Lehrbuch der organischen Chemie: Band 1, Teil 1 Allgemeiner Teil. Verbindungen der Fettreihe, Teil 1: Die Aliphatischen Kohlenwasserstoffe und ihre einwertigen Abkömmlinge [Reprint 2020 ed.] 9783112344286, 9783112344279

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Lehrbuch der organischen Chemie: Band 1, Teil 1 Allgemeiner Teil. Verbindungen der Fettreihe, Teil 1: Die Aliphatischen Kohlenwasserstoffe und ihre einwertigen Abkömmlinge [Reprint 2020 ed.]
 9783112344286, 9783112344279

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VICTOR MEYER UND PAUL JACOBSON LEHRBUCH DER

ORGANISCHEN CHEMIE. ZWEITE

AUFLAGE.

HERAUSGEGEBEN VON

PAUL JACOBSON. ERSTER ALLGEMEINER TEIL. -

BAND.

VERBINDUNGEN DER FETTREIHE.

NEU BEARBEITET VON

P . JACOBSON UND ß . S T E L Z N E R . ERSTER TEIL. ALLGEMEINER TEIL. — DIE ALIPHATISCHEN KOHLENWASSERSTOFFE UND IHRE EINWERTIGEN ABKÖMMLINGE. MIT FIGUBEN IM TEXT.

LEIPZIG V E R L A G VON V E I T & COMP. 1907

Druck von Metzgei & Wittig in Leipzig.

Vorwort. Das Lehrbuch, dessen erster Band hiermit in zweiter Auflage der Öffentlichkeit übergeben wird, bezweckt eine ausführliche Darstellung der organischen Chemie in einer für die fortlaufende Lektüre geeigneten Form. Es macht nicht auf Vollständigkeit in dem Sinne Anspruch, daß jede bekannte Verbindung aufgeführt werden soll. Sein Ziel ist hauptsächlich eine eingehende Schilderung der Körpergruppen in ihrer Eigenart und in ihren gegenseitigen Beziehungen unter Hervorhebung derjenigen einzelnen Glieder, denen durch Bedeutsamkeit für das praktische Leben, für die chemische Werkstatt oder für den Haushalt der Natur gewissermaßen eine „persönliche Note" zukommt. Besonderen Wert habe ich auf möglichst weitgehende Anführung der Original-Literatur gelegt Den jüngeren Fachgenossen hoffe ich dadurch die Anregung zum fleißigen Studium der Quellen gegeben und den Anschluß an die Forschung unserer Tage erleichtert zu haben. Aber allgemein sollte dem Leser die Möglichkeit geboten werden, die Angaben des Buches zu prüfen und zu ergänzen. Für die Ordnung und Beschreibung des gewaltigen Tatsachenbestandes, der in der heutigen organischen Chemie vorliegt, haben natürlich die bewährten theoretischen Anschauungen der Struktur- und Stereochemie als Rahmen gedient Daß es mit ihrer Hülfe auch heute noch gelingt, des in fast beängstigender Progression sich mehrenden Materials im wesentlichen Herr zu werden, darf wohl als sicheres Zeichen dafür gelten, daß ihr Fortbestand noch nicht ernstlich gefährdet, ihre Triebkraft noch nicht erschöpft ist Doch wurde an passenden Stellen auch auf die Schwächen, welche ihnen anhaften, hingewiesen und der neueren Bestrebungen zu ihrer Vertiefung und .Fortbildung gedacht, wie es überhaupt ein Hauptziel des Buches ist, den Leser nicht nur mit dem bisher Erreichten vertraut zu machen, sondern ihn zur Verfolgung der weiteren Entwicklung zu befähigen und zur Mitarbeit anzuregen. Die hier kurz angedeuteten Gesichtspunkte waren für Behandlung und Auswahl des Stoffes auch bei der ersten Auflage maßgebend, als

Vorwort.

IV

ich deren Herausgabe in Gemeinschaft mit meinem seither so frühzeitig dahingeschiedenen Lehrer VICTOB MEYER begann. An ihnen etwas zu ändern, lag um so weniger Veranlassung vor, als aus zahlreichen mündlichen und schriftlichen Äußerungen zii entnehmen war, daß eine Darstellung der organischen Chemie in solcher Form als ein Bedürfnis empfunden wurde, dem in der sonstigen chemischen Literatur nicht entsprochen ist. Auch zeigte dies der buchhändlerische Erfolg; denn der erste Band der ersten Auflage war seinerzeit bald vergriffen, ein unveränderter Neudruck ebenfalls. So fehlte der erste Band jahrelang im Buchhandel; dem Wunsche der Verlagsbuchhandlung entsprechend, habe ich mich nunmehr zu seiner Neubearbeitung entschlossen, ehe noch in erster Auflage der zweite (in drei Teile zerfallende) Band1 der Vollendung entgegengeführt war, die durch Überhäufung mit anderen Arbeiten sehr gegen meinen Wunsch verzögert worden ist, aber alsbald erstrebt werden soll, wenn die zweite Auflage des ersten Bandes fertiggestellt ist. Die für die erste Auflage gewählte Kapitel-Einteilung konnte unverändert beibehalten werden. Doch war der Stoff so ungeheuer angeschwollen, daß sich eine sehr beträchtliche Umfangsvermehrung nicht vermeiden ließ, wenn man an dem Charakter des Buches festhalten wollte. Des handlicheren Gebrauchs wegen wird deshalb der erste Band in zwei Teile zerlegt, deren erster die Kapitel über allgemeine Fragen und die Schilderung der einwertigen aliphatischen Verbindungen enthält, während der zweite Teil die mehrwertigen Verbindungen der Fettreihe behandeln wird. Fast jedes Kapitel mußte von Grund aus neu bearbeitet werden. Selbst in den wenigen Fällen, in denen nicht eine außerordentliche Fülle neu hinzugekommenen Materials das Bild der Körpergruppe ganz wesentlich verändert hatte, paßte sich die frühere Ausdrucksweise meist nicht mehr den heutigen, besonders durch die Entwicklung der allgemeinen und physikalischen Chemie modifizierten Anschauungen an. So darf wohl gesagt werden, daß in dieser zweiten Auflage eigentlich ein neues Buch vorliegt. Selten nur bot sich Gelegenheit, der Umfangsvermehrung dadurch entgegenzuwirken, daß gewisse Gegenstände in einer gegen die erste Auflage gekürzten Form behandelt wurden, weil ihre Bedeutung heute geringer erschien als ehedem. Ganz fortgefallen ist das Kapitel über die präparativen Laboratoriums-Operationen, da man hierüber heute in 1

Der erste Teil des zweiten Bandes (einkernige isocyclische Verbindungen) ist 1902, der zweite Teil (mehrkeroige Benzolderivate) 1903 abgeschlossen worden; der dritte Teil wird die heterocyclischen Verbindungen und diejenigen Naturstoffe, die sich nicht in das System des Werkes einreihen lassen, behandeln.

Vorwort.

v

verbreiteten Spezialwerken leicht Belehrung findet. Statt dessen ist dem allgemeinen Teil ein Kapitel über die physikalische Charakterisierung der organischen Verbindungen eingefügt worden. Die durchgreifende Neubearbeitung erforderte infolge der Hochflut neuer Produktion, die in der organischen Chemie nun schon seit Jahren anhält, einen weit größeren Arbeitsaufwand als seinerzeit die Abfassung der ersten Auflage. Ich konnte bei meiner Beanspruchung durch amtliche Tätigkeit diese Aufgabe nicht in Angriff nehmen, ohne mich zuvor bewährter Hülfe zu versichern. So bat ich Herrn Dr. ROBERT STELZNER, der mir seit mehr als einem Jahrzehnt bei amtlichen literarischen Arbeiten zur Seite steht, um seine Mitarbeiterschaft. Für die treue Hingebung, die er dieser Aufgabe widmete, sei ihm an dieser Stelle mein wärmster Dank ausgesprochen. Angaben und Abschnitte, welche in Gebiete hinüberspielen, die unserem eigenen Arbeitsfelde fern liegen — besonders technischer, physikalischer, physiologischer Art — haben wir meist Fachgenossen aus Wissenschaft oder Industrie zur Kontrolle vorgelegt. Wir sind den folgenden Kollegen und Firmen für Ratschläge und manche wichtige Ergänzungen zu Dank verpflichtet: F . AUERBACH (Berlin), K . AUWERS (Greifswald), BADISCHE ANILINTJND SODA-FABRIK (Ludwigshafen a/Rh.), A . BANNOW (Berlin), E. BÜCHNER (Berlin), C. DUISBERG (Elberfeld), M. HAMEL (Cöpenick), A . HESSE (Berlin), G. KRÄMER (Berlin), M . KRÜGER T (Berlin), A . NICOLAIER (Berlin), B. PRAGER (Berlin), W . A . ROTH (Greifswald), F . W . SCHLIEPER (Cöpenick), F . ULLMANN (Berlin). Herrn Dr. PAUL SCHMIDT danken wir dafür, daß er sich der mühsamen Yergleichung sämtlicher Zitate bei der Revision unterzog. Wir hoffen, daß dadurch eine möglichst große Zuverlässigkeit der Hinweise auf die Original-Literatur erzielt ist. In äußerlicher Beziehung sei noch erwähnt, daß sich auf der ersten Seite eines jeden Druckbogens rechts unten neben der Bogensignatur das Datum der Korrektur verzeichnet findet, bis zu welchem der Inhalt der Zeitschriften nach Möglichkeit berücksichtigt ist. Für die Rechtschreibung der Fachausdrücke lag, als der Druck der ersten Lieferung begann (August 1905), noch nicht das endgültige Ergebnis der auf Erzielung einer Einheitlichkeit gerichteten Bestrebungen1 1

Vgl.: B. 36, 4398—4399 (1903); 37, 4762—4763 (1904); 38, 4205—4206 (1905); 38, 4448—4449 (1906). Die endgültigen Vorschriften sind in dem Werke: „Rechtschreibung der naturwissenschaftlichen und technischen Fremdwörter. Unter Mitwirkung von Fachmännern herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure. Bearbeitet von Dr. HUBEBT JANSEN (Berlin-Schöneberg 1907, LANQENSCHEIDTsehe Verlagsbuchhandlung)" niedergelegt (vgl. daselbst die Druckanweisung 2 mit den Zusätzen a und b auf S. XXXII).

Vorwort.

vor. Durch meine Teilnahme an den Arbeiten des hierfür eingesetzten Ausschusses war ich indes schon damals in der Lage, im wesentlichen das Resultat vorauszusehen. Die Schreibweise der termini technici — insbesondere der chemischen Namen — weicht daher bereits im vorliegenden ersten Teil des ersten Bandes nur wenig von den Vorschriften ab, die nunmehr nach Abschluß jener Arbeiten für die gelehrte Schreibung gegeben sind, und wird von Beginn des zweiten Teiles ab ganz mit diesen Vorschriften in Übereinstimmung gebracht werden. Berlin, im August 1907.

Faul Jacobson.

Inhalt. Seite

Einleitung 1—6 (Die Gründe der Scheidung zwischen anorganischer und organischer Chemie. — Inhalt, Aufgaben und Ziele der organischen Chemie.)

Allgemeiner Teil. E r s t e s K a p i t e l . Die Ermittlung der empirischen Zusammensetzung von organischen Terbindungen. I. Qualitative Elementaranalyse Prüfung auf Kohlenstoff 7, auf Wasserstoff 8, auf Stickstoff 8, auf Halogene 9, auf Schwefel 10, auf andere Elemente 10. II. .Quantitative Elementaranalyse Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff 10, von Stickstoff 21, von Halogenen und Schwefel 28, von anderen Metalloiden, sowie Metallen 32, von Sauerstoff 34. — Berechnung der Formel aus den Analysenzahlen 34. III. Ermittlung der Moleculargröße Theorie der Moleculargewichtsbestimmung 36. — Methoden der Dampfdichtebestimmung 45. — Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung 51. — Bestimmung der Dampfdruckverminderung bzw. Siedepunktserhöhüng 55.

7 10

36

Zweites K a p i t e l . Die Ermittlung der rationellen Zusammensetzung von organischen Terbindungen. Ältere Auffassungsweisen (Radicaltheorie, Typentheorie) 59 Atomverkettungstheorie 63 Konstitution der Alkohole, Aether, Carbonsäuren, Aldehyde und Ketone 71 Stereochemie 83 Physikalische Isomerie, Polymorphie 116 Gleichgewichtsisomerie (Tautomerie und Desmotropie) IIS D r i t t e s K a p i t e l . Die physikalische Charakterisierung der organischen Terbindungen 124 Krystallform 125. — Spezifisches Gewicht 126. — Löslichkeit 126. — Schmelz- und Siedepunkt 127. — Terbrennungswärmen 130. — Brechungsindez 131. — Molecularrefraktion und -dispersion 132. — Optisches Drehungsvermögen 132. — Magnetisches Drehungsver' mögen 134. Elektrisches Leitvermögen 135. — Dielektrizitätskonstante 136. — Korrespondierende Zustände 137.

viii

Inhalt.

Viertes K a p i t e l . Die wesentlichsten Prinzipien für die Systematik, Nomenklatur und Registrierung' der organischen Verbindungen. Offene und geschlossene Ketten Hauptklassen der organischen Verbindungen Homologie Klassifizierung nach der Wertigkeit und dem Sättigungsgrade . . . . Nomenklatur Registrierung nach der Bruttoformel

Seite

137 140 142 143 146 147

Spezieller Teil.

Erstes Buch.

Die Verbindungen der Fettreihe.

A. Die Grenzkohlenwasserstoffe und ihre einwertigen Abkömmlinge. E r s t e s Kapitel.

Die Grenzkohlenwasserstoffe oder Paraffine (C n H 2n + 9). (Tabelle: 164—165.) Zusammensetzung, Nomenklatur, Konstitution Vorkommen und Entstehungsweisen der Paraffine Allgemeine Charakteristik der GrenzkohlenwasserstofFe Die einzelnen Glieder der Reihe Methan 169. — Aethan 173. — Propan bis Heptan 174. — Höhere Paraffine 176. Industrielle Gewinnung und Verwertung der Paraffine Leuchtgas 177. — Erdöl 183. — Paraffin-Industrie 190. — Ozokerit 192.

Zweites Kapitel. Die einwertigen Alkohole der Grenzreihe C n H Jn+1 (OH). (Tabellen: S. 209, 210, 231.) Zusammensetzung, Konstitution, Einteilung und Nomenklatur . . . . Vorkommen und Entstehungsweisen Allgemeine Charakteristik der Grenzalkohole Die einzelnen Glieder der Reihe Methylalkohol 222. — Aethylalkohol 227. — Propylalkohole 234. — Butylalkohole 235. — Amylalkohole 238. — Hexylalkohole 243. — Heptylalkohole und Octylalkohole 244. — Höhere Alkohole 245. Industrielle Gewinnung und Verwertung der Grenzalkohole Alkoholische Gärung 247. — Spiritusbrennerei 254. D r i t t e s Kapitel. Alkylverbindungen, deren Alkylrest an Halogenatome oder an Sauerstoff gebunden ist . (Tabellen: S. 271, 288, 312.) I. Alkylhalogenide C 0 H s n + 1 Cl, C n H j n t l B r , C n H ^ ^ J , C 0 H S n + 1 F . . . Bildungsweisen 267. — Allgemeine Charakteristik 270. — Einzelne Glieder 279. — Alkylfluoride 282. IL Einfache und gemischte Alkylaether C n H 4 n + s O Zusammensetzung, Konstitution und Isomerien 283. — Bildungsweisen 284. — Allgemeine Charakteristik 287. — Einzelne Glieder 292. III. Alkylperoxyde

151 155 163 169 177

193 196 208 222

247

266 267 283 298

Inhalt.

IX Seite

IV. Alkylester der Mineralsäuren 299 Zusammensetzung, Konstitation und Einteilung 299. — Bildungsweisen 300. — Allgemeine Charakteristik 300. — Ester der Sauerstoffsäuren des Chlors 301. — Ester der schwefligen Säure 302, der Schwefelsäure 304, der selenigen Säure 304 und der Selensäure 308. — Ester der Stickstoffsäuren 308, Ester der untersalpetrigen Säure (Diazoaethoxan) 308, der salpetrigen Säure 308, der Salpetersäure 310. — Ester der Säuren des Phosphors und Arsens 312, der phosphorigen Säure 312, der Phosphorsäure 313, der arsenigen Säure 314, der Arsensäure 314. — Ester der Borsäure 314. — Ester der Kieselsäure 314. Viertes Kapitel. Alkylverbindungen, deren Alfeylrest an Schwefel (Selen oder Tellur) gebunden ist. (Tabelle: S. 329.) Übersicht über die schwefelhaltigen Verbindungstypen 1. Mercaptane oder Alkylsulfhydrate, Thioalkohole C n H an+1 (SH) . . . . Bildungsweisen 317. — Allgemeine Charakteristik 318. — Einzelne Glieder 320. 2. Alkylsulfide oder Thioaether (C n H sn + ,)sS 3. Sulfoniumverbindangen 4. Disulfide und Polysulfide 5. Sulfoxyde und Sulfone 6. Sulfonsäuren und Thiosulfonsäuren 7. Alkylthioschwefelsäuren C n H , n + 1 -S-SO,H 8. Alkylsulfinsäuren C n H l n + 1 -SO,H Selen- und Tellurverbindungen F ü n f t e s Kapitel. Alkyl Verbindungen, deren Alkylrest an Stickstoff gebunden ist. (Tabelle für Amine: S. 354—856.) Übersicht über die wichtigsten Verbindungsformen mit an Stickstoff gebundenen Alkylen 1. Alkylamine C n H !n + s N . . . . Konstitution 340. — Nomenklatur 341. — Entstehungsweisen und Darstellungsmethoden 341. — Allgemeine Charakteristik 353. — jy-Halogenderivate der Amine 362; Thio-, Thionyl- und Sulfuryl' Derivate der Amine 365; Alkylamide der salpetrigen und der Salpetersäure 367; Aminderivate mit phosphor-, arsen-, bor- oder silicinmhaltigen Besten 370. — Die einzelnen Glieder 370. Methylamin 370. Dimethylamin 372. Trimethylamin 373. Aethylamin 374. Diaethylamin 374. Triaethylamin 374. Heptadecylamin 375. 2. Quartäre Ammoniumverbindungen 3. Hydrazine 4. Diazoverbindungen Diazoniumsalze 386. Diazoaethansulfonsäure 387. Methyldiazosäure 387. Diazomethan 388. Diazoaethan 390. Isodiazomethan 390. 5. Verbindungen mit Stickstoff-Ketten oder -Bingen, die aus mehr als zwei Stickstoffatomen bestehen Diazoaminoverbindungen 390. Alkylazide 391. Tetrazone 391. 6. Alkylderivate des Hydroxylamins und Trialkylamin-oxyde 7. Alkylnitrosoverbindungen (Nitroso-paraffine) C a H J n + l -NO

315 317 321 323 326 327 328 333 334 335

337 340

375 381 385

390 392 398

X

Inhalt. Seite

8. Alkylnitroverbindungen (Nitro-paraffine) C n H 2 n + 1 'NO, 400 Entstehung und Konstitution 400. — Allgemeine Charakteristik 403. — Nitrolsäuren und Pseudonitrole 406. — Einzelne Glieder 411. — Desmotropie der Nitroverbindungen. Pseudosäuren. Negative bzw. reaktivierende Gruppen 412. 9. Isocyanide (Isonitrile, Carbylamine) C n H 2n+1 »NC 419 S e c h s t e s K a p i t e l . Verbindungen der Alkylreste mit den Übrigen Metalloi'den. (Tabelle für Phosphine: S. 421.) 1. Alkylverbindungen des Phosphors Phosphine und quartäre Phosphoniumverbindungen 423. — Phosphinige Säuren, Phosphinsäuren und Phosphinoxyde; Sulfophosphinsäuren, Disulfophosphinsäuren und Phosphinsulfide 429. 2. Alkylverbindungen des Arsens Monalkylderivate des Arsenwasserstofis 433. — Dialkylderivate (Kakodylverbindungen) 435. — Tri- und Tetraalkylderivate 439. 3. Alkylverbindungen des Antimons 4. Alkylverbindungen des Wismuts 5. Alkylverbindungen des Bors 6. Verbindungen der Alkyle mit den Elementen der Siliciumgruppe . . Verbindungen des Siliciums 443, des Germaniums 447, des Zinns 448. S i e b e n t e s K a p i t e l . Die Verbindungen der Alkylreste mit den Metallen. (Tabelle fdr Zinkdialkyle: S. 464.) 1. Verbindungen der Alkalimetalle 2. Verbindungen mit den Metallen der Magnesiumgruppe Verbindungen des Berylliums 456, des Magnesiums 456, des Calciums 462, des Zinks 463, des Cadmiums 466, des Quecksilbers 466. 3. Verbindungen mit den Metallen der Aluminiumgruppe Verbindungen des Aluminiums 469, des Thalliums 470. 4. Verbindungen des Bleis Achtes K a p i t e l . Übergang zu den Carbonsänren, Aldehyden undKetonen. Die Alkylcyanide oder Fettsäure-Nitrile C n H in+1 >CN . . . (Tabelle: S. 479—480.) Nomenklatur und Konstitution der Nitrile Entstehungsweisen Allgemeine Charakteristik N e u n t e s K a p i t e l . Die gesättigten einbasischen CarbonsUuren oder Fettsäuren C n H an O a . (Tabellen: S. 501—502, 519.) Zusammensetzung, Nomenklatur, Konstitution, Isomerien Vorkommen und Entstehungsweisen . . . . . . . . . . Allgemeine Charakteristik Die einzelnen Glieder Ameisensäure 509. — Essigsäure 517. — Propionsäure 528. — Buttersäuren 529. — Valeriansäuren 533. — Die Säuren von der sechsten bis zur zehnten Seihe 538 (Capronsäure 539. Oenanthsäure 540. Capiylsäure 540. Pelargonsäure 540. Caprinsäure 541). — Die Säuren von der elften bis zur zwanzigsten Reihe 541 (Laurinsäure

423

433 441 442 443 443 454 456 456 469 471 472 474 475 479

488 493 500 509

Inhalt.

XI Seite

544, Myristinsäure 544, Palmitinsäure und Stearinsäure 544, Maigarinsäure 548, Daturinsäure 549, Iso- und Neuro-Stearinsäure 549, Arachinsäure 549). — Die Säuren mit mehr als zwanzig Kohlenstoffatomen 549 (Behensäure 549, Lignocerinsäure 550, Hyänasäure 550, Cerotinsäure 550, Montansäure 551, Melissinsäure 551, Psyllostearylsäure 551, Dicetylessigsäure 551). Industrielle Bedeutung und Gewinnung der Fettsäuren 551 Ameisensäure 551. — Essigsäure 552 (Gärungsessig 552, Holzessig 555). — Palmitinsäure und Stearinsäure 556. Zehntes K a p i t e l . Derivate der Fettsäuren. (Tabellen: S. 569—570, 584—585, 586—587, 606—607.) Übersicht über die Säurederivate I. Halogenide der Säureradieale (Acylhalogenide) Chloride 560. — Bromide 566. — Jodide 567. — Fluoride 567. II. Säureanhydride (Acyloxyde) Bildungsweisen 567. — Allgemeine Charakteristik 570. III. Superoxyde der Säureradieale IV. Alkylester der Fettsäuren Bildungsweise und Darstellungsmethoden 578. — Allgemeine Charakteristik 583. — Einzelne Glieder 591. — Wachsarten 592. V. Alkylester von Orthosäuren VI. Thiosäuren VII. Ammoniakderivate der Fettsäuren. 1. Amide 601 (Bildungsweisen der primären Säureamide und ihrer Alkylderivate 602. Allgemeine Charakteristik 605. Metallderivate der Säureamide und Konstitution der freien Säureamide 613. Sekundäre und tertiäre Amide 616). — 2. Iminoaether 617. — 3. Amidhalogenide R-CHlg,-NH, und Imidhalogenide E-CHlg: NH. — 4. Thioamide 621. — 5. Amidine 622. VIII. Hydrazinderivate der Fettsäuren 1. Hydrazide 625. — 2. Hydrazidine 628. IX. Derivate der Stickstoffwasserstoffsäure Säureazide 629. X. Hydroxylaminderivate der Fettsäuren . • 1. Hydroxamsäuren und Hydroximsäuren 630. (Formhydroxamsäure 635, Acethydroxamsäure 636). — 2. Amidoxime (Oxy-amidine) 636. — 3. Oxy-amidoxime (Hydroxam-oxime) 639. E l f t e s K a p i t e l . Die gesättigten einwertigen Aldehyde nnd Ketone. (Tabellen: S. 684—687, 690, 726—727, 728—731.) Konstitution und Nomenklatur Gemeinschaftliche Bildungsweisen für Aldehyde und Ketone . . . . Besondere Bildungsweisen für Aldehyde Besondere Bildungsweisen für Ketone . . . Allgemeine physikalische Eigenschaften der Aldehyde und Ketone . . Allgemeine Reaktionen, welche sowohl den Aldehyden wie Ketonen zukommen Speziellere Charakteristik der Aldehyde Nachweis, der Aldehyde 680. Einzelne Aldehyde Formaldehyd 682. (Darstellung 682. Formol, Formalin 689. Para-

557 560 567 576 577 594 596 599

625 629 630

639 644 650 653 657 661 672 682

XII

Inhalt. formaldehyd 691. Polyoxymethylene 692. Bedeutung für die Assimilation der Kohlensäure und Kondensation zu zuckerähnlichen Stoffen 693. Technische und medizinische Verwendung 698. Nachweis und quantitative Bestimmung 701. Verbindung mit Natriumbisulfit 705. Hydrosulfit N. F. und Rongalit C. 706). — Acetaldehyd 708. (Paraldehyd 711. Metaldehyd und Tetraldehyd 713. Aldehydharz 714). — Isovaleraldehyd 715. — Oenanthol 715. — Capryl-, Pelargon-, Caprin-, Lauriii- und Myristin-aldehyd 716. Speziellere. Charakteristik der Ketone Einzelne Ketone Aceton 731 (Derivate des Acetons 735. Homologe 737). — Pinakoline 738. Thioaldehyde, Thioketone und ihre Derivate Thioformaldehyd 745. — Thioacetaldehyde 746. — Thioacetone 748. Kondensationsprodukte der Aldehyde und Ketone mit Ammoniak und Ammoniakderivaten (Aminen, Amiden, Hydroxylamin, Diamid, Hydrazinen usw.) 1. Ammoniak-, Amin- und Amid-Derivate 749 (Hexamethylentetramin 751. Aldehydammoniake 754. Paraldimin 756. Thialdin 757. Acetonbasen 759. Nitrimine 760). — 2. Derivate des Hydrazins (Diamids) und der Hydrazinabkömmlinge 762 (Hydrazone, Aldazine, Ketazine 762. Semicarbazone 766). — 8. Derivate des Hydroxylamins und der Alkylhydroxylamine 767 (Oxime 767: Bildungsweisen 767, allgemeine Charakteristik 770, Tautomerie 774, Formaldoxim 776, Acetaldoxim 777, Acetoxim 777, Pinakolinoxim 778). Stereochemie der Oxime und anderer Verbindungen mit dem Komplex > C : N— . . Stereochemie des dreiwertigen, doppelt an Kohlenstoff gebundenen Stickstoffs 778. HANTZSCH-WEBNEB8che Hypothese 780. Nomenklatur und Konfigurationsbestimmung der stereoisomeren Oxime 781. Stereoisomerie bei Imiden und Hydrazonen 785.

Seite

716 726 741

749

778

B. Die ungesättigten Kohlenwasserstoffe und ihre einwertigen Abkömmlinge. Zwölftes Kapitel. Allgemeines Uber die Konstitution der ungesättigten Verbindungen. Gründe für die Hypothese mehrfacher Bindungen und Kritik dieser Hypothese Isomerie bei ungesättigten Kohlenwasserstoffen Konjugierte Systeme von Doppelbindungen Stereochemie der mehrfachen Kohlenstoffbindung Einfluß der mehrfachen Kohlenstoffbindung auf physikalische Eigenschaften

786 790 795 798 811

Dreizehntes Kapitel. Die ungesättigten Kohlenwasserstoffe. (Tabelle für Alkylene: S. 823—824.) I. Die Kohlenwasserstoffe C n H, n . Alkylene . . . . . 8 1 3 Zusammensetzung upd Nomenklatur 813. — Entstehungsweisen 815. — Allgemeine Charakteristik 822. — Einzelne Glieder 836 (Aethylen 836, Propylen 839, Butylene 840, Amylene 843, höhere Alkylene 846).

Inhalt.

xni Seito

II. Die Kohlenwasserstoffe C n H, n _, 847 1. Kohlenwasserstoffe mit einer dreifachen Bindung. Acetylen-Reihe (. . . m-Reihe) 848. Acetylen 848 (Bildungsweisen 849, Eigenschaften 852, chemisches Verhalten 856, Metallderivate [Acetylenide, Carbide] 861, praktische Verwendung des Acetylens 870, Analyse des Carbids und Acetylens 873). — Homologe des Acetylens 876 (Allylen 878). 2. Kohlenwasserstoffe mit zwei Doppelbindungen ( . . . cfo'ew-Reihe) 881. — a) Kohlenwasserstoffe mit kumulierten Doppelbindungen 882 (Allen 882). — b) Kohlenwasserstoffe mit konjugierten Doppelbindungen 883 (Divinyl 884, Piperylen 885, Isopren 886, höhere Homologe 887). — c) Kohlenwasserstoffe mit isolierten Doppelbindungen 888 (Diallyl 888, Geraniolen 889, Linaloolen 889). III. Kohlenwasserstoffe C n H, n _4 889 Hexatrien-(1.3.5) 889, Myrcen 890. IV. Kohlenwasserstoffe C n H t n _ , 890 Diacetylen 890. — Dimethyl-diacetylen 891. — Dipropargyl 892.

Vierzehntes Kapitel. Einwertige ungesättigte Halogenderivate. (Tabelle für Propylenderivate: S. 897.) I. Monohalogenderivate der Aethylen-Kohlenwasserstofife, CnH i n _ t Hlg . . 893 Vinylhalogenide 896. — Monohalogenderivate des Propylens 896. — Brombutylene 898. II. Monohalogenderivate der Acetylen-Kohlenwasserstoffe, C n H 2 n _ s Hlg . . 898 Derivate des Acetylens 898. — Derivate des Allylens 900. F ü n f z e h n t e s K a p i t e l . Einwertige ungesättigte Alkohole und ihre Abkömmlinge 900 I. Alkohole von der Zusammensetzung C n H än _ 1 (OH) 903 Vinylalkohol 903. — Derivate des Vinylalkohols 904 (Neurin 905). — Allylalkohol 906. — Derivate des Allylalkohols 908. — Propenylund Isopropenylalkohol 910. — Butenole 911. — Höhere Alkohole 911. — Olefinische Terpenalkohole 914 (Citronellol 916, Rhodinol 917). — Oleinalkohol 918. — Phytol 918. II. Alkohole von der Zusammensetzung C n H, n _ s (OH) 919 1. Acetylen-Alkohole ( . . . i«o/-Reihe) 919. — Propargylalkohol 919. 2. Alkohole mit zwei Doppelbindungen ( . . . dienoi-Reihe) 921. — Geraniol 922. — Nerol 924. — Linalool 925. — Myrcenol 928. S e c h z e h n t e s K a p i t e l . Einbasische ungesättigte SSuren . . . . . . 928 I. Säuren C n H , n _ 2 0 , (Acrylsäure- oder Oelsäure-Reihe) 929 Vorkommen, Bildungsweisen, Isomeriefalle 929. — Allgemeine Charakteristik 939. — Einzelne Glieder 949 (Acrylsäure 949, Vinyl-essigsäure 952, Aethyliden-essigsäure 953, Crotonsfiuren 954, Methacrylsäure 958, normale Säuren C s H s O, 960 [Allyl-essigsäure 961, Angelicasäure und Tiglinsäure 962], Säuren C e H l0 O s 965 [(i-Propyl-acrylsäure 965, Hydrosorbinsäure 966, y-Aethyliden-buttersäure 966, j?-Allylpropionsäure 966, Brenzterebinsäure 967], Säuren C T H tl O, [f-AUylbuttersäure 968, Teracrylsäure 968], Säuren C10H18Os 968 [Citronellsäure 968, Rhodinsäure 969], Undecylensäuren 970, Säuren C15H,sO— CI 7 H 32 0 2 971 [Oelaäure 972, Ela'idinsäure 974, IsoÖlsäure 977, Oelsäure 977, Rapinsäure 977, Gadoleinsäure 977, Erucasäure 977, Brassidinsäure 978, Isoerucasäure 979]).

XIV

Inhalt.

II. Säuren C „ H i n - 4 0 . 1. Propiolsäure-Reihe 980 (Propiolaäure 982, Alkyl-acetylencarbonaäuren 983 [Tetrolsäure usw. 983], Dehydro-undecylensäure 984, Undecolsäure 984, Stearolsäure 985, Taririnsäure 986, Behenolsäure 987). 2. Säuren mit zwei Doppelbindungen 988. Sorbinsäure-Reihe 988 (j?-Vinyl-acrylsäure 990, Sorbinsäure 990, Diallylessigsäure 990, Geraniumsäure 991). — Trocknende Oelsäuren 992 (Linolsäure 993). III. Säuren C n H , n _ , 0 Citryliden-essigsäure 993, Linolen- und Isolinolensäure 994, Jecorinsäure 994.

Seite

980

993

S i e b z e h n t e s K a p i t e l . Einwertige ungesättigte Carbonylverbindungen 994 I. Ungesättigte Aldehyde 995 A. Aldehyde C n H, n _,0 995. Acrolein 996, Homologe des Acroleins 1000 (Crotonaldehyd 1002, Tiglinaldehyd 1002). — Citronellal 1005, Bhodinal 1008. B. Aldehyde C„H, n _ 4 0 1008. — a) Aldehyde mit einer dreifachen Bindung 1009 (Propiolaldehyd 1009). — b) Aldehyde mit zwei Doppelbindungen 1010 (Citral 1010). II. Ungesättigte Ketone 1015 A. Ketone C n H s n _ , 0 1017. — Vinyl-alkyl-ketone 1017. — Aethylidenaceton 1018. — Mesityloxyd 1019. — Allyl-alkyl-ketone 1022. — Allyl-aceton 1023. — Methylheptenon 1023. B. Ketone CnHjn^O 1027. — Pentyl-acetyl-acetylen 1027. — Phoron 1028. — Diallyl-aceton 1029. C. Ketone C n H, n _ e O 1030. — Pseudojonon 1030. III. Ketene 1031 Dimethyl-keten 1031. Register Berichtigungen und Verbesserungen

1033 1060

Tabellenverzeichnis. Seito

Nr. 1. Nr. 2. Nr. 3. Nr. 4. Nr. 5. Nr. 6. Nr. 7. Nr. 8. Nr. 9. Nr. 10. Nr. 11. Nr. 12. Nr. 13. Nr. 14. Nr. 15. Nr. 16. Nr. 17. ' Nr. 18. Nr. 19. Nr. 20. Nr. 21. Nr. 22. Nr. 23. Nr. 24. Nr. 25. Nr. 26. Nr. 27.

Molekulare Gefrierpunktserniedrigung für verschiedene Lösungsmittel Molekulare Siedepunktserhöhung fur verschiedene Lösungsmittel . . Grenzkohlenwasserstoffe Normalprimäre Alkohole Die isomeren Alkohole der dritten bis fünften Reihe Spezifisches Gewicht der Mischungen von Alkohol und Wasser . . Alkylhalogenide Dialkylaether Alkylnitrite und Alkylnitrate Mercaptane, Sulfide, Disulfide, Sulfoxyde und Sulfone der Alkyle . . Primäre, sekundäre und tertiäre Alkylamine Primäre, sekundäre und tertiäre Alkylphosphine Zinkdialkyle Alkylcyanide oder Fettsäurenitrile Fettsäuren Spezifisches Gewicht der wäßrigen Essigsäure Erstarrungspunkt der wäßrigen Essigsäure Chloride und Anhydride der Fettsäuren Aethylester der Fettsäuren Essigsäureester der Grenzalkohole Amide der Fettsäuren Aldehyde der Fettreihe, deren Oxime, Phenylhydrazone und andere charakteristische Derivate , Spezifisches Gewicht wäßriger Formaldehydlösungen Einfache Eetone der Fettreihe, deren Oxime, Phenylhydrazone und Semicarbazone Gemischte Ketone der Fettreihe vom Typus CH9 • CO • R, deren Oxime, Phenylhydrazone, Semicarbazone und andere charakteristische Derivate Alkylene Monohalogenderivate des Propylens

54 58 164 209 210 231 271 288 312 329 354 427 464 480 501 519 519 569 584 586 606 684 690 727 72$ 823 897

Verzeichnis der für die Literaturnachweise benutzten Abkürzungen. A. = LIEBIG s Annalen der Chemie. A. ch. = Annales de chimie et de physique. Am. — American Chemical Journal. Am. Soc. s Journal of the American Chemical Society. A. Pth. = Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie. Ar. s Archiv der Pharmazie. B. = Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft Bl. = Bulletin de la Société Chimique de Paris. B. Ph. P. = Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie. C. = Chemisches Zentralblatt. C. r. = Comptes rendus de l'Academie des sciences. Ch. I. = Chemische Industrie. Ch. Z. = Chemiker-Zeitung. Chem. N. = Chemical News. D . = DINGLEB s polytechn. Journal. D. R.P. = Patentschrift des Deutschen Reiches. El. Ch. Z. = Elektrochemische Zeitschrift. Fr. = (FRESENIUS') Zeitschrift für analytische Chemie. Frdl. = FBIEDLAENDEBB Fortschritte der Teerfarbenfabrikation (Berlin, SPBINQEB). G. = Gazzetta chimica italiana. H. = (HOPPE-SEYLEB S) Zeitschrift für physiologische Chemie. J . = Jahresbericht der Chemie. J. pr. = Journal für praktische Chemie. L. V. St. = Landwirtschaftliche Versuchsstationen. M. = Monatshefte der Chemie. P. C. H. = Pharmazeutische Zentralhalle. P. Ch. S. = Pioceedings of the Chemical Society. Ph. Ch. — Zeitschrift für physikalische Chemie. R. = Recueil des travaux chimiques des Pays-Bas. R. A. L. = Atti délia Reale Accademia dei Lincei (Rendiconti). Soc. = Journal of the Chemical Society of London. W . = WIEDEMANN s Annalen der Physik. Z. = Zeitschrift für Chemie. Z. a. Ch. = Zeitschrift für anorganische Chemie. . Z. Aug. = Zeitschrift für angewandte Chemie. Z. B. = Zeitschrift für Biologie. Z. EL Ch. = Zeitschrift für Elektrochemie. Z. Kr. = Zeitschrift für Krystallographie.

Einleitung. Die Gründe der Scheidung zwischen anorganischer und organischer Chemie. — Inhalt, Aufgaben und Ziele der organischen Chemie.

Noch in den ersten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts stellte man die chemischen Verbindungen, welche die Natur ausschließlich im pflanzlichen oder tierischen Organismus erzeugt, als eine besondere, scharf zu unterscheidende Gruppe jenen Verbindungen gegenüber, welche sie als Mineralien darbietet, oder welche aus diesen Mineralien durch im Laboratorium ausführbare Umwandlungen hervorgehen. Zwar hatte man schon erkannt, daß in den vegetabilischen und animalischen Substanzen keine anderen Grundstoffe sich finden, als sich an dem Aufbau der mineralischen Stoffe beteiligen; doch war es noch in keinem Falle gelungen, eine jener Substanzen aus mineralischen Stoffen herzustellen. Und daher glaubte man, daß für das Zustandekommen dieser „organischen" Verbindungen gewisse Bedingungen notwendig wären, deren Herbeiführung der Mensch nicht in seine Gewalt bekommen könne. Eine besondere „Lebenskraft" sollte es nach BEBZELIUS sein, welche ihre Entstehung in den belebten Wesen bewirkt; wohl könne man eine solche Verbindung, nachdem sie einmal im Organismus gebildet und von den begleitenden Stoffen durch die Hülfsmittel des Chemikers getrennt ist, auf künstlichem Wege in andere umwandeln, die sich vielleicht auch im Organismus finden. Allein sie aus den Elementen aufzubauen, das sei das Vorrecht jener geheimnisvollen Kraft, über welche zu gebieten dem Menschen versagt sei. Wie in jener Zeit, so teilen wir auch heute noch die Chemie in anorganische und organische Chemie ein und unterscheiden anorganische von organischen Verbindungen. Doch sind die Gründe, welche uns zu dieser Einteilung bestimmen, heute ganz anderer Art wie damals. Der Glaube an jene Lebenskraft ist längst durch das Experiment beseitigt. Seit WÖHLEK 1828 zum ersten Male die künstliche Darstellung eines tierischen Stoffes — des Harnstoffs — aus mineralischen Substanzen gelang, sind ähnliche Erfolge in großer Zahl erzielt worden. Die Pflanzensäuren, die Fette, viele der kompliziertesten Pflanzenfarbstoffe, die Harnsäure, Zuckerarten, Pflanzenbasen usw. hat man auf künstlichem Wege herzustellen — zu „synthetisieren" — gelernt; und jedes Jahr bringt neue Synthesen solcher Stoffe, deren Entstehung vorher nur in Lebensvorgängen beobachtet war. Freilich sind wir noch weit davon entfernt, alle MEYER-JACOBSON,

org.Ch. Zw. Aufl.

II.

X (September 1905)

2 Verbindungen des pflanzlichen und tierischen Organismus synthetisch herstellen zu können; aber wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln, daß, was schon in so vielen Fällen gelungen ist, in allen Fällen gelingen könnte. Wir sind heute zu der Ueberzeugung berechtigt, daß die chemischen Verbindungen des Pflanzen- und Tierreichs ebenso wie diejenigen des Mineralreichs und diejenigen, welche aus den von der Natur gebotenen Stoffen durch künstliche Prozesse gewonnen werden, in bezug auf ihr Entstehen und ihre Umwandlungen den gleichen Gesetzen unterworfen sind, — daß es dieselben Kräfte sind, welche die Elementaratome in der belebten wie in der unbelebten Natur zu Molecülen zusammenfügen. Nachdem durch die zahlreichen Synthesen von Pflanzen- und Tiersubstanzen die Definition der organischen Verbindungen als solcher, welche unter dem Einfluß der Lebenskraft gebildet werden, unhaltbar geworden war, hat man sich längere Zeit mit wenig Erfolg bemüht, auf anderer Grundlage den Unterschied zwischen anorganischen und organischen Verbindungen zu präzisieren. Ausgehend von der Tatsache, daß alle organischen Substanzen Kohlenstoff enthalten, hat man sich endlich entschlossen, in dem Kohlenstoffgehalt das einzige Merkmal einer organischen Verbindung zu sehen. Die heutige organische Chemie ist eine Chemie der K o h l e n s t o f f v e r b i n d u n g e n ; die große Mehrzahl dieser sogenannten organischen Verbindungen ist lediglich im Laboratorium erzeugt, niemals im Organismus aufgefunden worden und dürfte wohl überhaupt nicht in der Natur vorkommen. Außer dem Kohlenstoff finden wir in den organischen Verbindungen besonders häufig die Elemente Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff; aber auch alle übrigen Elemente können sich an dem Aufbau der Molecüle organischer Stoffe beteiligen. Wesentliches Erfordernis für die Zugehörigkeit einer Verbindung zur organischen Chemie ist allein ihr Kohlenstoffgehalt. Die organische Chemie umfaßt alle Verbindungen dieses Elementes; nur einige der einfachsten — das Kohlenoxyd, die Kohlensäure mit ihren Salzen und gewisse bei sehr hohen Temperaturen entstehende Verbindungen des Kohlenstoffs mit anderen Metalloiden bzw. Metallen („Carbide") — pflegt man aus Zweckmäßigkeitsgründen in der anorganischen Chemie abzuhandeln. Welche Gründe bestimmen uns, die Verbindungen dieses einen Elementes allein als einen besonderen Teil der Chemie zu behandeln? Es ist dies zunächst durch ihre außerordentlich große Zahl geboten. Keines der übrigen Elemente ist mit einer so erstaunlichen Verbindungsfähigkeit begabt wie der Kohlenstoff.1 Allein zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff sind Hunderte von Verbindungsformen („Kohlenwasserstoffe") aufgefunden. Die Gesamtzahl der bisher bekannt gewordenen Kohlen1

Betrachtungen über die „Ursache der Ausdehnung der Kohlenstoff-Chemie" vgl. in VAN'T HOFFS „Ansichten über die organische Chemie" TL II, S. 240 ff. (Braunschweig, 1881). — V g l . auch MICHAEL, J . pr. [2] 6 0 , 325 (1899).

Einleitung.

3

Stoffverbindungen aber ist größer als die Anzahl der Verbindungen aller übrigen Elemente miteinander; sie hat bereits das erste Hunderttausend überschritten.1 Hierzu kommt, daß die Kohlenstoffverbindungen gegenüber den Verbindungen der anderen Elemente ein eigenartiges Verhalten und besonders eine weit geringere Beständigkeit zeigen. Viele der anorganischen Substanzen vertragen ohne Veränderung ihrer chemischen Natur sehr hohe Temperaturen; unter den organischen Substanzen kommt eine solche Beständigkeit nur einer ganz geringen Zahl zu: mit wenigen Ausnahmen werden sie durch hohe Hitzegrade zerstört. Auch gegen Luft und Licht sind viele organische Verbindungen in einer Weise empfindlich, wie wir es bei anorganischen nur selten finden. Alle diese Umstände bedingen eine besondere Technik für das Manipulieren mit organischen Verbindungen und machen es unbedingt erforderlich, daß der praktische Unterricht in der anorganischen und organischen Chemie gesondert erteilt wird. Endlich stellt die Erörterung der Kohlenstoffverbindungen andere theoretische Aufgaben als die Behandlung der anorganischen Verbindungen. Bei einer anorganischen Substanz genügt in der Regel zur Erklärung ihrer Verschiedenheit von allen anderen Stoffen die Angabe ihrer moiecularen Zusammensetzung, soweit dieselbe durch die Anzahl und Art der zu einem Molecül zusammentretenden Elementaratome bedingt ist. Ist z. B. für die Schwefelsäure erkannt, daß ihr Molecül aus 2 Atomen Wasserstoff, 1 Atom Schwefel und 4 Atomen Sauerstoff besteht, so können wir uns zunächst mit diesem Befund begnügen; denn wir kennen keine zweite Verbindung, welcher gleichfalls eine durch die Formel H 2 S0 4 ausdrückbare Zusammensetzung zukommt. Aber für eine organische Verbindung ist mit der Erkenntnis ihrer „empirischen" Zusammensetzung viel weniger geleistet. Der Aethylalkohol z. B. besitzt die Zusammensetzung C 2 H 6 0; dieser Befund genügt indessen nicht, um zu erklären, warum der Aethylalkohol ein besonderes chemisches Individuum mit bestimmten charakteristischen Eigenschaften ist; denn wir kennen eine zweite Verbindung: den Dimethyläther, welche ganz andere Eigenschaften besitzt, während ihr Molecül genau dieselben Elementaratome in derselben Anzahl — 2 Kohlenstoffatome, 6 Wasserstoffatome und 1 Sauerstoffatom — enthält. Diese in der anorganischen Chemie selten beobachtete 2 Erscheinung, 1 M. M. R I C H T E R S „Lexikon der Kohlenstoffverbindungen" (Hamburg u. Leipzig 1900) — ein Werk, welches sich die Registrierung der organischen Verbindungen nach ihren Bruttoformeln zur Aufgabe stellt, — hatte 1883 etwa 20 000, 1899 etwa 74 000 und am Jahresschluß von 1902 mehr als 100 000 einzelne Verbindungen zu verzeichnen (vgl. Vorwort zum Supplement II, Hamburg u. Leipzig 1903), wobei die Salze von Basen und Säuren nicht mitgezählt sind. 2 Freilich bietet auch die anorganische Chemie Beispiele dafür, daß Substanzen von derselben prozentischen Zusammensetzung verschiedene Eigenschaften besitzen. Aber in der Mehrzahl dieser Fälle sind wir erstens nicht sicher, daß diese Substanzen auch dieselbe Moleculargröße besitzen, und dann ist die Verschiedenheit der Eigen-

1*

Einleitung.

4

daß Verbindungen von gleicher Zusammensetzung ganz verschiedene Eigenschaften zeigen, bezeichnet man als Isomerie 1 (abgeleitet von iVrog gleich und fisgog Teil). Man begegnet ihr in der organischen Chemie auf Schritt und Tritt; dem Beispiel von der Isomerie des Aethylalkohols und Dimethyläthers könnten wir beliebig viele andere anreihen, in welchen die Zahl der miteinander isomeren Substanzen eine noch weit größere ist. (So waren z. B. bis zum Jahresschluß 1902 nicht weniger als 135 verschiedene Substanzen von der Zusammensetzung C10H13O2N aufgefunden.) Diese Erscheinung zeigt uns, daß die Anzahl und Art der Elementaratome, welche zu einem Molecül zusammentreten, nicht allein bestimmend ist für die Beschaffenheit des Stoffes, der aus diesen Molecülen besteht. Wenn Verbindungen, deren Molecüle in bezug auf Art und Zahl der Elementaratome keine Unterschiede zeigen, trotzdem ganz verschiedene Eigenschaften besitzen, so kann dies nur darin seine Erklärung finden, daß eben dieselben Atome in verschiedener Weise miteinander zusammentreten können. Wir entnehmen daraus, daß die Atome innerhalb des Molecüls nicht in regellosen Bahnen sich durcheinander bewegen können, sondern daß sie vielmehr in jedem einzelnen Molecül in gewissen festen Beziehungen zueinander stehen müssen. Diese in der Chemie der Kohlenstoffverbindungen so verbreitete Erscheinung der Isomerie forderte daher dazu auf, in die Gliederung der Molecüle tiefer einzudringen, zu einer Zeit, als dies durch das Studium der anorganischen Verbindungen noch kaum geboten erschien. Wollen wir die Isomerie in den einzelnen Fällen erklären, so erwächst uns die Aufgabe, für jede Verbindung außer ihrer „empirischen" Zusammenschaften meist eine weit geringere, als bei isomeren organischen Substanzen. Kalkspat und Arragonit z. B. haben ja beide die Zusammensetzung CaCOs; aber wir kennen nicht ihre Moleculargröße: Kalkspat könnte die Molecularformel (CaCO,)*, Arragonit (CaCO„), besitzen. Zudem erstreckt sich ihre Verschiedenheit nur auf die Krystallform und physikalische Konstanten; chemisch sind sie identisch, denn sie liefern in allen Reaktionen die gleichen Umwandlungsprodukte. Selbst wenn also für beide Substanzen dieselbe Moleculargröße zugegeben wird, so könnten wir ihre Verschiedenheit auch dadurch erklären, daß im Kalkspat die Molecüle sich anders aneinander lagern als im Arragonit, während jedes einzelne Molecül für sich im Kalkspat sowohl wie im Arragonit von gleicher Beschaffenheit ist. Eine solche Erklärung wäre für die Isomerie der organischen Verbindungen ganz unzureichend; denn bei diesen erstreckt sich die Verschiedenheit nicht nur auf die physikalischen Eigenschaften, sondern auf das gesamte chemische Verhalten. Aethylalkohol und Dimethyläther haben nichts mehr miteinander gemein, sie lassen sich nicht durch einfache Reaktionen ineinander überführen, sie liefern in allen Reaktionen völlig verschiedene Umsetzungsprodukte. Eine solche wirkliche Isomerie finden wir bei anorganischen Verbindungen bisher selten; unterphosphorigsaures Hydroxylamin und saures phosphorigsaores Ammonium (beide NH 6 0 3 P), saures phosphorigsaures Hydrazin und unterphosphorsaures Ammonium (beide NsH10O6P2) sind einfachere Beispiele dafür; vgl. dazu: SSABANEJEW, Z. a . C h . 1 7 , 4 8 0 (1898). ( 1 8 9 9 ) . Z. E L C h . 8 , 4 8 4 (1902).

C. 1 8 9 9 , II, 32. —

' BERZELIUS, POQÖ. 1 9 , 3 1 9 (1830).

HANTZSCH, Z. a . C h . 1 9 , 1 0 6

Einleitung.

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setzung auch die „rationelle" zu erforschen: d. h. die Ordnung d e r Atome i n n e r h a l b des M o l e c ü l s zu b e s t i m m e n , die F u n k t i o n e n der e i n z e l n e n A t o m e und die B e z i e h u n g e n a u f z u s u c h e n , w e l c h e sie zu anderen A t o m e n d e s s e l b e n M o l e c ü l s haben. Dies ist der Gegenstand der S t r u k t u r l e h r e oder K o n s t i t u t i o n s l e h r e , welche sich an dem Studium der organischen Verbindungen entwickelt hat und zu hoher Durchbildung gelangt ist. Nachdem einmal die Prinzipien dieser Lehre in der organischen Chemie sich so fruchtbringend erwiesen haben, hat man natürlich auch versucht, sie auf die anorganischen Verbindungen anzuwenden, und ist auch zur Erörterung der rationellen Zusammensetzung anorganischer Verbindungen übergegangen. Allein erst in letzter Zeit beginnen solche Betrachtungen — zum Teil auf neue, der Kohlenstoffchemie nicht entnommene Grundanschauungen1 gestützt — für die Auffassung und die Bearbeitung der anorganischen Körper förderlich zu werden; auch heute aber stehen sie in der anorganischen Chemie bei weitem noch nicht so im Vordergrunde wie in der organischen Chemie, wo sie seit mehreren Jahrzehnten ein unentbehrliches Hülfsmittel zum Verständnis der einzelnen Verbindungen bilden. A n o r g a n i s c h e und o r g a n i s c h e V e r b i n d u n g e n w e i s e n demnach in k e i n e r B e z i e h u n g p r i n z i p i e l l e U n t e r s c h i e d e v o n e i n ander auf; a l l e i n die große Zahl der K o h l e n s t o f f v e r b i n d u n g e n und die e i g e n a r t i g e Methode, w e l c h e ihre e x p e r i m e n t e l l e und t h e o r e t i s c h e B e h a n d l u n g v e r l a n g t , l a s s e n es z w e c k m ä ß i g ers c h e i n e n , die Koh-lenstoffverbindungen in e i n e m b e s o n d e r e n Teile derChemie abzuhandeln, welchen wir„organischeChemie" nennen. Die Aufgabe der organischen Chemie ist es demnach, die Verbindungen des Kohlenstoffs zu beschreiben und ihre Natur zu erkennen. Dazu gehört für jede derselben die Angabe der empirischen und rationellen Zusammensetzung, die Angabe ihrer wichtigsten physikalischen Eigenschaften und die Erforschung ihrer chemischen „Vergangenheit und Zukunft".2 Denn die Chemie hat ja eine Substanz nicht nur in dem Augenblick zu schildern, wo sie ist, sondern ebenso in' dem Augenblick, wo sie wird oder zu s e i n aufhört. Die Bildungsweisen und die Umwandlungen einer Substanz, die Darstellung ihrer Beziehungen zu anderen Substanzen bilden den wesentlichsten Teil ihrer chemischen Charakteristik. Für den Fortschritt der organischen Chemie bieten sich in der eben gekennzeichneten Arbeitsrichtung — ihrer ursprünglichen und eigentlichen Domäne — noch zahlreiche und große Aufgaben dar. Noch bringt jedes Jahr die Auffindung von Verbindungsgruppen, an welchen wir neue und interessante chemische Charakterzüge beobachten, und deren einzelne Glieder sich oft für die praktischen Zwecke des Lebens so brauchbar 1 2

Vgl. Werner, Z. a. Ch. 3 , 3 2 1 ( 1 8 9 3 ) . Kekul£, organ. Chem. S. 3 (Erlangen 1859).

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Einleitung.

erweisen, daß ihre Darstellung in großem Maßstab in Angriff genommen wird und zu mehr oder weniger eingreifenden Veränderungen des wirtschaftlichen Lebens führt. Unerwartete Isomerie-Erscheinungen werden beobachtet, welche zur Erweiterung oder teilweisen Neugestaltung der theoretischen Grundlagen auffordern. Von den in der Natur vorkommenden organischen Stoffen sind noch ganze Gruppen ihrer Konstitution nach unaufgeklärt. Erst in den letzten Jahren ist es der chemischen Forschung gelungen, über die große und wichtige Klasse der „Terpenkörper" (die charakteristischen Bestandteile der pflanzlichen flüchtigen Oele) Licht zu verbreiten. Die wichtigsten Stoffe des Pflanzen- und Tierkörpers — die Eiweißsubstanzen — harren noch der Klarlegung ihrer Konstitution. Daß wir in die chemische Bauart auch dieser kompliziertesten organischen Verbindungen, welche die Natur uns bietet, eindringen werden, ja daß es uns einmal gelingen wird, diese wichtigsten Träger der Lebensfunktionen künstlich zu erzeugen, das zu hoffen sind wir vollauf berechtigt auf Grund der Erfolge, welche wir bisher — von einfachen Problemen zu immer verwickeiteren aufsteigend — schon errungen haben. Aber zwischen einer organischen Verbindung, deren Gegenwart für das Zustandekommen der Lebenserscheinungen unentbehrlich ist, und dem unbedeutendsten organisierten Gebilde, das schon alle Erscheinungen des Lebens zeigt, ist noch eine so ungeheure Kluft, daß wir heute kaum ahnen können, mit welchen Mitteln sie zu überbrücken ist.1 Unsere heutigen Hülfsmittel versagen an der Grenze zwischen toter und lebender Substanz. Wir können mit Zuversicht an die Aufgabe gehen, die kompliziertesten organischen Molecüle aufzubauen; aber die Erzeugung auch nur der einfachsten Zelle, in welcher diese Molecüle sich an jener wunderbaren zweckbewußten Tätigkeit beteiligen, die wir Leben nennen, — das ist ein Problem, dessen Lösbarkeit zu behaupten wir nicht wagen dürfen. Mit den „organisierten" Körpern beschäftigt sich die „organische Chemie" im eigentlichen Sinne nur insoweit, als sich aus ihnen bestimmte einheitliche Verbindungen isolieren lassen. Das Verhalten der chemischen Verbindungen im lebenden Organismus und die Bedeutung der chemischen Vorgänge für den Lebensprozeß ist Gegenstand einer besonderen Disziplin: der physiologischen Chemie. Allein die Beziehungen zwischen der organischen Chemie und den biologischen Wissenschaften werden, wie sich in der Literatur der letzten Jahre besonders deutlich zeigt, immer engere. Und zweifellos ist es eine der vornehmsten und verlockendsten Aufgaben der organischen Chemie: mitzuhelfen an dem Verständnis der in der belebten Natur sich abspielenden chemischen Vorgänge. 1

Vgl. dazu HERTWIG, „Die Lehre vom Organismus und ihre Beziehung zur Sozialwissenschaft", Universitäts-Festrede zum 27. Jan. 1899 (Berlin 1899).

Allgenieiner Teil. Erstes Kapitel.

Die Ermittlung der empirischen Zusammensetzung von organischen Verbindungen. (Qualitative und quantitative Elementaranalyse. — Berechnung des Atomverhältnisses. — Bestimmung der Moleeulargröße.)

Zur Ermittlung der chemischen Zusammensetzung einer Verbindung bedarf es der Beantwortung folgender Fragen: 1. Aus welchen Elementen besteht die Verbindung? 2. In welchem Atomverhältnis sind die Elemente miteinander vereinigt? 3. Wie groß ist die Anzahl der in einem Molecül der Verbindung enthaltenen Elementaratome? 4. In welcher Anordnung gruppieren sich die Elementaratome zu dem Molecül der Verbindung? Die Beantwortung der ersten Frage geschieht durch die q u a l i t a t i v e E l e m e n t a r a n a l y s e . Die zweite Frage wird durch die q u a n t i t a t i v e E l e m e n t a r a n a l y s e erledigt; durch sie erfährt man zunächst das Gewichtsverhältnis, nach welchem die einzelnen Elemente miteinander verbunden sind; aus diesem Gewichtsverhältnis läßt sich auf Grund der Kenntnis des Atomgewichts der betreffenden Elemente das Atomverhältnis durch einfache Rechnungen ableiten. Die in der dritten Frage enthaltene Aufgabe wird durch die B e s t i m m u n g des Moleculargewichts gelöst. Die Beantwortung dieser drei ersten Fragen genügt zur Kenntnis der empirischen Z u s a m m e n s e t z u n g einer Verbindung. Die Methoden, nach welchen sie für organische Verbindungen ihre Erledigung finden, bilden den Gegenstand des folgenden Kapitels.

I. Qualitative Elementaranalyse. Die qualitative Elementaranalyse organischer Verbindungen besteht aus einer Reihe sehr einfacher Prüfungen. Den Kohlenstoffgehalt kann man mit voller Sicherheit nachweisen, indem man die zu prüfende Substanz mit Kupferoxyd gemischt in einem Röhrchen erhitzt; der Sauerstoff des Kupferoxyds oxydiert den Kohlenstoff zu Kohlensäure, welche gasförmig entweicht und durch Einleiten

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Qualitative

Elementaranalyse.

in Kalk- oder Barytwasser erkannt wird. Doch wird man nur selten in die Lage kommen, diese Probe anstellen zu müssen, da sich in den meisten Fällen der Kohlenstoffgehalt schon beim Erhitzen einer Substanzprobe auf dem Platinblech durch Verkohlung oder durch das Auftreten einer rußenden Flamme kundgibt. Bei Anstellung der eben erwähnten Kupferoxydprobe gibt sich der Wasserstoffgehalt durch die Bildung von Wassertröpfchen zu erkennen. Unter den stickstoffhaltigen organischen Verbindungen geben manche den Stickstoff beim Erhitzen mit Natronkalk in Form von Ammoniak ab; man kann demnach in solchen Substanzen den Stickstoff nachweisen, indem man sie in einem Röhrchen mit Natronkalk erhitzt und die Ammoniakentwicklung entweder durch den Geruch oder durch die Schwärzung eines mit salpetersaurer Quecksilberoxydullösung getränkten Streifchens Filtrierpapier feststellt. Das Ausbleiben von Ammoniak bei dieser Probe beweist indessen nicht die Abwesenheit von Stickstoff, da viele Verbindungen — wie z. B. zahlreiche Nitrokörper — ihren Stickstoff dabei nicht als Ammoniak entweichen lassen. Sicherer ist es daher, sich der folgenden Probe zu bedienen, welche darauf beruht, daß aus Verbindungen, die Kohlenstoff und Stickstoff zugleich enthalten, beim Erhitzen mit metallischem Kalium (oder auch Natrium) Cyanalkali (KCN bzw. NaCN) entsteht ( L A S S A I G N E ^ Man erwärmt2 die zu prüfende Substanz (ca. 0-02 g) in einem Röhrchen aus schwer schmelzbarem Glase mit etwa der zehnfachen Menge Kalium zunächst so vorsichtig, daß das Metall nur eben schmilzt und die organische Verbindung möglichst gut einhüllt; dann erst erhitzt man unter Drehen stärker und glüht schließlich ca. 2 Minuten. (Bei Substanzen, welche zunächst ohne Zersetzung von dem Alkalimetall abdestillieren oder schon bei gelinder Hitze leicht flüchtige Zersetzungsprodukte abspalten, wendet man zweckmäßig nicht ein rund zugeschmolzenes, sondern ein zu einer Spitze ausgezogenes Röhrchen an; 3 man bringt die Substanz in die Spitze, das Alkalimetall in den unteren, nicht verjüngten Teil der Röhre, erhitzt das Metall zum Glühen und dann erst mit einer zweiten, ganz kleinen Flamme die Substanz sehr vorsichtig derart, daß ihre Dämpfe in möglichst lange Berührung mit dem glühenden Metall kommen.) Das noch heiße Röhrchen läßt man in ein etwa 8 ccm Wasser enthaltendes Reagensglas hineingleiten. Die wäßrige Lösung, welche das gebildete Cyanid in Gegenwart von überschüssigem Alkali enthält, wird nun nach Zusatz weniger Tropfen Eisenoxydul-Oxydlösung mit den hierbei ausfallenden Oxyden des Eisens 1—2 Minuten gekocht; es bildet sich Ferrocyanalkali; säuert man nun mit Salzsäure an, so werden Eisenoxydul und Eisenoxyd gelöst, und es entsteht durch Wechselwirkung zwischen Ferrocyanwasserstofif und Eisen1 8

2 C. r. 1 0 , 387 (1843). V g l . TÄUBER, B . 3 2 , 3151 A n m . 2 (1899). Y g l . R E H R E S , B . 3 5 , 2523 (1902).

Prüfung auf Stickstoff und

Halogene.

9

chlorid ein Niederschlag von Berlinerblau. Man hüte sich hierbei, mit einem Ueberschuß konzentrierter Salzsäure anzusäuern, da kleine Mengen von Berlinerblau in starker Salzsäure sich vollkommen unter Verschwinden der blauen Farbe auflösen. Bei Gegenwart von sehr geringen Stickstoffmengen ist der blaue Niederschlag als solcher nicht sofort sichtbar; er gibt sich zunächst nur durch eine grüne Färbung der Lösung zu erkennen; läßt man dann die Probe einige Zeit ruhig stehen, so sammelt sich der blaue Niederschlag am Boden an. Bei Abwesenheit von Stickstoff erhält man eine rein gelbe Lösung. Allein auch die LASSAiGNEsche Probe kann zuweilen den Stickstoffgehalt einer Verbindung unentdeckt lassen. 1 Ihr früher zuweilen betontes Mißlingen bei schwefelreichen Substanzen läßt sich freilich vermeiden, wenn man eine verhältnismäßig große Menge Alkalimetall anwendet.2 Solche Substanzen aber, welche ihren Stickstoff schon bei niedrigen Temperaturen vollständig entweichen lassen (Diazoverbindungen), zeigen die Reaktion überhaupt nicht; denn der Stickstoff ist schon verjagt, ehe die Reaktionsmasse die für die Bildung von Cyanmetall erforderliche Temperatur erreicht. In derartigen Fällen empfiehlt sich noch der weitere Versuch, auf einen eventuellen Stickstoffgehalt der Substanz durch Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd zu prüfen.3 Der Stickstoff wird hierbei zu Salpetersäure oxydiert, welche dann durch die Blaufärbung der gelösten Schmelze mit Diphenylamin- bzw. durch die Gelbfärbung mit Brucin-Schwefelsäure zu erkennen ist. Sollte jedoch auch diese Methode versagen, so bleibt nichts anderes übrig, als die Substanz in der später bei der quantitativen Stickstoffbestimmung (S. 21— 23) näher zu beschreibenden Weise mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre zu verbrennen, die entweichenden Gase, nachdem sie eine glühende Kupferspirale passiert haben, durch Kalilauge zu leiten und zu prüfen, ob sie einen durch Kalilauge nicht absorbierbaren Anteil (Stickstoff) enthalten. Die Halogene (Chlor, Brom und Jod) werden nur in wenigen Fällen aus organischen Verbindungen durch Kochen mit Silbernitrat als Halogensilber abgeschieden. Um sie sicher nachzuweisen, zerstört man durch Glühen mit chemisch reinem Kalk die organische Substanz vollständig; das Halogen bleibt dann an Calcium gebunden zurück und kann nach dem Lösen der geglühten Masse in Salpetersäure durch Fällung mit Silbernitrat erkannt werden. Stickstofffreie Substanzen kann man auch durch Erhitzen mit Natrium, Lösen der Schmelze in Salpetersäure und Fällen mit Silbernitrat auf Halogene prüfen, während dies bei stickstoff1

GRABE, B. 17, 1178 (1884). — Nach CASTELLANA [G. 34, II, 357 (1904)] versagt die Reaktion nie, wenn das freie Alkalimetall durch ein Gemisch von Natrium- oder Kaliumcarbonat mit Magnesium ersetzt wird. 2 TÄCBEB, B. 3 2 , 3150 (1899). Ch. I. 2 6 , 26 (1903). — Vgl. auch REMSEN, Am. 3, 134 (1881/82). 3 v. KONEK, Z. Ang. 17, 771 (1904).

10

.

Prüfung

auf Schwefel

usw.

haltigen Substanzen wegen der Bildung von Cyansilber nicht angeht. Auch durch Erhitzen mit einem Gemisch von Silber- und Kupfernitrat bis zur Rotglut,1 sowie durch Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd2 läßt sich die organische Materie zerstören und das Halogen an Metall binden. Sehr bequem ist endlich die folgende, von B E I L S T E I N 3 angegebene Probe: Man bringt die Substanz auf ein Körnchen Kupferoxyd, das in dem Oehr eines Platindrahtes befestigt und vorher sorgfältig ausgeglüht ist, und erhitzt nun nahe am unteren und inneren Rande einer mäßig geöffneten nichtleuchtenden Gasflamme; ein Halogengehalt gibt sich durch die von den flüchtigen Halogenverbindungen des Kupfers bewirkte Grünbzw. Blaufärbung der Flamme zu erkennen, welche sofort hervortritt, nachdem der Kohlenstoff verbrannt ist und das dadurch verursachte Leuchten der Flamme wieder aufgehört hat. Schwefel kann meist nachgewiesen werden, indem man eine Probe der Substanz mit Natrium erhitzt und die Lösung des Glührückstandes auf Schwefelnatrium prüft, dessen Gegenwart am schärfsten durch die mit Nitroprussidnatrium eintretende purpurviolette Färbung erkannt wird. Substanzen, bei denen ihrer Flüchtigkeit wegen diese Probe nicht zuverlässig erscheint, oxydiert man zunächst durch Erhitzen mit rauchender Salpetersäure im geschlossenen Rohr auf 250—300° oder durch Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd vollständig; dann prüft man die Lösung auf Schwefelsäure. Zur Prüfung auf alle anderen Elemente (Phosphor, Arsen, Silicium, die Metalle usw.) ist es ebenfalls am zweckmäßigsten, zunächst durch Erhitzen mit Salpetersäure (oder in geeigneten Fällen durch Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd) vollständige Oxydation herbeizuführen, dann die mit Wasser verdünnte, nur noch anorganische Stoffe enthaltende Lösung nach den gewöhnlichen analytischen Regeln zu untersuchen. — Die Gegenwart der meisten Metalle ergibt sich schon aus dem Zurückbleiben einer unverbrennlichen Asche beim Erhitzen einer Substanzprobe auf dem Platinblech.

II. Quantitative Elementaranalyse.4 1. Die Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs. Die

Bestimmung dieser beiden Elemente wird stets in einer Operation aus1

KASTLE, BEATTY, A m . 1 9 , 4 1 2 (1897). PRINGSHEIM, B . 3 6 , 4 2 4 4 (1903); 3 7 , 2 1 5 5 (1904). A m . 8 1 , 386 (1904). — v . KONEK, Z. A n g . 1 0 , 516 (1903); 1 7 , 771 (1904). — NEUMANN, MEINERTZ, H . 4 3 , 37 (1904). 2

8

B. 5, 620 (1872). — Vgl. auch H. ERDMANN, J. pr. [2] 56, 36 (1897). Eine ausfuhrliche Behandlung des Gegenstands, welche hier nicht beabsichtigt ist, findet man in HANS MEYERS „Analyse und Konstitutionsermittlung organischer Verbindungen" (Berlin, 1903), S. 94—233, genaue praktische Anweisungen für einige besonders gebräuchliche Methoden in GATTERMANNS „Praxis des organischen Chemikers" (7. Aufl., Leipzig 1905), S. 75 ff. Einen sehr interessanten, historischen Ueberblick 4

Quantitative

11

Elementaranalyse.

geführt. Das Prinzip der dazu dienenden Methode besteht in der vollständigen Verbrennung einer abgewogenen Menge der Substanz und Ermittlung des Gewichts ihrer Verbrennungsprodukte; der Kohlenstoff wird so in Form von Kohlensäure, der Wasserstoff als Wasser gewogen. Dieses Prinzip versuchte schon LAVOISIER, der Begründer der quantitativen Forschung, zur Analyse organischer Verbindungen anzuwenden; SAUSSUBE, TFICFENARD, BEBTHOLLETJ G A Y - L U S S A C und BEBZELIUS führten es in verschiedener Weise durch; endlich gab ihm L I E B I G 1 1831 die einfache und vollkommene Ausführungsform, welcher man sich noch heute unter Benutzung einiger teils die Leichtigkeit, teils die Sicherheit erhöhender Modifikationen bedient. Als Sauerstoffquelle für die Verbrennung wird nach L I E B I G S Vorgang gewöhnlich Kupferoxyd verwendet, welches natürlich von organischen Substanzen und von Feuchtigkeit vollkommen befreit sein muß. Die „Verbrennung" geschieht auf einem Gasofen in einer Röhre aus schwer schmelzbarem Glase. Sie wurde früher meist — von L I E B I G

Fig. 1 u. 2. Aeltere Typen von Verbrennungsröhren.

noch ohne Zuhülfenahme von Sauerstoff — im „geschlossenen Rohr", das an seinem einen Ende zu einer umgebogenen Spitze (Fig. 1) oder in Bajonettform (Fig. 2) ausgezogen war, vorgenommen, während man sich heute fast immer des beiderseits offenen Rohrs (Fig. 3) be-

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M:

a

b

c

ä

Fig. 3. Beiderseits offenes Verbrennungsrohr.

dient und die Vollständigkeit der Oxydation durch Ueberleiten von Sauerstoff sichert. Dieses von G L A S E R 2 vorgeschlagene Verfahren bietet — namentlich bei Anstellung mehrerer Verbrennungen hintereinander — große Vorteile. über die Entwicklung der organischen Elementaranalyse mit reichhaltigem Literaturverzeichnis hat DEINSTEDT in der ÄHRENSschen Sammlung ehem. und chem.-techn. Vorträge [Bd. IV, Heft 1—3 (1889)] gegeben. 1 P o o o . 2 1 , 1 (1831). — V g l . hierzu J . VOLHABD : JUSTDS v. LIEBIG, s e i n L e b e n u n d W i r k e n , A . 3 2 8 , 1, 19 (1903).

2

A. Suppl. 7, 215 (1870).

12

3

Bestimmung

Bei Benutzung dieser Methode verfährt man wie folgt: Eine an beiden Seiten über das Ende des Ofens 1 (Fig. 4) etwas hinausragende Röhre (Fig. 3) wird in ihrem vorderen Teil auf etwa 2 / 3 der ganzen Länge mit einer Schicht (d) gekörnten Kupferoxyds 2 beschickt, welche zwischen Asbestpfropfen oder kleinen Kupferspiralen festgehalten wird; an ihrem hinteren Ende kann sie mittels des einen G-lashahn tragenden Ableitungsrohrs a — unter Zwischenschaltung eines Trockenapparates I E — nach Belieben mit einem Luft- oder

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von Kohlenstoff und Wasserstoff.

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einem Sauerstoff-Gasometer in Verbindung gesetzt werden. Man glüht n u n zunächst die Röhre mit dem Kupferoxyd im trocknen und kohlensäurefreien Luftstrom aus, läßt dann wieder erkalten mit Ausnahme des vorderen Teiles der Kupferoxydschicht d, öffnet den Stopfen e und führt jetzt die abgewogene Substanzmenge in dem Schiffchen c, dann eine oxydierte Kupferspirale b (aus Kupferdrahtnetz zusammengerollt) ein. Nachdem man dann die Röbre mit dem Stopfen e wieder verschlossen h a t , setzt man in der aus Fig. 4 ersichtlichen Weise am vorderen Ende die Absorptionsapparate an, welche vor und nach der Verbrennung 1

Die in den meisten Laboratorien eingeführten Verbrennungsöfen sind nach dem ERLENMEYER sehen System ausgeführt. Durch die v o n VOLHAKD [A. 2 8 4 , 241 (1895)] a n g e g e b e n e ,

5'

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zweckmäßigere Gestaltung der Kacheln läßt sich, unter gleichzeitiger Verminderung des Gasverbrauchs, die Heizwirkung des Ofens wesentlich erhöhen. — In jüngster Zeit ist von HERAEUS (C. 1905,1,1289) ein elektrischer Verbrennungsofen konstruiert worden, bei welchem ein mit dünnster Platinfolie umwickeltes, durch den elektrischen Strom erhitztes Porzellanrohr als Wärmequelle dient. Dieses neue System soll sich gut bewähren [v. KONEK, Ch. Z. 28, 1126 (1904)]. — Ueber eine andere elektrische Methode zur Verbrennung organischer Substanzen vgl. MORSE, TAYLOR, Am. 3 3 , 501 (1905). !

Zweckmäßiger ist nach MAREK [J. pr. [2] 68, 461 (1903)] die Verwendung von oxydierten Kupferdrahtnetzrollen.

Gang der „ Verbrennung

18

gewogen werden, und deren Gewichtszunahme die Menge des gebildeten Wassers und der Kohlensäure angibt. Es sind dies das U-förmig gebogene „Chlorcalciumrohr" (zur Aufnahme des Wassers) und der „Kaliapparat" oder „Kugelapparat" zur Aufnahme der Kohlensäure (Näheres vgl. S. 14—15); ihnen schließt man — um der Absorption von Luftfeuchtigkeit vorzubeugen — ein beliebiges Chlorcalciumrohr an. Nach diesen Vorbereitungen beginnt die eigentliche Verbrennung. Indem man einen nur ganz schwachen Luftstrom unterhält, erhitzt man zunächst einerseits den hinteren Teil der oxydierten Kupferspirale b, andererseits am vorderen Teil der Röhre eine etwa 2—3 dm lange Schicht Kupferoxyd. Bevor diese Stellen zum schwachen Glühen gebracht sind, darf die Substanz nicht verdampfen oder sich zersetzen; ist eine genügend lange Schicht im Glühen, so nähert man' sich mit den Flammen allmählich dem Schiffchen, welches die Substanz enthält, und sorgt dafür, daß andauernd ein mäßiger Gasstrom von etwa zwei Blasen in der Sekunde durch den Kugelapparat streicht. Je flüchtiger die Substanz ist, oder je plötzlicher sie sich zersetzt, um so vorsichtiger muß man verfahren, damit die zwischen der Substanz und dem offenen Ende der Röhre befindliche Kupferoxydschicht auch bei etwas rascherer Entwicklung von Dämpfen zur vollkommenen Verbrennung ausreicht. Bei Verbrennung von sehr flüchtigen Flüssigkeiten ist es zweckmäßig, besonders die hinteren Flammen zur allmählichen Verflüchtigung der Substanz zu benutzen und eine Reihe von etwa 8 — 1 0 Brennern vor der Substanz zunächst außer Gebrauch zu lassen; durch die Abkühlung in diesem Raum wird dann eine etwa eintretende plötzliche Dampfentwicklung wieder ausgeglichen. Man bringt schließlich die ganze Röhre zu mäßiger Rotglut; sobald die Kohlensäureentwicklung sich ihrem Ende nähert, leitet man einen langsamen Strom von trocknem und kohlensäurefreiem Sauerstoff durch die Röhre, um die Kohle, die — wenn nicht gerade eine leicht und unzersetzt flüchtige Substanz zur Analyse gelangte — sich gewöhnlich in der Nähe des Schiffchens reichlich abgesetzt hat, vollständig zu verbrennen. Nach Beendigung der Verbrennung ist es notwendig, den Sauerstoff aus den Absorptionsapparaten durch trockne Luft zu verdrängen, da diese — mit Sauerstoff gefüllt — ein anderes Gewicht zeigen würden, als wenn sie mit der spezifisch etwas leichteren Luft angefüllt sind. Nach dem Abschluß einer Verbrennung kann sofort in derselben Röhre, ohne daß sie vom Ofen entfernt wird, zu einer neuen Verbrennung geschritten werden. Hat man nicht gleich wieder eine Verbrennung anzustellen, so bewahrt man die Röhre beiderseits verschlossen auf und kann sie nun jederzeit zur Ausführung einer neuen Verbrennung ohne weitere Vorbereitung benutzen. Zu einer derartigen Kohlenstoff- und Wasserstoff-Bestimmung verwendet man etwa 0-2 g Substanz. Handelt es sich um einen f e s t e n K ö r p e r , so wägt man die Substanzprobe direkt in einem Porzellan-

Abwägen von Flüssigkeiten.

14

oder besser Platin-Schiffchen ab und bringt sie in der S. 12 angegebenen Weise in das Rohr ein. F l ü s s i g k e i t e n kann man direkt im Schiffchen nur dann wägen, wenn sie sehr schwer flüchtig sind. Andernfalls wägt man sie in kleinen Glaseimerchen (Fig. 5 a) ab, welche durch Eintropfenlassen der Flüssigkeit aus einer Capillarpipette (Fig. 5 b) gefüllt werden. Bei flüchtigen Flüssigkeiten, welche unter 100° sieden, verschließt man das Eimerchen mit einem aus Glasstab angefertigten Stopfen (Fig. 5 c), damit während der Wägung und während des Zeitraums bis zum Einbringen in das Verbrennungsrohr nicht durch Verdunstung Verluste entstehen. Sehr leicht flüchtige Flüssigkeiten, wie z. B. Aether, bringt man in vorher gewogene Glaskügelchen1 (Fig. 5eZ), die mit /, einer lang ausgezogenen capillaren Spitze versehen sind und nach dem Einfüllen der Flüssigkeit (durch Erwärmen und Einsaugenlassen der Flüssigkeit während des Erkaltens) zugeschmolzen und wieder gewogen werden; man schneidet durch einen Feilstrich das capillare Ende ab und wirft Kugel und abgeschnittenes Ende in die Verbrennungsröhre ein. Es ist zweckmäßig, in das Eügelchen ein Stückchen Kupferoxyd zu bringen, um auch die Verbrennung des darin zurückbleibenden Dampfes zu bewirken. In jedem Falle legt man den Flüssigkeitsbehälter derart in das Schiffchen, ' daß sein offenes Ende dem vorderen Teile der Verbrennungsröhre zugewandt ist X Organische Substanzen, welche lediglich aus Kohlenstoff,

r

Wasserstoff und Sauerstoff bestehen, liefern als Produkte ihrer vollständigen Verbrennung nur Wasser und Kohlen5 dioxyd. Zur A b s o r p t i o n des aus dem Verbrennungsrohr entweichenden W a s s e r d a m p f e s dient fast stets ein mit gekörntem (porösem) Chlorcalcium gefülltes U-Rohr, dessen dem Ofen zugewendeter Schenkel mit einer Kugel versehen ist, in welcher sich bereits der größte Teil des Wassers p. kondensiert. Damit keine Kohlensäure in dem ChlorcalciumG-efäßchen u. rohr absorbiert werden kann, ist es notwendig, vor dem GePipette zum brauch einen etwaigen Gehalt des Chlorcalciums an Aetzkalk Flüssigkeiten1 dadurch unschädlich zu machen, daß man einige Zeit trockne Kohlensäure hindurchleitet, diese durch trockne Luft verdrängt, das Rohr wägt, das Einleiten von Kohlensäure und Luft wiederholt und sich nun durch nochmalige Wägung von dem Konstantbleiben des Gewichts überzeugt. Das Chlorcalciumrohr kann so lange gebraucht 1

Bequemer und auch sicherer scheint es zu sein, abgewogene Mengen sehr flüchtiger Substanzen in einem besonderen kleinen G-lasapparat [STKEATFEILD, E T N O N , Chem. N. 7 9 , 50 (1899). — DIMBOTH, W. WISLICENÜS, B. 3 8 , 1575 (1905). — STEINKOPF, FBOMMEL, B. 3 8 , 1867 (1905)] außerhalb des Verbrennungsrohres zu vergasen und den mit Sauerstoff gemischten Dampf über das Kupferoxyd zu leiten.

Absorptionsapparate.

15

werden, als noch ein größerer Teil des Chlorcalciums nicht zerflossen ist. Entfernt man nach jeder Analyse das in der Kugel kondensierte Wasser, so ist die Dauer der Brauchbarkeit eine fast unbegrenzte. Zur A u f n a h m e des Kohlendioxyds dient gewöhnlich ein Kugelapparat, welcher mit einer stark konzentrierten (meist 331/s-prozentigen) wäßrigen Lösung von Aetzkali gefüllt wird; die Kalilauge ist nach dreimaligem Gebrauch zu erneuern.—An Stelle des ursprünglichen L I E B I G sehen Modells verwendet man schon seit längerer Zeit meist den bequemeren, aufrecht stehenden GEISSLEB sehen Kaliapparat (Fig. 6); er wird bei a durch einen kurzen Gummischlauch (Glas an Glas!) mit dem Chlorcalciumrohr verbunden; an den eigentlichen Kugelapparat schließt sich mit einem Glasschliff das mit festen Stückchen Aetzkali gefüllte Röhrchen b, in welchem der durch den Gasstrom aus dem Kugelapparat mitgeführte Wasserdampf und etwa noch unabsorbiert gebliebene Kohlensäure zurückgehalten werden. Die Konstruktion des Kugelapparates ist neuerdings in mannigfacher Weise modifiziert worden.1 Alle diese Verbesserungsvorschläge laufen im wesentlichen darauf hinaus, den hindurchstreichenden Gasstrom in möglichst innige Berührung mit der Aetzlauge zu bringen, hierdurch deren Wirkung zu erhöhen und gleichzeitig einen schnelleren Gang der Analyse zu ermöglichen. In vielen Laboratorien ist man von der Anwendung der „Kaliapparate" ganz abgekommen und benutzt für die AbsorpFig. 6. GEISSLEE scher Kaliapparat. tion der Kohlensäure Natronkalk in U-förmigen Röhren, deren man zwei hintereinander schaltet. Da in diesem Falle die eigentlichen Absorptionsapparate keine Flüssigkeit, sondern nur festes Material enthalten, so bedarf man noch eines kleinen „Blasenzählapparates", um die Schnelligkeit des Gasstroms beurteilen zu können. Als solcher kann z. B. ein kleines, mit kugelförmigen Erweiterungen versehenes U-Röhrchen dienen, welches mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beschickt ist und hinter den beiden Natronkalkröhren eingefügt wird. Auch kann an den vorderen Teil des zur Wasserabsorption dienenden Chlor1

Z. B. von WETZEL [B. 3 3 , 3393 (1900)] durch Einschmelzen kleiner Grlastrichter, unter welchen sich die Grasblasen einige Zeit ansammeln, ehe sie in die nächste Kugel übertreten. — In den letzten Jahren sind ferner zahlreiche zylindrische Kaliapparate konstruiert worden, die mit energischer Absorptionswirkung größere Standund Bruchfestigkeit vereinigen. Unter diesen seien die ebenfalls von WETZEL vorgeschlagenen Apparate [B. 36, 161 (1903)] erwähnt, bei welchen von Glaswolle aufgesaugte Kalilauge zum Festhalten des Kohlendioxyds dient.

16

Verbrennung

sticlcstoffkaltiger

Verbindungen.

calciumrohrs ein solches Röhrchen angeschmolzen werden,1 welches man von vornherein mit einem Tropfen Wasser versieht, der nun als Indicator für den Gang der Verbrennung dient. Die im Vorstehenden beschriebene Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs bedarf einiger Veränderungen, wenn außer Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff noch andere Elemente in der zu analysierenden Verbindung zugegen sind. Manche s t i c k s t o f f h a l t i g e n Verbindungen entwickeln bei der Verbrennung höhere Oxyde des Stickstoffs, welche teils im Chlorcalciumrohr, teils im Kaliapparat zurückgehalten und dadurch ganz falsche Resultate bedingen würden.2 Es ist daher notwendig, diese Gase vor ihrem Eintritt in die Absorptionsapparate zu Stickstoff oder Stickoxydul zu reduzieren. Dies geschieht dadurch, daß man in das vordere Ende der Röhre eine etwa 1—l 1 ^ dm lange Spirale von Kupferdrahtnetz einbringt und diese während der ganzen Verbrennung im Glühen erhält; das glühende Kupfer entzieht den höheren Oxyden des Stickstoffs ihren Sauerstoff und führt sie dadurch in jene Gase über, welche weder im Chlorcalciumrohr noch im Kaliapparat merklich absorbiert werden. Die hierzu dienende Kupferspirale wird vor jeder Verbrennung in folgender Weise vorbereitet: Man erhitzt sie in der Gebläselampe zum Glühen, zerstört dadurch alle ihr etwa anhaftende organische Substanz und versieht sie mit einer oberflächlichen Oxydschicht; noch heiß läßt man sie nun in ein Reagensrohr gleiten, an dessen Boden sich einige Tropfen Methylalkohol befinden; der Alkohol gerät ins Sieden, und seine Dämpfe reduzieren die Oxydschicht zu metallischem Kupfer; die jetzt ganz blanke Spirale bringt man in ein einerseits geschlossenes Glasrohr, welches andererseits mit einer Wasserstrahlluftpumpe verbunden und nun evacuiert wird; man erhitzt sie in diesem Rohr gelinde durch einen Bunsenbrenner, um alle anhaftende Feuchtigkeit bzw. Gase zu entfernen, läßt sie im Vacuum erkalten und führt sie dann in die Verbrennüngsröhre ein. — Einige stickstoffhaltige Substanzen (Nitroverbindungen) zersetzen sich sehr plötzlich und unter Entwicklung großer Mengen von nitrosen Dämpfen. In diesen Fällen ist es unbedingt geboten, die Substanz mit viel Kupferoxyd zu mischen, um sie auf eine längere Schicht zu verteilen und so die allmähliche Verbrennung kleiner Anteile zu ermöglichen; man bedient sich dann statt der gewöhnlichen, hierfür zu kleinen Platinschiffchen eines längeren und geräumigeren Kupferschiffchens,3 füllt dieses etwa zur Hälfte mit ausgeglühtem und im Exsiccator erkaltetem, pulverigem Kupferoxyd, schüttet dann die Substanz aus einem Wägegläschen darauf, bedeckt sie mit einer weiteren Schicht Kupferoxyd, so daß das Schiffchen zu etwa drei Vierteln angefüllt ist, und mischt durch Rühren mit einem 1 s 3

Vgl. BREDT, POSTH, A . 2 8 5 , 385 (1895). Vgl. BENEDICT, Am. 2 3 , 334 (1900). Ueber Schiffchen mit Abteilungen siehe

MÜRMANN,

Fr.

36,

380 (1897).

Verbrennung von Verbindungen, welche Halogene, Schwefel usw. enthalten.

17

Platindrahte. 1 Auch empfiehlt es sich hier, vor der Substanz eine längere Schicht Kupferoxyd kalt zu lassen. Einen nicht normalen Gang der Analyse erkennt man daran, daß während der Verbrennung in der Kugel des Chlorcalciumrohrs sich bräunliche Dämpfe zeigen, oder nachher das in derselben kondensierte Wasser stark saure Reaktiou besitzt. Enthält die Substanz H a l o g e n e , so bildet sich bei der Verbrennung Chlorkupfer bzw. Bromkupfer oder Jodkupfer. Diese Verbindungen verlieren ihren Halogengehalt leicht teilweise (namentlich bei Gegenwart von Sauerstoff) und sind auch etwas flüchtig; um zu verhüten, daß die Halogene in die Absorptionsapparate gelangen, kann man eine Spirale von Silberblech einschieben, durch welche die Halogene zurückgehalten werden. Gewöhnlich aber verbrennt man in diesem Falle mit chromsaurem Blei, da Chlorblei, Bromblei und Jodblei sehr wenig flüchtig und viel beständiger sind. Man braucht dann keine Silberspirale und hat nur dafür zu sorgen, daß im vorderen Teile der Röhre eine Schicht Bleichromat durch etwa drei Flammen nur ganz schwach erhitzt wird; in diesem kälteren Teil werden dann die Spuren von Halogenverbindungen des Bleis oder freien Halogenen, welche etwa aus dem stark erhitzten hinteren Teil entweichen, vollständig zurückgehalten. Desgleichen ersetzt man das Kupferoxyd durch Bleichromat bei s c h w e f e l h a l t i g e n Verbindungen, da Kupfersulfat bei Glühhitze schweflige Säure entwickelt. Auch das Bleisulfat ist freilich nicht ganz glühbeständig; man muß daher gleichfalls die eben erwähnte Vorsichtsmaßregel beachten, im vorderen Teil der Köhre eine kleine Schicht Bleichromat fast kalt zu lassen. Bei sehr schwefelreichen Substanzen findet man trotzdem leicht etwas zu hohe Zahlen für Wasserstoff und Kohlenstoff und kann in dem Wasser des Chlorcalciumrohrs Schwefelsäure oder schweflige Säure nachweisen; dies läßt sich indes durch sehr vorsichtige Leitung der Verbrennung vollständig vermeiden. Enthält die zu analysierende Substanz die M e t a l l e der A l k a l i e n oder a l k a l i s c h e n E r d e n , so würden die letzteren bei der Verbrennung im Schiffchen in Form von Carbonaten zurückbleiben, und demnach ein Teil der Kohlensäure der Absorption im Kaliapparat entgehen. Auch solche Substanzen verbrennt man daher mit Bleichromat und zwar, indem man sie damit mischt; das Bleichromat zersetzt die Alkalicarbonate unter Bildung von Alkalichromat und Bleioxyd und Austreibung der Kohlensäure. Es muß indes hervorgehoben werden, daß die Verbrennung mit Bleichromat keineswegs ebenso bequem ist, wie diejenige mit Kupferoxyd; namentlich macht sich der Umstand in sehr lästiger Weise fühlbar, daß 1

Bei Verbindungen, welche weder hygroskopisch noch besonders flüchtig sind, kann man auf die Verwendung von Schiffchen ganz verzichten. In derartigen Fällen genügt es, die mit Hülfe eines längeren Wägeröhrchens eingeführte Substanz im Eohr selbst mit einer ausreichenden Menge pulverigen Kupferoxyds zu vermischen; vgl. hierzu auch E. v. W A L T H E R , P. C. H. 45, 514 (1904). MEYER-JACOBSON, org. C h . Z w . Aufl. I I . 2 (September 1905)

18

Neuere Verbrennungsmethoden.

die Glasröhren bei Anwendung von Bleichromat sehr stark angegriffen werden. Letzterem Übelstand läßt sich zwar in gewissem Grade dadurch abhelfen, daß man das Bleichromat selbst durch körniges Kupferoxyd ersetzt, welches mit Bleichromat nur überstäubt wurde. Immer aber bleibt der Nachteil bestehen, daß das Bleichromat nach beendigter Verbrennung nicht regeneriert werden kann, und daß die zunehmende Vermischung mit Bleisulfat (bzw. Bleihalogenid) bereits nach 3—4 Verbrennungen zu einer Erneuerung des Oxydationsmittels zwingt. Man wird daher besonders für diejenigen Fälle, in denen die Benutzung von Kupferoxyd nicht angezeigt erscheint, eine der unten beschriebenen neueren Methoden heranziehen, bei welchen die Verbrennung z. B. durch Platin als Kontaktsubstanz bewirkt und der Halogen- bzw. Schwefelgehalt durch geeignete Absorptionsmittel unschädlich gemacht wird. Von den zahlreich bekannt gewordenen M o d i f i k a t i o n e n des LIEBIGschen V e r f a h r e n s seien unter Hinweis auf DENNSTEDTS schon zitierte Broschüre (S. 10—11, Anm. 4) hier diejenigen übergangen, welche bei dem Vorliegen von explosiven, hygroskopischen oder leicht flüchtigen Substanzen notwendig werden; dagegen sind im folgenden einige Verfahren erwähnt, welche teils eine wesentliche Veränderung des Prinzips der Methode, teils eine erhebliche Vereinfachung der Apparatur darstellen. Bei dem V e r f a h r e n von KOPFER 1 wird die Verbrennung in einem beiderseits offenen Rohr ausgeführt; die Dämpfe der Substanz streichen, mit Sauerstoff gemischt, über eine Schicht glühenden p l a t i n i e r t e n A s b e s t s (Gemisch von Platinschwarz und Asbest), welcher die vollständige Verbrennung bewirkt. Da diese Schicht nur kurz (etwa 2—3 dm) zu sein braucht und zu ihrer Erhitzung eine Reihe von vier Flammen ausreicht, so bedingt dies Verfahren eine bedeutende Gasersparnis. Es wird von vielen Seiten sehr empfohlen, von anderen2 dagegen bemängelt. In den letzten Jahren hat sich DENNSTEDT3 eifrig mit Versuchen beschäftigt, den Grundgedanken KOPFERS zu einer Methode auszugestalten, die vielseitige Brauchbarkeit mit größter Einfachheit der Ausführung verbinden und womöglich eine gleichzeitige Bestimmung von Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Halogenen und Schwefel gestatten sollte. DENNSTEDT weist darauf hin, daß die enormen Wärmemengen, welche die jetzt allgemein gebräuchlichen Verbrennungsöfen zu entwickeln vermögen, bei Zuhülfenahme von Sauerstoff zur Verbrennung der Substanzen nicht erforderlich sind. Er erhitzt das 85 cm lange Verbrennungsrohr in einer eisernen Rinne, welche auf einem ganz einfachen eisernen Gestell ruht. Die in einem Schiffchen befindliche Substanz wird durch sehr langsame Annäherung einer Flamme ganz all-

Fr. 17, 1 (1878); vgl. auch WABBEN, Fr. 3, 272 (1864); 5, 169 (1866). ZEISEL, M. 7, 573 (1886). — DOBBIE, LAUDEB, Chem. N . 77, 215 (1898). ' B. 30, 1590, 2861 (1897); vgl. auch die Broschüre DENNSTEDTS: „Allleitung zur vereinfachten Elementaranalyse", Hamburg, 1903. 1

1

19

Neuere Yerbrennungsmethoden.

mählich verkohlt bzw. verflüchtigt. Die mit überschüssigem Sauerstoff gemischten Dämpfe streichen über eine nur 6—8 cm lange Schicht von zum Glühen erhitztem Platinasbest oder über eine entsprechende Anzahl von Stückchen platinierten Quarzes, wodurch ihre Verbrennung bewirkt wird. Wasser und Kohlendioxyd werden wie üblich in an das Rohr angeschlossenen Chlorcalcium- und Natronkalk-Röhren absorbiert. Enthält die Substanz gleichzeitig Halogene, Schwefel und Stickstoff, so werden in das Verbrennungsrohr vier gewogene Schiffchen eingeführt, von welchen je zwei mit molecularem Silber und zwei mit Bleisuperoxyd1 gefüllt sind. Das Silber hält die Halogene als Chlor-, Brom- oder Jodsilber, sowie den zu Schwefelsäure verbrannten Teil des Schwefels als Silbersulfat zurück; das Bleisuperoxyd nimmt den nur bis zu schwefliger Säure oxydierten Rest des Schwefels unter Bildung von Bleisulfat, sowie die Stickstoffoxyde unter Bildung von Bleinitrat auf. Nach bekannten Methoden der anorganischen Chemie werden dann in den Gemischen die einzelnen Bestandteile quantitativ ermittelt. Diesem im Prinzip recht einfach und einleuchtend erscheinenden Verfahren, mit dessen Vervollkommnung DENNSTEDT noch beschäftigt ist, 2 wird neuerdings in mehreren Laboratorien Beachtung zugewandt. Seine Anwendung ist besonders für solche Verbindungen bequem, welche sich beim Erhitzen allmählich unter Verkohlung zersetzen. In anderen Fällen — namentlich bei unzersetzt flüchtigen Verbindungen — bietet die Ausführung dem nicht speziell Geübten mancherlei Schwierigkeiten; es ereignet sich dann zuweilen, daß infolge zeitweiligen Sauerstoffmangels Teile unverbrannten Materials3 in die Absorptionsapparate gelangen; ferner bilden sich gelegentlich explosive Gasgemische, deren Auftreten selbstverständlich das Mißlingen der im Gang befindlichen Analyse zur Folge hat. — Auch die Wirksamkeit des Platinquarzes4 scheint durch manche Zufälligkeiten in Frage gestellt zu werden, z. B. durch die Verflüchtigung geringer Mengen Metall beim Verbrennen von Zinndoppelsalzen u. dergl.5 — Aus diesen und ähnlichen Gründen hat es nicht an Stimmen gefehlt, die betonten, daß durch die Bemühungen DENNSTEDTS die zuverlässige Lösung des wichtigen Problems noch nicht gelungen sei; ED. LIPPMANN 6 weist darauf hin, daß der von ihm" schon früher empfohlene, unter bestimmten Bedingungen darzustellende Kupferoxydasbest weit bessere Dienste leistet als der Platinasbest. R. v. WALTHEB® dagegen bevorzugt die gemeinsame Anwendung von sog. „molecularem" Kupferoxyd in Verbindung mit Platinmohr als Kontaktsubstanz. 1

V g l . DENNSTEDT, HASSLER, F r . 4 2 , 4 1 7 ( 1 9 0 3 ) .

3 * Ch. Z. 2 9 , 52 (1905). Vgl. dagegen DENNSTEDT, Ch. Z. 2 8 , 35 (1904). 4 Man versäume nicht, sich von der „Aktivität" des Platinquarzes zu überzeugen, indem man ein Körnchen im Bunsenbrenner zum Glühen erhitzt und prüft, ob nach Löschung der Flamme das Glühen im Gasstrom andauert. 8 * WEIL, B. 38, 282 (1905). Ch. Z. 27, 810 (1903); 29, 487 (1905). 7 8 LIPPMANN, FLEISSNEB, M. 7, 9 (1886). P. C. H. 4 5 , 489, 509 (1904).

2*

20

Neuere Verbrennungsmethoden.

Ein abschließendes Urteil über alle diese neueren Methoden1 wird sich erst fällen lassen, wenn sie eine ausgedehntere Anwendung durch zahlreiche Experimentatoren an Material der verschiedensten Körperklassen gefunden haben. Z w e i f e l l o s s t e l l t das LiEBiosche, seit J a h r z e h n t e n in u n z ä h l i g e n F ä l l e n erprobte V e r f a h r e n auch h e u t e n o c h die e m p f e h l e n s w e r t e s t e und z u v e r l ä s s i g s t e Methode dar. Doch läßt sich nicht leugnen, daß es gelegentlich in besonderen Fällen sogar dem Geübten nicht ganz leicht zu überwindende Schwierigkeiten bietet; auch haften diesem Verfahren, selbst bei sorgfältigstem Arbeiten, kleine Mängel an,2 welche die Erzielung völlig scharfer Resultate in Frage stellen können. Jedenfalls verdienen deshalb die in den letzten Jahren so eifrig verfolgten Versuche, die Elementaranalyse noch einfacher und vollkommener zu gestalten, allseitige Beachtung. Die Ausführung einer Verbrennung nach dem alten Verfahren erfordert einschließlich der Wägungen, des vorbereitenden Ausglühens des Eohres usw. etwa 3 Stunden, welche für andere Arbeiten verloren gehen. Die Analyse nach dem DENNSTEDT sehen Verfahren verlangt bis zu ihrer Beendigung im allgemeinen eine etwas längere Zeit, bietet aber den erheblichen Vorteil, daß man während der eigentlichen Verbrennung nur von Zeit zu Zeit nachzusehen braucht und daher andere Arbeiten daneben ausführen kann. — Auch an anderweitigen Bemühungen, den Chemiker der ständigen Ueberwachung der im Gang befindlichen Analyse zu entheben, hat es nicht gefehlt. DEIGLMAYB 3 sucht dieses Ziel mit Hülfe einer einfachen Vorrichtung zu erreichen, welche durch automatische Regulierung der das Rohr erhitzenden Gasflammen einen gleichmäßigen Verlauf der Verbrennung sichern soll; P B E G L 4 hat den Verbrennungsofen mit einem Uhrwerk verbunden, welches die zur Zerstörung der Substanz erforderlichen Gasflammen selbsttätig heranführt. Mehrfach wurde in der letzten Zeit auch die Anwendung von Autoclaven 5 in Vorschlag gebracht, in welchen die organischen Substanzen durch Erhitzen mit komprimiertem Sauerstoff verbrannt werden. Ueber einige •weitere Modifikationen der Verbrennung, welche hauptsächlich auf eine Abkürzung der Verbrennungsdauer gerichtet sind, vgl. D U D L E T , 6 B L A U , 7 THIBAULT u n d

VOURNASOS.

8

Für die Ermittlung des Kohlenstoffgehaltes, besonders bei schwer verbrenn1 Hier sei noch des Verfahrens von COLLIE [SOC. 85, 1111 (1904)] gedacht, bei welchem die Substanzen in einem bekannten Volumen Sauerstoff verbrannt und die entstehenden Mengen Kohlendioxyd und Wasser volumetrisch ermittelt werden. 2 Vgl. MABERY, Am. Soc. 2 0 , 510 (1898) und AUCHY, Am. Soc. 2 0 , 528 (1898). 3 B. 35, 1978 (1902). Ch. Z. 26, 520 (1902). — Das Verfahren wird im Tübinger Universitätslaboratorium vielfach benutzt; vgl. z. B. B. 37, 1792 Anm. (1904). 4 B. 38, 1434 (1905). 6 BERTHELOT, C. r. 1 1 4 , 317 (1892); 1 2 9 , 1002 (1899). — H E M P E L , B . 3 0 , 202 (1897). — ZUNTZ, FRENTZEL, B . 3 0 , 380 (1897). 6 7 B. 21, 3172 (1888). M. 10, 357 (1889). 8 Bl. [3] 2 7 , 895 (1902).

Bestimmung

von Kohlenstoff

auf nassem

Wege.

21

liehen oder explosiven Substanzen, empfiehlt v. KONEK,1 die Probe mit Natriumsuperoxyd (dessen Gehalt an Natriumcarbonat bekannt sein muß) zu oxydieren und die wäßrige Lösung der Schmelze mit Bariumchloridlösung von bekanntem Gehalt zu fällen. Im Filtrat vom Bariumcarbonat scheidet man den Rest des Chlorbariums als Sulfat ab; aus dem Gewicht dieses Niederschlags läßt sich dann der Kohlenstoffgehalt der Analysensubstanz berechnen.

Zur B e s t i m m u n g des K o h l e n s t o f f s auf n a s s e m Wege erwärmt die Substanz mit einem Gemisch von Chromsäure und konzentrierter Schwefelsäure und leitet die gebildete Kohlensäure in einen gewogenen Kaliapparat; frühere Vorschläge zu dem gleichen Zweck sind von B R U N N E R , 3 L A D E N B U R G , 4 W A N K L Y N und C O O P E R 5 gemacht worden. Das Verfahren leidet an dem Uebelstand, daß man nicht mit Sicherheit voraussagen kann, ob in einem gegebenen Fall die Oxydation eine ganz vollständige sein wird oder nicht. M E S S I N G E R 6 sicherte die Vollständigkeit der Verbrennung später dadurch, daß er die aus dem Zersetzungsgefäß austretenden, eventuell noch Kohlenoxyd enthaltenden Gase durch ein mit Kupferoxyd und Bleichromat gefülltes, zu schwachem Glühen erhitztes Röhrchen leitete. Die Methode gewinnt hierdurch an Zuverlässigkeit, büßt aber gleichzeitig an Einfachheit der Ausführung ein. Immerhin wird man sich ihrer in gewissen Fällen, z. B. bei der Analyse von explosiven,7 sowie schwefel-, arsen- und phosphorhaltigen Körpern 8 mit Vorteil bedienen. MESSINGES2

Erwähnt sei schließlich noch, daß von OSER9 ein Verfahren zur E l e m e n t a r a n a l y s e a u f e l e k t r o t h e r m i s c h e m W e g e ausgearbeitet worden ist, welches eine gleichzeitige Bestimmung der Verbrennungswärme des betreffenden Körpers ermöglicht.

2. Die Bestimmung des Stickstoffs. Aus allen organischen Verbindungen läßt sich der Stickstoff als solcher durch Verbrennung mit Kupferoxyd und Reduktion der höheren Oxyde mittels glühenden Kupfers abscheiden. Führt man daher die Verbrennung in einem mit Kohlensäure gefüllten Eohr aus und leitet die sich entwickelnden Gase zur Absorption der Kohlensäure in ein mit Kalilauge gefülltes Gefäß, so wird sich über der Kalilauge der Stickstoff ansammeln und seine Menge durch Volummessung ermittelt werden können. Es wird hierbei offenbar keinen Fehler bedingen, wenn etwa die Reduktion der höheren Oxyde nur bis zur Stufe des Stickoxyduls gehen sollte, da ja ein Volum Stickoxydul (N20) ebensoviel Stickstoff enthält als das gleiche Volum reinen Stickstoffs. Auf dieser Grundlage hat DUMAS 10 eine Methode zur v o l u m e t r i 1

Z. Ang. 17, 888 (1904).

2

B . 2 1 , 2 9 1 0 (1888); s. f e r n e r CROSS, BEVAN, SOC. 5 3 , 889 (1888). 1 5 P o o a . 9 5 , 3 7 9 (1855). A . 1 3 5 , 1 (1865). C h e m . N . 3 8 , 133 (1878). 7 B . 2 3 , 2 7 5 6 (1890). V g l . THIELE, MAUAIS, A . 2 7 3 , 151 (1893). 9 B . 2 1 , 2 9 1 6 (1888). M. 11, 486 (1890).

8 8 8

10

Ueber den Anteil früherer Experimentatoren, namentlich LIEBIQS, vgl. BENNSTEDTS S. 10—11, Anm. 4 zitierte Broschüre, S. 29 ff.

22

Bestimmung des Stickstoffs.

sehen Stickstoffbestimmung ausgearbeitet, welche später in einigen Einzelheiten vereinfacht ist und heute fast allgemein in folgender Form ausgeführt wird. In eine an einem Ende rund zugeschmolzene Verbrennungsröhre bringt man zunächst eine etwa 12—15 cm lange Schicht einer Substanz, welche beim Erhitzen reine Kohlensäure liefert; als solche wendet man in der Regel Magnesit (MgC03) oder Natriumbicarbonat (NaHCOg) an.1 Auf den Kohlensäureentwickler folgt ein Asbestpfropf, dann eine etwa 10 cm lange Schicht reinen gekörnten Kupferoxyds, das Gemisch der abgewogenen Substanzprobe (ca. 0-2g) mit pulverigem Kupferoxyd,2 wieder eine Schicht reinen gekörnten Kupferoxyds von etwa 3—4 dm Länge, endlich eine reduzierte Kupferspirale (S. 16). Das derart beschickte Rohr wird nun mit einem Gasansammlungsapparat von beistehender Form 3 (Fig. 7) in Verbindung gesetzt. 1 Viele ziehen es vor, die Kohlensäure nicht in der Verbrennungsröhre selbst, sondern in einem besonderen Entwicklungsapparat zu entbinden und so auch den Stickstoff im „offenen Kohr" zu bestimmen; vgl. R. v. "WALTHER, P. C. H. 46, 516 (1904). Eine Kritik der verschiedenen Entwicklungsarten s. bei KREUSLER, Fr. 24, 438 (1885). ® Das Mischen der Substanz mit Kupferoxyd und Einbringen in die Verbrennungsröhre geschieht gewöhnlich in der Weise, daß man die abgewogene Substanzmenge in einem kleinen, innen glasierten Porzellanmörser mit Kupferoxyd verreibt und das G-emenge durch einen Trichter mit weitem Ablaufrohr einschüttet Mörser und Trichter werden dann zweimal mit neuem Kupferoxyd ausgespült. 8 H. SCHIFF, B. 1 3 , 885 (1880). — GATTERMANN, Fr. 24, 57 (1885). — Modifikationen dieses Apparates: MARQUIS, £1. [3] 2 9 , 780 (1903). — LANDSIEDL, Ch. Z. 28, 643 (1904).

Stickstoffbestimmung

nach

Dumas.

23

Das Röhrchen a wird durch einen mit Quetschhahn versehenen Gummischlauch mit dem aus der Yerbrennungsröhre tretenden Gasableitungsrohr verbunden; das Rohr b, welches oben mit einem Glashahn c versehen ist, dient zur Aufsammlung des Stickstoffs und ist unten mit etwas Quecksilber abgesperrt; durch das capillare Ableitungsrohr d wird nach der Verbrennung der Stickstoff in eine Meßröhre übergeführt (vgl. unten); in die Kugel e wird eine etwa 40—50-prozentige Kalilauge eingefüllt; sie steht durch einen starken Gummischlauch mit dem Rohr b in Verbindung, man kann sie höher und niedriger stellen und dadurch mehr oder weniger Lauge in das Sammelrohr b eintreten lassen. Zu Beginn der Bestimmung stellt man sie ganz tief, sodaß fast keine Lauge sich in b befindet, läßt den Hahn c geöffnet und erhitzt nun die hintere Hälfte des Kohlensäureentwicklers, um zunächst alle Luft in der Verbrennungsröhre durch Kohlensäure zu verdrängen. Nach einiger Zeit prüft man, ob alle Luft ausgetrieben ist, in der Weise, daß man - durch Heben der Kugel das Sammelrohr ganz mit Kalilauge füllt, den Hahn c schließt und zusieht, ob sich unter diesem noch Luftblasen ansammeln, oder ob die aus dem Verbrennungsrohr austretenden Gasblasen vollkommen durch Kalilauge absorbiert werden. Ist letzteres erreicht, so füllt man auch das Capillarrohr d durch' Heben der Kugel e bei geöffnetem Hahn c vollständig mit Kalilauge, mäßigt die Kohlensäureentwicklung und schreitet nun zur eigentlichen Verbrennung, die ganz in der S. 13 beschriebenen Weise geleitet Fig. 8. Ueberföllen des Stickwird. Nach ihrer Beendigung erzeugt man stoffs aus dem Sammelapparat in die Meßröhre. wieder einen lebhafteren Kohlensäurestrom durch stärkeres Erhitzen der noch nicht erschöpften vorderen Hälfte des Entwicklers, um allen noch in der Röhre befindlichen Stickstoff in das Sammelrohr überzuführen. Man löst nun die Verbindung zwischen Verbrennungsrohr und Sammelapparat und läßt in letzterem das Gas noch etwa eine Stunde mit der Kalilauge in Berührung, um sicher zu sein, daß alle ihm noch beigemengte Kohlensäure absorbiert wird. Dann füllt man das Gas in eine mit Wasser gefüllte Meßröhre in der durch Fig. 8 erläuterten Weise über; man stellt die Kugel so hoch als möglich, taucht das Ende des Capillarrohres d unter Wasser, hält schräg darüber die Meßröhre und öffnet vorsichtig den Hahn e; durch den Druck der in der Kugel befindlichen Lauge wird das Gas aus dem Rohr b gepreßt, verdrängt zunächst die Kalilauge in dem Capillarrohr d und tritt dann durch dieses Rohr, welches schließlich ganz durch die nachströmende Lauge angefüllt wird, in das Meßrohr ein. Nachdem es in

24

Volumetrische

Stickstoffbeslimmung.

letzterem die Temperatur des umgebenden Wassers angenommen hat, liest man das Volum ab und notiert gleichzeitig die Temperatur t und den Barometerstand b. Ist das gefundene Gasvolum v, so entspricht es bei 0° und 760 mm Druck einem Volum: y _

v(b-w) 7 6 0 ( 1 + 0 - 0 0 3 6 7 t) '

wo w die Tension des Wassers bei t° bedeutet. Da nun 1 ccm Stickstoff bei 0° und 760 mm 0-001254 g wiegt, so ergibt sich das Gewicht des erhaltenen Stickstoffvolums in dem Werte: P

_

v(b - w) • 0 - 0 0 1 2 5 4

~

7 6 0 (1 + 0 - 0 0 3 6 7 t)

'

Zur Erleichterung der Ausrechnung kann man Tabellen1 benutzen, welche das Gewicht von 1 ccm Stickstoff unter verschiedenen Temperaturen und Drucken angeben. Ein Apparat, durch welchen man unmittelbar nach Beendigung der Verbrennung und Abkühlung des Grases, ohne Thermometer und Barometer ablesen zu müssen, das Gewicht des entwickelten Stickstoffs erfährt, ist von LUNGE* konstruiert worden.

Das DüMASsche Verfahren der Stickstoffbestimmung, das auch eventuell nach dem von KOPFER für die organische Elementaranalyse entwickelten Prinzip (S. 18) umgestaltet werden kann 3 und auch bei Gasgemischen, wie sie z. B. im sog. Generatorgas vorliegen, anwendbar ist, 4 gibt gewöhnlich um 0-2—0-4°/ 0 z u hohe Werte. Dieser „normale" Fehler ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß es nicht gelingt, die Luft aus dem pulverigen Kupferoxyd völlig auszutreiben, 5 oder aber dem Umstände zur Last zu schreiben, daß die Kupferspirale das entwickelte Stickstoffoxyd nicht völlig zu Stickstoff (bzw. Stickoxydul) reduziert. 6 Zum Unschädlichmachen des „Luftfehlers" wird vielfach empfohlen, das Rohr vor Beginn der Stickstoffbestimmung zu evacuieren. 7 In gewissen Fällen, besonders wenn die Substanz schon bei niedriger Temperatur viel Methan 8 bzw. andere schwer völlig oxydierbare Paraffine und Alkylene 9 entwickelt, können sich auch bei nicht anomal schnellem Gange der 1 Vgl. GATTERMANNS Praxis des organischen Chemikers (7. Aufl., Leipzig 1905). — HANS METERS Analyse und Konstitutionsermittlung organischer Stoffe (Berlin 1903), S. 130—131. — KÜSTEHS logarithmische Rechentafeln für Chemiker (3. Aufl., Leipzig s 1902), S. 2 8 — 3 5 , 5 3 — 5 6 . B . 2 3 , 446 (1890). 3 BADEB, STOHMANN, Ch. Z. 2 7 , 663 (1903). — v. WAITHER, P . C. H . 4 5 , 515 (1904). 4 5 CHABITSCHKOW, C. 1 9 0 3 , II, 311. BLAU, M. 1 3 , 277 (1892).

6 Nach O'SutLivAN[B. 25Ref., 804 (1892)] sollen 4—11 °/0 des Stickstoffe als Oxyd aus dem Rohr entweichen und die Kupferspiralen überhaupt wirkungslos sein; vgl. dagegen KUNGEMANN, A. 275, 94 (1893). — Eine Verunreinigung des Stickstoffs mit größeren Mengen Stickoxyd kann man leicht daran erkennen, daß sich beim Durchmischen des in ein trocknes Reagensglas übergeführten Gases mit Luft eine Gelbfärbung des Gefäßinhalts bemerkbar macht. 7 8

BODLXNBER [B. 2 7 , 2265 (1894)] benutzt hierzu das Gasbaroskop.

DUNSTAN, CARR, C h e m . N . 7 3 , 128 (1896). ' GUABESCHI, GRANDE, C. 1 8 9 8 , II, 61. — V g l . a u c h JACOBSON, HSNIQSBEEOER, B . 3 6 , 4 1 0 0 (1903), s o w i e FBERICHS, Ar. 2 4 1 , 259 (1903).

Gleichzeitige

Bestimmung

von Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff.

25

Analyse gasförmige Kohlenwasserstoffe dem Stickstoff beimischen und dem gemessenen Gase zuweilen sogar die Eigenschaft verleihen, brennbar zu sein; man findet dann natürlich Stickstoffwerte, welche erheblich zu hoch sind. Durch sehr vorsichtige Leitung der Verbrennung läßt sich ein solcher abnormer Verlauf meist vermeiden, namentlich wenn man die Kohlensäure außerhalb der eigentlichen Verbrennungsröhre entwickelt (S. 22, Anm. 1) und derart jede vorzeitige Erhitzung der Substanz durch den Kohlensäurestrom verhütet. B L A U 1 sachte die Ungenauigkeiten des DüMAsschen Verfahrens dadurch zu vermeiden, daß er die Substanz im beiderseitig offenen Rohr im Kohlensäurestrom verkohlt, die Dämpfe über glühendem Kupferoxyd verbrennt, die zurückgebliebene Kohle durch Einleiten von Sauerstoff oxydiert, den überschüssigen Sauerstoff durch glühendes Kupfer absorbiert und dann den Rest des Stickstoffs mit Hilfe eines Kohlensäurestromes in das Meßrohr übertreibt. Hat man es mit Substanzen zu tun, welche schwer in einer für mehrere Analysen ausreichenden Menge beschafft werden können, so kann man auch die v o l u m e t r i s c h e S t i c k s t o f f b e s t i m m u n g m i t d e r B e s t i m m u n g des K o h l e n s t o f f s u n d W a s s e r s t o f f s z u g l e i c h in e i n e r O p e r a t i o n a u s f ü h r e n . 2 Man darf dann die Verbrennung natürlich nicht in einer Atmosphäre von Kohlensäure ausführen, sondern erzeugt statt dessen im Versuchsrohr durch Erhitzen einer Mischung von 110 g Kaliumbichromat und 100 g Kaliumpermanganat einen Strom von reinem Sauerstoff, durch welchen zuerst die Luft und später die Verbrennungsprodukte aus dem Rohr verdrängt werden. An das Verbrennungsrohr schließen sich zunächst das Chlorcalciumrohr und der Kaliapparat, dann der Sammelapparat für den Stickstoff, welcher in diesem Falle mit einer Sauerstoff absorbierenden Flüssigkeit gefüllt sein muß; als solche benutzt man eine Lösung von Chromchlorür.3 — Ueber andere Methoden zu demselben Zweck vgl. SCHUIZE, 4 FRERICHS, 5 P F L Ü G E R , 6 H E M P E L ' und DENNSTEDT. 8 Die Maßnahmen, welche bei allen diesen Verfahren für die quantitative Absorption des aus dem Wasserstoff entstandenen Wassers erforderlich sind, machen die Apparatur etwas kompliziert; dagegen ist die g l e i c h z e i t i g e B e s t i m m u n g von K o h l e n s t o f f u n d S t i c k s t o f f ( u n t e r V e r z i c h t a u f die W a s s e r s t o f f b e s t i m m u n g ) eine recht einfache Operation. Nach dem zuerst von FRANKLAND und ARMSTRONO 9 verwerteten Prinzip verbrennt man die sehr sorgfaltig mit Kupferoxyd oder Bleichromat verriebene Substanz in einem evacuierten Rohr, mißt dann das sich entwickelnde Gemisch von Kohlensäure und Stickstoff und absorbiert die Säure durch Kalilauge. Der Gasrest ist Stickstoff.10 — Zum gleichen Zweck kann man auch das MESSINGEBSCHE Verfahren zur Kohlenstoff bestimmung mit der KRÜGER sehen Ausführungsform der KJELDAHL-Methode (vgl. S. 27) vereinigen; 11 man ist dann aber naturgemäß auf diejenigen Substanzen beschränkt, deren Stickstoffgehalt sich auf letzterem Wege vollständig in Ammoniak überführen läßt. Die Unbequemlichkeit, zur Ermittlung des Kohlenstoff-, Wasserstoff- und I

M. 1 3 , 277 (1892).

2

JANNASCH, V . MEYER, A . 2 3 3 ,

375

(1886).

* Der Versuch MALFATTIS (Fr. 3 2 , 7 5 4 [ 1 8 9 4 ] ) , den Sauerstoff mittels im Kohlensäurestrom glühenden Kupfers zu absorbieren, bedeutet wohl kaum eine Verbesserung 4 5 dieses Verfahrens. Fr. 5 , 2 6 9 ( 1 8 6 6 ) . B . 1 0 , 26 (1877). 8 Fr. 18, 296 (1879). ' Fr. 17, 409 (1878). 8 In den S. 10—11 Anm. 4 und S. 18 Anm. 3 zitierten Broschüren. » Soc. 21, 87 (1868). 10 KLINGEMANN, A. 2 7 5 , 92 (1893). — MÖRNER, Fr. 3 7 , 1 (1898). II

FRITSCH, A . 2 9 4 ,

79 (1897).

26

Stickstoffbestimmung

durch Ueberführung in

Ammoniak.

Stickstoff-Gehalts zwei V e r b r e n n u n g e n ausführen zu müssen, läßt sich dadurch umgehen,1 daß man zunächst den Kohlenstoffgehalt auf nassem Wege feststellt und dann eine zweite Substanzprobe in einem Strom trockener Kohlensäure verbrennt Der entweichende Wasserdampf wird dann wie üblich in einem Chlorcalciumrohr, der Stickstoff in einem ScHiFFSchen Apparat aufgefangen.

Das Verfahren der volumetriscben Stickstoffbestimmung gibt innerhalb der S. 24 angedeuteten Fehlergrenze fast in allen Fällen zuverlässige Resultate und wird daher jetzt, wenn es sich um die Ermittlung des Stickstoffgehalts von neuen Verbindungen handelt, wohl allgemein angewendet.— In agrikulturchemischen Laboratorien ist täglich eine größere Reihe von Stickstoffbestimmungen an Futterstoffen, Düngemitteln usw. anzustellen, und man bedarf daher für diese Zwecke einer Methode, welche rascher auszuführen ist. Früher bediente man sich der Methode von W I L L und VABRENTBAPP, welche darauf beruht, daß aus jenen Stoffen beim Erhitzen mit Natronkalk die ganze Menge des in ihnen enthaltenen Stickstoffs als Ammoniak entwickelt wird; in einer kurzen Verbrennungsröhre wurde das Gemisch der Substanz mit Natronkalk erhitzt, das entweichende Ammoniak in einer abgemessenen Menge titrierter Salzsäure aufgefangen und durch Zurücktitrieren der nicht neutralisierten Säuremenge bestimmt. Dies Verfahren ist jetzt fast vollständig durch die bequemere Methode von K J E L D A H L 3 verdrängt; ihr Prinzip besteht darin, daß die Substanz mit konzentrierter Schwefelsäure einige Zeit auf eine dem Siedepunkt der Säure nahe liegende Temperatur erhitzt wird,8 wodurch in vielen Fällen schon der größte Teil des Stickstoffs in Ammoniak übergeführt wird; durch Zusatz von kleinen Portionen pulverförmigen Kaliumpermanganats nach beendigter Einwirkung der Schwefelsäure wird die Ueberführung in Ammoniak vollständig. Die Zersetzung wird in einem Kölbchen aus Kaliglas ausgeführt; nach ihrer Beendigung wird mit Wasser verdünnt, mit Natronlauge übersättigt, das gebildete Ammoniak abdestilliert4 und durch Titration bestimmt.5 Diese ursprüngliche Form 1

GEHRENBECK,

B.

22,

1694 (1889); vgl. auch

KEHRMANN, MESSINGER,

B.

24,

2172 (1891). 1 KJELSAHL, Fr. 2 2 , 3 6 6 ( 1 8 8 3 ) . — Eine praktische Vorschrift zur Ausführung des Verfahrens vgl. in H O P P E - S E T L E E s Handb. d. physiol.- u. pathol.-chem. Analyse, 1. Aufl. von THIEBFELDEB (Berlin, 1 9 0 3 ) , S . 4 1 1 — 4 1 3 . 8 Das häufig sehr lästige, unregelmäßige Sieden („Stoßen") des Gemisches wird am besten vermieden, wenn man das Kölbchen mit Hülfe einer geeigneten Vorrichtung ständig schüttelt [SIEGFBIED, H. 41, 1 (1904)]. 4 Das Schäumen der siedenden Flüssigkeit [vgl. auch GRÉGOIBE, CARPIATO (C. 1903,1, 1436)] läßt sich durch Zufügen von Talcum vermindern. — Ueber spezielle Destillierapparate für das KjELDAHLSche Verfahren vgl. BLANK, Ch. Z. 28, 406 (1904). — Auf Fehler, welche durch die Alkalinität des für die Kühler und Siederöhren benutzten Glases in die Bestimmung hineingetragen werden können, haben JALOWETZ (C.1904, II, 1068), sowie SCHÖNEWALD und BARTELT (C. 1905,1,47) aufmerksam gemacht. 5 In gewissen Fällen kann das übergehende Ammoniak mit flüchtigen organischen Aminbasen verunreinigt sein. Nach DÉBOURDEADX [ C . r. 138, 905 (1904)] läßt

Kjeldahlsche

Stiekstoffbestimmung.

27

der vortrefflichen K J E L D A H L sehen Methode, welche in theoretischer Beziehung übrigens noch sehr der Aufklärung bedürftig ist, 1 wurde in mannigfacher Weise modifiziert; denn es stellte sich bald heraus, daß zahlreiche organische Verbindungen, besonders solche, welche den Stickstoff in ringförmiger Bindung enthalten, wie Pyridin und Chinolin, auf diesem Wege nicht vollständig in dem gewünschten Sinne aufgeschlossen werden können. Man ging deshalb bald dazu über, der Schwefelsäure gewisse Chemikalien zuzusetzen, welche teils ihren Siedepunkt erhöhen, teils ihre oxydierende und spaltende Kraft vergrößern sollten. Zu erstgenanntem Zweck dient meist das Kaliumsulfat 2 oder Natriumpyrophosphat, 3 während als Oxydationsmittel unter anderem Kaliumbichromat, 4 Kupfersulfat, 5 sowie Quecksilber 6 und dessen Salze empfohlen worden sind. Bei der Verwendung von Quecksilber bzw. seinen Salzen ist es jedoch notwendig, vor dem Abtreiben des Ammoniaks durch Schwefelkalium oder auch Natriumhyposulfit 7 das Quecksilber als Sulfid auszufällen, da ohne diese Maßregel ein Teil des Ammoniaks in Form von Quecksilberamidverbindungen zurückbleiben oder wenigstens sehr langsam aus denselben ausgetrieben werden würde. Körper mit 0 : N- oder N • N-Bindungen sind der Stickstoffbestimmung nach K J E L D A H L meist erst nach voraufgehender Reduktion dieser Komplexe zu NH2 zugänglich. MABTIN K R Ü G E K 8 empfiehlt zur Vorbehandlung von Nitroso-, Nitrokörpern u. dgl. die Reduktion mit Zinnchlorür und Salzsäure in Alkohol. In einigen Fällen, speziell bei Nitroverbindungen und Nitraten, gelingt es häufig, durch einen Zusatz von Phenol, Salicylsäure oder anderen, leicht nitrierbaren Stoffen 9 zur Schwefelsäure eine vollständige Umwandlung des vorhandenen Stickstoffs in Ammoniak zu erzielen. Die Schwierigkeiten, welchen man bei der Uebertragung der K J E L DAHLschen Methode auf gewisse Aminosäuren, auf Kreatin, Kreatinin und einige Verbindungen der Harnsäuregruppe begegnete,10 haben sich sich dieser Uebelstand vermeiden, wenn man die Substanz mit Kaliumhyposulfit und Kaliummonosulfidlösung eindampft und dann mit Kalilauge destilliert. 1

DAFERT, B. 1 8 Ref., 199 (1885). — DONATH, M. 11, 15 (1890). — BBEDIG, BROWN,

Ph. Ch. 46, 502 (1903). 2

4

GUNNING, Fr. 2 8 , 188 (1889).

3

RIVI*:RE, BAUHACHE, BL. [3] 1 5 , 806 (1896).

KRÜGER, B. 27, 609 (1891). — Die Anwendung dieses Mittels ist besonders bei Pyridin- und Cbinolinderivaten geboten. E

CAUSSE, BL. [3] 13, 636 (1895).

8

WILFARTH, Fr. 24, 455 (1885). — ABGÜTINSKY, C. 1 8 9 0 , 1 593. ' MAQUENNE, ROUX, Bl. [3] 21, 312 (1899). — NEUBERG, B. PB. P. 2, 214 (1902). 8

B. 27, 1633 (1894). — Vgl. auch: FLAMAND, PRÄGER, B. 38, 559 (1905). —

MILBAUEB, Fr. 4 2 , 725 (1903). ® v. ASBOTH, C. 1 8 8 6 , 161. — JODLBAÜER, ebenda 433; vgl. auch DTER, SOC. 6 7 , 811 (1895). 10 KUTSCHER, STEÜDEL, H. 3 9 , 1 2 (1903). — SCHÖNDORFF, C. 1 8 9 5 , II, 951; 1 9 0 3 , II, 683. — GIBSON, C. 1 9 0 4 , 1 , 752. — SÖRENSEN, ANDERSEN, H. 4 4 , 429 (1904).

28

Kjeldahl sehe

Stickstoffbestimmung.

schließlich überwinden lassen durch Oxydation mit wäßriger Permanganatlösung 1 oder durch genügend langes Erhitzen.2 Nur bei Chloroplatinaten8 versagen alle Modifikationen4 der KJELDAHL-Methode, weil das Platinchlorid leicht Chlor abspaltet, welches einen Teil des Ammoniaks zu elementarem Stickstoff oxydiert. Die Bedeutung des K J E L D A H L sehen Verfahrens, das in der Genauigkeit seiner Resultate hinter der D U M A S sehen Methode keineswegs zurücksteht, kommt in erster Linie bei agrikulturchemischen5 und physiologischchemischen Untersuchungen zur Geltung, wo es sich um die gleichzeitige A u s f ü h r u n g zahlreicher g l e i c h a r t i g e r Analysen handelt. Auch bei rein chemischen Arbeiten aber wird es gelegentlich mit Vorteil herangezogen werden können, wenn die gasvolumetrische Methode aus irgend einem Grunde (vgl. S. 24—25) versagt oder ihre Ausführung besondere Schwierigkeiten macht.® Nach v. K O N E K 7 läßt sich der Stickstoff in den verschiedensten Klassen organischer Verbindungen durch Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd quantitativ zu Salpetersäure oxydieren, die man dann nach D E V A R D A bestimmen kann. Ueber die Ermittlung des Stickstoffgehalts in Amiden, Nitrilen, Harnstoffen, Aminosäuren und Eiweißkörpern mit alkalischer Hypochloritlösung vgl. EFFRONT, B. 37, 4290 (1904). Bestimmung des Stickstoffs in Nitraten und Salpetersäureestern: W O H L , P O P P E N BERG, B. 36, 676 (1903). — DSBOURDEAÜX, Bl. [3] 31, 1, 3 (1904).

3. Sie Bestimmung der Halogene und des Schwefels kann in

den meisten Fällen nach dem Verfahren von CABIUS 8 ausgeführt werden. Es besteht darin, daß die Substanz durch Erhitzen mit starker Salpetersäure vollständig oxydiert wird, wobei der Schwefel in Schwefelsäure übergeführt wird, während die Halogene zunächst als solche abgeschieden werden und bei Gegenwart von Silbernitrat in ihre unlöslichen Silberverbindungen übergehen. Man wägt die Substanz (in der Regel nicht mehr als 0-15—0-2 g) in einem engen, 6—8 cm langen Röhrchen aus schwer schmelzbarem Glase ab und läßt dieses in eine starkwandige, etwa 5 dm lange, mit 1 bis höchstens 2 ccm reiner Salpetersäure vom spez. Gewicht 1*5 beschickte Röhre gleiten, welche ebenfalls aus schwer schmelzbarem Glase gefertigt ist und einen inneren Durch1

MALFATTI, H .

2

SÖBENSEN, P E D E B S E N , H . 3 9 , 5 1 3 ( 1 9 0 3 ) .

3 9 , 4 6 7 (1903). —

BEGEH, FINGERLING, MORGEN, H .

39,

— Im allgemeinen ist die Ammoniakbildung bei der K J E L D A H I - M e t h o d e bereits beendigt, sobald die Lösung klar geworden ist (LAW, C. 1902, II, 477). 329 (1903).

» DELÜPINE, BL. [ 3 ] 1 3 ,

222

(1895).

* Ueber die elektrolytische Zerstörung der in Schwefelsäure gelösten Substanz vgl.

B U D D E , SCHOU, F r . 5

38,

344

(1899).

Modifikationen des Verfahrens für spezielle Zwecke der landwirtschaftlichen Chemie: KELLNER, C . 1903, II, 4 6 3 . — SHERMAN, M C LAUGHLIN, OSTERBERG, Am. Soc. 2 0 , 3 6 7 ( 1 9 0 4 ) . — SHERMAN, F A L K , A m . S o c . 2 0 , 1 4 6 9 ( 1 9 0 4 ) . — CORRADI, C . 1 9 0 5 , I I , 5 6 9 . 8 Vgl. DENNSTEDTS S . 10—11 in Anm. 4 zitierte Broschüre S. 58. 8

' Z. Ang. 17, 888 (1904).

A. 130, 129 (1865).

Bestimmung

der Halogene und des

Schwefels.

29

messer von 12—14 mm besitzt; bei Halogenbestimmungen setzt man ferner noch eine solche Menge Silbernitrat zu, daß diese sicher zur Bindung des ganzen Halogengehalts ausreicht. Das „Einschmelz-" oder „Schieß-Rohr" wird dann — eventuell unter Zuhülfenahme eines Sauerstoffgebläses — zu einer capillaren Spitze ausgezogen und zugeschmolzen, wobei man Sorge trägt, daß während des Zuschmelzens die Salpetersäure noch nicht mit der Substanz in Berührung kommt (vgl. Fig. 9), darauf in eine unten geschlossene eiserne Schutzröhre gesteckt und im Kanonenofen (Fig. 10)1 erhitzt. Letzterer wird derart aufgestellt, daß die vordere, die offenen Enden der Schutzröhren enthaltende Seite einer festen Wand zugekehrt ist; eine etwa während des Erhitzens

Fig. 9. Einschmelzröhre.

Fig. 10. Kanonenofen.

eintretende Explosion kann dann keinen Schaden anrichten, da die Röhrensplitter zunächst gegen die Wand geschleudert werden. Es empfiehlt sich ferner, die Füße des Kanonenofens fest auf den Tisch zu schrauben oder ihn mittels einer starken eisernen Kette mit einem in die Wand eingelassenen Haken zu verbinden, da es zuweilen bei sehr heftigen Explosionen vorgekommen ist, daß der ganze Ofen — falls er 1

Ueber eine vereinfachte Konstruktion der „Schießöfen" vgl. F. W. K Ü S T E R , A. 285, 342 Anm. 2 (1895). — Die jetzt wohl an allen derartigen Oefen angebrachten, zum Auf- und Abwärtsbewegen eingerichteten Heizschlangen sind von GATTERMANN und W E I N L I G [B. 2 7 , 1944 (1894)] angegeben worden. — Vorrichtungen zum gleichzeitigen Erhitzen mehrerer Röhren auf bestimmte Temperaturen, z. B. den Siedepunkt des Anilins oder gewisser Kohlenwasserstoffe, haben VOLHARD [A. 2 8 4 , 235 (1895)] und SUDBOROCGH ( C . 1 8 9 9 , I , 721) beschrieben. — Einen Schießofen, welcher das Beobachten der unter Druck vor sich gehenden Reaktionen gestattet, hat JCNOBAHN [Ch. Z. 26, 1176 (1903)] konstruiert.

30

Methode von

Carius.

frei stand — fortgeschleudert wurde. Für manche Substanzen genügt ein Erhitzen auf 150—200°, bei anderen ist eine mehrstündige, ja selbst mehrtägige Einwirkung bei 250—300° oder noch höheren Temperaturen erforderlich; es ist daher empfehlenswert, in allen Fällen wenigstens eine Temperatur von etwa 300° zu erreichen. Um ein Springen der Röhren bei diesen hohen Temperaturen zu vermeiden, erhitze man zunächst einige Stunden nur auf 180—200°, lasse dann erkalten, öffne die Röhre (vgl. darüber unten), lasse die schon reichlich durch Oxydation der Substanz gebildete Kohlensäure und die niederen Oxyde des Stickstoffs entweichen, schmelze wieder zu und erhitze jetzt mehrere Stunden auf 250—300°. Bei schwer oxydierbaren Substanzen muß man die Temperatur so hoch steigern, als es bei voller Ausnutzung der Heizfiammen möglich ist; man entfernt dann natürlich das die Temperatur anzeigende Quecksilberthermometer.1 — Das Oeffnen der starken Druck enthaltenden Röhren kann bei unvorsichtigem Operieren zu gefährlichen Explosionen Anlaß geben, ist aber bei Einhaltung der folgenden Kautelen völlig gefahrlos. Man öffne niemals eine Röhre vor dem vollständigen Erkalten, lasse nur den obersten Teil aus der eisernen Schutzröhre herausgleiten ui)d umwickle diesen bis auf die Spitze mit einem Handtuch. Eine etwaige Explosion während des Oeffnens verläuft dann gefahrlos, da die Splitter durch die eiserne Röhre und das Handtuch zurückgehalten werden. Da indes in vereinzelten Fällen auch die eiserne Schutzröhre bei Explosion der inneren Röhre geborsten ist, so ist es empfehlenswert, die Hand, mit welcher man die eiserne Röhre faßt, durch einen starken ledernen Handschuh zu schützen. Die Spitze wird nun in der leuchtenden Flamme eines Bunsenbrenners vorsichtig erwärmt, damit die in ihr enthaltenen Flüssigkeitsteilchen nach unten destillieren und nicht beim Oeffnen herausgeschleudert werden können; darauf erwärmt man in der nicht leuchtenden Flamme bis zum beginnenden Erweichen. Durch den von innen wirkenden Druck bläst sich die Spitze alsbald auf, und die Gase entweichen allmählich und gefahrlos durch die entstandene kleine Oeffnung. Man sprengt nun die Röhre unmittelbar unter der Spitze ab und spült den Inhalt mit Wasser in ein Becherglas. Bei Halogenbestimmungen hat man zunächst das Halogensilber zu filtrieren und in bekannter Weise weiter zu behandeln; im Filtrat läßt sich ein etwaiger Schwefelgehalt durch Fällung mit Bariumnitrat nachweisen und bestimmen. Bei halogen1 Nach KÜSTER [A. 285, 340 (1895)] sind derartige Maßnahmen für die Halogenbestimmung allerdings nicht erforderlich. Er erhitzt in einem 50 cm langen Einschmelzrohr von ScHorr-Jena, das 2 mm Wandstärke und 12 mm lichte Weite besitzt, 0-1—0-2 g Substanz mit '/s g Silbernitrat in Stücken und nur 16—20 Tropfen Salpetersäure (D. 1»5) auf 320—340° (Stickstoffthermometer!) und verzichtet auch auf ein langsames Anheizen des Ofens. Das Rohr läßt sich wiederholt benutzen, ohne daß ein Zerspringen zu befürchten ist — Nach ANQELI [Gr. 21,11, 163(1891)] kann bei der Schwefelbestimmung durch Zusatz von etwas Brom zur Salpetersäure die Zersetzungstemperatur erheblich herabgesetzt werden.

Halogenbestimmung

mittels

Kalks.

31

freien schwefelhaltigen Substanzen kann man unmittelbar nach starker Verdünnung mit Chlorbarium fällen oder auch vor der Fällung durch Eindampfen auf dem Wasserbade die überschüssige Salpetersäure vertreiben. Es sei daran erinnert, daß das schwefelsaure Barium stets auf einen Gehalt an löslichen Bariumsalzen geprüft werden und nötigenfalls durch Auskochen mit verdünnter Salzsäure davon befreit werden muß. In Verbindungen, welche sich nach der CABiusschen Methode nicht vollständig oxydieren lassen, bestimmt man den Schwefel zweckmäßig durch Ueberführung in schwefelsaures Calcium, indem man die mit reinem Kalk gemischte Substanz in einem einerseits zu einer Spitze ausgezogenen Verbrennungsrohr unter Ueberleiten eines Sauerstoffstroms erhitzt. Der Röhreninhalt wird dann in verdünnter Salzsäure gelöst und die Lösung mit Chlorbarium gefallt. Auch durch Glühen der Substanz mit Aetzkalk, der mit Calciumnitratlösung abgelöscht wurde, 1 kann der Schwefel zu Schwefelsäure oxydiert werden. — Versuche, die CARIUS sehe Methode zur Bestimmung der Halogene dadurch zu vereinfachen, daß man den Rest des nicht in Halogensilber umgewandelten Silbernitrats nach VOLHAED mit Rhodanammonium titriert,® geben leicht falsche Resultate," weil — besonders bei zu langem oder zu starkem Erhitzen — das Glas nicht unbedeutende Mengen Silber als Silicat aufnimmt.

Die Bestimmung der Halogene kann in allen Fällen durch Glühen der Substanz mit Kalk 4 in einer am einen Ende rund geschmolzenen, 3—4 dm langen Verbrennungsröhre (ohne Ueberleiten von Sauerstoff) ausgeführt werden. In die Röhre wird zunächst etwas reiner Kalk, dann das Gemisch der Substanz mit Kalk, endlich eine längere Schicht reinen Kalks gebracht; man erzeugt dann durch Aufklopfen einen Kanal und erhitzt auf dem Verbrennungsofen — vom vorderen Ende anfangend — allmählich zum Glühen. Nach dem Erkalten wird der Rohrinhalt in Wasser geschüttet und mit Salpetersäure bis zur schwach sauren Reaktion versetzt; man filtriert von der ungelöst bleibenden Kohle und fällt im Filtrat das Halogen durch Silbernitrat. Zum Auswaschen des Niederschlags nimmt man am besten zunächst eine verdünnte Silbernitratlösung, wodurch die lösende Wirkung des Calciumnitrats verringert wird.8 Bei der Analyse von jodhaltigen6 Substanzen würde in der sauren Lösung etwas Jod ausgeschieden werden; man versetzt dann vor der Filtration mit etwas schwefliger Säure, um das freie Jod wieder in Jodwasserstoffsäure überzuführen. Die Halogenbestimmung durch Glühen mit Kalk führt rascher zum Resultat als die CARIUS sehe Methode und ist der letzteren fast stets vorzuziehen, wenn es sich nicht um die gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel handelt. Nach neueren Vorschlägen zerstört man die organische Substanz 1

DE KÖNINCK, NIHOTO,

B.

27

Ref., 804 (1894).

* W A L K E B , HENDEBSON, B . 2 8 R e f . , 8 6 4 3 4

5 4

A.

(1895).

344 (1895). BAEYER [ B . 38, 1163 Anm. (1905)] zieht Soda vor. WEOSCHEIDER, M. 18, 344 (1897). Ueber Nachweis und colorimetrische Bestimmung kleiner Jodmengen vgl.

KÜSTEB,

285,

BOUBCET, C . 1 8 9 9 , I ,

1223.

32

Andere

Methoden

der Halogen-

und

Schwefel-Bestimmung.

durch S c h m e l z e n m i t e i n e m Gemisch von N a t r i u m s u p e r o x y d und S o d a 1 oder reinem N a t r i u m s u p e r o x y d 2 in geeigneten T i e g e l n und benutzt die L ö s u n g der S c h m e l z e zur B e s t i m m u n g des Schwefels u n d der Halogene. E s w ä r e sehr e r w ü n s c h t , w e n n sich auf diese W e i s e d a s A r b e i t e n mit E i n s c h m e l z r ö h r e n o d e r offenen Verbrennungsröhren v e r m e i d e n ließe. D o c h fehlt es n o c h a n E r f a h r u n g , ob diese Methoden bei a l l e n Verb i n d u n g e n zum Z i e l führen. D a s Gleiche gilt bezüglich d e s Vorschlags, für die H a l o g e n b e s t i m m u n g die Zerstörung der organischen Materie durch K o c h e n m i t sauren P e r s u l f a t l ö s u n g e n 3 zu bewirken. Nach der Methode von BRÜGELMANN 4 zur Bestimmung der Halogene und des Schwefels wird die Substanz — in einem Schiffchen befindlich — in einer beiderseits offenen Verbrennungaröhre im Sauerstoffstrom verbrannt; die Verbrennungsprodukte streichen über eine glühende Schicht reinen gekörnten Kalks und geben an diese ihren Gebalt an Halogenen oder Schwefelsäure ab. Man löst dann den Kalk in verdünnter Salpetersäure und fällt die Halogene durch Silbernitrat bzw. die Schwefelsäure durch Chlorbarium. Auch Phosphor und Arsen können in dieser Weise bestimmt werden. U e b e r a n d e r e M e t h o d e n v g l . u . a . SAÜER,5 CLAESSON,8 WEIDEL u n d v . SCHMIDT,7 FAHLBERQ u n d ILES, 8 ZÜLKOWSKY u n d LEP£Z, 9 LONGI,10 VALEUR,11 PETERSEN18 u n d

POZZI-ESCOT.13 (Einzelne dieser Methoden sind von SHERMAN 14 einer kritischen Nachprüfung unterzogen worden.) — Verfahren zur gleichzeitigen Bestimmung von Chlor, Brom und Jod in organischen Substanzen sind ebenfalls mehrfach 1 5 beschrieben worden. Für besonders genaue Analysen oder bei Untersuchung von Stoffen, welche nur wenig Halogen enthalten, ist zu beachten, daß Chlorsilber in Wasser etwas löslich ist; nach W. A. ROTH [Z. Ang. 17, 716 (1904)] löst 1 1 Wasser bei 18° 1-5 mg und bei 34° 2-8 mg AgCl. Neuere Methoden zur Bestimmung von Schwefel: 1. in Brennstoffen und bitum i n ö s e n K ö r p e r n : REITLINGER, C . 1 9 0 2 , I I , 6 1 0 ; NOWJCKI, C. 1 9 0 3 , I I , 1 2 0 9 ; SCHILLBACH, Z . A n g . 1 6 , 1 0 8 0 (1903); PENNOCK, MORTON, A m . Soc. 2 5 , 1265 (1903); GBAEFE,

Z. Ang. 17, 616 (1904); 2. in Pflanzenmaterial, Eiweißstoffen u. dergl.: BARLOW, C. 1 8 0 4 , 1 , 118; 3. in Leim: KRÜMMACHER, C. 1903, II, 1391; 4. in vulkanisiertem Kautschuk und ähnlichen Produkten: ALEXANDER, C. 1904, II, 365. — ESCH, Ch. Z. 28, 200 ( 1 9 0 4 ) ; C . 1 0 0 4 , I I , 365.

4. Die Bestimmung ron anderen Metalloiden, sowie Metallen. A l l g e m e i n k a n n m a n die B e s t i m m u n g der übrigen E l e m e n t e , wenn sie sich in organischen Verbindungen vorfinden, auf die in der anorganischen 1

EDINQER, B. 2 8 , 427 (1895).

Fr. 34, 362 (1895).

2

PRINGSHEIM, B . 3 6 , 4244 ( 1 9 0 3 ) ; 3 7 , 2155 (1904). A m . 3 1 , 386 (1904). Z . A n g . 1 7 , 1454 (1904). — PRINGSHEIM, GIBSON, B . 3 8 , 2459 (1905). — v . KONEK, Z. A n g . 1 6 , 516 (1903); 1 7 , 771 (1904). 3

DITTRICH, B . 3 6 , 3385 (1903). — DITTRICH, BOLLENBACH, B . 3 8 , 747 (1905).

4

5 Fr. 15, 1 (1876); 16, 1 (1877). Ebenda 12, 32 u. 178 (1873). Ebenda 22, 177 (1883). B. 19, 1910 (1886); 20, 3065 (1887).

8 7

10 12 16

B . 1 0 , 1131 (1877).

G. 28, II, 247 (1898). Fr. 4 2 , 406 (1903).

8

B. 11, 1187 (1S78).

9

M. 5 , 537 (1884); 6 , 447 (1885).

11

18

C. r. 129, 1265 (1899); Bl. [3] 23, 82 (1900). 14 C. 1904, II, 62. Am. Soc. 2 4 , 1100 (1902).

JANNASCH, KOELITZ, Z. a . C h . 1 5 , 66, 68 (1897). — BAUBIGNY, CHAVANNE, C . r . 1 3 6 , 1197 (1903); 1 3 8 , 85 (1904). BL. [3] 3 1 , 396 (1904).

33

Bestimmung der übrigen Elemente.

Chemie üblichen Methoden zurückführen, indem man zunächst durch Erhitzen mit rauchender Salpetersäure im geschlossenen Rohr (event. auch nach den im voranstehenden Abschnitt erwähnten neueren Verfahren, z. B. durch Kochen mit Persulfatlösungen oder Verschmelzen mit Natriumsuperoxyd) die organische Verbindung zerstört und so eine Lösung herstellt, welche nur noch anorganische Stoffe enthält. So läßt sich z. B. das Selen ganz ähnlich wie der Schwefel ermitteln, wenn man hierbei gewisse, durch die besonderen Eigenschaften der selenigen Säure bzw. des Silberselenits erforderlich werdende Vorsichtsmaßregeln nicht außer acht läßt.1 — Das gleiche gilt im wesentlichen auch für Phosphor. 2 — Durch zahlreiche Arbeiten, im besonderen von BEETRAND und GAUTIEB, ist in den letzten Jahren der Beweis erbracht worden, daß kleine Mengen Arsen in der organisierten Welt — z. B. auch in den Haaren, Nägeln und anderen Teilen des menschlichen Körpers — weit häufiger vorkommen,3 als man bisher angenommen hat. Eine notwendige Folge dieser Entdeckungen war, daß die älteren Verfahren zum Nachweis und zur Bestimmung dieses Elements ganz wesentlich verbessert worden sind und jetzt auch die sichere Erkennung von minimalen Spuren Arsen gestatten.4 — Für die Bestimmung des Quecksilbers zerstört man die organische Substanz in ähnlicher Weise wie bei dem KJELDAHL sehen Verfahren mittels konz. Schwefelsäure ( + KjSO^ + KMn04) und titriert dann mit Rhodanlösung.6 In anderen Fällen führen aber auch einfachere Wege zum Ziel. Sehr häufig hat man zum z.B. die Salze der organischen S ä u r e n mit den Alkalimetallen oder den alkalischen E r d m e t a l l e n zu analysieren; man braucht dann zur Bestimmung der Basis nur eine 1

s 3

LYONS, SHINN, A m . Soc. 2 4 , 1087 (1902). — FBERICHS, Ar. 2 4 0 , 656 (1902).

Toxikologischer Nachweis: SANTI, C. 1908, I, 197, 299. Vgl. die Zusammenfassung der hier in Betracht kommenden Ergebnisse bei

BERTRAND, C. r. 1 3 4 , 1434 (1902) und bei GAUTIER und CLAUSHANN, C. r. 1 3 0 , 101 (1904). — Verteilung des Arsens im Organismus: DENIG£S, A . ch. [8] 6 , 559 (1905). 4

Verfahren zum Nachweis sehr kleiner Mengen Arsen: BERTRAND, C. r. 137,

266 (1903). Bl. [3] 2 9 , 920 (1903). — CANTONI, CHAUTEMS, C. 1 9 0 6 , 1 , 1481. — COWLEY, CATFOBD , C. 1 9 0 5 , I, 403. — GAUTIER, C. r. 1 3 7 , 158 (1903). Bl. [3] 2 9 , 639, 867 (1903). — GOTTHELF, C. 1 9 0 3 , I, 1044. — KEBIEB, C. 1 9 0 3 , I, 536. — KÖHLER, C. 1 9 0 4 , II, 63. — LOCKEMANN, Z. A n g . 1 8 , 416 (1905). — LOBELLO, C. 1 9 0 5 , II, 571. — MAI, HÜRT, Fr. 4 3 , 557 (1904). C. 1 9 0 5 , 1 , 958; vgl. FREBICHS, RODENBERG, Ar. 2 4 3 , 348 (1905). — Mc GOWAN, FLORIS, C. 1 9 0 5 , 1 , 1 4 8 1 . — MONTHULS, C. 1 9 0 4 , II, 853. — MORGAN, SOC. 8 5 , 1001 (1904). — PANZER, C. 1 9 0 3 , II, 821. — PEDEBSEN, C. 1 9 0 3 , I, 250. — POZZI-ESCOT, C. 1 9 0 4 , II, 476. — SAND, HACKFORD, SOC. 8 5 , 1018 (1904). — STBZYZOWSKI, C. 1 9 0 4 , 1 , 1228. — TABUGI, G. 3 2 , II, 380 (1902). — THOMSON, Chem.

N. 86, 179 (1902); 88, 228 (1903). — THORPE, SOC. 83, 974 (1903). — TODESCHINI, G. 34, I, 492 (1904). — TROTMAN, C. 1904, I, 1295. 5 RUPP, NÖLL, Ar. 243, 1 (1905). — Als einfachste Methode zur Zerstörung

organischer Substanzen, auch für forensische Zwecke, z. B. für den Nachweis metallischer Gifte in Leichenteilen, wird an Stelle der hierfür bisher gebräuchlichen Oxydationsgemische von GASPARINI [Atti [5] 13, II, 94 (1904); G. 3 5 , I, 501 (1905)] die elektrolytische Oxydation empfohlen; vgl. BUDDE, SCHOU, Fr. 3 8 , 344 (1899). MEYJSR-JACOBSON, org. Ch. Zw. Aufl. II.

3

(September 1905)

34

Bestimmung

des

Sauerstoffs.

abgewogene Substanzmenge im Platintiegel mit konzentrierter Schwefelsäure zu übergießen, abzurauchen und den Rückstand zu glühen; die organische Substanz wird zerstört, die Basis bleibt als Sulfat zurück und wird als solches gewogen. — Silbersalze halogen- und schwefelfreier Säuren hinterlassen beim Glühen reines metallisches Silber; zur Silberbestimmung glüht man daher einfach eine abgewogene Menge im Porzellantiegel und wägt den Eückstand. Ebenso werden die Gold- oder P l a t i n d o p p e l chloride organischer Basen analysiert; man erhitzt zunächst im bedeckten Tiegel vorsichtig, damit nicht durch zu heftige Dampfentwicklung Substanzverlust entsteht, glüht dann bei Luftzutritt stärker und wägt das metallisch zurückbleibende Gold bezw. Platin. 5. Die Bestimmung des Sauerstoffs. Den Sauerstoffgehalt einer Verbindung bestimmt man fast immer auf indirektem Wege; nach Ermittelung des prozentischen Gehalts an allen anderen Elementen summiert man die erhaltenen Werte und nimmt die Differenz zwischen 100 und dieser Summe als Sauerstoffgehalt an. Eine leicht ausführbare Methode zur direkten Bestimmung des Sauerstoffs wäre von großem Werte. Es sind verschiedene Methoden1 vorgeschlagen, deren Prinzip darin besteht, daß die zur völligen Oxydation der Substanz erforderliche Menge Sauerstoff bestimmt wird. Bisher hat sich indes keine einzige allgemeinen Eingang in die Laboratorien verschaffen können; auf ihre Beschreibung sei daher hier verzichtet. B e r e c h n u n g der F o r m e l einer Verbindung aus den bei i h r e r Analyse gefundenen Zahlen. Aus den bei der Analyse beobachteten Zahlen läßt sich zunächst, wie an einem Beispiel erläutert werden möge, der Prozentgehalt an den einzelnen Elementen durch einfache Proportionen berechnen. Zur Analyse sei Essigsäure verwendet worden, und eine Verbrennung habe die folgenden Zahlen geliefert:2 0-2046 g Substanz gaben 0-2985 g C02 : und 0-1255 g HjO. 1

BAUMHAOER, Fr. 5 , 1 4 1 (1866). — LADENBÜRO, A . 1 3 5 , 1 (1865). — STROMEYER, A . 1 1 7 , 2 4 7 (1861). — A . MITSCHERLICH, F r . 1 5 , 3 7 1 (1876).

* Die Rechnungen wurden in diesem Beispiel der Uebersichtliclikeit wegen unter Benutzung der abgerundeten Atomgewichtszahlen: C = 12,

H = 1,

0 = 16

durchgeführt; empfehlenswerter ist es jedoch, auch bei organisch-chemischen Arbeiten die folgenden genaueren Werte zu verwenden, welche der Internationalen Atomgewichtstabelle für 1905 entnommen sind:

c = 12 • 00 H = 1 008 O = 16 •00 N = 14 >04 S = 32° + H J = OHL,-OH + CH„J. Die Konstitutionsverschiedenheit, welche im Vorstehenden für den Aethylalkohol und Dimethyläther nachgewiesen wurde, ist typisch für die beiden Klassen der A l k o h o l e und A e t h e r . Die Alkohole sind charakterisiert durch ein Sauerstoffatom, das einerseits an Wässerstoff, andererseits an ein Kohlenwasserstoffradical gebunden ist, die Aether dagegen durch ein Sauerstoffatom, das durch beide Valenzen mit je einem Kohlenwasserstoffradical verknüpft ist. Die Alkohole erkennt man an der Beweglichkeit eines Wasserstoffatoms, an der Austauschbarkeit ihrer Hydroxylgruppe gegen Chlor mit Hülfe von Phosphorpentachlorid und dem Entstehen von solchen Chlorverbindungen in dieser Reaktion, welche in ihrem Molecül ebenso viele Kohlenstoffatome enthalten wie die Ausgangssubstanz; die Aether dagegen erkennt man an ihrer Indifferenz und der leichten Spaltbarkeit in Verbindungen von niedrigerer Kohlenstoffzahl. Nach diesen Grundsätzen können wir nun z. B, die drei auf S. 62 erwähnten Verbindungen C s H 8 0 unter die beiden Klassen verteilen. Zwei dieser Verbindungen (Propyl- und Isopropylalkohol) erweisen sich als wahre Alkohole; sie reagieren stürmisch mit Phosphorpentachlorid, und es entsteht in jedem Fall eine andere Verbindung C 3 H, • C1 von gleicher Kohlenstoffzahl; die beiden Verbindungen erhalten demnach die Strukturformel: C,H,—0—H. Die dritte Verbindung dagegen — der Methyläthyläther — ist gegen Phosphorpentachlorid in der Kälte indifferent; sie zerfällt bei der Einwirkung von Jodwasserstoff in Aethylalkohol (C2H6 • OH) und Methyljodid (CHjJ) und entsteht andererseits aus Aethylalkohol durch Eintritt des Metbylradicals in die Hydroxylgruppe; die Verbindung gehört in die Gruppe der Aether und erhält die Strukturformel: CjH8—0—CH3. In gleicher Weise faßte schon die Typentheorie, wie wir S. 62 sahen, den Konstitutionsunterschied dieser Substanzen auf. Aber die Atomverkettungstheorie zeigt nun ihre Ueberlegenheit darin, daß sie für die der Typentheorie unerklärliche Isomerie der beiden Propylalkohole

Stellungs-Isom

erie.

75

eine einfache Deutung gibt. Denn von dem Propan C3H8, dessen Struktur S. 69 als dem Schema „ H\ V /EL H-7C C Cc-H W ^ \h entsprechend entwickelt wurde, lassen sich ja zwei verschiedene Alkohole ableiten, je nachdem die Hydroxylgruppe an einem der endständigen Kohlenstoffatome oder an dem mittelständigen haftend angenommen wird. Die Formeln: H-0\ J /II Hx J-H M H^C-C-C^-H und H-^C-C-C^H H/ ^ \H H/ \H oder abgekürzt: CH2(OH)-CH2—CH, und CH,—CH(OH)—CHS drücken diese Art der Isomerie aus, welche man auch wohl als „Stellungs-" oder„Orts-Isomerie" bezeichnet Die Beantwortung der Frage, welche dieser Formeln dem Propylalkohol und welche dem Isopropylalkohol entspricht, muß noch etwas verschoben werden, bis wir die Konstitution einer sehr wichtigen Klasse von Oxydationsprodukten der Alkohole — der F e t t s ä u r e n — erkannt haben. Eine große Zahl von Alkoholen geht durch energische Oxydation in Verbindungen über von ausgeprägtem S ä u r e c h a r a k t e r , welche in ihrem Molecül ebenso viele K o h l e n s t o f f a t o m e e n t h a l t e n wie die der Oxydation u n t e r w o r f e n e n Alkohole. Aus dem Aethylalkohol entsteht so nach der Gleichung: CaH60 + 02 = HjO + C2H402 die Essigsäure C 2 H 4 0 2 , der wichtigste Vertreter der Fettsäurereihe. Aus der Bildungsgleichung ist ersichtlich, daß der Vorgang in einer Vertretung zweier Wasserstoffatome durch ein Sauerstoffatom besteht; es fragt sich, welche zwei Wasserstoffatome des Alkoholmolecüls: H\ /OH H-^C—C^-H H/ \H dem neu eintretenden Sauerstoffatom Platz gemacht haben. Zunächst läßt sich nachweisen, daß das Wasserstoffatom der Hydroxylgruppe noch unverändert im Essigsäuremolecül vorhanden ist. Denn die Essigsäure reagiert mit Phosphorpentachlorid heftig in der für hydroxylhaltige Verbindungen charakteristischen Weise (S. 72): CaH402 + PC16 = POCl8 + HCl + C2H90C1. Es entsteht eine chlorhaltige Verbindung — das Acetylchlorid —, welches in Berührung mit Wasser sein Chloratom wieder gegen die Hydroxylgruppe austauscht und Essigsäure regeneriert: CjHjOCl + HaO = HCl + C2H3O.OH C2H402

76

Konstitution der Essigsäure.

Hiernach bleiben für die Essigsäure noch drei Strukturformeln zur Auswahl übrig: /OH /OH /OH T C=0 TT C^H TTT C=H 2 I1L I |>0 l _ o C=H, C=H 2 Von diesen ist die erste die richtige; denn es läßt sich nachweisen, daß die Essigsäure diejenigen drei Wasserstoffatome, welche in ihrem Molecül an Kohlenstoff gebunden sind, an ein und dasselbe Kohlenstoffatom angelagert enthält. Durch Einwirkung von Chlor nämlich können nacheinander diese drei Wasserstoffatome gegen Chloratome ausgetauscht werden: C2H402 + Cl, = HCl + CSH,C102: Monochlor- , C2H8C102 + CIj = HCl + C2H2Cl2Oa: Dichlor- i Essigsäure. C j H j C I j O j + CL» = HCl + C 4 HC1 s Oj : Trichlor- ) Die Substitution erstreckt sich nicht auf das Wasserstoffatom der Hydroxylgruppe; denn auch in dem Endprodukte der Chlorierung, der Trichloressigsäure, läßt sich das Vorhandensein der Hydroxylgruppe noch durch die Chlorphosphorreaktion erweisen. Von den hiernach für die Trichloressigsäure möglichen Strukturformeln: /OH I.

0K j 0

U

C=ci 3

/OH j j II.

j* CV \: C 1w

III.

¿¿CL !^C12

/OH ' u o ^ Cl C C 1

kann nur die erste richtig sein, da sich die Trichloressigsäure beim Kochen ihrer wäßrigen Lösung in Kohlensäure und Chloroform spaltet: CsHCla02 = CHC13 + C02. Das Chloroform als eine Verbindung, deren Molecül neben einem vierwertigen Atom vier einwertige Atome enthält, kann nur die Struktur eines Trichlormethans: ci>°• Nun liefert der Aldehyd durch weitere Oxydation die Essigsäure CH3—CO-OH; dieses Verhalten bedeutet einen bündigen Beweis zugunsten der ersten Formel; denn aus einer Verbindung der zweiten Formel, welche an jedes Kohlenstoffatom nur zwei Wasserstoffatome gebunden

Konstitution

der

Ketone.

81

enthält, wird schwerlich durch einen Oxydationsprozeß die an einem Kohlenstoffatom drei Wasserstoffatome tragende Essigsäure entstehen. Die erste Formel dagegen erläutert in vollkommener Weise die Stellung des Aldehyds als Zwischenprodukt bei der Oxydation des Aethylalkohols zu Essigsäure: CH2-OH CHO CO-OH I >• l v 1 CH, CH, CH3 Wie der Acetaldehyd zwischen dem Aethylalkohol und der Essigsäure, so steht zwischen dem normalen Propylalkohol und der Propionsäure der Propionaldehyd C 3 H 6 0: CH2(OH) CHO CO-OH v 'i 'i A CjH CJH C 5 5 2H. Die Aldehyde, deren Struktur durch die mit einem einwertigen Kohlenwasserstoffradical verbundene Gruppe — c h a r a k t e r i s i e r t ist, können nur durch Oxydation jener Alkohole entstehen, welche die Gruppe —CHa(OH) enthalten ( p r i m ä r e A l k o h o l e ) . Wenn den Alkoholen mit der beiderseits an Kohlenstoff gebundenen Gruppe —CH(OH)— ( s e k u n d ä r e A l k o h o l e ) durch einen Oxydationsprozeß in derselben Weise zwei Wasserstoffatome entzogen werden, so müssen Verbindungen mit der beiderseits an Kohlenstoff gebundenen Gruppe —CO— entstehen. Es sind dies die K e t o n e , deren einfachster Repräsentant — das dem Propionaldehyd isomere A c e t o n C 3 H 6 0 — durch gelinde Oxydation des Isopropylalkohols entsteht: CH(OH) Ihrer Struktur gemäß können sie durch weitere Oxydation nicht in einwertige Carbonsäuren von gleicher Kohlenstoffzahl übergehen, sondern zerfallen in Säuren von niedrigerer Kohlenstoffzahl; so liefert z. B. das Aceton neben Kohlensäure Essigsäure: CH,-CO-CH 8 + 40 = CH,-CO-OH + C02 + HjO. Für die Säuren, die Aldehyde und Ketone wurden wir zu der Folgerung geführt, daß ein Sauerstoffatom mit beiden Valenzen an ein und dasselbe Kohlenstoffatom, welch letzteres ihm gleichfalls zwei Valenzen bietet, gekettet wird: >C=0.

Man bezeichnet eine solche Art der Valenzbefriedigung als „ D o p p e l b i n d u n g " oder, wenn zwischen zwei Atomen ein Aufwand von je drei Valenzen angenommen wird, als „ d r e i f a c h e B i n d u n g " , allgemein als „ m e h r f a c h e B i n d u n g " . Mehrfache Bindung wird sowohl zwischen ungleichartigen Atomen (wie im obigen Falle), als auch zwischen gleichartigen angenommen (z. B. > C = C < , — N=N—); Spekulationen über ihre Natur vgl. Kap. 12 des speziellen Teiles. Meyer-Jacobson, org. Ch. Zw. Aufl. II.

6

(September 1905)

82

Zusammenhang zwischen physik. Eigenschaften und ehem. Konstitution.

Zusammenhang zwischen p h y s i k a l i s c h e n E i g e n s c h a f t e n und chemischer K o n s t i t u t i o n . Die Konstitutionsableitungen, welche in dem vorhergehenden Abschnitt als Beispiele zur Erläuterung der für die Erforschung der Struktur zu befolgenden Methode gegeben wurden, ruhen auf rein chemischen Grundlagen. Man kann sich nun die Frage vorlegen, ob nicht auch auf physikalischer Basis ein Einblick in die Struktur der Molecüle gewonnen werden kann. Als wir uns mit dem Problem der Moleculargewichtsbestimmung beschäftigten, lernten wir in dem spezifischen Gewicht der Dämpfe eine physikalische Eigenschaft kennen, welche direkt proportional dem Moleculargewicht ist; diese Konstante ist also nur von der Anzahl und Art der zu einem Moleciil zusammentretenden Elementaratome, nicht von ihrer Anordnung, abhängig und besitzt für isomere Substanzen gleichen W e r t Gibt es nicht andere physikalische Eigenschaften, welche auch von der Gruppierung der Atome beeinflußt werden, und für welche eine gesetzmäßige Abhängigkeit von der Struktur sich nachweisen und formulieren läßt, so daß sie zur Beurteilung der Struktur in ähnlicher Weise verwertet werden können, wie die Dampfdichte, die Gefrierpunktserniedrigung usw. zur Erkenntnis des Moleculargewichts? Solche von der Konstitution abhängigen Eigenschaften — „konstitutive", wie sie OSTWALD 1 im Gegensatz zu den „additiven" Eigenschaften bezeichnet, deren Zahlenwert in einer Verbindung einfach die Summe der den einzelnen Bestandteilen zukommenden Zahlenwerte darstellt und von der Art ihrer Aneinanderlagerung nicht beeinflußt wird, — gibt es in großer Zahl. Zu ihnen gehören z. B. das spezifische Gewicht der Flüssigkeiten, das Lichtbrechungsvermögen, das elektrische Leitungsvermögen, das optische Drehungsvermögen, welches die Flüssigkeiten im magnetischen Felde zeigen. Man hat für eine große Anzahl von Verbindungen bekannter Konstitution diese und andere Eigenschaften sorgfältig bestimmt und die an verschiedenen Substanzen beobachteten Eigenschaften miteinander verglichen in der Hoffnung, regelmäßige Differenzen aufzufinden, welche bestimmten Aenderungen in der Struktur entsprechen. Diese Forschungsrichtung wurde durch H. KOPP3 begründet, welcher 1842 die Molecularvolumina von Flüssigkeiten nach diesem Gesichtspunkte zu untersuchen begann. An den beobachteten Zahlen haben sich gewisse Begelmäßigkeiten ergeben. Auch hat man die erkannten Regelmäßigkeiten für Konstitutionsbetrachtungen zu verwerten gesucht, indem man bei Verbindungen, deren chemische Untersuchung die ihnen zukommende Struktur noch zweifelhaft ließ, auf Grund der physikalischen Eigenschaften eine Auswahl zwischen den möglichen Formeln traf. Die derart gezogenen Schlüsse konnten oft durch die weitere chemische 1

Abhdlgn. d. sächs. Gesellsch. d. Wiss. X V , 238 (1889).

' A. 4 6 , 215 (1843).

Polymerie und Isomerie.

83

Untersuchung bestätigt werden. Für die Erörterung von Strukturfragen bietet mithin das Studium der physikalischen Eigenschaften in manchen Fällen ein wichtiges Hülfsmittel (vgl. ferner S. 124 ff.). Entwicklung der Atomverkettungstheorie zur Lehre von der räumlichen Molecülkonfiguration (Stereochemie). Die Erörterung der Atomanordnung innerhalb der Molecüle war durch das Bestreben hervorgerufen, die zahlreich beobachteten Isomeriefälle zu erklären. Als „Isomerie" wurde S. 8—4 die Erscheinung bezeichnet, daß Verbindungen von gleicher prozentischer Elementarzusammensetzung verschiedene Eigenschaften zeigen; diese Definition entspricht dem älteren Gebrauch des Wortes und läßt es zunächst unberücksichtigt, ob mit der Gleichheit der prozentischen Zusammensetzung auch Gleichheit des Moleculargewichts zusammentrifft oder nicht. Man faßte früher diese beiden Möglichkeiten als Spezialfälle der Isomerie auf und unterschied sie durch die Bezeichnungen „Polymerie" (gleiche Zusammensetzung bei verschiedenem Moleculargewicht, z. B. C2H4 und C4H8) und „Metamerie" (gleiche Zusammensetzung bei gleichem Moleculargewicht). Der Ausdruck „Metamerie" wird heute nur wenig mehr benutzt; vielmehr versteht man heute meist unter „Isomerie" nur solche Fälle, in denen Gleichheit der prozentischen Zusammensetzung mit Gleichheit der Moleculargröße zusammentrifft (Isomerie im engeren Sinne), und unterscheidet davon die „Polymerie", welche nicht eine Isomerie im eigentlichen Sinne des Wortes darstellt. Wenn nun die Erklärung der eigentlichen Isomeriefälle an der Hand der Atomverkettungstheorie, deren Grundzüge in den vorhergehenden Abschnitten dargelegt wurden, allgemein gelingt, so ist eine Hauptaufgabe dieser Theorie als erfüllt zu betrachten. Für jede einzelne beobachtete Verbindung muß sich eine Konstitutionsformel ableiten lassen, welche alle ihre Entstehungsweisen und Umsetzungen begreifen läßt und ihr besonderes, von allen übrigen Verbindungen abweichendes Verhalten erklärt. Wir erwarten von einer Theorie noch mehr; wir wollen ihr Anregung zu neuen Versuchen entnehmen. In wie hohem Grade die Atomverkettungstheorie dieser Erwartung entsprochen hat, ist bereits früher (S. 63) ausgeführt worden. Als ein Widerspruch gegen die Theorie ist es nicht aufzufassen, wenn sich nicht alle Kombinationen, die wir als möglich ableiten können, als wirklich bestehend erweisen lassen. Wir dürfen nicht erwarten, daß es gelingen wird, jede beliebige Verbindung darzustellen, welche einer gewissen, uns möglich erscheinenden Atomanordnung entspricht; nicht alle Umsetzungen, die von der Theorie angedeutet werden, brauchen wirklich ausführbar zu sein. Denn es wird Ursachen, deren Natur uns vorläufig noch unbekannt ist, geben, welche die Existenz bestimmter Atomlagerungen überhaupt unmöglich machen. Oder das Bestehen gewisser Verbindungs6*

84

TJebergang zur Erörterung der räumlichen

Atomanordnung.

formen, das Eintreten gewisser Umsetzungen kann an Bedingungen geknüpft sein, deren Verwirklichung zurzeit noch nicht in unserer Macht steht. Wenn also die Mannigfaltigkeit der Beobachtungen hinter der Mannigfaltigkeit der theoretischen Möglichkeiten zurückbleibt, so liegt noch kein Grund vor, an der Brauchbarkeit des Fundaments, auf welchem wir unsere theoretischen Betrachtungen aufbauen, zu zweifeln. Wenn aber die Erfahrung mehr Kombinationen kennen lehrt, als die Theorie erwarten läßt, wenn in einzelnen Fällen die Anzahl der beobachteten Isomeriefälle die Anzahl der theoretisch möglichen übersteigt, wenn Verbindungen aufgefunden werden, denen wir auf Grund ihres Verhaltens die gleiche Strukturformel zuerteilen müssen und die doch voneinander verschieden sind, — dann erweist sich die Theorie als nicht genügend zur Lösung der ihr gestellten Aufgabe. Solche Beobachtungen blieben nicht aus; man konstatierte „ a b n o r m e " Isomeriefalle zunächst nur in geringer Zahl; man bemühte sich anfangs, sie doch auf Strukturverschiedenheit zurückzuführen, ohne hierbei vor oft sehr gezwungenen und bedenklichen Interpretationen der Tatsachen zurückzuschrecken. Die Beobachtungen, deren Erklärung in dieser Weise Schwierigkeiten verursachte, häuften sich aber immer mehr und veranlaßten endlich eine Erweiterung der Theorie: den Uebergang zur Diskussion der r ä u m l i c h e n A n o r d n u n g der Atome innerhalb der Molecüle. Die Atomverkettungstheorie hatte sich ja anfangs mit vollem Recht in der Erörterung der Atomlagerung eine gewisse Beschränkung auferlegt; sie suchte zunächst nichts anderes zu ermitteln als die Reihenfolge, nach der die einzelnen Atome miteinander verkettet sind, d. h. zu entscheiden, zu welchen anderen Atomen jedes einzelne Atom in besonders naher Beziehung steht. Wenn z. B. die Isomerie des Aethylenchlorids und Aethylidenchlorids durch die Strukturformeln: H\ /H H\ /H CI-7C Cc-Cl und H-)C Cr~Cl H/ \H W \ci ausgedrückt wird, so spricht sich in diesen Formelbildern nur folgender Gedanke aus: Beide Verbindungen enthalten zwei Kohlenstoffatome mit je einer Valenz aneinander gebunden, die hiernach frei bleibenden Valenzen werden durch vier Wasserstoffatome und zwei Chloratome gesättigt, und zwar in der einen Verbindung derart, daß an jedes Kohlenstoffatom sich zwei Wasserstoffatome und ein Chloratom anlagern, in der anderen Verbindung derart, daß beide Chloratome mit einem und demselben Kohlenstoffatom verbunden sind. Wir können die Formeln in sehr verschiedenartiger Weise schreiben, indem wir in der Ebene des Papiers den einzelnen Atomen andere Orte zuweisen; auch die Formeln: H H—6

¿1

H ¿—H

¿1

H H-C ¿1

H ¿—C1 k

H H—C ¿1

C1 (J-H i

Räumliche

Konfiguration

der Molecüle

(Stereochemie).

85

würden z. B. die Struktur der ersten Verbindung wiedergeben; sie sind alle gleichbedeutend1, ihre Verschiedenheit ist nur eine scheinbare, in der Schreibweise begründete, denn über die Lagerung der Atome im Räume sollten die Strukturformeln keine Auskunft geben. Dennoch ist es sehr wohl denkbar, daß die Atome bei gleicher Verkettungsweise sich zu verschiedenartigen räumlichen Gebilden zusammenlagern können; und aus dieser Möglichkeit eröffnet sich die Perspektive auf eine größere Zahl von Isomeren, als sie sich vom Standpunkt der älteren Strukturlehre ergibt. Wenn also die Erfahrung zeigt, daß sich nicht alle beobachteten Isomeriefälle durch eine Verschiedenheit in der Verkettungsweise der Atome erklären lassen, so liegt es nahe, jene „abnormen" Isomeriefälle als durch verschiedenartige r ä u m l i c h e Atomanordnung bedingt anzusehen und nach neuen theoretischen Voraussetzungen zu suchen, welche die räumliche „ K o n f i g u r a t i o n " der Molecüle erfolgreich zu diskutieren gestatten. Die Voraussetzungen, welche für die heutige Stereochemie der Kohlenstoffverbindungen — mit „ S t e r e o c h e m i e " bezeichnet man die Lehre von den räumlichen Verhältnissen der Molecüle — die Grundlage geworden sind, entwickelte 1 8 7 4 J . H . VAN'T H O F F ; 1 ZU gleicher Zeit und unabhängig gelangte 2 L E BEL zu Anschauungen, welche mit denen VAN'T HOBES im großen ganzen, aber nicht durchgängig, übereinstimmen. Eine umfassende Anwendung gab 1887 J. WISLICENUS, 3 auf den Anschauungen VAN'T HOFFS fußend, der stereochemischen Lehre, deren hervorragende Bedeutung für die organische Chemie seitdem durch eine außerordentlich große Zahl von Experimentaluntersuchungen belegt ist, in welchen sie als treffliche Führerin gewirkt hat. Nur die Grundzüge dieser Lehre sollen auf den nachstehenden Seiten geschildert werden; 4 im speziellen Teil werden dann die einzelnen Fälle ihrer Anwendung Gelegenheit zu eingehenderer Darlegung geben. 1 J. H. VAN'T H O F F , La chimie dans l'espace (Rotterdam 1875). — Deutsche Bearbeitung von P. HERMANN: Braunschweig, 1877. — Zweite Auflage „Die Lagerung der Atome im Räume": Braunschweig, 1894. 2

BL. [ 2 ] 2 2 ,

337 (1874); [3] 3 ,

788 (1890); 7,

6 1 3 (1892).

C . r. 1 1 4 ,

304 (1892).

— Vgl. auch G U T E , C. r. 1 1 4 , 4 7 3 ( 1 8 9 2 ) . 8 Abhdlgn. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. XXIV (1887). — Vgl. dazu BECKMANNS Nekrolog auf WISLICENÜS, B . 37, 4916ff. (1904). 4 Ausführliche Behandlung s. in A. W E E N E R S Lehrbuch der Stereochemie (Jena, 1904). — Zur Geschichte vgl.: J. H . VAN'T H O F F , Dix années daüs l'histoire d'une théorie (Rotterdam 1887). A U W E R S , Die Entwicklung der Stereochemie (Habilitationsschrift. Heidelberg 1890). V. M E Y E R , Ergebnisse und Ziele der stereochemischen Forschung, B. 23, 567 (1890). — Eine Zusammenstellung der auf die Stereochemie bezüglichen Literatur findet man in dem „Handbuch der Stereochemie" (Frankfurt a. M. 1894), unter Mitwirkung von P . W A I D E N herausgegeben von C . A. BISCHOFF, welches für die Jahre 1894—1902 durch C. A. BISCHOFFS „Materialien der Stereochemie in Form von Jahresberichten" (Braunschweig 1904) ergänzt ist.

86

Optisches Drehungsvermögen flüssiger oder gelöster Körper.

Den Anlaß für den Uebergang von der reinen Strukturchemie zur „Stereochemie" gab die Beobachtung, daß eine größere Zahl von organischen Verbindungen in verschiedenen Modifikationen aufzutreten vermag, die sich durch ihr Verhalten gegen den polarisierten Lichtstrahl unterscheiden.1 Die Weinsäure z. B. wurde in zwei Formen erhalten, von denen die eine die Schwingungsebene des polarisierten Lichtes nach rechts ablenkt, während die andere sie um ebensoviel nach links dreht; mehr oder weniger analoge Beobachtungen wurden an der Aepfelsäure, Milchsäure und vielen anderen Substanzen gemacht. In chemischer Beziehung zeigen die rechtsdrehende und linksdrehende Modifikation keine Verschiedenheit voneinander; sie müssen gleiche Struktur besitzen, denn in allen Reaktionen verhalten sie sich gleich (vgl. dazu S. 110) bis auf den Punkt, daß in solchen Prozessen, welche zu optisch „aktiven" Umwandlungsprodukten führen, wieder aus den beiden Modifikationen Reaktionsprodukte von entgegengesetztem Drehungsvermögen entstehen. Es muß zunächst befremdlich erscheinen, daß die Beobachtung des Auftretens von optisch verschiedenen Modifikationen an organischen Verbindungen die Diskussion der räumlichen Atomlagerungsverhältnisse herbeigeführt hat. Denn auch in der anorganischen Chemie sind ja ähnliche' Erscheinungen häufig beobachtet, ohne daß sie so weitgehende Spekulationen veranlaßt haben; wir kennen rechtsdrehenden Quarz und linksdrehenden Quarz; Natriumchlorat, Natriumperjodat und andere Salze existieren in rechtsdrehenden und linksdrehenden Modifikationen. Allein zwischen der optischen Aktivität dieser anorganischen Verbindungen und jener der erwähnten organischen Substanzen besteht ein großer Unterschied: die Aktivität der ersteren ist an den festen Zustand gebunden, die Aktivität der letzteren zeigt sich im flüssigen und gasförmigen Zustand. Wird ein Krystall von rechtsdrehendem oder linksdrehendem Natriumchlorat in Wasser gelöst, so resultiert in beiden Fällen genau dieselbe Lösung, welche kein Drehungsvermögen mehr besitzt. Es geht daraus hervor, daß in diesem Falle das Drehungsvermögen nicht eine Eigenschaft der einzelnen Molecüle ist, sondern erst durch eine bestimmte Art der Zusammenlagerung mehrerer Molecüle im festen Aggregatzustand bedingt wird. Wenn bei dem Uebergang in den flüssigen Aggregatzustand jene eigentümlichen Molecularaggregate in die einzelnen Molecüle zerfallen, so verschwindet das Drehungsvermögen. Es liegt daher keine Veranlassung vor, im rechtsdrehenden Natriumchlorat andere Einzelmolecüle anzunehmen als im linksdrehenden. Wird dagegen Eechtsweinsäure in Wasser gelöst, so entsteht eine rechtsdrehende Lösung; wird Linksweinsäure aufgelöst, so resultiert eine Lösung, welche bei gleicher Konzentration die Schwingungsebene des 1 Die hierher gehörigen Erscheinungen sind zusammenfassend behandelt in Landolt, Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen (2. Aufl., Braunschweig 1898). — Vgl. ferner den Vortrag von Walden „Ueber das Drehungsvermögen optisch-aktiver Körper", B. 38, 345 (1905).

Enantiomorphie.

87

polarisierten Lichtes um ebensoviel nach links dreht. Wollte man auch hier das entgegengesetzte Drehungsvermögen durch die Existenz verschiedenartiger Molecularaggregate erklären, welche aus gleichartigen Einzelmolecülen bestehen, so wäre man zu der außerordentlich unwahrscheinlichen Annahme genötigt, daß solche Komplexe von mehreren Molecülen auch in verdünnten Lösungen bestehen bleiben. Bei Substanzen, welche unzersetzt verdampft werden können, läßt sich diese Vermutung prüfen; wäre sie richtig, so müßte durch den Uebergang in den Dampfzustand, der doch zweifellos die Zerlegung in Einzelmolecüle herbeiführt, die optische Aktivität aufgehoben werden. Die Weinsäure läßt diese Prüfung freilich nicht zu, da sie sich beim Erhitzen zersetzt; aber der Versuch ist zuerst bei einigen Terpenen und dem Campher von B I O T und von G E E N E Z ausgeführt und hat ergeben, daß diese Substanzen auch noch im dampfförmigen Zustand ihr Drehungsvermögen behalten. 1 In d i e s e n F ä l l e n also ist die o p t i s c h e A k t i v i t ä t eine E i g e n s c h a f t des c h e m i s c h e n M o l e c ü l s ; die M o l e c ü l e der r e c h t s d r e h e n d e n M o d i f i c a t i o n müssen a n d e r s b e s c h a f f e n sein als d i e j e n i g e n der l i n k s d r e h e n d e n Modifikation. Das optische Drehungsvermögen einer und derselben Substanz kann für den krystallinischen Zustand einerseits und für den gelösten Zustand andererseits sowohl der Größe wie dem Sinne nach verschieden sein; aus einer aktiven Lösung entstehen aber immer nur Krystalle einer Drehungsrichtung.2

Für die krystallisierten mit optischem Drehungsvermögen begabten Substanzen ist bekanntlich ein Zusammenhang zwischen ihrer Krystallgestalt und ihrem Verhalten gegen das polarisierte Licht festgestellt. Diese Substanzen krystallisieren in Formen, welche keine Symmetrieebene besitzen. Die Krystalle mit entgegengesetztem Drehungsvermögen sind zwar von denselben Flächen umgrenzt, aber diese Flächen ordnen sich in verschiedener Weise aneinander; der rechtsdrehende Krystall ist nicht das Ebenbild des linksdrehenden, sondern sein Spiegelbild; durch keine Drehung kann er in eine solche Stellung gebracht werden, daß seine Flächen sich mit denen des linksdrehenden Krystalls decken; die beiden Krystalle sind einander „enantiomorph". 3 Der Gedanke, daß bei jenen Verbindungen, deren Drehungsvermögen nicht an den festen Zustand gebunden ist, eine analoge Eigentümlichkeit in der räumlichen Anordnung ihrer Molecüle bestände, daß die Molecüle der einen Modifikation enantiomorph seien denen der anderen, ist zuerst von 1 Weitere Belege gab GÜTE, Archives des sciences physiques et naturelles [3] 33, 409 (1895). s Vgl. hierzu: WYBOUBOFF, B. 28 Ref., 265 (1895). — POPE, Soc. 69, 971 (1896).

— H . TRAUBE, C. 1 8 9 7 , I, 145.

* Auch für die in Lösung aktiven Substanzen ist Enantiomorphie der Krystallformen in allen Fällen, bei denen eine v o l l s t ä n d i g e Bestimmung der krystallographischen Symmetrie ausgeführt werden konnte, beobachtet worden. Vgl. hierzu: H. TBAUBE, B. 29, 2446 (1896).

88

Räumliche

Verteilung der

Kohlenstoffvalenzen.

bei seinen denkwürdigen Untersuchungen über die Weinsäure, die für die Stereochemie von grundlegender Bedeutung geworden sind, ausgesprochen worden. Unabhängig voneinander zeigten LE BEL und VAU'T H O F E 1 8 7 4 , daß in der Tat die moleculare Struktur aller jener organischen Verbindungen eine gewisse Eigentümlichkeit aufweist, welche einen unsymmetrischen Bau des Molecüls und das Auftreten zweier enantiomorpher Formen unter bestimmten einfachen V o r a u s s e t z u n g e n ü b e r die r ä u m l i c h e O r i e n t i e r u n g der vier m i t einem K o h l e n s t o f f a t o m v e r b u n d e n e n G r u p p e n notwendigerweise zur Folge haben muß. Der auf S. 66 angedeuteten Vorstellung, daß die Atombindekraft eines Kohlenstoffatoms in vier Angriffspunkten konzentriert ist, folgend, wollen wir als „Valenzrichtungen" die Verbindungslinie dieser Angriffspunkte mit dem Schwerpunkte des Kohlenstoffatoms bezeichnen. Wenn man nun eine Anschauung über die räumliche Verteilung dieser vier Valenzrichtungen zu gewinnen sucht, so könnte man zunächst die Annahme in Betracht ziehen, daß alle in einer und derselben Ebene liegen. Die gleichförmigste Verteilung würde in diesem Falle durch das Schema: PASTEUK

1

2

I —C— I

ausgedrückt werden, nach welchem die Richtungen der vier Valenzen vier rechte Winkel einschließen. Allein diese Annahme führt zu Folgerungen, welche durch die Erfahrung nicht bestätigt werden; es müßte schon jedes Disubstitutionsprodukt des Methans CB^Xj in zwei isomeren Modifikationen auftreten können: H X—¿-X i H

und

H H—¿—X ; i X

eine derartige Isomerie ist indessen niemals beobachtet worden. Bei jeder anderen, weniger gleichförmigen Verteilung der Valenzen in einer Ebene würden sich bereits für Monosubstitutionsprodukte des Methans (CH3X) l8omeriemöglichkeiten ergeben. Da indes Mono- und Disubstitutionsprodukte des Methans stets nur in einer einzigen Modifikation erhalten sind, so ist die Annahme der vier Kohlenstoffvalenzen in einer und derselben Ebene überhaupt zu verwerfen. Wenn demnach die Voraussetzung, daß die vier Kohlenstoffvalenzen in einer E b e n e liegen, sich als nicht brauchbar erweist, so bleibt nun als einfachste Vorstellung die Annahme übrig, daß die Valenzen in dem 1

Vgl.: „Ueber die Asymmetrie bei natürlich vorkommenden organischen Verbindungen", zwei Vorträge gehalten am 20. Januar und 3. Februar 1860 in der Société chimique zu Paris. Für OSTWALDS „Klassiker der exakten Wissenschaften" als Nr. 28 übersetzt und herausgegeben von M. u. A. LADENBDBQ (Leipzig 1891). 2 Vgl. die Literatur in Fußnote 1 und 2 auf S. 85.

Isomerie als Folge verschiedener räumlicher Atomanordnung.

89

das Kohlenstoffatom umgebenden R ä u m e vollkommen gleichartig verteilt sind, derart daß die Richtung jeder einzelnen Valenz mit der Richtung jeder anderen den gleichen Winkel bildet. Man gewinnt hierfür ein anschauliches Bild, wenn man sich das Kohlenstoffatom im Mittelpunkt eines regulären Tetraeders befindlich, seine Valenzen nach den Ecken desselben gerichtet denkt: a

Welche Isomeriemöglichkeiten ergeben sich nun aus dieser Annahme, wenn in einer Verbindung C ai nacheinander die Gruppen a durch andersartige ersetzt werden? Denken wir uns zunächst e i n e Gruppe b eintreten, so ist es selbstverständlich gleichgültig, an welcher Tetraederecke die Substitution stattfindet; auch wenn in die Verbindung Ca 3 b noch eine dritte Gruppe c an Stelle von a eingeführt wird, ist nur eine Konfiguration denkbar, da alle drei Gruppen a zur Gruppe b genau dieselbe Stellung besitzen. Mono- und Disubstitutionsprodukte des Methans können demnach, der Erfahrung entsprechend, nur in e i n e r Modifikation auftreten. Wenn aber jetzt in die Verbindung Ca 2 bc: b

deren Molecül noch eine durch b, 0 und o gehende Symmetrieebene aufweist, an Stelle von einer Gruppe a die von a, b und c verschiedene Gruppe d eintritt, so verschwindet diese Symmetrieebene, und es müssen z w e i verschiedene Konfigurationen entstehen, je nachdem die in der Figur rechts stehende oder die linksstehende Gruppe a substituiert wird:

Denn denken wir uns in der Bindestelle von a stehend, so müssen wir, um von b über e nach d zu gelangen, auf der Peripherie des durch die drei entsprechenden Bindestellen gelegten Kreises einmal in der Richtung des Uhrzeigers, das andere Mal in entgegengesetzter Richtung vorschreiten. Die beiden Systeme sind nicht miteinander identisch; sie verhalten sich

90

Asymmetrische

Kohlenstoffatome.

zueinander wie zwei enantiomorphe Krystalle; das eine System ist das Spiegelbild des anderen, ohne durch irgendwelche Drehung mit ihm zur Deckung gebracht werden zu können. Nach jener Annahme über die räumliche Verteilung der Kohlenstoffvalenzen ist demnach das Auftreten von zwei verschiedenen, einander enantiomorphen Konfigurationen bei allen Verbindungen zu erwarten, welche ein Kohlenstoffatom enthalten, das durch seine vier Valenzen an vier voneinander verschiedene Atome bzw. Radicale gebunden ist. Nun weisen in der Tat die Molecüle aller jener in flüssigem Zustand optisch aktiven Verbindungen solche „asymmetrischen K o h l e n s t o f f a t o m e " auf. 1 Die Milchsäure z. B. ist nach der Formel: CHj^p^OH H^^COjH' die Aepfelsäure nach der Formel: C02H—CHJ-^^-H

konstituiert, die Weinsäure enthält zwei asymmetrische Kohlenstoffatome: OH H—¿—COSH H—¿—COJH

U8W

"

¿H

Die optische Aktivität dieser Verbindungen und ihre Fähigkeit, in zwei entgegengesetzt optisch aktiven Formen aufzutreten, wird also, dem Gedanken PASTEUBS (vgl. S. 87—88) entsprechend, auf die unsymmetrische Gestalt ihrer Molecüle und die dadurch bedingte Möglichkeit der Bildung enantiomorpher Konfigurationen zurückgeführt. Diese Möglichkeit besteht nach der Theorie von L E B E L und VAN'T H O F F bei denjenigen Verbindungen, deren Molecül mindestens ein asymmetrisches Kohlenstoffatom enthält.8 Das optische Drehungsvermögen muß demzufolge erhalten bleiben bei Reaktionen, welche die Asymmetrie des Kohlenstoffs nicht aufheben. Wenn wir z. B. im optisch aktiven Amylalkohol: ^ C H 2 • OH

die Hydroxylgruppe durch Jod, Cyan, Carboxyl oder Amid ersetzen: CIHS^ 1

^CHJJ'

C!H8>0

0
C schlossener Ketten enthalten. Die Atomgruppierungen:

\

/

\

/

/wY\

/ Y\

Furfuranring

Thiophenring

\

/

1 /C\

?? /

X N/ \ Pyridinring

\

/

Kl)? /N

x

/

X N/ \ Azinring

\

/

/¿ Y\ i Pyrrolring

VNC i / i /

/

c —

Thiazolring

sind Beispiele für solche „Ringe"; jede ist charakteristisch für eine größere Gruppe von Verbindungen. Den Ringsystemen, die aus lauter gleichartigen Gliedern — Kohlenstoffatomen — bestehen, reihen sich demnach solche an, deren Glieder verschiedener Art sind. Man kann die ersteren als „isocyclische", die letzteren als „heterocyclische" bezeichnen. Den „cyclischen" Verbindungen überhaupt kann man die Körper, deren Molecül keine ringförmige Atomanordnung enthält, als „acyclische" Verbindungen gegenüberstellen. Die organischen V e r b i n d u n g e n können demnach, soweit ihre K o n s t i t u t i o n e r k a n n t i s t , in d r e i g r o ß e K l a s s e n eingeteilt werden: I. Aliphatische oder acyclische, Verbindungen:

Verbindungen,

deren

Molecüle nur offene Atomketten enthalten. (Verbindungen der F e t t reihe.) II. Isocyclische Verbindungen: Verbindungen, deren Molecüle geschlossene Ketten von Kohlenstoffatomen enthalten. (Benzolderivate u. a.) III. Heterocyclische Verbindungen: Verbindungen, die in ihrem Molecül neben Kohlenstoffatomen auch andere Elementaratome als Glieder geschlossener Ketten enthalten. ( P y r i d i n d e r i v a t e usw.) Die Angehörigen der beiden letzten Klassen stellt man zuweilen den Verbindungen der Fettreihe als V e r b i n d u n g e n der aromatischen R e i h e gegenüber, weil die Mehrzahl in ihrem chemischen Verhalten gewisse gemeinsame Eigentümlichkeiten aufweist, die in auffälligem Gegensatz zu dem chemischen Charakter der aliphatischen Verbindungen stehen. Eine nähere Kennzeichnung dieses „aromatischen" Charakters kann erst im zweiten Bande (Teil I) gegeben werden. Andererseits aber finden sich unter den cyclischen Verbindungen auch solche, welche in ihrem chemischen Verhalten den aliphatischen Körpern sehr ähneln1 und daher als „ a l i c y c l i s c h e " 2 Verbindungen bezeichnet werden können. Es handelt sich also bei obiger Unterscheidung von drei Klassen nur um eine für die S y s t e X

1

Näheres s. in Bd. II, Teil I, Kap. 1.

2

BAMBERGEB, B. 2 2 , 769 (1889).

Hauptldassen

der organischen Verbindungen.

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m a t i k sehr wertvolle Einteilung; in der c h e m i s c h e n N a t u r der einzelnen Klassenglieder dagegen finden wir nicht durchgreifende Unterschiede, sondern allmähliche Uebergänge Die s t r e n g e Durchführung des obigen Prinzips erweist sich indes, soweit die dritte Klasse in Betracht kommt, auch für die Systematik nicht als zweckmäßig. Verbindungen z. B., wie CH2-CO CH2—CO ¿H 2 —CHj ' ¿H2-ccr ' Butyrolacton Bernsteinsäureanhydrid gehören streng genommen in die Klasse der heterocyclischen Verbindungen, werden aber mit gutem Grunde stets bei den aliphatischen Verbindungen abgehandelt — deshalb, weil ihre ringförmige Atomgruppierung sich nicht in einer größeren Zahl von Umsetzungen erhält. Die Verbindungen mit offener Kette: CH a —CO-OH ¿Hj—CH 2 • OH ' Oxybuttersäure

CH 2 —CO-OH ¿H 2 —CO • OH Bernsteinsäure

stehen zu ihnen in nächster Beziehung; aus letzteren bilden sie sich durch Wasserabspaltung und gehen durch Wasseraufnahme wieder leicht in dieselben über: sie sind „innere Anhydride" jener Verbindungen. Der cyclische Kern in ihrem Molecül ist bei jedem chemischen Eingriff bereit, sich zu öffnen; fast alle ihre genetischen Beziehungen verknüpfen sie mit aliphatischen Verbindungen, und es wäre daher unnatürlich, sie getrennt von ihren nächsten Verwandten zu behandeln. Dagegen werden die Substanzen: CH—C^-CHO I >0 , CH=CH Furfurol

C H = C ^ C O • OH I >0 , CH=CH Brenzschleimsäure

welche ein aus denselben Atomen gebildetes Ringsystem enthalten, bei den cyclischen Verbindungen abgehandelt, weil ihre Entstehungsweisen und Umwandlungen den cyclischen Komplex ihres Molecüls als ihren wirklichen Stammkern erkennen lassen, der seinen Zusammenhang in einer großen Zahl von Reaktionen wahrt. Zu der ersten Klasse gehören natürlich auch diejenigen Verbindungen, welche m e h r e r e offene Kohlenstoffketten unter Zwischenschaltung anderer mehrwertiger Atome enthalten, z. B.: CH, • CHS— 0—CH2»CHj • CH2 • CHS • Ebenso umfaßt die zweite Klasse auch alle Verbindungen, in deren Molecülen Kohlenstoffringe mit offenen Kohlenstoffketten oder miteinander verbunden sind, z. B.: H2C, ,CH2 H j C k J c H . CHj • CH2 • CH,, CH2 CH H(X^C-CH2\CHj ) HcLJc—CH,/ ' ' CH 1

CH' HCX^NCHclJcH CH

CH

CH CH HC^C-NH-Gr-SCH. HcLJcH HölJcH ' CH CH

Vgl. auch KRAFFT, J . pr. [2] 62, 75 (1900).

142

Homologie.

Der dritten Klasse endlich werden auch alle Kombinationen heterocyclischer Ringe mit offenen Kohlenstoffketten und mit Kohlenstoffringen eingereiht, z. B.: OBj OH CHj

H s Cj^NCH s H2CL JCH—CHj'CHj'CHg' NH

Hiy^C-^^CHj HC^^ .^Cx. _JCH2 CH

NH

Für die K l a s s i f i k a t i o n der einzelnen Verbindungen i n n e r h a l b j e n e r drei H a u p t k l a s s e n besitzen wir in der „Homologie" ein ausgezeichnetes Hülfsmittel. Der chemische Charakter einer Verbindung bleibt in seinen Grundzügen ungeändert, wenn ein an Kohlenstoff gebundenes Wasserstoffatom durch die Methylgruppe: —CHS ersetzt wird. Zwei Verbindungen, deren eine aus der anderen durch eine solche einmalige oder mehrmalige Einführung einer Methylgruppe entstanden gedacht werden kann, bezeichnet man als homolog. Solche Verbindungen lassen sich zu Reihen zusammenstellen, in denen jedes Glied von dem vorhergehenden durch den Besitz einer Methylgruppe an Stelle eines Wasserstoffatoms sich unterscheidet. Die schon öfters erwähnten Kohlenwasserstoffe Methan, Aethan, Propan und Butan bilden z. B. die Anfangsglieder einer homologen Reihe: Diff. Methan: CH 4 jCH 2 Aethan: CH 3 .CH, = C 2 H a ' 2 Propan: C , H 6 C H , = C,H„i Butan: C,H 7 -CH a = C 4 H 1 0 } C H J USW.

Zwei einander benachbarte Glieder einer homologen Reihe müssen natürlich stets eine Zusammensetzungsdifferenz von CH2 zeigen, da dem Austritt eines Wasserstoffatoms der Eintritt eines Kohlenstoffatoms und dreier Wasserstoffatome entspricht (CH2 = CH3 — H). Die homologe Reihe der Kohlenwasserstoffe, deren Anfangsglieder oben zusammengestellt sind, bildet eine Gruppe von Verbindungen, welche einander in ihrem chemischen Verhalten äußerst ähnlich sind, welche durch analoge Reaktionen erhalten werden können und sich bei der Einwirkung von Reagentien fast gleichartig verhalten. Dieselbe Analogie in dem chemischen Charakter findet sich nun wieder, wenn wir die Verbindungen betrachten, die aus jenen Kohlenwasserstoffen durch gewisse Aenderungen in der molecularen Zusammensetzung entstehen- Wird z. B. ein Wasserstoffatom ersetzt durch Chlor oder durch Hydroxyl oder durch Carboxyl, so resultieren die homologen Reihen der Alkylchloride, Alkohole und Carbonsäuren: Methylchlorid: Aethylchlorid: Propylchlorid: Butylchlorid:

CHSC1 C2H6C1 C8H7C1 C4H9C1 usw.

Methylalkohol: Aethylalkohol: Propylalkohol: Butylalkohol:

Essigsäure: CH 8 (C0 2 H) Propionsäure: C 2 H 6 (C0 2 H) Buttersäure: CsH7(COsH) Valeriansäure: C 4 H 9 (C0 2 H) usw.

CH3(OH) C2H6(OH) C,H7(OH) C 4 H 9 (0H) usw.

Klassifizierung

nach der

Wertigkeit.

148

Zwischen den einzelnen Gliedern dieser Reihen besteht dieselbe weitgehende Uebereinstimmung in dem chemischen Charakter. Die Besprechung der organischen Verbindungen wird demnach durch ihre Einordnung in homologe Reihen wesentlich erleichtert, da die Beschreibung eines einzigen Gliedes typisch für die ganze Reihe ist und für die übrigen Glieder in der Regel nur durch wenige Angaben ergänzt zu werden braucht. Auf die Regelmäßigkeit in der Zusammensetzungsdifferenz ähnlicher Körper und die sich hieraus ergebende Möglichkeit ihrer Einordnung in Reihen hat zuerst SCHIEL 1 aufmerksam gemacht, der dadurch der organischen Chemie einen großen Dienst geleistet hat. Homologe Verbindungen wurden vorher als solche Verbindungen definiert, welche auseinander durch Einführung von Methylgruppen an Stelle von an Kohlenstoff gebundenen Wasserstoffatomen entstehen. Es muß indessen noch hervorgehoben werden, daß man es nur dann mit einer wirklichen Homologie zu tun hat, wenn durch diese Substitution nicht diejenige Atomgruppe verändert wird, die für den chemischen Charakter der betreffenden Verbindung bestimmend ist. Beim Acetaldehyd: CHS—CNH

(Methyl-äthyl-dicyan-glutarimid),

indem die Gruppe CdH:>cCH 2 vorfinden. Reaktionsfähiger erweisen sich solche verzweigten Kohlenwasserstoffe, welche „tertiär" gebundene Kohlenstoffatome C>C