofia nach Succi (Trajanstor), zum großen Grenzpass von Dakien und Thrakien, zwischen Haemus mons und Rhodopegebirge, vor; hier ließ er den Heermeister Nevitta mit einem Kontingent zur Bewachung zurück und zog sich wieder 180 km von der Grenze zurück, um den Winter im verkehrs- und militärstrategisch günstigem Naissus, dem Geburtsort Konstantins, zu verbringen. Dort befanden sich ein Straßenknotenpunkt und Waffenfabriken. Von hier startete er auch eine Briefkampagne und sammelte all seine Truppen, um der Gefahr einer drohenden Doppelfront vom wieder Constantius-treuen Aquileia und dem erwarteten Vorrücken des Constantius von Osten her begegnen zu können. – Wetterprobleme hatten die Versorgung Roms durch Getreideschiffe unter Tertullus, dem Stadtpräfekten im Jahr 359 behindert und zu mehrfachen Unruhen geführt (Ammian 19,10,1 ff.); aktuell sind die in § 5 geschilderten Probleme virulent; sie enden laut Ammian 21,12,24 unter Maximus, dem von Julian 361 ernannten Nachfolger im Amt. 14.5 Der notarius Gaudentius, von Constantius nach Afrika entsandt, um Maßnahmen gegen eine vermutete Invasion julianischer Truppen zu treffen (Ammian 21,7,2 ff.), wird als Drahtzieher der Umlenkung der Schiffe aus Afrika nach Konstantinopel vermutet, um ein gegebenenfalls abtrünniges Italien nicht zu unterstützen. – Mit den iudices sind hier wohl i. e. S. die zuständigen leitenden Aufsichtspersonen der Versorgung gemeint, wie Praefectus annonae, Proconsul, Vicarius (s. Gutzwiller 1942, 170; 116). Gegen die Lesart indicum s. auch García Ruiz 2006, 130. – Achaea: die Provincia Süd- und Mittelgriechenland (Dioecesis Moesiae) mit ihren zerklüfteten Uferregionen. 14.6 „Gelassene“ Reaktion Julians: Seine eigene Vaterstadt (s. o. c. 2,3) hat den Nutzen, zugleich nimmt er den baldigen Herrscherwechsel voraus: Es ist auch seine eigene Residenzstadt. – Vgl. Herodot 7,147,2 f.: Xerxes am Hellespont und die passierenden Getreideschiffe für Hellas; dazu Rodgers 1986, 415, A. 96. 15–30 Persönlicher Dank für die Verleihung des Konsulats 15.2 Seit dem Prinzipat entscheidet de facto der Herrscher über die Besetzung der wichtigsten Ämter. Noch in Naissus bestimmt Julian beide Konsuln für das Folgejahr 362, zwei erprobte Männer und Vertraute Julians: Consul prior wird Mamertinus, sein Kollege der Heermeister Flavius Nevitta, ein Germane, dessen Abkunft, Bildung und Charakter Ammian (21,10,8) stark herabsetzt. Julian selbst hatte im Schreiben an den römischen Senat die Praxis Konstantins kritisiert, hohe Ämter an „Barbaren“ zu verleihen. – Nevitta war unter Julian in Kämpfen gegen die Alamannen erfolgreich, wurde 361

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Anmerkungen

zum magister equitum per Gallias ernannt, war 361/362 Mitglied des Sondergerichts von Chalkedon, 362 Consul und Kommandeur im Perserfeldzug 363; nach der Kaiserwahl Jovians, die er nicht unterstützte, schied er aus dem Militärdienst aus. 15.4 Mamertinus suggeriert den Hörern, der Herrscher (princeps) Ju­lian hätte damals unter der Prestigeelite Roms seine Auswahl treffen können. Unerwähnt z. B. die harsche Reaktion des römischen Senats auf Julians Programmbrief von der Zeit des Vormarschs auf dem Balkan und seine Aufforderung zur Respektierung des Constantius als seines auctor imperii. 15.5 Vgl. Ausonius, grat. act. 3,15 mit noch ausführlicherer Aufzählung von Erfordernissen und Verhaltensweisen bei der Bewerbung um ein höheres Amt. – Julian hatte speziell das Suffragatorenunwesen, den teuren Kauf von Fürsprechern, bekämpft. 16.1 Q. Cicero (?) hat für die Konsulatsbewerbung seines Bruder Marcus 64 v. Chr. einen Ratgeber, ein commentariolum petitionis verfasst das u. a. genau diese Aspekte behandelt. – S. auch c. 19,1; sowie die Aufzählung bei Ausonius, grat. act. 3,13. 16.2 Das Exemplum zeigt den berühmten Redner L. Licinius Crassus (140–91 v. Chr., cos. 95) bei der Kandidatur für das Amt im Zwiespalt gegenüber der moralischen Autorität seines Schwiegervaters, des hochangesehenen Rechtsgelehrten und Augurs Q. Mucius Scaevola (170–84 v. Chr.): Die Erzählung des Crassus selbst findet sich bei Cicero, de or. 1,112 und in den Exempla des Valerius Maximus (4,5,4) als Beispiel für verecundia (Scheu, Respekt) vor dignitas und Größe eines gravissimus et sapientissimus vir. 16.4 Erwägenswert ist Jansons Vorschlag (CPh 79, 1984, 16 f.; so auch García Ruiz 2006, 132), statt in familiam [meam] zu lesen: in familiarem – auf einen Vertrauten. Zu Julians Verhältnis zu seinen familiares s. u. 18,4; 25,3; 26,5; ferner 17,4. 17.2 Sein fortgeschrittenes Alter betont der Redner mehrfach, vgl. noch c. 18,1.5: Die melior pars der Lebenszeit ist verstrichen. 17.4 Mangel an Geld und Beziehungen (§ 3) haben Würdigung der Leistung und eine derartige Karriere des Mamertinus an Julians Aufstieg als Cae­ sar und Augustus gebunden: Schon in Paris propagiert der frisch proklamierte Augustus Julian den Grundsatz, dass Meriten statt des (strafbewehrten!) Fürspracheunwesens die Beförderung machen sollen (Ammian 20,5,7). 18 Julians Gunst und Initiative ersparen Mamertinus das grundsätzliche Risiko des Bittstellers in eigener Sache. Gedanken zum Thema finden sich besonders bei Seneca, de beneficiis (sieben Bücher, 56 n. Chr.), der ein positives Zusammenspiel von Gesinnung und Verhalten bei Wohltäter und Empfänger als Ideal ansieht und zahlreiche Fallbeispiele für Fehler und Ab-

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hilfe anführt. Vgl. hier besonders 1,14,3; 2,1 f.; 2,5,4. – Zuspitzung in 2,1,4 wie hier 18,6: Die Bitte ist der teuerste Preis. 19.1 In der Republik waren die Comitia centuriata eine vermögensabhängig in 193 Zenturien als Stimmkörpern strukturierte Volksversammlung, zu deren Aufgaben, neben Gesetzesbeschlüssen und Entscheidungen über Krieg und Frieden, die Wahl der Konsuln, Praetoren, Zensoren gehörte; als urspr. Heeresversammlung tagten sie extra pomerium auf dem Marsfeld, dem einstigen Ager Tarquiniorum (Livius 2,5,2). – Die zunehmenden Wahlmissstände der späten Republik mit ihrer Vielfalt materieller Bestechungsformen, Betrug und Gewalt konnten auch zahlreiche Spezialgesetze nicht eindämmen. Julians Vorgehensweise erspart den Bewerbern Erniedrigungsszenarien, seine Wahl schloss Fehlentscheidungen wegen Inkompetenz des Wählervolks aus. 19.2 Zur Identität des hier gemeinten Gabinius: Handelt es sich um A. Gabinius, der, trotz Catos Klageandrohung wegen enormer Wahlumtriebe, für 58 v. Chr. zum Konsul gewählt wurde? Liegt ein Abschreibefehler oder eine Verwechslung des Mamertinus mit P. Vatinius (cos. 47) vor, der im Jahr 55 gegen Cato (Uticensis) die Praetur mit Wahlintrigen gewann (Plutarch, Cat. 41 f.; Seneca, const. sap. c. 2; s. noch c. 21,1)? – Cato unterlag ferner bei der Bewerbung um das Konsulat für das Jahr 51, da er, im Zuge aktueller Wahlreformaktionen, dezidiert einen rein persönlichen Wahlkampf durchführte, in dem er auf eine großangelegte Öffentlichkeitskampagne mit professionellen Helfern verzichtete. 19.3 f. Vorzüge und Fehler des Constantius II. würdigt umfassend Ammian in 21,16. Zur Entourage der Höflinge, Frauen, Eunuchen besonders 21,16,16; 22,3 f.. Zum Einfluss und den Intrigen der Eunuchen, besonders des gefähr­ lichen und mächtigsten, des Oberkämmerers (praepositus sacri cubiculi) und Arianers Eusebius s. 18,4,2 ff. u. ö. (Todesurteil im Jahr 361, Sondergericht Chalkedon). – Das römische Hofeunuchentum entwickelte sich seit Diokletian; urspr. als Sklaven importierte, gut ausgebildete Knaben erhielten lebenslange Ämter, besonders am Hof und in der Domänenverwaltung: Sie wurden frei, einflussreich und wohlhabend, blieben – erbfalltechnisch für den Kaiser interessant – kinderlos (Demandt 2007, 288 ff.; 124). – Vgl. zum Einfluss der liberti auf die principes in Rom Plinius, paneg. 88,1. 20.1 Krieg, Recht und Redekunst waren traditionelle Hauptbetätigungsfelder (s. Tacitus, dial. 28,6): Keine echte Bemühung gilt noch etwas, alle frönen dem Mammon (§ 3). Aus dem Kreis der Priester (pontifices) und Rechtskundigen / -gelehrten (iuris periti) einige der hervorragendsten Juristen und Staatsmänner der Republik (ab 2. Jh. v. Chr.): T. Manilius Torquatus (cos. 165; Valerius Maximus 5,8,3); M‘. Manilius (cos. 149; Cicero, de or. 1,212); P. Mucius Scaevola (cos. 175); sein Sohn: P. Mucius Scaevola

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Anmerkungen

(cos. 133, pont. max. 130–115); dessen Vetter: Q. Mucius Scaevola (cos. 117; Augur ab 129, bis zum Tod im Jahr 87); Sohn des cos. 133: Q. Mucius Scaevola Pontifex (ab 115; cos. 95); Servius Sulpicius Rufus (cos. 51), Freund Ciceros, zunächst Gerichtsredner, dann erfolgreicher Fachjurist mit vielen Veröffentlichungen. – Vgl. Wieacker 1988, 535 ff. 20.4 Die Konjektur celsos (Galletier 1955, Lieu 1989, García Ruiz 2006) betont den Kontrast von Stand und bitterer Realität. – Zu allem bösen Treiben noch der jüngsten Vergangenheit s. Libanios, or.  18,131 ff. 21 Dazu steht die Gegenwart in gänzlichem Kontrast: statt Materialismus und serviler Kriecherei zählen jetzt Integrität, Klarheit und aufrechter Gang. Das Ensemble der Kardinaltugenden des Herrschers (s. o. 5,4) sucht sich selbst ebensolche Menschen als Helfer der Regentschaft aus (21,4; vgl. Ammian 20,5,7). Ein in Auftreten und Verhalten nicht polierter Menschenschlag hält Einzug nach Verdienst: Man hat hier an den Militär Nevitta als Konsul, an Gallier und Germanen des Westens – Julians Wertschätzung: Misopog. 359B ff. – und natürlich an das als befremdlich empfundene Auftreten Julians in Konstantinopel gedacht. 21.5 provincia: bezeichnet den räumlichen und sachlichen Kompetenzbereich eines magistratus. Im Vordergrund steht, besonders mit der Vervielfachung der Provinzen seit der Neuordnung Diokletians, der topographische Begriffsinhalt; mit Blick auf das Amt des comes sacrarum largitionum (CSL) mag der gern in republikanischen Reminiszenzen verweilende Redner für sich selbst auch an den sachlichen Bereich seines eigenen ersten hohen Amtes denken, wenn er hier und im Folgenden die Trias Provinzen–Präfekturen–Konsulat anspricht. Zu den drei Ämtern des Mamertinus s. c. 1,4 ff.; c. 22 ff.: CSL, PPO, COS. 22 Die Rasanz der Karriere, von Juni/Juli (Sommer) bis November (Herbst) 361 wird in zwei Bildern, Vergleich und Überbietung, entfaltet. § 1–3 Bäuerliches Leben: Gott schenkt in einem Jahr pro Anbaufläche und pro Jahreszeit eine Ernte an Getreide, Wein, Oliven; dagegen verdreifacht Julian die Ernte (die Suggestion der Aufzählung in § 1 führt auf 3 × 3). – Vgl. auch die Karriere des Nevitta im Jahr 361: magister equitum und consul (designatus). – § 4 Astronomie zur Zeitmessung (s. u. 23,5 ): Sogar der Lauf der Gestirne ist der schnellen Tat des Kaisers unterlegen. – Zur Datierung Nixon / Rodgers 424 f. 23.1 Auxesis: Julians Regiment übertrifft die Fortunatorum insulae: Diese sind Wohnstatt für herausragende, vom Tod befreite Menschen (Heroen, Gerechte, Fromme), die in Frieden und segensreicher Fülle freiwilligen Wachstums und Gedeihens dort ein ideales Sein vollkommenen Glücks als Lohn für ihr vorbildliches Leben auf Erden erfahren. – Vgl. VI 7,2 zu Constantius’

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Tod, mit Müller-Rettig 1990, 118 f. – Hesiod, op. 167 ff.; Pindar, Ol. 2,68 ff.; Platon, Gorg. 523bff.; Horaz, epod.  16,41 ff. 23.4 postliminium – Heimkehrrecht, z. B. nach der Gefangenschaft, auf der Basis des einstigen Rechtsstatus (s. II 2,4; zu VIII 21,1 s. Bd. I, 235). – § 4 f. Die Philosophie, hier im Bild der inthronisierten Herrscherin, fungiert einerseits als Krönung und Inbegriff der antiken Bildung und Kultur; andererseits steht sie hier als Chiffre für bestimmte religiös-magische Rituale und Praktiken wie Divination, Astrologie, die wegen allzu intensiven Gebrauchs unter Konstantin und Constantius verboten waren (CTh 9,16,1.3 ff.), kritisiert an Julian (Ammian 25,4,17). Nach dem Tod des Constantius ist die religiös-philosophische Ausrichtung und neue Religionspolitik Julians auch in seiner breiten Publikationstätigkeit, den Gesetzen und der zeitgenössischen Literatur zu verfolgen (Bringmann 2004, 106 ff.; Rosen 2006, 54 ff., 249 ff.; Sehlmeyer 2009, 143 ff.). – § 5 f. Das Klima der Angst selbst im Bereich beruflicher Notwendigkeit verweist in krasser Zuspitzung auf die Lähmung des Alltags. 24.1–4 Topos: Die Liebe der Bürger und Soldaten ist grundsätzlich wichtig und, verglichen mit Mauern und Waffen, der bessere, ja beste Schutz; Pli­ nius, paneg. 49,2 f.; 72,5 f.; Cicero, Phil. 2,112; Seneca, clem. 1,19,6. 24.5 Julian nimmt häufig und engagiert an Senatssitzungen teil, wobei sein Verhalten dort durchaus unkonventionell sein kann: vgl. besonders Libanios, or. 18,154 ff. – Zum Schlagwort dignitas pristina s. auch Konstantin und Senat von Rom 312: XII 20,1 f. (auctoritas pristina). – Zur Fürsorge fürs Volk: s. o. c. 14,1.5. 24.6 Berühmte Freundespaare als exempla der Antike waren Achill – Pa­ troklos, Theseus – Peirithoos, Orest – Pylades, die Pythagoreer Damon – Phintias (s. Schiller). Solch ewigen Nachruhm der Freundschaft wünscht Laelius auch für sich und den jüngeren Scipio (s. Cicero, Freund des Atticus: amic. 15; off. 3,45; Valerius Maximus 4,7 ext. 1; Pacatus, II 17,1). – Das gute Verhältnis zum Heer seit gallischen Tagen betonen Ammian 20,4 f.; Libanios, or.  18,95 ff. § 1 consilium (principis) – in der Spätantike: consistorium; der Be25 griff bezeichnet den Staatsrat der comites, die, vom Kaiser persönlich ernannt, ihn beraten und an der Regierung mitwirken; auch Mamertinus ist als PPO ständiges Mitglied, wie alle Inhaber der höchsten Ämter. Starker Kontrast der Entourage einst / zuvor (1 f.) – jetzt (3 ff.); Julians Auswahl seiner Berater, Vertrauten und Freunde bemisst sich an ihrer Integrität und Tatkraft, wie sie sich jeweils in relevanten Aufgabenbereichen bewährt hat: Krieg, Rede und Rechtswesen sowie staatlicher Administration. Solche Männer bilden den engeren Mitarbeiterkreis des Kaisers (s. Gutzwiller 1942, 210 f. zur Lesart: in consortium numerum).

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Anmerkungen

26.1 Treue und Aufrichtigkeit in menschlichen Beziehungen als Grundtugend, Konstanz und Verlässlichkeit auch im Amt des Herrschers: Der ideale Kaiser bewahrt die alte und schafft neue Freundschaft (Lob: Plinius, paneg. 85; II 16,1); der Gewaltherrscher ist schon von Natur aus der Freundschaft unfähig (Platon, rep. 9,576a). Zur simplicitas und veritas des Kaisers als Basis von Vertrauen überhaupt s. Plinius, paneg. 54,5. – Zum Text: suspicarer Mynors: Redner hegt keinerlei Argwohn gegen Julian, der stets der Wahrheit verpflichtet ist (s. § 2); suspicacem E. Baehrens, Galletier 1955, Paladini / Fedeli 1976, Lassandro 1992; García Ruiz 2006; ferner Gutzwiller 1942 statt in animo: in amico, Julian ist bei einem Freund stets vertrauensvoll (s. § 5). 26.2 Ammian kritisiert Härte und Grausamkeit des Constantius, dessen wildes Wüten Caligula, Domitian, Commodus übertroffen habe (s. besonders vitia-Liste 21,16,8 ff.); § 2 f. Tyrannen- und Sklavennatur, mit z. T. ähnlichen Charakterzügen, sind gängige Kontrasttopoi zum guten Herrscher. 26.4 Die Zugänglichkeit des Kaisers ist Zeichen seiner philanthropia, wie auch begründeten Furchtlosigkeit, stets im Kontrast zur Isolation des Tyrannen. – Lob für Trajan: Plinius, paneg. 48; Konstantin: IV 34,4; Theodosius: II 21,2; Gratian: Ausonius, grat. act. 15,71. 26.5 Zur Psychologie von Julians Toleranz und Langmut gegenüber Freunden s. Libanios, or. 15,54; 18,202 f.; so führe z. B. erst ein viermaliger Versuch der Täuschung und Lüge bei ihm zur Verstoßung. 27.1 Dieselbe Konstanz des Wesens zeigt Theodosius nach seinem Herrschaftsantritt (II 12,4 f. idem es qui fuisti). 27.2 Vgl. c. 6,1 zu offenen Operationen und verdeckten Aktionen gegen Julian in Gallien bis nach der Erhebung. Vgl. Rosen 2006, 166 ff.; 175 ff.; 195 ff.; 201; 209 ff. – Libya, Europa, Asia: Die Namen der drei altbekannten Erdteile der Antike, nicht die Listen der reichsrömischen Verwaltungseinheiten, stehen für die neue Alleinherrschaft Julians über die Oikouménē. 27.4 Der frühe Tod des Constantius hat den befürchteten und nahe bevorstehenden offenen Ausbruch eines Bürgerkriegs verhindert. 27.5 Mit Hilfe der Gottheit hat Julian den Staat gerettet (caelesti ope / § 2 divino munere), als Mensch erkennt er die condicio humana und erweist dem Bruder (s. o. 3,1) und Gegner (inimici) in Konstantinopel die Bestattungsehren, die dem Menschen und Kaiser, auch vor der dortigen Öffentlichkeit als legitimierendem Erblasser, gebühren. – Vgl. Ammian 22,2,1: Die Comites Theolaif und Aligild überbrachten Julian die Nachricht von Tod und Nachlassregelung; ders., 21,15,2(ff.): Constantius habe (dicitur), noch mentis sensu integro, Julian auf dem Sterbebett zum Nachfolger designiert; Eusebios, der Oberhofkämmerer, habe zunächst andere Pläne gehabt. – Zu Vision

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bzw. Orakel zur Verheißung eines Siegs ohne Blutvergießen und Appell zu raschem Handeln s. Libanios, or. 18,117 ff. Julian nahm den Leichnam des Constantius im Hafen von Konstantinopel offiziell in Empfang und führte, selbst ohne Diadem, den Trauerzug zur Apostelkirche, wo er neben seinem Vater Konstantin beigesetzt wurde. Der Senat durfte auch die Divinisierung des Toten vornehmen. 28–30 Schilderung der Ereignisse vom Neujahrstag 362, Tag des Konsulatsantritts, wenige Stunden vor dem Vortrag der Rede, ist en gros wohl vorbereitet, manches vielleicht erst zur Publikation eingefügt. Aus dem Gefüge verschiedener emotional herausragender Einzelszenen hier sucht Gutzwiller 1942 den chronologischen Ablauf etwa so zu ermitteln (229 ff.; s. auch Ammian 22,7): Erste Begrüßung (Julian und die Konsuln) vor dem Palast, Fortsetzung des Gesprächs im Palast, Julian umgeben von den Konsuln bis zum Palastausgang, dort Besteigung der Konsulssänften, Julian zu Fuß den Festzug zur Kurie anführend, sich an den Anordnungen des Ordnungspersonal orientierend; dort Eintragung in die Konsulslisten und Rede des Mamertinus; danach Zirkusspiele, Freilassungen. 28.1–4 Das „zuvorkommende“ Verhalten Julians, seine clementia und civilitas – Abbruch der morgendlichen salutatio der dazu Zugelassenen, statt Empfang der Konsuln im Sitzen ihnen entgegenzugehen, Begrüßung, Wangenkuss, Händedruck, ohne Niederknien der Konsuln –, erinnert an republikanisch-freiheitlichere Bräuche der frühen Prinzipatszeit. Auch andere unkonventionelle und spontane Aktionen zeigen Julians Nähe zu Individuen und Volk, Senat und Amtsträgern, z. T. mit Erstaunen und Ablehnung regis­ triert von den Anhängern des kaiserlichen Hofzeremoniells, wie es besonders seit Diokletian ausgestaltet war. – Ammian 22,7,3; Libanios, or. 18,155 f.: Philosoph Maximus; or. 1,129: Redner Libanios. 28.5 Solch göttliches Wirken des Zeus / Iuppiter in der Poesie: Homer, Il. 1,523 ff.; Ennius, ann. 446 f. Sk., Vergil, Aen. 1,254 f.; 9,104 ff.; vgl. X 7,5 (Diokletian); VII 12,8 (Maximian). 29.1 Anteilnahme des Volkes: Beim ersten Einzug in Konstantinopel empfing man, nach allen Gerüchten, die seine Jugend, Aussehen und Umgangsformen betrafen, Julian mit gespannter Anteilnahme; beim Volk herrschte Begeisterung, Ehrerbietung seitens des Senates (Ammian 22,2,4 f.). 29.2 Das Schwenken der Toga ist Ausdruck der Freude (Senat: Plinius, paneg. 73,1). Vgl. die gesteuerte Demonstration für Nero bei Cassius Dio 61,20,3); Zuruf und Gruß: Ausonius, Mos. 367 f. Saravus / tota veste vocat. 29.3 Verbaler Freudentaumel zu Ave, amplissime consul; vgl. ausuferndes Zitat und Deutung kaiserlicher Worte bei Ausonius, grat. act. 9 f.; IX 13 ff. (Eumenius).

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Anmerkungen

29.4 Die üblichen Freilassungsakte der Konsuln am Neujahrstag finden 362 nicht am Tribunal, sondern im Zirkus von Konstantinopel statt (Ammian 22,7,2); mit dem Fragentrikolon erinnert Julian an die weitreichenden politischen Befugnisse der Konsuln in der Republik, statt der weitgehend repräsentativ gewordenen Funktionen in der Kaiserzeit. 30.3 Kontrast zum civilis princeps Julian ist die elitär zelebrierte Distanz des Constantius (Ammian 16,10,9 ff.); vgl. Plinius, paneg. 25,4; II 21,3 ff.; IV 5,2 ff. 30.3 f. Die Geburt der Freiheit Roms mit der Wahl der ersten Konsuln nach Vertreibung der Könige und ihre Wiederherstellung durch den jeweils gepriesenen Herrscher nach je unterschiedlich akzentuiertem Verlust ist eine beliebte inhaltliche Pointe im ständigen Appell der Rhetorik zum Vergleich: hier also Julian als Bringer der Freiheit (s. auch 6,1; 8,4; 13,3; 24,5), ferner e.g. Trajan bei Plinius, paneg. (58,3; 66,2 ff.; 78,3) sowie der Altrömer Brutus, trotz regnum-Absage hier mit zustimmendem Blick auf den kaiserlichen Freiheitsgaranten Theodosius (II 20,5 f.). – Die programmatische libertas Julians betrifft das Verhältnis zwischen bürgernahem Herrscher und Volk, wie auch das Zusammenleben aller auf der Basis von Vertrauen und Sicherheit. – L. Brutus und P. Valerius waren die rächenden Begleiter von Sp. Lucretius, dem Vater der geschändeten Lucretia, und ihrem Gatten L. Tarquinius Collatinus: Dieser war zunächst als Amtskollege des Brutus gewählt, doch als Mitglied der vertriebenen Gens Tarquinia musste er das Amt wieder aufgeben, sein Nachfolger wurde Valerius. Diese Schilderung findet sich bei Li­ vius 1,58 ff. Vgl. auch Tacitus, ann. 1,1,1: urbem Romam a principio reges habuere; libertatem et consulatum L. Brutus instituit. 31.1 f. Das besondere Streben Julians nach Ruhm als der irdischen Form von Unsterblichkeit im klaren Urteil der Nachwelt ist vielfach bezeugt (Libanios, or. 18,306); sprachlich vgl. besonders Cicero, Marcell. 27 f.; zum Prinzip des unparteiischen Historikers s. Tacitus, ann. 1,1 sine ira et studio. 31.5 Schwierig und heikel waren schon die Gerichtsverhandlungen zu Chalkedon wegen politischer Vergehen der Constantius-Ära, zu denen auch Mamertinus und Nevitta im Dezember 361 abgeordnet waren. Dazu ausführlich Ammian 22,3; Libanios, or. 18,152. Das Schlusskapitel (besonders § 3) enthält quasi ein Amtsgelöbnis 32 des Mamertinus zu treuer Pflichterfüllung, mit einem expliziten Kanon an Amtstugenden, die für einen solch hohen Posten Voraussetzung sein sollten. Einleitung und Schlusspartie einer Rede erfordern stets besonders sorgfältige Ausarbeitung. Im Schulbetrieb werden Klassiker als Vorbilder studiert, eigene Ausarbeitungen verfasst. Gedanklich und sprachlich orientiert sich Mamertinus hier deutlich an Ciceros Peroratio in seiner pathoserfüllten

Zum Panegyricus des Jahres 389 (II/XII)

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Dankrede vor dem Volk bei der Rückkehr aus dem Exil im September 57 (p. red. ad Quir. 24).

Zum Panegyricus des Jahres 389 (II/XII) 363–389: Nach dem Tod Julians wurde, nach Absage des Julianfreundes, Neuplatonikers und praefectus praetorio Salutius, am 27. Juni 363 Jovian, der Befehlshaber der Leibgarde Julians, zum Kaiser ausgerufen. Er schloss mit dem Sassanidenkönig Sapor II., unter Verzicht auf Arme­nien und das obere Mesopotamien, alsbald einen (umstrittenen) Frieden und strebte, selbst Christ, nach neuer Koexistenz von Christen und Heiden, jedoch ohne weitreichenden Erfolg. Er regierte acht Monate und verstarb, im Alter von 33 Jahren, am 17. Februar 364 auf der Reise nach Konstantinopel. Valentinian, sogleich in Nicaea zum Nachfolger gewählt, ernannte seinen jüngeren Bruder Valens zum Mitkaiser im Osten: Valentinian, der innenpolitisch durch reiche Gesetzgebung Reformen anstrebte und religionspolitisch, selbst Katholik, die Maxime weitgehender Toleranz vertrat, war überwiegend mit der Verteidigung der immer wieder bedrohten Grenzen an Rhein und Donau befasst, bes. gegen die Alamannen; der Norden Galliens war von Franken bedroht, die Sachsen drangen über die Flussläufe in das Hinterland ein. Grenzlinien an Flüssen und Straßen wurden in großem Umfang befestigt. Der ältere Theodosius ging um 368 als comes rei militaris in Britannien erfolgreich gegen die Gefährdung durch Angriffe schottischer und irischer Stämme sowie gegen den Usurpationsversuch eines Valentinian und die Küstenbedrohung durch Piraten vor und festigte noch einmal die Römerherrschaft auf der Insel. – In Africa waren Land und Städte von Tripolitanien durch Kamelnomaden bedroht, Hilfeleistung hatte der Statthalter Romanus mit der Abforderung unerfüllbarer Vorableistungen verhindert, doch Beschwerden am Hof blieben aufgrund seiner Verbindungen dort ohne Erfolg (365/366). In Mauretanien unterstützten mit Romanus unzufriedene Provinzialen die Usurpation des Firmus (370), des Sohns eines maurischen Klientelkönigs, der Erfahrung im römischen Heeresdienst hatte: Nach Zügen gegen die Alamannen in Raetien (370) und am Rhein (371/372) schlug Theodo­sius als Heermeister mit gallischen Truppen den Aufstand des Firmus in Africa nieder (374) und setzte den Comes Africae Romanus ab. Freunde des Romanus veranlassten einen Prozess gegen Theodosius, in dem er wegen besonderer Härte seines Auftretens in Africa verurteilt und Anfang 376 in Karthago hingerichtet wurde. Das Urteil erging noch vor dem Tod

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Anmerkungen

Valentinians, der am 17. November 375 bei Verhandlungen während eines Zuges gegen die Quaden starb. Valentinian hatte Gratian, seinen ältesten Sohn aus erster Ehe mit Marina Severa, bereits 367 mit acht Jahren zum Augustus ernennen lassen. Jetzt erhoben die mächtigen Heermeister Merobaudes und Equitius in Aquincum den vierjährigen Valentinian II., Sohn der zweiten Kaisergattin Justina, ebenfalls zum Augustus, mit Zuweisung der italischen Präfektur (Illyricum, Italia, Africa); Gratian fungierte zunächst als Vormund des Halbbruders. Gratian war von Ausonius, dem Rhetor und vielseitigen Dichter und Schriftsteller aus Bordeaux, erzogen, der unter ihm quaestor sacri palatii (375), praefectus praetorio (377) und consul wurde (379, gratiarum actio zur Amtsverleihung). Er betrieb eine senatsfreundlichere Politik und war kirchenpolitisch an Bischof Ambrosius von Mailand orientiert. Im Osten musste Valens gegen den rasch recht erfolgreichen Usurpator Procop, einen letzten Vertreter aus der konstantinischen Familie, kämpfen, der 366 besiegt und hingerichtet wurde. Es folgten Kämpfe gegen Ost- und Westgoten an der Donau (bis 369); letztere spalteten sich in Anhänger des (arianisch-) christlichen Fritigern und des christenverfolgenden Athanarich. Das religiöse Ringen um einen rechten christlichen Glauben führte im Osten zwischen den verschiedenen Richtungen von Arianern, Homoiern, Orthodoxen (u. a.) zu immer wieder eskalierenden Konflikten. Die Hunnen, mongolische Reiternomaden und Bogenschützen, besiegten und unterwarfen sich bei ihrem Vorstoß nach Westen ab Mitte des 4. Jh. die iranischen Alanen, dann die Ostgoten unter Ermanarich; nach ihrem Sieg über die Westgoten unter Athanarich ersuchten die Goten unter Fritigern um Aufnahme ins römische Reich (376). Ihre Ansiedlung und Kampfesstärke versprach Schutz vor den andrängenden Feinden, gestaltete sich aber wegen der übergroßen Zahl der Nachdrängenden, der sich zuspitzenden Versorgungslage und Korruption als nicht realisierbar. Gotische Truppen mit wachsendem Zulauf neuer Anhänger durchzogen Thrakien und den Balkan. Gratian musste im Frühjahr 378 noch gegen die Alamannen am Oberrhein kämpfen und kam nur noch bis Sirmium – zu spät: Im August 378 wurden die Römer bei Adrianopel von den (West-)Goten, verstärkt durch Hunnen, Alanen, Ostgoten, in einer gewaltigen, folgenreichen Schlacht vernichtend geschlagen, in der auch Kaiser Valens zu Tode kam. Am 19. Januar 379 erhob der senior Augustus Gratian in Sirmium den gleichnamigen Sohn des älteren Theodosius, der am 11. Januar 347 geboren worden war, zum neuen Augustus des Ostens. Er entstammte einer wohlhabenden Familie in Cauca (heute Coca / Gallaecia); sein Vater war ein erprobter, hochgeschätzter Heermeister Valentinians, bis zu den Ereignissen in Africa 376. Der Sohn, seit 368 im Gefolge seines Vaters, erhielt das erste eigene

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Kommando eines Dux Moesiae Primae, als dem Vater der Auftrag zur Bekämpfung des Firmus erteilt wurde; 374 besiegte er in Pannonien die über die Donau vorgedrungenen Sarmaten. Nach der Hinrichtung des Vaters zog er sich zu eigener Sicherheit nach Spanien ins Privatleben zurück, heiratete Aelia Flaccilla, eine vornehme Spanierin, und bekam einen Sohn, Arcadius. Schon 378, nach Adrianopel, wurde er von Gratian als Heermeister für Illyricum zurückberufen, errang einen Sieg über die Sarmaten und wurde dann zum Augustus ernannt. Die Plünderungszüge der Germanen auf dem Balkan dauerten an, Erfolge zur Wiederherstellung der römischen Herrschaft blieben wechselhaft. Theodosius, der erst am 24. November 380 in Konstantinopel Einzug hielt, bemühte sich zunächst, von Thessalonike aus das Heer neu zu formieren, verbunden mit gezielter Anwerbung von Goten. Gratian unterstützte ihn durch Präsenz an der Donau, einen Vertrag mit den Goten und die Überlassung gallischer Truppen mit den fränkischen Generälen Bauto und Arbogast (380). Am 3. Oktober 382 schloss der Heermeister Saturninus in Auftrag des Theodosius mit den Westgoten einen berühmten Vertrag, der ihnen als Föderaten die Ansiedlung auf Reichsboden, südlich der unteren Donau, erlaubte, unter eigenen Herrschern, mit Verpflichtung zur (gut besoldeten) Waffenhilfe in Kriegszeiten. Verhandlungen und Friedensschluss mit Sapor III. (383–388) führten 387 zur Aufteilung Armeniens im Verhältnis eins zu vier: unter Vasallenkönigen Roms und Persiens. In der Kirchenpolitik erkannte Theodosius allein eine streng katholische Linie an. 381 hat er mit der Pflicht zum Nicaenischen Glaubensbekenntnis (Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum) den Vorrang dieser christlichen Richtung verbindlich gemacht und ein vielfältiges Strafsystem für Verstöße etabliert. Währenddessen residierte Gratian mit Valentinian in Mailand, die Regierungsgeschäfte führte sein Reichspräfekt Petronius Probus. In Britannien ließ sich im Frühjahr 383 Magnus Maximus, ein Landsmann des Theodosius und Offizier Valentinians, von seinen Truppen zum Augustus erheben und setzte dann nach Gallien über. Gratian zog ihm, gerade von einer Alamannenkampagne in Raetien zurückkehrend, Richtung Paris entgegen. Von den Soldaten sukzessive im Stich gelassen, entfloh er gen Süden, wurde aber von Andragathius, dem Heermeister des Maximus, verfolgt und bei Lyon am 25. August 383 getötet. Justina, Mutter Valentinians II. ließ Ambrosius in Trier, dem Residenzort des Maximus, die Leiche Gratians erbitten und nahm zu Theodosius Kontakt auf. Mit der Aufstellung von Statuen für Maximus, Concordia Augustorum-Münzen im Osten und Übernahme eines Konsuls für 386 gab Theodosius ein Signal zur Koexistenz. Maximus fand im Westen Anerkennung mit seinem straf-

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Anmerkungen

fen Regiment; die Germanen am Rhein hielt er in Schranken; die Katholiken suchte er mit Verfahren und Hinrichtung des spanischen Asketen Priszil­lian und seiner Anhänger als Ketzer zu gewinnen. Protagonisten im Streit um Bildnis und Altar der Victoria im römischen Senat, die Gratian (erneut) hatte entfernen lassen, wurden 384 der Stadtpräfekt Symmachus und Bischof Ambrosius. Valentinian II. nahm die Entscheidung des Bruders nicht zurück; in der Debatte um eine arianische Nutzung einer Basilica extra muros in Mailand musste er nachgeben und zog sich 386 (wiederum) nach Aquileia zurück. Wegen notwendiger Sarmatenabwehr und kritischer Kirchenfragen schickte er Ambrosius erneut nach Trier. Jetzt zog Maximus selbst mit Truppen nach Italien, der Kaiser floh 387 in den Osten, nach Thessalonike zu Theodosius. Theodosius heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau Valentinians Schwester Galla, beide hatte er zum Katholizismus bekehrt. Die Decennalien (den Beginn des Festjahres) feierte Theodosius am 19. Januar 388 in Thessalonike; ein Silber-Missorium stellt ihn als Mächtigsten zwischen dem senior Augustus Valentinian II. und Arcadius dar – ohne Maximus. Im Frühjahr schickte Theodosius drei Heeresabteilungen Richtung Italien los; in Gallien musste Maximus einen Teil der Truppen unter seinem kleinen Sohn Fl. Victor (geb. ca. 380, Augustus seit 384) für Kämpfe gegen die Franken zurücklassen. In Rom verlor er die Unterstützung der Katholiken, als er gegen die Brandschatzung einer Synagoge vorging. In Konstantinopel übertrug Theodosius die Herrschaft Arcadius (geb. 377, Augustus seit seinen eigenen Quinquennalien 383). Mit einem kampfstarken Barbarenheer (Goten, Hunnen) siegte er bei Siskia und Poetovio über die Truppen des Maximus und rückte rasch nach Oberitalien vor: Maximus wurde bei Aquileia gestellt und enthauptet (28. Juli oder 28. August 388); in Gallien spürte Valentinians Heermeister Arbogast dessen Sohn Victor auf und tötete ihn. Für die sonstige Familie des Maximus dagegen wurde materiell Sorge getroffen. Valentinian II. bezog für seine künftigen Regierungsaufgaben nunmehr in Trier Residenz. Theodosius ließ für seinen Rombesuch im Sommer 389 eigens den kleinen Honorius aus Konstantinopel kommen, inszenierte am 13. Juni 389 einen trium­phalen Einzug in Rom, ließ sich im Senat für Sieg und Frieden feiern, besichtigte die Stadt, stattete Besuche ab, gab Spiele, verteilte Geldgeschenke und zeigte sich als milder, umgänglicher Herrscher, auch gegenüber früheren Gegnern und bedeutenden Vertretern der heidnischen Senatsaristokratie: Symmachus wurde begnadigt und erhielt für 391 das Konsulat, Nicomachus Flavianus wurde praefectus praetorio; 389 war schon Aurelius

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Victor Stadtpräfekt. Der Kaiser widmete sich aber auch detaillierter konkreter Regierungsarbeit in Rom. Einflusswille und Kirchenmacht des Ambrosius zeigen die Konflikte um den Synagogenbrand in Kallinikos / Euphrat 388, wo nachträglicher Straferlass die clementia des Kaisers erweisen sollte, und die zum Tod Tausender entgleisende Strafaktion nach einem Lynchmord an einem gotischen Heermeister in Thessalonike 390/391, die mit einem öffentlichen Bußakt des Kaisers gesühnt wurde. Danach kehrte Theodosius nach Konstantinopel zurück. Redner und Redesituation: Latin(i)us Pacatus Drepanius stammt aus dem Gebiet der Nitiobroges mit dem Hauptort Aginium / Agen (Garonne). Die Nähe zur aquitanischen Metropole Burdigala / Bordeaux mit ihrer berühmten Hochschule lässt vermuten, dass er dort studiert hat und vielleicht auch beruflich tätig ist. Er ist befreundet mit Q. Aurelius Symmachus und seinem älteren Landsmann Ausonius (ca. 310–394), der ihn als Dichter schätzt und ihm eigene Werke widmet und seiner Begutachtung anempfiehlt: das Technopaegnium (25), den Ludus VII sapientum (26); in der Praefatio I 4 (Green) wird er von den Musen direkt nach Vergil (11 f.) eingestuft; in der Commemoratio professorum Burdigalensium ist er nicht erwähnt, dort sind nur Verstorbene aufgeführt. Die Hinrichtung des Magnus Maximus im Sommer 388 beendet dessen fünfjähriges Regiment im Westen (Britannien, Gallien, Spanien). Vielleicht im Rahmen einer Gesandtschaft aus Gallien weilt Pacatus im Sommer 389 in Rom, um im Umfeld der Siegesfeierlichkeiten in Gegenwart von Kaiser, consistorium und Senat eine Festrede zu halten, die Lob, Dank und Loyalität zum Ausdruck bringt. Die beiden vorrangigen Themen sind die Eloge auf den Kaiser und seine für den Westen des Reichs wichtigste Großtat: die Beendigung der Herrschaft des Maximus, mit besonderem Blick auf das „Leid“ der Galliae, die Willkür materieller und religiöser Unterdrückung, und als Kontrast das Glück der Gegenwart, das ganz in der Person und Ausstrahlung des Theodosius und seiner Segenspolitik gründet. Eine Rückkehr nach Gallien ist vielleicht geplant (47,5 f.; keine Details). Doch schon wenige Monate später übt Pacatus sein vom Kaiser frischverliehenes Amt als Proconsul von Africa aus. Für den Jahresanfang 393 wird er zum comes rei privatae ernannt. Die Rede steht im überlieferten Corpus der Panegyrici Latini direkt nach der ältesten, der Pliniusrede, und ist jüngste und umfangreichste der gallischen Reden aus dieser Sammlung.

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Anmerkungen

Pacatus gilt als möglicher Urheber der „Jahrhundertkollektion“ gallischer Reden (289–389), unter der Ägide der Pliniusrede des Jahres 100 n. Chr. (so erstmals Pichon 1906, 270, bes. 284 ff.). Demandt 2007, Kap. II 6 f.; Lippold 1980, 11 ff.; Leppin 2003, 29 ff.; Kommentare: Grinda 1916; Nixon / Rodgers 1994, 437 ff. 1–2 Exordium 3 Propositio 4–7 Gaben des Schicksals für Theodosius 8–20 Tugenden des Theodosius civilis im Frieden 21–46 Militärische Verdienste und Taten des Theodosius: Verschiedene Feldzüge Hauptthema – Auseinandersetzung mit Maximus: Tyrannisches Regiment in Gallien; Zuspitzung des Konfliktes; Kampfhandlungen – Sieg des Theodosius; Ende des Maximus: Frieden und Freiheit durch Bürgerkrieg. 47 Peroratio: Weitere Schilderung und Verbreitung des Ruhmes in Rede und Schrift 1.1 Das consistorium (sacrum) ist ein Kreis von hohen Amtsträgern und Vertrauten des Kaisers, der ihn als ständiger Begleiter in politischen und administrativen Fragen berät; die letzte Entscheidung trifft dann der Kaiser. Der quaestor sacri palatii führt den Vorsitz und ist, nach der Vorberatung im consistorium, für die Ausfertigung der Entscheidungen und Gesetze des Kaisers zuständig. – Vgl. III 1,1. 1.2 Der Kaiser und sein Rat, die Stadt Rom und der Senat vor dem Hintergrund der bisherigen Ereignisse und Zukunftshoffnungen – respektgebietender können Szenerie und Auditorium für einen Redner nicht werden, nun gilt es Ritterschlag oder Verdikt. Rom, einst alleinige Kapitale des ganzen Reichs, sonnt sich dankbar und erwartungsvoll beim Besuch des Kaisers im ehrwürdigen Glanz wiedergewonnener Dignität. 1.3 Reverenz gegenüber Rom als dem Ursprung der Beredsamkeit (vgl. XII 1,2), zugleich eine schöne Variation der gallischen Koketterie zur latinitas der Provinz – genießen doch die Hochschulen Galliens wie Bordeaux, Autun, Trier schon lange eigenes Renommee für ihre Rhetorenausbildung. Ausonius (XI) hat in einem Katalog von Einzelgedichten 25 professores Burdigalenses gewürdigt. 1.4 600 Jahre Redekunst blicken den Redner an, Maßstäbe setzen drei berühmte Namen der Republik: M. Porcius Cato (Maior) Censorius (234–

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149), der Staatsmann und Schriftsteller, von dem Cicero allein mehr als 150 Reden zur Verfügung hatte; M. Tullius Cicero (106–43), der als Höhepunkt römischer Redekunst gilt, mit Reden aus Politik und Gericht (58 erhalten, ca. weitere 100 Titel) und grundlegenden rhetorischen Schriften; Q. Hortensius Hortalus (114–50), der berühmteste Redner vor Cicero, dem dieser im Brutus, in dem er allein bis zu seiner Zeit 275 Redner würdigt, in de oratore und mit dem Hortensius ein besonderes Denkmal gesetzt hat. Heimatregion ist Burdigala – so entlegen von Rom her gesehen, doch 2.1 mit allen poetisch-mythischen Reminiszenzen vom Rand der Welt, mit dem bewunderten Ineinander von Land und Meer: s. bes. Ausonius zur eindrucksvollen Wasserwelt von Ozean und Girondemündung, gespeist von der Vielfalt der Flüsse (XXIV, urb.135 ff.). – Zur adoratio, der Huldigung mit Kniefall und Kuss des Purpurs s. XI 11 mit Anm. S. 226. 2.2–4 Der Einfluss von Freiheit und Zwangsregiment auf Wahrheit und Lüge der (Lob-)Rede ist ein Gedanke, der, nach dem Machtwechsel, Dank für die Gegenwart und Nachsicht für den Druck der Vergangenheit eröffnet. Vgl. Tacitus, Agr. 3,1 ; zum „Heimkehrrecht“ (postliminium) s. zu III 23,4. 3.1 dies imperii: Nach dem Tod des Valens in der verheerenden Schlacht von Adrianopel im August 378 ernannte Gratian Theodosius zunächst zum magister militum für Illyricum; nach ersten Sarmatenerfolgen zum Jahresende erhob Gratian ihn am 19. Januar 379 in Sirmium zum Augustus für den Osten. Die „Orientierung nach Osten“ können Christen ebenso gut wie Nicht3.2 christen unter den Hörern gemäß ihrem je eigenen Glauben verstehen. – Vgl. Vergil, Aen. 12,172 f.: Aeneas; Livius 1,18,7: Augur des Numa. – Christen: Lactanz, Div. Inst. 2,9,5; Tertullian, apol. 16; ab dem 2. Jh. war bei den Christen die Gebetsorientierung gen Osten allgemein verbreitet: ad (solem) orientem, Christus als der Sonne der Gerechtigkeit (Maleachi 3,20) zugewandt, mit erhobenen Händen, das Antlitz emporgerichtet; der Sonnenaufgang galt als Symbol der Auferstehung; Kirchen waren apsis- oder eingangsgeostet. 3.3 Über die Donau ins römische Reich gelassene, aber nicht vereinbarungsgemäß integrierte Gotenstämme hatten seit 376 weite Teile des Balkans verwüstet; die mit Cannae verglichene Niederlage bei Adrianopel hatte ein Drittel des römischen Heeres gekostet; Goten, Alanen und Hunnen hatten danach die nördlichen Balkanprovinzen, außer den großen Städten, überflutet. 3.4 f. Vergleich Redner–Arzt und heikles Thema–Wunde ebenso in VI 14,3. 3.5 Im Todesjahr des Valens (378) standen Valentinian II. im achten und Gratian im 20. Lebensjahr, der Osten brauchte also einen einsatzbereiten neuen Herrscher: Theodosius war Anfang 30.

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Anmerkungen

3.5 f. „Republikanisches Kolorit“ (Lippold 1968, 230): „Wahl“ eines princeps, durch ein quasi „gesamtimperiales“ Wahlgremium, benannt mit stadtrömischen Termini. S. die Wahlvergleiche zum Konsulat des Mamertinus (III 16 ff.) und des Ausonius (grat. act. 42 f.).– § 6 bringt eine vertraute dispositio nach Heimat–Familie–Gestalt–Alter–Taten in Krieg und Frieden, wobei der Krieg den wichtigen zweiten Hauptteil bildet. 4.2 Geburtsort ist Cauca (heute Coca) in der Provinz Gallaecia / NW-Spanien; das Lob des Landes (mit der Reverenz: alter orbis § 3) ist ergiebiger und also vorzuziehen (Menander Rhetor II, 369 f.). Vgl. das berühmte Italien­lob bei Vergil, Georg. 2,136 ff.; VI 9 Britannien. – Zum Schöpfergott (supremus ille rerum fabricator) vgl. die Gebetsadresse summe rerum sator (XII 26,1, a. 313): solch neutral gehaltene Formulierung respektiert einen christlichen Kaiser wie auch ein religiös gemischtes Auditorium. 4.3 Anweisungen zum sachgerechten Lob eines Landes finden sich detailliert bei Menander Rhetor (I 2, 344,15 ff.); Spaniens Mittellage zwischen den Polen verweist auf ideale Ausgewogenheit des Klimas, die geographische Umrahmung macht das Land zu einem orbis sui generis. – Vgl. auch VI 9,2. 4.4 Den Überfluss der Vorzüge und Erträge Spaniens zählt der Spa­nier Mela auf: viris equis ferro plumbo aere argento auro und – trotz Dürre: Flachs und Espartogras (2,86). Bekanntester und größter Gold und Edelsteine führender Fluss Spaniens war der Tagus (Tajo): Mela 3,8; V 14,1; bedeutend die Goldgewinnung in der Baetica im Südwesten und im Randgebirge des Nordwestens: Über das einst kompakte Bergmassiv von Las Médulas (NW, heute Unesco-Welterbe), und die giganteske Abbautechnik der Römer (ruina montium) schreibt Plinius (n. h. 33,70 ff.; 37,127 zu Chrysolithen).– Gargara: Hafenstadt in der Troas, am Fuß des mysischen Ida; urspr. Stadt auf dem Gargaron (Westausläufer des Ida); s. Vergil, Georg. 1,103. – Mevania, Stadt in Umbrien an der Via Flaminia: zur Viehzucht s. Columella 3,8,3 – Mons Gaurus (heute Mte. Barbaro), Kraterberg in Kampanien: zum berühmten Weinanbau s. Plinius, n. h. 3,60; Rebsorten 14,38.64. – Für sein Flussgold immer gerühmt: Pactolus / Lydien (V 14,1; IX 16,1); ferner Padus / Italien, Hebrus / Thrakien, Ganges (Plinius, n. h. 33,66). – Kampfkraft des miles Hispanus z. B. im Sertoriuskrieg (80–72 v. Chr.): Florus 2,10; bei den Feldherrn mag man an den großen lusitanischen Freiheitskämpfer Viriathus denken (ca. 150-139 v. Chr.). – „Redner“: Seneca der Ältere, Verfasser von rhetorischen Werken, und sein Sohn Seneca der Jüngere, Philosoph und Dichter, aus Corduba; Quintilian aus Calagurris a. Ebro, Redner und Rhetoriklehrer. – Dichter: der Epiker Lucan aus Corduba, Martial aus Bilbilis (Nordspanien, bei Calatayud). – Mit den „Herren des Rechts“ sind die Pro-

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vinzstatthalter gemeint. – Trajan und die Familie Hadrians stammen aus Italica / Baetica. – Drei mythische Beispiele: Auf Kreta lässt Rhea den neugeborenen Zeus vor Kronos versteckt aufziehen; auf Delos kann Leto endlich ihre Kinder Apollon und Artemis zur Welt bringen; Theben ist Geburtsort des Sohns von Zeus und Alkmene. Doch das deus praesens-Motiv (vgl. X 2,5; XI 10,5; VI 17,4) übertrumpft hier selbst solche Göttersprösslinge, das Land Spanien alle Einzelgeburtsorte (s. o. zu c. 4.2). 5.2 c. 5 Auxesis des Vaters: Die Taten sind, in zweifelndem Frage-Antwort-Schlagabtausch, rhetorisch effektvoll nach kriegstechnischen Katego­ rien angeordnet: Kämpfe an großen Flüssen: Rhein, Waal und Hister / Schlachten zu Land und zur See: Britannien ? Batavia ? und Sachsen / Zurückdrängung in unwirtliche Regionen: Scoten, Alamannen, Mauren. – Nixon / Rodgers 517 ff. zeigt, wie die sonstige hss. Überlieferung Bataviam durch eine historisch motivierte lectio facilior ‚Britanniam‘ eines humanistischen Correctors abgeändert, approbiert und in die modernen Ausgaben übernommen worden sein mag. Mögliche Zeitleiste: 366 Züge gegen die Franken an Unterrhein und Waal – 367 Seekämpfe gegen die Sachsen, Batavia zu Land – 367/368 oder 368/369 in Britannien als Comes rei militaris – 370 Zug gegen Alamannen (Raetien) als Magister equitum und Ansiedlung von Gefangenen als Laeten in der Poebene –371 oder 372 mit Valentinian gegen König Macrinus und Alamannen am Rhein –372 oder 373 gegen Sarmaten (Donau) – 373–375 gegen den Usurpator Firmus in Africa (beide Mauretaniae). Vgl. bes. Ammian Buch 27–29; Demandt 2007, 140 ff. mit Quellen. 5.4 Berühmte Vertreter der republikanischen Sitte der Titelverleihung an die jeweiligen Kommandeure z. B.: Macedonicus: L. Aemilius Paulus, Sieger von Pydna 168 v. Chr.; Creticus: Q. Caecilius Metellus (cos. 69, im Piratenkrieg) – Numantinus: P. Cornelius Scipio (Afr. min.), nach Eroberung und Zerstörung der Stadt im Jahr 133. – In der Kaiserzeit stand der Siegestitel dem Kaiser als dem obersten Feldherrn zu: bis zu inflationärem en bloc-Gebrauch im 3. Jh., ab der Tetrarchie pro Sieg durchnummeriert; mit Gratian endete der Brauch offenbar, nur Justinian nahm nochmals solche Titel propagandistisch in großem Stil an. 6.1 virtus / Tapferkeit, Tüchtigkeit und felicitas / Glück: Cicero, Man. 28 fügt scientia militaris und auctoritas hinzu; Glück meint hier freilich nicht das Gelingen von Taten (so Cicero 47 ff.), sondern das persönliche Glück einer so herausragenden Vaterschaft. 6.2 f. Zur „Schönheit des Herrschers“ und der Korrespondenz vom schönen Außen und Innen s. textnah VI 17,3 und dazu Müller-Rettig 1990, 238 ff.; Plinius, paneg. 4,7.

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Anmerkungen

6.4 Der Herrscher und die ihm zur Seite stehende, ihn begleitende göttliche Macht (consors, comes, particeps): s. u. 18,4 und XII 2,4 f. – fas est bezeichnet die rechtmäßige Lizenz zu solcher Rede über die Qualitäten des Herrschers und seine überhöhte Position, welcher entsprechende Verehrung gebührt, die auch traditionelle kultische Formen der „Funktionalisierung“ des Herrschers als Helfer mit numinoser Macht weiterführt. – Vgl. noch Lippold 1968, 244 f.; ders. 1980, 59 ff.; Nixon / Rodgers 456 f. 7.2 Theodosius, geboren am 11. Januar 347, war bei seiner Erhebung zum Augustus am 19. Januar 379 im 33. Lebensjahr. – „Republikanischer“ Bezug: Mindestaltersgrenzen für Ämter, die erstmals in der lex Villia annalis / plebiscitum 180 v. Chr. festgelegt worden waren, sind zur Zeit Ciceros: Quaestor 31, Aedil 37, Praetor 40, Consul 43 Jahre. Ausnahmen waren in Sonderfällen mitunter möglich: z. B. Scipio Afr.min. cos. 147; Pompeius cos. 70.– Vgl. dagegen die „Kinderkaiser“ der valentinianisch-theodosianischen Dynastie, z. B. Gratian, Valentinian II., Arkadius, Honorius. 7.4 Diese Namen stehen bei Valerius Maximus 6,9 als Beispiele für erfreuliche Wandlungen von mores und fortunae im Lauf des Lebens, z. B. nach Jugendsünden: Sulla § 6 (libido, vinum, ludicrae artis amor); Q. Lutatius Catulus (cos. 78) § 5 (lusus, deliciae), sogar Scipio Afr.mai. § 2 (vita solutior, teneriores anni). – Allgemein Cicero, Cael. 28. Nahtstelle, Moment des Innehaltens, wo die Vorzüge von Jugendkraft 7.5 und Reife in einer Person zusammentreffen. Zur Wortwahl vgl. VII 13,5 mit dem Zusammenspiel von Maximian – Konstantin; XI 7,6 f. Diokletian – Maximian. 8.1 f. Nach den Gaben der Fata (c. 4 ff.: Heimatland, Familie, Schönheit, rechtes Alter) folgen die eigenen Leistungen (3,6: in Krieg und Frieden); doch per aspera ad astra: Die so strenge Hand der Fortuna über den Anfängen deutet, natürlich in der Folge uminterpretiert, auch auf den Bruch im Lebensweg des Sohnes nach Prozess und Hinrichtung des Vaters hin. 8.3–5 Die vielfältigen und erfolgreichen Unternehmungen des Vaters als comes rei militaris in Britannien um 368 sind zugleich militärische Bildungsund Bewährungsjahre für den Sohn, und so der Start in eine glanzvolle Karriere. Das Epitheton divinus betont die Eingliederung des Vaters in die neue kaiserliche Familie. Auxesis – drei ruhmreiche Vater-Sohn-Exempla für Ausdauer, Talent, Perspektive im Schatten der Taten des jungen Theodosius: Scipio der Jüngere war mit 16 Jahren im Heer seines leiblichen Vaters L. Aemilius Paullus (168 cos. II) bei der Schlacht von Pydna (Livius 44,44,1 ff.); Hannibal begleitete neunjährig seinen Vater Hamilkar Barkas nach Spanien (Livius 21,1,4);

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Alexander kämpfte im Alter von 18 an der Seite Philipps II. in der Schlacht von Chaironeia 338. 9.1 f. Theodosius, seit 374 als dux Moesiae an der Donau erfolgreich gegen die Sarmaten agierend, hatte auf die Nachricht von der Hinrichtung des Vaters in Karthago Anfang 376 sein Militärkommando niedergelegt, war nach Spanien zurückgekehrt und lebte dort, fern von den Machtfragen der Nachfolge im kaiserlichen Haus (Tod Valentinians I. am 17. November 375), als Privatmann auf den Familiengütern, vom Redner als gezieltes Arrangement der Fortuna zur Bewährung im zivilen Leben dargestellt und ausgemalt. 9.4–6 Republikanische Reminiszenzen aus der ersten Hälfte des 3. Jh.: Es war die Zeit des dritten Samnitenkrieges, der Kämpfe mit den keltischen Senonen in Oberitalien und mit Pyrrhus (und Tarent), mit zahlreichen Feldzügen, Schlachten, Triumphen vorbildlicher Konsuln und Feldherrn, die als genügsam, maßvoll, unbestechlich gerühmt werden (Cicero, Cato 15; 43; Lael. 39): M. Curius Dentatus (cos. 290, 284 suff., 275, 274), Ti. Coruncanius (cos. 280), C. Fabricius Luscinus (cos. 282, 278). – Die Abholung des Cincinnatus (dictator) vom Feld schildert z.B. Livius 3,26 ff., die des Atilius „Serranus“ (consul) Cicero, S. Rosc. 50. – Die tunica palmata war Triumphalgewand, die trabea, Festtoga der Konsuln, war purpurrot und mit scharlachroten oder weißen Streifen verziert, die toga praetexta für curulische Beamte und den dictator war weiß mit purpurfarbenen Randstreifen. 10.1 Zu ewiger Bewegtheit des Göttlichen und Unsterblichen vgl. XI 3,2 mit Anmerkung und Cicero, rep. 6,27 somnium Scipionis; ferner XII 22,1; Cicero, Tusc. 1,66. 10.2 f. Unerwähnt bleibt der Anlass für die rasche Rückberufung des Theodosius an die von den Sarmaten überrannte Donaufront und für seine Beförderung zum magister militum: Der überraschende Tod des Valens am 9. August 378 bei Adrianopel zwingt Gratian zum Handeln, Theodosius erringt noch im selben Jahr Erfolge. – Zu den Quellen Nixon / Rodgers 460 f. 11 Gratian vollzieht die Proklamation des Theodosius zum Augustus, als Nachfolger des Valens, am 19. Januar 379 in Sirmium (31,2). – Die stark betonte Seriosität der öffentlichen recusatio imperii des Theodosius (§  1–2 f.) ist Ausgangspunkt für die Prosopopoiie der Respublica (§ 4 ff.) sowie für die Adresse an machtversessene usurpatorische Zerstörer des Rechts (c. 12). 11.4 ff. Vgl. die Rede der Roma an Maximian in VII 11,1 ff. – Zu den Ereignissen nach der Schlacht von Adrianopel s. Ammian 31,15 f.; Panno­nien und Illyrien in der Hand der nunmehr verbündeten Goten, Hunnen (Zentral­ asien) und Alanen (Südost-Russland), Gallien war von den Alamannen bedroht, Gratian ging nach Trier. – Der Sohn Arcadius, ca. 377 geboren, war

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Anmerkungen

seit 383 Augustus im Osten; Honorius kam 384 zur Welt, und wurde 393 zum Augustus im Westen. 11.5 Im Januar 379 war Gratian, geboren am 18. April 359, 19 Jahre alt und Valentinian II., geboren im Sommer / Herbst 371 und Augustus seit 375, sieben Jahre. 11.6 Die besten Kaiser Roms als Basis der Auxesis: Nerva (96–98), nach dem Ende Domitians als Inaugurator von innerem Frieden und Glück und natürlich in der Pliniusrede ausgiebig gepriesen (10x); Titus (79–81), den Sueton als amor et deliciae generis humani – Liebling und Entzücken des Menschengeschlechts bezeichnet (Tit. 1,1); Antoninus Pius (138–161), der friedliebende und milde, der seinen Beinamen im Zuge der Konsekration Hadrians annahm (Theodosius I. ließ seinen Vater, den Comes Theodosius, nach Amtsantritt divinisieren); Augustus (31 v.–14 n. Chr.) mit seiner großangelegten sittlich-religiösen Erneuerungspolitik (vgl. Horaz, epist. 2,1,2 f.: moribus ornes, legibus emendes); Hadrian (117–138), der den berühmten Juristen Salvius Iulianus mit der Kodifizierung des prätorischen Edikts (Edictum perpetuum) betraute; schließlich Trajan (98–117), Optimus Princeps seit 114, der mit fünf neuen Provinzen die größte Ausdehnung des römischen Reiches schuf. Zur Beurteilung der Kaiser bei Pacatus vgl. Sehlmeyer 2009, 126 ff.; dort auch zur Überlieferung moenibus statt moribus: „mit Bauten verschönern“. 12.1 Nach dem Tod des Valens müssen seine beiden Neffen den verwaisten dritten Posten im östlichen Reichsteil rasch und, mangels Mitgliedern aus der eigenen Familie, extern mit einem adäquaten Kandidaten besetzen. 12.2 Der Plural parricidae deutet auf das spätere Hauptthema Maximus hin, und dazu auf die Ermordung Kaiser Gratians. Vgl. XII 18,1: Maxen­tius, der „falsche Romulus“, als parricida urbis. 12.5 Vgl. III 27,3 (Julian): Die Position der Macht erweist den Charakter – der Kaiser zeigt die Tugenden des privatus, ist princeps civilis. 13 f. Die Bewertung der Lebensführung des Kaisers differiert stark in den heidnischen und christlichen Quellen: z. B. Verdikt des Zosimos (4,28,1; 33,1; 50); Lob des Sokrates (h. e.7,22). – Pacatus hat hier deutliche Anklänge an das Lob Julians in III 11,3 f., ist aber weit ausführlicher. 13.1 f. Dasselbe moderate Vorgehen rät Seneca dem rector civitatis zur moralischen Besserung der Bürger an (de ira 1,6,3); beim Begriff „censura“ (§ 2) assoziiert man dann doch einen Aufgabenbereich des Censors, das regimen morum, und die republikanische Sittenstrenge eines M. Porcius Cato (Censorius), die aber hier zuvörderst vom Kaiser selbst als Vorbild ausgeübt wird.

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14.1 Der kampanische Falerner, zeitweise berühmtester und immer einer der ganz großen Spitzenweine, ist durch Caesars Weinspenden an die Römer zu Triumph und Konsulat bekannt geworden (Plinius, n. h. 14,97) und hat durch Horaz und Martial auch ewigen Dichterlorbeer erlangt. Prunkbecher und –gläser der Kaiserzeit sind in vielerlei raffinierten Techniken gearbeitet, z. B. teuerste Gefäße aus Kristall oder Flussspat, mit Edelsteinen besetzt, oder kostbar geschliffene Diatretgläser (s. das „Edelsteinbuch“ des Plinius: n. h. 37). 14.2 Schon in den Anti-Luxus-Gesetzen der Republik und jetzt auch von christlichen Autoren getadelt, gehört der Fasan vom Phasisfluss im Kolcherland am Schwarzen Meer, ebenso wie das afrikanische Perlhuhn und der indische Pfau, weiterhin zum Tafelluxus der Reichen. 14.3 Neben Lucullus und Elagabal steht besonders Vitellius im Ruf permanenter Unersättlichkeit, quantitativ wie qualitativ Vermögenswerte verschlingend, s. Sueton, Vit. 13; Tacitus, hist. 1,62; 2,62; 95: 900 Mio. Sesterzen in wenigen Monaten. Der Ritterzensus beträgt 400 000 Sesterzen; die Zahl des Pacatus, falls richtig überliefert, klingt exzessiv, u. U. liegt aber eine Verwechslung von mille (1 Mio. Sesterzen) und milies (100 Mio.) vor (Grinda 1916, 45). 15.1 Glanz und Wirkung eines direkten Vorbildes und der lange Weg bis zum praktischen Erfolg von Erziehungsmodellen, die an der Basis ansetzen, verleihen dem Konzept, die Vorbildfunktion von oben nach unten gestaffelt multiplikativ zu entfalten, große Effizienzhoffnungen: der (ideale) Herrscher prägt die Führungsschicht, die leitenden Prinzipien werden weitervermittelt bis zum einfachen Volk (detailliert dargestellt z. B. in Xenophons Kyrupädie). 15.2 Die Betonung von (z. T. nicht unumstritten erhöhter) Zahl und Qualifikation der leitenden zivilen und militärischen Funktionsträger sowie des Hofrats im Zentrum der Macht sind, neben Kaiser- und Fortunalob, auch eine Reverenz an das hochkarätige Auditorium. 16.1 f. Optimus ille bezieht sich allgemein-sentenzenhaft oder als Steigerung sogar mit Blick auf den stets vorbildhaften „Optimus Princeps“ Trajan; vgl. zum Thema amicitia das Lob Trajans in Plinius, paneg. 85; zur comitas / humanitas Trajans: Ausonius, grat. act. 76 ff. 16.2 Pacatus bildet hier deutlich die „Inthronisation“ der Philosophie durch Julian nach (III 23,4). 16.3 f. Die ehrenvolle Position der eponymen Konsulate übernahmen die Kaiser (und ihre Söhne) oft mehrfach (s. die Kritik an Domitians 17 „Neid“-Konsulaten: Ausonius, grat. act. 27): Theodosius war Consul nur in 380, 388 und 393 (Amtsantritts- und Jubiläumsjahre), Arcadius 385 (acht Jahre alt), Ho-

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Anmerkungen

norius 386 (zwei Jahre); 383 Saturninus, als Lohn für seine Gotenerfolge, 389 Timasius und Promotus für den Sieg über Maximus. 17.1 Freundschaftspaare: S. zu III 24,5 f.; Ausonius, ep. 23,19 ff.; Peirithoos und Theseus stehen für den Kampf gegen die Kentauren bei der Hochzeit des Lapithenkönigs, den Raub der jungen Helena, den (nicht geglückten) Raub der Persephone aus der Unterwelt und manch andere gemeinsame Tat; Pylades aus der Phokis, Ziehbruder des Orestes, steht ihm in aller Verstrickung familiären Leids zur Seite (dazu bes. zwei Bühnenstücke des Euripides: Iphigenie bei den Taurern, Orestes); die „pythagoreische Bürgschaft“, Damon und Pinthias (sic) als Exemplum wahrhaft existenzieller Freundschaft zwischen vollkommenen Weisen, im Kontrast dazu die Einsamkeit des Tyrannen (Dionysios I. oder II.). 18.3 Die überragende Gedächtniskraft des Hortensius rühmt Cicero, Brut. 301; des Lucullus: Acad. 2 (Lucull.1), 2; Caesars Begabung, mehrere Aufgaben zeitgleich zu erledigen, etwa bei Lektüre und Diktat (vier bis sieben Briefe gleichzeitig) schildert Plinius, n. h. 7,91. 18.4 Die Fata an der Seite der höchsten Macht präsentieren die Kunde und bewahren als Protokoll und Gedächtnis das oberste göttliche Schicksalswort, den Zu-Spruch des jeweiligen Anteils, an Welt und Individuum (vgl. auch die Fata scribunda bei der Geburt: Tertullian, an. 39,2; das unumstößliche, eherne Weltarchiv der „Drei Schwestern“: Ovid, met. 15,808 ff.): erhabener Hintergrund für eine analog entworfene Szenerie numinoser göttlicher Assistenz, die hier rein der Unterstützung des wohlwollenden kaiserlichen Gedächtnisses gewidmet ist. 19 Die grundlegende Bedeutung einer positiven Haltung beim Erweisen einer Wohltat, wie hier für Theodosius gerühmt, erörtert ausführlich Seneca, benef. 2, besonders das „Gerne, Schnell und ohne Zögern“ (2,1,2). 19.2 Diese Geschichte gehört bei Plinius, n. h. 7,180 und Gellius 3,15,4 zur Schlacht von Cannae 216 v. Chr., bei Livius 22,7,13 und Valerius Maximus 9,12,2 geht es um Schmerz, Glück und Tod zweier Frauen nach der Schlacht am Trasumenischen See im Jahr 217 v. Chr.– Das besondere Glück kalkulierbarer Vorfreude lehrt der Fuchs den Kleinen Prinzen Saint-Exupérys. 20.1 f. Zur Differenzierung nach Inhalt (materia) und Gesinnung (mens, animus, voluntas) von Gunsterweisen vgl. Seneca, benef. 1,5 ff. 20.3 ff. Die Königszeit als spezifisch römisches Exemplum eines glücklichen Aufstiegs bis zu charakterlicher Deformation und Fehlverhalten des Regenten: Doch Königssturz und langlebiges Odium des Königsnamens waren eigentlich überflüssig, selbst ein Brutus (s. III 30,3 f.) redivivus fände Volk, Herrscher und Reich in idealer Harmonie und altrömischer Tugendhaftigkeit vor

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und käme zur Einsicht: Nicht das Regnum, der Regent war der Fehler. – Vgl. Cicero, leg. 3,15; Claudian, Cons. Mall. Theod. 163 f. (a. 399). 21.1 f. Der Herrscher als göttliche Hoheit (numen) auf Erden ist eine Vorstellung, die sich seit Beginn der Kaiserzeit auch in Rom etabliert, die im Genre der Panegyrici typisch ist und bleibt und gerade in der formalen und rituellen Ausgestaltung des Hofzeremoniells ab der Tetrarchie ihren Platz hat. Die Erwartung eindeutiger Abgrenzung christlicher Vorstellungen ist in diesem Rahmen und in dieser Zeit offensichtlich (noch) nicht zwingend; die Kunst des Panegyristen, angesichts eines christlichen Kaisers und gemischten Zuhörerkreises, ist der Balanceakt von Stil und Takt, für beide Seiten zugleich belastbar neutral passfähige Aussageformen zu finden. 21.3 Kaiserliche Ansprechbarkeit und Zugänglichkeit rühmt Plinius an Trajan, dem Milden und Gerechten, abgesetzt vom tyrannischen Gegenbild Domitian (paneg. 24,2 f., 48 f.); der feige Maxentius zieht sich in seinen Palast zurück (XII 14), Konstantin dagegen gewährt dem Volk Zutritt (IV 34,4), wie auch Julian (III 26,4), im Gegensatz zur Abgehobenheit des Constan­ tius II.; ebenso lobt Ausonius seinen Gratian (grat. act. 71). – Zur Zelebrierung sakraler Abgeschiedenheit des Kaisers, zu Zeremoniell und Protokoll s. Kolb 2001, 38 ff. 21.4 Auf Götterwagen (tensae) wurden urspr. die Götterbildnisse zu den Zirkusspielen transportiert. 21.5 Zum Topos praesens desideratur vgl. Mamertins Schlusssatz in X 14,5. 22.1 f. Zwei Topoi zum Wirkungsradius: Der Herrscher ist intern (orbis noster) und extern (barbaris) präsent und bekannt: Barbarenfurcht überschreitet als terror nominis gar die äußersten Grenzen der Natur, klimatisch (Bosporaner der Maiotis-See, Araber) wie geographisch (Inder); das späte Eingreifen im Westen gegen Maximus bleibt so vorerst dem Blick entzogen. 22.3 Im Auftrag des Theodosius schloss der magister militum Saturninus mit den Goten einen Foederatenvertrag (3.10.382) zu autonomer, steuerfreier Ansiedlung auf Reichsboden zwischen unterer Donau und Balkangebirge, gegen Waffenhilfe für Rom. Dies war eine seit der Antike umstrittene Neuerung in der Germanenpolitik Roms. Im Jahr 383 wurde er mit dem Konsulat belohnt. – Hintergrund und Datierung zu dem Sarazenen-Ereignis bedürfen genauerer Präzisierung (s. Leppin 2003, 87 f.). – Der Tanais / Don galt als Grenze zwischen Europa und Asien, er war einst östlicher Rand des Siedlungsraums der Skythen. Diese durchlebten nördlich des Pontos und mit dem Bosporanischen Reich eine wechselhafte Geschichte. Ihr Niedergang kam mit dem Vordringen von Sarmaten und Goten. Hier scheinen sie als „Verbannte Roms“ weit gen Osten abgedrängt; die kaukasischen „Alba-

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Anmerkungen

ner“ (heute Aserbeidschan, Dagestan) mussten zwischen Rom und Sassaniden lavieren. Vgl. auch Florus 1,40,28: Durchzug des Pompeius. 22.4 Zur Freude des Barbaren, Rom dienen zu dürfen s. auch VII (307) 8,5. 22.4 f. Prominente Opfer in Perserkriegen z. B. Crassus, Valerian, Julian. – Ähnlich, doch mit weniger Details, zu Bahram II. und Diokletian: X 10,6 f. mit Anm.; Sapor III. (383–388) sandte zu seinem Amtsantritt eine Gesandtschaft nach Konstantinopel (Sokrates, h. e. 5,12,2: Gaben); er beendete die Christenverfolgung und schloss auch einen Vertrag über die Teilung Armeniens (s. u. c. 32,2). c. 23–46 Erhebung, Regiment und Tod des Maximus (383–388) 23.1 Theodosius war seit seiner Ernennung zum Augustus der Praefectura Oriens im Jahr 379 mit zivilen (Verwaltungs-, Religionspolitik) und militärischen Aufgaben im Osten befasst, seit Ende 380 (adventus) von Konstantinopel aus, und hatte dort am 12. Oktober 386 einen Triumph über die Goten / Greutungen gefeiert. Erst in Reaktion auf den Vorstoß des Maximus nach Italien wandte sich Theodosius im Jahr 388 nach Westen. 23.2 Cn. Lentulus Batiatus war der Besitzer der Gladiatorenschule (ludus) von Capua, von wo aus sich der zunächst als unspektakulär erachtete (ca. 70 Flüchtige) Spartacusaufstand und große Krieg mit bis zu über 40 000 Kämpfern entwickelte, den erst Crassus und Pompeius in den Jahren 73 bis 71 v. Chr. endgültig niederschlagen konnten. Murmillones, die Nachfolger der Galli in der Kaiserzeit, sind schwer bewaffnete Gladiatorenkämpfer mit böotischem Helm (Fischzier), Schild und Kurzschwert (Plutarch, Crass. 8 ff.; Florus 2,8,1 ff., Spartacus als ein myrmillo § 12). – Der Sklave und Gutsverwalter Athenion, als Kilikier mit dem Namen einer berüchtigten Seeräuberregion verbunden, organisierte zunächst von Segesta-Lilybaeum aus den Aufstand im Westteil Siziliens und leitete dann von 104 bis 101 v. Chr. die gesamte Revolte (zweiter Sizilischer Sklavenkrieg, Florus 2,7,9 ff.). 23.3 Die Erhebung des Magnus Maximus zum Augustus vollzogen seine Truppen früh im Jahr 383 in Britannien, in fernster Ferne (vgl. Vergil, ecl. 1,66); die Formulierung exulem … exsules marginalisiert rhetorisch die Tat als interne Aktion Ausgestoßener am Rand der Welt. Der langgediente Militär war damals offenbar als Comes / Dux Britanniae mit Truppenkommando im Einsatz tätig und u. a. erfolgreich mit der Abwehr von Picten und Scoten befasst. 23.4 Der junge Gratian, mit einem Alamanneneinfall in Raetien befasst, zog Maximus, der alsbald nach Gallien übersetzte, Richtung Paris entgegen; wachsende Zahlen von Überläufern, der Abfall der maurischen Reiterei trieben ihn nach wenigen Tagen mit 300 Reitern (wohl seinen angeblich allzu bevorzugten Alanen) in die Flucht nach Süden. – Zu möglichen Namen der

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abtrünnigen Heerführer und zur Rolle des Merobaudes s. Nixon / Rodgers 477 f.; Demandt 2007, 159, A. 38. 24.1 Das gallische Volk sei verführt gewesen vom Nimbus der Amtstracht und Propaganda, z. B. behaupteter Verwandtschaft (31,1; 43,6) mit seinem spanischen Landsmann Theodosius, unter dessen Vater er schon in Britannien und wohl auch in Africa gegen Firmus gedient hatte. 24.2 iustitium – ein alter Begriff für Rechtsstillstand und Stagnation aller Geschäfte in staatlicher Krisenzeit, soll die Zeitspanne seines Regiments im Westen desavouieren (lustrale: d. h. die Jahre 383-388). – Vgl. auch III 9,3. 24.4 Erstmals ist Maximus hier mit Namen genannt, seinen Sieg mit dem Untergang Gratians kontrastierend: Städte verweigerten dem Flüchtigen die Aufnahme, bei Lyon wurde er durch den Heermeister Andragathius zu Tode gebracht. Zu den verschiedenen Versionen der Quellen s. Nixon / Rodgers 480. 24.5 f. Zu Italien s. c. 38 ff., zu Spanien c. 29; gallischer Residenzort Maximians war Trier. 25 ff. Im Folgenden zieht Pacatus in bildkräftigen Szenen alle Register der Tyrannentopik; tatsächliche Leistungen des Maximus zur Reorganisation in seinem Reichsteil bleiben unerwähnt: „wir“ (d. h. Gallier) sind bloße Opfer seiner Habgier und Grausamkeit. – Bemerkenswert sind Zahl und Vielfalt der schmähenden Bezeichnungen für den tyrannus (oft) und Unterdrücker: 24,1 carnifex purpuratus, 4 illa pestis, 6 belua furens, malum publicum; 25,5 praedo; 26,2 latro, 4 noster ille pirata; 29,4 Falaris; 43,3 spoliator; 45,5 furiosus gladiator. 25.2 Zu möglichen Ex-Konsuln s. Nixon / Rodgers 482. 25.4 Die sprichwörtlichen „sardischen Kräuter“ erzeugen ein muskelkrampferstarrtes Lachen oder Grinsen, das unkontrollierbar und irreversibel bleibt, im Schmerz, auch bis in den Tod (medizin.: risus Sardonicus z. B. bei Tetanus). Vgl. Servius zu Verg. ecl. 7,41 (Sardoniis…herbis). Man vermutete hinter dem mit dem Namen Sardiniens verknüpften Gewächs u. a. Ranunculus sceleratus, den Gift-Hahnenfuß, bzw. neuerdings Oenanthe crocata, die hochgiftige Safran- oder Rebendolde, oder Oenanthe fistulosa, den Röhrigen Wasserfenchel. 26.2 Die bis zur Volljährigkeit und Anlegung der toga virilis getragene, dann den Hauslaren geweihte bulla war eine Kapsel, die Amulette enthielt und bei Kindern von Senatoren und Rittern aus Gold gefertigt war. 26.4 Charybdis, der alles verschlingende Meeresstrudel gegenüber dem Felsen der Skylla (Homer, Od. 12,235 ff.,428 ff.), in der Antike lokalisiert an der Meerenge von Messina (Thukydides 4,24,5), ist hier Metapher für die unersättliche, abgrundtiefe Gier des Tyrannen, die aber das Ungeheuer mit

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Anmerkungen

ihrem total fixierten Beutegriff sogar noch übertrifft. Zu den „Wrackfriedhöfen“ – Kopria heißt soviel wie „Miststätte“ – am Strand von Tauromenion vgl. Strabon 6,2,3; Seneca, ep. 79,1. 27.2 Prinzipiell ist das Gut aller das Gut des Herrschers: Plinius, paneg. 27,4 (dort als positiver Grundsatz, übertroffen von der privaten Freigebigkeit Trajans). 27.4 Vgl. Seneca, benef. 6,3. 28.2 Die Bessoi gehören zu den Thrakerstämmen im westlichen Raum des gold-, silber- und kupferreichen Rhodopengebirges (Abbau: Vegetius 4,24) und sind für ihre wiederholten Aufstände gegen die Römer vom 1. Jh. v. bis 1. Jh. n. Chr. bekannt (bes. 13 v. Chr.). – Gallaecia: Nordwest-Spanien, Heimat des Theodosius, ist der Exponent im Westen für den Goldabbau, vgl. oben zu c. 4,4. 28.4 f. Grausamer Tod zweier hoher Militärs Gratians: Den Germanen Vallio / Balio, evtl. erfolgreich als magister equitum, preist Ambrosius ep. 24,11 ungefähr im Jahr 386 als bellator strenuus, miles fidelis, comes utilis und berichtet, statt von Erdrosselung, vom rauen Dialog mit Maximus in Trier, zum Gerücht der Verbrennung Vallios in Chalon und von der Suizid-Version des Maximus. – Der Franke Merobaudes, magister peditum Valentinians I., veranlasste nach dessen Tod 375 direkt die Erhebung des vierjährigen Valentinian II. zum Augustus in Aquincum, spielte unter Gratian eine wichtige Rolle, war, obschon nicht Mitglied des Kaiserhauses, zweimal Konsul (Trabea als Amtstracht): 377 und 383. Zur Debatte um seine Position zu und unter Maximus in den Jahren nach 383 s. Nixon / Rodgers 486; Leppin 2003, 90; Demandt 2007, 159, A. 38. 29 Auch ohne Namensnennungen verstehen die Hörer, dass es um den Trierer Prozess gegen den seit 373 in Spanien und Aquitanien wirkenden christlichen Asketen Priszillian und seine Anhänger geht. Wegen des Verdachts der Nähe zu Gnosis und Manichäismus der Heterodoxie beschuldigt, wurde die Gruppe 380 auf einer Synode von Caesaraugusta / Saragossa exkommuniziert, 381 wurde Priszillian in unkanonischer Ordination zum Bischof von Abila / Avila gewählt. Beidseits wurden staatliche Instanzen mit dem Ziel weltlicher Bestrafung angerufen. Nach der Machtergreifung des (wie Theodosius) streng katholisch orthodoxen Maximus kam es zum Kriminalprozess gegen den „Laien“ und „Manichäer“. Seit Diokletian war zwar Verbannung die vorgesehene Strafe, doch der Anklagepunkt der schwarzen Magie (das maleficium des Schadenszaubers) trug ihm die Todesstrafe ein, trotz wiederholter Interventionen des Ambrosius von Mailand und des Martin von Tours vor Ort.– § 2 Mit Priszillian und weiteren Begleitern wurden auch Euchrotia, die Witwe des früh verstorbenen Rhetors, Dichters und Au­

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soniusfreundes Attius Tiro Delphidius aus Burdigala, und ihre Tochter Procula, die ihm nach Trier gefolgt waren, wohl 385 öffentlich hingerichtet (Auso­ nius, prof. Burd. 5,35 ff.). Der Prozess spaltete in der Folge den gallischen Episkopat, die Todesstrafe setzte wohlmeinende Christen wie Nichtchristen unter Schock. 29.3 Die spanischen Bischöfe Ithacius von Ossonoba / Faro und Hyda­tius von Augusta Emerita / Merida waren die heftigsten Ankläger, die Anwendung der Folter, mit ihrer Befürwortung und in ihrem Beisein, erzielt die erforderlichen „Geständnisse“ und ruft den besonderen Abscheu des Redners hervor. – Zur Vorgeschichte und juristischen Struktur des Verfahrens nach kirchlichem und staatlichem Recht s. bes. K.M. Girardet, Trier 385 – Der Prozess gegen die Priszillianer, Chiron 4, 1974, 577 ff. 29.4 Phalaris, Tyrann von Akragas (ca. 570–555), der die territoriale und wirtschaftliche Expansion seiner Stadt beförderte, war bereits im 5. Jh. zum Inbegriff des grausamen Gewaltherrschers und Folterspezialisten geworden (Pindar, Pyth. 1,95 ff.; Cicero, Verr. 2,4,73): Er röstete seine Feinde in einem ehernen Stier. 30.1 Gottgewirkte Verblendung: Vgl. zu Maxentius XII 16,2; IV 12,1; 28,1. – Zum Verhältnis Maximus–Theodosius–Valentinian II. in den ersten Jahren s. Nixon / Rodgers 445 ff., 490 f. – Das auf die Königszeit zurückgeführte ius fetiale regelt den sakralen Rechtsverkehr und schreibt bestimmte Riten zum Abschluss von Verträgen, zur Eröffnung eines „gerechten“ Krieges und zum Friedensschluss vor (Livius 1,32,5 ff.). 30.2 Nach Usurpation 383 und Arrangement folgen weitere Bürgerkriegs-Eröffnungen: Der Vorstoß über die Cottischen Alpen nach Italien treibt Valentinian II. nach Thessalonike (387); der nächste Vorstoß über die Julischen Alpen Richtung Pannonien sucht die Konfrontation mit Theodosius. 30.3 Die Ermordung Gratians (383) fordert (endlich) Bestrafung. 30.5 Die Skythen kehren nach 28 Jahren aus Vorderasien zurück an den kimmerischen Bosporos und finden ihre Frauen mit den Sklaven liiert und eine neue waffentüchtige Generation junger Männer: Diese wenden sich erst zur Flucht, als die Skythen ihnen mit der Sklavenpeitsche entgegentreten und so die (angeborenen, dauerhaften) Grenzen der Welten von Freiheit und Sklaverei vor Augen führen (Herodot 4,1,3 f.; Iustinus 2,5) – hier übertragen auf Theodosius und seinen „Sklaven“ Maximus (s. 31,1). 31 Stark rhetorisierte polemische Kontrastierung. Vgl. zu Maxentius XII 4,3 f. 31.1 Das Argument der Nähe (verwandtschaftliche, persönliche Beziehungen beider) wird wiederholt energisch in Abrede gestellt und diffamiert

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Anmerkungen

(s. zu 24,1; 43,6), um die frühen Jahre gemeinsamer Aktionen und die Jahre des Arrangements ab 383 in den Hintergrund zu rücken. – lixa bezeichnet einen Marketender, aus dem Personenkreis zur Heeresversorgung: Ausonius (urb. 70) preist Aquileia als Stätte der jüngst erfolgten, endgültigen Besiegung des Maximus und nennt ihn herabsetzend armigeri quondam sub nomine lixa. – Sulpicius Severus erwähnt in der berühmten Vita seines verehrten Freundes und Vorbildes Martin von Tours Marcellinus, den Bruder des Maximus (s. u. 35,1), und einen Onkel väterlicherseits als Tischgenossen in Trier (20,4). 31.2 Rand vs. Mitte: Nur die britannischen Legionen auf der „Insel des Exils“ haben Maximus proklamiert; für Theodosius gab es den consensus omnium, getragen von Militär, Zivilgesellschaft, Kaiser. 32 Die umfänglichen Kriegsvorbereitungen des Theodosius 32.1 Dreier-Klimax gefährlicher außenpolitischer Gegner Roms: Perseus, der letzte König der Makedonen, unterlag 168 bei Pydna dem L. Aemilius Paullus, Pyrrhus, König der Molosser in Epirus, 275 bei Benevent dem Curius Dentatus, und der Karthager Hannibal 202 bei Zama den Invasionstruppen unter P. Cornelius Scipio. 32.2 Bündnisse an den Ostgrenzen: evtl. mit den Sarazenen am Limes zwischen Euphrat und Arabia Petraea; ferner der Friedensvertrag mit Sapor III. (wohl 387), der auch die endgültige Aufteilung von Armenien im Verhältnis eins zu vier („Persarmenien“) mit nunmehr zwei Vasallenkönigen regelte (s. o. 22,4). 32.3 Von dieser Aufteilung der Armeen des Theodosius liegt nur der Bericht des Redners vor, s. u. 40,3. Das ausdrückliche Lob der barbarischen Kontingente gehört zum Topos „Freudiges Glück des Barbaren, Rom dienen zu dürfen“ (s. o. zu 22,3 Goten; 32,5); Pacatus bekräftigt damit die (durchaus umstrittene) „integrative“ Politik des Theodosius zur Überwindung allfälliger Invasions- und Plünderungsgefahren. 32.4 Die erprobten römischen Generäle Timasius, magister peditum, und Promotus, magister equitum, erhalten zum Lohn für ihren neuen Erfolg 389 das Konsulat. – S. Nixon / Rodgers 497.– Gote-Hunne-Alane: s. o. c. 11,4; auch hier wohl mit Bezug auf die Zeit nach Adrianopel. 32.5 Zur Problemlösung bei der Getreidelogistik s. Ambrosius, ep. 40,22. 33 Truppen-Synkrisis: Die Truppen des Maximus eignen sich weder taktisch (keine Barbarenheere; künftige Einbindung in die legalen Armeen) noch nach ethnischen oder Mentalitätsaspekten zu vergleichender Desavouierung. 33.1 Actium, Schauplatz der entscheidenden Seeschlacht zwischen Octavian und Antonius – Kleopatra galt dabei als offizieller Kriegsgegner – am 2. September 31 v. Chr., wird zu dem augusteischen Siegessymbol in Litera-

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tur (z. B. Vergil, Horaz) und Kunst und bleibt dankbares Thema für Historiker und Biographen späterer Zeiten (z. B. Plutarch, Ant. 65 ff.; Cassius Dio 50,31 ff.; Orosius 6,19,8 ff.). 33.2 Ähnlich luxuriös ist das Prunkschiff der Kleopatra auf ihrer Fahrt auf dem kilikischen Kydnos zu Antonius (Plutarch, Ant. 26) beschrieben; Inbegriff an Größe und Prunk bleibt die Thalamegos des Ptolemaios IV. Philopator, s. Athenaios 5, 204dff.) 33.4 sub armorum fasce: Echo aus Vergil: Georg. 3,346 f. patriis … in armis / … sub fasce. Klima und Natur prägen nach antiker Völkertypenlehre den Charakter der Bevölkerung entscheidend mit: hier also den verweichlichten orientalischen Menschen. Die urspr. Insel Pharos war berühmt durch das Weltwunder des gleichnamigen Leuchtturms, erbaut für Ptolemaios II. von Sostratos von Knidos (Plinius, n. h. 36,83). Canopus, das einstige „Tor Ägyptens“, Hafenstadt mit Kanalverbindung nach Alexandria, galt als freizügiger, mondäner Vergnügungsort der Alexandriner (Strabon 17,1,17 p. 801). 34 Das erste Treffen – Kampf an der Save bei Siskia (Pannonien): Theodosius kam von Thessalonike, durch das Tal des Axios (Vardar), nach Stobi und Scupi (im Juni 388), um endlich bei Siskia den Fluss mit einer Überraschungsattacke der Reiterei zu überqueren und die Stadt den Soldaten des inzwischen nach Aquileia zurückgereisten Maximus wieder abzugewinnen. – Vgl. die Tiberszenen zu 312: XII (313) 18; IV (321) 30. 34.4 Zur Diskussion um die Identität dieses vexillarius s. Nixon / Rodgers 500 f. 35.1 Das zweite Treffen – der Kampf bei Poetovio / Ptuj (Noricum), wo Marcellinus die Truppen des Bruders versammelt: Er ist es, der als Megaira, als eine der drei Erinyen / Furien, der Töchter der Nacht, zum alles zerstörenden Wahnsinn anstiftet. Vgl. die Funktion der Allecto bei Vergil, Aen. 7,323 ff. 35.2 „Freude“ der kampfbereiten Soldaten, nicht gefürchtet zu sein: S. IV 18,2 (Konstantin). 35.3 ff.–36.2 Das rhetorische Muster-Tableau eines Nahkampfs zeigt Szenen von altrömischer disciplina einer trainierten Kampfmaschinerie bis hin zu wildem Gemetzel, Flucht und Vernichtung.– Zu 36,1 vgl. Nazarius IV 28,3. 36.3 f. Solch herrscherliche „Milde“ mit den Besiegten entspringt auch praxisbewährtem Zukunftskalkül. 37.1 Emona / Ljubljana liegt, noch östlich der großen Sperrfestungen der Julischen Alpen Richtung Italien (s. zu 38,4), am Zusammenfluss von Laibach und Save und ist an der Via Gemina von Aquileia her ein wichtiger Strassenschnittpunkt, bes. zum Balkan hin. Unbehindert sind die Anmarsch­wege für Theodosius von Siskia und via Atrans / Trojane (Trojanerpass) von Poetovio

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Anmerkungen

her: die Stadt, von den Soldaten des Maximus verlassen, zeigt unmittelbar ihre pietas, Treue zum rechtmäßigen Herrscher, zu Theodosius, wobei auch Valentinian II. mit einbegriffen ist. Der Empfang, nach Art eines triumphalen adventus, nimmt schon ganz die Stimmung von Kriegsende und Friedensglück vorweg (§ 1 ff.). – Ähnliche adventus-Szenen: c. 47,3; IV 31 f. Konstantin 312 in Rom; X 10 f. Diokletian und Maximian 291 in Mailand; Constantius 296 in Britannien (VIII 19). 37.4 Pacatus lässt die provinzialstädtischen Eliten stolz und froh ihre Festgewänder präsentieren, analog zur hauptstädtischen Kleiderordnung; der apex ist eine kegelförmige Woll- oder Fellmütze, bei besonderen Priestergruppen noch mit einem spitzen Aufsatz (dem eigentlichen apex) aus Ölbaumholz versehen, und wird bei den Opferriten (s. „sacer-dos“) getragen. 38.1–3 Der Usurpator im Bann auswegloser Verirrung: inter arma et odia medius. Bittere Selbsterkenntnis und Sarkasmus geben sich in gehetzten Frage-Antwort-„Stichomythien“ die Hand. – Die Sperrung der Cottischen Alpen im Westen könnte eine Flucht nach Gallien absichern? Doch die Absperrung der Iulischen Alpen vor Theodosius ist ihm ja gerade grandios gescheitert. Die Claustra Iulia Alpium in den Ostalpen bildeten, seit dem forcierten Endausbau ab Diokletian, eine Sperranlage im Gebirge von über 80 km, mit einer dreifachen Mauer-Struktur, mit Wachtürmen, Kastellen; sie sicherten u. a. auch den wichtigen Passübergang am Birnbaumer Wald (Aquileia–Emona). Nach anfänglichem raschen Vordringen der Truppen über Norditalien via Julische Alpen nach Pannonien hatte Heermeister Andragathius, wichtig­ ster General des Maximus, das Landheer verlassen, um (erfolglos) Schiffskontingente des Gegners auf der Adria abzufangen (Orosius 7,35,3; Zosimos 4,46,1 f.); auf die Nachricht vom Tod des Maximus beging er Selbstmord. Von all dem findet sich hier nichts. 38.4 Theodosius überquert die Ostalpen ohne Widerstand: Sein plötzliches Erscheinen vor Aquileia versetzt Maximus in seelische Schockstarre, so der vielseitige Pacatus mit seinem psychologisierenden Tiervergleich. 38.5 Unaufhaltsam dahinstürmende Rache der Soldaten wird Maximus schon vor dem Ritual einer pompa, eines Triumphzugs, töten. Vgl. die Behandlung des Maxentius XII 18,3; IV 31,4 f. Etüde zur mirakulösen Schnelligkeit der Soldaten des Theodosius, 39 analog zum zeitlichen Sonderfall eines „beschleunigten“ Schicksalslaufs: Bilder göttlicher Schwingen, der Siegesgöttin für alle (§ 1), der Flügelrosse und Flügelschuhe (Merkurs; s. Vergil, Aen. 4,239 ff.), akkurat den entsprechenden Heereseinheiten zugewiesen (§ 5), rahmen lebendige Einzelszenen. 39.2 Die Gesamtstrecke Emona–Aquileia beträgt ca. 90 km; falls die Größe der Entfernung nicht ohnehin dem Stil des Genus und dieser Szene ge-

Zum Panegyricus des Jahres 389 (II/XII)

253

schuldet ist, kann man die „Tagesstrecke“ Illyrico nach Aquileia z. B. auch erst ab der magischen Passhöhe der Julischen Alpen rechnen. 39.4 Die Dioskuren-Zwillinge Castor und Pollux sind in Rom besonders berühmt als Helfer und Schutzpatrone in der Latinerschlacht am See Regillus 496 v. Chr. und in der (hier: „thessalischen“) Schlacht von Pydna in Makedonien 168 v. Chr., mit unmittelbarer Epiphanie und Meldung an weit entferntem Ort (Cicero, nat. deor. 2,6; Valerius Maximus 1,8,1; Florus 1,28,14 f.). Die Kopfbedeckung erinnert auch an ihre Erscheinung als rettendes Sternenpaar in Seenot. – Vgl. zu Konstantin: IV 14 f.; Dioskuren: 15,4 ff. 40 Der personifizierte Wettstreit zwischen den Virtutes und Fortuna erweist den beiderseitigen Anteil am Erfolg. Die Rolle von Tugend und Glück im Erfolg von Leben und Herrschaft wird beispielhaft an der Person Alexanders des Großen diskutiert (z. B. Plutarch, mor. 326d ff.) und gehört zu grundlegenden Elementen des Herrscherlobs. 40.3 Entscheidung der Klugheit: Aufteilung des Heeres: s.o. 32,3. – Die beiden Siege: Siskia und Poetovio. – Die Mauern von Aquileia, das als Beobachtungsposten fungieren sollte, sind jetzt Fluchtort für Maximus. 41 f. Der Usurpator ist zu feige und intellektuell zu eingeschränkt, um in sicherer Aussichtslosigkeit den ehrenhaften Suizid durch das Schwert zu wählen. Vgl. die Fülle der nicht genutzten Argumente, die in exemplarischen Szenen vorgeführt werden. Fortuna reserviert den von ihr Verblendeten für eine offizielle Strafe (40,3; 42,2). 42.1 Die drei supplicia summa (Iulius Paulus, sent. 5,17,2) waren für römische Bürger in der Spätantike Enthauptung (decollatio) durch das Schwert, die als ehrenvollste Form galt, Feuertod am Pfahl (crematio) und Kreuzigung (crux), die von Konstantin abgeschafft wurde. – Glühende Eisenplatten als Foltermethode für Sklaven: Valerius Maximus 6,8,1; aufgeführt unter den schändlichen Methoden des Verres gegen cives Romani (Cicero, Verr. II 5,163). – Der culleus ist die Todesstrafe für den parricida (Vater- / Mörder): Der Delinquent wurde mit verschiedenen, mit Unreinheit assoziierten Tieren – Hund, Hahn, Affe, Schlange – lebendig in einen Ledersack eingenäht und ertränkt (Dig. 49,9,9; Cicero, S. Rosc. 30;70). 42.3 Letzte Auxesis möglicher „Suizid-Verhinderung“: Gratian wollte als rächend-furiose Gestalt (à la Allecto, Vergil, Aen. 7,448 ff.) und Schreckbild des Todes mit der Selbsttötung auch die Befleckung des usurpierten Herrscherpurpurs durch das Blut des Maximus vermeiden; der Purpur gehört eigentlich Gratians Halbbruder Valentinian und dem „Bruder im Amt“ und Schwager Theodosius. – Die römischen Dirae, die „Gräßlichen“, sind rächende Zwillingsgöttinnen, Kinder der Nacht und Schwestern der Megaera, deren Furiengeschwister sonst meist Allecto und Tisiphone heißen (Vergil, Aen. 12,845 ff.).

254

Anmerkungen

43.1 Das rasche Ende: Zu anderen antiken Berichten über die Gefangennahme des Maximus s. Nixon / Rodgers 510; Zosimos 4,46,2: Erstürmung der Stadt, Entmachtung des Maximus; Orosius 7,35,4: kampflose Gefangennahme (durch Arbogast: § 12) und Tötung; Sokrates, h. e. 5,14: Auslieferung durch die eigenen Truppen (in Mailand), Hinrichtungsbefehl; Sozomenos, HE 7,14: Gefangennahme und Tötung durch die eigenen Leute.– Ferner: Zosimos 4,47,1: Befehl des Theodosius an Arbogast, Maximus’ Sohn, den Caesar (eigtl.: Augustus) Victor zu finden und zu töten. Das Verhör des Maximus fand im Lager des Theodosius bei Aquileia statt, mit der Enthauptung am 28. Juli oder 28. August 388 (s. dazu Nixon / Rodgers 511). 43.4–6 Die Geständnisszene mit dem Bekenntnis der „taktischen Lüge“ soll kursierenden Verdachtsmomenten (s. o. zu 24,1; 31,1) gegen ein früheres Arrangement Theodosius–Maximus im Umfeld der Beseitigung Gratians entgegentreten. 44 Inszenierung zur Clementia des Kaisers nach dem Geständnis des Maximus – auch als retardierendes Moment. 44.1 Liste besonders schmählicher Strafen, z. T. für Sklaven reserviert; s. auch 42,1. 44.2 Zum Gedanken non omnia potes: tui te vindicant et invitum vgl. VI 20,4: clementia-Wille Konstantins gegenüber Maximian: dei te vindicant et invitum. 44.4 f. Auxesis durch Umkehrung: Literarischer und bildkünstlerischer Ruhm ergibt sich jetzt aus der zu preisenden, ewig gültigen Tat selbst, nicht mehr primär aus der Leistung des Künstlers (so z. B. Horaz, c. 3,30; Ovid, met. 15,871 ff.). Zu den Taten des Hercules s. XI 3,6 mit Anm.; zu Hercules /Jupiter-Gigantenkampf s. X 4,2 f. mit Anm.; der Indienzug des Liber / Dionysos (Euripides, Bacch.) wird als „Gewinnung des Ostens“ seit dem Alexanderzug auch politisch-programmatisch genutzt: Das gewaltige Hauptepos dazu, die Dionysiaka in 48 Büchern, wird Nonnos im 5. Jh. n. Chr. schreiben. – S. noch VI 9,4. 45.1–4 Visualisierung von Inhalten in der Bildenden Kunst dient eindringlicher Anschauung und dem mahnenden wie rühmenden Gedächtnis, hat aber Grenzen. – Vgl. auch Schmuck und Belehrung durch die Weltkarte in Autun: IX 20 f. 45.2 Literarische Reminiszenz: Vergil, Aen. 2,557 f. avulsumque humeris caput et sine nomine corpus (dort aber mit Bezug auf den Tod des Priamos). 45.3 Theodosius ist schon als Alleinherrscher und Oberhaupt einer eigenen Herrscherdynastie angesprochen, ohne Hinweis auf den 371 geborenen Valentinian II.

Zum Panegyricus des Jahres 389 (II/XII)

255

45.4 f. Unerwähnt bleibt die Tötung des Sohnes in Gallien, s. o. zu 43,1. – Die verbliebenen maurischen Soldaten, sein „Unterweltskontingent“, wohl aus der alsbald zu Maximus übergegangenen Reitertruppe Gratians (Zosimos 4,35,5), sowie zwei bis drei Generäle (desavouierend: sein „Gladiatorenmilieu“) sind menschliche piacula für diesen Krieg, quasi rituell als Sakralbuße zur Sühne (hin)geschlachtete Opfer, wofür sonst meist Schweine vorgesehen sind. 45.6 Zu Konfiskationen in Trier (14. Juni 389) und Annullierung von bestimmten Ämtern und Ehrenverleihungen des Maximus in Italien und Gallien (388/389) s. Nixon / Rodgers 513. – Den eigentlichen Sieg ohne Blutzoll in einem Krieg mit so furchterregenden Perspektiven preist Orosius als Werk des Christengottes für den milden Herrscher (7,35,6 ff.). 46 Antithese in einem Satz: Rom, das in Kriegen nach innen (am schlimmsten) und außen so unendlich viel erduldet hat (Katalog §§ 1–3), durfte nun einen Bürgerkrieg mit einem Triumph beenden (§ 4). – Exempla republikanischer Protagonisten in Bürgerkriegskonflikten: Zur Trias Cinna, Marius, Sulla s. Epitome 48,12 und XII 20 f. mit Anm.; Caesars Mitleid nur mit Toten exemplifiziert Valerius Maximus 5,1,10 am Beispiel des Pompeius; Sulla lässt das Haupt des Consuls Cn. Octavius im Jahr 87 auf den Rostra ausstellen, veranstaltet im Jahr 82 Proskriptionen; den Gipfel an Verzweiflung und kläglichem Ende markieren die ruhmreichen Namen Cato, Cicero, Pompeius. – Weniger schlimm sind da sogar die äußeren Gegner Roms, wie sogar Hannibal, der nach Cannae 216 quasi ad portas stand, oder Brennus und die Gallier in der Schlacht an der Allia (390/387), mit der Plünderung und Brandschatzung Roms. – Emathia (Teil von Makedonien, oft in der Poesie) steht für die Schlacht von Philippi im Jahr 42 zwischen M. Antonius und den Caesarmördern; oder für den Kampf von Pharsalos (Thessalien; vgl. noch 39,4) zwischen Caesar und Pompeius im Jahr 48; das Collinische Tor für Sullas Sieg über Samniten und andere Sulla-Gegner und den Beginn seiner Diktatur im Jahr 82 (s. XII 20,3 f.; 21 mit Anm.). – Triumphe nach Bürgerkriegen (urspr. nicht möglich): Konstantins über Maxentius 312, Constan­tius’ II. über Magnentius 357, und jetzt für Theodosius über Maximus (§ 4). – Zu den exempla insgesamt Sehlmeyer 2009, 123 ff. 47 Peroratio des Pacatus (1–4 / 5–6). 47.1 amplissimus ordo – der Senat: Ihm als dem eigentlichen Kenner der römischen Dinge überlässt Pacatus den „stadtrömischen“ Teil der Rede. 47.3 Immerhin erhalten wir eine praeteritio mit Aufzählung der vielen Programmpunkte seit seiner Ankunft in Rom, unter Hervorhebung des freien, menschenfreundlichen Auftretens des Herrschers, der am 13. Juni 389 seinen Einzug in Rom gehalten hat.

256

Anmerkungen

47.5 f. Vielleicht ist Pacatus tatsächlich vor seiner neuverliehenen Tätigkeit als Proconsul von Afrika noch einmal nach Gallien zurückgekehrt. Sein persönliches Fazit: Glücklichpreisung für all das Gesehene und Erlebte: Rom und Theodosius zugleich, ferner Theodosius als Vater des Honorius, der 384 geboren wurde und ab 393 als Augustus fungierte – Arcadius, der seit 383 den Augustus-Titel trägt, ist hier nicht zugegen; sodann als Rächer des ermordeten Gratian und Retter des vor Maximus geflohenen Valentinian II. – Pacatus deutet auf die nunmehr allein als rechtmäßig anerkannten Herrscher hin. – Schlusscaptatio neuer Art: Mit einer freundlichen Kaschierung der eigenen literarischen Kompetenz verabschiedet er sich als Multiplikator und Wissensspeicher für die künftigen Literaten und Historiker.

Zur Textgestaltung Der lateinische Text folgt im Wortlaut der Edition Mynors; daneben werden herangezogen die Ausgaben von Ė. Galletier (Paris 1949–55), V. Paladini / P. Fedeli (Rom 1976), D. Lassandro (Turin 1992), C. E. V. Nixon / B. S. Rodgers (Berkeley 1994). Die linke Spalte enthält den Text von Mynors (u. a.), die rechte Abweichungen der anderen Ausgaben. Rechts entspricht die erste Nennung zugleich der hier gewählten Version, weitere Varianten der Ausgaben folgen; beginnt die rechte Rubrik mit cf., sind alle oben angegebenen Ausgaben zur Orientierung mit angeführt, es gilt für die vorliegende Ausgabe dann aber die Version von Mynors.

Panegyricus von 321 (IV/X) 2,3 2,8 5,1

5,3 8,4 11,1 13,1 13,3 13,5

occupatos in gaudiis Myn., Gall.

occupatos in g. habent Pal./Fed.; cf. occupatos in g. Lass. proferatur Myn., Pal./Fed. cf. proferetur Gall., Lass. mente propius Myn. [mente] Nixon/Rodgers 348, A. 23; cf. si qui vultum p.a. Gall.; si qui in[tu]entes p.a. Pal./Fed.; intuentes Lass. extrinsecus Myn. cf. intrinsecus Gall., Pal./Fed., Lass. sileantur hae Myn. haec Gall., Pal./Fed., Lass. nequeo Myn. cf. non nequeo Gall.; non queo Pal./Fed., Lass. recondita alte Myn., Gall., Lass. cf. recondite [alte] Pal./Fed. cognosceret Myn., Gall., Pal./ cf. recognosceret Lass. Fed. pro meritis Myn., Pal./Fed., cf. promeriti Gall. Lass.

258

Zur Textgestaltung

14,6

fructus: quamvis … sensit Myn., Lass.

14,7

possint, … redundarunt Myn.

16,3

de ceteris Myn., Gall.

22,3

campum laxe iacentem Myn., Gall., Pal./Fed. illud Myn. teneas Myn., Pal./Fed., Lass. festivis Myn.

25,2 28,3 30,4 32,3 32,8 33,4 33,6 33,6 34,4 34,4

37,5 38,1 38,3

cf. fructus ut, quamvis p.c., … senserit Gall.; fructus , quamvis p.c., … senserit Pal./ Fed. cf. possent, … redundarunt Gall., Lass.; possent, … red­ undarint Pal./Fed. cf. de teritis Pal./Fed.; de praeteritis Lass. campum late iacentem Lass.

id Gall., Pal./Fed., Lass. cf. teneat Gall. festus Pal./Fed., Lass.; cf. festis Gall. quaqua odium Myn. quae odium Pal./Fed., Lass.; cf. qua odium Gall. statim purum Myn., Gall., Lass. cf. [statim purum] Pal./Fed. Myn. cf. miseria Gall.; lacuna: Pal./ Fed.; Lass. solita (lacuna) Myn., Pal./Fed. cf. solita sedulitate Gall.; Lass. ut recuperatis Myn. ut recuperatis Pal./Fed., Lass.; cf. ut recuperatis quisque Gall. renidentem Myn., Lass. cf. renitentem Gall., Pal./Fed. sic homines … tam omnes Myn. sic omnes … tam homines Lass.; cf. sic omnes … tam omnes Gall.; sic omnes … tam [omnes] Pal./Fed. revocet Myn. avocet Gall., Pal./Fed., Lass. cum beneficio …et utamur cf. [cum] …ut utamur Pal./Fed. Myn., Gall., Lass. Romani Myn., Pal./Fed. cf. Romanam Gall., Lass.

Panegyricus von 362 (III/XI)

259

Panegyricus von 362 (III/XI) Ebenfalls einbezogen: Gutzwiller 1942; Barabino 1965; Lieu 21989; García Ruiz 2006 1,2

pietatis … officium Myn., Pal./ Fed.

4,2

Myn., Gall., Lass. oppugnatae Myn., Lass.

4,6 5,4 6,4 8,1 9,4 11,4 12,1 14,5 14,6 15,2 16,4 17,2 17,3 20,4

cf. pietatem officium Gall., Lass.; pietatem erga te, officium meum, Barabino cf. … (lacuna): Pal./Fed.

cf. obpugnatae Gall.; expugnatae Pal./Fed. cervicem Myn., Pal./Fed., Lass. cf. faciem Gall.; vigorem Fuchs; †vicem Gutzwiller, mit S. 122 f. pueri, feminae Myn. feminae Pal./Fed., Lass.; pueri feminae Gall. factorum glorias ad verborum cf. ad factorum glorias copiam copiam Myn., Lass. verborum Gall., Pal./Fed. 4. Sed universas Myn., Pal./ cf. 4. In miserandam Gall. Fed., Lass. parandae sunt picturatae … cf. parandae sunt picturae, Gall. crustae Myn., Pal./Fed., Lass. sibi parum laeti Myn., Gall., sibi parum laeti Lass. Pal./Fed. indicum Myn., Nixon/Rodgers iudicum Gall., Pal./Fed., Lass. 415, A. 95 urbem frumenta venissent Myn., cf. urbem venissent Gall. Pal./Fed., Lass. quaecumque consilia Myn., cf. quae cuncta consilia Gall., Pal./Fed., Lass. Gutzwiller (E. Bährens) in familiam meam Myn., Gall., cf. in familiarem García Ruiz Pal./Fed., Lass. mit S. 132 ab aetate puerili Myn., Lass. cf. ab aetate virili Gall.; [ab aetate puerili] Gutzwiller, Pal./ Fed. ambiundi? 4. Nam Myn., Gall., cf. ambiundi … (lacuna) nam Pal./Fed., Lass. Gutzwiller serviebant cernuos Myn., Pal./ serviebant celsos Gall., Lieu, Fed., Lass. García Ruiz

260 21,2 21,4 23,6 24,2 24,3

24,5 25,1 25,1 25,4 26,1 26,1

27,1 27,2 28,4

28,5 31,3

Zur Textgestaltung

adulantum Myn., Gall., Pal./ adulantium Lass. Fed. potentum Myn., Gall., Pal./Fed. cf. potentium Lass. nocturnos casus Myn. nocturnos cursus Gall., Pal./ Fed., Lass. subita et forte nata Myn., Gall., cf. subita et fortuita Gutzwiller, Lass. Pal./Fed. inligatus, animae et vitae imcf. inligatus [animus] et vitae mixtus et unitus Myn., Gall. immixtus et unitus Pal./Fed.; inligatus, animae et vitae immixtus et initus Lass. cum senatui … reddideris Myn., cf. cum senatu … reddideris Pal./Fed., Lass. Gall. amantem sui cohortem Myn., cf. amentem Gall. (Druckfehler) Pal./Fed., Lass. delegabant Myn., Lass. cf. deligebant Gall., Pal./Fed. in consortium munerum Myn., cf. in consortium numerum Gall., Pal./Fed., Lass. Gutzwiller maxime Myn., Pal./Fed. cf. maxima Gall., Lass. in animo esse Myn., Gall., Pal./ cf. in amico esse Gutzwiller Fed., Lass. suspicarer audivi Myn. cf. suspicacem audivi (dub.) Gall., Pal./Fed., Lass. cf. mutaverunt Gall. mutaverint Myn., Pal./Fed., Lass. lapsus Myn., Lass. cf. [lapsus] Pal./Fed.; saeptus Gall. divinis adfatibus consecrati cf. divinis adfatibus consecraMyn., Lass.; d. affatibus c. Gall. ti Pal./Fed.; (oris) …divini adfatibus consecrati Gutzwiller serena diffundi Myn., Lass. cf. serena refundi Gall., Pal./ Fed. obtestorque te meae id na- obtestorque ne meae id naturae turae Myn Gall.; Pal./Fed., Lass.

Panegyricus von 389 (II/XII)

261

Panegyricus von 389 (II/XII) 3.4 4,4 5,4 6,1 8,1 9,3 9,6 10,1 11,6 12,2 15,1

16,1 18,3 20,6 21,2 22,2 26,3 28,1 28,4 29,2

placatum ulcus Myn., Gall.

cf. pacatum ulcus Pal./Fed.; placatum vulgus Lass. quidquid ubique laudatur Myn., cf. quidquid laudatur Pal./Fed. Gall., Lass. (ubique: add. Cuspinianus; Pal./Fed.: „fort. recte“) ostenderet et triumphorum cf. ostenderet triumphorum Myn., Lass. Gall., Pal./Fed. felicitate: te genuit Myn., Pal./ cf. felicitate qui te genuit Gall., Fed. Lass. praedicata sint Myn., Pal./Fed., cf. praedicata sunt Gall. Lass. absentium Myn. absentium Gall., Pal./Fed., Lass. cum curulibus suis Myn., Gall., cum curulibus sellis Lass. Pal./Fed. inquietata sunt Myn. inquieta sunt Gall., Pal./Fed., Lass. moribus Myn., Gall., Pal./Fed., cf. moenibus Moguntinus Lass. 2. Invitus Myn., Pal./Fed., Lass. cf. 2. audite Gall. (err.?) qui quam faciles tibi fuissent cf. quique, quam facile tibi fusequacesque discipuli Myn., issent sequaces discipuli Gall.; Lass. quique quam faciles tibi fuissent sequaces [discipuli] Pal./ Fed. prompserint … nescibat Myn. prompserit … nesciebat Gall., Pal./Fed., Lass. Lucullove Myn., Pal./Fed., cf. Lucullone Gall. (err.?) Lass. fuisse Myn., Pal./Fed., Lass. cf. fuisset Gall. captemus Myn., Lass. cf. capiamus Gall., Pal./Fed. auspicia non hae … gentes cf. a. non haec … gentes Gall. Myn., Pal./Fed., Lass. aliis vel sibi Myn., Gall. aliis [ut] sibi Pal./Fed., Lass. arcesseret Myn., Gall., Lass. cf. arcesceret Pal./Fed. Vallio Myn., Lass., Pal./Fed. cf. Balio Gall. probabatur Myn., Lass. cf. exprobrabatur Gall.; exprobabatur Pal./Fed.

262 30,4 30,5 31,4 32,1 32,3 33,2 36,3 37,3 41,2 42,1 43,5 43,6 45,4 45,4 45,5 47,3

Zur Textgestaltung

alioqui quando Myn.

alioquin quando Pal./Fed., Lass.; cf. alioquin quomodo Gall. obtulerant Myn., Lass. cf. obtulerunt Gall., Pal./Fed. gerenda gestis Myn. gerenda gestis Gall., Pal./Fed., Lass. illo ipso Hannibale Myn., Lass. cf. ipso illo Hannibale Gall., Pal./Fed. commilitum munus Myn. commilitii munus Gall., Pal./ Fed., Lass. recantata Myn., Pal./Fed., Lass. cf. decantata Gall. terram in osculis Myn., Gall. terram [in] osculis Pal./Fed.~ terram osculis Lass. sui tuive respectus Myn., Pal./ cf. sui tuine respectus Gall. Fed., Lass. (err.?) 2. Agedum Myn., Pal./Fed., cf. 2. tamen Gall. (err.?) Lass. quando Myn., Pal./Fed., Lass. cf. quomodo Gall. Habet vero Myn. Habet ultores Gall., Pal./Fed., Lass. auctoramenti tui se Myn., Pal./ cf. tui se auctoramenti Gall. Fed., Lass. tranantem Myn., Lass. cf. tranatantem Gall., Pal./Fed. deposivisti Myn. deposuisti Gall., Pal./Fed., Lass. agmen infernum Myn., Pal./ cf. agmen inferum Gall. Fed., Lass. quae Romae gesta sunt, qualem cf. quae Romae gesta sunt, : qualem … Pal./ Fed., Lass. (Zusatz so bei Cuspinianus, mit Ende: Romanis sunt)

… epainos enkomion makarismos panegyrikos laus laudatio … .. die Taten der höchsten Herrscher rühmend zu verkünden - welch bessere Anwendung gibt es denn für die Redekunst? Eumenius von Autun, Lehrer der Rhetorik in der civitas der Aeduer (Ende 3. Jh. n. Chr. – Pan. Lat. IX 10,2) Die Rede auf den Herrscher ist eine Lobrede auf den Herrscher! Menander von Laodikeia, der griechische Handbuchautor aus Kleinasien (3. Jh. – p. 368,3) .. Leute, die auch schlechte Herrscher mit verlogenen panegyrici kriecherisch umschmeicheln … Laktanz, der ‚christliche Cicero‘ aus Afrika, Prinzenerzieher in Trier (Anfang 4. Jh. – inst. 1,15,13)

Panegyricus in Hellas und Rom – Entstehung und Entwicklung eines rhetorischen Begriffs Das griechische Substantiv pan-égyris ist verwandt mit Agora (Versammlung, Rede, Platz) und bezeichnet eine All-Versammlung zu unterschiedlichen Festanlässen. Das Adjektiv pan-ēgyrikós hat oft die Sinnrichtung des Festlich-Prächtigen, Prunkvollen und des Verschiedenartigen, Bunten; als Stilbegriff rückt es später in die Nähe von Theater, Künstelei, Wortmagie. – Der Redelehrer und Publizist Isokrates (5./4. Jh. v. Chr.) gibt einer Rede, an der er zehn Jahre gearbeitet und die er zu den Olympischen Spielen des Jahres 380 veröffentlicht hat, den Titel Panēgyrikós (erg.: lógos – Rede). 100 Jahre nach der Seeschlacht bei Salamis ist es ein Appell an die dort versammelte gesamthellenische Panegyris zu einem panhellenischen Zug gegen die Perser; der Hegemonieanspruch Athens wird begründet mit einem ausführlichen Städtelob zu den Vorzügen und bisherigen Leistungen in Krieg und Frieden. Die rhetorische Theorie der Antike unterscheidet drei große Gattungen der Rede: die politische oder beratende Rede (Volksversammlung, Rat), die Gerichtsrede (Geschworenengerichte) und die Schau- oder Präsentationsrede vor einer nur „genießenden“ Hörerschaft. Die ersten beiden sollen, nach pro und contra argumentierend, die Zuhörer zu einer Entscheidung führen, ihr agonales Element wird gerne mit Bildern von Wettstreit und Kampf charakterisiert; die dritte dient der sprachlich kunstvollen Darbietung zu Themen unterschiedlichster Art, zum Genuss des Publikums, in festlich gestimmter Muße,

264

Panegyricus in Hellas und Rom

Vergleichsbild ist das Theater. Es gibt diverse Untergruppen, auch Mischformen. So verbindet man seit Isokrates mit dem Begriff panēgyrikós lange Zeit eine Mischung von Rat / Paränese und Lob / affirmativer Epideixis (Präsentation). – Eine kaiserzeitliche Abhandlung (Ps.-Dionysios, 3. Jh. n. Chr.) liefert andererseits detaillierte Anweisungen zur Verfertigung eines panēgyrikós, der hier als Einzelform innerhalb der dritten, der epideiktischen Gattung behandelt ist und als reines Lob eines Festes vor dem jeweils versammelten Publikum gemeint ist. – In epikureischen Quellen (Philodem, 1. Jh. v. Chr.) taucht der Begriff als Bezeichnung für das ganze dritte Redegenus auf; dieser Gebrauch ist im spätantiken und byzantinischen Schrifttum zur Rhetorik, gerade in der Progymnasmata-Literatur, etabliert (ab 5. Jh.). – Die reine Lobrede heißt bei den Griechen auch in der Kaiserzeit dagegen Enkomion. In Rom bezeichnet Panegyricus zunächst wieder die Rede des Isokrates und gehört zum dritten Redegenus: Cicero führt ihn in seiner Schrift über den idealen Redner als Beispiel für suasiones / Empfehlungsreden an (46 v. Chr.; or. 37 ff.). Quintilian verwendet in seinem zwölfbändigen Lehrbuch zur Rhetorik (um 95 n. Chr.) die panegyrici (jetzt im Plural) einerseits im alten Sinn der Empfehlungsrede, die ins dritte, das epideiktische Genus gehört; dieses möchte er wegen seines insgesamt gemischten Inhalts nicht als genus laudativum / Lob bezeichnen (3,4,14). Andererseits hebt er bei der Abfassung von Rede-Prooemien gerade, gegenüber der Rede in Politik und Gericht, den rein lobenden Zug der panegyrici hervor (in sola laude 3,8,7), nur zur Freude des Hörers bestimmt, der den Stil goutiert. Nur fünf Jahre später hat der 38jährige Plinius (der Jüngere) im Senat die Dankrede an Kaiser Trajan für die Verleihung des Konsulats gehalten; auf der Grundlage dieser gratiarum actio hat er dann eine Schriftfassung ausgearbeitet und publiziert, deren Verlesung mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Es ist der erste lateinische Panegyricus, der unter diesem Namen erhalten ist, den er dann als Nr. 1 im Corpus der Panegyrici Latini trägt (Ende 4. Jh.). So heißt er auch bei Sidonius Apollinaris (ep. 7,10). Im 4. Jh. ist der Begriff für Reden an den Kaiser etabliert. Die Doppelkritik des wortgewaltigen Christen Laktanz, des Zeitzeugen der konstantinischen Wende und Prinzenerziehers in Trier, richtet sich früh gegen Verlogenheit und kriecherische Schmeichelei von panegyrici, wie sie sogar schlechten Herrschern zuteil wird (inst. 1,15,13). Vom 4. bis zum 6. Jh. setzt nun eine reicher erhaltene Überlieferung lateinischer Reden und Gedichte ein, die als Panegyricus oder Laudatio, zuweilen auch als Gratiarum actio bezeichnet sind. Berühmte Verfasser dieser Zeit, deren Herkunfts- und Wirkungsorte zugleich das geographische Ausgreifen

Griechenland

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des Imperiums spiegeln, sind Symmachus (Rom), Ausonius (Bordeaux / Trier), Claudian (Alexandria / Italien), Merobaudes (Spanien / Ravenna), Sidonius Apollinaris (Lyon / Italien / Gallien), Priscian (Nordafrika / Konstantinopel) und Cassiodor (Kalabrien / Konstantinopel / Kloster Vivarium).

Wurzeln, Tradition und Funktion des Rühmens und Ratens – mehr als Lob und Festakt Griechenland Panegyrik ist eine von zahlreichen Formen der Würdigung des Herausragenden: Sie nimmt Wesen und Leistung des zu Würdigenden rühmend in den Blick; ihr Instrument ist das Wort, als Kunstwerk in Gedanke und Form und nur so dem Edlen angemessen; ihre Auszeichnung verpflichtet den Herausgehobenen, das Lob zu rechtfertigen, und das weiterhin oder überhaupt erst („werde der, als den ich dich rühme“); ihr Rühmen sichert die Erinnerung der Nachwelt, schafft Unvergänglichkeit im Irdischen; sie bewirkt das Innehalten, Muße statt Geschäftigkeit, gibt der Selbstvergewisserung Raum; sie macht ein Vorbild fassbar, wirkt als Appell und Paränese, dem Großen nachzueifern, also: Panegyrik zeigt als Sprachkunstwerk ein Schönes und Gutes auf, zum Lob, zur Freude, zum Ansporn, sie dient dem Augenblick und auch der Dauer. Soweit Idee und Ideal. Der „Sitz im Leben“ hat viele Namen, Inhalte, Formen, Orte, Zeiten. Überall wird sichtbar, wie groß die Bedeutung ist, welche die Antike glanzvoller und nachdenklicher Präsentation der conditio humana im Wort beimisst: Einzeltat und Lebensleistung, Individuum und Kollektiv, der Tote und der Lebende, die Stadt und das Land – gestaltet in Poesie und Prosa, in Rede und historisch-biographischen Formen, und danach die Abhandlung in Theorie und Handbuch. „Heranzuzieh’n einen Redner von Worten wie auch Vollbringer von Taten“ (Il. 9,443): So lautet der Auftrag des Vaters an den Erzieher des jungen Helden Achill, beides gehört zur Bildung des Edlen in der aristokratisch geprägten Gesellschaft in Homers Ilias. Das Epos Homers (Mitte des 8. Jh.) sichert den Helden unsterblichen Ruhm – selbst Alexander der Große beneidet Achill um seinen Homer (Cicero, p. Arch. 24). Doppelten Anspruch auf Ruhm will Ibykos aus Rhegion (6. Jh.) mit seiner dem Epos entgegengestellten, neuartigen Lyrik schaffen: Sie soll den Dich-

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ter selbst wie auch seinen Brotherrn, Polykrates von Samos, verewigen (auf dass die deutsche Ballade nicht ohne Stoff für neue Mythen bleibe). Herodot von Halikarnass (5. Jh.), mit „universalem“ Blick auf Geschichte und Kulturen dreier Kontinente, von Cicero als pater historiae apostrophiert, sieht gerade im Wandel aller Zeit den Appell, große Taten und Leistungen der Menschen vor dem Vergessen zu bewahren (und Gründe und Zusammenhänge des Geschehenen zu erforschen, I praef.). Der Chorlyriker Pindar von Theben (5. Jh.), Verfechter aristokratischen Wertedenkens, verfasst u. a. Lieder (Epinikien) auf Wettkampfsieger der vier großen panhellenischen Spiele in Olympia, Delphi, Korinth, Nemea sowie Lobgedichte (Enkomien, eigtl.: Lied der feiernden Schar) auf zeitgenössische Herrscher (vgl. auch Werke von Dichtern wie Simonides und Bakchylides). Der Epitaphios Logos (Grabrede, 5./4. Jh.) ehrt in Athen die Gefallenen mit einer kollektiven Würdigung beim jährlichen Akt des Staatsbegräbnisses; neben Lob und Trost enthält er einen Appell an Lebende und Nachwelt sowie eine Leistungsreplik zu den Taten Athens seit seinen Anfängen (berühmt sind besonders „literarische“ Reden wie die des Perikles nach dem ersten Jahr des Peloponnesischen Krieges, 431/30 (Thukydides 2,35 ff.), aber auch Platons Parodie auf den üblichen „patriotischen Exzess“ im Menexenos), mit weiteren Beispielen des 4. Jh. v. Chr. und besonders der Kaiserzeit (zweite Sophistik); daneben gibt es die verschiedenen Formen privater Einzelwürdigung des Toten in Prosa und Poem (Epikedion, Threnos), mit Texten aus Praxis und Theorie. – S. Binder/Korenjak/Noack 2007. Die Festkultur Griechenlands mit ihrer weitreichenden, z. T. panhellenischen Öffentlichkeit bietet Künstlern der Rede reiche Gelegenheit zur Präsenta­tion (Epideixis) ihres Könnens vor großem Publikum. Es ist die hohe Zeit der Sophisten, die, von Stadt zu Stadt ziehend, Rhetorik in ihrer neuartigen, argumentativen und sprachlichen Brillanz und Suggestivkraft vorführen, um für die Strukturen der entwickelten Demokratie eine neue intellektuelle Elite heranzuziehen. Sprachreflexion und Kommunikationstheorie dienen den neuen Zwecken, das Wort erprobt sich in neuen Formen und Inhalten, auch Paradoxon und Paignion (Spiel) gehören dazu. Gorgias von Leontinoi schreibt ein Enkomion (Lob) auf Helena als Pai­ gnion, als spielerischen Erweis der Macht des Logos, um so den bekannten Schuldvorwurf von ihr abzuwehren. – Isokrates, der Schöpfer der griechischen Kunstprosa, kreiert mehrere neue literarische Formen von Lob und Würdigung, stets verknüpft mit theoretisch-programmatischen Äußerungen, besonders in den Proömien und Schlusspartien seiner „Reden“: ein Prosa-Enkomion auf das ganze Leben der Helena; das erste auf einen Zeitgenossen, den jüngst verstorbenen (374/73) Euagoras, König von Zypern, als Lob sei-

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ner Lebensleistung, zugleich Fürstenspiegel und Appell für den Sohn und Nachfolger Nikokles; für diesen ferner paränetische (ratgebende) Schriften zum vorbildlichen Verhalten von Regent und Untertanen. – Xenophon, „die attische Biene“, verfasst bald nach dem Tod des Spartanerkönigs Agesilaos (360) eine biographisch-historische Lobschrift (Epainos) gleichen Namens auf Leben, Taten und Tugenden des Freundes; die Kyrupädie (Erziehung des Kyros, acht Bücher) ist eine fiktive, romanhafte Biographie auf den Gründer des persischen Weltreichs, die ihn als das verwirklichte Ideal eines intellektuell und moralisch vorbildlichen, erfolgreichen und unfehlbaren Herrschers preist. Herrscherlob und Fürstenspiegel erhalten dann durch den Alexanderzug, die Nachfolgereiche und die hellenistischen Kontakte zum Orient weitere Anregung und Auftrieb. Im 4. Jh. v. Chr. wird auch das Nachdenken über Theorie und Praxis von Sprache und Redekunst ein zentraler Gegenstand zweier konkurrierender Konzepte zu Bildung und Erziehung: hier die isokrateische (Bildungs-) philosophia, die sprachlich-stilistische Perfektion zur angemessenen Präsentation eines seriösen Zwecks anstrebt sowie Einheit von Sprache, Denken, Handeln für eine Art humanistische Lebenspraxistauglichkeit und gebildetes, einiges Hellenentum propagiert; dort die neuverstandene platonische philosophia als das stets rechenschaftsverpflichtete unbedingte Streben nach Erkenntnis und Wahrheit, in lebenslangem Dialog auf dem Prüfstand, also des Sokrates „Sorge für die Seele“ als erste Menschenpflicht und dann auch zum Nutzen für späteres Wirken in Staat und Gesellschaft. Die Elemente der philosophisch fundierten, inhaltlich und formal sachgerechten Rede (als téchnē / Kunst) werden, mit Beispielen zu Wesen und Lob des Eros, in Platons Dialogen Phaidros und Symposion untersucht. Vor dem Hintergrund Platons und unter Auswertung der Sammlung bisheriger Lehrbücher und Abrisse zur Rhetorik befasst sich Aristoteles in seiner Rhetorik mit drei Elementen der Überzeugung: Charakter des Redners, Psychologie des Hörers, Argumentationsstrategien. In der Systematisierung der drei Redegenera unterscheidet er bei der Epideiktischen Rede Lob (épainos) und Tadel (psógos; besonders I 3; 9): Sie sei für das Ohr eines „theōrós / Betrachters“ bestimmt, der das Kunst-Vermögen (dýnamis) des Redners zu beurteilen habe. Epídeixis ist für ihn nicht Prunk der Form, sondern elaborierte Darbietung eines unstrittigen Sachverhalts. Inhalt ist das ethisch fundierte Lob eines Schönen, Edlen (kalón) beziehungsweise einer Tugend (areté). Der Redner soll einen guten Charakter (êthos) haben, Anständigkeit (epieíkeia) ist sicherste Garantie seiner Glaubwürdigkeit (axiopistía); Tugenden sind Gerechtigkeit, Tapferkeit, Besonnenheit, Freigebigkeit, Großgesinntheit, Großgeartetheit, Sanftmut, Klugheit, Weisheit, definiert als Vermögen

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(dynámeis), Gutes zu schaffen, besonders für die Mitmenschen. Dann steht auch dem Lob (épainos) eines lebenden Individuums nichts im Weg. – Die Nähe von Lob und Rat zeigt sich im gleichen Stoff, verschieden ist dagegen die Intention: Das Lob sagt, was schön und edel ist, der Rat, was sein soll. – aúxēsis / Steigerung ist das spezifischste Mittel der epídeixis, die Dinge als schön und nützlich zu präsentieren. Eine Auswahl der allgemein anerkannt schön vollbrachten Taten ist mit Größe und Schönheit auszustatten, Vergleiche und Exempla liefern Überbietungsmöglichkeiten. Vom 4. Jh. v. Chr. bis in die Spätantike entfaltet sich eine reiche praxis­ orientierte Literatur zur rhētoriké téchnē als Gegenstand des Unterrichts. Der ethische Aspekt tritt dabei in den Hintergrund. Es werden Handbücher mit Gesamtdarstellungen zur Rhetorik (sog. Alexanderrhetorik, 4. Jh. v. Chr.) und Detailstudien (Hermogenes, 2./3. Jh. n. Chr.) verfasst. Am Übergang vom Sprach- und Literaturunterricht beim grammatikós zum Rhetorikunterricht beim rhétor stehen Progymnasmata als praktische TeilVor­übungen zur Rhetorik, dem Schulaufsatz vergleichbar. Sie umfassen Definitionen mit Beispielen für 14 Grundformen sprachlicher Präsentation, z. B. Fabel, Erzählung, Sentenz, Topos, Ekphrasis, Synkrisis, Enkomion/Psogos (Lob/Tadel). Von Ailios Theon (wohl 1. Jh. n. Chr.) stammen die ältesten erhaltenen, anspruchsvollsten Übungen, mit literarischen Beispielen, von Aphthonios (4. Jh. n. Chr.) die bekanntesten, einfacheren: Diese waren vielkommentiert und blieben bis in die Neuzeit Teil der Rede-Ausbildung. (Muster z.B.: Lob des Thukydides, Lob der Weisheit, Tadel Philipps). Die höchste Übungsstufe ist der Auftritt mit einer kompletten Schul-Deklamation: Themen aus Mythos und Geschichte oder fabulös-fingierte Fälle sind à la manière als reale Gerichts- oder Beratungsrede zu behandeln; aus dem kaiserzeitlichen Rom sind dazu ps.-quintilianische Deklamationen und Senecas Controversien und Suasorien für seine Söhne erhalten, ferner ein Lehrbuch des Apsines (3. Jh. n. Chr.). – Bildung und Redekunst haben in der Kaiserzeit Schlüsselfunktion für den Zugang zum öffentlichen Leben, zu Positionen und Ämtern in Stadt und Reich sowie am Hof. Das 2. Jh. ist das Zeitalter der philhellenisch engagierten Kaiser. Die sog. Zweite Sophistik, die man etwa von 50 bis 250 n. Chr. ansetzt, ist eine klassizistische Blütezeit der Rhetorik. Die in der Rhetorenschule erlernten Redekünste erfreuen jeden Gebildeten und nützen ihm in offizieller Funktion. Attraktiv und allgemein bejubelt sind schließlich die großen öffentlichen Prunkvorträge, die umherreisende Stars der Redekunst in den Städten halten. Das sophistisch-philosophische Repertoire eines Dion Chrysostomos (der „Goldmund“) von Prusa reicht vom Lob auf Papagei und Haupthaar über die Trauerrede auf den Tod

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eines Boxers bis zu den Variationen zum Thema Fürstenspiegel in den vier Reden Über das Königtum, zwei davon vor Trajan gehalten. Berühmt ist im 4. Jh. Eusebios von Kaisareia mit seinem christlichen Prosa-Panegyrikos Auf das Leben des seligen Konstantin (vier Bücher, nach 337) und seine 336 selbst vorgetragene (zugleich christlich unterweisende) Festrede für Konstantins 30jähriges Regierungsjubiläum (Tricennatsrede, c. 1–10). Themistios, (ebenfalls 4. Jh.), politikos philosophos par excellence, schuf und hielt in Diensten von Constantius II. bis Theodosios zahlreiche Reden panegyrischen Charakters, die das Lob des jeweiligen Herrschers und Entwürfe zum Thema Idealherrschaft miteinander verbinden. Der Redner und Redelehrer Libanios (4. Jh.), befreundet mit Kaiser Julian, ist eine unserer besten Quellen für spätantikes Bildungswesen, mit einem gewaltigen Corpus an Briefen und Reden; genannt seien das Enkomion auf Kaiser Constantius II. (or. 59) und der Antiochikos (or. 11) mit höchst ausgräberfreundlicher Detailtreue beim Lob seiner Heimatstadt. Prokopios von Caesarea (6. Jh.), der Historiker der Kriege Justinians und Autor der berüchtigten Anekdota, verfasste auch einen Panegyricus auf die Baupolitik Justinians (sechs Bücher). Zur Praxis in Hellas sei abschließend Menander Rhetor aus Laodikeia vorgestellt (Ende des 3. Jh. n. Chr.). Unter seinem Namen sind zwei Traktate zu Theorie und Didaktik der epideiktischen Rede überliefert. Sie sind zeitnah zu den älteren diokletianisch-konstantinischen Panegyrici verfasst, und man verwendet sie gerne zur Analyse solcher Reden, auch der Panegyrici Latini, um Modell (Struktur, Argumentation, Topik, Stilistik) und Adaption zu studieren. Der erste behandelt verschiedene Arten von Götterhymnen sowie Land(schafts)- und Städtelob; Städte sind nach Aspekten wie Gründung, Lebensform, Verhaltensweisen, Betätigungen betrachtet. Ihr Lebenswert bemisst sich an Sicherheit, Schönheit und kulturellem Angebot: Berühmt sind etwa panegyrische Städtereden des Aelius Aristides (2. Jh.) auf Rom und seine imperiale Organisation (or. 26) sowie sein viel bewunderter und viel zitierter Panathēnaikós (or. 1). Der zweite Traktat ist stärker praxisorientiert, sein Gebrauch ist in der Folge bis ins byzantinische Mittelalter weiter bezeugt. Er behandelt die Rede an Menschen zu meist öffentlichen, auch privaten Anlässen, benennt viele detaillierte Prinzipien, wiederholt mehrfach Grundregeln und gibt konkrete eigene oder literarische Beispiele zur Ausgestaltung der Reden. Themen sind z. B. Einladung, Ankunft, Geleit, Abreise, Rede vor einem Amtsträger, Rede eines Gesandten, Kranzverleihung, Geburt, Hochzeit. An der Spitze steht der berühmte Basilikós Lógos, die Anweisung zur Ausarbeitung einer Rede auf den Herrscher. Alleiniger Inhalt ist das Lob / enkómion. Vorhande-

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ne und anerkannte Vorzüge sind zu vergrößern und auszuschmücken (aúxēsis), Strittiges oder Unrühmliches ist zu kaschieren (krýpsai tà ádoxa) oder wegzulassen, Lüge ist verpönt. Steigerung wird erzielt durch Hervorhebung der schwierigen Lage des Redners (Fülle des Stoffs, Mangel an Zeit, Grenzen des Redetalents), durch Vergleich (sýnkrisis) mit anderen Personen und Situationen, sowie durch Exempla (paradeígmata) aus Mythos und Historie. – Der Hauptteil ist nach erprobtem biographischen Schema gegliedert: Heimat (Land, Volk), Familie, Geburt, Erziehung, (schon sichtbare) Anlagen, Taten in Krieg und Frieden, mit quantitativ gestaffelter Zuordnung passender Tugenden: Tapferkeit, Gerechtigkeit, Besonnenheit, Klugheit, Philan­thropie, Glück (Týchē). – In den Epilog gehören Bilder des in Wohlstand und Frieden blühenden Landes und Bitten an die Gottheit um das Wohlergehen des Herrschers und den Fortbestand der Dynastie. Abwechslung, Anschaulichkeit, Redeschmuck, Zitat, Gliederungshinweise – all dies soll das Interesse der Hörer wecken und ihr Wohlgefallen erhalten. Rom Die Rede der Republik ist die politische Rede und die Gerichtsrede. Das dritte Redegenus (demonstrativum / laudativum) entfaltet sich erst seit dem Ende der Republik und gelangt zu großer Blüte in der Kaiserzeit. Am Anfang öffentlichen Lobes steht die Leichenrede / laudatio funebris, die am Grab oder in offiziöserem Rahmen auf dem Forum, den Toten und seine Familie (gens) würdigt. Detailliert schildert Polybios (6,53 f.) das Zeremoniell. M. Tullius Cicero, der selbst in Politik und Prozess als Redner leidenschaftlich engagiert und erfolgreich ist, betont in seiner Schrift über den besten Redner die Kargheit römischer Praxis im Vergleich zu Griechenland, verweist aber auf neuere Formen der Gestaltung seit der von Lae­lius verfassten Gedenkrede für Scipio im Jahre 129 v. Chr. (de or. 2,341); den erfolgreichen Militär hat Cicero im Somnium Scipionis mit Idealzügen des weisen Staatsmanns ausgestattet. (Vgl. dazu auch den sog. Scipionenkreis.) Grundsätze sachgerechten Lobes lässt Cicero mit Blick auf gelegentlichen weiteren Bedarf folgen (2,342 ff.). – Grabinschriften auf Frauen sind die Laudatio Turiae (augusteische Zeit, CIL 6,1527) und die Laudatio Murdiae (frühe Kaiserzeit, ILS 8394). Die Entwicklung führt von sparsamer Norm zu modernisierter Rhetorik und dann zu den spätantiken christlichen Grabreden (des Ambrosius, mit Jenseits-Trost). Einige Reden Ciceros auf (lebende) Politiker enthalten berühmte panegyrische Partien und Elemente: In der Rede vor der Contio über den Oberbefehl

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des Pompeius (gegen Mithridates) im Jahr 66 v. Chr., präsentiert er Pompeius mit allen erdenklichen virtutes als quasi lebende Verkörperung eines Feldherrn- oder Fürstenspiegels (§§ 27 ff.). Auf seinen Appell an die clementia / Milde des Dictators Caesar in den Reden Pro Q. Ligario im Jahr 46 v. Chr. und Pro rege Deiotaro 45 v. Chr. erlangt er jeweils einen Freispruch. Die Gratiarum actio Pro M. Marcello aus dem Jahr 46 v. Chr. spricht sehr emotional Dank und Lob der bereits gewährten Amnestie als größter Tat eines wahrhaft Weisen aus, verbunden mit einem Appell zu weiterer restitutio rei publicae – hier findet sich also das bekannte Modell: Loben, was ist, Anraten dessen, was sein soll. Der Einfluss dieser Reden innerhalb des Corpus der Panegyrici Latini ist lange bekannt und untersucht. Sie sind kurz und als formale und gedankliche Modelle gut zu studieren, besonders Pro Marcello. – Hingewiesen sei noch auf Ciceros reiches theoretisches Schrifttum zur Rhetorik (de inventio­ ne, de oratore, Brutus, orator) und ein weiteres Lehrbuch der späten Republik, die Rhetorik an Herennius. In der Schrift de clementia aus dem Jahr 55/56 n. Chr. lobt der Stoiker Seneca den jungen Nero für seine Milde und ermahnt ihn zu weiterem Gebrauch; als Mäßigung der Seele ist sie höchste Herrschertugend, der König erscheint als ein Vater und Arzt, das Gegenbild dazu bildet der Tyrann. Die weitere Ausgestaltung zeigt die Nähe zur optimus princeps-Diskussion in Hellas seit dem 4. Jh. Auch die hellenistische Dichtung ist seit dem 1. Jh. v. Chr. Folie und Ansporn des poetischen Schaffens der Römer in vielerlei Richtung: Für das Pan­ egyrische möge als Muster feierlichen poetischen Herrscherlobs hier das Enkomion Theokrits auf Ptolemaios II. Philadelphos (eid. 17) ungefähr aus dem Jahr 270 v. Chr. stehen, den großen Mäzen der Musen und des Museions (mit der Bibliothek) zu Alexandria. – In der Poesie des frühen Prinzipats findet sich zunehmend (Herrscher-) Panegyrisches: Nach all den blutigen inneren Auseinandersetzungen Roms in der ausgehenden Republik ist jetzt die Sehnsucht nach Frieden und Segen allgegenwärtig, die Hoffnung stärkt die Bereitschaft zu hymnischem Lob. Dazu drei Beispiele: Die berühmte 4. Ekloge Vergils prophezeit die unmittelbar bevorstehende Geburt eines Knaben als Zeichen der Erneuerung unter einem neuen Goldenen Geschlecht (gens aurea); in den Georgica (2,136 ff.) huldigt Vergil dem Land Italien mit all seiner Segenspotenz; in der Heldenschau der Aeneis (6,791 ff.) kündet Anchises von der Goldenen Zeit (aurea saecula) des verheißenen imperium sine fine, ohne Grenze in Raum und Zeit. – Horaz, Patriot der Römeroden (c. 3,1 ff.), setzt seine Hoffnung auf Rückkehr des Augustus und Triumphfeiern in Rom (1,2; 4,2; 4,5) und bittet im Carmen saeculare, dem Gedicht zur Jahrhun-

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dertfeier Roms im Jahr 17 v. Chr., um Fortsetzung all des verheißenen und im Detail gepriesenen Segens. – Ovid lässt seine Metamorphoses gipfeln in der Apotheose Caesars (Venus gibt der Seele Geleit), der Verheißung augus­ teischer Weltordnung (Jupiterrede) und unsterblicher Existenz des Dichterwerks und -namens: Alle finden in der letzten Wandlung eine Form der Unsterblichkeit, die dem prägnanten Kern des Selbst (der pars melior) Dauer verleiht. Nun kann auch die Entfaltung römischen Herrscherkultes beginnen, und Poesie ist auch ein Wegbereiter. – Zwei Dichter unbekannten Namens gestalten ihre Bitte um Mäzenatentum als Adressatenlob: der (wann so betitelte?) ‚Panegyricus‘ Messalae preist M. Valerius Messala Corvinus (cos. 31 v. Chr.) als idealen Redner und Feldherrn; die Laus Pisonis aus dem Jahr 39/40 n. Chr. ist an C. Calpurnius Piso gerichtet, der im Jahr 65 als Haupt der Verschwörung gegen Nero den Tod finden wird. – Bukolische Welt und Dichtung dienen mehrfach als Rahmenszenerie gerade der Herrscherpanegyrik der Nero-Zeit, so in drei Eklogen / Hirtengedichten des Calpurnius Siculus: Ein aufgefundenes göttliches Lied des Fau­ nus prophezeit ein neues Zeitalter des Segens; die Hirten sehen es als jetzt eingetreten an (1); zwei Hirtenbrüder preisen im Wechsel Frieden und Gedeihen der Gegenwart, in der das Dichten (sogar als auskömmlicher Beruf) möglich wird (4); geradezu entrückt ist der Hirte von den Eindrücken einer Reise nach Rom mit einem Besuch des Amphitheaters, auch vom Blick auf den Apollon- und Marsgleichen Herrscher; das Landleben verblasst vor der Urbs (7). – Die ganze Welt im Blick, rühmt der Hirte in Carmen Einsidlense 2 das umfassend goldene Zeitalter als Realität und Gegenwart (mit leiser Sorge ob der Sättigung); in c. 1 lässt der Dichter die Hirten mit ihrem Wechsellied auf den neuen apollinischen Troja-Sänger, vor dem die Dichterfürsten Homer und Vergil freiwillig den Platz räumen, allerdings das panegyrische „Bauchkriechen“ einüben. Tempora mutantur – sunt qui mutentur in illis. – Widmung, Proömium und Epilog sind geeignete Momente, Ehre und Dank an Hochstehende, Mäzene und Freunde auszudrücken. Zwei besondere Beispiele: Hymnisch und anrührend sind in Lukrez’ philosophischem Lehrgedicht De rerum natura die pointiert platzierten Evokationen seines göttlichen Lehrmeisters Epikur als des Stifters wahrer (philosophischer) Existenz, den nach Verdienst zu loben unmöglich erscheint, quisve valet verbis tantum, qui fingere laudes / pro meritis eius possit? (5,3 f.; 1. Jh. v. Chr.) – Als Kontrast dazu sei auf die im Nachhinein kaum erträgliche panegyrische Nero-Widmung in Lukans Bürgerkriegsepos (der Untergang der Republik als Basis seiner Herrschaft 1,33 ff.) verwiesen: handelt es sich hier um ein traditionelles Widmungslob als ein Relikt aus frühen Freundschaftstagen? (Das Werk ist unvollendet; Lukan beging 65, wie sein Onkel Seneca, Selbstmord). –

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P. Papinius Statius hat mit seinen Silvae (Wälder) das thematisch vielfältige Gelegenheitsgedicht in Rom eingebürgert; mehrfach feiert er hier seinen Haupt-Mäzen Domitian, der ihn im Dichteragon im Jahr 90 n. Chr. für ein Lobgedicht auf seine Kriege auszeichnet: Seiner Freigebigkeit (liberalitas) huldigen das Gedicht auf die Kalenden des Dezember (Spenden an das Volk 1,6), das Eucharisticon (Dank) für eine Einladung zum Bankett (deutlich religiös überhöht 4,2) und der Hymnus auf den Bau der Via Domitiani (Sinuessa – Puteoli 4,3); die Ekphrasis der Reiterstatue preist den Kaiser in Schönheit, Größe und Erhabenheit als forma dei praesens (1,1). (Vgl. noch 4,1 zum 17. Konsulat.) Das Regiment des Kaisers, von Plinius bald als Muster übel­ ster Tyrannei porträtiert, übertrifft selbst den Segen Jupiters und des Goldenen Zeitalters Saturns (1,6,39 f.) – Poesie hat ja stets die größeren Lizenzen. Am Hof Domitians hat auch der Verfasser des größten Lehrbuchs zur Rhetorik gewirkt, das in Mittelalter und früher Neuzeit weiter bis ins 18. Jh. maßgeblich war: Quintilian, den Vespasian als ersten staatlich besoldeten Lehrer der lateinischen Rhetorik eingesetzt hat – es gab auch einen für Griechisch –, ist wie Cicero um Erziehung und Ausbildung eines orator perfectus und zugleich vir bonus bestrebt. Der vollkommene Redner ist umfassend gebildet und sittlich integer. Das Thema Lob und Tadel (laus / vituperatio) behandelt er zwischen Gerichts- und Beratungsrede; als ihre Orte sieht er nicht nur die Auditorien der Muße an, sondern auch verschiedene Geschäftsbereiche, öffentliche Belange, Gericht und Politik (Wahlen, Senatsreden). Nur wenige Jahre später entsteht der Panegyricus des jüngeren Plinius, die einzige vollständig erhaltene lateinische Rede der ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderte. Er ist orientiert an Fürstenspiegel-Modellen und Vorbildern wie Cicero und Seneca. Qualität und Publikation machen ihn selbst zu einem Paradeigma für die Nachwelt, bewahrt aus der ansonsten verlorenen großen Flut an Reden zu derlei Anlass. Den Hauptteil bildet das umfassende Lob vom Werdegang des Adoptivkaisers bis zum Einzug in Rom (4 ff.), dann seine Maßnahmen als Herrscher, Tugenden und Regierungstaten (24 ff.) und sein Privatleben (81 ff.). Trajan ist der ideale Herrscher, in Kontrast zum princeps malus Domitian. Der Dank für die Verleihung des Konsulats und das Gebet an Jupiter beschließen die Rede. – Auch durch eine große Sammlung privater und offizieller Korrespondenz ist Plinius früh berühmt und zum Modell geworden (zehn Bücher; besonders bekannt sind seine Briefe zu Vesuv­ausbruch und Christenverfolgung). – Hochangesehen war in Rom als Anwalt und Redner sodann im 2. Jh. M. Cornelius Fronto aus Afrika, den ein Panegyrist gar als Romanae eloquentiae alterum decus neben Cicero apostrophiert (Pan. Lat. VIII 14,2) und von dem auch ein großes Oeuvre an Briefen stammt. Unter Antoninus Pius

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war er Prinzenerzieher von M. Aurel und L. Verus, die ihn liebten; der antike Ruhm galt gerade seinen (im ganzen verlorenen) Reden, er selbst gibt Notiz von Laudes Hadriani und Gratiarum actiones. Das Saeculum von 289 bis 389 bringt das Corpus der sog. Panegyrici Latini (s. Bd. I, Einleitung VII ff.) und weitere namhafte Reden hervor, an denen der Vergleich von epideiktischem Modell und Tradition der Herrscherrede mit Exempla aus dem zeitspezifischen und lokalen Umfeld rasch wechselnder historischer Bedingtheit zu studieren ist. Die Vielfalt äußerer und aktuel­ ler Anlässe wird genutzt, Lob und Dank mit weitergehenden, allgemeinen und speziellen Interessen, Vergewisserungen und Einflussnahmen auf Gegenseitigkeit zu verknüpfen. Aus der reicher erhaltenen Produktion lateinischer Prosawerke der Spätantike seien noch gestreift: Symmachus, streitbarer Redner, Stadtpräfekt von Rom, Konsul, und seine Festreden für die Quinquennalien 369 und das dritte Konsulat Valentinians 370; Ausonius, Redner, Dichter und Prinzenerzieher aus Bordeaux, mit dem Konsulatsdank an seinen Zögling und Förderer Gratian in Trier aus dem Jahr 379, nicht zu vergessen ist auch seine hexametrische Laudatio auf die Mosella; Ennodius aus Arles, vielseitiger Dichter und Geistlicher, mit einem Panegyricus aus dem Jahr 507 auf Theoderich, in dem er seinen Dank für die Beseitigung des laurentianischen Schismas ausspricht; Cassiodor, römischer Konsul, Staatsmann unter Theoderich, neben der Fülle seiner historischen Werke und Lehrbücher, neben der Organisa­ tion mönchischer Gelehrsamkeit in seiner Klostergründung Vivarium, mit Panegyrici für das Konsulat Eutharichs in Rom 519 und die Hochzeit von Vitigis und Matasuntha in Ravenna 536. Eine eigene Gattung visueller Poesie in Form eines panegyrischen Figurengedichts hat P. Optatianus Porfyrius begründet: Sein Panegyricus Constantini umfasst 27 Gedichte in Gitterform, mit höchst elaborierter formaler Binnengestaltung und voller literarischer Anspielungen (mit zwei fingierten Briefen). Nach panegyrischem, zeitgenössischem Epos und Enkomion hellenistischer Zeit haben Dichter wie Claudian neue Formen entwickelt, sowohl mit hexametrischen Konsulatspanegyriken aus den Jahren 395, 396, 398, 399 und 404 sowie auf Stilicho im Jahr 400 in drei Büchern) als auch mit seinen Kriegsepen bellum Gildonicum und bellum Geticum. In seiner Nachfolge erscheinen im 5. Jh. Merobaudes aus Spanien, Sidonius Apollinaris aus Lyon und um 500 Priscian aus Mauretanien. In der Mitte des 6. Jh. tritt Cresconius Corippus aus Nordafrika u. a. mit einem heroischen Großepos hervor. Zu den Dichtern s. Schindler 2009. Allerlei panegyrische Wege führen nun ins Mittelalter, über Renaissance und Humanismus, die frühe Neuzeit ins Barockzeitalter hinein, vielfältig und

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interessant; es gibt die öffentlichen Anlässe wie Herrscher- und Städtelob, auch das weite Feld der Funeralrhetorik (dazu Sammelbände mit Kondolenzgedichten und Reden für einen Verstorbenen), ferner erstaunliche Nachblüten der Schullaudationes und schulrhetorischer Lehrwerke. Eine lateinische Übersetzung der Progymnasmata des Aphthonius des 4. / 5. Jh. bringt es zwischen 1539–1689 auf insgesamt 104 Auflagen. (Vgl. Hinz, DNP 15,2, 2002, 51.) Und wieder wird der plinianische Panegyricus das prägende Studienobjekt und Vorbild für literarische Gestaltung laudativer Poetik. Zur Wiederbelebung der Beschäftigung mit der Panegyrik nach dem Stillstand der Nach-Barockzeit s. Bd. I, VIII f. – Zu Entwicklung und aktuellem Stand der inzwischen weitverzweigten Wege der Forschung zu den Panegyrici Latini mit alten und neuen filigran entwickelten Fragestellungen s. die Einleitung und Bibliographie im Sammelband von Rees 2012, 3 ff., 387 ff.

Zeittafel Claudius II. Gothicus 268–270 Aurelian 270–275 Probus 276–282 Carus 282–283 Numerianus 282/283–284 Carinus 282/283–284 Diocletianus 284–305 Maximianus Herculius 285–305 (306–308; 310) Britannisches Sonderreich:  Carausius 286–293  Allectus 293–296/297 Constantius I.Chlorus 293/305–306 Galerius 293/305–311 Maximinus Daia 305/310–313 Flavius Severus 305/306–307 Maxentius 306/307–312   L. Domitius Alexander 308–310 306–337 Constantinus I. Crispus (Cs.) 317–326 Dalmatius (Cs.) 335–337  Calocaerus 333/334

268–270 272/273 ? 284 285 286

Licinius 308–324 Licinius II. (Cs.) 317–324 Constantinus II. 317/337–340 Constans 333/337–350 Constantius II. 324/337–361 351–354 Constantius Gallus   Magnentius 350–353  Nepotianus 350  Vetranio 350  Silvanus 355 Iulianus Apostata 355/360–363 Iovianus 363–364 Valentinian I. 364–375  Firmus 372–374/375 Valens 364–378  Prokop 365–366 Gratian 367–383 Valentinian II. 375–392 Theodosius I. 379–395   Magnus Maximus 383–388   Flavius Victor 384–388  Eugenius 392–394

Claudius Gothicus 27.2. Geburt Konstantins des Großen in Naissos (Niš): Sohn von Constantius – Helena 20.11. C. Aur. Val. Diocles in Nikomedien zum Kaiser ausgerufen: Diokletian Tod des Carinus; Maximianus wird von Diokletian zum Cae­ sar erhoben Maximianus (Herculius) – Augustus (Westen)

278 286–288 286/287 287 288

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Feldzüge gegen die Germanen Vertrag Diokletians mit den Persern Erhebung des Carausius Feldzug Maximians gegen Alamannen und Franken; Sieg über Gennobaudes Feldzug Diokletians in Raetien Treffen Diokletian-Maximian in Pannonien Feldzug Maximians gegen Franken (verbündet mit Carausius); Flottenbau Pan. Lat. X/II (289) für Maximian und Diokletian – Dyarchie Diokletian im Osten Wintertreffen Diokletian-Maximian in Mailand Pan. Lat. XI/III (291) – Genethliakos für Maximian zu den Quinquennalien 1. Tetrarchie (293–305) Osten: Diokletian Augustus, Galerius Caesar. Westen: Maximianus Herculius Augustus, Constantius Chlorus Caesar Constantius setzt Unternehmungen gegen Carausius fort Konstantin bei Diokletian / Galerius im Osten (Hof und Heer) Constantius: Boulogne-sur-Mer; Flottenbau; Feldzug in Batavia, gegen Chamaven und Friesen, Verbündete des Carausius. Carausius getötet von Allectus. Erfolg des Constantius durch Asklepiodotos Einzug in London Pan. Lat. VIII/V (297) für Constantius Aufstände in Ägypten unter L. Domitius Domitianus   Edikt gegen die Manichäer. Maximian: Afrika – Erhebung der Quinquegentani Perserfeldzug Diokletians – Galerius? Euphrat (Friedensschluss) Pan. Lat. IX/IV (297/298) Eumenius – für den Wiederaufbau der Schulen von Autun

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Sieg des Constantius über die Alamannen bei Vindonissa   Constantius besiegt revoltierende Germanenstämme  (300–304) Geburt des Crispus, (erster) Sohn von Konstantin und Minervina Münzreform; Höchstpreisedikt Februar: Beginn der Christenverfolgung (bis 311 bzw. 313) 20.11. Vicennalienfeier und Triumphzug Diokletians und Maximians in Rom 1. Mai: Gemeinsamer Rücktritt: Diokletian (Nikomedien), Maximian (Mailand) 2. Tetrarchie (305–306)   Osten: Galerius Augustus, Maximinus Daia Caesar   Westen: Constantius I. Chlorus Augustus, Severus   Caesar 25.7. Tod des Constantius Chlorus in Eboracum / York; Ausrufung Konstantins zum Augustus durch die Truppen in Britan­ nien; Anerkennung durch Galerius zunächst nur als Caesar Sieg über Franken am Rhein. Sieg und Gefangennahme von Ascaricus und Merogaises   3. Tetrarchie (306–307/308)   Osten: Galerius Augustus, (Neffe) Maximinus Daia   Caesar    Westen: Severus Augustus, Konstantin Caesar 28.10. Rom: Proklamation des Maxentius, Sohn Maximians, zum Augustus durch die Prätorianer; Princeps invictus. – Maximian erneut politisch aktiv in Rom Heirat Konstantins mit Fausta (geb. um 295), Tochter von Maximian – Eutropia; Augustus-Titel von Maximian, Anerkennung des Maximian als Augustus Pan. Lat. VII/VI (307) für Maximian und Konstantin Erfolglose Feldzüge gegen Maxentius: Severus scheitert in Ravenna (Kapitulation, Abdankung, Tod 16.9.). Galerius scheitert vor Rom (Rückzug).

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Bau der Rheinbrücke Köln-Deutz – Germanenkämpfe am Rhein Maximian in Gallien (Dissens mit Maxentius, Absetzung gescheitert) 11.11. Kaiserkonferenz von Carnuntum, unter dem Vorsitz Diokletians. Erneute Abdankung Maximians.   4. Tetrarchie (308–311)   Osten: Galerius Augustus, Konstantin Caesar    Westen: Licinius Augustus, Maximinus Daia Caesar   (Die Caesares und filii Augustorum nennen sich bald   Augusti) Maximian: Trier – Arles – Massilia Maximinus Daia Augustus Der Augustus-Titel Konstantins wird von Galerius anerkannt. Sieg Konstantins über die Germanen Tod des Maximianus Herculius Heidnische (Apollon-Victoria-)Vision Konstantins Pan. Lat. VI/VII (310) – Neue Schwerpunkte der Legitimation. 30.4. Toleranz-Edikt des Galerius in Serdika, Tod des Gale­rius (Mai) Pan. Lat. V/VIII (311/312) – Dank für Besuch in Autun 311–313 Drei Augusti: Konstantin – Licinius – Maximinus Daia Italienfeldzug Konstantins: Segusio – Turin – Brescia – Verona; Übergabe von Aquileia, Modena. 28.10. Schlacht an der Milvischen Brücke – Tod des Maxentius (306–312). 29.10. Einzug Konstantins in Rom Pan. Lat. XII/IX (313) – Rom 312 Jahresanfang: Mailänder Vereinbarungen Konstantin – Licinius   Edikt: Religionsfreiheit für Christen Heirat Licinius – Constantia (Schwester Konstantins) Sieg Konstantins über die Franken Adrianopel: Sieg des Licinius über Maximinus Daia, Tod in Tarsos Tod Diokletians (Spoletum) Rom: Decennalienfeier Konstantins, Einweihung des Ehrenbogens 8.10. Sieg Konstantins in der Schlacht von Cibalae über Lici­ nius (1. Krieg)

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Februar: Geburt von Constantinus II. in Arles 1.3. Crispus, Constantinus II., Licinius II.: Caesares (+ 2 Augusti 317–324) August: Geburt von Constantius II. in Sirmium Sieg des Crispus über die Alamannen Geburt des Constans I. Bruch der Beziehungen Konstantin – Licinius; Ende gemeinsamer Konsuln Pan. Lat. IV/X (321) des Nazarius in Rom – Quinquennalien von Crispus und Constantinus II., Quindecennalien Konstantins Sieg Konstantins über die Goten (Einfälle nach Thrakien und Moesien) Flottenkommando des Crispus 2. Krieg zwischen Konstantin und Licinius 3.7. Sieg Konstantins bei Adrianopel; Seekrieg des Crispus bei Gallipoli 18.9. Sieg Konstantins bei Chrysopolis und Abdankung der Licinii Konstantin jetzt alleiniger Augustus (324–337) Byzantion soll zu Konstantins neuer Kapitale im Osten ausgebaut werden 8.11. Constantius II. Caesar, Fausta und Helena Augustae Hinrichtung des Licinius (dann auch Tod des Licinius II.) 20.5.–19.6. Konzil von Nikaia (1. ökumen.): Nicaenum (gegen Arianer) 25.6. Vicennalienfeier Konstantins in Nikomedia Hinrichtung von Crispus und Fausta Vicennalienfeier Konstantins in Rom (letzter Besuch) 11.5. Einweihung Konstantinopels Frühjahr: Kämpfe gegen Donaugoten, Gotenvertrag 25.12. Constans Caesar Ansiedlung von Sarmaten im römischen Reich 25.7. (–25.7.336) Tricennalien Konstantins in Konstantinopel 18.9. Dalmatius Caesar; Hannibalianus „König der Könige“ und der Völkerschaften im Schwarzmeergebiet

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Vorbereitungen zum Perserfeldzug 22.5: Tod Konstantins bei Nikomedia Nachfolgekämpfe und Verwandtenmorde in der konstantinischen Seitenlinie: September 337: Tod des Dalmatius 9.9. Augusti: Constantius II. (337–361 Orient, Ägypten, Thra­ kien); Constantinus II. (337–340 Westen), Constans (337–350 Italia, Africa, Illyricum, Macedonia, Achaia) Kaisertreffen in Viminacium (Hauptort der Moesia Superior) Anfang April: Tod Constantinus’ II. im Kampf gegen Constans bei Aquileia Julian geboren in Konstantinopel, dann Nikomedien. Julian und Gallus in Macellum (Rosen: 346–351; Demandt, Bringmann: 342–348) 18.1. Usurpation des Magnentius in Augustodunum / Gallien Tod des Constans auf der Flucht in Helena / Pyrenäen Usurpation des Nepotianus in Rom (nur wenige Wochen) Frühjahr / Sommer: Belagerung von Nisibis durch Sapor II. (mehrfach seit 337) 15.3. Gallus Caesar (Osten) Julian in Pergamon 28.9. Sieg des Constantius über Magnentius bei Mursa Julian in Ephesos 10.8. Suizid des Magnentius in Lyon; Constantius II. Alleinherrscher Tricennalien in Arles Julian in Konstantinopel Jahresende: Hinrichtung des Gallus auf Flamona bei Pola Julian nach Mailand beordert August–Oktober: Julian in Athen (Studium) 6.11. Mailand: Erhebung Julians durch Constantius II. zum Caesar (Gallien) Heirat mit Helena, Schwester des Constantius; Abreise nach Gallien (Vienna) 356–359: Kämpfe zur Sicherung der Rheingrenze Kämpfe Julians gegen die Alamannen; Befreiung Kölns von den Franken Julian: Winter in Paris

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August: Sieg bei Straßburg über Alamannenkoalition; Zug an den Untermain 28.4.–29.5. Constantius II. in Rom Kämpfe Julians gegen Franken am Niederrhein Zug Julians an den Niederrhein; Vorstoß ins Dekumatland Constantius fordert gallische Truppen für den Perserkrieg Februar / März: Ausrufung Julians zum Augustus durch die Truppen in Paris Sommer: 3. Zug Julians an den Niederrhein; Sicherung der Flussgrenze bis zum Oberrhein Julian: Winter in Vienna Frühsommer: Straffeldzug gegen Alamannenstamm Vadomars Sommer: Feldzug gegen Constantius zur Sicherung der westlichen Reichshälfte Herbst: Naissos vorläufige Residenz 3.11. Tod des Constantius II. in Mopsukrene bei Tarsos, unterwegs gegen Julian 11.12. Einzug Julians in Konstantinopel – Begräbnis des Con­ stantius Cl. Mamertinus wird Konsul: Pan. Lat. III/XI (362) Dankrede in Konstantinopel 18.7. Ankunft Julians in Antiochia Oktober: Brand des Apollontempels in Daphne Rhetoren- und Grammatikergesetz Julians 5.3. Aufbruch Julians zum Perserkrieg Mitte Juni: Scheitern vor Ktesiphon (Tigris) 26.6. Maranga (Tigris): Verwundung und Tod Julians, des letzten Kaisers der konstantinischen Dynastie – Bestattung in Tarsos 27.6. Wahl Jovians zum Kaiser Juli: Friedensvertrag mit dem Perserkönig Sapor II. 1.1. Konsulatsantritt Jovians in Ankyra 17.2. Tod Jovians in Dadastana, auf dem Weg nach Konstantinopel 25.2. Valentinian I. in Nikaia zum Kaiser ausgerufen (364–375) 28.3. Valens in Konstantinopel durch seinen Bruder Valentinian zum Augustus erhoben (Osten, Ägypten; 364–378) 28.9. Usurpation des Procopius (Konstantinopel)

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27./28.5. Niederlage des Procopius gegen Valens u. Hinrichtung 367–369 1. Gotenkrieg des Valens, 373 Partherkrieg Sieg Valentinians über Alamannen in Gallien Barbarenaufstand in Britannien 24.8. Erhebung Gratians (8 Jahre) zum Augustus (Amiens) 2. Alamannenkrieg – Teilnahme Gratians; Sieg über Franken und Sachsen Theodosius d.Ä. in Britannien (Picten, Scoten; Usurpation des Valentinus) Wiederherstellung und Befestigung der Rheingrenze Theodosius d.J. (I.) – Dux Moesiae Alamannenfeldzug; Einfall von Quaden und Sarmaten in Pannonien Reise nach Pannonien, Tod Valentinians I. in Brigetio am 17.11.375 22.11. Erhebung Valentinians II. (4 Jahre) in Aquincum zum Augustus für Italia, Illyricum, Africa (375–392) Gratian: seit 374 mit Constantia, Tochter Constantius’ II., verheiratet 376 Besuch in Rom, Annäherung an Senat Alamannenkrieg Gratians im Frühsommer 376 Ansiedlungsprojekt des Valens für Westgoten in Thrakien scheitert 9.8.378 vernichtende Niederlage und Tod des Valens im Kampf gegen die Goten bei Adrianopel Herbst: Toleranzedikt Gratians für nizänische Christen Gratian sendet Theodosius als Heermeister an die Donau gegen die Sarmaten Theodosius – Ernennung zum Augustus (Donauraum, Osten) 3 Völker-Vertrag Gratians: Ansiedlung von Goten, Alanen, Hunnen in Pannonien 27.2. Edikt des Theodosius (Thessalonike): nizän. Christentum als Staatsreligion. Gotenzug – Treffen mit Gra­tian – Krankheit und Taufe des Theodosius (Herbst) 24.11. Ankunft des Theodosius in Konstantinopel Januar: Empfang des Westgoten Athanarich in Konstantinopel, Tod Konzil von Konstantinopel (2. ökumen.) Nicaeno-Constantinopolitanum

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3.10. Gotenfoedus: Ansiedlung zwischen Donau und Balkangebirge Rom: Streit um den Victoriaaltar – Senat vs. Gratian (Mailand), Ambrosius. Vorgehen gegen heidnische Kulte in Rom 19.1. Quinquennalia des Theodosius, Erhebung von Arcadius (6 Jahre) zum Augustus Erhebung des Maximus in Britannien, Landung in Gallien (Residenz Trier) Gratian: Rückkehr aus Raetien, Abfall der Soldaten bei Paris, Flucht Richtung Oberitalien – 25.8. Ermordung durch Hinterhalt des Andragathius in Lyon Symmachus – Präfekt von Rom Sommer: Treffen Theodosius – Valentinian II. in Mailand Gotensieg des Theodosius, Ansiedlung in Phrygien, Triumph in Konstantinopel Siege über Maximus bei Siskia und Poetovio Ende der Usurpation und Tod des Maximus am 28.8. Oktober: Streit mit Ambrosius wegen Judenverfolgung in Kallinikos/Euphrat 13.6. Adventus des Theodosius (mit Honorius) in Rom Pan. Lat. II/XII (389) des Latinus Pacatus Drepanius auf Theodosius in Rom Frühjahr: Blutbad in Thessalonike, Bußforderung des Ambro­ sius, Bußakt von Mailand (Weihnachten) 10.11. Theodosius in Konstantinopel 15.5. Tod Valentinians II. in Vienne 22.8. Usurpation des Eugenius Honorius zum Augustus ernannt Sieg des Theodosius am Frigidus über Eugenius – Selbstmord Arbogasts 17.1. Tod des Theodosius in Mailand Teilung des Reichs unter die Söhne: Honorius (Westen), Arcadius (Osten)

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Konkordanz der Sammelausgaben

Konkordanz der Sammelausgaben handschriftliche (hss.) / chronologische (chr.) / Reihenfolge im Druck (R) / Zählung (Z) Jahr

100 289 291 297 297/8 307 310 311/2 313 321 362 389

Bährens E. 1874 chr. R+Z I II III V IV VI VII VIII IX X XI XII

Bährens W. 1911 hss. R+Z I X (II) XI (III) VIII (V) IX (IV) VII (VI) VI (VII) V (VIII) XII (IX) IV (X) III (XI) II (XII)

Mynors 1964 hss. R+Z I X (II) XI (III) VIII (V) IX (IV) VII (VI) VI (VII) V (VIII) XII (IX) IV (X) III (XI) II (XII)

Pal./Fed. 1976 hss. R+Z ./. 10 (II) 11 (III) 8 (V) 9 (IV) 7 (VI) 6 (VII) 5 (VIII) 12 (IX) 4 (X) 3 (XI) 2 (XII)

Konkordanz der Sammelausgaben

Lass. 1992 hss. R+Z 1 [1] 10[2] 11[3] 8 [5] 9 [4] 7 [6] 6 [7] 5 [8] 12[9] 4[10] 3[11] 2[12]

Gall. 1949-55 chr. R+Z Durry II (10) III (11) IV (8) V (9) VI (7) VII (6) VIII (5) IX (12) X (4) XI (3) XII (2)

Lass./Mic 2000 chr. R+Z ./. II [10] III [11] IV [8] V [9] VI [7] VII [6] VIII[5] IX [12] X [4] XI [3] XII [2]

Nixon/Rodgers 1994 hss. Z chr. R ./. X XI VIII IX VII VI V XII IV III II

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Müller-Rettig 2008-14 hss. Z chr. R ./. X / II XI / III VIII / V IX / IV VII / VI VI / VII V / VIII XII / IX IV / X III / XI II / XII

Literatur in Auswahl Texte – Übersetzungen – Kommentare XII Panegyrici Latini, recensuit Aemilius Baehrens, Lipsiae 1874. XII Panegyrici Latini, post Aemilium Baehrensium iterum rec. Guilielmus Baehrens, Lipsiae 1911. Panégyriques latins. Texte établi et traduit par E. Galletier, Paris I 1949, II 1952, III 1955. XII Panegyrici Latini. Recogn. brevique adnot. crit. instr. R. A. B. Mynors, Oxford 1964. Panegyrici Latini. V. Paladini et P. Fedeli recensuerunt, Roma 1976. XII Panegyrici Latini, recogn. D. Lassandro, Torino 1992. Panegirici Latini a cura di D. Lassandro e G. Micunco, Torino 2000. Nixon, C. E. V. / Rodgers, B. S., In Praise of Later Roman Emperors: the Panegyrici Latini. Introduction, Translation and Historical Commentary, with the Latin Text of R. A. B. Mynors, Berkeley 1994. Menander Rhetor, ed. D. A. Russell / N. G. Wilson, Oxford 1981.

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Index Panegyrici Latini II–XII Achaicum litus III 14,5. Actium XII 10,1 – Actiaca victoria III 9,2, VII 13,4 – Actiacum bellum II 33,1. Aedui V 1,1; 2,4; 3,1; 3,3; 4,3 (2x); 4,4; 5,1; 5,3; 14,5; VIII 21,2 – Aeduus princeps V 3,2. Aegaeum mare IX 18,2. Aegyptus II 33,1; VIII 10,2; IX 21,2. Aeneas XII 18,1. Aeropus rex IV 20,1. Aethiops VIII 5,2 – Aethiopes XI 17,4. Africa II 38,2; IV 11,5; 32,6; 32,8; VIII 18,5; X 8,1; XII 16,1; 25,3 – Africanum triticum III 14,5 – Africum mare XII 25,2. Africanus (P. Scipio) II 8,4; 8,5; X 8,6 – superior VII 5,2. Agrippa VII 13,4. Agrippinensis pons VI 13,1. Alamannus II 5,2 – Alamanni IV 18,1; X 5,1; XI 17,1; 17,3 (2x) – Alamannia III 4,5; 6,2; VIII 2,1; 10, 4 – Alamannicus (agnomen) II 5,4 – Alamannicus pulvis III 13,3. Alanus > Halanus. Alba XI 16,4; XII 21,5. Albanus II 22,3. Albula XII 21,5. Alexander Magnus II 8,4; 8,5; VI 17,2; X 10,3; XII 5,1. Alliensis dies II 46,3. Alpes II 37,2; 39,3; 45,4; IV 17,3; XI 2,4; 9,4; 9,5; 10,2; 10,4; XII 3,3; 5,4; 5,5; 25, 2 – A. Cottiae II 30,2; 38,2; V 3,3; XI 9,3 – A. Iuliae II 38,2; 40,1; XI 9,3. Ambianum solum VIII 21,1. Ambraciense oppidum IX 7,3. Amphion IX 15,2. Antoninus II 11,6; IV 24,6; VIII 14,2. Antonius (M.) II 33,3. Apelles VII 6,3. Apollo VI 21,4; 21,7; 22,1; IX 9,3; 9,4. Appenninus XII 15,1.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Aquileia II 39,2; IV 27,1; XII 1,1 – Aquileiense oppidum II 38,4 – A. palatium VII 6,2. Aquitani V 6,8. Arabs II 22,2. Arar V 6,5; VI 18,2; 18,4. Arcadius II 11,4. Arebrignus pagus V 6,4. Arelate VI 18,4; 18,6. Arion VI 8,5. Arvii VIII 21,1. Ascaricus IV 16,5; VI 11,5. Asia III 27,2; V 3,1; VIII 18,3; 21,1; XI 19,5 – Asiatici XII 5,3 – Asiaticum bellum VIII 11,3. Athenae III 9,3; IX 9,4; 17,3. Atheniensis humanitas IX 7,1. Athesis XII 8,2. Atticus IX 17,4. Augustodunenses IX 14,1. Augustus (divus) II 11,6; 33,3; III 9,2; VI 13,4; VII 11,2; 13,4; XII 10,1 – (Constantinus) V 14,3; VII 5,3; 8,1 – (Constantius Constantini pater) VII 5,3 – (Constantius Constantini filius) III 5,2 – (Diocletianus) VIII 21,1; IX 21,2 – (Iulianus) III 10,3; 17,4; 18,1; 22,4; 22,5; 25,3; 32,1 – (Maximianus) VII 1,1; 3,2; VIII 21,1 – (Theodosius) II 1,1; 12,1; 30,5; 47,1. Bagaudica rebellio > Batavica rebellio. Baianus sinus VI 13,4. Balio > Vallio. Batavia VI 5,3; VII 4,2; VIII 3,3; IX 21,2; XII 25,2 – Batavica rebellio IX 4,1. Belgae V 3,4 – Belgica V 7,2. Bellovacum solum VIII 21,1. Bessus II 28,2. Bibracte V 14,5. Blemyes XI 17,4. Bononiense oppidum VI 5,2. Bosforanus II 22,2. Britanni II 28,4; (VIII 11,4); 19,1 – Britannia II 5,2; 38,2; VI 5,3; 5,4; 7,5; 9,1; VIII 3,3, 9,5; 11,1; 11,3; 14,2; 15,2; 18,1; 18,4; 18,7; 20,3; IX 18,3; 21,2; XII 25,2 – Britanniae VII 4,3; VIII 17,2 – Britannica victoria VIII 21,2 – Britannica tropaea VI 7,1. Brix(i)a IV 25,1; 25,4.

Index Panegyrici Latini II–XII

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Bructeri IV 18,1; VI 12,1. Brutus (L.) II 20,5; III 30,3. Burgundi XI 17,1 – Burgundiones X 5,1; XI 17,3. Cabillonensis portus VI 18,3. Caesar (C. Iulius) II 18,3; 46,1; V 3,3; VI 19, 3 (2x); VIII 11,2; 11,4; XII 6,1; 15,3 – (Caligula) VI 13,4 – (Constantinus) VI 9,1; VII 1,1; 5,3 – (Constantinus Constantini filius) IV 37,5 – (Constantius) VIII 1,1; 1,5; 2,2; 4,3; 4,4; 5,4; 6,1; 6,4; 7,2; 7,3; 8,1; 9,5; 9,6; 13,1; 13,4; 14,3; 14,5; 15,5; 16,3; 17,1; 17,3; 17,4; 19,3; 21,1; 21,3; IX 6,4; 8,1; 8,3; 14,1 – (Crispus) IV 17,2; 36,4 – (Iulianus) III 4,4; 17,4 – (Maximianus) IX 21,2; X 4,3; 6,3 (2x) – Caesares (~ imperatores) X 1,3 – (Constantius et Galerius) IX 4,1; 9,3; 15,2; 17,5 – (Constantinus et Crispus, Constantini filii) IV 1,1; 2,3; 3,4; 5,5; 36,1; 36,3; 38,1; 38,2; 38,6 – (Constantius et Maximianus) VIII 3,1. Calidones VI 7,2. Calpitanus mons XI 16,5. Camenae IX 7,3; 9,4. Camilli X 14,2. Campania II 4,4. Campus (Martis) III 19,1; 19,2. Cannae II 46,3; XI 10,3 – Cannense malum II 19,2. Canopus II 33,4. Capitolium (Romae) VI 10,6; X 13,2; (C. Augustoduni) IX 9,3 – Capitolinus Iuppiter II 9,5; VI 15,6; VII 8,7; X 13,4. Carpi VIII 5,2; 10,4. Carthago X 8,1. Castores II 39,4. Catalaunica clades V 4,3. Cato V 13,3 – Catones (oratores) II 1,4; 46,2; III 19,2; X 14,2. Catuli II 7,4. Caucasus II 33,4. Celtae V 3,4. Ceres VI 9,2; IX 17,1. Chaibones X 5,1; 5,2; 5,4; XI 7,2. Chamavus VIII 9,3 – Chamavi IV 18,1. Charybdis II 26,4. Cherusci IV 18,1. Chunus II 11,4; 32,4. (Cicero) XII 19,5 – Cicerones II 46,2 – Tullii II 1,4. Cilix II 23,2.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Cinna XII 20,3 – Cinnani furores II 46,1. Circus maximus IV 35,5; VI 22,5; XII 21,3. Claudius (Gothicus) V 2,5; 4,2; VI 2,2. Cleopatra II 33,2. Cloelia XII 18,2. Cocles XII 18,2. Colchus II 14,2. Collina porta II 46,3; XII 20,4. Constantinopolis III 14,5. Constantinus IV 1,1; 3,1; 6,2; 8,5; 12,4; 14,4 (2x); 15,7; 18,4; 29,1; 36,2; 37,1; 37,4; 38,1; 38,3; 38,6; V 8,2; VI 2,5; 9,1; 10,4; 11,5; 13,3; 14,4; 16,3; 16,7; 20,1; 21,4; 22,1; 22,6; VII 1,1; 2,1; 3,2; 3,4; 6,2; 8,1; 9,4; 13,3; 14,6; XII 2,5; 4,4; 7,2; 18,1; 19,5; 20,4; 22,2; 25,4; 26,4 – Constantinus Caesar (Constantini filius) IV 37,5. Constantius (Constantini pater) IV 14,6; VI 4,5; 7,3; 8,2; 14,4; VII 3,3; 5,1; 14,3; VIII 21,1; IX 6,1; 14,1; 21,2; XII 4,3; 24,4; 25,3 – (Constantini filius) III 3,2; 4,6. Cornelia VII 13,4. Coruncanii II 9,5. Cottiae > Alpes. Crassus III 16,2. Cretensis terra II 4,5. Creticus (agnomen) II 5,4. Crispus IV 36,3. Croesus IX 16,1. Curii II 9,5; X 14,2. Cydones VI 8,1. Cyllarus VI 8,5. Dacia VIII 3,3. Dalmatae III 9,1. Damon II 17,1. Danubius III 7,3; VIII 2,1; 3,3; XI 16,4; XII 21,3. Delos II 4,5; IX 18,2 – Deliacus (mercator) IX 12,2. Diocletianus VIII 21,1; IX 21,2; X 3,1; 7,5; 8,6; 11,6; 14,4; XI 3,4; 7,2; 11,4. Dirae II 42,3. Eleusina III 9,3. Emathia II 46,3. (Ennius) XI 16,3.

Index Panegyrici Latini II–XII

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Epirotae III 9,1. Eruli X 5,1; 5,2; 5,4; XI 7,2. Etruria III 5,3. Etsch > Athesis. Eumenius IX 14,5. Euphrates IX 18,4; X 2,6; 7,5; XI 6,6. Europa III 27,2. Fabricii II 19,5. Falaris II 29,4. Falerna (vina) II 14,1. Fama IV 32,4; VII 1,3; XI 8,3. Farus II 33,4. Flaminius circus IX 7,3. Flavia Aeduorum (Augustodunum) V 1,1; 2,1; 14,5. Florentia (Augustodunum) V 14,5. Fortuna II 8,1; 9,1; 23,4; 27,3; 40,2; 40, 3; 41,1; 42,2; III 27,2; IV 26,1; 26,5; VI 2,5; 3,3; 21,3; IX 14,2; X 8,5; XI 18,4; XII 15,6. Fortunatorum insulae III 23,1; VI 7,2. Francia VI 6,2; 10,2 – Francus VIII 21,1; XII 24,2 – Franci IV 17,1; VI 5,3; 11,3; VII 4,2; VIII 17,1; 17,2; 18,3; IX 18,3; XI 5,4; 7,2. Frisius VIII 9,3. Fronto VIII 14,2. Fulvius Nobilior IX 7,3. Gabinii III 19,2. Gallaicus II 28,2. Gallienus VIII 10,1. Gallia II 24,4; 24,6; 38,2; III 4,5; 27,2; V 2,4; 3,3 (2x); VI 6,2; X 5,1; 6,1; XI 4,2 – Galliae II 2,1; 11,4; 47,5; III 3,1; 4,3; IV 14,1; 38,3; V 2,5; 4,2; VII 8,3; VIII 6,1; 9,2; 12,1; IX 5,3; 6,1; X 7,4; XII 21,5 – Gallus II 46,3 – Galli II 23,1; III 4,1; IV 37,4; IX 14,1; X 14,3 – Gallicus VIII 18,5 – Gallicanus V 4,2 (rebelles); 5,5 (census); VIII 12,1 (mercatores). Gargara II 4,4. Gauranus mons II 4,4. Geli XI 17,2. Gennoboudes X 10,3. Germania III 4,3; VII 8,5; VIII 3,3; X 7,2; 9,1; XI 16,4; XII 21,5 – Germani V 3,2; VI 6,4 – Germanicus X 9,2 (spolia); XI 5,3 (trophaea); XII 21,5 (Alba). Gesoriacensis VIII 6,1; 14,4.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Gipedes XI 17,1. Glaucus IX 17,4. Gomphi XII 6,1 – Gomphenses XII 6,2. Gothus II 11,4; 32,4; VIII 10,4 – Gothi II 22,3; VI 2,2; XI 17,1 (2x). Gracchus VII 13,4. Graecia III 8,1; VIII 18,3; IX 7,3; XII 5,1; 24,1 – Graecus VI 19,2; X 11,3 – Graeculus VI 19,3; XII 6,1. Gratianus II 24,4; 28,5 (2x); 42,3. Guntinensis transitus VIII 2,1. Hadria (mare) III 9,1. Hadrianus (divus) II 4,5; 11,6. Haemona II 37,1. Halamanni > Alamanni. Halanus II 11,4; 32,4. Hannibal II 8,4; 8,5; 32,1; VII 13,5; X 8,1; XI 9,4; 10,1; XII 15,5. Hellespontus VI 13,4. Heraclidae X 9,4. Hercules II 4,5; IV 16,6; 36,2; VII 8,2; 11,3; VIII 4,1; IX 7,3 (3x); 8,1; 8,3; 18,5; X 1,2; 1,3 (2x); 2,1; 4,2; 11,6; 13,4; 13,5; XI 3,6; 4,2; 9,5; 10,5; 14,4; 16,2 – Heracles (Musagetes) IX 7,3 – Herculeus II 44,5; X 1,3; 7,6; 10,2 – Herculius (cognomen) VII 2,5; VIII 4,1; IX 8,1 (2x), 8,3; 10,2; 16,2; X 13,3. Heruli > Eruli. Hiberia XI 9,5. Hibernia VI 7,2 – Hiberni VIII 11,4. Hiberus II 10,2; X 2,1. Hispania II 4,2; 4,4; 4,5;38,2; V 3,1; VIII 18,5 – Hispaniae IV 17,1 – Hispanus II 24,5 – Hispana II 8,4 (tentoria); 10,2 (tecta). Hister II 5,2; 10,2; 33,4; III 7,1; 9,1; VI 2,2; IX 18,4; X 2,6; XI 6,6. Honoris templum IX 7,1. Hortensius II 18,3 – Hortensii (oratores) II 1,4. Hunus > Chunus. Ianiculum II 9,7. Ilienses V 3,1. Illyricum II 11,4; 39,2; III 6,2; 9,4; VI 14,6; XII 5,1 – Illyrii IV 20,1. Indus II 22,2; VIII 5,2 – Indus rex X 10,3 – Indi VI 9,4 – Indicus II 44,5; IX 12,2. Iovius VIII 4,1; IX 10,2; 16,2; X 13,3. Iris VI 8,5.

Index Panegyrici Latini II–XII

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Italia II 35,4; 46,4; IV 17,3; 19,3; 27,5; 32,5; VI 14,6; VII 10,3; VIII 10,3; 18,5; IX 14,1; X 2,2; 8,1; XI 2,4; 4,2; 10,2; 10,4; XII 3,7; 7,3; 14,2; 19,5; 24,2; 25,3; 25,4 – Italus II 24,5 – Itali VI 19,2 – Italae matres XI 10,3 – Italicus XII 25, 2 (portus); IV 17,3 (expeditiones); II 23,2 (genus). Iulia (Polia Florentia ~ Augustodunum) V 14,5. Iulianus III 4,5 (2x); 5,4; 8,3; 13,3; 14,4; 30,4. Iuliae (Alpes) II 38,2; 40,1; XI 9,3 – Iulia claustra II 30,2. Iuno VI 22,6; IX 10,2. Iuppiter II 4,5; V 13,6; VI 7,3; 8,5; 22,6; VII 12,6 (2x); VIII 4,1; IX 10,2; 18,5; X 2,5; 4,2; 6,4; 6,5; 7,5; 11,6; 12,6; XI 10,5; 14,2 (3x); 14,4; 16,2 – I. Capitolinus II 9,5; VI 15,6; VII 8,7; X 13,4 – I. Stator X 13,4. Iuthungi VIII 10,4. Iuventa XI 3,6. Lacedaemones X 9,4 – Lacedaemonii IV 36,2. Laetus VIII 21,1. Lanciones IV 18,1. Lentulus (Cn.) II 23,2. Liber II 44,5; VI 9,2; 9,4. Libya III 27,2; VIII 18,3; IX 21,1. Lingonica victoria VI 6,3 – Lingonicum solum 8,21,1. Londiniense oppidum VIII 17,1. Lucifer VIII 4,2. Lucullus II 18,3. Lydia II 4,4. Lynceus IV 11,5. Macedonia III 9,4 – Macedones IV, 20,1 (2x), XII 5,1 – Macedonicus (agnomen) II 5,4 – Macedonicum regnum II 39,4. Maeniana IX 2,1; 9,2; 9,4; 17,2 – Maenianae scholae IX 3,2. Maeotis II 16,3; 16,4 – Maeotiae paludes VIII 18,5. Magnus > Alexander, Pompeius. Mamertini V 3,1. Mamertinus (Cl.) III 17,4. Manilii III 20,1. Marcellinus II 35,1. Mareoticum (mare) III 9,1. Marius II 46,1; VII 13,5; XII 20,3. Mars II 23,2; IV 7,1; VI 12,2; VIII 15,3; IX 17,1; X 5,2 – Martii strepitus IV 30,4; Martiae kalendae VIII 3,1.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Massilia V 3,1; VI 18,6; 19,1; 19,4. Mauritania VII 8,6 – Maurus II 5,2 – Mauri II 45,5; VIII 5,2; IX 21,2; XI 17,1. Maximianus VII 1,1; 2,1; 3,3; 7,1; 7,3; 7,5; 7,6; 10,2; 11,1; 12,6; 13,3; 14,6; VIII 13,3 (2x); 21,1; IX 21,2; X 10,4; XI 3,6; 7,1; 11,4; XII 3,4; 4,3 – Maximianus Caesar IX 21,2. Maximus (Q.) XII 15,5 – Maximi X 14,2 – Maximus (tyrannus) II 24,4; 38,1; 40,3; 41,2; 42,3; 45,1; 45,2 (2x); 45,4. Medi XII 5,3. Mediolanum XII 7,5; 7,8 – Mediolanenses XI 12,2 – Mediolanense pala­ tium XI 11,1. Megaera II 35,1. Mercurius VI 9,4; IX 17,1. Merobaudes II 28,4. Merogaisus VI 11,5. Mevania II 4,4. Midas IX 16,1. Minerva IX 9,4; 10,2. Misericordia IX 7,1. Mithridaticum bellum VIII 11,3. Moenus VI 13,2. Monoecus (Hercules) XI 4,2. Mucius (Scaevola) III 16,2; 16,3. Mulvius pons XII 17,1. Musae IX 6,2; 7,3 (4x); 8,3. Musagetes (Heracles) IX 7,3. Mutina IV 27,1. Natura II 19,3 (2x); 22,2; 23,1; 25,6; 28,1; VI 9,2; 17,3; 19,2; VII 3,3; VIII 20,5; X 7,3; XI 2,4; 7,4; XII 21,5; 26,1. Nepotianus III 13,3. Neptunus VIII 7,1; IX 17,1. Nerva II 11,6. Nervius V 6,1. Nicer VI 13,2. Nicopolis III 9,2. Nilus II 33,4; VI 9,4; IX 21,1; XI 6,6 – Niliaca trophaea VIII 5,2. Noricum VIII 10,2. Numae II 20,3. Numantini (agnomen) II 5,4.

Index Panegyrici Latini II–XII

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Oceanus II 2,1; 4,3; 22,2; 27,5; III 23,1; IV 17,1; V 3,3; VI 5,2; 5,4; 7,2; 13,1; VII 7,6; VIII 4,2; 6,1; 6,4; 11,2 (2x); 11,4; 13,4; 14,4; 17,4; 18,3; 20,3; 20,5; IX 18,3; 20,2; X 2,1; 2,6; 11,7; 12,2; 12,3; 12,6; XI 6,6; 16,5; XII 25,2. Octavius XII 20,3. Ormies XI 17,2. Pactolus II 4,4; V 14,1; IX 16,1. Padus XII 14,2; 15,1. Palatium II 21,1; X 13,2 – Palatinus II 21,3 (aedes); X 2,1 (iugum); VI 16,1 (sacrarium). Palladium III 6,4. Pallanteus X 1,3. Palmyrenus VIII 10,2. Pannonia II 32,4; X 2,2; XI 4,2 – Pannoniae II 11,4; VIII 10,2. Parrhasius VII 6,3. Parthus VIII 3,3; 10,2; XI 5,4 – Parthi IV 24,6; XII 5,3. Paulus II 8,4; VI 10,7. Pegasus II 39,5. Peloponnesus III 9,4. Persae IV 38,3; VI 8,1; 13,4; VIII 7,1; 10,4; X 7,5; 10,6; XI 17,2 – Persis II 22,4; IX 21,1 – Persicus IX 21,2 (arcus); X 9,2 (dona). Perses II 32,1; VI 10,7. Philippea castra II 8,4. Phocaeus iuvenis II 17,1. Picti VI 7,2; VIII 11,4. Pinaria familia X 1,3. Pinthias II 17,1. Piraticum bellum VIII 11,3. Pirithous II 17,1. Poenus II 46,3; XI 10,2. Polia (Iulia Polia Florentia ~ Augustodunum) V 14,5. Pompeius Magnus (Cn.) VII 5,2; XII 8,1 – Pompeii II 46,2 – Pompeianus XII 8,1 – Pompeianum theatrum XII 21,3. Pontus VI 2,2; VIII 18,3. Probus (divus) VIII 18,3. Punicum bellum V 3,1; VII 13,5; VIII 11,3; XI 19,5. Pylia senectus VI 21,4. Pyrenaeus II 4,3 – Pyrenaei montes V 3,3. Pyrrhus II 32,1. Pythias IX 16,2.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Quadi VIII 10,4. Quirites XI 19,5. Raetia VIII 3,3; 10,2; X 9,1; XI 5,4 – Raeticus XI 7,1 (laurea); XI 16,1 (expeditiones). Remus (et Romulus) X 13,1. Remus (aut Nervius) V 6,1. Rhenus II 5,2; V 2,4; 3,3; VI 6,4; 11,1; 11,3; 11,4; 13,1; 13,2; 18,2; VII 4,2; 8,4; VIII 2,1; 8,1; 13,3; IX 18,4; 21,1; X 2,6; 7,3; 7,4; 7,7 (2x); XI 6,6; XII 2,6; 3,2; 5,5; 21,3; 21,5; 22,3; 22,6. Rhodanus V 2,4; 3,3; VI 18,4; 18,6. Roma II 45,7; 47,3; 47,5; III 15,4; IV 3,3 (2x); 6,1; 6,6; 13,1; 13,2; 15,7; 26,5; 29,4; 31,1; 35,2; 36,1; 38,6; VII 8,8; 10,3; 10,5; VIII 14,1; IX 17,3; X 1,4; 2,1; 13,1; 14,1; XI 12,1; XII 7,7; 14,2; 15,3; 18,1; 20,3; 25,3. Romanus (subst.) V 3,1; VIII 16,3 – Romani V 3,4; VI 6,2; VIII 11,2; 19,2; XI 16,5; XII 5,3. Romanus (adj.) VIII 20,2; X 7,7 – amicitia VI 10,7; arma VIII 11,4; bellum IV 15,4 – campus XI 19,5 – carminis primus auctor (Ennius) XI 16,3 – circus VI 22,5 – dignitas II 20,6 – dux II 5,4; 22,4; 32,4; 33,1; IX 7,1 – eloquentia VIII 14,2; IX 19,4 – exercitus II 31,1; V 3,3; VII 2,4 – fastigium II 6,2 – felicitas IV 37,5 – fraternitas V 3,2 – VIII 21,2 – hostis II 32,4 – imperium II 14,2; 22,2; 33,5; 45,3; III 3,1; 15,2; IV 30,5; V 3,3; VI 2,2; 6,2; 10,5; VII 13,2; 14,1; VIII 16,3; X 1,5; 7,2; XI 13,4; XII 1,3 – ingenia XII 1,2 – (iustitia) VI 10,7 – legio VIII 12,1 – libertas II 20,5; 20,6; III 6,1 – limes X 9,1 – lux II 3,2; VIII 10,1; IX 18,3 – magnitudo IV 38,3 – manus II 36,3 – mater II 19,2 – miles XII 5,3; 24,2 – moenia IV 17,3 – motus II 33,1 – nationes VI 5,3 – nomen II 3,3; 7,4; 22,2; 35,4; V 2,4; 3,1; X 2,2; 4,2 – oppida III 8,4 – orbis VIII 10,4; XI 6,3 – pila II 23,2 – plebs XII 4,4 – poeta (Vergilius) XI 14,2 – populus III 14,5; 16,1; IV 35,3; VI 1,2; VII 8,7; X 1,5; XII 17,3; 18,3; 25,2 – populi R. fratres vel fraternum nomen V 2,4; 3,1; VI 22,4; IX 4,1 – potentia VIII 3,3; 17,3; X 8,1 – princeps IX 4,1; XI 18,2 – provinciae X 7,3 – res II 3,5; 39,4; VII 2,2; VIII 11,3; IX 19,4 – res publica III 30,4; VII 5,2; 13,5; VIII 20,2 – rura VIII 1,4 – senatus populusque IV 30,4; XII 19,5 – signa VII 8,4; VIII 11,4 – vexilla II 32,4 – vires V 4,3 – urbs (Roma) III 14,1 – urbes III 5,2; V 4,4. Romulus X 13,1; XII 18,1 – Romulus falsus (Maxentius) XII 18,1 – Romuli II 20,3. Rostra XI 19,5. Rufii XI 17,2. Ruricius IV 25,4; 25,7.

Index Panegyrici Latini II–XII

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Sacae XI 17,2. Sagyntos V 3,1. Salustiani horti XII 14,4. Saône > Arar. Sarda gramina II 25,4. Sarmatia VIII 10,4; XI 5,4 – Sarmaticus (agnomen) II 5,4 – Sarmaticus II 5,2 (caedes); XI 7,1 (laurea); VIII 5,1; XI 16 (expeditiones); II 10, 2 (tabernacula). Sarraceni II 22,3; XI 5,4. Saturnus IX 18,5. Savus II 34,1. Saxo II 5,2 – Saxonicus (agnomen) II 5,4. Scaevola (Mucius) III 16,2 – Scaevolae III 20,1. Scaldis VIII 8,1. Scipio (P.) VII 13,5; X 8,1; 8,6; XII 15,3 – Scipiones II 7,4 – > Africanus. Scotus II 5,2. Scythae II 22,3 – Scythicae nationes II 32,3. Segusienses IV 17,3; 21,1; 22,2. Sequana VIII 14,4. Servii III 20,1. Severus XII 3,4. Sicilia V 3,1 – Siciliensis (specula) IV11,5. Silvanus III 13,3. Siscia II 34,1. Socrates IX 16,2. Spartana gymnasia II 13,4; Spartanae tibiae XII 1,4. Subalpini XII 6,1. Sulla (Felix) II 46,1; XII 20,4; 21,1 – Sullae II 7,4 – Sullana factio VII 13,5. Syracusae VIII 18,3. Syria X 7,5; XI 4,2; 7,1; 19,5 – Syriae VIII 10,2 – Syri XII 5,3 – Syrus mercator IX 12,2. Tagus V 14,1. Taifali XI 17,1. Tanais II 22,3. Tarquinius II 20,4; 20,6. Taurinates XII 6,5; 7,3 – Taurinates campi XII 6,2 – Taurini IV 22,2. Tauromenitana litora II 26,4. Taurus (mons) II 33,4. Terra V 13,6 (mater); X 12,6 – Terrigenae X 4,2. Tervingi XI 17,1.

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Index Panegyrici Latini II–XII

Thebae II 4,5. Theodosius II 11,4; 47,5. Thessalia XII 6,1 – Thessalus VI 17,2 – Thessalicus pulvis II 39,4. Thracia III 13,3; 14,1; VIII 21,1. Thybris XII 18,1. Thyle ultima VI 7,2. Tiberis II 39,4; IV 28,4; 30,1; 32,7; XII 16,3; 17,2 (2x); 21,5; > Thybris. Tigris VIII 3,3; XI 6,6. Tingitanum litus XI 16,5. Titanes XI 3,4. Titus (divus) II 11,6. Traianus (divus) II 4,5; 11,6. Transalpinus sermo II 1,3 – Transalpina Gallia V 3,3. Transpadana provincia XII 7,7. Transrhenana victoria XI 7,2 – Transrhenanae expeditiones XI 16,1. Trasimennus XI 10,3. Treviri VIII 21,1. Tricassinus ager V 6,1 – Tricassinum solum VIII 21,1. Tubantes IV 18,1. Tulli II 20,3. Tullii II 1,4 (> Cicerones). Tuscus XII 21,5. Tyrrhenum mare II 4,3; III 9,1 – Tyrrhena pabula X 2,1. Vachalis II 5,2. Valerius (P.) III 30,3. Vallio II 28,4. Vandali XI 17,1. Vecta insula VIII 15,1. Veneti XII 15,3. (Vergilius) XI 14,2; XII 12,3. Verona IV 25,1; 25,3; 25,7; XII 8,1 – Veronenses XII 8,2. Vesper VIII 4,2. Vestales III 13,3 – Vestale secretum II 21,3. Victoria II 39,1; IV 32,4; VI 8,5; 21,4. Vindonii campi VI 4,2. Vindonissa VI 6,3. Virtutis templum IX 7,1. Xerses VIII 7,1; XII 10,1.