Lehrbuch Orthopädie: Was man wissen muss [2 ed.] 9783662666203, 9783662666210, 3662666200

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Lehrbuch Orthopädie: Was man wissen muss [2 ed.]
 9783662666203, 9783662666210, 3662666200

Table of contents :
Vorwort 1. Auflage
Vorwort 2. Auflage
Inhaltsverzeichnis
Autorenverzeichnis
1 Gelenkübergreifende „Must knows“
1.1 Anamnese
1.2 Orthopädische Untersuchung
1.3 Therapieformen
1.3.1 Konservativ
1.3.2 Operativ
1.3.3 Trauma
1.4 Knochen-Umbau
1.5 Arthrose
1.6 Aseptische Osteonekrosen
2 Wirbelsäule
2.1 Anatomie
2.1.1 Knochen
2.1.2 Cervical
2.1.3 Thorakal
2.1.4 Lumbal und Sakral
2.1.5 Sagittale Balance
2.2 Rückenschmerzen
2.3 Spinalkanalstenose
2.4 Recessus-Stenose
2.5 Foramen-Stenose
2.6 Spondylolisthese
2.7 Cervicale Pathologien
2.7.1 Degenerative Veränderungen
2.7.2 Cervicale Myelopathie
2.8 Thorakolumbale Pathologien
2.8.1 Diskushernie
2.8.2 Osteochondrose
2.8.3 Cauda-equina-Syndrom
2.9 Frakturen – Stabile vs. Instabile Fraktur
2.9.1 C1-Frakturen
2.9.2 C2-Frakturen
2.9.3 Subaxiale Frakturen
2.9.4 Thorakolumbale Frakturen
2.10 Rückenmarksverletzungen
2.10.1 Spinaler Schock
2.10.2 Neurogener Schock
2.10.3 Komplette Rückenmarksverletzung
2.10.4 Inkomplette Rückenmarksverletzung
2.11 Skoliose
2.11.1 Adoleszente idiopathische Skoliose (AIS)
2.11.2 Kongenitale Skoliose
2.12 Morbus Scheuermann
2.13 Tumoren
2.13.1 Metastasen vs. Primärtumoren
2.14 Infektionen
2.14.1 Spondylodiszitis und Epiduralabszess
2.15 Systemische Erkrankungen
2.15.1 Diffuse Idiopathic Skeletal Hyperostosis (Syn: DISH/Morbus Forestier)
2.15.2 Ankylosierende Spondylarthropathie (Syn: M. Bechterew)
2.15.3 Klippel-Feil-Syndrom
2.16 Klinische Untersuchungen
2.16.1 „Polio“ Kraftgrade M0 bis M5
2.16.2 Sensibilität
2.16.3 Kennmuskulatur, sensible Dermatome und Muskeleigenreflexe
2.16.4 Wurzel-Stresstest
2.16.5 Reflexe
2.16.6 Gangbild
3 Schulter
3.1 Anatomie
3.1.1 Glenohumeralgelenk
3.1.2 Acromioclavicular-Gelenk (AC-Gelenk)
3.1.3 Sternoclavicular-Gelenk (SC-Gelenk)
3.1.4 Scapulothorakales Gleitlager
3.1.5 Die Rotatorenmanschette
3.1.6 Die lange Bizepssehne
3.2 Rotatorenmanschettenruptur (RM-Ruptur)
3.3 Frozen Shoulder
3.4 Omarthrose
3.5 Schulterluxation/-instabilität
3.6 Acromioclavicular (AC)-Gelenks-Verletzungen
3.7 Proximale Humerus-Fraktur
3.8 Humerusschaft Fraktur
3.9 Clavicula-Fraktur
3.10 Klinische Untersuchung der Schulter
3.10.1 Untersuchung des Subacromialraumes
3.10.2 M. supraspinatus (Funktion: Abduktion)
3.10.3 M. infraspinatus (Funktion: Außenrotation)
3.10.4 M. subscapularis (Funktion: Innenrotation)
3.10.5 Apprehension Tests
4 Ellbogen
4.1 Anatomie
4.2 Epicondylopathia humeri radialis/ulnaris (Epicondylitis radialis/ulnaris)
4.3 Ellbogeninstabilität
4.4 Radiuskopf/hals-Fraktur
4.5 Olecranon-Fraktur
4.6 Terrible Triad
4.7 Ellbogenarthrose
5 Hand
5.1 Anatomie
5.2 Karpaltunnelsyndrom
5.3 Tendovaginitis stenosans
5.4 Tendovaginitis de Quervain
5.5 Rhizarthrose
5.6 Fingerpolyarthrose
5.7 Handgelenksganglion
5.8 Dupuytrensche Kontraktur
5.9 Distale Radiusfraktur
5.10 Perilunäre Luxationsverletzung
5.11 Skaphoidfraktur und Skaphoidpseudarthrose
5.12 Metakarpalefraktur – Strahl II–V
5.13 Intraartikuläre Basisfraktur Metacarpale I
5.14 Phalanxfraktur
5.15 PIP-Luxation
5.16 Skidaumen
5.17 Malletfinger
5.18 Wichtige Untersuchungen
6 Hüfte
6.1 Anatomie
6.1.1 Hüftgelenk
6.1.2 Acetabulum
6.1.3 Femur
6.1.4 Neuromuskuläre Einheiten
6.2 Konventionelles Röntgen
6.3 Häufige Pathologien
6.4 Femoroacetabuläres Impingement
6.5 Hüftdysplasie beim Erwachsenen
6.6 Femurkopfnekrose
6.7 Coxarthrose
6.7.1 Das künstliche Hüftgelenk
6.7.2 Arthrodese
6.7.3 Resektionsarthroplastik (Girdlestone-Anlage)
6.8 „Periartikuläre“ Schmerzen
6.8.1 Peritrochantäres Schmerzsyndrom (Greater-trochanteric-pain-Syndrom = GTPS)
6.8.2 Bursitis trochanterica
6.8.3 Abduktorentendinopathie, Rupturen der Hüftabduktorensehnen
6.8.4 Coxa saltans externa
6.8.5 Coxa saltans interna
6.8.6 Adduktorentendinosen
6.9 Wichtige Untersuchungen
6.9.1 Funktionelle Tests
7 Knie
7.1 Anatomie
7.1.1 Kniegelenk
7.1.2 Freiheitsgrade
7.1.3 Gelenke und Gelenkkörper
7.1.4 Meniskus, Bandapparat, Gelenkkapsel, Sehnen
7.1.5 Patellofemorale Kinematik: Anatomie und die stabilisierenden Faktoren
7.2 Ligamentäre Verletzungen
7.2.1 Kreuzbänder
7.2.2 Seitenbänder
7.3 Meniskusläsionen
7.4 Patellofemorale Instabilität
7.5 Gonarthrose
7.6 Arthritis
7.7 Traumatologie (Knie)
7.7.1 Distale Femurfraktur
7.7.2 Proximale Tibiafraktur
7.7.3 Patellafraktur
7.8 Wichtige Untersuchungen
7.8.1 Inspektion
7.8.2 Funktionsprüfungen
8 Fuß
8.1 Anatomie und Biomechanik
8.1.1 Bewegungen und Achsen
8.2 Bildgebung
8.2.1 Konventionelles Röntgen
8.2.2 Computertomographie (CT)
8.2.3 Magnetresonanz (MRI)
8.3 Hallux Valgus
8.4 Hallux Rigidus
8.5 Pathologien des Sesamoid-Komplexes
8.6 Kleinzehendeformitäten
8.7 Morbus Köhler I und II
8.8 Morton Neurom
8.9 Lisfranc-Verletzung
8.10 Calcaneus-Frakturen
8.11 Talus-Frakturen
8.12 Arthrose am OSG
8.13 Pes Planovalgus
8.14 Pes Cavovarus
8.15 Achillessehnenruptur
8.16 Malleolarfrakturen
8.17 Syndesmosenverletzung
8.18 OSG-Distorsion mit lateraler Bandverletzung
8.19 Wichtige Untersuchungen
8.19.1 Inspektion
8.19.2 Palpation
8.19.3 Funktionelle Prüfung
9 Kinderorthopädie
9.1 Anatomie kindliche Hüfte
9.2 Hüftdysplasie
9.3 Morbus Perthes
9.4 Epiphyseolysis capitis femoris
9.5 Coxitis
9.6 Kongenitaler Klumpfuß
9.7 Flexibler Knick‑/Senkfuß
9.8 Zehenspitzengang
9.9 Beinachsenfehlstellung und Entwicklung
10 Technische Orthopädie
10.1 Grundlagen
10.1.1 Begriffe und Definitionen
10.2 Amputationen
10.2.1 Amputationen der unteren Extremität
10.2.2 Amputationen der oberen Extremitäten
10.3 Phantom und Phantomschmerzen
10.4 Prothesenversorgung
10.5 Prothesen für die obere Extremität
10.6 Orthesenversorgung
10.6.1 Klassifikation der Orthesen
10.6.2 Orthesentypen
10.7 Rehatechnik
10.8 Orthopädieschuhtechnik
11 Tumore des Bewegungsapparates
11.1 Begriffe
11.2 Abklärung (Diagnostik)
11.3 Benigne Knochen- und Weichteiltumore
11.3.1 Benigne Knochentumore
11.3.2 Benigne Weichteiltumore
11.4 Maligne Knochen- und Weichteiltumore
11.4.1 Maligne Knochentumore
11.4.2 Maligne Weichteiltumore
11.5 Knochenmetastasen
11.6 Chirurgische Prinzipien
11.6.1 Benigne Weichteil- und Knochentumore
11.6.2 Maligne Weichteil- und Knochentumore
12 Infektionen in der Orthopädie
12.1 Allgemeines
12.2 Erreger
12.3 Diagnose
12.4 Chirurgische Behandlung
12.5 Antibiotische Behandlung
12.6 Prophylaxe orthopädischer Infektionen
12.7 Chronische (implantat-freie) Osteomyelitis
12.8 Orthopädische Materialinfekte
12.9 Protheseninfektionen
12.10 Septische Arthritis
12.11 Diabetische Fußinfektionen

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Mazda Farshad Hrsg.

Lehrbuch Orthopädie Was man wissen muss 2. Auflage

Lehrbuch Orthopädie

Mazda Farshad (Hrsg.)

Lehrbuch Orthopädie Was man wissen muss 2. Auflage

Hrsg. Mazda Farshad Universitätsklinik Balgrist Zürich, Schweiz

ISBN 978-3-662-66620-3   ISBN  978-3-662-66621-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikro­verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Verantwortlich im Verlag: Renate Scheddin Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Gewidmet sei das Buch meiner Frau Nadja und meinen Töchtern Saena und Dena.

VII

Vorwort 1. Auflage Erkrankungen des Bewegungsapparates sind der häufigste Grund für Hospitalisationen und nach kardiovaskulären Erkrankungen der zweitgrößte Kostentreiber im Gesundheitswesen. Jeder Arzt wird im Verlaufe seiner Tätigkeit Patienten mit orthopädischen Erkrankungen begegnen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines Basiswissens muskuloskelettaler Erkrankungen, nicht zuletzt, weil teilweise das Verkennen dieser zu beachtlichen Folgen führen kann. Die Herausforderung für den Medizinstudenten, den Allgemeinmediziner oder auch den Facharztanwärter der Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparats liegt im Erfassen und in der Priorisierung der zahlreichen Erkenntnisse der Orthopädie. Dieses Buch ist eine Zusammenfassung des Basiswissens, der sogenannten „Must-knows“ der Orthopädie. Es dient einerseits dazu, die Übersicht zu behalten für diejenigen, welche Ärzte sind oder werden, aber keine Orthopäd(inn)en, und andererseits als Gedanken-Skelett für den Aufbau des Fachwissens für angehende Orthopäd(inn)en. Deshalb ist der Fokus auf den Inhalt gelegt, in Form von konzisen Stichwörtern. Die Kapitel sind von renommierten Spezialisten der Universitätsklinik Balgrist verfasst, die in ihren Spezialgebieten an der Spitze des Faches klinisch tätig sind und forschen. Sie sind Dozenten der Universität Zürich und erfahren in der Lehre und Didaktik. Ihnen gilt der spezielle Dank. Ebenfalls gilt der Dank Herrn Noah Gieriet, ein Zürcher Medizinstudent, der die Sicht eines Medizinstudenten und Lernenden eingebracht hat, unter der Betreuung von PD Dr. S. Bouaicha. Die informativen Illustrationen sind Frau Dalkowski zu verdanken, und das Entstehen des Buches wäre ohne die stete Unterstützung von Frau Scheddin und dem Springer-Verlag so effizient wohl nicht möglich gewesen. Dieses Buch ist Prof. em. Dr. Christian Gerber dediziert. Er hat sein Leben der Orthopädie gewidmet und in großen Schritten zu deren Evolution beigetragen. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre und dass Ihre Neugierde für dieses spannende Gebiet der Medizin entfacht wird. Prof. Dr. Mazda Farshad Zürich, April 2020

IX

Vorwort 2. Auflage In der zweiten aktualisierten Auflage wird das Basiswissen für Studenten und nichtorthopädisch tätigen Ärzten ergänzt mit dem jeweils spezifisch gekennzeichnetem „erweitertem Wissen“ für die Facharztprüfung Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates. Dies immer noch in der bewährten konzisen Form und zahlreichen Illustrationen. Spezieller Dank an Dr. Andreas Flury, welcher zusätzlich die Perspektive eines Facharztanwärters eingebracht hat. Ich wünsche Ihnen eine effiziente und inspirierende Lektüre. Prof. Dr. Mazda Farshad Zürich, Januar 2023

XI

Inhaltsverzeichnis 1

Gelenkübergreifende „Must knows“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Mazda Farshad

1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Orthopädische Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Therapieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Konservativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Operativ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Trauma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Knochen-Umbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Arthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Aseptische Osteonekrosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



2 2 2 2 2 3 3 4 4

2 Wirbelsäule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Mazda Farshad, Florian Wanivenhaus, José Spirig, Michael Betz, Ines Unterfrauner 2.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Knochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Cervical . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Thorakal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Lumbal und Sakral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5 Sagittale Balance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Rückenschmerzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Spinalkanalstenose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Recessus-Stenose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Foramen-Stenose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Spondylolisthese. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Cervicale Pathologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Degenerative Veränderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Cervicale Myelopathie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Thorakolumbale Pathologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.1 Diskushernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.2 Osteochondrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.3 Cauda-equina-Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Frakturen – Stabile vs. Instabile Fraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.1 C1-Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.2 C2-Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.3 Subaxiale Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.4 Thorakolumbale Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Rückenmarksverletzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.1 Spinaler Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.2 Neurogener Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.3 Komplette Rückenmarksverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.4 Inkomplette Rückenmarksverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



7 7 7 7 7 9 9 10 12 12 13 15 15 16 17 17 18 18 19 20 21 23 24 25 25 26 26 26

XII

Inhaltsverzeichnis

2.11 Skoliose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11.1 Adoleszente idiopathische Skoliose (AIS). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11.2 Kongenitale Skoliose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12 Morbus Scheuermann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13 Tumoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.13.1 Metastasen vs. Primärtumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.14 Infektionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.14.1 Spondylodiszitis und Epiduralabszess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.15 Systemische Erkrankungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.15.1 Diffuse Idiopathic Skeletal Hyperostosis (Syn: DISH/Morbus Forestier). . . . . . . . . . . . . . 2.15.2 Ankylosierende Spondylarthropathie (Syn: M. Bechterew) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.15.3 Klippel-Feil-Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16 Klinische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.1 „Polio“ Kraftgrade M0 bis M5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.2 Sensibilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.3 Kennmuskulatur, sensible Dermatome und Muskeleigenreflexe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.4 Wurzel-Stresstest. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.5 Reflexe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.16.6 Gangbild. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



27 27 31 32 33 33 33 33 34 34 34 35 36 36 36



36 40 42 42



3 Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Andreas Flury, Samy Bouaicha, Silvan Beeler, Elias Ammann, Karl Wieser 3.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Glenohumeralgelenk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Acromioclavicular-Gelenk (AC-Gelenk) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Sternoclavicular-Gelenk (SC-Gelenk) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Scapulothorakales Gleitlager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Die Rotatorenmanschette. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.6 Die lange Bizepssehne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Rotatorenmanschettenruptur (RM-Ruptur) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Frozen Shoulder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Omarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Schulterluxation/-instabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Acromioclavicular (AC)-Gelenks-Verletzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Proximale Humerus-Fraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Humerusschaft Fraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9 Clavicula-Fraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10 Klinische Untersuchung der Schulter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1 Untersuchung des Subacromialraumes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.2 M. supraspinatus (Funktion: Abduktion). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.3 M. infraspinatus (Funktion: Außenrotation). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.4 M. subscapularis (Funktion: Innenrotation). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.5 Apprehension Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



44 44 44 45 45 45 45 46 48 49 51 54 55 57 59 61 61 61 62 63 63

XIII Inhaltsverzeichnis

4 Ellbogen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Andreas Flury, Samy Bouaicha, Silvan Beeler, Elias Ammann, Karl Wieser 4.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Epicondylopathia humeri radialis/ulnaris (Epicondylitis radialis/ulnaris) . . . . . . . . . 4.3 Ellbogeninstabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Radiuskopf/hals-Fraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Olecranon-Fraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Terrible Triad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Ellbogenarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



66 66 67 68 69 71 72

5 Hand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Andreas Weber, Lisa Reissner, Lea Estermann, Ladislav Nagy, Andreas Schweizer 5.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Karpaltunnelsyndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Tendovaginitis stenosans. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Tendovaginitis de Quervain. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Rhizarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Fingerpolyarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Handgelenksganglion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Dupuytrensche Kontraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Distale Radiusfraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Perilunäre Luxationsverletzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.11 Skaphoidfraktur und Skaphoidpseudarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.12 Metakarpalefraktur – Strahl II–V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.13 Intraartikuläre Basisfraktur Metacarpale I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.14 Phalanxfraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.15 PIP-Luxation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.16 Skidaumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.17 Malletfinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.18 Wichtige Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 77 78 79 79 81 82 83 83 87 89 91 92 92 93 94 95 97

6 Hüfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Patrick Zingg, Andreas Flury, Lazaros Vlachopoulos, Madlaina Schöni 6.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.1.1 Hüftgelenk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.1.2 Acetabulum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.1.3 Femur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6.1.4 Neuromuskuläre Einheiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 6.2 Konventionelles Röntgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 6.3 Häufige Pathologien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.4 Femoroacetabuläres Impingement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 6.5 Hüftdysplasie beim Erwachsenen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 6.6 Femurkopfnekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.7 Coxarthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 6.7.1 Das künstliche Hüftgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 6.7.2 Arthrodese. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 6.7.3 Resektionsarthroplastik (Girdlestone-Anlage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6.8 „Periartikuläre“ Schmerzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

XIV

Inhaltsverzeichnis

6.8.1 6.8.2 6.8.3

Peritrochantäres Schmerzsyndrom (Greater-trochanteric-pain-Syndrom = GTPS). . . . Bursitis trochanterica. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abduktorentendinopathie, Rupturen der Hüftabduktorensehnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.4 Coxa saltans externa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.5 Coxa saltans interna. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.6 Adduktorentendinosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Wichtige Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.1 Funktionelle Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 125 126 127 127 127 128 129

7 Knie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Andreas Flury, Leo Kronberger, Sandro Fucentese 7.1 Anatomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Kniegelenk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Freiheitsgrade. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Gelenke und Gelenkkörper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.4 Meniskus, Bandapparat, Gelenkkapsel, Sehnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.5 Patellofemorale Kinematik: Anatomie und die stabilisierenden Faktoren. . . . . . . . . . . 7.2 Ligamentäre Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Kreuzbänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Seitenbänder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Meniskusläsionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Patellofemorale Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Gonarthrose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Arthritis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Traumatologie (Knie). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Distale Femurfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Proximale Tibiafraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.3 Patellafraktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Wichtige Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.1 Inspektion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8.2 Funktionsprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

134 134 134 134 134 136 137 137 141 143 145 148 149 151 151 152 153 154 154 154

8 Fuß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Andreas Flury, Ines Unterfrauner, Stephan Wirth 8.1 Anatomie und Biomechanik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 8.1.1 Bewegungen und Achsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 8.2 Bildgebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 8.2.1 Konventionelles Röntgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 8.2.2 Computertomographie (CT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 8.2.3 Magnetresonanz (MRI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 8.3 Hallux Valgus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 8.4 Hallux Rigidus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 8.5 Pathologien des Sesamoid-Komplexes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 8.6 Kleinzehendeformitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 8.7 Morbus Köhler I und II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

XV Inhaltsverzeichnis

8.8 Morton Neurom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9 Lisfranc-Verletzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.10 Calcaneus-Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.11 Talus-Frakturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12 Arthrose am OSG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.13 Pes Planovalgus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14 Pes Cavovarus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.15 Achillessehnenruptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.16 Malleolarfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.17 Syndesmosenverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.18 OSG-Distorsion mit lateraler Bandverletzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.19 Wichtige Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.19.1 Inspektion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.19.2 Palpation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.19.3 Funktionelle Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176 177 178 179 180 181 183 184 186 188 189 191 191 193 194

9 Kinderorthopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Thomas Dreher, Sandro Canonica, Arend Nieuwland, Kerstin Schneider 9.1 Anatomie kindliche Hüfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Hüftdysplasie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Morbus Perthes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Epiphyseolysis capitis femoris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Coxitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Kongenitaler Klumpfuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.7 Flexibler Knick‑/Senkfuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8 Zehenspitzengang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9 Beinachsenfehlstellung und Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

198 198 200 203 205 206 207 208 210

Technische Orthopädie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Thomas Böni, Felix Waibel, Martin Berli

10.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Begriffe und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Amputationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.1 Amputationen der unteren Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.2 Amputationen der oberen Extremitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Phantom und Phantomschmerzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Prothesenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Prothesen für die obere Extremität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Orthesenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.1 Klassifikation der Orthesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.2 Orthesentypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 Rehatechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8 Orthopädieschuhtechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214 214 215 215 218 218 219 220 220 220 221 221 221

XVI

11

Inhaltsverzeichnis

Tumore des Bewegungsapparates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Daniel Müller, Lukas Jud

11.1 Begriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Abklärung (Diagnostik). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Benigne Knochen- und Weichteiltumore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Benigne Knochentumore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Benigne Weichteiltumore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Maligne Knochen- und Weichteiltumore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Maligne Knochentumore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Maligne Weichteiltumore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Knochenmetastasen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Chirurgische Prinzipien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.1 Benigne Weichteil- und Knochentumore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.2 Maligne Weichteil- und Knochentumore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

224 224 226 226 232 233 233 235 236 237 237 237

Infektionen in der Orthopädie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Ilker Uçkay

12.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Erreger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Chirurgische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Antibiotische Behandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Prophylaxe orthopädischer Infektionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7 Chronische (implantat-freie) Osteomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8 Orthopädische Materialinfekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.9 Protheseninfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.10 Septische Arthritis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.11 Diabetische Fußinfektionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240 240 240 241 242 243 243 243 244 244 244

XVII

Autorenverzeichnis Herausgeber

Farshad, Mazda, Prof. Dr. med., MPH  Medizinischer Spitaldirektor, Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]

Autorinnen und Autoren

Ammann, Elias, Dr. med.  [email protected] Beeler, Silvan, PD Dr. med.  [email protected] Berli, Martin, PD Dr. med.  [email protected]

Kantonsspital Baden AG, Im Ergel 1, CH-5404 Baden,

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Betz, Michael, PD Dr. med.  [email protected]

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Böni, Thomas, KD Dr. med.  [email protected]

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Bouaicha, Samy, PD Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Canonica, Sandro, Dr. med.  Universitätskinderspital Zürich, Steinwiesstrasse 75, CH-8032 Zürich, [email protected] Dreher, Thomas, Prof. Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist und , Universitätskinderspital Zürich, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Estermann, Lea, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Flury, Andreas, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Fucentese, Sandro, Prof. Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]

XVIII

Autorenverzeichnis

Jud, Lukas, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Kaiser, Dominik, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]) Kronberger, Leo, Dr. med. univ.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Müller, Daniel, PD Dr. med.  [email protected]

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Nagy, Ladislav, Prof. Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Nieuwland, Arend-Jan, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Reissner, Lisa, PD Dr. med.  [email protected]

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Schenk, Pascal, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Schneider, Kerstin, Dr. med.  Universitätskinderspital Zürich, Steinwiesstrasse 75, CH-8032 Zürich, [email protected] Schöni, Madlaina, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Schweizer, Andreas, Prof. Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Spirig, José, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Uçkay, Ilker, Prof. Dr. med.  [email protected]

Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich,

Unterfrauner, Ines, Dr. med., MBA PHM   Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]) Vlachopoulos, Lazaros, PD Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Waibel, Felix, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]

XIX Autorenverzeichnis

Wanivenhaus, Florian, Dr. med. univ.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Weber, Andreas, Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Wieser, Karl, PD Dr. med., MBA  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Wirth, Stephan PD Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected] Zingg, Patrick, Prof. Dr. med.  Universitätsklinik Balgrist, Forchstrasse 340, CH-8008 Zürich, [email protected]

1

Gelenkübergreifende „Must knows“ Mazda Farshad Inhaltsverzeichnis 1.1

Anamnese – 2

1.2

Orthopädische Untersuchung – 2

1.3

Therapieformen – 2

1.3.1 1.3.2 1.3.3

Konservativ – 2 Operativ – 2 Trauma – 3

1.4

Knochen-Umbau – 3

1.5

Arthrose – 4

1.6

Aseptische Osteonekrosen – 4

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_1

1

Kapitel 1 • Gelenkübergreifende „Must knows“

2

1

1.1 Anamnese

Die 90-s-Regel: 90s Patient ununterbrochen ausreden lassen → sonst Verlust wichtigster Infos. Selten brauchen Patienten > 90 s (Marvel JAMA 1999 und Imran Ir J Med Sci. 2019). 1.2

Orthopädische Untersuchung

1. Inspektion (Deformitäten, Gangbild, Varus/Valgus etc.) 2. Palpation 3. Funktionsprüfung (ROM [Neutral-Null-Methode], Gelenksstabilität etc.) 4. Spezifische neurologische Untersuchung 1.3 Therapieformen 1.3.1 Konservativ

---

Medikamentös/chemisch (Schmerzmittel, Corticosteroid-Infiltration etc.) Physio‑, Ergotherapie Physikalische Therapie (Kälte, Wärme, TENS etc.) Immobilisation (Gips > Schiene > Verband) CAVE: Thromboseprophylaxe Orthese, Korsette: Funktionsunterstützung und Führung (siehe Kapitel „Technische Orthopädie“)

1.3.2 Operativ Gelenkserhaltung

Umstellungsosteotomie, Arthroskopie, Knorpelplastik, Bandrekonstruktion Gelenksersatz

Prothese (zementiert, unzementiert: je nach anatomischer Region und Knochendichte) Materialen in der Orthopädie  (abnehmendes Elastizitätsmodul): Keramik > Co-Cr

> Chirurgischer Stahl > Titan > Kortikaler Knochen > Polymere > PMMA (Zement) > Polyethylene > Spongiosa > Sehnen/Ligamente > Knorpel Abriebverhalten künstliches Gelenk  Keramik-Keramik 0,0005 mm/Jahr  80 %), erhöhtes CRP Arthrodese

Arthrodese-Winkel: Schulter: 15–20° Abduktion, 20–25° Flexion, 40–50° Innenrotation Ellbogen: 90° Flexion, leichte Pronation Hand: MCP 20–30°, PIP: 40–50°, DIP 15–20°, Daumengelenke: je ca. 20° Flexion Hüfte: 25–30° Flexion, 0–5° Adduktion, 0° Rotation. Knie: 0–5° Valgus, 10–15° Flexion OSG: 0° Flexion, 5–10° Außenrotation, 5° Valgus Amputation

siehe Kapitel „Technische Orthopädie“ 1.3.3 Trauma

--

Osteosynthese

Spickdraht (v. a. pädiatrisch) Platte: Winkelstabil (totale Stabilität) oder überbrückend (anatomische Stabilität) Zuggurtung: Umwandlung von Muskelzug-Kraft in Kompressionskraft auf Frakturspalt Nagelung: intramedular (statisch und dynamisch verriegelt), meist direkt belastbar

Fixateur externe

Konstrukt stabiler, wenn: große Pin-Durchmesser, Pins in verschiedenen Ebenen, großer Abstand der Pins (2 Pins nahe der Fraktur und 2 Pins so weit weg wie möglich [„near-near, far-far“]) und kleinstmöglicher Abstand zwischen Knochen und Stab. Fixateur interne

Beispielsweise bei Wirbelkörperfraktur, Materialentfernung nach Frakturheilung. 1.4 Knochen-Umbau

Wolffs Gesetz: Knochen-Remodeling ist abhängig von der Last: Last-Erhöhung → Verdichtung der Trabekel Hueter-Volkmann-Gesetz: chronisch übermäßige Kompressionskraft vermindert und Zugkraft stimuliert enchondrales Wachstum (wichtig für Verständnis der Skoliose)

1

Kapitel 1 • Gelenkübergreifende „Must knows“

4

1

1.5 Arthrose

Radiologisch: Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten, Subchondrale Zysten und Sklerose.

Gelenkspaltverschmälerung

1.6

Aseptische Osteonekrosen

Pathogenese  unbekannt, am ehesten Mikro-Ischämie (RF: Rauchen, Sichelzellanä-

mie, Mikrotrauma etc.); Details: siehe jeweilige Kapitel. Eigenname

Ort

„typisch“

M. Köhler 1

Os Naviculare pedis

v. a. Knaben

M. Köhler 2

Caput metatarsale II > III

v. a. Mädchen

M. Perthes

Femurkopf

v. a. Knaben

M. Schlatter

Tiabia Apophyse

v. a. Knaben

M. Kienböck

Lunatum

v. a. junge Männer

Osteochondrosis dissecans

Femurkondylus medial > lateral

v. a. junge Männer

M. Kümmell

Vertebra

Alte Menschen

5

Wirbelsäule Mazda Farshad, Florian Wanivenhaus, José Spirig, Michael Betz, Ines Unterfrauner Inhaltsverzeichnis 2.1

Anatomie – 7

2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5

Knochen – 7 Cervical – 7 Thorakal – 7 Lumbal und Sakral  –  7 Sagittale Balance – 9

2.2

Rückenschmerzen – 9

2.3

Spinalkanalstenose – 10

2.4

Recessus-Stenose – 12

2.5

Foramen-Stenose – 12

2.6

Spondylolisthese – 13

2.7

Cervicale Pathologien – 15

2.7.1 2.7.2

Degenerative Veränderungen – 15 Cervicale Myelopathie – 16

2.8

Thorakolumbale Pathologien – 17

2.8.1 2.8.2 2.8.3

Diskushernie – 17 Osteochondrose – 18 Cauda-equina-Syndrom – 18

2.9

Frakturen – Stabile vs. Instabile Fraktur  –  19

2.9.1 2.9.2 2.9.3 2.9.4

C1-Frakturen – 20 C2-Frakturen – 21 Subaxiale Frakturen – 23 Thorakolumbale Frakturen – 24

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_2

2

2.10

Rückenmarksverletzungen – 25

2.10.1 2.10.2 2.10.3 2.10.4

Spinaler Schock – 25 Neurogener Schock – 26 Komplette Rückenmarksverletzung – 26 Inkomplette Rückenmarksverletzung – 26

2.11

Skoliose – 27

2.11.1 Adoleszente idiopathische Skoliose (AIS)  –  27 2.11.2 Kongenitale Skoliose – 31

2.12

Morbus Scheuermann – 32

2.13

Tumoren – 33

2.13.1

Metastasen vs. Primärtumoren  –  33

2.14

Infektionen – 33

2.14.1

Spondylodiszitis und Epiduralabszess  –  33

2.15

Systemische Erkrankungen – 34

2.15.1

Diffuse Idiopathic Skeletal Hyperostosis (Syn: DISH/Morbus Forestier) – 34 2.15.2 Ankylosierende Spondylarthropathie (Syn: M. Bechterew) – 34 2.15.3 Klippel-Feil-Syndrom – 35

2.16

Klinische Untersuchungen – 36

2.16.1 „Polio“ Kraftgrade M0 bis M5  –  36 2.16.2 Sensibilität – 36 2.16.3 Kennmuskulatur, sensible Dermatome und Muskeleigenreflexe – 36 2.16.4 Wurzel-Stresstest – 40 2.16.5 Reflexe – 42 2.16.6 Gangbild – 42

7 2.1 • Anatomie

2.1 Anatomie 2.1.1 Knochen 33 Wirbelkörper – 7 Cervical (C), 12 Thorakal (Th), 5 Lumbal (L), 5 Sakral (S) (fusioniert) und 4 Coccygeal (Co) (fusioniert) Sagittales Alignment – C: Lordose, Th: Kyphose, L: Lordose, S: Kyphose 2.1.2 Cervical C0 (Occiput)/C1 Gelenk – 50 % der Flexion und Extension der Halswirbelsäule (HWS) C1/2 Gelenk (Atlantoaxial) – 50 % der Rotation der HWS, Stabilisator = Ligamentum

transversum Rheumatoide Arthritis (RA) – CAVE: Pannusformation im Atlanto-Axialen Gelenk

→ führt zu Instabilität (HWS-Röntgen immer vor elektiver orthopädischer OP bei festgestellter RA) C2–7 – Foramina transversaria (intraforaminaler Verlauf der A. vertebralis von C6 bis C1; Seiten-Dominanz der A. vertebralis: 50 % der Bevölkerung links, 25 % rechts, 25 % mit beidseits ähnlichem Kaliber), bifide Proc. spinosi (Ausnahme C7) nnErweitertes Wissen Das Setzen von Pedikelschrauben von C3–6 ist aufgrund der kleinen Pedikel schwierig, eine Alternative sind Massa lateralis Schrauben. Ausrichtung der Facettengelenksflächen: 0° koronal, 45° sagittal

2.1.3 Thorakal Allgemein – Steifste Region aufgrund Rippenkasten Thorakale Kyphose – 35–45° Pedikelwand – Medial doppelt so dick wie lateral Th4 – Kleinster Pedikeldurchmesser thorakolumbal Th12 – Hat einen größeren Pedikeldurchmesser als L1 Facettengelenke – Gelenksflächen: 20° koronal, 55° sagittal 2.1.4

Lumbal und Sakral

Lumbale Lordose – Ca. 60–66 % dieser Lordose wird in den Segmenten L4-Sacrum

gebildet Spondylolyse – Defekt in der Pars interarticularis: Häufigster Grund für Rücken-

schmerzen bei Kindern und Jugendlichen

2

8

Kapitel 2 • Wirbelsäule

zz Bandstrukturen

2

– – – – –

Anteriores longitudinales Ligament (ALL) Posteriores longitudinales Ligament (PLL) Ligamentum flavum Lig. amentum und interspinale Lig. amentum

nnErweitertes Wissen Alle Bandstrukturen bestehen aus Kollagen Typ I mit Ausnahme des Ligamentum flavum (Elastin).

Facettengelenke – Gelenksflächen: 50° koronal, 90° sagittal Bandscheibe – Anulus fibrosus =  Kollagen Typ  I, Nucleus pulposus =  Kollagen

Typ II und hoher Anteil an Polysacchariden und Wasser Rückenmark (RM) – Erstreckt sich vom Hirnstamm bis etwa L1, dort Termination als Conus medullaris. Nach L1 Cauda equina bzw. Cauda-Fasern Aszendierende Bahnen (Sensorik)

– Posteriore Funiculi (dorsaler Trakt) leiten Tast‑, Vibrationssinn und Propriozeption – Lateraler spinothalamischer Trakt leitet Schmerz- und Temperaturempfinden – Ventraler spinothalamischer Trakt leitet feines Berührungsempfinden Deszendierende Bahnen (Motorik) – Lateraler und ventraler corticospinaler Trakt leiten

willkürliche Muskelkontraktur. Motorik der oberen Extremität liegt zentraler/medialer als die der unteren Extremität, daher betrifft das „Central Cord Syndrom“ mehr die oberen als die unteren Extremitäten Besonderheiten Absteigende Bahnen (motorisch) Laterale absteigende Bahn • Bahnen der oberen Extremität sind medialer (zentraler)

Aufsteigende Bahnen (sensorisch) Dorsale Bahnen • „Deep touch“ • Vibration • Propriozeption Laterale spinothalamische Bahn • Schmerz • Temperatur

Ventrale korticospinale Bahn

Ventrale spinothalamische Bahn • „Light touch“

Absteigende und Aufsteigende Bahnen im Rückenmark

Nervenwurzeln – 8× C, 12× Th, 5× L, 5× S, 1× Co (= 31 insgesamt). Können recessal

und/oder foraminal komprimiert werden

9 2.2 • Rückenschmerzen

Cervical – Nervenwurzel tritt über dem korrespondierenden Wirbelkörper aus (C6 tritt

aus Foramen C5/6 aus). Nervenwurzel verläuft horizontal bis zum Austritt (Diskushernie C5/6 kann Nervenwurzel C6 sowohl foraminal als auch recessal komprimieren). Nervenwurzel C8 hat keinen korrespondierenden Wirbelkörper (tritt aus Foramen C7/Th1 aus). Lumbal – Die Nervenwurzel verläuft vertikal, passiert das Bandscheibenfach über dem korrespondierenden Wirbelkörper und tritt aus dem Foramen intervertebrale unter dem Pedikel des korrespondierenden Wirbels aus (Diskushernie L4/5 mit recessaler Kompression = Nervenwurzel L5 betroffen; Diskushernie L4/5 mit foraminaler Kompression = Nervenwurzel L4 betroffen) 2.1.5

Sagittale Balance

-

zz Globale Balance

Aufgrund cervicaler Lordose, thorakaler Kyphose und lumbaler Lordose. Normales Alignment: Die vertikale Achse (C7 Sagittal Plumb Line) läuft im lateralen Röntgen vom Zentrum von HWK7 innerhalb 2 cm der posterioren Kante der Deckplatte von SWK1. Eine normale sagittale Balance ist assoziiert mit einem besseren postoperativen Outcome. Positive Dysbalance: Die C7 Sagittal Plumb Line verläuft > 2 cm anterior der posterioren Kante der Deckplatte von SWK1. Negative Dysbalance: Die C7 Sagittal Plumb Line verläuft > 2 cm posterior der posterioren Kante der Deckplatte von SWK1. zz Spinopelvine Parameter

Pelvic Incidence (fixer individueller Wert zwischen 35–85°) = Pelvic Tilt (veränderbar) + Sacral Slope (veränderbar), bestimmt relative Position des Os Sacrum zu den Femurköpfen. Pelvic Incidence = Winkel im lateralen Röntgen zwischen Verbindungslinie Zentrum Deckplatte SWK1-Mittelpunkt Femurköpfe und Senkrechte auf Zentrum Deckplatte SWK1 Pelvic Tilt = Winkel im lateralen Röntgen zwischen Verbindungslinie Zentrum Deckplatte SWK1-Mittelpunkt Femurköpfe und Vertikalen Sacral Slope = Winkel im lateralen Röntgen zwischen Deckplatte SWK1 und Horizontalen

-

Pelvic Incidence = Lumbale Lordose ± 10°. Wichtig bei einer sagittalen Korrektur, wobei die lumbale Lendenlordose ± 10° an die Pelvic Incidence (vorgegeben) angepasst werden soll. 2.2 Rückenschmerzen zz Epidemiologie

Lebenszeitprävalenz bei > 80 %

2

Kapitel 2 • Wirbelsäule

10

2

Alter des Patienten

Wahrscheinliche Pathologie

Kinder

Kongenitale‑, Entwicklungsstörungen Infektionen

Junge Patienten

Bandscheibenvorfall Spondylolyse/Spondylolisthese Frakturen Morbus Scheuermann

Ältere Patienten

Spinalkanalstenose Osteochondrose Facettengelenksarthrose Osteoporotische Frakturen Knochenmetastasen

-

zz Besonderheiten

> 50 % aller Patienten, die wegen Rückenschmerzen einen Arzt aufsuchen, erholen sich innerhalb einer Woche, 90 % innerhalb von 1–3 Monaten 50 % aller Patienten mit radikulären Schmerzen erholen sich innerhalb von 4–6 Wochen. Falls nach 6 Wochen unter konservativer Therapie weiterhin Beschwerden bestehen, sind weitere Untersuchungen (z. B. MRI) indiziert, bei motorischen Defiziten frühzeitig Red flags: Infektion (i. v. Drogenabusus, Fieber, Schüttelfrost), Tumor (B-Symptomatik), Trauma, Cauda-equina-Syndrom

zz Differentialdiagnosen

Nephrolithiasis, Aortenaneurysma, Coxarthrose, Bursitis trochanterica 2.3 Spinalkanalstenose

--

zz Epidemiologie

Prävalenz: > 40 Jahre = 4 % 60–69 Jahre = 19,4 % > 80 Jahre = > 80 % Betrifft v. a. L4/5. Risikofaktoren: Kaukasier, Adipositas, kongenitale spinale Anomalien zz Ätiologie

Zentrale Stenose: Hypertrophiertes Lig. flavum, Facettengelenksarthrose oder -zyste, Diskusprotrusion, Spondylolisthese zz Pathogenese

Kompression des Duraschlauches zz Klinik

Erzeugt Schmerzen lumbal oder beidseits im Gesäß und Sensibilitätsstörungen bei längerem Gehen/Stehen (v. a. im Gesäß und Oberschenkel). Inklination führt zu einer

11 2.3 • Spinalkanalstenose

Schmerzreduktion (Spinalkanal erweitert, da Ligg. flava und dorsale Bandscheibenanteile gestreckt werden). Merkmale der neurogenen Claudicatio zur Unterscheidung von der Claudicatio intermittens (vaskuläre Claudicatio): Schmerz strahlt von proximal nach distal. Fußpulse tastbar. Keine Schmerzen beim Fahrradfahren.

-

zz Klassifikation

nach Schizas: im axialen MRI Grad A: keine oder minime Stenose – A1: Nerven liegen dorsal, füllen  50 % des Duraschlauches – A4: Nerven liegen zentral und füllen nahezu den gesamten Duraschlauch aus Grad B: moderate Stenose, Nerven füllen den gesamten Duraschlauch aus, können aber noch einzeln abgegrenzt werden Grad C: schwere Stenose, Nerven können nicht abgegrenzt werden, kein Liquor abgrenzbar, epidurales Fett posterior vorhanden Grad D: extreme Stenose, wie Grad C aber ohne epidurales Fett posterior zz Diagnose

Anamnese und MRI oder Myelo-CT (falls MRI nicht möglich aufgrund Herzschrittmacher, Neurostimulator) zz Therapie

Konservativ: Epidurale Infiltration (Corticosteroide) Operativ: Dekompression (Indikation: konservativ nicht beherrschbar oder neurologische Ausfälle); Vorgehen: vom oberen Pedikel zu unterem Pedikel dekomprimieren, zusätzliche Spondylodese bei Segment-Instabilität (Spondylolisthese, Resektion > 50 % der Facettengelenke), alternativ Vertebropexie bei ausgesuchter Indikation (Farshad et al, ESJ 2023) a

b

78 jährige Patientin mit Claudicatio spinalis Symptomatik bei schwerer Spinalkanalstenose L3/4 (b), im Segment L2/3 (a) zeigt sich im Vergleich ein regelrecht weiter Spinalkanal.

2

Kapitel 2 • Wirbelsäule

12

2.4 Recessus-Stenose

2

---

zz Definition durch folgende Begrenzungen

Posterior = Proc. superior des Facettengelenkes Medial = Duraschlauch Lateral = Pedikel Anterior = posterolateraler Wirbelkörper

Recessus-Stenosen führen zu einer Kompression einzelner Nervenwurzeln. Assoziiert mit Facettengelenksarthrose und Diskusdegeneration zz Therapie

Konservativ: Epidurale Infiltration oder Nervenwurzelinfiltration Operativ: Dekompression mittels Laminotomie und Recessotomie (Indikation: konservativ nicht beherrschbar oder neurologische Ausfälle) zz Komplikation

Kommt es zu einem Dura-Riss (etwa 4 %), soll dieser wasserdicht verschlossen werden. Dies hat keine negativen Langzeit-Folgen für den Patienten.

Patient mit recessaler Spinalkanalstenose L4/5

2.5 Foramen-Stenose

-

zz Definition durch folgende Begrenzungen

Superior/inferior = Pedikel

13 2.6 • Spondylolisthese

--

Posterior = Facettengelenk Anterior = Wirbelkörper und Diskus

Foramen-Stenosen führen zur Kompression einer einzelnen Nervenwurzel (z. B. L4 bei L4/5). zz Therapie

Konservativ: Nervenwurzelinfiltration Operativ: Spondylodese mit Implantation eines intervertebralen Cages zur Aufrichtung des Neuroforamens falls nicht mittels extraforaminaler Diskektomie beherrschbar, alternativ endoskopische Techniken zz Komplikation

Risiko der Anschlusssegmentdegeneration nach Spondylodese liegt bei etwa 30 % nach 10 Jahren 2.6 Spondylolisthese zz Pathogenese

Gleiten des proximalen Wirbelkörpers über den distalen Wirbelkörper nach anterior zz Klassifikation

Wiltse-Newman Typ I: – dysplastisch = kongenitaler Defekt der Pars Typ IIA: – isthmisch = Fatigue-Fraktur der Pars (betrifft v. a. L5/S1), mit Spondylolyse = Stressfraktur der Pars interarticularis (häufig bei Hyperextension, z. B. Ballett) Typ IIB: – isthmisch = Elongation der Pars Typ IIC: – isthmisch = akute Fraktur der Pars Typ III: – degenerativ = Facettengelenksinstabilität ohne Fraktur der Pars (betrifft v. a. L4/5) Typ IV: – traumatisch = akute Fraktur des hinteren Bogens Typ V: – neoplastisch = pathologische Destruktion der Pars Meyerding Grad I: –  30°, zur Rekonstruktion der vorderen Säule (CAVE: Zwerchfell-Höhe beachten) ggf. kombiniert anterior (Korpektomie) und posterior (Fusion) Vertebro‑/Kyphoplastik: Nur bei absolut nicht beherrschbaren Kompressions-Frakturen (Schmerzen)

---

Bei pathologischen Frakturen soll eine Osteoporose-Abklärung oder Biopsie (bei neoplastischen Frakturen) stattfinden. Zur Beurteilung der Stabilität von neoplastischen pathologischen Frakturen wird der Spinal Instability Neoplastic Score (SINS) verwendet. 2.10 Rückenmarksverletzungen

Gründliche neurologische Untersuchung zur Dokumentation des distalsten verbliebenen funktionellen (= unbeschädigten) Niveaus ist entscheidend und wird anhand der Standards der American Spine Association durchgeführt.

--

Klassifikation der American Spinal Injury Association (ASIA-Klassifikation): ASIA A: 0/5 motorische Funktion, komplettes sensorisches Defizit ASIA B: 0/5 motorische Funktion, inkomplettes sensorisches Defizit ASIA C: > 50 % der Kennmuskulatur unterhalb neurologischem Niveau hat motorische Funktion M  50 % der Kennmuskulatur unterhalb neurologischem Niveau hat motorische Funktion M ≥ 3, inkomplettes sensorisches Defizit ASIA E: kein motorisches Defizit, kein sensorisches Defizit 2.10.1 Spinaler

Schock

Setzt unmittelbar nach Rückenmarksschädigung ein und dauert bis zu 3 Wochen, besteht aus schlaffer Paralyse, Bradykardie/Hypotonie und Areflexie. Rückkehr des Bulbocavernosus-Reflexes zeigt das Ende des spinalen Schocks an (Kontraktion des Analsphinkters bei Kompression der Glans penis oder Zug am Harnblasenkatheter). Erst dann kann das neurologische Niveau bestimmt werden. Nach Abschluss des spinalen Schocks nehmen Spastizität, Hyperreflexie und Kloni über Tage bis Wochen zu.

2

Kapitel 2 • Wirbelsäule

26

2.10.2 Neurogener

2

Schock

Verlust des sympathischen Tonus (Vasodilatation führt zu Hypotension und Bradykardie), was fatal enden kann. Zu unterscheiden vom hypovolämischen Schock durch Bradykardie. Die Therapie besteht im vorsichtigen Flüssigkeitsmanagement und der Gabe von Vasopressoren. 2.10.3 Komplette

-

Rückenmarksverletzung

Keine Funktion unterhalb eines gewissen Levels. Eine Rückenmarksverletzung oberhalb von C5 bedarf häufig einer Intubation. Therapie: besteht im sorgfältigen hämodynamischen Monitoring und dem Vermeiden einer Hypotension. Die Gabe von Kortison in hoher Dosis ist umstritten. Eine Dekompression kann zur Verbesserung von bis zu 2 Levels führen. Prognose: Verbesserung +1 Level bei 80 %, +2 Levels bei 20 %. Conus medullaris Syndrom hat eine bessere Erholungsprognose. Der wichtigste prognostische Faktor für die neurologische Erholung ist, ob eine komplette oder inkomplette Schädigung vorliegt.

2.10.4 Inkomplette

-

Rückenmarksverletzung

Teilweise erhaltene motorische oder sensorische Funktion unterhalb eines gewissen Levels, insbesondere der Analsphinkter-Kontraktion („sacral sparing“ unterscheidet die komplette von der inkompletten Rückenmarksverletzung). Siehe ASIA-Klassifikation.

--

Central Cord Syndrom

Häufigste inkomplette Rückenmarksverletzung Größerer motorischer- und Sensibilitätsverlust im Bereich der oberen (clumsy hands) gegenüber der unteren Extremität (Spastik) aufgrund deren medialen Lage im corticospinalen Trakt Die distale Muskulatur (lateraler corticospinaler Trakt) ist mehr als die proximale Muskulatur betroffen Häufig bei Patienten mit vorbestehender cervicaler Spinalkanalstenose und darauffolgender Hyperextensionsverletzung Gute Prognose insbesondere bei Patienten  10° Cobb-Winkel). Cobb Winkel: Messung des koronaren Winkels zwischen Deck- und Bodenplatte der am stärksten abgekippten Wirbelkörper einer skoliotischen Krümmung auf einem stehenden ap-Röntgen.

-

zz Unterteilung

Idiopathische Skoliose – Infantile idiopathische Skoliose (Diagnose  10-Jährige): häufigste (siehe 7 Abschn. 2.11.1) Kongenitale Skoliose (siehe 7 Abschn. 2.11.2) Neuromuskuläre Skoliose (bei Muskeldystrophie Typ Duchenne, Spina bifida, Zerebralparese, Neurofibromatose): oft lange C-förmige Kurve, assoziiert mit Beckenschiefstand, kann rasch progredient sein.

--

Die early-onset Skoliose inkludiert alle Kurven, welche vor dem Alter von 10 Jahren auftreten (infantile idiopathische Skoliose, kongenitale und neuromuskuläre Skoliose). Hauptgefahr ist die Entwicklung einer thorakalen Insuffizienz: Unvermögen des Thorax, eine normale Atmung oder Lungenwachstum zu ermöglichen. 2.11.1 Adoleszente

idiopathische Skoliose (AIS)

zz Ätiologie

Unbekannt, am ehesten multifaktoriell, hormonell, familiär, Frauen ≫ Männer

zz Klinik

Untersuchung: Schultertiefstand, Asymmetrie der Taillendreiecke, Rippenbuckel oder Lendenwulst, positiver „Adams forward bending test“ (Scoliometer 7° entspricht Cobb-Winkel  20°)

2

Kapitel 2 • Wirbelsäule

28

-

zz Diagnose

2

Stehendes ap und laterales Röntgen: – Messung des Cobb-Winkels (meistens rechts-konvex thorakal) – Bestimmung Risser-Stadium zur Beurteilung der Skelettreife (Ossifikation der Beckenkamm Apophyse; Stadium 0–5 [Abb. Risser Stadien, S. 30]) – Lateral: Hypokyphose der apikalen Wirbel Atypische Skoliose – links-konvex thorakale Kurve, schmerzhafte Skoliose, early-onset Skoliose, rapide Zunahme, assoziierte Syndrome, neurologische Defizite, kongenitale Anomalie, fehlende Hypokyphose → benötigt MRI zum Ausschluss intraspinaler Anomalien Apikaler Wirbel – größte Deviation von der zentralen sakralen Vertikalen End-Wirbel – größter Tilt vom apikalen Wirbel, verwendet für Cobb-Winkel-Bestimmung Neutral-Wirbel – keine Rotation, d. h. im ap-Röntgen sind beide Pedikel vom Proc. spinosus gleich weit entfernt Stabiler Wirbel – proximalster Wirbel, der von der zentralen sakralen Vertikalen geteilt wird zz Therapie

Siehe Behandlungsalgorithmus Abbildung „Behandlungsschema für AIS“ Korsettbehandlung kann nur eine Progression aufhalten ( 40° nach Skelettreife), Rest-Wachstum ( lumbal, double curve > single curve) Crankshaft Phänomen: kann nach posteriorer Skoliosekorrektur mit Fusion insbesondere bei sehr jungen Patienten auftreten als Rotationsdeformität durch weiteres Wachsen der anterioren Säule Kurven > 90° sind mit kardiopulmonaler Dysfunktion und Schmerzen asso­ ziiert

29 2.11 • Skoliose

a

b

c

d

(a, b) 26J mit regelrechtem sagittalen Alignement / (c,d) mit Adoleszenter idiopathischer Skoliose mit Hypokyphose (verminderte thorakale Kyphose)

2

30

Kapitel 2 • Wirbelsäule

US Risser Staging System

2

Risser Stadien

0

1

2

3

4

5

31 2.11 • Skoliose

Cobb < 25°, Risser < 4

Cobb 25–40°

Cobb > 45°, Risser < 5

progressiv Risser 0–3

Risser ≥4

Apex distal T6

FU*

Korsett

Cobb > 45°, Risser 5 falls progressiv oder syptomatisch

FU**

Chirurgie erwägen

±1Jahr Peri-mens FU*: während Wachstumsschub alle 3 Monate, sonst alle 6 Monate FU**: jährlich bis Wachstumsabschluss progressiv: > 5°/6 Monate Behandlungsschema für AIS. FU=follow up

2.11.2 Kongenitale

Skoliose

-

zz Pathogenese

In der embryonalen Entwicklung: Segmentationsstörungen: unvollständige Wirbelkörperteilung – Hintere Segmentationsstörung = Fusion der Wirbelbögen und -gelenke – Vordere Segmentationsstörung = Fusion der Wirbelkörper ohne Bandscheibenfach – Seitliche Segmentationsstörung = unilateraler seitlicher Stab – Völlige Segmentationsstörung = Blockwirbel Formationsstörungen: unvollständige Wirbelkörperanlage – Vorderer Formationsfehler = Keilwirbel – Lateraler Formationsfehler = Halbwirbel – Mittlerer Formationsfehler = Schmetterlingswirbel

-

Assoziiert mit: Syringomyelie – Bildung eines Hohlraums im Rückenmark meist aufgrund einer

Liquorzirkulationsstörung Diastematomyelie – Teile des Spinalkanals/Rückenmarks sind in Längsrichtung geteilt Sonst. Anomalien – Genitourinale Anomalien (25 %) → Ultraschall der Nieren. Kardiale Anomalien (10 %) → Echokardiogramm

--

zz Prognose

Blockwirbel hat die beste Prognose für Progression. Unilaterale Segmentationsstörung mit Stabbildung kombiniert mit kontralateraler Formationsstörung mit Halbwirbel hat die schlechteste Prognose für Progression.

2

32

Kapitel 2 • Wirbelsäule

2.12 Morbus

2

Scheuermann

zz Definition

(Syn: Lehrlings-Kyphose); Gesteigerte thorakale (selten thorakolumbale oder lumbale) Kyphose (> 45°) zz Pathogenese

Unklar, vermutet wird eine Osteonekrose des vorderen apophysealen Ringes, Bandscheibenherniation, relative Osteoporose, Störung der Kollagen-Aggregation und veränderte Biomechanik, welche zur abnormalen Endplatte, Verlust der vorderen Bandscheibenhöhe, Kompressionsdeformität, anteriorem Wedging und Wachstumsstopp führen. Oft assoziiert mit lumbaler Hyperlordose, Spondylolyse, Skoliose und pulmonalen Störungen bei Kurven > 100°. zz Diagnose

3 sequenzielle Keilwirbel (mit mehr als 5° Keilwirbelbildung pro Wirbel), Endplattenunregelmäßigkeiten (= Schmorlsche Knoten). CAVE: klinisch und radiologische Kriterien für Diagnose nötig zz Therapie

Siehe Abbildung „Therapieschema für den Morbus Scheuermann. Gemessen wird die thorakale Kyphose in Grad“ < 50°

50–70° skelettale Reife

FU*

FU** skelettal noch nicht gereift

> 75°

falls symptomatisch

Risser < 2, flexibel

Korsett und Physiotherapie falls Progression

Physiotherapie und FU*

Risser ≥ 2

Chirurgie erwägen falls: - Progression - symptomatisch FU** falls: - keine Symptome - Risser ≥ 4

FU: alle 6 Monate bis Wachstumsabschluss FU*: während Wachstumsschub: FU alle 3–6 Monate FU**: FU alle 2–3 Jahre Therapieschema für den Morbus Scheuermann. Gemessen wird die thorakale Kyphose in Grad. FU= follow up

zz Prognose

Kurve > 75° ist mit mehr Schmerzen verbunden. Eine Progression tritt in 80 % der Fälle auf, allerdings selten zu einer schweren Deformität.

33 2.14 • Infektionen

2.13 Tumoren 2.13.1 Metastasen

vs. Primärtumoren

Wirbelsäule ist häufigster Ort für ossäre Metastasen insbesondere von Lungen‑, Brust- und Prostata-Carcinomen. Metastasen ≫   Primärtumoren (selten). Diese werden selten reseziert, sondern bestrahlt oder mit Chemotherapie behandelt.

---

zz Radiologische Zeichen

die einen Tumorverdacht nahelegen: Absenz eines Pedikels im ap-Röntgen („Winking owl sign“) Kortikale Erosion oder Expansion Atraumatischer Höhenverlust eines Wirbels zz Red Flags

für Metastasen: Anamnese eines Tumors (v. a. Brust‑, Lungen‑, Prostata-Carcinom) Unerklärter/ungewollter Gewichtsverlust Nachtschmerzen Häufigste Primärtumoren der Wirbelsäule: Osteoidosteom und Osteoblastom, Aneurysmatische Knochenzyste, Hämangiom, Eosinophile Granulome, Riesenzell-Tumor, Plasmozytom/Multiples Myelom. 2.14 Infektionen 2.14.1 Spondylodiszitis

und Epiduralabszess

-

zz Pathogenese

Hämatogene Infektionen können die Bandscheibe betreffen (Spondylodiszitis) oder zu einer Eiteransammlung im Spinalkanal (Epiduralabszess) führen, insbesondere bei Kindern, da bessere Durchblutung des Bandscheibenraumes (Staphylococcus aureus häufigster Keim). Risikofaktoren sind i. v. Drogenabusus, Immunschwäche oder -suppression, HIV, vorgängige Wirbelsäulenoperation Häufigste extrapulmonale Manifestation der Tuberkulose ist die Wirbelsäule

zz Klinik

Rückenschmerzen, neurologisches Defizit (33 % bei Epiduralabszess), Entzündungsparameter erhöht und Fieber (50 %) zz Diagnose

MRI = Untersuchung der Wahl für Spondylodiszitis (MRI mit Kontrastmittel der gesamten Wirbelsäule für Epiduralabszess zur Diagnose von Skip-Abszessen)

2

Kapitel 2 • Wirbelsäule

34

zz Therapie

2

Konservativ: bei kleinen Abszessen ohne Neurokompression. Probengewinnung (CTgesteuert oder offene Biopsie), danach i. v. Antibiotika. Versagen der konservativen Therapie assoziiert mit Diabetes, CRP > 115 mg/L, positiven Blutkulturen, Alter > 65 Jahre, MRSA. Operativ: bei neurologischem Defizit, Rückenmarkskompression, persistierendem Infekt trotz antibiotischer Therapie, progressiver Deformität. zz Prognose

Das neurologische Defizit ist der wichtigste Outcome-Parameter. Mortalität = 5 %. 2.15 Systemische

Erkrankungen

2.15.1 Diffuse

Idiopathic Skeletal Hyperostosis (Syn: DISH/Morbus Forestier)

zz Definition

Häufige Erkrankung unklarer Ätiologie mit Enthesiopathie und Steifigkeit der Wirbelsäule (thorakal > cervical > lumbal, oft wenig schmerzhaft) und der Extremitäten, welche insbesondere bei Gicht, Hyperlipidämie und Diabetes auftritt. Assoziiert mit lumbaler Spinalkanalstenose, cervicaler Myelopathie, Dysphagie, Stridor, Heiserkeit und einer erschwerten Intubation. Aufgrund des langen Hebelarmes kann es bereits bei geringem Trauma zu instabilen Frakturen kommen. zz Diagnose

Charakterisiert durch Spondylophyten mit horizontalem Wachstumsmuster („fließendes Kerzenwachs“) und anschließender Überbrückung der Bandscheibenfächer (bleiben erhalten) an mindestens drei angrenzenden Niveaus. Außerdem Kalzifizierung des Anulus fibrosus, ALL und PLL. Keine Assoziation mit HLA-B27 (aber mit HLA-B8) und keine Beteiligung des ISG. Bereits bei geringem Trauma sollte eine Fraktur mittels CT ausgeschlossen werden (CAVE: 67 % Mortalität bei konservativer Therapie eines cervicalen Traumas bei DISH). zz Therapie

Meistens konservativ mit Physiotherapie, NSAR und Bisphosphonat-Therapie. 2.15.2 Ankylosierende

-

Spondylarthropathie (Syn: M. Bechterew)

95 % der Betroffenen HLA-B27 positiv. Typischerweise Männer mit Rücken- und Leistenschmerzen in der 3. und 4. Dekade. Beteiligung des Iliosacral-Gelenkes. „Bambus-Stab“-Phänomen im Röntgen aufgrund Syndesmophyten (Vertikales Wachstumsmuster). Kann in kyphotischen Deformitäten mit sagittaler Imbalance resultieren.

35 2.15 • Systemische Erkrankungen

zz Definition

Chronische seronegative Autoimmun-Spondylarthropathie, vermehrt bei Patienten mit HLA-B27, mit Enthesitis und Ankylosis (häufig schmerzhafte Kontrakturen). Assoziiert mit Beteiligung von Augen (Uveitis, Iritis), Herz (Leitungsabnormalität), Lunge (pulmonale Fibrose), Niere (renale Amyloidose), Gefäße (Aortitis, Stenose, Regurgitation) und Gelenke (v. a. Coxarthrose und Omarthrose). Aufgrund des langen Hebelarmes kann es bereits bei geringem Trauma zu instabilen Frakturen kommen. zz Diagnose

Progressive kyphotische Deformität mit überbrückenden Spondylophyten („Bambusstab“), quadratischen Wirbelkörpern mit „shiny corners“, Ossifikation des Bandscheibenfaches, bilateraler Beteiligung des ISG (Sacroilitis), evtl. Uveitis, HLA-B27 positiv (in 90 % der Fälle),  4 M. biceps brachii C5  40-jährig: Ruptur SSP, ISP und TM; typischerweise nach Luxation (wobei die RM in bis 40 % reißt) – SSC häufiger bei jungen Patienten nach Sturz/Luxation zz Klinik

Schmerz: nächtliche und belastungsabhängige (bei Überkopfbewegungen) Schmerzen, diffuse Lokalisation (deltoidal, ggf. mit Ausstrahlung bis in den Oberarm) Schwäche: Unterschiedlich je nach Sehne (s. „Wichtige Untersuchungen“) SSP – Flexion/Abduktion (Jobe- und Whipple-Test) ISP – Außenrotation (AR in Neutralstellung, AR-Lag in Abduktion → M. teres minor mitbeteiligt) SSC – Innenrotation/Hinter-Rücken-Funktion (Lift-off-Test, Belly-press-Test)

47 3.2 • Rotatorenmanschettenruptur (RM-Ruptur)

zz Differentialdiagnosen

Subacromiales Impingement/Bursitis subacromialis (bei Schmerzüberlagerung schwierig zu unterscheiden, Unterscheidung ggf. mit subacromialer Infiltration), Tendinitis calcarea, Bicepstendinopathie zz Diagnose

Bildgebung: Röntgen: ggf. Kalkablagerungen, ggf. Humeruskopf-Hochstand (acromiohumerale Distanz  3 mm) Tiefe → Komplettieren der Ruptur und Fixation – Bursaseitige Risse sind generell symptomatischer – Gelenksseitige Risse – > 50 % (> 6 mm): Komplettieren der Ruptur und Refixation (falls Patient jung dann > 25 %) –  20°, Nachtschmerz, fast alle Tests sind für den Patienten schmerzhaft (vor allem in Stadium 1) Bildgebung: Röntgen/MRI nur zur Beurteilung begleitender Pathologien, Kapselverdickung im MRI sichtbar; aber: Die Frozen Shoulder ist eine klinische Diagnose zz Prognose

Zeitlicher Verlauf: Durchschnittliche Krankheitsdauer 18 Monaten (6–60 Monate) Stadium 1 – Einfrieren (starke Entzündung, Ruhe- und starker Bewegungsschmerz) Stadium 2 – Gefroren (Bewegungseinschränkung mit/ohne Schmerz) Stadium 3 – Auftauen (Abnahme von Schmerz und Bewegungseinschränkung)

49 3.4 • Omarthrose

zz Therapie

Konservativ: NSAR, Vitamin C, sanfte mobilisierende Physiotherapie, intraartikuläre Steroidinjektionen Operativ: In Ausnahmefällen: arthroskopische Kapsulotomie, nur bei persistierender Schultersteife und gescheiterter konservativer Therapie

-

nnErweitertes Wissen Diabetes und Schilddrüsenprobleme (vom autoimmunen Typ) sind assoziierte Risikofaktoren einer Capsulitis adhaesiva, zudem auch die Dupuytren-Erkrankung – Unabhängig des Diabetes-Typs (Typ 1 oder 2), aber abhängig der Dauer der Erkrankung Die Manipulation unter Narkose ist kontrovers und hat ihren Stellenwert großteils verloren. Die Versagensquote ist hoch insbesondere in der inflammatorischen Phase und bei Diabetiker (bis 50 %)

3.4 Omarthrose zz Ätiologie

--

Primäre oder sekundäre Degeneration des glenohumeralen Gelenkknorpels Sekundäre Ätiologien: Post-Luxation: Inzidenz > 50 % nach 25 Jahren (unabhängig der Luxationsanzahl; häufiger bei posterioren Dislokationen) Cuff-Arthropathie: abnormale glenohumerale Abnützung und superiore Migration des Humeruskopfes, welche auf eine defekte(insuffiziente) Rotatorenmanschette zurückzuführen ist (Verlust des Konkavitäts-Kompressionseffektes der RM bei gleichzeitigem Zug des Deltoideus nach cranial) Rheumatoide Arthritis: Schulter in 90 % betroffen Avaskuläre Nekrose: Alkohol, Steroide, Sichelzellanämie, Pankreatitis, Trauma, idiopathisch zz Klinik

Bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen, Bewegungseinschränkung, Krepitationen zz Diagnose

Bildgebung: Konventionelles Röntgen (radiologische Arthrosezeichen: typischer inferiorer Osteophyt am Humeruskopf, Einteilung nach Samilson-Prieto). CT zur Operationsplanung. Ggf. MRI zur Beurteilung begleitender Pathologien (Rotatorenmanschette, Humeruskopfnekrose) zz Therapie

Konservativ: Analgesie (NSAR), Physiotherapie, intraartikuläre Steroidinjektionen Operativ: Bei Versagen der konservativen Maßnahmen, je nach Leidensdruck Anatomische Prothese: nur bei intakter RM Inverse Prothese: bei begleitender RM-Ruptur, ungenügendem/dysplastischem glenoidalen Knochenstock oder zur Prothesenrevision

3

Kapitel 3 • Schulter

50

-

nnErweitertes Wissen

3

Radiologisch imponiert die Primärarthrose mit posteriorer (exzentrischer) Glenoidabnutzung (Kontraktion SSC und vordere Kapsel) → es bildet sich eine Glenoidmorphologie B1 oder B2 (nach Walch) im Verlauf Bei rheumatoider Arthritis der Schulter findet sich meist eine zentrale Erosion des Glenoids (A2 nach Walch) Prothesenversorgung bei Omarthrose mit B2-Glenoidmorphologie: – Hintergrund: Eine (begrenzte) Korrektur durch korrigierendes Aufbohren des Glenoids ist möglich. Dadurch wird die Prothese aber medialisiert, was mit einem Vorspannungsverlust einhergeht. Zudem wird der Knochenstock reduziert. Dies kann sich negativ auf die Verankerung auswirken – Anatomische Prothese: assoziiert mit einer hohen Komplikationsrate bei in > 15° eingebauter Glenoidkomponente (Rocking horse-Phänomen) – Option: posteriores Augmentieren mit Autograft oder Spezialkomponenten – Option 2: Inverse Schulterprothese (1) Insbesondere indiziert bei posteriorer Subluxation des Humeruskopfes > 80 % (2) Meist wird mit einem autologen Knochenblock vom Humeruskopf posterior augmentiert um eine ausgeprägte Retroversion des Glenoids zu verhindern

Links, Anatomische Prothese, Rechts: Inverse Prothese

51 3.5 • Schulterluxation/-instabilität

3.5 Schulterluxation/-instabilität

Vordere Schulterluxation zz Epidemiologie

M > F, 90 % in zweiter Lebensdekade. Bei traumatischer Luxation zu 95 % anterior-inferior zz Pathogenese

----

Distorsionstrauma mit Abduktion und AR Begleitverletzungen: Bankartläsion: Avulsion antero-inferiores Labrum ± anteriores Band des IGHL (in > 80 % der Fälle) ± Gelenkknorpel-Defekt – + ossärer Glenoid-Defekt entspricht einem ossären Bankart Hill Sachs-Delle: posterosuperiorer Defekt am Humerus durch Glenoidanprall RM-Ruptur (eher ältere Patienten: 30 % bei > 40-jährigen, 80 % bei > 60-jährigen) Tuberculum-majus-Fraktur N. axillaris Läsionen (meist transient) zz Klinik

Akute Luxation: Starke Schmerzen und fixierte Fehlstellung, subacromiale Delle Chronische Instabilität (rezidivierende Luxationen): positiver Apprehension-Test

zz Ätiologie

Instabilität, Subluxationen, positiver Apprehension-Test (s. „Wichtige Untersuchungen“), generelle Hyperlaxizität zz Diagnose

Klinik + Bildgebung: Röntgen → AP, Neer (Y) und axiale Aufnahmen: Der Humeruskopf muss in allen Aufnahmen zentriert sein.

zz Therapie

Akute Luxation: 1. Reposition (Analgosedation und ggf. Intubation/Relaxation nötig): Verschiedene Methoden beschrieben, zielführend: axialer Zug 2. Zwingend (!) radiologische Kontrolle und neurologische Untersuchung vor und nach Reposition 3. Ruhigstellung in Schlinge (Ruhigstellung in Außenrotation wird kontrovers diskutiert) Konservative Therapie: bei Erstluxationen fast ausschließlich. Physiotherapie nach 1–3 Wochen. Operative Therapie: Abhängig vom individuellen Rezidivrisiko (siehe „Erweitertes Wissen“) 1. Arthroskopisch: Refixation Labrum mit Kapselbandapparat (IGHL) = Bankart repair 2. Offene Knochenblockverfahren z. B. nach Latarjet: Transfer Processus coracoideus anterior an das Glenoids zur Vergrößerung der Auflagefläche (sicherstes Langzeit Outcome bezüglich Stabilität)

3

Kapitel 3 • Schulter

52

-

nnErweitertes Wissen

3

Rezidivrisiko steigt mit der Anzahl der Luxationen und der Größe des ossären Glenoiddefekts; sinkt mit dem Alter (Erstluxation  35 J. → ca. 10 % Re-Luxationen) – Anhand ISIS (instability severity index score) von Boileau: – Alter  85°, Hyperabduktion = Gagey’s Zeichen, erhöhter Shift) → 1 Punkt – Hill Sachs-Delle ja/nein → 2 Punkte – Glenoidaler Knochenverlust (ossärer Bankart) ja/nein → 2 Punkte – Sportliche Aktivität: kompetitiv → 2 Punkte, Kontaktsport → 1 Punkt →  6 Punkten

Vordere Luxation – links AP Bild, rechts Neer Bild

Hintere Luxation/Instabilität zz Epidemiologie

In 2–5 % der Fälle zz Pathogenese

Akut: Fast immer traumatisch bedingt durch axiale Stauchung, epileptischen Anfall, Stromschlag Chronisch: assoziiert mit ligamentärer Hyperlaxizität (angeboren oder durch Mikrotraumata bei Sportarten mit repetitiven Bewegungen in Hochrisiko-Positionen (= Flexion, Adduktion, Innenrotation, z. B. beim Gewichtheben oder Football) und ossärer Abnormalität (z. B. Glenoidretroversion) zz Klinik

Akut: Fehlende Außenrotation Chronisch: Schmerz im Vordergrund, nicht Instabilität. Jerk-Test positiv.

53 3.5 • Schulterluxation/-instabilität

zz Bildgebung

Akut: Kann im Röntgen AP-Bild verpasst werden (auf Glühbirnen-Zeichen „lightbulb“ achten). Eine axilläre Aufnahme ist unerlässlich. Chronisch: MRI → posteriorer Labrumriss, umgedrehte Hill Sachs-Delle (McLaughlin) zz Therapie

Akute Luxation: 1. Reposition (Analgosedation und ggf. Intubation/Relaxation nötig): axialer Zug und Innenrotation 2. Zwingend (!) radiologische Kontrolle und neurologische Untersuchung vor und nach Reposition 3. Ruhigstellung in 10–20° Außenrotation (mind. Neutralstellung) für 6 Wochen, dann Physiotherapie

--

Konservative Therapie: primäre Therapie (unabhängig ob chronisch oder akut) Operative Therapie: Posteriorer Bankartrepair (ohne Knochendefekt) Posteriorer Knochenblock (bei Knochendefekt)

-

nnErweitertes Wissen Posteriore open-wedge Osteotomie des Glenoids bei exzessiver (kongenitaler) Retroversion Reversed Hill Sachs-Delle  6 Monate, Arthrose, Kollaps des Humeruskopfes nach Reposition oder Größe der Hill Sachs-Läsion > 40 % → Hemiprothese (Totalprothese bei begleitender Glenoiddegeneration)

Hintere Luxation - links Neer Bild, rechts AP Bild

3

54

Kapitel 3 • Schulter

Multidirektionale Instabilität zz Pathogenese

Kein eindeutiger Auslöser, sondern atraumatische, generalisierte Hyperlaxizität (ggf. Ehler-Danlos oder Marfan)

3

zz Klinik

Sulcus-Zeichen, erhöhte Außenrotation, generalisierte Hyperlaxizität (BeightonScore) Zeichen der vorderen (Apprehension/Relocation Test) und posterioren (Jerk-Test) Instabilität Willkürliche Dislokationen möglich zz Therapie

Konservativ: Physiotherapie (primär und fast ausschließlich) Operativ: Bei willkürlicher Dislokation kontraindiziert 3.6

Acromioclavicular (AC)-Gelenks-Verletzungen

zz Epidemiologie

M > F; junge sportliche Patienten. zz Ätiologie

Direktes oder indirektes Trauma zz Klinik

Schmerzen; Arm-Tiefstand (Klaviertasten-Phänomen; die Scapula ist nach kaudal disloziert, nicht die Clavicula nach kranial); die horizontale Stabilität wird in reponierter Position (Unterstützung Ellbogen) getestet; Typ I–III nach Rockwood sind reponierbar zz Differentialdiagnosen

Laterale Clavicula-Fraktur, Coracoid-Fraktur zz Diagnose

Klinik + Rx: Panoramaaufnahme AP ohne Gewicht: Seitenvergleich der Coraco-claviculären Distanz. Auch Rx Schulter AP/Neer/Axial: Ausschluss begleitender Frakturen (. Tab. 3.1)

AC-Gelenksverletzung rechts

55 3.7 • Proximale Humerus-Fraktur

..Tab. 3.1  Klassifikation nach Rockwood (Tossy-Klassifikation veraltet und unvollständig) Klassifikation

Befund/Einteilungskriterien

Konservativ

Operativ

Typ I

Zerrung AC-Bänder, keine Stufenbildung



Typ II

Ruptur AC-Bänder, CC intakt/gezerrt, Stufenbildung  M zz Klinik

Trauma der Schulter mit Schmerzen, ggf. Fehlstellung sichtbar, Hämatom Untersuchung des N. axillaris! zz Diagnose

Bildgebung: Röntgen: AP, Neer (Y) (axial, nur wenn möglich) CT: Zur genaueren Beurteilung der Dislokation oder Gelenkbeteiligung, OP-Planung

3

Kapitel 3 • Schulter

56

-

Klassifikation nach Neer: Anzahl Frakturfragmente, welche > 1 cm oder > 45° disloziert sind (1–4 PartFrakturen). Fragmente: Schaft, Kopf (mit Gelenkfläche), Tuberculum majus und minus Spezialfall: Luxationsfraktur (Schulterluxation mit Fraktur)

3

zz Therapie

Konservativ: Sehr oft möglich mit gutem Ergebnis für mäßig dislozierte Frakturen (v. a. bei alten polymorbiden Patienten) Anfangs Ruhigstellung danach Beginn mit Pendelübungen und passiver Mobilisation Operativ: dislozierte Frakturen (bei jungen Patienten: 2-, 3-, und 4-Part-Frakturen sowie 1-Part mit Tuberculum majus Dislokation > 5 mm), Beteiligung der Gelenkfläche („head-split“) sowie Luxationsfrakturen Plattenosteosynthese (junge Patienten, guter Knochen) Schulterprothese invers oder selten anatomisch

---

zz Komplikationen

N. axillaris Läsionen (aufg. Trauma oder iatrogen) Schraubenperforation ins Gelenk nach Plattenosteosynthese (bei HumeruskopfNekrose) Sekundäre Humeruskopf-Nekrose (→ siehe „Erweitertes Wissen“) (Cave: regelmäßige Röntgenkontrollen)

zz Besonderheiten

Kritische Blutversorgung des Kopfes über Aa. circumflexae anterior und posterior

Proximale Humerus-Luxations-Fraktur

57 3.8 • Humerusschaft Fraktur

--

!!CAVE

Untersuchung N. axillaris! Luxationsfrakturen müssen offen/operativ reponiert werden, um eine weitere Dislokation durch Reposition zu vermeiden

nnErweitertes Wissen

3.8

Prädiktoren einer Humeruskopfischämie (≠ Nekrose!) nach Hertel 1. Fraktur des anatomischen Halses mit Restlänge des am Gelenksfragment hängenden Calcars von  laterales Drittel > mediales Drittel zz Therapie

Konservativ: Versatz  15°

3

Überprüfung Außenrotations-Kraft (oberes Bild) und Lag Test (untere Bilder): Arm wird in maximale Außenrotation gebracht und der Patient wird gebeten diese Position zu halten, wenn man den Arm loslässt.

63 3.10  •  Klinische Untersuchung der Schulter

3.10.4 M. subscapularis

(Funktion: Innenrotation)

→ Verlust der aktiven Innenrotation Arm an der Körperrückseite. Untersuchung: Lift-off Test:

Lift-off Test nach Gerber: Arm kann nicht vom Körper weggehalten werden.

3.10.5

Apprehension Tests

Stabilität der Schulter: Fähigkeit, den Humeruskopf unter normaler aktiver Belastung in der Pfanne zu zentrieren

Links: Anteriorer Apprehension Test in 90° Abduktion und Außenrotation. Dieser ist positiv bei Angst vor Subluxation / Instabilität (= Apprehension). Cave: nicht positiv bei Schmerzen. Rechts: Posteriorer Apprehension Test oder Jerk Test. In 90° Flexion und Innenrotation wird axialer Druck ausgeübt. Der Test ist positiv bei Angst vor Subluxation / Instabilität. Cave: nicht positiv bei Schmerzen. Bei starker Instabilität ist eine Gelenksreposition als Schnappen spürbar.

3

65

Ellbogen Andreas Flury, Samy Bouaicha, Silvan Beeler, Elias Ammann, Karl Wieser Inhaltsverzeichnis 4.1

Anatomie – 66

4.2

Epicondylopathia humeri radialis/ulnaris (Epicondylitis radialis/ulnaris)   –  66

4.3

Ellbogeninstabilität – 67

4.4

Radiuskopf/hals-Fraktur – 68

4.5

Olecranon-Fraktur – 69

4.6

Terrible Triad – 71

4.7

Ellbogenarthrose – 72

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_4

4

Kapitel 4 • Ellbogen

66

4.1 Anatomie Gelenke – Humero-ulnar, humero-radial und radio-ulnar

4

Trochlea humeri artikuliert medial mit der Ulna
 Capitulum humeri artikuliert lateral mit dem Capitulum radii Bewegungen – Flexion-Extension (Normal: 150-0-0°; 130-30-0° ist ausreichend für Alltagsfunktion), Pronation-Supination N.ulnaris – Prominent dorsal medial im Sulcus ulnaris („Narrenbein“) Ligamente – Lateral: Radiales oder laterales Collateralband (= RCL oder LCL), laterales ulnares Collateralband (= LUCL), Lig. anulare (umfasst und stabilisiert das Radiusköpfchen), Lig. Collaterale accessorius Medial: Mediales Collateralband (= MCL) (anteriorer, posteriorer und transverser Anteil)

--

nnErweitertes Wissen

4.2

Das LUCL zieht zum Supinatorenkamm (supinator crest) und ist der primäre postero-laterale Stabilisator. Das Band ist locker in Extension Das RCL zieht zum Lig. anulare radii und ist isometrisch Das mediale, fächerförmige Kollateralband besteht aus drei Anteilen. Der anteriore Anteil zieht von unterhalb des Epicondylus medialis zum sublime tubercle und ist isometrisch durch den gesamten Bewegungsumfang. Die Pars transversa zieht vom Olecranon zum sublime tubercle und beteiligt sich nicht an der Stabilität des Ellbogens. Der posteriore Anteil zieht vom Epicondylus zum Olecanon und ist hauptsächlich in Flexion straff (länger in dieser Position) Sekundäre Stabilisatoren: – Gegen Valgus: Radiusköpfchen (zu 30 %) – Gegen Varus: Laterale Kapsel und Coronoid

Epicondylopathia humeri radialis/ulnaris (Epicondylitis radialis/ulnaris)

zz Definition Insertionstendinopathie der Muskel/Sehnen-Ursprünge (Handgelenksextensoren = Tennisellbogen/Handgelenksflexoren = Golferellbogen) an den Epikondylen. zz Klinik

Schmerzen bei und nach Belastung  (Handgelenksextension/-flexion) am  Muskelursprung (Epicondylus lateralis/medialis) Provokationstests: Handglenks-Flexion = Test für medial; Extension = Test für lateral zz Diagnose

Klinik + Bildgebung: MRI: Beurteilung Entzündungszustand und (Partial-)Rupturen des Muskelursprungs sowie Bandstrukturen

67 4.3 • Ellbogeninstabilität

zz Therapie

Konservativ: ergonomische Arbeitsplatzanpassung, Physiotherapie, Schonung, Schienen/Bandagen, NSAR, Geduld! Kortison-Injektionen NICHT indiziert (iatrogene Sehnenläsion) Operativ: Sehr selten, nur bei Versagen der konservativen Therapie. Débridement d. tendinopathischen Gewebes und ggf. Sehnenrefixation (offen oder arthroskopisch)

--

!!Memo + Cave

Legendärer Tennisspieler → (R. Federer) → Epic. lateralis = Tennisellbogen Mid-Life Crisis führt zu Golfen → Epic. medialis = Golferellbogen Cave: keine Kortison-Injektionen!

nnErweitertes Wissen Korrekterweise handelt es sich um eine Epicondylopathie und keine Epicondylitis, denn mikroskopisch sind keine Entzündungszellen im pathologischen Gewebe aufzufinden, sondern eine angiofibroblastische Dysplasie mit desorganisiertem Kollagen. Bei einer lateralen Epicondylopathie sind somit Mikrorisse hauptsächlich im M. extensor carpi radialis brevis (lateralseitig; zudem auch im M. extensor carpi radialis longus und M. extensor carpi ulnaris) und im gemeinsamen Flexorenursprung (medialseitig) anzufinden

4.3 Ellbogeninstabilität zz Akute Luxation Einfache Luxation – Definiert als Ellbogenluxation ohne assoziierte Fraktur (siehe 7 Abschn. 4.6). Prüfung der Stabilität in Narkose nach Reposition. Röntgen vor und

nach Reposition. Therapie: Meist konservativ mit Ruhigstellung im Gips für 1–2 Wochen, danach ggf. Bewegungsschiene.

-

nnErweitertes Wissen

--

Ist der Ellbogen nach der Reposition bis 45° Extension stabil (und ohne assoziierte Fraktur), dann wird meist der konservative Weg mit Gips und Bewegungsschiene eingeschlagen. Die Ruhigstellung im Gips erfolgt in Flexion und Pronation. Dies spannt den lateralen Bandapparat an und stellt dadurch die stabilste Position dar. Der Ellbogen wird aktiv und nicht passiv physiotherapeutisch mobilisiert, da die Muskulatur ein sekundärer Ellbogenstabilisator darstellt. Rezidivierende Luxationen sind generell selten ( rheumatoide Arthritis (Ellbogen in 20–50 % mitbeteiligt) > Osteochondrosis dissecans; synoviale Osteochondromatose

-

zz Diagnose

Klinik: Progressive, endgradige Schmerzen, ggf. mit Flexions- und/oder Extensionsdefizit; mechanische Symptome Röntgen: Osteophyten an Processus coronoideus, Radiuskopf und Radiusfossa/Fossa Olecrani, Olecranonspitze Freie Gelenkskörper (teilweise besser im CT identifizierbar)

zz Therapie

Konservativ: NSAR, Ruhigstellung, Kortisoninfiltration, Aktivitätsanpassung Operativ: Arthroskopisches Débridement mit Kapselrelease bei jungen Patienten, Totalprothese bei älteren Patienten mit geringem funktionellem Anspruch

73 4.7 • Ellbogenarthrose

-

nnErweitertes Wissen Weitere chirurgische Optionen bei jungen Patienten ist das Column procedure mit offener Resektion von Kapsel und Osteophyten Ellbogen-Totalprothese: – Bei primärer Arthrose wird die Überlebensrate nach 10 Jahren mit 80 % angegeben. Bei rheumatoider Arthritis als Indikation sind die Zahlen höher mit > 90 % nach 15 Jahren. Deutlich schlechter ist die Überlebensrate jeodch bei jüngeren Patienten mit posttraumatischer Arthrose und noch höheren funktionellen Anspruch. – Eine weitere Indikation stellt eine nicht-rekonstruierbare intraartikuläre distale Humerusfraktur mit schlechter Knochenqualität dar – Kontraindiziert bei aktiven Patienten  Männer (3:1), v. a. postmenopausal, Inzidenz 1‰–1 % jährlich zz Pathogenese

Kompression des N. medianus im Karpaltunnel, meist idiopathisch zz Anatomie des Karpaltunnes

Dach: Ligamentum carpi transversum (= Retinaculum flexorum) Boden: Proximale Handwurzelreihe und tiefe extrinsische palmare Handgelenksbänder Beinhaltet den N. medianus und neun Sehnen (Musculus flexor pollicis longus, Musculus flexor digitorum superficialis II–V und Musculus flexor digitorum profundus II–V) zz Klinik

Schmerzen in der Hand und in den Fingern, gelegentlich bis zur Schulter ausstrahlend Intermittierende Parästhesien („Ameisenlaufen“) und/oder Sensibilitätsverlust (→ Daumen bis Mittelfinger und radialer Ringfinger) Muskelschwäche/Atrophie der Thenarmuskulatur Provokationstest zur Auslösung von Parästhesien: Hoffmann-Tinel-Zeichen (Beklopfen des Handgelenks palmar) Phalen-Test (Handgelenke für eine Minute in maximaler Flexion halten) Durkan-Test (sanfter Druck auf Karpalkanal für 30 s)

--

zz Diagnose

Klinische Diagnose, welche durch elektrophysiologische Untersuchungen (Elektromyographie [EMG]/Elektroneurographie [ENG]) bestätigt und quantifiziert werden kann Ultraschall-Untersuchung liefert zudem Informationen bezüglich möglichem Pseudoneurom (Auftreibung des Nervs proximal der Kompressionsstelle) und Gleitfähigkeit des Nervs zz Therapie

Konservativ: Nächtliche Handgelenksmanschette, Steroidinfiltration Operativ: Offene oder endoskopische Karpaldachspaltung → Die operative Therapie ist allen konservativen Methoden überlegen

-

nnErweitertes Wissen Anatomische Varianten wie beispielsweise eine persistierende Arteria mediana (embryologisch Hauptarterie zur Hand) können ein Karpaltunnelsyndrom begünstigen Bei Kindern ist das Karpaltunnelsyndrom sehr selten; Stoffwechselkrankheiten (Mucopolysaccharidose) sind im Kindesalter die häufigste Ursache hierfür Das akute Karpaltunnelsyndrom kann im Rahmen von Hoch-Energie Traumen, Hämorrhagien, Infektionen oder Thrombosen einer Arteria mediana auftreten und erfordert die notfallmäßige chirurgische Dekompression Gehäuftes Auftreten während der Schwangerschaft; dies kann gut mit Steroidinfiltrationen überbrückt werden

5

Kapitel 5 • Hand

78

5.3

Tendovaginitis stenosans

Synonyme: Spickfinger/-daumen, Schnellender Finger/Daumen, Trigger Finger/Daumen zz Pathogenese

Entzündlich-degenerative Verdickung des ersten (A1) Ringbandes und Schwellung der Beugesehnen (chronische Tenosynovitis) führen zur Passagestörung der Beugesehnen durch das Ringbandsystem zz Klinik

5

Schnellender Finger, Schnappen im PIP- oder IP-Gelenk (ruckartiges Zurückschnellen des Fingers oder Daumens bei Extension aus Faustschluss, wenn die Engstelle auf Höhe es A1-Ringbandes überwunden wird) Bei schwerer Ausprägung fixierter/steifer Finger in Flexion oder Extension zz Diagnose

Druckdolenz über dem A1-Ringband des betroffenen Fingers/Daumens Palpation der verdickten Sehne/Sehnenknoten und Visualisierung des Triggerphänomens (Daumen im IP-Gelenk, Zeige- bis Kleinfinger in den PIP-Gelenken) zz Therapie

Konservativ: Abschwellende Maßnahmen, NSAR, Infiltration des Beugesehnenkanals mit Kortison Operativ: A1-Ringbandspaltung

-

nnErweitertes Wissen Bei Kindern tritt vorwiegend der Schnappdaumen auf. Anders als bei Erwachsenen besteht hier ein typischer Knoten der Beugesehne (Notta-Knoten) Schnappfinger (Zeigefinger bis Kleinfinger) sind im Kindesalter hingegen sehr selten und meistens aufgrund einer Stoffwechselkrankheit hervorgerufen Differentialdiagnose bei Schnappphänomen im PIP Gelenk: Schwanenhalsdeformität, luxierender Seitenzügel der Strecksehne

A1 Ringbandspaltung

79 5.5 • Rhizarthrose

5.4

Tendovaginitis de Quervain

zz Epidemiologie

Frauen > Männer (6:1), meist im Alter zwischen 30 bis 50 Jahren zz Pathogenese

Entzündung des ersten Strecksehnenfachs mit den darin verlaufenden Sehnen des M. extensor pollicis brevis und M. abductor pollicis longus zz Klinik

Schmerzen, Schwellung, Druckdolenz über dem ersten Strecksehnenfach Schmerz und Kraftverlust bei z. B. Anheben einer Pfanne, oder eines Säuglings (baby wrist) Selten Triggerphänomen bei Ulnar-Radialduktion zz Diagnose

Druckdolenz über dem ersten Strecksehnenfach (Radiusstyloid), positiver Finkelstein-Test (Schmerzprovokation über dem Radiusstyloid, wenn die untersuchende Person den Daumen des Patienten fasst und die Hand rasch nach ulnar deviiert) Zusätzliche Diagnostik mittels Ultraschall-Untersuchung zur Beurteilung des Entzündungsausmaßes des ersten Strecksehnenfachs und der Gleitfähigkeit der Sehnen zz Therapie

Konservativ: Ruhigstellung mittels Handgelenksmanschette mit Einschluss des Daumens, NSAR, Infiltration 1. Strecksehnenfach mit Kortison Operativ: Offene Erweiterungsplastik 1. Strecksehnenfach

--

nnErweitertes Wissen Die Sehne des M. abductor pollicis longus ist häufig mehrfach in sich längsgeteilt Die Sehne des M. extensor pollicis brevis verläuft oft innerhalb des ersten Strecksehnenfachs ganz oder streckenweise in einem eigenen gesonderten Fach → Ist man sich dieser anatomischen Varianten nicht bewusst, besteht die Gefahr der unvollständigen Spaltung des ersten Strecksehnenfachs

5.5 Rhizarthrose

Synonym: Daumensattelgelenksarthrose zz Pathogenese

Degenerative Veränderung des Daumensattelgelenkes zz Klinik

Schmerzen bei Belastung des Daumens (Schlüsselgriff) und Abspreizen des Daumens Periartikuläre Weichteilschwellung Kraftverlust und Bewegungseinschränkung (Adduktionskontraktur) Kompensatorische Überstreckung und Instabilität im MP-Gelenk

5

Kapitel 5 • Hand

80

zz Diagnose

Lokale Druckdolenz an der palmo-radialer Ecke des Daumensattelgelenks Schmerzen mit Krepitieren bei axialem Druck mit gleichzeitiger Rotationsbewegung (Grind Test) Arthrosezeichen im Röntgenbild: Subchondrale Sklerosierung Gelenkspaltverschmälerung Osteophyten Knochenzysten

5

---

zz Therapie

Konservativ: Immobilisation in kurzem Daumenkänel, NSAR, Infiltration ins CMCI-Gelenk mit Kortison Operativ: Trapezektomie mit Suspensions‑/Interpositionsarthroplastik

-

nnErweitertes Wissen Chirurgische Therapie-Möglichkeiten der Rhizarthrose: – Umstellungsosteotomie nach Wilson: Hierbei wird eine Closing-Wedge Osteotomie des Os metacarpale I durchgeführt, um den palmaren Anteil des Sattelgelenkes zu entlasten und die Belastungszone im Gelenk zu optimieren. Das Gelenk selbst wird nicht eröffnet. Indiziert bei jüngeren Patienten und mittelschwerer Rhizarthrose – CMC-I-Arthrodese: Geeignet für jüngere Patienten mit großer manueller Beanspruchung der Hand (z. B. Handwerker). Kontrainzidiert bei zusätzlicher Arthrose der angrenzenden Segmente (z. B. Umstellungsosteotomie SkaphoTrapezio-Trapezoideum-Gelenk (STT-Gelenk)) – Resektions‑/Suspensions‑/Interpositionsarthroplastik: Trapezektomie (Resektion), anschließend Stabilisierung der Basis des Os metacarpale I mittels Sehnenstreifen des M. flexor carpi radialis oder M. abductor pollicis longus (Suspension) und Einbringen des restlichen Sehnenstreifens in die Lücke, wo ursprünglich das Os trapezium war (Interposition). Bei älteren Patienten mit schwerer Rhizarthrose indiziert – Prosthetischer Gelenksersatz (Arthroplastik): Möglich für ältere Patienten ohne große manuelle Beanspruchung der Hand. Lockerung und (Sub‑)Luxation sind die häufigsten Komplikationen

Daumensattelgelenk mit aufgehobenem Gelenkspalt & Osteophyten (Pfeil)

81 5.6 • Fingerpolyarthrose

5.6 Fingerpolyarthrose zz Pathogenese

Degenerative Erkrankung der DIP-Gelenke (= Heberden Arthrose) und PIP-Gelenke (= Bouchard Arthrose) zz Klinik

Schmerzen bei Belastung, Kraftverlust und Bewegungseinschränkung Heberdenknötchen dorsal am Gelenk, Mukoidzysten periungual Achsendeviation und Subluxation zz Diagnose

Klinische Diagnose, welche durch Bildgebung bestätigt wird (konventionelles Röntgenbild der Hände pa sowie betroffene Finger einzeln in pa und seitlicher Aufnahme) zz Therapie

Konservativ: Ruhigstellung nur kurzfristig, NSAR, Kortisoninfiltration Operativ: PIP-Gelenke: Arthroplastik (prothetischer Gelenksersatz), selten Arthrodese DIP-Gelenke: Arthrodese

-

nnErweitertes Wissen Primäre Arthrosen der MP-Gelenke sind selten und können im Rahmen einer Hämochromatose auftreten. Der prothetische Gelenksersatz (Silikon-Prothese [Swanson-Prothese] oder Pyrocarbon-Implantate) ist die Therapie der Wahl Arthrodese Winkel: – DIP-Gelenke: 0–30° – PIP-Gelenke: Zeigefinger 35°, Mittelfinger 40°, Ringfinger 45°, Kleinfinger 50°

a: Arthroplastik im PIP-Gelenk; b: Arthrodese im DIP-Gelenk

5

82

Kapitel 5 • Hand

5.7 Handgelenksganglion zz Epidemiologie

Dorsale Handgelenksganglien sind die häufigste Ursache für dorsal zentrale Handgelenksschmerz ohne Trauma und haben bei den Erwachsenen eine höhere Inzidenz als die palmaren Handgelenksganglien zz Pathogenese

5

Aussackung von Gelenksynovialis. Dorsal typischerweise vom skapho-lunären Band ausgehend, palmar radial vom radio-skaphoidalen Gelenk ausgehend zz Klinik

Belastungsabhängige Schmerzen bei abstützenden Bewegungen (Extension) oder endgradiger Flexion im Handgelenk Prallelastische, gelegentlich druckschmerzhafte Schwellung (kleine okkulte Ganglion können schwierig palpabel sein) Kraftverlust und Bewegungseinschränkung zz Diagnose

Klinische Diagnose, welche durch Bildgebung (Ultraschall oder MRI) bestätigt wird zz Therapie

Konservativ: Ruhigstellung in Handgelenksmanschette Punktion: Ultraschall kontrolliert in Lokalanästhesie mit Traumatisierung des Ganglionstiels (Rezidivrisiko) Operativ: Offene Exzision des Befundes inklusive Stiel oder arthroskopische Resektion des Stiels

Dorsales Handgelenksganglion (rechts)

83 5.9 • Distale Radiusfraktur

5.8

Dupuytrensche Kontraktur

zz Ätiologie

Veränderung der Myofibroblasten; die genaue Ätiologie ist noch nicht vollständig geklärt zz Pathogenese

Gutartige fibro-proliferative Veränderung, welche typischerweise als Knoten in der Palmaraponeurose beginnt, langsam zu Strängen voranschreitet und schließlich zu Flexionskontrakturen im MP- und/oder PIP-Gelenk führt zz Klinik

Ersichtliche und palpable subkutane Knoten und/oder Stränge, Extensionsdefizit im MP- und PIP-Gelenk des betroffenen Strahls zz Diagnose

Klinische Diagnose (typischer Befund) zz Therapie

Konservativ: Kollagenase-Injektion in die Stränge Operativ: Exzision des veränderten Gewebes

-

nnErweitertes Wissen

5.9

Die Einteilung des Schweregrades der Dupuytren’schen Kontraktur erfolgt nach der Tubiana-Klassifikation, wobei hierfür die Extensionsdefizite in den MP-PIPund DIP-Gelenken des betroffenen Strahls addiert werden. Stadium I beinhaltet eine kumulative Kontraktur von bis zu 45°, Stadium II von 46–90°, Stadium III von 91–135°, Stadium IV von über 136° Dupuytren Diathese beschreibt Patienten mit einem frühen Krankheitsbeginn ( 50 Jahre (Niedrigenergie-Trauma bei osteoporotischem Knochen)

5

Kapitel 5 • Hand

84

zz Pathogenese

Sturz auf das extendierte oder flektierte Handgelenk zz Klinik

Schmerzen, Schwellung und Fehlstellung zz Diagnose

Klinik und Röntgen Handgelenk pa/seitlich CT bei Unklarheiten oder zur Bilanzierung von intraartikulären Frakturen

5

zz Therapie

Konservativ: Undisloziert → Ruhigstellung im Gips für 4–6 Wochen Disloziert und stabil → Aufhängen und Reposition unter ausreichender Anästhesie, dann Ruhigstellung im Vorderarmgips Operativ: Disloziert und instabil → z. B. palmare oder dorsale Plattenosteosynthese

-

nnErweitertes Wissen

-

Mehrere verschiedene Klassifikationen bestehen: – Nach Eigennamen: – Colles (Abkippung nach dorsal) – Smith (Abkippung nach palmar) – Barton (interartikulär mit Abkippung nach dorsal) – Hutchinson (Radiusstyloid Fraktur, Chauffeur Fraktur) – Schematisch (> 10 verschiedene Klassifikationsschemen bestehen) – AO-Klassifikation ist die am häufigsten verwendete (3 Haupttypen (extraartikulär, partiell artikulär und intraartikulär) mit zusätzlichen Untertypen) Sind 3 oder mehr der folgenden Instabilitätskriterien erfüllt, besteht die Operationsindikation: – Intraartikuläre radiokarpale Fraktur – Dorsale Trümmerzone – Dorsale Angulierung von > 10–20° – Alter  Frauen (4:1), Altersgipfel zwischen 20. und 30. Lebensjahr In 70–80 % ist das mittlere Skaphoid-Drittel frakturiert und in rund 20 % das proximale Drittel; Frakturen des distalen Pols sind am seltensten zz Klinik

Druckdolenz über der Tabatière, über dem proximalen und/oder distalen Pol, schmerzhafte axiale Stauchung des Daumens zz Diagnose

Klinik und Röntgen Handgelenk pa /seitlich CT bei geringstem Verdacht einer Skaphoidfraktur, allenfalls MRI zz Therapie

Konservativ: Undislozierte Skaphoidfraktur: Ruhigstellung des Handgelenks für 8–12 Wochen im Gips, anschließend CT zur Konsolidationskontrolle Operativ: Disloziert Fraktur oder Fraktur des proximalen Pols: Reposition und Schraubenosteosynthese zz Besonderheiten

Die Heilungstendenz ist bei Frakturen im proximalen Pol aufgrund der von distal erfolgenden (retrograden) Blutversorgung am prekärsten und im distalen Drittel am besten

5

Kapitel 5 • Hand

90

zz Komplikationen

---

Skaphoidpseudarthrose – kann nach konservativer und operativer Therapie auftreten. Risikofaktoren: Übersehene Fraktur oder Verzug des Therapiebeginnes von > 4 Wochen Fraktur des proximalen Pols Dislokation von > 1 mm Rauchen

5

Therapie der Skaphoidpseudarthrose Pseudarthroseresektion und Skaphoidrekonstruktion mit Knochenspongiosa oder vaskularisiertem Knochenspan vom distalen Radius

-

nnErweitertes Wissen

-

Die Humpback Deformität kann bei Frakturen im mittleren Drittel entstehen durch eine Abkippung des distalen Skaphoidanteiles in Flexionsstellung (nach palmar) und des proximalen Anteiles in Extensionsstellung. Diese „Buckelbildung“ ist im seitlichen Röntgenbild gut ersichtlich. Die DISI-Fehlstellung (Dorsal Intercalated Segmant Instability) bezeichnet eine Fehlstellung der Handwurzlknochen mit nach dorsal (in Extensionsstellung) rotiertem Os lunatum und tritt aufgrund knöcherner Veränderungen (Humpback Deformität des Skaphoids) oder ligamentären Verletzungen (skapho-lunärer BandRuptur) auf. Bei einer DISI-Fehlstellung ist im seitlichen Röntgenbild des Handgelenks der Skaphoid-Lunatum-Winkel > 60° und der Kapitatum-Lunatum-Winkel > 15°. SNAC (Scaphoid Nonunion Advanced Collapse) bezeichnet die Instabilität und resultierenden arthrotischen Veränderungen im Handgelenk aufgrund einer chronischen/ fehlverheilten Skaphoidfraktur. Es können bis zu vier Stadien durchlaufen werden: – Stadium I: Arthrose im Bereich des radialen Skaphoids und des Radiusstyloids – Stadium II: Zusätzliche Arthrose zwischen Skaphoid und Lunatum – Stadium III: Zusätzliche Arthrose zwischen Lunatum und Kapitatum – Stadium IV: Panarthrose des Handgelenks a

b

a: Frische Skaphopidfraktur; b: Skaphoidpseudarthrose

91 5.12  •  Metakarpalefraktur – Strahl II–V

-

!!CAVE

Bei geringstem Verdacht auf eine Skaphoidfraktur soll eine Schnittbildgebung (CT) durchgeführt werden Verpasste Skaphoidfrakturen können zu einer Skaphoidpseudarthrose führen

5.12 Metakarpalefraktur

– Strahl II–V

zz Klinik

Schmerzen, Schwellung der Hand, ggf. Fehlstellung – insbesondere Rotationsabweichung zz Diagnose

Klinik und Röntgen Hand pa/seitlich

---

zz Therapie

Konservativ: Stabile Frakturen ohne Rotationsabweichung (oft Binnenstrahlen (Strahl  III und IV) aufgrund hoher intrinsischer Stabilität) Nicht oder nur wenig (unterhalb der Toleranzgrenze) dislozierte Frakturen → Ruhigstellung in Schiene (Intrinsic plus Schiene) für 4–6 Wochen Operativ: Instabile Frakturen Über Toleranzgrenze dislozierte Frakturen Rotationsabweichung Multiple Frakturen → Osteosynthese mittels Kirschnerdrähten, Schrauben, Schrauben/Platte oder endomedullärer Nagelung

-

nnErweitertes Wissen

a

Die Toleranzgrenze unterscheidet sich je nach Strahl und Lokalisation der Fraktur (diaphysär vs. metaphysär/subkapital) – Die geringste Toleranz von weniger als 15° haben diaphysäre Metacarpale-Frakturen des Zeigefingers – Die höchste Toleranzgrenze von bis zu 50° palmare Abkippung hat die subkapitale Metacarpale-Fraktur des Kleinfingers (= Boxer’s fracture) b

a: Schrägfraktur; b: Spiralfraktur; c: Subkapitale Fraktur

c

5

Kapitel 5 • Hand

92

5

Endomedulläre Nagelung

-

!!CAVE

Rotationsabweichungen dürfen nicht verpasst werden!

5.13 Intraartikuläre

Basisfraktur Metacarpale I

zz Klinik

Schmerzen, Bewegungseinschränkung und Schwellung zz Diagnose

Klinik und Röntgen Strahl I pa/seitlich und CT zz Therapie

Operativ: Reposition und Osteosynthese

-

nnErweitertes Wissen Einteilung der basisnahmen Frakturen des Os metacarpale I: – Winterstein-Fraktur: extraartikuläre basisnahe Fraktur – Bennett-Fraktur: klassische intraartikuläre Zweiteiler-Luxationsfraktur – Rolando-Fraktur: intraartikuläre Dreiteilerfraktur/Trümmerfraktur Alle diese Frakturtypen sind meist instabil und dislozieren typischerweise aufgrund des Zugs des M. abductor pollicis longus während das Basis-Fragment durch die kräftigen karpo-metakarpalen Bänder fixiert bleibt

5.14 Phalanxfraktur zz Epidemiologie

Häufigste Fraktur in der Hand zz Klinik

Schwellung, Schmerzen mit Bewegungseinschränkung, mögliche Achsenabweichung und Rotationsabweichung

93 5.15 • PIP-Luxation

zz Diagnose

Klinik und Röntgen Finger pa /seitlich, CT bei Verdacht auf intraartikuläre Beteiligung zz Therapie

Konservativ: Stabile Frakturen ohne Rotationsabweichung → Ruhigstellung in Schiene für 4 Wochen Operativ: Instabile Frakturen, Achsenabweichung, Rotationsabweichung → Osteosynthesen mittels Kirschnerdrähten, Schrauben, oder Schrauben/Platte a

b

c

a: Rotationsfehler bei Fingerfraktur; b: Schrägfraktur der Grundphalanx; c: Schraubenosteosynthese

5.15 PIP-Luxation zz Ätiologie

Axiales Trauma oder Hyperextensionstrauma Luxationsrichtung (lateral vs. dorsal vs. palmar) ist bedeutend hinsichtlich verletzter Strukturen, Therapie und Outcome zz Klinik

Fehlstellung, Bewegungseinschränkung, Schmerzen, Schwellung zz Diagnose

Klinik und Röntgen Finger AP /seitlich, Ultraschall, CT bei Verdacht auf intraartikuläre Beteiligung zz Pathomechanik

Laterale PIP-Luxation: Unilaterale Seitenband-Ruptur und partielle oder komplette Avulsion der palmaren Platte Dorsale PIP-Luxation: Läsion der palmaren Platte/Fraktur der palmaren Basis der Mittelphalanx Palmare PIP-Luxation: selten – Ruptur des Zentralzügels

5

94

Kapitel 5 • Hand

zz Therapie

Läsion Seitenbänder: Zwillingsverband (buddy taping) Läsion palmare Platte: Extensionshemmung (Streck-Stopp Schiene) Läsion Zentralzügel: Ruhigstellung des PIP-Gelenks in Extension für 6 Wochen Insertion Zentralzügel

5

Seitenband akzessorisches Seitenband palmare Platte Check Rein Die stabilisierenden Strukturen des PIP-Gelenkes

5.16 Skidaumen zz Pathogenese

Akute Läsion des ulnare Seitenbandes des Daumen-MP-Gelenks (inkl. Läsion der palmaren Platte) durch forcierte Radialdeviation des Daumens zz Klinik

Schmerzen, Schwellung, Hämatom, Instabilität im Seitenvergleich und vermehrte Aufklappbarkeit zz Diagnose

Klinik, Ultraschall oder MRI (mit Frage nach Stenerläsion), Röntgen Daumen pa/ seitlich zz Therapie

Konservativ: Wenn keine Stenerläsion vorhanden (Ruhigstellung in der Daumenkappe für 6 Wochen) Operativ: Bei Stenerläsion (Refixation des ulnaren Seitenbandes) zz Besonderheiten

Die Stenerläsion ist eine Interposition der Adduktoraponeurose zwischen die Bandstümpfe und verunmöglicht die konservative Therapie (fehlende Proximität)

95 5.17 • Malletfinger

-

nnErweitertes Wissen Läsionen des ulnaren Seitenbandes des Daumen-MP-Gelenks sind 10-mal häufiger als Läsionen des radialen Seitenbandes Das ulnaren Seitenbandes des Daumen-MP-Gelenks ist unter maximaler Spannung in 40° Flexion → dies ist deshalb die beste Position, um die Intaktheit des Bandes klinisch zu prüfen

Adduktoraponeurose Seitenband intakt

Seitenband gezerrt

Seitenband gerissen

Umgeschlagenes Seitenband (Stenerläsion)

Entstehung einer Stenerläsion

5.17 Malletfinger zz Klassifikation

Es wird zwischen ligamentärem Malletfinger und ossärem Malletfinger unterschieden zz Pathogenese

Ruptur der Strecksehne über dem Endgelenk (ligamentärer Malletfinger) oder Fraktur der dorsalen Endphalanx-Basis (ossärer Malletfinger) mit konsekutivem aktivem Streckdefizit

5

96

Kapitel 5 • Hand

zz Klinik

Extensionsdefizit, Schwellung und Schmerzen über dem DIP-Gelenk zz Diagnose

Klinik, Ultraschall und Röntgen Finger pa/seitlich zz Therapie

5

Konservativ: Konsequente Ruhigstellung des DIP-Gelenks in Extensionsstellung in einer Schiene für 8 Wochen Operativ: Bei dislozierten ossären Malletläsionen und/oder großen Fragmenten Reposition und Fixation mittels Kirschnerdrähten oder Schrauben

97 5.18  •  Wichtige Untersuchungen

5.18 Wichtige

1. 2. 3. 4.

Untersuchungen

Inspektion Palpation: → Anatomische Landmarken → siehe 7 Abschn. 5.1 Globaltest/Greifformen Messung der Bewegungsamplitude

Pronation

Supination Vorderarm

Extension Handgelenk

Flexion

Ulnardeviation Handgelenk

Radialdeviation

Bewegungsrichtungen und deren Bezeichnungen

5

98

Kapitel 5 • Hand

Extension Flexion

5 Opposition Daumen

Interphalangealgelenk

maximale radiale Abduktion (maximale Öffnung der ersten Komissur)

Zirkumduktion

Extension

Flexion Fingergelenke Weitere Bewegungsrichtungen und deren Bezeichnungen

99 5.18  •  Wichtige Untersuchungen

5. Prüfung der Sehnenfunktion

Sehne Flexor pollicis longus

Sehne Flexor digitorum superficialis (III)

Sehne Flexor digitorum profundus (III)

5

100

Kapitel 5 • Hand

Sehne(n) Extensor digitorum communis

5

Sehne Extensor indicis

Sehne Extensor digiti minimi

Sehne Extensor pollicis longus

101 5.18  •  Wichtige Untersuchungen

6. Prüfung der intrinsischen Funktion

Opposition: M. opponens, M. abductor brevis

Froment-Test: M. adductor pollicis

Finger-Ab/Adduktion: Mm. interossei

zu Froment-Test (Mitte): Prüfung der Funktion des M. adductor pollicis: Festhalten eines Blatt Papiers zwischen Daumen und der radialen Seite des Zeigefingers, Zugkraft anwenden – pathologisch auffällig, wenn der Daumen eine IP-Flexion macht (=Haltefunktion wird dann vom FPL übernommen)

5

102

Kapitel 5 • Hand

7. Palpation/Schmerzauslösung der Sehnen

5

Schmerzauslösung bei Synovitis im ersten Strecksehnenfach (Finkelstein-Test)

103 5.18  •  Wichtige Untersuchungen

8. Palpation/Schmerzauslösung der Gelenken

Gänslein-Zeichen: schmerzhafte Kompression der Metacarpophalangeal-Gelenke Hinweis auf Arthritis

Grind-Test: Achsenstauchschmerz mit Krepitieren bei Drehbewegung Hinweis auf Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose)

5

104

Kapitel 5 • Hand

9. Nerven(dys)funktions-Tests

5

Hoffmann-Tinel-Zeichen: Beklopfen des N. medianus Test positiv: Auslösen von Parästhesien

Phalen-Test: 60 Sekunden maximale Flexion Test positiv: Auslösen von Parästhesien

Durkan-Test: Lokaler Druck auf Karpalkanal Test positiv: Auslösen von Parästhesien

105

Hüfte Patrick Zingg, Andreas Flury, Lazaros Vlachopoulos, Madlaina Schöni Inhaltsverzeichnis 6.1

Anatomie – 106

6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4

Hüftgelenk – 106 Acetabulum – 106 Femur – 107 Neuromuskuläre Einheiten – 109

6.2

Konventionelles Röntgen – 111

6.3

Häufige Pathologien – 113

6.4

Femoroacetabuläres Impingement – 114

6.5

Hüftdysplasie beim Erwachsenen – 117

6.6

Femurkopfnekrose – 120

6.7

Coxarthrose – 122

6.7.1 6.7.2 6.7.3

Das künstliche Hüftgelenk  –  122 Arthrodese – 124 Resektionsarthroplastik (Girdlestone-Anlage) – 125

6.8

„Periartikuläre“ Schmerzen – 125

6.8.1

6.8.4 6.8.5 6.8.6

Peritrochantäres Schmerzsyndrom (Greater-trochanteric-pain-Syndrom = GTPS) – 125 Bursitis trochanterica – 125 Abduktorentendinopathie, Rupturen der Hüftabduktorensehnen – 126 Coxa saltans externa  –  127 Coxa saltans interna  –  127 Adduktorentendinosen – 127

6.9

Wichtige Untersuchungen – 128

6.9.1

Funktionelle Tests – 129

6.8.2 6.8.3

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_6

6

106

Kapitel 6 • Hüfte

6.1 Anatomie 6.1.1 Hüftgelenk

Kugelgelenk (Nussgelenk → Pfanne reicht über den Äquator der Kugel) Kopf mit hyalinem Knorpel bedeckt Pfanne nur Facies semilunaris mit Knorpel bedeckt, Fossa acetabuli knorpelfrei Pfanne erweitert vom Labrum acetabulare (Faserknorpel)

6

Blau= Knorpelfläche (Facies semilunaris), Grün= Faserknorpel (Labrum acetabulare)

6.1.2 Acetabulum

--

gebildet aus Os ilium, Os pubis und Os ischium (Y-Fuge) normalerweise Anteversion von ca. 15° – radiologische Darstellung: Vorderwand und Hinterwand überkreuzen sich nicht normalerweise Inklination von ca. 45° – „Sourcil“ (Tragfläche, subchondrale Sklerosezone) steht ca. horizontal – radiologische Kriterien zur Beurteilung: – lateraler Zentrum-Eckwinkel (LCE-Winkel): – Winkel zwischen Verbindungslinie Femurkopfzentrum – Pfannenerker und der Vertikalen (Norm: => 25°) – Pfannendachwinkel (AC-Index nach Lequesne): – Winkel zwischen „Sourcil“ und der Horizontalen (Norm:  40 % A. ligamentis capitis femoris

109 6.1 • Anatomie

Bei Kindern

Bei Erwachsenen

– A. ligamentis capitis femoris reicht nicht für die Versorgung der ganzen Epiphyse – Keine Gefäße durch Epiphysenfuge Gefäße in der Gelenkskapsel haben enorm wichtige Bedeutung. Wichtiger als beim Erwachsenen!

– A. ligamentis capitis femoris verschlossen – Da auch im Knochen einige Gefäße verlaufen, sind die Gefäße in der Gelenkskapsel weniger bedeutsam als im Kindesalter, aber trotzdem immer noch am bedeutsamsten

Durchblutung Femurkopf

6.1.4

Neuromuskuläre Einheiten

Adduktoren

N. obturatorius

L3

M. quadriceps femoris

N. femoralis

L3,4

M. tensor fasciae latae

N. gluteus superior

L5

M. gluteus medius et minimus

N. gluteus superior

L5

M. gluteus maximus

N. gluteus inferior

S1

6

Kapitel 6 • Hüfte

110

Gleichgewicht nach Pauwels

S

M K

6

1

3

3 R=4

Körpergewicht × Lastarm = Kraftarm × Muskelkraft

Da der Kraftarm im Vergleich kleiner ist als der Lastarm, muss die Abduktorenmuskulatur ein Vielfaches an Muskelkraft (M; grün) aufbringen im Vergleich zum Körpergewicht (K; blau). Das führt auch dazu, dass die Kontaktkraft (R; rot) im Hüftgelenk entsprechend hoch ist (starke Beanspruchung).

--

!!CAVE → Trendelenburg-Zeichen

-

Bei Insuffizienz der Hüftabduktoren (z. B. bei Nervenläsion L5 oder Sehnenriss) kann im Einbeinstand das Becken nicht in der Waage gehalten werden → Absinken des Beckens zur gesunden Seite Merke: Der Gehstock wird auf der gesunden Seite verwendet zur Entlastung der Hüftabduktoren

zz Differentialdiagnose des Trendelenburg-Zeichens

Lastarm verlängert – Dysplasie mit Subluxation – Iatrogen nach künstlichem Hüftgelenksersatz Kraftarm verkürzt – Coxa breva – Iatrogen nach künstlichem Hüftgelenksersatz Verminderte Vorspannung der Abduktoren – Trochanterhochstand Neuromuskuläre Einheit gestört – L5 Radikulopathie, N. gluteus superior, Hüftabduktoren betroffen („Rotatorenmanschette der Hüfte“)

111 6.2 • Konventionelles Röntgen

--

zz Hinkformen

Schonhinken: Verkürzung der Standphase aufg. von Schmerzen Trendelenburghinken: s. oben Duchennehinken: Absinken des Beckens wird durch eine kompensatorische Verlagerung des Oberkörpers zur Standbeinseite ausgeglichen Verkürzungshinken: Bei anatomischer oder funktioneller Beinverkürzung Beinlängendifferenz. Klinisch relevant ab  85 %

-

-

linke Seite = Retroversion / rechte Seite = übermäßige Tiefe

115 6.4 • Femoroacetabuläres Impingement

Mechanischer Konflikt

Mechanischer Konflikt

Links: Pincer Impingement/Rechts: Cam-Impingment mit Knorpeldelamination

zz Klinik und Befund

Leistenschmerz in Hüftflexion, verminderte Innenrotation, positives vorderes Impingementzeichen: Leistenschmerz bei Flexion + Innenrotation + Adduktion im Hüftgelenk

normal

verminderte IR

Vorderes Impingement-Zeichen positiv Impingement Test

6

116

Kapitel 6 • Hüfte

---

zz Radiologie

6

1) Konventionelles Röntgen, mögliche Befunde: Taillierungsstörungen am Kopf-Hals-Übergang Impingement-Zysten – Im Bereich des Pfannenerkers – Am Kopf-Hals-Übergang („herniation pits“) Labrumverkalkungen, Os Acetabuli Übermäßige Tiefe der Pfanne Acetabuläre Retroversion – Cross-over sign – Vorderer und hinterer Pfannenrand überkreuzen sich – Je weiter inferior der Kreuzungspunkt ist, desto ausgeprägter ist die Retroversion – Posterior wall sign – Hinterer Pfannenrand projiziert sich medial des Hüftkopfzentrums – Projektion der Spina ischiadica in das kleine Becken 2) Arthro-MRI inkl. Messung der femoralen Torsion zz Diagnose

Anamnese + klinische Untersuchung + konventionelle Bildgebung zz Therapie

Nur wenn symptomatisch Konservativ: symptomatische Therapie mit dem Ziel der Beschwerdefreiheit(auch leichte Restbeschwerden unter konservativer Therapie sind Zeichen einer anhaltenden Gelenküberlastung) Belastungsreduktion, Analgesie, Physiotherapie, ev. intraartikuläre Infiltrationen Operativ: ursächliche strukturelle Korrektur Hüftarthroskopie vs. offene Chirurgie (chirurgische Hüftluxation) – Cam Impingement → Taillierung am Kopf-Hals-Übergang – Pincer Impingement → a) Pfannenrandtrimmung bei gering ausgeprägter Retroversion → Naht (vs. Resektion) bei Labrumrissen Umstellungsosteotomie an Pfanne oder proximalem Femur – Reversed PAO (= periacetabuläre Osteotomie) zur Korrektur der ausgeprägten acetabulären Retroversion – Subtrochantäre Rotationsosteotomien zur Korrektur der femoralen Torsion (bei Torsion ≤ 0°)

-

Ziel: Impingement-freie Innenrotation von ca. 25–30°

117 6.5 • Hüftdysplasie beim Erwachsenen

a

b

links: Femur-Rotationsosteotomie / rechts: Reversed PAO

zz Prognose

Negative prognostische Faktoren für das Operationsergebnis: Ausmaß des Knorpelschadens, Patientenalter > 35 J

-

!!CAVE → Hüftschmerzen bei jungen Patienten sind immer abklärungsbedürftig

6.5

---

da z. B. femoroacetabuläres Impingement und Hüftdysplasie prädisponierende Faktoren (sog. „Präarthrosen“) für eine frühzeitige Hüftarthrose sind und diese bei jüngeren Patienten gelenkserhaltend angegangen werden können

Hüftdysplasie beim Erwachsenen

Spektrum der Hüftdysplasie: Dysplasie Dysplasie mit Subluxation angeborene Hüftluxation teratogene Hüftluxation adulte Hüftdysplasie

6

118

Kapitel 6 • Hüfte

6 Normale Hüftkonfiguration

Hüftdysplasie

→ Tragzone (Sourcil) horizontal → Kopf gut überdacht

→ Tragzone (Sourcil) kurz und schräg → Kopf gering überdacht → steiler Schenkelhals, viel femorale Antetorsion → MRI: Labrumhypertrophie

zz Ätiologie

Verpasste angeborene Hüftdysplasie oder residuelle Hüftdysplasie: im Kindesalter erfolgte Behandlung der Dysplasie, jedoch noch residuelle Fehlform Sekundär aufg. anderer Krankheiten: Post-Perthes, bei neurologischen Erkrankungen zz Pathogenese

Scherkräfte auf Knorpel Labrumhypertrophie und sekundäre Degeneration zz Klinik

Lateralseitige Hüftschmerzen Schmerzen bei längerem Gehen, Stehen oder Tragen von Gegenständen Überdurchschnittliche Beweglichkeit sowie exzessive Innenrotation in der Hüfte bei ausgeprägten Formen: rezidivierende Abduktorenirritation, Abduktoreninsuffizienz (Subluxation des Kopfes nach lateral → Lastarm wird länger und Kraftarm kürzer → Überlastung der Hüftabduktoren) positiver Schmerzprovokationstest durch kombinierte Flexion + Innenrotation + Adduktion (entsprechend dem vorderen Impingement-Test; Schmerzen da Schenkelhals gegen hypertrophes, degeneriertes Labrum gedrückt wird) zz Radiologie

lateraler Zentrum-Eckenwinkel (LCE-Winkel) = 25° normal) Pfannendachwinkel (AC-Index nach Lequesne) > 10° bei Dysplasie

119 6.5 • Hüftdysplasie beim Erwachsenen

zz Therapie

Operativ: periacetabuläre Umstellungsosteotomie (PAO) zur optimalen Einstellung der verfügbaren Pfanne auf Femurkopf ggf. mit Rotationsosteotomie am Femur → Veränderung der resultierenden Kraft am Acetabulum zz Komplikationen

Sekundäre Coxarthrose → Hüftdysplasie ist eine präarthrotische Deformität

-

nnErweitertes Wissen Bei der PAO nach Ganz wird das Gelenksfragment durch 4 Osteotomien und eine kontrollierte Fraktur aus dem restlichen Becken befreit Die adulte Form der Hüftdysplasie – In den allermeisten Fällen ist das Gelenk zentriert (konzentrisch), da Fehlstellungen bereits im Jugendalter korrigiert werden. Das Gelenk macht sich dadurch deutlich später bemerkbar. Die Hälfte aller  75 Jahre: 15 JÜ 94 %/20 JÜ 93 %  7 ppb (parts per billion) →  MRT mit MARS (metal artifact reduction sequence) (2) Zuwarten und beobachten nur wenn Patient asymptomatisch, kein Pseudotumor im MRI und Metallionenkonzentration im Serum tief (3) Revision auf Keramik/XPLE-Kombination – Trunnionose – Freisetzung von Metallionen durch Korrosion am Konus des Hüftkopf-HalsInterfaces, und somit unabhängig von der Kopf-Inlay-Materialwahl (Metall/ Metall oder Metall/XPLE-Kombination) – Die Kobaltwerte sind typischerweise stärker erhöht als die Chromwerte (4–5fach)

6.7.2 Arthrodese

Heutzutage nur noch selten bei wiederholten Infekten und bei relativer Kontraindikation für eine Hüfttotalendoprothese (z. B. Adoleszenz)

125 6.8  •  „Periartikuläre“ Schmerzen

6.7.3

Resektionsarthroplastik (Girdlestone-Anlage)

Resektion des Femurkopfes; Indikationen: Vorübergehend bei Behandlung von Prothesen-assoziierte Infekten und nur selten definitiv → nur bei wiederholten Infektionen und/oder wenn der Allgemeinzustand eine Hüfttotalendoprothese nicht zulässt. Gehfähigkeit mit Gehhilfen noch möglich, jedoch Bein deutlich verkürzt → Schuhversorgung nötig. 6.8

-----

„Periartikuläre“ Schmerzen

Ursachen: Überlastungsreaktionen artikulär-reaktiv Pseudoradikulär von LWS/ISG

Häufig beteiligte Strukturen bei periartikulären Schmerzen der Hüfte: Bursa trochanterica → Bursitis trochanterica Abduktoren → Tendinopathie/(Partial‑)Rupturen der Hüftabduktoren Tractus iliotibialis → Coxa saltans externa Adduktoren → Adduktorentendinosen Iliopsoas → Coxa saltans interna 6.8.1

-

Peritrochantäres Schmerzsyndrom (Greater-trochanteric-pain-Syndrom = GTPS)

Allgemeiner Überbegriff für verschiedene Krankheitsbilder, welche aber sehr häufig kombiniert auftreten Schmerzhafte Struktur nicht immer genau identifizierbar (s. oben: beteiligte Strukturen) Gemeinsames Symptom: Laterale Hüftschmerzen, ggf. mit Ausstrahlung entlang des lateralen Oberschenkels bis zum Knie Deutlich häufiger bei Frauen

6.8.2

Bursitis trochanterica

meistens Symptom einer anderen Pathologie, nur selten der eigentliche Grund für die Beschwerden Schmerzen bei lokalem Druck (Seitenlage), längerem Stehen oder Gehen, Adduktion Therapie des: GTPS – Initial konservativ: 1) lokale und systemische Antiphlogistika, Dehnungs- und Kräftigungsübungen für die Hüftabduktoren 2) zusätzlich Infiltration Bursa trochanterica

6

Kapitel 6 • Hüfte

126

6.8.3

-

Abduktorentendinopathie, Rupturen der Hüftabduktorensehnen

degenerative Schädigung der Sehnen von M. gluteus minimus und M. gluteus medius, ggf. ansatznahe (Partial-)Rupturen Beschwerden ähnlich wie bei Bursitis trochanterica, zusätzlich ggf. Kraftverlust für Hüftabduktion, ggf. positives Trendelenburg-Zeichen

zz Therapie

6

Konservativ (initial): 1) lokale und systemische Antiphlogistika, Dehnungs- und Kräftigungsübungen für die Hüftabduktoren 2) zusätzlich Infiltration Bursa trochanterica Operativ: Bei Beschwerdepersistenz → endoskopische vs. offene Sehnenrefixation; (bei schlechter Muskelqualität Sehnentransfers).

-

nnErweitertes Wissen Ätiologien einer Abduktoreninsuffizienz: – Ohne liegende Hüfttotalprothese – Chronisch atraumatisch; Zufallsbefund während Hüftprothesenimplantation (25 % der Patienten, die aufgrund einer ausgeprägten Hüftarthrose eine Totalprothese erhalten, weisen eine Teilruptur der Abduktoren auf). – Mit liegender Hüfttotalprothese – Exzessive Abnützung/Osteolyse/Metallose (siehe 7 Abschn. 6.7.1) führt zu Inflammation, Gewebsermüdung und Sehnenverletzung bis zu Atrophie – Während Implantation der Hüfttotalprothese – Zugangsbedingte iatrogene Verletzung (z. B. transgluteal)

Impingement-Test

127 6.8  •  „Periartikuläre“ Schmerzen

6.8.4

-

Coxa saltans externa

→ (schmerzhaftes) Springen des Tractus iliotibialis über den Trochanter major Häufiger bei Sportlern (z. B. Rennvelo), ggf. kompensatorisch bei Schwäche der Abduktorenmuskulatur Initial schmerzfrei, im Verlauf ggf. mit Schmerzen verbunden, ggf. zusätzliche Bursitis trochanterica zz Therapie

Konservativ (initial): 1) lokale und systemische Antiphlogistika, Dehnungs- und Kräftigungsübungen für die Hüftabduktoren 2) zusätzlich Infiltration Bursa trochanterica Operativ (selten): bei Beschwerdepersistenz: Tractusrelease 6.8.5

--

Coxa saltans interna

→ schmerzhaftes Springen der Iliopsoassehne Auslöser ist typischerweise eine Hüftextension aus Flexionsstellung (> 90°) heraus Leistenschmerz, z. B. bei aktiver Hüftgelenksflexion (Anspannung des Iliopsoas), ggf. Extensionsdefizit/Iliopsoas-Dehnungsschmerz Spezialfall: bei fehlender knöcherner Überdachung der Pfanne nach Hüft-TP zz Therapie

(Typischerweise) Konservativ: 1. Dehnungsübungen Iliopsoas 2. zusätzlich Infiltration Bursa Iliopectinea Operativ: bei Beschwerdepersistenz ggf. Tenotomie der Iliopsoas-Sehne, ggf. Pfannenwechsel 6.8.6 Adduktorentendinosen

--

(Adduktorengruppe: Mm. Adductor longus, brevis und magnus, M. gracilis) Leistenschmerzen bei Belastung, Sport Druckschmerzhaftigkeit im Ursprungsbereich (Os pubis), Dehnungsschmerz, Schmerzen bei Adduktion gegen Widerstand zz Therapie

(Typischerweise) konservativ: antiphlogistische Maßnahmen, Dehnungsübungen

6

Kapitel 6 • Hüfte

128

6.9

Wichtige Untersuchungen

-

zz Anamnese

6

Schmerzen: – Lokalisation (Leiste, Trochanter, gluteal?) – Charakter (stechend, dumpf) – wann (Ruhe, Nacht, Bewegung, Belastung)? – Schmerzarme Gehstrecke? – Analgetikakonsum? Funktionseinschränkung: – Welche Aktivitäten sind eingeschränkt (Sport, Hygiene, Anziehen?) – Zeitlicher Verlauf ?

----

zz Inspektion

Ausziehen (Maß der Funktionseinschränkung) Gangbild – Schonhinken – Trendelenburghinken – Duchennehinken – Verkürzungshinken Beinachsen (Varus, Valgus) Symmetrie d. Weichteilkonturen Beinlängendifferenz (reell, funktionell) Palpation – Leiste – Trochanter – Muskelansätze Funktionsprüfung – Trendelenburg-Zeichen – Bewegungsumfang passiv und aktiv, indolent? – FL/EX 100 – 0 – 20 – AR/IR 40 – 0 – 20 – ABD/ADD 40 – 0 – 20 – Funktionelle Tests (Impingementzeichen, Apprehensiontest, Tractus-Belastungstest, Abduktorenfunktionstest, Iliopsoastest) Neurologie – N. femoralis – N. ischiadicus

-

129 6.9  •  Wichtige Untersuchungen

6.9.1

Funktionelle Tests

Impingementzeichen (kombinierte Flexion + Adduktion + Innenrotation)

Impingement-Test

6

130

Kapitel 6 • Hüfte

Apprehensionzeichen: Rotationsbewegungen in voller Extension der Hüfte

6 Apprehensionzeichen: in voller Extension der Hüfte

Tractusbelastungstest: Velofahrbewegungen in Seitenlage Apprehensionzeichen und Tractusbelastungstest

131 6.9  •  Wichtige Untersuchungen

Tractusbelastungstest: Velofahrbewegungen in Seitenlage

Abduktorenfunktionstest

Iliopsoastest

6

133

Knie Andreas Flury, Leo Kronberger, Sandro Fucentese Inhaltsverzeichnis 7.1

Anatomie – 134

7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5

Kniegelenk – 134 Freiheitsgrade – 134 Gelenke und Gelenkkörper  –  134 Meniskus, Bandapparat, Gelenkkapsel, Sehnen  –  134 Patellofemorale Kinematik: Anatomie und die stabilisierenden Faktoren  –  136

7.2

Ligamentäre Verletzungen – 137

7.2.1 7.2.2

Kreuzbänder – 137 Seitenbänder – 141

7.3

Meniskusläsionen – 143

7.4

Patellofemorale Instabilität – 145

7.5

Gonarthrose – 148

7.6

Arthritis – 149

7.7

Traumatologie (Knie) – 151

7.7.1 7.7.2 7.7.3

Distale Femurfraktur – 151 Proximale Tibiafraktur – 152 Patellafraktur – 153

7.8

Wichtige Untersuchungen – 154

7.8.1 7.8.2

Inspektion – 154 Funktionsprüfungen – 154

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_7

7

Kapitel 7 • Knie

134

7.1 Anatomie 7.1.1 Kniegelenk

4 Gelenkspartner: distales Femur, proximale Tibia, proximale Fibula und Patella. 7.1.2 Freiheitsgrade

Flexion/Extension; Innen‑/Außenrotation. Das Knie ist kein reines Scharniergelenk, sondern besitzt einen komplexen Be‑ wegungsablauf mit einem „Screw-home“-Mechanismus.

-

nnErweitertes Wissen

7

„Screw-home“-Mechanismus: Die Tibia rotiert in endständiger Extension zum Femur nach außen (oder bei aufgestelltem Bein rotiert das Femur nach innen). Die Rotation (und anteriore Translation) ist bedingt durch anatomische Gege‑ benheiten wie der Inkongruenz des lateralen tibiofemoralen Gelenks (konvexes Tibiaplateau und konvexer femoraler Kondylus). Durch diese Schlussrotation in voller Extension werden das vordere Kreuzband, der Tractus iliotibialis und die Kollateralbänder maximal gespannt, was die Stabilität erhöht. Der Musculus popliteus hebt diese Schlussrotation bei Einleitung der Kniebeugung auf. Durch das Innenrotieren der Tibia (respektive bei aufgestelltem Bein Außenrotation des Femurs) werden die Kollateralbänder entspannt und eine Beugung ermöglicht.

7.1.3

--

Gelenke und Gelenkkörper

Femoropatellargelenk: Patella und Femur Femorotibialgelenk: Zwischen jeweils medialem/lateralem Femur- und Tibiakon‑ dylus proximales Tibiofibulargelenk

7.1.4

--

Meniskus, Bandapparat, Gelenkkapsel, Sehnen

Menisci

Vergrößern die Kontaktfläche von Femur und Tibia – Druckkräfte werden somit verringert („Stoßdämpfereffekt“) Bei Kniebeugung werden die Menisci passiv und aktiv (medial: M. semimembranosus; lateral: M. popliteus) nach dorsal verlagert Vor 60° Flexion kaum Bewegung (wichtig für postoperative Nachsorge) Meniscus medialis: – C-förmig, deckt 50 % des Plateaus ab – Straff mit MCL verwachsen und daher schlechter verschieblich („unhappy triad“) – Versorgung: A. genicularis medialis inferior; die Wurzel durch die mittlere Knie‑ arterie

135 7.1 • Anatomie

-

Meniscus lateralis: – Besser beweglich (nur mit dünner Kapsel verwachsen) – Zirkuläre Form, deckt 60 % des Plateaus ab – Versorgung: A. genicularis lateralis inferior (20 %), 75 % durch Diffusion

-

nnErweitertes Wissen

-

Die Menisci bestehen aus Faserknorpel (Kollagen Typ I) und sind frei von Sy‑ novialmembran Stoßdämpfereffekt: übermitteln 50 % des Gewichts in Extension und 85 % in Flexion

Kollateralbänder

MCL (= mediales Kollateralband): – Kapsulärer und extrakapsulärer Anteil (dMCL und sMCL) – Ursprung: posterior und proximal des medialen Femurkondylus – Ansatz: vorderer Anteil zur Tibia kaudal der Tuberositas tibiae, der hintere Anteil nach dorsal zum medialen Tibiakondylus – Verhindert Valgisierung und begrenzt Außen‑/Innenrotation LCL (= laterales Kollateralband): – Extrakapsulär – Ursprung: lateraler Femurkondyl, proximal und posterior des Popliteus-An‑ satzes – Ansatz: Caput fibulae – Verhindert Varisierung. Bei flektiertem Knie entspannt, bei Extension gespannt.

-

-

nnErweitertes Wissen

-

MCL: – Gehört neben dem posterioren obliquen Ligament (POL), der Semimembra‑ nosus-Ansätze, der Kapsel und dem obliquen poplitealen Ligament (OPL) zur posteromedialen Ecke (PMC) – Hinteres Schrägband (POL): befindet sich im hinteren Drittel des MCL (vom Tuberculum adductorium) und setzt distal an der Tibia an (hinterer Aspekt der Gelenkskapsel). Hemmt Tibia Innenrotation und Valgus streckungsnah. Siehe 7 Abschn. 7.2.2.1. – Die Semimembranosus-Sehne inseriert am tibialen Kondylus (Pars reflecta). Erweiterungen der Sehne strahlen in die posteromediale Ecke zu POL/OPL/ Kapsel aus LCL: – Strukturen am Caput fibulae von anterior nach posterior: LCL, Lig. patellofe‑ morale (PFL) und Biceps femoris – Gehört neben dem PFL und der Popliteus-Sehne zur posterolateralen Ecke (PLC) – Zusätzliche (statische und dynamische) Strukturen der PLC: laterale Kapsel‑ verdickungen (meniscofemorale und -tibiale Ligamente), Lig. fabellofibulare (variabel), Lig. arcuatum (variabel), Biceps femoris, Tractus iliotibialis, Caput laterale M. gastrocnemius

7

Kapitel 7 • Knie

136

-

Kreuzbänder

VKB (= vorderes Kreuzband): – von Innenseite des lateralen Femurkondylus zur Area intercondylaris anterior tibiae (femoral lateral posterior nach tibial medial anterior) – 2 Bündel: 1) Anteromedial; gespannt in Flexion und entspannt in Extension (LachmanTest) 2) Posterolateral; entspannt in Flexion und gespannt in Extension; primärer Rotationshemmer (Pivot shift-Test) – Versorgung über Aa. geniculares; synoviale Bedeckung mit Nerven und Gefäßen – Nervenfasern vermitteln Propriozeption und dynamische Muskelstabilisierung HKB (= hinteres Kreuzband): – von Innenseite des medialen Femurkondyls zur Area intercondylaris posterior – Synoviale Ummantelung und umgeben von gut vaskularisiertem Fettkörper, zieht zudem von extra- nach intraartikulär → intrinsisches Heilungspotenzial – Anterolaterales (gespannt in Flexion) und posteromediales Bündel

7

--

nnErweitertes Wissen VKB/HKB bestehen zu 90 % aus Kollagen Typ I HKB: Das AL-Bündel macht 85 % des HKBs aus – Mnemonic: PAL für HKB (posterior = AL-Bündel)

7.1.5

-

Patellofemorale Kinematik: Anatomie und die stabilisierenden Faktoren

Von 0–30° stabilisieren aktive/passive Faktoren, wobei die Patella ab 30–100° durch den Sulcus knöchern stabilisiert wird – Statische Faktoren: Knöcherne Geometrie des Gleitlagers – Kongruenz von Patella und Trochlea – Passive Faktoren: Mediales patellofemorales Ligament (MPFL) – Aktive Faktoren: Quadrizeps (M. vastus medialis obliquus)

-

nnErweitertes Wissen Ursprung MPFL: anterior und distal des Tuberculum adductorum; proximal des MCL – Der Ursprung wird konventionell-radiologisch durch den Schöttle-Punkt de‑ finiert Die stabilisierende Wirkung des M. vastus medialis obliquus ist nahezu vernach‑ lässigbar. Der Muskelvektor wird erst ab 60° Knieflexion relevant (erst > 90° ist dieser am größten), wobei die Patella dann jedoch bereits knöchern im Sulcus geführt wird

137 7.2 • Ligamentäre Verletzungen

7.2

Ligamentäre Verletzungen

7.2.1 Kreuzbänder VKB-Ruptur zz Epidemiologie

Frauen > Männer (4,5:1). zz Ätiologie

Vier häufige Unfallmechanismen, wobei in 40 % ohne Fremdeinwirkung (Sprung oder Landung): 1. Valgus und Innenrotationsbewegungen (Pivot shift-Phänomen) 2. Anteriore Translation der Tibia zum Femur 3. Hyperflexionstrauma mit Außenrotation Tibia 4. Hyperextensionstrauma zz Klinik

anamnestisch: „Knall beim Trauma“ Subluxationsphänomene/Instabilitätsgefühl; Giving away (Wegknicken). Inspektion: Schwellung; Palpation: Hämarthros/Erguss (akut). Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, Begleitverletzungen: Meniskus‑, Kollateralbandverletzungen; chondrale Läsionen „unhappy triad“ (MCL-Läsion, VKB-Ruptur und medialer Meniskus) Kniegelenksluxation

--

-

!!CAVE

Eine Kniegelenksluxation als Begleitverletzung stellt aufgrund potenzieller neuro‑ vaskulärer Läsionen einen Notfall dar

zz Diagnose

--

Klinisch: Lachman-Test; Pivot-Shift-Test; verlängerte vordere Schublade Radiologisch: Röntgen in 3 Ebenen zum Frakturausschluss CT zur Beurteilung komplexer tibialer/femoraler Frakturen MRI für Diagnostik der Kniebinnenstruktur zz Therapie Konservativ

Operativ

Älterer, inaktiver Patient

Aktiver Patient

Fortgeschrittene Arthrose

Begleitverletzungen

Geringer Leidensdruck

Instabilität nach konservativer Therapie

Low-Risk-Pivoting Sportarten

High-Risk-Pivoting-Sportarten

7

Kapitel 7 • Knie

138

Konservativ: Sofortiges Kühlen, Hochlagern, Antiphlogistika. Weiterbehandlung durch Vollbelastung nach Beschwerdemaßgabe; Knieorthese, stabilisierende, be‑ wegungseinstellbare (Flexion/Extension) Orthese; physiotherapeutische Behandlung Operativ: Arthroskopisch-assistierte VKB-Rekonstruktion; verschiedene Transplan‑ tatmöglichkeiten: Semitendinosus und Gracilissehne, Patellarsehne, Quadrizepssehne; Allograft

--

nnErweitertes Wissen

7

Begleitläsionen Meniskus: – Akut posttraumatisch: häufiger lateral > medial – Bei chronischer Instabilität: medial > lateral Segond-Fragment = Avulsionsfraktur des anterolateralen Ligaments (ALL); in bis zu 9 % bei VKB-Rupturen sichtbar; pathognomonisch für VKB-Ruptur Knochenmarksödem im lateralen Femurkondylus und im posterolateralen Ab‑ schnitt der Tibia ist in > 80 % anzutreffen, und ist dem Unfallmechanismus zu‑ zuordnen (pivot shift). Das „deep femoral notch sign“ (= Impression/Kerbe im Femurkondylus) ist die Maximalvariante davon „empty notch sign“ = Freie laterale Kondylenwand, da das VKB fehlt VKB-Rekonstruktion: – Lage Bohrkanal: – Femoral: Nahe der interkondylären Linie und der Knorpelgrenze des lateralen Femurkondylus. Im Röntgen bei 10:30 Uhr für das rechte Knie und 1:30 Uhr für das linke Knie. Häufig ist eine anteriore Fehllage des femoralen Tunnels. Strategie: Offset auf Aussenmeniskus-Hinterhornwurzel legen – Tibial: Posteriore Grenze des Außenmeniskusvorderhorns – Fehllage führt zu Einschränkungen der Beweglichkeit oder Instabilität – Zwei- versus Einzelstrangrekonstruktion: Bessere Stabilität objektiv aber nicht subjektiv. Doppelbündel zudem teurer, zeitintensiver und technisch anspruchs‑ voller – Transplantatswahl (Ziel: 7 cm Länge, 8 mm Dicke) – Hamstrings: (1) Vorteile: Dick und kräftig (Höchstlast bis 4000 N = 2–3× so stark im Ver‑ gleich zum nativen Transplantat); einfache Entnahme (2) Nachteile: Schädigung R. infrapatellaris N. saphenus; Fixation und Seh‑ nen-Knochen-Interface (→ Bohrkanalerweiterung) – Quadrizepssehnen: (1) Vorteile: ähnliche Ergebnisse wie andere Transplantate; Höchstlast bis 2200 N (2) Nachteile: Fixation/Sehnen-Knochen-Interface wie bei Hamstrings da rein tendinös – Patellarsehne: (1) Vorteile: Schnelles Einheilen da an beiden Enden Knochen (ca. 6 Wochen versus 3  Monate bei rein sehnigen Transplantaten; signifikant geringe‑ re Tunnelerweiterung) →  keine Option bei Kindern mit offenen Fugen; Höchstlast bis 2600 N (2) Nachteile: Mehr Entnahmemorbidität (vorderer Knieschmerz) – Allograft: (1) Nachteil: bei  8 mm zeigt eine Insuffizienz an, eine > 12 mm Trans‑ lation eine kombinierte Verletzung. Der Verdacht einer Ruptur besteht bei einer Seitendifferenz von 5 mm (Rechts-Links-Unterschied) MRI zur Diagnostik der Kniebinnenstrukturen CT → Beurteilung komplexer tibialer/femoraler Frakturen zz Therapie

7

Konservativ: Teilbelastung (für 6 Wochen); keine aktive Flexion; PTS (= Unterschenkel stützende Schiene für Tag und Nacht), Physiotherapie Akut: Bei isolierter HKB-Ruptur. – Bei multiligamentärer Verletzung: individuelle Entscheidung, eher operativ. Chronisch: Bei fortgeschrittener Arthrose und/oder geringem Leidensdruck Operativ: Indikation = dislozierter knöcherner HKB-Ausriss, symptomatische In‑ stabilität oder multiligamentäre Verletzungen. Kontraindikation: fortgeschrittene Arthrose Technik: Arthroskopisch-assistierte HKB-Rekonstruktion

Spannungsaufnahmen Knie

-

nnErweitertes Wissen Eine chronische HKB-Insuffizienz führt zur chronischen Überbeanspruchung im Femoropatellargelenk sowie im medialen Kompartiment → Inzidenz von Knor‑ pelschäden ↑ (6× mehr; sofern isolierte Ruptur) Operationstechnik: – Kontroverse Daten bzgl. Technik (Inlay oder transtibial; Einzel- oder Doppel‑ strang Rekonstruktion); generell wird ein Transplantat von 10–11 cm Länge und 7 mm Dicke angepeilt – Verschiedene Transplantatmöglichkeiten: Semitendinosus- und Gracilissehne, Patellarsehne, Quadrizepssehne; Allograft

141 7.2 • Ligamentäre Verletzungen

– Ist die Tibia aufgrund einer chronischen HKB-Läsion in einer posterioren Sub‑ luxationsstellung fixiert, dann ist diese vor der HKB-Rekonstruktion mittels 6 bis 8-wöchiger Orthesenbehandlung zuerst herauszulösen

7.2.2 Seitenbänder MCL-Verletzung (mediales Seitenband) zz Ätiologie

Unfallmechanismus: Außenrotation des Unterschenkels unter Valgusstress bei ge‑ beugtem Kniegelenk (Fußball, Skifahren). Chronische Insuffizienz des MCL selten, da gutes Heilungspotenzial zz Klinik

Schwellung, Druckdolenz im Bereich des MCL. zz Diagnose

Klinisch: Valgusstresstest → Klassifikation siehe unten Radiologisch: Röntgen Frakturausschluss, CT für komplexe Frakturen, MRI für Kniebinnenstruktur Pellegrini-Stieda: Kalzifizierung der Insertion bei chronischen MCL-Rupturen

zz Klassifikation nach Hughston Grad I (+)

1–5 mm (Aufklappbarkeit bis 5°)

Grad II (++)

6–10 mm (Aufklappbarkeit bis 10°)

Grad III (+++)

> 10 mm (Aufklappbarkeit > 10°)

zz Therapie

Konservativ: Sofort → Kühlen, Hochlagern, Antiphlogistika Grad I (+)

Keine Spezifische Therapie, Sport bis Schmerzfreiheit

Grad II (++)

Freie Beweglichkeit, ggf. kurze Entlastung und Ruhigstellung

Grad III (+++)

Ruhigstellung 2 Wochen 20° Flexion; dann 2 Wochen 60°–20°–0° Anschließend Orthese mit Varusstress bis Schmerzfreiheit

Operativ: selten

-

nnErweitertes Wissen Vereinfacht wird die MCL-Läsion in folgende 3 Schweregrade eingeteilt: – Gad I: Druckdolenz im Verlauf des MCL – Grad II: Aufklappbar in 30° Flexion, stabil in Extension – Grad III: ausgeprägte Aufklappbarkeit in 30° Flexion, ggf. auch in Streckung (v. a. bei multiligamentären Verletzungen) Operation indiziert bei tibialem Ausriss mit Einklemmen des Pes anserinus, chro‑ nischen Schmerzen und/oder Instabilität, sowie bei ausgeprägter Valgusinstabilität (siehe oben: Grad III Instabilität ± multiligamentären Verletzungen)

7

Kapitel 7 • Knie

142

-

7

Posteromediale Ecke: – Die prädominante ligamentäre Struktur ist das POL. Verschiedene Verletzungs‑ muster sind beschrieben mit kombinierter Verletzung des kapsulären Semimem‑ branosus-Armes, des Meniskusansatzes oder des MCL – Biomechanisch ist das POL ein primärer Hemmer der tibialen Innenrotation und ein Hemmer gegen Valgus extensionsnah. Das MCL ist ein primärer Val‑ gus-Hemmer über alle Flexionsgrade sowie ein Hemmer der tibialen Aussen‑ rotation – Das Markenzeichen einer Verletzung der posteromedialen Ecke ist die antero‑ mediale Rotationsinstabilität, definiert als „Außenrotation mit anteriorer Sub‑ luxation des medialen Tibiaplateaus relativ zum Femur“ – Klinische Untersuchung: – Anteromedialer Schubladentest (90° Flexion im Kniegelenk, Fuß 10–15° nach außen rotiert) lässt das mediale Tibiaplateaus anteromedial subluxieren – Die anteromediale Rotationinstabilität manifestiert sich bei Valgusstress in 30° Flexion und kontinuierlicher Fuß-Außenrotation → Subluxation Tibia und klaffendes mediales Kompartiment – Eine ausgeprägte Valguslaxität bei gestrecktem Knie deutet auf eine Verletzung des MCL und des POL hin (ggf. in Kombination mit einer VKB-Ruptur)

LCL-Verletzung (laterales Seitenband) zz Epidemiologie

Selten isoliert, häufig kombiniert mit VKB/HKB-Verletzung. Am häufigsten mit posterolateraler Ecke zz Ätiologie

Gleicher Verletzungsmechanismus wie beim HKB zz Klinik

Schwellung, Druckdolenz im Verlauf des LCL sowie Bewegungseinschränkung zz Diagnose

Klinik: Varusstresstest MRI: Ausriss meist fibulär zz Klassifikation Grad I (+)

1–5 mm (Aufklappbarkeit bis 5°)

Grad II (++)

6–10 mm (Aufklappbarkeit bis 10°)

Grad III (+++)

> 10 mm (Aufklappbarkeit > 10°)

zz Therapie

Konservativ: Sofort → Kühlen, Hochlagern, Antiphlogistika Isolierte Varusinstabilität Grad I bis II mit festem Anschlag → Immobilisation mit valgisierendem Brace für 12 Wochen, 6 Wochen davon 15 kg Teilbelastung Operativ: Indikation: Frische LCL-Ruptur (Grad III), knöcherne Bandausrisse

143 7.3 • Meniskusläsionen

-

nnErweitertes Wissen Posterolaterale Ecke – Hauptstabilisatoren: LCL, Popliteus-Sehne, Lig. popliteofibulare (PFL) – Der PFL-Popliteus-Komplex hemmt die Außenrotation in Knieflexion und ist zudem synergistisch zum HKB (hemmt Varus und posteriore Translation der Tibia) – Klinische Untersuchung: Dial-Test und posterolateraler Rotationstest; VarusThrust – Röntgen (selten): Arcuatus-Fraktur (Ausrissfraktur Fibulaköpfchen) – Operative Therapie: – Indikation: ausgeprägte posterolaterale Instabilität und kombinierte liga‑ mentäre Verletzungen – Technik: Refixation von Biceps femoris/Tractus iliotibialis (falls ausgerissen) plus posterolaterale Rekonstruktion (verschiedene Optionen, anbei drei Häu‑ fige aufgeführt): (1) Larson (einfach): extraanatomische isometrische Rekonstruktion → rekon‑ struiert LCL/PFL (2) Arciero (aufwändig): anatomische Rekonstruktion → rekonstruiert zusätz‑ lich Popliteus-Schenkel (3) LaPrade (komplex): anatomische Rekonstruktion → Popliteusrekonstruk‑ tion plus LCL/PFL

7.3 Meniskusläsionen zz Epidemiologie

Häufigste Verletzung im Kniegelenk; Innenmeniskus > Außenmeniskus (3:1) Männer > Frauen (2,5:1); jüngere Patienten eher traumatisch, ältere Patienten eher degenerative Läsionen zz Ätiologie

Mechanismus: Rotationstrauma unter axialer Belastung, wo Scherkräfte auftreten im Meniskus (Mnemo: Mörser)

-

zz Klassifikation

Nach Lokalisation des Schadens:

-

Peripheres Drittel

Red Zone

vaskularisiert, größtes Heilungspotenzial

Mittleres Drittel

Red-White Zone

Übergangszone

Inneres Drittel

White Zone

avaskulär

Nach Rissform 1. Vertikal‑/Längsriss 2. Vertikaler Lappenriss 3. Korbhenkelriss 4. Horizontalriss (meist degenerativ; posteromedial) 5. Radiärriss (v. a. lateral) 6. Komplexriss

7

144

Kapitel 7 • Knie

a

Radiärriss b

c

Lappenriss

7

Horizontalriss

d

e

Komplexer Degenerativriss

Korbhenkelriss

f

Längsriss

zz Klinik

Symptomtrias: (Rotations‑)Schmerz, ev. Blockierung, Schwellung zz Diagnose

Klinisch: am sensitivsten ist die Druckdolenz der Gelenkslinie; Meniskus-Tests 7 Abschn. 7.8.2.7 Radiologisch (MRI) zz Therapie

--

Konservativ: Entlastung, Ruhigstellung, ggf. intraartikuläre Infiltration Indikation: Traumatisch: bei stabilen und wenig symptomatischen Meniskusrissen Degenerativ: immer, außer bei Gelenkblockaden (mechanischen Symptomen)

145 7.4 • Patellofemorale Instabilität

Operativ: Meniskusteilresektion (Randleiste stehen lassen) oder Meniskusnaht (ins‑ besondere Vertikalrisse in der Red-Red oder Red-White Zone, Korbhenkel- und Wur‑ zelrisse)

-

nnErweitertes Wissen

-

7.4

Schweregrad der zukünftigen Arthrose ist proportional zum Anteil des entfernten Meniskus – Totale Meniskektomie: 70 % mit degenerativen Veränderungen nach 3 Jahren; 100 % haben Arthrose nach 20 Jahren Im MRI: – Doppel-Vorderhorn-Zeichen („double anterior horn“): dislozierter Korbhenkel‑ riss des Meniscus lateralis – Doppel-HKB-Zeichen („double PCL sign“): dislozierter Korbhenkelriss des Meniscus medialis Diskoider Meniskus: – Epidemiologie: 3–5 % der Bevölkerung, meist lateral, 25 % bilateral – Ursache: Versagen der Apoptose in utero und deshalb hypertropher (und dis‑ koid geformter) Meniskus – Klassifikation nach Wanabe: komplett, inkomplett und mit fehlender Anheftung an der posterioren Tibia (meniskotibiale Fixation) – MRI: Meniskuskontinuität auf drei aufeinanderfolgenden MRI-Schnittbilder (mit 5 mm Dicke) – Therapie: Schmerzen und mechanische Symptome → Teilresektion (6–8 mm Randleiste stehen lassen) und meniskokapsuläre Naht zur Stabilisierung Meniskusersatz: – Indikation: Kontrovers; bei jungen Patienten mit nahezu totaler Meniskektomie (insbesondere lateral) – Kontraindikation: Kniegelenksinstabilität oder Beinachsendeformität, Arthri‑ tis, Adipositas, Grad III–IV Chondropathie – Prognose: Meniskustransplantation verlangsamt die Arthroseprogression – Nach 10 Jahren: Radiologische Arthroseprogression zwar ersichtlich, aber reduzierte Schmerzen und ein verbessertes funktionelles Ergebnis – Häufigste Komplikation: erneutes Einreißen (aufgrund Azellularität) – Zwei Typen: – Künstlich (Kollagen- oder Polyurethan-basiert): gute Bioverfügbarkeit, nied‑ rige Toxizität, günstige Herstellung – Spendermeniskus (Allograft): eine korrekte Größe des Spendermeniskus ist essenziell (5–10 % Diskrepanz akzeptiert)

Patellofemorale Instabilität

zz Ätiologie

Akut traumatisch versus habituelle Instabilität (schmerzlos; bei jeder Flexion) zz Risikofaktoren

Hyperlaxizität; vorgeschädigte Strukturen; positive Familienanamnese

7

146

Kapitel 7 • Knie

---

Prädisponierend: Malalignment (dysplastische Faktoren) und Maltracking der Pa‑ tella (Patellalauf in der Trochlea) Patellofemorale knöcherne Dysplasie (z. B. Patelladysplasie; Trochleadysplasie) Proximales Maltracking (z. B. Patella alta, muskuläre Dysbalance) Distales Maltracking (erhöhter TTTG [= tibial tuberosity trochlear groove]) Beinachsenfehler (z. B. vermehrte Valgus-Achse) Vermehrte tibiale und femorale Antetorsion zz Klinik/Diagnose

7

Schmerzen, Gelenkerguss, Hämarthros, Unsicherheits‑/Instabilitätsgefühl, „Giving away“ Klinische Untersuchung: Druckschmerzen über dem medialen patellofemoralen Kapselbandkomplex; positives Patella-Apprehension und J-Zeichen; Beinachse; In‑ nen‑/Außenrotation Hüfte (am besten in Bauchlage) Radiologisch: Röntgen: Beurteilung Patellahöhe und Trochleadysplasie nach Déjour (s. Abbildungen) Orthoradiogramm: Beinachsenbestimmung CT: Abstandsmessung zwischen Sulcus trochleae und Tuberositas tibiae (TTTG), Rotationsmessungen MRI: Diagnostik Knorpel sowie Rotation; osteochondrale Läsionen

---

zz Therapie

Konservativ: Traumatische Erstluxation entzündungshemmende Maßnahmen, Ruhigstellung mit Schiene, physiotherapeu‑ tische Maßnahmen Operativ: Traumatische Erstluxation mit freiem Knorpelstück; rezidivierende Luxa‑ tionen; chronische (habituelle) patellofemorale Instabilität Ggf. Entfernung freier Knorpelstücke; Knorpelchirurgie Therapieansatz abhängig von der Hauptursache der Beschwerdeproblematik – Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligamentes (MPFL) zur Wie‑ derherstellung der passiven Stabilisatoren; Verlängerung des lateralen Retina‑ culums – Knöcherne Umstellungsosteotomien bei erhöhter femoraler Antetorsion (→ außenrotierende distale Femurosteotomie) oder bei valgischer Beinachse (→ varisierende Osteotomie) – Umsetzung der Tuberositas tibiae (medialisierend, ggf. distalisierend); falls TTTG nach oben aufgezählten Eingriffen noch immer erhöht (> 20 mm) erscheint und intraoperativ die Führung der Patella noch nicht zufriedenstellend ist – Bei Dysplasie: Trochleaplastik

147 7.4 • Patellofemorale Instabilität

B A

Caton Deschamps-Index zur Beurteilung der patellaren Höhe

Supratrochleärer Sporn

„Crossing sign“

Typ B

Typ A

Doppelkontur

Doppelkontur Supratrochleärer Sporn Typ C

Typ D

Formen der trochleären Dyplasie

-

nnErweitertes Wissen 25 Jahre nach Erstluxation haben 50 % der Patienten eine patellofemorale Ar‑ throse – Assoziiert sind osteochondrale Läsionen, rezidivierende Luxationen und Dys‑ plasien der Trochlea

7

148

Kapitel 7 • Knie

7.5 Gonarthrose zz Definition

Degenerative Gelenkerkrankung, welche durch progrediente Veränderung der Knor‑ pel- und Knochenstrukturen schließlich zur Gelenkdeformation führen kann. zz Pathogenese

Reaktion auf Missverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und lokaler Beanspruchung zz Ätiologie

1) Primäre Gonarthrose: Ursache unbekannt („idiopathische Genese“). 2) Sekundäre Gonarthrose:

7

Extraartikulär mechanische Faktoren

z. B. posttraumatisch; sportliche Überlastung

Intraartikulär mechanische Faktoren

z. B. posttraumatisch (intraartikuläre Frakturen); Meniskusläsionen; aseptische Knochen‑ nekrosen (Morbus Ahlbäck); Osteochondrosis dissecans

Entzündliche Faktoren

Rheumatoide Arthritis; Gonarthritis

Gerinnungsstörungen

Hämophilie

Metabolische Faktoren

Gicht, Pseudogicht, Hämochromatose

Kollagenosen

Marfan-Syndrom; Ehlers-Danlos-Syndrom

zz Klinik

Schmerzen, Anlauf/Belastungsschmerz; im späteren Verlauf auch Ruhe und; zwischen Nachtschmerz und Schwellungsneigung; Steifigkeitsgefühl Cave: Aktivierte Arthrose → Bewegungs‑/Ruheschmerz; Gelenkerguss, Überwär‑ mung; Bewegungseinschränkung

--

zz Diagnose

Anamnese: Anlaufschmerzen; belastungsabhängige Schmerzen; chronische Er‑ güsse Inspektion: Achsenabweichung; Schwellung; Gangbild Palpation: Intraartikulärer Erguss; Funktionsprüfung und Stabilitätsprüfung Röntgen in 3 Ebenen (Gradierung nach Kellgren & Lawrence): Gelenkspaltver‑ schmälerung; subchondrale Sklerosierung; osteophytäre Randanbauten; Geröll‑ zysten – Cave: Diskrepanz zwischen Klinik und radiologischem Befund möglich

-

zz Therapie

Konservativ: Ziel: Schmerzreduktion; Beweglichkeitsverbesserung; Hinauszögern/Vermeiden eines chirurgischen Eingriffs Gewichtsreduktion; physikalische Maßnahmen (z. B. Kryotherapie; Wärmetherapie); allg. Hilfsmittel (z. B. Bandagen, Schuheinlagen); Physiotherapie Pharmakologische Therapie (lokal, peroral, intraartikulär)

149 7.6 • Arthritis

--

Operativ: Arthroskopische Verfahren: – Gelenkdébridement (wenig Evidenz → nur bei mechanischen Symptomen) Kniegelenknahe Umstellungsosteotomien Endoprothetischer Gelenkersatz – Auswahl des Prothesentyps abhängig von Art, Ausdehnung und Ort des Gelenk‑ schadens – Unikompartimenteller Oberflächenersatz (sogenannte Teilprothesen) – Bi‑/Trikompartimenteller Oberflächenersatz (Un‑/Teilgekoppelt) – Gekoppelte Totalendoprothesen (achsengeführt; gleitende Kopplung) Ultima Ratio: Arthrodese

-

-

nnErweitertes Wissen

-

Kniegelenksnahe Umstellungsosteotomien – Indikation: Unikompartimentelle Beschwerden mit Chondropathie Grad 3–4, im kontralateralen Kompartiment aber  40, Immunsuppression; Albumin  50.000 Zellen/mL ist hinweisend auf eine septische Arthritis, wobei eine so hohe Zahl auch bei akuten inflammatorischen/asepti‑ schen Gonarthritiden angetroffen werden kann – Gram-Färbung identifiziert nur 1/3 der Mikroorganismen – Kultur – Kristalle

Traumatologie (Knie)

7.7.1

Distale Femurfraktur

zz Epidemiologie

Selten – 6 % aller Femurfrakturen; vorwiegend Männer zz Ätiologie

Bei älteren Patienten (osteoporotisch) meist supra-/interkondyläre Frakturen (Niedrigrasanztraumata); Bei jungen Patienten (v. a. Männer) distale Femurfrakturen, v. a. im Rahmen von Hochrasanztraumata zz Klinik

Klassische Frakturzeichen: starke Schmerzen, Schwellung, Hämatom und Belastungs‑ unfähigkeit. Ggf. verstrichene Kniekontur, ggf. Achsenabweichung. Ggf. massiver Gelenkserguss bei intraartikulären Verletzungen. Da oft Hochrasanz-Traumata → Suche nach Begleitverletzungen: Nervenverletzung: N. tibialis; N. peroneus communis Gefäßverletzung: A. und V. poplitea Verletzung des Kniegelenks: Kreuz‑/Kollateralbänder; Meniskus, Knorpelverlet‑ zung Patellafrakturen

--

7

Kapitel 7 • Knie

152

--

zz Diagnose

Klinik + Radiologie: Röntgen in 2 Ebenen CT: Beurteilung komplexer femoraler Frakturen zz Therapie

Ziele: frühe Schmerzfreiheit, anatomische Wiederherstellung der Gelenksflächen, Rekonstruktion von Länge, Achse und Rotation mit stabiler Fixation zur Frühmo‑ bilisation → Häufig operatives Vorgehen (konservativ nur in Ausnahmefällen): Nagel oder Platte zz Klassifikation

Internationale AO-Klassifikation

-

nnErweitertes Wissen

7

7.7.2

Häufigste Komplikation: Varus-Kollaps bei metaphysärer Trümmerzone. Im Ver‑ gleich zu früher verwendeten Kondylenplatte verhindern winkelstabile Abstütz‑ platten das varische Abkippen auch im osteoporotischen Knochen – Weitere Komplikation (bis 30 %): Pseudarthrose → proximale Schraubendichte tief halten (0,5 = lange Platte mit proximal 8 Löcher aber nur 4 bikortikalen Schrauben) für mehr Mikrobewegungen und dadurch verbesserte Knochen‑ heilung. Das Konstrukt verlangt eine absolute Stabilität des artikulären Frag‑ mentes und eine relative Stabilität des diaphysären-metaphysären Fragmentes Besonderheit Hoffa-Fraktur: Die Fraktur verläuft in der Frontalebene und ist des‑ halb nur in der Seitenaufnahme sichtbar (Klassifikation nach AO 33B3) – werden in bis zu 30 % der Fälle verpasst

Proximale Tibiafraktur

zz Epidemiologie

Selten  2 mm oder Verbreiterung des Plateaus > 5 mm Ziele → Rekonstruktion von 1) Beinachse 2) Breite des Tibiaplateaus 3) anatomi‑ sche Rekonstruktion der Gelenksfläche zz Klassifikation

Internationale AO-Klassifikation oder weitere Einteilungen nach Schatzker

-

nnErweitertes Wissen Einfluss auf funktionelles Ergebnis: Stabilität > Veränderung der mechanischen Beinachse (Veränderung von > 5° verdreifacht die Arthroserate) > Gelenksstufe Gefässverletzungen sind assoziiert mit Schatzker Typ IV Frakturen (mediale Frak‑ turen meist mit Luxationskomponente); Kompartment-Syndrom und VKB-Ver‑ letzungen am häufigsten bei Typ VI und V

7.7.3 Patellafraktur zz Epidemiologie

Selten ca. 1 % aller Frakturen; Männer > Frauen (2:1) zz Ätiologie

Meist direktes Anpralltrauma zz Klinik

Symptomatik: Unfähigkeit, Bein zu extendieren; Schmerzen; Instabilitätsgefühl Untersuchung: Frakturzeichen; Hämarthros; ggf., Integumentsverletzungen zz Diagnose

Klinik; Röntgen in 2 Ebenen und Patella tangential zz Therapie

Konservativ: Undislozierte Frakturen mit intaktem Streckapparat (insbesondere Längsfrakturen. Grund: kein Querzug an Fragmenten) Operativ: bei ausgeprägter Dislokation und Ruptur des Extensormechanismus (z. B. Querfrakturen) Mögliche Vorgehensweise: Zugschraube, Drahtcerclage, Zuggurtungsosteosynthese zz Besonderheiten

Wichtig bei der Diagnostik: nicht mit einer Patella bipartita/tripartita verwechseln „Patella-sleeve-Fraktur“ ist ein pädiatrischer Sonderfall

7

Kapitel 7 • Knie

154

-

nnErweitertes Wissen

7.8

Querfrakturen mit intaktem Extensorenmechanismus können konservativ the‑ rapiert werden. Diese Frakturen sind im Röntgen typischerweise nur minim dis‑ loziert, da das Retinakulum intakt ist. Im Zweifel des Falles kann eine Knie‑ gelenksinfiltration mit Lokalanästhetikum Klarheit schaffen, inwiefern der Extensormechanismus intakt oder geschädigt ist Komplikationen nach Osteosynthese der Patella – Osteonekrose des proximalen Fragmentes, verursacht durch initial exzessive Dis‑ lokation. Abwarten des Spontanverlaufs → Revaskularisierung innerhalb 2 Jahre

Wichtige Untersuchungen

7.8.1 Inspektion

7

-

Achsen: – Physiologisch: Femurkondylen und Malleolen zusammen (anatomischer Valgus 5–9°; mechanische Achse 180°) – Varus: Abstand zw. Femurkondylen ↑, Malleolen zusammen – Valgus: Abstand zw. Malleolen ↑, Femurkondylen zusammen Beinlänge – Stehend: Beckenstand (Verbindung der crista iliacae) – Liegend: Länge der Spina iliaca anterior superior bis Malleolus medialis – Cave: Beckendeformitäten, Hüft- und Kniekontrakturen Gang: – Schonhinken: Verkürzte Belastungszeit des kranken Beins wegen Schmerzen – Lähmungshinken: Steppergang bei Fallfuß (z. B. Peroneus-Parese), Genu recur‑ vatum bei Quadrizeps-Parese (z. B. Polio) – Versteifungshinken: Hüft‑, Knie- oder OSG-Arthrodese – Verkürzungshinken: ab ca. 3 cm Seitendifferenz Schwellung: – Erguss: tanzende Patella nach Ausdrücken des Ergusses aus Recessus supra‑ patellaris – Bursitis: Bursitis präpatellaris, Baker-Zyste, Bursitis anserina, Bursitis semi‑ membranosa – Weichteilschwellung: Hämatom, Infekt, Tumor Hautveränderungen: Rötung, Trophik, Schuppung, Fältelung, Ulzera etc.

-

7.8.2 Funktionsprüfungen

Beweglichkeit – Messung mit Goniometer & Dokumentation mit Neutral-Null-Methode – Physiol. Beweglichkeit: 160-0-5 – Extensionsdefizit: 160-10-0 – Hyperextension: 160-0-20 – Flexionsdefizit: 110-0-5 Translations- und Rotations-Stabilität

-

155 7.8  •  Wichtige Untersuchungen

Lachman-Test

Manuelle ventrale Translation der Tibia gegenüber dem Femur in Extensionsnähe (10–30° flektiert). Umfassen des distalen Femurs mit der einen Hand, umfassen der proximalen Tibia mit der anderen Hand, Femur fixiert halten, Tibia mehrmals ruck‑ artig nach vorne ziehen: Kriterien für VKB-Läsion: verlängerter Weg weicher oder fehlender Anschlag

--

30°

Lachmantest

Pivot-Shift-Test

Manuelle Reposition des anterolateralen subluxierten Tibiakopfes. Den innenrotierten und valgisierten Unterschenkel unter axialem Druck aus der Extension flektieren, wobei auf die Rollgleitbewegung des Knies geachtet wird.

-

Kriterium für VKB-Läsion: zwischen 10 und 30° gibt es einen kleineren oder größeren Sprung („glide“ oder „jerk“) des Tibiakopfes, der durch den Tractus iliotibialis reponiert wird

Pivot shift-Test

7

156

Kapitel 7 • Knie

Hinterer Schubladentest

Manuelle Subluxation des Tibiakopfes nach dorsal: in 90° Knieflexion bei fixiertem Fuß durch Gesäß des Untersuchers wird der Tibiakopf ruckartig nach dorsal manipuliert. Kriterium für HKB-Läsion: Verlängerter Weg und weicher Anschlag. Gravity Sign

Gravitation subluxiert den Tibiakopf nach dorsal: in 90° Flexion beider Knie wird von der Seite die Stellung der Tuberositas tibiae verglichen. Kriterium für HKB-Läsion: Erhabenheit der Tuberositas tibiae aufgehoben oder Durchhängen der proximalen Tibia

7

Bein in 90° Flexion

Gravity sign

Dial-Test

Forcierte Unterschenkel-Außenrotation: In Bauchlage wird vom Untersucher der Fuß fixiert und nach außen rotiert, wobei die maximale Außenrotation des Unterschenkels in 30 und 90° Flexion mit Gegenseite verglichen wird.

--

Beurteilungskriterien: Außenrotation in 30°; > 15° als Gegenseite: isoliert posterolaterale Läsion Außenrotation in 90°; > 15° als Gegenseite: kombinierte Läsion posterolaterale und des HKBs

157 7.8  •  Wichtige Untersuchungen

Dial Test

Posterolateraler Rotationstest

Forcierte Unterschenkel-Außenrotation: In Rückenlage wird das Knie auf 90° flektiert und der Unterschenkel nach außen rotiert, dabei wird beobachtet, ob der laterale Tibiakopf sich nach hinten oder der mediale Tibiakopf nach vorne bewegt. Beurteilungskriterien: Außenrotation in 90° Flexion > 15° als Gegenseite (der laterale Tibiakopf bewegt sich nach hinten) ist hinweisend für eine PLC-Läsion. Bewegt sich der laterale Tibiakopf nicht nach hinten, sondern der mediale nach vorne, dann besteht eine anteromediale Rotationsinstabilität = Läsion des posteriomedialen Schrägbandes („POL = posterior oblique ligament“).

Posterolateraler Rotationstest eines rechten Knies

Meniskus-Tests

--

Steinmann I: Schmerzen bei forcierten Rotationsbewegungen des 90° flektierten Knies in Rückenlage. AR: Schmerzen am medialen Meniskus IR: Schmerzen am lateralen Meniskus

7

158

Kapitel 7 • Knie

7 Meniskus-Stress-Test

Steinmann I

--

McMurray: Schmerzen bei mahlenden Rotationsbewegungen des voll flektierten Knies in Rückenlage: AR: Schmerzen am medialen Meniskus-Hinterhorn IR: Schmerzen am lateralen Meniskus-Hinterhorn

McMurray Test

--

Apley Grinding: Schmerzen bei forcierten Rotationsbewegungen des 90° flektierten Knies mit axialem Druck in Bauchlage (klassisch in 90°). AR: Schmerzen am medialen Meniskus-Korpus IR: Schmerzen am lateralen Meniskus-Korpus

159 7.8  •  Wichtige Untersuchungen

Apley Grinding Test

Varus-Valgus-Stabilität

---

Mediales Seitenband: Grad I: Druckdolenz am proximalen Ansatz Proximaler Ansatz am Tuberculum adductorium (1) Lig. patellofemorale mediale (2) Retinaculum (3) Distaler MCL Ansatz (4) Pes anerinus (5)

7

160

Kapitel 7 • Knie

2

1

3

4 5

7

Anatomische Strukturen

Grad II: aufklappbar in 20° Flexion, aber stabil in Extension

Grad II: aufklappbar in 20° Flexion, aber stabil in Extension

Grad III: aufklappbar in 20° Flexion und in Extension Mitläsion der dorsalen Kapselstrukturen, evtl. auch VKB/HKB Laterales Seitenband Grad I: Druckdolenz am Epikondylus lateralis Grad II: aufklappbar in 20° Flexion, stabil in Extension Grad III: aufklappbar in 20°, aufklappbar in Extension Streckapparat

--

Patellaluxation Riss des Lig. patellofemorale mediale am Tuberculum adductorium Druckdolenz am Tuberculum adductorium Patellaluxation praktisch immer nach lateral

161 7.8  •  Wichtige Untersuchungen

Apprehension-Test In 30° Flexion wird die Patella nach lateral gedrückt, Patient verspürt die ihm be‑ kannte Sensation, dass Patella demnächst luxieren wird (darf nicht schmerzhaft sein).

Patella Apprehension Test

Patellofemorales Syndrom Patellakompression, Patellaverschiebeschmerz, retropatellärer Druckschmerz Reibgeräusche

7

163

Fuß Andreas Flury, Ines Unterfrauner, Stephan Wirth Inhaltsverzeichnis 8.1

Anatomie und Biomechanik  –  165

8.1.1

Bewegungen und Achsen  –  168

8.2

Bildgebung – 169

8.2.1 8.2.2 8.2.3

Konventionelles Röntgen – 169 Computertomographie (CT) – 170 Magnetresonanz (MRI) – 170

8.3

Hallux Valgus – 170

8.4

Hallux Rigidus – 172

8.5

Pathologien des Sesamoid-Komplexes  –  173

8.6

Kleinzehendeformitäten – 173

8.7

Morbus Köhler I und II  –  176

8.8

Morton Neurom – 176

8.9

Lisfranc-Verletzung – 177

8.10

Calcaneus-Frakturen – 178

8.11

Talus-Frakturen – 179

8.12

Arthrose am OSG  –  180

8.13

Pes Planovalgus – 181

8.14

Pes Cavovarus – 183

8.15

Achillessehnenruptur – 184

8.16

Malleolarfrakturen – 186

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_8

8

8.17

Syndesmosenverletzung – 188

8.18

OSG-Distorsion mit lateraler Bandverletzung  –  189

8.19

Wichtige Untersuchungen – 191

8.19.1 Inspektion – 191 8.19.2 Palpation – 193 8.19.3 Funktionelle Prüfung – 194

165 8.1  •  Anatomie und Biomechanik

8.1

Anatomie und Biomechanik

Fuß und Sprunggelenk stellen komplexe Organe des Bewegungsapparates dar, welche durch statische (Knochen, Ligamente) und dynamische Strukturen (Muskulatur und Sehnenapparat) in ihrer Funktion reguliert werden.

Klinische Einteilung

Gelenke am Fuß

8

Kapitel 8 • Fuß

166

Gelenke am Fuß: 1. Oberes Sprunggelenk

OSG (Art. talocruralis)

2. Unteres Sprunggelenk

USG (Art. talotarsalis = Art. subtalaris + Art. talocalcaneonavicularis)

3. Chopart-Gelenk

Art. tarsi transversa = Art. calcaneocuboidea + Art. talonavicularis

4. Art. cuneonavicularis 5. Lisfranc-Gelenk

Artt. tarsometatarsales

6. Artt. metatarsophalangeales

MTP

7. Artt. interphalangeales

Artt. interphalangeales proximales (PIP) + Artt. interphalangeales distales (DIP)

-

nnErgänzendes Wissen

8

-

Ligamente des Lisfranc-Gelenks, der Stärke nach geordnet: – Interossärer Anteil; verläuft vom Os cuneiforme mediale an die Basis des Metatarsale II – Der plantare Anteil ist variabel und inseriert vom Os cuneiforme mediale an das Metatarsale I/II – Der schwächste, dorsale Anteil verläuft vom Os cuneiforme mediale an das Metatarsale II: Daher ist eine Lisfranc-Verletzung meist mit einer dorsalen Subluxation vergesellschaftet Chopart-Gelenk: – Art. talonavicularis – Unterstützt durch das Spring-Ligament (Lig. calcaneonaviculare). Ursprung: Sustentaculum tali – Statischer Stabilisator des medialen longitudinalen Bogens und Kopf des Talus – Art. calcaneocuboidea – Sattelgelenk – Plantare Unterstützung durch das Lig. calcaneocuboidale und dorsal durch das Lig. bifurcatum (von Calcaneus and Cuboid und Naviculare, in einem 110° Winkel) Medialer Bandapparat OSG: – Der oberflächliche Anteil des Lig. deltoideum-Komplex überbrückt 3 Gelenke (OSG, USG, talonavicular) – Der tiefe Anteil überbrückt nur das OSG: Lig. tibiotalare profundus anterius/ posterius Lateraler Bandapparat OSG: – Lig. fibulotalare anterius (= ATFL, anteriores talofibulares Ligament): 1 cm proximal der Fibulaspitze, inseriert an den lateralen Kopf-Hals-Übergang des Talus. Verhindert Inversion des Talus. Klinischer Test: Schublade in Plantarflexion. – Lig. fibulocalcaneare (= CFL, calcaneofibulares Ligament): überbrückt OSG und USG. Entspringt unterhalb des ATFL an der ventralen Fibula. Verhindert die laterale Aufklappbarkeit/Verkippung des Talus.

167 8.1  •  Anatomie und Biomechanik

Innervation: N.tibialis – → N. plantaris medialis + N. plantaris lateralis N.peroneus communis  –→ N. peroneus profundus („flip-flop“ Nerv) + N. peroneus superficialis (rein sensibel am Fuß!) N.suralis –→ rein sensibel am Fuß! – (Vereinigung N. tibialis + N. peroneus communis) N.saphenus –→ rein sensibel am Fuß! Dorsal

Plantar

N. peroneus profundus N. plantaris lateralis N. plantaris medialis N. suralis N. saphenus N. peroneus superficialis R. calcaneus N. tibialis

Nerven plantar, dorsal

-

nnErgänzendes Wissen

--

Zugang OSG-Arthroskopie: – Anteromedial: primäres Portal, zwischen Tibialis anterior-Sehne und Malleolus medialis/Vena saphena magna – Anterolateral: lateral des M. peroneus tertius/Nervus peroneus superficialis und medial des Malleolus lateralis

Arterielle Blutversorgung: A. tibialis anterior A. tibialis posterior A. peronea

8

Kapitel 8 • Fuß

168

Arterielle Blutversorgung Arteria tibialis anterior Arteria tibialis posterior Arteria peronea

8

8.1.1

-

Bewegungen und Achsen

Sagittale Achse (X-axis) – Dorsalextension – Plantarflexion Frontale Achse (Z-axis) – Inversion – Eversion Horizontale Achse (Y-axis) – Vorfußabduktion – Vorfußadduktion

!!CAVE

--

Pronation + Supination am Fuß sind Kombinationsbewegungen: Pronation = Vorfußabduktion + Eversion + Dorsalextension Supination = Vorfußadduktion + Inversion + Plantarflexion

169 8.2 • Bildgebung

Y-Achse • Adduktion • Abduktion

Z -Achse • Inversion • Eversion

X-Achse Dorsalextension Plantarflexion Bewegungen und Achsen

-

nnErgänzendes Wissen Die Inversion des Subtalargelenkes führt zur divergierenden Ausrichtung der Chopartgelenkslinie. Dadurch wird der Rückfuß ein rigider Hebelarm und erlaubt ein stabiles Abstoßen des Fußes – Dies wird erreicht durch ein Zusammenspiel der Großzehen-Dorsalextension, der Plantarfaszie (Windlasseffekt) sowie der Kontraktion der Tibialis posterior-Sehne Eversion des Subtalargelenks und dadurch Parallelstellung der Chopartgelenkslinie hingegen erlaubt die Schockabsorption (flexibel)

8.2 Bildgebung 8.2.1

--

Konventionelles Röntgen

Belastete Aufnahmen sind zu bevorzugen Vergleich mit der Gegenseite bei Verdacht auf Bandläsion (z. B. Syndesmosenruptur) Standardaufnahmen: – OSG → AP + lateral – Fuß → dorsoplantar (DP) + lateral + schräg

8

Kapitel 8 • Fuß

170

8

oben: Röntgen des Fußes (DP, schräg, lateral); unten: Röntgen des OSG (lateral, AP)

8.2.2

Computertomographie (CT)

Bei komplexen Frakturen (Pilon, Calcaneus, Mittelfuß, Lisfranc), Durchbauung von Arthrodesen und Darstellung von osteochondralen Defekten (Arthro CT) 8.2.3

Magnetresonanz (MRI)

Zur genauen Darstellung von osteochondralen Läsionen, Knochenmarködemen, Osteonekrosen, Osteomyelitis, Neoplasien, Sehnen- und Weichteilverletzungen und Tumoren 8.3

Hallux Valgus

zz Definition

Lateraldeviation der Großzehe mit Medialdeviation des Os metatarsale

171 8.3 • Hallux Valgus

zz Epidemiologie

Frauen > Männer (4:1); 65 % Beginn 30.–50. Lebensjahr zz Ätiologie

Multifaktoriell: intrinsisch (genetisch, Bandlaxizität), extrinsisch (enges Schuhwerk) zz Klinik

Schmerzen in engem Schuhwerk, mediale Vorwölbung, Konflikt mit 2. Zehe, Abweichen der übrigen Zehen → Hammer- und Krallenzehen, Druckstelle interdigital I/ II, Transmetatarsalgie (abgeschwächter Windlasseffekt, da die Kraftübertragung über die Großzehe reduziert ist → provoziert Lastumverteilung)

-

zz Diagnose

Klinik + Röntgen: – Bestimmung des „Hallux valgus angle“ → (HVA) = Metatarsophalangealer Winkel I;  8°) (Normwert) – Bestimmung des „Intermetatarsal angle“ → (IMA) I–II;  dorsalem Zugang

8.9 Lisfranc-Verletzung

Das Lisfranc-Gelenk besteht aus den drei Ossa cuneiformia und ihren Gelenken mit den Basen der fünf Mittelfußknochen. Die Knochen werden von kräftigen Bändern, dem so genannten Lisfranc-Gelenkkomplex, gehalten. Bei einer Verletzung ist die Integrität des Mittelfuß-Gelenkkomplexes (römischer Bogen), welches das Fußgewölbe stabilisiert und wichtig ist zum Abstossen, nicht mehr gegeben. zz Ätiologie

axiale Last und Rotation bei plantarflektiertem Fuß, direkte Gewalteinwirkung auf Fußrücken zz Klinik

Schmerz, Schwellung, Fehlstellung; pathognomonisch: plantares Hämatom

--

zz Diagnose

Klinik + Röntgen: Unbelastetes Röntgen in 50 % unauffällig Stressaufnahmen unter Bildverstärker und Röntgen mit Belastung: Diastase (Auseinanderweichen) der Metatarsalia → CT durchführen MR bei fraglicher Instabilität ohne Dislokation → Frage nach Kontinuität des Lisfranc-Ligaments zz Therapie

Konservativ: bei Verstauchung oder fehlenden Instabilitätszeichen (keine Diastase unter Stress) → Unterschenkelgips für 6 Wochen Operativ: initial bei starker Dislokation → geschlossene Reposition und Spickdrahtversorgung, definitive Versorgung im Verlauf dislozierte Fraktur → offene Reposition und Fixierung (temporär), ggf. Primärarthrodese

-

8

Kapitel 8 • Fuß

178

-

nnErweitertes Wissen Bessere Resultate durch primäre Gelenksarthrodese versus ORIF bei: kompletter Gelenksdestruktion, verzögerter operativen Versorgung, rein ligamentärer Verletzung Komplikationen: Pes planovalgus und posttraumatische Arthrose

!!CAVE

Weichteilsituation! → definitive Operation erst nach rückläufiger Schwellung! Krafteinwirkung

8 Dislokation des zweiten Metatarsale

gestrichelte Linie: Normalposition des zweiten Metatarsale

Unfallmechanismus

Unfallmechanismus: Disloziertes Lisfranc-Gelenk (links) und operative Versorgung (rechts)

8.10 Calcaneus-Frakturen

--

zz Subtypen

Intraartikuläre Frakturen (75 % der Fälle) Extraartikuläre Frakturen (25 % der Fälle) – Tuberositas calcanei-Frakturen – Avulsionsfraktur durch starke Gastrocnemius-Kontraktion – Gehäuft bei Frauen in der 7. Lebensdekade mit osteoporotischem Knochen – Processus anterius calcanei-Frakturen

-

nnErweitertes Wissen Intraartikuläre Frakturen: – Die primäre Frakturlinie generiert typischerweise ein superomediales „konstantes“ Fragment. Da es durch starke Ligamente (Ligg. deltoideum, interosseum und talocalcaneare) und kapsuläre Insertionen stabilisiert und somit in Position gehalten wird, dient es intraoperativ als Referenz für die Frakturreposition – Die sekundäre Frakturlinie bestimmt die Klassifizierung der Fraktur: joint depression oder tongue-type – Joint depression: Die sekundäre Frakturlinie verläuft oberflächlich direkt hinter der posterioren Gelenksfläche, womit die posteriore Gelenksfacette

179 8.11 • Talus-Frakturen

-

ein freies Fragment wird (hängt nicht an der Tuberositas). Dadurch verliert der Calcaneus an Höhe, fällt in einen Varus, und die Ferse wird breiter – Tongue type: Sekundäre Frakturlinie verläuft unterhalb der posterioren Gelenksfläche durch die Tuberositas – Assoziierte Verletzungen: Kontralaterale Calcaneusfrakturen in 10 %, Wirbelkörperfrakturen in 10 % – Klassifizierung: – Essex-Lopresti: tongue-type versus joint depression – Sanders: Klassifiziert die Fraktur anhand der Fragmentanzahl der posterioren Gelenksfacette in der koronaren CT-Schicht. Lässt Aussage über Prognose zu: Anzahl Fragmente und Frakturreposition korreliert mit Ergebnis – Radiologische Beurteilung: Verminderter Böhler (normal 20–40°) und erhöhter Gissane Winkel (normal 120–145°) bei joint depression-Fraktur – Therapie – Joint depression: Operativ primär (Sinus-tarsi Zugang versus L-förmige Inzision) versus sekundäre Subtalar-Arthrodese – Tongue type: notfallmäßige Reposition und Fixation wegen Hautgefährdung Processus anterius calcanei-Fraktur: – Avulsion des Lig. bifurcatum durch Inversion und Plantarflexion – Therapie – Konservativ: Typ I–II nach Degan (nur Spitze betroffen) – Operativ: > 2 mm Dislokation oder > 25 % der Gelenksfläche betroffen (Typ III nach Degan)

8.11 Talus-Frakturen

--

zz Subtypen

Talushals (> 50 %) Taluskörper (15–25 %) und Taluskopf (am seltensten) Processus lateralis tali (10 %)

-

nnErweitertes Wissen Talushals-Frakturen – Pathoanatomie: Forcierte Dorsalextension mit axialer Krafteinwirkung – Klassifizierung nach Hawkins: – Typ I: undisloziert (Risiko für avaskuläre Nekrose: 0–13 %) – Typ II: subtalare Dislokation (20–50 %) – Typ III: subtalare und tibiotalare Luxation (20–100 %) – Typ IV: subtalare, tibiotalare, talonaviculare Luxation (70–100 %) – Komplikationen: Subtalare Arthrose (bis 100 %) häufiger als avaskuläre Nekrose (ca. 30 % über alle Frakturtypen) – Beurteilung des Heilungsverlaufes: Das Hawkins-Zeichen in der Mortise-Aufnahme zeigt die Resorption von subchondralem Knochen an und bedeutet somit eine funktionierende Durchblutung des Talus-Körpers (positives Zeichen)

8

Kapitel 8 • Fuß

180

8

– Therapie: operativ – Fixation mittels Mini-Fragmentschrauben, ggf. mediale Abstützplatte gegen Varuskollaps. Zur Beurteilung der Reposition ist ein medialer sowie lateraler Zugang empfohlen – Insbesondere bei höhergradigen Talushals-Frakturen ist die Deltoid-Arterie ggf. die einzig verbleibende Blutversorgung → für eine bessere intraoperative Visualisierung sollte deshalb eine Malleolar-Osteotomie erwogen und eine ausgeprägte Dissektion vermieden werden Processus lateralis tali-Frakturen – Pathoanatomie: Forcierte Dorsalextension mit axialer Krafteinwirkung mit Rotationskomponente – Klassifizierung: Anatomisch – Typ I → ohne Gelenksinvolvierung – Typ II → mit Gelenksinvolvierung (subtalar und talofibular) – Typ III → Trümmerfraktur – Therapie – Konservativ:  2 mm Dislokation (1) ORIF aufgrund hoher Pseudarthroserate (2) Fragmentexzision möglich (ohne drohende Instabilität)

8.12 Arthrose

am OSG

zz Ätiologie

Posttraumatisch (66 %) > primäre Arthrose ( andere Ursachen wie rheumatoide Arthritis, Osteonekrose, Hämophilie, neuropathisch oder septisch zz Klinik

Belastungs- und Ruheschmerzen am Sprunggelenk (spangenförmig), Schwellungsneigung zz Diagnose

Klinik + Arthrosezeichen im Röntgen zz Therapie

Konservativ: NSAR, diagnostisch-therapeutische Infiltration mit Kortison, Schuhversorgung Operativ: Arthrodese – + hohes Korrekturpotenzial – − Überlastung angrenzender Gelenke Prothese – + Funktionserhalt und Schutz angrenzender Gelenke (Subtalargelenk!) – − limitierte Lebensdauer – nicht bei Fehlstellung/Instabilität, Infekt

-

181 8.13 • Pes Planovalgus

-

Osteotomie (zur Achsenkorrektur) – + Gelenkserhalt, Schutz angrenzender Gelenke und keine limitierte Lebensdauer – − nur bei geringer/mäßiger Arthrose mit Beteiligung eines Teiles des Gelenkes (asymmetrische Beteiligung)

8.13 Pes

Planovalgus

zz Ätiologie

Unklar; die Funktionsstörung Tibialis posterior-Sehne ist als häufige Ursache akzeptiert. Andere identifizierte Ursachen sind traumatische oder degenerative Schäden an passiven Bandstrukturen des Mittel- und Rückfußes (z. B. Spring-Ligament), welche Schlüsselfaktoren für die Aufrechterhaltung der Fußphysiologie sind zz Epidemiologie

Frauen > Männer (3:1) zz Risikofaktoren

> 40 Jahre, Übergewicht, arterielle Hypertonie zz Klinik

Schmerzen am Malleolus medialis (im fortgeschrittenen Stadium auch lateralseitig durch Impingement), Ausstrahlung in das mediale Fußgewölbe (Tibialis-posteriorSehne), Verringerung des Fußlängsgewölbes (zunehmender Plattfuß), Rückfußvalgus (> 10°; Normalwert: 0–5° Valgus), abduzierter Vorfuß („too many toes sign“ positiv = > 2 Zehen sichtbar von posterior), nicht möglicher/abgeschwächter Zehenspitzstand auf einem Bein zz Diagnose

Klinik, die Rückfußachse ist pathologisch mit > 5° Valgus. Beeinträchtigte Funktion der Tibilias posterior-Sehne: Fehlende Rückfußvarisierung im Zehenspitzstand oder gar Unmöglichkeit des Zehenspitzenstands (. Tab. 8.1) ..Tab. 8.1  Klassifikation nach Johnson und Strom Auffällig

Stadium 1

Stadium 2

Stadium 3

Tibialis-posteriorSehne

Entzündet (Tenosynovitis)

Verlängert, degeneriert

Verlängert, degeneriert

Deformität

Keine

Flexibel

Rigide

Schmerz

Medial

Medial (lateral)

Medial und lateral

Zehenspitzstand einseitig

Rückfuß im Varus

Schwächer, keine Varisierung des Rückfußes

Nicht möglich

„Too many toes sign“

Negativ

Positiv

Positiv

Therapie

Konservativ

Funktionelle Rekonstruktion

Arthrodese

8

Kapitel 8 • Fuß

182

zz Therapie

-

Konservativ: NSAR, Schuheinlagen mit Abstützung des medialen Fußgewölbes Operativ: funktionelle Rekonstruktion oder korrigierende Arthrodese funktionelle Rekonstruktion (Stadium 1 und 2): Transfer des Flexor digitorum longus (FDL-Transfer) und ossäre Korrektur des Rückfußes. – Die FDL-Sehne wird distal abgelöst und mit der Tibialis posterior-Sehne vernäht. Resultat: 70 % Rehabilitationspotenzial der Tibialis posterior-Sehne – Verlängerung des Calcaneus (laterale Verlängerungsosteotomie) oder Verlagerung des Tuber calcanei nach medial (medialisierende Calcaneusosteotomie) Arthrodese (Stadium 3): Korrigierende Arthrodese des USG, ggf. in Kombination mit oben erwähnten, ossären Vorfußkorrekturen – Double Arthrodese: talonaviculär und talocalcanear – Triple Arthrodese: oben genannte plus calcaneocuboidal

-

-

nnErweitertes Wissen

8

-

Radiologische Beurteilung: – Fuß dorsoplantar: – Erhöhter talo-metatarsale 1-Winkel (Simmon) – Verminderte talonaviculäre Überdachung („uncoverage“ > 40 %) – Erhöhter talocalcanearer Kite-Winkel (normal 15–30°) bei Rückfußvalgus (unzuverlässige Messung) – Fuß lateral: – Erhöhter talo-metatarsale 1-Winkel (Meary) > 4° – Verminderter Calcaneus Pitch (normal 15–30°) Laterale Verlängerungsosteotomie des Calcaneus – Prinzip: relative Verkürzung des medialen Längsgewölbes und dadurch Aufrichtung. Zudem reduzierte Spannung der medialen Weichteile. – Indikation: Pes planovalgus mit abduziertem Vorfuß (Stadium 2B) – Korrigiert den Zug der Achillessehne nicht – Evans (Osteotomie parallel zum CC-Gelenk, zwischen anteriorer und medialer Gelenksfacette) versus Hintermann (direkt vor der posterioren Facette) – Nachteil: Mehr Druckaufbau im CC-Gelenk → Deshalb bei jüngeren Patienten teilweise nicht zu empfehlen Medialisierende Calcaneusosteotomie – Prinzip: Korrigiert den Zug der Achillessehne – Indikation: Ausgeprägter Rückfußvalgus, subfibuläres Impingement Equinus-Release gemäß Silfverskjöld-Test – Equinus nur bei gestrecktem Knie (Silfverskjöld positiv): Gastrocnemius isoliert → Strayer Release: Medialer Zugang (quer). Der N. suralis wird in 30–40 % angetroffen, weshalb subkutan stumpf präpariert werden muss. Durch das Durchtrennen der Gastrocnemius-Faszie wird ca. 2 cm an Länge gewonnen – Equinus gestreckt und gebeugt (Silfverskjöld negativ): gastrosoleale Kontraktur → Achillessehnenverlängerung: Über drei perkutane (longitudinale) Inzisionen. Die Mindestdistanz zwischen den Inzisionen hat aufgrund der Rupturgefahr ca. 5 cm zu betragen Differenzialdiagnose Müller-Weiss-Syndrom: – Avaskuläre Osteonekrose des Os naviculare beim Erwachsenen

183 8.14 • Pes Cavovarus

-

– Pes planovarus oder Pes planovalgus im fortgeschrittenen Stadium durch Einbruch Os naviculare (Vorfuß abduziert und verkürzt bei zu langem 1. Strahl), Rückfußvarus durch Lateralisierung des Talus, Plattfuß durch Kollaps des medialen Längsgewölbes Auch eine tarsale Coalitio kann sich als Plattfuß präsentieren – Oft asymptomatisch; limitierte ROM Subtalargelenk; keine Varisierung des Rückfußes im Einbeinstand; v. a. bei jungen Patienten verdächtigen

Normal (5° Valgus)

8.14 Pes

Knick-Senkfuss (>5° Valgus)

Cavovarus

zz Ätiologie

Angeboren (residuelle Klumpfußdeformität), neuromuskulär (in 66 %; Zerebralparese, Charcot-Marie-Tooth), posttraumatisch (Kompartmentsyndrom, Nervus peroneus-Läsion) zz Pathoanatomie

Hyperflexion des 1. Strahles (Pronation) durch Peroneus longus. Überhand der Flexoren (FDL, Tibialis posterior) und Schwäche Tibialis anterior → Equinus und Vorfußadductus. Überaktivität Gastrosoleus und Tibialis posterior → Equinus und Varus. Im Verlauf Klauenzehen durch kompensatorische Kontraktion EHL. zz Klinik

Lateral betonte Rückfußinstabilität, ggf. mit Verletzung der Peronealsehnen. Metatarsalgien und plantare Hyperkeratose. Metatarsale Stressfrakturen. Coleman-Blocktest: Beantwortet die Frage, ob der Rückfußvarus vorfußinduziert und flexibel ist. Wenn ja, dann eliminiert ein Block unter dem lateralen Fußrand die Plantarflexion des 1. Strahles und somit den Rückfuß-varisierenden Effekt

8

Kapitel 8 • Fuß

184

zz Weiterführende Diagnostik

Neurophysiologie mit Suche nach neuromuskulärer Ätiologie insbesondere bei vermehrter Muskelverfettung im MRI und verdicktem Nervus tibialis zz Therapie

Konservativ: Schuheinlagen mit Abstützung des lateralen Fußgewölbes und vertieftem ersten Strahl Operativ: funktionelle Rekonstruktion oder korrigierende Arthrodese je nach Rigidität (Coleman-Blocktest)

-

nnErweitertes Wissen

8

-

Radiologische Beurteilung: – Fuß dorsoplantar: – Reduzierter talocalcanearer Winkel (Kite)  4° (Apex dorsal) – Erhöhter Calcaneus Pitch (> 30°) – Sinus tarsi see-through Zeichen – Double talar dome-Zeichen Operative Rekonstruktion bei Vorfuß-induziertem Varus: – BRT (Barouk-Rippstein-Toullec) Osteotomie: – Dorsalflektierende Metatarsale I-Osteotomie – Lateralisierende Calcaneusosteotomie – Keine Verschiebung > 10–12 mm, da das Volumen im Tarsaltunnel um bis zu 20 % reduziert wird – Dwyer = lateral zuklappende Osteotomie. Obsolet wegen pathologischem Zug der Achillessehne – Zusatzprozeduren: Laterale Bandplastik, Peroneus longus auf brevis-Transfer, Steindler-Release (medialseitiges Durchtrennen der Plantaraponeurose), JonesProzedur (Korrektur der Klauenzehe Digitus I durch Fusion des IP-Gelenkes und Zurückversetzen der EHL-Sehne). Operative Rekonstruktion bei rigidem Rückfußvarus: – Korrigierende Arthrodese ± BRT, lateraliserende Calcaneusosteotomie

8.15 Achillessehnenruptur zz Epidemiologie

Männer > Frauen (6:1) zz Ätiologie

starke sportliche Belastung Untrainierter, ungewohnte Belastung, Status nach Steroidinjektionen oder Fluorchinolon-Einnahme (Ciprofloxacin), Gicht

185 8.15 • Achillessehnenruptur

zz Klinik

hörbarer peitschenartiger Knall, akut kein Zehenspitzstand möglich, positiver Thompson-Test (Kompression der Wade in Bauchlage löst KEINE Plantarflexion aus), tastbare Delle über der Achillessehne zz Therapie

--

Konservativ: bei niedrigen sportlichen Ansprüchen/beruflicher Belastung; diverse Schemata der Ruhigstellung im Gips: initial in leichter Spitzfußstellung, ggf. funktionelle Behandlung Operativ: kontrovers diskutiert + bessere Rekonstruktion der Sehnenlänge (Vorspannung) − Komplikationen: Wundheilungsstörung, Infektionen etc. Umstritten: bessere Kraft, geringere Re-Rupturrate (konservativ hat etwa 2× höheres Re-Rupturrisiko), höherer Prozentsatz erreicht präoperatives Sportniveau zz Besonderheiten

Ruptur meist im Areal mit der schlechtesten Gefäßversorgung → 5 cm proximal des Sehnenansatzes

-

nnErweitertes Wissen

-

Defektsituation: alte Ruptur > 4 Wochen oder ausgeheilte Infektsituation mit Defekt – Umkippplastik nach Silfverskjöld und Lindholm – V-Y-Plastik – Die 1. Wahl: V-förmige Inzision in die muskulotendinöse Aponeurose. Das V wird mit Nähten adaptiert, sodass die Rekonstruktion einem Y ähnelt – FHL-Sehnentransfer – Bei einem Defekt von > 5 cm welcher sich mittels V-Y-Plastik nur ungenügend verschliessen lässt – Die FHL-Sehne ist doppelt so stark wie die FDL-Sehne und besitzt den gleichen Kraftvektor wie die Achillessehne. Kontrahiert zudem in der gleichen Gangphase – Falls mittels Autograft nicht rekonstruierbar (Defekt > 10 cm): Allograft – Bei einem Defekt von > 10 cm welcher mit anderen Techniken nicht rekonstruierbar ist Exkurs Tendinopathie der Achillessehne: – Subtypen: Insertionstendinopathie, retrocalcaneare Bursitis (2–3 cm proximal des Ansatzes; meist mechanisch, z. B. durch Haglund-Exostose), (mid-portion) Achillessehnentendinopathie (60 %; 2–6 cm proximal des Ansatzes) – Therapie bei fehlenden mechanische Faktoren → konservativ mit exzentrischem Wadentraining, Stoßwellentherapie und einer Nachtschiene (in Dorsalextension) – Therapie bei mechanischen Faktoren und/oder bei Versagen der konservativen Therapie → Ablösen, Spalten, Débridement, Naht und Refixation – Débridement bei Sehnendegeneration  50 % Degeneration (stärkere Plantarflexion; gemäß Literatur bringt dies subjektiv jedoch keinen Vorteil) – Die Arthroskopie hat einen Stellenwert beim Débridement der retrocalcanearen Bursitis

8

186

Kapitel 8 • Fuß

Thompson negativ Achillessehne intakt

Thompson positiv Achillessehnenriss

8.16 Malleolarfrakturen

8

zz Definition

--

häufige Fraktur der Tibia (Malleolus medialis) und/oder Fibula (Malleolus lateralis) Klassifikation nach Weber: Weber Typ A: Fraktur distal des Gelenksspaltes/Syndesmose Weber Typ B: Fraktur in Höhe des Gelenksspaltes/Syndesmose Weber Typ C: Fraktur proximal des Gelenksspaltes/Syndesmose – Maisonneuve-Fraktur: hohe Fibulafraktur oder Luxation des proximalen Tibio-Fibular-Gelenkes + Ruptur der Membrana interossea + Ruptur der Syndesmose, ggf. Ruptur des Lig. deltoideum, ggf. Fraktur Malleolus medialis Volkmann-Fragment: Begleitverletzung, keilförmige Fraktur der posterioren distalen Tibiakante bei Ruptur des Lig. deltoideum: Aufklappen des Gelenksspaltes zwischen Malleolus medialis und medialer Facette des Talus („medial clear space“)

Malleolarfraktur

187 8.16 • Malleolarfrakturen

----

zz Therapie

Konservativ: Weber Typ A ohne große Dislokation stabile Weber Typ B-Frakturen ohne Beteiligung des Lig. deltoideum oder des Malleolus medialis und ohne/minimale Dislokation Operativ: bei Verletzung der Syndesmose mit Instabilität Weber Typ B/C mit Beteiligung des Lig. deltoideum oder des Malleolus medialis Maisonneuve Frakturen Trimalleolarfrakturen (=  Frakturen Malleolus medialis +  Malleolus lateralis + Volkmann-Fragment)

Weber A

Weber B

Malleolarfraktur: Klassifikationen nach Weber

Weber C

8

188

Kapitel 8 • Fuß

Osteosynthese

8

8.17 Syndesmosenverletzung zz Klinik

Kompression von Tibia und Fibula in der Unterschenkelmitte (Squeeze-Test) → Schmerz an der Syndesmose; Druckschmerz über der anterioren Syndesmose

-

zz Diagnose

Klinik + Röntgen: AP-Aufnahme in 10–15° Innenrotation  (= Mortise-Aufnahme) zur Beurteilung des Abstandes zwischen Tibia und Fibula – Verdacht auf Syndesmosenverletzung bei → Tibiofibularer Überlappung („overlap“)  Jungen (4:1); Ethnische Unterschiede Chinesen/Afrikaner → Geringe Inzidenz (0 %) im Vergleich zu nordamerikanischen Indianern/Samen → Hohe Inzidenz (5 %) zz Ätiologie

Beckenendlage, Oligohydramnion, Erstgeborene, im Rahmen von syndromalen Erkrankungen, allg. Gelenkshypermobilität zz Klinik

Untersuchungen: Barlow-Zeichen – Provokation einer Hüft(sub)luxation; Positiv, wenn luxierbar Ortolani-Zeichen – „Klick“ bei Repositionsmanöver; Positiv, wenn Hüfte wieder reponierbar Galeazzi-Zeichen – verkürztes Femur bei 90° gebeugten Hüft- und Kniegelenken Einteilung – Normal; subluxierbar; luxier- und reponierbar; luxiert, aber reponierbar; fixiert luxiert – Abduktionshemmung auf betroffener Seite – asymmetrische Oberschenkelhautfalten

199 9.2 • Hüftdysplasie

zz Diagnose

Klinik + Bildgebung: Ultraschalluntersuchung nach Graf in den ersten Lebenswochen → Messung der Hüft­reifetypen nach definierten Kriterien: Typ I, IIa/b/c, D, III, IV Röntgen (ab 3. Lebensmonat) Beckenübersichtsaufnahme, an der mit verschiedenen Messlinien verschiedene Parameter gemessen werden Aus diesen Parametern wird mit Punktwerten der sog. Hüftwert berechnet (→ ver‑ schiedene Umrechnungstabellen für verschiedene Altersstufen) Linien – Hilgenreiner-Linie, Ombrédanne-Linie, Shenton-Ménard-Linie Winkel – Pfannendachwinkel nach Hilgenreiner (AC-Winkel), – Lateraler Zentrum-Eckwinkel nach Wiberg (LCE-Winkel) Überdachungsdefizit nach Reimers Strecke zw. Hüftkopfzentrum und Pfannenzentrum (d) als Anhalt für Dezentrierung

--

Hüft-Röntgen AP mit eingezeichneten Linien und Winkel

zz Therapie

--

Ziel: Unreife Hüfte zum Nachreifen bringen; Luxierte Hüften reponieren und retenieren. Nachreifen: Je nach Ultraschall-Typ durch Breitwickeln, Spreizschiene (Tübinger‑ schiene) oder Beckenbeingips (v. a. bei dezentrierenden instabilen Hüften) Luxierte Hüfte: Geschlossene Reposition und Retention im Beckenbeingips, ggf. vorgängige Extensionsbehandlung durch sog. Overheadextension. Pavlik-Repositionsbandage Wenn geschlossene Reposition frustran: Offene Reposition, denn je länger eine Luxation besteht, desto häufiger treten sekundäre Veränderungen auf, die eine Reposition verhindern (z. B. Kapsel‑/Labruminterpositionen, fettig hypertrophiertes Lig. capitis femoris, kontraktes Lig. transversum etc.) Wenn konservative/frühe operative Therapie versagt; bzw. ab 2./3. Lebensjahr: Hüftgelenksrekonstruktive operative Verfahren → Knöcherne Korrekturen an Becken und proximalem Femur mit dem Ziel, Hüftkopf in die Pfanne einzustellen und Kongruenz zwischen Kopf und Pfanne zu erhöhen.

9

Kapitel 9 • Kinderorthopädie

200

Alter

Becken

Femura

2–8 J., Gelenk kongruent, zu steile Pfanne, fliehender Erker

Salter-Osteotomie

Ggf. Verkürzungs-OT nötig

2–8 J., entrundete Pfanne

Acetabuloplastik nach Pemberton oder Dega

ggf. derotierende varisierende, verkürzende Femur-OT nötig

> 8 J., Gelenk kongruent + sphärisch

Triple-OT nach Tönnis, (PAO nach Ganz)

… ggf. derotierende varisierende, verkürzende Femur-OT nötig

> 8 J., entrundete/flache Pfanne

Acetabuloplastik nach Pemberton oder Dega

ggf. derotierende varisierende, verkürzende Femur-OT nötig

> 14 J., Gelenk kongruent, keine Gelenkschaden

(Triple-OT nach Tönnis), PAO nach Ganz

ggf. derotierende varisierende, verkürzende Femur-OT nötig

> 14 J., Gelenk kongruent, degenerative Veränderungen

ggf. Salvage-OP Hüft-TP in der Zukunft

ggf. Salvage-OP Hüft-TP in der Zukunft

a

häufig liegt gleichzeitig mit einer Hüftdysplasie eine Coxa valga et antetorta vor

9

----

zz Komplikationen

Komplikation der konservativen/frühen operativen Behandlung: inferiore Hüftluxation N. femoralis-Parese Komplikationen der hüftgelenksrekonstruktiven operativen Verfahren: Wachstumsstörung an der Y-Fuge (Behandlung: Acetabuloplastik) Über- und Unterkorrekturen Pseudarthrosen (Behandlung: reorientierende Osteotomien) Gefäß- und Nervenläsionen 9.3

Morbus Perthes

zz Definition

Stadienweise verlaufende Nekrose und Reparatur des Hüftkopfes (und der Epiphyse) bei einem ansonsten gesunden Kind. Grundsätzlich liegt bei günstigem Krankheitsverlauf eine gute Prognose vor. zz Epidemiologie

Jungen > Mädchen (5:1); Gipfel = 4.–7. Lebensjahr (2–12 Jahre) zz Ätiologie

idiopathische Durchblutungsstörung (entweder auf arterieller [Minderdurchblutung] oder auf venöser [Störung des Abflusses] Seite); ev. alimentär bedingt (Nahrungsauf‑ nahme); genetisch (35× erhöhtes Risiko bei Verwandten 1. Grades)

201 9.3 • Morbus Perthes

Klassifikation – nach Waldenström I

Avaskuläre Phase, Gelenkspaltverbreiterung (Erguss)

II

Kondensationsstadium, Verdichtung des Epiphysenkerns, ggf. subchondrale Frakturen

III

Fragmentationsstadium, Zerfall/Deformierung des Hüftkopfes

IV

Reparationsstadium, Wiederaufbau des Hüftkopfes

V

Wachstumsstörung mit relativer Verkürzung des Schenkelhalses, bei gleichzeitig normalem Wachstum des Trochanter major (Coxa brevis)

VI

Remodellierung des Kopfes, nach mehreren Jahren wird Endstadiuma erreicht

a

Endstadium kann auch die Ausbildung einer fixierten Kopfdeformität beinhalten

Einteilung der Lokalisation & des  Ausmaßes der Hüftkopfnekrose nach Catterall: von lateral nach medial: Stadium 1

1/4 des Kopfes

Stadium 2

1/3 des Kopfes

Stadium 3

3/4 des Kopfes

Stadium 4

Ganzer Kopf

Einteilung des Schweregrads nach Herring (lateral pillar classification) Stadium A

Laterale Säule ohne Höhenminderung und ohne Dichteänderung

Stadium B

Höhenminderung ≤ 50 %

Stadium C

Höhenminderung > 50 %

---

„Head-at-risk“-Zeichen nach Catterall: Lateralisierung/Subluxation des Hüftkopfes Metaphysäre Mitbeteiligung laterale Verkalkung Horizontalisierung der Wachstumsfuge zz Klinik

Hüft und Leistenschmerzen → Knieschmerzen „Schmerzen im Knie – vergiss die Hüfte nie!“ Hinken sowie schmerzhafte oder mechanische Bewegungseinschränkung

--

zz Diagnose

Klinik + Bildgebung: ggf. Ultraschall → Nachweis eines Gelenksergusses Röntgen Beckenübersicht und Lauenstein → Frühzeichen Gelenkspaltverbreiterung MRI → Frühdiagnostik bei unauffälligem Röntgenbild, hat allerdings prognostisch und therapeutisch keine Konsequenz

9

Kapitel 9 • Kinderorthopädie

202

-

nnErweitertes Wissen

9

Hinge abduction: die Abduktion der Hüfte führt zur Dezentrierung vom Hüftkopf über dem lateralen Erker. – Mittels intraoperativer Arthrographie kann diesen Hebeleffekt, mit den Pfannenrand als Hypomochlion für den Hüftkopf, nachgewiesen werden. Containment-Chirurgie mittels Varisationsosteotomie nicht länger zielführend. Hier kommen Pfannenrotationen (Triple-Osteotomie) und ggf. valgisierende Femur­osteotomien zum Einsatz.

zz Therapie

Patient begleiten durch den natürlichen Verlauf mit Kontrollen alle 3–6 Monate Konservativ – Erhalt der Gelenksbeweglichkeit durch Physiotherapie, ggf. sogar gewisser Sportarten (Schwimmen, Radfahren) NICHT (!) – Bettruhe, Entlastung, aber auch keine Sprung- oder Kontaktsportarten → NUR (!) – wenn starke Schmerzen → dann temporär Schmerzmedikamente + Stockentlastung Operativ – (v. a. wenn Herring Stadium B/C, Head-at-risk-Zeichen)  5-jährig – 1. keine „hinge abduction“, gute Abduktion = Femur-Varisationsosteotomie, ggf. Tripleosteotomie 2. „hinge abduction“, aber zentriert in Adduktion = Tripleosteotomie 3. Endstadium Stulberg V = ggf. Trochanterdistalisierung, ggf. Schenkelhalsverlängerung, Osteochondroplastie bei coxa magna (chirurgische Hüftluxation) 4. Endstadium Stulberg III–VI = Offset-Korrektur, ggf. Triple-OT oder PAO, Osteochondroplastie bei coxa magna (chirurgische Hüftluxation)

--

zz Risikofaktoren

Risiko für ungünstigen Verlauf hoch, wenn: Beginn der Erkrankung nach 6. Lebensjahr Weibliches Geschlecht Stark eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit: v. a. Abduktion

203 9.4  •  Epiphyseolysis capitis femoris

--

Catterall-Stadium 3 + 4: ungünstigere Prognose Herring-Klassifikation B + C „Head-at-risk“-Zeichen vorhanden

zz Komplikationen

Grundsätzlich gute Prognose bei günstigem Krankheitsverlauf (s. oben) Bei ungünstigem Verlauf → erhöhtes Arthroserisiko in relativ jungem Erwachsenenalter 9.4

Epiphyseolysis capitis femoris

zz Definition

Abrutschen des Hüftkopfes in der Wachstumsfuge zz Epidemiologie

Jungen > Mädchen (1,5–2:1); Gipfel 12–16-jährig resp. 10–14-jährig (im pubertären Wachstumsschub), Inzidenz 10:100.000 zz Risikofaktoren

Adipositas, acetabuläre und femorale Retroversion Einteilung Zeitliche Klassifikation

Loder Klassifikation

Acute

Anamnestisch  30° – offene Reposition der Epiphyse auf die Metaphyse & – Schraubenfixation (modifizierte Dunn Prozedur) zz Komplikationen Hüftkopfnekrose – deshalb Verlaufskontrollen für bis zu 2 Jahre postoperativ Unbemerktes Ausheilen in abgerutschter Position – gilt als präarthrotische Deformität

→ erhöhtes Arthroserisiko in relativ jungem Erwachsenenalter zz Besonderheiten

Häufiges bilaterales Auftreten (initial vs. sekundär), somit prophylaktische kontralaterale Verschraubung diskutieren.

205 9.5 • Coxitis

9.5 Coxitis

--

zz Definition

„-itis“ = Entzündung des Hüftgelenkes bakterielle = Septische/Eitrige Coxitis (potenziell lebensbedrohliches Krankheitsbild) als Begleiterscheinung bei oder nach viralem Infekt (obere Atemwege oder Ma‑ gen-Darm-Trakt) = Coxitis fugax (sog. „Hüftschnupfen“) = spontan regredientes, temporäres Krankheitsbild zz Epidemiologie

Coxitis fugax: häufigste Hüfterkrankung im Wachstumsalter; Gipfel 6-jährig (1- bis 13-jährig) zz Klinik

Hüft‑/Leistenschmerzen → Knieschmerzen (!) Hinken, schmerzhafte Bewegungseinschränkung AZ – „gesundes“ fröhliches Kind bei Coxitis fugax – „krankes“ Kind (Fieber, Abgeschlagenheit) bei septischer Coxitis

--

zz Diagnose

Klinik + Diagnostik: Blutentnahme → Entzündungszeichen ggf. Ultraschall → Nachweis eines Gelenkserguss Röntgen Beckenübersicht → v. a. zum Ausschluss anderer möglicher Diagnosen wie Morbus Perthes oder Epiphyseolysis capitis femoris Punktion des Hüftgelenkes → Makroskopischer Aspekt (klar, eitrig, blutig?), Zellzahl, Bakteriennachweis zz Therapie

Septische Coxitis: Spülen des Gelenkes (arthroskopisch oder offen, ggf. mehrfach je nach Erreger), antibiotische Therapie Coxitis fugax: ggf. Schmerzmedikamente und körperliche Schonung für einige Tage zz Komplikationen

Septische Coxitis: wenn rechtzeitig diagnostiziert und behandelt, gute Prognose mit vollständiger Ausheilung wenn verzögert diagnostiziert/behandelt und/oder schwieriger Keim, kann es zur Destruktion des Gelenkes kommen oder septischer Streuung mit Blutvergiftung (Lebensgefahr!) Coxitis fugax: Keine Langzeitfolgen oder -schäden, Rezidiv jedoch jederzeit möglich

9

206

9.6

Kapitel 9 • Kinderorthopädie

Kongenitaler Klumpfuß

Syn – Pes equinovarus (dabei sind aber nicht alle Fehlstellungskomponenten genannt) zz Epidemiologie

Inzidenz 1:1000, manche Bevölkerungsgruppen 1:200 (Polynesier) Jungen > Mädchen (2:1); 50 % beidseitiger Klumpfuß zz Ätiologie

----

Die Ätiologie ist weiterhin ungeklärt, der Klumpfuß kann idiopathisch auftreten. Folgende Faktoren sind mit der Entstehung eines kongenitalen Klumpfußes assoziiert: intrauterine Lageanomalien Amnion-Band-Syndrom Oligohydramnion Spina bifida Neuralrohrfehlbildungen Aminopterinsyndrom Arthrogryposis multiplex congenita zz Klinik

9

4 Komponenten der Fehlstellung: CAVE (Mnemo) – cavus = Hohlfuß – adductus = Vorfußadduktion – varus = Rückfußvarus – equinatus = Spitzfuß Beurteilung Rigidität: Lässt sich der Klumpfuß redressieren? – redressierbar: Klumpfußhaltung – nicht-redressierbar: Klumpfuß Gesamtstatus – Hüfte → Hüftdysplasie assoziiert und darum häufiger als bei Kindern ohne Klumpfuß → Ultraschall (!) – Wirbelsäule → Anzeichen einer Spina bifida?

zz Diagnose

Wichtigste Differentialdiagnose: Klumpfußhaltung (kann alle Komponenten des Klumpfußes aufweisen, allerdings flexibel) und Sichelfuß (hat nur die AdductusKomponente, kann fixiert sein). Die klinische Untersuchung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk und der Repositionsmöglichkeit des Rückfußes ist essentiell zur Unterscheidung zum „echten“ Klumpfuß. Blickdiagnose + Klinik (+ Röntgen [nur beim Rezidiv-Klumpfuß]): DP-Projektion – Talocalcanearwinkel  20° (Norm 0–20°) = Vorfußadduktion laterale Projektion: – Talocalcanearwinkel 2 Jahre

beidseitig Anamnese/Klinik unauffällig

beidseitig Anamnese/Klinik unauffällig

physiologisch

idiopathisch Typ I, II

beobachten

einseitig Anamnese/Klinik auffällig therapierefraktär

neurologische Abklärung Typ II, III

konservative Behandlung

operative Behandlung Differenzierung Zehenspitzengang

9

9.9

Beinachsenfehlstellung und Entwicklung

!!CAVE

--

hier nur in der Frontalebene besprochen

zz Physiologische Entwicklung

Bei Geburt Varus, eher Crus varum als Genu varum (im Durchschnitt 15°) Gehbeginn → Neutralstellung; Danach entwickelt sich eine Valgusstellung (von ca. 10°), entsprechend auch ein Intermalleolarabstand von 2–4 cm Korrigiert sich bis zum 10. Lebensjahr auf die physiologische Valgusstellung von 5–7°

zz Definition

1) Genu varum =  O-Bein: Varusabweichung des  Unterschenkels (US) gegenüber Oberschenkel (OS) 2) Genu valgum = X-Bein: Valgusabweichung US gegenüber OS 3) Crus varum = Auswärtskrümmung des Unterschenkels im Sinne eines O-Beines zz Klinik

Intermalleolarabstand messen zz Diagnose

--

Klinik + Röntgen: Achsenstandaufnahme = Orthoradiogramm; Voraussetzungen: Gestreckte Kniegelenke Kniescheiben müssen nach vorne zeigen Stellung der Füße unerheblich

211 9.9  •  Beinachsenfehlstellung und Entwicklung

-

Beurteilung Mechanische Achse = Mikulicz-Linie – Linie zwischen Drehzentrum Hüftkopf und Zentrum des oberen Sprunggelenks – sollte 4 ± 2 mm medial der Eminentia interkondylaris verlaufen Mechanischer lateraler distaler Femurwinkel: – Winkel zwischen Linie durch Zentrum Hüftkopf und Knie und Linie an Femur­ kondylen; Norm: 88° (85–90°) – oder: anatomisch – Linie durch Femurachsenmitte, Norm: 81° (79–83°) Proximaler medialer Tibiawinkel – Winkel zwischen Linie durch Zentrum oberes Sprunggelenk und Kniegelenk und Linie Tibiaplateau; Norm 87° (85–90°)

Mikulicz-Linie; rechts: Genu varum

-

zz Therapie

Permanente Epiphyseodese: Wachstumslenkung durch endgültigen Verschluss (Ausbohren, Entfernen) der Wachstumsfuge, hier ist die Identifizierung des richtigen Zeitpunktes unerlässlich (Zeitpunkt zu früh: Verlust der projizierten Länge, Gegenseite braucht ggf. auch Fugenverschluss. Zeitpunkt zu spät: inadäquate Lenkung, Korrekturosteotomie ggf. im Verlauf notwendig). Vorteil: einmalige Operation mit kleinem Aufwand, keine Materialentfernung notwendig.

9

212

-

Kapitel 9 • Kinderorthopädie

Temporäre Epiphyseodese: Wachstumslenkung durch Bremsung einer Fuge, z. B. mittels einer „eight-Plate“. Richtiger Zeitpunkt hier von Bedeutung anhand des Knochenalters (Handröntgen). Ist die gewünschte Korrektur erreicht und liegt noch Wachstumspotential vor, kann der eight-Plate wieder freigegeben/dynamisiert werden. Bei abgeschlossenem Wachstum können die Plättchen komplett entfernt werden. Osteotomien: Bei verschlossenen Fugen (abgeschlossenes Wachstum) und bei komplexen, multiplanaren Deformitäten, welche nicht nur die Frontalebene betreffen, kann Wachstumslenkung nicht mehr angeboten werden und sind Korrekturosteotomien die Therapie der Wahl.

-

9

213

Technische Orthopädie Thomas Böni, Felix Waibel, Martin Berli Inhaltsverzeichnis 10.1

Grundlagen – 214

10.1.1

Begriffe und Definitionen  –  214

10.2

Amputationen – 215

10.2.1 10.2.2

Amputationen der unteren Extremität  –  215 Amputationen der oberen Extremitäten  –  218

10.3

Phantom und Phantomschmerzen  –  218

10.4

Prothesenversorgung – 219

10.5

Prothesen für die obere Extremität  –  220

10.6

Orthesenversorgung – 220

10.6.1 Klassifikation der Orthesen  –  220 10.6.2 Orthesentypen – 221

10.7

Rehatechnik – 221

10.8

Orthopädieschuhtechnik – 221

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_10

10

214

Kapitel 10  •  Technische Orthopädie

10.1 Grundlagen 10.1.1 Begriffe

und Definitionen

TO = Technische Orthopädie (Englisch: Prosthetics & Orthotics) ist ein Spezialgebiet der Orthopädie, das sowohl operative als auch konservative Maßnahmen umfasst: Operative TO – Amputationschirurgie, Stumpfkorrekturen, Chirurgie des diabetischen Fußes Konservative TO – Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln zur Kompensation, Linderung oder Prävention von Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates (Indikationsstellung, Verordnung, Kontrolle)

--

Orthopädietechnik & Rehatechnik Prothesen, Orthesen (Schienen), Orthoprothesen, Bandagen, Kompressions‑ behandlung Rollstuhlversorgung, Sitzschalen, Liegeschalen, Gehhilfen, Stehhilfen Orthopädieschuhtechnik Einlagen, orthopädische Schuhzurichtungen, orthopädische Spezial‑, Serien- und Maßschuhe, Innenschuhorthesen

10

Amputation, Exartikulation Amputation = Zirkuläres Absetzen von schädlichen oder unnützen Körperteilen; Synonym: Ablatio. Im engeren Sinne die Absetzung einer Extremität durch den Knochen, im Gegensatz zur Absetzung durch ein Gelenk (= Exartikulation)

Prothese Ersatz Körperglied = Exoprothese Gelenksersatz = Endoprothese Prothesen, welche im Knochen verankert sind und mittels eines Zwischenstücks die Haut perforieren, werden als Endo-Exoprothesen bezeichnet (= Osseointegration) Orthese Schiene zur Funktionsverbesserung eines vorhandenen, aber geschädigten Körper‑ gliedes (z. B. infolge Gelenksinstabilität) Orthoprothese Kombination (Hybrid) von Orthese und Prothese, z. B. bei Extremitätenfehlbil‑ dung mit massiver Verkürzung

Phantom Phantomsensation: nicht schmerzhafte Empfindung in der amputierten Extremität. Normal und nicht therapiebedürftig Phantomschmerz: Schmerz im amputierten Anteil der Extremität (= außerhalb des Körpers) Phantomglied: „reale“ sensorische Nachbildung der amputierten Extremität (Achtung Sturzgefahr: Patient hat z. B. das Gefühl, dass der Unterschenkel und

215 10.2 • Amputationen

-

Fuß noch vorhanden sind und will die amputierte Gliedmaße beim Aufstehen aus dem Bett belasten) Telescoping: Rückzug des Phantomgliedes stumpfwärts, d. h., z. B. nach einer Unterschenkelamputation wird der Fuß in der Mitte des Unterschenkels verspürt (in 30–59 % der Phantomsensationen)

-

>>Merke

Orthopädische Hilfsmittel sind nur sinnvoll, wenn sie dem Patienten einen Fähig‑ keitsgewinn und eine bessere Lebensqualität ermöglichen oder ihn vor Folgeschä‑ den (z. B. diabetischem Fußulkus) bewahren. Gerade bei Kindern muss eine Über‑ versorgung vermieden werden, denn zuweilen, z. B. nach Amputationen der oberen Extremität, ist „der Stumpf die beste Prothese“. Orthopädische Hilfsmittel werden von der eidgenössischen Invalidenversicherung in der Regel nur dann vergütet, wenn sie dauerhaft (mindestens jedoch während eines Jahres) benötigt werden.

10.2 Amputationen 10.2.1 Amputationen

der unteren Extremität

zz Ätiologie (anhand Daten des statistischen Bundesamtes von 2005–2015) Ursache

Prozentangabe

Peripher-arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) (mit und ohne Diabetes) und Infektionen

85–90 %

Traumaa

  3–4 % b

Deformitäten, Tumore , Varia

  5–10 %

a

Bei jungen Patienten überwiegen Traumata Tumore sind v. a. verantwortlich für sehr hohe (proximale) Amputationen, z. B. Hüfte/Becken

b

kPrognose k Lebenserwartung nach Amputation bei PAVK

--

weil die Arteriosklerose eine Systemerkrankung ist und auch Herz, Hirn und Nieren befällt 1 Jahr nach Oberschenkelamputation → 50 % Überlebende 5 Jahre nach Unterschenkelamputation → 50 % Überlebende kMobilitätsklassen k

Die Mobilitätsklasse ist Voraussetzung für die Wahl der Prothesenpassteile: je höher die Mobilitätsklasse, desto leistungsfähiger und in der Regel auch teurer sind die zu wählenden Prothesenpassteile

10

Kapitel 10  •  Technische Orthopädie

216

Klasse 0

Nicht gehfähig: Prothese für den Transfer, kosmetischer Ersatz

Klasse 1

Innenbereichsgeher: Kann mit der Prothese auf ebenem Boden kurze Zeit lang‑ sam gehen

Klasse 2

Eingeschränkter Außenbereichsgeher: Kann begrenzte Zeit mit Prothese gehen und Randsteine wie auch einzelne Stufen überwinden

Klasse 3

Uneingeschränkter Außenbereichsgeher: Kann mit Prothese auch auf unebenem Boden und im freien Gelände gehen sowie einen Beruf und Therapie ausüben

Klasse 4

Uneingeschränkter Außenbereichsgeher mit besonders hohen Ansprüchen: Kann uneingeschränkt überall gehen, wobei hohe Stoß‑, Dreh- und Zugkräfte auftreten können, z. B. bei Sport oder anspruchsvoller körperlicher Tätigkeit

kPrognose k bezüglich Gehfähigkeit mit Prothese

Für das Erreichen der Gehfähigkeit spielt neben den Komorbiditäten und der Geh‑ fähigkeit vor der Amputation v. a. die Amputationshöhe eine maßgebliche Rolle:

10

Unterschenkelamputation

70–80 % werden gehfähig

Knieexartikulation

60–70 % werden gehfähig

Oberschenkelamputation

20–30 % werden gehfähig

Nach doppelseitiger Oberschenkelamputation ist meist nur ein therapeutisches und kurzzeitiges Gehen möglich, und die Patienten verwenden im Alltag einen Rollstuhl.

-

>>Merke

Wegen der ungünstigen Prognose bezüglich der zu erwartenden Mobilität sollte – wenn immer möglich – das Kniegelenk erhalten werden!!

-

kBelastbarkeit k des Stumpfes und Energieverbrauch

Endbelastbar: Nennt man einen Amputationsstumpf, wenn das Stumpfende mit vollem Körper‑ gewicht belastet werden kann und keine Abstützung und Gewichtabnahme weiter proximal notwendig ist Dies ist in der Regel bei Vor- und Rückfußamputationen sowie Knie- und Hüft­ exartikulationen der Fall Unterschenkel- und Oberschenkelamputationen sind nie endbelastbar Erhöhter Energieaufwand beim Gehen mit der Prothese. Vaskuläre Amputation ha‑ ben höheren Energieaufwand als traumatische Amputationen: Rückfußamputationen

   +10–25 %

Unterschenkelamputationen

   +25–50 %

Knie- und Hüftexartikulationen

   +75–100 %

Oberschenkelamputationen

   +75–100 %

Bilaterale Unterschenkelamputation

   +40–50 %

Unterschenkel- plus Oberschenkelamputation

   118 %

Bilaterale Oberschenkelamputation

> 200 %

217 10.2 • Amputationen

kWahl k des Amputationsniveaus

Schwierig und benötigt Erfahrung, denn der Amputationsstumpf soll schmerzfrei, prothetisch versorgbar und möglichst lange belastbar sein. Eine maximale Stumpf‑ länge bei schlechter Stumpfqualität nützt dem Patienten wenig, er möchte ja unein‑ geschränkt und möglichst ohne Gehhilfen gehfähig werden. Voraussetzungen für eine gute Stumpfqualität: ausreichende Durchblutung, auch unter Belastung, gute Weichteildeckung mit sensibler und belastbarer Haut, keine oder nur geringe Fehlstellungen der benachbarten Gelenke (Hüft- bzw. Knieflexions‑ kontrakturen, Spitzfuß- und Varusfehlstellungen im Rückfuß), keine Lähmungen. nnErweitertes Wissen – Biomechanische Konsequenzen verschiedener Amputationshöhen Oberschenkelamputation Bei optimaler Amputationshöhe 10–15 cm oberhalb des Kniegelenksspalts (ra‑ tio: Platz für das heutzutage meist elektronische Kniegelenk) verursacht die Am‑ putation durch Absetzen der Hüftadduktoren und der ischiocruralen Muskulatur einen Stumpf, der in Flexion und Abduktion abweicht. Durch eine Adductor magnus Myodese nach Gottschalk (laterale transossäre Refixation des Adduktor magnus am Femur) kann das Femur balanciert und die Fehlstellung verhindert werden. Unterschenkelamputation Bei fortgeschrittener pAVK sollte der M. soleus wegen Nekrosegefahr vollständig reseziert werden. Der lange posteriore Lappen bei der klassischen Burgess Technik wird von keinem Gefäß versorgt, das den M. soleus passiert. Die Blutversorgung ent‑ stammt den Aa. suralis und saphena. Ertl-Dederich-Amputation Besonderer Typ der Unterschenkelamputation mit Schaffung einer knöchernen Brücke zwischen Tibia und Fibulastumpf zur besseren Belastbarkeit des Amputati‑ onsstumpfes. Originalbeschrieb war ein corticoperiostaler Flap, mittlerweile werden auch Fibulastrutgrafts verwendet. Einsatz vor allem bei jüngeren gesunden Patienten, die traumatisch bedingt amputiert wurden (v. a. US-amerikanische Militärangehö‑ rige). Sollte im Infekt oder bei pAVK nicht angewendet werden. Rückfußamputationen (Syme/Spitzy-Pirogoff) Erlauben kurze, prothesenfreie Gehstrecken (z. B. nächtlichen Toilettengang). Sollten nur bei durchgängiger A. tibialis posterior erwogen werden. Die Syme-Technik benötigt zudem ein intaktes und stabiles calcaneares Fettpolster. Chopart-Amputation Exartikulation im Chopart-Gelenk. Typische Fehlstellung durch unopponierten Zug der Achillessehne ist die Equinusfehlstellung. Prävention mittels Achillessehnen‑ verlängerung und Transfer der Tibialis anterior Sehne in den Talushals. Eine Seh‑ nenrefixation sollte 4–6 Wochen im Unterschenkelgehgips geschützt werden. Lisfranc-Amputation Exartikulation im Lisfranc-Gelenk. Typische Fehlstellung ist die Equinovarus‑ fehlstellung durch unopponierten Zug der Achillessehne und des Tibialis posterior. Letzteres gilt nur, wenn die Peroneus brevis Sehne bei der Amputation fällt. Durch Erhalt der Metatarsale V Basis oder durch Refixation der Peroneus brevis Sehne in das Os cuboideum kann dieser Teil der Fehlstellung verhindert werden. Additiv ist die Achillessehnenverlängerung benötigt. Eine allfällige Sehnenrefixation sollte 4–6 Wochen im Unterschenkelgehgips geschützt werden.

10

218

Kapitel 10  •  Technische Orthopädie

kAmputationstechnik k bei PAVK Blutsperre – bei PAVK/Diabetes mellitus nur in Bereitschaft; gefährdet die Wundheilung Darstellung – Möglichst kein Zug oder Druck auf Gewebe (scharfe Haken, Pinzetten),

Finger erlaubt Nähte – Einzelknopf, wenig resorbierbares Nahtmaterial in der Tiefe (nur Ligaturen, Faszie), sparsame Subcutannähte zur Entlastung der Haut, Hautnaht nicht resorbier‑ bar (optimale Adaptation), keine Klammern Nerven – Kürzen, glatt durchtrennen (bei dickeren Nerven evtl. Ligatur wegen Vasa vasorum) Arterie – Entfernung von Gefäßprothesen im Prothesenkontaktbereich; Quetschen bzw. Endarterektomie bei Gefäßsklerose Knochen – Osteotomie niedertourig unter Spülung, Osteotomien abrunden, Periost aber nicht abschieben! Muskeln – Resektion schlecht durchbluteter Muskulatur, die zur Thrombosierung neigt (z. B. M. soleus) Drainage – Easy-flow quer oder dickes Redon, tief in der Gefäßloge; für 48 h oder VAC (Vacuum Assisted Closure) Verband – Diagonal (nicht zirkulär!), von dorsal (hinterer Lappen) nach ventral, ohne relevanten Zug, evtl. Gips als Stumpfschutz

10

10.2.2 Amputationen

der oberen Extremitäten

zz Ätiologie

Im Gegensatz zur unteren Extremität ist hier das Trauma die häufigste Amputations‑ ursache (50–70 %). PAVK und Diabetes machen nur 5–10 % aus. 10.3 Phantom

und Phantomschmerzen

zz Epidemiologie

Inzidenz ca. 50 % (OS > US > Fuß); Erstmanifestation 85–97 %  1 Jahr Dauer: 60 % > 1 Jahr, wobei 5–10 % therapierefraktär zz Risikofaktoren

Dauer und Intensität des Präamputationsschmerzes zz Pathogenese

Kortikale Reorganisation nach Deafferenzierung zz Klinik

75 % → Minuten bis tagelange Attacken (Wetter, emotionaler Stress, Miktion, Defä‑ kation, sexuelle Aktivität) 50 % Phantomgliedbildung

219 10.4 • Prothesenversorgung

--

zz Therapie

Konservativ: Medikamentös: Pregabalin Anästhesiologisch: Singuläre/repetitive/kontinuierliche Blockaden des N. femora‑ lis/ischiadicus; sowie Epi‑/Peridurale Blockaden Physikalisch: Spiegeltherapie, Stumpfaktivierung, Bandagierung, Massage, TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation), Prothesenversorgung Akupunktur, Alternativmedizin 10.4 Prothesenversorgung

-

zz Prinzipien

Meist Modularbauweise: d. h., individuell für den Patienten wird nur der Schaft hergestellt, welcher mit dem Stumpf Kontakt hat, alle anderen Teile (Gelenke, Fuß, Rohre, Adapter) sind seriell hergestellte Fertigprodukte (= Prothesenpassteile) Der Schaft muss überall Kontakt haben mit dem Stumpf (keine Hohlräume), da sonst Ödembildung mit Entwicklung einer Stauungsdermatose und dadurch Lä‑ sionen der Haut Schafttechniken: – Weichwandschaft-Technik: mit suprakondylärer Kammer – Liner-Technik – Einziehschafttechnik: Standard für den Oberschenkel, der Stumpf wird mit einer Binde oder Anziehhilfe in den Schaft eingezogen und das Loch mit einem Einwegventil verschlossen

Weichwandschaft-Technik mit suprakondylärer Kammer

10

220

Kapitel 10  •  Technische Orthopädie

Liner Technik

10.5 Prothesen

10

für die obere Extremität

--

zz Allgemeines

Zu große Erwartungen an Funktion & Kosmetik Etwa 50 % der Vorderarmamputierten verwenden regelmäßig eine Prothese aber nur 25 % der Oberarmamputierten Bei doppelseitiger Amputation oberhalb des Ellbogens sind die Patienten meist auf Fremdhilfe angewiesen

10.6 Orthesenversorgung 10.6.1 Klassifikation

der Orthesen

Bei der internationalen Klassifikation der Orthesen werden die eingeschlossenen Gelenke bzw. Wirbelsäulenabschnitte mit ihrer Kurzbezeichnung aufgeführt. Obere Extremität SEWHO/SEO/SO/EO/EWHO/WHO/HO; Shoulder, Elbow, Wrist, Hand, Orthosis

----

Untere Extremität HKAFO/HKO/HO/KAFO/AFO/FO Hip, Knee, Ankle, Foot, Orthosis Rumpf- und Halsorthesen CTLSO/CO/TLSO/LSO/LO/SIO Cervico, Thoraco, Lumbar, Sacral, Iliacal, Orthosis

221 10.8 • Orthopädieschuhtechnik

10.6.2 Orthesentypen Orthese – Schiene zur Funktionsverbesserung eines geschädigten Körpergliedes statische Orthese – zur Stabilisation, Unterstützung, Ruhigstellung, Korrektur, Bet‑

tung dynamische Orthese – zur geführten Bewegung (eingeschränkt, uneingeschränkt), zur

Kompensation von Lähmungen

-

Bsp. Quadrizepsparese (z. B. bei St.n. Poliomyelitis): Kniegelenk nicht stabil in Sagittalebene: Patient verlagert Körperschwerpunkt pro‑ phylaktisch vor die Kniegelenksachse → Genu recurvatum (führt mit der Zeit zu einer Überdehnung des Kapselbandapparates und damit zum Genu recurvatum) Lösung: Versorgung durch stabilisierende Knie- oder Oberschenkelorthese, je nach Schwere der Parese frei bewegliches aber rückversetztes Orthesengelenk, in Streck‑ stellung einrastendes steifes Gelenk (= Schweizer-Sperre), in jeder Stellung unter Belastung stabilisierendes Gelenk

10.7 Rehatechnik

Dient dem Erhalt oder zur Wiedererlangung der Autonomie. Sie umfasst vorwiegend unterstützende Geräte und Maßnahmen = Hilfsmittel: in Mittel- und Gegenstands‑ liste (MiGeL) aufgeführt, wenn sie von den Krankenkassen vergütet werden. Rollatoren Geh- und Stehhilfen Fahrhilfen (Rollstühle, Krankenfahrstühle) Greifhilfen ADL-Hilfen (= activities of daily living)

---

10.8 Orthopädieschuhtechnik

Nicht-orthopädisch: Konfektions‑, Serien- bzw. Fabrikschuh, Maßschuh. Orthopädisch: Schuheinlagen, Schuhzurichtung, Spezialschuh, Innenschuh, ortho‑ pädische Serienschuhe*, Orthopädische Maßschuhe* *: Verordnung durch Facharzt Orthopädie Prinzip der Druckumverteilung durch eine Einlage/Fußbettung: der Druck kann von einer Stelle auf eine andere verlagert werden Schuhzurichtung – Definition: Maßnahmen am Schuh, die die biomechanischen Ei‑ genschaften verbessern, das Gangbild harmonisieren, die Statik korrigieren und durch Druckverteilung oder -entlastung Schmerzen lindern Absatz – Puffer‑, Abroll‑, Flügel‑, Keil‑, Kugel‑, Schleppabsatz, Beinlängenausgleich Schaft – Anpassung, Verstärkung, Polsterung Hinter‑, Vorderkappe, Schaftweiten, Ausweiten Sohle – Mittelfuß‑, Ballen‑, Zehen‑, Richtungs‑, Schmetterlingsrolle, Weichbettung, Innen/Außenranderhöhung, Versteifung, Verbreiterung/Verschmälerung

10

222

Kapitel 10  •  Technische Orthopädie

Spezialschuhe – Für Einlagen, für Stabilisation, für Orthesen, für Verbände, Vorfuß-

oder Rückfußentlastungsschuhe, Therapieschuh, Sichelfußschuh (Antivarusschuh) Innenschuh/-Orthese – „Schuh im Schuh“, enthält alle Elemente eines orthopädischen Maßschuhs, darüber wird ein Konfektions‑/Serienschuh getragen. Indikationen: an‑ geborene Fehlbildung, Bein-Fußlängenausgleich, Lähmung, Zerebralparese, OSGArthrose/Pseudarthrose … Orthopädischer Serienschuh – Halbfabrikat, das geeignet ist, von der Form abwei‑ chende und in der Funktion beeinträchtigte Füße zu versorgen. In manchen Fällen lässt sich damit die kostspielige Maßschuhversorgung umgehen Orthopädischer Maßschuh – Schuh nach Maß zur Behandlung von ausgeprägteren Formabweichungen (Dysproportion, ungleiche Fußgrößen > 3 cm), Fußdeformitäten (Fehlbildungen, Teilamputationen), Funktionsstörungen (Bewegungseinschränkun‑ gen, Lähmungen), Beinverkürzungen (> 25 mm) oder als Maßschuh für Orthesen

10

223

Tumore des Bewegungsapparates Daniel Müller, Lukas Jud Inhaltsverzeichnis 11.1

Begriffe – 224

11.2

Abklärung (Diagnostik) – 224

11.3

Benigne Knochen- und Weichteiltumore  –  226

11.3.1 Benigne Knochentumore – 226 11.3.2 Benigne Weichteiltumore – 232

11.4

Maligne Knochen- und Weichteiltumore  –  233

11.4.1 Maligne Knochentumore – 233 11.4.2 Maligne Weichteiltumore – 235

11.5

Knochenmetastasen – 236

11.6

Chirurgische Prinzipien – 237

11.6.1 11.6.2

Benigne Weichteil- und Knochentumore  –  237 Maligne Weichteil- und Knochentumore  –  237

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_11

11

224

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

11.1 Begriffe Tumor – lat. tumor, -oris – Wucherung, Geschwulst, Schwellung. Zunahme von Volumen, unabhängig von der Ursache Klassifikation – Einteilung in benigne (gutartig; lokale Erkrankung)/maligne (bösartig; systemisch mit Gefahr der Metastasierung); Weitere Klassifikation nach „Imitation“ von Gewebe durch den Tumor. Außerdem kann man die Lokalisation noch genauer klassifizieren: z. B.: – Primäre Knochentumore sind direkt im Knochen entstanden; – Sekundäre Knochentumore sind Metastasen („Ableger“) in die Knochen. Sarkome – Maligne Tumore, ausgehend von mesenchymalem Gewebe, mit zentrifugalem Wachstumsmuster. Reaktive Zone – Bereich zwischen Tumor und komprimiertem gesunden Gewebe. Enthält Tumorzellen (Satellitenzellen). Skip-Läsion – Tumorknoten im gleichen Kompartiment (z. B. gleicher Knochen oder Muskel), jedoch außerhalb der reaktiven Zone. Pathologische Fraktur – Geschwächter Knochen kann spontan oder durch ein Bagatelltrauma frakturieren. Dies kann aufgrund eines Knochentumors geschehen, oder aber durch einen veränderten Knochenstoffwechsel (Osteoporose), eine Infektion etc. bedingt sein

11

11.2 Abklärung

----

(Diagnostik)

zz Anamnese

häufig Nachtschmerzen Schwellung/Knoten Ev. B-Symptome? (Fieber, Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust)

zz Klinische Untersuchung

Lokalisation, Größe, Form, Konsistenz der Raumforderung Druckdolenz? Verschiebbarkeit der Raumforderung zur Haut oder des darunter liegenden Gewebes Funktionseinschränkung Beziehung zu neurovaskulären Strukturen Allgemeiner Status (weiterer Tumorbefall vorhanden?)

kBildgebung k

Konventionelles Röntgen in zwei Ebenen (AP + lateral) – Lokalisation (Epiphyse, Metaphyse, Diaphyse) – Beschreibung von Osteolysen – Geografisch (sklerotisch, scharf, unscharf) – Mottenfraß – Destruktiv/permeativ

225 11.2 • Abklärung (Diagnostik)

– Reaktion von Kortikalis/Periost – Solid (benigne) – Lamelliert/spickuliert (aggressiv) – Unterbrochen (hoch aggressiv) Staging (Stadienbestimmung) – Diagnostik zur Bestimmung des Ausbreitungsgrades eines bösartigen Tumors (Basis zur Entscheidung einer weiteren Therapie) – Lokal – CT zur Knochendarstellung – MRI mit Kontrastmittel (Weichteildarstellung) – Ausdehnung – neurovaskuläre Strukturen – Skip-Läsionen? – Systemisch – Sarkome metastasieren hämatogen → v. a. Lunge betroffen (da die feinen Blutgefäße für die frei zirkulierenden Tumorzellen wie ein Sieb fungieren) – Konventionelles CT Thorax/Abdomen gilt als Standarduntersuchung – Knochenszintigrafie mit Technetium (wird aufgenommen von Osteoblasten) zum Aufsuchen von weiteren Knochenherden – PET-Scan mit FDG-Tracer (Fluordesoxyglucose) zur Darstellung der metabolischen Aktivität in Knochen und Weichteilen (Markierung von Gewebe mit hoher Glucose-Aufnahme)

-

--

kBiopsie k

Zur Sicherung der Verdachtsdiagnose Der „Biopsieweg“ sollte möglichst kurz und im Verlauf des späteren operativen Zugangsweges liegen (keine Kontamination von weiterem Gewebe/anatomischen Kompartimenten) Verschiedene Biopsie-Techniken möglich: – Exzisionsbiopsie (Tumor  proximale Tibia > distaler Radius zz Therapie

Operativ: Chirurgische Kürettage und Auffüllung des Knochendefekts mit Knochenzement. Bei fortgeschrittener Erkrankung und Gelenksdestruktion: Prothesenersatz

11

Riesenzelltumor des medialen Femurkondylus im MRI

227 11.3  •  Benigne Knochen- und Weichteiltumore

Osteochondrom und multiple hereditäre Exostosen

--

zz Definition

Im klinischen Alltag sind die Begriffe Osteochondrom und kartilaginäre Exostose Synonyme für die gleiche Erkrankung. Gutartiger Tumor, der vom Knorpelgewebe stammt und die Form eines Pilzes hat Geringstes Risiko ( proximales Femur + proximaler Humerus zz Therapie

Konservativ: Verlaufskontrollen Operativ: Wenn der Patient symptomatisch wird und gestört wird durch den Tumor (z. B. schmerzhafte Druckstelle) → Chirurgische Resektion zz Besonderheiten

Bei einer bestimmten seltenen Genmutation können viele Osteochondrome am ganzen Skelett auftreten. In dieser Situation spricht man von hereditären multiplen kartilaginären Exostosen. Durch die Anzahl der Tumore erhöht sich das kumulative Risiko für die Entstehung eines sekundären Chondrosarkoms auf bis zu 10 %.

Links: Osteochondrom am medialen distalen Femur Rechts: Multiple Osteochondrome an Femur und Tibia beidseits

11

228

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

Juvenile und aneurysmatische Knochenzyste Juvenile Knochenzyste:

Auch „simple Knochenzyste“ genannt: ist ein mit seröser Flüssigkeit gefüllter Hohlraum im Knochen

Aneurysmatische Knochenzyste:

Multiple Hohlräume, welche mit Blut gefüllt sind und in der MRIBildgebung eine typische Spiegelbildung aufzeigen (geschichtet wie ein „Latte Macchiato“)

zz Epidemiologie

Beide Entitäten treten typischerweise vor dem 20. Lebensjahr auf

----

zz Lokalisation

Juvenile Knochenzyste: Im Bereich der Metaphyse während des Wachstums, dann Progression in Richtung Diaphyse proximaler Humerus > proximales Femur, distale Tibia, Ilium und Calcaneus Aneurysmatische Knochenzyste Ebenfalls im Bereich der Metaphyse häufige Lokalisation: Wirbelsäule & lange Röhrenknochen (insbesondere distales Femur und proximale Tibia) zz Therapie

11

Juvenile Knochenzyste: mehrere Optionen Verlaufskontrollen, falls keine Gefahr für eine Fraktur besteht Kürettage mit Knochenauffüllung eine Option bei Frakturgefahr; ggf. mit zusätzlicher Stabilisierung (Osteosynthese) Aspiration der Zystenflüssigkeit, kombiniert mit Kortison-Infiltration Grundsätzlich besteht das Potenzial, dass sich die Zyste spontan zurückbildet Aneurysmatische Knochenzyste: Operation meist empfohlen, da eine Progredienz zu erwarten ist – Kürettage mit Auffüllung des Knochendefekts genügt

229 11.3  •  Benigne Knochen- und Weichteiltumore

Links: Juvenile Knochenzyste am kaudalen Schenkelhals Rechts: Aneurysmatische Knochenzyste mit typischer Spiegelbildung im distalen Radius

Nicht ossifizierendes Fibrom zz Definition

bindegewebige Knochenläsion zz Epidemiologie

häufigster gutartiger Knochentumor im Kindesalter: im 5.–15. Lebensjahr typisch; insgesamt haben ca. 30 % aller Kinder mit noch offenen Epiphysenfugen ein nicht ossifizierendes Fibrom zz Lokalisation

v. a. Im Bereich der Metaphyse der unteren Extremitäten Distales Femur > proximale Tibia > proximale Fibula > distale Tibia zz Therapie

Konservativ: „Don’t touch“, da sich die meisten dieser Tumore mit dem Wachstum zurückbilden Operativ: Lediglich notwendig bei großen und symptomatischen Läsionen, oder wenn ein erhöhtes Risiko für eine pathologische Fraktur besteht (Kürettage mit Defektauffüllung)

11

230

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

Nicht ossifizierendes Fibrom in der distalen Tibia

11

Enchondrom

-

zz Definition

gutartiger vom Knorpelgewebe abstammender Tumor, welcher durch eine Chondroblasten-Funktionsstörung im Bereich der Epiphysenfuge entsteht Risiko für maligne Entartung ca. 1 %

zz Epidemiologie

im 20.–50. Lebensjahr typisch zz Lokalisation

Diaphyse und Metaphyse, am häufigsten an der Hand (60 %) und am Fuß Weitere häufige Manifestationsorte: distales Femur und proximaler Humerus zz Therapie

Konservativ: Verlaufskontrollen/Beobachtung. Operativ (bei Größenzunahme oder Fraktur-Risiko): Kürettage + Auffüllung des Knochendefekts

231 11.3  •  Benigne Knochen- und Weichteiltumore

Enchondrom der Phalanx media Links: konventionelles Röntgen, Rechts: MRI

Osteoid-Osteom und Osteoblastom

--

zz Definition

Beides benigne Knochentumore Größe: > 2 cm = Osteoblastom /  Tibia Diaphyse Osteoblastom: am häufigsten im Bereich der posterioren Elemente der Wirbelsäule zz Klinik

Permanente Schmerzen im Bereich der betroffenen Stelle, wobei die Beschwerden insbesondere in der Nacht zunehmen. Sprechen sehr gut auf NSAR (v. a. Aspirin) an. zz Therapie

Osteoid-Osteom: Meistens reicht eine symptomatische Therapie mit NSAR aus. Bei persistierenden Beschwerden kann eine Radiofrequenzablation oder eine Kürettage erfolgen Osteoblastom: Meistens operative Behandlung → Kürettage mit Defektauffüllung

11

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

232

Osteoid-Osteom am lateralen Femurkondylus

11.3.2

Benigne Weichteiltumore

Lipom

11

– Ist die häufigste Entität in dieser Gruppe. V. a. im Rumpfbereich – Im MRI: homogene Fettmasse, klar abgegrenzt durch eine Kapsel – Als Faustregel gilt: Eine Weichteilraumforderung subkutan, gut verschiebbar bei Palpation, kleiner als 5 cm, ist meist harmlos und kann beobachtet werden. CAVE: Ein Knoten in der Tiefe (unterhalb der Faszie) und größer als 5 cm soll durch eine Bildgebung abgeklärt werden (US/MRI). zz Therapie

Die meisten gutartigen Weichteiltumore können klinisch und radiologisch beobachtet und verlaufskontrolliert werden. Chirurgische Exzision ist erst bei Beschwerden oder aus ästhetischen Gründen notwendig. Gewebe

Gutartiger Tumor

Fett

Lipom

Glatte Muskulatur

Leiomyom

Nerv

Neurinom, Schwannom

Gefäß

Hämangiom

Bindegewebe

Fibromatose

233 11.4  •  Maligne Knochen- und Weichteiltumore

Intra-muskuläres Lipom im Oberschenkel

11.4 Maligne

Knochen- und Weichteiltumore

11.4.1 Maligne

Knochentumore

Osteosarkom zz Definition

Die Tumorzellen bilden neuen unorganisierten Knochen. zz Epidemiologie

Das Osteosarkom ist das häufigste primäre Sarkom des Knochens v. a. junge Erwachsene betroffen (zweite Dekade) zz Lokalisation

distales Femur und proximale Tibia > proximales Femur, proximaler Humerus + Becken Mnemo Lokalisation Osteosarkom: NAHE KNIE – ELLBOGEN NIE zz Metastasen

Hämatogene Streuung → am meisten in der Lunge, als zweites im Bereich des Skeletts

zz Therapie

Multidisziplinäre Therapie: Präoperativ – Chemotherapie (Neoadjuvante Chemotherapie), zur Eindämmung der systemischen Ausbreitung Operativ – Chirurgische Resektion mit Sicherheitsabstand zum Tumor Postoperativ – Chemotherapie fortgesetzt (Adjuvante Chemotherapie) Therapie dauert insgesamt knapp ein Jahr und folgt einem international festgelegten Protokoll

11

234

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

Osteosarkom der Femur-Diaphyse. Rechts im konventionellen Röntgen, in der Mitte und links im MRI.

Ewing-Sarkom

11

zz Definition

Maligner Knochentumor, welcher aber auch von den Weichteilen ausgehen kann! In der Histologie sieht man typischerweise kleine, runde, blaue Zellen. Das Ursprungsgewebe ist bisher unbekannt. zz Epidemiologie

im 5.–25. Lebensjahr typisch zz Lokalisation

Am häufigsten betroffen: Diaphysen von langen Röhrenknochen und das Becken zz Metastasen

Hohe Metastasierungsrate, am häufigsten betroffen sind die Lungen und der Knochen zz Therapie

Multidisziplinär Präoperativ – Chemotherapie (Neoadjuvante Chemotherapie) Operativ – Chirurgische Resektion mit Sicherheitsabstand zum Tumor Das Ewing-Sarkom spricht zudem sehr gut auf Radiotherapie an. Diese kann in ausgewählten Fällen sogar die Operation ersetzen. Postoperativ – Chemotherapie fortgesetzt (Adjuvante Chemotherapie)

235 11.4  •  Maligne Knochen- und Weichteiltumore

zz Besonderheiten

In über 90 % der Patienten findet man eine typische genetische Translokation in den Tumorzellen, welche zur Bestätigung der Diagnose dient. Chondrosarkom

-

zz Definition

Maligner Knochentumor, dessen Zellen Knorpelmatrix imitieren und im Gegensatz zum Osteosarkom aber keine Knochensubstanz bilden. – Unterschieden werden dabei primäre und sekundäre Chondrosarkome: – Sekundäre Chondrosarkome entstehen aus einer benignen Knorpelläsion (z. B. ex Osteochondrom oder Enchondrom)

zz Epidemiologie

v. a. „ältere“ Patienten → 40.–70. Lebensjahr

zz Lokalisation

Am häufigsten an Becken, proximalen und distalen Femur sowie an der Skapula zz Therapie

Größtenteils resistent gegen Radio- und Chemotherapie Operativ: G  rad I, niedriges Metastasierungsrisiko: Kürettage Höhergradige Chondrosarkome (Grad II + III): Chirurgische Resektion mit Sicherheitsabstand 11.4.2

Maligne Weichteiltumore

zz Definition

Einteilung analog zu den benignen Weichteiltumoren – nach deren Ursprungsgewebe. Falls das Ursprungsgewebe histologisch nicht mehr erkennbar ist, spricht man von einem unklassifizierbaren, undifferenzierten Sarkom. zz Epidemiologie

Insgesamt sehr selten; auf 100 gutartige Weichteiltumore kommt ca. 1 Weichteilsarkom zz Prognose

Größe (Durchmesser in cm), histologisches Grading und die Lage (oberflächlich/tief) von großer Bedeutung zz Metastasen

Hämatogene Streuung typischerweise → Lunge Einzelne Typen aber können auch Lymphknotenmetastasen machen

zz Therapie

Kombination aus Radiotherapie und chirurgischer Resektion Chemotherapie meist nur bei nachgewiesenen Metastasen

11

Kapitel 11  •  Tumore des Bewegungsapparates

236

zz Besonderheiten

Da sie so selten sind, werden sie leider häufig verpasst (bis zu 25 %) und nicht korrekt behandelt. Gewebe

Bösartiger Tumor

Fett

Liposarkom

Muskulatur

Leiomyosarkom, Rhabdomyosarkom

Nerv

Maligner peripherer Nervenscheidentumor

Gefäß

Angiosarkom

Bindegewebe

Fibrosarkom

--

!!CAVE

Es gibt keine klinische und radiologische Untersuchung, welche zuverlässig benigne und maligne Weichteiltumore unterscheiden kann Die genaue Differenzierung/Diagnose ist nur mit Biopsie möglich Bei allen unklaren Weichteilknoten mit über 5 cm Größe und tiefer Lage muss an ein Weichteilsarkom gedacht werden!

11.5 Knochenmetastasen zz Epidemiologie

11

Häufigste Tumorerkrankung am Skelett (sehr viel häufiger als primäre Knochentumore!) zz Ätiologie

Insbesondere Karzinome der Mamma, Prostata, Lunge, Niere und Schilddrüse zz Lokalisation

Typischerweise: Wirbelsäule, Becken/Hüfte, Rippen und proximaler Humerus zz Radiologie

Röntgen: Osteolytische Veränderung des Knochens; es können aber auch sklerotische (reaktive Knochenneubildung) oder gemischte (lytische + sklerotische) Knochenläsionen auftreten zz Therapie

Ziel ist Schmerzkontrolle Individuelles und interdisziplinäres Vorgehen Behandlung des ursprünglichen Tumors sowie der Metastasen (!) Falls der Knochen stark geschwächt ist und eine pathologische Fraktur droht, dann sollte eine prophylaktische Stabilisierung erfolgen

-

!!CAVE

Wird bei einem Patienten > 40 Jahren eine Osteolyse an einem Knochen entdeckt, so muss aktiv nach einem möglichen Primärtumor mit Knochenmetastasierung gesucht werden!

237 11.6 • Chirurgische Prinzipien

11.6 Chirurgische

Prinzipien

11.6.1 Benigne Weichteil-

--

und Knochentumore

11.6.2 Maligne Weichteil-

und Knochentumore

Können möglichst schonend vom umgebenden Gewebe herausgelöst und reseziert werden Sicherheitsabstand – Mitnahme von gesundem Gewebe ist meist nicht nötig Bei gutartigen Knochenveränderungen kann eine Kürettage erfolgen, wobei das Tumorgewebe aus dem Knochen „herausgekratzt“ wird

--

Oberste Priorität hat die sichere und komplette Entfernung der Tumormasse Aufgrund der reaktiven Zone, wo sich Satellitenzellen befinden, muss unbedingt gesundes Gewebe mitreseziert werden (Sicherheitsabstand) Qualität der chirurgischen Resektion wird wie folgt beurteilt – Radikal: Resektion beinhaltet die Entfernung aller betroffenen Kompartimente und bedeutet in der Regel die Amputation – Weit/„im gesunden“: Tumor inklusive der Satellitenzellen werden entfernt, Tumorzellen reichen nicht bis an den Resektatrand (R0) – Marginal: Resektion durch die reaktive Zone, Tumorzellen reichen bis an den Resektatrand (R1) – Intraläsional: Resektion durch die Tumormasse, ein makroskopischer Tumorrest bleibt zurück (R2) R1- und R2-Resektionen führen zu einer schlechten Prognose für den Patienten und sollten damit unbedingt vermieden werden!

-

11

239

Infektionen in der Orthopädie Ilker Uçkay Inhaltsverzeichnis 12.1

Allgemeines – 240

12.2

Erreger – 240

12.3

Diagnose – 240

12.4

Chirurgische Behandlung – 241

12.5

Antibiotische Behandlung – 242

12.6

Prophylaxe orthopädischer Infektionen – 243

12.7

Chronische (implantat-freie) Osteomyelitis  –  243

12.8

Orthopädische Materialinfekte – 243

12.9

Protheseninfektionen – 244

12.10 Septische Arthritis – 244 12.11 Diabetische Fußinfektionen – 244

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Farshad (Hrsg.), Lehrbuch Orthopädie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66621-0_12

12

240

Kapitel 12 • Infektionen in der Orthopädie

12.1 Allgemeines

--

Infektionen im osteoartikulären/orthopädischen Bereich werden in der Regel kombiniert chirurgisch-antibiotisch behandelt. Die Dauer der antibiotischen Therapie für knochen-, gelenks- und materialassoziierte Infekte ist wochenlang; Rezidivrate relativ hoch (5–10 %). Infektion von Knochen oder Implantate eradizieren sich nie ohne Therapie. Biofilm: – Schleim, welcher von den Bakterien und dem Patienten gebildet wird. Besteht aus einem Amalgam von Proteinen, Zuckern und anderen Substanzen, in denen sich die Bakterien einnisten und „schlafen“. – Antibiotika können, als chemische Agentien, viel schlechter in diesen Biofilm eindringen und vor Ort wirken, wenn dieser nicht mechanisch (chirurgisch) zerstört oder entfernt wird. Außerdem reduzieren die eingenisteten Bakterien ihren Metabolismus und sind darum weniger empfindlich gegenüber den meisten Antibiotika, welche in der Regel auf die Bakterienwand bei sich teilenden Bakterien wirken.

12.2 Erreger

12

-

In der Regel monobakterielle Infektionen – Mit Ausnahme des diabetischen Fußes = klassischerweise polymikrobiell – Gram-positiv und Gram-negativ; v. a., wenn der Infekt die Weichteile betrifft und bei Ischämie/Nekrose Osteoartikuläre und Implantat-assoziierte Infektionen sind v. a. Gram-positiv – (S. aureus, Koagulase-negative Staphylokokken, Streptokokken) Implantat-assoziierte Infektionen (z. B. Prothesen) können auch durch Hautkeime verursacht werden, welche normalerweise wenig virulent sind – Koagulase-negative Staphylokokken, Corynebakterien oder Proprionibakterien (Cutibakterien) S.-aureus-assoziierte Krankheitsbilder – Rezidivierende Furunkel, Weichteilabszesse, iatrogene und Spritzenabszesse, septische Bursitis Die meisten Infektionen erfolgen per continuitatum aufg. vorausgegangener Chirurgie, Trauma oder Hautläsionen Hämatogen erworbene Infektionen sind im orthopädischen Bereich bei Erwachsenen jedoch möglich, bei septischen Arthritiden und vertebraler Osteomyelitis (Spondylodiszitis)

12.3 Diagnose zz Klinik

lokale und/oder systemische Entzündung, Eiter, Abszess, rapide Verschlechterung, Fieber, Lymphangitis

241 12.4 • Chirurgische Behandlung

zz Radiologie

bei Material- und Knocheninfekten: Knochenläsionen und Materiallockerung zz Mikrobiologie

Mikrobiologie durch Kultur, OCR; Sonikation bestätigt den klinischen Verdacht, und die Histologie bestätigt die Diagnose einer Infektion; liefert außerdem den Erreger und dessen Empfindlichkeit auf verschiedene Antibiotika.

-

!!CAVE

Die Kultur wie auch die Histologie kann bei vorausgehender Antibiotikatherapie falsch-negativ ausfallen (kein Wachstum trotz vorhandener Infektion)

Ein positives mikrobiologisches Resultat ohne passende Klinik kann eine Kontamination sein, deshalb sollten immer mehrere, tiefe mikrobiologische Entnahmen (bis zu fünf) erfolgen, und vorzugsweise ohne vorhergehende antibiotische Administration.

-

zz Besonderheiten

Eine chronische Fistel mit Eiterausfluss ist pathognomisch für eine chronische Osteomyelitis Bei systemischen Sepsis-Zeichen (hämodynamische Verschlechterung, Leukopenie, Schüttelfrost, hohes Fieber) sollten Blutkulturen abgenommen werden Das postoperative/posttraumatische Serum-CRP ist praktisch immer erhöht (Maximum am 2.–3. postoperativen Tag) und beweist keinesfalls per se eine Infektion, das Gleiche gilt für das postoperative Fieber, welches bei bis zu 20 % aller Patienten postoperativ auftreten kann, für einige Tage

12.4 Chirurgische

-

Behandlung

Osteoartikuläre Infektionen, mit oder ohne infiziertes Osteosynthesematerial, werden kombiniert chirurgisch und antibiotisch therapiert Eine Heilung nur durch die antibiotische Therapie ist möglich bei: – nicht abszendierenden, oberflächlichen Weichteilinfektionen, kleinen Abszessen, Spondylodiszitis und diabetischen Fußinfekten – Implantat-assoziierte Infektionen, orthopädische Pilzinfektionen, chronische nicht amputierte Osteomyelitis und eine septische Arthritis verlangen fast immer eine chirurgische Intervention

zz Therapie

Débridement, Lavage, Entfernen von Abszessen und Sequestren (= Knochenabszesse) und/oder dem Ausbau von infizierten Implantaten

12

242

Kapitel 12 • Infektionen in der Orthopädie

12.5 Antibiotische

Behandlung

--

zz Empirische Therapie

Zielt auf die vermuteten Erreger: Da die meisten orthopädischen Infektionen Gram-positiv sind, werden häufig Cephalosporine der zweiten Generation oder Amoxicillin/Clavulansäure als empirische Therapie benutzt. Bei schwerer Penicillinallergie wird oft Cindamycin oder Vancomycin als Ersatz benutzt

zz Wahl des gezielten Antibiotikums

Sobald Erreger + Antibiogramm bekannt sind: → gezielte antibiotische Therapie. Implantat-assoziierte Infektionen durch Staphylokokken (S. aureus oder koagulase-negative Staphylokokken) werden bei nicht entferntem Implantat kombiniert mit Rifampicin/Rifampin behandelt, da diese Wirkstoffe besonders Biofilm-gängig sind.

!!CAVE

Rifampicin sollte aufg. der schnellen Resistenzbildung nicht als Monotherapie verabreicht werden.

zz Intravenöse antibiotische Therapie

Traditionell beginnt die empirische Therapie der orthopädischen Infektionen intravenös (IV). Auf oral wird nach maximal 2 Wochen oder bei Keimidentifikation gewechselt.

---

zz Dauer der antibiotischen Therapie

12

Gegenstand aktueller Forschung Bei sekundären orthopädischen Infektionen aus anderer Quelle, z. B. sekundäre Arthritis bei Endokarditis, wird die Indexinfektion lege artis behandelt (= die auslösende primäre Infektion wird nach allen Regeln der medizinischen Kunst behandelt) Dauer der antibiotischen Therapie bei Weichteilinfektionen richtet sich nach der Klinik (also die Infektion, die übrigbleibt) und ist somit individualisiert. Oft genügen nur einige Tage. Native septische Arthritis: 3–6 Wochen Knochen- und Materialinfekte: 6 Wochen oder bis zu 12 Wochen in wenigen Ausnahmen (Tradition ohne Evidenz)

All diese Dauerangaben gelten für „klassische“ Bakterien. „Spezielle“ Infektionen, wie z. B. die ossäre Tuberkulose, werden länger behandelt oder aber auch kürzer (→ Gonokokken-Arthritis) zz Nachkontrollen

Keine Evidenz-basierten Laborparameter oder radiologische Methoden, um die Dauer der antibiotischen Therapie individuell auszurichten (auch nicht CRP). → Klinische Entscheidung

243 12.8 • Orthopädische Materialinfekte

12.6 Prophylaxe

orthopädischer Infektionen

zz Epidemiologie

Infektionen des Operationsgebiets (eng. Surgical Site Infection – SSI) sind selten in der orthopädischen Chirurgie. Hüft- und Knieprothesen – Inzidenz 1 % andere Implantate – Inzidenz 1–3 % Arthroskopien – geringste Inzidenz Externe Fixatoren – Höchste Inzidenz

-----

zz Risikofaktoren

über 60 SSI-Risikofaktoren, wovon die Hälfte beeinflussbar sind z. B. Alter, Diabetes mellitus, vorausgegangene Infektion, Rheumatoide Arthritis, Rauchen, schwere Malnutrition etc.

zz Evidenz-basierte präventive Maßnahmen

Vor der Operation: Sanierung von floriden Infektherden Chirurgische Händedesinfektion für mind. 1,5 min mit alkoholhaltigem Desinfektionsmittel Desinfektion des Operationsgebiet Adäquate antibiotische Prophylaxe (Erst- oder Zweitgenerations-Cephalosporine – IV [unmittelbar vor dem Schnitt]) Gute chirurgische Technik (Operationszeit) Medizinische Händehygiene während des Verbandwechsels und der Visiten Dekolonisation des Körpers (oder der Nasenhöhlen) von nachgewiesenem S.-aureus-Trägertum wird propagiert, ist jedoch aufwendig zu implementieren

12.7 Chronische

(implantat-freie) Osteomyelitis

zz Diagnose

CT, MRI; Standard-Röntgen

-

zz Therapie

Entfernung aller Sequester (Knochenabszesse) und Auffrischung und Resektion (oder Amputation) des befallenen Knochensegmentes Die antibiotische Therapie ist gezielt auf den Keim ausgerichtet. Die Rezidivrate sind je nach Ausdehnung und Lokalisation 10–15 %, und Rezidive sind auch nach Jahrzehnten möglich.

12.8 Orthopädische

-

Materialinfekte

Grundsätzlich: Jedes infizierte Fremdmaterial sollte entfernt werden, da die Erfolgsquote der Infekt-Eradikation so am höchsten ist.

12

244

-

Kapitel 12 • Infektionen in der Orthopädie

Wenn hingegen das Material aus Stabilitätsgründen unverzichtbar: – Débridement mit anschließender langer antibiotischer Therapie – Oder: vorübergehender externer Stabilisation (externe Fixation)

12.9 Protheseninfektionen

-

zz Therapie

bei frühen Infektionen (weniger als 3–4 Wochen): Débridement; Wechsel der mobilen Teile mit Erhalt der infizierten Prothese: Bei Spät-Infekten: Einzeitiger oder zweizeitiger Wechsel (aktuell debattiert) – Einzeitig: Infizierte Prothese wird komplett ersetzt – Zweizeitig: Patient hat zwischen dem Ausbau und dem erneuten Einbau einer neuen Prothese eine 6-wöchige antibiotische Therapie, ohne Prothese oder funktionierendes Gelenk

12.10 Septische

Arthritis

Bakterielle septische Arthritis ohne Fremdmaterial (= native septische Arthritis) zz Therapie

Chirurgische Lavage + Synovektomie i. v. antibiotische Therapie, dann resistenzgerecht oral, 3–4 Wochen (evtl. 6)

12

12.11 Diabetische

-

Fußinfektionen

Praktisch immer sekundär und haben, nebst dem eigentlichen Diabetes, ein anderes zugrunde liegendes chronisches Problem – Ischämien und Nekrosen – Polyneuropathie (Mikrotraumen nicht spürbar) – Compliance des Patienten Kontinuierliche Fußpflege zur Prävention sowie adäquates Schuhwerk sind unerlässlich

Revaskularisation, wenn möglich, bei PAVK

zz Therapie

chirurgisch + antibiotisch: bei Nekrosen, Fehlstellungen, Abszessen und klar destruktiver Osteomyelitis