Die römischen Kaiser: lateinisch-deutsch
 3538035237, 9783538035232

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SAMMLUNG

TUSCULUM

Wissenschaftliche Beratung: Niklas Holzberg, Rainer Nickel, Karl-Wilhelm Weeber, Bernhard Zimmermann

S. A U R E L I U S V I C T O R

DIE RÖMISCHEN KAISER LIBER DE CAESARIBUS Lateinisch - deutsch

Herausgegeben, übersetzt u n d erläutert von Kirsten G r o ß - A l b e n h a u s e n u n d M a n f r e d F u h r m a n n

ARTEMIS & W I N K L E R

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek D i e Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

3., verbesserte A u f l a g e © 2009 Patmos Verlag G m b H & C o . K G Artemis & W i n k l e r Verlag, Düsseldorf Alle Rechte vorbehalten. Printed in G e r m a n y I S B N 978-3-538-03523-2 www.artemisundwinkler.de

INHALT

Text und Übersetzung (M. Fuhrmann)

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ANHANG

Einführung (K. Groß-Albenhausen) 151 Erläuterungen (K. Groß-Albenhausen) 172 Zum Text (M. Fuhrmann) 284 Stammtafeln (K. Groß-Albenhausen) 285 Karten des Römischen Reichs 288 Chronologisch geordnetes Verzeichnis der Kaiser (K. Groß-Albenhausen) 294 Literaturhinweise (K. Groß-Albenhausen) . . . 299 Register (K. Groß-Albenhausen) 305

TEXT U N D Ü B E R S E T Z U N G

LIBER DE CAESARIBUS

Historiae abbreviatae ab Augusto

Ottaviano,

id est a fine Titi Livii, usque ad consulatum

decimum

Constantii Augusti et Iuliani Caesaris tertium.

Anno urbis septingentésimo fere vicesimoque, duobus etiam, mos Romae incessit uni prorsus parendi. Namque O c t a v i a n u s , patre Octavio, atque adoptione magni avunculi C a e s a r i s ac mox procerum consulto ob victoriam partium placide exercitam A u g u s t i cognomento dictus, illectis per dona militibus atque annonae curandae specie vulgo ceteros haud difficulter subegit. Eoque modo annis quattuor circiter et quadraginta actis morbo Nolae consumptus, adiectis imperio civium Raetis Illyricoque, ac pacata exterarum gentium ferocia nisi Germaniae, quamquam tertius post N u m a m victo Antonio Ianum clauserit, quod iure Romano quiescentibus bellis accidebat. Mores viro civiles lepidique flagrante haud modice luxuria ludorumque cupidine atque ad somnum intemperantie. Doctorum, qui abunde erant, necessariorumque percultor, cum eloquentiae studio ac

DIE RÖMISCHEN

KAISER

Kurzgefaßte Geschichte, beginnend mit Augustus Octavianus, d. h. vom Ende des Titus Livius an, bis zum zehnten Konsulat des Augustus Constantius und zum dritten des Caesars Julian.

Im 720. Jahre der Stadt ungefähr, mit noch zweien dazu, setzte sich in R o m der Grundsatz durch, einem einzigen zu gehorchen. Denn Octavianus, nach seinem Vater Octavius und wegen der Adoption durch seinen Großonkel mit dem Beinamen Caesar sowie bald darauf gemäß einem Beschluß der Vornehmsten, da er von seinem Sieg im Parteienkampf milde Gebrauch gemacht hatte, mit dem des Augustus benannt, konnte, nachdem er durch Geschenke die Soldaten und durch den Anschein, sich um die Getreideversorgung zu kümmern, die Massen geködert hatte, die übrigen ohne Schwierigkeit gefügig machen. Als er sich auf diese Weise etwa 44 Jahre behauptet hatte, raffte ihn in Nola eine Krankheit dahin; er hatte damals zum Römerreich Raetien und Illyrien beigesteuert und die Wildheit der auswärtigen Völker - außer Germanien - gebändigt, wiewohl er als Dritter nach Numa, als Antonius besiegt war, das Janustor schließen konnte, wie es der römische Brauch, wenn die Waffen ruhten, mit sich brachte. Der Mann hatte ein umgängliches und heiteres Wesen, wobei er nicht wenig von Vergnügungssucht und Gier nach Spielen entbrannt war sowie von einem maßlosen Schlafbedürfnis. Den Gelehrten, die es reichlich gab, und seinen Freunden ein eifriger Förderer, fühlte er sich er-

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1,6 - 2,3

religionibus mire attineretur, pater patriae ob clementiam ac tribunicia potestate perpetuo dignus habitus; hincque uti deo Romae provinciisque omnibus per urbes celeberrimas vivo mortuoque tempia, sacerdotes et collegia sacravere. Felix adeo (absque liberis tarnen simulque coniugio), ut Indi, Scythae, Garamantes ac Bactri legatos mitterent orando foederi.

Dein C l a u d i u s T i b e r i u s N e r o , in Augusti liberos e privigno redactus arrogatione, ubi, quae metuebantur, satis tuta animadvertit, imperium complexus est, cuius nomen astu abnuebat: subdolus et occultior, hisque saepe simulando infensus, quae maxime cuperet, et insidiose deditus, quae odio erant; ingenio ad repentina longe acriore; bonis initiis deinde perniciosus, quaesitissimis in omnem fere aetatem sexumque libidinibus, atque atrocius puniens insontes noxios, suos pariter externosque. Adhuc dum urbes et conventus exsecratur, Capreas insulam quaesiverat flagitiis obtentui. Q u a r e solutis militiae artibus direpta pleraque iuris Romani; nihilque praeter Cappadocas idque inter exordia in provinciam subactum remoto rege Archelao; compressaque Gaetulorum latrocinia,

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staunlich stark durch das Studium der Beredsamkeit sowie durch religiöse Dinge angezogen. Als Vater des Vaterlandes galt er wegen seiner Milde, und er wurde unbefristet der tribunizischen Amtsgewalt für würdig befunden. Demgemäß weihte man ihm wie einem Gott in Rom und in allen Provinzen, in den volkreichsten Städten, zu Lebzeiten und nach seinem Tode Tempel, Priester und Priesterkollegien. Er hatte so sehr eine glückliche Hand, wenn man von den Kindern und zugleich von seiner Ehe absieht, daß die Inder, Skythen, Garamanten und Baktrer Gesandte entboten, die um einen Bündnisvertrag nachsuchten. Darauf hat Claudius Tiberius Nero, als Stiefsohn durch Adoption unter die Kinder des Augustus aufgenommen, als er, was bedrohlich schien, für hinlänglich sicher erkannte, die Herrschaft übernommen, deren Titel er aus Berechnung ablehnte; er war verschlagen und ziemlich undurchschaubar, indem er sich oft stellte, dem abgeneigt zu sein, was er am meisten begehrte, und hinterhältig dem zugetan schien, was er haßte; er zeigte bei plötzlichen Ereignissen einen überaus scharfen Verstand. Nach guten Anfängen war er später verderblich; er frönte den gesuchtesten Lüsten bei ziemlich jedem Alter und Geschlecht, und er strafte allzu furchtbar Unschuldige und Schuldige, die Seinen ebenso wie Außenstehende. Überdies hatte er, da er Städte und Menschenansammlungen verabscheute, die Insel Capri ausersehen, seine Laster zu verbergen. Da sich demzufolge die militärische Zucht lockerte, wurden weite Gebiete der römischen Staatsgewalt ausgeplündert, und nichts außer Kappadokien - und zwar in den Anfängen - erhielt den Status einer Provinz, indem man den König Archelaus entfernte; Einhalt geboten

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M

"3.5

quae Tacfarinate duce passim proruperant. Simul Marobodus callide circumventus, Sueborum rex; neque minus contractas undique cohortes praetorias, quae dispersae proximis municipiis seu Romae quaeque per domos habebantur, in castra apud urbem redegit, qua tenebantur praefecturam appellane, vel augens, praetorio; nam ceteros paritorum praesidesque Augustus instituerai.

Igitur Claudio febri an insidiis oppresso, cum imperium tres atque viginti, aevi octogesimum uno minus annos egisset, G a i u s C a e s a r cognomento C a l i g u l a aventibus cunctis deligitur, maiorum gratiae parentisque. Namque per filiam proavus Augustus, genere materno Agrippa, Drusus, Germanici pater, e quo is oriebatur, avi erant. Quorum modestia atque immaturo, absque Octaviani, interitu vulgus, simul matris fratrumque, quos vario Tiberius exitio interceperat, permovebatur. Qua causa nitebantur omnes casum tantae familiae lenire adolescentuli spe, tum quia natus in exercitu (unde cognomentum calceamento militari quaesiverat) legionibus carus acceptusque habebatur. Praeterea prudentissimus quisque similem fore suis credebat; quod longe secus quasi naturae lege, quae crebro tamquam ex industria malos e bonis, agrestes ex doctioribus et ceteros

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wurde den Raubzügen der Gätuler, die unter der Führung des Tacfarinas überallhin ausgegriffen hatten. Zugleich wußte man Marbod schlau in die Falle zu lokken, den K ö n i g der Sueben; ebenso wurden von überallher die Prätorianerkohorten zusammengezogen, die verstreut in den nahegelegenen Landstädten oder in R o m abteilungsweise in Quartieren untergebracht waren: er ließ sie in ein Lager am Rande der Stadt verlegen, w o sie nunmehr ihre Behausung hatten. Hiermit stiftete er die Prätorianerpräfektur, oder er vergrößerte sie; denn die übrigen Arten von Sicherheitskräften und deren Befehlshaber hatte schon Augustus eingesetzt. A l s Claudius dem Fieber oder einem tückischen Anschlag erlag, nachdem er 23 Jahre die Herrschaft ausgeübt und 79 Jahre gelebt hatte, wird Gaius Caesar mit dem Beinamen Caligula auf allgemeinen Wunsch hin auserkoren, dank der Vorfahren und des Vaters. Denn Urgroßvater war durch seine Tochter Augustus; mütterlicherseits war Agrippa, ferner Drusus, der Vater des Germanicus, von dem er abstammte, Großvater. Deren maßvolles Wesen und - von Octavianus abgesehen frühzeitiges Ende beeindruckten die Menge sehr, und ebenso das der Mutter und der Brüder, die Tiberius durch verderbliches Tun verschiedener A r t hinweggerafft hatte. Daher waren alle bestrebt, das Unglück einer solchen Familie durch den hoffnungsvollen jungen Mann zu mildern, auch weil er im Feldlager geboren war (daher hatte ihm der Soldatenstiefel den Beinamen verschafft) und die Legionen ihn schätzten und gern annahmen. Außerdem glaubten alle Verständigen, er werde den Seinen ähnlich sein - was sich durchaus nicht so verhält, gleichsam auf Grund eines Naturgesetzes, das oft gewissermaßen mit Absicht Bösewichter aus Guten,

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CAESARIBUS

3,6-3,12

huiuscemodi seu contra gignit. Q u o demum exemplo sapientium plures caruisse liberis utilius duxere. Ceterum in Caligula haudquaquam vero plurimum aberant, quippe qui diu immania animi ita pudore ac parendi specie obtexerat, uti merito vulgaretur neque meliores fámulos ñeque atrociorem dominum ilio fuisse. Denique nactus potestatem, uti talia ingenia recens soient, anni mensibus egregia ad populum, inter patres, cum militibus gessit; delataque coniuratione quasi minus credens praedicavit vix convenire in eum, cuius vita nullius oneri aut incommodo esset. Sed repente caesis primum vario facinore innocentium paucioribus tamquam beluae hausto sanguine ingenium exeruit; itaque deinceps triennium consumptum, cum senatus atque optimi cuiusque multiplici clade terrarum orbis foedaretur. Quin etiam sororum stupro ac matrimoniis illudens nobilibus deorum habitu incedebat, cum Iovem se ob incestum, ex choro autem Bacchanali Liberum assereret. Neque secus contractis ad unum legionibus spe in Germaniam transgrediendi conchas umbilicosque in ora maris Oceani legi iussit, cum ipse nunc fluxo cultu Venerioque interesset, nunc armatus spolia a se non ex hominibus, sed caelestium

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Rohlinge aus Gebildeten und anderes dieser Art sowie das Gegenteil erzeugt. Wegen solcher Fälle haben manche Philosophen es für zuträglicher gehalten, auf Kinder zu verzichten. Da waren sie bei Caligula keineswegs sehr weit von der Wahrheit entfernt: er hatte ja lange Zeit das Ungeheuerliche seines Trachtens so gut hinter Scheu und vorgetäuschtem Gehorsam verborgen, daß sich mit Recht die Meinung verbreitete, es habe weder bessere Diener noch einen entsetzlicheren Herrn als ihn gegeben. Kurzum, er tat, an die Macht gelangt, wie es bei solchen Charakteren zu Anfang üblich ist, ein paar Monate eines Jahres lang Hervorragendes dem Volk gegenüber, unter den Vätern, bei den Soldaten; als ein Komplott angezeigt worden war, erklärte er, als glaubte er es nicht, das könne kaum ihm gelten, dessen Leben niemandem zur Last falle oder von Nachteil sei. Doch plötzlich, nachdem er zum ersten Male einige Unschuldige durch Verbrechen verschiedener Art ermordet hatte, zeigte er, als habe er wie ein Raubtier Blut geleckt, sein wahres Wesen, und daraufhin vergingen drei Jahre, in denen der Erdkreis durch vielfältigen Untergang des Senats und aller vortrefflichen Männer besudelt wurde. Ja, er stolzierte, nachdem er seine Schwestern geschändet und vornehme Ehefrauen entehrt hatte, in Göttergewändern einher, wobei er versicherte, er sei wegen des Inzests Jupiter, auf Grund seines Bacchantinnenchores jedoch Liber. Nicht anders ließ er, nachdem er die Legionen wie zu einem Zuge nach Germanien an einen Ort zusammengezogen hatte, an der Küste des Ozeans Muscheln und Meerschnecken suchen, während er selbst bald in einem wallenden Gewände und wie Venus gekleidet teilnahm, bald in voller Bewaffnung erklärte, er hole sich

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3.12 -3,17

capi dictitaret, scilicet quod huiuscemodi pisces Graecorum dicto, quis augendi omnia Studium est, Nympharum lumina accepisset. His elatus dominum dici atque insigne regni nectere capiti tentaverat. Q u a causa auctore Chaerea moti, quibus Romana virtus inerat, tanta pernicie rempublicam confosso eo levare; relatumque excellens Bruti facinus eiecto Tarquinio foret, si per Q u i rites modo militia exerceretur. Verum ubi cives desidia externos barbarosque in exercitum cogéré libido incessit, corruptis moribus libertas oppressa atque habendi auctum Studium. Interim dum senatus decreto gentem Caesarum, etiam muliebri sexu, omnemque affinitatem armati persequuntur, forte Vimius, ortus Epiri, centurio e cohortibus, quae palatium per opportunos locos obsidebant, Titum Claudium occultantem se repperit deformi latebra protractatoque eo exclamat apud socios, si sapiant, adesse principem. Et sane quia vecors erat, mitissimus videbatur imprudentibus; quae res adversum nefariam patrui Neronis mentem auxilio ñeque apud fratris filium Caligulam invidiae fuit; quin etiam militares plebisque ánimos conciliaverat, dum flagrante suorum dominatione ipse con-

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Beute nicht von den Menschen, sondern von den H i m m lischen, weil er nämlich gehört hatte, daß derartige Meerestiere von den Griechen, die dazu neigen, alles zu übertreiben, Nymphenaugen genannt würden. Hierdurch erhoben hatte er versucht, sich «Herr» nennen zu lassen und sich das Zeichen der Königsherrschaft ums Haupt zu winden. Daher haben von Chaerea angestiftete Leute, die noch römischen Mannesmut besaßen, den Staat von diesem furchtbaren Verderben befreit, indem sie Caligula erdolchten, und die hervorragende Tat des Brutus, die Vertreibung des Tarquinius, wäre wiederholt worden, wenn allein durch Quiriten der Militärdienst geleistet würde. D o c h wo den Bürgern aus Verdrossenheit der Sinn danach stand, Auswärtige und Barbaren ins Heer zu pressen, hatte der sittliche Niedergang zur Folge, daß die Freiheit unterdrückt wurde und das Besitzstreben wuchs. Inzwischen, während Bewaffnete auf Grund eines Senatsbeschlusses der Familie der Julier, auch der weiblichen Mitglieder, sowie der ganzen Verwandtschaft habhaft zu werden versuchen, findet zufällig Vimius aus Epirus, ein Zenturio der Kohorten, die den Kaiserpalast an geeigneten Stellen abriegelten, Titus Claudius, der sich an einem abstoßenden Ort verborgen hielt, und ruft, nachdem er ihn hervorgezogen hatte, seinen Waffenbrüdern zu, wenn sie Verstand hätten, dann sei hier ein Kaiser zur Stelle. U n d gewiß schien er, weil er verrückt war, den Ahnungslosen der mildeste zu sein. Dieser Umstand bewahrte ihn vor der niederträchtigen Gesinnung seines Onkels N e r o und befreite ihn zugleich bei seinem Neffen Caligula von Mißtrauen und hatte ihm sogar die Soldaten und die Herzen des Volkes gewonnen, da er, während die Tyrannei der Seinen entbrannt war, selber als

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3,18-4,2

temptui miserabilior haberetur. Talia plerisque memorantibus repente eum nullo retractante quae aderant turbae circumsistunt, simulque affluebant reliqui militum et vulgi magna vis. Quod ubi patres accepere, mittunt ocius si valerent ausum comprimere. Sed postquam variis tetrisque seditionibus civitas cunctique ordines lacerabantur, tamquam ex imperio omnes dedere se. Ita Romae regia potestas firmata proditumque apertius mortalium conatus vacuos a fortuna cassosque esse.

Igitur Claudius, quamquam ventri foede oboediens, vecors iuxta atque immemor pavidusque animi et ignavior esset, pleraque per formidinem tamen egregie consultabat, nobilitatis praecipue consiliis, quae metu colebatur: quippe stolidorum ingenia proinde agunt, uti monitores sunt. Denique bonis auctoribus compressa per eum vitia ac per Galliam Drysadarum famosae superstitiones; lata iura quam commodissima; curatum militiae officium; retenti fines seu dati imperio Romano; Mesopotamia per orientem, Rhenus Danubiusque ad septemtrionem et a meridie Mauri accessere provinciis, demptis regibus post Iubam; caesaque Musulamiorum manus; simul ultima occasus, Britanniae partes contusae, quam solam adiit, Ostia profectus mari; nam

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ziemlich beklagenswerter Mensch in Verachtung dahinlebte. Indem viele sich dies ins Gedächtnis riefen, umringten ihn plötzlich die Scharen der Anwesenden, ohne daß jemand dem widerstrebt hätte, und zugleich strömten noch die übrigen Soldaten sowie eine große Menge Volkes herbei. Als die Väter davon erfuhren, sandten sie eilends Vertreter aus, ob sie das Unterfangen zu verhindern vermöchten. Doch nachdem schlimme Unruhen verschiedener Art die Bürgerschaft mitsamt allen Ständen hin und hergerissen hatten, gaben alle wie auf Befehl nach. So wurde die königliche Gewalt in Rom bestätigt und noch deutlicher offenbart, daß die Unternehmungen der Sterblichen vom Glück verlassen und vergeblich sind. So pflegte denn Claudius, obgleich er in häßlicher Weise seinem Bauch ergeben, daneben verrückt und vergeßlich sowie schreckhaften Gemütes und ziemlich feige war, dennoch das meiste aus Furcht vorzüglich zu handhaben, vor allem auf Grund der Empfehlungen des Adels, dem er ängstlich Achtung zollte: Narrenseelen verhalten sich ja genauso, wie die Ratgeber sind. Vollends wurden von ihm nach guten Vorbildern Laster bekämpft sowie in Gallien der berüchtigte Aberglaube der Drysaden; es wurden möglichst zweckmäßige Rechtsgrundsätze eingeführt und Sorge für den Militärdienst getragen. Das Gebiet des römischen Reiches blieb bestehen oder erhielt Zuwachs: Mesopotamien kam im Osten, die Rhein- und Donaugrenze im Norden und im Süden Mauretanien zu den Provinzen hinzu, da die Königsherrschaft nach Juba abgeschafft wurde. Eine Schar Musulamier erlitt ein Blutbad; zugleich wurde der äußerste Westen, Teile von Britannien, niedergeworfen. Nur dorthin ging Claudius selbst, indem er sich von

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4.3 - 4.9

cetera duces curavere. Adhuc annonae egestas composita, quam Caligula invexerat, dum adactis toto orbe navigiis pervium mare theatris curribusque damno publico efficere contendit. Neque secus censu novato, cum senatu motis pluribus lascivum adolescentem, quem sibi probatum parens asseruerat, retinuisset, censorem et liberis patrem debere esse recte adiecerat. Ast ubi Messalinae coniugis simulque libertorum delinimentis, quibus semet dediderat, in pravum abstractus, non illa modo tyrannorum admissa, verum quae postremum genus mulierum atque servile quibat facere viro amenti dominoque. Namque uxor primo passim quasi iure adulteris utebatur; eoque exstincti cum suis plerique ingenio seu metu abstinentes, dum pervagatis mulierum artibus peti a se petitos criminatur. Dehinc atrocius accensa nobiliores quasque nuptas et virgines scortorum modo secum prostituerat; coactique mares, uti adessent. Q u o d si qui talia horruerat, afficto crimine in ipsum omnemque familiam saeviebatur. Namque Claudi-

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Ostia aus übers Meer auf den Weg machte; das übrige besorgten nämlich seine Feldherren. Überdies wurde die Getreideknappheit beigelegt, die Caligula hervorgerufen hatte, indem er sich bemühte, durch Schiffe, die er aus dem ganzen Erdkreis herbeigeholt hatte, das Meer zum Schaden der Allgemeinheit für Theateraufführungen und Wagenrennen zugänglich zu machen. Außerdem erneuerte Claudius die Bürgerlisten, und als er, obwohl er mehrere aus dem Senat entfernt hatte, einen ausschweifend lebenden jungen Mann bestätigte, von dem der Vater versicherte, er sei mit ihm zufrieden, da fügte er treffend hinzu, auch der Vater müsse Zensor seiner Kinder sein. Doch als er durch die Verführungskünste seiner Gemahlin Messalina und zudem seiner Freigelassenen, denen er gänzlich hörig war, zum Schlechten gedrängt wurde, kam es nicht nur zu den üblichen Untaten der Tyrannen, sondern auch zu Dingen, die nur der letzte Abschaum von Weibern und Sklaven zu begehen vermag, wenn der Gatte und Herr verrückt ist. Denn die Frau hatte zuerst wahllos, als sei sie hierzu berechtigt, Umgang mit Ehebrechern; daher wurden zahlreiche Männer mitsamt den Ihren beseitigt, die ihrer Wesensart entsprechend oder aus Furcht enthaltsam waren, indem sie mit der unter Frauen verbreiteten Heimtücke die von ihr Begehrten bezichtigte, sie sei von ihnen begehrt worden. Daraufhin hatte sie, noch heftiger entflammt, alle möglichen verheirateten Frauen höheren Ranges sowie Jungfrauen, als wären sie Dirnen, mit sich gemeinsam preisgegeben, und die Männer wurden gezwungen, dabei zu sein. Wenn aber jemand dergleichen ablehnte, dann wurde auf Grund einer falschen Beschuldigung gegen ihn und seine ganze Familie gewütet. Denn Clau-

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um, uti supra docuimus, natura performidolosum iniecto metu sui agitabant, maxime coniurationis; quo commento liberti etiam, quos vellent, perditum ibant. Qui primo sceleribus coniventes, ubi pares patronae facti sunt, earn quoque ignaro, quasi iubente tamen, domino per satellites interfecere. Et sane in id progressa mulier erat, uti animi ac pellicum gratia marito Ostiam profecto Romae nuptias cum altero frequentaret; et hinc notior, dum mirum videtur apud imperatorem viro quam imperatori nuptam esse. Ita liberti potestatem nacti summam stupris exilio caede proscriptionibus omnia foedabant, eoque herilem stultitiam perpulere, uti senex fratris filiam in nuptias concupisceret. Quae quamvis superiore absurdior haberetur iccircoque paria extimesceret, veneno coniugem interemit. Huius anno sexto, cum quattuordecim regnarit, octingentesimus urbis mire celebratus, visusque apud Aegyptum Phoenix, quam volucrem ferunt anno quingentésimo ex Arabis memoratos locos advolare; atque in Aegaeo mari repente insula ingens emersit nocte, qua defectus lunae acciderat. Ceterum funus, uti quondam in Prisco Tarquinio, diu occultatum, dum arte mulieris

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dius, der, wie wir oben dargetan haben, von Natur aus ungemein ängstlich war, versetzte man in Wallung, indem man ihm Furcht für sich selber einjagte, besonders wegen einer Verschwörung; mit diesem Vorwand richteten auch die Freigelassenen wen sie wollten zugrunde. Sie duldeten zunächst die Verbrechen ihrer Patronin, und als sie mit ihr auf gleichem Fuße standen, ließen sie auch sie durch Helfer umbringen, ohne Wissen, jedoch vorgeblich auf Befehl des Herrn. Und allerdings hatte sich die Frau so weit vorgewagt, daß sie, als sich ihr Ehemann zum Vergnügen und wegen seiner Mätressen nach Ostia begeben hatte, in Rom mit einem anderen Hochzeit feierte, und die Sache war deshalb ziemlich berüchtigt, weil es seltsam schien, daß sie beim Kaiser mit irgendeinem Manne statt mit dem Kaiser selbst verheiratet war. So besudelten die Freigelassenen im Vollbesitz ihrer Macht alles mit Schändungen, Verbannung, Mord und Achtungen, und die Narrheit ihres Herrn wußten sie dahin zu bringen, daß er, der alte Mann, die Tochter seines Bruders zur Frau begehrte. Diese galt als sonderbarer noch im Vergleich zur vorigen, und sie fürchtete daher ein gleiches Los; so tötete sie ihren Mann durch Gift. In dessen sechstem Regierungsjahr (er herrschte vierzehn Jahre) wurde auf prächtige Weise das achthundertjährige Bestehen der Stadt gefeiert, und in Ägypten zeigte sich der Phoenix, ein Vogel, von dem es heißt, daß er alle fünfhundert Jahre von Arabien her nach bestimmten Orten fliege, und im Ägäischen Meer tauchte plötzlich eine riesige Insel auf, in einer Nacht, in der eine Mondfinsternis stattgefunden hatte. Übrigens wurde der Tod, wie einst bei Tarquinius Priscus, lange verheimlicht, wobei die von den Künsten der Frau bestochenen Wächter so ta-

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4.15 - 5.5

corrupti custodes aegrum simulant atque ab eo mandatam interim privigno, quem paulo ante in liberos asciverat, curam reipublicae. Eo modo L. D o m i t i u s (nam id certe nomen N e r o n i , patre Domitio, erat) imperator factus est. Q u i cum longe adolescens dominatum parem annis vitrico gessisset, quinquennium tarnen tantus fuit, augenda urbe maxime, uti merito Traianus saepius testaretur procul differre cunctos principes Neronis quinquennio; quo etiam Pontum in ius provinciae Polemonis permissu redegit, cuius gratia Polemoniacus Pontus appellatur, itemque Cottias Alpes Cottio rege mortuo. Quare satis compertum est neque aevum impedimento virtuti esse; earn facile mutari corrupto per licentiam ingenio, omissamque adolescentiae quasi legem perniciosius repeti. Namque eo dedecore reliquum vitae egit, uti pigeat pudeatque memorare huiuscemodi quempiam, nedum rectorem gentium, fuisse. Q u i dum psallere per coetus Graecorum invento in certamen coronae coepisset, eo progressus est, uti neque suae neque aliorum pudicitiae parcens, ad extremum amictus nubentium virginum specie, palam senatu, dote data, cunctis festa more celebran-

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ten, als sei der Kaiser krank und habe unterdessen seinem Stiefsohn, den er kurz zuvor in die Zahl seiner Kinder aufgenommen hatte, die Sorge für den Staat anvertraut. Auf diese Weise wurde L. Domitius (denn so hieß Nero eigentlich, nach seinem Vater Domitius) zum Kaiser gemacht. Er, der in noch sehr jugendlichem Alter ebensolange an Jahren wie sein Stiefvater die Herrschaft innehatte, zeichnete sich immerhin fünf Jahre lang derart aus, zumal durch die Verschönerung der Stadt, daß Trajan mit Recht des öfteren bekräftigte, alle Kaiser blieben weit hinter Neros ersten fünf Jahren zurück. In dieser Zeit hat er auch Pontus im Einverständnis mit Polemon den Status einer Provinz verliehen (um seinetwillen ist der Name Polemonischer Pontus aufgekommen), und ebenso den Cottischen Alpen nach dem Tode von König Cottius. Hieraus geht deutlich genug hervor, daß das Alter kein Hindernis für Tüchtigkeit ist, daß diese jedoch leicht umschlägt, wenn Zügellosigkeit den Geist verdirbt, und daß dann die gleichsam übersprungenen Gepflogenheiten der Jugend desto unheilvoller nachgeholt werden. Denn den Rest seines Lebens verbrachte er in solcher Schande, daß man Ekel und Scham empfindet, von der Existenz eines derartigen Menschen zu berichten, und gar noch von der eines Lenkers der Völker. Er hatte mit dem Einfall angefangen, vor griechischer Zuhörerschaft zur Zither zu singen, wobei es um den Preis eines Kranzes ging; er trieb es so weit, daß er, ohne Schonung seiner oder fremder Scham, schließlich, nach Art einer Braut bekleidet, vor dem Senat unter Einbringung seiner Mitgift, während alle in der herkömmlichen Weise das Fest begingen, in die eheliche Gewalt eines

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5.5 - 5>Ï4

tibus in manum conveniret lecto ex omnibus prodigiosis. Q u o d sane in eo levius aestimandum. Quippe noxiorum vinctis modo pelle tectus ferae utrique sexui genitalia vultu contrectabat; exsector marium maiore flagitio. Atque inter haec matrem etiam contaminavisse plures habent, dum ea quoque ardore dominandi scelere quolibet subici filium cupit. Id ego quamquam scriptoribus diversa firmantibus verum puto. Namque ubi mentem invaserint vitia, nec quidquam verecundiae est et externis satiata immanius excitatur peccandi consuetudo; nova et eo dulciora affectans, ad extremum in suos agit. Q u o d his proditum magis, dum quasi quodam progressu illa per alteros ad patrui nuptias atque alienorum cruciatibus mariti exitium, hic paulatim ad sacerdotem Vestae, deinde se, postremo uterque in sui scelus processerint. Ñeque blandimentis talibus tarnen coalescere potuere, sed eo praeceps dati, dum insidiantur invicem, mater praeversa interiit. Igitur cum omne ius fasque parricidio trivisset ac magis magisque in optimos saeviretur, coniuravere plures varia sane tempestate ad liberandam rempublicam. Q u i s proditis caesisque immanior urbem

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Menschen eintrat, den er aus allen Unzüchtigen ausgesucht hatte. Doch sollte man das bei ihm nicht für allzu schlimm halten. Er machte sich nämlich bei Menschen, die Verbrechern gleich gefesselt waren, lediglich mit einem Tierfell bekleidet, mit dem Mund an den Genitalien beider Geschlechter zu schaffen; er betätigte sich mit noch größerer Schande als Beschneider von Männern. Und neben alledem habe er, berichten mehrere, sogar seine Mutter befleckt, wobei auch sie aus Herrschsucht ihren Sohn durch jedes beliebige Verbrechen sich zu unterwerfen bestrebt war. Dies halte ich, obwohl die Geschichtsschreiber sich verschieden dazu äußern, für wahr. Sobald nämlich Lasterhaftigkeit den Geist erfaßt hat, ist keine Scham mehr übrig und wird die Gewohnheit der Ausschweifungen, an Außenstehenden gesättigt, desto scheußlicher erregt; sie stellt, stets auf Neues und um so Verlockenderes erpicht, schließlich den Angehörigen nach. Dies wurde von ihnen um so mehr bestätigt, als sie, gleichsam in Stufen, Agrippina über andere zur Heirat des Onkels und - nach dem qualvollen Ende Dritter zum Verderben des Gatten, Nero aber allmählich zur Schändung einer Vestapriesterin, dann seiner selbst und beide schließlich zu wechselseitiger Entehrung fortschritten. Doch vermochten sie trotz solcher Genüsse nicht zusammenzufinden; sie wurden vielmehr jedes Halts beraubt, und während sie einander nach dem Leben trachteten, erlitt die Mutter, indem der Sohn ihr zuvorkam, den Tod. Nachdem nun Nero mit dem Muttermord alles Recht und Gesetz zuschanden gemacht hatte und dann mehr und mehr gegen die Tüchtigsten gewütet wurde, verschworen sich mehrere - allerdings zu verschiedenen Zeiten - , dem Staat die Freiheit zurückzugeben. Unge-

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5.14 - 6 , 1

incendio, plebem feris vulgo missis, senatum pari morte tollere decreverat, nova sede regno quaesita, maximeque incitante legato Parthorum, qui forte inter epulas aulicis, uti mos est, canentibus, cum sibi citharistam poposcisset, responso dato liberum esse, adiecerat sumeret ipse quem vellet e suis, ostentans, qui convivio aderant, quod liber sub imperio nullus haberetur. Ac ni Galba, qui Hispaniae praesidebat, cognito mandatum sui exitium quamquam senecta aetate imperio correpto subvenisset, tantum facinus haud dubie patraretur. Verum eius adventu desertus undique nisi ab spadone, quem quondam exsectum formare in mulierem tentaverat, semet ictu transegit, cum implorans percussorem diu ne ad mortem quidem meruisset cuiusquam officium. Hic finis Caesarum genti fuit: quem fore prodigiorum multa denuntiavere praecipueque eorum praediis arescens lauri nemus dicatum triumphantibus atque interitus gallinarum, quae adeo multae albaeque erant, aptioresque religionibus, ut iis Romae habeatur hodie locus.

At G a 1 b a, haud secus nobilis e gente clarissima Sulpiciorum, ubi Romam ingressus est, quasi luxuriae aut

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heuerlicher noch, nach deren Anzeige und Hinrichtung beschloß er, die Stadt durch eine Feuersbrunst, das Volk durch massenhaft losgelassene Raubtiere und den Senat durch einen Tod gleicher Art zu beseitigen; er suchte einen neuen Sitz für seine Herrschaft, und hierin bestärkte ihn besonders ein Gesandter der Parther, der einmal beim Mahl, während, wie üblich, die Hofleute aufspielten, den Kitharisten für sich verlangte; als er zur Antwort bekam, der sei frei, da fügte er hinzu, Nero möge von seinen Leuten nehmen, wen er wolle, wobei er auf die beim Mahl Anwesenden zeigte, weil ja in einer Monarchie niemand für frei galt. Und wenn nicht Galba, der Statthalter von Spanien, als er erfahren hatte, sein Tod sei in Auftrag gegeben, trotz seines hohen Alters dem angeschlagenen Reich zu Hilfe gekommen wäre, dann wäre zweifellos ein so ungeheures Verbrechen ausgeführt worden. Bei dessen Ankunft aber, von aller Welt verlassen, außer von einem Verschnittenen, den er einst kastriert und zu einer Frau zu machen versucht hatte, tötete er sich selbst durch einen Dolchstoß, da er, lange um einen Ausführenden bittend, nicht einmal zum Tode jemandes Hilfe erlangen konnte. Dies war das Ende des julischen Hauses. Dessen Bevorstehen hatten viele Zeichen angekündigt, und zwar vor allem das Verdorren eines auf den Gütern der Julier befindlichen Lorbeerhains, der den Triumphierenden geweiht war, und der Tod der Hühner, die sehr zahlreich und ganz weiß waren und besonders geeignet für religiöse Zwecke, so daß nach ihnen noch heute ein Platz in Rom benannt wird. Doch Galba, nicht weniger von vornehmer Abkunft, da aus dem erlauchten Geschlecht der Sulpicier, betrat Rom, als wäre er den Ausschweifungen oder gar der

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6,1 - 8,3

etiam crudelitati auxilio ventitavisset, rapere trahere vexare ac foedum in m o d u m vastare cuneta et polluere. Q u i s rebus intestabilior (dum gravius offendunt, quos mollius consultaturos spes erat), simul quia opes militum nimis pecuniae cupidus attenuaverat, O t h o n e auctore interficitur; qui praelatum adoptione eius Pisonem impatientius dolens accensas cohortes armatasque in forum deduxerat. Q u o cum lorica tectus Galba tumultum leniturus contenderet, ad lacum Curtium caesus est mense imperii ac die séptimo.

Igitur S a l v i u s O t h o , N e r o n i quondam criminose familiaris, haud multo fine adolescentiae grandior potentiam invadit. Q u a dies fere quinqué et octoginta praecognitis moribus potitus, postquam a Vitellio, qui e Gallia descenderat, Veronensi proelio pulsus est, mortem sibimet conscivit. Ita ad A u l u m V i t e l l i u m potestas delata, quae progressu funestior talibus initiis foret, si Vespasianus aliquamdiu Iudaeorum bello, quod Neronis iussu susceperat, impensius attineretur. Is ubi gesta per Galbam ipsumque oppressum accepit, simul quoniam legati Moesiae Pannonicique exercitus hortantium vénérant, imperium capit. N a m q u e milites praedicti, postquam O t h o n e m praetoriis, Vitellium Germanicianis legionibus factum comperere, aemuli, ut

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Grausamkeit zu Hilfe gekommen: er raffte, plünderte, beschädigte und verwüstete ein jedes Ding auf scheußliche Weise und schändete es noch. Hierdurch in seinem Halt geschwächt (denn diejenigen erregen um so heftigeren Anstoß, von denen man ein gelinderes Vorgehen erwartet hatte), zugleich weil er die Einkünfte der Soldaten aus allzu großer Geldgier gemindert hatte, wird er auf Betreiben Othos umgebracht; dieser hatte, allzu sehr davon getroffen, daß ihm Piso durch Adoption vorgezogen worden war, die erbitterten Kohorten in Waffen das Forum besetzen lassen. Als Galba, mit einem Schuppenpanzer bekleidet, dorthin eilte, den Aufruhr zu dämpfen, wurde er in der Nähe des Curtius-Sees erschlagen, im siebten Monat und am siebten Tage seiner Herrschaft. So ergriff Salvius Otho, einst einer der Schandfreunde Neros, noch nicht weit über das Ende der Jugend hinaus, die Macht. Nachdem er sie seiner zuvor bekannten Wesensart gemäß etwa 85 Tage ausgeübt hatte, wurde er von Vitellius, der aus Gallien herangezogen war, in einem Treffen bei Verona geschlagen: er nahm sich daraufhin selbst das Leben. So ging die Macht auf Aulus Vitellius über, die im Fortschreiten verderblicher noch als diese Anfänge gewesen wäre, wenn sich Vespasianus auf längere Zeit mit größerem Nachdruck dem Krieg gegen die Juden, den er auf Weisung Neros führte, gewidmet hätte. Als dieser von den Unternehmungen Galbas und von dessen Tode gehört hatte und zugleich, weil Gesandte aus Moesien und vom pannonischen Heer erschienen waren, die ihn ermunterten, riß er die Herrschaft an sich. Denn die genannten Soldaten hatten kaum erfahren, daß Otho durch die Prätorianer und Vitellius durch die germanischen Legionen erhoben worden sei, als sie, eifersüchtig

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8,3-8,8

inter se soient, ne dissimiles viderentur, Vespasianum perpulere, in quem iam Syriacae cohortes ob egregia vitae consenserant. Q u i p p e Vespasianus nova senator familia Reatinis maioribus industria rebusque pacis ac militiae longe nobilis habebatur. Huius legatorum in Italiam transgressu fusisque apud Cremonam suis Vitellius ab Sabino urbi praefecto, Vespasiani fratre, sestertium milies pepigerat arbitris militibus imperio decedere; sed postquam mox circumventum se nuntio ratus est, quasi renovato furore ipsum ceterosque adversae partis cum Capitolio, quod saluti remedium ceperant, cremavit. Ast ubi vera esse ac propinquare hostes patefactum est, productus e tugurio, quo se abdiderat, ianitoris iniecto laqueo parricidarum more ad scalas Gemonias perque eas pertractus; simul ictibus, quantum quisque valuerat, confosso corpore in Tiberim deicitur, tyrannidis octavo mense, annos natus septuaginta et quinqué amplius. Hi omnes, quos paucis attigi, praecipueque Caesarum gens adeo litteris culti atque eloquentia fuere, ut, ni cunctis vitiis absque Augusto nimii forent, tantae artes profecto texissent modica flagitia. Q u i s rebus quamquam satis constet praestare mores,

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aufeinander wie gewöhnlich, u m den anderen nicht nachzustehen, Vespasian den A n s t o ß gaben, auf den sich die syrischen Kohorten wegen seiner bewährten Vorzüge bereits geeinigt hatten. D e n n allerdings, Vespasian, Senator aus einer noch unbekannten Familie reatinischer Herkunft, galt wegen seiner Tüchtigkeit und seiner Leistungen in Krieg und Frieden schon lange als ausgezeichnet. A l s nun dessen Truppenführer in Italien eingerückt und des Vitellius eigene Leute bei Cremona unterlegen waren, verpflichtete sich dieser dem Stadtpräfekten Sabinus, dem Bruder Vespasians, gegenüber, für die Summe von 100 Millionen Sesterzen auf die Herrschaft zu verzichten, wenn die Soldaten zustimmten; doch als er bald darauf glaubte, er sei von einem Boten getäuscht worden, erneuerte er gleichsam sein Wüten und verbrannte Sabinus selbst und die übrigen Anhänger der Gegenpartei mitsamt dem Kapitol, das diese als Mittel für ihre Rettung besetzt hatten. A l s sich indes die Richtigkeit der Nachricht bestätigte und offenbar wurde, daß die Feinde heranrückten, zerrte man Vitellius aus dem Türhüterverschlag hervor, in dem er sich versteckt hatte, und schleifte ihn an einem Strick, als wäre er ein Vatermörder, zur Gemonischen Treppe und über sie hinab; alsbald wird er, von Stichen, so tief ein jeder zustoßen konnte, durchbohrt, in den Tiber geworfen, im achten Monat seiner Tyrannenherrschaft, im Alter von 75 Jahren. Alle diese Kaiser, die ich kurz berührt habe, und zumal die aus dem Hause der Julier, waren derart belesen und redegewandt, daß, wenn sie sich nicht - abgesehen v o n Augustus - allzu sehr jeder A r t von Lastern hingegeben hätten, diese großen Fähigkeiten gut und gern mäßige Schandtaten ausgeglichen hätten. Es steht zwar hinläng-

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8,8 - 9,7

tamen bono cuique, praesertim summo rectori, utroque, si queat, iuxta opus: sin aliter, vitae proposito immensum regrediente elegantiae saltem atque eruditionis sumat auctoritatem.

Hoc item ex genere V e s p a s i a n u s , sanctus omnia, facundiae haud egens promendis, quae senserat, exsanguem diu fessumque terrarum orbem brevi refecit. Namque primum satellites tyrannidis, nisi qui forte atrocius longe processerant, flectere potius maluit quam excruciatos delere, prudentissime ratus nefaria ministeria a pluribus metu curari. Dein coniurationum multas scelere inulto abscedere patiebatur, comiter, uti erat, stultitiae coarguens, qui ignorarent, quanta moles molestiaque imperio inesset. Simul divinis deditus (quorum vera plerisque negotiis compererat), successores fidebat liberos Titum ac Domitianum fore. Praeterea legibus aequissimis monendoque, quodque vehementius est, vitae specie vitiorum plura aboleverat. Infirmus tamen, uti quidam prave putant, adversum pecuniam, cum satis constet aerarli inopia ac labe urbium novas eum ñeque aliquamdiu postea habitas vectigalium pensiones exquisivisse. Namque

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lieh fest, daß es mehr auf den Charakter ankommt als auf die genannten Vorzüge; gleichwohl sollte jeder tüchtige Mann, und erst recht der höchste Lenker des Staates, wenn möglich, beides gleichermaßen besitzen; wenn nicht, dann sollte er sich, wenn die Lebensweise erheblich nachsteht, wenigstens durch sein feines Auftreten und seine Bildung Achtung verschaffen. Von eben dieser Art war Vespasian, ehrenhaft in allem, nicht um Worte verlegen darzutun, was er meinte: er brachte den in langer Zeit ausgebluteten und erschöpften Erdkreis bald wieder zu Kräften. Denn erstens hielt er es für besser, die Handlanger der Tyrannei, wenn sie nicht allzu brutal vorgegangen waren, auf seine Seite zu ziehen, statt sie nach Folterungen umzubringen, wobei er in höchst vernünftiger Weise der Meinung war, daß die meisten sich aus Furcht zu abscheulichen Diensten hergeben. Ferner ließ er zahlreiche Komplotte hingehen, ohne die Verbrecher zu bestrafen: gutmütig, wie er war, warf er den Leuten Dummheit vor, da sie nicht wüßten, welche Last und Lästigkeit mit dem Regieren verbunden sei. Er war zugleich Prophezeiungen zugetan, deren Richtigkeit er bei zahlreichen Angelegenheiten erprobt hatte, und glaubte daher, seine Söhne Titus und Domitian würden seine Nachfolger sein. Außerdem hatte er durch höchst angemessene Gesetze, durch Mahnen und, was mehr bewirkt, durch das Vorbild seiner Lebensführung ein gut Teil der sittlichen Verderbnis beseitigt. Er sei allerdings, nehmen manche fälschlich an, schwach gegenüber dem Geld gewesen; dabei steht hinlänglich fest, daß er, um der N o t der Staatskasse und dem Verfall der Städte abzuhelfen, neuartige und bald darauf wieder abgeschaffte Steuereinnahmen erfunden

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CAESARIBUS

9.7-9.12

Romae Capitolium, quod conflagravisse supra memoravimus, aedes Pacis, Claudii monumenta, amphitheatri tanta vis, multaque alia ac forum coepta seu patrata. Adhuc per omnes terras, qua ius Romanum est, renovatae urbes cultu egregio viaeque operibus maximis munitae et cavati montes per Flaminiam prono transgressui. Quae tot tantaque brevi confecta intactis cultoribus prudentiam magis quam avaritiam probavere; simul censu more veterum exercito senatu motus probrosior quisque, ac lectis undique optimis viris mille gentes compositae, cum ducentas aegerrime repperisset exstinctis saevitia tyrannorum plerisque. Ac bello rex Parthorum Vologesus in pacem coactus atque in provinciam Syria, cui Palaestinae nomen, Iudaeique annitente filio Tito, quem transgrediens in Italiani reliquerat externae militiae moxque victorem praefectura praetorio extulerat. Unde etiam is honos, ingens a principio, tumidior atque alter ab Augusto imperio fuit. Verum hac tempestate dum honorum honestas despectatur mixtique bonis indocti ac prudentibus inertes sunt, fecere nomen

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hatte. Denn in R o m wurden ja das Kapitol, dessen Einäscherung ich oben erwähnt habe, der Tempel der Pax, die Bauten des Claudius, die gewaltige Masse des Amphitheaters und vieles andere sowie auch ein Forum sei es in Angriff genommen, sei es vollendet. Zudem wurden in allen Ländern, soweit Roms Gesetze reichen, die Städte in erlesener Pracht erneuert, mit größter Kunst Straßen gebaut und längs der Via Flaminia Berge für eine unbehinderte Passage ausgehöhlt. Diese Unternehmungen, in solcher Zahl und Größe in kurzem ausgeführt, ohne daß die Bewohner herangezogen worden wären, legten eher von Klugheit als von Habgier Zeugnis ab. Zugleich prüfte er nach dem Brauch der Vorfahren die Bürgerlisten, und wer allzu belastet war, wurde aus dem Senat entfernt. Und dadurch, daß er von überallher die tüchtigsten Männer zuwählte, wurde die Zahl der adligen Familien auf tausend erhöht: er hatte deren mit knapper N o t noch zweihundert vorgefunden, da das Wüten der Tyrannen die meisten ausgelöscht hatte. Und in einem Krieg wurde der Partherkönig Vologesus zum Frieden gezwungen und der Teil Syriens, der Palästina heißt, mitsamt den Juden in eine Provinz übergeleitet, wobei der Sohn Titus die Ausführung übernahm, den Vespasian, als er nach Italien zog, zur Führung des auswärtigen Krieges zurückgelassen und bald darauf für seinen Sieg mit der Prätorianerpräfektur belohnt hatte. So kam es, daß dieses Amt, gewaltig schon von Anfang an, etwas aufgebläht und das zweite nach der kaiserlichen Gewalt war. Doch in unserer Zeit, da man die Würde der Ämter mit Füßen tritt und sich unter Tüchtige Unvorbereitete, unter Verständige Taugenichtse mischen, haben die meisten einen kraftlosen und den Armen gegenüber hochfahrenden Namen daraus ge-

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9,12 - ιο,έ

plerique potentia vacuum insolensque miseris, subiectum pessimo cuique et annonae specie rapax. Ceterum T i t u s postquam imperium adeptus est, incredibile quantum, quem imitabatur, anteierit, praesertim litteris clementiaque ac muneribus. Denique cum concessa per priores principes firmari ab insequentibus mos esset, simul imperium cepit, talia possidentibus edicto sponte cavit prospexitque. Ñeque minus sánete facilis in tuendis, qui forte in se coniuravissent, adeo ut, cum amplissimi ordinis duo abnuere cogitatum scelus nequirent patresque censuissent de confessis supplicium sumendum, deductos in spectaculum se utrimque assidere iusserit petitoque ex industria gladiatoris, quorum pugnae visebantur, gladio, quasi ad explorandam aciem uni atque alteri committeret. Quis perculsis et constantiam mirantibus: 'Videtisne', inquit, 'potestates fato dari frustraque tentari facinus potiundi spe vel amittendi metu?' Ita biennio post ac menses fere novem amphitheatri perfecto opere lautusque veneno interiit, anno aevi quadragesimo, cum eius pater septuagésimo obisset, imperator decennii. Huius sane mors adeo provinciis luctui fuit, uti generis humani delicias appellantes orbatum orbem deflerent.

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macht, jedem Lump anheimgegeben und ausbeuterisch unter dem Vorgeben der Getreidesteuer. Im übrigen ist unglaublich, wie sehr Titus, nachdem er die Herrschaft übernommen hatte, sein Vorbild übertraf, zumal durch seine Bildung und Milde sowie durch seine Gaben. Da es schließlich Brauch ist, daß Zugeständnisse früherer Kaiser von den nachfolgenden bestätigt werden, sicherte er unmittelbar nach dem Antritt der Herrschaft den Inhabern derartiger Rechte von sich aus durch einen Erlaß den Bestand zu und trat dafür ein. Mit nicht geringerem Edelmut war er bereit, die zu schonen, die ein Komplott gegen ihn geschmiedet hatten. Das ging so weit, daß er zwei Männer aus dem höchsten Stande, die das geplante Verbrechen nicht leugnen konnten und von denen die Väter erklärt hatten, an den Geständigen sei die Strafe zu vollziehen, ins Schauspiel führte und beiderseits neben sich Platz nehmen ließ; er verlangte mit Bedacht nach dem Schwert eines der Gladiatoren, deren Kämpfen man zusah, und gab es, als solle er die Schärfe erproben, dem einen wie dem anderen in die Hand. Als sie nun tief beschämt waren und über seine Unerschrokkenheit staunten, sagte er: «Seht ihr jetzt, daß Machtstellungen vom Schicksal verliehen werden und daß man vergebens, aus Hoffnung, sie zu gewinnen, oder aus Furcht, sie zu verlieren, Untaten begeht?» So ging er nach zwei Jahren und etwa neun Monaten, als das Werk des Amphitheaters vollendet war, nach einem Bade durch Gift zugrunde, im vierzigsten Lebensjahr, während sein Vater im siebzigsten gestorben war und als Kaiser nach einem Jahrzehnt. Sein Tod versetzte die Provinzen derart in Trauer, daß sie ihn den Liebling des Menschengeschlechts nannten und klagten, der Erdkreis sei verwaist.

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ιι,Ι - 11,7

Igitur D o m i t i a n u s fratris atque imperatoris optimi nece, privato scelere publicoque amentior, simul maculosae adolescentiae praedas caedem supplicia agere occepit. Maior libidinum flagitio ac plus quam superbe utens patribus, quippe qui se dominum deumque dici coegerit; quod confestim ab insequentibus remotum validius multo posthac deinceps rettulere. Sed Domitianus primo clementiam simulane ñeque adeo iners domi belloque tolerantior videbatur. Idcircoque Dacis et Cattorum manu devictis Septembrem Octobremque menses Germanici superiorem, e suo nomine alteram appellaverat; multaque operum inchoata per patrem vel fratris studio atque inprimis Capitolium absolvit. Dehinc atrox caedibus bonorum segnisque ridicule remotis procul omnibus muscarum agmina persequebatur, postquam ad libidinem minus virium erat, cuius foedum exercitium Graecorum lingua κλινοπάλην vocabat. Hincque iocorum pleraque: nam percontanti cuidam, quispiamne in palatio esset, responsum: N e musca quidem, nisi forte apud palaestram. Is ergo magis magisque saevitia nimius eoque suspectior etiam suis libertorum Consilio uxore non ignara, quae amorem histrionis viro praetulerat,

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Also begann Domitian, durch Tötung des besten Bruders und Kaisers, durch ein privates und zugleich öffentliches Verbrechen noch wahnwitziger gemacht, überdies durch seine Jugend geschändet, Beutezüge, Morde und Martern zu betreiben. Er war schlimmer noch durch seine scheußlichen Begierden und ging mehr als hochfahrend mit den Vätern um, da er sie zwang, ihn als «Herr» und «Gott» zu titulieren; dies, von den Folgenden eilends abgeschafft, führten die Späteren hernach in viel nachdrücklicherer Form wieder ein. Domitian heuchelte allerdings zunächst Milde und schien, da er nicht gänzlich untätig im Inneren und im Kriege war, einigermaßen erträglich. Und deswegen nannte er, nachdem er die Daker und eine Schar Chatten besiegt hatte, die Monate September und Oktober um: nach dem Namen des Germanicus den ersteren, nach seinem eigenen den anderen, und er führte zahlreiche Arbeiten, die von seinem Vater oder auf Betreiben des Bruders begonnen worden waren, und zwar vor allem das Kapitol, zu Ende. Dann aber, furchtbar durch die Ermordung Adliger und bis zur Lächerlichkeit untätig, jagte er, nachdem er alle Zeugen weit fortgewiesen hatte, Scharen von Fliegen, da er kaum noch über Kräfte für das Gelüste verfügte, dessen scheußliche Ausübung er mit einem griechischen Ausdruck κλινοπάλη (Bettringkampf) benannte. Und dies war die Ursache für allerlei Scherze. Denn als jemand fragte, ob wer im Palast sei, bekam er zur Antwort: «Nicht einmal eine Fliege, es sei denn am Ringplatz.» Er also, durch sein Wüten mehr und mehr ein Ungeheuer und daher auch von den Seinen stark beargwöhnt, erlitt nach dem Ratschluß der Freigelassenen und mit Wissen seiner Frau, welche die Liebe zu einem Schauspieler dem Manne vorgezogen hatte, seine Strafe,

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11,7- I2>3

poenas luit, quinto et quadragesimo vitae anno, dominationis circiter quintodecimo. At senatus gladiatorie more funus ferri radendumque nomen decrevit. Quo moti milites, quibus privatae commoditates dispendio publico largius procedunt, auctores necis ad supplicium petere more suo seditiosius coeperunt. Qui vix aegreque per prudentes cohibid tandem in gratiam optimatum convenere. Neque minus per se moliebantur bellum, quod his conversum imperium maestitiae erat ob amissionem praedarum per dona munifica. Hactenus Romae seu per Italiam orti imperium rexere, hinc advenae quoque; nescio an ut in Prisco Tarquinio longe meliores. Ac mihi quidem audienti multa legentique plane compertum urbem Romam externorum virtute atque insitivis artibus praecipue crevisse.

Quid enim N e r v a Cretensi prudentius maximeque moderatum? Qui cum extrema aetate apud Sequanos, quo tyranni decessit metu, imperium arbitrio legionum cepisset, ubi perspexit nisi a superioribus robustioribusque corpore animoque geri non posse, mense sexto ac decimo semet eo abdicavit, dedicato prius foro, quod appellatur Pervium, quo aedes Minervae eminentior consurgit et magnificentior. Id cum semper egregium sit metiri, quantum queas, neque ambitione praeceps agi, tum in

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im 45. Lebensjahr, etwa im fünfzehnten seiner Herrschaft. Der Senat aber beschloß, daß er nach Art eines Gladiators beerdigt und sein Name getilgt werden solle. Hierdurch aufgebracht, begannen die Soldaten, denen in recht reichlichem Maße private Vorteile auf öffentliche Kosten zu erwachsen pflegen, in ihrer Art sehr zudringlich die Urheber der Tötung zur Bestrafung zu fordern. Sie söhnten sich, kaum und mit N o t von besonneneren Leuten zurückgehalten, schließlich mit den Senatoren aus. Nichtsdestoweniger versuchten sie von sich aus einen Krieg anzuzetteln, weil sie der Wechsel in der Herrschaft betrübte, durch den ihnen mit den großzügigen Gaben ihre Beute verloren gegangen war. Bis zu dieser Zeit übten aus R o m oder Italien Stammende die Herrschaft aus, von jetzt an auch Fremde, vielleicht, wie bei Tarquinius Priscus, weit Bessere. Für mich, der ich viel gehört und gelesen habe, ist ganz und gar ausgemacht, daß R o m vor allem durch die Tüchtigkeit Auswärtiger und durch importierte Fähigkeiten groß geworden ist. Denn wer war verständiger als der Kreter Nerva, und so überaus maßvoll? Er hatte hochbetagt bei den Sequanern, wohin er aus Furcht vor dem Tyrannen ausgewichen war, von den Legionen dazu bestimmt, die Herrschaft übernommen. Als er einsah, daß sie nur von Männern ausgeübt werden könne, die an Geist und Körper tüchtiger und kräftiger waren, dankte er im sechzehnten Monat ab, nachdem er zuvor das Forum eingeweiht hatte, das Durchgangsforum heißt; dort erhebt sich ein recht großer und prachtvoller Minervatempel. Es ist immer etwas Besonderes, wenn jemand ermessen kann, was er vermag, und sich nicht durch Ehrgeiz blindlings vorantreiben läßt, und vor allem gilt dies für die Aus-

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12,3-13,6

imperio, cuius adeo cupidi mortales sunt, ut id vel ultima senectus avide petat. Hue accedit, quod suffecti virtute quantus Consilio esset, magis magisque patefecit. Namque U l p i u m T r a i a n u m Italica, urbe Hispaniae, ortum, amplissimi ordinis tamen atque etiam consulari loco, arrogatum accepit dedit. Hoc aegre clarior domi seu militiae reperietur. Quippe primus aut solus etiam vires Romanas trans Istrum propagavit domitis in provinciam Dacorum pileatis t satisque nationibus, Decibalo rege ac + Sardonios; simul ad ortum solis cunctae gentes, quae inter Indum et Euphratem amnes Ínclitos sunt, concussae bello, atque imperati obsides Persarum regi, nomine Cosdroe, et inter ea iter conditum per feras gentes, quo facile ab usque Pontico mari in Galliam permeatur. Castra suspectioribus atque opportunis locis exstructa, ponsque Danubio impositus, ac deductae coloniarum pleraeque. Adhuc Romae a Domitiano coepta forum atque alia multa plusquam magnifice coluit ornavitque, et annonae perpetuae mire consultum reperto firmatoque pistorum collegio; simul noscendis ocius, quae ubique e república gerebantur, admota media publici cursus. Q u o d equidem munus satis utile in pestem orbis Romani vertit posteriorum avaritia insolentiaque, nisi quod his annis suffectae

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Übung von Herrschaft, die von den Sterblichen derart begehrt wird, daß selbst das äußerste Greisenalter gierig danach strebt. Es kam hinzu, daß die Tüchtigkeit des von ihm Nachgewählten mehr und mehr offenbarte, wie groß seine Einsicht war. Denn den aus Italica, einer Stadt in Spanien, stammenden Ulpius Traianus - der gleichwohl dem höchsten Stande angehörte und sogar Konsular war - nahm und gab er als Adoptivsohn. Einen Glanzvolleren als ihn, im Frieden wie im Krieg, wird man schwerlich finden. Denn er hat ja als erster oder einziger die römische Macht über die Donau hinaus erweitert, indem er die Filzkappen tragenden Völkerschaften der Daker mitsamt König Decibalus in eine Provinz zwang; zugleich wurden im Osten alle Stämme, die zwischen Indus und Euphrat, zwei berühmten Flüssen, wohnen, mit Krieg überzogen und dem Perserkönig (er hieß Cosdroe) Geiseln abverlangt, auch unterdessen durch wilde Völker eine Straße angelegt, auf der man mühelos vom Schwarzen Meer bis nach Gallien gelangen kann. Kastelle wurden an einigermaßen gefährdeten und hierfür geeigneten Plätzen errichtet und eine Brücke über die Donau geschlagen sowie zahlreiche Kolonien gegründet. Zudem hat Trajan in Rom von Domitian begonnene Bauten, ein Forum und vieles andere, mehr als großzügig gefördert und ausgestattet, und für einen stetigen Getreidepreis traf er wunderbar Vorsorge, indem er als feste Einrichtung die Genossenschaft der Bäcker stiftete. Zugleich wurden, damit man rascher erfahren konnte, was überall im Reich geschah, Zwischenstationen der öffentlichen Post eingerichtet. Diese durchaus nützliche Maßnahme schlug wegen der Habgier und Unverschämtheit der Späteren zum Verderben des römischen Reiches aus - abgesehen davon, daß in

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13,6-13,13

vires Illyrico sunt praefecto medente Anatolio. Adeo boni malive in república nihil est, quod in diversum traduci nequeat moribus praesidentium. Aequus clemens patientissimus atque in amicos perfidelis, quippe qui Surae familiari opus sacraverit, quae Suranae sunt: usque eo innocentiae fidens, uti praefectum praetorio Suburanum nomine, cum insigne potestatis, uti mos erat, pugionem daret, crebro monuerit: 'Tibi istum ad munimentum mei committo, si recte agam; sin aliter, in me magis': quod moderatorem omnium vel errare minus fas sit. Quin etiam vinolentiam, quo vitio uti Nerva angebatur, prudentia molliverat, curari vetans iussa post longiores epulas. His virtutibus acto imperio annos prope viginti, cum terrae motu gravi apud Antiochiam ceteraque Syriae extremis afficeretur, rogatu patrum Italiani repetens morbo periit grandaeva aetate ascito prius ad imperium Hadriano civi propinquoque. Abhinc divisa nomina Caesarum atque Augusti inductumque in rempublicam, uti duo seu plures summae potentiae dissimiles cognomento ac potestate dispari sint. Quamquam alii Plotinae, Traiani coniugis, favore imperium assecutum putent, quae

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unserer Zeit Illyrien dank der heilenden Hand des Präfekten Anatolius wieder zu Kräften gekommen ist. In solchem Maße gibt es nichts Gutes oder Schlechtes in einem Staat, das nicht durch die Wesensart der Leitenden ins Gegenteil verkehrt werden könnte. Trajan war gerecht, mild, überaus langmütig und von großer Treue seinen Freunden gegenüber - er hat ja nach dem Vertrauten Sura ein Bauwerk benannt, die Suranae. Er war so sehr von seiner Integrität überzeugt, daß er den Prätorianerpräfekten namens Suburanus, als er ihm als Zeichen seiner Befehlsgewalt, wie üblich, einen Dolch überreichte, wiederholt aufforderte: «Den hier vertraue ich dir zu meinem Schutze an, wenn ich das Rechte tue, wenn nicht, dann eher zum Gebrauch gegen mich»: weil bei einem Gebieter über alle selbst ein Irrtum kaum verzeihlich ist. Ja sogar seine Trunksucht, ein Laster, das ihn wie Nerva bedrängte, hatte er durch seine Vorsicht wirkungslos gemacht: er verbot, sich um Befehle zu kümmern, die er nach einer längeren Mahlzeit erteilte. Er hatte mit diesen hervorragenden Eigenschaften nahezu zwanzig Jahre lang die Herrschaft ausgeübt, als ihn ein schweres Erdbeben bei Antiochien und im übrigen Syrien aufs härteste traf; er starb, während er auf Bitten der Väter nach Italien zurückkehrte, in hohem Alter an einer Krankheit, nachdem er zuvor seinen Mitbürger und Verwandten Hadrian an der Herrschaft beteiligt hatte. Von jetzt an trennten sich die Titel «Caesar» und «Augustus» in ihrer Bedeutung, und es kam die Verfassungsmaxime auf, daß es zwei oder mehr Inhaber der höchsten Gewalt mit verschiedener Titulatur und ungleichen Befugnissen geben solle. Allerdings glauben andere, Hadrian sei durch die Gunst Plotinas, der Gemahlin Trajans, an die Macht gekommen: sie habe

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CAESARIBUS

13.13 - !4>9

viri testamento heredem regni institutum simulaverat. Igitur A e l i u s H a d r i a n u s eloquio togaeque studiis accommodatior pace ad orientem composita Romam regreditur. Ibi Graecorum more seu Pompilii Numae caerimonias leges gymnasia doctoresque curare occepit, adeo quidem, ut etiam ludum ingenuarum artium, quod Athenaeum vocant, constitueret atque initia Cereris Liberaeque, quae Eleusina dicitur, Atheniensium modo Roma percoleret. Deinde, uti solet tranquillis rebus, remissior rus proprium Tibur secessit permissa urbe Lucio Aelio Caesari. Ipse, uti beatis locupletibus mos, palatia exstruere, curare epulas signa tabulas pictas; postremo omnia satis anxie prospicere, quae luxus lasciviaeque essent. Hinc orti rumores mali iniecisse stupra puberibus atque Antinoi flagravisse famoso ministerio ñeque alia de causa urbem conditam eius nomine aut locasse ephebo statuas. Quae quidem alii pia volunt religiosaque: quippe Hadriano cupiente fatum producere, cum voluntarium ad vicem magi poposcissent, cunctis retractantibus Antinoum obiecisse se referunt, hincque in eum officia supra dicta. Nos

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vorgegeben, daß er durch das Testament ihres Mannes zum Erben der Herrschaft erklärt worden sei. So begab sich Aelius Hadrianus, der mehr der Beredsamkeit und der bürgerlichen Bildung zugeneigt war, nach Rom zurück, sobald er im Osten für Frieden gesorgt hatte. Dort begann er, sich nach griechischem Brauch oder dem Beispiel des Numa Pompilius um die Kulte, die Gesetze, die Gymnasien und die Lehrer der Wissenschaften zu kümmern, und zwar so nachdrücklich, daß er auch eine Schule für die freien Künste, Athenaeum geheißen, gründete und Rom die Mysterien der Ceres und der Libera, die sogenannten Eleusinischen, nach Art der Athener feierte. Später zog er sich - wie es zu gehen pflegt, wenn alles ruhig ist - recht behaglich auf den ihm gehörigen Landsitz nach Tibur zurück, nachdem er die Verwaltung der Stadt dem Caesar Lucius Aelius überlassen hatte. Er seinerseits baute, wie üblich bei reichen Leuten in glücklichen Umständen, Paläste und ließ sich Schmausereien, Statuenschmuck und Gemälde angelegen sein; schließlich war er mit peinlicher Sorge auf alles bedacht, was zu einem luxuriösen, ausschweifenden Leben gehörte. So kamen böse Gerüchte auf: er habe junge Leute geschändet und sich von den übel beleumundeten Diensten des Antinous in Glut versetzen lassen, und aus keinem anderen Grunde sei eine nach dem jungen Mann benannte Stadt gegründet worden und habe Hadrian ihm Standbilder errichtet. Andere nehmen dies als Zeichen von Verehrung und Pietät: es heißt nämlich, Hadrian habe seinen Schicksalstag hinauszögern wollen, wofür indes die Wahrsager einen Freiwilligen an seiner Statt verlangten; Antinous aber habe sich, als alle sich weigerten, geopfert, und hierin hätten die erwähnten Maßnahmen zu seinen Ehren ihren

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M.?" 15.3

rem in medio relinquemus quamquam in remisso ingenio suspectam aestimantes societatem aevi longe imparilis. Interim Aelio Caesare mortuo, cum ipse animo parum valeret idcircoque despectui haberetur, ad creandum Caesarem patres convocat. Quibus propere accurrentibus forte Antoninum conspexit senis soceri aut genitoris anxios gressus levantem manu. Q u o mire oblectatus adoptatum legibus Caesarem iubet, statimque ab eo senatus, cui ludibrio fuerat, magnam partem necari. Ñeque multo post apud Baias tabe interiit, anno imperii absque mense vicésimo secundo, senecta viridiore. At patres ne principis oratu quidem ad Divi honorem eidem deferendum flectebantur; tantum amissos sui ordinis tot viros maerebant. Sed postquam subito prodiere, quorum exitium dolori erat, quique suos complexi, censent quod abnuerant.

Atque A u r e l i o A n t o n i n o cognomentum Pii. Hunc fere nulla vitiorum labes commaculavit. Vir veterrimae familiae, e Lanuvino municipio, senator urbis; adeo aequalis probisque moribus, uti piane docuerit neque iugi pace ac longo otio absoluta ingenia corrumpi, eoque demum fortunatas urbes fore, si

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Grund. Wir möchten dies unentschieden lassen, o b w o h l wir bei einem Temperament, das sich gehen läßt, den U m g a n g mit einem ganz Ungleichaltrigen für verdächtig halten. Unterdessen war der Caesar Aelius verstorben, und da Hadrian selbst sich in einer unguten seelischen Verfassung befand und deswegen nur noch wenig geachtet wurde, berief er die Väter zur Wahl eines Caesars ein. Als die eilends herbeiströmten, erblickte er zufällig Antoninus, wie er die unsicheren Schritte seines Schwiegervaters oder Vaters mit seinem A r m stützte. Hierüber wunderlich erfreut, ordnete er dessen gesetzliche A d o p t i o n als Caesar an und gab ihm sofort den Befehl, einen großen Teil der Senatoren, die ihn z u m Spotte gemacht hatten, zu töten. N i c h t viel später starb er in der N ä h e von Bajae an einer zehrenden Krankheit, im 22. Jahr (ein Monat fehlte noch) seiner Regierung, in ziemlich rüstigem Alter. Die Väter aber ließen sich nicht einmal auf Bitten des neuen Kaisers dazu herbei, ihm göttliche Ehren zuzuerkennen, so sehr waren sie über den Verlust vieler Männer ihres Ranges betrübt. D o c h als die plötzlich z u m Vorschein kamen, deren vermeintlicher Tod sie schmerzte, und die Ihren umarmten, da hießen sie gut, was sie zunächst abgelehnt hatten. Aurelius Antoninus aber trug den Beinamen Pius. Er blieb nahezu rein v o m Schmutz der Laster. Er war ein Mann aus sehr alter Familie, aus der Landstadt Lanuvium, Mitglied des Senats in Rom. Er zeigte solches Gleichmaß und ein so redliches Wesen, daß er geradezu als Beispiel dienen konnte, daß vollkommene Charaktere auch durch ständigen Frieden und langes Wohlleben nicht verdorben werden und daß Staaten erst dann glückselig sind, w e n n die Herrschaft der Weisheit ge-

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CAESARIBUS

15,4 - 16,6

regna sapientiae sint. Denique annis, quibus publica egit, viginti idem mansit, celebrato magnifice urbis nongentésimo. Nisi forte triumphorum expertem socordiae videtur; quod longe secus est, cum maius haud dubie sit ñeque quemquam turbare ausum composita ñeque ipsum ostentandi sui bellum fecisse quietis gentibus. Quin etiam maribus frustratus filiae viro reipublicae consultavit.

Namque M. Boionium, qui A u r e l i u s A n t o n i n u s habetur, eodem oppido, pari nobilitate, philosophandi vero eloquentiaeque studiis longe praestantem, in familiam atque imperium ascivit. Cuius divina omnia domi militiaeque facta consultaque; quae imprudentia regendae coniugis attaminavit, quae in tantum petulantiae proruperat, ut in Campania sedens amoena litorum obsideret ad legendos ex nauticis, quia plerumque nudi agunt, flagitiis aptiores. Igitur Aurelius socero apud Lorios anno vitae post quintum et septuagesimum mortuo confestim fratrem Lucium Verum in societatem potentiae accepit. Eius ductu Persae, cum primum superavissent, ad extremum triumpho cessere, rege Vologeso. Lucius paucis diebus moritur, hincque materies fingendi dolo consanguinei circumventum; quem ferunt, cum invidia gestarum rerum angeretur, fraudem inter

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hört. In den zwanzig Jahren, in denen er regierte, blieb er ganz derselbe, wobei er den 900. Gründungstag der Stadt durch eine prächtige Feier beging. Es könnte zwar als Beweis von Schlaffheit erscheinen, daß er keinen Triumph errang. Hiermit verhält es sich indes ganz anders: es zeugt zweifellos von mehr Größe, daß niemand wagte, den Frieden zu stören und auch er selbst nicht, um seine Stärke zu zeigen, Krieg anzettelte, während die Völkerschaften sich ruhig verhielten. Da ihm Söhne versagt blieben, traf er durch den Mann seiner Tochter Vorsorge für den Staat. Denn er nahm M. Boionius, der Aurelius Antoninus genannt wird, aus derselben Stadt und von gleichem Adel wie er, ihm jedoch durch seine Kenntnisse in Philosophie und Beredsamkeit weit überlegen, in seine Familie und in die Regierung auf. Bei diesem war alles göttlich, was er in Krieg und Frieden vollbrachte und beschloß. Dem tat nur die Unfähigkeit, seine Frau zu zügeln, Eintrag: sie hatte sich zu solcher Schamlosigkeit hinreißen lassen, daß sie bei ihren Aufenthalten in Kampanien an der lieblichen Küste lauerte, um sich aus den Seeleuten, die ja meist unbekleidet arbeiten, die für ihre schändlichen Gelüste Geeignetsten auszusuchen. Aurelius nun machte, als sein Schwiegervater nach Vollendung des 75. Lebensjahres zu Lorium gestorben war, eilends seinen Bruder Lucius Verus zum Teilhaber der Macht. Unter dessen Führung gaben die Perser, nachdem sie zuerst die Oberhand behalten hatten, schließlich Gelegenheit zu einem Triumph, während der Herrschaft des Vologesus. Lucius starb wenige Tage später; das gab Anlaß zu der Erfindung, eine List seines Bruders habe ihn zu Fall gebracht; dieser habe, heißt es, da die Erfolge des Lucius ihm quälenden Neid bereiteten,

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16,7 -

16,12

coenam exercuisse. Namque lita veneno cultri parte vulvae frustum, quod de industria solum erat, eo praecidit consumptoque uno, uti mos est inter familiares, alteram, qua virus contigerat, germano porrexit. Haec in tanto viro credere nisi animi ad scelus proni non queunt, quippe cum Lucium satis constet Altini, Venetiae urbe, morbo consumptum, tantumque Marco sapientiae lenitudinis innocentiae ac litterarum fuisse, ut is Marcomannos cum filio Commodo, quem Caesarem suffecerat, petiturus philosophorum turba obtestantium circumfunderetur, ne expeditioni aut pugnae se prius committeret, quam sectarum ardua ac perocculta explanavisset. Ita incerta belli in eius salute doctrinaeque studiis metuebantur; tantumque ilio imperante floruere artes bonae, ut illam gloriam etiam temporum putem. Legum ambigua mire distincta, vadimoniorumque sollemni remoto denuntiandae litis operiendaeque ad diem commode ius introductum. Data cunctis promiscue civitas Romana, multaeque urbes conditae deductae repositae ornataeque, atque inprimis Poenorum Carthago, quam ignis foede consumpse-

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seine Freveltat bei der Mahlzeit ausgeführt. Denn nachdem er einen Teil eines Messers mit Gift bestrichen hatte, zerschnitt er damit ein absichtsvoll beiseite gelegtes Stück Saugebärmutter, und als er die eine Hälfte davon gegessen hatte, reichte er, wie unter einander Nahestehenden üblich, die andere, die mit dem Gift in Berührung gekommen war, dem Bruder. Das können bei einem solchen Manne nur die für wahr halten, die selbst zu Verbrechen neigen, ist doch hinlänglich verbürgt, daß Lucius in Altinum, einer Stadt Venetiens, von einer Krankheit dahingerafft wurde. Und Marcus war bekanntlich derart der Weisheit, Milde, Lauterkeit und feinen Bildung zugeneigt, daß er, als er gemeinsam mit seinem zum Caesar nachgewählten Sohne Commodus gegen die Markomannen ausrücken wollte, von einer Schar Philosophen umringt wurde, die ihn beschwor, er möge sich nicht eher auf den Feldzug oder eine Schlacht einlassen, als bis er ihnen die schwierigen und tiefgründigen Lehren der Philosophenschulen erklärt hätte. So sehr fürchtete man die Ungewißheiten des Krieges um seines Lebens und um der gelehrten Studien willen, und in solcher Blüte standen unter seiner Herrschaft die Wissenschaften, daß ich gerade darin den Ruhm des Zeitalters erblicken möchte. Unklare Gesetzesbestimmungen wurden vorzüglich voneinander abgegrenzt, und nach Beseitigung der üblichen Gestellungsbürgschaften wurden in zweckmäßiger Weise Vorschriften für die Streitankündigung und die Einhaltung des Verhandlungstermins erlassen. Alle Bewohner erhielten ohne Unterschied das römische Bürgerrecht; viele Städte wurden gegründet, mit Siedlern versehen, wiederhergestellt und verschönert, darunter vor allem das punische Karthago, das eine Feuersbrunst

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LIBER DE

CAESARIBUS

16,12 - 17,5

rat, Asiaeque Ephesus ac Bithyniae Nicomedia constratae terrae motu, aeque ac nostra aetate Nicomedia Cereali consule. Triumphi acti ex nationibus, quae regi Marcomaro ab usque urbe Pannoniae, cui Carnuto nomen est, ad media Gallorum protendebantur. Ita anno imperii octavo decimoque aevi validior Vendobonae interiit, máximo gemitu mortalium omnium. Denique, qui seiuncti in aliis, patres ac vulgus soli omnia decrevere, templa columnas sacerdotes.

At filius saeva a principio dominatione detestabilior habebatur, praecipue per maiorum controversam memoriam; quae posteris usque eo gravis est, ut absque communi in impios odio quasi corruptores generis exsecrabiliores sint. Bello plane impiger; quo in Quados prospere gesto Septembrem mensem Commodum appellaverat. Moenia Romae potentia vix digna lavandi usui instituit. Immiti prorsus feroque ingenio, adeo quidem, uti gladiatores specie depugnandi crebro trucidaret, cum ipse ferro, obiecti mucronibus plumbeis uterentur. Cumque eo modo plures confecisset, forte eum Scaeva nomine, audacia ac robore corporis pugnandique arte pervigens, ab studio tali deterruit; qui spreto gladio, quem

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schrecklich heimgesucht hatte, ferner Ephesus in Asien und Nikomedien in Bithynien, die durch Erdbeben zerstört worden waren, ähnlich wie zu unserer Zeit abermals Nikomedien unter dem Konsulat des Cerealis. Triumphe fanden statt über Völker, deren Gebiet sich unter der Herrschaft des Marcomarus von der pannonischen Stadt namens Carnutum bis in die Mitte Galliens erstreckte. Dann verstarb er im achtzehnten Jahr seiner Regierung zu Vindobona, noch mittleren Alters, zum größten Leidwesen aller Sterblichen. Zu guter Letzt beschlossen die sonst stets Uneinigen, die Väter und das Volk, für ihn allein alles: Tempel, Ehrensäulen, Priester. Doch sein Sohn galt wegen seiner von Anfang an grausamen Herrschaft als um so verabscheuungswürdiger, besonders wegen des Kontrasts der Erinnerung an die Vorfahren: dies ist für die Nachkommen in dem Maße eine Last, daß sie - abgesehen von der allgemeinen Verhaßtheit Skrupelloser - als die Verderber ihres Geschlechts desto mehr verflucht werden. Im Kriegführen war er durchaus nicht untätig; nach einem erfolgreichen Feldzug gegen die Quaden hatte er den September in «Commodus» umbenannt. Gemäuer, die der Macht Roms kaum angemessen waren, richtete er zum Baden ein. Er war von ungehemmt grausamer und wilder Wesensart; das ging so weit, daß er oft Gladiatoren niedermetzelte, scheinbar auf Leben und Tod mit ihnen kämpfend, während er selbst mit Eisen, die ihm Preisgegebenen mit bleiernen Schwertern antraten. Und als er einmal mehrere auf diese Weise getötet hatte, schreckte ihn unversehens ein Mann namens Scaeva, ein an Wagemut, Körperkräften und Geschick im Kämpfen ungemein tüchtiger Mensch, von derlei Unternehmungen ab:

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LIBER DE

CAESARIBUS

17.5 - WO

inutilem cernebat, sufficere utrique ait, quo armabatur ipse. Eo metu, ne inter congressum, uti solet, extorto pugione conficeretur, Scaevam removit, atque ad alios formidolosior in feras beluasque ferociam convertit. Quis rebus cum insatiabilem sanguinis cuncti horrescerent, coniuravere in eum maxime proximus; quippe dominationi adeo fidus nemo, ipsique satellites, dum incestam mentem pronamque in saevitiam cavent, a quibus eorum potentia sustentatur, quoquomodo subruere tutius putant, et Commodum quidem primo occultatius veneno petivere, anno regni tertio fere atque decimo. Cuius vis frustrata per cibum, quo se casu repleverat; cum tarnen alvi dolorem causaretur, auctore medico, principe factionis, in palaestram perrexit. Ibi per ministrum ungendi (nam forte is quoque e Consilio erat) faucibus quasi arte exercitii bracchiorum nodo validius pressis exspiravit. Q u o cognito senatus, qui ob festa Ianuariorum frequens primo luci convenerat, simul plebes hostem deorum atque hominum radendumque nomen sanxere; confestimque praefecto urbi A u l o H e l v i o P e r t i n a c i imperium defertur.

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er wies das Schwert zurück, das, wie er sah, unbrauchbar war, und sagte, die Waffe, die der Kaiser führe, genüge für sie beide. D a fürchtete C o m m o d u s , er könne beim Kampf, wie es oft vorkommt, nachdem der Gegner ihm die Waffe entwunden habe, niedergemacht werden; er schickte Scaeva fort und wandte, anderen Gladiatoren gegenüber ängstlich gemacht, seine Wut wilden Tieren und Bestien zu. Als aller Welt vor ihm, dem an Blutdurst Unersättlichen, grauste, verschworen sich zumal Leute aus seiner nächsten Umgebung gegen ihn. Denn der Tyrannei gegenüber wahrt niemand vollauf die Treue, und selbst die Gefolgsleute halten es, während sie sich vor der scheußlichen und zu Grausamkeit geneigten Gesinnung derer fürchten, von denen ihre Macht abhängt, für sicherer, die Herrscher auf welche Art auch immer zu stürzen, und gegen C o m m o d u s gingen sie zunächst auf verborgenere Weise mit Gift vor, ungefähr im dreizehnten Jahr seiner Regierung. Dessen Wirkung wurde von dem Mahle vereitelt, mit dem er sich gerade vollgeschlagen hatte; als er immerhin über Bauchschmerzen klagte, begab er sich auf Anraten des Arztes, des Hauptes der Verschwörergruppe, auf den Ringplatz. Dort hauchte er durch Zutun des fürs Einsalben bestimmten Dieners (denn auch er war zufällig Mitglied des Komplotts) sein Leben aus: der Diener drückte ihm, wie nach den Regeln der Sportart, mit einer Umschlingung seiner Arme allzu kräftig die Kehle zu. Als das bekannt wurde, erklärten ihn der Senat, der sich wegen der Neujahrsfeier bei Tagesanbruch zahlreich versammelt hatte, sowie das Volk zum Feind der Götter und Menschen und setzten fest, daß sein N a m e zu tilgen sei, und eilends wurde dem Stadtpräfekten Aulus Helvius Pertinax die Herrschaft übertragen.

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l8,I - 20,1

Hic doctrinae omnis ac moribus antiquissimis, immodice parcus, Curios aequaverat Fabriciosque. E u m milites, quis exhausto iam perditoque orbe satis videtur nihil, impulsore D i d i o foede iugulavere octogésimo imperii die.

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A t D i d i u s (an S a l v i u s ?) I u l i a n u s fretus praetorianis, quos in societatem promissis magnificentioribus perpulerat, ex praefectura vigilum ad insignia dominatus processit. Genus ei pernobile iurisque urbani praestans scientia; quippe qui primus edictum, quod varie inconditeque a praetoribus promebatur, in ordinem composuerit. Hincque satis compertum cohibendae cupidini ingenium ni iuvet, eruditionem imbecillem esse, cum praeceptor et asper quidem rectius vivendi in facinus processerit, quod novo supplicio plectendum ediderat. N e q u e cupito tarnen potitus diu. N a m q u e eum acceptis illico, quae acciderant, Septimius Severus, qui forte Syriae legatus in extremis terris bellum gerebat, imperator creatus pontem proxime Milvium acie devicit; missique, qui fugientem insequerentur, apud palatium Romae obtruncavere.

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Igitur S e p t i m i u s , Pertinacis nece, simul flagitiorum odio, dolore atque ira commotior cohortes

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Dieser Mann war umfassend gebildet, höchst altertümlich in seinen Moralbegriffen und sparsam über alles Maß; er hatte es den Curiern und Fabriciern gleichgetan. Ihn haben die Soldaten, deren Begierde, so sehr das Reich ausgeplündert und ruiniert sein mag, keine Grenze kennt, von Didius angestiftet, auf scheußliche Weise umgebracht, am achtzigsten Tage seiner Herrschaft. Didius (oder Salvius?) Julianus wiederum gelangte, indem er sich auf die Prätorianer stützte, die er durch allzu großartige Versprechungen zu gemeinsamem Handeln mit ihm gedrängt hatte, von der Präfektur der Stadtwächter zu den Würden des Kaiserregiments. Er war von hochadliger Abkunft und zeichnete sich durch seine Kenntnis des städtischen Rechts aus; er hat ja auch als erster dem Edikt, das zuvor mit wechselndem Text und unübersichtlich von den Prätoren bekannt gegeben worden war, eine feste Ordnung verliehen. An ihm kann man deutlich genug ersehen, daß Gelehrsamkeit, wenn der Charakter nicht hilft, die Begierde zu zügeln, eine schwache Kraft ist, wo doch er, der Lehrmeister (und zwar ein strenger) eines sittlich besseren Lebens, zu einer Tat sich hinreißen ließ, die er selbst durch eine neue Art von Strafe bedroht hatte. Doch er konnte sich nicht lange des Ziels seiner Wünsche erfreuen. Denn unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Ereignisse wurde Septimius Severus, der gerade als Statthalter von Syrien in weit entfernten Gebieten Krieg führte, zum Kaiser erhoben; er besiegte Julian in der Nähe der Milvischen Brücke, und die Leute, die ausgesandt waren, dem Fliehenden nachzusetzen, erschlugen ihn in Rom in der Nähe des Palastes. So entließ Septimius, empört über die Ermordung des Pertinax und zugleich wegen der schändlichen Vorgänge

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CAESARIBUS

20,1 - 20,7

praetorias statim militia exemit cunctisque partium caesis Helvium senatusconsulto inter Divos refert; Salvii nomen atque eius scripta factave aboleri iubet; quod unum effici nequivit. Tantum gratia doctarum artium valet, ut scriptoribus ne saevi mores quidem ad memoriam officiant. Quin etiam mors huiuscemodi ipsis gloriae, exsecrationi actoribus est, cum omnes, praecipueque posteri, sic habent illa ingenia nisi publico latrocinio ac per dementiam opprimi non potuisse. Q u o bonis omnibus ac mihi fidendum magis, qui rure ortus tenui atque indocto patre in haec tempora vitam praestiti studiis tantis honestiorem. Q u o d equidem gentis nostrae reor, quae fato quodam bonorum parce fecunda, quos eduxerit tarnen, quemque ad sua celsos habet. Velut Severum ipsum, quo praeclarior in república fuit nemo; quem quamquam exacta aetate mortuum iustitio elogioque lugendum sanxere, struentes illum iustum nasci aut emori minime convenisse. Scilicet quod corrigendis moribus nimium, postquam ad veterum innocentiam quasi mentium sanitatem pervenerant,

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von Haß, Schmerz und Zorn erfüllt, die Prätorianerkohorten unverzüglich aus dem Dienst und erhob nach Beseitigung aller, die der Gegenpartei angehört hatten, Helvius Pertinax durch einen Senatsbeschluß zu den Göttern. Er befahl auch, den Namen des Salvius sowie dessen Schriften und Taten der Vergessenheit anheimzugeben - das einzige, das sich als undurchführbar erwies. So viel vermag das Ansehen der gelehrten Studien, daß bei Schriftstellern nicht einmal eine schlimme Wesensart das Andenken beeinträchtigen kann. Ja, ein Tod dieser Art bringt sogar ihnen selbst Ruhm, den Tätern Verfluchungen ein, da alle, zumal die Nachkommen, die Sache so ansehen, daß solche Geister nur durch Raub an der Allgemeinheit und in Raserei hätten ausgelöscht werden können. Daher dürfen alle Redlichen und auch ich desto mehr Zuversicht hegen - der ich, vom Lande und Kind eines einfachen und ungebildeten Mannes, meinem Leben in dieser Zeit durch umfängliche gelehrte Tätigkeit größeren Wert zu verleihen suchte. Das ist, glaube ich, eine Eigentümlichkeit unseres Volkes: es ist infolge einer Schicksalsfügung nur wenig fruchtbar an tüchtigen Leuten; doch die es hervorbringt, an denen werden ihm, an jedem auf seinem Gebiet, überragende Größen zuteil. Dies trifft auch auf Severus zu, dessen Vortrefflichkeit in unserem Staatswesen unerreicht geblieben ist; man beschloß, daß er, obwohl er in vorgerücktem Alter starb, durch Stillstand der Rechtspflege und rühmende Feiern zu betrauern sei, wobei man erklärte, ein so gerechter Mensch habe entweder nicht geboren werden oder nicht sterben dürfen. Denn allerdings: man hatte, solange er der öffentlichen Gesittung aufhelfen mußte, einen sehr strengen, nachdem man jedoch zur Lauterkeit der Alten wie zur gesunden Vernunft zurückgefunden hatte, einen

L I B E R DE CAESARIBUS

20,8 - 20,13

dementem habuere. Ita honestas, quae principio anxia habetur, ubi contigerit, voluptati luxuriaeque est. Pescennium Nigrum apud Cyzicenos, Clodium Albinum Lugduni victos coegit mori; quorum prior Aegyptum dux obtinens bellum moverat spe dominationis, alter Pertinacis auctor occidendi, cum eo metu in Britannos, quam provinciam a Commodo meruerat, transmittere niteretur, in Gallia invaserat imperium. Horum infinita caede crudelior habitus et cognomento Pertinax, quamquam ob vitae parsimoniam similem ipsum magis ascivisse plures putent: nobis mens ad credendum prona acerbitati impositum. Nam cum quidam hostium, quem tarnen, uti bellis civilibus solet, condicio loci ad Albinum detulerat, causa expósita novissime conclusisset: 'Quid, quaeso, faceres, si tu esses ?' ille respondit: 'Ea perferrem, quae tu.' Quo dicto factoque durius nihil bonis: cum sanctique huiuscemodi dissensiones, quamvis studiosius coeptas, fortunae increpent magisque in protegendis quam ad perdendos cives verum corrumpi patiantur. At iste delendarum cupidus factionum, quo deinceps mitius ageret, necessitudinem

D I E R Ö M I S C H E N KAISER

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milden Herrscher an ihm. So wird Ehrbarkeit, die man zunächst scheut, als Vergnügen und Genuß empfunden, sobald sie eingetreten ist. Den Pescennius Niger, der bei Kyzikos, und den Clodius Albinus, der bei Lugdunum besiegt worden war, zwang er zu sterben. Der Erstgenannte hatte als Statthalter von Ägypten in der Hoffnung auf die Herrschaft einen Krieg angezettelt; der andere, einer der Urheber der Ermordung des Pertinax, hatte sich, als er aus Furcht vor den Folgen nach Britannien, der Provinz, die er noch von Commodus erhalten hatte, überzusetzen Anstalten machte, in Gallien die Kaiserwürde angemaßt. Wegen des hierauf folgenden unendlichen Gemetzels galt Severus als übermäßig grausam; er erhielt daher den Beinamen Pertinax. Mehrere glauben allerdings, er selbst habe ihn wegen seiner ähnlich sparsamen Lebenshaltung angenommen; ich bin eher geneigt zu vermuten, daß er seiner Unnachgiebigkeit auferlegt wurde. Denn als einer seiner Feinde, den lediglich, wie oft in Bürgerkriegen, die örtlichen Gegebenheiten auf die Seite des Albinus verschlagen hatten, seine Sache darlegte und schließlich fragte: «Was, bitte schön, tätest du, wenn du hier stündest?», da antwortete er: «Ich würde erleiden, was du jetzt erleidest.» Härteres als diese Rede und Tat hätte es für Wohlmeinende nicht geben können, da doch einsichtsvolle Menschen derlei Zwistigkeiten, wenn sie auch mit allzu großer Hitze angezettelt werden, dem Schicksal zuweisen und lieber dulden, daß durch Schonung der Bürger - statt durch deren Vernichtung - von der Wahrheit abgewichen wird. Doch Severus, bestrebt, mit den Parteiungen aufzuräumen, um danach desto milder auftreten zu können, zog es vor, die unvermeidliche Tat jenes Man-

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20,13 - 20,22

facti ulcisci maluit, ne paulatim spe veniae in labem publicam per coniurationes procederetur, ad quas vitio temporum ánimos pronos intelligebat; ñeque ego abnuo ea delictorum, quae grassari immodice coeperint, plus paene quam severe excidenda esse. Felix ac prudens, armis praecipue; adeo, ut nullo congressu nisi victor discesserit auxeritque Imperium subacto Persarum rege nomine Aggaro. Neque minus Arabas, simul adortus ut est, in dicionem redegit provinciae modo. Adiabena quoque, ni terrarum macies despectaretur, in tributarios concessisset. O b haec tanta Arabicum, Adiabenicum et Parthici cognomento patres dixere. His maiora aggressus Britanniam, quoad ea utilis erat, pulsis hostibus muro munivit per transversam insulam ducto utrimque ad finem Oceani. Quin etiam Tripoli, cuius Lepti oppido oriebatur, bellicosae gentes submotae procul. Quae factu ardua facilius eo patrabantur, quo implacabilis delictis strenuum quemque praemiis extollebat. Denique ne parva latrocinia quidem impunita patiebatur, in suos animadvertens magis, quod vitio ducum aut etiam per factionem fieri vir experiens intelligeret. Philosophiae, declamandi, cunctis postremo liberalium deditus studiis; idem-

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nes zu ahnden, damit man nicht allmählich, in der Erwartung begnadigt zu werden, durch Verschwörungen ins allgemeine Verderben abgleite - hierzu bestand, wie er sah, bei der Schlechtigkeit der Zeiten einige Neigung. Auch ich möchte nicht bestreiten, daß man Verbrechen, die sich unmäßig zu verbreiten drohen, geradezu überstreng ausrotten muß. Severus hatte Glück und war umsichtig, vor allem bei Waffengängen - so sehr, daß er aus jeder Schlacht als Sieger hervorging und das Reich durch die Unterwerfung des Perserkönigs namens Aggar vergrößerte. Und ebenso brachte er die Araber, kaum daß er sie angegriffen hatte, zu provinzartiger Botmäßigkeit. Auch wäre Adiabena, müßte man nicht die Magerkeit der Böden verachten, tributpflichtig geworden. U m dieser bedeutenden Taten willen verliehen die Väter Severus die Beinamen Arabicus, Adiabenicus und Parthicus. Dann nahm er Größeres als dies in Angriff: er befestigte Britannien, soweit es von Nutzen war, nach Vertreibung der Feinde mit einer Mauer, die er quer durch die Insel führte, beiderseits bis zur Küste des Ozeans. Sogar von Tripolis, dessen Stadt Leptis seine Heimat war, wurden kriegerische Stämme weit zurückgedrängt. All das erreichte er, so schwierig es auszuführen war, desto leichter, als er, unversöhnlich Verbrechen gegenüber, alle Tüchtigen durch Belohnungen auszeichnete. Er ließ nicht einmal kleine Räubereien ungestraft durchgehen, wobei er seine eigenen Leute härter behandelte, weil er als erfahrener Mann wußte, daß dergleichen aus der Nachlässigkeit der Truppenführer oder auch aus Streitigkeiten hervorging. Er gab sich der Beschäftigung mit Philosophie, mit Rhetorik, kurz mit allen freien Künsten hin; auch stellte er, was er niederschrieb, ebenso

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CAESARIBUS

20,22 - 20,29

que abs se texta ornatu et fide paribus composuit. Legum conditor longe aequabilium. Huic tanto domi forisque uxoris probra summam gloriae dempsere, quam adeo famose complexus est, uti cognita libidine ac ream coniurationis retentaverit. Quod cum infimo turpe tum potentibus, et illi magis, cui non privati ñeque singuli aut flagitiosi, verum imperia et exercitus atque ipsa vitia concessere. N a m cum pedibus aeger bellum moraretur idque milites anxie ferrent eiusque filium Bassianum, qui Caesar una aderat, Augustum fecissent, in tribunal se ferri, adesse omnes, imperatoremque ac tribunos, centuriones et cohortes, quibus auctoribus acciderat, sisti reorum modo iussit. Quo metu cum stratus humi victor tantorum exercitus veniam precaretur: 'Sentitisne,' inquit, pulsans manu, 'caput potius quam pedes imperare?' Ñeque multo post in Britanniae municipio, cui Eboraci nomen, annis regni duodeviginti morbo exstinctus est. Ortus medie humili, primo litteris, dehinc imbutus foro; quo parum commodante, uti rebus artis solet, dum tentât aut exquirit varia melioraque, conscendit imperium. Ibi graviora expertus, labo-

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schmuckreich wie zuverlässig dar. Er erließ Gesetze von großer Billigkeit. So sehr tat er sich im Inneren und auswärts hervor, und doch nahmen ihm die Ausschweifungen seiner Frau die Spitze des Ruhmes: er hegte für sie eine derart verwerfliche Zuneigung, daß er sie trotz Kenntnis ihrer Zügellosigkeit und als Teilnehmerin an einer Verschwörung bei sich behielt. Das ist sowohl für den Niedrigsten ein Schimpf als auch für die Mächtigen, und erst recht für ihn, vor dem sich nicht nur Privatpersonen und einzelne, oder nur Verbrecher, sondern Königreiche und ganze Heere und die Laster selbst beugten. Denn als er einmal, an den Füßen leidend, den Krieg in die Länge zog und als die Soldaten dies unwillig aufnahmen und seinen Sohn Bassianus, der als Caesar dabei war, zum Augustus erhoben, ließ er sich aufs Tribunal tragen und hieß alle sich einfinden; er gab Befehl, den neuen Kaiser und die Tribunen, die Zenturionen sowie die Kohorten, die den Vorfall verursacht hatten, festzunehmen, als sollten sie angeklagt werden. Von Furcht ergriffen, warf sich das Heer, das über so viele Feinde gesiegt hatte, zu Boden und flehte um Gnade; da sagte er, wobei er mit der Hand seinen Kopf berührte: «Merkt ihr nun, daß mein Kopf, und nicht meine Füße Befehle erteilen?» Nicht viel später wurde er in einer britannischen Stadt namens Eboracum nach achtzehnjähriger Herrschaft von einer Krankheit dahingerafft. Abkünftig aus einem Hause des Mittelstandes, wurde er zuerst mit der Literatur, dann mit praktischer Beredsamkeit vertraut gemacht; als die ihm schlecht von der Hand ging, ein bei den Wissenschaften ganz gewöhnlicher Fall, schwang er sich, indem er probierte und nach anderem und Besserem suchte, zum Kaiser auf. Auch

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20,29 "

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rem curas metura et incerta prorsus omnia, quasi testis vitae mortalium: 'Cuneta,' inquit, 'fui; conducit nihil.' Funus, quod liberi Geta Bassianusque Romam detulerant, mire celebratum illatumque Marci sepulcro, quem adeo percoluerat, ut eius gratia Commodum inter Divos referri suaserit fratrem appellane, Bassianoque Antonini vocabulum addiderit, quod ex ilio post multos dubiosque eventus auspicia honorum cepisset patrocinio fisci; deinde laborantibus secundarum initia earumque auctores memoriae sunt. At posteri, quasi bellum inter se mandatis accepissent, confestim secessere. Ita Geta, cui nomen paterno ab avo erat, cum eius modestiore ingenio frater angeretur, obsessus interiit. Quae victoria Papiniani exitio foedior facta, ut sane putant memoriae curiosi, quippe quem ferunt ilio temporis Bassiani scrinia curavisse monitumque, uti mos est, destinanda Romam quam celerrime componeret, dolore Getae dixisse haudquaquam pari facilitate velari parricidium, qua fieret, iccircoque morte affectum. Sed haec improbe absurda sunt, cum constet satis praefecturam praetorio gessisse neque incondite ilium virum

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dort machte er Bekanntschaft mit schlimmen Dingen, mit Mühen, Sorgen, Ängsten und mit der allgemeinen Unsicherheit, und so sagte er, gewissermaßen als Zeuge des Menschenlebens: «Alles bin ich gewesen; angenehm war nichts.» Die Leiche, die seine Söhne, Geta und Bassianus, nach Rom hatten bringen lassen, wurde überaus feierlich bestattet und im Grabmal Marc Aurels beigesetzt. Diesen hatte er derart verehrt, daß er um seinetwillen sowohl Commodus unter die Götter aufzunehmen empfahl, wobei er ihn seinen Bruder nannte, als auch dem Bassianus den Beinamen Antoninus verlieh. Denn von Mark Aurel an hatte sich ihm nach vielen unsicheren Versuchen durch die Aufsicht über den Fiskus die Bahn der Ehrenstellen eröffnet. Außerdem prägen sich denen, die zunächst Schwierigkeiten hatten, der Anfang glücklicherer Ereignisse und deren Urheber mit Nachdruck ein. Doch die Söhne, als seien sie durch Weisungen zu wechselseitigem Krieg verpflichtet worden, zerstritten sich sofort. So wurde Geta, benannt nach seinem Großvater väterlicherseits, da dem Bruder seine gemäßigtere Wesensart Angst einflößte, überfallen und getötet. Diesen Erfolg machte die Ermordung Papinians noch häßlicher, seines, wie man glaubt, Sekretärs. Er soll nämlich damals die Verantwortung für die Korrespondenz des Bassianus gehabt haben, und als er - wie üblich gedrängt wurde, die nach Rom bestimmten Schriftstücke so schnell wie möglich aufzusetzen, da soll er aus Schmerz wegen Geta gesagt haben, ein Verwandtenmord lasse sich keineswegs mit ebenso großer Leichtigkeit verschleiern wie ausführen, und deswegen sei er hingerichtet worden. Doch dies ist böswillig erdachter Unsinn; es steht ja fest, daß Papinian die Prätorianerpräfektur innehatte und daß der Mann nicht aufs Geratewohl dem Kai-

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20,34 - 22,1

tantam contumeliam imponere potuisse, cui amori ac magisterio erat. Ceterum A n t o n i n u s incognita munerum specie plebem Romanam adficiens, quod indumenta in talos demissa largiretur, C a r acalla dictus, cum pari modo vesti Antoninianas nomen e suo daret. Alamannos, gentem populosam ex equo mirifice pugnantem, prope Moenum amnem devicit. Patiens communis tranquillusque; pari fortuna et eodem matrimonio, quo pater. Namque Iuliam novercam, cuius facinora supra memoravi, forma captus coniugem affectavit, cum illa factiosior aspectui adolescentis, praesentiae quasi ignara, semet dedisset intecto corpore, asserentique: 'Vellern, si liceret, uti', petulantius multo (quippe quae pudorem velamento exuerat) respondisset: 'Libet? plane licet.' Aegypti sacra per eum deportata Romam atque aucta urbs magno accessu viae novae et ad lavandum absoluta opera pulchri cultus. Quibus confectis, cum Syriam circumgrederetur, apud Edessam anno potentiae sexto moritur. Corporis reliqua luctu publico relata Romam atque inter Antoninos funerata sunt.

Dehinc O p i l i u s M a c r i n u s , qui praefecturam praetorio gerebat, imperator eiusdemque filius Diadumenus nomine Caesar a legionibus appellantur.

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ser einen solchen Schimpf antun konnte, den er schätzte und bei dem er als Erzieher tätig war. Im übrigen erhielt Antoninus, weil er das einfache Volk von Rom mit einer unbekannten Art von Geschenken bedachte (er ließ nämlich Kleidungsstücke, die bis an die Knöchel reichten, zuteilen), den Beinamen Caracalla; er wiederum legte entsprechend dem Gewand nach seinem Namen die Bezeichnung «Antoninie» bei. Er erfocht über die Alamannen, einen volkreichen Stamm, der erstaunlich gut vom Pferde aus zu kämpfen verstand, am Main einen bedeutenden Sieg. Er war nachsichtig, mitteilsam und ruhig: ihm wurde ebensoviel Erfolg und dieselbe Ehe zuteil wie dem Vater. Denn er begehrte seine Stiefmutter Julia, deren Fehltritte ich oben erwähnt habe, von ihrer Schönheit gefangen, zur Frau, nachdem sie sich allzu berechnend den Blicken des jungen Mannes, als habe sie seine Gegenwart nicht bemerkt, unbekleidet ausgesetzt und ihm, der ihr versicherte: «Ich möchte wohl, wenn's erlaubt wäre, Gebrauch davon machen», viel herausfordernder noch (sie hatte ja mit der Kleidung die Scham abgelegt) erwidert hatte: «Gefällt's? Dann ist es auch erlaubt.» Ägyptische Kulte wurden von ihm in Rom eingeführt, die Stadt durch den Zuwachs einer neuen Straße vergrößert und prächtig angelegte Bauten zu Badezwecken vollendet. Als er nach Abschluß dieser Unternehmungen in Syrien umherreiste, starb er im sechsten Jahre seiner Herrschaft in Edessa. Seine leiblichen Uberreste wurden unter öffentlicher Trauer nach Rom zurückgebracht und bei den Antoninen bestattet. Daraufhin erhoben die Legionen Opilius Macrinus, der die Prätorianerpräfektur innehatte, zum Kaiser und dessen Sohn, Diadumenus mit Namen, zum Caesar. Sie

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22,2 - 24,2

Quibus eo quod ingens amissi principis desiderium erat, adolescentem Antoninum vocavere. Horum nihil praeter saevos atque inciviles ánimos interim reperimus. Qua gratia mensibus ferme quattuor ac decern vix retento imperio, per quos creati fuerant, interfecti sunt.

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Accitusque M a r c u s A n t o n i n u s Bassiano geni- 23 tus, qui patre mortuo in Solis sacerdotium, quem Heliogabalum Syri vocant, tamquam asylum insidiarummetuconfugerat, hincque H e 1 i o g a b a 1 u s dictus; translatoque Romam dei simulacro in palatii penetralibus altaría constituit. Hoc impurius ne 2 improbae quidem aut petulantes mulleres fuere: quippe orbe toto obscoenissimos perquirebat visendis tractandisve artibus libidinum nefandarum. Haec cum augerentur in dies ac magis magisque Alexan3 dri, quem comperta Opilii nece Caesarem nobilitas nuncupaverat, amor cumularetur, in castris praetoriis tricésimo regni mense oppressus est.

Statimque A u r e l i o A l e x a n d r o Syriae orto, cui 24 duplex Caesarea et Arce nomen est, militibus quoque annitentibus Augusti potentia delata. Qui 2 quamquam adolescens, ingenio supra aevum tamen confestim apparatu magno bellum adversum Xerxem, Persarum regem, movet; quo fuso fugatoque in Galliam maturrime contendit, quae Germanorum

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nannten aber, weil sie von großer Sehnsucht nach dem verstorbenen Kaiser erfüllt waren, den jungen Mann Antoninus. Von ihnen finden wir indessen nichts als eine schroffe, unfreundliche Wesensart berichtet. Deshalb wurden sie, nachdem sie mit Mühe knapp vierzehn Monate geherrscht hatten, von denen, die sie gewählt hatten, getötet. Zur Nachfolge berufen wurde Marcus Antoninus, der Sohn des Bassianus, der nach dem Tode seines Vaters aus Furcht vor einem Anschlag zu einer Priesterstelle des Sonnengottes, von den Syrern Heliogabal genannt, wie in einem Asyl Zuflucht genommen hatte und hiernach Heliogabal genannt wurde; er ließ ein Bild des Gottes nach Rom überführen und im Inneren des Palastes einen Altar errichten. Schmutziger als er waren nicht einmal verrufene und schamlose Frauen: er suchte im ganzen Reich die geilsten Menschen zusammen, um bei der Ausübung scheußlicher Lüste zuzusehen und mitzuwirken. Als sich dies Treiben von Tag zu Tag verschlimmerte und die Liebe zu Alexander, den der Senat auf die Nachricht vom Tode des Opilius hin zum Caesar ernannt hatte, immer mehr wuchs, wurde Heliogabal im dreißigsten Monat seiner tyrannischen Herrschaft im Lager der Prätorianer beseitigt. Und unverzüglich wurde Aurelius Alexander, aus der Stadt Syriens, die mit zweifachem Namen Caesarea und Arce heißt, unter Zustimmung auch der Soldaten mit der Würde des Augustus betraut. Er war zwar noch jung, doch über sein Alter hinaus gereift; er führte eilends mit großer Truppenmacht Krieg gegen Xerxes, den König der Perser; als er ihn vertrieben und in die Flucht geschlagen hatte, rückte er so schnell wie möglich in Gallien ein, das von Plünderzügen der Germanen heimgesucht wur-

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24,3 - 2 4 , 1 0

direptionibus tentabatur. Ibi tumultuantes legionum plerasque constantissime abiecit; quod in praesens gloriae, mox exitio datum est. Nam cum tantae severitatis vim milites inhorrescunt (unde etiam Severi cognomentum accesserat), agentem casu cum paucis vico Britanniae, cui vocabulum Sicilia, trucidavere. Opus urbi florentissimum et celeberrimum fabricates est, matrisque cultu, quae nomine Mammaea erat, plus quam pius. Adhuc Domitium Ulpianum, quem Heliogabalus praetorianis praefecerat, eodem honore retinens Paulloque inter exordia patriae reddito, iuris auctoribus, quantus erga optimos atque aequi studio esset, edocuit. Neque ultra annos tredecim imperio functus rempublicam reliquit firmatam undique. Quae iam tum a Romulo ad Septimium certatim evolans Bassiani consiliis tamquam in summo constitit. Q u o ne confestim laberetur, Alexandri fuit. Abhinc dum dominandi suis quam subigendi externos cupientiores sunt atque inter se armantur magis, Romanum statum quasi abrupto praecipitavere, immissique in imperium promiscue boni malique, nobiles atque ignobiles, ac barbariae multi. Quippe ubi passim confusaque omnia neque suo feruntur modo, quique fas putant, uti per turbam, rapere aliena officia, quae regere nequeunt, et scientiam bona-

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de. Dort hat er die meuternden Legionen größtenteils mit eiserner Entschlossenheit entlassen, was ihm im Augenblick Ruhm und bald darauf den Untergang brachte. Denn da die Soldaten vor einer derartigen Gewalt der Strenge erschaudern (daher hatte er auch den Beinamen Severus erhalten), erschlugen sie ihn, als er sich gerade mit wenigen Begleitern in einem britannischen Dorf namens Sicilia aufhielt. In Rom hat er ein Bauwerk von größter Schönheit und Beliebtheit errichtet; in der Verehrung der Mutter, mit Namen Mammaea, zeigte er sich überfromm. Weiterhin beließ er Domitius Ulpianus, den Heliogabal an die Spitze der Prätorianer gesetzt hatte, in diesem Amte und gab gleich zu Beginn Paullus dem Vaterlande zurück; so zeigte er bei diesen Rechtsgelehrten, wie sehr er den Tüchtigsten und dem Studium der Gerechtigkeit zugetan war. Nachdem er nicht länger als dreizehn Jahre die Herrschaft ausgeübt hatte, hinterließ er einen allseits gesicherten Staat. Dieser, von den Zeiten des Romulus bis hin zu Septimius mit Eifer emporstrebend, erreichte dank der Maßnahmen des Bassianus gleichsam den höchsten Punkt. Daß er nicht alsbald wieder abglitt, war die Leistung Alexanders. Von damals an haben die Kaiser, da sie begieriger danach waren, die Ihren zu unterdrücken als Auswärtige niederzuwerfen und eher gegeneinander in Waffen standen, das römische Reich gleichsam jählings abwärts gestürzt, und es wurden zur Herrschaft ohne Unterschied Gute und Schlechte, Vornehme und Niedrige zugelassen, und darunter viele Barbaren. Wahrhaftig, wenn überall alles zerstreut und in Verwirrung gebracht ist und nichts auf die ihm angemessene Weise vonstatten geht, dann reißen diejenigen, die es für erlaubt halten, wie im Getümmel, fremde Amter, die sie nicht wahrzu-

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2 4 , 1 1 - 26,4

rum artium foede corrumpunt. Ita fortunae vis licentiam nacta perniciosa libidine mortales agit; quae diu quidem virtute uti muro prohibita, postquam paene omnes flagitiis subacti sunt, etiam infimis genere institutoque publica permisit.

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Namque G a i u s I u l i u s M a x i m i n u s , praesidens 25 Trebellicae, primus e militaribus, litterarum fere rudis potentiam cepit suffragiis legionum. Quod 2 tarnen etiam patres, dum periculosum existimant inermes armato resistere, approbaverunt; filiusque eius pari nomine Gaius Iulius Maximinus Caesar factus est. Quis biennium summae potitis, haud incommode 26 proelio gesto contra Germanos, repente A n t o n i u s G o r d i a n u s Africae proconsul ab exercitu princeps apud Thysdri oppidum absens fit. Quo ut accitus 2 pervenit, tamquam ea re creatus foret, seditione excipitur; qua lenita facile Carthaginem petit. Ibi cum 3 avertendis prodigiis, quorum metu haud inaniter angebatur, rem divinam solitis ageret, repente hostia partum edidit. Id haruspices atque ipse maxime (nam 4 huius scientiae usu immodice prudens erat) ita accepere ilium quidem destinatum neci, verum liberis pariturum imperium; progressique coniectu longius

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nehmen verstehen, an sich, und die Kenntnisse in den Wissenschaften lassen sie schnöde verkommen. So gewinnt die Macht des Schicksals Spielraum und treibt die Menschen mit verderblicher Willkür vor sich her; sie hat, lange Zeit durch Trefflichkeit wie durch eine Mauer abgewehrt, nachdem nahezu alle den Lastern botmäßig geworden waren, auch den Niedrigsten an Herkunft und Bildung die öffentlichen Angelegenheiten überlassen. Denn Gaius Julius Maximinus, der Kommandant der Trebellica erlangte als der erste aus dem Kreise der Militärs, von Bildung kaum berührt, durch die Stimmen der Truppen die Macht. Dies bestätigten gleichwohl auch die Väter, da sie es für gefährlich hielten, sich unbewaffnet dem Bewaffneten zu widersetzen, und sein Sohn, der ebenfalls Gaius Julius Maximinus hieß, wurde zum Caesar ernannt. Sie waren zwei Jahre im Besitze der höchsten Gewalt und hatten nicht unvorteilhaft gegen die Germanen gekämpft, da wurde unversehens Antonius Gordianus, der Prokonsul von Afrika, in Abwesenheit bei der Stadt Thysdrus vom Heer zum Kaiser erhoben. Als er, herbeigerufen, dort ankam, wurde er, als ob man ihn aus diesem Grunde gewählt hätte, von einer Meuterei empfangen; er brachte diese mühelos zur Ruhe und reiste nach Karthago. Als er dort, um böse Vorzeichen abzuwenden, die ihn nicht ohne Grund in Furcht versetzten, auf die gewohnte Weise Opfer darbrachte, warf das Opfertier plötzlich ein Junges. Dies faßten die Zeichendeuter und vor allem er selbst (denn er war in dieser Wissenschaft durch Erfahrung ungewöhnlich kundig) so auf, daß er selber zwar zu gewaltsamem Tode bestimmt sei, daß er jedoch seinen Kindern die Herrschaft verschaffen werde, und indem sie mit ihren Prophezeiungen weiter ausgriffen, kündig-

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26,4 - 27,4

liberi quoque exitum denuntiavere, mitem atque innoxium praefantes fore ut illud pecus, nec diuturnum tamen subiectumque insidiis. Interim Romae comperto Gordiani interim hortante Domitio urbi praefectus reliquique iudices vulgo caeduntur per praetorias cohortes. Quippe Gordianus, postquam delatum sibi imperium cognovit, praemia amplum in modum ostentans Romam legatos ac litteras destinaverat; quibus necato eo frustrates se milites angebantur, genus hominum pecuniae cupidius fidumque ac bonum solo quaestu. At senatus metuens, ne nullis rectoribus specie captae urbis atrociora acciderent, primo potestatum vices, mox conscriptis iunioribus Clodium Pupienum Caecilium Balbinum Caesares constituit.

Iisdemque per Africam diebus milites G o r d i a num, Gordiani filium, qui forte contubernio patris praetextatus ac deinceps praefectus praetorio intererat, Augustum creavere; neque sane factum nobilitas aspernata. Denique accito eo inter implana urbis atque ipso sinu praetoriae manus acie deletae per gladiatorum familias tironumque exercitum. Dum haec Romae geruntur, Iulii Maximini, quos forte ea tempestate Thracia retinebat, acceptis quae evenerant, Italiam propere petunt. Eos Pupienus Aquileiae obsidione confecit, postquam proelio victos reliqui

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ten sie auch den Untergang des Sohnes an, wobei sie voraussagten, dieser werde mild und gutartig sein wie jenes Tier, nur werde er nicht lange herrschen und Nachstellungen ausgesetzt sein. Als unterdessen in R o m die Nachricht vom Ende Gordians eintraf, brachten die Prätorianerkohorten auf Anstiften des Domitius den Stadtpräfekten und die übrigen Richter unterschiedslos um. Denn Gordianus hatte, sobald er erfuhr, daß ihm die Herrschaft übertragen worden sei, Boten und Briefe nach R o m gesandt, durch die er Belohnungen in großem Umfange ankündigte; infolge seiner Ermordung aber sahen sich die Soldaten zu ihrem Verdruß hierum betrogen: als eine Art von Menschen, die allzu sehr nach Geld giert und allein durch Gewinn zu Treue und Rechtschaffenheit veranlaßt wird. Der Senat indes befürchtete, daß sich in Ermangelung eines Lenkers wie in einer eroberten Stadt Schlimmeres zutrüge; er setzte zunächst sich ablösende Kommissare ein, bald darauf, nach Aushebung von Jungmannschaft, Clodius Pupienus und Caecilius Balbinus als Caesares. U m dieselbe Zeit erhoben die Soldaten in Afrika Gordianus, den Sohn des Gordianus, der als junger Offizier und dann als Prätorianerpräfekt zur Begleitung des Vaters gehörte, zum Augustus; auch der Senat lehnte die Wahl nicht ab. Endlich wurden, nachdem man Gordian herbeigerufen hatte, zwischen den Anhöhen und in der Mitte von R o m die Prätorianereinheiten durch Gladiatorengruppen und das Rekrutenheer in einer Schlacht vernichtet. Während dies in R o m geschah, zogen die Julii Maximini, die gerade um diese Zeit Thrakien festhielt, als sie von diesen Ereignissen erfuhren, eilends nach Italien. Sie aber räumte Pupienus nach Belagerung von Aquileia aus dem Wege, nachdem sie in einer Schlacht besiegt

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27.5 - 28,5

paulatim deseruerant. Horum imperio ad biennium per huiuscemodi moras annus quaesitus. Ñeque multo post tumultu militarium Clodio Caecilioque Romae intra Palatium caesis Gordianus solus regnum obtinuit. Eoque anno lustri certamine, quod Nero Romam induxerat, aucto firmatoque in Persas profectus est, cum prius Iani aedes, quas Marcus clauserat, patentes more veterum fecisset. Ibi gesto insigniter bello Marci Philippi praefecti praetorio insidiis periit sexennio imperii.

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Igitur M a r c u s I u l i u s P h i l i p p u s Arabs Thra- 28 conites, sumpto in consortium Philippo filio, rebus ad Orientem compositis conditoque apud Arabiam Philippopoli oppido Romam venere; exstructoque trans Tiberim lacu, quod earn partem aquae penuria fatigabat, annum urbis millesimum ludis omnium generum celebrant. Et quoniam nomen admonuit, 2 mea quoque aetate post mille centesimus consule Philippo excessit nullis, ut solet, sollemnibus frequentatus: adeo in dies cura minima Romanae urbis. Quod equidem denuntiatum ferunt ilio tempore 3 prodigiis portentisque; ex quis unum memorare brevi libet. N a m cum pontificum lege hostiae mactaren4 tur, suis utero maris feminarum genitalia apparuere. Id haruspices solutionem posterorum portendere 5

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worden waren und die Überreste daraus sie allmählich verlassen hatten. Ihre Herrschaft wurde durch derlei Verzögerungen über ein Doppeljahr hinaus um ein weiteres Jahr verlängert. Nicht viel später wurden Clodius und Caecilius in ihrem Palast zu Rom durch eine Militärrevolte erschlagen; Gordianus war alleiniger Inhaber der Macht. Nachdem er in jenem Jahre den Fünfjahres-Wettkampf, der von Nero in Rom eingerichtet worden war, ausgedehnt und bestätigt hatte, zog er gegen die Perser; er hatte zuvor das von Marc Aurel geschlossene Janustor nach dem Brauch der Alten wieder aufgetan. Als er im Osten mit Auszeichnung Krieg geführt hatte, erlag er im sechsten Jahre seiner Herrschaft den Nachstellungen des Prätorianerpräfekten Marcus Philippus. So kamen denn Marcus Julius Philippus, ein Araber aus der Trachonitis, und sein Sohn Philippus, den er an der Macht teilhaben ließ, nachdem sie die Verhältnisse im Orient geordnet und in Arabien die Stadt Philippopolis gegründet hatten, nach Rom; sie legten auf der anderen Seite des Tiber einen Wasserbehälter an, weil der dortige Stadtteil an Wassermangel litt, und feierten das tausendjährige Bestehen der Stadt mit Spielen aller Art. Und da mich der Name daran erinnert hat: zu meiner Zeit verging unter dem Konsulat eines Philippus nach den tausend das hundertste Jahr, ohne daß wie sonst Feierlichkeiten begangen worden wären: so sehr hat die Sorge für die Stadt Rom allmählich abgenommen. Dies, heißt es hierzu, sei schon damals durch Vorzeichen und Wundererscheinungen angekündigt worden; eines davon möchte ich kurz erwähnen. Als nämlich nach pontifikaler Vorschrift Opfertiere geschlachtet wurden, zeigten sich im Bauch eines männlichen Schweines weibliche Geschlechtsteile. Dies, erklärten die Zeichendeuter, weise

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28,6 - 29,2

vitiaque fore potiora interpretati. Q u o d frustratum iri aestimans imperator Philippus, tum quia forte praeteriens filii similem pro meritorio ephebum conspexerat, usum virilis scorti removendum honestissime consultavit. Verumtamen manet: quippe condicione loci mutata peioribus flagitiis agitatur, dum avidius periculosa quibusque prohibentur mortales petunt. H u e accedit, quod longe aliud Etruscorum artes cecinerant, quae bonis parte plurima iacentibus mollissimum quemque beatum fore asserebant. Eos ego ignorasse verum plane puto. Etenim quamvis rerum omnium prospero successu, pudore amisso tamen fortunatus esse quis potest? cum eodem retento cetera tolerabilia sint. His actis filio urbi relicto ipse quamquam debili per aetatem corpore adversum Decium profectus Veronae cadit pulso amissoque exercitu. Q u i s Romae compertis apud castra praetoria filius interficitur. A n n o s potentiae quinqué egere.

A t D e c i u s , Sirmiensium vico ortus, militiae gradu ad imperium conspiraverat, laetiorque hostium nece filium Etruscum nomine Caesarem facit; statimque eo in Illyrios praemisso Romae aliquantum moratur moenium gratia, quae instituit, dedicandorum. Et interea ad eum Iotapiani, qui Alexandri

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auf Sittenverfall unter den Nachkommen sowie darauf, daß die Laster die Oberhand gewinnen würden. Da Kaiser Philipp glaubte, daß sich das verhindern lasse, und überdies, weil er zufällig vor einem Bordell einen Buhlknaben gesehen hatte, der seinem Sohn ähnelte, faßte er den aller Ehren werten Beschluß, daß der Umgang mit männlichen Prostituierten zu unterdrücken sei. Indes, er dauert an: er wird, nachdem sich die Orte geändert haben, unter noch schlimmeren Schändlichkeiten ausgeübt, da die Menschen nach Gefährlichem und Verbotenem desto gieriger streben. Hierzu kommt, daß die Weissagekünste der Etrusker etwas ganz anderes verkündet hatten: sie versicherten, daß, während es den Guten großenteils schlecht ginge, alle Wollüstlinge glückselig sein würden. Ich glaube allerdings, daß sie von der Wahrheit keine Ahnung hatten. Denn wer kann bei noch so günstigem Fortgang aller Dinge glücklich sein, wenn er die Scham verloren hat? Während doch, wenn man sie bewahrt, alles übrige erträglich ist. Nachdem Philippus dies vollbracht hatte, ließ er seinen Sohn in Rom zurück und zog, wiewohl durch sein Alter körperlich geschwächt, gegen Decius zu Felde; er ging bei Verona seines geschlagenen Heeres verlustig und fiel. Als man in Rom davon erfuhr, wurde sein Sohn beim Lager der Prätorianer erschlagen. Sie waren fünf Jahre lang an der Macht. Decius aber, aus einem Dorf bei Sirmium, hatte als Offizier um der Herrschaft willen eine Verschwörung angezettelt; sehr erfreut über den Tod seiner Feinde, machte er seinen Sohn, Etruscus mit Namen, zum Caesar. Er sandte ihn sofort nach Illyrien voraus und blieb selbst noch eine Zeitlang in Rom, um die Mauern zu weihen, die er hatte errichten lassen. Und inzwischen wurde

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tumens stirpe per Syriam tentans nova militum arbitrio occubuerat, ora, uti mos est, inopinato deferuntur, simulque per eos dies Lucio Prisco, qui Macedonas praesidatu regebat, delata dominatio, G o t h o r u m concursu, postquam direptis Thraciae plerisque ilio pervenerant. Q u a causa D e c i o quam potuit maturrime Roma digresso Iulius Valens cupientissimo vulgo imperium capit. Verum utrique mox caesi, cum Priscum nobilitas hostem patriae censuisset. Decii barbaros trans Danubium persectantes A b r y t i fraude cecidere exacto regni biennio. Sed Deciorum mortem plerique illustrem ferunt; namque filium audacius congredientem cecidisse in acie; patrem autem, cum perculsi milites ad solandum imperatorem multa praefarentur, strenue dixisse detrimentum unius militis parum videri sibi. Ita refecto bello, cum impigre decertaret, interisse pari modo.

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Haec ubi patres comperere, G a l l o H o s t i l i a n o que Augusta imperia, V o l u s i a n u m Gallo editum Caesarem decernunt. Dein pestilentia oritur; qua atrocius saeviente Hostilianus interiit, Gallo Volusianoque favor quaesitus, quod anxie studioseque tenuissimi cuiusque exsequias curarent.

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Igitur his Romae morantibus A e m i l i u s A e m i li a n u s summam potestatem corruptis militibus

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ihm unversehens - wie üblich - der Kopf des Iotapianus überbracht, der, mit seiner Abstammung von Alexander sich brüstend, einen Umsturzversuch in Syrien auf Beschluß der Soldaten mit dem Leben bezahlt hatte, und zugleich wurde in jenen Tagen dem Lucius Priscus, dem Statthalter von Makedonien, die Herrschaft übertragen, als die Goten nach der Plünderung des größten Teils von Thrakien auf ihren Streifzügen dorthin gelangt waren. Als Decius aus diesem Grunde so rasch wie möglich Rom verlassen hatte, griff Julius Valens unter lebhafter Zustimmung der Massen zur Macht. Doch beide wurden bald darauf getötet, nachdem der Senat Priscus zum Feind des Vaterlandes erklärt hatte. Die Decier erlagen, als sie die Barbaren über die Donau hinaus verfolgten, nach zweijähriger Herrschaft zu Abrytus einer List. Doch die meisten verherrlichen den Tod der Decier. Denn der Sohn sei, als er allzu kühn vordrang, in der Schlacht gefallen; der Vater aber habe, als die bestürzten Soldaten vielerlei vorbrachten, um ihn, den Befehlshaber, zu trösten, standhaft erklärt, der Verlust eines einzigen Soldaten scheine ihm gering. So sei der Kampf wiederaufgenommen worden, und er habe, während er unverdrossen focht, auf gleiche Weise das Leben verloren. Als die Väter hiervon Kunde erhielten, wiesen sie Gallus und Hostiiianus den Rang von Augusti und dem Volusianus, dem Sohne des Gallus, den eines Caesar zu. Darauf brach die Pest aus. Als sie heftiger wütete, erlag ihr Hostiiianus; Gallus und Volusianus bemühten sich um Beliebtheit, indem sie sorgsam und mit Eifer der Bestattung selbst der Niedrigsten sich annahmen. Während sie sich noch in Rom aufhielten, riß Aemilius Aemilianus durch Bestechung der Soldaten die höchste

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arripuit. A d quem expugnandum profecti Interamnae ab suis caeduntur spe praemii maioris ab Aemilio, cui nullo labore seu detrimento victoria obveniebat, simul quia immodici per luxum lasciviamque officia benevolentiae corruperant. His sane omnibus biennium processit. N a m Aemilianus quoque tres menses usus modesto imperio morbo absumptus est, cum proceres primo hostem, dein exstinctis superioribus pro fortuna, uti solet, Augustum appellavissent.

A t milites, qui contracti undique apud Raetias ob instans bellum morabantur, L i c i n i o V a l e r i a n o imperium déférant. Q u i quamquam genere satis cíaro, tarnen, uti mos etiam tum erat, militiam sequebatur. Eius filium Gallienum senatus Caesarem creat, statimque Tiberis adulta aestate diluvii facie inundavit. Prudentes perniciosum reipublicae cecinere adolescentis fluxo ingenio, quia Etruria accitus venerat, unde amnis praedictus. Q u o d equidem confestim evenit. N a m cum eius pater bellum per Mesopotamiam anceps diuturnumque instruit, Persarum regis, cui nomen Sapor erat, dolo circumventus foede laniatus interiit imperii sexto anno, senecta robustiore.

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Sub idem tempus L i c i n i u s G a l l i e n u s cum a 33

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Gewalt an sich. Sie brachen auf, ihn niederzuwerfen, und wurden zu Interamna von den eigenen Leuten getötet, weil sie sich von Aemilius eine größere Belohnung erhofften (ihm fiel denn auch ohne Anstrengung und Verlust der Sieg zu), zugleich, weil jene Kaiser, maßlos in Schwelgerei und Üppigkeit, die Dienste des Wohlwollens verscherzt hatten. Die Herrschaft all der hier Genannten füllte ein Doppeljahr aus. Denn Aemilianus wurde nach einem gemäßigten Regime dreier Monate von einer Krankheit dahingerafft, nachdem ihn die Senatoren zunächst als Staatsfeind, dann, als seine Vorgänger ausgelöscht waren, seinem Erfolg gemäß, wie üblich, als Augustus bezeichnet hatten. Die Soldaten jedoch, die sich, wegen des bevorstehenden Krieges von überallher zusammengezogen, in Raetien aufhielten, übertrugen dem Licinius Valerianus die Herrschaft. Der hatte, wiewohl von hinlänglich vornehmer Abkunft, trotzdem, wie es damals noch üblich war, die militärische Laufbahn eingeschlagen. Der Senat bestimmte seinen Sohn Gallienus zum Caesar, und alsbald, im Hochsommer, trat der Tiber wie zu einer Sintflut über die Ufer. Kundige beteuerten, dem Staat drohe eine Gefahr wegen der unsteten Geistesverfassung des jungen Mannes: er war ja erschienen, nachdem man ihn aus Etrurien herbeigerufen hatte, woher auch der genannte Fluß kommt. Dies trat auch sofort ein. Denn als sein Vater über ganz Mesopotamien hin einen schwierigen und langwierigen Krieg vorbereitete, ging er zugrunde, von einer List des Perserkönigs namens Sapor umgarnt und auf scheußliche Weise geschunden, im sechsten Jahre seiner Herrschaft, in ziemlich rüstigem Alter. U m dieselbe Zeit zog Licinius Gallienus, nachdem er

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33.1 - 33,6

Gallia Germanos strenue arceret, in Illyricum properans descendit. Ibi Ingebum, quem curantem Pannonios comperta Valeriani clade imperandi cupido incesserat, Mursiae devicit moxque Regalianum, qui receptis militibus, quos Mursina labes reliquos fecerat, bellum duplicaverat. His prospere ac supra vota cedentibus more hominum secundis solutior rem Romanam quasi naufragio dédit cum Salonino filio, cui honorem Caesaris contulerat, adeo uti Thraciam Gothi libere pergressi Macedonas Achaeosque et Asiae finitima occuparent, Mesopotamiam Parthi, Orienti latrones seu mulier dominaretur, Alamannorum vis tune aeque Italiam, Francorum gentes direpta Gallia Hispaniam possiderent vastato ac paene direpto Tarraconensium oppido, nactisque in tempore navigiis pars in usque Africam permearet; et amissa trans Istrum, quae Traianus quaesiverat. Ita quasi ventis undique saevientibus parvis maxima ima summis orbe toto miscebantur. Simulque Romam pestilentia grassabatur, quae saepe curis gravioribus atque animi desperatione oritur. Inter haec ipse popinas ganeasque obiens lenonum ac vinariorum amicitiis haerebat, expositus Saloninae coniugi atque amori flagitioso filiae Attali Germanorum

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die Germanen tatkräftig von Gallien ferngehalten hatte, eilends nach Illyrien hinab. Dort brachte er Ingebus, dem Befehlshaber Pannoniens, den, als er von der Niederlage Valerians vernommen, der Ehrgeiz zu herrschen gepackt hatte, bei Mursia eine schwere Schlappe bei, und bald darauf auch dem Regalianus, der nach Übernahme der von der Katastrophe bei Mursia verschonten Soldaten den Krieg erneuert hatte. Als dies erfolgreich und über alle Erwartung gut verlaufen war, gab er, nach Menschenart vom Glück enthemmt, mitsamt seinem Sohne Saloninus, dem er die Würde eines Caesar übertragen hatte, die römische Sache derart sozusagen einem Schiffbruch preis, daß die Goten, Thrakien ungehindert durchquerend, Makedonien, Achaia und die Kleinasien benachbarten Gebiete, die Parther hingegen Mesopotamien heimsuchten, daß im Osten Räuber oder eine Frau die Herrschaft ausübten, daß die Streitmacht der Alamannen damals in gleicher Weise Italien und die Stämme der Franken, nachdem sie Gallien verheert hatten, Spanien in Besitz nahmen, wo sie Tarraco verwüsteten und nahezu ausplünderten, ja daß ein Teil von ihnen, der sich beizeiten der Schiffe bemächtigt hatte, bis nach Afrika vordrang - und außerdem ging jenseits der Donau verloren, was Trajan hinzuerworben hatte. So wurde, als ob von überallher Stürme wüteten, im ganzen Erdkreis Kleines mit dem Größten, das Unterste mit dem Obersten zusammengeworfen. Und zugleich drang nach Rom eine Pestseuche vor, wie sie sich oft bei allzu drückenden Sorgen und seelischer Niedergeschlagenheit einstellt. Unterdessen besuchte Gallienus die Kneipen und Lasterhöhlen und klebte an Freundschaften mit Kupplern und Weinhändlern, während er seiner Gattin Salonina sowie einer schändlichen Liebe zur

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LIBER DE

CAESARIBUS

33>7 - 33.13

regis, Pipae nomine; qua causa etiam civiles motus longe atrociores orti. Namque primus omnium Postumus, qui forte barbaris per Galliam praesidebat, imperium ereptum ierat; explosaque Germanorum multitudine Laeliani bello excipitur; quo non minus feliciter fuso suorum tumultu periit, quod flagitantibus Mogontiacorum direptiones, quia Laelianum iuverant, abnuisset. Igitur eo occiso Marius, ferri quondam opifex ñeque etiam tum militiae satis claras, regnum capit. Proinde cuncta ad extremum reciderant, uti talibus imperia ac virtutum omnium decus ludibrio essent. Hinc denique ioculariter dictum nequaquam miram videri, si rem Romanam Marius reficere contenderei, quam Marius eiusdem artis auctor stirpisque ac nominis solidavisset. Hoc iugulato post biduum Victorinus deligitur, belli scientia Postumo par, verum libidine praecipiti; qua cohibita in exordio post biennii imperium constupratis vi plerisque, ubi Attitiani coniugem concupivit facinusque ab ea viro patefactum est, accensis furtim militibus per seditionem Agrippinae occiditur. Tantum actuariorum, quorum loco Attitianus habebatur, in exercitu factiones vigent, ut arduum

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Tochter des Germanenkönigs Attalus, namens Pipa, verfallen war; daher kam es auch noch zu weit schlimmeren bürgerlichen Wirren. Denn als der erste unter allen hatte sich Postumus, dem damals die Barbaren in Gallien unterstanden, angeschickt, die Herrschaft an sich zu reißen; als ein Germanenhaufen zerstreut war, nahm ihn der Krieg gegen Laelianus in Beschlag; nachdem er diesen nicht minder glücklich verjagt hatte, erlag er einer Meuterei der eigenen Leute, weil er deren Forderung nach Plünderungszügen gegen Moguntiacum, das Laelianus unterstützt hatte, nicht nachgab. So bemächtigt sich nach seinem Tode Marius, ein vormaliger Schmied und auch damals im Kriegsdienst nicht hinlänglich ausgezeichnet, der Herrschaft. In dem Maße war alles bis zum Äußersten heruntergekommen, daß solche Leute mit Machtstellungen und dem Lohn für Vorzüge jeder Art ihr Spiel trieben. Daher sagte man schließlich im Scherz, es scheine keineswegs wunderbar, daß ein Marius der römischen Sache aufzuhelfen suche, welche ein anderer Marius, Meister in derselben Kunst sowie Stifter des Geschlechts und Namens, gefestigt hätte. Als man ihn umgebracht hatte, wird zwei Tage später Victorinus erkoren, an Kriegserfahrung dem Postumus gleich, doch von hemmungsloser Triebhaftigkeit; nachdem er sie anfänglich unterdrückt, dann aber häufig Gewalt angewendet hatte, Schändungen zu begehen, erlitt er nach zweijähriger Herrschaft, als er der Gattin des Attitianus nachstellte und diese ihrem Mann von der Tat berichtete, zu Köln durch insgeheim aufgehetzte Soldaten in einer Meuterei den Tod. So viel vermögen bei den Truppen die Umtriebe der Proviantmeister, zu denen Attitianus zählte, daß auch denen, die Schwieriges

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33,13 - 33,20

petentibus malitia patraretur: genus hominum, praesertim hac tempestate, nequam venale callidum seditiosum habendi cupidum atque ad patrandas fraudes velandasque quasi ab natura factum, annonae dominans eoque utilia curantibus et fortunis aratorum infestum, prudens in tempore his largiendi, quorum vecordia damnoque opes contraxerit. Interim Victoria amisso Victorino filio, legionibus grandi pecunia comprobantibus Tetricum imperatorem facit, qui familia nobili praesidatu Aquitanos tuebatur, filioque eius Tétrico Caesarea insignia impartiuntur. At Romae Gallienus pacata omnia ignaris publici mali improbe suadebat, crebro etiam, uti rebus ex volúntate gestis solet, ludos ac festa triumphorum, quo promptius simulata confirmarentur, exercens. Sed postquam periculum propinquabat, tandem urbe egreditur. Namque Aureolus, cum per Raetias legionibus praeesset, excitus, uti mos est, socordia tam ignavi ducis sumpto imperio Romam contendebat. Eum Gallienus apud pontem, cui ex eo Aureoli nomen est, fusum acie Mediolanum coegit. Quam urbem dum machinationibus omnis generis oppugnai, ab suis interiit. Quippe Aureolus, ubi solvendi obsidii spem inanem videt, ducum Gallieni

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verlangten, ihre Schurkerei erfüllt wurde: ein zumal in unserer Zeit nichtsnutziger Menschenschlag, käuflich, verschmitzt, unruhestiftend, habgierig und wie von Natur geschaffen, Betrügereien ins Werk zu setzen und zu verschleiern, für den Getreidepreis maßgeblich und daher den Nützliches Treibenden sowie dem Fortkommen der Landwirte feindlich gesinnt, klug darauf bedacht, beizeiten denen Geschenke zu machen, durch deren Torheit und zu deren Schaden sie ihre Reichtümer erlangt hatten. Alsbald erhob Victoria - nach dem Verlust des Sohnes Victorinus und unter der teuer erkauften Billigung der Legionen - Tetricus zum Kaiser, der, von vornehmer Abkunft, als Statthalter Aquitanien beschirmte, und seinem Sohn Tetricus werden die Rangabzeichen eines Caesar zuerkannt. Doch in Rom machte Gallienus den Leuten, die von dem allgemeinen Unglück nichts ahnten, frechweg weis, alles sei friedlich, wobei er noch häufig, wie nach wunschgemäß ausgeführten Unternehmungen üblich, Spiele und Triumphalfeste veranstaltete, um die vorgetäuschten Verhältnisse desto nachdrücklicher zu bestätigen. Doch als die Gefahr näher rückte, zog er endlich aus der Stadt ab. Denn Aureolus, der die Legionen in Raetien befehligte, ließ sich - wie es oft geht - durch die Sorglosigkeit eines derart schlaffen Führers herausfordern; er nahm den Kaisertitel an und marschierte gegen Rom. Gallienus schlug ihn bei der Brücke, die seitdem nach ihm ihren Namen hat, in einer Feldschlacht; er Schloß ihn in Mailand ein. Während er diese Stadt mit Maschinen jeder Art bestürmte, bereiteten ihm die Seinen den Untergang. Denn als Aureolus jede Chance vereitelt sah, die Belagerung zu sprengen, stellte er schlau die Namen der Trup-

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33,20-33,26

tribunorumque nomina quasi destinata ab eo ad necem astu composuit litterasque e muro, quam occultissime potuit, abiecit; quae forte a memoratis repertae metum suspicionemque iniecere mandati exitii, verum eas effluxisse incuria ministrorum. Qua causa Aurelian! Consilio, cuius gratia in exercitu atque honos praestabant, simulata proruptione hostium nullis, uti re trepida ac repentina solet, tectum stipatoribus tabernáculo educunt nocte intempesta; teloque traicitur, cuiusnam per tenebras incertum. Ita auctoris necis errore an quia bono publico acciderat, inulta caedes fuit. Quamquam eo prolapsi mores sunt, uti suo quam reipublicae magisque potentiae quam gloriae studio plures agant. Hinc quoque rerum vis ac nominum corrupta, dum plerumque potior flagitio, ubi armis superaverit, tyrannidem amotam vocat damno publico oppressos. Quin etiam aliquanti pari libidine in caelestium numerum referuntur aegre exsequiis digni. Quis ni fides gestarum rerum obstitisset, quae ñeque honestos praemiis memoriae frustrari sinit neque improbis aeternam illustremque famam procedere, nequiquam peteretur virtus, cum verum illud atque

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penfiihrer und Tribunen des Gallienus zusammen, als habe dieser sie zum Tode bestimmt, und ließ das Verzeichnis in größter Heimlichkeit von der Mauer hinabwerfen; es wurde zufällig von den Genannten gefunden und rief den furchtbaren Verdacht hervor, ihre Tötung sei in Auftrag gegeben; es sei indes infolge der Nachlässigkeit der Gehilfen ans Licht gekommen. Daher wurde auf Anraten Aurelians, dessen Beliebtheit und Ansehen im Heer obenan standen, ein Ausfall der Feinde vorgetäuscht; man führt den - wie es bei plötzlicher Verwirrung vorkommt - von keinem Leibwächter Geschützten in unwirtlicher Nacht aus dem Zelt, und schon wird er von einem Geschoß durchbohrt, von wessen Hand, bleibt in der Finsternis verborgen. So fand, weil der Urheber des Mordes ungewiß oder weil es zum Besten der Allgemeinheit so gekommen war, die Bluttat keine Sühne. Unsere Sitten sind indes schon so tief gesunken, daß sich die meisten eher vom eigenen als vom Nutzen des Staates und mehr vom Streben nach Macht als von dem nach Ehre leiten lassen. Deswegen ist auch die Bedeutung der Dinge und ihrer Bezeichnungen verfälscht worden, indem sehr oft der durch seine Schändlichkeit Überragende, wenn er mit den Waffen gesiegt hat, bei einem zum Schaden der Allgemeinheit Unterdrückten von der Beseitigung einer Tyrannis redet. Ja, es wird sogar manch einer mit gleicher Willkür in die Zahl der Himmlischen aufgenommen, der kaum ein Begräbnis verdient hat. Wenn denen nicht die Zuverlässigkeit der Geschichtswerke entgegenstünde, die nicht zuläßt, daß die Anständigen um den Lohn der Erinnerung gebracht werden, und ebensowenig, daß Schurken auf ewig herrlichen Ruhm erlangen, dann wäre alles Streben nach verdienstlichem Tun vergebens, da jene wahre und

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33,26-33,32

unicum decus pessimo cuique gratia tribueretur demptum impie bonis. Denique Gallienum subacti a Claudio patres, quod eius arbitrio imperium cepisset, Divum dixere. Nam cum profluvio sanguinis vulnere tarn gravi mortem sibi adesse intelligeret, insignia imperii ad Claudium destinaverat honore tribunatus Ticini retinentem praesidiariam manum. Quod sane extortum, cum neque Gallieni flagitia, dum urbes erunt, occultari queant, et, quisque pessimus erit, par similisque semper ipsi habebitur. Adeo principes atque optimi mortalium vitae decore quam quaesitis nominibus atque compositis, quantum coniciatur, caelum adeunt seu fama hominum dei celebrantur modo. At senatus comperto tali exitio satellites propinquosque per scalas Gemonias praeceps agendos decrevit, patronoque fisci in curiam perducto effossos oculos pependisse satis constat, cum irruens vulgus pari clamore Terram matrem, deos quoque inferos precaretur, sedes impias uti Gallieno darent. Ac ni Claudius confestim recepta Mediolani urbe tamquam postulato exercitus parcendum, qui forte eorum supererant, praecepisset, nobilitas plebesque

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einzigartige Zier nach Belieben gerade den Schlechtesten zuerkannt, den Guten aber auf schmähliche Weise vorenthalten würde. Dem Gallienus verliehen schließlich die von Claudius hierzu gedrängten Väter, weil ihm dessen Entscheidung die Herrschaft zuerkannt hatte, den Titel Divus. Denn als er aus dem Blutstrom seiner schweren Verwundung ersah, daß ihm der Tod bevorstehe, sprach er die Abzeichen der Herrschaft dem Claudius zu, der im Range eines Tribuns in Ticinum eine Wachtruppe unter sich hatte. Diese Ehrung ist wahrlich erzwungen worden, da sich die Schandtaten des Gallienus, solange die Welt steht, nicht verheimlichen lassen und stets ein jeder, der besonders verworfen ist, als ihm gleich oder ähnlich gelten wird. In dem Maße treten die Kaiser und Besten unter den Sterblichen, soviel man vermuten kann, eher wegen ihres verdienstvollen Lebens als auf Grund von zusammengesuchten und ausgeklügelten Titeln in den Himmel ein oder werden sie jedenfalls in den Reden der Menschen als Götter gefeiert. Als nun aber der Senat von dem Ende des Gallienus Kunde erhielt, beschloß er, daß dessen Gefolgsleute und Verwandte kopfüber die Gemonische Treppe hinabzustürzen seien, und es steht hinlänglich fest, daß dem Sachwalter des Fiskus, den man in die Kurie geführt hatte, die ausgestochenen Augen herabhingen, während die hereinstürmende Menge mit einhelligem Geschrei die Mutter Erde und die unterirdischen Götter anflehte, Gallienus in die Wohnsitze der Verdammten zu schikken. Und wenn nicht Claudius sogleich nach der Einnahme von Mailand befohlen hätte, als habe es das Heer verlangt, daß die zu schonen seien, die etwa noch übrig waren, dann hätten Senat und Volk noch furchtbarer

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33.33 - 34.7

atrocius grassarentur. Et patres quidem praeter commune Romani malum Orbis stimulabat proprii ordinis contumelia, quia primus ipse metu socordiae suae, ne imperium ad optimos nobilium transferretur, senatum militia vetuit et adire exercitum. Huic novem annorum potentia fuit.

Sed C l a u d i i imperium milites, quos fere contra ingenium perditae res subigunt recta consulere, ubi afflicta omnia perspexere, avide approbant extolluntque, viri laborum patientis aequique ac prorsus dediti reipublicae, quippe ut longo intervallo Deciorum morem renovaverit. Nam cum pellere Gothos cuperet, quos diuturnitas nimis validos ac prope incolas effecerat, proditum ex libris Sibyllinis est primum ordinis amplissimi victoriae vovendum. Cumque is, qui esse videbatur, semet obtulisset, sibi potius id muneris competere ostendit, qui revera senatus atque omnium princeps erat. Ita nullo exercitus detrimento fusi barbari summotique, postquam imperator vitam reipublicae dono dédit. Adeo bonis salus civium ac longa sui memoria cariora sunt; quae non gloriae modo, verum etiam ratione quadam posterorum felicitati proficiunt. Hoc siquidem Constantius et Constantinus atque imperatores nostri... . . . corporisque acceptior militibus praemiorum

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gewütet. Und die Väter stachelte hierzu außer dem allgemeinen Elend des römischen Machtbereichs noch die Erniedrigung des eigenen Standes an, weil Gallienus als erster in der ihm von seiner Schlaffheit eingegebenen Furcht, die Herrschaft möchte an die Besten des Adels gelangen, dem Senat den Kriegsdienst und den Besuch der Truppen verbot. Er hatte neun Jahre lang die Macht inne. Doch der Herrschaft des Claudius stimmen die Soldaten, die manchmal von katastrophalen Verhältnissen fast wider Willen genötigt werden, das Rechte zu beschließen, mit Eifer zu, als sie erkannten, daß alles darniederlag, und preisen sie: der Mann scheute keine Mühe, war gerecht und ganz dem Staat ergeben, als habe er nach langer Unterbrechung die Denkart der Decier erneuert. Denn als er die Goten vertreiben wollte, die ihr langes Verweilen allzu stark und fast zu Einwohnern gemacht hatte, wurde aus den Sibyllinischen Büchern der Bescheid erbracht, der erste Mann des höchsten Standes sei dem Siege zu opfern. Als sich derjenige, der das zu sein schien, anbot, legte Claudius dar, daß vielmehr ihn diese Verpflichtung treffe, der in Wahrheit im Senat und unter allen Menschen der allererste war. Auf diese Weise wurden die Barbaren ohne Einbuße an Truppen geschlagen und vertrieben, nachdem der Kaiser dem Staat sein Leben geopfert hatte. So sehr liegt dem Tüchtigen mehr am Heil der Bürger und daran, sich ein langes Gedenken zu sichern - was nicht nur ihrem eigenen Ruhm, sondern in gewisser Weise auch dem Glück ihrer Nachkommen förderlich ist. So wahr dies Constantius und Constantin sowie unsere Kaiser... . . . und des Leibes, war sie den Soldaten willkommen, aus Hoffnung auf Belohnungen oder Zügellosigkeit.

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34-8 - 35.7

spe seu lasciviae. Quo aegra asperiorque victoria fuit, dum, uti mos subditis est, studio impune peccandi remissa imperia promptius quam utilia defendunt. Ceterum A u r e l i a n u s successu tanto vehementior confestim, quasi belli reliquiae superessent, in Persas progressus est. Quis deletis Italiam repetivit, cuius urbes Alamannorum vexationibus affligebantur. Simul Germanis Gallia dimotis Tetrici, de quo supra memoravimus, caesae legiones proditore ipso duce. Namque Tetricus, cum Faustini praesidis dolo corruptis militibus plerumque peteretur, Aureliani per litteras praesidium imploraverat eique adventanti producta ad speciem acie inter pugnam se dedit. Ita, uti rectore nullo solet, turbati ordines oppressi sunt; ipse post celsum biennii imperium in triumphum ductus Lucaniae correcturam filioque veniam atque honorem senatorum cooptavit. Neque secus intra urbem monetae opifices deleti, qui, cum auctore Felicissimo rationali nummariam notam corrosissent, poenae metu bellum fecerant usque eo grave, uti per Coelium montem congressi Septem fere bellatorum milia confecerint. His tot tantisque prospere gestis fanum Romae Soli magnificum constituit donariis ornans opulentis, ac ne unquam, quae per Gallienum evenerant,

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Kümmerlich war daher der Sieg und bitterer, weil sie, wie bei Untergebenen üblich, in dem Bestreben, straflos zu sündigen, nachlässige Befehlsgewalt bereitwilliger als zweckdienliche verteidigen. Im übrigen rückte Aurelian, durchgreifender nach solchem Erfolg, eilends, als wären nur noch Reste des Krieges übrig, gegen die Perser aus. Nach deren Vernichtung suchte er wieder Italien auf, dessen Städte unter den Beutezügen der Alamannen litten. Um dieselbe Zeit wurden, nachdem die Germanen aus Gallien vertrieben waren, die Legionen des Tetricus, den wir oben erwähnt haben, niedergemacht, wobei der Führer selbst Verrat übte. Denn Tetricus hatte, da ihm die durch die Tücke des Statthalters Faustinus bestochenen Soldaten mehrfach nachstellten, Aurelian brieflich um Schutz gebeten und sich ihm bei seiner Ankunft, nachdem er sein Heer zum Schein in die Schlacht geführt hatte, während des Kampfes ergeben. So wurden, wie gewöhnlich, wenn kein Befehlshaber da ist, die Reihen durcheinander gebracht und geschlagen; er selbst erlangte, nach zweijähriger höchster Gewalt im Triumph aufgeführt, die Leitung Lukaniens und für seinen Sohn Begnadigung sowie den Rang eines Senators. Nicht anders wurden in Rom die Arbeiter der Münze vernichtet; diese ließen es, nachdem sie auf Anstiften des Rechnungsprüfers Felicissimus den Münzfuß verfälscht hatten, aus Furcht vor Strafe zu einem Kriege kommen, der so schlimm war, daß durch sie, als sie am Coelius zu einer Schlacht antraten, etwa siebentausend Soldaten den Tod fanden. Nachdem er so viele bedeutende Unternehmungen mit Erfolg zu Ende gebracht hatte, errichtete er in Rom einen herrlichen Tempel des Sol, den er überreich mit Geschenken bedachte, und damit nicht wieder vorkäme,

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CAESARIBUS

35.7-35.12

acciderent, mûris urbem quam validissimis laxiore ambitu circumsaepsit; simulque usus porcinae carnis quo plebi Romanae affatim cederei, prudenter munificeque prospectavit, deletaeque fiscales et quadruplatorum, quae urbem miserabiliter affecerant, calumniae consumptis igni tabulis monumentisque huiuscemodi negotiorum atque ad Graeciae morem decreta abolitione, inter quae avaritiam peculatum provinciarumque praedatores contra morem militarium, quorum e numero erat, immane quantum sectabatur. Qua causa ministri scelere, cui secretorum officium crediderat, circumventus apud Coenofrurium interiit, cum ille praedae conscientia delictique scripta callide composita tribunis quasi per gratiam prodidisset, quibus interfici iubebantur; illique eo metu accensi facinus patravere. Interea milites amisso principe legatos statim Romam destinant, uti suopte arbitratu patres imperatorem deligerent. Quibus hoc ipsorum potissimum convenire munus respondentibus rursum legiones ad eos reiciunt. Ita utrimque pudore ac modestia certabatur, rara in hominibus virtute, rebus praesertim huiuscemodi, ac prope ignota militibus. Tantum ille vir severitate atque incorruptis artibus potuit, ut eius necis nuntius auctoribus exitio, pravis

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was sich durch die Schuld des Gallienus abgespielt hatte, umgab er die Stadt in einem großzügig bemessenen Umkreis mit sehr starken Mauern. Und zugleich traf er klug und großzügig Vorsorge, daß dem einfachen römischen Volk ein hinlänglicher Vorrat von Schweinefleisch zu Gebote stehe. Auch wurden die tückischen Anklagen der Steuerbeamten und Viertelsgewinnler, welche die Stadt elend mitgenommen hatten, abgeschafft, indem Aurelian die Schuldbücher und sonstigen Beweise von Angelegenheiten dieser Art in Flammen aufgehen ließ und nach griechischer Sitte eine Nichtigerklärung festsetzte, und bei alledem stellte er der Habgier, dem Unterschleif sowie den Ausbeutern der Provinzen gegen die Gewohnheit der Militärs, zu denen er zählte, bis zum Äußersten nach. Daher bereitete ihm das heimtückische Verbrechen eines Gehilfen, dem er das Amt für die Geheimsachen anvertraut hatte, bei Coenofrurium den Untergang, indem dieser im Bewußtsein unerlaubter Bereicherung den Tribunen wie aus Gefälligkeit raffiniert gefälschte Schriftstücke aushändigte, welche die Anweisung, sie zu töten, enthielten; sie aber, hierdurch in Furcht versetzt, vollbrachten die Tat. Nunmehr senden die Truppen, des Führers beraubt, unverzüglich Bevollmächtigte nach Rom: die Väter möchten nach ihrem Ermessen jemanden zum Kaiser bestimmen. Die aber antworteten, diese Aufgabe komme am ehesten ihnen selbst zu; die Legionen jedoch verwiesen die Sache abermals an sie zurück. So wetteiferte man beiderseits in Zurückhaltung und Bescheidenheit, einer unter Menschen seltenen Tugend, zumal bei Dingen dieser Art, und den Soldaten nahezu unbekannt. So viel bewirkte der Mann durch seine Strenge und Unbestechlichkeit, daß die Nachricht von seiner Ermordung

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LIBER DE

CAESARIBUS

35.12-37.2

metui, simulationi dubiis, optimo cuique desiderio, nemini insolentiae aut ostentationi esset; atque etiam soli quasi Romulo interregni species obvenit, longe vero gloriosior. Quod factum praecipue edocuit cuncta in se orbis modo verti nihilque accidere, quod rursum naturae vis ferre nequeat aevi spatio; adhuc virtutibus principum res attolli facile vel afflictas, easque firmiores praeceps vitiis dari.

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Igitur tandem senatus mense circiter post Aurelia- 36 ni interi tum sexto Taciturn e consularibus, mitem sane virum, imperatorem creat, cunctis fere laetioribus, quod militari ferocia legendi ius principis proceres recepissent. Quae tarnen laetitia brevis neque 2 exitu tolerabili fuit. Namque Tacito confestim a ducentésima regni luce Tyanae mortuo, cum tarnen prius auctores Aureliani necis maximeque Mucaporem ducem, quod ipsius ictu occiderat, excruciavisset, Florianus, eiusdem frater, nullo senatus seu militum consulto imperium invaserat.

Qui uno mense aut altero vix retentata dominatio- 3 7 ne apud Tarsum ab suis interficitur, postquam P r o 2 b u m in Illyrico factum accepere, ingenti belli seien-

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bei den Urhebern den Tod, bei den Schlechten Furcht, bei den Schwankenden Verstellung, bei allen Guten Sehnsucht und bei niemandem Überheblichkeit und Prahlerei hervorrief, und bei ihm allein stellte sich wieder, als wäre er Romulus, eine Art Interregnum ein, doch zu viel größerem Ruhme für ihn. Dieses Ereignis zeigte besonders deutlich, daß alles wie in einer Kreisbewegung abläuft und sich nichts ereignet, was die Kraft der Natur im Laufe der Zeit nicht abermals zu bringen vermöchte, und zudem, daß sich durch tüchtige Eigenschaften der Kaiser selbst zerrüttete Zustände leicht wiederherstellen lassen, während sie, wenn sie noch so gut gefestigt sind, durch deren Unzulänglichkeiten ins Verderben gestürzt werden. So wählt denn endlich der Senat etwa im sechsten Monat nach der Ermordung Aurelians aus der Reihe der ehemaligen Konsuln Tacitus, einen überaus gutmütigen Mann, zum Kaiser, wobei fast jeder erfreut war, daß das Recht, den Kaiser zu benennen, von den rohen Soldaten zu den erlauchten Herren zurückgekehrt war. Die Freude währte indes nur kurze Zeit und nahm ein unerträgliches Ende. Denn Tacitus war alsbald, nach dem zweihundertsten Tage seiner Herrschaft, zu Tyana verstorben, nachdem er immerhin die Urheber der Ermordung Aurelians, und zumal deren Anführer Mucapor, von dessen Hieb jener tödlich getroffen worden war, gekreuzigt hatte. Dann aber hatte Florianus, der Bruder des Tacitus, ohne Beschluß des Senats oder der Truppen die Herrschaft an sich gerissen. Dieser wird, nachdem er mit Mühe einen Monat oder zwei die Herrschaft ausgeübt hatte, bei Tarsus von seinen Leuten getötet, als sie hörten, in Illyrien sei Probus erwählt worden, ein Mann, der durch seine ungeheure

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LIBER DE C A E S A R I B U S

37>2 - 37.6

tia exercitandisque varie militibus ac duranda iuventute prope Hannibalem alterum. Namque ut ille oleis Africae pleraque per legiones, quarum otium reipublicae atque ductoribus suspectum rebatur, eodem modo hic Galliam Pannoniasque et Moesorum colles vinetis replevit, postea sane quam barbarorum attritae gentes sunt, quae nostris principibus suorum scelere interfectis irruperant, simul caesis Saturnino per Orientem, Agrippinae Bonoso exercitu; nam utrique dominatum tentaverant sumpta, cui duces praeerant, manu. Qua causa receptis omnibus pacatisque dixisse proditur brevi milites frustra fore. Hinc denique magis irritati paulo cis sextum annum apud Sirmium trucidavere, cum ad siccandam lacunis ac fossa urbem ipsi patriam adigerentur, quae palustri solo hiemalibus aquis corrumpitur. Abhinc militaris potentia convaluit ac senatui imperium creandique ius principis ereptum ad nostram memoriam, incertum, an ipso cupiente per desidiam an metu seu dissensionum odio. Quippe amissa Gallieni edicto refici militia potuit concedentibus modeste legionibus Tacito regnante, ñeque

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Kriegserfahrung, durch seine Fähigkeit, die Soldaten auf verschiedenerlei Weise zu drillen und die junge Mannschaft abzuhärten, beinahe ein zweiter Hannibal war. Denn wie jener große Teile Afrikas durch die Legionen, deren Müßiggang ihm für den Staat und die Truppenführer gefährlich schien, mit Olivenbäumen bepflanzt hatte, auf dieselbe Weise füllte er Gallien, die pannonischen Gebiete und die Hügel Moesiens mit Rebanlagen, und zwar nachdem er die Barbarenvölker aufgerieben hatte, die nach der Ermordung unserer Kaiser, vollzogen durch den Frevel ihrer eigenen Leute, dort eingefallen waren, und nachdem zur gleichen Zeit Saturninus durch die Orient- und Bonosus durch die Kölner Truppen ein gewaltsames Ende genommen hatten; denn beide hatten nach der Herrschaft getrachtet, gestützt auf die Einheiten, die sie befehligten. Daher soll er, als alles zurückgewonnen und befriedet war, gesagt haben, daß man in Kürze keine Soldaten mehr nötig haben werde. Hierdurch wurden diese noch mehr über ihn aufgebracht, und so machten sie ihn kurz vor Ablauf des sechsten Jahres bei Sirmium nieder, als sie diese Stadt, seine Heimat, durch Teiche und einen Graben trockenlegen mußten: ihr sind der sumpfige Boden und die winterliche Wasserzufuhr abträglich. Von nun an erstarkte die Macht der Truppen, und dem Senat blieb die Regierung sowie das Recht der Kaiserwahl bis auf unsere Zeit entzogen, wobei ungewiß ist, ob er es selbst aus Schlaffheit so wünschte oder aus Furcht oder Abscheu vor Streitigkeiten. Zwar hätte er das Recht zum Kriegsdienst, das ihm der Erlaß des Gallienus entzogen hatte, wieder wahrnehmen können, dank des Zugeständnisses, das die Legionen unter der maßvollen Herrschaft des Tacitus machten; auch hätte sich nicht

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L I B E R DE CAESARIBUS

37.6-38.7

Florianus temere invasisset, aut iudicio manipularium cuiquam, bono licet, imperium daretur amplissimo ac tanto ordine in castris degente. Verum dum oblectantur otio simulque divitiis pavent, quarum usum affluentiamque aeternitate maius putant, munivere militaribus et paene barbaris viam in se ac posteros dominandi.

Igitur C a r u s praefectura pollens praetorii augusto habitu induitur, liberis Caesaribus Carino Numerianoque. Et quoniam cognita Probi morte barbarorum quique opportune invaserant, misso ad munimentum Galliae maiore filio Numeriani comitatu in Mesopotamiam pergit protinus, quod ea Persarum quasi sollemni bello subest. Ubi fusis hostibus, dum gloriae inconsulte avidior Thesiphonta urbem Parthiae inclitam transgreditur, fulminis tactu conflagravit. Id quidam iure ei accidisse referunt; nam cum oracula docuissent adusque oppidum memoratum perveniri victoria licere, longius delatus poenas luit. Proinde arduum fatalia devertere, eoque futuri notio superflua. At Numerianus amisso patre simul confectum aestimans bellum, cum exercitum reductaret, Apri praefecti praetorio soceri insidiis exstinguitur. Quis casum detulit adolescentis oculo-

DIE R Ö M I S C H E N KAISER

III

Florianus blindlings erhoben noch würde auf Grund des Urteils der gemeinen Soldaten irgendwem, und sei er tüchtig, die Herrschaft anvertraut, wenn der erlauchteste, so bedeutende Stand sich nicht vom Lager fernhielte. Doch während sich die Senatoren ihrer Muße erfreuten und zugleich um ihren Reichtum bangten, dessen Genuß und Uberfluß sie für wichtiger halten als die Ewigkeit, bahnten sie den Soldaten, die fast noch Barbaren waren, den Weg, über sie selbst und ihre Nachfahren zu herrschen. So wird denn Carus, einflußreich durch seine Prätorianerpräfektur, mit dem kaiserlichen Ornat bekleidet, wobei seine Söhne Carinus und Numerianus den Rang von Caesares erhalten. Und da nach Bekanntwerden des Todes von Probus zahlreiche Barbaren die Gelegenheit zu Einfallen benutzt hatten, entsandte er den älteren Sohn zur Sicherung Galliens und brach selbst unverzüglich, von Numerianus begleitet, nach Mesopotamien auf, das fast regelmäßig dem Angriff der Perser ausgesetzt ist. Dort hat ihn nach Vertreibung der Feinde, während er, unbedacht allzu sehr auf Ruhm erpicht, über Thesiphon, eine ansehnliche Stadt Parthiens, hinaus vordringt, ein Blitz getroffen und verbrannt. Das, berichten einige, sei ihm mit Recht zugestoßen; denn nachdem Prophezeiungen ihn belehrt hatten, ihm sei erlaubt, bis zu der erwähnten Stadt siegreich vorzurücken, mußte er büßen, als er sich weiter fortreißen ließ. Es ist demnach schwierig, vom Schicksal Verhängtes zu vermeiden, und daher ist die Kenntnis der Zukunft unnütz. Doch Numerianus, der den Krieg zugleich mit dem Verlust des Vaters für beendet hielt, wurde, als er sein Heer zurückführte, von dem Prätorianerpräfekten Aper, seinem Schwiegervater, heimtückisch beseitigt. Hierzu bot ein Augenleiden des

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CAESARIBUS

38,8 - 39,8

rum dolor. Denique diu facinus occultatum, dum clausum lectica cadaver specie aegri, ne vento obtunderetur acies, gestabatur.

Sed postquam odore tabescentium membrorum scelus proditum est, ducum Consilio tribunorumque V a l e r i u s D i o c l e t i a n u s domésticos regens ob sapientiam deligitur, magnus vir, his moribus tarnen: quippe qui primus ex auro veste quaesita serici ac purpurae gemmarumque vim plantis concupiverit. Quae quamquam plus quam civilia tumidique et affluentis animi, levia tamen prae ceteris. Namque se primus omnium Caligulam post Domitianumque dominum palam dici passus et adorari se appellarique uti deum. Quis rebus, quantum ingenium est, compertum habeo humillimos quosque, maxime ubi alta accesserint, superbia atque ambitione immodicos esse. Hinc Marius patrum memoria, hinc iste nostra communem habitum supergressi, dum animus potentiae expers tamquam inedia refecti insatiabilis est. Quo mihi mirum videtur nobilitati plerosque superbiam dare, quae gentis patriciae memor molestiarum, quis agitatur, remedio eminere paululum iuris habet. Verum haec in Valerio obducta ceteris bonis; eoque ipso, quod dominum dici passus, parentem egit; satisque constat prudentem virum

DIE RÖMISCHEN KAISER

II3

jungen Mannes die Gelegenheit. Man hielt übrigens die Untat lange verborgen, indem der Leichnam in einer verschlossenen Sänfte, als sei der Mann krank - damit der Wind nicht seiner Sehkraft Abtrag tue - , befördert wurde. Doch als der Gestank der verwesenden Gliedmaßen das Verbrechen offenkundig machte, wurde durch Beschluß der Truppenführer und Tribunen Valerius Diokletianus, der Befehlshaber der Leibwache, wegen seiner Klugheit auserkoren, ein bedeutender Mann, jedoch von folgender Wesensart: Er trug als erster ein Gewand aus Gold und verlangte für seine Füße die Kostbarkeit von Seide, Purpur und Edelsteinen. Das ist zwar über bürgerliches Maß hinaus Zeichen einer aufgeblähten und eitlen Gesinnung, hat jedoch kaum Gewicht im Verhältnis zum übrigen. Denn er ließ sich als allererster nach Caligula und Domitian offiziell «Herr» nennen und anbeten und anrufen wie einen Gott. Durch diese Dinge sind, wie für mich nach dem Maße meiner Einsicht feststeht, gerade die Niedrigsten, wenn sie es zu einer hohen Stellung gebracht haben, hemmungslos in ihrem Selbstgefühl und Ehrgeiz. So ist Marius zur Zeit unserer Väter, so dieser Mann zur unseren über das gewöhnliche Verhalten hinausgegangen, indem die Seele, der Beherrschung nicht fähig, wie bei einem aus Hungersnot sich Wiederherstellenden unersättlich ist. Daher kommt es mir sonderbar vor, daß die meisten den Hochmut dem Adel zuschreiben, der doch, eingedenk seines patrizischen Ursprungs, zum Ausgleich für die Beschwerlichkeiten, denen er ausgesetzt ist, nur ein geringes Vorrecht für sich beansprucht. Doch bei Valerius wurde dies durch die übrigen, die guten Eigenschaften verdeckt, und während er sich «Herr» nennen ließ, gab er sich als Vater; der kluge Mann

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39.8-39.14

edocere voluisse atrocitatem rerum magis quam nominum officere. Interim Carinus eorum, quae acciderant, certior spe facilius erumpentes motus sedatum iri Illyricum propere Italiae circuitu petit. Ibi Iulianum puisa eius acie obtruncat. Namque is cum Venetos correctura ageret, Cari morte cognita imperium avens eripere adventanti hosti obviam processerat. At Carinus ubi Moesiam contigit, illico Marcum iuxta Diocletiano congressus, dum victos avide premeret, suorum ictu interiit, quod libidine impatiens militarium multas affectabat, quarum infestiores viri iram tamen doloremque in eventum belli distulerant. Quo prosperius cedente metu, ne huiuscemodi ingenium magis magisque victoria insolesceret, sese ulti sunt. Is finis Caro liberisque; Narbone patria, imperio biennii fuere. Igitur Valerius prima ad exercitum contione cum educto gladio solem intuens obtestaretur ignarum cladis Numeriani neque imperii cupientem se fuisse, Aprum proxime astantem ictu transegit; cuius dolo, uti supra docuimus, adolescens bonus facundusque et gener occiderat. Ceteris venia data retentique hostium fere omnes ac maxime vir insignis nomine

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wollte, wie hinlänglich feststeht, klarmachen, daß schreckliche Dinge abstoßender seien als schreckliche Namen. Unterdessen zieht Carinus, von dem, was vorgefallen war, unterrichtet und in der Erwartung, daß sich die erst ausbrechenden Aufstände um so leichter würden beschwichtigen lassen, eilends, mit einem Umweg über Italien, nach Illyrien. Dort erschlägt er Julian, nachdem er sein Heer verjagt hatte. Denn der suchte als Statthalter von Venetien auf die Kunde vom Tode des Carus hin die Herrschaft an sich zu reißen; er war daher dem herannahenden Feinde entgegengerückt. Nach seinem Einmarsch in Moesien ließ sich Carinus alsbald am Margus auf eine Schlacht mit Diokletian ein; während er den Besiegten hastig nachsetzte, bereitete ihm ein Attentat seiner Leute den Tod, weil er, in der Wollust unbeherrscht, den Frauen der Soldaten nachstellte, deren aufgebrachte Männer indes den Zorn und Schmerz bis zum Ausgang des Krieges hatten unterdrücken wollen. Als der nun einen recht glücklichen Verlauf nahm, fürchteten sie, ein Charakter dieser Art möchte durch den Sieg mehr und mehr in Maßlosigkeit verfallen und rächten sich. Dies war das Ende des Carus und seiner Söhne; sie stammten aus Narbo; ihre Herrschaft dauerte zwei Jahre. Als nun Valerius bei der ersten Heeresversammlung mit gezücktem Schwert zur Sonne blickte und schwor, er habe von dem Ende des Numerianus nichts gewußt und auch nicht nach der Herrschaft gestrebt, durchbohrte er Aper, der ganz in der Nähe stand, mit einem Stoß; durch dessen Tücke war, wie wir oben darlegten, der vortreffliche und beredte junge Mann, sein Schwiegersohn, zugrunde gegangen. Die übrigen wurden begnadigt, und fast alle Feinde blieben auf ihren Posten, vor allem ein

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L I B E R DE CAESARIBUS

39,14-39,21

Aristobulus praefectus praetorio per officia sua. Quae res post memoriam humani nova atque inopinabilis fuit civili bello fortunis fama dignitate spoliatum neminem, cum pie admodum mansueteque geri laetemur exilio proscriptioni atque etiam suppliciis et caedibus modum fieri. Quid ea memorem ascivisse consortio multos externosque tuendi prolatandive gratia iuris Romani? Namque ubi comperit Carini discessu Helianum Amandumque per Galliam excita manu agrestium ac latronum, quos Bagaudas incolae vocant, populatis late agris plerasque urbium tentare, Maximianum statim fidum amicitia quamquam semiagrestem, militiae tarnen atque ingenio bonum imperatorem iubet. Huic postea cultu numinis Herculio cognomentum accessit, uti Valerio Iovium; unde etiam militaribus auxiliis longe in exercitum praestantibus nomen impositum. Sed Herculius in Galliam profectus fusis hostibus aut acceptis quieta omnia brevi patraverat. Quo bello Carausius, Menapiae civis, factis promptioribus enituit; eoque eum, simul quia gubernandi (quo officio adolescentiam mercede exercuerat) gnarus habebatur, parandae classi ac propulsandis Germanis maria infestantibus praefecere. Hoc elatior, cum barbarum multos opprimeret neque

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hervorragender Mann, der Prätorianerpräfekt namens Aristobulus. Das war seit Menschengedenken etwas Neues und Unerwartetes: daß nach einem Bürgerkrieg niemand seines Vermögens, seiner Ehre und seines Amtes beraubt wurde, während wir uns sonst freuen, daß Schonung und Milde walte, wenn bei Verbannung und Achtung und auch bei Hinrichtungen und Morden Maß gehalten wird. Was soll ich erwähnen, daß er viele, auch Auswärtige, als Helfer herbeirief, die römischen Gesetze zu schützen und auszubreiten? Denn sobald Valerius erfuhr, daß Helianus und Amandus nach dem Untergang des Carinus mit einem in Gallien aufgewiegelten Haufen von Landleuten und Räubern, welche die Bewohner Bagauden nennen, weithin das Ackerland verwüsteten und zahlreiche Städte angriffen, ernannte er unverzüglich Maximian, ihm in Freundschaft treu ergeben und, wenn auch halbbäuerisch, so doch durch Kriegserfahrung und Charakter tüchtig, zum Befehlshaber. Dieser erhielt später wegen seiner Verehrung des Gottes den Beinamen Herculius, wie Valerius den Beinamen Jovius; hiernach wurden auch die Hilfstruppen, die sich im Heere besonders hervortaten, benannt. Herculius aber zog nach Gallien; nach Vertreibung oder Begnadigung der Feinde hatte er in kurzem überall die Ruhe wiederhergestellt. Auf diesem Feldzug zeichnete sich Carausius, ein Bürger Menapiens, durch überaus beherzte Taten aus; deswegen und zugleich, weil er als des Steuerns kundig galt (mit dieser Tätigkeit hatte er gegen Lohn seine jüngeren Jahre bestritten), betrauten ihn die Kaiser damit, eine Flotte zu rüsten und die Germanen, die die Meere unsicher machten, zu vertreiben. Hierdurch allzu sehr erhoben, da er viele Barbaren ausrottete und keineswegs die

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LIBER DE CAESARIBUS

39,21 - 39,30

praedae omnia in aerarium referret, Herculii metu, a quo se caedi iussum compererat, Britanniam hausto imperio capessivit. E o d e m tempore Orientem Persae, Africam Iulianus ac nationes Quinquegentanae graviter quatiebant. Adhuc apud Aegypti Alexandriam Achilleus nomine dominationis insignia induerat. His de causis Iulium Constantium, Galerium Maximianum, cui cognomen Armentario erat, creatos Caesares in affinitatem vocant. Prior Herculii privignam, alter Diocletiano editam sortiuntur diremptis prioribus coniugiis, ut in Nerone Tiberio ac Iulia filia Augustus quondam fecerat. His sane omnibus Illyricum patria fuit: qui, quamquam humanitatis parum, ruris tamen ac militiae miseriis imbuti satis optimi reipublicae fuere. Q u a r e constat sanctos prudentesque sensu mali promptius fieri, contraque expertes aerumnarum, dum opibus suis cunctos aestimant, minus consulere. Sed horum concordia maxime edocuit virtud ingenium usumque bonae militiae, quanta his Aureliani Probique instituto fuit, paene sat esse. Denique Valerium ut parentem seu dei magni suspiciebant modo; quod quale quantumque sit, ab urbis conditione ad nostram aetatem propinquorum facinoribus patefactum est. Et quoniam bellorum moles, de qua supra memo-

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ganze Beute an die Staatskasse ablieferte, besetzte er aus Furcht vor Herculius, der ihn, wie er erfahren hatte, töten sollte, Britannien, wobei er sich die Kaisergewalt anmaßte. Um dieselbe Zeit verursachten im Orient die Perser, in Afrika Julian und die Quinquegentanischen Stämme schwere Unruhen. Überdies hatte sich im ägyptischen Alexandrien jemand namens Achilleus mit den Zeichen der Herrschaft bekleidet. Aus diesen Gründen ernennen die Kaiser Julius Constantius und Galerius Maximianus, der den Beinamen Armentarius trug, zu Caesaren und knüpften mit ihnen verwandtschaftliche Bande. Der Erstgenannte erhielt die Stieftochter des Herculius, der andere die Tochter des Diokletian zur Frau, nachdem sie ihre früheren Ehen aufgelöst hatten, wie es einst Augustus bei Tiberius Nero und seiner Tochter Julia gehalten hatte. Sie waren allesamt in Illyrien beheimatet; sie eigneten sich, mit Bildung zwar wenig, mit den Drangsalen der Landwirtschaft und des Kriegsdienstes jedoch hinlänglich vertraut, vorzüglich für die Staatsverwaltung. So zeigt sich, daß Leidensdruck die Menschen leichter redlich und fürsorglich macht und daß im Gegensatz hierzu die von Kümmernissen Verschonten, indem sie jedermann nach ihren eigenen Glücksgütern messen, weniger hilfreich sind. Am meisten aber bewies der Zusammenhalt dieser Männer, daß zur Tüchtigkeit Begabung und Erfahrung in gediegenem Militärdienst, wie sie sie in der Schule des Aurelian und des Probus erworben hatten, nahezu genügt. Schließlich blickten sie zu Valerius wie zu ihrem Vater oder als wäre er eine große Gottheit auf; wie förderlich und wichtig das ist, haben von der Gründung der Stadt an bis in unsere Zeit die schlimmen Taten unter Verwandten offenbart. Und da die Last der Kriege, von der wir oben berichtet

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LIBER DE

CAESARIBUS

39.30 - 39.38

ravimus, acrius urgebat, quadripartito imperio cuneta, quae trans Alpes Galliae sunt, Constando commissa, Africa Italiaque Herculio, Illyrici ora adusque Ponti fretum Galerio; cetera Valerius retentavit. Hinc denique parti Italiae invectum tributorum ingens malum. N a m cum omnis eadem functione moderateque ageret, quo exercitus atque imperator, qui semper aut maxima parte aderant, ali possent, pensionibus inducta lex nova. Quae sane illorum temporum modestia tolerabilis in perniciem processit his tempestatibus. Interim Iovio Alexandriam profecto provincia eredita Maximiano Caesari, uti relictis finibus in Mesopotamiam progrederetur ad arcendos Persarum impetus. A quis primo graviter vexatus contracto confestim exercitu e veteranis ac tironibus per Armeniam in hostes contendit; quae ferme sola seu facilior vincendi via est. Denique ibidem Narseum regem in dicionem subegit, simul liberos coniugesque et aulam regiam. Adeo victor, ut, ni Valerius, cuius nutu omnia gerebantur, incertum qua causa abnuisset, Romani fasces in provinciam novam ferrentur. Verum pars terrarum tamen nobis utilior quaesita; quae cum acrius reposcuntur, bellum recens susceptum est grave admodum perniciosumque. At in Aegypto Achilleus facili negotio pulsus

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haben, immer härter drückte, wurde in der viergeteilten Herrschaft alles, was jenseits der Alpen zu Gallien gehört, dem Constantius, Afrika und Italien dem Herculius, die illyrische Küste und das Gebiet bis zum Ufer des Schwarzen Meeres dem Galerius anvertraut; den Rest behielt Valerius. Von nun an wurde schließlich einem Teil Italiens die ungeheure Last der Abgaben auferlegt. Denn während bisher das ganze Land in gleicher, mäßiger Höhe aufbrachte, womit sich Heer und Kaiser, die stets oder die meiste Zeit anwesend waren, ernähren konnten, trat jetzt für die Steuern ein neues Gesetz in Kraft. Allerdings hat sich die Bescheidenheit jener Zeiten, erträglich wie sie damals war, erst in der Gegenwart zu einem schweren Übel entwickelt. Während nun Jovius nach Alexandrien aufbrach, wurde dem Caesar Maximian die Aufgabe übertragen, er solle die Grenze überschreiten und in Mesopotamien einrücken, um die Angriffe der Feinde abzuwehren. Nachdem ihm diese zunächst schwer zugesetzt hatten, zog er eilends aus Altgedienten und Rekruten ein Heer zusammen, und so rückte er durch Armenien gegen die Feinde vor: dies ist so ziemlich der einzige oder jedenfalls der leichtere Weg, der zum Sieg führt. Schließlich nahm er dort König Narseus gefangen und zugleich dessen Kinder und Frauen sowie den königlichen Hof. Er war derart erfolgreich, daß, hätte nicht Valerius, nach dessen Willen alles geschah, man weiß nicht warum, abgewinkt, die römischen Rutenbündel in eine neue Provinz vorgedrungen wären. Doch gleichwohl wurde der nützlichere Teil des Gebietes von uns erworben; als man ihn um so erbitterter zurückforderte, brach aufs neue ein Krieg aus, der überaus schwer und verderblich war. In Ägypten hingegen erhielt Achilleus, mit leichter

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L I B E R DE CAESARIBUS

39,39 - 39.45

poenas luit. Per Africam gestae res pari modo, solique Carausio remissum insulae imperium, postquam iussis ac munimento incolarum contra gentes bellicosas opportunior habitus. Quem sane sexennio post Allectus nomine dolo circumvenit. Qui cum eius permissu summae rei praeesset, flagitiorum et ob ea mortis formidine per scelus imperium extorserat. Quo usum brevi Constantius Asclepiodoto, qui praetorianis praefectus praeerat, cum parte classis ac legionum praemisso delevit. Et interea caesi Marcomanni Carporumque natio translata omnis in nostrum solum, cuius fere pars iam tum ab Aureliano erat. Ñeque minore studio pacis officia viñeta legibus aequissimis ac remoto pestilenti frumentariorum genere, quorum nunc agentes rerum simillimi sunt. Qui cum ad explorandum annuntiandumque, ecqui forte in provinciis motus exsisterent, instituti viderentur, compositis nefarie criminationibus, iniecto passim metu, praecipue remotissimo cuique, cuncta foede diripiebant. Simul annona urbis ac stipendiariorum salus anxie solliciteque habita, honestiorumque provectu et e contra suppliciis flagitiosi cuiusque virtutum studia augebantur. Veterrimae religiones

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Mühe geschlagen, seine Strafe. In Afrika nahmen die Dinge denselben Verlauf, und lediglich dem Carausius wurde die Herrschaft über die Insel belassen, nachdem er sich als recht geeignet erwiesen hatte, Befehle entgegenzunehmen und die Bewohner gegen kriegerische Völker zu schützen. Ihn hat allerdings sechs Jahre später ein Mann namens Allectus heimtückisch zu Fall gebracht. Dieser hatte ihm nämlich, als er mit seiner Erlaubnis einen sehr hohen Posten innehatte, aus Furcht wegen seiner Schandtaten und darum vor dem Tode, durch ein Verbrechen die Herrschaft entwunden. Er genoß sie nur kurze Zeit: Constantius vernichtete ihn, nachdem er Asclepiodotus, den Befehlshaber der Prätorianer, mit einem Teil der Flotte und den Legionen vorausgeschickt hatte. Und unterdessen wurden die Markomannen geschlagen und das ganze Karpervolk, von dem bereits Aurelian einen Teil verjagt hatte, auf unser Territorium umgesiedelt. Mit nicht geringerem Eifer regelte man die inneren Angelegenheiten durch möglichst gerechte Vorschriften, und man beseitigte das verderbliche Gezücht der Getreidetaxierer, denen jetzt die Geheimagenten am ähnlichsten sind. Man hatte sie offenbar eingesetzt, auszukundschaften und anzuzeigen, ob etwa irgendwo in den Provinzen Unruhen aufkämen; indem sie jedoch auf niederträchtige Weise Anschuldigungen erfanden und überall, zumal bei denen, die weit abseits lebten, Furcht verbreiteten, unterwarfen sie alle Welt schändlichen Erpressungen. Zugleich wurden der städtische Getreidepreis und das Wohl der Unterstützungsempfänger skrupulös und mit Sorgfalt überwacht, und die Förderung der Anständigen sowie andererseits die Bestrafung der Schandbuben steigerte das Streben nach guten Sitten. Den ältesten

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39,45 - 40,1

castissime curatae, ac mirum in modum novis adhuc cultisque pulchre moenibus Romana culmina et ceterae urbes ornatae, maxime Carthago, Mediolanum, Nicomedia. Ñeque tarnen, cum haec agerent, extra vitia fuere. Quippe Herculius libidine tanta agebatur, ut ne ab obsidum corporibus quidem animi labem comprimerei; Valerio parum honesta in amicos fides erat discordiarum sane metu, dum enuntiationibus posse agitari quietem consortii putat. Hinc etiam quasi truncatae vires urbis imminuto praetoriarum cohortium atque in armis vulgi numero; quo quidem plures volunt imperium posuisse. Namque imminentium scrutator, ubi fato intestinas clades et quasi fragorem quendam impendere comperit status Romani, celebrato regni vicésimo anno valentior curam reipublicae abiecit, cum in sententiam Herculium aegerrime traduxisset, cui anno minus potentia fuerat. Et quamquam aliis alia aestimantibus veri gratia corrupta sit, nobis tarnen excellenti natura videtur ad communem vitam spreto ambitu descendisse.

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Igitur Constantio atque Armentario his succeden- 40 tibus Severus Maximinusque Illyricorum indigenae Caesares, prior Italiani posteriorque, in quae Iovius

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Kulten ließ man in größter Reinheit Pflege angedeihen, und auf bewundernswerte Weise wurden mit ganz und gar neuen und schön verzierten Mauern die römischen Hügel sowie weitere Städte geschmückt, vor allem Karthago, Mailand und Nikomedien. Und doch waren die Kaiser, während sie dies taten, nicht frei von Fehlern. Denn Herculius wurde derart von sexueller Gier umgetrieben, daß seine verderbte Seele nicht einmal vor der Berührung von Geiseln Halt machte; Valerius wahrte auf wenig ehrenvolle Weise seinen Freunden gegenüber die Treue, gewiß aus Furcht vor Zwistigkeiten, indem er glaubte, daß offene Aussprachen die Ruhe der Teilhaberschaft stören könnten. Deswegen wurden von ihm auch die Kräfte der Stadt gleichsam verstümmelt, und zwar durch eine verminderte Zahl von Prätorianerkohorten und sonstigem Volk in Waffen, und diese Furcht war auch nach Ansicht mehrerer der Grund für seine Abdankung. Denn als Erforscher des Bevorstehenden entledigte er sich, sobald er erfuhr, daß schicksalsverhängte innere Niederlagen und gleichsam ein Krachen des römischen Reiches drohten, nach der Feier des zwanzigsten Jahres seiner Herrschaft bei recht guter Gesundheit der Sorge für den Staat, nachdem er mit größter Mühe Herculius zu demselben Entschluß gebracht hatte, ihn, der ein Jahr weniger an der Macht gewesen war. Und obwohl bei der Verschiedenheit der Urteile das Ansehen der Wahrheit beschädigt ist, scheint es mir von einem herausragenden Charakter zu zeugen, wenn jemand seinen Ehrgeiz hintanstellt und wieder ins gewöhnliche Dasein hinabsteigt. So rückten denn Constantius und Armentarius nach ihnen auf; Severus und Maximinus, beide aus Illyrien gebürtig, werden zu Caesares, der erstere für Italien, der

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40,2 - 40,9

obtinuerat, destinantur. Quod tolerare nequiens Constantinus, cuius iam tum a puero ingens potensque animus ardore imperitandi agitabatur, fugae commento, cum ad frustrandos insequentes publica iumenta, quaqua iter egerat, interficeret, in Britanniam pervenit; nam is a Galerio religionis specie ad vicem obsidis tenebatur. Et forte iisdem diebus ibidem Constantium patrem vel parentem vitae ultima urgebant. Quo mortuo cunctis, qui aderant, annitentibus imperium capit. Interim Romae vulgus turmaeque praetoriae Maxentium retractante diu patre Herculio imperatorem confirmant. Quod ubi Armentarius accepit, Severum Caesarem, qui casu ad urbem erat, arma in hostem ferre propere iubet. Is circum muros cum ageret, desertus a suis, quos praemiorum illecebris Maxentius traduxerat, fugiens obsessusque Ravennae obiit. Hoc acrior Galerius ascito in consilium Iovio Licinium vetere cognitum amicitia Augustum creat; eoque ad munimentum Illyrici ac Thraciae relicto Romam contendit. Ibi cum obsidione distineretur, militibus eadem, qua superiores, via attentatis, metu ne desereretur, Italia decessit; pauloque post vulnere pestilenti consumptus est, cum agrum satis reipublicae commodantem caesis immanibus silvis

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letztere für die Gebiete bestimmt, die Jovius innegehabt hatte. Dies vermochte Constantin nicht zu ertragen, dessen ungeheurer und mächtiger Geist schon damals, von Jugend an, von glühendem Verlangen zu herrschen erregt wurde; er gelangte fliehend mit Hilfe eines Einfalls er hielt die Verfolger durch Tötung der staatlichen Zugtiere auf, wo immer er seinen Weg nahm - nach Britannien. Er war nämlich von Galerius unter dem Vorwand religiöser Rücksichten als Geisel festgehalten worden. Und zufällig rang in denselben Tagen ebendort Constantius, sein Vater oder Verwandter, mit dem Tode. Nach dessen Verscheiden bemächtigt er sich, wobei alle Anwesenden sich für ihn bemühen, der Herrschaft. Unterdessen bestätigen zu Rom das Volk und die Prätorianereinheiten Maxentius als Kaiser, obwohl sein Vater Herculius dem lange entgegengearbeitet hatte. Als Armentarius hiervon Kunde erhielt, befiehlt er dem Caesar Severus, der sich zufällig in der Nähe der Stadt befand, sich unverzüglich mit Waffengewalt gegen den Feind zu wenden. Der aber wurde, als er ringsum an den Mauern lagerte, von seinen Leuten im Stich gelassen, die Maxentius durch lockende Belohnungen zu sich hinübergezogen hatte; er floh und verlor, in Ravenna eingeschlossen, das Leben. Um so mehr aufgebracht, bestimmt Galerius, nachdem er sich mit Jovius beraten, Licinius, den er in langer Freundschaft erprobt hatte, zum Augustus; er läßt ihn zur Sicherung Illyriens und Thrakiens zurück und rückt gegen Rom vor. Als ihn dort die Belagerung festhielt, wurden seine Soldaten auf demselben Weg wie die vorigen in Versuchung geführt; er zog sich aus Furcht, im Stich gelassen zu werden, aus Italien zurück und wurde bald darauf von einer gefährlichen Wunde dahingerafft. Er hatte durch die Beseitigung rie-

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40,9 - 40,17

atque emisso in Danubium lacu Pelsone apud Pannonios fecisset. Cuius gratia provinciam uxoris nomine Valeriam appellavit. Huic quinquennii imperium, Constantio annuum fuit, cum sane uterque potentiam Caesarum annos tredecim gessissent. Adeo miri naturae beneficiis, ut ea si a doctis pectoribus proficiscerentur neque insulsitate offenderent, haud dubie praecipua haberentur. Quare compertum est eruditionem elegantiam comitatem praesertim principibus necessarias esse, cum sine his naturae bona quasi incompta aut etiam hórrida despectui sint, contraque ea Persarum regi Cyro aeternam gloriam paraverint. At memoria mea Constantinum, quamquam ceteris promptum virtutibus, adusque astra votis omnium subvexere. Qui profecto si munificentiae atque ambitioni modum hisque artibus statuisset, quis praecipue adulta ingenia gloriae studio progressa longius in contrarium labuntur, haud multum abesset deo. Is ubi vastari urbem atque Italiani comperit pulsosque seu redemptos exercitus et imperatores duos, composita pace per Gallias Maxentium petit. Ea tempestate apud Poenos Alexander pro praefecto gerens dominami stolide incubuerat, cum ipse

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siger Wälder und die Ableitung des Pelso-Sees in die Donau Ackerland geschaffen, das durch seine Fruchtbarkeit Gewinne für die Allgemeinheit abwarf. Deswegen nannte er die Provinz nach dem Namen seiner Frau die Valerische. Seine Herrschaft währte fünf Jahre, die des Constantius eines, nachdem sie allerdings beide dreizehn Jahre lang die Stellung eines Caesars innegehabt hatten. Sie waren dank der Gaben der Natur so bewundernswert, daß diese, wenn sie gebildeten Köpfen zu Diensten gestanden und nicht durch Grobschlächtigkeit abgestoßen hätten, ohne Zweifel als herausragend anerkannt würden. Es ist daher ausgemacht, daß zumal die Kaiser der Bildung, des Geschmacks und eines umgänglichen Wesens bedürfen, während natürliche Vorzüge ohne diese Eigenschaften, da sie dann als unzivilisiert oder gar ruppig gelten, der Verachtung anheimfallen, wohingegen sie dem Perserkönig Kyros unvergänglichen Ruhm eingebracht haben. Z u meiner Zeit aber haben gerade sie Constantin, den schon durch seine sonstigen Vorzüge Herausragenden, durch den allgemeinen Beifall zu den Sternen erhoben. Denn in der Tat, wenn er der Großzügigkeit, dem Ehrgeiz und all den Eigenschaften Zügel angelegt hätte, durch die zumal starke Charaktere, in ihrem Streben nach Ruhm allzu weit vorangetrieben, ins Gegenteil abgleiten, dann wäre er von einem Gott nicht sonderlich weit entfernt. Als Constantin nun erfuhr, R o m und Italien würden schwer heimgesucht und zwei Heere seien mitsamt den Befehlshabern verjagt oder bestochen worden, Schloß er Frieden und rückte durch Gallien gegen Maxentius vor. In dieser Zeit hatte sich bei den Puniern Alexander, der als Präfekt Dienst tat, törichterweise der Herrschaft be-

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CAESARIBUS

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debili aetate, agrestibus ac Pannonicis parentibus vecordior, milites tumultuarie quaesiti armorum vix medium haberent. Denique eum a tyranno missi paucissimis cohortibus Rufius Volusianus praefectus praetorio ac militares duces levi certamine confecere. Q u o victo Maxentius Carthaginem, terrarum decus, simul Africae pulchriora vastari diripi incendique iusserat, férus inhumanusque ac libidine multa tetrior. A d h u c pavidus et imbellis atque in desidiam foede pronus, usque eo, ut flagrante per Italiam bello fusisque apud Veronam suis nihilo segnius solita curaret neque patris exitio moveretur. N a m q u e Herculius natura impotentior, simul filii segnitiem metuens inconsulte imperium repetiverat. C u m q u e specie officii dolis compositis Constantinum generum tentaret acerbe, iure tandem interierat. Sed Maxentius atrocior in dies tandem urbe in Saxa rubra milia ferme novem aegerrime progressus, cum caesa acie fugiens semet R o m a m reciperet, insidiis, quas hosti apud pontem Milvium locaverat, in transgressu Tiberis interceptus est tyrannidis anno sexto. Huius

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mächtigt, obwohl er selbst von gebrechlichem Alter und wegen seiner bäurischen pannonischen Herkunft von ziemlich wildem Wesen war und seine Soldateska, im Aufruhr zusammengerafft, kaum zur Hälfte bewaffnet war. Zuletzt überwanden ihn, vom Usurpator entsandt, mit ganz wenigen Kohorten in leichtem Kampf der Prätorianerpräfekt Rufius Volusianus und seine Truppenführer. Nach dem Sieg über ihn hatte Maxentius Karthago, ein Kleinod unserer Länder, und zugleich die schöneren Gebiete Afrikas verwüsten, plündern und in Brand stecken lassen, in seiner rohen, unmenschlichen und durch ein großes Maß von Willkür noch abstoßenderen Art. Überdies war er furchtsam und unkriegerisch und auf schmähliche Weise zu Untätigkeit neigend, derart, daß er, als in Italien der Krieg loderte und seine Truppen bei Verona geschlagen waren, um nichts weniger energielos den gewohnten Beschäftigungen nachging und sich auch durch den Tod des Vaters nicht aufrütteln ließ. Denn Herculius, von Natur aus ziemlich unbeherrscht und zugleich angesichts der Energielosigkeit des Sohnes besorgt, hatte sich unbedacht aufs neue der Herrschaft bemächtigt. Und als er unter dem Deckmantel der Pflichterfüllung durch tückische Nachstellungen dem Schwiegersohn Constantin böse zusetzte, ereilte ihn endlich zu Recht der Untergang. Doch Maxentius, von Tag zu Tag abscheulicher, war schließlich mit größter Überwindung von Rom aus etwa neun Meilen bis zu den Saxa rubra vorgerückt; als er sich, nachdem sein Heer geschlagen war, fliehend wieder nach Rom zurückzog, wurde er in einem Hinterhalt, den er dem Feinde an der Milvischen Brücke gelegt hatte, beim Überschreiten des Tibers im sechsten Jahr seiner angemaßten Herrschaft überwältigt. Bei seinem Tode frohlockten Senat und

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CAESARIBUS

40,24 - 4 1 , 1

nece incredibile quantum laetitia gaudioque senatus ac plebes exsultaverint; quos in tantum afflictaverat, uti praetorianis caedem vulgi quondam annuerit primusque instituto pessimo munerum specie patres aratoresque pecuniam conferre prodigenti sibi cogeret. Quorum odio praetoriae legiones ac subsidia factionibus aptiora quam urbi Romae sublata penitus, simul arma atque usus indumenti militaris. Adhuc cuncta opera, quae magnifice construxerat, urbis fanum atque basilicam Flavii meritis patres sacravere. A quo etiam post Circus maximus excultus mirifice atque ad lavandum institutum opus ceteris haud multo dispar. Statuae locis quam celeberrimis, quarum plures ex auro aut argenteae sunt; tum per Africam sacerdotium decretum Flaviae genti, Cirtaeque oppido, quod obsidione Alexandri conciderat, reposito exornatoque nomen Constantina inditum. Adeo acceptius praestantiusque tyrannorum depulsoribus nihil est, quorum gratia eo demum auctior erit, si modesti atque abstinentes sint. Quippe humanae mentes frustratae boni spe asperius offenduntur, cum mutato rectore flagitioso aerumnarum vis manet.

Dum haec in Italia geruntur, Maximinus ad Orien- 4 tem post biennii augustum imperium fusus fugatus-

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I33

Volk in unglaublicher Ausgelassenheit und Freude; denen gegenüber war er in seinem Wüten so weit gegangen, daß er den Prätorianern einmal ein Blutbad unter der Menge gestattete und als erster zu bösem Vorbild die Senatoren und Landbesitzer nötigte, unter dem Vorwand von Spielen Geld für seine Verschwendung zusammenzuschießen. Dies erregte solchen Abscheu, daß die Prätorianerlegionen nebst den Hilfskräften, die von größerem Nutzen für Meutereien waren als für die Stadt Rom, gänzlich beseitigt wurden, und mit ihnen die Waffen und das Tragen von Soldatenkleidern. Außerdem weihten die Väter alle Bauwerke, die Maxentius in großer Pracht hatte errichten lassen, ein Heiligtum der Stadtgöttin sowie eine Basilika, den Verdiensten des Flavius. Von diesem wurde später auch der Circus maximus wunderbar hergerichtet und ebenso ein zum Baden bestimmtes Gebäude, das den übrigen wenig nachstand. An den belebtesten Plätzen wurden Statuen aufgestellt, von denen mehrere aus Gold oder Silber gefertigt sind. Ferner wurde in Afrika für das Flavische Geschlecht ein Priesteramt eingerichtet und der Stadt Cirta, die infolge der Belagerung durch Alexander verwüstet war, nach ihrer Wiederherstellung und Ausschmückung der Name Constantina gegeben. In solchem Maße ist nichts willkommener und beliebter als die Vertreiber von Tyrannen, deren Ansehen um so größer ist, wenn sie selbst mäßig und zurückhaltend sind. Denn allerdings werden Menschenherzen, wenn sie sich in ihrer Hoffnung auf Wohlfahrt getäuscht sehen, härter getroffen, sooft nach dem Ende eines schmachvollen Herrschers der Druck der Leiden anhält. Während sich dies in Italien zutrug, fand im Osten Maximinus, nach zweijähriger Herrschaft als Augustus

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41,2 - 4 1 , 1 0

que a Licinio apud Tarsum périt. Ita potestas orbis Romani duobus quaesita, qui quamvis per Flavii sororem nuptam Licinio conexi inter se erant, ob diversos mores tarnen anxie triennium congruere quivere. Namque íIii praeter admodum magna cetera magnificentia, huic parsimonia et ea quidem agrestis tantummodo inerat. Denique Constantinus cunctos hostes honore ac fortunis manentibus texit recepitque, eo pius, ut etiam vêtus teterrimumque supplicium patibulorum et cruribus suffringendis primus removerit. Hinc pro conditore seu deo habitus. Licinio ne insontium quidem ac nobilium philosophorum servili more cruciatus adhibiti modum fecere. Q u o sane variis proeliis pulso, cum eum prorsus opprimere arduum videretur, simul affinitatis gratia refectum consortium ascitique imperio Caesarum communes liberi Crispus Constantinusque Flavio geniti, Licinianus Licinio. Q u o d equidem vix diuturnum ñeque his, qui assumebantur, felix fore defectu solis foedato iisdem mensibus die patefactum. Itaque sexennio post rupta pace apud Thracas Licinius pulsus Chalcedona concessit. Ibi ad auxilium sui Martiniano in imperium cooptato una oppressus est. Eo modo respublica unius arbitrio geri coepit,

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I35

von Licinius geschlagen und in die Flucht gejagt, bei Tarsus den Tod. So hatten nur noch zwei die Macht im Römerreich inne: sie vermochten, obwohl sie durch die Schwester des Flavius, die Frau des Licinius, verwandtschaftlich miteinander verbunden waren, wegen der Verschiedenheit ihrer Wesensart nur mit Mühe drei Jahre lang Eintracht zu wahren. Denn dem einen eignete neben anderen recht stattlichen Vorzügen Hochherzigkeit, dem anderen Sparsamkeit, und zwar in den Grenzen eines Bauern. Außerdem hat Constantin alle seine Feinde, indem er ihnen ihre Stellung und ihr Vermögen beließ, geschont und begnadigt; er war darin barmherzig, daß er als erster auch die altertümliche und besonders scheußliche Strafe der Kreuzigung und des Brechens der Schenkel abschaffte. Deswegen wurde er einem Stadtgründer oder Gott gleich geehrt. Licinius hingegen fand nicht einmal daran Genügen, unschuldige vornehme Philosophen wie Sklaven zu Tode martern zu lassen. Er unterlag zwar in verschiedenen Schlachten; als es sich jedoch als schwierig erwies, ihn gänzlich zu unterdrücken, wurde, zugleich um der Verwandtschaft willen, der Bund erneuert. Ferner zog man in der Stellung von Caesares die beiderseitigen Kinder hinzu: Crispus und Constantin, die Söhne des Flavius, sowie Licinianus, den des Licinius. Daß dies kaum von Dauer und für die Hinzugezogenen nicht von Vorteil sein würde, brachte in denselben Monaten ein Tag zum Vorschein, der durch eine Sonnenfinsternis befleckt wurde. So zerbrach denn nach sechs Jahren der Friede, und Licinius, in Thrakien geschlagen, zog sich nach Chalkedon zurück. Dort wurde er gemeinsam mit Martinianus, den er zu seiner Unterstützung zum Mitherrscher berufen hatte, vernichtet. So ergab es sich, daß der Staat von nun an durch den

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41,10 - 41,17

liberis Caesarum nomina diversa retentantibus: namque ea tempestate imperatori nostro Constando insigne Caesaris datum. Quorum cum natu grandior, incertum qua causa, patris iudicio occidisset, repente Calocerus magister pecoris camelorum Cyprum insulam specie regni demens capessiverat. Quo excruciato, ut fas erat, servili aut latronum more, condenda urbe formandisque religionibus ingentem animum avocavit, simul novando militiae ordine. Et interea Gothorum Sarmatarumque stratae gentes, filiusque cunctorum minor, Constans nomine, Caesar fit. Cuius gratia reipublicae permixtionem fore ostentorum mira prodidere; quippe ea nocte, quae commissi imperii diem sequebatur, igni continuo caeli facies conflagravit. Abhinc consumpto fere biennio fratris filium, cui ex patre Dalmatio nomen fuit, Caesarem iussit obsistentibus valide militaribus. Ita anno imperii tricésimo secundoque, cum totum orbem tredecim tenuisset, sexaginta natus atque amplius duo, in Persas tendens, a quis bellum erumpere occeperat, rure proximo Nicomediae Achyronam vocant - excessit, cum id tetrum sidus regnis, quod crinitum vocant, portendisset. Funus relatum in urbem sui nominis. Quod sane populus

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Willen eines einzigen gelenkt wurde, da die Söhne sich mit dem unterscheidenden Titel von Caesares begnügten - denn zu jener Zeit wurden auch unserem Kaiser Constantius die Abzeichen eines Caesars verliehen. Als der älteste von ihnen, man weiß nicht warum, auf Grund eines Urteils des Vaters hatte sterben müssen, bemächtigte sich unversehens Calocerus, Aufseher über eine Kamelherde, törichterweise der Insel Zypern, um dort als König zu herrschen. Als der, wie üblich, in der für Sklaven oder Banditen angemessenen Weise hingerichtet worden war, lenkte Constantin seinen gewaltigen Geist auf die Gründung einer Stadt und die Ordnung der Kulte, zugleich auch auf die Neugliederung des Heerwesens. Unterdessen wurden auch die Stämme der Goten und Sarmaten niedergeworfen, und der jüngste Sohn unter allen, mit Namen Constans, wurde Caesar. Daß um seinetwillen im Staate Wirren eintreten würden, gaben wundersame Vorzeichen kund; denn in der Nacht, die dem Tag der Verleihung der Würde folgte, entflammte am Himmel die Erscheinung eines zusammenhängenden Feuers. Als von hier an etwa zwei Jahre vergangen waren, ernannte Constantin den Sohn seines Bruders, der nach seinem Vater Dalmatius hieß, zum Caesar, trotz heftigen Widerstrebens des Militärs. So ist er im 32. Jahre seiner Regierung (hiervon war er dreizehn Alleinherrscher des ganzen Reiches) im Alter von 62 Jahren, als er gegen die Perser ziehen wollte, die einen Krieg zu entfesseln begonnen hatten, auf dem Land ganz nahe bei Nikomedien - man nennt die Gegend Achyrona - gestorben, nachdem das den Thronen verderbliche Gestirn, das man als Kometen bezeichnet, davon Kunde gegeben hatte. Die Leiche wurde in die Stadt überführt, die seinen Namen trägt. Dies nahm das

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41,17-41,23

Romanus aegerrime tulit, quippe cuius armis legibus clementi imperio quasi novatam urbem Romam arbitraretur. Pons per Danubium ductus; castra castellaque pluribus locis commode posita. Remotae olei frumentique adventiciae praebitiones, quibus Tripolis ac Nicaea acerbius angebantur. Q u o r u m superiores Severi imperio gratantes civi obtulerant, verteratque gratiam muneris in perniciem posterorum dissimulatio. Alteros Marcus Boionius afflixerat muleta, quod Hipparchum praestanti ingenio indigenam fuisse ignoravissent. Fiscales molestiae severius pressae, cunctaque divino ritui paria viderentur, ni parum dignis ad publica aditum concessisset. Quae quamquam saepius accidere, tarnen in summo ingenio atque optimis reipublicae moribus, quamvis parva vitia, elucent magis eoque notantur facile; quin etiam acrius saepe officiunt, cum ob auctoris decus in virtutes potissimum accipiuntur atque ad imitandum invitamento sunt. Igitur confestim Dalmatius, incertum quo suasore, interficitur; statimque triennio post minimum maximumque fatali bello Constantinus cadit. Qua

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römische Volk sehr übel auf, glaubte es doch, daß Constantin durch seine Waffentaten, seine Gesetze und sein mildes Regiment die Stadt Rom gewissermaßen neu geschaffen habe. Eine Brücke wurde über die Donau geschlagen; Lager und Kastelle wurden an mehreren Orten, wo es vorteilhaft war, errichtet. Die außerordentlichen Lieferungen von Ol und Getreide, die auf der Tripolis und Nicaea allzu drückend gelastet hatten, hörten auf. Die Einwohner des erstgenannten Gebietes hatten diese Dinge unter der Herrschaft des Severus ihrem Mitbürger zuliebe dargebracht, und durch die Umdeutung der Nachfolger war aus dem Gefälligkeitscharakter dieser Abgabe eine Plage geworden. Über die letztere Stadt hatte Marcus Boionius eine Strafe verhängt, weil ihnen unbekannt geblieben sei, daß Hipparchos, ein Mann von hervorragenden Gaben, von dort stammte. Repressalien von seiten der Staatskasse wurden ziemlich streng bekämpft, und alles wäre wie von göttlicher Hand vollbracht erschienen, wenn der Kaiser nicht allzu wenig Würdigen den Zugang zu öffentlichen Amtern ermöglicht hätte. Obwohl dergleichen häufiger vorkommt, so stechen doch bei einem Manne von höchsten Geistesgaben und bei bester sittlicher Verfassung des Staates noch so geringe Mißbräuche mehr ins Auge und machen sich daher leicht bemerkbar; ja sie wirken sich oft um so schädlicher aus, als sie wegen der glanzvollen Stellung des Urhebers am ehesten als Vorzüge aufgefaßt werden und daher zur Nachahmung einladen. Alsbald wird daher Dalmatius - man weiß nicht, auf wessen Anstiften - getötet, und wenig später, drei Jahre nach dem Sohne und dem Vater, fällt in einem verhängnisvollen Kriege Constantin. Constans, hochmütiger

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41,23-42.4

Constane victoria tumidior, simul per aetatem cautus parum atque animi vehemens, adhuc ministrorum pravitate exsecrabilis atque praeceps in avaritiam despectumque militarium anno post triumphum decimo Magnentii scelere circumventus est externarum sane gentium compressis motibus. Quarum obsides predo quaesitos pueros venustiores quod cultius habuerat, libidine huiuscemodi arsisse pro certo habetur. Quae tarnen vitia utinam mansissent! Namque Magnentii, utpote gentis barbarae, diro atrocique ingenio, simul his, quae post accidere, adeo exstincta omnia sunt, ut illud imperium haud iniuria desideraretur; turn quia Vetranio litterarum prorsus expers et ingenio stolidior idcircoque agresti vecordia pessimus, cum per Illyrios peditum magisterio milites curaret, dominationem ortus Moesiae superioris locis squalidioribus improbe occupaverat.

Eum Constantius cis mensem decimum facundiae vi deiectum imperio in privatum otium removit. Quae gloria post natum imperium soli processit eloquio clementiaque. Nam cum magna parte utrimque exercitus convenissent, habita ad speciem iudicii contione, quod ferro vix aut multo sanguine obtinendum erat, eloquentia patravit. Quae res satis

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I4I

noch durch diesen Sieg, zugleich wegen seines Alters wenig vorsichtig und von heftiger Gemütsart, überdies durch das üble Verhalten seiner Helfer verhaßt sowie hemmungslos in seiner Habgier und seiner Verachtung des Militärs, erliegt im zehnten Jahre nach seinem Triumph einem Verbrechen des Magnentius, nachdem er den Bewegungen auswärtiger Völker Einhalt geboten hatte. Weil er deren Geiseln, ziemlich hübsche Knaben, für die er einen Preis gezahlt hatte, allzu pfleglich behandelte, gilt als sicher, daß er von Begierde dieser Art entbrannt war. Doch hätten seine Laster nur von Dauer sein können! Denn durch den abscheulichen und unbändigen Charakter des Magnentius, der ja von barbarischer Abkunft war, und zugleich durch das, was sich hernach ereignete, wurde alles derart zugrunde gerichtet, daß man die Herrschaft des Constans nicht zu Unrecht zurücksehnte, zumal auch Vetranio, ein gänzlich ungebildeter Mann, von ziemlich beschränkter Geistesverfassung und deshalb in seinem bäurischen Starrsinn höchst schädlich, während er in Illyrien als Heermeister das Fußvolk befehligte - er, der aus dem unwirtlicheren Gebiet Obermoesiens stammte - , auf niederträchtige Weise die Herrschaft an sich gerissen hatte. Ihn hat Constantius vor Ablauf von zehn Monaten durch die Kraft seiner Rede der Herrschaft entkleidet und ins Privatleben verwiesen. Einen derartigen Ruhmestitel hat seit Bestehen der Monarchie nur er durch Beredsamkeit und Güte erworben. Denn als die beiderseitigen Heere großenteils aufeinander gestoßen waren, hielt er, wie um einen Rechtsspruch herbeizuführen, eine Versammlung ab und erreichte, was sich nur mühsam mit Waffengewalt und viel Blutvergießen hätte durchsetzen lassen, mit Hilfe seiner Wortgewandtheit. Dieser

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42,4 - 4 2 , 1 2

edocuit non modo domi, verum militiae quoque dicendi copiam praestare; qua demum vel ardua proclivius eo conficiuntur, si modestia atque integritate superet. Q u o d maxime cognitum e nostro principe. Quem tarnen, quo minus statim in hostes alios ad Italiam contenderet, hiems aspera clausaeque Alpes tardavere. Interim Romae corrupto vulgo, simul Magnentii odio Nepotianus, materna stirpe Flavio propinquus, caeso urbi praefecto armataque gladiatorum manu imperator fit. Cuius stolidum ingenium adeo plebi Romanae patribusque exitio fuit, uti passim domus fora viae templaque cruore atque cadaveribus opplerentur bustorum modo. Neque per eum tantum, verum etiam advolantibus Magnentianis, qui tricésimo die triduo minus hostem perculerant. Sed iam antea cum externi motus suspectarentur, Magnentius fratri Decentio Gallias, Constantius Gallo, cuius nomen suo mutaverat, Orientem Caesaribus commiserant. Ipsi inter se acrioribus proeliis per triennium congressi; ad extremum Constantius fugientem in Galliam persecutus vario ambos supplicio semet adegit interficere. Et interea Iudaeorum seditio, qui Patricium nefarie in regni speciem sustulerant, oppressa. Neque

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Erfolg hat deutlich gezeigt, daß nicht nur in bürgerlichen Verhältnissen, sondern auch im Krieg die Fähigkeit zu reden den Vorzug verdient; mit ihr läßt sich schließlich auch Schwieriges um so glatter bewerkstelligen, wenn sie sich im Bunde mit Bescheidenheit und Lauterkeit durchsetzt. Dies konnte man besonders gut an unserem Kaiser ersehen. Ihn hinderten allerdings, sofort nach Italien gegen andere Feinde zu ziehen, ein strenger Winter und die geschlossenen Alpenpässe. Unterdessen wird in Rom, durch Kauf des Pöbels und zugleich aus Haß gegen Magnentius, Nepotianus, von mütterlicher Seite mit Flavius verwandt, nachdem man den Stadtpräfekten erschlagen und einen Gladiatorenhaufen bewaffnet hatte, zum Kaiser erhoben. Dessen beschränkter Geist brachte solches Unheil über das römische Volk und die Senatoren, daß sich überall die Häuser, Plätze, Straßen und Tempel mit Blut und Leichen füllten, als wären es Scheiterhaufen. Dazu kam es nicht nur durch ihn, sondern auch durch die herbeieilenden Leute des Magnentius, die dessen Gegner am 27. Tage seiner Herrschaft erschlagen hatten. Indes hatten schon vorher, als auswärtige Erhebungen befürchtet wurden, Magnentius seinem Bruder Decentius die gallischen Provinzen und Constantius dem Gallus, auf den er seinen Namen übertragen hatte, den Osten als Befehlshabern im Range von Caesares überlassen. Sie selbst maßen drei Jahre lang in harten Kämpfen ihre Kräfte. Schließlich verfolgte Constantius den fliehenden Gegner nach Gallien; dort zwang er die beiden Brüder, sich auf verschiedene Art selbst das Leben zu nehmen. Und unterdessen wurde der Aufstand der Juden, die skrupellos den Patricius zu einer Art Königtum auf den

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4 2 , 1 2 - 42,20

multo post ob saevitiam atque animum trucem Gallus Augusti iussu interiit. Ita longo intervallo annum fere post septuagesimum relata ad unum cura reipublicae. Quae recens quieta a civili trepidatione Silvano in imperium coacto tentari rursus occeperat. Is namque Silvanus in Gallia ortus barbaris parentibus ordine militiae, simul a Magnentio ad Constantium transgressu pedestre ad magisterium adolescentior meruerat. E quo cum altius per metum seu dementiam conscendisset, legionum, a quis praesidium speraverat, tumultu octavum circa ac vicesimum diem trucidatus est. Qua causa ne quid apud Gallos natura praecipites novaretur, praesertim Germanis pleraque earum partium populantibus Iulianum Caesarem cognatione acceptum sibi Transalpinis praefecit, isque nationes feras brevi subegit captis famosis regibus. Quae quamquam vi eius, fortuna principis tamen et Consilio accidere. Q u o d adeo praestat, ut Tiberius Galeriusque subiecti aliis egregia pleraque, suo autem ductu atque auspicio minus paria experti sint. At Iulius Constantius, annos tres atque viginti augustum imperium regens, cum externis motibus,

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I45

Schild erhoben hatten, niedergeworfen. N i c h t viel später mußte wegen seines Wütens und seiner Halsstarrigkeit Gallus auf Befehl des Augustus sterben. So kehrte nach langer Unterbrechung etwa im siebzigsten Jahre die Verantwortung für den Staat in eine Hand zurück. D e r aber begann, nachdem er noch nicht lange v o n bürgerlichen Unruhen verschont geblieben war, aufs neue erschüttert zu werden, als man Silvanus die Herrschaft aufnötigte. Dieser nämlich, ein A b k ö m m l i n g barbarischer Eltern aus Gallien, hatte sich im Militärdienst und zudem durch seinen Ubertritt von Magnentius zu Constantius in ziemlich jungem Alter z u m Befehlshaber des Fußvolks emporgearbeitet. A l s er von hier aus, durch Furcht oder Dummheit getrieben, höher noch aufgestiegen war, wurde er in einer Meuterei der Legionen, deren Beistand er erhofft hatte, ungefähr am 28. Tage erschlagen. Damit nun daraufhin bei den Galliern, die von Natur aus hitzköpfig sind, kein U m s t u r z ins Werk gesetzt würde - zumal die Germanen den größten Teil der dortigen Gegend verwüsteten - , setzte Constantius den ihm als Verwandten genehmen Julian als Caesar an die Spitze der Länder jenseits der Alpen, und der machte die unbändigen Völkerschaften in kurzer Zeit gefügig, w o b e i er allbekannte Könige gefangennahm. Dies gelang ihm zwar auch mit eigener Kraft, zugleich aber mit dem G l ü c k und dem Rat des Kaisers. Diese Umstände verdienen um so mehr den Vorzug, als Tiberius und Galerius, solange sie anderen gehorchten, meist Hervorragendes, in eigener Verantwortung aber und unter ihren Auspizien minder Günstiges vollbracht haben. D o c h Julius Constantius, der jetzt 23 Jahre lang als Augustus die Herrschaft innehat, steht, indem ihn U n r u -

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42,25-42,25

modo civilibus exercetur, aegre ab armis abest. Quis tyrannide tantorum depulsa sustentatoque interim Persarum ímpetu genti Sarmatarum magno decore considens apud eos regem dedit. Quod Gnaeum Pompeium in Tigrane restituendo vixque paucos maiorum fecisse comperimus. Placidus clemensque pro negotio, litterarum ad elegantiam prudens atque orandi genere leni iocundoque; laboris patiens ac destinandi sagittas mire promptus; parcus cibi omnis libidinis atque omnium cupidinum victor; cultu genitoris satis pius suique nimis custos; gnarus vita bonorum principum reipublicae quietem regi. Haec tanta tamque inclita tenue Studium probandis provinciarum ac militiae rectoribus, simul ministrorum parte maxima absurdi mores, adhuc neglectus boni cuiusque foedavere. Atque uti verum absolvam brevi: ut imperatore ipso praeclarius, ita apparitorum plerisque magis atrox nihil.

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I47

hen bald von außen, bald im Inneren bedrängen, nur selten nicht unter Waffen. Nachdem er, auf sie gestützt, die Tyrannei etlicher Männer beseitigt und unterdessen auch den Vorstoß der Perser abgewehrt hatte, hielt er sich mit großem Gepränge bei den Sarmaten auf und gab ihnen einen König. Das haben, wie wir erfahren, Gnaeus Pompeius bei der Wiedereinsetzung des Tigranes und sonst kaum dieser oder jener unserer Vorfahren getan. Er ist gütig und milde in Anbetracht seines Amtes; er besitzt eine erlesene literarische Bildung und hat eine sanfte und angenehme Art zu sprechen; er erträgt Strapazen und ist beim Pfeilschießen erstaunlich treffsicher; er hält sich bei jeglicher Speise zurück und vermag seinen Geschlechtstrieb und alle Begierden zu zügeln; der Verehrung des Vaters erweist er reichlich Aufmerksamkeit und bei seiner eigenen Person übt er allzu große Zurückhaltung; er weiß, daß von der Lebensführung guter Kaiser der Frieden im Inneren abhängt. Diesen großen und hochgerühmten Vorzügen haben sein geringer Eifer, die Lenker der Provinzen und der Truppen zu prüfen, zugleich das absonderliche Betragen des größten Teils seiner Diener sowie die Hintanstellung aller Tüchtigen Abtrag getan. Und um in Kürze der Wahrheit zu genügen: wie es nichts Vortrefflicheres gibt als den Kaiser selbst, so nichts Abscheulicheres als die meisten seiner Gehilfen.

ANHANG

EINFÜHRUNG

Sextus Aurelius Victor wurde vermutlich um 320 n. Chr. in der römischen Provinz Africa geboren. Für die Herkunft aus Africa spricht, daß er in der Titulatur des unter seinem Namen überlieferten Schriftencorpus - genauer gesagt im Titel der Origo gentis Romanae - Victor Afer genannt wird. Darüber hinaus äußert er sich stets positiv über diese Provinz, erwähnt die Ausschmückung Karthagos unter den Tetrarchen (39,45) und bedauert negative Ereignisse wie die Zerstörung der Stadt (40,19). Es liegen nicht viele Zeugnisse über sein Leben vor. Vor allem ein Exkurs zu Beginn der Vita des Septimius Severus (20,5-6) und eine kurze Bemerkung des Ammianus Marcellinus (20,10,6) geben Auskunft. Über seine Familie wissen wir nichts; keiner der zahlreichen Aurelii Víctores aus Africa läßt sich mit dem Breviator in Zusammenhang bringen. Victor stammte aus einfachen, ländlichen Verhältnissen (20,5), wobei die Äußerungen über seine Armut wohl nicht allzu wörtlich zu nehmen sind; er eignete sich durch großen Fleiß ein breites Bildungswissen an, wodurch er von den humiliores zu den honestiores aufsteigen konnte. Möglicherweise betätigte er sich als Gerichtsredner (20,28) und wechselte von dort in die Reichsverwaltung. Daß er einen Posten im militärischen Bereich bekleidete, kann ausgeschlossen werden, nicht nur, weil wir davon nichts wissen und auch seine späteren Tätigkeiten dagegen sprechen, sondern auch und vor allem, weil er eine heftige Abneigung gegen das Militär hegte, wie in seinen Caesares immer wieder deutlich wird. Später gelangte er nach Illyricum, wo Julian ihn nach seiner Erhebung zum

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EINFÜHRUNG

Augustus in Sirmium traf. Welche Position er damals bekleidete, ist nicht bekannt. Möglicherweise arbeitete er im Büro des Prätorianerpräfekten des Illyricum, Anatolius, den er 13,6 erwähnt. Dies würde seine Ausfälle gegen die actuarii (33,13) un à frumentarii (39,44) erklären, deren Machenschaften er dort kennengelernt haben könnte. Z u m Zeitpunkt seiner ersten Begegnung mit Julian muß er seine «Historiae abbreviatae» schon abgeschlossen haben. Hierbei handelt es sich w o h l nicht u m einen Titel, sondern um eine Gattungsbezeichnung, die von dem Redaktor des dreiteiligen C o r p u s ersonnen wurde. Julian ließ Aurelius Victor nach Naissus nachkommen und machte ihn dort z u m Statthalter mit konsularem Rang der Provinz Pannonia secunda. 1 Zusätzlich wurde er mit einer Statue geehrt, wobei unbekannt ist, w o f ü r er diese erhielt - auf keinen Fall für sein Geschichtswerk, in dem Julian nur ganz am Schluß als Caesar kurz erwähnt und sogar eher für Constantius II. Partei ergriffen wird. Es mag allerdings sein, daß Julian auf diese Weise Aurelius Victor, wie vielleicht auch andere Anhänger Constantius' II., auf seine Seite ziehen wollte. Diese Ernennung war für Aurelius Victor ein wichtiger Schritt, auch wenn die konsularen Statthalter in der Reichsverwaltung noch unter den vicarii, den procónsules und den höheren Hofämtern standen. Die adlectio in senatum muß vorher, zu einem uns unbekannten Zeitpunkt stattgefunden haben, wenn sie nicht gleichzeitig mit der Ernennung vorgenommen wurde. 1 A m m i a n u s M a r c e l l i n u s 21,10,6: « D o r t (in N a i s s u s ) stellte er (Julian) Victor, einen G e s c h i c h t s s c h r e i b e r , d e n er in S i r m i u m g e s e h e n u n d v o n d o r t hatte k o m m e n lassen, d e r P a n n o n i a s e c u n d a als consularis v o r u n d ehrte ihn mit einer B r o n z e s t a t u e , einen M a n n , d e r w e g e n seiner B e s o n nenheit n a c h a h m e n s w e r t u n d sehr viel später S t a d t p r ä f e k t war.»

EINFÜHRUNG

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Anschließend verliert sich seine Spur für fast dreißig Jahre im Dunkeln. Vermutlich wurde er von Valentinian I. und Valens abgesetzt, da diese die von Julian ernannten Statthalter ablösten.2 Die nächste Nachricht über Aurelius Victor ist die seiner Tätigkeit als Stadtpräfekt von Rom 388/389·3 Dies zeigt, daß er voll und ganz rehabilitiert worden sein muß, denn das Amt des praefectus urbi war eines der höchsten überhaupt und wurde nur ganz selten an Emporkömmlinge - wie Aurelius Victor - verliehen. In diesem Amt scheint er kurz darauf verstorben zu sein. Als weiteres Amt erwähnt eine von ihm selbst gesetzte Inschrift das des iudex sacrarum cognitionum, das heißt, daß Aurelius Victor Richter an dem Gerichtshof war, an dem der Kaiser selbst Recht sprach. Es ist allerdings zu vermuten, daß Aurelius Victor in der Zwischenzeit noch ein weiteres Amt innegehabt hatte, denn ein Sprung von den consulares zum praefectus urbi mit einem Zwischenraum von 30 Jahren ist kaum vorstellbar. Der früheste Zeitpunkt, der für ein solches Amt vorstellbar wäre, läge nach 374, dem Todesjahr Valentinians I., unter Umständen auch erst nach 378, dem Jahr, in dem Valens in der Schlacht von Adrianopel den Tod fand. Ein mögliches Amt wäre das des vicarius in Rom, doch ist man hier auf Spekulation angewiesen. Unter dem Namen des Sextus Aurelius Victor ist ein

2 Z o s i m u s 4,2,3: «So w u r d e n alle, die v o n Julian die V e r w a l t u n g v o n P r o v i n z e n o d e r a n d e r e A m t e r a n v e r t r a u t b e k o m m e n h a t t e n , v o n diesen e n t b u n d e n . » 3 C I L 6,1186 = D e s s a u 2945; A m m i a n u s M a r c e l l i n u s 21,10,6; d e r Z e i t p u n k t w i r d a u ß e r d e m bestätigt d u r c h e i n e n Brief des R e d n e r s Q u i n t u s A u r e l i u s S y m m a c h u s a n Virius N i c o m a c h u s F l a v i a n u s , d e n quaestor sacri palatii ( z u n ä c h s t ein H o f b e a m t e r , s p ä t e r eine A r t J u s t i z m i n i s t e r ) des J a h r e s 3 8 8/3 89, in d e m er V i c t o r e r w ä h n t (ep. 2,66).

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EINFÜHRUNG

Corpus von drei Schriften überliefert, von denen jedoch nur eine, die letzte, wirklich von ihm stammt. Die erste, die Origo gentis Romanae, behandelt die mythischen Ursprünge Roms bis zur Gründung der Stadt; die zweite, der Liber de viris illustribus urbis Romae, enthält Biographien bedeutender Männer und Frauen der Königszeit und der Republik, darunter auch der Königin Kleopatra (diese ist allerdings nachträglich eingefügt). Diese Schriften überschnitten sich: sie erwähnten beide die verschiedenen Meinungen vom Ausgang des Streites zwischen Romulus und Remus.4 Der Redaktor, der sie zusammenstellte, kürzte den Schluß der Origo und strich den Anfang der Vin illustres-, außerdem fügte er einen verbindenden Satz ein.5 Ersichtlich ist dieser Sachverhalt daraus, daß die Viri illustres auch für sich, als Einzelwerk, erhalten sind, und zwar mit dem ursprünglichen Anfang. Beide Schriften zusammen ergeben den ersten Teil eines Uberblicks über die gesamte römische Geschichte; den zweiten bilden die Caesaresj diese dritte Schrift des Corpus nimmt sich - anhand kurzer Biographien der Kaiser - des römischen Kaiserreiches von Augustus bis zu Constantius II. an. Neben diesem Werk steht eine gesondert überlieferte Schrift, die Libellus de 4 Die Überschneidung setzt mit dem Albanerkönig Procas und seinen Söhnen Amulius und Numitor ein: Origo 19-23 entspricht Viri illustres I. 5 Der Satz lautet: «Aber den verschiedenen Meinungen aller dieser widerspricht die zu unserer Zeit berühmte historia Liviana, die bezeugt, daß, nachdem er die Auspizien eingeholt hatte, Romulus [die Stadt] nach seinem Namen Rom benannte und mit Mauern befestigte und festsetzte, daß niemand den Wall überspringen dürfe; daß Remus lachend darübersprang und von einem hitzigen centurio (oder: von dem centurio Celer) mit einer eisernen Schaufel oder Hacke getötet wurde.»

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vita et monbus imperatorum breviatus (excerptus) ex librìs S. Aurelii Victoris betitelt ist; hiernach handelt es sich um eine Epitome, eine Kurzfassung der Caesares, die diese ein wenig weiterführt, bis Kaiser Theodosius. In Wahrheit liegt jedoch ein eigenständiges Werk vor, das die Caesares nur als eine Quelle unter mehreren benutzt. Die ersten elf Kapitel zeigen viele Gemeinsamkeiten mit den Caesares, zum Teil wörtliche Ubereinstimmungen trotz großer Abweichungen in der Länge; danach aber überwiegen die Unterschiede. Das Corpus der drei Schriften wurde offenbar noch in der Spätantike zusammengestellt, wobei vermutlich auch einige Veränderungen in der Origo (zum Beispiel die Anreicherung mit Vergilversen in den ersten Kapiteln, aber auch Kürzungen) sowie die Titel der Werke auf das Konto des Redaktors gehen. Alle diese Schriften haben verschiedene Verfasser, von denen uns jedoch nur derjenige der Caesares, eben Aurelius Victor, näher bekannt ist. Der Grund für ihre Vereinigung in einem Corpus liegt wohl darin, daß sie auf diese Weise die gesamte römische Geschichte von ihren mythischen Anfängen bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. behandeln. Auch sollte wohl ein Kontrast geschaffen werden zu den damals bereits vorhandenen christlichen Weltgeschichten, wie beispielsweise dem Chronographen von 354; denn die Grundtendenz des Corpus ist (in allen Schriften) zwar nicht fanatisch pagan, aber doch eindeutig nichtchristlich. Der Zeitpunkt der Zusammenstellung ist nicht bekannt; Vermutungen reichen von der Zeit kurz nach dem Tode des Aurelius Victor bis zum hohen Mittelalter. Doch muß man wohl am ehesten mit der Zeit kurz nach dem Abschluß der Caesares rechnen, da sonst Biographien

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der seither regierenden Kaiser eingefügt worden wären, wie dies bei der Epitome de Caesaribus geschehen ist. Die Caesares entstanden in der Zeit zwischen 358 und 360. Dies geht unter anderem daraus hervor, daß der Konsulat des Cerialis (358 η. Chr.) erwähnt (16,12) und das 23. Regierungsjahr des Constantius (9. September 3 5 9 - 8 . September 360) genannt werden (42,20). Die unsicheren Herrschaftsverhältnisse nach Ausrufung des Julian zum Kaiser - im Februar 360 in Lyon - führten wohl zu einer kleinen Änderung des Werkes insofern, als am Schluß einige kritische Bemerkungen zu Constantius eingefügt wurden. Die Erwähnung der Gefangennahme fränkischer Könige (42,17) durch Julian könnte den Abschluß des Werkes bis in das Jahr 361 führen, wenn man die Stelle auf die Könige Chnodomar, gefangen 357, und Vadomar, gefangen 361, bezieht. Schon in früheren Jahrhunderten hatte es sogenannte Breviarienliteratur gegeben. Dabei muß man unterscheiden zwischen den eigentlichen Breviarien, die sich um eine kurze Darstellung eines bestimmten Gegenstandes bemühen, wobei verschiedene Quellen benutzt werden, und der Epitome, die eine einzelne Schrift zusammenfaßt. Der letztere Typus liegt beispielsweise in der Epitome Liviana vor, einer Kurzfassung des livianischen Geschichtswerkes, die allerdings zum größten Teil verloren ist. Im 4. Jahrhundert erlebte das Genre der Breviarienliteratur einigen Aufschwung, der wohl darauf zurückzuführen ist, daß es allenthalben an Geschichtskenntnissen fehlte, andererseits aber für bestimmte Posten derartige Kenntnisse unbedingt notwendig waren. Es kam also darauf an, möglichst schnell das Nötigste zu lernen. Aurelius Victor war der erste Breviator des 4. Jahrhunderts, ihm folgten Eutrop und Festus,

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die um 369/370 ihre Abrisse verfaßten. Die Epitome de Caesaribus, die in ihrem Titel behauptet, eine Kurzfassung des Aurelius Victor zu sein, in Wirklichkeit jedoch keineswegs nur auf Victor fußt, ist erst nach dem Tod des Theodosius Anfang 395 vollendet worden. In den Schriften der sogenannten Scriptores Historiae Augustae liegt eine weitere Biographiensammlung vor, ein Werk, dessen Entstehungszeit nach wie vor umstritten ist. Nahm man seit dem Ende des letzten Jahrhunderts an, daß es von einem einzigen Autor stamme, der in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts schrieb, während es vorgab, von sechs verschiedenen Autoren unter Diokletian und Constantin verfaßt zu sein, so mehren sich in letzter Zeit die Stimmen, die der Historia Augusta doch ein erheblich früheres Entstehungsdatum zusprechen.6 Die Absichten des Aurelius Victor bei der Abfassung unterschieden sich wohl nicht von denen anderer Breviatoren: Es ging darum, einem nur wenig oder mittelmäßig gebildeten Publikum einen kurzen Überblick über die römische Geschichte, in diesem Fall der Kaiserzeit, zu geben. Aurelius Victor hat sich bei seiner Darstellung auf verschiedene Quellen gestützt: Für das 1. Jahrhundert sind dies vor allem Sueton und Tacitus, vielleicht auch Cassius Dio und Flavius Josephus sowie einige weitere Autoren wie Plinius, Seneca und andere. Dabei ist allerdings fraglich, ob er die griechischen Texte im Original gelesen oder ob er sie in Form von lateinischen Übersetzungen oder Kurzfassungen benutzt hat. Die Beantwortung dieser Frage hängt auch davon ab, welche Griechischkennt6 Adolf Lippold, Historia Augusta, in: Reallexikon f ü r A n t i k e und Christentum, hg. von T h e o d o r Klauser (u.a.), Stuttgart 1 9 9 1 , Bd. 15: Hibernia - H o f f n u n g , Sp. 687-723.

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nisse man Aurelius Victor zutraut. In Anbetracht seiner niedrigen Herkunft sowie des Umstandes, daß man nur von einer Tätigkeit im Westen des Römischen Reiches weiß, möchte man vermuten, daß er nur die elementaren Kenntnisse des Griechischen besaß, welche die Schulen vermittelten. Andererseits mußte er als Mitglied der Reichsverwaltung sicherlich über einigermaßen solide Sprachkenntnisse und -fertigkeiten verfügen, so daß es vielleicht doch möglich ist, daß er die Quellen im Original las. Die letztere Annahme würde es uns ermöglichen, die Autoren, aus denen Aurelius Victor schöpfte, zu bestimmen, ohne hypothetische, weil nicht erhaltene Übersetzungen und Kurzfassungen ins Spiel bringen zu müssen. Für das 2. Jahrhundert und das 3., bis zum Ende des vierten Jahrzehnts, hat er neben Cassius Dio wahrscheinlich den heute verlorenen Marius Maximus benutzt. Ob auch Herodian eine seiner Quellen war, ist umstritten. Einige Fehler, die ihm unterlaufen sind, lassen auf eine weitere, uns nicht bekannte Quelle schließen. Dazu gehören die falsche Identifikation des Kaisers Didius Julianus mit dem Rechtsgelehrten Salvius Julianus ( 19, ι ; 20, ι ), die Zuschreibung der constitutio Antoniniana an Marc Aurel (16,12) sowie ein angeblicher Sieg des Septimius Severus an der Milvischen Brücke (19,4). Vielleicht jedoch resultieren diese Fehler einfach aus ungeprüfter Erinnerung, die ihn glauben ließ, er habe das, was er niederschrieb, irgendwo gelesen oder gehört. Für die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts kennen wir die Quellen nicht. Die Historia Augusta nennt eine Fülle von Autoren, die für diese Zeit in Frage kämen, doch ist deren Existenz sehr umstritten; man muß damit rechnen, daß sie erfunden sind. Sollte es sie gegeben haben, so lag

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Aurelius Victor vermutlich auch die von Enmann rekonstruierte Biographiensammlung, die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte, vor. Die Quellen des 4. Jahrhunderts, auf die er sich gestützt haben mag, sind uns ebenfalls unbekannt. Gewiß hat ihm für diese Zeit nicht zuletzt sein eigenes Erleben zu Gebote gestanden. Wenn, wie neuerdings wieder angenommen wird, die Biographiensammlung der Scriptores Historiae Augustae doch eher in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts entstanden sein sollte, so käme selbstverständlich auch diese als Quelle in Betracht. Mit seinem Moralismus gehört Aurelius Victor in den Traditionszusammenhang der großen römischen Geschichtsschreibung (Sallust, Livius, Tacitus). Besonders Sallust hat ihm in dieser Hinsicht als Vorbild gedient: Von dort stammen die Antithese virtus -fortuna (24,11), der Kontinuitätsgedanke von Aufstieg, Krise, Verfall und die Vorstellung vom Richteramt der Geschichtsschreibung (33,26). Neu ist allerdings die Bedeutung, die Aurelius Victor der Bildung beimißt; jedenfalls geht dieses Motiv nicht auf Sallust zurück. Die Zeit der Caesares kannte zwei Arten von historischer Überlieferung. Die eine begnügte sich mit blanker Vermittlung von Fakten; die andere war bestrebt, die Fakten auch zu deuten und zu werten, wobei der Autor die Erzählung an geeignet scheinenden Stellen mit seinen Reflexionen zu unterbrechen pflegte. Vor allem diese Reflexionen gestatten Einblicke in das Leben des Autors, in seine Erfahrungen und seinen Horizont und werfen damit auch Schlaglichter auf die sozialen und politischen Bedingungen der Entstehungszeit des Werkes. Die Caesares des Aurelius Victor gehören zweifellos zu dieser zweiten Art von Historiographie. Immer wieder finden

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sich Passagen, in denen Victor Geschehnisse, Charaktereigenschaften und Entwicklungen bewertet, und zwar moralisch, nicht nach machtpolitischen oder anderen Kriterien. Dabei fällt auf, daß er konkrete Einzelheiten nennt, nicht etwa allgemein von moralischem und intellektuellem Niedergang redet. Zu diesen Bewertungen gehören auch die Würdigungen am Schluß der Biographien mancher Kaiser oder zur Abrundung der Darstellung ganzer Kaiserhäuser. So charakterisiert er das i. Jahrhundert als Zeit der Tyrannei und des Caesarenwahnsinns, während ihm die Epoche der sogenannten Adoptivkaiser als Regiment der Gerechtigkeit erscheint. Dazu kommen Epochen-Zäsuren, die zwischen Domitian und Nerva (11,12), zwischen den Severern und den Soldatenkaisern (24,9) sowie eigenartigerweise zwischen Probus und Carus (37,5) angesetzt werden. Von Diokletian an verläßt Victor das Schema der Biographie und stellt den Ablauf der Ereignisse als Reichsgeschichte dar (39-42). Ähnlich war er schon bei der Beschreibung der Zeit der beiden Maximini und der zwei (beziehungsweise drei) Gordiani verfahren (25-27). Vielleicht sind die Caesares ursprünglich in zwei Büchern erschienen, denn der Titel der Epitome spricht von libri; in diesem Fall ist anzunehmen, daß das erste Buch nach der Vita des Septimius Severus endete. Die folgende Zusammenstellung, die nur einige Passagen herausgreift, soll zeigen, daß Aurelius Victor gern jede Gelegenheit wahrnahm, um seiner Meinung Ausdruck zu verleihen. Vor allem hielt er mit Beurteilungen des moralischen Verhaltens und des Charakters nicht hinter dem Berg. Alter, heißt es (5,3), ist kein Hindernis für Tüchtigkeit, doch schlägt diese leicht um, wenn Zügellosigkeit den Geist verdirbt, weil dann die Ge-

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wohnheiten der Jugend nachgeholt werden. - Es ist etwas Besonderes, verlautet an einer anderen Stelle, wenn jemand seine eigenen Fähigkeiten einschätzen kann und sich nicht vom Ehrgeiz fortreißen läßt; dies gilt vor allem bei der Herrschaft, die selbst von Greisen gierig begehrt wird (12,3; 39,48). - Es gibt nichts Gutes oder Schlechtes im Staat, daß nicht durch die Wesensart der Leitenden in sein Gegenteil verkehrt werden kann (13,7). - Vollkommene Charaktere werden auch durch ständigen Frieden und langes Wohlleben nicht verdorben; die Staaten werden erst glückselig sein, wenn die Herrschaft der Weisheit gehört (15,3). - Wer kann bei noch so günstigem Fortgang aller Dinge glücklich sein, wenn er seine Scham verloren hat? Wenn man sie bewahrt, ist alles übrige erträglich (28,9). - Dem Tüchtigen liegt vor allem am Heil des Staates und daran, sich ein langes Gedächtnis zu sichern (34,6). - Leidensdruck macht Menschen leichter redlich und fürsorglich; im Gegensatz dazu verhalten sich von Kümmernissen Verschonte weniger hilfreich, weil sie jeden nach ihren eigenen Glücksgütern messen (39,27). - Auch gefestigte Charaktere, die in ihrem Streben nach Ruhm zu weit vorangetrieben werden, gleiten durch Großzügigkeit, Ehrgeiz und andere Eigenschaften ins Gegenteil ab (40,15). - Kleine Fehler großer Herrscher sind oft besonders schädlich, weil sie wegen der Stellung des Urhebers als Tugenden angesehen werden und zur Nachahmung einladen (41,21). Neben Äußerungen wie den angeführten und Allgemeinplätzen wie der Aussage, daß man nach Gefährlichem und Verbotenem um so gieriger strebe (28,7), fallen Aussagen auf, die die Entwicklung des Staates zum Inhalt haben. Gleich zu Beginn seines Werkes stellt Aurelius Victor fest, daß mit Augustus die Monarchie

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begonnen habe ( ι , ι ) , als deren Grundlage er die Militärmacht betrachtet. Er registriert das Ende des julischclaudischen Kaiserhauses (5,17) sowie den Beginn des Herrschaftspluralismus (13,12). N a c h Aurelius Victor hat der römische Staat unter Caracalla seinen H ö h e punkt erreicht; dieses Niveau wurde von Severus Alexander gehalten. Anschließend aber ging es abwärts: Statt auswärtige Kriege z u führen, stritt man nur noch um die Herrschaft, die ohne Unterschied vergeben wurde; Ämter wurden wahllos von verschiedenen Prätendenten usurpiert; die Kenntnisse in den Wissenschaften wurden vernachlässigt. Ebensowenig kümmerte man sich um die virtus, so daß das Schicksal Raum gewann und die Menschen vor sich her trieb mit dem Ergebnis, daß den N i e d rigsten an Herkunft und Bildung die öffentlichen A n g e legenheiten anvertraut wurden (24,8-11). D o c h befindet sich alles in einer Kreisbewegung: D u r c h tüchtige Eigenschaften der Kaiser können selbst zerrüttete Zustände leicht wiederhergestellt werden (hiermit meint Victor die mit Claudius II. Gothicus und Aurelian einsetzende Zeit der Regeneration), andererseits werden sie, auch wenn sie gefestigt scheinen, durch deren Unzulänglichkeit ins Verderben gestürzt (3 5,13-14). Zwischenzeitlich sind die Sitten jedoch so tief gesunken, daß der eigene N u t z e n vor dem des Staates und das Streben nach Macht vor dem nach Ehre rangieren; die Bedeutung und die Bezeichnung der Dinge wurden verfälscht, eine Usurpation beispielsweise als Beseitigung einer Tyrannis interpretiert. Dagegen steht nur die Zuverlässigkeit der Geschichtswerke, die nicht zuläßt, daß Anständige um den L o h n ihrer Erinnerung gebracht werden oder Schurken ewigen R u h m erlangen. Wäre dies nicht so, so wäre das Streben nach Verdiensten völlig nutzlos, da das einzige, was

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zählt, nämlich die Erinnerung der Nachwelt, nur den Schlechten zuerkannt, den Guten aber vorenthalten würde (33,23-26). Mag man das letzte auch für allzu optimistisch halten, es war das, was Aurelius Victor mit seinem Geschichtswerk anstrebte. Zu seinem Teil ist es ihm ja auch gelungen, neben den «Schurken» auch die «Guten» im Gedächtnis zu halten. Obwohl Aurelius Victor in den Senatorenstand aufstieg, bewahrte er sich diesem gegenüber eine kritische Haltung. Das klingt an in seiner Bemerkung, daß der Senat einen erfolgreichen Usurpator anzuerkennen pflege, auch wenn er ihn vorher zum Staatsfeind erklärt hatte (31,3). Die Kritik des Aurelius Victor wird besonders deutlich in 3 5,5-7: Von Probus an sei die Macht der Truppen endgültig erstarkt; dem Senat seien Regierung und Recht auf Kaiserwahl auf immer entzogen worden. Die Ursache hierfür sieht Aurelius Victor in Schlaffheit und Furcht oder in Abscheu vor Streitigkeiten. Auch hätte der Senat das Recht auf Kriegsdienst wiedererlangen können, das ihm von Gallienus entzogen worden war (33,33-34), denn vor der Wahl des Tacitus zum Kaiser und unter dessen Regierung seien die Legionen zu Zugeständnissen bereit gewesen. "Wenn die Senatoren sich nicht vom Lager fernhielten, so gäbe es keine Usurpationen und keine Kaisererhebungen durch die Soldaten. Dadurch daß sich die nobiles hauptsächlich ihrer Muße freuten und darum bangten, daß man ihnen ihren Reichtum nehmen könne, bereiteten sie den Weg dafür, daß Soldaten an die Macht kämen. Nach der Ermordung des Gaius-Caligula hatten die Senatoren noch versucht, eine Machtübernahme durch Claudius zu verhindern, allerdings ebenfalls rasch nachgegeben (3,18); immerhin hörte dieser Kaiser aber

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noch auf Empfehlungen der Adligen, was seine Herrschaft als recht gut erscheinen ließ (4,1). Auf der anderen Seite aber gesteht Aurelius Victor seinem Stand ohne weiteres zu, ein Anrecht auf Privilegien zu haben, da dieser auch einer ganzen Reihe von Beschwerlichkeiten ausgesetzt sei, wofür er einen Ausgleich brauche (39,7). Victor blickt voll Ehrfurcht auf die alte Hauptstadt Rom; die neue, zweite Hauptstadt des Reiches, Constantinopel, wird namentlich nicht einmal erwähnt - es heißt lediglich, daß Constantin eine neue Stadt, die nach ihm benannt worden sei, gegründet habe (41,12 und 17). E r rügt, daß man die zu seiner Zeit fällige Säkularfeier nicht beging: Zu solcher Bedeutungslosigkeit sei R o m herabgesunken (28,2). Eine denkbar schlechte Meinung hat Aurelius Victor von den Soldaten und dem ganzen militärischen Apparat. Der Niedergang beginnt in dieser Hinsicht mit Tiberius, unter dessen Regierung sich die militärische Zucht gelockert habe (2,3). Bald übten nicht mehr römische Bürger (Quiriten) den Militärdienst aus; vielmehr übertrug man ihn aus Bequemlichkeit zunehmend auf Fremde und Barbaren; daraus folgten letztlich die Unterdrükkung der Freiheit und die Fixierung auf Besitzstreben (3,14). Immer wieder kritisiert Aurelius Victor die Habgier der Soldaten, denen es nur auf ihre Bereicherung ankomme: So wollten sie nach der Ermordung Domitians einen Krieg anfangen, weil sie ihre Donative verloren hatten ( 1 1 , 1 1 ) . Ihre Begierde kennt keine Grenzen, auch wenn das Reich bereits ausgeplündert und ruiniert ist (18,2). N u r durch Gewinn ist diese Art von Menschen zu Treue und Rechtschaffenheit zu veranlassen (26,6), so daß die Billigung der Soldaten immer wieder teuer

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erkauft werden muß (33,14); andererseits werden beispielsweise die Kaiser Gallus und Volusianus von ihren eigenen Soldaten getötet, weil diese sich von dem Usurpator Aemilius eine größere Belohnung erhoffen (31,2). Gegenkaiser haben damit ein Mittel in der Hand, die Soldaten zum Überlaufen zu bewegen (3 5,4 u. ö.). Weitere negative Eigenschaften kommen dazu: Soldaten sind stets eifersüchtig aufeinander, was zur Erhebung mehrerer Kaiser in verschiedenen Reichsteilen führt (8,3); sie erschaudern vor großer Strenge (24,4) und verteidigen nachlässige Befehlsgewalt bereitwilliger als zweckdienliche (34,8). N u r einmal werden sie durch die katastrophalen Verhältnisse gezwungen, das Rechte zu beschließen, indem sie dem Senat die Kaiserwahl übertragen, der nach einigem Hin und Her M. Claudius Tacitus zum neuen Herrscher bestimmt (34,1). Ein weiteres entscheidendes Manko ist die mangelnde Bildung der Soldaten und der von ihnen aus den eigenen Reihen erhobenen Kaiser. Gute Sitten und Bildung sind für Aurelius Victor jedoch Voraussetzung einer guten Regierung, eines guten Kaisers. So werden Kaiser, die er positiv beurteilt, häufig als gebildet oder wenigstens an den "Wissenschaften interessiert dargestellt, während schlechte Kaiser dumm und ungebildet sind: Augustus förderte Gelehrte (1,5); Titus übertraf seinen Vater noch an Bildung (10,1); Marc Aurel war seinem Adoptivvater Antoninus Pius durch Kenntnisse in Philosophie und Beredsamkeit weit überlegen (16,1); er war der Weisheit, Milde, Lauterkeit und Bildung so zugeneigt, daß er vor seinem Markomannenfeldzug von Philosophen um die Erklärung der verschiedenen Philosophenschulen gebeten worden sein soll (16,9); unter ihm soll es eine Blüte der Wissenschaften gegeben haben. Eine solche Bil-

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dungsliebe konnte allerdings auch negative Konsequenzen haben: So legte Marc Aurel der Stadt Nicaea Getreidelieferungen als Strafe auf, weil die Einwohner nicht wußten, daß Hipparchos, ein griechischer Astronom und Geograph des 2. Jahrhunderts v. Chr., aus ihrer Stadt stammte (41,20). Pertinax war ebenfalls umfassend gebildet ( 18, ι ); Septimius Severus beschäftigte sich mit Philosophie, Rhetorik, allen freien Künsten und war selbst schriftstellerisch tätig (20,22), die praktische Beredsamkeit, mit der er neben Literatur vertraut gemacht worden war, ließ allerdings zu wünschen übrig (20,28). Alexander Severus zeigte durch seine Behandlung von Rechtsgelehrten, die er aus der Verbannung zurückholte, wie sehr er tüchtigen Leuten und dem Studium des Rechts zugeneigt war (24,6). Maximinus dagegen hatte wenig Bildung genossen (25,1), der Usurpator Vetranio war völlig ungebildet und dumm (41,26). Kritisch werden auch die Tetrarchen und das ganze constantinische Haus betrachtet: Die ersten Tetrarchen seien wenig gebildet gewesen, jedoch hinlänglich vertraut mit den Mühen der Landwirtschaft und des Militärdienstes, w o d u r c h sie sich hervorragend für die Staatsverwaltung eigneten (39,26). Man möchte fragen, ob ein Unterschied zwischen Staatsverwaltung und Regierung besteht, für die Bildung doch eigentlich unerläßlich ist. Constantius I. und Galerius waren dank ihrer natürlichen Gaben bewundernswert, allerdings ungebildet und grobschlächtig (40,12). Constantius II. dagegen kennt sich aus in den Wissenschaften, ist redegewandt und besitzt noch eine ganze Reihe weiterer guter Eigenschaften, ist jedoch nicht in der Lage, sich Mitarbeiter mit entsprechenden Fähigkeiten zu suchen (42,23-25). Immer wieder äußert sich Aurelius Victor auch allge-

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mein über die Vorzüge einer guten Bildung. Es fällt jedoch auf, daß er sich in seinen Aussagen teilweise widerspricht. Belesenheit und Redegewandtheit können mäßige Schandtaten ausgleichen. Ein guter Charakter ist zwar wichtiger, aber jeder, erst recht der Kaiser, sollte außer ihm auch Bildung besitzen. Wenn die Lebensweise schlecht ist, so kann man sich wenigstens durch feines Auftreten und Bildung Achtung verschaffen (8,7-8). Auf der anderen Seite ist Gelehrsamkeit eine schwache Kraft, wenn der Charakter nicht hilft, Begierden zu zügeln (19,3). Wiederum vermag die Wertschätzung gelehrter Studien einem Menschen großes Ansehen zu verleihen, und das Andenken wird selbst durch eine schlimme Wesensart nicht geschmälert (20,2). Vor allem Kaiser brauchen Bildung, Geschmack und ein umgängliches Wesen, während natürliche Vorzüge ohne diese Eigenschaften verachtet werden, weil man dann als unzivilisiert oder ruppig gilt (40,13). Aurelius Victor war kein Christ, denn er schenkt Ereignissen der Kirchengeschichte, insbesondere der Zulassung und Förderung des Christentums unter Constantin I. keine Beachtung, sondern erwähnt im Gegenteil die Förderung der alten Religion (zum Beispiel 39,45) und die Einrichtung einer paganen Priesterschaft für Constantin I. (40,28). Er registriert zwar Prodigien (zum Beispiel 5,17; 28,3), jedoch bei weitem nicht so oft wie etwa die Historia Augusta, die zu jedem Kaiser Geburts-, Herrschafts- und Todesomina und sonstige Prodigien aufzählt. Die Caesares sind in stilistischer Hinsicht keine bequeme Lektüre, auch wenn es einfache Passagen gibt. Dies hat im wesentlichen zwei Gründe: Zum einen schwelgt Aurelius Victor geradezu in Inkonzinnitäten,

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z u m anderen bevorzugt er einen sehr gedrängten, verkürzenden Stil, wobei er hier selbst einen Sallust oder Tacitus übertrifft. Bis zur Entstehung der Epitome de Caesaribus wurde Aurelius Victor viel benutzt; Hieronymus bat zwischen 373 und 380, während seiner Arbeit am Cbronikon, einen Freund, ihm ein Exemplar der Geschichte des Aurelius Victor z u besorgenpropternotitiampersecutorum.7 Auch im 6. Jahrhundert wurde er noch gelesen, denn Johannes Lydus zitiert ihn in seinem Werk De magistratibus (3,7), und zwar die Stelle, an der er sich über diefrumentarii ausläßt (39,44). Danach aber wurde er fast völlig durch die teilweise auf seinem Werk fußende Epitome verdrängt, die wohl leichter z u lesen war. Die häufig zitierte Stelle aus den Gesta Langobardorum des Paulus Diaconus (2,18), die Aurelius Victor als Gewährsmann dafür nennt, daß die Alpes Cottiae eine eigenständige Provinz waren, bezieht sich w o h l weniger auf die Ca.esa.res (5,2) als auf die Epitome (5,4), denn Paulus benutzt sonst stets die Epitome, nicht aber die Caesares. Diese Verdrängung durch die Epitome wird unter anderem der Grund dafür sein, daß kaum Manuskripte der Caesares existieren. Eine besondere Rezeption des gesamten (pseudo-)aurelianischen C o r p u s fand, soweit w i r dies den heute bekannten Quellen entnehmen können, weder in der Spätantike noch im Mittelalter statt, sieht man einmal von einer Stelle bei Isidor v o n Sevilla im 7. Jahrhundert 8 und der Erweiterung des Paulus Diaconus durch Landolfus Sagax im 11. oder 12. Jahrhundert ab, bei der die Origo benutzt wurde. 7 Hieronimus, Ep. 10,3. 8 Chronica mundi 232 a ( M G A A 11,453).

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Die Qualität des Aurelius Victor als Historiker muß unter verschiedenen Aspekten bewertet werden. Auf der einen Seite ist die Auswahl dessen, was er von den einzelnen Kaisern berichtet, sehr willkürlich; manchmal fehlen Dinge, die heutige Historiker als fundamental ansehen (er läßt zum Beispiel nichts über die zahlreichen Reisen des Hadrian verlauten), dafür werden andere Dinge ausführlich geschildert. Dazu kommen, wie bereits erwähnt, nicht selten eklatante Fehler. Auf der anderen Seite gibt es Dinge oder Vorgänge, von denen wir ohne Aurelius Victor überhaupt nichts wüßten, zum Beispiel das Edikt des Gallienus, das den Angehörigen des Senatorenstandes die Bekleidung eines militärischen Postens untersagte (33,33-34)· Die Art der Darstellung erweist sich dort als vorteilhaft, wo ein Schlaglicht auf das Jahrhundert fällt, in dem Aurelius Victor lebte; von Wert sind neben der Erweiterung unserer Kenntnisse auch jene Stellen, die zahlreiche Details anderer Quellen bestätigen. So bezeichnet Aurelius Victor den praefectus praetor10 als «kraftlosen und den Armen gegenüber hochfahrenden Namen», der gerade den Schlechtesten übertragen werde, die unter dem Anschein der Steuereintreibung alle ausbeuten (9,12). Demgegenüber erholt sich das Illyricum unter dem praefectus praetorio Anatolius von den Schäden, die der cursus publicas angerichtet hatte (13,6). Italien ächzt zu Victors Zeit unter schweren Steuern, die ursprünglich von den Tetrarchen eingeführt worden, damals allerdings noch bescheiden gewesen seien, und sich erst in der Gegenwart zu einem wirklichen Übel entwickelt hätten (39,32). Dazu kommen seine Invektiven gegen die actuarii (33,13) und die agentes in rebus, die früheren frumentarü (39,44). Er legt hier den Finger auf die neuralgischen Punkte der von einer erbar-

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mungslosen Bürokratie reglementierten (Spät-)Zeit. Generell kann man einen Blick für das Wesentliche feststellen. Anekdoten und Klatschgeschichten, wie man sie bei Sueton häufig findet, fehlen fast völlig; wenn sich einmal derartiges in seine Darstellung «verirrt» hat, so dient es der Charakterisierung. Auch bemüht sich Aurelius Victor, ein Bild von der Persönlichkeit eines jeden Kaisers zu vermitteln. Das Corpus ist in zwei Handschriften auf uns gekommen: Der Codex Bruxellensis oder Codex Pulmani (P) in der Brüsseler Bibliothèque Royale (Nr. 9755-9763) stammt vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Er liegt der Editio princeps aus dem Jahr 1579 durch Andreas Schott zugrunde. In den Handschriften sind die Caesares in 23 oder 26 Kapitel unterteilt. Schott hat dagegen eine Unterteilung in 42 Kapitel unternommen, von denen jedes ungefähr einem Kaiser entspricht. Lediglich zu Beginn des 3 5. Kapitels überzeugt diese Einteilung nicht, wo sich im Text eine Lücke findet. Der fehlende Text muß vom Ende Claudius' II. und dem Beginn der Herrschaft Aurelians erzählt haben. Nach der Erstausgabe blieb das Manuskript fast drei Jahrhunderte lang verschwunden, ehe Theodor Mommsen es 1850 in Brüssel wiederentdeckte. Die zweite Handschrift ist der Codex Oxoniensis (O) aus der Bibliotheca Bodleiana, Canon. Lat. 1 3 1 , in Oxford, der aufgrund einer Widmung in das Jahr 1453 datiert werden kann. Er fand in keiner der alten Editionen Berücksichtigung. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte Hirsch Hildesheimer den Codex in Oxford neu, so daß Franz Pichlmayr ihn für seine Ausgabe von 1892 berücksichtigen konnte. Bei der Editio princeps konnte Schott jedoch noch ein

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weiteres Manuskript zumindest teilweise verwenden, das er als Codex Metelli (M) bezeichnet. Allerdings hatte er es nicht selbst in Händen, sondern wußte nur von einigen Lesungen. Der Codex, der heute verschwunden ist, stammt frühestens aus dem 13. Jahrhundert. Ob er den Archetyp für O und Ρ darstellt, ist umstritten.

ERLÄUTERUNGEN

d.h. vom Ende des Titus Livius: Diese Charakterisierung ist nicht ganz zutreffend, da die Darstellung des Livius 9 v. Chr. endete und die des Aurelius Victor ungefähr 31/30 v. Chr. einsetzt. Der römische Geschichtsschreiber Titus Livius lebte von 59 v. bis 17 η. Chr. Sein Hauptwerk sind die 142 Bücher Ab urbe condita («Von Gründung der Stadt [Rom] an») von denen allerdings nur die Bücher 1 bis 10 und 21 bis 45 erhalten sind (753-293 und 218-167 v. Chr.). Der Inhalt der restlichen Bücher (11-20 und 46-142) ist durch periochae (Zusammenfassungen) bekannt, die bereits in der Antike angefertigt wurden. Zu Constantius siehe Kapitel 42. - Flavius Claudius Iulianus, * 331 n. Chr., war ein Neffe Constantins. 355 zum Caesar ernannt, wurde er Statthalter der Provinzen Gallia und Britannia. 360 riefen ihn seine Soldaten zum Kaiser aus. Ein Krieg mit Constantius II. wurde durch dessen Tod verhindert. Iulian starb am 27. Juni 363 auf einem Feldzug gegen die Perser bei Ktesiphon. Von den Christen erhielt er den Beinamen Apostata («der Abtrünnige»), weil er, nachdem er zunächst christlich erzogen worden war, noch einmal versuchte, das Christentum zurückzudrängen. - Die Datierung erfolgt durch die Angabe, zum wievielten Male die Kaiser jeweils den Konsulat innehatten. Der zehnte Konsulat des Constantius und der dritte des Iulian fielen in das Jahr 360. I , ι 720. Jahre ... mit noch zweien dazu: 31 /} ο ν. Chr. - Octavianus: Diesen Namen hat er selbst nie geführt. Er wurde am 23. September 63 v. Chr. als Gaius Octavius geboren und nannte sich Gaius Iulius Caesar, nachdem

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ERLÄUTERUNGEN

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sein Großonkel Caesar ihn adoptiert hatte (s. unten). Vater Octavius: Gaius Octavius, um ιοί - 59 v. Chr. Adoption: Es gab im römischen Recht zwei Arten der Annahme an Kindes Statt: Die ältere war die arrogatio. Sie bewirkte die Aufnahme eines schon aus der väterlichen Gewalt entlassenen Mannes in eine andere Familie und wurde vor den Kuriatkomitien vollzogen. Dadurch war dem Volk eine Kontrolle über Machtkonzentrationen gegeben, eine Gefahr, die besonders dann drohte, wenn durch die arrogatio zwei große Familien verbunden werden sollten. Zwar verließ der Arrogierte seine bisherige Familie und nahm auch den Namen seines neuen Vaters an, die Verbindungen zu seiner alten Familie werden jedoch weiterbestanden haben. Die zweite Art, die adoptio, betraf Personen, die noch der väterlichen Gewalt unterworfen waren, und wurde vor dem Prätor vollzogen. Eine testamentarische Adoption, wie die des Octavius durch Caesar, war eigentlich nicht vorgesehen. Sie brachte zunächst nur die sittliche Pflicht mit sich, den Namen des Testators zu führen, verlieh aber keine Rechte. Octavius ließ ihr durch einen Kurialakt die Wirkung einer arrogatio geben (Cassius Dio 45,5-47). - Großonkel: Caesars Schwester Iulia (Minor) war verheiratet mit Marcus Atius Baibus; ihre Tochter Atia ehelichte wiederum den Gaius Octavius. Aus dieser Verbindung stammte der spätere Augustus. - von seinem Sieg ... milde Gebrauch gemacht: vgl. Augustus, Res gestae 34: . . . postquam bella civiltà exstinxeram per consensum universorum potitus rerum, omnium rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli. Quo pro merito meo senatus consulto Augustus appellatus sum . . . ( « . . . nachdem ich die Bürgerkriege beendet hatte, habe ich, der ich mit Zustimmung der All-

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gemeinheit mich aller Dinge bemächtigt hatte, den Staat aus meinem Machtbereich in die Entscheidungsgewalt des Senates und des Volkes übertragen. Für dieses mein Verdienst bin ich aufgrund eines Senatsbeschlusses Augustus genannt w o r d e n . . . » ) . - mit dem des Augustus benannt: Das cognomen (Beiname) w u r d e ihm am 16. Januar 27 v. Chr. vom Senat verliehen. Es bedeutet wörtlich «der Erhabene» und wurde als D a n k f ü r die Bewahrung der res publica durch einen Senatsbeschluß neu geschaffen. Es wurde später zu einem wesentlichen Bestandteil der Kaisertitulatur. - durch Geschenke die Soldaten: Seit dem Ende der Republik wurden den Soldaten von den jeweiligen Machthabern Geldgeschenke gemacht, u m sich ihrer Treue zu versichern. Dies wurde von den Kaisern übernommen, die den Soldaten mindestens zur Thronbesteigung, aber auch bei anderen Gelegenheiten solche Donative gaben. In Kapitel 15 seiner Res gestae (Tatenbericht) listet Augustus auf, wann er dem Volk (und nicht nur den Soldaten) welche Geldgeschenke gemacht hat. - Getreideversorgung: Die cura annonae bestand ursprünglich nur in der Sorge des Staates f ü r eine genügende Getreidezufuhr und den Verkauf zu einem erschwinglichen Preis. Seit der Zeit der Gracchen (um 130 v. Chr.) gehörte auch die verbilligte oder kostenlose Abgabe von Getreide an Bürger Roms dazu. Augustus übernahm dieses A m t im Jahr 23/22 v. Chr. 2 44 Jahre: 2. September 31 v. Chr. - 19. August 14 n. Chr.; genau: 44 Jahre (das Jahr 0 gab es nicht) weniger 14 Tage (der Monat August hatte bei den Römern nur 30 Tage). - Nola: Stadt in Campanien. - Raetien und Illyrien: Die etwa im Jahr 15 v. Chr. eroberte Provinz Raetia entsprach ungefähr der Ostschweiz, Tirol und Teilen Bayerns. Das Illyricum wurde 9 n. Chr. endgültig unterwor-

I,I - 1,3

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fen und reichte vom Ostrand der Alpen bis zum Golf von Valona und von der Adria bis zum balkanischen Hinterland, entsprach also etwa dem ehemaligen Jugoslawien und dem nördlichen Teil von Albanien. Aurelius Victor nennt nur die erste und letzte der zur Zeit des Augustus unterworfenen Provinzen. - Germanien: Anspielung auf die Niederlage des Varus 9 η. Chr. in der Gegend des Teutoburger Waldes (oder nach neueren Forschungen bei Osnabrück). Der von den Römern eroberte Westrand des germanisch besiedelten Gebietes war eingeteilt in die Germania inferior (nördliches Rheingebiet von Bonn bis zur Küste) und die Germania superior (südliches Rheingebiet von Bonn bis zum Genfer See). 3 Numa: Numa Pompilius war der Sage nach der zweite König Roms und galt als Begründer der religiösen Bräuche: Er soll die großen Priesterkollegien (Flamines, Salier, Vestalinnen, Pontífices) eingerichtet und eine Kalenderreform durchgeführt haben (zwölf statt bisher zehn Monate). - Antonius: Marcus Antonius wurde um 82 v. Chr. geboren, war Anhänger Caesars und bildete nach dessen Tod mit dem späteren Augustus und Marcus Aemilius Lepidus den 2. Triumvirat. Schnell kam es zu Spannungen und schließlich zum Krieg, auch wegen seines Verhältnisses zu Kleopatra VII. Antonius verlor die Seeschlacht bei Actium (2. September 31 v. Chr.), und als Alexandria am 1. August 30 v. Chr. fiel, beging er Selbstmord. - Janustor: Janus galt als Gott der öffentlichen Tore und Durchgänge. An der Nordseite des Forum Romanum in Rom stand ein Janus-Tempel mit zwei Toren; unter einem der Durchgänge mußte die Armee hindurchmarschieren, wenn sie in einen Krieg zog. Das Öffnen der Tempeltore bedeutete Kriegsbeginn, ihr Schließen Frieden; während des Krieges standen die Tore

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offen. Als erster soll Numa Pompilius die Tore geschlossen haben, dann sollen sie im Jahre 241 oder (weniger wahrscheinlich) 235 v. Chr. geschlossen worden sein, als dritter ließ sie Augustus insgesamt dreimal schließen, später dann Nero und Vespasian. Das Schließen wird von Vergil (Aen. 1,291-296) als Einschließen des Krieges, von Ovid (Fast. 1,281) und Horaz (Epist. 2,1,255) Festhalten des Friedens gedeutet. 6 Vater des Vaterlandes: Dies war der traditionelle Titel für Romulus und auch für Marcus Furius Camillus, den Eroberer der Stadt Veii (396 v. Chr.). Cicero erhielt ihn 63 v. Chr. nach der Niederschlagung der Catilinarischen Verschwörung, Caesar im Jahr 44 v. Chr., Augustus 2 v. Chr. Auch alle weiteren Kaiser erhielten ihn bis auf Tiberius, der den Titel ablehnte. - tribunizische Amtsgewalt: Die tribunicia potestas beinhaltete nur die Befugnisse eines Volkstribunen, nicht jedoch das Amt selbst; sie wurde lebenslänglich, aber jahrweise und ohne Kollegen verliehen. Bereits Caesar hatte angefangen, sie sich stufenweise übertragen zu lassen: 48 v. Chr. erhielt er das ins subsellii (Platz auf der Tribunenbank), 44 die sacrosanctitas, das heißt die Unverletzlichkeit, die den Amtsträger persönlich vor Angriffen und Störungen jedweder Art (schon das Ins-Wort-Fallen bei öffentlichen Reden galt als solche) schützte; der spätere Augustus erhielt 36 V. Chr. diese beiden Rechte, 30 v. Chr. dann das ius auxilii (Hilfestellung für Bürger gegenüber dem Akt eines Magistraten) und 23 v. Chr. die volle tribunicia potestas, d. h. zusätzlich das ius intercessionis (Vetorecht) gegen Gesetze, das Recht zur Einberufung der concilia plebis (Volksversammlung der Plebeier) sowie das der Verhaftung von Magistraten und der Durchführung von Hochverratsprozessen. Sie diente von da an zur Zählung

1,3 - 1,7

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der Amtsjahre. - Priester und Priesterkollegien: Nach der offiziellen Vergöttlichung des Augustus wurde in Rom ein Priesterkollegium, die sodales Augustales, eingesetzt, das aus 21 Mitgliedern bestand und die Aufgabe hatte, Opfer für den Kaiser darzubringen. 7 von den Kindern... Ehe absieht: Julia, die einzige Tochter des Augustus, * 39 ν. Chr., war zunächst mit Marcus Claudius Marcellus verheiratet und nach dessen Tod mit Marcus Vipsanius Agrippa, mit dem sie fünf Kinder hatte. Als auch dieser gestorben war, mußte sie auf Wunsch des Augustus den späteren Kaiser Tiberius heiraten; die Ehe war nicht glücklich, woraufhin Julia sich auf mehrere Liebesabenteuer eingelassen haben soll, die im Jahre 2 v. Chr. zu ihrer Verbannung, genauer zu ihrer relegatio (Verbannung ohne Verlust des Vermögens und der Ehrenrechte) auf die Insel Pandataria und 3 n. Chr. nach Rhegium führten. Sie starb 14 η. Chr. Die beiden ältesten Söhne aus ihrer Ehe mit Agrippa adoptierte Augustus 17 v. Chr. (Gaius und Lucius Iulius Caesar) und hat sie wohl für seine Nachfolge vorgesehen, doch starben beide 2 (Lucius) beziehungsweise 4 (Gaius) n. Chr. - Augustus war in dritter Ehe mit Livia Drusilla (30. Januar 58 v. - 29 n. Chr.) verheiratet (für sie war es die zweite Ehe), die er später testamentarisch in das julische Geschlecht aufnahm und der er den Namen Augusta verlieh. Livia war eine starke Persönlichkeit, die auch nicht davor zurückscheute, sich in die Politik einzumischen. Die Ehe mit Livia war indes nicht «unglücklich». Skythen, Garamanten und Baktrer: Die Skythen lebten ungefähr in der heutigen Ukraine; die Garamanten waren ein berberischer Volksstamm in Innerlibyen; die Baktrer bewohnten ein Gebiet, das etwa dem nördlichen Afghanistan entspricht.

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2,1 Tiberius: * 16. November 42 ν. Chr. als Tiberius Claudius Nero von seinem gleichnamigen Vater und seiner Mutter Livia (s. zu 1,7); vom 19. August 14 bis 16. März 37 η. Chr. war er römischer Kaiser mit dem Namen Tiberius Iulius Caesar Augustus. - Stiefsohn: Livia war in zweiter Ehe mit Augustus verheiratet (s. zu 1,7). Adoption: s. zu 1,1; sie fand am 26. Juni 4 n. Chr. statt; durch die arrogado wurde er, der bislang sui iuris gewesen war, das heißt in niemandes Gewalt gestanden hatte, wieder einer väterlichen Gewalt unterworfen. - verschlagen ... undurchschaubar: traditionelle Tyrannencharakteristik. 2 Capri (Capreae): Tiberius lebte dort von 27-37 n. Chr. und ließ zwölf Villen bauen, die die Namen der zwölf Götter trugen; wiederentdeckt wurde bislang nur die villa Iovis (Haus des Iuppiter). 3 militärische Zucht: Der Vorwurf lautet also: Tiberius vernachlässigte das Militär. - Gebiete der römischen Staatsgewalt: das heißt das römische Reich; nach Sueton, Tib. 41, wurden die Provinzen Armenia, Moesia und Gallia besonders ausgebeutet. - Kappadokien: Die Kappadokier bewohnten eine Landschaft in der Osthälfte des kleinasiatischen Hochlandes, die 17 n. Chr. zur römischen Provinz wurde. - Archelaus: Er trug den Beinamen Philopatris und war seit 36 v. Chr. König von Kappadokien. Bei Actium kämpfte er zunächst auf Seiten des Antonius, trat dann aber zu Octavian über. Wegen seiner Undankbarkeit zog er sich den Haß des Tiberius zu (Cassius Dio 57,17,3-4). Schon von Augustus erhielt er wegen Altersschwäche einen Vormund; von Tiberius wurde er nach Rom geladen und angeklagt; er starb vor der Urteilsverkündung. - Gätuler: Volksstamm südlich der Mauretanier und Numider in Nordafrika; Vorfahren

2,1-2,4

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der heutigen Tuareg. - Tacfarinas: Er entfesselte 17 n. Chr. einen Aufstand und konnte erst 24 n. Chr. von Publius Cornelius Dolabella endgültig bei Auzia (Aumale), etwa 100 km südöstlich des heutigen Algier, besiegt werden. 4 Marbod: Führer der Sueben, der auf römischer Seite stand, besonders gegen Arminius; Tiberius verweigerte Marbod die Hilfe, als Arminius sich 17 η. Chr. an diesem rächen wollte. Die Bezeichnung Sueben ist ein Sammelname für mehrere Völker zwischen Ostsee und Rhein, von denen nur die Markomannen und Quaden von den Römern abhängig waren. - Prätorianerkohorten: Seit Augustus waren die Prätorianer die Schutztruppe des römischen Kaisers und der Regierung; sie rekrutierten sich vor allem aus der Bevölkerung Latiums und Mittelitaliens. Augustus ließ neun cohortes aufstellen, die zunächst in und um Rom verteilt lagen, dann unter Tiberius durch den praefectus praetorio (Prätorianerpräfekten, abgekürzt PPO) Seianus in den castra praetoria, der «Kaserne» der Prätorianer, auf dem Viminal konzentriert wurden. Die Prätorianer griffen immer wieder in die Politik ein und galten zeitweilig als «Kaisermacher». 312 η. Chr. wurden sie von Kaiser Constantin aufgelöst (s. zu 40,25). Das Amt des Prätorianerpräfekten blieb bestehen, wandelte sich jedoch zu einem zivilen Verwaltungsamt (s. zu 39,30). - Landstädte (municipiisJ.Bezeichnung für eine Stadt mit Pflichten gegenüber Rom, zum Beispiel Truppenstellung. Seit 89 v. Chr. besaßen die Einwohner römisches Bürgerrecht. - Sicherheitskräfte ... Befehlshaber: Hierbei handelt es sich um die cohortes urbanae (Stadtkohorten), die unter einem praefectus urbi (Stadtpräfekten) für Ordnung in der Stadt zu sorgen hatten, und die cohortes vigilum un-

ΐ8θ

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ter einem praefectus vigilum, eine Feuerwehr und Nachtwache und die kaiserliche Leibwache. 3,1 Claudius: Geburtsname des Tiberius, s. zu 2,1. Anschlag: Tacitus schreibt (Ann. 6,50), daß Tiberius von seinem Nachfolger Gaius (Caligula) beziehungsweise dessen Prätorianerpräfekten (s. zu 2,4) Macro mit einem Kissen erstickt worden sei; Cassius Dio (58,28) berichtet dagegen, Gaius habe Tiberius das Essen verweigert und ihn außerdem so warm zugedeckt, daß Tiberius zum Teil verhungert, zum Teil erstickt sei. Sueton (Tib. 73,3) überliefert alle Versionen: Gift, Verhungern, Ersticken. - 23 Jahre: 14-37 n - Chr.; Cassius Dio ist genauer: 22 Jahre, 7 Monate, 7 Tage (58,28). - 79Jahre: 42 v. - 37 n. Chr., also in Wirklichkeit 78 Jahre, da es das Jahr 0 nicht gegeben hat (s. zu 1,2); Cassius Dio hat auch hier die genauere Angabe: 77 Jahre, 4 Monate, 9 Tage (58,28). - Gaius ... Caligula: Sein Name lautete Gaius Iulius Caesar Germanicus, * 12 η. Chr. in Antium als Sohn des Germanicus (s. zu 3,2) und der Vipsania Agrippina. Seinen Kosenamen erhielt er, weil er als Kind im Lager des Vaters war. Wörtlich übersetzt bedeutet er «Soldatenstiefelchen» (Diminutiv von caliga «Soldatenstiefel»; s. zu 3,4). Er regierte vom 18. März 3 7 bis zum 24. Januar 41. 2 Agrippa: Marcus Vipsanius Agrippa, 63 - Ende März 12 v. Chr., ein Jugendfreund des Augustus, heiratete 21 ν. Chr. dessen Tochter Julia, mit der er fünf Kinder hatte (s. zu 1,7), darunter die Vipsania Agrippina, die Mutter des Gaius. - Drusus: Nero Claudius Drusus, Frühjahr 38 - Herbst 9 v. Chr., Bruder des Tiberius. Germanicus: Nero Claudius Drusus, 24. Mai 15 v. - 10. Oktober 19 η. Chr.; den Beinamen Germanicus trug er seit Ende 9 v. Chr. Er war der Sohn des Älteren Drusus (Nero Claudius Drusus) und der Antonia Minor.

2,4-3> j 4

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3 frühzeitiges Ende: Agrippa starb 12 ν. Chr., Drusus 9 v. Chr., Germanicus 19 η. Chr., die Mutter Vipsania Agrippina 33 η. Chr. in der Verbannung auf der Insel Pandataria; sein Bruder Nero verhungerte 3 1 η . Chr. freiwillig in der Verbannung auf der Insel Pontia, sein Bruder Drusus 33 n. Chr. in Kerkerhaft im Palatium, dem Kaiserpalast auf dem Palatin (s. zu 11,6). 4 im Feldlager geboren: Sueton (Cal. 8) schreibt, daß nach der Thronbesteigung des Kaisers das Gerücht aufgekommen sei, er sei im Winterlager des Heeres geboren worden, er selbst habe jedoch in den offiziellen Urkunden Antium als Geburtsort gefunden. - Soldatenstiefel (calceamento): Die caliga, ein lederner Halbstiefel. 8 Monate: März bis September 3 7. Nach einer schweren Erkrankung im Oktober (Cassius Dio 59,8,1) schlug sein Verhalten um. - Väter: Anrede für die Senatoren. Komplott: Auch Sueton (Cal. 15,6) erwähnt diese Verschwörung; wer sich verschwor und was geschah, ist jedoch nicht bekannt. 10 Schwestern: Julia Agrippina (15-59), Julia Drusilla (16-38), Julia Livilla (17-42). - Liber: Römischer Name des Weingottes Bacchus. 12 Nymphenaugen: Über diese Fische ist sonst nichts bekannt. 13 Herr: Mit dominus wurde der Herr von seinen Sklaven angeredet, daher war diese Anrede verpönt. Zeichen der Königsherrschaft: Diadem, Königsbinde. 14 Cassius Chaerea: 14 n. Chr. centurio («Hauptmann») im niedergermanischen Heer, 41 tribunus («Offizier») der Prätorianer (s. zu 2,4). Nach einer ehrenrührigen Behandlung durch Gaius verschwor er sich gegen den Kaiser. Er wurde von dessen Nachfolger Claudius hingerichtet. - Brutus: Marcus Junius Brutus

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soll der Überlieferung nach 510 v. Chr. den letzten römischen König Tarquinius Superbus vertrieben haben. - Militärdienst: Ursprünglich bestand die römische Armee nur aus römischen Bürgern. Im Laufe der Zeit fanden jedoch auch die Angehörigen unterworfener Völker Zugang, zunächst nur in sogenannten Auxiliar-(Hilfs-)einheiten, später (vor allem ab dem 3. Jahrhundert) auch in den regulären Legionsverbänden. Quiriten: ältester Name der römischen Bürger. 16 Vimius: sonst unbekannt. - Epirus: So hieß die nordwestlich an Griechenland anstoßende Landschaft am Ionischen Meer; in der Kaiserzeit war Epirus zunächst Teil der Provinz Achaia, bevor es unter Nero zu einer eigenen Provinz wurde. - Titus Claudius: s. Kap. 4; Titus hieß er nie, sondern Tiberius. Die Verwechslung könnte auf der ähnlichen Abkürzung des Vornamens beruhen (T. für Titus, Ti[b], für Tiberius). 17 verrückt: Claudius war als Kind häufig krank (Sueton, Claud. 31) und auch geh- und sprechbehindert (Sueton, Claud. 30; Seneca, Apocol. 5), dabei aber wissenschaftlich sehr interessiert: Er beherrschte die etruskische Sprache und verfaßte eine Geschichte der Etrusker und auch eine solche der Regierungszeit des Augustus, die aber leider beide verloren sind. Diese Umstände mögen dazu beigetragen haben, daß er als verrückt galt. Nero: Der Kaiser Tiberius (s. zu 2,1). 4,1 Claudius: Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, * 1. August 10 v. Chr. als Sohn des Drusus und der Antonia, einer Nichte des Augustus, in Lyon. Er regierte vom 24. Januar 41 bis zum 13. Oktober 54. 2 Laster: Claudius unterdrückte Ausschreitungen im Theater, ging gegen die Brutalität der Geldverleiher vor (Tacitus, Ann. 1 1 , 1 3 ) u n ( i begrenzte das Honorar von

3 , 1 4 - 4i3

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Anwälten auf ioooo Sesterzen (ebd. 11,7). Auch wurden Verhältnisse von freien Frauen mit Sklaven bestraft: Wußte der Eigentümer des Sklaven nichts von dem Verhältnis, so wurde sie Sklavin, hatte er Kenntnis davon, erhielt sie den Status einer Freigelassenen (ebd. 12,53). Drysaden: Die keltische Priesterkaste der Druiden. Mesopotamien: Hier gab es nur Eroberungsversuche des Claudius. Wirklich erobert wurde das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris erst von Trajan im Jahre 1 1 5 . - Rhein- und Donaugrenze: Gnaeus Domitius Corbulo besiegte im Jahr 47 Friesen und Chauken, wurde dann jedoch an den Unterlauf des Rhein zurückbeordert; am Oberrhein wurde Vindonissa neu erbaut. An der Donaugrenze wurden Kastelle angelegt und das Königreich Noricum in eine Provinz unter einem procurator («Statthalter») umgewandelt. - Mauretanien wurde 41/42 erobert und im Jahr 44 aufgeteilt in Mauretania Tingitana und Mauretania Caesariensis. - Juba II.: von 25 v. bis 23 n. Chr. römischer Klientelkönig. Sein Sohn und Nachfolger Ptolemaios wurde im Jahre 40 in Rom ermordet. - Musulamier: Berberstamm in Nordafrika, der 45 von Servius Sulpicius Galba, dem späteren Kaiser (s. Kap. 6), besiegt wurde. - Teile von Britannien: 43 wurde der Südostteil Britanniens von Aulus Plautius besetzt, Camulodunum (Colchester) in Gegenwart des Kaisers eingenommen. - Ostia: Hafen Roms. 3 Meer ... zugänglich zu machen: Sueton (Gaius 19) und Cassius Dio (59,17) berichten, Caligula habe in der Bucht zwischen Baiae und Puteoli (h. Pozzuoli) eine Brücke schlagen lassen, die aus Handelsschiffen bestand, die er zu diesem Zweck aus allen Teilen des Reiches zusammenbefohlen hatte. Uber diese Brücke sei er selbst mehrere Tage hintereinander, als Alexander verkleidet,

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geritten und gefahren, wobei ihm jeweils ein großes Heer gefolgt sei. 4 Der Zensor hatte verschiedene Aufgaben: Aufstellen der Bürgerliste, einteilung der Bürger in die tribus (Stimmbezirke), Schätzung des Vermögens zur Festsetzung der Steuer, Uberprüfung des Militärdienstes, Vergeben von Staatsaufträgen; außerdem führte er die Senatorenliste und veranstaltete die sogenannte lectio senatus, das heißt, er überprüfte die in der Liste der Senatoren geführten Mitglieder in Bezug auf ihren Lebenswandel, was bei unwürdiger Lebensweise unter Umständen zum Ausschluß aus dem Senat führte (die eigentliche lectio bestand in einem Verlesen der Senatorenliste); ein ähnliches Verfahren (die recognitio equitum) führte er für den Ritterstand durch; mit dem regimen morum hatte er auch die Aufsicht über den Lebenswandel eines jeden. Schließlich verpachtete er Steuern, Zölle und Einkünfte aus Bergwerken. Seit 22 v. Chr. hatten Augustus und später Tiberius die Aufgaben des Zensor ausgeführt, ohne das Amt zu übernehmen, Claudius war im Jahre 47 wirklicher Zensor. Später war Domitian als letzter Kaiser censor perpetuus, das heißt, er übte das Amt ohne die eigentlich übliche zeitliche Beschränkung auf etwa anderthalb Jahre aus. Die Aufgaben des Censors wurden in der Kaiserzeit verteilt auf die Steuerbehörden, die Provinzial- und Stadtverwaltungen und die Gerichte; einige zog der Kaiser an sich, vor allem die Sittenaufsicht. Von Sueton (Claud. 16,1) wird die gleiche Anekdote über den jungen Mann berichtet, hier allerdings im Zusammenhang mit einer Uberprüfung der Angehörigen des Ritterstandes. 5 Messulinu: Valeria Messalina, um 2 5 bis Mitte Oktober 48, war die dritte Frau des Claudius; er hatte zwei Kinder mit ihr: (Tiberius Claudius Germanicus) Britan-

4,3"4)I4

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nicus und Octavia. Messalina wurde später auf Initiative des Narcissus, eines Freigelassenen des Claudius, beseitigt, nachdem sie (angeblich) an einer Verschwörung beteiligt gewesen war. 12 Achtungen: Beseitigung politischer Gegner, vor allem unter Sulla und dem zweiten Triumvirat. Die Namen der Geächteten wurden veröffentlicht (proskribiert) und die Bezeichneten für «vogelfrei» erklärt: Eine Belohnung wurde auf ihren Kopf ausgesetzt, ihr Vermögen eingezogen, die Söhne für immer von öffentlichen Aufgaben ausgeschlossen. - Tochter seines Bruders: Julia Agrippina (6. November 15/16 - 19./23. März 59), die Tochter des Germanicus, heiratete im Jahr 49 den Claudius (es war ihre dritte, seine vierte Ehe). 54 ermordete sie ihren Mann und brachte ihren Sohn Nero statt des eigentlichen Nachfolgers Britannicus auf den Thron. Nero ließ sie 59 durch Anicetus, den Präfekten der Flotte in Misenum, umbringen. 14 sechstem Regierungsjahr: 47 n. Chr. - vierzehn Jahre: 25. Januar 41 bis 13. Oktober 54 (13 Jahre, 8 Monate, 18 Tage), - achthundertjähriges Bestehen: 753 v. - 47 n. Chr., wobei die Römer das Anfangs- und das Endjahr mitzählten. - Phoenix: ein sagenhafter Vogel. Nach Hesiod (frg. 171) lebt er 972 Menschenalter. Herodot (2,73) berichtet, daß er im ägyptischen Heliopolis verehrt werde; dorthin komme er alle 500 Jahre mit einem großen, selbstgefertigten Ei, in dem die Reste seines Vaters ruhten, um sie im dortigen Sonnentempel zu bestatten. Er wurde mit dem ägyptischen Sonnenvogel identifiziert. Die spätere Legende von der Selbstverbrennung und Neuerstehung aus der Asche (ein Symbol für die Ewigkeit) ist nicht-ägyptischen Ursprungs. Die Heimat des Phoenix ist Arabien oder Indien. Taci-

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tus überliefert sein Erscheinen im Jahre 34 in Ägypten (Ann. 6,28), von wo er später nach Rom gebracht worden sei. Dieses spätere Verbringen nach Rom hat Aurelius Victor wohl mit dem ursprünglichen Erscheinen durcheinandergebracht. - Insel: Cassius Dio schreibt, daß die Insel nahe Thera erschienen sei (61,29,7), Orosius, daß sie zwischen Thera und Therasia gelegen habe (Hist. 7,6,13). Vermutlich handelt es sich um das heutige Nea Kameni. Die Mondfinsternis erwähnt auch Seneca (Nat. 2,26,6). Sie fand am 1. Januar 47 statt. 15 Tarquinius Priscus: Als der sagenhafte fünfte König Roms starb, soll sein Tod zunächst geheimgehalten worden sein, bis der Nachfolger Servius Tullius die Regierungsgeschäfte übernommen hatte (Livius 1,41,56). - Stiefsohn: (Lucius Domitius Ahenobarbus) Nero, Sohn der Agrippina und des Gnaeus Domitius Ahenobarbus, * 37, im Jahr 49 von Claudius adoptiert. Kinder: Drusus, * 20, früh gestorben; Claudia, noch als Kind gestorben; Claudia Antonia, 28-66; Octavia, um 40 - 62, im Jahr 53 heiratete sie Nero; Tiberius Claudius Britannicus, 41/42-55. 5,2 ebensolange: Claudius 25. Januar 4 1 - 1 3 . Oktober 54; Nero: 13. Oktober 54 - 9. Juni 68 (s. zu 4,1 und 4,15). -fünf Jahre: Diese Angabe findet sich weder bei Sueton noch bei Tacitus noch bei Cassius Dio. Die Epitome de Caesaribus (5,2) überliefert diesen Zeitraum allerdings ebenfalls. - Verschönerung der Stadt (äugenda urbe): Dies bezieht sich wohl auf Baumaßnahmen in der Stadt, nicht auf eine Ausdehnung der Stadtgrenzen, wie sie von Claudius, Vespasian und Aurelian überliefert ist. Die Epitome (5,2) berichtet, Nero habe ein Amphitheater und Bäder errichtet. - Trajan: der Kaiser;

4,14 - J , I 3

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s. Kap. 13. - Pontus: ein Königreich im Norden Kleinasiens, das 64 n. Chr. aufgelöst wurde. Der König wurde abgesetzt und das Gebiet in Territorien der sechs Städte Trapezus, Cerasus, Neocaesarea, Zela, Magnopolis und Polemonium aufgeteilt. - Polemon II. von Pontos: seit 37 König von Pontos und (nominell) auch des Bosporus, ab 41 auch über Teile Kilikiens. - Cottische Alpen: Sie reichten vom oberen Var bis zur Maurienne einschließlich und waren von Nero bis Domitian Provinz; benannt nach Marcus Iulius Cottius, der in dem genannten Gebiet als praefectus civitatium (eine Art Gouverneur) herrschte. 5 nach Art einer Braut bekleidet: Das Hochzeitskleid bestand aus einer besonderen, gerade geschnittenen tunica (eigentlich ein Untergewand), einem Gürtel, der mit einem besonderen Knoten geschlossen wurde, sowie einem orangefarbenen Schleier. 11 Heirat des Onkels: s. zu 4,12. - Vestapriesterin: Sie waren für den Unterhalt des Stadtfeuers zuständig und mußten dafür sorgen, daß es nicht ausging. Bis zum Ende der dreißigjährigen Amtszeit zur Jungfräulichkeit verpflichtet, wurde eine Priesterin, die dieses Gebot verletzte, zur Strafe lebendig eingemauert. 12 Mutter ... den Tod: Tacitus berichtet (Ann. 14,38), daß ein Versuch, Agrippina durch ein vorbereitetes Schiffsunglück zu ertränken, fehlschlug, weil sie schwimmen konnte, und sie daraufhin erschlagen und erdolcht worden sei. 13 verschworen: Dies geschah erst nach dem Brand Roms. Die Pisonische Verschwörung im Jahr 65 kostete unter anderen den Epiker Marcus Annaeus Lucanus, den Politiker, Philosophen und Dichter Lucius Annaeus Seneca und den Dichter Gaius Petronius (Arbiter) das

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Leben; der späteren Verschwörung des Annius Vinicianus fielen hohe Generäle zum Opfer. 14 Feuersbrunst: Rom brannte am 18. und 19. Juli 64, wobei unklar ist, ob der Kaiser den Brand verschuldet hat oder nicht (Tacitus, Ann. 15,38-44). - neuer Sitz: Nero erbaute auf dem Palatin einen neuen Palast, die domus Aurea (das «goldene Haus»). - Gesandter der Parther ... niemand für frei galt: Diese Episode findet sich sonst nirgendwo in der antiken Literatur. 15 Galba: s. Kap. 6; er war seit 60 Statthalter der Provinz Hispania Tarraconensis. Aurelius Victor vereinfacht hier: Galba ließ sich 68 mit Iulius Vindex ein, als dieser sich gegen Nero empörte, und fiel Anfang April in Carthago Nova (Cartagena) von Nero ab. 17 Lorbeerhain ... den Triumphierenden geweiht: Der Lorbeer war bei den Römern ein Zeichen des Friedens, weshalb nach einem Sieg die Waffen und die Rutenbündel der Liktoren (Diener) des siegreichen Feldherrn mit Lorbeer geschmückt wurden. Der Feldherr selbst trug am Tag des Triumphes einen Lorbeerkranz. Dieser Lorbeer wurde dann eingepflanzt, und allmählich entstand aus diesen Pflanzen ein Hain. Der Platz für die Hühner (ein Landhaus bei Rom) wird auch bei Sueton (Galba 1) und Plinius (Nat. hist. 15,137) erwähnt und heißt ad gallinas («bei den Hühnern»). 6,1 Galba: Servius Sulpicius Galba, * 29. Dezember 3 v. Chr., römischer Kaiser vom 8. Juni 68 bis 15. Januar 69; zu seinem Abfall von Nero s. zu 5,15. - erlauchtes Geschlecht der Sulpicier: Das patrizische Geschlecht der Sulpicii ist angeblich seit etwa 500 v. Chr. bekannt. - Von Ausschweifung und Grausamkeit wissen auch Sueton (Galba 22,2) und Tacitus (Hist. 1,6).

5,13 " 7 ) 1

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2 Einkünfte der Soldaten ... gemindert: Die Habsucht Galbas und die Kürzung der Geldgeschenke werden immer wieder erwähnt: Tacitus, Hist. 1,5,1; 1,49,5; Sueton, Galba 12; 16,1-2; Cassius Dio 64,4; Plutarch, Galba 2 1 . - Otho: s. Kap. 7. - Piso durch Adoption vorgezogen: Galba hatte versucht, seine Position durch die Adoption eines Nachfolgers zu stärken. Er entschied sich für Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus (* 38), was ihm Otho ausgesprochen übelnahm, weil er Galba bei dessen Abfall von Nero unterstützt hatte. Piso wurde zusammen mit Galba getötet. - Kohorten: die Prätorianer (s. zu 2,4). 3 Schuppenpanzer (lorica): ursprünglich ein lederner Brustpanzer, später auch Bezeichnung für Metallpanzer (Tacitus, Hist. 1,35,1: thorax). - Curtius-See: Der lacus Curtius befand sich in der Mitte des forum Romanum. Über seine Entstehung gibt es verschiedene Versionen. Die bekannteste berichtet von dem Opfertod des Marcus Curtius, der sich in einen Erdspalt stürzte, der sich mitten auf dem Forum gebildet hatte, um gemäß einem Orakelspruch dessen Schließung zu bewirken (Livius 7,6,1). Wahrscheinlicher ist jedoch, daß der Konsul des Jahres 445 v. Chr., Gaius Curtius, die Stelle eines Blitzeinschlages umfrieden ließ. - siebter Monat ... siebter Tag: 9. Juni 68 - 15. Januar 69. Cassius Dio (64,6,5) gibt als Regierungszeit 9 Monate und 13 Tage an, 13. April 68 15. Januar 69, weil er von dem Tag seiner Erhebung durch die Soldaten an zählt. 7,1 Salvius Otho: * 28. April 32; 58-68 Statthalter der Provinz Lusitania, römischer Kaiser 15. Januar - 1 6 . April 69. - Schandfreunde: Sueton (Otho 2,3) berichtet, daß Otho in seinem Charakter mit Nero übereingestimmt habe und die beiden außerdem eine sexuelle

IJO

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Beziehung gehabt hätten. - Ende der Jugend: Otho war 37 Jahre alt, als er die Macht übernahm. Unter adolescenza («Jugend») verstand man (vgl. Varrò, cens. 14) in etwa die Zeit zwischen 15 und 30 Jahren, haud multo grandior ist also reichlich ungenau. Otho befand sich in der inventus («Mannesalter»), zwischen 30 und 45 Jahren. 2 85 Tage: Sueton (Otho 11,3) und Eutrop (7,17) überliefern beide die richtige Zahl 95. Der Fehler ist wohl beim Abschreiben entstanden. L X X X X V (95) konnte leicht zu L X X X V (8 5) werden. - Vitellius: s. Kap. 8. - Treffen bei Verona: Der Kampf fand am 14. April 69 bei Bedriacum zwischen Piacenza und Verona statt. Otho beging am 16. April Selbstmord. 8,1 Aulus Vitellius: * 7. September 12 in Luceria, römischer Kaiser 19. April - 21. Dezember 69. - Vespasianus: Titus Flavius Vespasianus, "" 17. November 9, Befehlshaber im Krieg gegen die Juden 66-70, römischer Kaiser 1. Juli 69 - 24. Juni 79. - Krieg gegen die Juden: Die Provinz Judaea umfaßte einen Teil des heutigen Israel, Jordanien und Syrien. Sie war 63 v. Chr. von Pompeius erobert und dann von Klientelkönigen verwaltet worden. 66 n. Chr. kam es zu einem Aufstand, der erst im Jahr 70 von den Römern unter der Führung zuerst des Vespasian, dann seines Sohnes Titus niedergeschlagen werden konnte. Den Verlauf des Krieges schildert Flavius Josephus in seinem Bellum ludaicum («Judäischer Krieg»). 2 Moesien ... pannonisches Heer: Die Provinz Moesia am Unterlauf der Donau (Teile Serbiens, Nordbulgarien, rumänische Dobrudscha) war 29/28 v. Chr. erobert worden, Pannonia, das die Westhälfte des heutigen Ungarn, das Burgenland mit dem Wiener Becken und Kroatien umfaßte, 12/9 v. Chr. Vespasian hatte sich

7,1-8,5

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I9I

zuerst für Otho erklärt und verhielt sich in der Auseinandersetzung Otho - Vitellius abwartend. Nach Sueton (Vesp. 6) war es die Aufforderung der moesischen und pannonischen Legionen, die ihn zum Krieg bewog, nach Tacitus (Hist. 2,80) und Cassius Dio (65,9) hatten ihn die orientalischen Legionen schon zum Kaiser ausgerufen, als die Gesandten der moesischen und pannonischen Legionen kamen. 3 Otho ... erhoben worden: Otho war am 15. Januar 69 von den Prätorianern (s. zu 2,4) in Rom zum Kaiser ausgerufen worden (Tacitus, Hist. 1,41; Plutarch, Galba 27), Vitellius schon am ι. Januar 69 von den obergermanischen Legionen (Tacitus, Hist. 1,56,2; Plutarch, Galba 22,9). - syrische Kohorten: Vespasian wurde am 1. Juli 69 von Tiberius Julius Alexander, dem Präfekten von Ägypten (praefectus Aegypti), zum imperator, das heißt zum Kaiser, akklamiert, am 3. Juli von seinen eigenen Truppen, dann von den syrischen Legionen unter Licinius Mucianus (s. zu 8,2). 4 Senator aus ... unbekannter Familie: Die Familie der Flavii ist schon seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. bekannt. Aus dem Zweig des Vespasian hatte allerdings noch niemand im Senat gesessen. - reatinische Herkunft: Nach Sueton (Vesp. 2,1) stammte Vespasian aus einem Dorf in der Nähe von Reate im Sabinerland namens Phalacrina. 5 bei Cremona unterlegen waren: Auch diese Schlacht fand, wie die zwischen Otho und Vitellius (s. zu 7,2), bei Bedriacum statt (Tacitus, Hist. 3,22-23). Die Truppen Vespasians siegten. - Sabinus: Titus Flavius Sabinus, Bruder Vespasians, * um 8 n. Chr., Stadtpräfekt seit 62. - Stadtpräfekt (urbi praefectus): Vertreter des Kaisers in Rom, für Ruhe und Ordnung in der Stadt ver-

192

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antwortlich. - 100 Millionen Sesterzen (sestertium milies): Zu milies (tausendmal) ist ergänzt zu denken «je einhunderttausend», da Zahlwörter, die eine Million oder darüber bezeichnen, durch Multiplikation mit 100000 ausgedrückt wurden. Diese hunderttausend wurden durch zwei senkrechte Striche rechts und links neben sowie einen waagerechten Strich über dem Zahlzeichen der zu multiplizierenden Zahl angegeben, in diesem Fall also: \M\. - von einem Boten getäuscht: Tacitus berichtet (Hist. 3,54,5-10), daß Vitellius die Nachricht von seiner Niederlage nicht wahrhaben wollte, allerdings setzt er diese Episode vor die Verhandlungen mit Sabinus. - verbrannte .., mitsamt dem Kapitol: Capitolium wurde einer der sieben Hügel Roms genannt; er bestand aus zwei Kuppen, von denen auf der nördlichen die Burg Roms (arx), der Tempel der Juno Moneta, die Münzstätte und das auguraculum (die Stelle, an der zu Weissagungszwecken der Vogelflug beobachtet wurde) standen. Auf der südlichen befand sich der Tempel für die sogenannte Capitolinische Trias (Jupiter Optimus Maximus, Juno, Minerva). Zu diesem Tempel hatte sich Sabinus nach Straßenkämpfen gegen die Anhänger des Vitellius zurückgezogen und wurde dort belagert. Am 19. oder 20. Dezember 69 wurde er getötet, während der Tempel in Flammen aufging (Tacitus, Hist. 3,69-75; Cassius Dio 65,17,2-4). 6 als wäre er ein Vatermörder: Eine solche Strafe für Mörder ist sonst nicht überliefert. Die Digesten, eine Gesetzessammlung des Kaisers Justinian (527-561), bestimmen als Strafe, daß er in einen Sack genäht und mit allerlei Tieren zusammen in fließendes Wasser geworfen wird (48,9,9). Tacitus (Hist. 3,84,4-86,1), Sueton (Vit. 17,4) und Cassius Dio (64,21,2) erwähnen die Gescheh-

8,5 " 9 , 4

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I93

nisse um seinen Tod ebenfalls, allerdings zum Teil in anderer Reihenfolge. - Die Gemonische Treppe führte vom Gefängnis (career) auf die Burg (arx) und endete in der Nähe des Tempels der Juno Moneta. Ihr genauer Verlauf ist unbekannt. Dorthin wurde vom Henker der Leichnam eines hingerichteten Verbrechers an einem Haken geschleift und dem öffentlichen ludibrium, das heißt der gewaltsamen Schändung, preisgegeben. Der Name stammt wohl von dem Verbrecher, an dem diese Strafe zuerst vollzogen worden war. - achten Monat: Aurelius Victor rechnet die Zeit von April bis Dezember. Cassius Dio (65,22,1) gibt als Herrschaftsdauer ein Jahr minus zehn Tage an, weil er die Regierung mit der Proklamation der germanischen Soldaten am 1. Januar 69 beginnen läßt, Eutrop dagegen acht Monate und einen Tag (7,18). - 75 Jahre: Hier liegt wohl eine Verdrehung der Zahlen vor. Tacitus (Hist. 3,86) und Sueton (Vit. 18) schreiben séptimo quinquagesimo, also 57, nicht 75. Auch Eutrop hat anno séptimo et quinquagesimo (7,I8). 9,1 Vespasianus: s. zu 8,1. 4 Prophezeiungen: Weissagung galt in der Antike nicht als Aberglaube. Jeder konnte in persönlichen Angelegenheiten Magier, Zeichendeuter und Orakel befragen, bei entsprechender Ausbildung auch selbst Zeichen deuten. Verboten war in der römischen Kaiserzeit allerdings die Frage nach dem Wohlergehen des Kaisers, da dies als Zeichen für Umsturzpläne galt. Im Laufe des 4. Jahrhunderts n. Chr. wurden die magischen Praktiken immer mehr zurückgedrängt und schließlich ganz verboten. - Titus und Domitian: Außer diesen Söhnen hatte er noch eine Tochter Flavia Domitilla; s. zu Kap. 10 und 1 1 .

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5 angemessene Gesetze: Diese Gesetze bezogen sich wahrscheinlich auf die allgemeinen Sitten und auf Wuchergeschäfte (Sueton, Vesp. 11). 6 schwach gegenüber dem Geld: Geldgier wird Vespasian auch von Sueton (Vesp. i6,i) und Cassius Dio (66,8,3) vorgeworfen. - Staatskasse: Mit aerarium (Saturni) wurde seit Claudius der Staatsschatz des römischen Volkes im Saturntempel auf dem forum Romanum bezeichnet. Davon abgetrennt war der fiscus Caesaris, die Separatkasse des römischen Kaisers, die von einem gesonderten Beamten verwaltet wurde. - neuartige ... Steuereinnahmen: Unter anderem wird die Einrichtung einer Benutzungsgebühr für die öffentlichen Bedürfnisanstalten überliefert (Sueton, Vesp. 23,3; Cassius Dio 65,14,5); das geflügelte Wort pecunia non olet («Geld stinkt nicht») findet sich allerdings so nicht bei den antiken Schriftstellern. Von der Abschaffung dieser Steuern berichtet nur Aurelius Victor. 7 Kapitol ... Amphitheater: Vespasian begann mit dem Wiederaufbau des Capitolium (Sueton, Vesp. 8,5; Tacitus, Hist. 4,53), doch wurde es im Jahr 80 durch einen neuen Brand beschädigt und erst von Titus und Domitian endgültig wiederhergestellt. - Der Tempel der Pax wurde 71 begonnen und 75 geweiht. - Vespasian ließ zwei Wasserleitungen reparieren (aqua Curtia, aqua Caerulea), die 38 unter Caligula begonnen, 52 von Claudius vollendet wurden, aber im Laufe der Zeit verfallen waren (Frontinus, De aqu. urb. Rom. 13-14) und ebenso ein Bauwerk an der via Cassia (eine Brücke? - C I L 11,2999). ~~ Das Colosseum wurde unter Vespasian begonnen (Sueton, Vesp. 9,1), allerdings erst unter Titus im Jahr 80 fertiggestellt und eingeweiht. - Der Tempel des Honos und der Virtus wurde restauriert, ebenso der

9,5 - IO,I

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I95

des Jupiter Conservator. Auch die Bühne des Marcellustheaters wurde wiederhergestellt. - Über das Forum ist nichts bekannt. 8 Städte ... erneuert, ... Berge ... ausgehöhlt: Sueton (Vesp. 17) weiß von Wiederaufbauarbeiten in Städten, die von Erdbeben oder Bränden betroffen waren. - Die via Flaminia verlief zwischen Rom und Ariminum (Rimini); sie überwand die Gola di Furiò mit einem kurzen Tunnel, neben dem Vespasian (CIL 11,6106) einen 37 m langen Tunnel bauen ließ, der heute noch benutzt wird. 9 prüfte er ... die Bürgerlisten: der census («Schätzung», s. zu 4,4) wurde 73/74 durchgeführt. - auf tausend erhöht: Der Senat und der Ritterstand wurden besonders durch Italiker und Provinziale des Westens aufgefüllt (Sueton, Vesp. 9,2). 10 Partherkönig Vologesus: von 51/52 bis 79 König; von einem Krieg unter Vespasian ist jedoch nichts bekannt. Lediglich Plinius d.J. erwähnt in seinem Panegyricus auf Kaiser Trajan (14,1) einen Feldzug, in dem dieser sich ausgezeichnet habe, allerdings nennt er kein Datum. - Syrien ... übergeleitet: Vespasian hatte nach seiner Ernennung zum Kaiser seinen Sohn Titus zur Beendigung des Krieges gegen die Juden im Osten zurückgelassen. Sie wurden im Jahr 70 endgültig besiegt. Judaea erhielt jedoch erst nach der Niederschlagung des Bar Kochba-Aufstandes 135 den Namen Syria Palaestina. 12 Vorgehen der Getreidesteuer: Eine Anspielung auf die Zeit des Aurelius Victor, in der annona gleichbedeutend mit «Steuer» war; Constantin hatte die Prätorianerpräfektur (s. zu 2,4 und zu 39,30) mit großen finanziellen Mitteln ausgestattet und ihr auch die Steuereintreibung übertragen, was zu zahlreichen Mißbräuchen führte. 10,1 Titus: Titus Flavius Vespasianus, * 30. Dezember

196

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39 in R o m , 24. Juni 79 - 1 3 . September 81 römischer Kaiser. - Vorbild: Vespasian. - Bildung ... Gaben: zu seinen wissenschaftlichen Interessen: Plinius, Nat. hist., praef. 5; Sueton, Tit. 3,2; Eutrop 7,21,1. - Z u seiner Milde: Sueton, Tit. 9; Cassius D i o 66,19,1; Eutrop 7,21,3. - Zu seiner Freigebigkeit: Sueton, Tit. 7,3; 8,4; Eutrop 7,21,3. 2 Erlaß: Ein solches Edikt erwähnen auch Sueton (Tit. 8,1) und Cassius D i o (66,19,3). 3-4 Die gleiche Anekdote erzählt Sueton (Tit. 9,1-2). Cassius D i o berichtet ebenfalls davon (68,3,2), allerdings ist der Kaiser in diesem Fall Nerva. 5 zwei Jahre ... neun Monate: Die korrekte Zahl überliefern Sueton (Tit. 11,1) und Cassius D i o (66,26,4): 2 Jahre, 2 Monate und 20 Tage. Da auch Eutrop die falsche Angabe hat, muß man von einer weiteren, uns unbekannten Quelle ausgehen, aus der beide ihre Informationen zogen. -Amphitheatervollendet: Das von Vespasian begonnene Amphitheater, das Colosseum, wurde von Titus eingeweiht (s. zu 9,7). Nach Cassius D i o (66,26,1) und Sueton (Tit. 10,1) starb er nach Beendigung der Einweihungsspiele. Benannt wurde das Theater nach einer davor aufgestellten riesigen (kolossalen) Statue des Kaisers N e r o in Gestalt des Sonnengottes Helios. - Bade durch Gift: Das Wort lautus («gewaschen») ist schwierig zu interpretieren. Nach Cassius D i o (66,26,1) starb Titus an der gleichen Wasserstelle wie sein Vater; folgt man Sueton (Vesp. 24,2), so war dies in Aquae Cutilae im Sabinerland. O b Aurelius Victor das griechische hydasin (ϋδασιν «Gewässer, Badeort») mißverstanden oder ob bereits eine Zwischenquelle den Interpretationsfehler begangen hat, ist nicht zu entscheiden. - Für die Anschuldigung, daß Titus vergiftet worden sei, gibt es keinen Beweis. Sueton berichtet von Nachstellungen sei-

ΙΟ,Ι-ΙΙ,Ι

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nes Bruders Domitian (Tit. 9,3; Dom. 2,3) und daß Domitian seinem Bruder in der Krankheit vor seinem Tod jede Hilfe verweigert habe. Cassius Dio (66,26,2-3) weiß zwar auch von Gerüchten, daß er von seinem Bruder beiseite geräumt worden sei, aber nicht von Gift. Domitian, so das Gerücht, habe den Tod des Titus beschleunigt, indem er ihn in eine mit Schnee gefüllte Kiste habe legen lassen und dann weggegangen sei. Die Theorie eines Giftmordes muß aus den früheren Nachstellungen entstanden sein. - vierzigsten Lebensjahr: Aurelius Victor rundet wieder einmal die genaue Zahl ab. Sueton sagt richtig, er sei im 42. Lebensjahr gestorben (Tit. 11), ebenso Eutrop (7,22,1). - Vater im siebzigsten: Sueton (Vesp. 24) hat auch in diesem Fall die genauere Zahl, nämlich 69 Jahre, 7 Monate und 7 Tage. Cassius Dio (66,17,3) ist etwas ungenauer: 69 Jahre und 8 Monate. Eutrop (7,20,3) rundet nach unten ab: 6 Jahre.-Kaiser ... Jahrzehnt: Nach Cassius Dio (66,17,3) waren es 10 Jahre minus 6 Tage, nach Eutrop (7,20,3) 9 Jahre und 7 Tage. - Aurelius Victor stellt die kurze Lebens- und Regierungszeit des Titus der längeren seines Vaters gegenüber. Deshalb nennt er erst am Schluß dieser Biographie die Zahlen für Vespasian. 6 Liebling des Menschengeschlechts (generis humani delicias): Aurelius Victor beendet seine Vita mit den Worten, mit denen die Suetons beginnt (Tit. 1,1). Daß sein Tod große Trauer auslöste, erwähnen Sueton (Tit. 1 1 ) und Eutrop (7,22,2). Ι Ι , ι Domitian: Titus Flavius Domitianus, *24· Oktober 51 v. Chr., römischer Kaiser 14. September 81 18. September 96. -privates... Verbrechen: Anspielung auf den Tod des Titus, s. zu 10,5. - wahnwitziger: Plinius d. J. bezeichnet Domitian in seinem Panegyricus auf Kai-

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ser Trajan als demens (wahnsinnig) (33,4). - Jugend geschändet: Sueton berichtet ebenfalls, daß Domitian seine Jugend in schandhaftem Tun verbracht habe (Dom. 1,2-3) u n d erwähnt insbesondere die Verführung verheirateter Frauen (2). 2 «Herr» und «Gott»: zur Bedeutung s. zu 3,13. Das Faktum an sich wird auch von Sueton (Dom. 13,4-5), Cassius Dio (67,5,7), Eutrop (7,23,2) und Orosius (Hist. 7,10,2) überliefert. - führten die Späteren ... wieder ein: Eine Anspielung auf Diocletian und seine Nachfolger. 4 die Daker und eine Schar Chatten besiegt: Nachdem im Winter 85/86 die Daker in die Provinz Moesia eingefallen waren und den dortigen Statthalter besiegt hatten, zog Domitian selbst an die Donau und trieb sie zurück. 87/88 wurde Dacia nach mehreren Kämpfen zu einem Klientelstaat. - Schon 83 hatte Domitian einen Feldzug gegen die Chatten zwischen Lahn und Main begonnen und sie nach einem Täuschungsmanöver besiegt (Frontinus, Strat. 1,1,8). Aurelius Victor folgt in seiner Darstellung Sueton (Dom. 6,2), der von einem doppelten Triumph über die Daker und Chatten spricht. Demgegenüber stellen Cassius Dio (67,6,3) und Orosius (Hist. 7,10,3) den Ausgang der Kämpfe als ungünstig dar. - nannte er ... um: Eine solche Monatsumbenennung wird auch von anderen Kaisern überliefert, beispielsweise von Commodus (s. zu 17,2). Sie wurde als göttliche Ehre begriffen. So wurde der Monat Quintiiis Caesar zu Ehren in Julius umbenannt. Gaius (Caligula) wollte sogar für das ganze Jahr die Monatsnamen ändern, und zwar in solche, die mit seinem Namen in Zusammenhang standen (Sueton, Gaius 15,2). Den September benannte Domitian um, weil er in diesem Monat die Herrschaft übernommen hatte, den Oktober, weil er in diesem

11,1-11,7

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I99

geboren worden war (Sueton, D o m . 13,9; Cassius Dio 67,4,4; C I L 11,5745 = D 6644; C I L 16,39 = D 9°53)· Kapitol: N a c h dem Brand im Jahre 69 war das Kapitol wieder aufgebaut worden, im Jahre 80 allerdings neuerlich abgebrannt. Aurelius Victor reduziert die Bautätigkeit Domitians auf die Fertigstellung bereits begonnener Bauten, doch schuf er auch eine ganze Reihe von Gebäuden neu (Eutrop 7,23,5). 5 Ermordung Adliger: Tyrannentopik, die von fast allen antiken Autoren in Bezug auf Domitian angewandt wird, insbesondere von Plinius d. J. in seinem Panegyricus (48,3; 90,5; 95,3). - Scharen von Fliegen: Die gleiche Anekdote erzählen auch Sueton (Dom. 3,1) und Cassius Dio (66,9,4). 6 im Palast: Palatium war ursprünglich der N a m e eines der sieben Hügel Roms, er wurde später synonym für die dort stehenden Häuser der Kaiser, den «Palast». am Ringplatz: Mit palaestra wurde ursprünglich ein Ringplatz, dann jede größere Sportanlage bezeichnet. Sie bestand aus einem quadratischen H o f , der von Säulenhallen umgeben war, und wurde im römischen Reich meist mit Thermenanlagen verbunden. Aurelius Victor will hier offenkundig eine Beziehung zu der vorher erwähnten klinopále (κλινοπάλη), dem «Bettringkampf», schaffen. 7 mit Wissen seiner Frau: Domitian hatte seine Frau Flavia Domitilla im Jahre 95 verbannen lassen aus Angst vor einer Verschwörung. Dies führte dann wirklich zu einer solchen, der der Kaiser zum O p f e r fiel (Sueton, D o m . 14,1; 16-17; Cassius 010(67,14,4; 15-ιγ).-Schauspieler (histrionis): in R o m wenig angesehener Berufszweig. - 45. Lebensjahr, fünfzehnten seiner Herrschaft: Aurelius Victor stimmt mit Sueton (Dom. 17) und

200

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Eutrop (7,23) überein. Cassius Dio ist, wie üblich, genauer (67,18,2): Er lebte 44 Jahre, 10 Monate und 26 Tage und regierte 15 Jahre und 5 Tage. 8 nach Art eines Gladiators beerdigt: Im Gegensatz zum sonstigen Kaiserbegräbnis, bei dem Magistrate die Bahre des Verstorbenen trugen, der Leichnam auf einem öffentlichen Platz aufgebahrt wurde und ein Magistrat die Leichenrede hielt, wurde Domitian von einfachen Leichenträgern weggebracht und laut Eutrop (7,23,5) funus eins ignobiliter est sepultum («er erhielt ein unwürdiges Begräbnis»). Sueton berichtet, daß die frühere Amme Domitians für sein Begräbnis gesorgt habe (Dom. ij,j).-Name getilgt: Er verfiel der damnatio memoriae, das heißt, daß sein Name nicht ausgesprochen werden durfte, seine Statuen umgestürzt oder wenigstens ihre Köpfe ausgetauscht wurden und sein Name aus allen Inschriften und zum Teil auch von Münzen entfernt wurde. Dazu kam eine Vernichtung der persönlichen Regierungshandlungen, die rescissio actorum; diese scheint bei Domitian jedoch zumindest unvollständig gewesen zu sein, denn Trajan und Plinius hatten später keine Schwierigkeiten, sich auf Erlasse Domitians zu berufen (Plinius, Epist. 10,58.60.65.66.72). 10 Senatoren (optimatum): Optimaten wurden im Gegensatz zu den Popularen jene Anhänger und Mitglieder der Nobilität, das heißt der Aristokratie, genannt, die sich selbst für die «Besten» hielten und vor allem an der Führungsrolle des Senates hinsichtlich der Gesetzgebung festhalten wollten. Wann der Begriff optimates aufkam, ist nicht mehr zu bestimmen; populares als Begriff für eine politische Gruppierung, die bevorzugt mit Hilfe der Volksversammlung Politik betrieb, stammt dagegen augenscheinlich erst aus dem Beginn des 1. Jahrhunderts

ΙΙ,7"Ι2,2

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201

v. Chr., denn in dieser «politischen» Bedeutung ist das Wort erst bei Cicero belegt. 12 Fremde: Eine übertreibende Anspielung auf die nachfolgenden Kaiser, die, wie Trajan und Hadrian, beispielsweise aus Spanien stammten. - Tarquinius Priscus: Der fünfte der mythischen Könige Roms stammte nach Livius (1,34,2) aus Korinth. Auf dieses Beispiel hatte sich auch Claudius berufen, als er Gallier in den Senat aufnahm (CIL 13,1668, Sp. ι, Z. I i - 1 3 = D 212). 12,1 Nerva: Marcus Cocceius Nerva, * 8. November 30 in Narnia im Sabinerland, römischer Kaiser 18. September 96 - 27. Januar 98. - Kreter: Diese offenkundig falsche Angabe findet sich nur hier. Wenn Aurelius Victor sie nicht aus einer uns unbekannten Quelle übernommen hat, stellt sich die Frage, ob er den Geburtsort vielleicht absichtlich unrichtig angibt, um einen Zusammenhang herzustellen mit der Bemerkung am Schluß der letzten Vita, daß nach dem Tode Domitians das römische Weltreich von nicht-italischen principes beherrscht zu werden begann. 2 Sequaner: Auch dies stimmt nicht. Nerva war im Jahr 93 von Domitian für einige Monate nach Tarent verbannt worden (Philostratos, Vit. Apoll. 7,8). Eventuell handelt es sich um eine Verwechslung mit Trajan, der in Germanien von den Legionen zum Kaiser ausgerufen wurde. Die Sequaner waren ein Volksstamm in Gallien zwischen Jura, Rhone und Saône, -von den Legionen ... bestimmt: Nerva wurde auf Veranlassung des Gardepräfekten Titus Petronius Secundus und des cubicularius (Kämmerers) Parthenius, die die Ermordung Domitians angezettelt hatten, zum Kaiser erhoben und erst anschließend von den Legionen anerkannt. - dankte ... ab: Neben Aurelius Victor berichtet das nur noch Lak-

202

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tanz (De mort. pers. 18,4). Cassius Dio dagegen schreibt (68,3,1), daß Nerva einmal geäußert habe, er habe nichts getan, was ihn hindern könne, abzudanken und dann in Sicherheit zu leben. Es ist interessant, daß Aurelius Victor die Adoption Trajans durch Nerva in diesem Kapitel nicht erwähnt, sondern lediglich im letzten Satz von dem erwählten Nachfolger spricht. Erst der erste Satz der Trajanvita berichtet von der arrogatio (s. zu 1,1). Seine genaue Regierungszeit betrug 1 Jahr, 4 Monate, 9 Tage (Cassius Dio 68,4,2). - Durchgangsforum: Hierbei handelt es sich um das Forum Transitorium, das noch von Domitian begonnen und fast vollendet worden war, jedoch erst von Nerva 97 eingeweiht wurde. Es lag zwischen dem Forum Augusti, dem Forum Iulium und dem Templum Pads. Daher erhielt es seinen Namen, den Aurelius Victor hier mit Pervium wiedergibt, was das gleiche bedeutet wie Transitorium, nämlich «durchgängig». - Minervatempel: Den nördlichen, genauer nordöstlichen, Abschluß des Forum Transitorium bildete ein Tempel der Minerva, die von Domitian besonders verehrt worden war. Minerva wurde mit der griechischen Athena gleichgesetzt und war die Schutzgöttin des Krieges, der Weisheit und der Künste. Mit Jupiter Optimus Maximus und Juno bildete sie die Capitolinische Trias. 4 Νach gewählter: Trajan; s. Kap. 13. 1 3 , 1 Ulpius Traianus: Marcus Ulpius Traianus, 18. September 5 3, römischer Kaiser 27. Januar 98-8. August 117. - Italica, eine Stadt in Spanien: Die Stadt Italica lag in dem Baetica genannten Teil Spaniens nahe dem heutigen Sevilla. Im Gegensatz zu Eutrop (8,2,1), der ebenfalls Italica als Geburtsort angibt, hat die Epitome de Caesaribus die Stadt Tudertina, die sich wohl am ehesten mit dem umbrischen Tuder an der Via Flaminia gleichsetzen

12,2-13,3

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ließe, da sie von Plutarch (Crass. 6,5) mit Toudertía (Τουδερτία) wiedergegeben wird. - höchster Stand: Die Familie war wohl lokal sehr angesehen, spielte aber erst seit kurzem eine Rolle im gesamten römischen Reich (Eutrop 8,2,1). Gleichwohl gehörte Trajan dem Senatorenstand an und war im Jahr 91 consul Ordinarius gewesen. Die cónsules gaben einem Jahr den Namen. Ursprünglich waren zwei cónsules als höchste Magistrate für das ganze Jahr gewählt worden, lediglich wenn einer von ihnen starb, wurde ein sogenannter consul suffectus nachgewählt. In der Kaiserzeit entwickelte sich der Konsulat zu einem reinen Ehrenamt, so daß es seither häufig 12 cónsules pro Jahr gab, zwei cónsules ordinarli, die weiterhin dem Jahr den Namen gaben, und zehn cónsules suffecti; jedes Konsulnpaar amtierte zwei Monate lang. Adoptivsohn: zur arrogado s. zu 1,1. Trajan wurde in Abwesenheit am 27. Oktober 97 von Nerva arrogiert und zum Mitregenten mit dem Caesar-Titel ernannt. Eine Rechtsformel accepit deditque gibt es nicht, sondern nur in adoptionem dare, se in arrogationem dare und in adoptionem accipere. Das Äquivalent zu se in arrogationem dare, nämlich in arrogationem accipere, ist nicht belegt. Die Formulierung accepit deditque macht daher deutlich, daß Nerva bei seiner Arrogation Trajans in dessen Abwesenheit die Zustimmung des Arrogierten voraussetzte und die beiden Teile des Rechtsaktes allein vornahm. Auf der übertragenen Bedeutungsebene kann man vielleicht so interpretieren, daß Nerva den Trajan dem Reich gab. Ob Aurelius Victor hier auf die sachliche oder übertragene Bedeutung anspielt, muß offenbleiben. 3 über die Donau hinaus erweitert: Der Unterlauf der Donau wurde von den Griechen Istros genannt. Zwar übertrug man den keltischen Namen für den oberen und

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mittleren Lauf, Danuvius, im i. Jahrhundert v. Chr. auf den ganzen Fluß, doch wurde auch der Name Ister/ Istros bis zum Ende der Antike gebraucht. Trajan war allerdings nicht der erste, der die Donau überschritt, denn schon Domitian hatte versucht, das Gebiet des römischen Reiches über die Donau hinaus auszudehnen. - Filzkappen tragenden Völkerschaften der Daker: Der pileus war eine halbkreisförmige Filzkappe, die bei den Römern nur die Freien trugen. Petrus Patricius (6. Jahrhundert) unterscheidet bei den Dakern die pilophóroi (πιλοφόροι und die «behaarten» kométai (κομηται; F H G 4,185). Das lateinische Wort für «behaart» wäre comatus oder capillatus (capillatisque nationibus), man könnte aber auch an hirsutus («struppig») denken, denn aus hirsutisque nationibus könnte beim Abschreiben leicht satisque nationibus geworden sein, satisque nationibus (hier unübersetzt) ließe sich wohl nur als «genügend Völkerschaften» deuten, was letztlich keinen Sinn ergibt. - König Decibalus: der letzte König der Daker, der sowohl gegen Domitian als auch gegen Trajan Krieg führte. Im Jahre 105 wurde er endgültig besiegt, gefangengenommen und beging vermutlich Selbstmord. Den Soldaten, der ihn gefangennahm, kennen wir durch seine Stele aus Philippi, auf der er unter anderem angibt, daß er cepisset Decebalu(m) et caput / eius pertulisset ei Ranissto/ro («Decebalus gefangennahm und dessen Haupt nach Ranisstorum brachte»). Die Szene der Gefangennahme und des Selbstmordes ist sowohl auf der Stele aus Philippi als auch auf der Trajanssäule (Szene 145) zu sehen (Michael Speidel, The Captor of Decebalus. A New Inscription from Philippi, in: Journal of Roman Studies 60, 1970, S. 142-153). - Sardonios: Weder eine Völkerschaft noch eine Person dieses Namens ist ander-

I

3'3"I3'5

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weitig bekannt (hier uniibersetzt). - alle Stämme ... Euphrat: Trajan ist nie so weit gekommen. Cassius Dio berichtet (68,29,1), daß er einmal gesagt habe, wenn er jünger sei, würde er bis zum Indus ziehen. - Cosdroe: Chosroes war von 106 bis 129 Herrscher des Partherreiches. Als er im Jahr 1 1 3 eigenmächtig seinen Bruder Parthamasiris als König in Armenien einsetzte, fühlte sich Trajan zu einem Krieg herausgefordert. Der Kaiser gelangte bis Ktesiphon, das er eroberte, wobei ihm auch die Tochter des Chosroes in die Hände fiel. Dies ist vielleicht mit der Stellung der Geiseln gemeint. Aurelius Victor unterschlägt jedoch, daß Trajan später gezwungen wurde, einen Teil der Eroberungen wieder aufzugeben. Straße angelegt: Hierbei handelt es sich um eine Straße, die in ihrem westlichen Teil bereits von den Flaviern begonnen worden war. Trajan verlängerte sie entlang der Donau durch die Provinz Dacia bis zum Schwarzen Meer. 4 Brücke über die Donau: Diese Brücke, die auch Cassius Dio erwähnt (68,13,1), wurde von Apollodorus etwa im Jahr 104 bei Drobeta errichtet. - zahlreiche Kolonien gegründet: Xanten (Ulpia Traiana), Nijmegen (Ulpia Noviomagus), Ladenburg (Lopodunum, Ulpia Sueborum Nicretum), Pettau/Ptuj (Ulpia Traiana Poetovio). 5 Forum und vieles andere: Das forum ist das Trajansforum, das sich westlich an das Forum Augusti anschließt. Unter den weiteren Bauten hat man wohl Nebenbauten des forum, das Odeon, den AugustusTempel, Thermen, die Wasserleitung (Aqua Traiana) und die Naumachie (ein Bauwerk, in dem Seeschlachten inszeniert werden konnten) zu verstehen. - Genossenschaft der Bäcker: Vereine waren in Rom nur zu kulti-

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sehen und Bestattungszwecken zugelassen. Die Erlaubnis einer Vereinsgründung zu anderen Zwecken ist daher überraschend, läßt sich aber mit der Anbindung an die Getreideversorgung und der Tatsache, daß es sich wohl nur um eine Neuordnung (s. R E 20,2, s. v. Pistor, Sp. 1826) handelte, erklären. Trajan wird den Verein der Bäcker ohne Zweifel stark überwacht haben, da er derartigen Kollegien generell mißtrauisch gegenüberstand (Plinius, Epist. 10,34). - öffentliche Post: Der cursus publicus, die Staatspost, war bereits von Augustus eingerichtet worden. Zunächst hatten die Provinzen, durch die der Weg führte, die Kosten zu tragen. Nerva begann dies zu ändern, indem er zumindest für Italien die Kosten dem Staat übertrug, unter Septimius Severus fand diese Entwicklung ihren Abschluß. Unter Trajan finden wir zum ersten Mal kaiserliche Freigelassene mit der Sorge für den cursus publicus betraut. Der cursus publicus beförderte nur staatliche Schreiben und Boten, private Briefe mußten auch von Privatleuten transportiert werden. 6 zum Verderben (in pestem): Hiermit sind wohl die zum Teil recht hohen Aufwendungen der Provinzialen für die Staatspost gemeint. Vgl. für den Ausdruck auch 39,44, wo Aurelius Victor die frumentarii als pestilens frumentariorum genus bezeichnet. - Illyrien ... Präfekt Anatolius: Anatolius war von 357 bis 359, zu der Zeit also, zu der Aurelius Victor seine Caesares schrieb,praefectuspraetorio von Illyricum (s. zu 39,30). 8 nach dem Vertrauten Sura ... benannt: Lucius Licinius Sura, * etwa 5 5, stammte wie Trajan aus Spanien. Er war der Vertraute des Kaisers. Sura ließ unter anderem Thermen in Rom errichten, die aqua Surana. Das Bauwerk stammt also nicht von Trajan, wie man meinen

I3,5-I3>:i

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20J

könnte, sondern er hat lediglich zugestimmt, daß es den Namen seines Freundes trug und nicht seinen eigenen. 9 Suburanus: Der praefectus praetorio (s. zu 2,4) des Jahres 98 ist vielleicht identisch mit dem Konsul der Jahre 101 und 104, Sextus Attius Suburanus. Die gleiche Anekdote erzählt auch Cassius Dio (68,i6,i 2 ). 10 Von der Trunksucht Trajans weiß auch die Historia Augusta (Hadr. 3,3 und Sev. Alex. 39,1). Demgegenüber erklärt Cassius Dio, daß seine Liebe zum Wein niemals Ursache für einen Fehler des Kaisers gewesen sei, da man ihn nie betrunken erlebt habe (68,7,4). Die gleiche Anekdote überliefert die Origo Constantini (= Anonymus Valesianus 1 1 ) für Galerius. 1 1 nahezu zwanzigjahre: 19 Jahre, 6 Monate, 15 Tage nach Cassius Dio (68,33,3) u n ( i Eutrop (8,5); Orosius gibt 19 Jahre an (Hist. 7,12,1). - Von dem Erdbeben berichten auch Cassius Dio (68,24,1) und Orosius (Hist. 7,12,5), doch bringt keiner von beiden es mit dem Tod Trajans in Zusammenhang. Es fand im Herbst oder Winter 1 1 4 / 1 1 5 statt. - auf Bitten der Väter: Hiervon weiß kein anderer Zeuge. - Cassius Dio erwähnt die Krankheit (68,31,4), an der Trajan schließlich in Selinus in Kilikien gestorben sei (68,33,3), n a c h Orosius (Hist. 7,12,8) in Seleukia in Isaurien. - hohem Alter: Trajan war 63 Jahre alt, als er starb. - Hadrian ... beteiligt hatte: Es ist zweifelhaft, ob Trajan noch Gelegenheit dazu hatte, Hadrian zu seinem Nachfolger zu erheben. Cassius Dio überliefert (69,1), daß Hadrian nicht von Trajan adoptiert, sondern daß dies nur nach dem Tode Trajans von Attianus, einem Vertrauten des verstorbenen Kaisers, und Plotina, der Ehefrau Trajans, behauptet worden sei, weshalb man auch den Tod des Kaisers noch einige Tage geheimgehalten habe. Hierzu mag auch ein Kommando

2O8

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im Partherkrieg beigetragen haben, das Trajan Hadrian übertragen hatte. Ebenso wie Cassius Dio (69,1,1) läßt Aurelius Victor Hadrian als Mitbürger Trajans in Italica in der Provinz Hispania geboren sein, während die Historia Augusta Rom als Geburtsort nennt (Hadr. i,3)· 12 trennten sich die Titel: Zu dieser Teilung der Herrschaft kam es gegen Ende der Regierung Hadrians durch die Adoption des Lucius Aelius, der vorher Lucius Ceionius Commodus geheißen hatte, und dessen Erhebung zum Caesar Mitte 136(5. zu 14,5). 13 Plotina: Von dieser Vermutung berichten auch Cassius Dio (69,1,1-2), Eutrop (8,6,1) und die Historia Augusta (Hadr. 4,10). Der Satz gehört vermutlich vor den vorhergehenden, mit dem er in besserem Zusammenhang stehen würde als mit der Angabe über die Teilung der Herrschaft. 14,1 Publius Aelius Hadrianus: * 24. Januar 76 in Italica, römischer Kaiser 1 1 . August 1 1 7 - 10. Juli 138. Beredsamkeit und der bürgerlichen Bildung: Diese Aussage soll Hadrians militärische Aktivitäten diskreditieren, doch stimmt sie insofern kaum mit der "Wirklichkeit überein, als er unter Trajan wichtige Kommandoposten innehatte und auch von der Historia Augusta als in Kriegsdingen sehr erfahren und kundig charakterisiert wird (Hadr. 14,10). Gleichwohl kann es zutreffen, daß Hadrian großes rednerisches Talent besaß, - für Frieden gesorgt: Hadrian rückte von der Eroberungspolitik Trajans im Osten ab, weil das Reich an anderen Grenzen ebenfalls bedroht wurde und die Verteidigung dort wichtiger war (Historia Augusta, Hadr. 5,1-3). Eutrop (8,6,2) führt dies darauf zurück, daß Hadrian seinem Vorgänger Trajan den Erfolg geneidet habe. Von Neid

13,11-14)7

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spricht zwar auch Cassius Dio, jedoch allgemein und nicht in Bezug auf Trajan (69,3,3). 2 Numa Pompilius: s. zu 1,3. Unabhängig davon, daß die Sorge um religiöse Bräuche den Vergleich mit Numa von sich aus nahelegte, könnte er außerdem von der Historia Augusta inspiriert sein, die in Bezug auf Hadrian Verse Vergils zitiert (Aen. 6,808-812), in denen von Numa Pompilius die Rede ist (Hadr. 2,8). 3 Dieses Athenaeum ist bekannt aus Cassius Dio (74,17,4) und der Historia Augusta (Pert. 11,3; Alex. Sev. 35,2; Gord. 3,4), doch kennen wir weder sein Aussehen noch seinen Standort. 4 die Mysterien ... feierte: Cassius Dio (69,11,1) und die Historia Augusta (Hadr. 13,1) erwähnen eine Einweihung Hadrians in die Eleusinischen Mysterien, jedoch nicht, daß dies in Rom geschehen sein soll. Die Eleusinischen Mysterien waren ein Geheimkult zu Ehren der Saat- und Erntegottheiten Demeter (Ceres) und deren Tochter Persephone (Proserpina, Libera). 5 Tibur: Die große Villa Hadrians östlich von Rom, heute Tivoli. Hadrian zog sich jedoch erst gegen Ende seines Lebens nach ausgedehnten Reisen dorthin zurück. - die Verwaltung der Stadt ... überlassen hatte: Auch dies berichtet die Historia Augusta (Hadr. 25,5) erst für die Zeit kurz vor seinem Tode und für seinen zweiten Adoptivsohn Antoninus. - Lucius Aelius Caesar: * 13. Januar 101 als Lucius Ceionius Commodus, Mitte 136 wurde er von Hadrian adoptiert und zum Caesar erhoben (s. zu 13,12), doch starb er bereits am 1. Januar 138. 6 Paläste: Hadrian ließ sich die bereits erwähnte Villa in Tibur bauen und erweiterte den Palast der Flavier auf dem Palatin. 7 Antinous: * 110, war der Liebling Hadrians. 130 er-

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trank er im Nil. - nach dem jungen Mann (ephebo) benannte Stadt: An der Stelle, wo Antinous gestorben war, gründete Hadrian die Stadt Antinoopolis in Mittelägypten. Als Epheben (lat. ephebus) wurden in Griechenland junge Männer im Alter von etwa 20 Jahren bezeichnet. Ursprünglich absolvierten sie in dieser Zeit ihre militärische Ausbildung, später verstand man unter Ephebie jegliche Ausbildung. Hier ist wohl nur auf die Jugend des Antinous angespielt. 8 Wahrsager: s. zu 9,4. Parallelerzählungen zu Antinous finden sich bei Cassius Dio (69,11,3-4) und in der Historia Augusta (Hadr. 14,5-6). 1 1 Antoninus: zu Antoninus Pius s. Kap. 15. - gesetzliche Adoption als Caesar: Die Adoption (s. zu 1,1) erfolgte am 25. Februar 138. - Senatoren ...zu töten: Cassius Dio gibt an, daß Hadrian zu Beginn und am Ende seiner Herrschaft Morde begehen ließ (69,23,2). 12 starb er ... Bajae ... Krankheit: Hadrian litt an Wassersucht (Cassius Dio 69,20,1; 69,22) und soll sich, als seine Krankheit unerträglich wurde, durch ungesundes Essen und Trinken selbst zu Tode gebracht haben. Bajae war ein bekannter Badeort zwischen Cumae und Misenum. - im 22. Jahr: Nach Cassius Dio (69,23,1) waren es 20 Jahre und 1 1 Monate (August 117—Juli 138), was den Tatsachen entspricht. Aurelius Victor stimmt mit der Historia Augusta überein (Hadr. 25,11), die von 21 Jahren und 1 1 Monaten spricht, und auch mit Eutrop, bei dem es heißt, er habe 21 Jahre, 1 o Monate und 29 Tage regiert (8,7,3). - rüstigem Alter: Hadrian wurde 62 Jahre, 5 Monate und 17 Tage alt, eine Zahl, die sich so auch in der Historia Augusta findet (Hadr. 25,11), während Cassius Dio 19 Tage überliefert (69,23,1) und Eutrop nur schreibt, er sei älter als 60 gewesen (8,7,3).

14,7" M»1

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211

13 göttliche Ehren: Von der Weigerung des Senates, Hadrian zu konsekrieren, weil der Kaiser einige bedeutende Männer habe töten lassen, berichtet auch Cassius Dio (69,23,3; 70,1). Erst als Antoninus es ablehnte, die Herrschaft anzutreten, wenn sie Hadrian nicht divinisierten, und aus Furcht vor den Soldaten hätten sich die Senatoren entschlossen, ihm die Ehre nicht zu verweigern. Die Geschichte vom Wiederauftauchen der totgeglaubten Senatoren steht auch in der Historia Augusta (Elag. 7,8-10). Viele römische Kaiser wurden nach ihrem Tod divinisiert (konsekriert), unabhängig davon, ob sie bereits zu Lebzeiten als Gott verehrt worden waren oder nicht. Noch Gratian (römischer Kaiser 24. August 3 6 7 - 2 5 . August 383) erhielt nach seinem Tod das Epitheton Divus. 15,1 Aurelius Antoninus Pius: Titus Aurelius Fulvus Boionius (Arrius) Antoninus, * 19. September 86 in Lanuvium, römischer Kaiser 10. Juli 1 3 8 - 7 . März 161. Uber die Gründe, warum er den Beinamen Pius («der Fromme») erhielt, besteht keine Klarheit. Aurelius Victor gibt keinen direkten Grund an, schildert jedoch in diesem Kapitel, daß er den Staat auf sehr gute Weise geführt habe, was man als Erklärung des cognomen verstehen kann. Die Historia Augusta führt mehrere Gründe an (Hadr. 24,3-5; Pius 2,3-7): Erstens die Unterstützung und Hilfe für seinen Schwiegervater, was sich auch bei Aurelius Victor findet (14,11), zweitens, daß er viele Senatoren vor dem von Hadrian verfügten Todesurteil bewahrt habe (Aurelius Victor 14,11.13-14), drittens, daß er Hadrian nach dessen Tod große Ehren zukommen ließ, womit wohl die Konsekration (Aurelius Victor 14,14; Cassius Dio 70,1,2-3) und die Errichtung einer Reiterstatue gemeint ist (Excerpta Salmasiana frg. 114 Mueller), viertens die Verhinderung eines Selbstmordes

212

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Hadrians und fünftens seine Wesensart. Cassius Dio fügt die Begründung an, er habe zu Beginn seiner Herrschaft auf die Bestrafung Schuldiger verzichtet, weil er seine Regierung nicht mit solchen Taten beginnen wollte (70,2,1). Auch Eutrop (8,8) hebt das gute Wesen hervor, ebenso wie Orosius (Hist. 14,1). 2 Mann aus sehr alter Familie: Aurelius Victor stimmt hier nicht mit Eutrop überein, der ausführt, Antoninus Pius stamme aus einem bekannten, aber nicht sehr alten Geschlecht (8,8,1). Der Widerspruch läßt sich vielleicht so auflösen, daß die Familie des Kaisers in Rom noch nicht lange bekannt war und daher nicht als alt angesehen wurde, aber in der Gallia Narbonensis zu den lokal führenden Familien zählte und dort schon lange ansässig war. - aus der Landstadt Lanuvium: latinische Stadt am Südhang der Albaner Berge. 3 durch ständigen Frieden ... nicht verdorben werden: Aurelius Victor widerspricht hier zu Teilen dem Gemeinplatz, daß im Frieden jeder verweichlicht und verdorben werde; vgl. Sallust, Cat. 2, und Tacitus, Agr. Ii.- Herrschaft der Weisheit: eine Anspielung auf Piaton (Rep. 5,473d), wo davon die Rede ist, daß die Staaten nur dann wirklich glücklich werden könnten, wenn die Könige Philosophen oder die Philosophen Könige würden. 4 zwanzig Jahren: Diese Zahl ist stark gerundet. Antoninus Pius regierte 22 Jahre, 7 Monate und 29 Tage. Cassius Dio gibt ihm 24 Jahre (71,1,1), Eutrop sagt, er sei im 23. Jahr seiner Regierung gestorben (8,8,4) und Orosius spricht von etwas weniger als 23 Jahren (Hist. 7,14,1), ist mithin am genauesten. - 900. Gründungstag: im Jahr 148. 5 keinen Triumph errang: In der Tat feierte Antoninus

15,1-15.6

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213

Pius keinen Triumph. Völlig frei von Kriegshandlungen war seine Regierung nicht, doch handelte es sich um kleine und lokal begrenzte Aktionen, die von Legaten erledigt wurden, beispielsweise in Britannia, wo der sogenannte Antoninuswall errichtet wurde, in Mauretania, Germania und Dacia. 6 Söhne versagt: Antoninus Pius hatte zwei Töchter: Aurelia Fadilla (+ 135) und Anna Galena Faustina (16. Februar 130 - Frühsommer 176). Der Hinweis, daß er keine männlichen Erben hatte, wirft ein Licht auf das sogenannte Adoptivkaisertum: Es handelte sich nicht um ein bewußt gewähltes System, sondern um eine «aus der Not geborene Tugend». In dem Moment, in dem ein Kaiser (Marc Aurel) wieder einen leiblichen Sohn hatte (Commodus), wurde selbstverständlich dieser der Nachfolger. - Mann seiner Tochter: Hadrian hatte Antoninus Pius unter der Bedingung adoptiert, daß dieser gleichfalls den Marcus Annius Catilius Severus, den späteren Kaiser Marc Aurel, und den Lucius Ceionius Commodus, den späteren Kaiser Lucius Veras, adoptiere. Antoninus Pius verlobte den Erstgenannten nach seiner Ernennung zum Kaiser mit seiner Tochter Anna Galeria Faustina. Die Hochzeit fand im Jahr 145 statt. 16,1 M. Boionius, der Aurelius Antoninus genannt wird: der spätere Kaiser Marc Aurel, * 26. April 121 in Rom, römischer Kaiser 7. März 161 - 17. März 180. Nach seiner Adoption (s. zu 1,1) durch Antoninus Pius (s. zu 15,6) lautete sein Name Marcus Aelius Aurelius Veras. Die Namensbestandteile Boionius, Aurelius und Antoninus, die Aurelius Victor hier angibt, gehörten zum Namen seines Adoptivvaters Antoninus Pius (s. zu 15,1). - derselben Stadt: Diese Angabe ist unrichtig, Marc Aurel wurde in Rom geboren, Antoninus Pius in

214

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Lanuvium (s. zu 15,2). - nahm ...in seine Familie und in die Regierung auf: Er wurde am 25. Februar 138 auf Wunsch Hadrians von dessen Nachfolger Antoninus Pius adoptiert und Anfang 139 zum Caesar ernannt. 2 Unfähigkeit, seine Frau zu zügeln: Zwar wird auch in der Historia Augusta (Marc. 19) über das schlechte Verhalten der Faustina berichtet, Marc Aurel selbst spricht jedoch völlig anders von seiner Frau (Marc Aurel, Eis heautón [Εις εαυτόν, «Wege zu sich selbst»] 1,17): Sie sei gehorsam, sanft und einfach gewesen. 3 zu Lorium: Antoninus Pius starb am 7. März 161 in der Stadt Lorium westlich von Rom, wo er einen Palast hatte. - 75. Lebensjahr: 74 Jahre, 5 Monate, 17 Tage; Eutrop überliefert 73 Jahre (8,8,4), die Historia Augusta 70 (Pius 12,4). - Bruder Lucius Verus: Lucius Ceionius Commodus, als Kaiser Lucius Aurelius Verus, * 15. Dezember 130, wurde gemeinsam mit Marc Aurel von Antoninus Pius adoptiert (s. zu 15,6). A m 7. März 161 wurde er mit diesem zum Augustus erhoben, starb allerdings schon Anfang 169 (s. zu 16,5). 4 Perser ... Vologesus: Der Partherkönig Vologesus III. (148-193) machte seinen Feldherrn Osroës zum König von Armenien. Als dieser ein römisches Heer schlug, war ein Krieg unvermeidlich. Verus zog im Frühjahr 162 in den Osten und konnte nach langen Kämpfen im Herbst 166 den Triumph feiern. 5 wenige Tage: Verus starb Anfang 169, also etwa acht Jahre nach seinem Amtsantritt. Aurelius Victor scheint die Angabe auf den Zeitpunkt des Triumphes zu beziehen, aber auch dann lägen noch etwa anderthalb Jahre dazwischen. Wenn man nicht annehmen will, daß Aurelius Victor hier wieder grob rundet, bleibt nur zu vermuten, daß ein Satz fehlt, in dem von den Aktivitäten des

I 6,1 - I 6,1 I

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2IJ

Verus in den Donauprovinzen im Jahr i68 die Rede war. - List seines Bruders ...zu Fall gebracht: Die gleiche Geschichte findet sich in der Historia Augusta (Ver. 11,2; Marc. 15,5), außerdem eine weitere Variante, daß ein Arzt ihn zu stark zur Ader gelassen habe (Marc. 15,6). Cassius Dio (71,3,1) deutet Gerüchte an, wonach Verus gegen seinen Schwiegervater Marc Aurel konspiriert habe, aber noch vor der Ausführung des Planes vergiftet worden sei; von einer Beteiligung des Kaisers hört man jedoch nichts. 9 Altinum, eine Stadt Venetiens: Altinum liegt zwischen Patavium (Padua) und Aquileia. Daß Verus dort an einem Schlaganfall gestorben sei, erwähnen auch Eutrop (8,10,3) und Orosius (Hist. 7,15,3), ebenso die Historia Augusta (Ver. 9,11). - Markomannen: ein germanischer Volksstamm südlich des oberen und mittleren Mains (Schwarzwaldgegend bis Regensburg). Die Kriege gegen sie begannen im Jahr 167 mit einigen Vorgeplänkeln, der eigentliche Feldzug setzte im Jahr 169 ein. - mit seinem zum Caesar nachgewählten Sohne Commodus: zu Commodus s. Kap. 17. Er war jedoch schon am 12. Oktober 166 zum Caesar erhoben worden, so daß von einer Ersatzwahl (für Verus), was das Wort suffecerat eigentlich impliziert, nicht die Rede sein kann. 1 1 unklare Gesetzesbestimmungen: Von der Fürsorge Marc Aurels für die Rechtsprechung weiß auch die Historia Augusta (Marc. 10,10-12; 11,6-10), nicht dagegen von der Beseitigung von Gesetzesunklarheiten. Da diese durch Auslegung beseitigt wurden, was Sache der iuris consulti (Rechtsgelehrten) war, handelt es sich wohl um einen Hinweis auf die Konsiliare Marc Aurels, Ulpius Marcellus und Cervidius Scaevola, sowie vielleicht auf den Schuljuristen Gaius, dessen Institutiones erhalten

216

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sind. - Beseitigung der ... Gestellungsbürgschaften: Das vadimonium entsprach etwa unserer heutigen Kaution und sollte das Erscheinen eines Beklagten vor Gericht sicherstellen, gegebenenfalls auch das Wiedererscheinen, wenn der Fall noch nicht endgültig entschieden war. Der Beklagte stellte einen Bürgen, der für ihn einstand, später versprach er eine Strafsumme. Von einer Abschaffung des vadimonium ist sonst nichts bekannt. Am Ende des 4. Jahrhunderts existierte es noch - oder wieder, falls es zwischenzeitlich tatsächlich abgeschafft und wieder eingeführt worden war. - Streitankündigung: Das Verfahren der sogenannten litis denuntiatio wurde erst im 4. Jahrhundert eingeführt (Cod. Theod. 2,4,2). Warum Aurelius Victor es auf Marc Aurel zurückführt, ist nicht klar. Der Kläger bittet um Genehmigung des Prozesses und übermittelt dem Beklagten seine Klageschrift, die dieser erwidert. Innerhalb einer bestimmten Frist müssen beide vor Gericht erscheinen und muß der Fall entschieden werden. Möglicherweise liegt eine Verwechslung irgendeiner speziellen denuntiatio mit der generell vorgeschriebenen litis denuntiatio der Spätantike vor. 12 erhielten ... das römische Bürgerrecht: Dies ist eine Verwechslung mit Caracalla, der 212 in der constitutio Antoniniana allen freigeborenen Einwohnern des Reiches das römische Bürgerrecht verlieh. - das punische Karthago... heimgesucht: Das Forum der Stadt Karthago in Nordafrika hatte unter Antoninus Pius gebrannt (Historia Augusta, Pius 9,2) - Ephesus... Erdbeben: Ein Erdbeben in Nikomedien ist für die Zeit des Commodus überliefert. Von einem solchen in Ephesos weiß man nichts, allerdings wurde Smyrna 178 durch ein Erdbeben zerstört. - zu unserer Zeit ... Cerealis: Das Erdbeben fand im Jahre 358 statt, im gleichen Jahr war Cerealis

16,11-17,2

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217

Konsul. Möglicherweise kannte Aurelius Victor den Cerealis und erwähnt ihn deshalb. 13 Triumphe: Es handelt sich wohl um die Triumphe des Marc Aurel am 27. November 176 und seines Sohnes Commodus am 23. Dezember 176. - Herrschaft des Marcomarus: Ein König solchen Namens ist sonst nicht bekannt. Möglicherweise muß es regi Marcomano heißen, wodurch nur die Volkszugehörigkeit angegeben würde. - Carnutum: Carnuntum, wie der Ort eigentlich heißt, war ein römisches Militärlager an der Donau zwischen Petronell und Bad Deutsch-Altenburg in Pannonien. Marc Aurel hatte hier sein Hauptquartier während des Markomannenkrieges. 14 im achtzehnten Jahr: In Wirklichkeit regierte er 19 Jahre und 10 Tage (7. März 1 6 1 - 1 7 . März 180).- mittleren Alters: Marc Aurel wurde 5 8 Jahre, 10 Monate und 19 Tage alt. - Vindohona: Das heutige Wien. Es ist allerdings nicht sicher, ob Marc Aurel hier oder in Sirmium starb, wie Tertullian berichtet (Apol. 25). 15 Uneinigen: Man denke nur an ihren Widerstand gegen die Konsekration Hadrians. - Tempel, Ehrensäulen, Priester: Das gleiche erzählt die Historia Augusta (Marc. 18,8). 1 7 , 1 Sohn: Lucius Aurelius Commodus, ""31. August 161 bei Lanuvium, römischer Kaiser Mitte 177 (gemeinsam mit seinem Vater), vom 17. März 180 bis zum 31. Dezember 192 Alleinherrscher. 2 Im Kriegführen ... nicht untätig: Eutrop (8,15,1) und Orosius (Hist. 7,16,2) erwähnen erfolgreiche Kämpfe gegen die Germanen. Die anderen Quellen berichten eher Gegenteiliges: Cassius Dio (73,2,2), daß er Anstrengungen verabscheut habe, die Historia Augusta (Comm. 13,5), daß Erfolge von Legaten für ihn errungen wurden,

2I8

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Herodian (i,6,8), daß er die Durchführung eines Feldzuges im Donauraum vertrauenswürdigen Offizieren übertragen habe und selbst nach Rom zurückgekehrt sei. - erfolgreichen Feldzug gegen die Quaden: Commodus Schloß bald nach dem Tod seines Vaters Frieden mit den Quaden und Markomannen, ohne nochmals gegen sie gekämpft zu haben (Cassius Dio 73,2,2-4). - September in «Commodus» umbenannt: Commodus benannte nicht nur den September, sondern alle Monate des Jahres neu und zwar sämtlich nach seinen eigenen Namensbestandteilen (Cassius Dio 73,15,3): Amazonius, Invictus, Felix, Pius, Lucius, Aelius, Aurelius, Commodus, Augustus, Herculeus, Romanus, Exsuperatorius (vgl. auch Historia Augusta, Comm. 11,8-9; Herodianos 1,14,9; C I L 14,2113 = D 5193; s. zu 11,4). 3 Gemäuer ... richtete er zum Baden ein: Die Thermae Commodianae, eine öffentliche Badeanstalt in Rom, wurden von Cleander in des Kaisers Namen errichtet (Historia Augusta, Comm. 17,5; Herodianos 1,12,4). Sie sind nicht erhalten. 4 Gladiatoren niedermetzelte: Von der Neigung des Commodus zu Gladiatorenspielen wissen auch die anderen Quellen, ebenso von seiner unfairen Kampfweise (Cassius Dio 73,17,2; Historia Augusta, Comm. 5,5; Herodianos 1,14,7-8; Orosius, Hist. 7,16,2). Eine Betätigung als Gladiator wird von allen als eines Kaisers unwürdig charakterisiert. Die nachfolgende Anekdote findet sich bei keinem anderen Historiker. 7 nächsten Umgebung: Die Hauptverschwörer waren Marcia, die Konkubine des Commodus, der Prätorianerpräfekt (s. zu 2,4) Quintus Aemilius Laetus und der cubicularius (Kämmerer) Eclectus. - verborgenere Weise mit Gift: Nach Cassius Dio wurde ihm das Gift in Rind-

17,2-17,10

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219

fleisch verabreicht (73,22,4). - dreizehnten Jahr seiner Regierung: 17. März 180 - 31. Dezember 192, d.h. genauer: 12 Jahre, 9 Monate, 14 Tage (Cassius Dio 73,22,6). Eutrop gibt 12 Jahre und 8 Monate an (8,15,3), Orosius 13 Jahre (Hist. 7,16,1). 8 Wirkung ... von dem Mahle vereitelt: Die Wirkung wurde wohl vermindert, weil Commodus sehr viel trank, wodurch sich die Konzentration des Giftes stark verringerte (Cassius Dio 73,22,5; Herodianos 1,17,10; Historia Augusta, Comm. 17,2). - Anraten des Arztes, des Hauptes der Verschwörung: Dies schreibt nur Aurelius Victor. 9 fürs Einsalben bestimmten Dieners: Cassius Dio überliefert seinen Namen mit Narcissus (73,22,5; vgl. Historia Augusta, Comm. 17,3; Herodianos 1,17,10). Eutrop ist der einzige, der den Bericht in Zweifel zieht, insofern als er sagt, daß Commodus entweder vergiftet oder erdrosselt worden sei (8,7). 10 Neujahrsfeier: Jeweils am 1. Januar eines Jahres wurden vota («Gelübde») für das Leben des Kaisers ausgebracht und der Eid auf den Kaiser erneuert. - Feind der Götter und Menschen: Unabhängig von jedem äußeren Feind konnte ein römischer Bürger vom Senat zum hostis populi Romani («Feind des römischen Volkes») erklärt werden, wenn er Landesverrat beging. Dies wurde später gesteigert zum hostis deorum atque hominum («Feind der Götter und Menschen»). Ein hostis populi Romani konnte von jedermann getötet werden, er war vogelfrei. Daß hier der Kaiser nicht nur zum Feind des römischen Volkes, sondern aller Menschen und auch der Götter gestempelt wird, verschärft den Bann. - Name zu tilgen: Die sogenannte damnatio memoriae bestand vor allem in der Entfernung des Namens des Geächteten aus

220

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allen Inschriften (bei Kaisern gelegentlich auch von den Münzen), außerdem auch von eventuell vorhandenen Bildnissen. Da der Römer stets danach trachtete, sein Andenken über den Tod hinaus zu bewahren, war eine damnatio memoriae gleichbedeutend mit seiner endgültigen Vernichtung (s. zu 11,8). -Aulus Helvius Pertinax: Publius Helvius Pertinax, wie er richtig hieß, * i. August 126, warpraefectus urbi (Stadtpräfekt; s. zu 2,4; 8,5) von 189/190-192 und wurde am 31. Dezember 192 zum Kaiser ernannt, allerdings schon drei Monate später, am 28. März 193, ermordet. 18,1 umfassend gebildet: Pertinax war zunächst als Grammatiklehrer tätig gewesen (Historia Augusta, Pert. 1,4). - sparsam über alles Maß: Von den desolaten Zuständen der öffentlichen Finanzen berichtet Cassius Dio (74,5,4). Pertinax bemühte sich, durch den Verkauf von Gegenständen aus der Schatzkammer des Commodus Geld in die öffentlichen Kassen zu bringen, weswegen er auch sehr sparsam war (vgl. auch Historia Augusta, Pert. 7,4; 12,2; 13,4). - Curiern und Fabriciern gleichgetan: Manlius Curius Dentatus, der in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts ν. Chr. lebte, galt als Musterbeispiel eines schlichten und armen Römers, über den viele Anekdoten bezüglich seiner Ablehnung des Besitzes von Geld umgingen. Das gleiche gilt für Gaius Fabricius Luscinus, der in der gleichen Zeit lebte. Er soll als censor (s. zu 4,4) im Jahre 275 v. Chr. den Publius Cornelius Rufinus wegen des Besitzes von zehn Pfund Silbergerät aus dem Senat gestoßen haben und später selbst in Armut gestorben sein. 2 von Didius angestiftet ... umgebracht: Daß Didius Julianus (s. Kap. 19) der Urheber des Mordes gewesen sei, schreiben auch Eutrop (8,16) und Orosius (Hist.

17,10-19,2

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221

8,16,5). In Wirklichkeit wurde Pertinax auf Veranlassung der Prätorianer (s. zu 2,4) und ihres Präfekten Laetus ermordet (Cassius Dio 74,8-10; Historia Augusta, Pert. 10,8-11,13; Herodianos 2,4,4-5; 2>î)· - am achtzigsten Tage seiner Herrschaft: Genauer gesagt am 87. Tag (Cassius Dio 74,10,3). 19,1 Didius (oder Salvius?) Julianus: Marcus Didius Severus Julianus, * 30. Januar 133, römischer Kaiser 28. März - ι. Juni 193. Die Annahme eines nomen gentile («Familienname») Salvius geht wohl auf eine Verwechslung mit dem Juristen hadrianischer Zeit, Lucius Salvius Julianus, zurück (s. zu 19,2). - von der Präfektur der Stadtwächter: Die Nennung dieses Amtes (s. zu 2,4) beruht auf einem Irrtum. Da es sich um ein Amt handelte, das nur von Angehörigen des Ritterstandes ausgeübt werden durfte, kann Julianus, der dem Senatorenstand angehörte, es nicht bekleidet haben. Zur Zeit des Aurelius Victor gab es die Unterscheidung zwischen ritterlichen und senatorischen Ämtern nicht mehr, so daß auch der praefectus vigilum den Titel vir clarissimus (traditioneller Titel eines römischen Senators) erhielt. Dies könnte den Fehler erklären. 2 hochadliger Abkunft: Das Geschlecht der Didii stammte aus Mailand und war dort angesehen und verbreitet. Möglicherweise bezieht sich der Hinweis aber auf die Familie der Mutter Aemilia Clara. - Kenntnis des ... Rechts ... verliehen: Hier liegt eine Verwechslung mit dem bereits (s. zu 19,1) erwähnten Juristen vor, die sich so nur bei Aurelius Victor findet. Andere Schriftsteller unterstellen eine verwandtschaftliche Beziehung: Eutrop (8,17,1) macht aus ihm den Enkel oder Neffen des Juristen, die Historia Augusta (Did. lui. 1,1) den Urenkel. Das Hauptwerk des Juristen sind 90 Bücher

222

ERLÄUTERUNGEN

digesta (Sammlung von Einzelfallentscheidungen). Die erwähnte Ordnung des prätorischen Ediktes bestand in der endgültigen Fixierung der in ihrem Wortlaut veränderbaren Edikte, die die Prätoren jeweils zu Beginn ihres Amtsjahres erlassen hatten. 4 Tat ... bedroht hatte: Hadrian hatte gesetzlich bestimmt, daß Vatermörder den Tieren vorgeworfen werden sollten. Es ist jedoch nicht bekannt, daß Didius Julianus seinen Vater oder einen anderen Verwandten hätte umbringen lassen. Vielleicht bezieht sich diese Angabe auf das vorige Kapitel, in dem Aurelius Victor Didius Julianus als den Urheber des Mordes an Pertinax bezeichnet. - Septimius Severus: s. Kap. 20. - Statthalter von Syrien: Dies ist offenkundig eine Verwechslung mit Pescennius Niger, vielleicht dadurch hervorgerufen, daß Septimius Severus später mit einer Frau aus der Provinz Syria Phoenice verheiratet war. Sie findet sich sonst nur noch in der Historia Augusta (Clod. Alb. 1,1). - in weit entfernten Gebieten Krieg führte: Septimius Severus war damals als Statthalter in Pannonien tätig. Von Kämpfen ist allerdings nichts bekannt, wenn man die Aussage nicht auf immer wieder vorkommende Grenzgeplänkel beziehen möchte. - zum Kaiser erhoben: als Augustus am 9. April 193 in Carnuntum (s. zu 16,13) von den Legionen gekürt. - Nähe der Milvischen Brücke: Hier liegt eine Verwechslung mit der Schlacht von 312 zwischen Constantin und Maxentius vor (s. zu 40,23). Wie sie zustande kommen konnte, ist nicht klar. Einen Sieg des Severus erwähnen auch Eutrop (8,17) und Orosius (Hist. 7,16,6). In Wirklichkeit wurde Didius Julianus aufgrund eines Senatsbeschlusses im Palast getötet (Cassius Dio 74,17,4-5; Historia Augusta Did. lui. 8,6-8). - erschlugen ihn in Rom in der Nähe des Palastes: Dies deckt sich

19,2-20,6

ERLÄUTERUNGEN

223

wieder mit den Angaben des Cassius Dio, der Historia Augusta und auch Eutrops, der ebenfalls zwischen Schlacht und Tod unterscheidet. 20,1 Septimius: Lucius Septimius Severus, * 1 1 . April 145 in Lepcis Magna in Nordafrika, römischer Kaiser 9. April 193 - 4. Februar 2 1 1 . - entließ ... die Prätorianerkohorten unverzüglich aus dem Dienst: Severus verurteilte diejenigen Prätorianer (s. zu 2,4) zum Tode, die an der Ermordung des Pertinax beteiligt gewesen waren. Den anderen nahm er ihre Waffen und Pferde weg und verbannte sie aus Rom. Anschließend bildete er eine neue Garde aus Provinzialen, für die er außerdem die Bedingung stellte, daß sie Dienst in den Legionen getan haben müßten (Cassius Dio 75,1,1; 2,4-j ).-nach Beseitigung aller: Er ließ die Anhänger des Didius Julianus proskribieren (s. zu 4,12). - Helvius ... Senatsbeschluß zu den Göttern: Cassius Dio gibt eine ausführliche Beschreibung der Feierlichkeiten aus Anlaß der Konsekration (s. zu 14,13) des Helvius Pertinax (75,4,1-5,5). Namen des Salvius ... der Vergessenheit anheimzugeben: Die damnatio memoriae (s. zu 11,8 und 17,10) des Julian war notwendige Konsequenz aus der Konsekration (s. zu 14,13) des Pertinax. Man braucht wohl nicht daran zu denken, daß Severus Schriften des Rechtsgelehrten Salvius Julianus vernichten ließ, da hier die gleiche Verwechslung vorliegt wie im vorigen Kapitel. 5 vom Lande und Kind eines einfachen und ungebildeten Mannes: einer der wenigen Hinweise, die Aurelius Victor auf sich selbst gibt (s. Einführung). Die Wortwahl erinnert an die Inschrift des sogenannten «Schnitters von Mactar» (CIL 8,11824 = D 7457)· 6 Vortrefflichkeit: Septimius Severus wird auch von der Historia Augusta (Aur. 42,4) als vorbildlicher Herr-

224

ERLÄUTERUNGEN

scher geschildert, Herodian hält ihn zumindest auf militärischem Gebiet für unübertroffen (3,15,2). - in vorgerücktem Alter starb: mit 65 Jahren. - Stillstand der Rechtspflege und rühmende Feiern: iustitium war ursprünglich eine Notstandsmaßnahme, die mit dem G e bot verbunden war, sich z u m Militärdienst bereit zu halten. In der Kaiserzeit wurde es bei Todesfällen im Kaiserhaus erklärt und ist damit unserer Landes- oder Staatstrauer vergleichbar. Behörden und Gerichte arbeiteten nicht, Geschäfte mußten geschlossen bleiben. Mit elogium ist w o h l die laudatio funehris gemeint, die ehrenvolle Totenrede. - entweder nicht geboren werden oder nicht sterben dürfen: Eine fast identische Formulierung findet sich in der Historia Augusta (Sev. 18,7), dort allerdings mit einem relativierenden Zusatz. 8 Lucius Pescennius Niger: * 135/140 in A q u i n u m (?), wurde im April 193 in Antiochia z u m Augustus erhoben. Im November/Dezember erlitt er eine Niederlage gegen Septimius Severus bei K y z i k o s , im Januar 194 bei Nicae, schließlich am 31. M ä r z 194 bei Issos. Ende April wurde er bei Antiochia gefangengenommen und hingerichtet. Aurelius Victor simplifiziert die Geschichte. Decimus Clodius Albinus: * 147 in Hadrumetum in der Provinz Africa, wurde ebenfalls im April 193 z u m C a e sar erhoben und bekleidete 194 den Konsulat mit Septimius Severus. A l s er jedoch Ende 195/Anfang 196 in Britannien z u m Augustus erhoben wurde, kam es auch gegen ihn z u m Krieg. Er wurde am 19. Februar 197 von Severus bei L y o n (Lugdunum) geschlagen und auf der Flucht getötet. 9 Statthalter von Ägypten: Pescennius Niger war z u m Zeitpunkt seiner Erhebung z u m Augustus legatus Augusti pro praetor e, das heißt kaiserlicher Statthalter im Ran-

20,6-20,15

ERLÄUTERUNGEN

225

ge eines Prätors, in der Provinz Syria. Von Ägypten als seinem Standort berichten auch (allerdings in Verbindung mit Syrien) Eutrop (8,17,4) und Orosius (Hist. 7,17,2). - Urheber der Ermordung des Pertinax: Diese offenkundig falsche Angabe steht auch bei Eutrop (8,17,6) und in der Historia Augusta (Clod. 1,1). Weder Cassius Dio noch Herodian wissen etwas davon. Es wäre auch nicht verständlich, wieso Septimius Severus einen der Urheber des Mordes an dem von ihm verehrten Pertinax zum Caesar hätte erheben sollen. - nach Britannien ... Kaiserwürde: Clodius Albinus war seit 193 Statthalter in Britannien. Er ließ sich dort im Jahr 195 zum Augustus erheben und ging dann nach Gallien. 14 Unterwerfung des Perserkönigs namens Aggar: Hier bringt Aurelius Victor zwei Dinge durcheinander: Abgar IX. war Herrscher der Osrhoëne in Mesopotamien von 179 bis 216. Der König der Parther, die Aurelius Victor hier anachronistisch Perser nennt, war Vologesus IV. (191-207/208). Septimius Severus führte zwei Kriege gegen die Parther, den ersten im Jahr 195, in dem er mehrere parthische Fürstentümer in Mesopotamien, darunter Osrhoëne und Adiabene eroberte. Die Usurpation des Clodius Albinus unterbrach den Feldzug, und Vologesus nutzte die Gelegenheit, nach Mesopotamien zurückzukehren. 197-198 führte Septimius Severus deswegen einen zweiten Krieg, in dem es ihm gelang, Babylon, Seleukeia und Ktesiphon einzunehmen. 15 Araber ... zu provinzartiger Botmäßigkeit: Da die Provinz Arabia Felix seit 105 unter ständiger Kontrolle der Römer stand, kann es sich bei den hier genannten Arabern nur um die Einwohner der Provinz Mesopotamia handeln, die 195 von Septimius Severus zurückerobert wurde.

226

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16 Adiabena ... tributpflichtig: Aurelius Victor steht hier im Gegensatz zu allen anderen Autoren. Cassius Dio bietet den umfangreichsten Bericht (75,1-3), kritisiert die Eroberung allerdings am Ende als Ursache ständiger Kriege und großer Ausgaben. Die Historia Augusta spricht an zwei Stellen von der Unterwerfung der Adiabener (Sev. 9,9; 18,1); Eutrop (8,18,4) und Orosius (Hist. 7,17,3) erwähnen den Sieg über diese. 1 7 Beinamen Arabicus, Adiabenicus und Parthicus: Septimius Severus erhielt im Sommer 195 die Titel «Parthicus Arabicus» und «Parthicus Adiabenicus». Der Titel «Parthicus» wurde jedoch bald wieder fallengelassen, weil man die Parther angesichts des bevorstehenden Feldzuges gegen Clodius Albinus nicht gegen sich aufbringen wollte (Historia Augusta, Sev. 9,11). Da Septimius Severus gar keinen Sieg gegen die Parther errungen hatte, läßt sich der anfängliche Beiname nur damit erklären, daß die Araber und Adiabener von den Parthern abhängig waren. 198, nach dem zweiten parthischen Krieg, wurde der Titel als «Parthicus maximus» wieder aufgenommen. 18 in Angriff... Britannien: Nach einigen Vorgeplänkeln in den Jahren 204-208 begann der Feldzug gegen Britannien im Jahr 208, der eigentliche Krieg 209. Er war beim Tode des Kaisers noch nicht abgeschlossen. - befestigte ... mit einer Mauer: Weder Cassius Dio noch Herodian, die sehr zahlreiche Details über den Britannienfeldzug bringen, überliefern die Errichtung einer Mauer. Eutrop (8,19), die Epitome de Caesaribus (20,4), Orosius (Hist. 7,17,7) und die Historia Augusta (Sev. 22,4) sprechen dagegen von einem solchen Mauerbau, der von den Archäologen allerdings bislang nicht bestätigt werden konnte. Jedoch wurden die Mauern Hadrians und des Antoninus Pius instand gesetzt und verstärkt, sowie kleine Forts errichtet.

20,lé- 20,25

ERLÄUTERUNGEN

227

19 Tripolis: Das antike Tripolitanien umfaßte das Gebiet der heutigen großen Syrte in Nordafrika. - Stadt Leptis: Die Stadt Lepcis Magna, aus der Septimius Severus stammte, lag östlich des heutigen Tripolis. Der Kaiser verlieh der Stadt das italische Recht und ließ sie mit Bauten ausstatten. - kriegerische Stämme weit zurückgedrängt: Der Aufenthalt des Kaisers in Africa fällt in die Jahre 203 bis 204, während der er einen Aufstand tripolitanischer Völkerschaften niederschlug. 22 mit allen freien Künsten: Von den Bildungsbemühungen des Kaisers berichten auch alle anderen Autoren. Während seines Aufenthaltes in Africa soll er bedeutende Gelehrte dorthin gerufen haben. Die sogenannten artes liberales setzten sich zusammen aus dem Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und dem Quadrivium (Mathematik, Musik, Geometrie, Astrologie/Astronomie). - was er niederschrieb: Cassius Dio (75,7,3), Herodian (2,9,4) und die Historia Augusta (Sev. 18,6) erzählen, daß Septimius Severus eine Autobiographie geschrieben habe, die aber leider nicht erhalten ist. 23 Ausschweifungen seiner Frau: Die unsittliche Lebensweise der Julia Domna (um 170 - April 217), die auch die Historia Augusta erwähnt (Sev. 18,8), wird von Cassius Dio als Erfindung des Prätorianerpräfekten (s. zu 2,4) Plautianus erklärt (76,15,6). - Verschwörung: Hierüber ist nichts bekannt. 25 an den Füßen leidend ... Füße Befehle erteilen: Die Historia Augusta führt die gleiche Geschichte an (Sev. 18,9-10). Cassius Dio (77,14) beschreibt dagegen einen Attentatsversuch Caracallas (zu diesem s. Kap. 21) bei einer ähnlichen Gelegenheit. Auch dort wird die Fußkrankheit des Septimius Severus erwähnt, aber sie ist nicht Ursache für einen Aufschub des Krieges. Das

228

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Attentat mißlingt, aber Severus bestraft Caracalla nicht, sondern tadelt ihn unter vier Augen. Caracalla war zu diesem Zeitpunkt bereits Augustus. 27 Eboracum: das heutige York. - achtzehnjähriger Herrschaft: Septimius Severus regierte vom 9. April 193 bis zum 4. Februar 2 1 1 , das heißt 17 Jahre, 9 Monate und 26 Tage. Rechnet man als Datum des Regierungsantrittes den ι. Juni 193, den Tag, an dem er vom Senat anerkannt wurde, so sind es 17 Jahre, 8 Monate und 4 Tage, was mit der Angabe des Cassius Dio (77,17,4) übereinstimmt. Die aufgerundete Zahl des Aurelius Victor findet sich auch bei Herodian (3,15,3). Eutrop gibt 16 Jahre und 3 Monate als Regierungszeit an (8,19,3), die Historia Augusta schreibt, daß er im 18. Jahr seiner Regierung verstorben sei (Sev. 19,1). -von einer Krankheit dahingerafft: Davon sprechen auch Cassius Dio (77,15,2) und die Historia Augusta (Sev. 19,1). Herodian nennt neben der Krankheit auch Kummer über das Verhalten seines Sohnes Caracalla als Todesursache (3,15,2). 28 Mittelstand: Laut der Historia Augusta (Sev. 1,2) waren seine Vorfahren römische Ritter. - zuerst mit der Literatur, dann mit praktischer Beredsamkeit: Septimius Severus hatte den zu seiner Zeit üblichen Unterricht beim grammaticus, einem Sprachlehrer, und dem rhetor, einem Lehrer für Redekunst, erhalten. - indem er probierte und nach anderem und besserem suchte: Septimius Severus hatte vor seiner Erhebung eine Vielzahl von Ämtern bekleidet, unter anderem war er quaestor (Finanzverwalter), tribunus plebis (Volkstribun), praetor, legatus legionis (Legionskommandeur) und consul gewesen. Zum Zeitpunkt seiner Erhebung zum Augustus war er legatus Augusti pro praetor e (Vertreter des Kaisers im Range eines Prätors) der Provinz Pannonia superior. Vgl. auch Historia Augusta, Sev. 18,11.

20,25-20,33

ERLÄUTERUNGEN

229

29 Alles bin ich gewesen; angenehm war nichts: Die Historia Augusta zitiert den gleichen Ausspruch (Sev. 18,11). j o Söhne, Geta und Bassianus: Der jüngere Sohn des Septimius Severus, Publius Septimius Geta ("" 27. Mai 189 in Mailand), wurde im Herbst 197 zum Caesar, im Herbst 209 zum Augustus erhoben und im Dezember 211 von seinem Bruder Caracalla ermordet. Zu Bassianus/Caracalla s. Kap. 21. - Grabmal Marc Aurels: Gemeint ist das Mausoleum Hadriani, in dem auch die Familien der Antonine und Severer beigesetzt wurden. Die Anbindung an die vorher herrschende Familie war aus Legitimationsgründen sehr wichtig, was auch im folgenden zum Ausdruck kommt. - Aufsicht über den Fiskus: Der advocatus fisci war ein vom Staat angestellter Anwalt für den fiscus, die Staatskasse. Es ist jedoch nicht völlig geklärt, ob Septimius Severus dieses Amt wirklich bekleidet hat, da außer Aurelius Victor nur Eutrop (8,12,2) dies erwähnt, nicht jedoch Cassius Dio. Vielleicht ist mit patrocinium aber auch nur seine Zeit als quaestor (s. zu 20,28) gemeint. 32 die Söhne ... zerstritten sich sofort: Caracalla ließ seinen Bruder Geta zehn Monate nach Beginn ihrer gemeinsamen Herrschaft ermorden (s. zu 20,30). 33 Ermordung Papinians: Aemilius Papinianus war ein römischer Jurist und angeblich (Historia Augusta, Carac. 8,3) schon während der gemeinsamen Ausbildung mit Septimius Severus befreundet. Seit 203 war er praefectus praetono (s. zu 2,4). Caracalla ließ ihn im Zusammenhang mit der Ermordung seines Bruders hinrichten (Cassius Dio 78,4,1), nach der Historia Augusta, weil er sich weigerte, den Mord an Geta zu rechtfertigen (Carac. 4,1; 8,19). - Verantwortung für die Korrespondenz: Diese Aufgabe ist insofern anachronistisch, als es scrinia als Abteilungen der kaiserlichen Verwaltung erst seit Diocletian gab.

230

ERLÄUTERUNGEN

2 1 , 1 Antoninus: Lucius Septimius Bassianus, * 4. August 186 in Lyon, römischer Kaiser 4. Februar 2 1 1 8. April 217. Mit der Erhebung zum Caesar erhielt er den Namen Marcus Aurelius Antoninus Caesar, mit der zum Augustus den Namen Marcus Aurelius Severus Antoninus Augustus. - Kleidungsstücke, die ... reichten: Die caracalla war ein mit einer Kapuze versehener, weit hinabreichender Mantel. Nach Cassius Dio (79,3,3) erfand der Kaiser dieses Kleidungsstück, für das er kleine Stoffteile zu einer Art Umhang zusammennähen ließ. Es handelt sich wohl um die Abwandlung eines keltischen kurzen Kapuzenumhangs. - Caracalla: Cassius Dio nennt seinen Spitznamen Caracallus (79,3,3), ebenso die Historia Augusta (Sev. 2 1 , 1 1 ; Carac. 9,7). 2 Alamannen: ein Bund germanischer Völkerschaften, erstmals für diese Zeit bezeugt. - am Main: Diese Schlacht wird nirgendwo direkt bezeugt. Allerdings findet sich in den Akten der Arvalbrüder, einer altrömischen Priesterschaft, für den 1 1 . August 213 ein Opfer für einen glücklichen Ausgang des Feldzuges, den der Kaiser jenseits des raetischen Limes führte und für den 6. Oktober 213 ein Dankopfer für den in Germanien erfochtenen Sieg (CIL 6 , 2 0 8 6 , a. 2 i 3 , Z . 2 0 - 2 3 = D 451). — nachsichtig, mitteilsam und ruhig: Dieses Bild deckt sich in keiner Weise mit dem irgendeines anderen Autors. dieselbe Ehe: Die Geschichte wird ähnlich erzählt von der Historia Augusta (Carac. 10,1-4), allerdings ist dort keine Rede davon, daß Julia den Caracalla provoziert habe. Das Verhältnis erwähnt auch Eutrop (8,20,1). 3 Stiefmutter Julia: Julia Domna, * 170 in Edessa, + April 217, war nicht die Stiefmutter, sondern die leibliche Mutter Caracallas. Vielleicht sollte die Abänderung das Verbrechen in milderem Licht erscheinen lassen.

21,1-22,1

ERLÄUTERUNGEN

23I

4 Ägyptische Kulte: Nicht erst Caracalla hat den Isisund den Sarapis-Kult in Rom eingeführt. Schon im ι. Jahrhundert v. Chr. ist ein entsprechender Tempel auf dem Marsfeld belegt. Caracalla baute allerdings als erster einen Sarapis-Tempel auf dem Quirinal, also innerhalb despomerium, der Stadtgrenzen Roms. - neue Straße: Es handelt sich um die Via Appia Nova, die parallel zur alten Via Appia verlief, allerdings dreimal so breit war. Bauten zu Badezwecken: Die Caracalla-Thermen lagen südöstlich des Circus Maximus an der Via Appia Nova. Ihre monumentalen Reste können heute noch besichtigt werden und vermitteln ein Bild von der Größe solcher Anlagen. 5 in Syrien umherreiste: Caracalla hielt sich seit 215 im Osten auf, um einen Krieg gegen die Parther vorzubereiten. - starb . ..in Edessa: Caracalla befand sich im Winter 216 auf 217 in Edessa in der Provinz Mesopotamia. Er starb allerdings in der Nähe von Carrhae, in derselben Provinz; er wurde ermordet, als er auf dem Weg zu einem Tempel war, um ein Opfer darzubringen (Herodianos 4,13,3-6; Cassius Dio 79,5,1-5 ).-im sechsten Jahre seiner Herrschaft: Hier wird nur die Zeit der Alleinherrschaft gerechnet, die 6 Jahre, 2 Monate und 4 Tage betrug. Caracalla war allerdings schon 197 zum Augustus erhoben worden, so daß er am 28. Januar 217 seine Vicennalien, das 20jährige Regierungsjubiläum, feiern konnte. 6 bei den Antoninen: Im Mausoleum Hadriani. Nach Cassius Dio geschah die Beisetzung der Urne heimlich bei Nacht, da Caracalla bei allen verhaßt gewesen sei (79,9,1); es erfolgte jedoch keine damnatio memoriae (s. zu 11,8 und 17,10); später wurde er sogar divinisiert (s. zu 14,13). 22,1 Opilius Macrinus: Marcus Opellius Macrinus,

232

ERLÄUTERUNGEN

* 164/166 in Caesarea in Mauretanien, seit 212 Prätorianerpräfekt, römischer Kaiser 1 1 . April 2 1 7 - 8 . Juni 218. - Diadumenus: Marcus Opellius Diadumenianus, so sein richtiger Name, * 14. September 208, Caesar von April 217 bis Ende Mai 218, von da an bis zu seinem Tod im Juni 218 Augustus. 3 Von ihnen ... berichtet: Auch Cassius Dio (79,15), Herodian (5,2,4) und die Historia Augusta (Macr. 1 1 , 1 ; 13,2-3; Diad. 8,2-3) tadeln den Charakter und die Lebensweise der beiden. 4 vierzehn Monate: Genau 1 Jahr, 1 Monat und 29 Tage. - getötet: Macrinus machte sich durch Sparsamkeit und Betonung der Disziplin bei den Soldaten unbeliebt. Als er eine Schlacht bei Antiochia gegen die Parther verlor, floh er nach Chalkedon, wurde dort gefangengenommen, nach Antiochia geschleppt und ermordet. Diadumenianus wurde in Zeugma erschlagen. 23,1 Marcus Antoninus: Varius Avitus, * 203/204 in Emesa in der Provinz Syria, römischer Kaiser 16. Mai 2 1 8 - 1 1 . März 222. - Sohn des Bassianus: Er war Sohn des Sextus Varius Marcellus und der Julia Soaemias. Daß er ein unehelicher Sohn Caracallas gewesen sei, ist eine später verbreitete Behauptung, die der Herrschaftslegitimation dienen sollte (Cassius Dio 79,32,2-3; Herodianos 5,4,1). - Priesterstelle des Sonnengottes, von den Syrern Heliogabal genannt: Er war Priester des syrischen Gottes Elagabal. Aus dieser Priesterfamilie war schon Julia Domna, die Frau des Septimius Severus, hervorgegangen. - Heliogabal genannt: Aurelius Victor ist neben der Historia Augusta der einzige Autor, der dem Kaiser den Namen Heliogabalus-Elagabal beilegt. - ein Bild des Gottes nach Rom überfuhren: Nach seiner Erhebung zum Kaiser nahm er den heiligen Stein von Emesa, das

22,1 - 24,2

ERLÄUTERUNGEN

233

Kultbild seines Gottes, mit nach Rom, erklärte Elagabal zum höchsten Staatsgott und baute ihm auf dem Palatin und bei der Porta Maggiore, nicht jedoch im Palast selbst, Tempel. j Alexander ... zum Caesar ernannt: Am 26. Juni 221 adoptierte er, wohl auf Veranlassung seiner Großmutter Julia Maesa, seinen Cousin Severus Alexander (s. Kap. 24) und erhob ihn zum Caesar. Von einem Eingreifen der Nobilität, das heißt des Senates, kann also nicht die Rede sein. - im Lager der Prätorianer: Nach einem Versuch Elagabals, sich seines Caesar zu entledigen, war es zu einer Meuterei der Prätorianer (s. zu 2,4 und 20,1) gekommen, so daß sich der Kaiser mit Severus Alexander in deren Lager begab, wo er umgebracht wurde. - im dreißigsten Monat: In Wirklichkeit war es im 46. Monat. Elagabal regierte 3 Jahre, 9 Monate und 24 Tage. 24,1 Aurelius Severus Alexander: * 1. Oktober 208 in Area Caesarea in Phönikien, 221 von Elagabal adoptiert und zum Caesar erhoben, römischer Kaiser 12. März 222 - 1 9 . März 235. 2 zwar noch jung, doch ... gereift: Dies soll den Gegensatz herausstellen zu den üblichen «Kinderkaisern». Alexander Severus erhielt nach der Historia Augusta (Alex. Sev. 3) eine gute Ausbildung. Doch führte er zunächst nicht selbst die Regierung, sondern seine Mutter übte die Regentschaft mit Hilfe eines Staatsrates aus. - Krieg gegen Xerxes, den König der Perser: Der Krieg gegen die Perser fand in den Jahren 231-233 statt, nachdem der Sassanide Ardaschir (Artaxerxes) ein persisches Großreich begründet und 230 den Euphrat überschritten hatte. Der Name des Großkönigs schwankt in den Quellen zwischen Xerxes (Eutrop 8,23) und Artaxerxes (.Historia Augusta, Alex. Sev. 55,1; Herodianos 6,2,1;

234

ERLÄUTERUNGEN

Cassius Dio 80,3,2) - vertrieben und in die Flucht geschlagen: Auch Eutrop (8,23) und die Historia Augusta (Alex. Sev. 5 5,1) schreiben von einem Sieg der Römer, Herodian dagegen berichtet (6,5-6), der Feldzug habe mit einem halben Mißerfolg geendet, auch wenn die römische Propaganda dies anders darstellte. Die Römer wurden geschlagen; allerdings erlitten auch die Perser schwere Verluste, so daß von einem persischen Sieg auch nicht gesprochen werden kann. Nichtsdestoweniger feierte Alexander am 25. September 233 in Rom einen Triumph über die Perser. - Gallien ... von Plünderzügen der Germanen heimgesucht: Der Germaneneinfall fand im Jahr 234 statt, Alexander eilte noch im Herbst 234 oder im Frühjahr 23 5 an den Rhein. 3 meuternden Legionen ... entlassen: Zwar erwähnen auch Eutrop (8,23) und die Historia Augusta (Alex. Sev. 12,5), Alexander habe aufständische Legionen entlassen, doch verbessert sich die Historia Augusta dahingehend (Alex. Sev. 59,4-6), daß er zwar befohlen habe, sie zu entlassen, die Soldaten dies jedoch nicht hingenommen und ihn erschlagen hätten. 4 Beinamen Severus: Die lateinischen Quellen heben übereinstimmend die große Strenge des Kaisers hervor, die griechische Tradition jedoch (Herodianos 6,7,8; 6,8,3) weiß nichts davon, sondern gibt im Gegenteil an, daß Alexander furchtsam und abwartend gewesen und deshalb von den Soldaten verachtet worden sei. Den Namen Severus erhielt er in Wirklichkeit zwecks Anbindung an die Familie des Septimius Severus. - in einem britannischen Dorf: Es handelt sich hier um einen Irrtum des Aurelius Victor: Alexander wurde im vicus Britannicus, dem heutigen Bretzenheim bei Mainz, erschlagen. Dieser vicus war nach den dort stationierten britanni-

24,2-24,7

ERLÄUTERUNGEN

235

sehen Soldaten benannt. Anscheinend hieß die zivile Siedlung, bei der die Garnison lag, Sicilia. 5 ein Bauwerk: Alexander ließ in Rom neue Thermen sowie eine neue Wasserleitung errichten, außerdem kümmerte er sich um die Verschönerung der Stadt. - Verehrung ... überfromm: Julia Avita Mammaea, deren genaues Geburtsdatum unbekannt ist, war eine Nichte der Julia Domna, der Ehefrau des Septimius Severus. Sie führte zunächst für ihren Sohn die Regierungsgeschäfte. Die große Zuneigung Alexanders zu seiner Mutter und seine Willfährigkeit ihr gegenüber werden von Herodian (6,1,10) sehr getadelt. 6 Domitius Ulpianus: Der Jurist war unter Septimius Severus und wohl auch unter Caracalla assessor (Gehilfe) des Prätorianerpräfekten (s. zu 2,4) Papinianus gewesen, vielleicht auch magister a libellis (zuständig für die Beantwortung von Anträgen, Bitten oder Beschwerden an den Kaiser). Unter Elagabal wurde er verbannt, anders als dies Aurelius Victor hier schildert. Unter Alexander war er magister scrinii (Vorsteher der kaiserlichen Kanzlei), praefectus annonae (zuständig für die Getreideversorgung der Stadt Rom) und dann Prätorianerpräfekt. Außerdem war er Mitglied des kaiserlichen consilium. 223 wurde er von den Prätorianern ermordet. - Paullus: Julius Paulus war ebenfalls assessor des Prätorianerpräfekten Papinianus, außerdem Mitglied des kaiserlichen consilium noch unter Septimius Severus und Caracalla; vielleicht war er auch magister a memoria, ein nur hier belegter Titel, der wohl den kaiserlichen Historiographen meint. Unter Elagabal war er wie Ulpian verbannt, wurde aber von Alexander zurückgeholt und wohl wieder in das consilium aufgenommen. 7 dreizehn Jahre: Die Historia Augusta spricht von

236

ERLÄUTERUNGEN

13 Jahren und 9 Tagen (Alex. Sev. 60,1); Eu trop glaubt (8,23), er sei im 13. Jahr und am 8. Tag untergegangen, was zweifellos das Richtige meint, auch wenn dies streng genommen auf das Jahr 234 und nicht 23 5 führen würde. Alexander starb demnach am 21. oder 22. März 235. 9-11 Von damals an ... überlassen: ein kurzer Überblick über die nun folgende Zeit der Soldatenkaiser, in der die Herrscher sehr schnell aufeinanderfolgten (über 30 Kaiser in 50 Jahren) und oft aus dem Militärbereich stammten. Unter «Barbaren» sind Kaiser zu verstehen, die aus den Randprovinzen des Reiches stammten. 25,1 Gaius Julius Verus Maximinus: * 173 in Thrakien, römischer Kaiser Februar 235 - April 238. -Kommandant der Trebellischen Legion: Das Amt eines praefectus Moesiae et Trebelliae ist inschriftlich überliefert (CIL 5,1838 = D 1349). Maximinus stammte aus dieser Gegend. Zum Zeitpunkt seiner Erhebung zum Kaiser war er jedochpraefectus tironibus in limite Rbenano, das heißt für die Ausbildung der Rekruten an der Rheinfront zuständig. - der erste aus dem Kreise des Militärs: Maximinus war der erste der sogenannten Soldatenkaiser. Schon früher waren militärische Befehlshaber von ihren Soldaten zum Kaiser ausgerufen worden, doch hatte es sich dabei durchweg um hochrangige Offiziere gehandelt. Maximinus war zwar kein gemeiner Soldat, bekleidete jedoch einen eher niedrigen Rang. 2 bestätigten ... auch die Väter: Weder die Historia Augusta (Max. 8,1) noch Eutrop (9,1), noch Orosius (Hist. 8,19,1) wissen von einer nachträglichen Billigung durch den Senat. Alle erwähnen nur, daß Maximinus ohne das Einverständnis des Senates zum Kaiser erhoben worden sei. - Sohn, der ebenfalls ... hieß: Der Sohn des Maximinus hieß Gaius Julius Verus Maximus, nicht wie

24,7-26,1

ERLÄUTERUNGEN

237

fälschlich hier und in der Historia Augusta (Max. 27,1) Maximinus; * um 215 wurde er Anfang 236 zum Caesar ernannt und Mitte April 238 zusammen mit seinem Vater bei Aquileia ermordet. 26,1 zwei Jahre: drei Jahre nach der Augustus-Erhebung des Maximinus und zwei nach der Caesar-Ernennung des Maximus. Die Ereignisse des Jahres 238 sind so komplex, daß Aurelius Victor hier das bisherige Schema, in jedem Kapitel einen Kaiser abzuhandeln, aufgibt und die Geschichte des Maximinus und der parallel regierenden Kaiser in mehreren Kapiteln beschreibt. - gegen die Germanen gekämpft: Der Germanenfeldzug fand im Jahr 235-236 statt; es handelte sich dabei um die Fortsetzung des noch von Alexander Severus begonnenen Krieges. -Antonius Gordianus: Marcus Antonius Gordianus Sempronianus Romanus Africanus, ^158, römischer Kaiser für 20 Tage im Januar 238. Zugleich mit ihm wurde sein Sohn gleichen Namens, * 192, zum Augustus erhoben. - Prokonsul von Afrika: Gordian hatte die übliche Laufbahn absolviert und war unter anderem legatus Augusti pro praetore (Vertreter des Kaisers im Range eines Prätors) der Provinzen Britannia inferior und Syria sowie proconsul der Provinz Achaia gewesen. Seit 237 war er proconsul der Provinz Africa. Die Provinzen des Römischen Reiches waren in sogenannte kaiserliche und senatorische Provinzen aufgeteilt. Die kaiserlichen wurden von dem oben erwähnten legatus verwaltet, die senatorischen von einemproconsul. - in Abwesenheit... vom Heer: Von einer Erhebung durch das Militär sprechen auch Eutrop (9,2) und die Historia Augusta (Max. 13,6). In der Vita der drei Gordiani in der Historia Augusta sind es jedoch einflußreiche decuriones (Mitglieder des Stadtrates) und Grundbesitzer, die Gordian zum Kaiser

1)8

ERLÄUTERUNGEN

ausrufen, nachdem sie einen brutalen Steuereintreiber umgebracht haben (Gord. 7,2-8,6); das gleiche schreibt Herodian (7,5). Die Stadt Thysdrus liegt im heutigen Tunesien. 2 Meuterei: Die Interpretation des Begriffes seditio ist in diesem Fall schwierig. Eine Ubersetzung mit «Aufstand, Empörung» gibt wenig Sinn, wenn man nicht an eine Fortsetzung des Aufstandes denken will, der erst zu der Augustus-Akklamation des Gordian geführt hatte. Vielleicht ist einfach an eine allgemeine Aufregung wegen der Ereignisse zu denken, die Gordian dann beruhigte. - Karthago: nordöstlich des heutigen Tunis gelegen, Hauptstadt der Africa proconsularis und damit Sitz des proconsul (s. z u 26,1). Herodian begründet den Marsch nach Karthago damit, daß es nach R o m die größte Stadt und die mit den meisten Einwohnern sei, so daß Gordian handeln konnte, als ob er in R o m wäre (7Äi). 3-4 böse Vorzeichen abzuwenden ... Nachstellungen: Diese Episode findet sich in keiner anderen Quelle. Es handelt sich hier w o h l um eine vaticinatio ex eventu, das heißt eine Vorhersage in Kenntnis des später Vorgefallenen. Die haruspices waren für die Opferschau zuständig, das heißt sie untersuchten die Eingeweide, besonders die Leber, der Opfertiere und weissagten daraus die Z u kunft. - seinen Kindern: Gordian hatte neben seinem Sohn gleichen Namens noch einen weiteren Sohn, dessen N a m e nicht bekannt ist, und eventuell eine Tochter namens Maecia Faustina (Historia Augusta, Gord. 4,2). 5 Ende Gordians: Gordian I. berief den Statthalter Numidiens, Capellianus, ab, woraufhin dieser mit der einzigen in Nordafrika stationierten Legion, der legio

26,1-26,7

ERLÄUTERUNGEN

239

III Augusta, gegen Karthago marschierte. Es kam zu einer Schlacht, in der der jüngere Gordian fiel; auf die Nachricht vom Tode seines Sohnes hin beging der ältere Gordian Selbstmord, indem er sich erhängte. - Prätorianerkohorten auf Anstiften des Domitius: Aurelius Victor liefert eine völlig andere Darstellung als die übrigen Quellen (Herodianos 7,6,7-7,7,4; Historia Augusta, Max. 14,4-15,1; Gord. 14,5-9). Die Unruhen brachen nicht nach dem Tod der beiden Gordiani aus, sondern auf die falsche Nachricht vom Tod des Maximinus hin. Der von Aurelius Victor genannte Domitius ist ansonsten unbekannt. Vielleicht handelt es sich um den quaestor (Finanzverwalter), den Gordian nach Rom gesandt hatte, um Vitalianus zu töten, der im übrigen praefectus praetorio und nicht praefectus urbi (s. zu 2,4 und 8,5) war. Nach dessen Tod und durch die Verbreitung der Nachricht vom angeblichen Tod des Maximinus kam es zu einem Aufruhr des Volkes, in dessen Verlauf die Statuen des Maximinus umgestürzt und von ihm eingesetzte Amtsträger, allerdings auch unschuldige Leute, umgebracht wurden. Die Formulierung reliquique iudices rührt daher, daß der Stadtpräfekt auch richterliche Funktionen hatte. 6 die Soldaten zu ihrem Verdruß ... betrogen: Auch davon, daß die Soldaten durch den frühen Tod des Gordianus um ihr Donativ gebracht wurden und deshalb mißmutig waren, berichten die übrigen Quellen nichts. Aufgrund der kurzen Regierungszeit ist dies nicht auszuschließen, doch dient die Notiz dem Aurelius Victor vor allem dazu, eine abfällige Bemerkung über die Geldgier der Soldaten zu machen. 7 Kommissare: Hiermit ist wohl die Einsetzung einer Kommission von zwanzig Senatoren (vigintiviri ex sena-

240

ERLÄUTERUNGEN

tus consulto rei publicae curandaé) gemeint, die anstelle von Gordian Italien verwalten und verteidigen sollten. Es ist unklar, ob dies noch zu Lebzeiten Gordians erfolgte (Historia Augusta, Gord. 10,3) oder erst nach dessen Tod (Historia Augusta, Max. 32,3). Herodian (7,10,3) läßt aus diesen vigintiviri die beiden späteren Kaiser Maximus (Pupienus) und Balbinus (s. unten) gewählt werden. - Aushebung von Jungmannschaft (conscriptis iunioribus): iuniores hießen in der Spätantike die Rekruten; in der Frühzeit des römischen Heeres verstand man darunter alle für den Felddienst ausersehenen, wähl- und stimmberechtigten Bürger im Alter von 17 bis 46 Jahren. Aurelius Victor überträgt also einen spätantiken Begriff auf die hohe Kaiserzeit. Zur Verteidigung Italiens wurde ein Rekrutenheer ausgehoben, von dem auch im nächsten Kapitel die Rede ist. - Clodius Pupienus: Marcus Clodius Pupienus, * um 164, römischer Kaiser von Januar bis Mai 238. - Caecilius Balbinus: Decimus Caelius (nicht Caecilius) Calvinus Balbinus, Geburtsdatum unbekannt, römischer Kaiser von Januar bis Mai 238. 27,1 Gordianus: zu Gordian II. s. zu 26,1. Aurelius Victor vermischt die Personen Gordians II. und III., indem er Gordian II. nicht umkommen, sondern nach dem Tod Gordians I. gemeinsam mit Balbinus und Pupienus und nach deren Tod wiederum allein weiterregieren läßt. Zu Gordian III. s. zu 27,6. - als Prätorianerpräfekt zur Begleitung des Vaters: Daß Gordian II. noch als Jugendlicher (die toga praetexta, die mit einem Purpurstreifen versehen war, trugen junge Männer bis zum 16. oder 17. Lebensjahr) Zeitgenosse seines Vaters gewesen sei, stimmt nicht mit der bis zu diesem Zeitpunkt (um 210) rein zivilen Laufbahn seines Vaters überein. Vielleicht hat er seinen Vater in der Zeit von dessen Legatur

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- ζγ,$

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241

in Britannia oder dessen Prokonsulat in Achaia begleitet. Die Formulierung erinnert an Sallust (lug. 64,4), der den Sohn des Metellus im contubernium (Zelt) seines Vaters Dienst tun läßt. Gordian II. war unter Elagabal quaestor (Finanzverwalter), unter Severus Alexander praetor urbanus (Richter in Streitigkeiten zwischen römischen Bürgern) und consul, jedoch nie praefectus praetorio (s. zu 2,4). Die Historia Augusta (Max. et Balb. 15,6) meint, daß dieses Amt fälschlich Gordian III. zugeschrieben worden sei. 2 Gordian herbeigerufen ... vernichtet: Dieses Ereignis betrifft Gordian III. Nach dessen Ernennung zum Caesar, der ebenfalls Unruhen vorausgegangen waren (Herodianos 7,10,5-9), kam es zu Ausschreitungen gegen die in Rom verbliebenen Truppen des Maximinus, die längere Zeit andauerten (Herodianos 7,11-12; Historia Augusta, Max. 20,6; Max. et Balb. 9,1-2). Anders als Aurelius Victor es darstellt, wurden jedoch nicht die Truppen des Maximinus besiegt, sondern diese schlugen am ersten Tag die Gladiatoren und die aufgestachelte Menge, die sich selbst bewaffnet hatte, zurück. Im weiteren Verlauf der Unruhen drangen sie sogar in die Stadt ein und legten Feuer. Der exercitus tironum («Rekrutenheer») bezieht sich wohl auf die aufgebrachte Menge vor allem junger Leute. Ungefähr zur selben Zeit wurden in Italien Rekruten ausgehoben für den Krieg gegen Maximinus; diese zogen jedoch nach Norditalien, so daß sie hier nicht gemeint sein können. Im Rahmen der Darstellung des Aurelius Victor nimmt der hier genannte exercitus tironum wohl die in 26,7 genannten conscripti iuniores auf. 3 Thrakien festhielt: Nach Beendigung des Germanenfeldzuges zog Maximinus nach Sirmium, um von

242

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dort aus Krieg gegen die Sarmaten, ein Volk in der ungarischen Tiefebene, zu führen. Es ist durchaus möglich, daß er von hier aus weiter nach Thrakien ging, auch wenn dies sonst nicht erwähnt wird. 4 Sie ... räumte ... aus dem Wege: Auch die anderen Breviarien bieten diese Version des Todes der beiden Maximini (Eutrop 9,1; Orosius, Hist. 7,19,2), während Herodian (8,5) und die Historia Augusta (Max. 23,6; Max. et Balb. 11,2) schreiben, sie seien von ihren Soldaten getötet worden. 5 Doppeljahr ... weiteres Jahr: Maximinus regierte etwas über drei Jahre, von Februar oder März 23 5 bis Mitte April 238. Da die Erhebung der Gordiani im Januar 238 stattfand, mithin also nur etwa drei Monate bis zum Tod der beiden Maximini vergingen, stimmt die Chronologie des Aurelius Victor nicht. Allerdings berichtet die Historia Augusta (Max. et Balb. 15,7), daß Unsicherheit über die tatsächliche Regierungszeit der beiden bestand, manche sie mit zwei, andere mit drei Jahren angaben. Vielleicht wollte Aurelius Victor die beiden Traditionen verbinden. 6 Clodius und Caecilius ... erschlagen: Nach einer Herrschaft von 99 Tagen wurden die beiden Senatskaiser von den Prätorianern (s. zu 2,4 und 20,1 ) ermordet. Nach der Historia Augusta (Max. et Balb. 14,5-6) und Herodian (8,8) geschah dies in den Straßen Roms, nach Eutrop (9,2) im Inneren des Palastes. Ursache war zum einen die Unzufriedenheit der Prätorianer damit, daß es sich um vom Senat gewählte Kaiser handelte, zum anderen gegenseitiges Mißtrauen der beiden Herrscher. - Gordianus war alleiniger Inhaber der Macht: Marcus Antonius Gordianus (Gordian III.), * 20. Januar 225, ein Enkel Gordians I., wurde Ende Januar 238 zum Caesar erho-

27,3 "

2

7>^

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243

ben und Anfang Mai desselben Jahres zum Augustus ausgerufen. Er regierte bis Anfang 244. 7 von Nero in Rom eingerichtet: Nero hatte im Jahr 60 Spiele unter dem Namen Neronia eingerichtet. Sie sollten alle fünf Jahre unter dem Vorsitz der cónsules stattfinden und bestanden aus musischen, gymnastischen und hippischen Wettspielen. - zog er gegen die Perser: Im Frühsommer 242 brach Gordian nach Asien auf. Über die vier Jahre, die seit dessen Akklamation vergangen sind, erfahren wir von Aurelius Victor nichts. -Janustor: zum Janustempel und dessen Öffnung beziehungsweise Schließung s. zu 1,3. - Marc Aurel geschlossen: Daß Marc Aurel die Türen des Tempels geschlossen hat, ist höchst unwahrscheinlich, da er sich während seiner Regierung fast ständig auf Feldzügen befand. Wenn er ihn zwischenzeitlich schloß, so muß er doch vor dem Markomannenfeldzug, währenddessen der Kaiser starb, wieder geöffnet worden sein. 8 mit Auszeichnung Krieg geführt: Der Krieg gegen die Perser verlief in der Tat sehr glücklich. Die Truppen führte der Prätorianerpräfekt (s. zu 2,4) und Schwiegervater Gordians III., Timesitheus. Die Perser hatten schon zur Zeit des Maximinus Nisibis und Carrhae erobert und bedrohten nun Antiochia. Es gelang den Römern, Syrien und Mesopotamien zurückzuerobern (damit auch Nisibis und Carrhae) und weiter auf Ktesiphon vorzurücken. - Nachstellungen des ... Marcus Philippus: Timesitheus starb auf dem Marsch nach Ktesiphon und wurde durch Marcus Philippus (s. Kap. 28) ersetzt. Nach der übereinstimmenden Meinung der römischen Quellen fiel Gordian einem Attentat zum Opfer, wobei bis auf Orosius alle Autoren in Philippus zumindest den Urheber des Mordes sehen; Orosius

244

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schiebt den Mord den Leuten aus der Umgebung Gordians in die Schuhe (Hist. 7,19,4), was vermutlich daran liegt, daß er den von ihm als Christen bezeichneten Kaiser Philippus nicht mit einer solchen Tat belasten wollte. Die Res gestae divi Saporis, eine große Felsinschrift in Naqs-i Rustam bei Persepolis, behaupten jedoch, der Kaiser sei in einer Schlacht gefallen. - im sechsten Jahre seiner Herrschaft: Die genauen Daten seiner Regierung sind nicht bekannt; jedoch steht fest, daß er Anfang 238 zum Caesar erhoben, im Mai oder Juni desselben Jahres zum Augustus ausgerufen wurde und Anfang 244 starb. 28,1 Marcus Julius Philippus: * um 204 im späteren Philippopolis in Arabien, römischer Kaiser von Anfang 244 bis September/Oktober 249. - Thrachonitis: Landschaft (h. Lejja) südlich von Damaskus. - Sohn Philippus: Marcus Julius Philippus (Junior), * 237/238, wurde im Juli/August 244 zum Caesar erhoben, ziemlich genau drei Jahre später (Juli/August 247) zum Augustus ernannt und im September/Oktober 249 ermordet. Verhältnisse ... geordnet: Eine der ersten Handlungen Philipps war der Abschluß eines Friedensvertrages mit den Persern (Zosimus, 1,19; Zonaras 12,19; Synkellos 1,683 Bonn.). - in Arabien die Stadt Philippopolis gegründet: Philippopolis, das heutige Schuhba, war vermutlich sein ursprünglicher Geburtsort. - auf der anderen Seite des Tiber einen Wasserbehälter: Von diesem Wasserreservoir berichtet nur Aurelius Victor. - tausendjähriges Bestehen der Stadt: Die 1000-Jahr-Feierder Stadt wurde vom 21.-23. April 248 mit Säkularspielen feierlich begangen. Orosius bezeichnet Philipp in diesem Zusammenhang als den ersten christlichen Kaiser (Hist. 7,20,2-3), was aber in den Bereich der Legende zu verweisen ist.

27,8-28,11

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245

2 zu meiner Zeit ... Feierlichkeiten begangen: Der hier erwähnte Flavius Philippus war aus niedrigen Verhältnissen bis zum Konsulat aufgestiegen, den er im Jahr 348 bekleidete. 6 Umgang mit männlichen Prostituierten: Von Maßnahmen des Philippus gegen die männliche Prostitution berichtet die Historia Augusta in den Viten des Elagabal (32,6) und des Alexander Severus (24,4). Die dort angesprochene Befürchtung Alexanders, daß durch ein Verbot der Prostitution diese nur in den Untergrund gedrängt, aber nicht verhindert würde, bestätigt Aurelius Victor im folgenden Satz. 8 Weissagekünste der Etrusker: Die disciplina Etrusca beschäftigte sich mit allen Arten der Weissagung, vor allem mit der Blitzdeutung und der Leberschau. Die Etrusker galten (fälschlich) als unmoralisch und sittenlos, wogegen Aurelius Victor im nächsten Satz die traditionelle römische Moral stellt. 10 durch sein Alter körperlich geschwächt: Philippus war etwa 45 Jahre alt, so daß man eher von einer Krankheit als von zu hohem Alter als Ursache seiner Schwäche ausgehen muß. - gegen Decius: Philippus hatte dem Senat 248 seinen Rücktritt angeboten, als es neben den Einfällen der Goten noch zu den Erhebungen einiger Usurpatoren (vor allem denen des Pacatianus, Iotapianus, s. zu 29,2, und Uranius) gekommen war. Der spätere Kaiser Decius (s. Kap. 29) ermutigte ihn damals, sein Amt weiterzuführen. Dieser wurde Ende 248 von den Truppen in den Donauprovinzen zum Augustus ausgerufen, was zum Krieg mit Philippus und zu dessen Tod in der Entscheidungsschlacht bei Verona führte. 11 Sohn ... erschlagen: Zosimus (1,22) erwähnt als

246

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einziger, daß Philippus Junior gemeinsam mit seinem Vater in der Schlacht gefallen sei, während außer Aurelius Victor noch Eutrop (9,3) und Johannes von Antiochia (FHG 4, 597-598) den Tod des Sohnes in Rom stattfinden lassen. Orosius macht als einziger einen Soldatenaufstand und eine Hinterlist des Decius für den Tod beider verantwortlich, womit er den angeblichen Christenverfolger Decius von dem angeblichen Christen Philippus absetzen will (Hist. 7,20,4). - fünf Jahre ...an der Macht: Auch Eutrop nennt als Regierungszeit fünf Jahre (9,3), der Chronograph von 354 fünf Jahre, fünf Monate und 29 Tage. Selbst wenn sich die genauen Daten nicht ermitteln lassen, ist eine grobe Angabe von fünfeinhalb Jahren kaum verkehrt (Anfang 244 - September/Oktober 249). 29,1 Decius: Gaius Messius Quintus Decius Valerianus, * um 190, römischer Kaiser Juni 249 bis Juni 251. Dorf bei Sirmium: Nach Eutrop (9,4) wurde Decius in Budalia, einer Stadt in der Pannonia inferior, in der Nähe von Sirmium geboren. - als Offizier: Decius war zum Zeitpunkt seiner Ausrufung zum Augustus wahrscheinlich legatus Augusti pro praetore (Vertreter des Kaisers im Range eines Prätors) der Provinzen Moesia und Pannonia. - Verschwörung: Dies widerspricht der Darstellung des Zosimus (1,22,1), die Soldaten hätten Decius gegen dessen Willen zum Augustus ausgerufen. - Etruscus: Quintus Herennius Etruscus Messius Decius, * um 220 in Pannonien, wurde im Mai/Juni 250 zum Caesar und vor dem 9. Juni 2 51 zum Augustus erhoben. - sandte ... nach Illyrien voraus: Decius führte ab 250 Krieg auf dem Balkan gegen die Goten. - Mauern zu weihen: Decius war im Herbst 249, kurz nach seiner Erhebung, nach Rom gekommen und blieb etwa ein Jahr dort. Mit den

28,11-29,4

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247

hier erwähnten moenia ist wohl eine neue Thermenanlage gemeint (Eutrop 9,4). 2 Iotapianus: genauer Name unbekannt, er wurde 248 im Osten, wahrscheinlich in Syrien, zum Kaiser erhoben. Er wurde rasch besiegt, doch ist sein Todesdatum unbekannt. - Abstammung von Alexander sich brüstend: Es ist unklar, ob es sich um Alexander III. (den Großen) oder um Severus Alexander handelt, wahrscheinlicher ist aber, daß Iotapianus sich der Abstammung von letzterem rühmte. - Lucius Priscus: eventuell identisch mit dem Statthalter von Thrakien 249/250, Titus Julius Priscus; er wurde Ende 250 in Philippopolis während einer Belagerung durch die Goten zum Kaiser erhoben, jedoch bald erschlagen. - Plünderung ... von Thrakien: Die Goten hatten sich bei Novae im heutigen Bulgarien geteilt; der eine Teil belagerte die Stadt, der andere zog unter den üblichen Plünderungen durch Thrakien auf Philippopolis zu. 3 Julius Valens Licinianus: erhob sich im März 251 in Rom, wurde allerdings bald beseitigt, wie aus der Korrespondenz des Cyprian von Karthago (Epist. 55,9) hervorgeht. 4 erlagen ...zu Abrytus: Decius und sein Sohn fielen in einer Schlacht gegen die Goten bei Abrytus in Moesien, dem heutigen Aptaat in der Dobrudscha. Herennius Etruscus starb in einem ersten Gefecht, während Decius von dem späteren Kaiser Trebonianus Gallus (s. Kap. 30), der damals Legat der Moesia inferior war und mit den Goten gemeinsame Sache machte, in eine Falle gelockt wurde, indem er dem Kaiser riet, einen weiteren Angriff zu wagen, der in sumpfiges Gelände führte, und ihm dann nicht zu Hilfe kam. Dennoch soll Decius im Kampf gestorben sein, wie Aurelius Victor im nächsten

248

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Paragraphen berichtet. - zweijähriger Herrschaft: von Juni 249 bis Juni 251. 5 verherrlichen den Tod: Zosimus (1,23) und auch Aurelius Victor wissen vom Tod des Decius durch Verrat nach einer vorher glücklich verlaufenen Schlacht (s. zu 29,4). Laktanz (De mort. pers. 4,3) dagegen läßt das vorherige Gefecht unerwähnt und schreibt nur, daß er sofort von Barbaren eingeschlossen und mit seinem Heer umgebracht worden sei. Dies liegt ohne Zweifel daran, daß der Christ Laktanz den angeblichen Christenverfolger Decius negativ darstellen wollte. 30,1 Gallus: Gaius Vibius Trebonianus Gallus, * um 206, römischer Kaiser Mitte Juni 251 bis August 253. Hostiiianus: Gaius Valens Hostiiianus Messius Quintus, zweiter Sohn des Decius, Geburtsdatum unbekannt. Nach dem Tod des Decius wurde er von Trebonianus Gallus adoptiert, im Juni 251 zum Augustus erhoben, ist aber schon einen Monat später gestorben. - Volusianus: Gaius Vibius Volusianus, * etwa 230, Sohn des Trebonianus Gallus, Caesar ab Juni 251, römischer Kaiser August 251 bis August 253. - Väter ... wiesen ... zu: Daß die Senatoren die drei Kaiser ernannten, ist höchst unwahrscheinlich, da sich Trebonianus und Volusianus auf dem Kriegsschauplatz in Moesien befanden. Es handelt sich vielmehr um die Bestätigung der zuvor von Seiten der Soldaten erfolgten Erhebung durch den Senat. Es ist unstrittig, daß die Soldaten Trebonianus zum Augustus ausgerufen haben. Es besteht jedoch keine Einigkeit darüber, wann Volusianus und Hostiiianus zu Caesares beziehungsweise Augusti ernannt wurden. Der neueste Stand ist der oben angegebene (D. Kienast, Römische Kaisertabelle, Darmstadt 2 1996, S. 207, 209). 1 erlag ihr Hostiiianus: Zosimus (1,25,2) schreibt als

29,4 " 3 2 i 2

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249

einziger den Tod des Hostiiianus den Intrigen des Trebonianus zu, der fürchtete, daß in Erinnerung an Decius die Alleinherrschaft auf dessen Sohn übertragen werden könnte. - bemühten sich um Beliebtheit ... sich annahmen: Aurelius Victor ist der einzige, der diese Beliebtheit und die Sorge für die Toten überliefert. 31,1 Aemilius Aemilianus: Marcus Aemilius Aemilianus, * um 207, römischer Kaiser Juli/August bis September/Oktober 253. Er war Nachfolger des Trebonianus als Statthalter der Moesia superior und wurde von den Soldaten zum Kaiser ausgerufen. 2 brachen auf: Trebonianus und Volusianus (s. Kap. 30). - Interamna: h. Terni, nördlich von Rom. 3 Doppeljahr: Der Zeitraum von zwei Jahren bezieht sich auf die Zeit vom Beginn der Herrschaft des Trebonianus an (s. Kap. 30). - nach einem gemäßigten Regime: Der anonyme Fortsetzer des Cassius Dio berichtet von einem Schreiben des Aemilianus an den Senat, in dem der neue Kaiser den Senatoren die Regierungsgewalt überläßt und sich als ihr General bezeichnet (FHG 4,193). Krankheit: In Wirklichkeit wurde Aemilianus bei Spoletium von seinen Soldaten ermordet (Epitome 31,2; Zosimus 1,29,1). - Senatoren ... bezeichnet hatten: In dieser Bemerkung zeigen sich Vorbehalte des Aurelius Victor gegen die Aristokratie (s. die Einleitung). 32,1 Publius Licinius Valerianus: * um 200, römischer Kaiser Juni/August 253 - Juni 260. Zum Zeitpunkt seiner Erhebung bekleidete er ein militärisches Amt bei den Truppen in Raetien. Der anstehende Feldzug richtete sich im Auftrag des Trebonianus (s. Kap. 30) gegen Aemilianus (s. Kap. 31). 2 hinlänglich vornehmer Abkunft: Die Licinii waren eines der ältesten und das wohl angesehenste plebejische

2J0

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Geschlecht Roms. - militärische Laufbahn: Valerian war consul suffectus (s. zu 13,1) vor 238 und wurde von den Gordiani mit der Gesandtschaft an den römischen Senat betraut (Zosimus 1,14,1; nach der Historia Augusta, Gord. 9,7, war er damals allerdings princeps senatus, «Wortführer des Senats», in Rom). Danach nahm er verschiedene zivile und militärische Funktionen wahr, die sich nicht mehr genau bestimmen lassen (Historia Augusta, Val. 5,1). Genauso unsicher ist, ob und welche Stelle er unter Decius in der Reichsverwaltung innehatte (Zonaras 12,20; Historia Augusta, Val. 5,4-8). 3 Gallienus wurde erst vom Senat zum Caesar ernannt, dann von seinem Vater zum Augustus erhoben. 4 Etrurien: Die Etrusker galten als verweichlichtes, dem Luxus ergebenes Volk (s. zu 28,8). 5 Mesopotamien ... Krieg: Der Feldzug begann im Jahr 254 und dauerte bis zu Valerians Gefangennahme im Jahr 260. Die Falle, die der Perserkönig stellte, beschreibt nur Zosimus genauer (1,36,2): Der Kaiser hatte Unterhändler zu dem persischen König geschickt, die die Bedingungen für einen Friedensschluß aushandeln sollten. Sapor hörte sie nicht an, sondern forderte, der Kaiser solle persönlich erscheinen. Valerian ging darauf ein und wurde während der Unterredung gefangengenommen. Perserkönigs namens Sapor: Sapor I., der zweite König aus der Dynastie der Sassaniden, regierte von 243 bis 273. In einer großen Felsinschrift in der Nähe von Persepolis, den Res gestae divi Saporis in Naqs-i Rustam, ließ er seine Siege über Gordian III., Philippus und Valerian beschreiben. - geschunden: Davon - jedoch erst nach Valerians Tod - berichten sonst nur christliche Quellen, die dies als Strafe für die Verfolgung christlicher Bischö-

32,2 "33>3

ERLÄUTERUNGEN

25I

fe, Diakone und Priester auffassen (Laktanz, De mort, pers. 5,6; Petrus Patricius frg. 1 3 ) . - im sechsten Jahre seiner Herrschaft: Das Todesdatum Valerians ist unbekannt. Die Angabe des Aurelius Victor impliziert, daß Gefangennahme und Tod im Jahr 259 erfolgten, da die Erhebung zum Kaiser im Jahr 253 gesichert ist. - in ... rüstigem Alter: Valerian war etwa 60 Jahre alt. 33,1 Licinius Gallienus: Publius Licinius Egnatius Gallienus,um 213, römischer Kaiser September/Oktober 253 bis September 268. - Germanen ... von Gallien ferngehalten: Valerian übernahm das Kommando über die Truppen des Ostens und übertrug dasjenige des Westens seinem Sohn Gallienus. Die erste Aufgabe, die sich diesem stellte, war, die Alamannen von Gallien fernzuhalten, was ihm auch gelang. 2 Ingebus ... bei Mursia: Sein wirklicher Name lautete Ingenuus. Er war Statthalter von Pannonia und Moesia und wurde nach der Gefangennahme Valerians von den Truppen in Sirmium zum Kaiser ausgerufen. Der spätere Usurpator Aureolus (s. zu 33,17) besiegte ihn in einer Schlacht bei Mursia, dem heutigen Osijek in Kroatien. Auf der Flucht kam Ingenuus um. - Regalianus: Statthalter von Illyricum. Nach dem Tod des Ingenuus wurde er zum Augustus erhoben, jedoch bald von Gallienus besiegt und von seinen eigenen Soldaten getötet. 3 Saloninus: Publius Licinius Cornelius Saloni(n)us Valerianus, dessen Geburtsdatum unbekannt ist, wurde 258 zum Caesar ernannt. Er nahm im Herbst 260 den Augustus-Titel an, fiel aber noch im gleichen Jahr in die Hände des Usurpators Postumus (s. zu 33,8) und wurde hingerichtet. - Thrakien ... heimsuchten: Schon von 254 bis 256 hatte sich Gallienus auf dem Balkan aufgehalten,

252

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um einen Goteneinfall abzuwehren. In den Jahren 263267 brachen diese erneut dort ein. - die Parther hingegen Mesopotamien: Die Perser hielten Mesopotamien bereits seit 256 besetzt. - im Osten Räuber oder eine Frau: Mit den latrones sind die Palmyrener gemeint, deren Führer Septimius Odaenathus, der seit 262 im Einvernehmen mit den Römern als dux Romanorum, imperator, corrector totius orientis und rex regum (Feldherr der Römer, Befehlshaber, Verwalter des ganzen Ostens und König der Könige) in Palmyra herrschte, die Perser bekämpfte. 266/267 wurde er ermordet. Seine Frau Zenobia übernahm als Regentin für ihren gemeinsamen Sohn Vaballathus die Herrschaft und übte die Macht zunächst im Einvernehmen mit Rom aus. Es gelang ihr, den Einflußbereich Palmyras auszudehnen. 271 sagte sie sich von Rom los und proklamierte ein Palmyrenisches Sonderreich, das allerdings nur bis 272 Bestand hatte. - Streitmacht der Alamannen ... Italien: Die Alamanni drangen 260 nach Italien ein und wurden von Gallienus bei Mailand geschlagen. - Franken ... vordrang: Franci ist ein Sammelname für eine Reihe von Stämmen am rechten Ufer des Niederrhein. Sie brachen in der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. bis nach Südgallien und Spanien durch, wo sie unter anderem die Stadt Tarraco, das heutige Tarragona, belagerten. Daß sie auch nach Afrika übersetzten, ist nicht belegt, - jenseits der Donau verloren: Die Provinz Dacia wurde seit 256 von den Goten überschwemmt. Definitiv aufgegeben wurde sie allerdings erst 271 von Aurelian. 5 Pestseuche: Diese Pest wird auch von der Historia Augusta (Gall. 5,5-6), Orosius (Hist. 7,22,1-2) und Zosimus (1,37,3) erwähnt. Da diese anderen Quellen berichten, daß die Krankheit überall wütete, muß man Rom

33>3"33>8

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hier vielleicht als pars pro toto für das ganze Reich sehen. 6 Gattin Salonina: Cornelia Salonina, deren Geburtsdatum und Herkunft unbekannt sind, wurde 254 zur Augusta erhoben und starb 268. - Tochter ... namens Pipa: Tochter des Markomannenkönigs Attalus, der sie Gallienus gegen Überlassung eines Teiles der Pannonia superior zugesprochen hatte, wie die Epitome de Caesaribus (33,1) schreibt. In der Historia Augusta (Gall. 21,3) heißt sie Pipara. Die angeblichen Laster des Gallienus finden sich nur in den lateinischen Quellen erwähnt, die griechischen wissen nichts darüber. 8 Postumus, der sich als Gegenkaiser Marcus Cassianius Latinius Postumus nannte, war von Gallienus mit der Verwaltung Galliens und dem Schutz der Rheingrenze beauftragt worden, als der Kaiser nach Pannonien gegangen war. 259 wurde er von seinem Heer zum Kaiser ausgerufen. Im folgenden Jahr eroberte er Köln und tötete Saloninus, den Gallienus dort zu seinem Stellvertreter gemacht hatte. Postumus bildete ein Gallisches Sonderreich, daß aus den germanischen, gallischen und spanischen Provinzen sowie Britannien bestand und dessen Verwaltungsstruktur der römischen glich. Nach der Einnahme von Mainz im Mai/Juni 269 wurde er von seinen Soldaten ermordet. Die Historia Augusta (Tyr. Trig. 3), Eutrop (9,9) und Orosius (Hist. 7,22,10) betrachten die Herrschaft des Postumus als vorteilhaft. Laelianus: Über Ulpius Cornelius Laelianus ist sonst fast nichts bekannt. Weder über sein Geburtsdatum und seine Herkunft noch über seine Laufbahn wissen wir etwas. Zum Zeitpunkt seiner Erhebung war er entweder legatus legionis XXII Primigeniae (Legionskommandant) in Mainz oder Statthalter der Germania superior. Sein

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ERLÄUTERUNGEN

Name, der auf Münzen wie oben angegeben überliefert ist, wird in den Quellen öfter verfälscht: In der Historia Augusta (Tyr. Trig. 5 u. ö.) heißt er Lollianus, bei Eutrop (9,9) L(ucius) Aelianus, bei Orosius (Hist. 7,22,11) Aemilianus, in der Epitome de Caesaribus (32,4) Aelianus. Bis auf die Historia Augusta berichten alle angegebenen Quellen, daß Laelianus von Postumus getötet worden sei, während nach der Historia Augusta der Nachfolger des Postumus, Victorinus, ihn umbringen ließ. 9 Marius: Marcus Aurelius Marius war von Mai/Juni bis zum Herbst 269 Augustus des Gallischen Sonderreiches. Nach der Historia Augusta (Tyr. Trig. 8,1,3) war er erst Lagerschmied und später Offizier. 11 anderer Marius: Eine Anspielung auf Gaius Marius, den Gegenspieler Sullas zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. Auch dieser soll aus niedrigen Verhältnissen gekommen sein. 12 zwei Tage: Marius kann nicht nur zwei Tage regiert haben, dagegen spricht die Menge der Münzen, die von ihm erhalten sind. Vielleicht bezieht sich «zwei Tage» auf die Zeit nach seiner Ermordung, bis sein Nachfolger Victorinus gewählt wurde (so André Chastagnol, L'Empereur gaulois Marius dans l'Histoire Auguste, in: Bonner Historia Augusta Colloquium 1971, Bonn 1974, Antiquitas 4,11, S. 51-58). - Victorinus: Marcus Pavonius Victorinus, dessen Geburtsdatum unbekannt ist, wurde im Herbst 269 zum Augustus erhoben, nachdem er vorher tribunus praetorianorum (265/266; s. zu 2,4) und zusammen mit Postumus consul gewesen war (267 oder 268). Anderthalb Jahre später, im Frühjahr 271, wurde er in Köln ermordet. - Attitianus: Uber ihn ist sonst nichts weiter bekannt. Köln (Agrippinae): im Jahre 50 unter dem Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium zur Kolonie erhoben.

33>8- 33,17

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13 Proviantmeister: Die actuarii im Heer hatten die Lebensmittelrationen an die Heeresabteilungen zu verteilen. Der Vorwurf, daß sie bestechlich seien, findet sich häufig. - Nützliches Treibende: Die Bedeutung ist nicht klar; vielleicht handelt es sich um Leute, die sich vor oder nach den actuarii um die Verteilung des Getreides kümmerten und deren Bemühungen von den actuarii konterkariert wurden. 14 Victoria: Mutter des Victorinus, von ihr ist sonst nur noch bekannt, daß sie nach dem Tod des Victorinus die Erhebung ihres zweiten Sohnes Tetricus zum Kaiser durchsetzte. - Tetricus: Gaius Pius Esuvius Tetricus, dessen Geburtsdatum unbekannt ist, wurde im Frühjahr 271 von den Soldaten in Abwesenheit (Eutr. 9,10) zum Kaiser gewählt, vorher war erpraeses der Provinz Aquitania gewesen. Im Sommer 274 ergab er sich Aurelian, der ihn in seinem Triumphzug mitführte, jedoch am Leben ließ. - seinem Sohn Tetricus: Er trug den gleichen Namen wie sein Vater und wurde vermutlich 273 zum Caesar ernannt. Auch er wurde von Aurelian im Triumphzug mitgeführt und am Leben gelassen. 15 Gallienus ... veranstaltete: Gallienus war bereits im September 268 gestorben, so daß sich sein hier beschriebenes Verhalten nicht auf die Regierungszeit des Victorinus und Tetricus beziehen kann. 17 Aureolus: Marcus Aelius Aureolus war bereits 262 zum ersten Mal zum Augustus erhoben worden, hatte sich jedoch später mit Gallienus versöhnt und für diesen gegen Postumus gekämpft. 268 trat er dann zunächst zu Postumus über, bevor er noch im gleichen Jahr in Mailand zum zweiten Mal zum Augustus erhoben wurde. Nachdem die Stadt vom Nachfolger des Gallienus, Claudius II. (s. Kap. 34), eingenommen worden war, wurde er von

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dessen Soldaten erschlagen. - bei der Brücke ... ihren Namen hat: Das heutige Pontirolo an der Adda etwa 30 km nordöstlich von Mailand. Nach der Historia Augusta (Tyr. Trig. 11,4) wurde er von Claudius dort geschlagen. 19 Maschinen: Die antike Welt kannte eine Vielzahl von Belagerungswerkzeug und -maschinen, darunter den sogenannten Widder, Geschützmaschinen und Belagerungstürme. 20-21 Denn als Aureolus ... verborgen: Die ganze Episode um die fingierte Liste erinnert an das Komplott gegen den späteren Kaiser Aurelian (s. Kap. 35). Der zweite Teil der Erzählung, in dem es um die Ermordung des Gallienus geht, findet sich in ähnlicher Weise in der Historia Augusta (Gall. 14,6-9) und bei Zosimus (1,40). 27 Zu Claudius siehe das nächste Kapitel. - Gallienus ... Divus: Vermutlich verfiel Gallienus zunächst der damnatio memoriae (s. zu 11,8 und 17,10), denn auf mehreren Inschriften ist sein Name eradiert. Unter Claudius II. wurde er dann jedoch konsekriert (s. zu 14,13). 28 sprach er die Abzeichen der Herrschaft: Nur die Epitome de Caesaribus und Aurelius Victor berichten, daß Gallienus selbst Claudius zu seinem Nachfolger bestimmt habe, die anderen Quellen sprechen entweder davon, daß er von den Soldaten erwählt wurde (Historia Augusta, Claud. 4; Eutrop 9,11; Zosimus 1,41) oder daß er sich selbst die Macht angemaßt habe (Orosius, Hist. 7,23). - Ticinum: (h. Pavia) dort lag eine Reserveeinheit der Reiter. 31 die Gemonische Treppe: s. zu 8,6 - Sachwalter des Fiskus: Mit diesem patronus ist wohl der procurator a rationibus gemeint, der für die Verwaltung der kaiserlichen Staatseinkünfte zuständig war (s. zu 9,6) - Mutter Erde: Die Tellus oder Terra mater war eine altitalische

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Erdgöttin, die für eine gute Ernte, aber auch zur Verfluchung angerufen wurde. 34 dem Senat den Kriegsdienst und den Besuch der Truppen verbot: Die Maßnahme des Gallienus wird (nur) durch Inschriften bestätigt, da der senatorische legatus legionis (Legionskommandeur) seit dieser Zeit durch einen ritterlichen praefectus (Vorsteher) ersetzt wird. 3 5 neun Jahre: Die neun Jahre zählen von der Gefangennahme Valerians an. Wenn man die Zeit der gemeinsamen Herrschaft mit seinem Vater mitrechnet, so regierte Gallienus etwa 15 Jahre lang. 34,1 Claudius: Marcus Aurelius Claudius (Claudius II. Gothicus), 10. Mai 214, war von September/Oktober 268 bis September 270 römischer Kaiser. 2 Denkart der Decier: Drei Mitglieder der Familie der Decii sollen sich in der Zeit der Republik für das Heil des Staates geopfert haben: Publius Decius Mus 340 v. Chr. im Kampf gegen die Latiner, sein Sohn gleichen Namens 295 v. Chr. im Kampf gegen die Kelten, wiederum dessen Sohn gleichen Namens 279 v. Chr. im Kampf gegen Pyrrhus. 3 aus den Sibyllinischen Büchern: Die Sibyllinischen Bücher waren eine Sammlung mit Ritualvorschriften, die nach einem unheilvollen Omen oder wenn der Staat sonst in Gefahr schien, auf Anordnung des Senates befragt wurden. 4 im Senat und unter allen Menschen der allererste: Nach der Epitome de Caesaribus (34,3) war damals Pomponius Bassus princeps senatus (Wortführer des Senats) und bot sich für das Opfer an, das dann jedoch von Claudius übernommen worden sein soll. In Wahrheit starb Claudius 270 in Sirmium an der Pest.

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5 die Barbaren ... geschlagen und vertrieb en: Claudius siegte 268 am Gardasee und 269 bei Naissus (Nis) über die Goten. 7 Constantius ... unsere Kaiser. Worum es in diesem Passus ging, ist nicht klar. Es scheint sich um Constantius I., Constantin I. sowie die zur Zeit des Aurelius Victor herrschenden Kaiser (Constantius II. als Augustus, Julian als Caesar) zu handeln, doch ob auf ihre angebliche Abstammung von Claudius II. oder ihre glückliche Regierung angespielt wird, kann nicht mehr festgestellt werden. - ...: An dieser Stelle bricht in den Handschriften der Text ab, ebenso unvermittelt setzt er bei corporisque acceptior ... wieder ein. Wie viele Wörter oder Zeilen fehlen, ist unsicher. 3 5,1 Aurelian: Lucius Domitius Aurelianus, * 9. September 214, römischer Kaiser von September 270 bis September/Oktober 275. Vielleicht war schon im verdorbenen Schluß des vorigen Kapitels die Rede von ihm. Darauf würde auch die folgende Schilderung hindeuten. - nach solchem Erfolg: Damit sind wohl der Sieg über Zenobia und die Eroberung Palmyras im Jahr 272 gemeint (s. zu 33,3). Zwar hat Aurelian 271 Feldzüge gegen Vandalen, Juthungen und Sarmaten und 272 auch gegen die Goten auf dem Balkan geführt, doch die Ausdrucksweise successu tanto und die Tatsache, daß der Sieg über Zenobia sonst nicht erwähnt ist, lassen darauf schließen, daß hier an letzteren gedacht ist. Außerdem erwähnt Aurelius Victor den Feldzug gegen die Juthungen (Alamannen) im nächsten Paragraphen. - gegen die Perser: 273 zog Aurelian erneut gegen Palmyra, dessen Verbündete die Perser waren, daher diese Angabe. 2 Beutezügen der Alamannen: Der Feldzug fand bereits 271 statt. Die Quellen sind sich über die Identität

34,5 " 3 5 ) 6

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des Volkes nicht einig: Dexippus (frg. 22 Dindorf) spricht von Juthungen (für das Jahr 260 auf einem Sieges denkmal aus Augsburg belegt; vgl. L. Bakker, Raetien unter Postumus - Das Siegesdenkmal einer Juthungenschlacht im Jahre 260 n. Chr. aus Augsburg, in: Germania 71, 1993, S. 369-386), die Historia Augusta (Aurel. 18,3) von Markomannen, Aurelius Victor und Zosimus (1,49) von Alamannen. 3 die Germanen aus Gallien vertrieben: für Aurelian sonst nicht belegt, jedoch für den späteren Kaiser Probus (s. Kap. 37), dem Aurelian nach dem Sieg über Tetricus (s. zu 33,14) die Truppen in Gallien anvertraut hatte; das heißt, die Vertreibung fand erst später statt. 4 Statthalter Faustinus: Als Statthalter der Provinz Belgica erhob er sich 273 in Trier gegen Tetricus. - während des Kampfes: Die Schlacht fand bei Châlons auf den Katalaunischen Feldern statt. 5 zweijähriger höchster Gewalt: Tetricus regierte vom Frühjahr 271 bis zum Sommer 274, das heißt etwas mehr als drei Jahre. - Leitung (correcturam) Lukaniens: Ein corrector war für die Verwaltung des ihm unterstellten Gebietes zuständig, wobei es diese Position nur in Italien gab. Nach der Historia Augusta (Tyr. trig. 24,5) wurde Tetricus sogar zum corrector totius Italiae bestimmt, allerdings an anderer Stelle (Historia Augusta, Aurel. 39,1) zum corrector Lucaniae. 6 Rechnungsprüfer Felicissimus: Er war procurator a rationibus/rationalis (Leiter des fiscus; s. zu 9,6 und 33,31) unter Aurelian und scheint für Münzverfälschungen verantwortlich gewesen zu sein; als diese aufflogen, organisierte er einen Aufstand der Münzarbeiter, in dessen Verlauf er umkam. - Münzfuß: Die römischen Münzen verloren durch die ganze Kaiserzeit hindurch an Wert, was

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mehrfach zu Umgestaltungen des Münzsystems und zu Einführungen neuer Münzen führte. Der Wertverlust beruhte auf der Beimischung minderwertigen Metalls, wobei dies durchaus nicht nur auf Eigenmächtigkeiten und Gewinnsucht des rationalis beruhte, sondern zum Teil aufgrund der knappen Kassen von oben angeordnet war. Nach Zosimus (1,61,3) hat Aurelian eine Münzreform durchgeführt und eine neue Silbermünze geschaffen. 7 Tempel des Sol (invictas): d.h. des unbesiegbaren Sonnengottes. Er wurde im Jahre 274 von Aurelian eingeweiht und stand auf dem campus Agrippae im Norden Roms in der Nähe des campus Martius (Marsfeld). - was sich durch die Schuld des Gallienus abgespielt hatte: Anspielung auf die zahlreichen Einfälle fremder Völker (Goten, Heruler etc.). Diese waren zwar nicht bis Rom gekommen, doch sollte die Stadt anscheinend für einen derartigen Fall gerüstet sein. - umgab er die Stadt... mit sehr starken Mauern: Die sogenannte Aurelianische Mauer wurde schon im Winter 271/272 begonnen, aber nach Zosimus ( 1,49,2) erst unter Probus (s. Kap. 3 7) vollendet. - Schweinefleisch: Von der Einrichtung nicht nur von Fleisch-, sondern auch von Ol-, Brot- und Weinspenden berichtet die Historia Augusta (Aurel. 48,1). Das Fleisch wurde dem Verein der suarii (Schweinehändler) übergeben (die anderen zu verteilenden Güter entsprechenden anderen Körperschaften), die dann dafür sorgten, daß es denjenigen, die ein Anrecht darauf hatten und in eine entsprechende Liste eingetragen waren, kostenlos oder zu einem sehr günstigen Preis abgegeben wurde. - Anklagen der Steuerbeamten und Viertelsgewinnler: Quadruplatores wurden diejenigen genannt, die Anklage gegen andere erhoben und im Falle

35,6-36,2

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einer Verurteilung den vierten Teil der verhängten Strafe oder des Vermögens des Angeklagten erhielten. Dieses Unwesen war nicht zuletzt im Bereich der Steuern weit verbreitet, daher fiscales calumniae. - nach griechischer Sitte: Vielleicht eine Anspielung auf den Schuldenerlaß, den Solon Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. in Athen durchgeführt haben soll. 8 Amt für die Geheimsachen: Die notarvi waren kaiserliche Geheimsekretäre. - Coenofrurium (Koinophrurion): eigtl. Caenofrurium (Kainophrurion); ein Ort in Thrakien nördlich von Herakleia-Perinthos an der Nordküste der Propontis (Marmarameer). 9-10 die Väter möchten ... zum Kaiser bestimmen ... an sie zurück: Zwischen dem Tod Aurelians und der Wahl seines Nachfolgers scheint einige Zeit vergangen zu sein, wobei nicht genau bekannt ist, wie lange. Die Historia Augusta (Aurel. 40,3) spricht von sechs Monaten. 12 als wäre er Romulus: Nach dem Tod des Romulus sollen sich die Senatoren mehr als ein Jahr lang um die Nachfolge gestritten haben (Livius 1,17). 36,1 im sechsten Monat: zur Zeitspanne zwischen den Regierungen Aurelians und des Tacitus s. zu 35,9-10. - Tacitus: Marcus Claudius Tacitus, * um 200 in Interamna (h. Terni), nördlich von Rom, regierte ungefähr ein halbes Jahr, von Ende 275 bis Mitte 276. - ehemaliger Konsul: Tacitus war im Jahre 273 consul Ordinarius (s. zu 13,1) gewesen und war princeps senatus (Wortführer des Senats). 2 Tyana: Eine Stadt in Kappadokien, etwa 100 km nördlich von Tarsus. Über die Todesursache gehen die Meinungen der Quellen auseinander: Die einen sprechen von einer Fiebererkrankung (Historia Augusta, Tac.

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13,5; Epitome 36,1), die anderen von einem Anschlag {Historia Augusta, Tac. 13,5; Orosius, Hist. 7,24; Zosimus, 1,63). Zosimus ist am ausführlichsten; danach soll Tacitus die Herrschaft über Syrien einem Verwandten namens Maximinus übertragen haben, der sich dort unbeliebt machte. In einer Verschwörung wurden zunächst dieser und dann Tacitus umgebracht. - Anführer Mucapor: Uber diesen Mann ist sonst nichts weiter bekannt. Auch die Historia Augusta nennt ihn Mucapor (Aurel. 3 5,5).-Florianus: Marcus Annius Florianus, dessen Geburtsdatum und Herkunft unbekannt sind, regierte etwa drei Monate von Mitte bis Herbst 276. Ob er wirklich ein Bruder des Tacitus war, wie es auch die Historia Augusta berichtet (Tac. 9,6; 14,1), ist unsicher. 37,1 einen Monat oder zwei: zu Florianus und seiner Regierungsdauer s. zu 36,2. - Tarsus: Stadt in Kilikien. 2 Probus: Marcus Aurelius Probus, * 19. August 232 in Sirmium, war römischer Kaiser von Sommer 276 bis Herbst 282. 3 Olivenbäume: Es ist nicht bekannt, daß Hannibal seine Truppen in Afrika Ölbäume hätte pflanzen lassen, doch ist es von Marius überliefert. - Barbarenvölker aufgerieben: In den Jahren 277 und 278 führte Probus Kriege gegen die Alamannen, Franken, Burgunder und Vandalen. - Saturninus durch Orienttruppen: Das Datum der Kaisererhebung des Gaius Julius Saturninus in Antiochia ist umstritten. Es schwankt zwischen 279 und 281. In jedem Fall wurde er bald von seinen Truppen ermordet. - Bonosus durch die Kölner Truppen: Im Jahre 280 wurden in Köln Bonosus und Proculus zu Kaisern erhoben, jedoch bald danach von Probus in der Nähe des Ortes besiegt. Während Bonosus vermutlich Selbstmord beging, soll Proculus zu den Franken geflohen, von die-

}6,1

- 39,2

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sen aber an Probus ausgeliefert worden sein, der ihn dann hinrichten ließ. 4 kurz vor Ablauf des sechsten Jahres: wohl im Herbst 282. - Stadt, seine Heimat: Sirmium. Zosimus überliefert eine andere Ursache für seine Ermordung (1,71): Die Soldaten in Raetia und Noricum erhoben Carus (s. Kap. 38) zum Kaiser; als Probus ihm Truppen entgegenschickte, gingen diese zur Gegenseite über und erschlugen ihn. 6 Erlaß des Gallienus: s. zu 36,34. - Manipularius ist die generelle Bezeichnung für einen gemeinen Soldaten. 38,1 Carus: Marcus Aurelius Carus, * etwa 224 in Narbo in Gallien, war von August/September 282 bis Juli /August 283 römischer Kaiser. - Prätorianerpräfektur: Carus war 276 von Probus zumpraefectus praetorio (s. zu 2,4) gemacht worden. - Carinus: Marcus Aurelius Carinus, * etwa 250 als ältester Sohn des Carus, wurde Ende 282 zum Caesar, im Frühjahr 283 zum Augustus erhoben und regierte bis August/September 285. Numerianus: Marcus Aurelius Numerius Numerianus, * etwa 253 als jüngerer Sohn des Carus, wurde Ende 282 zum Caesar, im Sommer 283 zum Augustus erhoben und regierte bis November 284. 3 Thesiphon: Ktesiphon, eine Stadt in Babylonien am linken Ufer des Tigris gegenüber von Seleukeia. 39,1 Valerius Diocletianus: Gaius Aurelius Valerius Diocletianus, * 22. Dezember wohl 245 in Dalmatien, römischer Kaiser vom 20. November 284 bis 1. Mai 305. - Leibwache: Die protectores domestici bildeten eine besonders angesehene Leibwache des Kaisers, aus der spätere hohe Offiziere hervorgingen. 2 Gewand aus Gold ... Edelsteine: Die Historia

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Augusta überliefert dies bereits für Elagabal und Carinus (Hei. 23,4; Car. 17,1). Diese Kleidung war Zeichen eines rex, eines Königs, dessen Titel bei den Römern verhaßt war. 4 «Herr» ... wie einen Gott: Elemente der adoratio, der Anbetung, waren schon im Laufe der Kaiserzeit entwickelt worden, besonders seit der Zeit der Severer. Diokletian hat dem Zeremoniell seine definitive Form gegeben. 6 Marius: Die Beurteilung des Marius schwankt: Von Sallust wird er im Iugurtha als Sohn des Volkes betrachtet, der sich den ersten Rang im Staat verdient hat, von Seneca (Epist. 94,66) jedoch als maßlos ehrgeizig angesehen. 9 Carinus: zu Carinus s. zu 38,1. 10 Julian: Vermutlich hat es zwei Usurpatoren dieses Namens gegeben: Der eine war der hier erwähnte corrector Venetiae (zu diesem Titel s. zu 35,5) mit dem Namen Marcus Aurelius Julianus, der nach dem Tode des Carus im Sommer 283 in Pannonien die Herrschaft ergriff und Anfang 285 im Illyricum besiegt wurde. Der andere war der praefectus praetorio (s. zu 2,4) Sabinus Julianus, der nach dem Tode des Numerianus im November 284 in Italien die Macht usurpierte und bei Verona unterging. 1 1 Margus: h. Morava, Hauptfluß der Moesia superior. Carinus siegte hier im August/September 285 über Diocletian. 12 Narbo: h. Narbonne in Südfrankreich. Die Historia Augusta überliefert als mögliche Geburtsorte Rom, das Illyricum oder Mailand (Car. 4,2-4), doch sind diese Angaben wohl falsch. Auch Eutrop (9,18) und die Epitome de Caesaribus (38,1) nennen Narbo als Geburtsort. zwei Jahre: In Wirklichkeit waren es drei Jahre, von

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August/September 282 (Regierungsbeginn des Carus) bis August/September 285 (Tod des Carinus). 13 Aper: Der Schwiegervater des Numerianus (s. zu 38,1) und dessenpraefectuspraetorio (s. zu 2,4 und 38,6). 14 Aristobulus: Titus Claudius Marcus Aurelius Aristobulus warpraefectuspraetorio (s. zu 2,4) unter Numerianus und Carinus, im Jahre 285 consul Ordinarius (s. zu 13.1), um 290-294proconsul Africae (s. zu 26,1) und 295/ 296 praefectus urbi (s. zu 8,5). 16 Auswärtige: Schon früher (Kap. 11,12) hat Aurelius Victor von der Rolle Auswärtiger gesprochen. Doch sind hier wohl nicht nur Nicht-Italiker gemeint, sondern auch sogenannte (Halb-)Barbaren, wie der folgende Hinweis auf den halbbäuerischen Maximianus nahelegt. 17 Helianus und Amandus: Das Geburtsdatum und die Herkunft sowohl des Aelianus (so der richtige Name) als auch des Amandus sind unbekannt. Man weiß lediglich, daß sie Führer der Bagauden waren. Dieses keltische "Wort bezeichnet Vagabunden und Flüchtlinge, insbesondere Bauern, die durch die hohen Abgaben an den Staat und die Grundbesitzer zum Aufstand getrieben wurden. - Maximian: Marcus Aurelius Valerius Maximianus, * vermutlich am 21. Juli 250, wurde im Herbst 285 zum Caesar, am 1. April 286 zum Augustus erhoben. Wie Diokletian trat er am 1. Mai 305 von seinem Amt zurück, versuchte jedoch bereits im folgenden Jahr, die Macht zurückzuerlangen, was ihm auch zeitweise gelang, bis er im Sommer 310 von Constantin (s. zu 40.2) gefangengenommen wurde und wahrscheinlich Selbstmord beging (s. zu 39,48). 18 Beinamen Herculius ... Valerius ... Jovius: Die Annahme der Beinamen erfolgte am 1. April 2S6.-Hilfstruppen ... benannt: Zosimus überliefert (3,30), daß

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Legionen mit den Namen Jovia und Herculia von Diokletian und Maximian aufgestellt worden seien. In der Notitia Dignitatum, einer Art Staatshandbuch, in dem die hohen zivilen und militärischen Dienststellen aufgelistet sind, werden Palatinlegionen der Joviani und Herculiani erwähnt, auch Auxiliartruppen mit diesen Beinamen sind belegt. 20 Carausius: Maus(aeus?) Carausius aus dem Volk der Menapier, dessen Geburtsdatum und -ort unbekannt sind, leistete Kriegsdienst unter Maximian gegen die Bagauden ( s. zu 39,17) und war seit zü^praefectus classis Britannicae (Kommandeur der britannischen Flotte). Ende 286 wurde er zum Kaiser erhoben und herrschte bis Ende 293 über Britannien, bis Anfang desselben Jahres auch über die Küstengebiete Nordwestgalliens. Menapien: Die Menapier siedelten in der Belgica an der Nordseeküste. 22 im Orient die Perser: Im Jahr 296 besetzte der Perserkönig Narses Armenien. Der gegen ihn entsandte Galerius (s. zu 39,24) unterlag 297 in Mesopotamien in einer Schlacht zwischen Callinicum und Carrhae, besiegte Narses aber 298. - in Afrika Julian und die Quinquegentanischen Stämme: Uber diesen Julian ist sonst nichts weiter bekannt. Möglicherweise liegt eine Verwechslung mit dem oder den Usurpatoren unter Carinus vor (s. zu 39,10). - Die Quinquegentiani waren ein Zusammenschluß mehrerer Volksstämme in N o r d afrika, im Atlasgebirge in der Mauretania Sitifensis. Der entscheidende Erfolg gegen sie gelang im Jahr 305. 23 Achilleus: Aurelius Achilleus war corrector (zu diesem Titel s. zu 35,5 und zu 39,30) des Lucius Domitius Domitianus, der Mitte 297 in Ägypten zum Augustus erhoben wurde. Den Aufstand führte Achilleus, der

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nach dem Tod des Domitianus im Dezember 297 ebenfalls zum Augustus erhoben wurde, allerdings bereits ein Vierteljahr später starb. 24 Julius Constantius: "'31. März wohl 250, wurde am ι. März 293 zum Caesar für Gallien und Britannien erhoben und von Maximianus adoptiert. - Galerius Maximianus: Geburtsdatum unbekannt; er wurde am 21. Mai 293 zum Caesar für die Donauprovinzen erhoben und von Diocletian adoptiert. - Armentarius: Diesen Beinamen führt Galerius nur bei Aurelius Victor und in der Epitome de Caesaribus (39,2). 25 Stieftochter des Herculius: Sie hieß Theodora und war die Tochter aus der ersten Ehe der Eutropia, der Ehefrau des Maximianus. Constantius heiratete sie, nachdem er vorher lange Zeit mit Helena, der Mutter Constantins, zusammengelebt hatte (verheiratet waren sie allerdings nicht). - Tochter des Diokletian: Galerius, dessen erste Ehefrau unbekannt ist, heiratete in zweiter Ehe Galería Valeria, die Tochter des Diokletian und dessen Ehefrau Prisca. - Augustus bei Tiberius Nero ... gehalten hatte: Augustus hatte im Sommer 12 v. Chr. Tiberius gezwungen, sich von seiner Frau Vipsania scheiden zu lassen und die Tochter des Augustus, Julia, zu heiraten (s. zu 1,7). 29 schlimme Taten unter Verwandten: Anspielung auf die Familienmorde unter den Julio-Claudiern (Nero), den Severern (Caracalla) und vielleicht auch der konstantinischen Dynastie (Constantius II., Constans, Constantin II.). 30 viergeteilte Herrschaft: Abgesehen von der hier erwähnten Aufteilung der Herrschaftsbereiche der Augusti und Caesares, organisierte Diokletian die Provinzen völlig neu. Das ganze römische Reich wurde in über

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ιοο kleine Verwaltungsgebiete aufgeteilt, die von senatorischen consulares und correctores und ritterlichen praesides betreut wurden. Davon ausgenommen waren nur die Stadt Rom unter ihrem praefectus urbi und die proconsularischen Provinzen Asia, Achaia und Africa. Außer diesen letztgenannten wurden alle Provinzen wiederum zu zwölf sogenannten Diözesen zusammengefaßt, die einem ritterlichen vicarius unterstellt waren. Diese Diözesen wurden dann noch einmal zu insgesamt vier Prätorianerpräfekturen zusammengefaßt: Oriens, Illyricum, Italia und Galliae. Die Prätorianerpräfektur wurde dadurch in der folgenden Zeit, insbesondere nach der Auflösung der Prätorianerkohorten durch Constantin I. (s. zu 40,25), von einem militärischen zu einem zivilen Verwaltungsamt. 31 Teil Italiens ... Last der Abgaben: Bis zur Zeit Diokletians war Italien von der Steuererhebung ausgenommen. Nun wurde dieses Privileg in mehreren Etappen aufgehoben: Unter Diokletian wurden Steuern für Norditalien eingeführt - die sogenannte Italia annonaria - , nach ihm auch für den Rest Italiens, die Italia suburbicaria. Nur Rom selbst blieb verschont. - neues Gesetz: Es handelt sich um eine Steuerreform, die vermutlich im Jahr 301 durchgeführt wurde. Es gab eine Viehsteuer, eine in Naturalien zu entrichtende Grundsteuer (annona) und eine auf den Kopf festgesetzte Arbeitsertragssteuer (iugatio capitatio). 34 schwer zugesetzt: die Niederlage in Mesopotamien (s. zu 39,22). 35 König Narseus: Narses war König der Perser von 293 bis 302. 298 unterlag er den Römern und mußte in einem Friedensvertrag Teile Mesopotamiens abtreten sowie die römische Oberhoheit über Armenien

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und Iberien, eine Landschaft in Kaukasien, anerkennen. 37 brach aufs neue ein Krieg aus: die Feindseligkeiten zwischen den Römern und Persern in den Jahren 359/ 360, als diese unter ihrem König Sapor II. in Mesopotamien einfielen. 40 sechs Jahre später: im Jahr 293; Carausius war Ende 286 an die Macht gekommen. - Allectus: wurde Ende 293 nach der Ermordung des Carausius zum Augustus erhoben; 297 wurde er von den Truppen des Constantius besiegt und getötet. 41 sehr hohen Posten: Allectus war rationalis summae rei (s. zu 33,31) oderpraefectuspraetorio (s. zu 2,4) unter Carausius. 42 Julius Asclepiodotus: einer der duces (Heerführer) des Probus, zusammen mit Afranius Hannibalianus praefectus praetorio (s. zu 2,4). 292 war er consul ebenfalls zusammen mit Hannibalianus. 43 Markomannen: Sie wurden von Diokletian im Jahr 299 besiegt. - Karpervolk: Im Sommer 296 unternahm Diokletian einen Feldzug gegen die Karper, einen Dakerstamm, und siedelte sie anschließend am unteren Donaulauf auf Reichsgebiet an. 44 Getreidetaxierer: Die frumentarii waren ursprünglich wohl für die Verpflegung des Militärs zuständig, das heißt sie kümmerten sich um die Getreideversorgung (frumentum «Getreide»). Darüber hinaus waren sie als Spione und Geheimpolizisten tätig, was ihnen schnell einen schlechten Ruf eintrug. Diokletian ersetzte sie durch die agentes in rebus oder agentes rerum, die eigentlich als Botenreiter die Bestellung kaiserlicher Briefe und Befehle zu erledigen hatten, daneben aber ebenfalls geheimdienstliche Tätigkeiten wahrnahmen.

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45 Unterstützungsempfänger: Mit stipendiarius wird zum einen der Steuerpflichtige bezeichnet, zum anderen der Söldner. Im vorliegenden Zusammenhang mit der Getreideversorgung der Stadt Rom ist wohl am ehesten an die Empfänger der kostenlosen Getreidespenden zu denken. - ältesten Kulten ... Pflege angedeihen: Diokletian ging gegen fremde Religionen wie den Manichäismus und auch das Christentum mit Gesetzen und Verfolgungsmaßnahmen vor. - Nikomedien: Stadt in Bithynien, die Diokletian zu seiner Residenz erwählt hatte. 47 verminderte Zahl: Von einer Verringerung der Streitkräfte ist sonst nichts bekannt. Noch im Jahr 306 gab es zehn prätorische Kohorten (s. zu 2,4); die Zahl der Legionen im Reich wurde sogar auf 60 erhöht. Da die Gesamtzahl der Soldaten jedoch nicht wuchs, die Stärke der einzelnen Legionen mithin verringert worden sein muß, kann man vielleicht vermuten, daß auch die prätorischen Kohorten weniger Soldaten umfaßten. 48 zwanzigstes Jahr seiner Herrschaft: Diokletian regierte vom 20. November 2 84 bis zum 1. Mai 305, dankte also im 21. Jahr seiner Regierung ab. Als Grund für seinen Rücktritt geben die Quellen Unterschiedliches an: Laktanz spricht von Alter, Krankheit und einem von Galerius ausgeübten Druck (De mort. pers. 17,18); nach Eusebius war es eine von Gott geschickte Krankheit (Hist. eccl. 8,13); Eutrop glaubt, daß sich der Kaiser aufgrund seines Alters seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen fühlte (9,27). Der Grund, den Aurelius Victor angibt, wird auch von Zosimus genannt, allerdings als Begründung dafür, daß Diokletian später nicht mehr an die Macht zurückkehren wollte (2,10,5). - zu demselben Entschluß gebracht: Maximianus trat nur widerwillig von seinem Amt zurück (Laktanz, De mort. pers. 26,7; Eutrop

39,45 "4°> 2

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9,27) und kehrte 307 an die Macht zurück. Im November 308 mußte er wiederum abdanken, empörte sich dann 310 gegen Constantin und beging im Sommer 310 angeblich Selbstmord (s. zu 39,7). - ein Jahr weniger: Maximianus war im Herbst 285 zum Caesar, am 1. April 286 zum Augustus erhoben worden. Aurelius Victor nimmt hier offenkundig das erste Datum zur Berechnungsgrundlage. 40,1 Constantius: zur Person des Constantius s. zu 39,24. Am ι. Mai 305 wurde er zum Augustus für Gallien, Britannien und Spanien erhoben. Er starb bereits am 25. Juli 306 in Eboracum (York) in Britannien. -Armentarius: zur Person des Galerius s. zu 39,24. Am 1. Mai 305 wurde er zum Augustus für die Donauprovinzen und Kleinasien erhoben. Er starb Anfang Mai 3 1 1 in Serdica. - Severus: Flavius Valerius Severus, dessen Geburtsdatum unbekannt ist, wurde am 1. Mai 305 zum Caesar für Italien und Africa erhoben. Im August 306 wurde er Augustus, mußte jedoch ein halbes Jahr später abdanken und wurde am 16. September 307 in der Nähe von Rom ermordet. - Maximinus: Galerius Valerius Maximinus (Daia), * 20. November eines unbekannten Jahres, wurde am ι. Mai 305 zum Caesar für die Diözese Oriens (s. zu 39,30) erhoben. 310 wurde er Augustus; er starb im Spätsommer 313. 2 Constantin: Gaius(?) Flavius Valerius Constantinus, * 27. Februar 272/273 oder erst um 285 in Naissus, war ein unehelicher Sohn des Constantius und nicht zum Herrscher ausersehen, wurde aber nach dem Tod seines Vaters, den er auf seinem Britannienfeldzug begleitet hatte, von den Legionen zum Augustus erhoben. Er konnte sich schließlich gegen seine Konkurrenten durchsetzen und regierte bis 337. - Geisel: Constantin verbrachte seine Jugend am Hof bei den Mitregenten sei-

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nes Vaters und kehrte nach der Abdankung des Diokletian und Maximianus zu seinem Vater zurück. 3 Vater oder Verwandter: Das eine der beiden Wörter scheint eine Glosse zu sein. 5 Maxentius: Marcus Valerius Maxentius, * um 275/ 278 oder 283, war Sohn des Tetrarchen Maximianus und wurde am 28. Oktober 306 in Rom zum Imperator ausgerufen. Er starb am 28. Oktober 312 nach der Schlacht an der Milvischen Brücke (s. zu 40,23). 7 verlor, in Ravenna eingeschlossen, das Leben: Uber den Tod des Severus existieren mehrere Versionen: Nach Laktanz (De mort. pers. 26,9) wurde er gezwungen, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Der Anonymus Valesianus (= Origo Constantini 10) berichtet, Severus sei von Maximianus getäuscht, gefangengenommen und nach Rom gebracht worden. Als Galerius nach Italien zog, wurde Severus getötet und im Grab des Gallienus beigesetzt. Die Epitome de Caesaribus (40,3) und Zosimus (2,10) bieten die wahrscheinlichste Variante. Danach zog sich Severus nach dem Abfall seiner Soldaten nach Ravenna zurück, wurde von Maximianus überredet, wieder nach Rom zurückzukehren, und auf dem Weg dorthin bei Tres Tabernae von Maxentius in einen Hinterhalt gelockt und getötet. 8 Licinius: Gaius Valerius Licinianus Licinius, * um 265, wurde am 1 1 . November 308 in Carnuntum (Bad Deutsch-Altenburg) zum Augustus erhoben. Am 19. September 324 dankte er nach mehreren Niederlagen gegen Constantin ab, im Frühjahr 325 wurde er in Thessalonike hingerichtet. Galerius erhob den Licinius allerdings erst nach seiner erfolglosen Romexpedition. 9 gefährliche Wunde: Vor allem Laktanz (De mort, pers. 33) und Eusebius (Hist. eccl. 8,16) berichten aus-

40,2 - 4 0 , 2 0

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führlich über die Krankheit, an der Galerius starb. Pelso-See: der heutige Plattensee in Ungarn. 10 die Valerische: Nach Galería Valeria, der Tochter Diokletians und Ehefrau des Galerius, wurde der Osten der Provinz Pannonia superior benannt. 1 1 Herrschaft ... fünf Jahre: Galerius regierte ungefähr sechs Jahre, vom i. Mai 305 bis Anfang Mai 3 1 1 . Constantius eines: etwas mehr als ein Jahr, vom 1. Mai 305 bis zum 25. Juli 306. - dreizehn Jahre lang die Stellung eines Caesars: Constantius war am 1. März 293, Galerius am 21. Mai 293 zum Caesar erhoben worden, das heißt, beide bekleideten ungefähr zwölf Jahre lang die Stellung eines Caesar, bevor sie zu Augusti erhoben wurden. 13 Perserkönig Kyros II., der Große: begründete im 6. Jahrhundert v. Chr. das Persische Weltreich, galt im gesamten Altertum als großer und beispielhafter Mann. Eusebius vergleicht in der Vita Constantini, der Lebensbeschreibung des Kaisers Constantin I., diesen mit Kyros und Alexander (1,7-8). 16 Schloß er Frieden und rückte durch Gallien: Bereits im Herbst 306 oder Anfang 307 hatte Constantin einen Feldzug gegen die Franken geführt, im Sommer 310 zog er erneut gegen sie. Anschließend wandte er sich nach Italien. 17 bei den Puniern Alexander: Lucius Domitius Alexander wurde im Frühjahr 308 in Africa zum Kaiser erhoben und Ende 309 oder Anfang 310 von dem Prätorianerpräfekten (s. zu 2,4 und 39,30) Rufius Volusianus besiegt und hingerichtet. 18 Usurpator: Gemeint ist Maxentius. 20 bei Verona: Constantin zog im Frühjahr 312 gegen Maxentius nach Italien. Er brachte Segusio (Susa), Turin

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und Mailand in seine Hand; bei einem Ausfall der Verteidiger von Verona fiel der Gardepräfekt Ruricius Pompeianus, woraufhin Constantin die Stadt Verona und auch Aquileia erobern konnte. - Tod des Vaters: Maximianus starb im Juli 310; vermutlich beging er Selbstmord (s. zu 39,17 und 48). 21 Herculius ... bemächtigt: Ende 306. 22 Schwiegersohn: Constantin hatte im Spätsommer 307 die Tochter des Maximianus, Fausta, geheiratet. 23 Saxa rubra: Die «Roten Felsen» sind eine vom Ianiculus (h. Gianicolo) aus sichtbare Felsengruppe, die sich 13 km nördlich von Rom an der Via Flaminia befindet. Ihren Namen hat sie von ihrer auffälligen Färbung. an der Milvischen Brücke: Die Milvische Brücke (h. ponte Molle) war Teil der Via Flaminia und führte nördlich von Rom über den Tiber. Maxentius hatte diese vor Constantin abbrechen und durch eine Schiffsbrücke ersetzen lassen. Auf der Flucht vor Constantin ertrank er hier im Tiber. - sechstes Jahr: Maxentius regierte genau sechs Jahre, vom 28. Oktober 306 bis zum 28. Oktober 312. 24 Ausgelassenheit und Freude: laetitia bedeutet eher die innere, gaudium eher die äußere Freude. - Geld ... zusammenschießen: Aus tetrarchischer Zeit existiert eine Liste mit den Namen von Senatoren, die jeder 400000 Sesterzen gezahlt haben (CIL 6,37118). Sie ist nicht genauer zu datieren. 25 Prätorianerlegionen ... gänzlich beseitigt: Constantin löste die Prätorianerkohorten auf und machte das Amt des Prätorianerpräfekten zum höchsten Zivilamt (s. zu 2,4 und 39,30). 26 Heiligtum der Stadtgöttin: Der Tempel der Venus und der Roma war schon von Maxentius restauriert worden. - Basilika: Die Maxentius- oder Constantinsbasili-

40,20-41,2

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ka, die ebenfalls schon von Maxentius begonnen worden war, aber erst von Constantin beendet wurde. Der Tempel des Romulus, der von Maxentius für seinen Sohn errichtet worden war, wurde dann für Constantin geweiht. 27 zum Baden bestimmtes Gebäude: die Constantinsthermen in Rom. 28 für das Flavische Geschlecht ein Priesteramt: Der genaue Name dieser Priesterschaft ist nicht bekannt. In einem Reskript an die Stadt Hispellum in Umbrien (CIL 11,5265 = D 705) erlaubte Constantin die Errichtung eines Tempels für die gens Flavia. Ein solcher Tempel brauchte selbstverständlich einen Priester oder eine Priesterschaft, doch ist sonst nichts weiter über diese bekannt. Aus Rom ist einpontifex Flaviaiis bezeugt (CIL 6,1690 = D 1240; C I L 6,1691. 1694). - Stadt Cirta: h. Constantine, in Numidien. Sie war von dem Usurpator Lucius Domitius Alexander erobert und zerstört worden. 4 1 , 1 zweijährige Herrschaft als Augustus: Maximinus Daia wurde Anfang Mai 310 von seinen Soldaten zum Augustus erhoben; er starb im Spätsommer 313, (s. zu 40,1). Aurelius Victor rechnet hier offenkundig vom Tod des Galerius Anfang Mai 3 1 1 an, als Maximinus senior Augustus (älterer Augustus, weil länger im Amt) wurde. - von Licinius geschlagen: Am 30. April 313 unterlag Maximinus Daia auf dem campus Serenus bei Adrianopel. - bei Tarsus den Tod: Tarsus liegt am Unterlauf des Kydnos im Westen Kilikiens in Kleinasien. 2 zwei: Constantin und Licinius. - verwandtschaftlich ... verbunden: Licinius hatte Anfang 313 die Schwester Constantins, Constantia, geheiratet. - drei Jahre lang: Die Chronologie dieser Zeit ist umstritten. Fest

Ij6

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steht, daß Constantin am 8. Oktober (wohl) 314 bei Cibalae (h. Vinkovci) einen Sieg über Licinius errang. Wann die beiden Frieden schlossen, ist indessen nicht genau bekannt, ob schon Ende 314 oder erst Anfang 317. Ab 320 kam es erneut zu Streitigkeiten, die erst im Herbst 324 mit der endgültigen Niederlage des Licinius endeten. Der von Aurelius Victor genannte Zeitraum von drei Jahren eines friedlichen Miteinanders deutet auf einen Friedensschluß im Jahr 317 hin. 4 Kreuzigung ... abschaffte: Das patibulum war ein Halsblock, der aus zwei Hälften bestand, die um den Hals des Verurteilten gelegt und an die seine Hände gebunden oder genagelt wurden. An diesem Block wurde der Verurteilte auf dem Richtplatz an einem Pfahl hinaufgezogen, so daß das patibulum die Querstange des Kreuzes bildete. Durch das Zerbrechen der Unterschenkel der Gekreuzigten wurden deren Leiden abgekürzt, weil der Körper, der zuvor durch die auf einem Pflock ruhenden Beine gestützt wurde, keinen Halt mehr fand. 6 der Bund erneuert: Der oben erwähnte Friedensschluß. - Crispus: Gaius Flavius Julius (oder Valerius) Crispus, der erste Sohn Constantins, den er mit seiner Konkubine Minervina hatte, wurde etwa 300 geboren und am 1. März 317 zum Caesar erhoben. - Constantin: Flavius Claudius Constantinus, * 7. August 316, Sohn Constantins und vermutlich der Fausta, wurde am 1. März 317 zum Caesar erhoben. - Licinianus: Valerius Licinianus Licinius, * Juli/August 315, Sohn des Licinius und der Constantia, der Schwester Constantins, wurde ebenfalls am 1. März 317 zum Caesar erhoben. 7 Sonnenfinsternis: vermutlich die ringförmige Sonnenfinsternis, die am 6. Juli 316 stattfand.

41,2 "41,12

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8 sechs Jahre: Am 3. Juli 324 siegte Constantin bei Adrianopel in Thrakien, dem heutigen Edirne, über Licinius, am 18. September 324 noch einmal bei Chrysopolis in Bithynien am Bosporus, dem heutigen Scutari. Chalkedon: vor der Gründung Konstantinopels die bedeutendste Stadt am Bosporus. Sie lag am Übergang in die Propontis, dem heutigen Marmarameer. Berühmt wurde sie vor allem durch ein Konzil im Jahre 451. 9 Martinianus: war magister officiorum (Vorsteher der kaiserlichen Büros) des Licinius, wurde von diesem nach dem 3. Juli 324 zum Augustus erhoben. Nach der Einnahme von Nicomedia wurde er am 19. September 324 von Constantin abgesetzt und nach Kappadokien verbannt. 325 ließ Constantin ihn töten. - vernichtet: Licinius hatte sich nach dem letzten Sieg Constantins am 18. September 324 ergeben und wurde mehrere Monate später (325) getötet. 10 Constantius: Flavius Julius Constantius, * 7. August 317, wurde am 8. November 324 zum Caesar erhoben. 1 1 der älteste: Crispus wurde im März 326 in Pola an der Südspitze Istriens hingerichtet. Die Gründe liegen im Dunkeln: Angeblich soll Crispus eine inzestuöse Beziehung zu seiner Stiefmutter Fausta gehabt haben; vielleicht handelte es sich aber auch um eine Verschwörung. - Caloc(a)erus war magister ρ e coris camelorum auf Zypern. 333/334 erhob er sich, um die Kaiserwürde zu usurpieren, doch wurde der Aufstand bald unterdrückt und Calocaerus gekreuzigt. 12 Gründung einer Stadt: Mit dem Bau der Gebäude für das «neue Rom» an der Stelle der alten Stadt Byzantium war bereits 324 begonnen worden, eingeweiht wurde Constantinopel am 1 1 . Mai 330. - Ordnung der Kulte:

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325 wurde in Nicaea das erste große christliche Konzil abgehalten, auf dem es unter anderem um die Streitigkeiten zwischen Alexander, dem Bischof der Stadt Alexandria, beziehungsweise seinem späteren Nachfolger Athanasius, und Arius ging; auch die Frage der Festlegung des Osterfestes wurde behandelt. - Neugliederung des Heerwesens: Constantin schied das Heer in Grenztruppen (limitanei) und Feldarmee (comitatenses), an deren Spitze jeweils zwei Heermeister, der magister equitum und peditum (Vorsteher der Reiterei beziehungsweise der Fußtruppen), standen. 13 Goten und Sarmaten: A m 20. April 332 siegte Constantin II. über die Goten, im Jahre 334 wurden die Sarmaten aus dem heutigen Banat vertrieben. - Constans: Flavius Constans, * 320 oder 323, wurde am 25. Dezember 333 zum Caesar erhoben. 15 Dalmatius: Flavius Julius Dalmatius (oder Delmatius), dessen Geburtsdatum unbekannt ist, wurde am 18. September 335 zum Caesar erhoben. 16 im32. Jahre ... im Alter von 62 Jahren: Constantin regierte vom 25. Juli 306 bis zum 22. Mai 337, also nicht ganz 31 Jahre. Davon hatte er fast 13 Jahre lang die Alleinherrschaft inne, vom 18. September 324 bis zum 22. Mai 337. Das Geburtsdatum Constantins ist unsicher (s. zu 40,2). Legt man die von Aurelius Victor angegebenen 62 Lebensjahre zugrunde, so wurde Constantin im Jahr 275 geboren. Überliefert sind ansonsten die Jahre 272,273 und 285. - gegen die Perser ziehen: Constantin befand sich auf dem Weg zu einem Kriegszug gegen die Perser, als er in der Nähe von Nikomedien starb. Die Todesursache ist unklar: Die Epitome de Caesarihus spricht von einer Krankheit (41,15), während Philostorgius (Hist. eccl. 2,16) die Möglichkeit erwähnt, daß Con-

41,12-41,22

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stantin von seinen Brüdern vergiftet wurde, wobei es sich aber höchstwahrscheinlich um eine Erfindung handelt, um die spätere Ermordung seiner Brüder zu rechtfertigen. 18 Lager und Kastelle ... errichtet: Zosimus (2,34) tadelt den Kaiser im Gegenteil, daß er die Grenzen, die er hätte verteidigen müssen, zugunsten der Städte, bei denen dies nicht so nötig gewesen sei, vernachlässigt habe. 20 Severus: Der Kaiser Septimius Severus (s. Kap. 20) stammte aus Lepcis Magna, einer Stadt der Tripolis. Marcus Boionius: der Kaiser Marcus Aurelius; s. auch Kap. 16. - Hipparchos von Nikaia (Nicaea): griechischer Astronom und Geograph, der um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. lebte, -allzu wenig Würdigen: Ähnliche Vorwürfe erheben auch Eutrop (10,7), Ammianus Marcellinus (16,8,12; 21,10,8) und Zosimus (2,38,1). 22 Dalmatius ... getötet: Dalmatius wurde vor dem 9. September 337 in Constantinopel ermordet. Aurelius Victor hält sich mit Verdächtigungen über den oder die Urheber zurück. Der spätere Kaiser Julianus bezichtigte in seiner Rede an die Athener ganz offen Constantius II. des Mordes (270c-d), ebenso Zosimus (2,40). Eutrop (10,9) ist etwas vorsichtiger, wenn er offenläßt, ob Constantius II. den Mord befahl oder bloß zuließ. - drei Jahre nach ... fällt ... Constantin: Anfang April 340 fiel Constantin II. im Kampf gegen seinen Bruder Constans. Constantin II. hatte versucht, eine Art Vormundschaft über seinen jüngeren Bruder zu erlangen, wogegen dieser sich zur Wehr setzte. Nach dem Tod Constantins II. in der Schlacht bei Aquileia erhielt Constans Gallien, Britannien und Spanien. - minimum maximumque bezieht sich hier auf Dalmatius Vater und Sohn.

28ο

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23 im zehnten Jahre nach seinem Triumph: Magnus Magnentius erhob sich am 18. Januar 350 in Augustodunum (h. Autun) zum Augustus. Constans wurde auf der Flucht in Helena, einem Ort am Rande der Pyrenäen, getötet. Magnentius wurde zunächst im Westen anerkannt, unterlag dann jedoch am 28. September 351 bei Mursa den Truppen Constantius' II. Nachdem er im Herbst 352 Italien verloren hatte, beging er am 10. August 353 in Lyon Selbstmord. - Bewegungen ... Einhaltgeboten: Constans hatte 341/342 gegen die Franken und ab 343 in Britannien gekämpft. 25 von barbarischer Abkunft: Magnentius war Laete, gehörte also einem germanischen Stamm an, der von den Römern als grundhörig vor allem im nördlichen Gallien angesiedelt worden war. 26 Vetranio: * vor 290 in Moesia superior, wurde auf Betreiben Constantinas, der ältesten Tochter Constantins I., am 1. März 350 in Sirmium zum Augustus erhoben. Am 2 5. Dezember 350 dankte er ab und starb 3 5 6 als Privatmann in Prusa in Bithynien. 42,1 zehn Monate: Vetranio «regierte» vom 1. März bis 25. Dezember 350. 5 unser Kaiser: Constantius II. 6 Nepotianus: Flavius Popilius Virius Nepotianus wurde am 3. Juni 350, also noch vor der Abdankung des Vetranio, zum Augustus erhoben. Er war der Sohn der Eutropia, der Schwester Constantins I. - Stadtpräfekten erschlagen: Derpraefectus urbi (s. zu 8,5) Fabius Titianus scheint zum Zeitpunkt der Erhebung nicht in Rom gewesen und dadurch dem Tod entgangen zu sein, denn nach der Niederlage des Nepotianus erhielt er seinen Posten zurück und behielt ihn bis zum Frühjahr 351. Gemeint ist wohl der praefectus praetorio (s. zu 2,4 und

41,23 "42>!3

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39)3°) Anicetus, der Nepotianus Widerstand leistete und getötet wurde (Zosimus 2,43,3-4). 8 am 27. Tage seiner Herrschaft: Nepotianus wurde am 30. Juni 350 zusammen mit seiner Mutter Eutropia getötet. 9 Decentius: Magnus Decentius wurde im Juli oder August 350, also nach der Ermordung des Nepotianus, von Magnentius zum Caesar ernannt. - Gallus: Claudius Gallus, * 325/326, wurde am 15. März 351 zum Caesar ernannt und erhielt den Namen Flavius Constantius. 10 drei Jahre lang: Magnentius regierte vom 18. Januar 350 bis zum 10. August 353. Er beging Selbstmord in Lyon. Decentius regierte bis zum 18. Oktober 353 und beging Selbstmord in Sens. Wie die beiden sich töteten, ist nicht überliefert. 11 Aufstand der Juden: Von einem Aufstand in Judäa berichten auch Hieronymus (Chron. ann. 352) und die Kirchenhistoriker Sozomenus (Hist. eccl. 4,7,5-6), Philostorgius (Hist, eccl., ed. Bidez, p. 222) und Socrates (Hist. eccl. 2,33). Der Name Patricius wird jedoch nirgends genannt. 12 Gallus ... sterben: Gallus wurde Ende 354 auf der Insel Flamona bei Pola hingerichtet. Neben Ammianus Marcellinus (14,7.9.11) und Eutrop (10,13), die sich beide sehr negativ über Gallus äußern, berichten Philostorgius (Hist. eccl. 3,28; 4,8) und Zosimus (2,5 5), daß Gallus das Opfer von Hofeunuchen und Verleumdern geworden sei. 13 im siebzigsten Jahre: Aurelius Victor rechnet hier vom Beginn der Tetrarchie im Jahr 284 an. Die Zeit der Alleinherrschaft Constantins I. zählt er insofern nicht mit, als dieser zwar alleiniger Augustus gewesen war, jedoch mehrere Caesares gehabt hatte. Die Zeit dieser

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völligen Alleinherrschaft Constantius' II. währte allerdings nicht lange. 14 Silvanas: ein Franke aus Gallien, wurde vermutlich am 1 1 . August 3 5 5 in Köln zum Augustus erhoben. Nach Ammianus Marcellinus (15,5) wurde er das Opfer einer Intrige (s. zu 42,16). 16 ungefähr am 28. Tage: Silvanus wurde am 7. September 355 von seinen Soldaten ermordet, auf Anstiften des Ursicinus, der von Constantius II. zur Niederschlagung des Aufstandes entsandt worden war. Ammianus Marcellinus war Augenzeuge des Vorganges (15,5). 17 Julian: Flavius Julianus, * Mai/Juni um 3 31, wurde am 6. November 355 zum Caesar ernannt und reiste sofort nach Gallien ab. In den Jahren 356-359 sicherte er die Rheingrenze gegen die immer wieder einbrechenden Alamannen, die er 357 bei Straßburg besiegte. - allbekannte Könige gefangennahm: Im Jahre 357 wurde der Frankenkönig Chnodomar nach der Schlacht bei Straßburg gefangengenommen, 360 oder 361 der Alamannenkönig Vadomar. 20 23 Jahre lang: Aurelius Victor schreibt im Jahr 360 noch vor dem Tod Constantius' II. (s. den Titel des Werkes). 21 Vorstoß der Perser abgewehrt: 338 war Saporii, in Mesopotamien eingefallen und hatte auch König Arsakes aus Armenien vertrieben. Constantius II. gelang es, Sapor zurückzuschlagen und Arsakes wieder einzusetzen. Im Frühjahr und Sommer 3 50 belagerte Constantius Nisibis. Im Herbst 359 dagegen gelang es den Persern, Amida einzunehmen, und zu Beginn des Jahres 360 fiel Sapor II. erneut in Mesopotamien ein. - Sarmaten ... König: Im Jahre 358 fand ein Feldzug gegen die Sarmaten statt. Nach Ammianus Marcellinus setzte Constantius

42,13 " 4

2

J

2 2

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283

anschließend den Sohn ihres vorigen Königs, Zizais, als neuen Herrscher ein (17,12,20). Z2 Gnaeus Pompeius hatte 66 v. Chr. den König von Armenien, Tigranes I., besiegt und ihn anschließend wieder in sein Amt eingesetzt.

ZUM TEXT

Der lateinische Text beruht auf der Ausgabe Sexti Aurelii Victoris Liber De Caesaribus, ree. Fr. Pichlmayr, corr. R. Gründel, Leipzig 1961. Er weicht an folgenden Stellen hiervon ab:

1,6 4,13 5,10

Pichlmayr:

Diese Ausgabe:

habitus t quamvis t nequaquam consuetudo,

dignus habitus quamvis , nec quidquam verecundiae est et externis satiata immanius excitatur peccandi consuetudo; incerta - doctrinaeque libidinum nefandarum

16,10 t incerta - doctrinae 23.2 t libidinum ferendarum 24,5 celebrio 26,1 Thydri 29,4 Bruti 33,31 tperduci 35,12 t simulata 40,17 haberetur 41.3 + admodum magna cetera 41,20 muneribus 42,3 fere 42,23 cibi

et celeberrimum Thysdri Abryti perdueto simulationi haberent admodum magna cetera magnificentia muneris ferro parcus cibi

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