Kultur - Erbe - Ethik: »Heritage« im Wandel gesellschaftlicher Orientierungen 9783839453384

Der Umgang mit kulturellem Erbe ist eine weltweite Herausforderung, die durch länderspezifische Traditionen und Kontexte

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Kultur - Erbe - Ethik: »Heritage« im Wandel gesellschaftlicher Orientierungen
 9783839453384

Table of contents :
Cover
Inhaltsverzeichnis
Grußwort
Gelehrsamkeit mit Eleganz
Einleitung
I. Prelude – Auftakt
II. Heritage – Kulturelles Erbe
III. Countries – Länder: Glocal – Global
IV. Dedicated – Gewidmet
V. Focus (Upper)Austria – Blickpunkt (Ober)Österreich
VI. Cultural Policy – Kulturpolitik
VII. Realities – Mediales
VIII. Identity – Mit allen Poren
IX. Biography – Biografie
Anhang

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Reinhard Kren | Monika Leisch-Kiesl [Hg.]

Kultur _ Erbe _ Ethik

Linzer Beiträge zur Kunst wissenschaf t und Philosophie  Band 12 Monika Leisch-Kiesl I Stephan Grotz [Hg.]

Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft KATHOLISCHE PRIVAT U N IVERSITÄT LIN Z

Beirat: Artur Boelderl, Klagenfurt Ludwig Nagl, Wien Audrey Rieber, Lyon Sigrid Schade, Zürich Anselm Wagner, Graz

Reinhard Kren | Monika Leisch-Kiesl [Hg.]

Kultur _ Erbe _ Ethik „ H e r i t a g e “ i m Wa n d e l gesellschaftlicher Orientierungen Festschrift für Wilfried Lipp

Die Publikation wurde gefördert mit freundlicher Unterstützung von: Bischöflicher Fonds zur Förderung der Katholischen Privat-Universität Linz Land Oberösterreich Energie AG Oberösterreich Raiffeisen Landesbank Oberösterreich

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2020 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechts­ widrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Lektorat: Barbara Forster Umschlaggestaltung, Layout und Satz: BK Layout+Textsatz, Ritzing 3, A 4845 Rutzenmoos Druck: Plöchl Druck GmbH, Werndlstraße 2, A 4240 Freistadt Print-ISBN: 978-3-8376-5338-0 PDF-ISBN: 978-3-8394-5338-4 https://doi.org/10.14361/9783839453384 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

9 Grußwort Landeshauptmann Thomas Stelzer 11



Gelehrsamkeit mit Eleganz Rektor Franz Gruber

15 Einleitung Monika Leisch-Kiesl | Reinhard Kren



I. Prelude – Auftakt

What is (the) Matter? On Former and Current Understanding of a Philosophical and Conservation Concept Marko Špikic 23



II. Heritage – Kulturelles Erbe

37 On Paradigms, Theories, and Heritage Willem Derde 49 Pandora’s Box of Reconstruction Natalia Dushkina

Historic Monuments … Drowned in the Ocean of Cultural Heritage? Tamás Fejérdy 61

73 Reflections on the Meaning of Heritage Jukka Jokilehto 85 Several Common Issues Facing the Conservation World Giora Solar 91 A Plea for ‘Integrated Conservation’ Giancarlo Barbato | Mounir Bouchenaki 101



Life Beyond Tourism Movement. Appeal ‘Building Peace through Heritage’ Paolo del Bianco

103 Reparaturbedarf. 12 Rekapitulationen Thomas Will

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III. Countries – Länder: Glocal – Global

Konservierung / Restaurierung von Architektur in der Baudenkmalpflege Tschechiens Josef Štulc 115

129 Vier Mal Grundsätze – eine Miszelle aus der Schweiz Nott Caviezel

Mass Housing as Cultural Heritage: Contrasts of Reception and Valorisation in Eastern Asia, Europe and North America Miles Glendinning 143

Historic Urban Landscape in Twentieth Century World Heritage. Latin American University Cities: Mexico City and Caracas Louise Noelle 155

The Global ‘Image of Heritage’? The Bamiyan Buddhas Incident 2001 – Performative Iconoclasm in the Age of the Internet Michael Falser 165

179 Einige Gedanken zum Weltkulturerbe Eva Nowotny



IV. Dedicated – Gewidmet

Linz und die Welt. Für den Freund und Mitstreiter Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Egon Johannes Greipl 183

209 Ein Statement Erika Pieler 211 Habent sua fata … Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Uta Hassler

Von der Schwierigkeit des Vor-Denkens. Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Ingrid Scheurmann 221



… Former Students – Ehemalige Studierende

231 Ein Statement Nicole Wegscheider 233 Ein Statement Jürgen Wurzer 235 Ein Statement Margit Öllinger

Inhaltsverzeichnis

237 Ein Statement Jessica Jarosch 239 Ein Statement Andrea Reichenberger 241 Ein Statement Manfred Hebenstreit 243 Ein Statement Rainer Zendron



… Friends – Freunde

247 Im Duett mit Wilfried Lipp Michael Petzet 253 Zur Erinnerung. Φίλιππος. Reflexionen einer Freundschaft Hans Max-Theurer | Wilfried Lipp



… Composed – Ausgedachtes

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Ein nicht geführtes Gespräch zwischen einem Kardinal, einem Fürsten und einem Lipp-Schüler Georg Steinmetzer 261



V. Focus (Upper)Austria – Blickpunkt (Ober)Österreich

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker Wilfried Posch 281

295



Kunstvoll: Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur in Österreich Ein Gespräch mit Maria Auböck, geführt von Eva Berger

309 Ein Statement Martin Hochleitner 311 Neubau mit Aura Thomas Zaunschirm 313

321



Über Kulturlandschaft Ein Gespräch mit Helene Karmasin und Tarek Leitner, moderiert von Imma Walderdorff Kulturlandschaften im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und privaten Interessen Ein Gespräch mit Christoph Leitl, geführt von Georg Spiegelfeld

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VI. Cultural Policy – Kulturpolitik

Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“. Kirche und Staat schleifen den denkmalgeschützten Innenraum der Berliner SanktHedwigs-Kathedrale. Ein Protokoll mit Postskript Adrian von Buttlar 333

349 Palermo oder Überleben als Erinnern Gerhard Vinken

Wilfried Lipp und die Restaurierung. Dem Zeitgeist immer eine Nasenlänge voraus Ursula Schädler-Saub 363



VII. Realities – Mediales

Data or Information or Knowledge or Wisdom? Heritage Conservation in an Age of Confusion Dinu Bumbaru 367

379



Virtuelle Rekonstruktionen: Verhältnis/Durchdringung/Konkurrenz von ‚First & Second World‘ Ein Gespräch mit Achim Hubel, geführt von Johanna Blokker

389 Beethoven || nunc | et semper? Werner Telesko



„Nicht nur schöne Fassaden“ – das Denkmal als Imperativ Ein Gespräch mit Robert Dornhelm, geführt von Gabriele Flossmann



VIII. Identity – Mit allen Poren

399

407 Identität, Schutz und Sinn – gegen die Identitären Hans-Rudolf Meier 419 Ein Statement Barbara Rett



IX. Biography – Biografie

425 Wilfried Lipp. Neun Lebenskreise Reinhard Kren 435

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis



Anhang

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Beitragende

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Dokumente / Documents

Grußwort

Eine der höchsten Auszeichnungen, die man einer Persönlichkeit, die wissenschaftlich tätig war, überreichen kann, ist eine ihr zu Ehren gestaltete Festschrift. Sie ist der in Buchform gegossene Ausdruck dafür, dass derjenige, dem die Schrift gewidmet ist, im wahrsten Sinn des Wortes etwas zu sagen hat. 18 Jahre lang, von 1992 bis 2010 war HR Univ. Prof. Dr. Wilfried Lipp Landeskonservator von Oberösterreich. Er hat diesem Amt an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert Kontur verliehen. Streitbar, engagiert und konsequent. „Über die Kultur des Bewahrens“ heißt eines der Bücher, die er geschrieben hat. Der Titel ist perfekt gewählt, als Ausdruck seines Wirkens, das stets umfassender und weiter greifend war, als es die Bezeichnung Landeskonservator ausdrücken kann. In all seinen Funktionen und Tätigkeiten hat sich Wilfried Lipp – national und international – dafür eingesetzt, ein Bewusstsein für Werte zu schaffen. Dass dazu auch ein Bewusstsein für unser kulturelles Fundament zählt, ist selbstverständlich. Jede Generation baut auf dem auf – materiell wie immateriell –, was vorhergehende Generationen geschaffen haben. Die zentrale Frage lautet: Wie damit umgehen? Gedächtnis braucht Zeichen der Erinnerung. Eine Kultur, die ihr Gedächtnis in Frage stellt, läuft Gefahr, ihre Wurzeln zu verlieren. Daher ist es für uns als Gesellschaft wichtig, immer wieder neu zu reflektieren, was von Wert ist, erhalten zu werden und welche Zeitdokumente es zu bewahren gilt. Wilfried Lipp ist einer, der sich nie gescheut hat, diese Fragen nicht nur zu diskutieren, sondern sie auch fundiert, klar und prä-

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zise zu beantworten. Sein umfangreiches Wissen und sein großer Erfahrungsschatz waren die Basis dafür. Er ist vielfach vernetzt, durch seine langjährige Tätigkeit für ICOMOS auch in den internationalen Diskurs eingebunden. Die vorliegende Festschrift spiegelt ein umfassendes Wirken, das weit über die Tätigkeit als Landeskonservator hinausging. Ich danke allen, die diese Festschrift initiiert und verwirklicht haben – vor allem Frau Univ. Prof. DDr. Monika Leisch-Kiesl für ihr Engagement. HR Univ. Prof. Dr. Wilfried Lipp wünsche ich anlässlich seines 75. Geburtstages „ad multos annos“!

Mag. Thomas Stelzer Landeshauptmann

Gelehrsamkeit mit Eleganz

Die ästhetische Kategorie des Schönen, wenngleich ihrer dominanten Stellung zurecht entmachtet, übernimmt meines Erachtens dennoch eine bleibende heuristische Funktion. Sogar an ungewohnten Orten: Etwa der Wissenschaft und ihrer Suche nach „schönen Theorien“. Bekanntlich staunte Albert Einstein über die Schönheit des Universums und meinte dabei nicht einen sinnlichen Eindruck, sondern eine in ihrer physikalisch-mathematischen Tiefendimension liegende Empfindung des Erhabenen. Oder im Raum des Personalen: Auch hier wäre Schönheit viel zu oberflächlich erfasst, meinte man damit eine bloß äußere sinnliche Dimension wohlgeformter Proportionen. Denn das Personale liegt auf der Innenseite der menschlichen Gestalt. Was beides – außen und innen – verbindet, ist eine Kategorie, die im Besonderen auf den Jubilar dieser Festschrift zugeschnitten ist: Eleganz. Das assoziiere ich zuerst mit Honorarprofessor Dr. Wilfried Lipp. Eleganz ist die hohe Kunst eines ästhetischen Geschmacksinns, der sich im treffsicheren Urteil über Kunstund Kulturobjekte genauso legt wie über die besondere Fähigkeit einer Gelehrsamkeit, die sich kenntnisreich und ausdrucksstark durch ein Werk hindurchzieht. Gelehrsamkeit, Eleganz und Konsequenz sind Kategorien, die sich sowohl in der Praxis der Denkmalpflege und der Bewahrung des kulturellen Erbes als auch in der Forschung, in einer umfangreichen Publikationstätigkeit und in der Lehre – letzteres an der Universität Salzburg, an der Kunstuniversität Linz und eben, an der Katholischen Privat-Universität Linz – wie ein roter Faden durch das Wirken von Universitätsprofessor Dr. Wilfred Lipp ziehen.

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An unserem Haus war Professor Lipps Lehrtätigkeit mehr als bloß Lehre, sie war fakultätsbegründend. Seine Honorarprofessur ist eine der fünf Professuren, die aufgrund der vatikanischen Vorgaben nötig waren, um ein Institut für Kunstwissenschaft und Philosophie ad instar facultatis einrichten zu können, das mit dem Recht, Gradierungen durchzuführen, ausgestattet ist. Dadurch war Dr. phil. habil. Wilfried Lipp in die Gründungsgeschichte der nunmehrigen Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft konstitutiv involviert. 2005 –2015 nahm Lipp über die Honorarprofessur für Kunstwissenschaft auch die Funktion des Pro-Praeses wahr, womit er in die öffentliche Vertretung der Einrichtung, aber auch ihrer administrativen und studienrechtlichen Belange an vorderster Stelle eingebunden war. Von 2005 –2018 wirkte Lipp als Wissenschaftler, der das klassische Lehrrepertoire zu bestreiten hatte: Vorlesungen, Seminare und Exkursionen aus dem Bereich der Architektur und Denkmalpflege, aber auch prinzipieller Fragen zur Kultur- und Geistesgeschichte der Moderne. In dieser Rolle war er für unsere Studierenden zudem Betreuer zahlreicher Bachelor- und einer Reihe von Masterarbeiten. Ich möchte Professor Lipp deshalb meinen großen Dank für seinen langjährigen Dienst an unserer Universität aussprechen. Er hat wesentlich mit dazu beigetragen, dass das Institut rasch an nationaler und internationaler Reputation gewonnen hat und dem Lehr- und Forschungsbetrieb sein charakteristisches Profil verliehen wurde. Gerade auch seine kultur- und geisteswissenschaftliche Expertise bedeutet ein eminent wichtiges Bildungsgut, das er in das Gesamt unserer kleinen, aber qualitativ exzellenten Universität einbrachte. Dieses Profil zeichnet sich im Besonderen dadurch aus, dass unter einem Dach drei klassische Wissenschaften versammelt sind, die zum ältesten kulturellen Erbe der Menschheit gehören: Theologie, Philosophie und eben Kunstwissenschaft. Diese drei „Reflexionswissenschaften“ schaffen eine ganz eigene Form des Wissens: die unverzichtbaren hermeneutischen und kritischen Prozesse, die Erscheinungen des Geistes – um mit Hegel zu sprechen – immer wieder neu zu verstehen, anzueignen, aus ihren historischen, sozialen oder auch in Kunstwerken materialisierten Formen zu verflüssigen, damit sie je neu wieder angeeignet werden können.

Gelehrsamkeit mit Eleganz | Franz Gruber

Das Magistrale an Professor Lipps Tätigkeit war, sich im Schnittfeld dieser drei Wissenschaften höchst kompetent und mit Eleganz und Gelehrsamkeit bewegen zu können. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass sich an seiner Person auch die Geister schieden. Es gab diejenigen, die sein professorales Auftreten als unzeitgemäß ablehnten. Es gab jedoch auch eine beachtliche, weitgehend konstant bleibende Gruppe von Hörerinnen und Hörern quer durch die Generationen in allen Studienrichtungen und Studienabschnitten, die sein enormes Wissen schätzten, das er in der großen Geste und gespickt mit ungewöhnlichen Details zu vermitteln wusste. Lipp war beliebt wegen seiner mitunter recht ungewöhnlichen Lehrveranstaltungsformen, die häufig außerhalb der Hörsäle quer durch Österreich stattfanden. Aufgrund seiner Kompetenzen und Kontakte im Bereich der Denkmalpflege erhielten Studierende Zugang zu Orten, die sonst der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Er vermittelte Einsicht in Problemstellungen und Lösungsansätze im Umgang mit dem kulturellen Erbe, die sich Außenstehenden oft nur schwer erschließen. Galt er auch vielen als unnahbar, so war sein Einsatz für jene Studierenden, die er für sein Fach zu begeistern wusste, gewissermaßen grenzenlos und beschritt er darin auch ungewöhnliche Wege. Ein „Lehrer der alten Schule“, wenn man so sagen möchte, der in gezielten Unternehmungen gegen die im Zuge der BolognaReform überhand nehmende Verschulung und Bürokratisierung antrat. Begeistert erzählten die Studierenden von langen Kaminabenden – als Ausklang einer Tagesexkursion – an denen Lipp versuchte, eine nächste und übernächste Generation in das Gelehrtengespräch einzuüben. Ebenso suchte er außergewöhnliche Prüfungsformen, wenn er etwa zusammen mit einer Seminargruppe in Eigenregie ein Buch herausgab1 oder die kunstwissenschaftliche Erarbeitung von ausgewählten Zeugnissen der Kunst- und Architekturgeschichte in Dokumentarfilmen umsetzen ließ. Die nachdrückliche Auseinandersetzung mit konkreten Werken der bildenden Kunst und der Architektur zum einen, ein 1

Vgl. Lipp, Wilfried (Hg.), Fokus Moderne im Kontext von Kunst und Philosophie (druckfrisch 1), Linz/Freistadt 2017.

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dicht gespanntes Netz mit internationalen Kontakten zum anderen verbanden sich in der Konzeption zweier Ringvorlesungen, durch die eine breitere universitäre und außeruniversitäre Öffentlichkeit Einblick in Lipps kunstwissenschaftlichen Zugang erhielt: „Werk-Interpretationen I. Kunst im Wandel der Anschauungen“ im Wintersemester 2009/10 und „Werk-Interpretationen II. Architektur im Wandel der Anschauungen“ im Wintersemester 2011/12. Als Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz danke ich deshalb Honorarprofessor Wilfried Lipp im Namen aller für seine Leistungen und seinen Einsatz. Aus unserem wissenschaftlichen Committment heraus ist es selbstredend zu sagen, dass wir das geistige Erbe, das er bei uns hinterlässt, weiterpflegen werden. Ihm persönlich aber wünsche ich alles Gute und allen Segen zu seinem 75. Geburtstag. Mögen ihm noch viele gesunde Jahre geschenkt sein und seine Expertisen und Einwürfe den öffentlichen Diskurs beleben.

Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz

Einleitung Eine Festschrift für Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Monika Leisch-Kiesl und Reinhard Kren

Wie konzipiert man eine Festschrift für Wilfried Lipp? Man kennt ihn als langjährigen Landeskonservator für Oberösterreich. Man kennt ihn als Präsident von ICOMOS Österreich, zudem als Protagonist in Kontexten von ICOMOS International. Man kennt ihn aber auch als Hochschullehrer: in Linz (an zwei sehr unterschiedlichen Universitäten) und in Salzburg – und punktuell dort und da. Man weiß um seine zahlreichen Publikationen: Monografien, Herausgeberschaften und vielfältige Artikel und Aufsätze aus den einschlägigen Fächern Denkmalpflege, Kunst- und Architekturgeschichte, aber stets auch ausgreifend auf das Gebiet der Kultur- und Geisteswissenschaften. Und manche kennen ihn auch als Privatmann, mit für Außenstehende überraschenden Hobbys und Passionen. Ob seine Leidenschaft als Wissenschaftler und Forscher mehr der Praxis, dem unermüdlichen Kampf um einen adäquaten und zeitgemäßen Umgang mit dem kulturellen Erbe in all seinen Facetten gilt, oder mehr der Theorie, dem Durchdringen dieser Fragen aus philosophischer Perspektive und mit kulturhistorischem Zugriff – das kann, zumal in einer ausschließenden Form, vermutlich auch er selbst nicht beantworten. Wie also konzipiert man eine Festschrift für Wilfried Lipp? Am besten, man fragt ihn einmal selbst. Aus in mehreren Treffen gesammelten Ideen und Stichworten resultierten zunächst als möglicher Titel KULTUR – ERBE – ETHIK im Wandel gesellschaftlicher Orientierungen und schließlich eine Konzeption, wie sie als Call im September 2018 an einen Kreis ausgewählter Persönlichkeiten quer durch Europa – und darüber hinaus – ausgesandt wurde. Dort hieß es unter anderem:

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Der ethisch verortete Grundtenor „Verantwortung“ und Fragen nach „Wert“ bzw. „Wertigkeit“ durchziehen Lipps Arbeiten. Prägend war für ihn Hans Jonas’ Studie Das Prinzip Verantwortung1, dessen Hauptthesen sich wie folgt skizzieren lassen: Entsprechend der zunehmenden Handlungsreichweite der Menschen ist eine Erweiterung von der „Nächstenliebe“ zur „Fernstenliebe“ erforderlich, d. h. Verantwortung sowohl gegenüber vergangenen und künftigen Generationen als auch gegenüber vertrauten und fremden Kulturen. –  Von daher müssen Handlungen im Blick auf das (wahrgenommene, vermutete, prognostizierte) Ganze, d. h. auch unter Einklammerung von Partikularinteressen, projektiert und gesetzt werden. –  Im Zweifelsfall gilt der Vorrang der Unheilsprognose vor den Versprechungen der Heilsprognosen. –  Dies betrifft im Besonderen die Verantwortung für das Verletzliche und Bedrohte, das der sorgenden und schützenden Anteilnahme bedarf. In Kulturerbe-Debatten und der Denkmalpflege sind derartige Bezüge des „Imperativs Verantwortung“ unter den Begriffen „Pietät“ (Alois Riegl, Max Dvorˇák, Georg Dehio)2 und „Denkmalmoral“3 geläufig. In jüngster Zeit scheint sich unter dem Motto „Tolerance for Change“4 die von Jonas geforderte Besorgnis um das Schwächere und Bedrohte5 zusehends in eine Affirmation des Stärkeren und die Nachsicht gegenüber der Macht des Faktischen zu wandeln. 1 2

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Jonas, Hans, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt a. Main 1979. Vgl. Lipp, Wilfried, Adalbert Stifter und John Ruskin. Ding – Denkmal – Mensch, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien/Köln/Weimar 2008, 109  –126, hier 124. Vgl. ebd. sowie Euler-Rolle, Bernd, Von der historischen Pietät zur sozialen Bewegung? – Die Bildungsgrundlagen der „modernen Denkmalpflege“, in: Bildung und Denkmalpflege. 78. Tag für Denkmalpflege, Brandenburg an der Havel, Mai 2010 (Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg 12), Worms 2010, 49 – 55; Meier, Hans-Rudolf, Wertedebatten und Wertelehren in der spätmodernen Denkmalpflege: Hierarchien versus Pluralität, in: Meier, Hans-Rudolf / Scheurmann, Ingrid / Sonne, Wolfgang (Hg.), Werte. Begründungen der Denkmalpflege in Geschichte und Gegenwart (Jovis Diskurs), Berlin 2013, 62 – 71. Vgl. Araoz, Gustavo, Preserving Heritage Places under a New Paradigm, in: Journal of Cultural Heritage Management and Sustainable Development 1 (2001), Issue 1, 55 – 60. So schon Dvorˇák: „Und das Geringe bedarf da oft mehr des Schutzes als das Bedeutende.“ Dvorˇák, Max, Katechismus der Denkmalpflege, Wien 21918, 24 (im Original gesperrt).

Einleitung | Monika Leisch-Kiesl und Reinhard Kren

Um die zu erwartende Fülle der Beiträge vorzustrukturieren und auch dem Nachdenken mögliche Stoßrichtungen anzuzeigen, hatten wir zudem zwölf Problemfelder stichwortartig umrissen: Was bedeutet Kulturerbe? Kulturbegriff allgemein, Denkmalbegriff, Aspekte des Bewahrens Erweiterung – Zentrum – Peripherie Zentralität versus Zentrifugalität, Spannung von individuellen und kollektiven Interessen Fallbeispiele: Cultural Landscape / Historic Urban Landscape (HUL) „Schutz ist Antwort auf Gefährdung“, Aspekte der Ökologie, Konflikte zwischen Musealisierung und Modernisierung, „Smart City“-Konzepte Denkmalmoral – Kulturerbe – Ethik Der Mensch und seine Leistungen in der Geschichte – Erinnern, Bewahren, Demut, Achtung, Pietät, Sorge, Kultus, Mahnung, Mahnmal Identität – Heimat / Kulturtransfer – Grenzen Das Fremde und das Eigene, das Verdrängte und das Angeeignete Stichwort ‚Authentizität’ Integrität, Originalität, Substanz – Renovierung, Reparatur, Re­ staurierung – Differenzierung, Fragment, Torso – Musealisierung, Veränderung, Wandel Rekonstruktion – Inszenierung Motivationen und Arten der Rekonstruktion – werkgetreue Nachbildung, Kulisse, Attrappe, Fantasy, Fake Ästhetik – Schauwert – Substanzwert Ästhetik allgemein, Denkmalpflege-Ästhetik, Restaurier-Ästhe­ tik – gewachsener Zustand, Harmonie, Ganzheit, Fragment, Kontrast Das Immaterielle und Geistige Spirit, Sinn, Bedeutung – Relativierung der materiellen Substanz des Kulturguts? – Konflikte des Empor- und Abwertens Ökonomie Problematik der Konvertierbarkeit von kulturellem Kapital in ökonomisches Kapital – Konflikt zwischen ideellen und materiellen Werten – Paradigma Tourismus

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Digitalisierung Zu technischen Metaebenen des kulturellen Erbes – digitale Ersatzwelten, Virtual Reality – digitales Gedächtnis – Vervielfältigung, Reproduktion, Entwicklung, Fiktion, Schein Recht – Gesellschaft – Politik Öffentliches Interesse/common sense-Problematik – Was heißt „rechtlich verankert“ und/oder „gesellschaftlich legitimiert“? – Kluft zwischen den fachlichen Leitlinien und rechtlichem und institutionellem Rahmen

In dieser strikten Gliederung ließ sich das Konzept selbstverständlich nicht durchhalten. Zu stark durchdringen die angesprochenen Fragestellungen die unterschiedlichen Themenfelder. Auch haben die Autoren und Autorinnen, denen wir an dieser Stelle für ihr persönliches und fachliches Engagement ausdrücklich danken möchten, die an sie gerichtete Einladung unterschiedlich aufgefasst: Die einen ließen sich stärker vom intellektuellen Anspruch Wilfried Lipps herausfordern und bemühten sich um Begriffsklärungen und eine Einbettung aktueller Debatten in zum Teil bis in die Antike zurückreichende Denktraditionen sowie in unterschiedliche kulturelle Kontexte. Andere legten das Augenmerk auf institutionelle Rahmenbedingungen des Umgangs mit dem kulturellen Erbe sowie auf konkrete Beispiele und Handlungsfelder. Aufgrund der Tatsache, dass es gelungen ist, Persönlichkeiten mit im wahrsten Sinne des Wortes weltweitem Wirkungsradius zu gewinnen,6 entstand so ein sehr vielfältiges und heterogenes Bild gegenwärtiger Herausforderungen. Und wieder andere schließlich stellten die Persönlichkeit Wilfried Lipps ins Zentrum ihrer Ausführungen zu Fragen um kulturelle Werte und gesellschaftliche Verantwortung. Unterschiedlich sind auch die Textgattungen. Um dies zu erreichen, haben wir auch selbst ein wenig ins Offene gelenkt und neben dem klassischen Format des Fachartikels auch Interviews 6

Beiträge erreichten uns u. a. aus Belgien, Großbritannien, Israel, Italien, Kanada, Kroatien, Mexico, Russland, Tschechien und Ungarn – und selbstverständlich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Diese breite geographische Streuung enthält eine zusätzliche Dimension: Viele der Autoren und Autorinnen agieren derart international, dass eine wie auch immer vorgenommene Verortung nur sehr bedingt aussagekräftig ist.

Einleitung | Monika Leisch-Kiesl und Reinhard Kren

sowie Statements erbeten – und damit den Dingen fürs Erste ihren Lauf gelassen. Ziel war es, einen Teil der aufgeführten Themenfelder in Form von Gesprächen aufzubereiten. Dabei lag es an den Interviewer/innen, ihre Gesprächspartner/innen auszuwählen; mitunter haben sich die Rollen dann auch etwas vermischt. Die Verfasser der Statements, einerseits Fachkolleg/innen, andererseits ehemalige Studierende, wurden von uns mit einem kurzen Fragenkatalog (frei nach Marcel Proust) zur Persönlichkeit, zum Forschungsprofil und zu den Wirkungsfeldern Wilfried Lipps ausgestattet – die Ergebnisse sind recht unterschiedlich ausgefallen. Unsere Aufgabe sahen wir – neben der redaktionellen Aufbereitung der Beiträge – schließlich darin, das gewaltige Konvolut in eine Form zu bringen, die eine doppelte Aufgabe erfüllt: Zunächst eine Festschrift zu sein, und damit Wilfried Lipp ein Denkmal (in allen Facetten dieses schillernden Begriffs) zu setzen. Sodann aber auch eine Leserschaft zu erreichen, die – unabhängig davon, ob sie sich zum näheren oder weiteren Umfeld dieser Generation von Denkmalpfleger/innen zählt – ein Inter­ esse an den letztlich globalen Herausforderungen von Kultur – Erbe – Ethik hat und sich möglicherweise auch nur einzelne Beiträge gezielt herausfischt. Der Leser / die Leserin sieht sich vor einer abwechslungsreichen Abfolge an Fragestellungen und Zugängen, die in lockerer Form gruppiert zu Lektüren und eigenen Erkundungen einladen. An dieser Stelle gilt es auch, einer Reihe von Personen und Institutionen zu danken: Zunächst für die Arbeit im Team, und hier besonders Barbara Forster, die mit viel Elan und großer Genauigkeit das Lektorat sowohl der deutschsprachigen als auch der auf Englisch verfassten Beiträge übernommen hat. Sodann BK Layout+Textsatz, insbesondere Bernhard Kagerer für seine sichere und vielfach bewährte Hand bei der Gestaltung, sowie der Druckerei Plöchl Druck GmbH, die das Projekt schlussendlich „zu Papier“ gebracht hat. Schließlich gilt unser Dank den Fördergebern, namentlich dem Bischöflichen Fonds zur Förderung der Katholischen PrivatUniversität Linz, dem Land Oberösterreich, der Energie AG Oberösterreich und der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich.

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Als Herausgeber hoffen wir, dass es mit diesem Band gelungen ist, aktuelle und perspektivenreiche Einblicke zu geben in Felder, Problemlagen und die weltweit gesehen vielfältigen Her­ ausforderungen des kulturellen Erbes.

I. Prelude – Auftakt

What is (the) Matter? On Former and Current Understanding of a Philosophical and Conservation Concept Marko Špikic´

Introduction: What Seems to Be the Matter? In the past few decades, long evolving conservation principles experienced dissemination and contestation. Understanding of their origin and meaning shifted from theoretical and historical studies to preoccupied diagnoses and alarming prophecies. On the one hand, globalization led to new levels of emancipation; on the other, in and outside Europe, it gave rise to contesting revisions, caused by the continent’s colonial and totalitarian pasts. Post-1989 conservation movement is characterized by revision of professional standards, overwhelming commodification and promotion of non-material values in newly discovered memorial landscapes.1 Here I want to discuss one of the earliest discovered and most frequently contested concepts: ‘materiality of monuments’. Along with already opened questions about social and political aspects of the history of conservation, I would suggest to examine the relations between conservation ethics and philo­ sophical inquiries on ‘matter’.

Dialogues, Mainly, on Man Due to its long history of discovering and handling with artefacts, conservation can be studied as a branch of philosophi-

1

See Glendinning, Miles, The Conservation Movement: A History of Architectural Preservation. Antiquity to Modernity, Abingdon / New York 2013, 417–   448.

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cal materialism. But before we turn to the connectivity of philo­ sophical studies of matter with the cult of monuments developed since the Renaissance, I will dedicate few words to tendencies that are traceable in diverse scholarly discussions. As mentioned, conservation is the product of a long evolving process. The body of knowledge of this discipline rests on historical and theoretical studies, manifestos, polemics, and charters that appeared in the past two centuries, but originate also from antiquarian studies, philosophical systems, and socio-religious practices of a more distant past. If we focus on periods closer to our times, we recognize a pattern of anthropocentrism that, due to its current consequences for global conservation, requires a closer examination. Most historical accounts on conservation were conceived as a diachronic display of ideas and practices originating in ancient and modern societies. Paul Léon (1874   –1962) was motivated to compile his ‘biography’ of French monuments by the ‘ferveur pour les monuments’ in Viollet-le-Duc’s times, which appeared – as Léon puts it – as ‘une réaction contre les excès du vandalisme révolutionnaire’2. Carlo Ceschi (1904   –1973) opened his study in a theoretical tone, discussing the relations between man and works of art. Explaining the mutability of critical evaluation of inherited works, he promoted human priority, discussing the relations between ‘uomo solo’ and ‘molti uomini’, ‘contemporanei’ and ‘posteri’, ‘vicende umane’ and ‘generazioni di uomini’.3 Furthermore, in 1992 Françoise Choay emphasized the social relevance of monuments as defensive mechanisms, parts of social rituals and tools for collective commemoration.4 Jukka Jokilehto combined ‘the origin and development of the modern approach to the conservation and restoration of ancient monuments and historic buildings’ with ‘responsibilities of modern societies’5. Finally, Miles Glendinning argued that conservation should be considered ‘a Movement in the broad modern sense, just like so-

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Léon, Paul, La vie des monuments français. Destruction, Restauration, Paris 1951, 9. Ceschi, Carlo, Teoria e storia del restauro, Roma 1970, 9. See Choay, Françoise, The Invention of the Historic Monument [1992], transl. by Lauren M. O’Connell, Cambridge 2001, 6. Jokilehto, Jukka, A History of Architectural Conservation, Abingdon / New York 22018, 1.

What is (the) Matter? | Marko Špikic´

cialism, nationalism, environmentalism, or other more issue-specific cultural or political groupings’6. This shows that established historiography focused primarily on the history of reception and interpretation of heritage, on dynamics of changing concepts and interventions serving social appetites, and not on inherited material forms as entities deserving particular attention or, for that matter, a history of its own, comparable to John Ruskin’s The Stones of Venice, Alois Riegl’s Stilfragen or Henri Focillon’s Vie des formes. Closer to the discussion on ‘matter’ as independent topic is, naturally, the theory of conservation, as exemplified by Cesare Brandi’s Teoria del restauro published in 1963. Still, before as well as after its appearance, it almost always seemed selfevident that priority in dialogues between the living and the dead should be given to the experience of the ‘discoverers’ and not to material testimonies of the past. Does this mean that the material impact of these experiences could be dismissed? In Wilhelm Dilthey’s and Hans-Georg Gadamer’s hermeneutics, Riegl’s juxtaposition of ‘Kunstwollen’ and ‘Wertesystem’, Maurice Merleau-Ponty’s phenomenology of perception, Hans Robert Jauß’ ‘Rezeptionsästhetik’ and Maurice Halbwachs’, Aleida Assmann’s and Paul Ricœur’s studies on memory, most of the scholarly attention was directed to reactive phenomena of human mind, while objects of its philosophical or artistic interest often played a secondary role. That points to a deeply rooted fixation on just one side of the dialogue: the biologically living. This predominance of subject over object minimized the relevance of the visible and palpable traces of time – centuries ago these traces were perceived as signs of unintentional creativity or deliberate destructiveness on surfaces and bodies of monuments. Due to that, I think we have to devise a new theoretical approach, distinguishing different phases of perception and treatment of monuments in the history of conservation. It is certainly not easy to give voice to seemingly silent artefacts and to promote a balance between the spectators and these objects. A history of the perception of monuments may help us to find criteria in order to renew some omitted ethical aspects of our work. 6

Glendinning, Conservation Movement, 2.

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Anamnesis: What was Matter? The inquiry on ‘matter’ stands at the origins of philosophy. Along with space and time, matter is one of the main categories that defines the perception of the physical world. In the history of philosophy, it passed a long way from pre-Socratic cosmology to modern-age materialism, affiliating thinkers like Parmenides, Empedocles, Epicurus, Pierre Gassendi, Thomas Hobbes and René Descartes. Ancient philosophers of matter opened a variety of problems, from physical properties of bodies and human sensory experiences to the dichotomy of matter and spirit. The Atomists Leucippus and Democritus taught that objects collide with atoms of the soul and hence create sensations. Aristotle developed a doctrine later called ‘Hylomorphism’, compounding matter and form as complementary terms. Furthermore, in Metaphysics he distinguished between the condition of matter which is formless (materia prima) and actual forms of existence (materia secunda). In the history of conservation – which can be examined as a history of altruism applied to material artefacts – the corres­ pondences and interconnections of philosophical materialism on the one hand and a sensibility for monuments on the other was seldom discussed. Up to my knowledge, conservation ethics and materialist philosophy (as well as their histories, in all their intellectual complexities and transgressions) met only occasionally. The majority of authors – from Ruskin and Riegl to Brandi – followed the fundamental premise of recipient’s animating role, developing their theories of conservation as a dialogic process. However, they also emphasized the role of the formed matter, simultaneously taking into account the initial creative force in the work’s appearance and processes of its transformation and disappearance. Riegl in his Modern Cult of Monuments wrote about Italian humanists as creators of a ‘new commemorative value’, but claimed they did not recognize the ‘age value’ (Alters­ wert) as a force, which he prophesized for the 20th century in 1903.7 However, after a closer look it seems that Italian human-

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See Riegl, Alois, Der moderne Denkmalkultus. Sein Wesen und seine Entstehung, Wien / Leipzig 1903, 9 and 11–14.

What is (the) Matter? | Marko Špikic´

ists were not just continuing medieval communes’ propaganda of Roman origin. They intentionally exposed themselves to the spectacle of discarded ruins, which were turned from irrelevant or horrifying buildings to attractive didactic and meaningful monuments, and were elaborated according to philosophical doctrine, be it Alberti’s stoicism or Lorenzo Valla’s epicureanism. Humanists’ reactions testified to a new and more dedicated sensibility caused by the revelation of forgotten, fragmented or buried works of art. We learn about this period’s shocking and inspiring discoveries from epistles and treatises of Petrarch, Pier Paolo Vergerio the Elder, Manuel Chrysoloras, Poggio Bracciolini, Leon Battista Alberti, and Raphael. Before the advent of the age of restoring (preceded by the unearthing of Apollo Belvedere and Laocoön) scholars and artists recognized the inherent values of enigmatic ruins as ‘revivable cadavers’. It meant an inauguration of altruism, but it also marked the beginning of a division between perception and treatment, contemplation and action, of gazing into ruins with physical eyes as opposed to seeing their integrity just in the mind’s eye. While Poggio in his Valdarno villa could enjoy sculptures without noses,8 Raphael and Leo X were eager to create a reconstructive map of hidden and recycled ancient Rome.9 So, forgotten artefacts, regressing to the state of Aristotle’s materia prima, hidden by later structures or protruding from hills of Roman disabitati, suddenly became equal speakers in a newly-established dialogue. In it, the living strived to communicate not only with the fragmented and puzzling worlds of imagined ancestors, but with the medium – the preserved matter – itself. This humanist invention differed from hermeneutic interpretation of texts, since it had to count on Benjamin’s hinc et nunc of the discovered and transformed materia secunda. Humanists initiated a process that lasted for centuries. Their dialogue led to new forms of art and new systems of knowledge, former in the fields of art and architecture, latter in antiquarian studies. To antiquarians following Poggio’s, Flavio Biondo’s and

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See Poggio Bracciolini, Gian Francesco, Lettere, Vol. 1: Lettere a Niccolò Niccoli (Istituto nazionale di studi sul Rinascimento. Carteggi umanistici 1), a cura di Helene Harth, Firenze 1984, 83  –   84. See Bonelli, Renato (Cur.), Lettera a Leone X, in: Scritti rinascimentali di architettura (Trattati di architettura 4), a cura di Arnaldo Bruschi et al., Milano 1978, 459  –   484.

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Andrea Fulvio’s examples, matter that attracted ancient philosophers became ontologically and epistemologically a different kind of matter. It wasn’t just an abstract concept or a barely visible object that could be perceived only by the inner eye. It was a concrete and palpable matter surviving under the sky, with its own physical and artistic qualities, passing through time and facing natural and human resistances. As proved by Petrarch’s and later humanists’ cynicism against the destructive ignorance of medieval man, material testimonies of this counterforce must have been distressful. But soon they became didactic, as Maarten van Heemskerck’s maxim (‘Roma quanta fuit ipsa ruina docet’) claimed. Hundreds of sketches from artist’s taccuini and graphics published in splendid antiquarian books testify to this obsession with revealed, fragmented and decayed objects. The fusion of hermeneutics and visual perception pursued by early humanists and their antiquarian followers, in the 17th century led to another form of materialism appertaining to ‘na­ turalistic and sceptical movements of thought which accompanied the rediscovery of antiquity and the rise of natural science’10. Since Valla’s times, humanist textual criticism reinstated Thomas the Apostle’s incredulous words (‘Unless I see in his hands the mark of the nails, and place my finger into the mark of the nails, and place my hand into his side, I will never believe’, John 20:25). Revived scepticism was adjusted to antiquarian’s distinction of ‘original and derivative authorities’, which around 1700 divided the scholars under renewed pyrrhonism. It was initiated by writers such as Antonio Agustín (1517–1586), who had ‘more faith in medals, tablets and stones than to anything declared by writers’11. The division between scholars survived for decades, so we find it in Ruskin’s Lamp of Memory, where he claims that ‘we have learned more of Greece out of the crumbled fragments of her sculpture than even from her sweet singers or soldier historians’12. 10 Campbell, Keith, Materialism, in: Edwards, Paul (Ed.), The Encyclopedia of Philosophy, Vol. 5, New York / London 1967, 179   –188, here 181. 11 As cited in Momigliano, Arnaldo, Ancient History and the Antiquarian, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 13 (1950), No. 3/4, 285  –  315, here 302 (translation Marko Špikic´). 12 Ruskin, John, The Seven Lamps of Architecture, London 1849, 164 (chapter III: The Lamp of Memory, II).

What is (the) Matter? | Marko Špikic´

A substitution of distanced contemplation with an active and invasive treatment of antique remains took place in the pontificates of Julius II and Leo X, opening the way for a transgression of artistic and other drives in the field of conservation, and this basically meant an objectification of the discovered artefacts. It is critical to point out that this intellectual schism was one of the first descendants of the rediscovery of classical antiquity but was overshadowed by the social prestige of collectionism, which – as can be seen in Vatican and Capitoline Museums and collections of the Farnese, Barberini, and Ludovisi fami­ lies – insisted on an integration and exposition of the excavated fragments. Antiquarians surely perceived the beauty of the collected objects, but the changed qualities of their physical state were far from the centre of their attention. Pedantic accumulation and classification by the bearers of knowledge that was transformed into a kind of intellectual industry repressed emotions or revolt. The antiquarian’s ethics was not based on compassion and remorse, but on disinterested, somehow indifferent, acquisition and accumulation. After Cicero’s times, the prehistory of emotional response to the ruined state of these artefacts can be located in the early medieval Codex Einsidlensis, where the reader in the tenth route of a Roman ‘pilgrimage’ among many short indications finds the qualifying adjective coclea fracta, signifying a broken ancient column.13 This short annotation, or a signal of care, was later turned to humanist shock, protest and cynicism. The coexistence of contemplative and active forms of inheriting was mainly peaceful until Johann Joachim Winckelmann’s time, when the German scholar noted the need for distinction between the inherited fragment and modern additions (‘die Ergänzungen sollten […] angezeiget werden’14). This marked the beginning of a new age. Discovered matter was no longer treated as object of a restorer’s pleasure, but as testimony of the forces of nature and time, which contained intrinsic dignity and 13 See Bauer, Franz Alto, Das Bild der Stadt Rom in karolingischer Zeit. Der Anonymus Einsidlensis, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 92 (1997), 190   – 228, here 198   –199. 14 Winckelmann, Johann [Joachim], Geschichte der Kunst des Alterthums, Dresden 1764, XIX.

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beauty of its own. Objectification of already violated artefacts – not entirely disputed by early humanists of Quattrocento Italy and promoted as cultural mission of Renaissance, Baroque and Enlightenment artists and antiquarians – became a moral problem in the generation of Milizia, Hegel, Canova and the conservators of pope Pius VII. Therefore, around 1800 and again around 1900 new sensibilities for fragments were developed. They comprised changes in the understanding of the monument’s cosmopolitan or national origin and in the role of a growing number of inheritors – educated courtiers as well as increasing masses. They also included a novel perception of visible and tangible signs of trauma. Imprints of traumas (which can be multiple by number and origin) were thus aestheticized. The damaged matter attracted admiration (now not necessarily for the sake of knowledge). Around 1800 and 1900, following the Renaissance figures of discoverer and restorer, a new figure of preserver was created, which turned the found objects into subjects. The history of these perceptions was determined by social processes between the French Revolution and the advent of European Socialism. In these processes, differences between the need for restoration and the call for preservation of ‘matter’ became the central point of dispute. Careful consideration of the transformed matter became central in the last quarter of the 19th century, when William Morris wrote about the ‘tempered surface’ and ‘appearance of antiquity’ transformed by stylistic restoration into ‘feeble and lifeless forgery’.15 Although Jean-Baptiste Lassus in 1845 asked for religious respect of ‘la forme’ and ‘la matière’ of old buildings16, formerly transformed or traumatized parts of medieval cathedrals were rather restored by hypothesis and analogy. Morris’ protest was heard by Camillo Boito, who discovered new qualities (‘initial skin’, ‘crust’) on the old surface of St. Mark’s in Venice.17 Moritz Thausing

15 The Manifesto of the Society for the Protection of Ancient Buildings (1877). Written by William Morris, Philip Webb and other founder members of the Society for the Protection of Ancient Buildings the manifesto is still the basis of the Society’s work. 16 Lassus, Jean-Baptiste, De l’art et de l’archéologie, in: Annales Archéologiques 2 (1845), 329  –  335, here 334. 17 Boito, Camillo, I restauri di San Marco, in: Nuova Antologia di scienze, lettere ed arti 18 (1879) [sec. ser. / della raccolta Vol. 48 / Fasc. 24, 15 dicembre 1879], 701–721, here 709   –710.

What is (the) Matter? | Marko Špikic´

pleaded for the intangibility of Vienna’s St. Stephan’s Cathedral, which should not be treated as a ‘corpus vile’.18 Georg Dehio wrote against the restorers of the Heidelberg Castle, defending ‘imprints of life’, ‘wrinkles’, ‘ruptures’ and ‘wounds’,19 while Cornelius Gurlitt invited to ‘listen to the powerful voice’ of ruins.20 The defence of beauty and significance of the ‘walls that have long been washed by the passing waves of humanity’21 is comparable with Antonio Canova’s unwillingness to even touch the consecrated Elgin Marbles. Both of these abstinences were reactive, and both estimated transformations of the formed matter as something noble and sublime. But they could not foresee the consequences of the 20th century violence, the relentless creation of new ruins, minimizing the distance to the traumatic events and their testimony. When conservation was confronted with such an amount of violence (looking for example at the destruction of Ypres, Warsaw or Dresden) cognitive drive and aesthetic sentiment for ruins and fragments was replaced by a moral demand on intellectuals and affected communities, either accused as perpetrators of violence or honoured as its victims and martyrs. This is what the world could learn in the immediate aftermath of 1945: aesthetics of ruins (still pursued by Eberhard Hempel in Dresden22) was supposed to be turned into a reproaching morality, giving way to the emergence of the third figure of the inheritor, that of the survivor.

What is Matter Today? In different parts of post-Second World War Europe ‘matter’ again became a mighty speaker. It did not speak about beauty, but about horror, and in the eyes of survivors it finally was

18 Thausing, Moritz, Wiener Kunstbriefe. Phylloxera renovatrix [Feuilleton], in: Neue Freie Presse Nr. 6344 (26. April 1882), 1– 3, here 3. 19 Dehio, Georg, Was wird aus dem Heidelberger Schloß werden?, Straßburg 1901, 14 (translation Marko Špikic´). 20 Gurlitt, Cornelius, Vom Restauriren III. IV. [Feuilleton], in: Neue Freie Presse Nr. 13867 (4. April 1903), 1–   4, here 2. The first part was published the day before: Vom Restauriren I. II. [Feuilleton], in: Neue Freie Presse Nr. 13866 (3. April 1903), 1– 3. 21 Ruskin, Seven Lamps of Architecture, 172 (chapter III: The Lamp of Memory, X). 22 Hempel, Eberhard, Ruinenschönheit, in: Zeitschrift für Kunst 2 (1948), Heft 2, 76   –  91.

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to become a living and present reminder on crimes, sinners and victims. Or, at least it seemed so. Architects of the divided Germany (Hans Döllgast in Munich, Fritz Steudtner in Dresden, Gott­fried Böhm in Cologne) and England (Basil Spence in Coventry) found inspiration in new ruins for ‘provisional’ new creations and ‘creative fuses’ of damaged old forms with differing additions. Although it seemed that the late-19th century distinction between the ‘dead’ and the ‘living’ monuments was supposed to be abolished facing the destroyed urban landscapes of Europe, the growing conservation movement never really accepted the relevance of violently transformed ‘matter’ as tool for repeat­ able catharsis. Omitting the significance of material traces of suffering and guilt in post-war theory and practice, and celebrating – for example by inscription on the World Heritage List – total reconstructions can be interpreted as professional concession to ‘higher’ social and political demands of the traumatized communities in a divided world. The visionary (collective) subject, again, prevailed over the violated and objectified ‘matter’, giving preference to new forms of expectations and hopes instead of painful experiences and unseemly memories. Although a new historiography of conservation evolved in the past fifty years, it still lacks elements crucial for the understanding of unsynchronized political and social situations, doctrines and practical achievements, and the interpretation of the material nature of monuments. This is why a new form of iconology would help tracing the paths of the transformed ‘matter’ as testimony of aged or violently changed images. Cesare Brandi introduced ‘matter’ as one of the key concepts of his theory. It managed to resolve many practical problems, but it could not prevent the advent of post-war politicization of cultural heritage, which often meant a denial of the principle of care and the pursuit of a reintegration of monuments. Depending on political structures and processes of democratization of the divided world, monuments – along with their materiality – were supposed to experience significant changes. In social processes it meant to gain freedom from oppression, but also to install a freedom of selective oblivion and collective renunciation. In treating ‘matter’ of monuments, emphasis very

What is (the) Matter? | Marko Špikic´

often was put on rights and not on responsibilities. New groups and societies have gained unexpected influence on the destiny of monuments. I would add that, with social acceptance of reconstructions, the ‘matter’ of monuments was substituted by its hypothetical and desired ‘image’. Moral spirituality of materia secunda, modified by age or violent events, since 1989 had been transformed into a powerful political tool, or even weapon, producing unauthentic integral images of damaged or lost monuments and sites under the guise of aesthetics and a revival of social harmony. More than ever, altering of monuments’ matter became one of the central social instincts. From Russia and Baltics to Central Europe and Balkans, it implies the growth of a martyr complex that substitutes concrete and material artworks with results of orchestrated desire. Testimonies of our ancestors’ pain become vague and unacceptable, causing collective amnesia. Artistic ‘matter’ surviving in the changing world, with its origins and fate, should therefore be returned to the centre of our attention.

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II. Heritage – Kulturelles Erbe

On Paradigms, Theories, and Heritage Willem Derde

Introduction In 2009, a campaign was launched within the ICOMOS community to support a ‘tolerance for change’. It was spearheaded by Gustavo Araoz, then president of ICOMOS International. Ten years later, the outcome of the debate in the wake of this campaign is not clear. However, because the challenge still stands and because it addresses core issues in the approach to heritage, it has not lost its intellectual relevance and deserves to be looked at once more. For this paper, I will return to the original claims made by Gustavo Araoz in favour of a ‘paradigm shift’ and assess their value. I will argue that, given what we know about paradigm shifts in the philosophy of science, no such change has occurred. On the contrary, reflection about the current state of heritage approaches shows the need for theory building in the first place.

A Plea for a Tolerance for Change It has become a trivial observation that we are living in a rapidly changing world. Unrestrained globalisation, migrations on a massive scale, unprecedented urbanisation, etc. are but a few of the most obvious tendencies determining the current predicament we live in. Given the pace and impact of the changing world, it should not come as a surprise that heritage, things from the past, things that were created in a different timeframe, and under different conditions, and which answered needs and

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demands that might no longer be valid today, are under an unprecedented pressure of extinction and loss. It should also not come as a surprise that fundamental questions about the nature and value of ‘heritage’ itself are asked as well. Indeed, can monuments be conserved and restored for their own sake when our society is confronted with so many other pressing demands? Does the value of a monument really lie in its physical structures, when what also counts are the ideals and worldviews of traditions or communities, of which they are an expression? Is China losing its soul because it tries to accommodate to the need of modern housing by high-rise buildings and by expanding its urban dwellings? Should Europe stop modernise its environment for the sake of things whose only merit is that they are old? In other words, shouldn’t it be obvious that the conditions of our contemporary world inevitably also have an impact on how to deal with our monuments and sites if heritage wants to remain relevant? It is in this spirit that I understand the position paper of Gustavo Araoz that marked his presidency of ICOMOS International: Protecting Heritage Places under the New Heritage Paradigm & Defining its Tolerance for Change. A Leadership Challenge for ICOMOS.1 Other people in other leading world organisations have addressed similar questions and have come forward with equally challenging propositions, pleading for ‘managing change’ where ‘managing conservation’ used to be the norm.2 What I would like to assess in this paper is whether a ‘para­ digm shift’ in the domain of heritage took place and, if that indeed has been the case, whether this novel perspective is more successful in dealing with heritage compared to its rival

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This version of the paper remained unpublished and was known as the ‘Malta Paper’ of October 2009. For many years it was available online on the website of the del Bianco Foundation at http://www.fondazione-delbianco.org. In 2011 Araoz published it as: Preserving Heritage Places under a New Paradigm, in: Journal of Cultural Heritage Management and Sustainable Development 1 (2001), Issue 1, 55  –   60. All references in this article are made to this version. The same text has also been published under the same title in: Lipp, Wilfried / Štulc, Josef / Szmygin, Bogusław / Giometti, Simone (Ed.), Conservation Turn – Return to Conservation. Tolerance for Change, Limits of Change. Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, May 2010, Prague / Cˇeský Krumlov, Czech Republic, and March 2011, Florence, Italy, Firenze 2012, 47–  52. See for example Bandarin, Francesco / Van Oers, Ron, The Historic Urban Landscape. Managing Heritage in an Urban Century, Chichester 2012.

On Paradigms, Theories, and Heritage | Willem Derde

approaches. I will make this assessment against the background of the concepts of ‘paradigms’, ‘theories’ and ‘paradigm shifts’, as they were coined by Thomas Kuhn’s seminal book of 1962, The Structure of Scientific Revolutions. It is this book that has made the use of the concepts of ‘paradigm’ and ‘paradigm shift’ popular and that has given their current meaning.3

Preserving Heritage Places under a New Paradigm? The position paper of Gustavo Araoz starts with the observation that over the past ten years ‘our established conservation approach’ has been challenged and that, at times, ‘the integrity and authenticity of heritage places’ appear to be eroded by a number of ‘interventions, projects and management approaches’. The author also sees ‘deep changes in the way that the government and the public sector perceive and use their heritage resources’. What these ‘deep changes’ in the perception and uses of heritage are, is left in the dark though. The author simply claims that they have been brought about by ‘the evolution of the role that heritage plays in society, the appropriation of heritage by communities and the growing acceptance of heritage as a public commodity with economic value from which profit can be derived’. These observations bring the author to the conclusion that the ‘nature and consequences of these changes have been enough to characterize the cumulative results as a paradigm shift for heritage places’4. To make sense of a ‘paradigm shift’ in relation to heritage places, however, what is minimally required is a fundamental change in the understanding of the nature of heritage places. It is very doubtful that this has happened. The classic example that is used by Thomas Kuhn to illustrate a paradigm shift is in the domain of chemistry. Before Lavoisier came up with the idea of ‘air itself entire’ that we now recognise as oxygen, the phlogiston theory dominated the research.5 Both competitive theories 3 4 5

Kuhn, Thomas, The Structure of Scientific Revolutions. With an Introductory Essay by Ian Hacking, 4th Ed. (50th Anniversary Ed.), Chicago / London 2012. All quotes Araoz, Preserving Heritage Places, 55 (italics Willem Derde). For a more detailed account, see Kuhn, Structure of Scientific Revolutions, 52 –   66 (Chapter 6: Anomaly and the Emergence of Scientific Discoveries).

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were capable to explain a number of phenomena, such as, for example, consumption by fire. But it was Lavoisier’s theory that proved superior in the explanation of natural phenomena, which the phlogiston theory could not. It is very doubtful that something similar has happened in the domain of heritage. On the contrary, what has been described by Araoz could easily be interpreted as a sign that heritage is extremely at risk, if nothing else. In fact, the author acknowledges this from the start when he says that: ‘[…] the cultural heritage community has been repeatedly alarmed by an increasing number of interventions, projects and management approaches that challenge our established conservation approach and that at times even appear to erode the integrity and authenticity of heritage places.’6

Furthermore, what is presented as the cause for ‘deep changes’, i. e., that heritage resources are seen as a public commodity with economic value or that they have been appropriated by communities, tells us more about the use of heritage, and less about the nature of heritage as such. Therefore, let us look at ‘the signs’ presumably indicating ‘that a new heritage paradigm has emerged’7. Here the paper becomes puzzling and confusing. Take for example the sign of ‘official recognition as heritage of sites where there is little or no material fabric to preserve’. This seems to be more an indication of the extension of the meaning of heritage rather than being proof of a paradigm shift. To appreciate this point better, it is important to remember that one of the characteristics of paradigms is that they are incompatible with each other. One cannot accept phlogiston theory and oxygen theory at the same time as equally true. This is not the challenge that is presented by sites with little fabric to preserve. Take pre-modern battlefields as an example. All that is preserved in the top soil are little remains of armoury or uniforms and musket bullets that are scattered over the terrain where engagement with fire arms took place. Though little or no material fabric is left to preserve, this does not imply a radi­ 6 7

Araoz, Preserving Heritage Places, 55. Ibid., and all quotes following.

On Paradigms, Theories, and Heritage | Willem Derde

cal paradigm shift in relation to the more traditional care for monuments and sites that do consist of a more substantial material fabric. The same holds true for the other ‘signs’ that are enlisted.‘The requirement to manage social processes that are deemed integral to the significance of the place’ indicate that a wider spectrum of elements is deemed relevant to a site rather than a shift of paradigm. That heritage sites can be used ‘as tools for poverty reduction by development agencies’ again is more an illustration of the inventive use of heritage. This strategy, for example, is successfully used by the Global Heritage Fund at preserving heritage in danger by integrating them in the local economy.8 The ‘pandemic of façadism that continues to gut thousands of individual buildings in historic cities’9 is a problem that has been re­ cognised for very long. But it is dependent upon our existing notions about heritage that stress the importance of the authentic and it is an illustration of how little developers care about the integrity of a building in the prospect of economic gain. Again, the same holds true for ‘the aggressive and excessive rejuvenation and adaptive use of historic buildings through excessive replacement-in-kind’. The ‘extreme anastylosis of archaeological ruins’ looks more like a problem to be solved amongst conservators and restorers: At what point does anastylosis become ‘extreme’? And what is exactly the problem with that? The ‘burgeoning urbanisation around cultural sites in Asia’ and the ‘race to capture tourism without proper preparation to receive them or the ever-expanding tourism infrastructure that erodes their setting’ again are examples pointing out that heritage today is extremely at risk. In sum, none of the above examples indicate a para­digm shift. Even the ‘growing acceptance of facsimile reconstructions as valid equivalents of originals long gone’ is a questionable example to illustrate a paradigm shift. For sure, it does challenge the nature of authenticity to the extreme, but they are at the same time driven by the fetish of authenticity in the pursuit of constructing something as it might have been in the

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See Global Heritage Fund (Ed.), Saving Our Vanishing Heritage. Safeguarding Endangered Cultural Heritage Sites in the Developing World, Palo Alto (CA) 2010. Araoz, Preserving Heritage Places, 56, and all quotes following.

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past. Therefore, if the list demonstrates something, then it is that the field of ‘heritage’ is extremely complex and diverse, that it consists of many different practices and approaches, and that in many places in the world heritage is at risk due to modern developments. In the light of the above analysis it is far from obvious that ‘everywhere the heritage community is increasingly finding that the professional toolkit and the doctrinal foundation on which it has relied for decades for an ethical practice are insufficient to effectively deal with these new demands which are often perceived as threats’. By ‘the professional toolkit and the doctrinal foundation’ the author is assumedly referring to the many conventions, charters and guidelines that have been developed by institutions such as ICOMOS or UNESCO. It is not explained why or in what sense this toolkit is insufficient to effectively deal with the new demands because, in fact, the examples given by Araoz prove that the reverse is the case. It is because of this toolkit that the ana­lysis of the current state of heritage conservation presented by Araoz can be made in the first place. The conclusion is also very clear and unambiguous: heritage is at risk and, indeed, is facing many threats. For the current situation not to be experienced as a threat, surely, another paradigm is needed all together, but that has not been offered so far. It is not that because everybody is lying, that telling a lie is no longer morally apprehensive or that, therefore, the nature of what lies are has changed.

On Communities, Values and its Vessels The gist of the argument in the rest of the paper boils down to the claim that, contrary to what has been thought until now, the core value of heritage does not rest in its material fabric, but in the ‘vessels’ of its immaterial value. Because this is what really defines heritage, and because values, according to the author, are in constant flux, heritage is in flux as well. Managing these changes is the new challenge for which a new heritage paradigm is needed. What forced these changes, is the recognition that heritage is part of community development and that, therefore, it responds ‘directly and constantly to the evolving

On Paradigms, Theories, and Heritage | Willem Derde

needs of society at any given time’10, the assumption being that it can only do so if heritage itself is constantly changing and adapting too. If we look at what it means for heritage to become part of community development, it turns out that, according to the author, heritage needs to be functional, if nothing else. To be that, the aesthetic and historic values should give way to the economic value of a ‘heritage place’ that then becomes a commodity in the real estate market. ‘A building’s economic and use values rest not so much on its fabric as on its ability to serve a desired purpose. By overriding the traditional historic and documentary values, which rested entirely on material form, these new values can be used in the socio-political arena to justify a complete interior gutting in order to make a historic building functional and competitive in the real estate market.’11

To fully appreciate what is said here, one should be aware that the above citation is provided as an example illustrating the claim that ‘the range of values that are now attributed to herit­ age includes many that in the past played no role in the conservation of material culture’ and that ‘the dispersal of values between material and intangible vessels increasingly comes at the expense of the historic fabric of the place’12. What makes this assumption very problematic is that the author treats the economic value of a monument as if it were a heritage value in its own right. Because it is treated as a herit­ age value in its own right, and because it is considered to be of greater importance, it supposedly overrides the more ‘classical heritage values’ attributed to a monument. Because of this, the author does not consider the question in what sense one can still speak of a ‘historic building’. What is left is ‘a building’ with a market value that is determined by location and modern architecture which have nothing to do with heritage management. This, of course, does not exclude ‘heritage places’ of having a

10 Ibid., 58. 11 Ibid. (italics William Derde). 12 Ibid. (italics William Derde).

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market value of their own. But this is a very trivial remark to make and it is also not what the author is pointing at.

On the Nature of Values An important claim that is made again and again by Araoz is that it is obsolete to think that the value of a ‘heritage place’ rests exclusively in the material fabric of the monument or site. According to the author it is the repositioning of heritage as part of community development that has subsumed heritage into a process that is inherently dynamic. Hence, tangible aspects gave way to the intangible aspects, even in the West: ‘[…] even in the western world, the values of traditional herit­ age no longer reside exclusively on its physical fabric and form, but on the intangible concepts that by their very nature are in constant flux.’13

In other words, it is the intangible aspect overriding the material fixedness that allow monuments to change and adapt. The problem, however, is that it is not explained if, how, and in what sense, these intangible aspects are also defining the monument as ‘heritage’. Therefore, we will focus on the nature of ‘values’ as they are presented in the paper instead. What is striking is that values are presented as being ‘in constant flux’. This idea is used in two ways, one of which is problematic and confusing, the other which is trivial. In one sense this claim is used to illustrate that the attribution of values is not constant and changes according to time and place: ‘It is commonly accepted now that the values attributed to a heritage place are not an immutable constant, but rather that they evolve in respect to time and space.’14

Indeed, this is quite an unproblematic claim which no one will deny: different communities can and do attribute different values to the same object, or, the same object can get different appreciations through time. What is problematic, however, is 13 Ibid. 14 Ibid.

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that the constant flux of values is also interpreted in another sense which reflects on the nature of values themselves. ‘In the context of heritage, values are a vaguely shared set of intangible concepts that simply emerge from and exist in the ether of the communal public consciousness. Any attempt to institutionalize or freeze them permanently is in fact impossible in the long term, and were it possible, it would be tantamount to social engineering or even ideological propaganda of a single opinion at a moment in time.’15

Here it is said that values are impossible to freeze, that they do not have a permanent character and that they are very ‘ethereal’. In other words, they seem to have a fuzzy character and are difficult to pin down because they are constantly in flux. However, this is not how values operate in the world. Contrary to what is suggested here, values have a very permanent and stable character. If they would not have this stable character, we would not be able to recognise them, honour them, cherish them, or defend them. Honesty, magnanimity, generosity, hospitality, are but a few examples of values that we cherish in a person and that we nourish within our children. The right to freedom of speech, the right of free practice of religion are but a few examples of values that we cherish in a society. Defending these values when they are endangered by tyrannical or other forces has little to do with ‘social engineering’ or ‘ideological propaganda’. The same holds true with the ‘Outstanding Universal Values’ (OUV) that are attributed to monuments and sites on the UNESCO World Heritage List.16

Vessels at the Rescue If values are difficult to fixate, and if, according to the author, ‘they can be neither protected nor preserved’17, what is it that the heritage community preserves? The answer is as quickly given as it is enigmatic: 15 Ibid., 58  –  59. 16 See Jokilehto, Jukka (Ed.), The World Heritage List. What is OUV? Defining the Outstanding Universal Value of Cultural World Heritage Properties (Monuments and Sites 16), Berlin 2008. 17 Araoz, Preserving Heritage Places, 58.

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‘What really is crucial for and at the very core of conservation is understanding where those values rest, for that is what we are called to conserve and protect. These are what I call the vessels of value and significance.’18

Up till now the heritage community has protected ‘the material vessels where values have been determined to reside’19. Under the new heritage paradigm what should be protected are the ‘intangible vessels’: the use, the message, but not a place. Whatever that may mean.

The Need for a Theory of Heritage If the ‘Malta Paper’ gives us a snapshot of the current state of thinking about heritage and if the analysis is accurate, then we are far removed from a stage where dominant paradigms emerge. This, however, does not mean that there is no truth or value in what Gustavo Araoz is saying. Indeed, intangible aspects of heritage have been neglected in the traditional approach to heritage. It cannot be denied that heritage today is assessed from the perspective of its role in community building and society. And it is true that emphasising the protection of the authentic material fabric of a monument threatens to cut it off from being relevant and useful and, as a consequence, actually jeopardises its survival for the future. The solution, however, does not lay in swinging the pendulum in the other direction and considering the traditional approaches as obsolete. What is needed is a thorough analysis of the current state of dealing with heritage. Actually, this is what the ‘Malta Paper’ also provides. What it shows is that heritage management and policy today is based on a myriad of practices and practical solutions more or less on an ad hoc basis. It also shows that the domain of heritage is extremely complex, that heritage seems extremely at risk, and that we are confronted with many pressing matters that threaten to override established practices. All of these need an appropriate answer. What the analysis also shows

18 Ibid., 59 (italics William Derde). 19 Ibid.

On Paradigms, Theories, and Heritage | Willem Derde

is that what is lacking, is a theory of heritage and that this theory is also not provided by the so-called paradigm shift towards the ‘vessels’ of intangible values. For that to be the case, it needs to be demonstrated how and in what sense the intangible aspects, uses, and communal approaches to heritage, are also outlining what heritage is, how heritage is defining the uses and approaches, etc. This is currently not the case. To sum up, what we see in the field of heritage today is what Thomas Kuhn describes as a state before ‘normal science’.20 UNESCO has always protected monuments, sites and landscapes and it has done so on the basis of their OUV. It has protected these monuments, sites and landscapes because of the values that are attached to them. The question then becomes: does a monument, site or landscape become heritage because of the values attached to them, whatever the nature of these values? Or does heritage exist regardless of the values that are attributed to them? If the latter is the case, and I believe that this is indeed so, then we need a theory that distinguishes heritage from everything else in the world. It is also clear what kind of questions a theory of heritage should answer at the minimum. What is ‘heritage’? How can it be distinguished from other things in the world? Bear in mind that definitions are of no use here. What we need are hypotheses which have consequences. What does ‘heritage’ do? Does it have a function that is unique to itself, or not? Are tangible and intangible ‘heritage’ different in kind or not? Is ‘heritage’ static or dynamic? If the latter, what kind of dynamics is structuring ‘heritage’? If the former, how does it survive? How and in what sense does ‘heritage’ contribute to community building? Is ‘herit­age’ a cultural universal or not? I believe that it is by trying to answer these and similar questions that we will start gaining insight into the phenomenon of ‘heritage’. This insight is currently lacking. Hence, the myriad of voices, solutions, suggestions and the heated debates the outcome of which will remain indecisive if no different and more fundamental questions are being asked. 20 See especially Kuhn, Structure of Scientific Revolutions, 10   – 22 (Chapter 2: The Route to Normal Science).

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Pandora’s Box of Reconstruction Natalia Dushkina

This text shortly outlines the range of long-term observations and – to a full extent – the experiences and concerns of its author on the concepts of ‘reconstruction’ and ‘authenticity’.1 It was a great personal and professional interest, a kind of life experience for a long time, which was reflected in numerous publications, public speeches and conferences, including the ICOMOS International Committee Theory and Philosophy of Conservation headed by Wilfried Lipp.2 Raising this complex and controversial issues since 1995, an attempt was made to comprehend this phenomenon, to slow down the destructive processes (including the mental ones) and to defend the purity of heritage. Gradually, it became clear that transformation of theory on reconstruction, which began more than twenty years ago, can lead (and has already led) to serious negative consequences including general understanding of ‘heritage’ as a notion. There was a confidence that drawing attention to this problem not only in my own country, but also in the world, would help to prevent risks, as most of the countries and their heritage were affected and shaped by different methods of historical reconstruction. 1

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The text presents a developed and updated version of Dushkina, Natalia, Historic Reconstruction: Prospects for Heritage Preservation or Metamorphoses of Theory?, in: Stanley-Price, Nicholas / King, Joseph (Ed.), Conserving the Authentic. Essays in Honour of Jukka Jokilehto (ICCROM Conservation Studies 10), Rome 2009, 83  – 94. See Dushkina, Natalia, Historic Reconstruction: From Theory to Practice along a Way of Temptation, in: Lipp, Wilfried / Štulc, Josef / Szmygin, Bogusław / Giometti, Simone (Ed.), Conservation Turn – Return to Conservation. Tolerance for Change, Limits of Change. Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, May 2010, Prague / Cˇeský Krumlov, Czech Republic, and March 2011, Florence, Italy, Firenze 2012, 264   – 277.

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Its blossoming was provoked by the deep changes within culture itself, as well as by significant political and social metamorphoses of the late 20th century. In conservation theory, ‘reconstruction’ is connected with building anew, having in mind the reproduction of a monument destroyed by a war, a fire, or by natural as well as social calamities. The decision to launch a reconstruction is an exceptional one and based on precise documentary evidence, preservation of the original forms, use of old or new materials and in situ principle. No type of conjecture or hypothesis is permitted.3 As a rule, reconstruction should be preferably undertaken soon after a tragic destruction when many living witnesses could gain the satisfaction of a reinstituted historical completeness and integrity. Paying tribute to the obvious cases of military conflicts, natural disasters and earthquakes, when post-traumatic reconstruction is actually predetermined both theoretically and practically, it was possible to look at this phenomenon from a different point of view, denoting its multidimensional nature. Thus, there are reproductions of buildings which were destroyed in a more distant past and there is not enough evidence of them. It is symptomatic that even at archaeological sites for which reconstruction was a strict taboo for decades (except anastylosis), a formerly unbelievable imitation of full-size prehistoric structures, including Neolithic monuments, is spreading fast for tourism pur­poses.4 Another case is the reconstruction of lost historical structures and urban fabric using new materials. Another approach presents cloned ‘façadism’ with new (and thus) alien inner structure and interiors. Sometimes a reconstruction has been superimposed onto ancient and mediaeval remains killing them for any type of research; but the desire for full visual ‘completeness’ 3 4

See Feilden, Bernard M., Conservation of Historic Buildings (Technical Studies in the Arts, Archaeology, and Architecture), London et al. 1982, 12 and 252 – 255. See Kobylinski, ´ Zbigniew, Contemporary Archaeological Heritage Management: Conflicts between Research, Preservation and Presentation, in: Falser, Michael / Lipp, Wilfried / Tomaszewski, Andrzej (Ed.), Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858   –1905). Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, April 2008, Vienna, Austria, Firenze 2010, 143  –158.

Pandora’s Box of Reconstruction | Natalia Dushkina

and ‘integrity’ of ancient sites cannot justify a violation of restoration principles! Even recent heritage of the 20th century is the target of reconstruction efforts. For example, temporary and soon dismantled ephemeral exhibition pavilions represent a series of replicated structures, which turned into permanent ones, often at other locations. Simultaneously, unfinished or non-built projects start to be subject to total completion.5 As the DOCOMOMO Report of the debate on reconstruction stated, ‘recent reconstruction practice has become more and more a case of heritage education, cultural and tourism entrepreneurship and sometimes even plain real-estate development’, and further on, ‘heritage industry has developed a growing interest in staging icons of this era of progress and growth’.6 Some of the implemented reconstructions have been marked by a violation of the existing theoretical rules and were carried out without an exhaustive documentary basis, including both hypothetical elements and modern improvements, thus distorting the original idea and the author’s intentions. Finally, many newly built ‘historical monuments’ turned to be constituent elements of the World Heritage sites. As for the Russian reconstruction phenomenon, it is possible to outline seven periods, demonstrating its evolution: a) From a ‘Stylistic’ reconstruction to an ‘Archaeological’ one, in the late 19th–early 20th centuries; b) Mass monument repressions, in the 1920s  –1930s; c) Post-war reconstruction, at the end of the 1940s (up until now); d) ‘Decorative’ reconstruction of the 1960s  −mid-1980s; e) Post-Soviet ‘Romantic’ reconstruction, 1985  – 2000; f) Mass destructions and cloning, 2000   − 2010; g) ‘Phantom’ reconstructions of the late 2000s.7 Experience of the last two decades proved that working within the framework of restoration theory and practice is not only a lengthy process, 5 6

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See Dushkina, Historic Reconstruction: Prospects for Heritage Preservation. Dushkina, Natalia (Chair), Reconstruction of Modern Movement Buildings, Debates, in: The Challenge of Change. Dealing with the Legacy of the Modern Movement. Programme of the 10th International DOCOMOMO Conference, September 2008, Rotterdam, 33  – 34, as cited in Dushkina, Historic Reconstruction: Prospects for Heritage Preservation, 85. See Dushkina, Natalia, Historic Reconstruction in Russia: A Strategy for the Future or Devaluation of a Heritage Concept?, in: “Reconstruction Process” and Cultural Heritage. Disaster, Conflicts and Social Changes. 34th International Symposium on the Conservation and Restoration of Cultural Property (National Research Institute for Cultural Properties, Tokyo, January 2011), Tokyo 2012, 161–172.

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but also a very expensive way of doing things like new constructions of ‘historical buildings’ − especially since the visible results are similar or even, for a non-professional spectator, identical. A true professional approach, based on definite principles and a clear ideology, has become – as it seems – unnecessary. This is essentially a process that overcomes ethical principles. Declaring buildings dilapidated and unsafe seems to entitle the demolition of large, robust structures located in the historical city centre – an extremely attractive area for commercial interests and investments. As a result, dozens of clones of historical buildings have appeared, making up entire streets and architectural ensembles. Today, in peacetime, the historical cities are subjected to devastation for the benefit of rapid generation of super-profits. To a great extent, this situation may be explained by the phenomenon of ‘reconstruction’ itself, which epitomises the ‘dialectics of preservation and development’. In fact, ‘reconstruction’ is no longer a copy, but a modern interpretation and redevelopment of an architect’s original idea. Therefore ‘authenticity’ is more or less an abstract notion. Another important point is the fact that a concrete work is often removed from a professional conservation sphere and handed over to practicing architects. Restorers were involved not for general restoration concepts, but only for discrete work, mainly in interiors. This attitude determined a trend towards the ‘remodeling’ of historical heritage on an unprecedented massive scale. A well-known international expert, Todor Krestev, leading the fight against the falsification of architectural and archaeological heritage in Bulgaria, observes the same threats: ‘Today’s reconstruction [...] recreates hypotheses, creates fakes without cultural value, thereby closing the windows of history. […] If we imagine a pessimistic scenario, in which this practice will continue to develop and expand, we will move to a gradual “touristicization” of the Bulgarian heritage, and then we will reach the cloning of cultural “attractions” in an environment devoid of memory. Here you can also use the term “McDonaldization” of heritage – because we are talking about the creation and replication of a typical tourist product. In order to facilitate these commercial manipulations, which are beneficial at different lev-

Pandora’s Box of Reconstruction | Natalia Dushkina

els, it is even possible to apply political pressure and weaken the criteria of authenticity. This has already received alarming signals [...].’8 Today, the theme of ‘reconstruction’ is again at the very peak of relevance and discussed worldwide. This allows turning to a number of previously expressed views in order to see the development of the situation in a retrospective dimension. In 1999, at the 12th ICOMOS General Assembly held in Mexico, the author of this paper proposed a draft Resolution on Reconstruction. Its aim was ‘to initiate international scientific discussion in order to establish the criteria and limits for reconstruction in the present-day conservation theory and practice’. At that time, this warning was not taken into consideration, and the resolution was turned down despite a support by delegates and several ICOMOS National Committees. Ernst Bacher, Chairman of the Resolutions Committee at the ICOMOS General Assembly and at that time ‘Generalkonservator des Bundesdenkmalamtes’ in Vienna, came up after the discussion and said to me: ‘What you are proposing is almost impossible. All – politicians, authorities, society, and, most importantly, professionals – support reconstruction. Everyone benefits.’ However, in 2011, twelve years later, at the 17th ICOMOS General Assembly in Paris, such a resolution on behalf of ICOMOS Russia was finally accepted. After a lively discussion with the audience an editorial group was created and finally, as a result, the Resolution 17GA 2011/39 – Reconstruction was approved. Since a number of key positions of this document are actual and crucial, it is important to cite the text in full: ‘The 17th General Assembly of ICOMOS, Recalling the Venice Charter (1964), the Dresden Declaration on Reconstruction (1982), the Nara Document on Authenticity (1994), the Krakow Charter (2000), and other recommendations addressing the theory and practice of reconstructions; 8

Крестев, Тодор [Krestev, Todor], за счет чего и какой ценой наследие превратится в товар? [Due to What and at What Price the Heritage Will Become a Commodity?] (08.10.2015), http://hraniteli-nasledia.com/articles/person/todor-krestev/todor-krestevza-schet-chego-i-kakoy-tsenoy-nasledie-prevratitsya-v-tovar/ [28.06.2019] (translation Natalia Dushkina).

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Taking into consideration the significant growth on a global scale of reconstructions of monuments and ensembles, including World Heritage Sites; Noting the increasing disregard of existing theoretical principles for the justification of reconstruction, and a new tendency towards significant commercialization of reconstruction activities; Encourages ICOMOS, as a matter of urgency, to launch a debate on this new and growing phenomenon of reconstruction.’9

The large international research project for the study of ‘reconstruction’, launched by the World Heritage Center and ICOMOS in 2015, was a striking confirmation. This process was urged by earthquakes and military conflicts that caused multiple destructions of unique monuments. Where will this rising wave lead? What goals will be finally set? There are serious concerns that the outcome of this global discussion may be significantly different from the earlier expectations, and the road will be paved with misunderstandings, doubts and risks for a theory in heritage conservation. In 2016, the decision of the 40th Session of the World Heritage Committee in Istanbul stated: ‘Noting that the recent and wide-ranging deliberate destruction of World Heritage properties as a result of armed conflict in Syria, Yemen, Libya, Iraq, Mali and Nigeria, and the devastating earthquakes in Nepal, have brought sharply into focus the issue of reconstruction in World Heritage properties; that several international meetings have taken place or are being planned on reconstruction; and that guidance within the Operational Guidelines is currently inadequate, [the World Heritage Committee] Recommends that more in depth reflection is needed on reconstruction within World Herit­age properties as a complex multi-disciplinary process, and that consideration should be given to developing new guidance to reflect the multi-faceted challenges that reconstruction brings, its social and economic context, the short- and

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ICOMOS, Resolution 17GA 2011/39: Reconstruction, 22 (underlined text in original, italics Natalia Dushkina).

Pandora’s Box of Reconstruction | Natalia Dushkina

long-term needs of properties, and the idea of reconstruction as a process that should be undertaken within the framework of the Outstanding Universal Value (OUV) of the properties.’10

In order to confirm and additionally convince of the need for changes in this area, a special lecture equipped with statistics on surgical transplantology by Dominique Franco, titled Analo­ gous Challenges for Ethics in Human Reconstruction, was given (among other reports) at an international colloquium on “Post-Trauma Reconstruction” held at ICOMOS Headquarters in 2016.11 It was convincingly shown that even in case of human beings there are no strong prohibitions on transplantation of damaged organs and tissues, as well as restoration by ‘reconstruction’ of the most important parts of the body including reproductive organs. The intended logic of transition to immovable monuments was obvious. Starting with overcoming the ‘post-traumatic’ consequences (military and natural disasters, social cataclysms that led to destructions in Afghanistan, Japan, Syria, Iraq, Nepal, Italy or on the territory of the former Yugoslavia), the task, in its essence, was to consider the possibility of a full legitimate ‘disclosure’ of the World Heritage for reconstruction. Inevitably, several questions arose. Whether is this really only about post-traumatic recovery, or whether by opening widely the Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention for reconstruction, the pre-existing principles and taboos in conservation theory will be adapted to other goals within new political, social, cultural demands and changing values? The following year 2017 brought notable international events on this topic. One is a collective monograph with the symptomatic and provocative title Authentic Reconstruction.12 The sub-

10 UNESCO World Heritage Committee, Decision 40 COM 7: State of Conservation of World Heritage Properties, paragraph 11 and 12 (underlined text/italics in original). 11 Kealy, Loughlin (Ed.), Post-Trauma Reconstruction. Colloquium at ICOMOS Headquarters, Charenton-le-Pont, France, 4 March 2016, Volume I: Proceedings, Charenton-le-Pont 2016 (open-access publication: http://openarchive.icomos.org/1707/1/ICOMOS-Post-Trauma_ Reconstruction_Proceedings-VOL1-ENGok.pdf [28.06.2019]). For the paper of Dominique Franco see ibid., 16  –17. 12 See Bold, John / Larkham, Peter / Pickard, Robert (Ed.), Authentic Reconstruction. Authenticity, Architecture and the Built Heritage, London / New York 2018.

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title of this book, which linked together authenticity, architecture and built heritage, in fact reflects a recent trend of an ‘advanced vision of heritage’. It is worth to remind that the very nature of authenticity, which cannot be repeated, reproduced or copied, contradicts the notion of reconstruction. On a purely theoretical level the use of two conflicting, actually contradicting notions in one single phrase – ‘authentic reconstruction’ – is a philological, philosophical and cultural nonsense. On a practical level as well we can see a shift in perspective: Laws – for example in France (Loi relative à la liberté de la création, à l’architecture et au patrimoine, 2016) – are enacted which emphasize creativity and urban development in dealing with cultural heritage sites. Thus World Heritage objects will more likely be protected within the ‘Urban Code’ as within a ‘Code of Heritage’. An impact of such new concepts is, in fact, traced in numerous proposals for the post-traumatic reconstruction of Notre-Dame de Paris not as it was before, but including mo­ dern design and new building materials (concrete-and-steel, reinforced glass, composite building materials, etc.). These suggestions may have sounded plausible and practical immediately after the devastating fire on April 15, 2019. But that is why the World Heritage Centre and ICOMOS will require great efforts, courage and authority to protect and defend the unique values of this symbolic cathedral, as well as the restoration principles.13 Another important document is the ICOMOS Guidance on Post Trauma Recovery and Reconstruction for World Heritage Cultural Properties (2017). Initially, the World Heritage Convention (1972) and the above mentioned Operational Guidelines (1977, since then periodically revised) permitted anastylosis as the only possible form of reconstruction at World Heritage Sites. Already in 1980, in addition to the text on authenticity, a special comment on reconstruction opened up the gates for replicated structures, and by 2005 the extension of the Operational Guidelines paragraph 86 gave full scope to a reconstruction of archaeological remains or historic buildings and districts, which in fact is justifiable only in exceptional circumstances. As 13 See Larkham, Peter, The Notre Dame Fire: Considerations for Reconstruction (18.04.2019), http://blogs.bcu.ac.uk/bsbe/the-notre-dame-fire-considerations-for-reconstruction [28.06.2019].

Pandora’s Box of Reconstruction | Natalia Dushkina

before, it might be acceptable ‘only on the basis of complete and detailed documentation and to no extent on conjecture’14. However, this carte blanche given within superior global standards reflected the ideas of several texts on reconstruction being of different scientific quality,15 as well as the existing reality with numerous examples of just created ‘historical monuments’. Against this background, the Nara Document on Authenticity (1994) was perhaps the last doctrine which has confirmed indirectly the existing threats to heritage purity and the signs of its devaluation. The new 2017 draft doctrine on recovery and reconstruction by ICOMOS insists that reconstruction has to be seen from the perspective of ‘Outstanding Universal Value’ (OUV) and in the spirit of the World Heritage Convention of 1972. Reconstruction has been rejected ‘when seen as having an adverse impact on OUV, or where it involved interventions at archaeological sites that could have irreversible consequences on preservation conditions, future excavations and interpretation, and/or might be speculative in nature’16. Accordingly, the project establishes eight types of reconstruction that define an almost limitless scale of possible actions: Reconstruction in relation to ‘Outstanding Universal Value’ (OUV); Reconstruction as before (reconstruction à l’identique); Modified Reconstruction (addressed only to form, or regardless authenticity in materials and craftsmanship; modified in respect to new needs, etc.); Partial Reconstruction; Reconstruction as a recurring process; Reconstruction of newly revealed underlying historic layers; Reconstruction as an opportunity to improve building or urban conditions; Reconstruction as a critical element to maintenance of customary knowledge, practices, beliefs, or as an opportunity to sustain these or other intangible attributes.17 (Fig. 1, 2)

14 As of 2019, this paragraph remains the same. See Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention (2019), paragraph 86 (section: Integrity and / or Authenticity). 15 See the Declaration of Dresden (1982), the Krakow Charter (2000) and the Riga Charter (2000). 16 ICOMOS, Guidance on Post Trauma Recovery and Reconstruction (2017), 4. 17 Ibid., 16 (Annex 2: Glossary of terms).

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Fig. 1: The Assumption Cathedral of Kyiv-Pechersk Lavra. The original 11th-century structure of the Cathedral has undergone numerous destructions and rebuildings from the 13th to the 18th century. Destroyed in 1941 the Cathedral was reconstructed in the Baroque forms of the 18th century in the mid-1990s–2000 and became World Heritage Property in 1990. North wall of the Cathedral, simulating ‘authentic disclosure’ of the ancient plinth masonry, which has not survived.

Fig. 2: The Royal Palace (Berliner Schloss / Stadtschloss) of the early 18th century by Andreas Schlüter in Berlin. Destroyed 1945  –1960. Reconstructed since the late 2000s on the site of the demolished GDR Palace of Republic. Since 1999 Buffer Zone of the World Heritage Pro­ perty ‘Museum Island’ (‘Berliner Museumsinsel’). The concrete body is coated with brick and Baroque details; the wall facing Spree made in modernist forms.

Pandora’s Box of Reconstruction | Natalia Dushkina

It seems that with such breadth and diversity, ‘reconstruction’ starts covering practically all actions in relation to heritage and becomes the leading operation for monuments and historical environments. In fact, this approach reflects not only the existing demand on post-traumatic recovery and reconstruction, but also corresponds to the modern spirit and call for development within the historical urban fabric, as well as alteration of monu­ ments for new social needs and values. Opening widely the doors to such active reconstruction in the World Heritage system, leads us to expect the abolishment of theoretical restrictions imposed in the heritage legislation of the state parties. It seems that within these numerous options there is a mixture of concepts for ‘reconstruction’ within the conservation field and an understanding of ‘reconstruction’ as an instrument of practical activity in the field of architectural and urban design, which is always aimed at change. At this point, we meet a coincidence of different meanings, often opposed to each other in one and the same term bearing conservation, creative and destructive forces simultaneously. Duality of meanings and terms produces a scissors effect, which starts influencing the conservation field, changes its professional sense, and leads to a devaluation of both authentic heritage and the notion of reconstruction itself. The professional community is moving along a demarcation line that determines the prospects for heritage survival and preservation of the restoration doctrine, and more broadly – the prospects of the profession itself. Demands that threaten to change radically the historical and cultural landscape (and therefore return to a pre-scientific stage of conservation) can be observed all over the world. This once again confirms how important it is to maintain a high level of ethical consciousness, professional restoration culture and skill, which are necessary to correct all the arising discrepancies and falsifications. Under these circumstances an emphasis is demanded not so much on ‘changes’ but on ‘continuity’. It is important to have a conscious respect for the limits, borders and systemic protection of restrictions in various areas of heritage preservation, including terminology and legislation.

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In this regard, the development of the reconstruction approach to Notre-Dame de Paris is not only a touchstone of the new document on post-traumatic reconstruction, but also a kind of a test for the strength of the professional community that gave rise to it.

Figures Fig.  1: The Assumption Cathedral, Kyiv-Pechersk Lavra, main construction in the 18th century, north wall after reconstruction, 2013, Photo: Natalia Dushkina. Fig.  2: The Royal Palace (Berliner Schloss / Stadtschloss), Berlin, early 18th century, front after reconstruction, 2017, Photo: Natalia Dushkina.

Historic Monuments ... Drowned in the Ocean of Cultural Heritage? Tamás Fejérdy

Who controls the past controls the future: who controls the present controls the past. George Orwell, 1984

Nowadays the notion of ‘historic monument’ sounds more and more obsolete and it seems to be replaced by the emerging concept of ‘cultural heritage’. This trend is clearly evident, for example, in the radical transformation of the Hungarian monument protection system which has taken place over the past decade. This article does not undertake an evaluation of the specific situa­tion in Hungary, but rather tries to examine the root of this paradigm change (if it is) in a more general context.

General Issues – Heritage Discussions The birth and unfolding of the monument protection concept in Europe is a well-known story – but let’s remember one crucial factor at its beginning in the 19th century: the ‘historic monu­ ment’ always had to have national significance and had been recognised (selected) on a professional basis. In other words: a historic monument is always of outstanding identity-content comparing with other goods also created in previous periods. As for the criteria of that ‘value’-based selection, it is enough to refer to the classics, first to Alois Riegl, and also mention the ‘trinity’ of intrinsic values of a historic monument: the historic

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(including documentary), aesthetic and ethical values.1 The extension of the content of the monument concept has been a 20th century approach and process – starting after World War II and certainly accelerated in the 1960s, as can be recognised for example in the concept of the Loi Malraux (1962) in France and can also be detected in the Venice Charter (1964).2 The European Year of Architectural Heritage with the Amsterdam Declaration (1975) played a decisive role in the prominence of the concept of architectural heritage, and we should neither forget about the UNESCO’s World Heritage Convention (1972). Was that ‘expansion’ already a paradigm shift? Probably not, because back then it was commonly shared that ‘Historic Monu­ ment’ and ‘Heritage’ are not synonymous concepts – nevertheless this larger recognition of values had its role in the opening of Pandora’s Box of ‘Heritagisation’. Expanding circles3 of historic monuments posed the question if ‘the balloon is going to burst’? The ever-increasing number of monuments not surprisingly led to discussions, mostly among politicians: Are there too many? How does this interfere with (national) economy?4 After all, ‘historic monuments’ still are defined on a national level.

Values of Heritage – Heritage Values The post-modern concept with its different understanding of values too came into the picture.5 Broadly speaking, a relativised

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This concept was originally formulated by Frigyes Pogány (1908  –1976), professor of History of Architecture at the Budapest University of Technology, architect, art historian, urbanist, and monument topographer. ‘The concept of a historic monument embraces not only the single architectural work but also the urban or rural setting in which is found the evidence of a particular civilization, a significant development or a historic event. This applies […] also to more modest works of the past which have acquired cultural significance […].’ The Venice Charter (1964), article 1. See A mu˝emlékvédelem táguló körei. Az Országos Mu˝emlékvédelmi Hivatal [OmvH] kiállítása (Kiállítási katalógus, Magyar Építészeti Múzeum, április–július 2000), szerk. Pál Lo˝vei / OmvH, Budapest 2000 [Expanding circles of the Monuments’ Protection (Exhibition Catalogue, Magyar Építészeti Múzeum, April–July 2000), ed. by Pál Lo˝vei / National Office of Historic Monuments]. During the ‘socialist time’ the lower level protected historic monuments in Hungary – according to the Ministerial Decree for the Protection of Monuments (1967) – had to be sustained ‘depending on the capacity of the People’s Economy’, and in the 1970s a ‘revision’ of the National Historic Monuments Registry (Magyarország Mu˝emlékjegyzéke) considerably diminished the number of the second level protected items. See Sonkoly, Gábor, Historical Urban Landscape, Cham 2017.

Historic Monuments ... Drowned in the Ocean of Cultural Heritage? | Tamás Fejérdy

value system emerged, characterised by a predominantly emotional approach of ‘nostalgia’ instead of the ‘monumental’ and ‘historic’ approach of science and professionalism. The other basic difference between historic monuments and cultural herit­age properties is the ‘analogical’ character of the latter. The (built) cultural heritage could be recognised at different levels, not only at the national one, like historic monuments. Persons, families, and communities have their own heritage which does not necessarily correspond with the others’ heritage. So, what has to be seen as heritage? Who has the right to identify heritage? As everyone has their own heritage – is ‘everything’ by implication ‘heritage’, just at different levels? Are there any limits?6 Do generally valid rules exist to precisely define ‘heritage’? One could make allusions to the famous question what ‘authenticity’ meant – and to the answer given by the Nara Document on Authenticity (1994): there is not only one ‘global’ definition. The next challenge is: does all kind of heritage need the same level of care? ‘[…], in general the conservation of an item of cultural heritage does not necessarily have to be the same as the conservation of a scheduled historic monument. […] On the one hand, it is impossible to fulfil all the professional requirements in the case of a whole set of cultural heritages items whose requirements are mandatory for the conservation of monuments; […] this results in the almost total freezing of life … On the other hand: if scheduled […] monuments are treated as […] “simple” […] cultural heritage it results [in] catastrophic losses of value. […] Flexibility allowed for “common” […] heritage elements are only acceptable in rare and exceptional cases in connection with scheduled (protected) monuments.’7

All historic monuments are cultural heritage items, but not all cultural heritage properties are historic monuments. Monuments and sites are, and have to remain, a scientifically under-

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See The Limits of Heritage. 2nd Heritage Forum of Central Europe, Krakow, Poland, June 2013, ed. by Katarzyna Jagodzinska ´ and Jacek Purchla, Krakow 2015. Fejérdy, Tamás, Detecting and Respecting the Changing Limits of Heritage, in: The Limits of Heritage. 2nd Heritage Forum of Central Europe, Krakow, Poland, June 2013, ed. by Katarzyna Jagodzinska ´ and Jacek Purchla, Krakow 2015, 42 – 51, here 48  –   49.

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pinned selection of those ‘immobile’/  ‘tangible’8 heritage items which have significance on national level. Selection of historic monuments therefore has to be done by experts, on the basis of a consolidated system of criteria, and the legal protection following the selection needs a political (governmental) decision. But nothing is frozen: today’s ‘production’ might become a historic monument of tomorrow, but this process still has to keep a scientific-professional character, since it is not something happening ‘automatic’.

Conservation-Restoration vs Heritage Based Development The concept of ‘integrated conservation’9 already has its history and became a widely recognised approach at least from the beginning of the 1990s. Not only connected with the urban planning (policy) it has a more specific understanding: it’s about how the ‘conservation’ of a cultural asset could serve (again) the contemporary life – and, mutually, how the contemporary use could sustain the existing cultural heritage, especially historic monuments. There is no need to argue anymore that investing in herit­age values is a real investment10, rather one should be warned today that there are limits to this too. Through ‘integrated interventions’, gaining economic and/or social benefit slowly seems to become more important than preserving existing values. Behind this, a ‘magic expression’ might be discerned: development, fashionably always used together with the term sustainable11. Is development needed everywhere? The most 8

The notion of ‘tangible heritage’ is in use only after UNESCO’s Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage (2003). 9 The expression of ‘integrated conservation’ is also used in another meaning, notably as it appears in the Recommendation of the Council of Europe, Committee of Ministers on Measures to Promote the Integrated Conservation of Historic Complexes Composed of Immoveable and Moveable Property (1998). See also: The Role of the Integrated Conservation of Cultural Heritage for a Creative, Resilient and Sustainable City. Acta of the ICOMOS–CIVVIH Symposium, Naples 2012, ed. Teresa Coletta, Milano 2013; Bizzarro, Francesca / Nijkamp, Peter, Integrated Conservation of Cultural Built Heritage. BEQUEST Workshop, April 1996, Keswick, United Kingdom (Serie Research Memoranda: Memorandum 1996   –12), Vrije Universiteit Amsterdam, Faculteit der Economische Wetenschappen en Econometrie, Amsterdam 1996. 10 See Cultural Heritage Counts for Europe [CHCfE]. Full Report, ed. by Claire Giraud-Labalte et al., publ. on behalf of the CHCfE Consortium by the International Cultural Centre, Krakow 2015, http://www.europanostra.org/our-work/policy/cultural-heritagecounts-europe [28.06.2019]. 11 As only accepted as ‘comme il faut’, after UN’s Brundtland Report (1987).

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common answer is: Of course! – reasoning that heritage properties have to be economically feasible to sustain; that only by development they are kept alive; that the old cannot be an obstacle to new challenges (and surly not the solution); that today’s New will be tomorrow’s Heritage … But the fundamental challenge with development issues is connected with the ‘carrying capacity’12 of historic monuments and cultural heritage properties. This is not only related to their physical aspects but to all components supporting their signifi­ cance. The utility or functionality of a protected ‘historic monu­ ment’ of course is important, but not the priority. Together with artistic, historic and other associative values (as prestige), the documentary value plays a specific role in supporting authenticity. One of the most important and authentic sources of knowledge about historic monuments is the monument itself, especially in Central Europe where other sources (i. e. archives) largely disappeared. Therefore, the conservation of the physical substance of historic monuments is crucial. Even considering the intention of rescue it should not be allowed to mutilate this substance. This principle has to be always repeated because (on basis of Hungarian experiences) in some so called ‘cultural heritage led’ projects monuments serve only as ‘excuses’ or ‘raw material’. Quite a few EU co-financed development projects target social or economic goals which in themselves are of course legitimate. But in – for example – projects ‘to enhance’ the ‘tourist attraction’13 of a historic monument restoration is often delayed or dwindled due to insufficient financial resources. Does the heritage count or the expectation to make profit using it? It would lead too far to evaluate all indicators measuring the efficiency 12 See Fejérdy, Tamás, Evaluation of the Carrying Capacity and Extent of Utilization for Historic Properties and Ensembles – A Methodological Proposal (paper, 2015). The research entitled “Determination and Optimization of the Utilization Capacity of Historic Buildings and Ensembles” was part of the program TÁMOP-4.2.1. D-15/1/KONV-2015-0006, supported by EU and Hungary (http://www.ises.hu/en/s/3546/fellowship-programme [28.06.2019]). Results and conclusions were published in Hungarian: Fejérdy, Tamás, Az épített örökség [Built Heritage], in: Kisvárosok reneszánsza. A ko˝szegi példa, szerk. Ferenc Miszlivetz / Institute of Advanced Studies Ko˝szeg (iASK) / Kreatív Város Fenntartható Vidék (KRAFT) / Felso˝bbfokú tanulmányok intézete (FTI), Szombathely / Ko˝szeg 2016, 145  – 208. 13 Usually none of these programmes are targeting conservation of heritage properties; this normally has to be a secondary, accompanying objective of economic development.

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and sustainability of development projects, for instance (not a really heritage-friendly issue): energy efficiency. The traditional ‘European’ concept of authentic conservation and restoration is increasingly questioned exactly by those who implement ambitious development projects based on cultural heritage. Here, the notion ‘cultural heritage’ is intentionally used, because the shift in the meaning of ‘conservation’/   ‘restoration’ is intimately connected with the shift from ‘historic monument’ to ‘cultural heritage’. The latter is a much more emotional and less professional approach, and superficial as it is not alien to the ‘looks the same as it was’ approach. Mostly (if not only) the appearance counts – and we soon end up with plastic archi­ tectural mouldings, supplements and fake solutions. But the next, drastic step is already ahead: we shape and produce heritage as we like beyond ‘appearance’ because this is Our Heritage, we know best how to deal with it! The question of Authenticity regarding physical identity is vital for historic monuments but with cultural heritage properties the so called intangible dimension dominates. Mixing up concepts could result in dangerous approaches even for the most precious historic monuments, because by highlighting the ‘intangible dimension’ we entered the era of monumental illusions instead of appreciating the authentic. Visual information spans the man of today, so we increasingly loose our sense for and interest in less spectacular (yet often important) things. The contemporary wave of historic monuments’ reconstruction has several roots but one is certainly connected with this ‘brave new world’ of overwhelming visual impressions; another one is the belief that as heirs of the heritage we are masters of the past.14 This unhistorical approach is strengthened by the growing presence of IT and a ‘computer games like’ approach: there is one more life for historic monuments, too. A specific nexus of history and heritage becomes visible, sometimes encouraged by political expectations – because changing the past literally Orwellian means: from now on everything was different. The subject of reconstruction would fill a whole article, so let’s just focus a little on the relationship between ‘historic monu14 Like in George Orwell’s 1984 – see the motto of this article.

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ment’ and ‘cultural heritage’. ‘Rome would be ruined without ruins’ – the witty aphorism by Werner Mitsch concisely describes the multi-facetted significance of historic monuments and sites, rhyming with the saying ‘less is more’. Apart from obvious challenges regarding ruins as such, for instance maintenance, the temptation to rebuild usually is not technically based. More frequently emotional, political and/or economic (‘attraction’) motives propel reconstruction. Here, the non-material dimension is of prime importance which has been gradually strengthened parallel with the emergence of the ‘cultural heritage’-concept. A close diachronic reading of doctrinal texts emphasizing on ‘reconstruction’ and ‘authenticity’ may show how in the 2000s a nuanced approach – still rejecting hypothesis-based reconstruction – defined specific conditions for completion and reconstructive interventions.15 One determining component is time (obviously connected with other factors like the level of ‘authentic’ documentation and the oral testimony of contemporaries). One could mention a number of cases – the rebuilding the Campanile in Venice (1910s), the Old City of Warsaw (1960s), the Chapel Bridge in Lucerne (1994) and the Mostar Bridge (2004) – where only very little time has passed between destruction and reconstruction. This is fundamentally different from efforts that have been made to rebuild/reconstruct monuments destroyed long ago – like in the cases of some castles in Hungary.16 An extreme example would be the reconstruction of a perished item of the Seven Wonders of Antiquity …

Economic Benefit – Tourism Issues The role of inheritance is to provide its heirs with a livelihood and a higher standard of living – this approach is used also for cultural heritage. Recognising and conserving/restoring historic monuments used to be an almost purely cultural action; but given the spectacular development of (mass) tourism to exploit them as ‘attractions’ got the priority. The concept of sustainabil15 See the Nara Document on Authenticity (1994), the Krakow Charter (2000) and the Riga Charter (2000). 16 As the Castle in Miskolc-Diósgyo˝r and the Fu˝zér Castle – both medieval –, and the Renaissance Báthory Castle in Nyírbátor.

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ity (enabling ‘heritage’ to sustain itself by introducing a new use or function) has negative effects on restoration – and is a paradox: historic monuments in their large majority were not at all erected to sustain themselves or to produce profit. In contrary, their creation and use was based on existing, therefore available resources of the owner (a family or a community) and by this not producing but consuming income. In our days it is inherent to the ‘heritage counts’-concept that heritage has to have the capacity to (at least) sustain itself. Today it is possible to speak about ‘heritage industry’ and ‘heritage business’, but there is no ‘monument industry’ … the historic monument generally is not a business – just ask an owner! However, it is also a fact that a historic monument as such can be a source of revenues – and therefore to invest in its restoration can be a real investment … with some complications. The two main difficulties are that it is not guaranteed that revenues are channelled back to the investor, and that, if occurring, this return usually is realised only during a lengthy or at least considerable long period of time. In Croatia for example a ‘Monument Annuity’-system was introduced: a very small percentage of revenues (but finally resulting quite significant sums) generated by historic monuments, mostly through tourism, is used only for their conservation/restoration.17 Dealing with tourism related to historic monuments or cultural heritage World Heritage issues came immediately into the forefront. The goal of the World Heritage Convention in 1972 has been to create a tool for international solidarity and cooperation, but more and more the World Heritage List became a ‘marketing list’ for tour-operators. The growing (world) mass tourism is not only menacing the intactness of heritage items, but also the respect for the human rights of local communities who sometimes have the feeling to live in shop-windows. However, the implementation of the Convention plays a positive role as a kind of ‘heritage-preservation laboratory’, because tools developed for World Heritage properties – like the 17 Initiated and elaborated by Jadran Antolovic´, than Vice-Minister of Culture of Croatia, see Antolovic´, Jadran / Škare, Marinko, Monument Annuity as Economic Instrument – From Theory to Croatian Practice, in: Economic research / Ekonomska istraživanja 19 (2006), br. 2, 91–106 (open-access publication: https://hrcak.srce.hr/21492 [28.06.2019]).

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Management Plans – are also useful for any other kind of heritage items. Whilst the importance of continual maintenance is already highlighted in the Venice Charter (1964), the Management Plans cover a larger scope of interventions – especially in a strong understanding of preventive measures based on continual monitoring of changes, trends and tendencies, for example the impact of the number of visitors. Contrary to the tacit assumption that changes are ab ovo positive, even expressed in the famous definition ‘conservation is the management of changes’, this kind of management yet proves not enough. Because in relation to historic assets, in many cases to avoid changes or at least to sustain continuity has to be acknowledged as the main target of efficient management. Changes are always present in our globalising world, the field of Monuments Care and its institutional and professional structures are no exception. Therefore, we have to understand the necessity of the continuity of traditions including conservation principles and methods – and the importance of continuous care in order to sustain and support the use value of historic monuments. Talking about the value of continuity, we cannot ignore the global tendency that considers contrast to deliver even greater value. Not uncommonly, the visual integrity of World Heritage properties is damaged due to the contrast of high-rise buildings erected nearby. Presence of new, spectacular or even extreme buildings designed by ‘starchitects’ are good – rather bad – examples of scoring higher the ‘change’ and the ‘new’ than the existing historic assets. Another tendency is to question monu­ ment restoration activity as a separate profession. There is a widespread belief that it is enough to be a good architect for restoration of historic monuments – a possible approach if the architect in question is able to perform the task with the right knowledge, the appropriate professional humility, and needless to say in cooperation with a multidisciplinary team of conservation experts. The crucial dilemma, though, lies in the ‘architectural attitude’: serving conservation and giving priority to it or using the intervention as parade ground for ‘exhibitionism’.

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Social Context – Community and Political Issues The shift from ‘monuments’ and ‘sites’ to ‘cultural heritage’ originated from social changes, but at the same time it affects those changes and forms them. Is the protection of historic monuments still a trendy thing? Perhaps, but less as monuments as such than in connection with specific aims and expectations. The ‘cultural heritage’-concept undermined the ‘classical’ hierarchy of historic assets. Everything is heritage which is proclaimed to be, there is practically no scientific evaluation required – ‘heritage’ is (at different levels) no longer a result of professional evaluation but ‘produced’ by majority vote. This situation is even more challenging for conservation. The concept of ‘participative conservation’ became quite fashionable, as generally the ‘bottom up’ instead of the ‘top down’ strategy. Therefore, it almost arouses suspicion referring to professional competence. This attitude could finally, in the name of restoration/reuse, rather result in the euthanasia of historic monuments, or eventually even in their ‘murder’ because of substantial changes effectuated – not less challenging when a historic monument becomes an objective of political agendas and expectations.18 Paradoxically, this phenomenon does not exclude ‘anti-monument’ tendencies of politics – for example regarding products from the previous political era.19 Commercialisation of historic assets for the benefit of communities can also be seen as a kind of political influence, mostly (but not exclusively) on a local level. Responsibility for preservation is something which – at least theoretically – can differ between historic monuments and other cultural heritage items. This is especially valid for financial issues. The ownership rights of historic monuments protected on a national level almost always have limitations on grounds of protection. As the ‘Nation’ (represented by the government) considers itself a ‘virtual co-owner’ of a historic monument – and beneficiary of its existence – it should be seen as an obligation also to take part in the 18 See Lipp, Wilfried, Denkmalpflege – Ästhetik – Politik. Im Zeitgeist der Eventisierung, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008, 350   – 359. 19 As is the case with ‘Socialist-Realist’ buildings in former communist countries.

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manifold burdens of proper maintenance. Simply making regulations and provisions on this and that, and not supporting preservation activities as well, is neither just nor righteous – therefore the participation (by subventions, tax reductions, etc.) of that ‘virtual co-owner’ is not a gift to the real owner, but actually it is (or should be) a national responsibility. At this point of thinking about historic monuments and cultural heritage assets, and well aware of the financial factors involved, someone may ask: is heritage luxury or a basic good for human life? What is its value after all, and is it really our duty to safeguard its physical existence with the utmost effort? Would it not be more economic to create a kind of artificial/virtual historic monuments on basis of an enormous data-base – as disposable ‘monuments’ beyond material reality? Contrary to the concept of sustainability we are, after all, living in a culture or rather a civilisation of throwaway which neither favours longterm thinking nor the maintenance of existing assets. One cannot emphasize too strongly that, whilst cultural heritage items generally (especially intangible heritage items) are more or less reproducible, historic monuments make an exception. Like in the case of the famous Sibylline Books, the irreplaceable value of historic monuments is often recognised only after they are irretrievably lost. This ‘physical’ value cannot come into existence anymore, it can only (at most) be summoned – through appearance and foremost through quality. But whatever the quality of knowledge, of materials and of intervention, the result is not going to be a historic monument, but a cultural herit­ age item: a monument of a once existing historic monument.

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Reflections on the Meaning of Heritage Jukka Jokilehto

Prelude In his book, Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wilfried Lipp refers to Johann Gottfried Herder’s definition of human beings as ‘Mängelwesen’, which could be translated as ‘beings of deficiency’, noting that human beings are by their nature deficient. He continues: ‘In their capacity to live, indeed to survive, culture is the necessary compensation for the shortcomings of “deficiency”. Protection is – in this context – a fundamental cultural achievement. In other words, culture itself is protection. And: according to the biogenetic coding, the individual can assert his own protection only to a small extent and at a low level. Robinson remains an art figure – only with literary offspring.’1 In his book, Lipp sketches the entire panorama of modern conservation culture, extending from culturalisation and institutionalisation to democratisation and post-modernisation. Throughout this process, he observes that: ‘Man becomes himself the lowest denominator of the whole; he becomes the compensation figure of lost collective meaningful and symbolic commitments, stylized in the ideal of imperishable Apollonian corporeality into a biotic Gesamtkunstwerk, at the end of which the clone, the replica, the technically perfect series stands, the one human being as a result of a “new brave one world”.’2 1

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Lipp, Wilfried, Der Mensch braucht Schutz. Geborgenheit und Differenz in der Globalisierung, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008, 47– 55, here 48  –   49 (translation Jukka Jokilehto). Lipp, Wilfried, Homo Conservator. Verwandlungen, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008, 360   – 368, here 367 (translation and italics Gesamtkunstwerk Jukka Jokilehto).

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Recognition of Human Creativity In an Academic lecture in 1664, Giovanni Pietro Bellori (1613 –1696) discussed The Idea of the Painter, Sculptor and Architect, Superior to Nature by Selection from Natural Beauties (published in 1672). The question was about the ‘ideas’ conceived by God and created in the physical world. Indeed, God was the creator of nature and of human beings. However, already in the Renaissance, it was considered that nature was not perfect, as was instead the original ‘idea’ by the Creator. If one desired to understand the original ‘ideas’ it was necessary for the model of the human work to be taken beyond natural creations, even though the starting was necessarily always in nature. Therefore, the work of art: ‘originata dalla natura supera l’origine e fassi originale dell’arte’ (‘born from nature, it overcomes its origin and becomes the model of art’).3 Comparing divine and human creativity was also discussed by Giambattista Vico (1668   –1744), Neapolitan jurist and historian, who was precursor of systematic and complex philosophical thought, leading towards modernity. In De Antiquissima Italorum Sapientia Ex Linguae Latinae Originibus Eruenda Libri Tres (1710)4 he reflected on the issue of truth. He considered that truth must be identified with facts. To know means to identify and compose the elements of things and to reflect on their meaning with intellect. Being the first Creator, God knows all things, the extrinsic and intrinsic elements of nature. Humans can learn about nature through observation. Considering that culture is human making, humans can know their own culture. However, considering that human cultures have been and continue to be subject to evolution they result in great diversity over time. In 1764, Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) published his Geschichte der Kunst des Alterthums, where he traced the diverse history of art from its origins to the creations by 3

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Bellori, Giovanni Pietro, L’Idea del Pittore, Dello Scultore e Dell’Architetto, Scelta Dalle Bellezze Naturali Superiore Alla Natura [1664/1672], in: Panofsky, Erwin, Idea. A Concept in Art Theory, New York / London 1968, 154   –177 (Appendix II, Italian and English Translation), here 157. Edited by Paolo Cristofolini in: Vico, Giambattista, Opere filosofiche, Firenze 1971, 55   –131.

Reflections on the Meaning of Heritage | Jukka Jokilehto

the ancient Greeks and Romans. For Winckelmann, the principal criterion in the evaluation of works of art was ‘ideal beauty’, based on Neoplatonic philosophy and on the thinking of Renaissance artists, also incorporating Bellori’s theory. The culmination of this ideal he found in classical Greek sculpture: ‘The highest beauty is in God, and the concept of human beauty is the more complete the nearer and the more in agreement it can be thought to be to the highest Being.’5 For Winckelmann, indeed, the greatest human achievement in this regard was found in ancient Greece, where ‘Freedom raised, like a noble branch of a healthy tribe, the thinking of the whole people. For as the mind of a man accustomed to thinking tends to rise higher in the open field or on an open corridor, on the height of a building than in a low chamber and in every restricted place, so must the way of thinking among the free Greeks have been very different from the concepts of dominated peoples.’6 The idea of imitating nature remained a strong element in the emerging Romanticism. For example, in 1789, Johann Wolfgang von Goethe wrote about simple imitation of nature: ‘If a naturally gifted artist, after practising his eye and hand somewhat on pattern books, soon turns to subjects in nature and copies her forms and colours exactly and conscientiously, truly and diligently, and always beginning and ending in front of her, that artist will always be worthwhile, for it follows absolutely that his works will be assured, powerful and rich in variety.’7 The imitation of natural forms was relevant also to John Ruskin, who maintained that man could not produce beauty by himself. Discussing Classical and Gothic forms of architecture, Ruskin expressed: ‘Now, the difference between these two orders of building is not merely that which there is in nature between things beautiful and sublime. It is, also, the difference between what is derivative and original in man’s work; for whatever is in architecture fair or beautiful, is imitated from natural forms; and what is not so derived, but depends for its dignity upon 5 6 7

Winckelmann, Johann [Joachim], Geschichte der Kunst des Alterthums, Dresden 1764, 149 (translation Jukka Jokilehto). Ibid., 132 (translation Jukka Jokilehto). Goethe, Johann Wolfgang von, Simple imitation of Nature, Manner, Style [Der Teutsche Merkur, February 1789], in: Goethe on Art, select., ed. and transl. by John Gage, Berkeley / Los Angeles 1980, 21–  24, here 21.

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arrangement and government received from human mind, becomes the expression of the power of that mind, and receives a sublimity high in proportion to the power expressed.’8

Cultural Expression The Romantic period introduced a new paradigm. It consolidated the ideas that were already present in the thoughts of Vico and Winckelmann and stressed the human creativity in human-made products. There was a shift from absolute divine values to the relativity of human cultural qualities. Friedrich –1900) was one who was particularly conNietzsche (1844    scious of this paradigmatic shift, and of the new approach to traditional belief systems. He made his famous outcry: ‘God is dead!’, specifying: ‘We have killed Him’. This indeed reflected the introduction of modernity into human society. It also meant the development of a feeling of disenchantment, i. e. detachment from the traditional world. New meanings were gradually given to various concepts, which was particularly important for the definition of the protection and conservation of the Cultural Heritage. At this point of time, the issue of human creativity was analysed particularly by Henri Bergson (1859   –1941), who wrote his L’Évolution créatrice in 1907. He stressed that – as McKellar Stewart put it – ‘the universe in its entirety is of the same nature as the personal mind, that in it two movements similar to those which are found in human minds reveal themselves – the one towards growth, creation, continuous elaboration of something new, the other in the direction of homogeneity and repetition’.9 Bergson coined the term ‘duration’ as a description of the process of living. Duration is not only referred to time, but the integration of the creative process with the memory of the past. He notes that, in reality, the past conserves itself automati­ cally. This duration is the product of the original Élan vital (Life Force) which can be understood as of divine origin that gives

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Ruskin, John, The Seven Lamps of Architecture, London 1849, 64 (chapter III: The Lamp of Power, II). McKellar Stewart, John, A Critical Exposition of Bergson’s Philosophy, London 1911, 92.

Reflections on the Meaning of Heritage | Jukka Jokilehto

us and the whole universe its creative capacity. Indeed, culture is a characteristic of humanity, and cultural diversity is the way human creativity is sensed. Human creativity, nevertheless, is based on earlier experience as a starting point from where it is possible to refine the response to diverse social, cultural and environmental challenges.10 What we today recognise as Cultural Heritage is the result of a long history, as also indicated by Wilfried Lipp. Indeed, it is as long as humanity itself. Over the millennia, Cultural Heritage represents the memory of the creative response of humanity to the challenges of a great diversity of contexts. We now recognise that culture is the generator as well as the result of this process. The anthropologist Clifford Geertz (1926  –  2006) in his The Interpretation of Cultures notes that culture is not to be understood as complexes of concrete behaviour patterns. Rather, it is best seen ‘as a set of control mechanisms – plans, recipes, rules, instructions (what computer engineers call “programs”) – for the governing of behaviour’11. He further notes: ‘Our ideas, our values, our acts, even our emotions, are like our nervous system itself, cultural products – products manufactured, indeed, out of tendencies, capacities, and dispositions with which we were born, but manufactured nonetheless.’12 In 2000, the Committee of Ministers of the Council of Europe adopted the Declaration on Cultural Diversity. In the preamble is recalled that cultural diversity has always been a dominant European characteristic and a fundamental political objective, and that it assumes particular importance in the building of the society in the 21st century.13 In 2005, UNESCO followed suite, and the General Conference adopted the Convention on the Protection and Promotion of the Diversity of Cultural Expressions, which defined the notion of ‘cultural expression’ as ‘those expressions that result from the creativity of individuals, groups and societies, and that have cultural content’. The notion of cul-

10 See Bergson, Henri, Creative Evolution [1907], transl. by Arthur Mitchell, Mineola (NY) 1998 (unabridged republication of the Henry Holt and Company-Edition, New York 1911). 11 Geertz, Clifford, The Interpretation of Cultures. Selected Essays, New York 1973, 44. 12 Ibid., 50. 13 See Declaration on Cultural Diversity (2000), preamble.

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tural contents, moreover, was referred to ‘the symbolic meaning, artistic dimension and cultural values that originate from or express cultural identities’14.

Recognition of the Context The Book of Genesis (Gen 17:8) tells that, when Abraham was ninety-nine years old, the Lord appeared to him, declaring: ‘The whole land of Canaan, where you are now an alien, I will give as an everlasting possession to you and your descendants after you; and I will be their God.’ Indeed, land has perhaps always been the most important form of inheritance. It is interesting to recall that colonisation and mapping of conquered lands was an important activity of various rulers, as has been indicated in the Bible and as we know from history. This was true for the Romans, who gradually extended their ruling first over the Italian Peninsula, then further to Central Europe, North Africa, and the Middle East. It is obvious that such land occupation necessitated good governance, which was based on the social and economic requirements or ambitions within the specific environmental setting. We can recall the notion of economics in ancient Greek derives from οι�ʼ κος (house) and νέμω (manage, distribute). Therefore, οιʼκονομία would mean ‘household management’. It is the system established by a community to provide the desired quality of life. It consists of labour, production, trade distribution and consumption based on existing and/or newly generated resources. Indeed, we can see the economy of a community as a cultural process: The members of the community make selections aiming at the improvement of quality, identifying issues to be retained and others to be innovated. Economy therefore refers to a system within which a community arranges its resource management over time. As we have discussed above, tangible and intangible cultural expressions are cultural products. Indeed, the economic development of a community is certainly closely related to the rele­ 14 Convention on the Protection and Promotion of the Diversity of Cultural Expressions (2005), article 4.3 and 4.2.

Reflections on the Meaning of Heritage | Jukka Jokilehto

vant culture. The etymology of the word ‘culture’ can be referred to the Latin word ‘colere’, which means ‘cultivate’, ‘take care’, ‘pay respect to’. Therefore, culture has a variety of meanings which range from cultivation, such as agriculture, to maintenance, study and learning, as well as worship and cult. Indeed, culture is the intrinsic driving force for establishing and improving the quality of life of a community. Culture generates the economic framework in a community, and then becomes the necessary reference for further cultural development over time. It is not feasible to manage a property without taking into account its context. This was true in the traditional society, and it continues to be so today. While the early legal protection of Cultural Heritage tended to be focused on ancient monuments and public buildings, it is also true that the territorial context continued having its importance. This was observed by Victor Hugo (1802  –1885) in his novel Notre-Dame de Paris, published in 1831. In section three of the book, he first describes the cathedral of Notre-Dame, the subject of the book. He then climbs one of the towers of the cathedral for a ‘Bird’s-Eye View of Paris’, identifying the different historical phases of the city’s medieval development, and noting that in the 15th century Paris was still divided into three distinct ‘towns’: the City, the University, and the Town. Imagining the panorama of the city Hugo describes the historic urban landscape of Paris, where every element had its ‘raison d’être’. He writes: ‘To the spectator, arrived breathless on this summit, the first glance revealed only a bewildering jumble of roofs, chimneys, streets, bridges, squares, spires, and steeples. Everything burst upon the eye at once – the carved gable, the high, pointed roof, the turret clinging to the corner wall, the stone pyramid of the eleventh century, the slate obelisk of the fifteenth, the round, stark tower of the donjon-keep, the square and elaborately decorated tower of the church, the large, the small, the massive, the airy. The gaze was lost for long and completely in this maze, where there was nothing that had not its own originality, its reason, its touch of genius, its beauty; where everything breathed of art, from the humblest house with its painted and carved front, its visible timber framework, its low-browed door-

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way and projecting storeys, to the kingly Louvre itself, which, in those days, boasted a colonnade of towers. But here are the most important points which struck the eye when it became somewhat accustomed to this throng of edifices.’15

Meaning of Heritage In 2005, the Council of Europe adopted the Framework Convention on the Value of Cultural Heritage for Society – better known as the Faro Convention – which gives a broad definition of heritage, not anymore referred to specific typologies, movable or immovable, tangible or intangible. Here, cultural heritage is defined as: ‘a group of resources inherited from the past which people identify, independently of ownership, as a reflection and expression of their constantly evolving values, beliefs, knowledge and traditions. It includes all aspects of the environment resulting from the interaction between people and places through time.’ The Council also referred to the custodians of this heritage, the heritage community, which ‘consists of people who’ recognise and ‘value specific aspects of cultural heritage which they wish, within the framework of public action, to sustain and transmit to future generations’.16 In the same spirit, it is worth taking the example of the Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011) by the UNESCO. Here, the Introduction to the recommendation notes: ‘Urban heritage, including its tangible and intangible components, constitutes a key resource in enhancing the liveability of urban areas, and fosters economic development and social cohesion in a changing global environment. As the future of humanity hinges on the effective planning and management of resources, conservation has become a strategy to achieve a balance between urban growth and quality of life on a sustainable basis.

15 Hugo, Victor, Notre Dame de Paris (The Harvard Classics Shelf of Fiction 12), New York 2000, https://www.bartleby.com/312/0302.html [28.06.2019], section 18 (italics Jukka Jokilehto). 16 Council of Europe Framework Convention on the Value of Cultural Heritage for Society (2005), article 2a and 2b.

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In the course of the past half century, urban heritage conservation has emerged as an important sector of public policy worldwide. It is a response to the need to preserve shared values and to benefit from the legacy of history. However, the shift from an emphasis on architectural monuments primarily towards a broader recognition of the importance of the social, cultural and economic processes in the conservation of urban values, should be matched by a drive to adapt the existing policies and to create new tools to address this vision.’17

Modern conservation legislation tends to refer to values, such as historic, aesthetic or scientific, which may be one way of saying that something has been recognised as worthy of protection. However, different values can also create conflict situations, like in today’s multicultural society or in colonized or occupied territories. The strongest value judgement would certainly be referred to the emotional ties or identity value that a community or individual members of a community associate with their habitual environment. These would include sentimental and personal memories, spiritual and religious associations, and, at a more formal level, symbolic, patriotic or nationalistic values. In this group of value judgements, and particularly when dealing with nationalistic or symbolic connotations, there are easily differences and even conflicts, just to mention monuments or sites associated with foreign colonial impositions in contrast with local customs or traditional sites. Concerning a traditional community, local customs and traditions that gave meaning to the habitat were part of the inheritance inculcated from generation to generation. In the modern world, the recognition needs to be based on a survey, inspection and research to identify the potential heritage resource within its context. When dealing with territorial management, and the listing of heritage resources for protection, it will be necessary to undertake a systematic approach which includes not only the built environment with the social-cultural functions and services, but also the natural context with its ecosystems. It is fundamental that such contextual territorial management can count on

17 Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011), paragraphs 3 and 4.

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the full involvement and collaboration of the population.18 In the present-day world, one of the issues is the integration of immigrants into an existing cultural context. While this will not be always easy, there are however positive examples. For example, many of the farmers who used to cultivate vineyards in Piedmont have emigrated and have been replaced by others who have arrived from Southern Italy. The newcomers have however been well integrated into the local traditions, and the vineyards of Piedmont have even been inscribed on the World Heritage List in 2014.19

Safeguarding Heritage George Steiner has written: ‘Art is not, as in Plato or Cartesian realism, an imitation of the real. It is the more real. And Hei­ degger’s penetration of this paradox leaves traditional aesthetics far behind.’20 In Heidegger’s words, the scope of the recognition of the historic and artistic heritage is to come down to its true significance aiming at ‘the creative custodianship of the truth’ (‘die schaffende Bewahrung der Wahrheit’) of the recognised resource. The question is maintaining the truthfulness of the resource with its significant constituents. It is indeed interesting to reflect on the meaning of words in German language, which has been the reference by historians and philosophers, such as Martin Heidegger. Referring back to Henri Bergson’s writings on human creativity and duration and to Heidegger’s reflection on truth in art, combined with the more recent definition of ‘cultural expression’, we realise the importance of the link between creativity and truth. The true creative process brings forth truth that is the foundation of art. About this, Heidegger writes: ‚Ins-Werk-Setzen heißt aber zugleich: in Gang- und ins Geschehen-Bringen des Werkseins. Das geschieht als Bewahrung. Also ist die Kunst: 18 See Principles for Capacity Building through Education and Training in Safeguarding and Integrated Conservation of Cultural Heritage (2013) by the ICOMOS International Training Committee. 19 See Vineyard Landscape of Piedmont: Langhe-Roero and Monferrato (UNESCO, World Heritage List), https://whc.unesco.org/en/list/1390 [28.06.2019]. 20 Steiner, George, Heidegger (Fontana Modern Masters), 2nd ed., rev. and exp., London 1992, 135.

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die schaffende Bewahrung der Wahrheit im Werk. Dann ist die Kunst ein Werden und Geschehen der Wahrheit.‘21 In this sentence, ‘truth’ is present in the object – Wahr-heit – as well as in the action taken – Be-wahr-ung. Protecting the true significance of a cultural expression thus implies, just like in its creation, that the action of safeguarding itself must comprise truth. We could thus speak of creative revealing of truth in a cultural expression recognised in its integrity and authenticity. This coincides with Renato Bonelli’s (1911–  2004) definition of restoration within the approach of ‘restauro critico’ as ‘a critical process, and then a creative act, the one as an intrinsic premiss of the other’22. In the case of World Heritage nominations, the Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention (1977, since then periodically revised) provide details on how to understand the notion of ‘Outstanding Universal Value’ (OUV). Of course, there are the criteria, but there is also the requirement of integrity, i. e. verifying all the elements that together form the object contributing to its OUV. These elements are the sources of information that shall be assessed for the justification of the OUV of the resource. The truthfulness, i. e. authenticity, and the diversity of these sources of information is also required as part of the assessment as defined in The Nara Document on Authenticity (1994).23 We should recall that the human creative process tends towards diversity. Therefore, each cultural expression has its own specificity and its truth, is therefore unique. ‘Uniqueness’, however, is not a criterion for OUV, nor is ‘exception’. Instead, it will be necessary to undertake a thematic study to identify properties with similar significance and characteristics, providing the basis for a comparative study of the representativity of the chosen property. Indeed, the World Heritage List is a representation of the world’s cultural and na­ tural heritage, and the OUV is one of the inscription requirements.24 21 Heidegger, Martin, Der Ursprung des Kunstwerkes (1935/36), in: ders., Holzwege, 6., durchges. Aufl., Frankfurt a. Main 1980, 1–72, here 57. 22 Bonelli, Renato, Il restauro come forma di cultura, in: id., Architettura e Restauro (Raccolta pisana di saggi e studi 3), Venezia 1959, 13  –  29, here 13 (translation Jukka Jokilehto). 23 See for example article 13. 24 See Jokilehto, Jukka (Ed.), The World Heritage List. Filling the Gaps – an Action Plan for the Future (Monuments and Sites 12), Munich 2005.

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Continuing to discuss the World Heritage, we can recall the hazards where the properties risk losing their significance, and ultimately being delisted. In 2009, the World Heritage Committee discussed the risks faced by properties on the World Heritage. Part of the report was an ICOMOS assessment on threats and measures required. The problems included particularly natu­ral hazards, such as earthquakes and tsunamis, as well as aggressive development and lack of proper management systems particularly in the surroundings of protected urban areas. In fact, the World Heritage Committee can inscribe a threatened or damaged property on the List of World Heritage in Danger in order to provide necessary assistance.25 There is however often a lack of preventive measures. In order to guarantee that the meaning and significance of the heritage resource be maintained, it is necessary to undertake a holistic approach to the management of the overall historic urban landscape that comprises protected areas.26 This requires a clear policy recognising the vital role of safeguarding the significance of heritage in modern society. We can confirm, as has often been remarked by Paul Philippot, former Director of the International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM), that conservation of cultural heritage is fundamentally a cultural problem.

25 See UNESCO, List of World Heritage in Danger, https://whc.unesco.org/en/danger [28.06.2019]. 26 See ICOMOS, World Heritage in Danger. Compendium II (April 2009), in: UNESCO World Heritage Committee, WHC-09/33.COM/9: Discussion on Outstanding Universal Value (33rd session of the World Heritage Committee, Seville, June 2009), https://whc.unesco. org/archive/2009/whc09-33com-9e.pdf [28.06.2019].

Several Common Issues Facing the Conservation World Giora Solar

Writing an article in honor of Professor Wilfried Lipp seems to be a good opportunity to discuss some issues which the world of conservation is facing in general and which practitioners must handle almost daily during their work. While those of us who are purely in the academic world have the privilege to teach and write and hopefully have impact on the next generation of professionals, those in the practice make decisions which often have direct impact on the tangible heritage. This field includes permanent battles, many losses, some victories, very often dilemmas and sometimes compromises. Some of the dilemmas are the ‘internal’ ones, those which the professional has with himself. They are common in every planning as you have options and you must finally decide. These can be considered as the easy ones. The bigger and more complicated dilemmas stem from the very common situation of conflicts between the professional conservation planner and the client. Here the issue is within the ethics and integrity – and unfortunately also within the economic possibilities – of each party. This is the more complicated situation to judge ones decisions – as long as they are within certain limits and ‘red lines’ which one should not cross. The real points I wish to cover (certainly not in an exhaustive way) – along the guidelines of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration – are the following: first, Grading of Herit­ age Sites; second, Society and Conservation (Stakeholders); third, Reconstruction.

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All these issues are infiltrated by diverse doctrinal papers (of ICOMOS and others), by local and national regulations, by different theories and philosophies etc. There are not only different approaches and opinions, in fact one has to bear in mind a more fundamental point: conservation principles are not and should not be frozen in time, they must be regarded as part of social life and must not end in itself. Important aspects may be lost due to rigidity and over-conservatism.

1. Grading of Heritage Sites Different places in the world have developed their own systems of grading cultural heritage, according to habits, local theories and legislation, and of course awareness and knowledge. The only universal kind of grading exists within The World Heritage Convention (1972) and its operational guidelines, defining ‘Outstanding Universal Values’ (OUV) and criteria plus additional conditions for World Heritage listing. World Heritage Sites are just a tiny fraction of built and natu­ral heritage, and we should think about recommendations for their grading to become a tool for decisions on conservation levels, on legal protection, on what at all has to be preserved within a certain property, and what can be done and should not be done in each particular case. Of course, these are different issues. A heritage property can (but need not) be defined as of the highest level (‘A’ or 1), and the ‘do and not to do’-rules have a different significance at different places. While World Heritage Sites are recognized as having the highest cultural significance according to a set of criteria, there is no general definition of what is allowed to do and what not to do (as long as their cultural values are not compromised). To reach some objectivity for recommendations there is a need to study the diverse situations in different places. To be more practical – one can start with the existing tools of World Heritage. While, by definition, sites on the list have to be considered ‘world level’, there are other levels not less important: National, regional and local levels, like district, town, village, neighborhood etc., not talking about societies (indigenous or other, living

Several Common Issues Facing the Conservation World | Giora Solar

or not) which are not necessarily limited to places or geographical definitions. One thing is obvious – grading is an issue worth a wide discussion, amongst professionals and vis-à-vis other stakeholders. While professionals might agree among themselves, not only on the grading but mainly on its consequences, others might not accept it. Thus, if we turn a deaf ear to the ‘others’, most basic questions will follow immediately: Whose heritage is it? Conservation for whom and why? At what cost and who pays the expenses? Different, and sometimes conflicting, priorities have to be taken into account: political, economic, social, and urban ones, private versus public concerns, ownership questions etc. We all know some or more of these questions. It is our obligation to seriously deal with them and try to lead the way of thinking via discussions – and these not only among ourselves as professionals. This leads to the next point:

2. Society and Conservation (Stakeholders) It seems that the most significant evolution in conservation principles in the last decades is the role and the rights of the ‘society’ to be involved in conservation discussions and decisions. For a long time we used to say that the ‘society’ or non-professionals are not able to understand the matter. But what has to be respected is the right of others, the legitimacy of a different understanding, the fact of different and often conflicting interests. It is not just a question of democracy, it touches a more profound question: Do we believe that there could be legitimate conflicts and different opinions on cases of conservation, and that maybe we, the professionals, should not have the final word (and this not merely because we are not paying for it)? I often heard the question: If we allow the ‘public’ to decide, so what is our role and place? Our role is to teach, to educate, to advocate, to fight, to show the alternatives, to prove that it can and should be done. Our place is to be the educated advisors of the public and stakeholders – accepting that this advice and counsel will not always be heeded. Though public participation is as such a conventional procedure, this participation very often remains theoretical. Stake-

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holders’ participation in preparation of management plans is part of the process – however, most management plans are prepared only for World Heritage nominations and real stakeholders’ participation is limited. Public hearings are common according to laws and regulations in many places – but this is not real participation. True, more involvement by others complicates our work, it has to be considered in time schedules, irritates the workflow etc. Nevertheless, it must be seen as a benefit and not as an ‘evil’ which is imposed on us. It should become part of our ethics and philosophy, seeing conservation as a social field. We should see ourselves, even in conservation, as just one of several groups of interests. Maybe, professionally and in theory, the leading group – but certainly not the only one. The sooner we accept participation as a legitimate situation and learn how to live within it the sooner conservation will benefit from it. The third and last point seems to be easier:

3. Reconstruction As a term or action it means to rebuild something partly or completely destroyed. In fact, it does not bring relief if we connect it with the previous topics ‘grading’ and ‘society’. Doctrinal papers, for example The Venice Charter (1964), see reconstruction as something not to be done (except for very special cases like anastylosis). Wars, natural catastrophes or human decisions sometimes lead to destruction of cultural herit­age. This now destroyed or heavily damaged heritage used to have high significance and high cultural values. We owe to ourselves and to others a serious discussion, dealing with basic questions: Why reconstruct? Why not? Why a properly reconstructed cultural property does not have the cultural signifi­ cance anymore it used to have prior to its destruction? What means ‘authenticity’? Lack of knowledge, politicization, ‘Hollywood facade’ – all this has to be taken into account; yet reconstruction has not to be considered as an a-priori forbidden, nonprofessional act. We, the professionals, should set the rules and guidelines: for documentation, for levels of knowledge, for skills, for the

Several Common Issues Facing the Conservation World | Giora Solar

right case examples, for discussions; but likewise we have to accept that reconstruction should move from the unaccepted and nonprofessional to the – in special cases – legitimate. It might be done to bring back an important piece of architecture, an integral part of a complex or urban tissue, an element important for the ‘sense of place’ and for many other reasons. It should be accepted as a tool for presentation and interpretation of archaeological and other sites. If we want the public to visit sites, to enjoy and learn from them, we should not leave piles of stones on the ground, while they could be reassembled and thus become walls again. True, nowadays we can have wonderful virtual reconstructions, enjoying them sitting next to a monitor – but nevertheless our obligation should be the conservation and presentation of the tangible, for enjoyment and education, on real sites, for real public. In the case of reconstruction, the role of the professionals is the most crucial one. Of course, public discussions must exist as well, but they have to meet specific conditions and therefore be more limited. For each of the aforementioned points I could bring a long list of cases and discuss the pros and cons of each, but this is not the objective of this short paper. My objective is to raise the issues, to launch discussions among ourselves, to advocate open internal and external debates which may make our field more open, better understood, more efficient – to the advantage of the public and real users. It should also lead to discussions about the future of conservation, training subjects for conservators and all those professionally involved in the field. It should also initiate some serious questions we should ask ourselves from time to time: Why are we doing it? Is it important and why? Is it some kind of hobby? Is it a real profession? What is its main focus?

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A Plea for ‘Integrated Conservation’ Giancarlo Barbato and Mounir Bouchenaki

The following text is the result of recent talks between the author, Giancarlo Barbato, and Mounir Bouchenaki, on the problematics of the protection of the architectural herit­age in the context of the ongoing economic, social and cultural developments.

The Evolution of the Doctrine and Philosophy of Conservation and Valorization of Architectural Heritage in Europe The philosophy and practice of preserving the urban architectural heritage of European countries has been enriched by very important theoretical contributions at the beginning of the 20th century. Camillo Sitte (1843  –1903), Jacob Burckhardt (1818  –1897) and Alois Riegl (1858  –1905) recognized that exceptional monuments acquire their full significance and value in relation to the surrounding environment. Later on, the movements of Modernism, which received its theorization in the socalled Athens Charter (resulting from CIAM 4, “The Functional City”, 1933), established the fundamental principles of contemporary urbanism, supporting the theory of zoning and the subordination of the conservation of historic areas to the needs of health and traffic facilities. Starting from these years, zoning established itself as a planning method by simplifying the urban complexity. Gustavo Giovannoni (1873  –1947), contrasting the doctrine of CIAM, proposed the methodology of ‘thinning’ the historic fabric (diradamento) to allow its adaptation to the needs of hygiene and functionality of the modern city, so to integrate the historic city’s functioning into the modern development.

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The destructions of the Second World War interrupted the debate, but during the post-war decades the confrontation between the historic city and the city to be rebuilt became evident and the needs of reconstruction forced crucial choices. The drastic socio-economic and cultural changes that took place in this period connoted substantial changes in the theoretical and practical approach to urban planning and development: producing a significant impact on conservation of the architectural heritage of the historic centers. Some European historic cities underwent real outrages against their history and attacks on their harmony, as happened – for example – with the demolition of ancient buildings and then construction of ultramodern buildings that modified the historical urban fabric and the city’s morphology. During the 1960s there grew a criticism by the post-modern movement against the principles of the functionalistic modernity in architecture and urban planning expressed by the CIAM. This criticism increased in Europe as well as in the international context, affirming that the need of identity felt by the inhabitants could not be answered by CIAM-principles – and much less the hope of better life conditions. In 1960 the Charter of Gubbio, the first declaration entirely dedicated to historical centers in Italy, enouncing principles of preservation and restoration, launched a wide debate on the topic. Experts like Cesare Brandi, Roberto Pane, Giulio Carlo Argan, Saverio Muratori, Ernesto Nathan Rogers, Aldo Rossi, Carlo Aymonino, Giovanni Astengo and Giancarlo De Carlo gave their authoritative contribution to this debate. At an international level, The Venice Charter (1964) has to be mentioned as a mile stone of restoration culture. Its article 1 puts emphasis on the value of the urban environment, no longer seen as a simple frame, whose protection is subordinated to a better use of a monument. Contemporaneously, attempting to stop this kind of destructions and contrast a purely economic vision of the Cultural Heritage, UNESCO, ICOMOS, and the European Union community elaborated a series of well-known Charters and Recommendations – unfortunately generating little results from a practical point of view.

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Regarding the relativity of conservation criteria, which were more and more claimed during the early 1990s, The Nara Document on Authenticity (1994) by ICOMOS is of peculiar relevance. It proclaimed authenticity as a value judgement and therefore questioned the definitions of authenticity that had shaped all doctrinal definitions from The Venice Charter (1964) through to the pilot studies of the “European Architectural Heritage Year” (1975). In 2011 UNESCO published the Recommendation on the Historic Urban Landscape which identifies the problems that afflict the urban and landscape heritage in the context of contemporary development and attempts to provide a theoretical framework for their protection and enhancement. Today, almost fifty years after the promulgation of The Venice Charter, the international approach to architectural heritage has shifted radically, putting the legacy of the 1970s disciplinary initiatives up for discussion. Actually, in recent years, the consideration for the special importance, authenticity, and rarity of cultural heritage as well as the awareness of the destructive threats (both of which had given conservation a meaning of public urgency throughout the 20th century) have begun to fade away. The introduction of post-modern relativism in the philosophical and doctrinal approach and the new notion of intangible heritage, which extend more and more the field of heritage values, facilitates the power of commodification which embraces every opportunity to infiltrate the process of revitalization and valorization of the architectural heritage – and to make profit of it even at the cost of its dilapidation.

The Problematic of Protection of Historic Centers After a long period of negligence of historic settings, due to their structural, spatial and hygienic inadequacy, since the 1970s more and more inhabitants were attracted by the architectural and urban heritage of European historic centers. As a matter of fact, they offered short ways to work, varied opportunities of services and leisure, an urban environment at human scale, and a sense of belonging, altogether contributing to the cultural and social identity of a community.

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If the renewed interest in the historic centers has initially contributed to their conservation and revitalization, the subsequent exploitation of their cultural assets as economic resources and their transformation into consumer goods for cultural tourism has frequently produced the so-called ‘worsening developments’ as usury, degradation and trivialization. Because of the increasing demand private investors have focused on urban renewal. Step by step, the historic centers have become more and more objects of operational policies led by profit mechanism. Benefiting from the strong quality image of the historic center, these assets are brought to the market highlighted by the real estate indicator. The weakening of the institutional role of public powers, which in some cases allow or encourage the transformation of the architectural heritage into investment opportunities, obeying to the ‘market directives’, has permitted: – the creation of new architecture and adverse impacts on the physical historic structure. The result of these interventions is the demolition of the historical structures, replaced by ultramodern ones or by reconstructions according to the need of new interior spatial layouts, and just conserving the street façade (the phenomenon of ‘façadism’); – transformations of buildings upsetting their historic values, typologies and materials. In order to respond to market needs, larger shop windows and selling spaces have been created, demolishing the ground floor street façade and the internal bearing structures. Thus, obliterating the structural and morphological identity of the historic building, one produces anonymous streetscapes branded by frontage publicity; – inappropriate functional choices dictated by changing needs of life, an uncontrolled effect on tourism and the unprecedented exploitation of the building stock; – the expulsion of original inhabitants and an irreversible alteration of the demographic fabric in quantitative and quali­ tative terms, transforming the social structure of classes and economic activities, which, in the end, enhances the estate prices. This ‘gentrification’ evolution is rather difficult to contrast in the context of the free-market economy. Public powers

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should implement policies financing social housing within the historic context and facilitating the ownership of the original inhabitants through subsidies and credit facilitations. One of the most striking ‘worsening’ effects of this development is the current trend of verticalization in urban planning. In many European cities, demographic pressure and greed for profit has resulted in the last orientations of the urban planning allowing, if not encouraging, the drastic densification of the urban fabric through the constructions of high and high-rise buildings in the new city areas as well as in the close surroundings of – and in some cases also within – the historic center. Whether acceptable in new urban development areas to respond to demographic pressure, this building typology should be avoided in the perimeter of the historic center and in its close surroundings, as this kind of development has the potential to upset the comprehensive morphological and symbolic relationship and hierarchy of the historical context. In the past, the evolution of the built environment was gradual and the architectural language expressed its forms according to the local culture and persisting building traditions, establishing a hierarchical and functional relationship within the urban fabric. Contemporary technologies, on the contrary, allow to construct buildings that are, in every respect, out of scale. This phenomenon is exacerbated by the current trend of building architectural ‘objects’: ever more iconic buildings that impose their striking image on urban surroundings. Actually, companies or investors commissioning architects aim to receive a building with a strong brand image, able to gain publicity on the world’s global screen. The architects, on their side, enhance their reputation by conceiving more and more astonishing architectural ‘objects’. These contemporary architectural patterns with no dimensional reference to the historic context have the effect of creating an architectural counterpoint to historic monuments. The modification of vistas on some landmark historic buildings involves therefore a serious loss of morphological integrity of the historic cityscape and an irreversible loss of cultural significance.

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It has to be mentioned that the densification of the historic urban fabric does not affect only the morphology of the city, but modifies the quantity of functions and services necessary to its adequate functioning – the so-called ‘Urban Load’. This notion derives from the observation that every human settlement consists of primary elements (houses, offices, shops, factories, farms) and secondary services (public works in general, public offices, parks, roads, streets, sewers, electrification, water service, gas supply pipelines). In order to provide inhabitants with an adequate livability, respecting the socio-economic, environmental and territorial sustainability, territorial infrastructures, services, equipment, public spaces and any other aspects of urbanization must be proportionate. Alterations of the original substantial consistency of a historic urban area in terms of urban density determine a change in the amount of its ‘historic’ needs: more anthropic pressure, more public spaces, more public and private traffic, more parking space, more waste disposal, etc. … needs and requirements which the historic fabric is inadequate to satisfy without undergoing profound structural changes. Notwithstanding recent years have shown a growing number of theoretical tools to assess and evaluate urban sustainability experience also shows that only a few of such tools are being used in practice. At the beginning of the third millennium, after having regained the centrality it deserves, the consolidated urban heritage runs the risk of weakening under the weight of new functions and heavy profit expectations. The body of international Charters and Recommendations as well as the current doctrine put the accent on the necessity of an ‘integrated conservation approach’, consisting in an interaction of restoration disciplines, a search for appropriate functions, and the community’s demand for participation. Besides, they claim that urban and territorial planning moreover have to take on a determinant role for the protection of the historic centers. Sustainable development has the objective of improving the quality of life, not considering only financial aspects, but establishing a proper balance between economic, social, cultural and ecological dimensions. An integrated conservation approach

A Plea for ‘Integrated Conservation’ | Giancarlo Barbato and Mounir Bouchenaki

must be one of the essential principles of urban and territorial planning, putting cultural heritage conservation – a supporting factor for sustainable economic development – at the heart of urban and territorial development processes. Within this broad framework, the protection of the architectural heritage should aim at ensuring the conservation of its physical components and its optimal public and private use, and at preserving the traditions and memory of the community, in the plural identities of which it is composed. It must be stressed that the recovery of the historic centers and their architectural heritage does not represent a cultural luxu­ry, a kind of nostalgia for the ancient or the picturesque, but an imperative to save limited resources such as territorial ones, as well as a mission of saving the diachronic values essential to every human being. Historical continuity provides inhabitants with an environment where they can find their identity and feel emotionally secure in the midst of ongoing social and economic changes. Finally, the architectural heritage has an important part to play in the education of young generations. It has the ability to reveal history, thanks to the cultural and symbolic implications of its material, structural and stylistic components. Witnessing the diachronic layering of human existence, it constitutes a ‘foundation stone’ for the construction of the future.

The Protection of Minor Centers, Villages and Rural Areas The problems of the growing pressure on historic centers and urban areas are intrinsically linked to the ongoing abandoning of minor centers, villages and rural areas. As consequence of the radical changes in the economic structure that have more and more accelerated since the 1950s, villagers and rural inhabitants have migrated to towns in search of work and a better quality of life, thus accelerating the phenomenon of urbanization. On the other hand, this evolution has augmented the worsening of the demographic level of villages and rural areas as well as the decay of the rural landscape. Today, the main reasons for depopulation remain. Whilst the minor historical centers and villages still maintain to a certain extent an environmental, morphological and

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visual relationship with the surrounding rural territory, their revitalization addresses extremely complex problems of economic and social nature. As affirmed by several Charters and Recommendations on the conservation of historic centers, urban landscapes and historic villages, these conservation and revitalization actions should be implemented according to an integrated approach, foreseeing also relevant policies for the sustainable development of the urban and peripheral areas as well as for the protection of historic centers. Historic rural settlements and their territory – with their physical and functional components as well as with cultural and social qualities – constitute an essential public heritage belonging to the present and future community. No matter to whom the ownership of their physical components is attributed, they must be protected and maintained for the public interest. ‘Integrated conservation’ focuses on sustainable development understood as a considered management of the territory, which is a fragile and non-renewable natural resource, in order to assure its vitality and transmission to future generations. Terri­torial planning policies should take into account the conservation of the social, economic and cultural components of the rural areas, revitalizing their economic and social structure, and establishing rules that guarantee the respect of the constructive and typological elements that characterize the rural architecture as well as its surrounding landscape. This complex recovery process should be conducted as well with proper respect to the needs of the local population that has to be involved into the processes of revitalization. Nevertheless, as economic and social changes happen and the interest on the landscape evolves as well, preservation of the landscape represents a rather complicated mission. At local and regional level, planning on historic villages, their surrounding landscape and rural areas should aim at the following directions: – overcoming negative factors such as difficult accessibility, lack of infrastructure and services, and promoting the adaption of the building stock to the needs of contemporary life; – establishing sustainable development programs for each relevant area, identifying in the framework of urban/territorial

A Plea for ‘Integrated Conservation’ | Giancarlo Barbato and Mounir Bouchenaki

plans or landscape plans specific regulations concerning types and thresholds of economic activities suitable to the local, social and economic context, contributing by this to the repopulation of the area and therefore diminishing improper pressures on historic centers; – supporting and revitalizing agricultural activities, which are a natural vocation of the rural areas, as a priority, as they contribute to recompose the socio-economic and cultural context. This requires promoting the presence of people who respect the land and the landscape and who are willing to act responsibly towards nature – as already can be seen in some areas of quality food production. – protecting the historico-cultural, testimonial and identity-establishing values of the architectural typologies of the settlements as well as the landscape’s morphological features in their reciprocal functional and perceptive relationships; –  promoting the maintenance of the cultivated area and the containment of further consumption of rural land as well as fostering modernization functional to agricultural development; – assuring the continuity of the rural infrastructure network (the system of minor roads and the traditional waterways). Last but not least, it must be mentioned that the protection of urban and rural areas should be supported by environmental protection actions, for example through the implementation of legal rules established at regional, national and international level, aimed at understanding, protecting, using, or restoring the environment against any disturbance – as stressed by the numerous international conferences and summits on the environment and climate changes.

Recommendations While the comprehensive problem of urban and rural development should be addressed at a regional planning level, we consider that – in order to promote the protection and conservation of the architectural heritage – it is essential to establish at an urban planning level mandatory prescriptions in terms of density and height of the buildings.

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The defined urban parameters should so provide for a harmonious integration of any new structure into the historical urban morphology of the historic centers and historic rural settlements, as stressed by the guidelines of the international Charters and Memorandums on development of the historical urban landscape. Moreover, any development project, having a potential impact on the architectural heritage in its broader acceptation, should be carefully evaluated to assess its effects on the different values of the historical site. Far from having yet established an organic juridical body for the protection of the historic centers, the Italian legislation already provides some juridical rules that constitute a first defense against inadequate interventions on the historic centers and the landscape. Law 765/1967 (Legge Ponte) introduces two fundamental concepts regarding the protection of historic centers: first the need to consider the historic center in the context of general urban planning, and second the identification of specific urban standards which require compliance with particular typological and formal aspects of urban agglomerations, such as the preservation of existing building and land densities or the prohibition of exceeding the heights of existing buildings. A first step for the protection of the landscape has been achieved by the Law 431/1985. The so-called Legge Galasso instructs the Regions of assuring the adequate protection and enhancement of the landscape for the entire regional territory through specific land use regulations with particular consideration of the landscape values. It establishes as well the responsibility of the State to draft the landscape plan in case the Region did not. Furthermore, its institute of ‘Environmental Constraint’ states that any transformation of the spatial planning and any building work is prohibited until the adoption of landscape plans in areas protected as having specific environmental value.

Life Beyond Tourism Movement Appeal ‘Building Peace through Heritage’ Paolo del Bianco

Upon the invitation of Andrzej Tomaszewski and following the confirmation by Wilfried Lipp and Bogusław Szmygin, the Presidents of the International Scientific Com­ mittee for the Theory and the Philosophy of Conserva­ tion and Restoration, in 2006 the Romualdo Del Bianco Foundation started to conduct research on the opportunities offered by World Heritage Sites thanks to dialogue among cultures that go well beyond the tourism based on services and consumption. The research has allowed us to identify exceptional opportunities far beyond tourism, which we christened as “Life Beyond Tourism” successfully presenting them for the first time in Baku in 2007 during the Conference “XXI Century, the Islamic Historical Cities”. World Heritage Sites attract many visitors from many different countries and cultures. The current tourism boom is creating unprecedented opportunities due to the importance and notoriety of the world heritage: therefore, we have new extraordinary opportunities for interpersonal and intercultural encounters among people interested in world heritage; however, there has never existed a model to favor this dialogue. “Life Beyond Tourism”, which represents a cultural and commercial evolution, offers an opportunity to transform the traveler from a ‘hurried tourist’ into a ‘temporary resident’ thanks to the involvement of all the actors within the travel chain, in particular those who operate in the World Heritage Sites; contributing to intercultur-

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al dialogue, they will help to build peace in the world and by joining the “Life Beyond Tourism Movement” they will contribute to creating a ‘new cultural and commercial offer’ based on another ethics, in the context of a virtuous worldwide competition with a ‘cultural and economic lever’; this lever will stimulate competition among those who will operate better ‘for the benefit of the growth of the international community in peaceful coexistence’.1 With the “Life Beyond Tourism Movement”, World Herit­ age Sites acquire a soul by contributing to intercultural dialogue and promoting friendship between residents and travelers, and among travelers themselves. Hereby, World Heritage Sites will become platforms of global strategies’ development for a solid and widespread peace process favored by a virtuous economic and cultural competition. Thus, in the framework of the “21st General Assembly of International Experts” of the Foundation, held as an International Symposium entitled “Heritage as a Builder of Peace” in Florence (March 2019), the appeal ‘Building Peace through Heritage’ was presented for delivering it to the international community.2

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See Manifesto Life Beyond Tourism® 2019, https://www.lifebeyondtourism. org/manifesto [28.06.2019]. See the Call for Papers (https://www.iccrom.org/it/node/1527 [28.06.2019]) as well as the report (https://www.lifebeyondtourism.org/events/21-generalassembly-frdb [28.06.2019]) of the Symposium “Heritage as a Builder of Peace” in 2019. Following the appeal, the “22nd General Assembly of International Ex­ perts” and International Symposium in March 2020 is headed “Building Peace through Heritage – World Forum to Change through Dialogue” (see Call for Papers, https://www.lifebeyondtourism.org/events/world-forum-to-changethrough-dialogue [28.06.2019]).

Reparaturbedarf 12 Rekapitulationen Thomas Will

Das 21. Jahrhundert wird […] ein Jahrhundert der Reparatur werden, werden müssen. Und zwar der Reparatur an Natur, vor allem an Natur, aber auch an Geschichte und Technik, am Menschen. Wilfried Lipp

Das seit alters gebräuchliche Wort ‚Reparatur‘ war, anders als in der britischen Denkmalpflege (repair), in der deutschsprachigen Fachdisziplin zunächst kaum verbreitet. Der damit aufgerufene Begriff blieb den schlichteren Aufgaben der Gebäudeinstandsetzung zugeordnet, während man bei den Bau- und Kunstdenkmalen von ‚Restaurierung’ sprach.1 Damit war angedeutet, dass es hier nicht um das bloße Erhalten der Gebrauchstüchtigkeit, sondern um mehr gehe: um schöpferisch-künstlerische oder aber geschichtswissenschaftliche Fragen. Das änderte sich im 20. Jahrhundert langsam. Erst mit dem Bewusstseinswandel, der aus der Krise der Konsum- und Fortschrittsgesellschaften in den 1960er/1970er Jahren hervorging, begann der Aufstieg des Reparaturwesens von den Niederungen der Flickschneider und Autowerkstätten ins Reich der Denkmalpflege. Oder auch umgekehrt: diese erweiterte ihren fürsorglichen Blick auf profanere Gefilde und Arbeitsweisen.

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Zur Begriffs- und Methodengeschichte vgl. Will, Thomas, Reparieren. Die Kunst des Notwendigen, in: Meier, Hans-Rudolf / Scheurmann, Ingrid (Hg.), DENKmalWERTE. Beiträge zur Theorie und Aktualität der Denkmalpflege (FS Georg Mörsch zum 70. Geburtstag), Berlin / München 2010, 203  – 216.

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Zunächst waren es allgemein kultur- und gesellschaftskritische Stimmen, die das Thema Reparatur ansprachen.2 Den Bogen zur Planungstheorie und Denkmalpflege spannte Lucius Burckhardt mit seinen Essays zum „kleinstmöglichen Eingriff“ und zur „Theorie des Flickwerks“.3 Im städtebaulichen Bereich wandelte sich unter dem Druck der Bevölkerung die Kahlschlag-Sanierung zur ‚behutsamen Stadterneuerung‘ und zur ‚Stadt­reparatur‘. Im „Europäischen Denkmalschutzjahr“ 1975 findet die Methode der Reparatur dann offenbar erstmalig in einem deutschen Text zur Denkmalpflege Beachtung.4 Peter Breitling gibt darin auch eine Erklärung für deren bislang verborgenes Dasein: Während es bei der Erhaltung historischer Gebäude in der Geschichte immer Auseinandersetzungen über ästhetische Fragen gegeben habe, hätten Reparatur, Änderung und Erweiterung keine Probleme aufgeworfen, da sie von den Handwerkern nach traditionellen Regeln durchgeführt wurden. Ende der 1980er Jahre scheint die Fachwelt den Gedanken der Reparatur als einen in seiner Neutralität für den Diskurs der Meinungen und Methoden wertvollen, ja überlegenen Begriff anerkannt zu haben. Dazu hatten wesentlich die historische Bauforschung und die Bauwerksdiagnostik mit wissenschaftlich begründeten erhaltungsorientierten Instandsetzungskonzepten beigetragen. Von der behutsamen Erneuerung und der Stadtreparatur führt der Weg zur „Weltreparatur“ (Julius Posener).5 Auf der Tagung „Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus“ (Oktober 1993) prägte Wilfried Lipp, damals eben zum Landeskonservator von Oberösterreich bestellt, den Begriff der „Reparaturgesellschaft“.6 Der Vortrag dieses umfassend in den 2 3 4

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Grundlegend: Anders, Günther, Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bde. [1956/1980], München 71987 [Bd. 1], 41987 [Bd. 2]. Vgl. Burckhardt, Lucius, Die Kinder fressen ihre Revolution. Wohnen – Planen – Bauen – Grünen, Köln 1985. Vgl. Breitling, Peter, Erhaltende Erneuerung – Aus der Sicht des Architekten, in: Maier, Hans (Hg.), Denkmalschutz. Internationale Probleme – Nationale Projekte (Texte + Thesen 69), Zürich 1976, 72 –   98. Posener, Julius, Stadtreparatur – Weltreparatur, in: Idee, Prozess, Ergebnis. Die Reparatur und Rekonstruktion der Stadt (Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87, hg. v. Senator für Bau- und Wohnungswesen), Berlin 1984, 48   – 53. Vgl. Lipp, Wilfried, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Aspekte zur Reparaturgesellschaft, in: Lipp, Wilfried / Petzet, Michael (Hg.), Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts (7. Jahrestagung der Bayerischen Denkmalpflege, Passau, Oktober 1993) (Arbeitshefte des Baye-

Reparaturbedarf | Thomas Will

Themen der Zeit bewanderten, brillant argumentierenden Kunsthistorikers machte auch auf uns Architekten Eindruck. Er schloss die etwas hermetisch wirkende Fachdiskussion an breitere baukulturelle, gesellschaftliche und philosophische Fragestellungen an, ein Unterfangen, das in schneller Folge Überprüfung und Fortsetzung fand.7 Der Denkansatz des ‚Prinzips Reparatur‘ wurde weiter für ökologische, energie- und volkswirtschaftliche sowie bau- und sozialpolitische Anliegen geöffnet und vertieft. Die Erkenntnis, dass nach so viel Erneuerung und damit auch Zerstörung der überlieferten Welt deren Reparatur vordringlicher sei als eine zur Perfektion neigende Restaurierung, war in der breiteren Fachdiskussion angekommen. So war es folgerichtig, dass die Denkmalpflege sich im seither geführten Leitdiskurs zur Nachhaltigkeit an zentraler Stelle einordnen konnte. Sie fand damit – ähnlich wie 100 Jahre zuvor mit der Distanzierung vom akademisch erstarrten Stilimitat – neue Nähe zu Architekten und Planern, die sich Gedanken über die Rolle ihres Arbeitsfeldes als größtem Ressourcenverbraucher machen müssen. Begriff und Thema der Reparatur sind seither fester Bestandteil der Denkmalpflege und nicht zufällig sind sie auch im Architekturdiskurs weit nach vorne gerückt. Was damit an Chancen und Anliegen verbunden war und ist, will ich thesenhaft rekapitulieren. Manches davon steht bereits selbst wieder unter Reparaturbedarf, was hiermit zumindest angedeutet sein soll.

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rischen Landesamtes für Denkmalpflege 69), München 1994, 6   –12. Traditionell ist die von Lipp als Gesellschaftsetikett gewählte Bezeichnung vor allem im österreichischen Sprachraum verbreitet für technische Reparaturbetriebe z. B. des KFZ-Gewerbes („Reparaturgesellschaft mbH“). Der Politologe Claus Leggewie sprach bald darauf vom ökologischen Umbau der Industriegesellschaft zur „Reparaturgesellschaft“ (ders., Die 89er. Portrait einer Generation, Hamburg 1995), der Soziologe Hans Geser beschrieb den Wandel „[v]on der Neubau- zur Reparaturgesellschaft“ (ders., Von der „projektiven“ zur „reaktiven“ Kommunalpolitik, in: Sociology in Switzerland (Schweizer Gemeindestudien), hg. v. Soziologischen Institut der Universität Zürich, Zürich 1998), aus dem Bereich gewerkschaftlicher Umweltinitiativen folgte Blau, Evelyn / Weiß, Norbert / Wenisch, Antonia, Die Reparaturgesellschaft. Das Ende der Wegwerfkultur, Wien 1997. Vgl. Petzet, Michael / Hassler, Uta (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft (Tagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und des Lehrstuhls für Denkmalpflege und Bauforschung der Universität Dortmund auf der Kokerei Hansa, Dortmund-Huckarde, Oktober 1995) (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 21), München 1996.

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1 Ein unbelasteter Arbeitsbegriff Restaurieren oder Reparieren? Die Methode der Restaurierung hat in der Baudenkmalpflege einen dramatischen Begriffswandel erlebt, von der idealistisch-hypothetischen Vollendung der Monumente zur wissenschaftlichen Restaurierung unserer Tage, der es um die behutsame Schließung von Fehlstellen geht. Ein Beigeschmack ist dennoch geblieben, ein Feld an Assoziationen, die mit den Prinzipien der Architektur wenig gemein haben. Deshalb ist der Begriff ‚Restaurierung‘ bei Architekten und Ingenieuren historisch und semantisch belastet. Anders die ‚Reparatur‘: sie kommt eher unprätentiös aus dem Alltag und ist als Methode wertneutral. Haftete ihr in der frühen Moderne etwas Notdürftiges an, so hat sie im Lauf der Energie-Diskurse eine moderne Karriere gemacht, man trifft sie heute auch auf der Architekturbiennale oder im ‚Repair-Café‘. Ihre Schwerpunkte Konstruktion und Gebrauch lassen sie als positive Planungsaufgabe begreifen. Mit dem Ziel, Bestehendes für die Zukunft in Dienst zu halten, ist ‚Reparatur‘ im Architekturdiskurs nicht diskreditiert wie der Begriff der ‚Restaurierung‘, der einst auch zerstörerischen Eingriffen diente. Das Konzept ‚Reparatur‘ ist somit geeignet, alte Gräben zwischen Denkmalpflege und Architekturpraxis zu überbrücken.

2 Reparaturbedürftigkeit Wie bei der Restaurierung ist auch bei der Reparatur zu prüfen, ob sie überhaupt notwendig ist. In manchen Fällen, wie bei nicht mehr aktiv nutzbaren Bauwerken oder -teilen, genügt oft eine Sicherung, wie die schon von John Ruskin beschriebene Abstützung einer Mauer. Doch ist die reine Substanzerhaltung meist nicht ausreichend und auch nicht im Sinne der Denkmalpflege. Nur die wenigsten Denkmäler können und sollen derart dem geschichtlichen Wandel entzogen, d. h. im musealen Sinne konserviert werden. Das ist auch eine Frage des Maßstabs: Wo ein kleines Objekt, etwa ein Möbelstück, von seiner Nutzung entbunden und dann fast unverändert bewahrt werden kann, ist dies beim Gebäude schwierig und bei der Stadt unmöglich. Wenn wir nicht in Kauf nehmen wollen, dass sich das Leben ganz von den

Reparaturbedarf | Thomas Will

alten Bauwerken abkoppelt und diese nur noch als Reservate besucht werden, dann muss die Masse der Baudenkmale dem oft strapaziösen Gebrauch verpflichtet bleiben. Deshalb sind sie immer wieder reparaturbedürftig.

3 Reparaturfähigkeit In vorindustriellen Kulturen war die Reparatur alltägliches Erfordernis der Arbeits- und Materialökonomie. Handwerksprodukte sind dem Grundsatz nach reparaturfähig. Alte Bauwerke haben deshalb gegenüber jüngeren den Vorteil, fast unbeschränkt reparaturfähig zu sein. Industriegüter sind dies nur begrenzt, insofern sie, vor allem am Bau, (quasi-)handwerklich montiert werden. Jeder, der ein Telefon reparieren lassen möchte, wird schmerzhaft daran erinnert, dass Reparaturfähigkeit in einer fortgeschrittenen Technologie und Ökonomie kaum ein Kriterium ist. Erst in jüngerer Zeit steuert verantwortungsbewusstes Produktdesign gegen mit Konzepten wie Lebensdauertypologien (Ezio Manzini) und Vorschlägen für reparaturmotivierende Herstellerhaftung und Kreislaufwirtschaften (Fairphone).8 Bei Bauwerken bedeutet die Reparaturfähigkeit Chance und Verpflichtung. Oft fehlt die Fähigkeit zur Reparatur aber beim (Kunst-)Handwerk. Will man nicht Wertvolles verlieren, sind dann doch die fortgeschrittenen, aber aufwändigeren Verfahren der wissenschaftlichen Restaurierung erforderlich.

4 Reparaturgebot In den Industriegesellschaften wird der Vorteil einer Reparatur verdeckt durch veränderte Kostenrelationen von Arbeit, Material und Transport. So kann in einer isolierten und kurzfristigen Bilanzierung die Reparatur eines Bauteils aufwändiger erscheinen als der Ersatz des Ganzen. Das gilt jedoch nicht für die gebotene langfristige, volkswirtschaftliche oder ökologische Betrachtungsweise. Wird das handwerklich gefertigte Teil durch

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Vgl. Langenberg, Silke, Das Konzept „Ersatz“? Probleme bei der Reparatur industriell gefertigter Bauteile, in: Technikgeschichte 79 (2012), Heft 3: Reparieren – oder die Lebensdauer der Gebrauchsgüter, hg. v. Reinhold Reith u. Georg Stöger, 255   – 272.

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ein billigeres Surrogat ersetzt, geht nicht nur das hochwertige Teil verloren; der Gesamtwert des Baubestandes sinkt, wenn der prozentuale Anteil des Minderwertigen steigt.9 Für eine vorausschauende Praxis der Instandsetzung und Pflege bleibt somit die Reparatur das entscheidende Erfordernis. Hilfreich dafür ist ein Umdenken bei der Kostenbetrachtung: zum einen die Umkehrung der Beweislast, womit jeweils nachzuweisen wäre, dass ein Neubau in der Gesamtbilanz günstiger ist als eine Reparatur; zum andern eine Umgruppierung im Haushaltsrecht, damit Reparaturen nicht länger als Verbrauch (Bauunterhalt), sondern als werterhaltende Investitionen gelten.

5 Ein offenes Konzept Restaurierung ist statisch und suggeriert Vollendung, obwohl sie fast immer nach einiger Zeit in Zweifel gezogen wird, schon deshalb, weil ihre wissenschaftliche Grundlage an die Fortschrittsmaxime der Moderne gekoppelt ist. Auch dort, wo sie de facto kaum gealtert ist, gilt eine Restaurierung deshalb oft als überholt. Die Reparatur ist diesem Aktualisierungsdrang weniger ausgeliefert. Mit ihrer Nähe zur dauernden Pflege (Wartung) verkörpert sie von Anfang an ein dynamisches Konzept: mäßig, aber regelmäßig, als Ziel Langlebigkeit, nicht Endgültigkeit.

6 Techniken Die bescheidene Reparatur ist nicht immer im Sinne einer restaurierenden Denkmalpflege, bei der zwar mehr geschieht, nachher aber weniger davon zu sehen ist. Bei der Reparatur fallen notwendige Ergänzungen oft sichtbar aus, nicht als Ziel, aber als Ergebnis einer praktischen Lösung. Damit verschwindet die wertende Unterscheidung zwischen traditionellen, denkmalpflegerisch ‚richtigen‘ und modernen, ‚fortschrittlichen‘ Techniken. Bei einer vernünftigen Reparatur gibt es nur mehr oder weniger geeignete Techniken, egal ob sie aus jüngerer oder älterer Zeit stammen. So gesehen mag der hier angeführte Gegensatz Restaurieren – Reparieren sich auch wieder aufheben: Wo sie ge9

Vgl. Langenberg, Silke (Hg.), Reparatur. Anstiftung zum Denken und Machen, Berlin 2018.

Reparaturbedarf | Thomas Will

lingt, ist die Restaurierung nichts anderes als eine wissenschaftlich abgesicherte Form der Reparatur.

7 Flickwerk als Ganzes Reparatur dient der Wiederherstellung der Gebrauchstüchtigkeit. Das ist nicht utilitaristisch zu verstehen. Ein Gebrauchswert der Denkmale betrifft nicht (nur) deren Zweck, sondern ihre Bestimmung, einen Sinngehalt als Angebot zur Wertschätzung. Bei Kunstwerken, deren Hauptfunktion eine ästhetische ist, kann dies die Wiederherstellung der ‚nützlichen‘ Form erfordern. „C’est véritablement utile puisque c’est joli.“ (Antoine de Saint-Exupéry) Anders als bei der Restaurierung ist aber die Wiedergewinnung eines möglichst ungestörten Erscheinungsbildes nicht Bedingung. Vielmehr gibt es die Möglichkeit, die Spuren der Instandsetzung und auch des vorausgegangenen Schadens erkennbar zu belassen. Ästhetische Aspekte sind dabei oft nicht Ausgangspunkt, wohl aber zu berücksichtigende Konsequenz. In einem sukzessiv entstandenen Werk, das Veränderungen oder Beschädigungen erfahren hat, können die Spuren gültige Teile eines neuen, aufgefächerten Ganzen bilden. Einige Wiederaufbauleistungen der Nachkriegszeit sind dafür beispielhaft. Sie sind nicht wieder ‚ganz‘ im formalen Sinn des ursprünglichen Werks, aber ganz im Sinne der Ablesbarkeit einer historischen Genese, einer unzensierten Biographie. In den geglückten Fällen kann man nach einiger Übung das Ganze erkennen, vergleichbar dem Schauen, wie es Rilke für die Torsi Rodins eingefordert hat: „So ist es auch bei den armlosen Bildsäulen Rodins; es fehlt nichts Notwendiges. Man steht vor ihnen als vor etwas Ganzem, Vollendetem, das keine Ergänzung zuläßt.“10 Die vielen nicht geglückten Fälle zeigen aber die Grenzen dieser Ästhetik im Alltag.

8 Respekt vor dem Original Reparatur ist ihrem Wesen nach respektvoll gegenüber dem beschädigten Werk. Sie will und kann den ursprünglichen Zustand 10 Rilke, Rainer Maria, Auguste Rodin, Leipzig 1920, 31.

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meist nicht wieder herstellen. Indem sie stets nur ein repariertes Werk schafft, akzeptiert sie den Unterschied zum unversehrten Original, auch wenn die sichtbaren Unterschiede gering sein mögen. In der fachgerechten Reparatur wird die Geschichte des Schadens analog zu dessen Bedeutung in das Werk eingeschrieben. Ist es nur ein kleiner Schaden, etwa eine nicht mehr nutzbare Treppenstufe, so wird deren material- und formgetreue Auswechslung später nur eine kleine Episode im Gesamtbild des Werks darstellen. Man wird sie kaum bemerken. Ein größerer und deshalb in seiner Wirkung, oft auch in seiner Ursache nicht unbedeutender Schaden wird nach der Reparatur des Bauwerks erkennbar bleiben. Das ist ästhetisch angemessen in dem Sinn, wie auch die Erinnerung an diesen Schaden angemessen ist.

9 Spuren der Zeit Eine sichtbare Reparatur bringt in das Denkmal die Dimension der Zeit ein. Sie betont das Prozesshafte gegenüber dem abgeschlossenen Ideal, mit dem das ‚Original‘ meist gleichgesetzt wird. Ablesbarkeit von Geschichte ist allerdings kein Wert an sich. Diese kann auch banal sein. Ihr Sinn hängt von der Bedeutung der Spuren ab. Erfolgreich ist die sichtbare Reparatur deshalb vor allem bei Schäden, die aus einem gewaltsamen Ereignis oder aus der Tiefe der Zeit herrühren. Da sie den Gestaltwert, ja den künstlerischen Gehalt eines Werks beeinträchtigen können, gilt es, sie sparsam einzusetzen.

10 Erinnerungsmodus Restaurierung, Ersatz, Erneuerung – sie alle stehen für einen Fortschritt, der mit einem Akt des Vergessens verbunden ist. Die sichtbare Reparatur verweist dagegen auf die Geschichte des Bauwerks. Nicht notwendigerweise auf seine gesamte Geschichte, aber doch auf eine, zu der Anpassungen, Überformungen, auch Brüche und Konflikte gehören. So erweitert sich der Erinnerungswert durch die Reparatur, die uns Auskunft über den Umgang mit dem Werk gibt. Damit erzeugt sie eine spezifische (Ersatz-)Form der Memorialarchitektur, einer Gattung, die in der

Reparaturbedarf | Thomas Will

Moderne bekanntlich in eine Krise geraten ist. Das Konzept der Reparatur kann für den Versuch stehen, einen zeitgenössischen Erinnerungsmodus durch Arbeit an den überlieferten Denkmalen zu formulieren. In einer digital-industriellen Zivilisation, in der die handwerkliche Arbeit verschwindet, steht die Reparatur auch für eine Form des Widerstands gegen den unaufhaltsamen Verlust an Bautraditionen, die in ihren Materialspuren immer individuelle Geschichte(n) abbildeten. Deshalb hat sie auch Eingang in die Konzeptkunst gefunden.

11 Korrektur Die Archäologie, eine Leitdisziplin der Moderne, dekonstruiert die Bilder imaginierter Geschichte(n) und präpariert authentische Reste als Indizien eines Zerstörungsprozesses – ein auch ästhetisch höchst relevanter Vorgang. Als die Äginetenfragmente in der Münchner Glyptothek eine Ergänzung durch Bertel Thorvaldsen erfuhren, verstand man dies selbstverständlich auch als Restaurierung. Ihre Neuanordnung als frei im Raum montierte Torsi (durch Dieter Ohly und Josef Wiedemann am Beginn der 1970er Jahre) war nicht nur durch neue archäologische Erkenntnisse bestimmt, ebenso wenig wie die Vollendung durch Thorvaldsen nur eine künstlerische gewesen ist. In beiden Fällen ging das Ethos einer um wissenschaftliche Korrektheit bemühten Präsentation einher mit dem künstlerischen Zeitgeschmack.11 Anders aber als bei der klassizistischen Restaurierung, die Vollendung suchte (und bei diesem Beispiel auch erzielte), bleibt die moderne Reparatur, die hier mit einer Freistellung der Reste zusammenfällt, eine reversible, revisionsoffene Korrektur. Neue Erkenntnisse und Sehgewohnheiten können – sofern nicht die reparierte Fassung selbst als schutzwürdig erkannt wird – immer wieder neu im Sinne einer Korrektur eingebracht werden, ohne Schädigung der Originalfragmente. Darin liegt auch das nüchterne Eingeständnis, dass das Werk als ideales Ganzes ein für alle Mal dahin ist und wir uns ihm durch Reparaturversuche nur annähern können. 11 Vgl. Forster, Kurt W., Monument / Memory and the Mortality of Architecture, in: Opposi­ tions. A Journal for Ideas and Criticism in Architecture 25 (1982), 2  –19, hier 13.

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12 Posttraditionelle Kulturtechnik Was in traditionellen Wirtschaftsformen notwendiges Reparieren war, das gelingt heute nur als bewusste Kulturleistung. Durch die Konsumindustrie vordergründig befreit von der Not des Ausbesserns, entwickelt eine ‚reflexive Moderne‘ die Reparatur zur Strategie für den überlegten Umgang mit kulturellem Material. Diese Strategie ist konsumkritisch; technikfeindlich ist sie nicht. Sie stellt dem industriell normierten und beschleunigten Stoffersatz (verkürzte Lebenszyklen) eine individuelle, auf das Notwendige beschränkte Schadensbehebung gegenüber. Dazu gehört die Skepsis gegenüber Argumenten der Wirtschaftlichkeit, der Fortschrittlichkeit oder des Zeitgemäßen, wo diese zur Legitimation von Zerstörung dienen. Aus dem einst alltäglichen Verfahren der Reparatur erwächst so eine kritisch reflektierende, posttraditionelle Kulturtechnik. Sie verbindet Alt und Neu auf der Basis von praktischen Erfahrungen und der Idee der architektonischen utilitas. Sie steht gegen eine verschwenderische und geschichtsvergessene Wegwerfmentalität ebenso wie gegen eine vordergründige Nachbildungsroutine. Für die meisten Aufgaben, die sich an gestörten oder geschwächten Denkmalen ergeben, lassen sich mit dem Konzept der Reparatur vernünftige Lösungen entwickeln, vom handwerklichen Detail bis zur Stadtstruktur und -silhouette. Zu wünschen ist, dass die Denkmalpflege mit ihren hochentwickelten Kompetenzen ausstrahlt auf die größeren Reparaturaufgaben, die im Bereich von Kultur und Gesellschaft und, allem übergeordnet, im Reich der unterworfenen und gefährdeten Natur zu lösen sind.

III. Countries – Länder: Glocal – Global

Konservierung / Restaurierung von Architektur in der Baudenkmalpflege Tschechiens1 Josef Štulc

In zwei bemerkenswerten Studien aus den Jahren 1982 und 2000 hat Ivo Hlobil das Aufkommen eines Phänomens beschrieben, das später als „Tschechische Restauratorenschule“ bezeichnet wurde.2 Er erinnerte an die elementare Bedeutung, die das Wirken des hervorragenden Kunsthistorikers und Zöglings der Wiener Schule der Kunstgeschichte, Vincenc Kramárˇ (1877– 1960), als Direktor der Bildergalerie der patriotischen Kunstfreunde (später Sammlung Alte Kunst, heute Nationalgalerie) für die Formierung einer Philosophie der Restaurierung von Kunstwerken hierzulande hatte. Kramárˇ hatte eine ausgesprochen glückliche Hand, als er für seine Institution im Jahr 1934 den einfühlsamen und talentierten Maler Bohuslav Slánský (1900   –1980) gewann, der sich gleichzeitig als ein äußerst fähiger Wissenschaftler, Theoretiker und später auch bedeutender Pädagoge erweisen sollte.3 Die Zusammenarbeit dieser bei1

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Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine aktualisierte deutsche Fassung des zunächst auf Tschechisch erschienenen Artikels Restaurování architektury jako nový smeˇr v pécˇi o stavební památky, in: Hecˇková, Petra / Horák, Petr / Machacˇko, Luboš (eds.), Interdisciplinarita v pécˇi o kulturní deˇdictví. Sborník z konference, Pardubice 2013, 45  –  52. Vgl. Hlobil, Ivo, K výtvarnému aspektu cˇeskoslovenské restaurátorské školy, in: Demková, Alena (ed.), Zborník OSPSOP Rožnˇava II, Prešov 1982, 119  –131; Hlobil, Ivo, Vincenc Kramárˇ a výtvarná teorie restaurování, in: Lahoda, Vojteˇch / Uhrová, Olga (eds.), Vincenc Kramárˇ – Od starých mistru˚ k Picassovi (Katalog výstavy, Národní galerie v Praze, 13.10.2000   – 28.01.2001), Praha 2000, 173 –174. In den Artikeln werden die Aufsätze von Vincenc Kramárˇ zur Restaurierung von Kunstwerken zitiert. Die Studien von Hlobil zur Theorie und Geschichte der Denkmalpflege wurden neu herausgegeben in: Hlobil, Ivo, Na základech konzervativní teorie cˇeské památkové pécˇe. Výbor z textu˚, ed. Marek Peru˚tka, Praha 2008. Bohuslav Slánský war ab 1946 Professor an der Akademie der bildenden Künste in Prag. Er ist der Autor des bis heute maßgeblichen Werks Technika malby (2 Bde., Praha 1953/1956, ein dritter Band über historische Maltechniken blieb unvollendet) sowie einer ganzen Reihe von Zeitschriftenaufsätzen zur Theorie, Forschung, Technik und Praxis der Gemälderestaurierung.

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den Persönlichkeiten führte zu einer Herausbildung der theoretischen und ethischen Prinzipien, nach denen sich in Tschechien die Restaurierung im Wesentlichen bis heute richtet. Es handelt sich um Prinzipien, die nicht nur für die Behandlung von Kunstwerken der Malerei, für die sie seinerzeit gesucht und erprobt wurden, sondern für den gesamten Bereich der Denkmalpflege gelten sollten.

Prinzipen der „Tschechischen Restauratorenschule“ Worum ging es bei der damaligen Suche nach einem optimalen Denkmalpflegeverfahren? Außerhalb jeder Diskussion stand bei Kramárˇ eine vorbehaltlose Respektierung der Authentizität des Kunstwerks von Autorenhand bzw. der in ihrer materiellen Originalsubstanz erhaltenen Teile. Dieser Respekt, ein Erbe, wie wir es aus den Gedanken von Georg Dehio (1850  –1932), Alois Riegl (1858  –1905) und Max Dvorˇák (1874   –1921) kennen, ist zur dauernden Konstante einer qualifizierten Restaurationstätigkeit geworden. Dazu musste aber eine Reihe weiterer Probleme subtiler, nur schwer verbal mitzuteilender Art gelöst werden: Ob beispielsweise – nach Aufgabe der noch bis Ende des 19. Jahrhunderts üblichen, das Original beschädigenden Praxis des Fertig- oder Übermalens von Gemälden – nach der Verkittung der nicht erhaltenen Gemäldeteile diese im neutralen Kittfarbton zu belassen und das Original analytisch als Torso zu präsentieren sei, oder ob im Gegenteil bei Retuschen von der Erforschung des zur restaurierenden Werks auszugehen und aufgrund von Analogiestudien in einer unaufdringlichen, andeutungsartigen Nachahmung dessen optische und bildnerische Vereinheitlichung anzustreben sei. Nicht weniger wurde die Frage diskutiert, ob einer Rekonstruktion der ursprünglichen Konzeption des Autors der Vorzug gebühre oder vielmehr Riegls „Alterswert“ des Denkmals zu respektieren sei, der allerdings nicht selten die Gestalt vergilbter, den Originalausdruck des Werks verzeichnender (und zumeist nicht ursprünglicher) Lackschichten hatte. Großen Nachdruck hatte Kramárˇ auch auf die Reversibili-

Konservierung / Restaurierung von Architektur | Josef Štulc

tät der Restaurierungsmaßnahme gelegt,4 was bei Slánský später in Experimente mit der Technik der sogenannten abnehmbaren Unterlagen mündete.5 Den theoretischen Überlegungen sowie dem umfassenden restauratorischen, aber auch pädagogischen Werk von Bohuslav Slánský ist es zu verdanken, dass die Restauratorenpraxis in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine beachtliche Ausgewogenheit erlangt hatte. Sie verband harmonisch die im Restaurierungsprozess gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse mit unumgänglichen kreativen künstlerischen Komponenten. Von Vincenc Kramárˇ hat sie das Bewusstsein vom individuellen Gepräge eines jeden bearbeiteten Falls übernommen und von daher auch die individuelle konzeptionelle Entscheidung für jede Restaurierungsaufgabe.6 Die theoretischen Überlegungen und vor allem die in der Praxis erzielten Resultate verschafften der Restaurierung von Kunstwerken in Tschechien einen beträchtlichen Vorsprung vor der Entwicklung von Konservierung und Pflege der übrigen Denkmalarten, vor allem der historischen Architektur.7 Auf diesem Gebiet blieben die theoretischen Überlegungen hinter der denkmalpflegerischen Praxis zurück. Eine Rolle spielt dabei sicherlich der Umstand, dass Baudenkmäler neben ihrem unbestrittenen künstlerischen Gepräge auch eine primäre praktische Funktion haben. Die Denkmalpflege hat diese zu respektieren und unter allen Umständen um deren Erhaltung bemüht zu sein. Zudem kommt bei Baudenkmälern das allgemein anerkannte Prinzip der Umnutzung zum Tragen. Dieses Prinzip erfordert und rechtfertigt im Interesse der Erhaltung eines Werks manchmal sogar eine bei anderen Kunstwerken unzulässige modernisierende Intervention. Diese Rechtfertigung wirkt sich manchmal wohl oder übel auf die in Tschechien – vom Ge4

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Zur komplexen Frage der Reversibilität siehe Nejedlý, Vratislav, Reverzibilita a mravní zodpoveˇdnost prˇi restaurování výtvarných deˇl, in: Zprávy památkové pecˇe 53 (1993), 264   – 267. Vgl. Slánský, Bohuslav, Rekonstrukcˇní retuš na snímatelné podložce, in: Zprávy památkové pecˇe 27 (1967), 230   – 236 u. 255   – 256. Vgl. Kramárˇ, Vincenc, Nová metoda restaurátorská. K cˇinnosti obrazárny Spolecˇnosti vlasteneckých prˇátel umeˇní, in: Národní listy, prˇíloha k cˇ. 334 (06.12.1931), 9   –11. Laut Kramárˇ ist die individuelle Suche nach einer geeigneten Methode wesentlich anspruchsvoller, „doch darin besteht auch ihr großer Reiz“ (Übersetzung Josef Štulc). Bei diesen Überlegungen lassen wir den wichtigen Bereich der Restaurierung von Bildhauerarbeiten außer Betracht, dessen Theorien, Methoden und Praxis in Tschechien sich Miloš Suchomel und Vratislav Nejedlý gewidmet haben.

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mälde- und Skulpturenschmuck abgesehen – insgesamt vergleichsweise niedrigeren Anforderungen aus, die an die Pflege von Baudenkmälern gestellt werden. Ein allgemeines Langzeitproblem sind Form und Kompatibilität von funktionell unerlässlichen Anbauten und Ergänzungen. Auch die Pflege von architektonischen Werken aus der Vergangenheit hat im 20. Jahrhundert eine beträchtliche Entwicklung und Wandlung in Theorie und Praxis erfahren. Die puristische, eine stilistische Einheit anstrebende und mit ihren Umbauten die Originalbausubstanz meist schädigende „Restaurierung“ oder besser gesagt „fiktive Rekonstruktion“ von Denkmälern, die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts florierte, wurde ab 1900 zunehmend vom Prinzip der „Konservierung“ abgelöst. Diese verband das Bestreben, in allen Stilphasen die Bau- und Kunstentwicklung des Denkmals mit allen etwaigen späteren Ergänzungen, Anbauten und Funktionsadaptierungen zu analysieren und zu präsentieren. Die einseitige „Verwissenschaftlichung“ der Pflege historischer Bauwerke und die dabei unterschätzte Bedeutung ihrer integralen architektonisch-gestalterischen Komposition,8 also die Bevorzugung ihres historisch-dokumentarischen Werts gegenüber dem Kunst- und Ästhetikwert veranlasste ab Ende der 1930er Jahre den tschechischen Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Václav Wagner (1893  –1962) zu einer energischen Reaktion. Er wollte die analytische und modernistische Denkmalpflegedoktrin seiner Zeit durch eine neue Synthese ersetzen.9 Wie Ivo Hlobil erkannt hat,10 strebte Wagner im Bereich von Architektur und Urbanistik dasselbe an, was einige Zeit zuvor Vincenz Kramárˇ und Bohuslav Slánský durchdacht und bei konkreten Restaurierungsaktionen in der Sammlung Alte Kunst erprobt hatten: bei vollem Respekt und dem kategorischen Postulat, die Original-Bausubstanz des Werks zu bewah8

Eine besonders zutreffende Charakteristik dieser Entwicklung bietet Štorm, Brˇetislav, Pécˇe o památky architektury a cesty její myšlenkové koncepce, in: Zprávy památkové pécˇe 19 (1959), 57–   68. 9 Vgl. Wagner, Václav, Analýza a syntéza v ochraneˇ umeˇleckých památek, in: Volné smeˇry 36 (1940/41), 14   – 25. Seine Aufsätze aus den Jahren 1940   –1946 hat Wagner gesammelt im Band Umeˇlecké dílo minulosti a jeho ochrana, Praha 1947 (eine Neuausgabe besorgte das Nationale Denkmalpflege-Institut/Národní památkový ústav, Praha 2005). 10 Vgl. Hlobil, Ivo, Václav Wagner – strážce estetického pu˚sobení památek, in: Václav, Wagner, Umeˇlecké dílo minulosti a jeho ochrana, ed. Národní památkový ústav, Praha 2005, 6   –12, hier 8.

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ren, einfühlsam dessen vom Zahn der Zeit oder unsachgemäßen früheren Eingriffen beeinträchtigte kompositorische künstlerische Integrität wiederherzustellen. Auch in der Architektur war für Wagner die „nachahmende Retusche“ zulässig, also ein auf Rekonstruktion bzw. Evokation historischer Formen zurückgreifendes Verfahren.11 Der Widerspruch zwischen dem analytisch-modernistischen und synthetisch-rekonstruktiven Verfahren führte zu einer scharfen Pole­ mik, die im Jahre 1940 zwischen Václav Wagner und Zdeneˇk Wirth (1878   –1961) entbrannte,12 also zwischen den damals führenden Persönlichkeiten der tschechischen Denkmalpflege. Wirth sah in Wagners Synthese eine unannehmbare Rückkehr zum Purismus des 19. Jahrhunderts.13 Der aufflammende Streit wurde in dieser Generation nicht gelöst; somit schien die Denkmalpflege in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwischen beiden Extremen zu oszillieren. Letztendlich und im Bewusstsein des individuellen Charakters eines jeden Denkmals und der Einzigartigkeit einer jeden Restaurierungs- bzw. Renovierungsaufgabe (die notwendige Übereinstimmung von historischer Kenntnis, Nutzfunktion, Beziehung zu Ort und Umfeld des Denkmals, Zugang zu Material und Technik usw.) mündeten diese Auseinandersetzungen in den methodischen Pluralismus der heutigen Zeit. Der konkreten Situation des Denkmals entsprechend, wird die Methode zu seiner Erneuerung stets individuell gesucht. Bei der architektonischen Konservierung ist man so zu einem ähnlichen Verfahren gelangt, wie es bereits Vincenc Kramárˇ empfohlen hatte.14 Ihren schlimmsten Niedergang erfuhr die praktische Erneuerung von Baudenkmälern während der sogenannten Normalisierung (normalizace) des totalitären kommunistischen Regimes nach der Niederwerfung des Prager Frühlings in den 1970er und 1980er Jahren. Die nicht ideologischen, sondern vorwie11 Vgl. Wagner, Václav, Umeˇlecké dílo [Ausgabe Praha 2005], 28: „[…] die Nachahmung, gegebenenfalls freie Nachahmung ist dort berechtigt, wo sie im Dienst des Ganzen und dessen von den bildnerischen Gesetzen bestimmten Beziehungen vorgenommen wird.“ (Übersetzung Josef Štulc). 12 Vgl. Krˇížek, Jirˇí, Nové poznatky ke sporu mezi Václavem Wagnerem a Zdenˇkem Wirthem o metodu analýzy a syntézy, in: Rohácˇek, Jirˇí / Uhlíková, Kristina (eds.), Zdeneˇk Wirth pohledem dnešní doby, Praha 2010, 239   – 245. 13 Vgl. Wirth, Zdeneˇk, Metody preventivní ochrany, in: Umeˇní 14 (1942), 123. 14 Vgl. Kramárˇ, Nová metoda restaurátorská.

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gend rein materiellen und ökonomischen Ursachen dieser Talfahrt können hier nicht detailliert aufgeführt werden. Die Praxis jener Zeit wurde übrigens in den vergangenen zwei Jahrzehnten berechtigterweise einer vernichtenden Kritik unterzogen. Was in jener für die Denkmäler sehr unglücklichen Periode auf seinem traditionell hohen Niveau geblieben ist, war das breite Feld der Denkmalforschung, die Ausarbeitung einer Konzeption des Schutzes historischer Städte, Dörfer und Landschaften sowie die Vorbereitung zur Ausrufung von städtischen Denkmalschutzgebieten.15 Beachtenswert war auch die Weiterentwicklung der Denkmalpflegetheorie.16 In der Praxis hat lediglich die Restaurierung von Kunstwerken ihr hohes Niveau wahren können.

Rekonstruktion und Restaurierung des gotischen Hauses „Zur steinernen Glocke“ Als klassisches Beispiel kann hier eine der Spitzenleistungen jener Zeit dienen, die Rekonstruktion und Restaurierung des gotischen Hauses „Zur steinernen Glocke“ („Du˚m U Kamenného zvonu“) am Prager Altstädter Ring – ein ehrgeiziges Projekt, in das mir als Sachverständigem während der Umsetzungsendphase umfassender Einblick gewährt war.17 (Abb. 1) Das besagte Haus hat viel von seinem mittelalterlichen Baukern mit romanischen Kellern und einem gotischen, außerordentlich kompliziert gestalteten turmartigen Eckanbau aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts bewahrt, der hinsichtlich seines architektonischen Anspruchsgrads und seiner künstlerischen Qualität im Mitteleuropa jener Zeit nicht seinesgleichen hat. Der Baukern des Hauses wurde aber im 17.–19. Jahrhundert in eine neue

15 Vgl. dazu Kibic, Karel / Vošahlík, Aleš, Památková ochrana a regenerace historických meˇst v Cˇeské republice 1945   – 2010, ed. Národní památkový ústav, Praha 2011. 16 Das bemerkenswerte Niveau und die Dynamik in der theoretischen Reflexion der tschechischen Denkmalpflege der 1980er und frühen 1990er Jahre wird von Artikeln und Referaten zahlreicher damals abgehaltener Konferenzen widergespiegelt, die von Václav Pilc in acht Bulletinbänden (1984   –1992) zusammengestellt und von der Státní ústav památkové pécˇe a ochrany prˇírody (SÚPPOP), der führenden Arbeitsstätte der wissenschaftlich-technischen Entwicklung in Prag, herausgegeben wurden. 17 Vgl. hierzu Štulc, Josef, Nadeˇje, pochybnosti a rizika rekonstrukcˇních projektu˚ – prˇíklad domu U zvonu a Malostranské radnice v Praze, in: Zprávy památkové pécˇe 67 (2007), 310   – 315.

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Abb. 1: Prag, Altstädter Ring, Haus „Zur steinernen Glocke“ aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts. Hausfront nach der puristischen Entfernung der jüngeren Umbauten, Ergänzung der großflächig fehlenden Pläner-Mauerwerkteile und einfühlsame bildnerische Verblendung, um den Eindruck der ursprünglichen architektonischen Struktur hervorzurufen.

architektonische Struktur eingegliedert, die mit ihrer Außenansicht ganz entschieden ebenfalls einen hohen Denkmalwert aufwies. Um insbesondere den gotischen Baukern wieder freilegen und präsentieren zu können, entschied man sich für die Opferung und puristische Beseitigung der meisten jüngeren Anbauten und Änderungen. Ich übergehe die hochinteressanten, scharf polarisierten Diskussionen, die dieser von Anfang an höchst problematischen Aktion vorausgingen und sie zum Teil auch weiter begleiteten. Besonders frappierend war der unbeschreibliche Kontrast zwischen den wichtigsten an der Umsetzung beteiligen Organisationen: Auf der einen Seite standen ein grobschlächtiges Rekonstruktionsprojekt und das weit unterdurchschnittliche Leistungsniveau der damaligen Baufirmen mit ihrer absoluten Rücksichtslosigkeit, ja Brutalität im Umgang mit dem erhaltenen Original, gepaart mit unzulänglichen handwerklichen Fertigkeiten. Auf der anderen Seite stach die Spitzenqualität der Arbeit der beteiligten bildenden Künstler, d. h. der Restauratoren, hervor. Ohne den unglaublichen Fleiß, die Geduld und das räumliche Vorstellungsvermögen von Jirˇí Blažej bei der Wiederzusammensetzung von Tausenden aus dem Füllmauerwerk gewonnenen

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Bruchstücken gotischer Statuen, Maßwerkteile und Architekturglieder, und ohne die im Endergebnis rein bildnerische, hervorragend durchgeführte Bearbeitung, welche die Bildhauer und Restauratoren Jan Bradna und Jirˇí Novotný den ungefügen, von der Baufirma für die Hausfassade gelieferten Steinmetzteilen zukommen ließen, hätte das Projekt in einem Fiasko katastrophalen Ausmaßes geendet. Das Abstellen schlechter Angewohnheiten ist bekanntlich schwierig. Trotz des Kollapses und Untergangs der sozialistischen Bauunternehmen und der heute wesentlich größeren Möglichkeiten für Fachleute aus der Denkmalpflege, Einfluss auf die bauliche Erneuerung von Denkmälern auszuüben, ist auch mehr als fünfundzwanzig Jahre nach dem Sturz des totalitären Regimes die derzeitige Renovierungspraxis bei Baudenkmälern weit davon entfernt, stets der hohen Qualität und immer noch in beträchtlichem Umfang vorhandenen Authentizität der Denkmäler nachzukommen. Die Erosion der authentischen Werte von historischen Bauwerken schreitet auch heute in bedrohlichem Tempo fort. Doch es gibt noch einen Ausweg.

Der denkmalpflegerische Ansatz von Václav Girsa Den Weg zu einer verbesserten Pflege unseres baulichen Erbes – wenigstens in dessen ausgewählten und wertvollsten Repräsentanten – weisen die vom Architekten Václav Girsa (*1945) projektierten und von ihm beim konkreten Bau stets konsequent, ausdauernd und unermüdlich ausgeführten Arbeiten.18 Girsa bekennt, dass er eine wertvolle Inspiration zu seinem innovativen, gegenüber dem Original äußerst schonenden und gleichzeitig synthetischen, in vielerlei Hinsicht durchwegs bildnerisch aufgefassten Verfahren bei der Konservierung eines historischen Bauwerkes gerade von der Überzeugungskraft und künstlerische Wirkung der zu ihrer Zeit bahnbrechenden Restaurierungsarbeit an der Fassade des Hauses „Zur steinernen Glocke“ gefunden hat.

18 Eine Übersicht der von Václav Girsa geleiteten Bauprojekte und restauratorischen Arbeiten – mit Überlegungen aus der Praxis, Kommentaren und reicher Fotodokumentation – bietet Girsa, Václav / Hanzl, Miloslav, Typologie obnovy, Praha 2011.

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Seine Maßnahmen verlängern die Lebensdauer von erhaltenen Konstruktionen, von Mauerwerk und Verputz aufgrund der Verwendung derselben Mittel und Baustoffe, aus denen sie einst entstanden sind: Kalkwasser, von Hand berappter Kalkputz mit der gleichen Sand-Zusammensetzung, identisches Material der von Hand bearbeiteten Steinteile, Kalk und ausschließlich historisch nachgewiesene mineralische Pigmente bei der ˇ eská Lípa, Burg Lipý aus dem 14. JahrWiedereinführung von histori- Abb. 2: Chundert. Im Renaissance-Umbau (zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts) konserscher Farbgebung, Einhaltung vierter, teilweise rekonstruierter Verder Bausaison sowie der techputz am Risalit des Eingangstors. nischen Pausen usw. (Abb. 2) Die erkennbare Kompositionsstruktur des Werks wird von Girsa unauffällig erneut hervorgehoben, ohne dabei die historische Schichtung zu überlagern. Die dem Original hinzugefügten Ergänzungen zeichnen sich durch eine hohe Qualität der traditionellen handwerklichen oder künstlerischen Verarbeitung aus und respektieren bei einer angemessenen Unterscheidbarkeit die Harmonie des architektonischen Ganzen. Nicht zuletzt muss bei Girsas Umsetzungen hervorgehoben werden, dass sie nicht den „Alterswert“ des Denkmals beeinträchtigen. Patina und Spuren der historischen Existenz schonend, belassen sie die dem Bauwerk eigene Würde und seinen poetischen Zauber.19 Der Umfang von Girsas Konservierungsaktionen, bei denen er sich auf die Zusammenarbeit mit dem Architekten Miloslav Hanzl und seinem handverlesenen Spezialisten-Team aus dem eigenen Atelier verlässt, aber auch konsequent auf die rechtzeitige Konsultation und kontinuierliche Diskussion mit Sach­ kennern aus der Denkmalpflege setzt, ist bewundernswürdig. 19 Vgl. dazu am Beispiel der im Folgenden geschilderten Arbeiten in Bezdeˇz die Reflexion bei Štulc, Josef, Konzervace zrˇícenin a restaurátorská etika, in: Zprávy památkové pécˇe 54 (1994), 104   –108.

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Abb. 3: Bezdeˇz, Königsburg aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Burggrafenpalast nach der Konservierung von Mauerwerk und Putz sowie der vereinheitlichenden Rekonstruktion mit Retuschen der beschädigten Oberfläche.

Abb. 4: Švihov, Wasserburg vom Ende des 15. Jahrhunderts. Fassade von Nordpalast und Kapelle nach der langwierigen Festigung und Konservierung der ursprünglichen Ober- und Verputzflächen.

Abb. 5: Švihov, Wasserburg. Kapellenfenster, Detail mit dezenter Betonung der die Fenstereinfassungen krönenden Lilien.

Seine spezifische Arbeitsweise als Architekt/Restaurator hat auf der Burg Bezdeˇz begonnen, die dank ihm gegen Ende der 1980er Jahre um ein Haar vor einer schon als Projekt in Vorbereitung befindlichen „komplexen“, d. h. im damaligen Kontext „Betonbau-Renovierung“ verschont geblieben ist. Auf die 1993 vollendete schonende Sicherung, behutsame Ausbesserung und

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Ergänzung der Fassaden des Burggrafenpalasts folgte die wieder von Girsa geleitete Konservierung von Turm und Königspalast der Burganlage, und zuletzt auch die als Rettungsmaßnahme erforderliche Überdachung des „Templerpalasts“. (Abb. 3) Ein ebenso gewissenhaftes, schonendes und zugleich schöpferisches Vorgehen hat Girsas Team seither bei den tschechischen Burgen Frýdlant, Grabštejn, Lipnice, Švihov sowie bei Bauska in Lettland gewählt. (Abb. 4, 5) Bei mehr als einem dieser Beispiele ist ihm das fast Unmögliche gelungen – die unliebsamen Folgen gefühlloser Rekonstruktionseingriffe aus den 1970er und 1980er Jahren zu korrigieren und aufzuheben (z. B. bei den Burgen Lipnice und Bauska). Einen ebenso hohen Standard an Feinfühligkeit, Kunstund Handwerksqualität sowie ethischer Verantwortung hat Girsa auch bei der Konservierung von Denkmälern aus jüngeren Stilepochen an den Tag gelegt. Stichprobenartig könnte man die RenaissanceAbtei von Kloster Zlatá Koruna (Goldenkron), die Barockgärten unterhalb der Prager Abb. 6: Zisterzienserkloster Zlatá Koruna (Goldenkron). Abteigebäude aus dem 14. Burg, die Gloriette von Schloss Jahrhundert, Renaissance-Umbau gegen Ploskovice oder das Häuschen Ende des 16. Jahrhunderts, Barock-Umbau im zweiten Drittel des 18. Jahrhunmit Atelier der Malerin Zdenderts. Václav Girsas Konservierung hat beide Bauphasen der Fassadenänderung ka Braunerová in Roztoky bei sichtbar bleiben lassen. Prag nennen. (Abb. 6) Das Außergewöhnliche von Girsas restauratorischem Vorgehen bei der Erneuerung von Baudenkmälern fand Aufmerksamkeit und Anerkennung der internationalen Kulturwelt: Girsa ist heute fünffacher Träger des EU-Preises „Europa Nostra“, welcher der von ihm geleiteten Renovierung der Villa Müller von Adolf Loos in Prag (Abb. 7), der Wiederherstellung des barocken Schlosstheaters in Cˇeský Krumlov, der Rettung und Renovierung von Burgruine und Schloss Bauska in Lettland, der Konservierung der spätgotischen Oberburg-Fassade in Cˇeský Krumlov

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Abb. 7: Prag, Hauptraum der Villa Müller im Viertel Orˇechovka von Adolf Loos aus den Jahren 1928  –1930. Nach der Renovierung in den Jahren 1998  – 2000.

Abb. 8: Cˇeský Krumlov, Oberburg, Südfront, 14.–16. Jahrhundert. Trotz sehr umfangreicher Konservierungsarbeiten hat die Renovierung durch eine bedachte, feinfühlig durchgeführte Ergänzung fehlender Teile das altehrwür­ dige Gepräge des Denkmals in vollem Umfang bewahrt.

(Abb. 8) und dem Projekt der Erhaltung und Präsentation der Burg Becˇov zuerkannt wurde.20 Seit 2015 ist er zudem Präsident des Tschechischen Nationalkomitees von ICOMOS. Die Girsas Umsetzungen zugrundeliegende Methode zur Renovierung von Architektur ist im Bereich des Bauerbes leider nicht universell anwendbar. Der Bedarf einer Umnutzung und die legitimen Ansprüche des Besitzers an das Bauwerk werden – in anderer Ausprägung als bei Gemälden oder Bildwerken – immer die Berücksichtigung gesetzlicher Rahmenbestimmungen, Kompromisse und Opfer erfordern. Übrigens kann man nur bei einem kleinen Teil aller Bauten einen derart hohen Aufwand fordern oder begründen. Zudem ist auch mit Widerspruch seitens der ansichtsmäßig stets divergierenden und häufig sogar

20 Details zu den genannten Projekten bei Girsa / Hanzl, Typologie obnovy.

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zerstrittenen Gemeinde der tschechischen Denkmalpfleger zu rechnen.21 Die unlängst vollendete, nicht minder mustergültige Konservierung der Villa Tugendhat von Ludwig Mies van der Rohe in Brünn, die von einem anderen Team – unter Beteiligung einer die Zusammenarbeit mit der tschechischen Seite außerordentlich hoch einschätzenden internationalen Fachkommission – realisiert wurde,22 zeigt jedoch, dass eine von ethischen und fachlichen Standards für die Restaurierung von Kunstwerken inspirierte Erneuerung von Architektur bei Denkmälern von derartiger Bedeutung das einzig mögliche und gerechtfertigte Vorgehen darstellt.

Abbildungen Abb. 1: Prag, Altstädter Ring, Haus „Zur steinernen Glocke“, Erstes Drittel des 14. Jahrhunderts, Hausfront nach der Renovierung, Foto: Ladislav Bezdeˇk. Abb. 2: Cˇeská Lípa, Burg Lipý, 14. Jahrhundert, Eingangstor (zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts) nach der Renovierung / Rekonstruktion, Foto: Václav Girsa. Abb. 3: Bezdeˇz, Königsburg, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts, Burggrafenpalast nach der Konservierung und Rekonstruktion, Foto: Václav Girsa. Abb. 4: Švihov, Wasserburg, Ende des 15. Jahrhunderts, Fassade des Nordpalasts und der Kapelle nach Konservierung / Renovierung, Foto: Gabriela Cˇapková. Abb. 5: Švihov, Wasserburg, Ende des 15. Jahrhunderts, Kapellenfenster (Detail), Foto: Gabriela Cˇapková. Abb. 6:  Zisterzienserkloster Zlatá Koruna (Goldenkron), Abteigebäude, 14. Jahrhundert / Renaissance-Umbau Ende des 16. Jahrhunderts / Barock-Umbau zweites Drittel des 18. Jahrhunderts, Fassade mit sichtbaren Bauphasen, Foto: Václav Girsa. Abb. 7: Prag, Villa Müller von Adolf Loos, 1928  –1930, Hauptraum nach Renovierung (1998–2000), Foto: Václav Girsa. Abb. 8: Cˇeský Krumlov, Oberburg, 14. –16. Jahrhundert, Südfront nach Renovierung, Foto: Václav Girsa.

21 Dies glossiert zutreffend und mit feinem Humor Becˇková, Katerˇina, Rekonstrukce veˇží Malostranské radnice. Obhajoba ex offo, in: Zprávy památkové pécˇe 67 (2007), 317– 319. 22 Vgl. dazu Cˇerná, Iveta / Cˇernoušková, Dagmar (eds.), Mies v Brneˇ. Vila Tugendhat, Brno 2012 (engl. Ausgabe: Mies in Brno. The Tugendhat House, Brno 2013).

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Vier Mal Grundsätze – eine Miszelle aus der Schweiz Nott Caviezel

Alles Gescheidte ist schon gedacht worden, man muß nur versuchen es noch einmal zu denken. Johann Wolfgang Goethe

Im Vergleich zu den bedeutenden Wortführern, die an der Wende zum 20. Jahrhundert im Rampenlicht standen und mit ihren Vorstößen in einem überstaatlichen Kontext die moderne Denkmalpflege einläuteten, agierten damals die Schweizer Protagonisten mehr im nationalen Umfeld, aufmerksam die Debatten verfolgend, aber noch ohne griffige gesetzliche Grundlage, während langer Zeit nicht selten als Einzelkämpfer. Bereits in der ersten Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft aus dem Jahre 1848 wird in Artikel 3 festgehalten, dass die Kantone souverän sind und diese alle Rechte ausüben, die nicht der Bundesgewalt übertragen sind. Dabei ist es geblieben. Die Befugnisse des Bundes waren anfänglich ganz allgemein sehr bescheiden, erst recht in denkmalpflegerischen Dingen. Die Denkmalpflege, deren kantonale Fachstellen mit wenigen Ausnahmen erst in den 1950er und 1960er Jahren entstanden, ist auch heute noch in erster Linie Sache der Kantone. Bereits 1886 hatte der Bund unter sanftem Druck der Öffentlichkeit den Beschluss gefasst, sich mit geringen Mitteln „an den Bestrebungen zur Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Alterthümer“ zu beteiligen. Sein Einsatz beschränkte sich jedoch auf die Bereitstellung sehr limitierter Finanzen zur Unterstützung privater Initiativen, aus denen dann die staatliche Denkmalpflege gewachsen ist.

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Es ist schließlich der 1915 installierten Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) zu verdanken, dass im Sinne einer gewissen „Unité de doctrine“ und aus übergeordneter Warte der Schutz und die Pflege der Denkmale in vielerlei Belangen nicht aus dem Ruder liefen. Um landesweit gültige Grundsätze bemüht, prägte die EKD die Entwicklung der Denkmalpflege und Archäologie in der Schweiz bis in die Nachkriegszeit entscheidend und ist noch heute die maßgebende beratende Instanz auf Bundesebene. Wie hielt es also die Schweiz bis in die 1950er Jahre mit den Denkmalwerten und den sich mehr und mehr konsolidierenden Grundsätzen, die bei Camillo Boitos so genannter Carta del restauro von 1883 angefangen über Georg Dehios Wirken, Alois Riegls Denkmalkultus, Max Dvorˇáks Katechismus und die 1931 beschlossene Charta von Athen schließlich 1964 zur Charta von Venedig führten?

Auftakte Als Momentaufnahmen werfen vier teilweise wenig bekannte Schriften ein Licht auf die Frage, in welcher Weise in der Schweiz Denkmalwerte verhandelt wurden und wie sie in das denkmalpflegerische Handeln Eingang fanden oder auch nicht. Zu Zeiten, als sich Eugène Emmanuel Viollet-le-Duc und John Ruskin als Protagonisten gegensätzlicher Auffassungen zur Restaurierung profilierten und die benachbarten Länder Italien, Frankreich, Deutschland und Österreichs Kaisertum und Doppelmonarchie sich erste Denkmalpflege-Fachinstanzen gaben, verharrte der moderne schweizerische Bundesstaat noch in der Dämmerung eines denkmalpflegerischen Aufbruchs. Persönlichkeiten wie etwa der Architekt Johann Georg Müller (1822  –1849), der sich bis zu seinem frühen Tod für eine angemessene Erneuerung im Sinne einer großen Reparatur der spätmittelalterlichen St. LaurenzenKirche in St. Gallen und der ehemaligen nachgotisch-barocken Klosterkirche Neu St. Johann (erbaut 1641–1644, vollendet 1680) einsetzte, waren Einzelerscheinungen. Müllers Haltung, es sei besser ein beschädigtes Gemälde eines vortrefflichen Meisters zu lassen, wie es ist, als dass eine uneingeweihte Hand es restauriere, ist (auch in denkmalpflegerischen Belangen) umso

Vier Mal Grundsätze – eine Miszelle aus der Schweiz | Nott Caviezel

bemerkenswerter, als damals in der Schweiz mit der erfolgreichen Tätigkeit der bereits 1806 gegründeten Gesellschaft schweizerischer Künstler und Kunstfreunde (ab 1839 Schweizerischer Kunstverein) und vieler auch lokaler historischer Vereinigungen und antiquarischen Gesellschaften denkmalpflegerische Unterfangen ganz im Zeichen künstlerischer Werte standen. Der anfängliche Name des 1880 gegründeten Vereins, dessen Vorstand seit 1887 sozusagen als Vorgänger der EKD amtete, war gleichermaßen Programm: Verein für Erhaltung vaterländischer Kunstdenkmäler. Die im Namen enthaltenen Begriffe implizieren die relevanten Werte und Beweggründe, die den Verein leiteten: das Vaterland, die Kunst und das Denkmal, das seinerseits die geschichtliche Dimension und den Wert der GeAbb. 1: Johann Rudolf Rahn (1841 –1912). schichte mitführt. Der Wert des Denkmals als geschichtliches Zeugnis war auch dem Pionier der schweizerischen Denkmälerstatistik und Gründungs-Vizepräsident des genannten Vereins, Johann Rudolf Rahn (1841– 1912), oberstes Prinzip. (Abb. 1) Die Denkmalpflege als Mittel zur Repräsentation und Stärkung der Nation war in der Schweiz hingegen eher Nebensache – dem schweizerischen Selbstverständnis verpflichtet, das bezeichnenderweise auch in Rahns berühmtem Vorwort zu seiner 1876 publizierten Geschichte der bildenden Künste offenkundig wird. (Abb. 2) Es beginnt mit den schicksalshaften Worten: „Die Schweiz ist arm an höheren Werken der bildenden Kunst.“ Des Weiteren spricht er von der „grossen Superiorität“ stilvoller Schöpfungen der Nachbarländer und der meistens ranglosen Haltung und Dürftigkeit der heimischen Monumente. „Auch von einer einheitlichen Entwicklung, wie sie bei gleichem Territorialumfange in anderen Ländern zu beob-

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Abb. 2: Frontispiz von Johann Rudolf Rahns Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz, Zürich 1876, unter Verwendung des Titelblatts der ersten gedruckten Schweizer Chronik von Petermann Etterlin (Kronica von der loblichen Eydtgnoschaft Ir harkom[m]en und sust seltzam strittenn und geschichten, Basel 1507). Der ursprünglich zu sehende Reichsadler ist durch den Text des Vorworts ersetzt.

achten ist, kann hier die Rede nicht sein.“1 Rahn vermeidet den Begriff der ‚schweizerischen Kunst‘ wohlweislich und sieht auch keinen Grund, die Eidgenossenschaft als Willensnation mit einer 1

Rahn, Johann Rudolf, Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz. Von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters, Zürich 1876, V–VI (Vorwort).

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konstruierten national geprägten Schweizer Kunst zu unterfüttern. Für ihn war es vielmehr die kulturelle Heterogenität der Schweiz, die mit allen ihren Widersprüchen das föderal demokratische Staatswesen widerspiegelte und auf andere Weise das Besondere des Landes und die „typisch helvetisch erkannte Denkmallandschaft“ (Matthias Noell) ausmachte.

1893 – Rahns Anleitung und die Pietät Die 1893 von der nunmehrigen Schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler – kurz Erhaltungsgesellschaft – herausgegebene Anleitung zur Erhaltung von Baudenkmälern und zu ihrer Wiederherstellung stammt im Wesentlichen aus der Feder Rahns. In der Anleitung wird in gesperrter Schrift die große Bedeutung des geschichtlichen Werts von alten Gebäuden hervorgehoben: „Jedes Gebäude aus vergangenen Jahrhunderten besitzt, wenn nicht einen künstlerischen, so doch geschichtlichen Wert.“ An anderer Stelle macht Rahn darauf aufmerksam, „dass der Bestand nicht nur als Bauobjekt […] zu betrachten sei, sondern dass derselbe als ein Repräsentant der alten Baukunst des Landes und ein Vermächtnis der Altvordern unsere Achtung und Pietät zu beanspruchen habe“2. Bevor Dehio, Riegl und Dvorˇák die Pietät in den Argumentationsstrang ihrer Überlegungen aufnahmen, hatte Rahn sie ergänzend zum historischen Wert bereits in den Vordergrund gerückt. Georg Germann hat die Pietät als „Impuls der Denkmalpflege“ schon 1972 erkundet und in der Folge mehrfach darüber geschrieben. Sie gehört zu den tiefreichenden und universellen Beweggründen und Werthaltungen der Denkmalpflege, zu Zeiten Rahns wie heute, selbst wenn der Begriff der Pietät heute wenig gebräuchlich ist und durch die weniger weitreichenden Bezeichnungen ‚Achtung‘ und ‚Respekt‘ ersetzt wurde. Mehr an grundsätzlichen Beweggründen, Baudenkmäler zu erhalten, ist der Anleitung nicht zu entnehmen. Vielmehr lag es den Herausgebern daran, sie als möglichst konkreten Wegwei-

2

[Rahn, Johann Rudolf], Anleitung zur Erhaltung von Baudenkmälern und zu ihrer Wiederherstellung, Zürich 1893, 23 u. 4  – 5. Ein Digitalisat der Publikation ist verfügbar unter http://permalink.snl.ch/bib/sz001662467 [28.06.2019].

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ser und Leitfaden zu formulieren, den sie zum einen ausdrücklich an die Entscheidungsträger („Behörden, Korporationen, Baudirektionen, Kirchenvorstände und Architekten“), zum anderen an die Ausführenden („Bauführer, Bauhandwerker und Tagwerker“) richtete. Interessant ist der Hinweis in der Einleitung der kleinen Schrift, wonach diese unter Benutzung einer von der Royal Institution of British Architects (RIBA) veröffentlichten Anleitung verfasst wurde. Die Anregung zur Publikation einer analogen Anleitung für die Schweiz ging von Heinrich von Geymüller (1839 –1909) aus, der seit 1881 Ehren- und korrespondierendes Mitglied der RIBA war. Geymüller war zwar Mitglied der Erhaltungsgesellschaft, aber nicht in deren Vorstand, und es gibt gemäß Georg Germann auch keine Hinweise darauf, dass er der „engeren Kommission“ zur Ausarbeitung der „für unsere schweizerischen Verhältnisse geeigneten Instruktion mit Benutzung der englischen ‚Winke und Räte‘“ angehörte. Rahn und Geymüller kannten sich aber und waren u. a. beide in der Commission technique für die Restaurierung des Schlosses Chillon.

1907 – Zemps Grundsätze und die Urkunden Nach der denkmalpflegerischen Wende um 1900, nach Dehios Flugschrift Was wird aus dem Heidelberger Schloß werden? (1901) und nach Riegls Auseinandersetzung mit den ‚Denkmalwerten‘ (1903 und 1905) publizierte Josef Zemp (1869 –1942) im Jahr 1907 eine kleine Schrift mit dem Titel Das Restaurieren. Zemp zählt zu den wichtigen Akteuren der Denkmalpflege in der Schweiz, Schüler und Nachfolger Rahns auf den beiden Zürcher Abb. 3: Josef Zemp (1869  –1942). Lehrstühlen für Kunstgeschichte (Universität und ETH), 1897–1904 und 1915/16 Präsident der Erhaltungsgesellschaft sowie 1917–1935 Vizepräsident und 1936  –1942 Präsident der 1915 installierten EKD. (Abb. 3)

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Wie der Titel seines mehrfach veröffentlichten, durchaus auch an ein breites Publikum gerichteten Textes besagt, ist darin vom Restaurieren die Rede, wobei gleich nach der Lektüre der ersten Sätze klar wird, dass Zemp nicht das Restaurieren im engen Sinn meint, sondern allgemein die „Erhaltung und Wiederherstellung alter Kunstwerke“.3 Er stellt fest, dass die „Denkmalpflege ein eigenes Fach geworden“ sei und erinnert daran, dass in Deutschland seit 1900 an besonderen Kongressen ihre Grundsätze und Methoden verhandelt werden. Auf die Restaurierungs­ praxis des 19. Jahrhunderts zurückblickend spitzt Zemp, vereinfacht gesagt, das Problem der zu seiner Zeit aktuellen Restaurierung und Denkmalpflege auf die involvierten Akteure zu – Kunsthistoriker versus Künstler bzw. wissenschaftlich fundierte Restaurierung versus „Gestaltungskraft des modernen Künstlers“. Zu den Werten und Beweggründen der damaligen Denkmalpflege in der Schweiz äußert sich Zemp nur am Rande. „In der Kultur der Gegenwart“ stehe „die Sorge für die Erhaltung und Wiederherstellung alter Kunstwerke auf höherem Range, als je zuvor“, schreibt er. Zemps Schrift über das Restaurieren bleibt in der Liste seiner Publikationen als gewissermaßen programmatische Äußerung jedoch eine Ausnahme. Als Das Restaurieren 1907 erschien, hatte er sich als Fachmann für Denkmalpflege bereits einen Namen gemacht. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass er zehn Jahre danach als Vizepräsident und im Anschluss als Präsident der EKD mit der Begleitung und Überwachung von bedeutenden Restaurierungsvorhaben und Ausgrabungen betraut wurde. Dieses in hohem Maße mit der Praxis verbundene Wirken, das immer wieder auch maßgebliche Entscheide über das Wie und das Wieso zu treffender Maßnahmen erforderten, ließ das bei Zemp zweifellos vorhandene Interesse an theoretischen Überlegungen zur Denkmalpflege weniger in grundsätzliche Abhandlungen einfließen als vielmehr in die praktische Arbeit auf Baustellen und Grabungen. Unzählige Berichte, Zeichnungen und Fotografien Zemps, die im Eidgenössischen Archiv für Denkmalpflege aufbe-

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Zemp, Josef, Das Restaurieren, in: Schweizer Rundschau 7 (1907), Heft 4, 249 – 258 und in: Schweizerische Bauzeitung 50 (1907), Heft 11, 133  –136 u. Heft 14, 173  –175 (alle Zitate nach dieser Ausgabe, 133 u. 175). Für eine besonders weite Verbreitung sorgte die Veröffentlichung durch den Dürerbund als 40. Flugschrift zur Ausdruckskultur, München 1908.

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wahrt werden, bezeugen dies. So ist auch seine Schrift ein kurz gefasstes Tableau, das, ohne Anspruch auf eine theoretische Durchbildung, einzelne wichtige Aspekte des zeitgenössischen Diskurses der Denkmalpflege aufnimmt und zugänglich formuliert. Im Vordergrund steht das mehrfach ins Feld geführte Kunstwerk als geschichtliche Urkunde, von denen möglichst viele erhalten werden sollten. Eine Abschrift bzw. eine Kopie einer Urkunde habe nie den Wert der Originalurkunde und endlich solle eine Urkunde rein und unverfälscht erhalten werden. „Nach unserer Theorie soll das ‚Restaurieren‘ vor allem im Erhalten bestehen.“ Mit dem Urkundenwert des Denkmals positioniert sich Zemp ganz in der Nachfolge von Paul Clemen, Georg Hager, Georg Dehio und Alois Riegl. Zemp schreibt sich in den damals aktuellen internationalen Stand der Diskussion ein und versucht, seine folgende Tätigkeit als einflussreicher Denkmalpfleger an der Spitze der eidgenössischen Instanzen auch danach zu richten.

1948 – Birchlers Restaurierungspraxis und die Erinnerung „Unser Schweizervolk hat als Ganzes wenig Sensorium für sein nationales Kunsterbe“, schreibt Linus Birchler (1893   –1967), als Nachfolger Zemps 1942  –1963 Präsident der EKD, in seiner 1948 erschienenen Schrift Restaurierungspraxis und Kunsterbe in der Schweiz. Und weiter: „Der Normalschweizer ist amusisch. Damit müssen wir uns abfinden. Wenn Hausbar, Frigidaire und neueste Automarke als Hochziele der Kultur erscheinen, ist es sinnlos, auf unser nationales Kunsterbe beschwörend hinzuweisen.“4 Birchler bezeichnet seine Schrift als „Notschrei“ und appelliert an die wichtige Rolle, die der Bund in Sachen Denkmalpflege spiele, beklagt fehlende Finanzen und die an vielen Orten sträfliche Fahrlässigkeit im Umgang mit dem Denkmälerbestand sowie die mangelnde Unterweisung der Bevölkerung. Primär sei das Denkmal ein Erinnerungsmal, das einen historischen Wert, einen Alterswert und einen Kunstwert besitze, die Riegl’schen Werte erweiternd auch über einen Sammlerwert verfügen könne. (Abb. 4) 4

Birchler, Linus, Restaurierungspraxis und Kunsterbe in der Schweiz (Kultur- und staatswissenschaftliche Schriften 62), Zürich 1948, 32 u. 58.

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Übers Ganze gesehen darf man Birchlers Schrift, die freilich von fachlichen Fragen ausgehend mit vielen konkreten Beispielen die mehr missliche Lage der schweizerischen Denkmalpflege denn deren Erfolge konkret illustriert, mehr noch als denkmalpflegepolitisches Statement oder gar Manifest werten. Im Gegensatz zu Zemps Grundsätzen bemüht sich Birchler eingangs um eine gewisse Systematik und KlarAbb. 4: Linus Birchler (1893–1967). stellung bestimmter methodischer Ansätze der Denkmalpflege. Er unterscheidet zwischen Rekonstruktion, Anastylose, Restaurierung und einfacher Konservierung (man beachte die Reihenfolge) und bemerkt, dass „diese verschiedenen Prozeduren […] ganz rein in Erscheinung treten oder sich kreuzen“5 können. Vierzig Jahre nach Zemps Schrift, auf die sich Birchler explizit beruft und bedauert, dass sie, „in einer kleinen katholischen Zeitschrift“ erschienen, in der Schweiz kaum Beachtung gefunden habe, stellt er fest, dass „unsere Grundsätze“, die rein aus der Praxis gewachsen sind, „nirgends schriftlich niedergelegt“ seien. Dann folgt der Versuch, diese Grundsätze „erstmals mit aller Reserve zu formulieren“. Er gliedert sie in zwölf Punkte, die hier nur summarisch Erwähnung finden können: Punkt 1 irritiert, relativiert Birchler seine allgemein geltenden Grundsätze doch gleich am Anfang, wenn er darauf aufmerksam macht, dass man für eine reformierte Kirche andere Maßstäbe zu benützen habe als für eine katholische und man im Tessin Einzelheiten ganz anders behandeln müsse als im Thurgau. Ein halbes Jahrhundert später stehen die Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz (siehe unten) im Zeichen einer konträren Auffassung, war doch einer der Beweggründe ihrer Entstehung die Bemühung um eine gesamtschweizerische „Unité de doctrine“. Punkt 2: Jede Periode 5

Ebd., 8. Der folgende Abschnitt zu den „Grundsätzen“ ebd., 15  –19.

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der Kunst hat ihre Berechtigung („in fünfzig Jahren wird der Jugendstil ‚historisch‘ bewertet werden“) und möglichst alle Bauperioden sollen bei einem gewachsenen Bau zur Geltung gebracht werden. „Wir restaurieren also nicht auf ‚Stilreinheit‘ à la Kölner Dom.“ Mit einem geradezu sprichwörtlichen Leitsatz, der eigentlich ein Zitat einer goldenen Regel von Josef Zemp war, beginnt Punkt 3: „Der Bau restauriert sich im Grunde selber.“ Er leitet einen Abschnitt über die Notwendigkeit der baugeschichtlichen Forschung ein, die vor den und während der Maßnahmen am Denkmal durchgeführt werden müssen. „Die ‚persönliche Note‘ des Architekten darf bei uns nicht gespielt werden. […] Der Leitende […] hat hellhörig dem alten Gebäude zu gehorchen.“ Punkt 4 verlangt „ausgesprochenes historisches Denken. Ohne Aktenstudien kommt man da meist nicht aus“. Und so folgen weitere Punkte: Die eigenen Restaurierungen sollen bitte nicht an Florenz oder Nürnberg gemessen werden, sondern am jeweiligen geografischen Kontext Maß nehmen, bei notwendigen Ergänzungen sei in der Nachbarschaft nach vergleichbaren Vorbildern zu suchen und nicht in den „Bänden Viollet-le-Ducs“. Birchler äußert sich zur Verwendung moderner Baumaterialien, die an sichtbaren Stellen unter allen Umständen zu eliminieren seien. Man dürfe nicht immer nach der ältesten Zeitschicht suchen und diese freilegen, wo möglicherweise eine jüngere Schicht die qualitätsvollere ist. Er spricht sich für die Lesbarkeit und Gesamtwirkung einer Restaurierung aus, die auch bei stilistisch heterogenen Bauwerken dank „winziger Nachhilfen“ zu erreichen sei und hebt die Bedeutung der unmittelbaren Umgebung von Denkmälern wie die Gesamterscheinungen alter Siedlungen in ihrem Verhältnis zur Landschaft hervor. Ausführlich mit Beispielen erläuternd geht Birchler näher auf die Möglichkeiten und Grenzen der Wandmalereirestaurierung ein. Die zwölf Punkte enden mit einem weiteren Zitat aus Zemps Grundsätzen: „Das Alte erhalten, das Neue gestalten.“ Birchler untermauert damit das Gebot, wonach moderne Zutaten nicht in historischen Formen gehalten sein dürfen. „Sie sollen sich diskret und möglichst neutral einfügen.“ Birchler schließt diesen fachlich ausgerichteten Abschnitt mit dem Hinweis, man möge die zwölf Punkte nicht als Reglement auffassen; „die Beste Restaurierung ist jene, die man hernach gar nicht bemerkt; Erhalten geht vor Erneuern.“

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Den weit umfangreicheren Anteil in Birchlers Schrift haben aber seine politischen Forderungen um mehr Finanzen für die eidgenössische Denkmalpflege, welche (zu Zeiten, da es noch kaum kantonale Instanzen gab) „irgendwie die Führung“ behalten müsse, „wenn wir zu einer allgemeinen schweizerischen Restaurierungsmethode gelangen wollen“6. Die Schweiz dürfe in ihrer Denkmalpflege nicht weiter „so ziemlich am Ende der europäischen Staaten stehen“. Mehrfach lobt er die großen Anstrengungen des Auslands im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg, den hierzulande fehlenden Apparat an Landeskonservatoren, Soprintendeten, Bibliotheken, Instituten, Architekten, Fotografen und Restauratoren. Über viele Seiten hinweg bemüht sich Birchler unter Anführung zahlreicher Beispiele, Rahns Aussage, wonach die Schweiz nur über wenig bedeutende Kunstdenkmäler verfüge, zu widerlegen und den schweizerischen Kunstdenkmälerbestand gewissermaßen zu rehabilitieren, womit Birchler im gleichen Zug geschickt die verlangte bessere Ausstattung der Denkmalpflege legitimierte. Geradezu modern ist Birchlers Feststellung, dass Denkmäler Teile des Nationalvermögens seien, das Patrimonium somit „ideell in die gleiche Wertkategorie wie die Menschen- bzw. Schweizerrechte“ gehöre. Die unter dem Vorwand, über das Restaurieren zu schreiben, eigentlich umfassend und unverblümt vorgetragene Klage und Anklage und sein langjähriger Kampf um Anerkennung und Förderung der eidgenössischen Denkmalpflege haben denn auch ihre Wirkung nicht verfehlt: Dank seines steten Kampfs um Finanzen hatten sich diese im Laufe seiner Amtszeit verdreifacht.

2007 – Die Leitsätze der EKD und die „Unité de doctrine“ Zu den Grundlagen, auf die sich die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege heute in ihrer Arbeit beruft, die im Land einen möglichst einheitlichen Vollzug der Denkmalpflege gewährleisten soll, gehören die 2007 von der Kommission erarbeiteten und publizierten Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz. Sie berufen sich auf eine ganze Reihe wichtiger internationa6

Ebd., 60. Die folgenden Zitate ebd., 62 –   63.

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ler Charten und Konventionen, aber unschwer ist bei der Lektüre der schmalen Publikation festzustellen, dass über die bis dahin entstandenen internationalen Charten hinaus darin auch unsere drei kleinen Schriften ihren Nachhall gefunden haben. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Birchlers letzter Standortbestimmung der schweizerischen Denkmalpflege wollte es die EKD erneut versuchen, in vier Sprachen prägnant die Grundsätze zum Umgang mit dem baulichen Erbe zu formulieren: Kein Lavieren, keine Klage und kein politisches Statement, sondern die Bemühung um eine möglichst klare Struktur, die nachvollziehbar, verständlich und verbindlich die Themen Denkmal (und Denkmalwerdung), den Umgang mit dem Denkmal, das Handeln am Denkmal, Planungen und Maßnahmen und Fragen der besonderen Bodendenkmalpflege erläutern, war das Ziel. Sie wenden sich „zunächst an die schweizerischen Fachleute aller betroffenen Bereiche. Es soll aber auch für Bauherren und Architektinnen, Politikerinnen oder interessierte Laien Anregung und Hilfe für das Verständnis des Denkmals und der für seine langfristige Erhaltung notwendigen Maßnahmen sein“.7 Die Dichte ihres Inhalts verwehrt sich hier einer Paraphrasierung oder auszugsweisen Zitaten. Vielmehr scheint mir im Zusammenhang der vier Schriften ein Fazit bemerkenswert: In den wenigen in der Schweiz erarbeiteten und publizierten Grundsätzen zur Denkmalpflege, von Rahn über Zemp und Birchler bis zu den jüngsten Leitsätzen widerspiegelt sich die zeitgleiche internationale Debatte um Werte und Grundsätze. Unterschiedliche politische, gesellschaftliche und kulturelle Kontexte bilden dabei den jeweiligen Rahmen. In allen Texten wird der jeweilige Stand des Faches Denkmalpflege ersichtlich, ebenso Entwicklungsstränge und vielversprechendes Rüstzeug, das in der Folge teilweise auch ausgeschöpft wurde, während technische Fortschritte andere Potenziale obsolet werden ließen. Andrerseits offenbart sich eine erstaunliche Konstanz und Permanenz der Motivation, Denkmalpflege zu betreiben. Von

7

Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hg.), Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz. Principes pour la conservation du patrimoine culturel bâti en Suisse. Principi per la tutela dei monumenti storici in Svizzera. Guidelines for the preservation of built heritage in Switzerland, Zürich 2007, 12 (open access-Publikation unter http://www.vdf. ethz.ch/vdf.asp?isbnNr=3089 [28.06.2019]).

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Boito über Dehio, Riegl, Rahn, Zemp, Birchler, der Charta von Venedig bis hin zu den Leitsätzen haben sie sich beharrlich gehalten und kaum verändert, namentlich der existentielle Beweggrund, mit der Erhaltung des Patrimoniums und seines besonderen Zeugnischarakters dem menschlichen Grundbedürfnis nach Erinnerung seine Orte und Objekte nicht zu rauben. Der „Spätzünder Schweiz“, wie es Albert Knoepfli einmal formulierte, holte den anfänglichen Verzug auf und war, wenn nicht institutionell, so doch intellektuell irgendwann wieder einmal bei den Leuten, mit den Leitsätzen 2007 sogar in vorderster Reihe. Grundsätze taugen aber nur, wenn sie in der denkmalpflegerischen Praxis auch ihre Anwendung finden. In noch stärkerem Maß werden Denkmalwerte und eine entsprechende Wertedebatte obsolet, wenn sie einem nichts wert sind, das Interesse an Werten in der Öffentlichkeit schwindet und in den politischen Etagen zuweilen keine nennenswerte Rolle mehr zu spielen scheinen.

Abbildungen Abb. 1: Johann Rudolf Rahn, um 1886, Albumin-Abzug / Karton, 6 x 9 cm (Ausschnitt), Foto: Rudolf Ganz, Zürich, entnommen aus: http://doi.org/10.3932/ethz-a-000045508 [28.06.2019], ETH-Bibliothek Zürich, Portr_01146, Public Domain Mark. Abb. 2: Frontispiz, aus: Rahn, Johann Rudolf, Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz. Von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters, Zürich 1876, V [Vorwort]. Abb. 3: Josef Zemp, um 1914, Foto: Franz Schmelhaus, Zürich, entnommen aus: https:// commons.wikimedia.org/wiki/File:(UAZ)_AB.1.1164_Zemp.tif [28.06.2019]. Abb. 4: Linus Birchler (1893  –1967), um 1950, Foto (Ausschnitt), entnommen aus: Gedenkschrift zum 100. Geburtstag von Linus Birchler 1893  –1967, Bd. 1: Erinnerungen an LB (Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der ETH Zürich 13/1), Zürich 1993, ohne Seitenzahl [Seite 5].

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Mass Housing as Cultural Heritage: Contrasts of Reception and Valorisation in Eastern Asia, Europe and North America Miles Glendinning

Traditionally, architectural history has been bound up in a mutually reinforcing way with elite heritage, and ideas such as rarity or authenticity have been dependent on authoritative ‘expert’ value judgements and have privileged the ideal of ‘art’ – an approach especially enshrined in the conservation value-system of Cesare Brandi. However, as early as the years around 1900, in total-landscape concepts such as ‘Heimatschutz’, this tightly integrated elite value system was challenged and destabilised by the broadening-out and inclusion of ever more recent heritages. This process has at length culminated from around the 1980s with the embrace of post-war Modernism and its vast building stocks – many still ubiquitous and lacking any kind of elite rarity.1 This is the starting-point of the topic of this paper. Working from within a discipline-context of ‘general built environment history’, this article briefly explores the ramifications of these valueshifts and fragmentations in an area where they are arguably most acute – that of state-sponsored, modernist ‘mass housing’ – a building-category whose built form usually involves large aggregates of buildings laid out in the diverse ways allowed for in the modern movement. Here, one is dealing with a building type that is not only ubiquitous and, in many places, highly controversial, but which is also, globally speaking, not unambiguously of the past: although in some parts of the world mass housing construction is clearly ‘finished’, in others, especially in Eastern Asia, 1

See Glendinning, Miles, The Conservation Movement: A History of Architectural Preservation. Antiquity to Modernity, Abingdon / New York 2013, 144   –146, 262 – 264, 432 –  435.

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very large public housing programmes of modernist towers and slabs are still in progress. Correspondingly, the reception and valorisation of modernist mass housing is also highly geopolitically and culturally compartmented, in contrast to the unity of valorisation of the ‘old’ canonical building types – although its huge scale and its worldwide spread are undeniable.

Housing ‘Heritage’ Discourses in Eastern and Western Europe, in Russia and the USA In all the various parts of the world with longstanding mass housing traditions, historians have come to strongly divergent inter­ pretations, although, as we will see at the end, these mostly share a general consensus that this building-type is intrinsically problematic for various reasons, and that any large-scale preservation of the complexes is therefore implausible and impracticable. Within the former Socialist Bloc, as will be argued below, it is assumed that mass housing is identical with mass-produced, prefabricated ‘Plattenbau’,2 whereas in Western Europe there is a particular focus on diversity, both of individual architectural concepts and of local political contexts and solutions. And correspondingly, there is a strong polarisation within western countries between elite projects, which receive a lot of heritage attention and discussion, and more everyday projects, which sometimes simply fade into the general building stock, in countries such as Belgium or West Germany which have had relatively decentralised housing systems, and in other cases become targets for ongoing stigmatisation and demolition, as in Britain or France. The Western European heritage discourse of modernist mass housing first emerged in the 1980s, but the growing appreciation of the 1920s International Modern set-pieces and the continued, if fluctuating, reputation of Le Corbusier, including a big retrospective exhibition at the Hayward Gallery in London in 1987, had already helped bridge the gap.3 In general, the large 2 3

See Meuser, Philipp, Die Ästhetik der Platte. Wohnungsbau in der Sowjetunion zwischen Stalin und Glasnost, Berlin 2015. See Arts Council of Great Britain (Ed.), Le Corbusier. Architect of the Century (Exhibition Catalogue, Hayward Gallery, London, March–June 1987), London 1987; Davies, Colin, Le Corbusier. Architect of the Century. A Centenary Exhibition [Exhibition Guide], London 1987.

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peripheral projects encountered the most significant stigmatisation and demolition problems, as in France from the 1980s onwards, whereas the projects built by more decentralised housing systems, especially those originally emphasizing architectural and landscaping design, as in Denmark, have sometimes ten­ ded to attract heritage interest, if not active preservation.4 The focus on elite ‘artistic’ housing by avant-garde architects and promoters of grandiose socio-architectural utopian theories was an approach that was arguably closest to the conventional Brandi-style architectural/artistic heritage ethos, but even here the practical difficulties meant that it failed to generate much active preservation ‘achievement’. In some cases, ‘pioneering’ status was a guarantee of early heritage esteem. For example in the famous ‘Red Vienna’ of the 1920s, an island of social-democratic energy whose housing memorialised itself through huge inscriptions and monumental courtyard blocks, from the 1970s that self-memorialising process has extended into a very active conservation policy, with most of the main interwar estates unproblematically preserved as historic monuments by the same municipality that first built them.5 A similar situation applied with the 1920s social housing in Frankfurt/M, dominated by city architect Ernst May and in the forefront of Modernist architectural ideas of ‘scientific’ planning of dwellings and neighbourhoods. As these estates are among the most canonical International Modernist set-pieces, they have attracted energetic heritage efforts – the equivalent estates in Berlin are now a World Heritage Site.6 The splits between housing heritage discourses were especially strong in Britain, where the unique dominance of municipal housing encouraged a wide post-war polarisation between ‘design’ and ‘production’ approaches. From the 1980s, this equally 4

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See for example Dufaux, Frédéric / Amestoy, Isabelle (Ed.), Le monde des grands ensembles, Paris 2004; Hvidovre Kommune / Historiens hus (Udg.), På sporet af forstadens velfærdsdrømme. Kulturarvskommune Hvidovre, Hvidovre (DK) 2008. See Jahn, Harald A., Das Wunder des Roten Wien, 2 Bde., Wien 2014; Podbrecky, Inge / Pöschl, Arnold, Rotes Wien. Gehen, Sehen & Genießen. 5 Routen zu gebauten Experimenten. Vom Karl-Marx-Hof bis zur Werkbundsiedlung (Falters City-Walks 4), 2., überarb. Aufl., Wien 2013; Autengruber, Peter / Schwarz, Ursula, Lexikon der Wiener Gemeindebauten. Namen, Denkmäler, Sehenswürdigkeiten, Wien / Graz / Klagenfurt 2013. Berlin Modernism Housing Estates (UNESCO, World Heritage List), https://whc.unesco. org/en/list/1239 [28.06.2019].

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led to a polarisation in appreciation, with architecturally ambitious London schemes singled out for inordinate praise and early heritage protection (especially if designed by celebrated architects like Denys Lasdun, Erno˝ Goldfinger or Alison und Peter Smithson) – one only needs to remind oneself of the case of Robin Hood Gardens, while the pressures of residualisation led to mass demolitions of utilitarian schemes in more humdrum cities.7 A few places defied this divide, such as Cumbernauld New Town in Scotland, whose avant-garde, densely cluster plan attracted huge international acclaim when new in the 1960s, but which has become very run-down since the 1990s. In designation policy, the main government agencies, English Heritage and Historic Scotland, grappled with the difficulty of applying an elitist system designed for individual buildings and properties, to the broad urban-conservation scale of many public housing projects.8 In North America, by contrast, writers have mostly taken for granted a stigmatised status for public housing from the start, seeing it as doomed by intractable racial tensions and by its ‘utilitarian’ conception; in the United States heritage perspectives on mass housing are strongly conditioned by this polari­ sation between ultra-utilitarian, ultra-stigmatised public rental housing and the often architecturally elaborate and respected semi-middle-income projects. No one would have conceived of preserving the Robert Taylor Homes in Chicago, for example, whereas one or two developments from the middle-income Title 1 or Mitchell-Lama subsidy programmes in New York have been designated as ‘landmarks’.9 Overall, however, the general downturn of European-American mass housing on both its 7

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See Dunnett, James / Stamp, Gavin (Ed.), Erno˝ Goldfinger (Works / Architectural Association 1), London 1983 (a publication to coincide with the exhibition of the work of Goldfinger at the Architectural Association in June of 1983). Harwood, Elain, Something Worth Keeping? Post-War Architecture in England Housing and Houses, ed. by English Heritage, London 1996; Taylor, Jessica, Cumbernauld: The Conception, Development, and Realisation of a Post-War British New Town (PhD Thesis, Edinburgh College of Art), Edinburgh 2010 (open-access publication: http://hdl.handle. net/1842/8226 [28.06.2019]). Bloom, Nicholas Dagen / Umbach, Fritz [Gregory] / Vale, Lawrence J. (Ed.), Public Housing Myths. Perception, Reality, and Social Policy, Ithaca 2015; Bauman, John F. / Biles, Roger / Szylvian, Kristin M. (Ed.), From Tenements to the Taylor Homes. In Search of an Urban Housing Policy in Twentieth-Century America, University Park (PA) 2000; Ballon, Hilary / Jackson Kenneth T. (Ed.), The Transformation of New York. Robert Moses and the Modern City, New York / London 2007.

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western and eastern fronts seemed to signal a decisive and irreversible historical rupture – a housing reflection of the much discussed ‘End of History’. Within its heartlands, mass housing increasingly came to be seen as a legacy of the collectivist past, whose key challenge was of managed decline. Correspondingly, as we have seen above, the issue of heritage was increasingly frequently raised, not just in conventional elite art-historical terms of the works of leading architects, but also in general ‘sustainability’ terms. In the former Socialist Bloc, spanning from Europe across to north-eastern Asia, historical studies have often been dominated by a stress on command production and standardised prefabrication: it is taken for granted that mass housing is by definition industrially-produced, hyper-repetitive and socialist in its politi­ cal base. This starting-point problematises any heritage valorisation of the built outcomes of these campaigns, given the normal conservation focus on the rare or special. In socialist countries the evolution of successive generations of block types – from the five-storey Khrushchevki of the late 1950s (named after Nikita Khrushchev) to the more variegated towers and slabs of the 1970s to 1980s – was highly legible, like annular rings on a tree: for example, in Tallinn, in Estonia, the mass housing in the 1960s, 1970s and 1980s is concentrated into three very large peripheral developments, Mustamäe, Väike-Õismäe and Lasnamäe – one for each decade – and all characterised by the typical Soviet planning approach of vast, open-planned ‘extensive urbanism’. ‘Local character’ was almost entirely absent from all this, something which has obvious heritage implications, given conservation’s near-universal stress on genius loci. The only partial exception to this was the ferociously ‘Uzbek’ styling of the post-1966 earthquake housing programme in Tashkent.10 In these countries, the position of the building stock was fundamentally and abruptly challenged by the sudden collapse of socialist mass housing production, along with the Soviet Empire, in 1989  –1991. Here, unlike the West, almost overnight, housing was transformed from being an exclusive province of 10 See Meuser, Philipp, Seismic Modernism, Architecture and Housing in Soviet Tashkent (Grundlagen 46), transl. by Clarice Knowles and Dmitrij Chmelnizki, Berlin 2016.

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the state to being an object of the most extreme laissez-faire privatism, and the built environments bequeathed by the ‘years of stagnation’ assumed a status of potential obsolescence and decline. What were the conservation implications of all this? In Russian cities, the picture was quite patchy and variegated. Generally, the Stalin-era housing, solidly and traditionally built and often located in prestigious settings, became high-status and well-maintained – and in some cases in Moscow and St Petersburg was singled out for heritage designation. The situation was rather different with the ubiquitous panel buildings that had followed. In Russia, unlike the other ex-socialist countries, ‘Plattenbau’ towers have continued to be built in considerable numbers for the new privatised sectors – albeit disguised with postmo­ dern applied decoration – so this is not a building pattern purely of the past. And of the earlier blocks most simply still survive, despite the repeated attempts at redevelopment strategies, most recently in Moscow’s planned demolition of 9.000 Khrushchev-era blocks, including a pioneering experimental housing area from the 1950s–1960s, containing many prototype housing blocks, at Novye Cheryomushki in south-west Moscow. With Union-wide standard types, of course, then in a reductio ad absurdum, one might hypothetically only need to preserve one example from the whole USSR!11 (Fig. 1)

Fig. 1: Unit 11 of Novye Cheryomushki, Ulica Grimau, Moscow. The demolition of the ‘Khrushchevki’ is underway in 2013.

11 See Snopek, Kuba, Belyayevo Forever. A Soviet Mikrorayon on its Way to the UNESCO List (Grundlagen 39), transl. by Anna Zaytseva, Berlin 2015.

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Overall, however, there is a general agreement in both the western and ex-socialist countries that post-war mass housing is a thing of the past, a narrative no longer in active development, an awkward legacy whose main challenge is of management, whether or not specifically ‘heritage’ management. But all of this disregards the spectacular and still ongoing late 20th and early 21st century renaissance of public housing in Eastern Asia. Here, by contrast, the open-ended character and the relative lack of cultural/political stigmatisation – indeed, the popularity – of most mass housing programmes gives a rather different slant to any historical evaluation, let alone heritage advocacy.

The Situation in Eastern Asia It is especially within the longstanding public housing programmes of Hong Kong and Singapore, active from least the 1950s, that potentially enough time has elapsed to allow for a heritage perspective to emerge. Here the ongoing character of the programmes, including very large rolling staged redevelopments of earlier, ‘obsolete’ phases, arguably makes any concept of systematic ‘protection’ quite implausible – in contrast to Europe, whose Modernist housing programmes were no ‘earlier’ in origin but came to an end many years ago. In Hong Kong and Singapore programmes of a clearly Modernist social mass-provision character were built by capitalist ‘city-states’, not as part of welfare-state programmes but in pursuit of planned state developmentalism, steered eventually by powerful state agencies – the Hong Kong Housing Authority (from 1973) and the Housing & Development Board in Singapore (from 1959). These set themselves squarely in the Modern tradition of architectural mass provision while far outstripping the old European set-pieces of social Functionalism in scale and boldness: even the most utopian European early Modernist visions are dwarfed by today’s massively-realised public housing in Hong Kong, with its hyper-dense new towns and arrays of 41-storey public housing towers.12 12 See Glendinning, Miles, From European Welfare State to Asian Capitalism: The Transformation of ‘British Public Housing’ in Hong Kong and Singapore, in: Swenarton, Mark / Avermaete, Tom / Van Den Heuvel, Dirk (Ed.), Architecture and the Welfare State, Abingdon / New York 2015, 299  – 318.

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To be sure, the Hong Kong building drive experienced a temporary ‘European-style’ crisis of confidence in the early 2000s following a massive expansion of the annual building target to 85.000: local building overstretch culminated in the ‘Short Pi­ ling Scandal’ in which two brand-new 41-storey blocks had to be demolished because they were discovered to be leaning at an angle – the resulting gap-site being transformed into a very attractive, if fabulously expensive, little public park.13 (Fig. 2) But the crisis was weathered, not least because the problem was discovered before tenants occupied the flats – an interesting contrast to the Ronan Point collapse in London in 1968, which had fatally undermined the legitimacy of multi-storey public housing in the UK.14 Buoyed by ongoing demographic and economic demand – a vital factor in the ‘sustainability’ of public housing anywhere – both the Hong Fig. 2: Sha Tin New Town, Hong Kong. Site Kong and the Singapore proof the two 41- storey ‘Concord’ blocks grammes continue today, with demolished in the 1999 – 2000 ‘Short Piling Scandal’, now a public park. the Hong Kong Housing Authority now focused mainly on rental housing and the Housing & Development Board on owner-occupation. They have far outstripped in longevity almost all the previous campaigns of mass housing across the world: it is incredible to think that three or four generations of administrators and designers have now followed one another in both territories. And as a result of that longevity, the possibility of a heritage perspective increasingly emerges in both cases – but one 13 See First Report of the Select Committee on Building Problems of Public Housing Units, 2 Vol., January 2003, https://www.legco.gov.hk/yr02-03/english/sc/sc_bldg/reports/rpt_1. htm [28.06.2019]. 14 See Griffiths, Hugh / Pugsley, Alfred / Saunders, Owen, Report of the Inquiry into the Collapse of Flats at Ronan Point, Canning Town, ed. by the Ministry of Housing and Local Government, London 1968.

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that, unlike those of Europe and America, can take as its starting point two very distinctive characteristics; firstly, the fact that these housing programmes are overwhelmingly viewed by public opinion as a success rather than a failure, and also that, because of that success, and the continuing demographic pressures and free-market development system in both territories, there is an ongoing pressure for rolling redevelopment of early public housing with taller and denser blocks: even the densest post-war European developments would be seen in Hong Kong as unviably low-density. A popular public discourse, focused on nostalgia for the perceived old-style community of the early public housing estates, has developed – a kind of equivalent of the 1970s nostalgia for 19th-century housing in the West – and this has been harnessed into a heritage discourse that focuses largely on celebratory recording and recollections of what is seen as ‘inevitably’ giving way to progress, combined with a ‘pars pro toto’ approach, remi­ niscent of medieval ideas of architectural heritage, under which small fragments are preserved as interpretative keepsakes within larger redevelopments. In Hong Kong, with its free-speech tradition, much of this has a spontaneous character, but official efforts have also facilitated the preservation of the last surviving early public housing Mark 1 Resettlement block of 1954 at Shek Kip Mei – one of high-density squatter-resettlement tenements built by the Colonial Government – along with various heritage-centre traces in a new re­ development of the area;15 the same approach has been applied in the ongoing So Uk redevelopment, replacing a pioneer 1950s Modernist high rise development. In authoritarian Singapore, conversely, the older public housing home-ownership estates, or ‘Heartlands’, are seen as bastions of support for the ruling People’s Action Party, and thus the heritage discourse of dynamic renewal has more of a state propaganda character.16 (Fig. 3) 15 See DeWolf, Christopher, Shek Kip Mei: A Haven for Refugees, and now for Artists (19.08.2015), in: South China Morning Post, https://www.scmp.com/magazines/48-hours/ article/1850536/shek-kip-mei-haven-refugees-and-now-artists [28.06.2019]. 16 See for example: Remaking Our Heartland (Housing & Development Board, Singapore), https://www20.hdb.gov.sg/fi10/fi10349p.nsf/hdbroh/index.html [28.06.2019]; Singapore up Close. A Tour of to the Heartlands (Ruby Dot Trails, Singapore), https://rubydottrails. com/Singapore-up-close [28.06.2019].

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Fig. 3: Area 1, Bukit Ho Swee redevelopment, Singapore. 46th National Day propaganda display (ex-premier Lee Kuan Yew at centre) in 2011.

In other East Asian countries, similar mass housing programmes are now underway, above all in mainland China, responding to the vast demographic and social stresses unleashed by the country’s breakneck development since 1978. Here there is no question whatever of a heritage perspective – as the programmes are simply too recently started, and are massively ongoing, contradicting two of the key prerequisites of heritage (age and increasing rarity); and the strong central and local government backing for modernisation makes any kind of heritage discourse impracticable from the beginning.

Conclusion This paper has highlighted the differences between the potential heritage discourses of mass housing in the ‘static’ West and ‘developmental’ Eastern Asia. However, there is, of course, one rather fundamental theme that ties them all together – and that is the fact that, with only a few exceptions, such as self-memorialising ‘Red Vienna’, in practice it seems impracticable, both in resource and reputational terms, to systematically preserve these environments on any wide scale through the specific mechanisms and values of ‘Denkmalpflege’ – as opposed to simply looking after them as built substance. Given the likelihood of radical redevelopment that also faces many of them in the middle or long term, that arguably spotlights, as an obvious substitute, an agenda of systematic recording and documentation. Although the most comprehensive

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documentation programme to date, a recent inventory programme for social housing in Flanders, has stemmed from within a governmental heritage department,17 outside Europe, with its strong state heritage structures, the NGO sector may offer a more flexible way forward, through organisations such as the International Committee for Documentation and Conservation of Buildings, Sites and Neighbourhoods of the Modern Movement (DOCOMOMO-International), whose very name foregrounds a double concern for documentation and conservation. And while DOCOMOMO is already piloting some ideas concerning, for example, online image banks, a more concerted and interactive approach could allow the process to be taken much further forward.18 One current research project based in DOCOMOMO has set out to combine global overview research, with more intensive investigations of hotspots such as Hong Kong and Singapore, by building up potentially a wealth not only of built-form data, including contemporary and historic images and documentary information, but also issue-related records such as interview transcripts with actors spanning periods back to the 1930s, or research notes from archives and record offices. If this initiative could help spur other efforts at systematic recording and inventorisation of mass housing environments, then perhaps the gulf in values and practice between mass housing and heritage may turn out to be less significant than it seems at first glance.

Figures Fig. 1: Unit 11 of Novye Cheryomushki, Ulica Grimau, Moscow, 2013, Photo: Miles Glendinning. Fig. 2: Sha Tin New Town, Hong Kong, public park at the site of two blocks demolished in the 1999  –  2000 ‘Short Piling Scandal’, Photo: Miles Glendinning. Fig. 3: Area 1, Bukit Ho Swee redevelopment, Singapore, 2011, Photo: Miles Glendinning.

17 See Van Herck, Karina, Between Commonness and Utopia. An Inventory of Social Housing in Flanders (Paper for the Conference “Inventorisation of Modern Heritage: Urbanism and Landscape”, Edinburg College of Art, March 2014), https://sites.eca.ed.ac.uk/docomo moiscul/files/2015/01/K-Van-Herck_Inventorisation-Paper_secured.pdf [28.06.2019]. 18 See DOCOMOMO Journal 39 (September 2008), Theme ‘Postwar Mass Housing’, ed. by Miles Glendinning; DOCOMOMO Journal 50 (January 2014), Theme ‘High Density’, ed. by Eui-Sung Yi.

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Historic Urban Landscape in Twentieth Century World Heritage Latin American University Cities: Mexico City and Caracas Louise Noelle

The analysis and evaluation of the authenticity and integrity of 20th century cities and towns must, in my opinion, be carried out on par with that of historical sites – in accordance with the various guidelines proposed by UNESCO and ICOMOS. Therefore, it is of fundamental importance to consider the World Heritage sites of the last century in light of the many Charters, Declarations and Recommendations on the subject, beginning with the ICOMOS Venice Charter (1964), taking special note of the Nara Document on Authenticity (1994), and concluding with UNESCO’s Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011).1 Recently, the declarations of 19th and 20th century sites, what we call ‘modern heritage’, have increased significantly, including several widely dispersed buildings as, among others, the Tugendhat House in Brno by Ludwig Mies van der Rohe or the house/studio of Luis Barragán (Casa Barragán) in Mexico. Along with examples like these and bearing in mind the subject at hand, it is important to recall the University City of Mexico, with a master plan by Mario Pani and Enrique del Moral, and the University City of Caracas by Carlos Raúl Villanueva. In sum, it can be said that the last century offers a substantial number of urban sites and complexes – such as the City of Brasilia by Lucio Costa and Oscar Niemeyer and the White City of Tel Aviv in Israel – 1

Among others, there are the Charter for the Conservation of Historic Towns and Urban Areas (The Washington Charter) (1987), the International Cultural Tourism Charter Managing Tourism at Places of Heritage Significance (1999), the Principles for the Analysis, Conservation and Structural Restoration of Architectural Heritage (2003), the Québec Declaration on the Preservation of the Spirit of the Place (2008), and The Valletta Principles for the Safeguarding and Management of Historic Cities, Towns and Urban Areas (2011).

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recognized by UNESCO, including the university campuses, which will be the subject of this study.2 Thus, within the precepts of the Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011), the realization of a parallel study of the authenticity and integrity of the University Cities of Mexico (1950   –1952) and of Caracas (1947–1964), which were declared World Heritage Sites by UNESCO in 2000 and 2007 respectively, is related to theoretical considerations of continuity and change in the living heritage. So, these urban complexes will be analyzed from a theoretical point of view, particularly concerning questions of preservation and authenticity, based on the Nara Document on Authenticity (1994). Indeed, these urban projects receive daily a large influx of users and absorb considerable pressure from university authorities seeking to adapt them or change them in order to stay current. As an academic at the Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) I have observed this situation first hand,3 and as a UNESCO Inspector of the University City of Caracas, who has subsequently visited that site various times, I can speak knowledgeably. Also, it is worth noting a new interest in the study of the many University Cities that developed in the middle of the last century both in Latin America and elsewhere. In particular, in Latin America there are studies like that of Silvia Arango4 about the emergence of some of these universities; as well as the most recent and comprehensive work of Carlos Garcíavelez;5 likewise, Catherine Compain-Gajac was coordinator of an enlightening publication on university campuses in France and around the world, at the end of the Second World War.6 Since the early 20th century, there has emerged interest on the part of various universities in establishing a center to bring

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For all mentioned sites see UNESCO, World Heritage List, https://whc.unesco.org/en/list [28.06.2019]. Currently I am a member of the Committee that oversees all the interventions in the campus of the UNAM. Arango, Silvia, Historia de un itinerario, Bogotá 2002. Garcíavelez Alfaro, Carlos, Forma y pedagogía. El diseño de la ciudad universitaria en América Latina / Form and Pedagogy. The Design of the University City in Latin America, Boston 2014. Compain-Gajac, Catherine (Dir.), Les campus universitaires 1945  –1975. Architecture et urbanisme, histoire et sociologie, état des lieux et perspectives (Collection Histoire de l’art 7), Perpignan 2014.

Historic Urban Landscape in Twentieth Century World Heritage | Louise Noelle

together the different schools and to provide suitable environments for the work of teaching. In the case of Mexico, it was not until mid-century that a number of historical, economic and cultural factors came together to give birth to the long-awaited university campus, probably one of the most bold and visionary actions of the UNAM. After the land was purchased in 1946, and as part of the initial process of the creation of the unprecedented complex, the leaders of the UNAM School of Architecture opted to hold an internal competition of ideas among the professors who were brought together as a panel of judges,7 and in 1947 they designated Mario Pani and Enrique del Moral, initially accompanied by Mauricio M. Campos, as winners. It can be said that this University City is one of the most significant complexes in Mexico,8 due to both its architectural and urban characteristics, in that it exemplifies the essence of the country’s major artistic tendencies, especially those seeking to embody a national identity. The foremost architects and engineers of the time, numbering nearly a hundred,9 were involved in its design and construction. Maria Stella Flores was in charge of coordinating the teams of architects from each of the thirty projects; it must be emphasized that the participation of many architects of different ages and varied experiences was unique not only in the construction of university projects but in mo­ dern architecture in general, and the results were outstanding. Also of fundamental importance was the appointment of Carlos Lazo as General Manager to oversee the construction, as well as the contribution of Carlos Novoa in charge of administration of finances as Executive Chairman of the UNAM Foundation. Both facilitated the work which was brought to a successful conclusion over a very short period of time: the works started in early 1951 and finished at the end of 1952. (Fig. 1–  5) 7

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They were: Augusto H. Álvarez, Mauricio M. Campos, Enrique del Moral, Javier García Lascuráin, Marcial Gutiérrez Camarena, Vladimir Kaspé, Alonso Mariscal, Mario Pani Darqui and Augusto Pérez Palacios. See the special issue of the journal Arquitectura / México 39 (September 1952) [número dedicado a la Ciudad de Universitaria], and Pani, Mario / Moral, Enrique del, La construcción de la Ciudad Universitaria del Pedregal. Concepto, programa y planeación arquitectónica (Colección Cincuentenario de la autonomía de la Universidad Nacional de México 12), México 1979. For a comprehensive list of the involved architects see Noelle, Louise, La Ciudad Universitaria y sus arquitectos (06.07.2007), http://www.esteticas.unam.mx/revista_imagenes/ inmediato/inm_noelle01.html [28.06.2019].

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Fig. 1: University City of México (UNAM), Aerial view from 1952. Master Plan by Mario Pani Darqui and Enrique del Moral.

Fig. 2: UNAM, Dean’s Tower by Enrique del Moral, Mario Pani Darqui and Salvador Ortega, murals by David Alfaro Siqueiros.

Fig. 3: UNAM, Central Library by Juan O’Gorman, Gustavo M. Saavedra and Juan Martínez de Velazco, murals by Juan O’Gorman.

Fig. 4: UNAM, University Stadium by Augusto Pérez Palacios, Jorge Bravo Jiménez and Raúl Salinas Moro, mural by Diego Rivera.

Fig. 5: UNAM, Cosmic Ray Pavilion, by Jorge González Reyna and Félix Candela.

In order to analyze the concepts that govern the design of the University City, it is necessary to start with a reflection upon Le Corbusier and his urban proposals in which the ‘superblock’ is particularly important. On the other hand, it is essential to refer to a premise upon which the street design is based, the ‘Herrey System’, ‘a system of continuously revolving roads’ proposed by Domingo García Ramos.10 Hence the unique appearance of 10 García Ramos, Domingo, Iniciación al urbanismo [1961], 2a reimpresión de la 3a edición [de 1974], México 1983, 325. Herman[n] Herrey [Zweigenthal] (1904   –1968) was an Austrian architect who lived in the United States and published, among other writings: Com-

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the campus, where an organic sense graces the streets and avenues, avoiding vehicular or pedestrian crossings and favoring increased safety and efficient transit. Moreover, the influence of certain pre-Hispanic touches in the urban setting are inevitable where terraces, slops and ample stairways have their say in the open spaces, especially in the green central area, around which the schools and colleges are located, following the same ideas of landscape architecture. This leads us to comment on the concept of monumentality that is an intrinsic part of the complex, partaking in international architectural ideas with a clear inclination toward LeCorbusian concepts – buildings with an open ground floor, sustained by stilts or ‘pilotis’, large window panes, and some with rooftop terraces. Other features characteristic of the university campus are also noteworthy: the so-called Plastic Integration or Synthesis of the Arts,11 a movement led by the principal architects of Mexico at the time, achieving a conjunction of plastic arts and architectural works by the leading artists of the time.12 In this much-noticed Mexican complex we find a good number of buildings that have been highly acclaimed, such as the Central Library: Juan O’Gorman, Gustavo M. Saavedra and Juan Martínez de Velasco are the architects who designed this building that is unique, in that the surface of its four walls are completely covered by murals, composed of colored stones created by O’Gorman himself. These murals are among the largest in the world. It is also important to consider the Dean’s Tower, which was built under the direction of Pani, Del Moral and Salvador Ortega; because of its location, as well as its height, it is the most notable structure on the campus. In addition, the Dean’s Tower seeks to embody national identity with materials such as onyx in the ground-floor windows, as well as an integration of the plastic prehensive Planning for the City: Market and Dwelling Place, in: Pencil Points. The Magazine of Architecture, April 1944, 81–  90 (Part 1: Traffic Design, 83  –  90 together with Erna M. J. Herrey). 11 Among others, see Noelle, Louise, La integración plástica: confluencia, superposición o nostalgia, in: Enríquez, Lucero (Ed.), (In)disciplinas. Estética e historia del arte en el cruce de los discursos. XXII Coloquio Internacional de Historia del Arte (Estudios de arte y estética 50), México 1999, 537– 551. 12 Le Corbusier stated ‘L’architecture et les arts plastiques ne sont pas deux choses juxtaposées; elles sont un entier, solide, cohérent.’ Quoted in: Damaz, Paul F., Art in European Architecture. Synthése des arts. Preface by Le Corbusier, New York 1956, 28.

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Fig. 6: University City of Caracas (CUC), Aerial view from 2000. Master Plan by Carlos Raúl Villanueva.

Fig. 7: CUC, Covered Plaza by Carlos Raúl Villanueva, mosaic by Victor Vassareli.

Fig. 8: CUC, Library Vestibule by Carlos Raúl Villanueva, stained glass window by Fernand Léger.

Fig. 9: CUC, Covered Passage by Carlos Raúl Villanueva.

Fig. 10: CUC, ‘Cooling Box’ by Carlos Raúl Villanueva, relief by Victor Vasareli.

arts in collaboration with David Alfaro Siqueiros. And lastly the famous University Stadium, designed by Augusto Pérez Palacios, Jorge Bravo Jiménez and Raúl Salinas Moro with a Diego Rivera mural in relief made of stones: its design, adapted to a declivity in the ground, exhibits an impressive functionality and security.13 Amongst other interesting buildings, the Cosmic Ray Pavilion by Jorge González Reyna and Félix Candela 13 In 1968, it was named the ‘Olympic Stadium’ for the XIX Olympics. See Cruz González Franco, Lourdes (Coord.) / León, Martha (Ed.), El Estadio Olímpico Universitario. Lecturas entrecruzadas, México 2011.

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stands out, for the boldness and audacity of the thin shell concrete roofing. Practically at the same time, construction of the University City of Caracas – the Ciudad Universitaria de Caracas (CUC) – was initiated by the Universidad Central de Venezuela (UCV) under the direction of Carlos Raúl Villanueva, but it was carried out between 1947 and 1964. This project was of long duration because the architect had only a small group of collaborators, most notably at the beginning Juan Pedro Posani and later Gorka Dorronsoro.14 The first building was the University Hospital, which is an intrinsic part of the School of Medicine. The great overall project provides an environment for teaching in the context of gardens and buildings with a contemporary spirit and a LeCorbusian stamp. Regarding the architecture itself, it is appropriate to note the sustained creativity of the architect over the span of twenty years of ongoing construction; it is also important to recognize the tropical nature of the site which required special attention to the materials and finishes of the interesting and bold concrete structures, what we now call an ‘appropriate technology’. Among these structures, the ‘covered passages’ that connect the entrances of the various schools hold a prominent place because of their creative and audacious techniques. Also, it is necessary to note the social commitment of most of Villanueva’s architectural work which is apparent in his diverse projects as well as in numerous essays he wrote about his profession.15 (Fig. 6  –10) Among the edifices built at the beginning of the 1950s, most prominent is the Library, which, along with the renowned Aula Magna and Dean’s Building, constitutes the central nucleus of the complex, harmonizing with the magnificent discovery of the Covered Plaza which is full of significant works of art.16 This space was de facto converted into the heart of the campus where all types of activities, recreational as well as academic, spontaneously take place protected from climatic extremes. Probably the most well-known building is the Aula Magna, 14 See Hernández de Lasala, Silvia, En busca de lo sublime. Villanueva y la Ciudad Universitaria de Caracas, Caracas 2006. 15 See Villanueva, Carlos Raúl, Textos escogidos, Caracas 1980. 16 See Obras de arte de la Ciudad Universitaria de Caracas / Works of Art of the University City of Caracas, Caracas 1991. The Covered Plaza included artists as Fernand Léger, Henri Laurens, Victor Vasarely, Pascual Navarro, Mateo Manaure and Jean (Hans) Arp.

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where the architect Villanueva and the artist Alexander Calder worked together to create excellent acoustics based on a series of attractive hanging elements designed by the sculptor.17 The Library has a splendid stained-glass window by Fernand Léger in the vestibule, and outside the ‘cooling box’ is ennobled by an abstract relief by Victor Vasarely. In the urban planning, we can appreciate that the architect kept in mind the well-being of the pedestrian with the placement of the buildings with special attention to the teaching areas, given that the circulation of automobiles has become greater than expected. It is appropriate to emphasize that in this Venezuelan campus the ‘synthesis of arts’ also has a preponderant role,18 and thus we must appreciate the close collaboration of Villanueva with almost thirty well-known artists, both Venezuelan and international, contributing their artwork: sculpture and mosaics by Mateo Manaure, Alejandro Otero, Francisco José Narváez, and Armando Barrios; murals, reliefs and stained-glass windows by Wilfredo Lam, Fernand Léger, and Victor Vasarely; sculptures by Jean (Hans) Arp and Henri Laurens, and in particular the Floating Clouds installation of Alexander Calder in the Aula Magna. In this complex LeCorbusian concepts are also manifested, giving the whole a unified appearance in terms of its design in spite of the prolonged process of construction. In relation to the heritage value that both universities share, we should add some ideas that move beyond that of the above-cited declarations of UNESCO’s World Heritage Sites. On the one hand, there is the recognition of the value of the complexes for their own users and for visitors, a characteristic not always common among buildings of the last century; and probably most relevant is the fact that the campuses represent a living legacy which has continued without interruptions, fulfilling the purposes for which they were originally created; today, both are institutions of higher education of excellent quality. Further­ more, it is necessary to keep in mind that during the period of construction a spirit of progress motivated education offi17 See Caires, Laurentina de (Ed.), El Aula Magna y la síntesis de las artes. 50 años, Caracas 2005. 18 See Pintó Saloni, Maciá, Villanueva. La síntesis, Vol. 1: Espacio y síntesis en Carlos Raúl Villanueva, Vol. 2: Síntesis de las artes y abstracción constructiva, Caracas 2013.

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cials in Mexico and Venezuela, who committed themselves to the task of building exemplary University Cities. They planned environments for teaching surrounded by landscaped grounds that drew together various academic and scientific disciplines, as well as spaces for research and the diffusion of culture, but, as is characteristic of Latin American culture, they did not include dormitories for students as in Anglo-Saxon university campuses. Finally, it is important to indicate that both centers of study have broad tracts of land that have been designated as ‘ecological reserves’, where the construction of new buildings is not allowed. As for the conservation of these two campuses, one must particularly take into account the Venice Charter (1964) which says: ‘The conservation of a monument implies preserving a setting which is not out of scale. Wherever the traditional setting exists, it must be kept. No new construction, demolition or modi­fication which would alter the relations of mass and colour must be allowed.’19 This mandate has been completely adhered to in the case of the two campuses, which enjoy correct and continuous maintenance. In addition, the Nara Document on Authenticity (1994) should be considered, affirming that the ‘understanding of authenticity plays a fundamental role in all scientific studies of the cultural heritage, in conservation and restoration planning’20. In this sense, what the campuses and their buildings have conserved is not only integrity of the material but also the continuity of the same use, exemplary of a thorough authenticity. In some cases, given the increased enrolment of students in some areas of study, construction has been undertaken outside of the initial nuclei that have been declared World Heritage Site by UNESCO. From this perspective, UNESCO’s Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011) reinforces the various Charters and Declarations referred to above and becomes useful in the appropriate conservation of these sui generis urban campuses. Indeed, in that document we find that ‘Urban heritage, 19 International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites (The Venice Charter) (1964), article 6, https://www.icomos.org/charters/venice_e.pdf [28.06.2019] 20 The Nara Document on Authenticity (1994), article 10. In addition, article 5 establishes that the ‘protection and enhancement of cultural and heritage diversity in our world should be actively promoted as an essential aspect of human development.’

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including its tangible and intangible components, constitutes a key resource in enhancing the liveability of urban areas, and fosters economic development and social cohesion in a changing global environment’21. Thus it is notable that the intangible richness of knowledge, which researchers and professors generate, likewise translates into high-quality education for the younger generations, fulfilling the purposes of enhancing development and social cohesion. In summary, the university campuses of Mexico City and Caracas are important complexes of Ibero-American architecture of the 20th century, due to their architectural and urban characteristics. Indeed, a good number of historians of architecture agree that the campuses are to be recognized as fundamental works since in them we can see the coincidence of the major advances of the first half of the 20th century as well as the seeds of future development, especially in the context of the search for national identity.

Figures Fig. 1: University City of México (UNAM), Aerial view from 1952. Master Plan by Mario Pani Darqui and Enrique del Moral, Photo: Juan Guzmán (Archive Louise Noelle). Fig. 2: UNAM, Dean’s Tower by Enrique del Moral, Mario Pani Darqui and Salvador Ortega, murals by David Alfaro Siqueiros, Photo: Louise Noelle. Fig. 3: UNAM, Central Library by Juan O’Gorman, Gustavo M. Saavedra and Juan Martínez de Velazco, murals by Juan O’Gorman, Photo: Louise Noelle. Fig. 4: UNAM, University Stadium by Augusto Pérez Palacios, Jorge Bravo Jiménez and Raúl Salinas Moro, mural by Diego Rivera, Photo: Louise Noelle. Fig. 5: UNAM, Cosmic Ray Pavilion, by Jorge González Reyna and Félix Candela, Photo: Louise Noelle. Fig. 6: University City of Caracas (CUC), Aerial view from 2000. Master Plan by Carlos Raúl Villanueva, Photo: Louise Noelle. Fig. 7: CUC, Covered Plaza by Carlos Raúl Villanueva, mosaic by Victor Vassareli, Photo: Louise Noelle. Fig. 8: CUC, Library Vestibule by Carlos Raúl Villanueva, stained glass window by Fernand Léger, Photo: Louise Noelle. Fig. 9: CUC, Covered Passage by Carlos Raúl Villanueva, Photo: Louise Noelle. Fig. 10: CUC, ‘Cooling Box’ by Carlos Raúl Villanueva, relief by Victor Vasareli, Photo: Louise Noelle.

21 Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011), paragraph 3.

The Global ‘Image of Heritage’? The Bamiyan Buddhas Incident 2001 – Performative Iconoclasm in the Age of the Internet Michael Falser

Celebrating Wilfried Lipp in 2019 – A Short Comment Celebrating Wilfried Lipp as one of the leading German-speaking scholars in the field of the intellectual history of cultural heritage also means to highlight his important role as president of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and Philosophy of Conservation and Restoration. In this context, I had the pleasure to work with him since I joined ICOMOS Austria, and it was in 2008 that we conceived the first Austrian conference of our theory committee in Vienna. Under the title Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice we dedicated this conference proceedings to the very first person ever to have formulated (already in 1903!) a concise value theory of historic monuments and applied historic preservation practice: the first general conservator of the Habsburg Empire and art history professor at the University of Vienna, Alois Riegl.1 I am convinced that it is not exaggerated to place Wilfried Lipp in this direct lineage of eminent Austrian scholars to have formed our field of cultural heritage until today. After this event in Vienna in 2008 we thought to have the duty to reflect in our Florence 2009 conference the dramatic changes that seemed to destabilise our supposedly solid and shared, certainly still rather Western-centric, conception of cul1

Falser, Michael / Lipp, Wilfried / Tomaszewski, Andrzej (Ed.), Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858  –1905). Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, April 2008, Vienna, Austria, Firenze 2010.

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tural heritage since the early 2000s: the digital world, the tremendous amount of globally circulating images of the supericons of our cultural heritage best-of-lists, the role of cultural terrorism and the often dramatic shortcuts that were produced in-between these overlapping fields through global media. Therefore, the conference was called “The Image of Heritage. Changing Perception, Permanent Responsibilities”. It is from this conference’s proceedings that I thought to re-contribute a – now heavily abridged – version of my article on the 2001 destruction of the Bamiyan Buddhas in Afghanistan.2 Back then I ended my contribution with the sentence: ‘Because Bamiyan can be everywhere and any time.’ I hope that – only some years after the 2015 destruction of the iconic Syrian archaeological site of Palmyra by the so-called IS, but also with a view on the re-emerging power of the Taliban in Afghanistan – this contribution can still be valid in an ongoing discussion about global heritage politics. As regards the inner-European dimension of cultural heritage politics, the European Architectural Heritage Year of 1975 was a unique turning point towards our globalized world today. To commemorate this major event some 40 years ago, I had again the pleasure to work with Wilfried Lipp for our edited volume of 2015.3 May this collaboration continue in the near future. On March 11th, 2001, the two giant Buddha statues (37 and 55 m high) from the 6th century AD in the mountain valley of Bamiyan in north-central Afghanistan were dynamited by the local Taliban regime. (Fig. 1) The international community condemned the incident as an ‘act of vandalism’ and ‘barbarity’, defended the concept of her2

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Falser, Michael, The Bamiyan Buddhas, Performative Iconoclasm and the ‘Image of Heritage’, in: Tomaszewski, Andrzej / Giometti, Simone (Ed.), The Image of Heritage. Changing Perception, Permanent Responsibilities. Proceedings of the International Conference of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and Philosophy of Conservation and Preservation, March 2009, Florence, Italy, Firenze 2011, 157–169 (open-access publication: http://openarchive.icomos.org/1782 [28.06.2019]); for a German version see Die Buddhas von Bamiyan, performativer Ikonoklasmus und das ‘Image’ von Kulturerbe, in: Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1/2010, Thema: Kultur des Terrors, 81–  93. Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015) (Monumenta III) (dt./engl./fr.), Berlin 2015 (open-access publication: https://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/ catalog/book/298 [28.06.2019]).

The Global ‘Image of Heritage’? | Michael Falser

Fig. 1: One of the Bamiyan Buddhas before and after the destruction, as depicted in the ICOMOS Heritage at RiskReport of 2001/2002.

itage in the name of humanity and proposed ideas for the reconstruction of the Buddhas. What makes the case of Bamiyan important when reflecting the ‘Image of Heritage’ comes with my two hypotheses: 1) The destruction of the Bamiyan Buddhas was not an act of barbarian vandalism, but the first large scale live-act of performative iconoclasm against the physical and mental image of heritage in the age of the internet. 2) The case of the Bamiyan Buddhas has exposed the fragile status and reputation of cultural heritage as an intellectual concept defined by the West, and points to the need for a more responsible use of images on the part of the international preservation community for its propagation of the concept of cultural heritage, especially in mass media.

1. Preliminary Definitions: Approaches to the Term ‘Image of Heritage’ It is worth taking a closer look at the different and wide-ranging meanings of the term ‘image’: ‘image’ as a) a mental picture or idea, b) a general impression of a person, firm and product in the public; its reputation, c) as a figure of speech, a metaphor, d) as the appearance of something in a mirror or through the lens of a camera, and e) as the copy delineating the shape of a thing with close likeness (effigy, simulacrum). Combining these definitions with the term ‘heritage’ forms the twofold focus of this paper: a) ‘image of heritage’ as the Western mental concept of so-called Cultural Heritage and its impression on ethnic groups and movements that do not share the roots of the con-

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cept, b) as the visual representation in two-dimensional images and lately three-dimensional renderings and multi-media models of cultural objects, and c) as the physical appearance of cultural objects, original or copies.

2. The Destruction of the Bamiyan Buddhas: the Late Climax of an International Conflict This tragic incident of the Bamiyan Buddhas did not emerge over night, but has its roots in the Afghan conflict from the 1970s onwards. Even if Afghanistan was already a buffer zone of imperial interests in the so-called Great Game between Russia and the British Empire in India during the 19th century, the conflict escalated during the Soviet-Afghan War between 1979   –1989 when Mujahedin resistance parties based in Peshawar at Pakistan fought with military supplies from the USA against the Soviet invaders. After the withdrawal of the Soviets in 1989, the former great powers ignored the ongoing civil war in Afghanistan. The great political vacuum led to the emergence of an obscure militia of religious students, or so-called Taliban, lead by Mullah Mohammad Omar. In the 1990s, the Taliban successfully fought against the so-called North Alliance and occupied Kandahar and finally Kabul. To restore order, they imposed puritanical and brutal restrictions in everyday life to stem what they saw as corruption and luxury from the west. The actions of the Taliban increasingly provoked the humanitarian and democratic concerns of the west. In 1999, the Taliban controlled the great majority of the country, including the valley of Bamiyan, 230 km northwest of Kabul. It is a hypothesis that the two decrees issued by the Taliban leader Mullah Omar in 1999 were intended as a means towards obtaining political recognition for the Taliban: ‘Decree A (concerning protection of cultural heritage) All historical cultural heritages are regarded as an integral part of the heritage of Afghanistan and therefore belong to Afghanistan, but naturally also to the international community. Any excavation or trading in cultural heritage objects is strongly forbidden and will be punished in accordance with the law.

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Decree B (concerning preservation of historic relics in Afghanistan) […] 6. The famous Buddhist statues at Bamiyan were made before the event of Islam in Afghanistan […] The government regards the statues with serious respect and considers the position of their protection today to be the same as always. […] The Taliban government states that Bamiyan shall not be destroyed but protected.‘4

Illegal excavations and illicit trade in antiquities in Afghanistan did decline sharply after the decrees and even the war-destroyed National Museum in Kabul reopened its doors for some time. In 1999, the UN did not recognize the Taliban, but rather imposed severe trade sanctions that were even strengthened in 2000. On January 26th, 2001 – the international sanctions reached their maximum level – Omar revised his plans with a new decree: ‘In view of the fatwa (religious edict) of prominent Afghan scholars and the verdict of the Afghan Supreme Court it has been decided to break down all statues/idols in different parts of the country. This is because these idols have been gods of the infidels, who worshipped them, and these are respected now and perhaps may be turned into gods again. The real God is only Allah, and all other false gods should be removed.‘5

This public announcement of the destruction of non-Islamic statues – and that included the Bamiyan Buddhas – led to an immense international protest that altogether can be called a ‘Chronicle of a Death Foretold’. UNESCO sent a first appeal to the Taliban via the Islamabad office in Pakistan, issued international press releases, interviews and international petitions including those by Arab countries and finally a personal letter by UNESCO Director-General Ko-ichiro- Matsuura to Mullah Omar calling for suspension of the edict to destroy the Buddha statues. For many days, media journalists and the Taliban 4 5

Decrees by Mullah Omar, Head of the Taliban Government, transcribed in: SPACH Newsletter 6 (May 2000), 18. As quoted in Krieken-Pieters, Juliette van, Dilemmas in the Cultural Heritage Field: The Afghan Case and the Lessons for the Future, in: id. (Ed.), Art and Archaeology of Afghanistan. Its Fall and Survival. A Multi-disciplinary Approach (Handbook of Oriental Studies Sect. 8, Vol. 14), Leiden et al. 2006, 201– 225, here 210.

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authorities issued conflicting accounts to the public about the status of statues. Western institutions and museum directors, such as Philippe de Montebello from the New York Metropolitan Museum, offered to buy Fig. 2: March 11th, 2001: Blowing-up of the the statues: ‘Let us remove Bamiyan Buddhas as a live happening in the internet, stored forever on YouTube. them so that they are in the context of an art museum, where they are cultural objects, works of art and not cult images.’6 All in vain. Both Buddha statues were dynamited by the Taliban on March 11th, 2001, in front of the heritage community. Later, the destruction was put on the internet by journalists who filmed it in situ. (Fig. 2) Additionally, the Kabul Museum was looted and Buddhist and other art objects were destroyed. Some days later, the Tali­ ban invited journalists to Bamiyan to take photographs of the giant empty niches that circulated around the world and filled the front pages of international newspapers.

3. ‘Crime against Culture’, Barbaric Vandalism or Performative Iconoclasm? UNESCO Director-General Ko-ichiro- Matsuura called the incident a ‘dreadful crime against culture’ and a ‘cold and calculated destruction of cultural properties which were the heritage of the Afghan people, and, indeed, of the whole of humanity’.7 ICOMOS called it an ‘incredible act of vandalism’ and an ‘act of barbarity’.8 These terms of a ‘crime against culture’ have remained the attributes of this incident in global collective memory until today. But was that really the right definition? 6 7 8

As quoted in Flood, Finbarr Barry, Between Cult and Culture: Bamiyan, Islamic Iconoclasm, and the Museum, in: The Art Bulletin 84 (2002), No. 4, 641–   659, here 651. As quoted in Warikoo, Kulbhushan (Ed.), Bamiyan. Challenge to World Heritage. International Seminar at India International Centre, New Delhi 2002, IX. Petzet, Michael [then president of ICOMOS International], Introduction, in: Bumbaru, Dinu et al. (Ed.). Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2001/2002 on Monuments and Sites in Danger, München 2001, 13  –14, here 13.

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The crucial difference between iconoclasm and vandalism is the existence or non-existence of a motive: in general, vandalism against all kinds of objects is judged as an arbitrary, spontaneous, ignorant and destructive act without a motive of a higher order. Today, the use of the term ‘iconoclasm’ has been semantically extended from its original meaning to encompass the intentional destruction or resistance against images and art works in general. In a higher sense, ‘iconoclasm’ includes the attack against and the intended destruction of institutions and doctrines that are judged illusive and offensive. Therefore, ‘iconoclasm’ is to a large extent an aggressive act against the concept and value structure behind an object. ‘Vandalism’ is often judged as an isolated neurotic and pathological act of destruction. ‘Iconoclasm’ comes with a carefully planned announcement and attention-seeking orchestration that must be considered as an independent means of communication in its own right, with a view to a higher political goal. Out of these (heavily abbreviated) definitions, the Taliban incident at Bamiyan and Kabul cannot be reduced to a primitive vandalist act attributable to a supposedly ever recurring Islamic medievalism. On the contrary: tragic as it may sound, I would call the destruction of the Bamiyan Buddhas the first largescale live-act of ‘performative iconoclasm’ – and together with the looting of the Kabul Museum – directed against the Western mental concept of cultural heritage in the age of the internet. In this context it is important to recall the concept of cultural heritage together with norms of conservation and practices of protection. Along with display modes in museums, it is – like the term ‘vandalism’ itself – a product of the Enlightenment and the French Revolution. In that European climax of heritage destruction, the concept of heritage preservation was formulated as a supposedly universal and humanitarian concept and later transferred to Asia and the rest of the world through the – often violent – agency of colonialism. In the case of Bamiyan, the attack was planned, announced to the world media, and even documented in all its phases until the ultimate destruction. The reproduction techniques of the mass media with its world-wide publicity (of the announcement of the destruction) and free circulation of digital images and film

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sequences of the final bombing in the internet – both highest achievements of western societies – added a new actuality and shattering effect to cultural terrorism and politically motivated iconoclasm. Even today, the term ‘Bamiyan’ typed into YouTube brings up numerous video versions of one and the same live destruction. As regards performative iconoclasm, the livedestruction of the Bamiyan Buddhas as icons of cultural herit­ age bears a certain affinity with the terrorist attacks on the World Trade Centre in New York as an icon of the capitalistic west, exactly 6 months later (!), on September 11th, 2001. Ironically, the Taliban, labelled by the west as pathological vandals who adhered to medieval moral codes, were motivated to make the public announcement and to execute the performative act in the Bamiyan Valley by the knowledge of the explosive effect of the internet – a high-tech instrument of cyber speed circulation of images invented by their declared and helpless Western enemies.

4. ‘From Cult to Culture’: The Fragile Concept of Cultural Heritage and its Role in Mass Media That brings me to the second point of my paper: the fragile status of the ‘Image of Heritage’ as a western mental concept and the appeal for a more responsible use of propagated ‘images’ of cultural heritage. After the destruction of the Bamiyan Buddhas, the French journalist Jean-Michel Frodon stated in the newspaper Le Monde under the title The War of Images – the Paradox of Bamiyan that the Taliban’s iconoclastic outburst was a peculiar modern phenomenon, an act, ‘under the cover of archaic justifications, functioning according to a very contemporary logic’9. To my understanding, this contemporary logic has two sides: first, the act of iconoclasm at Bamiyan was not directed against religious worship, but against an imposed Western concept which viewed these works as ‘cultural heritage of humanity’ (can that be defined as secular idolatry towards cultural objects?). Second, the destruction showed us the Janus- or double9

Frodon, Jean-Michel, La guerre des images, ou le paradoxe de Bamiyan, in: Le Monde, 23.03.2001, 15.

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faced concept of so-called Cultural Heritage with its symbiotic character of preservation (that is: appreciation) and destruction (that is: devaluation).10 The revised decree of Mullah Omar and the final destruction of the statues had less to do with a supposedly eternal theology of Islamic idol-breaking. Three facts underline this hypo­ thesis: First, the Holy Quran itself does not mention any verses that postulate the destruction of another religion’s idols and Mullah Omar indirectly reconfirmed that in his first two decrees in 1999. Second, there were no Buddhists left in Afghanistan to worship the Buddhist statues at Bamiyan. And third, the Taliban destruction of art comprised of a much larger iconoclastic program that also included other sites and the National Museum at Kabul. Omar’s words were not directed against a Buddhist or any other religious community, but against a) the intellectually and politically imposed Western concept of cultural heritage and b) against the institution of the museum. Both terms emerged in the 18th century as products of European Enlightenment. The iconoclastic reflex of the Taliban was a ‘narcissistic self-assertion’ against the international preservation community whose moral rhetoric of universal values and world heritage (nota bene: Bamiyan was not yet on the World Heritage List in 2001, being nominated only in 2003) and of cultural heritage as ‘heritage of the whole of humanity’ might have sounded hypocritical to Mullah Omar’s ears at a time when the same United Nations imposed sanctions as a collective punishment against the whole Afghan nation. The Janus- or double-faced concept of so-called Cultural Heritage no doubt embodies well-meant preservation efforts, but may in special cases even provoke iconoclastic reactions of fundamentalist movements. This ambivalent reception of cultural heritage produced a kind of iconoclash11 of over-simpli-

10 See Rambelli, Fabio / Reinders, Eric, What does Iconoclasm Create? What does Preservation Destroy? Reflections on Iconoclasm in East Asia, in: Boldrick, Stacy / Clay, Richard (Ed.), Iconoclasm. Contested Objects, Contested Terms (Subject / Object. New Studies in Sculpture), Aldershot et al. 2007, 15  – 33. 11 Latour, Bruno, What is Iconoclash? Or is there a World behind the Image Wars?, in: Iconoclash. Beyond the Image Wars in Science, Religion, and Art (Exhibition Catalogue, ZKM Center for Art and Media, Karlsruhe, May – August 2002), ed. by Bruno Latour and Peter Weibel, Cambridge (Mass.) et al. 2002, 14   – 37.

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fied images and stereotypes of the good ‘own’ and bad (in this case supposedly Islamist) ‘other’: best examples of this iconoclash can be seen in the Heritage at Risk-publications of ICOMOS right before and after the Bamiyan incident (compare Fig. 1). In the edition Fig. 3: Iconoclash? A scene in the National of the year 2000 an impresMuseum in Kabul, subtitled ‘Looting sive list of the threats to culthe Kabul Museum’ in the ICOMOS Heritage at Risk-Report of 2000. tural heritage was published. Afghanistan was represented in a separate country report and here the risk of heritage destructions was correctly placed ‘in the context of a fundamentalist “iconoclastic ideology”’12. In the report, the reader could see, for example, an image of a supposedly ferocious Taliban warrior inside the Kabul Museum. (Fig. 3) The image in the museum was captioned Looting the Kabul Museum, but looking at the image itself one might not be so sure whether the Taliban members had just broken the art object or were just placed next to the object in order to prevent further looting. This argumentation might seem somewhat overintellectualized, but it may show that also we as a preservation community – intentionally or unintentionally – are part of the war of images. The cascade of associative images of ‘Turban – Machine Gun – Taliban – Empty Buddha-Niches’ has been inscribed onto the universal collective memory after the Bamiyan incident until today. (Fig. 4) As an instant reaction to Mullah Omar’s iconoclastic decree in 2001, ICOMOS and ICROM published their appeal Save the Cultural Heritage of Afghanistan on the internet by referring to Omar’s (above-quoted) decree of 1999: ‘Adding to the dishonour of breaking a commitment to preserve the ancient and diverse heritage of Afghanistan as part of that of the whole mankind, such an act of destruction would be a total cultural catastrophe. It would remain written in the pages of history to 12 Bumbaru, Dinu et al. (Ed.), Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2000 on Monuments and Sites in Danger (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 36) (engl. / fr. / esp.), München 2000, 39.

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Fig. 4: Images in world media of the established canon ‘Turban – Machine Gun – Taliban – Empty BuddhaNiches’ (left: The Times, 2001, right: Süddeutsche Zeitung, 2009).

the most infamous acts of barbarity.’13 It is my interpretation that not only the words ‘dishonour’ and ‘barbarity’ were an open affront to tribal codes of honour which the Taliban subscribed to. Also the final sentence must have worked as a kind of self-fulfilling prophecy. In the Heritage at Risk-Volume of 2001/2002, the real destruction of the Buddhas and the looting of the Kabul Museum were described as an ‘incredible act of vandalism’ and ‘acts of barbarity’.14 On the book cover and even on a double page inside, the reader could see the ‘fundamentalist other’ in person and the same sequence of the destruction as published in the internet (see Fig. 1). These formulations about vandalism (and not iconoclasm) and the image installations also had a considerable impact on us as the western preservation community: it might have helped absolving us (as the Western conservation community) from any joint guilt in the Bamiyan incident and helped preventing us from any further self-critical discussion about the fragile status of cultural heritage as an originally European concept. Such formulations do not foster a deeper understanding of the iconoclastic motivations of fundamentalists in relation to the new tendencies of iconoclash in mass media.

13 Bumbaru, Dinu et al. (Ed.). Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2001/2002 on Monuments and Sites in Danger, München 2001, 26 (italics Michael Falser). 14 Petzet, Introduction, 13.

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5. Closing Comment A transcultural message of the Bamiyan case of iconoclasm may be that the globalized heritage community in the new age of mass media and the internet has to reconsider the multi-layered dimensions of ‘image’ and ‘image-breaking’. It seems necessary to reframe the intellectual concept of ‘cultural heritage of humankind’ that has its roots in European Enlightenment, and now assumed to be universally valid. Today, this concept is applied and even imposed globally, even as it is – like we saw in the case of Bamiyan – not necessarily shared by everybody. This does not mean that fundamentalist and destructive cultural practices have to be accepted or even incorporated into a larger concept. It would only mean that in the cases of an impending (and even announced) destruction of cultural heritage diplomatic interventions would need to react with greater sensitivity and perception to the ideological circumstances in situ. ‘Let us buy your Buddhas for our museum’ was definitively the wrong offer for UN-sanctioned fundamentalists. And the continuing branding of the Taliban as medieval vandals will not help protecting Afghan heritage in the future; nota bene: the Taliban are even today (in 2020) an influential movement in the country and might come back to power after a negotiated peace deal between the USA and the Taliban. As the self-proclaimed and re-affirmed guardian of the ‘heritage of humanity’, UNESCO may have to reconsider its own role in globalized power relations. And if we really talk about protecting a heritage that encompasses all of humanity, we should first protect its regional stakeholders. As regards Bamiyan that was not the case: in 2001, the local population was massacred by the Taliban – without any global protest. Finally, if we talk about ‘cultural heritage’, we always have to ‘provincialize’ the European roots of its concept15 and promote a more sensitive use of media images of heritage around the world, even more so in zones of ideological and fundamentalist conflict. Because Bamiyan can be everywhere and any time.

15 This term was introduced in a wider sense by Chakrabarty, Dipesh, Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton (NJ) / Oxford 2000.

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Figures Fig. 1: One of the Bamiyan Buddhas before (left) and after the destruction (right) on March 11th, 2001, taken from: Bumbaru, Dinu et al. (Ed.), Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2001/2002 on Monuments and Sites in Danger, München 2001, front cover (left) and back cover (right). Fig. 2: Blowing-up of the Bamiyan Buddhas, March 11th, 2001, screenshot taken from: http://www.youtube.com/watch?v=Aa6XX5_ijlY&feature=related [May 2010]. This version of the video is no longer available because the YouTube account associated with this video has been closed. Fig. 3:  Scene in the National Museum in Kabul (around 2000), taken from: Bumbaru, Dinu et al. (Ed.), Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2000 on Monuments and Sites in Danger (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 36), München 2000, 42. Fig. 4: Left, taken from: The Times, March 7th, 2001, Photo: Nick Danziger. Right, taken from: Süddeutsche Zeitung, October 28th, 2009, Photo: Reuters.

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Einige Gedanken zum Weltkulturerbe Eva Nowotny

Das Wertvolle, das Erhaltenswerte und das Zukunftsweisende – dies sind die drei Begriffe, welche nicht nebeneinander, sondern miteinander betrachtet werden müssen, um das großartige und überzeugende Konzept des kulturellen Welterbes nachhaltig zu erhalten und zu gestalten. Als das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, die Welterbekonvention, am 16. November 1972, also vor 48 Jahren, ins Leben gerufen wurde, war ein einzigartiges globales Gemeinschaftsprojekt geboren, um kulturelles und natürliches Erbe gemeinsam und füreinander zu bewahren und zu schützen. Nach diesen 48 Jahren seiner Gültigkeit ist das Übereinkommen weltweit ratifiziert. Es umfasst nahezu alle Teile der Welt und die UNESCO-Liste beinhaltet heute 1092 geschützte ‚Welterbestätten‘. Das ist, im globalen Rahmen betrachtet, nicht sehr viel. In diese Liste aufgenommen zu sein, beinhaltet die Anerkennung und eine Art Gütesiegel einer überragenden kulturellen Bedeutung. Es beinhaltet auch die Achtung der kulturellen Leistungen anderer Regionen und Zivilisationen und den Austausch zwischen den Kulturen dieser Erde als gleichermaßen bedeutsame Teile einer gemeinsamen Geschichte, die auch eine gemeinsame Zukunft darstellen. Dabei ist bedeutend, dass nicht reines Archivieren und museales Bewahren, sondern die Anstrengung und der Auftrag, Kulturgüter für die Zukunft zu erhalten, im Mittelpunkt der Welterbekonvention stehen.

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In Österreich ist das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt mit 18. März 1993 in Kraft getreten. Heute finden sich zehn österreichische Stätten auf der Welterbeliste – eine große Auszeichnung, die erst durch die Bemühungen einzelner Akteure ermöglicht wird. Denn sie treiben sowohl den Prozess des Schutzes als auch der nachhaltigen Entwicklung voran, heben die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Welterbestätten hervor und rücken ihre Einzigartigkeit ins Bewusstsein aller. Für die Erfüllung dieser Aufgabe ist die Tätigkeit von Professor Lipp besonders zu würdigen. Die Welterbekonvention hat sich seit ihren Anfängen grundlegend weiterentwickelt: nicht in ihren Werten, sondern in ihrer Implementierung. Rahmenbedingungen wurden geschaffen, ernsthafte Strategien zur Erhaltung von Welterbestätten entwickelt. Angesichts der Herausforderungen, vor denen so manche Welterbestätte steht, ist das auch unabdingbar. Demographische Entwicklungen, rasches Wachstum von urbanen Zentren und die enorme Zunahme des internationalen und nationalen Tourismus sind in diesem Zusammenhang nur einige der Probleme, die durch ein Zusammenwirken von vielen verantwortlichen Akteuren gelöst werden müssen, um das kulturelle Erbe der Welt im Sinne der Konvention auch für zukünftige Generationen zu erhalten.

IV. Dedicated – Gewidmet

Linz und die Welt Für den Freund und Mitstreiter Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Egon Johannes Greipl

Gilt sie noch, die Formel: ms + t = D, wonach ein Denkmal (D) die Summe ist, gebildet aus dem Produkt von Materialität (m) und schöpferischem Geist (s) und der Zeit (t)? Diese Frage steht im Mittelpunkt des Beitrags, den ich Wilfried Lipp widmen möchte. Wilfried Lipp ist am 1. März 1945 geboren: Jeder, der um diese Zeit im damals Alpen- und Donau-Reichsgaue des Großdeutschen Reichs genannten Österreich zur Welt kommen wollte, tat gut daran, sich seinen Geburtsort sorgfältig auszusuchen. Er hatte zu berücksichtigen, dass in vier Wochen die Rote Armee im Burgenland die Grenze überschreiten und über Wien weiter nach Westen vorstoßen würde. Linz wäre keinesfalls eine gute Wahl gewesen: Hauptstadt des Reichsgaus Oberdonau seit 1938 und Patenstadt des Führers, Industriestadt- und Rüstungsstandort mit den HermannGöring-Werken (heute VOEST), wichtiger Eisenbahnknoten und Donauübergang; Linz, wo seit dem amerikanischen Großangriff vom Juli 1944 regelmäßig die Bomben fielen, wo 3.000 Wohnungen zerstört und 1.700 Menschen in den Trümmern umgekommen waren; Linz, wo schließlich NS-Granden sich ebenso aussichts- wie gewissenlos gegen ihre eigene Götterdämmerung sträubten: Dieses Linz war im Frühjahr 1945 wahrhaft kein Ort mehr für eine Geburt.1 Und so ist Wilfried Lipp in Bad Ischl 1

Vgl. Strobl, Gerwin, Bomben auf Oberdonau. Luftkrieg und Lynchmorde an alliierten Fliegern im „Heimatgau des Führers“ (Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus 13), Linz 2014.

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zur Welt gekommen, um schon bald darauf ein Linzer zu werden. Das ist er jetzt seit 75 Jahren. Die Denkmaltheorie hat er ganz in den geistigen Mittelpunkt seines Lebens gestellt. Deshalb widme ich ihm, dem Kunsthistoriker, im Folgenden einige Beobachtungen zur Entwicklung der Denkmalpflege und zum Verhältnis der Menschen zur Zeit.

1. Wilfried Lipp, Linz und die Linzer Denkmalpfleger Im Nachhinein war es geradezu providentiell, dass Lipp den geografischen Mittelpunkt dieses Lebens in und bei Linz fand und bis heute behielt. Diese Stadt im Herzen Europas ist nämlich in auffallender Weise mit Persönlichkeiten verbunden, denen die Entwicklung der Denkmalpflege viel verdankt, weit über Österreich hinaus. Dass Adalbert Stifter im böhmischen Oberplan (heute Horní Planá) geboren und aufgewachsen ist, dass er seit 1848 in Linz große Teile seines schriftstellerischen Werks schuf, dort gestorben ist und auf dem Barbarafriedhof begraben liegt, wissen viele.2 Weniger bekannt ist, dass Stifter seit 1853 aber auch der erste Landeskonservator für Oberösterreich bei der K. K. CentralCommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale war; im Jahre 1996 hat Wilfried Lipp seinem denkmalpflegerischen Spitzenahn ein literarisches Denkmal gesetzt.3 In der weiten Gattung der biographischen Literatur, speziell der Laudationes und der Extremform der Nekrologe, ist ein beliebter, meist reizvoller, gelegentlich auch verletzender oder gar beleidigender Kunstgriff, eine Persönlichkeit in die Reihe ihrer Vorgänger zu stellen und Vergleiche zu ziehen. Wie sieht das

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Zu Adalbert Stifter (1805  –1868), besonders seiner Tätigkeit als Denkmalpfleger, vgl. Novotny, Fritz, Adalbert Stifter als Maler, Wien 1941; Laufhütte, Hartmut / Möseneder, Karl (Hg.), Adalbert Stifter. Dichter und Maler, Denkmalpfleger und Schulmann. Neue Zugänge zu seinem Werk, Tübingen 1996; speziell zu Stifter als Denkmalpfleger: Jungmair, Otto, Adalbert Stifter als Denkmalpfleger (Schriftenreihe des Adalbert-Stifter-Institutes des Landes Oberösterreich 28), Linz 1973; Greipl, Egon Johannes, Adalbert Stifter: Denkmalpflegerische Ideen im Roman „Der Nachsommer“, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 68 (2005), Heft 1/2: Ackermann, Konrad / Rumschöttel, Hermann (Hg.), Bayerische Geschichte – Landesgeschichte in Bayern. Festgabe für Alois Schmid zum 60. Geburtstag, 1059   –1067. Lipp, Wilfried, Adalbert Stifter als „Conservator“ (1853  –1865). Realität und Literatur, in: Laufhütte, Hartmut / Möseneder, Karl (Hg.), Adalbert Stifter. Dichter und Maler, Denkmalpfleger und Schulmann. Neue Zugänge zu seinem Werk, Tübingen 1996, 185  – 203.

Linz und die Welt | Egon Johannes Greipl

im Falle von Wilfried Lipp und Adalbert Stifter aus? Ein sehr großer, bestimmt der unübersehbarste Unterschied zwischen den beiden liegt schon einmal in Statur und Körpergewicht. Wilfried Lipp ist hier geradezu das Gegenbild zu jenem Vorläufer und Dichter: In englischem Tweed, mit Flatcap auf dem schmalen Haupt, gar noch auf edlem Pferde ausreitend mag man sich Adalbert Stifter eher nicht vorstellen. Wenn man danach sucht, was beide verbindet, so könnte es beispielsweise die Gewohnheit sein, auf die Höhen des Kurortes Kirchschlag zu fliehen, wenn der Linzer Donaunebel das Gemüt einzutrüben droht. Zum Gemeinsamen gehört aber vor allem die sorgfältige Pflege der deutschen Sprache, wobei Lipp wie Stifter den Leser gelegentlich stark herausfordern: Bekanntlich versprach Friedrich Hebbel demjenigen die Krone von Polen, der die drei Bände von Stifters Nachsommer4 wirklich von Anfang bis Schluss gelesen habe, ohne – wie Hebbel selbst – als Rezensent dazu verpflichtet gewesen zu sein.5 Lipps Schrägansichten zur Denkmalpflege erhielten ein ähnliches, leicht vergiftetes Rezensentenlob als eine „wahre Fundgrube“, „wenn man den Widerstand gegen eine gleichsam überbordende, fußnotenverliebte Gelehrsamkeit abgelegt hat […]. Ein zudem in taubenblaues Leinen gebundenes, eher auf das Wort denn auf das Bild setzendes Buch, mit Lesebändchen versehen – derjenige, der hoffnungsvoll altmodisch gut gemachte Bücher schätzt, wird es gern in die Hand nehmen.“6 Adalbert Stifter begann die Arbeit am Nachsommer, den man auch einen „Bildungsroman in Sachen Denkmalpflege“7 nennen könnte, im Jahre 1852 , genau zu jenem Zeitpunkt, als er sein Amt als Landeskonservator antrat. Stifter war Künstler und Pädagoge: Denkmalpfleger, ein Berufsbild, das erst um 4

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Stifter, Adalbert, Der Nachsommer. Eine Erzählung [1857], 3 Bde. (Adalbert Stifter. Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe, hg. v. Alfred Doppler u. Wolfgang Frühwald, Bd. 4.1–   4.3), hg. v. Wolfgang Frühwald u. Walter Hettche, Stuttgart 1997 [Bd. 1], 1999 [Bd. 2], 2000 [Bd. 3]; vgl. dazu auch den umfangreichen Apparat in zwei Teilen (Bd. 4.4 u. 4.5), verf. u. hg. v. Walter Hettche, Stuttgart 2014. Vgl. Becher, Peter, Adalbert Stifter. Sehnsucht nach Harmonie. Eine Biographie, Regensburg 2005, 128. Vgl. Lipp, Wilfried, Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008; das Zitat aus der Rezension von Sigrid Brandt, in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 2/2009, https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/7761 [28. 06.2019]. Jungmair, Stifter als Denkmalpfleger, 127.

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1970 allmählich entsteht, bildete man zu Stifters Zeit gar nicht aus. Stifter kannte nicht – zumindest im heutigen Sinne – die uns ganz selbstverständlichen Begriffe Denkmal, Denkmalpflege, Denkmalpfleger, restaurieren oder Restaurator. Stifter sprach vom Herstellen oder Wiederherstellen von Kunstwerken oder Geräten vergangener Zeiten. Im Nachsommer hat er eigene Erfahrungen beim Restaurieren verAbb. 1: Adalbert Stifter (1805  –1868). arbeitet, bis hin zu wörtlichen Zitaten aus seinen amtlichen Berichten als Konservator.8 (Abb. 1) Als roter Faden erscheint bei Stifter der Gedanke, dass jedes Menschenwerk, insbesondere jedes Kunstwerk, vergänglich sei und auch die vollkommensten Methoden der Restaurierung und Konservierung den Untergang des Werks allenfalls verzögern, nie aber verhindern könnten: „Alles, was ist, wie groß und gut es sei, besteht eine Zeit, erfüllt einen Zweck, und geht vorüber.“9 Schon Stifter weist darauf hin, dass die Bewahrung der Substanz, nicht etwa deren Ergänzung, deren Austausch oder gar deren Verbesserung und verschönernde Veränderung im jeweiligen Zeitgeschmack, die vornehmste Aufgabe der Denkmalpfleger sei. Ein halbes Jahrhundert vor Alois Riegl, der den Alterswert der Werke der Vergangenheit postulierte, also auch die Spuren des Gebrauchs und des Verfalls für erhaltenswert erkannte, hat

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Vgl. ebd., 128. Umfangreiche Quellen zu Stifter als Denkmalpfleger bieten auch Stifter, Adalbert, Amtliche Schriften zu Schule und Universität, 3 Teile (Adalbert Stifter. Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe, hg. v. Alfred Doppler u. Wolfgang Frühwald, Bd. 10.1–10.3), hg. v. Walter Seifert, red. v. Johannes John, Stuttgart 2007 [Teil 1], 2008 [Teil 2], 2009 [Teil 3] mit Apparat und Kommentar in 3 Teilen (Bd. 10.4   –10.6), verf. u. hg. v. Walter Seifert, red. v. Johannes John, Stuttgart 2015 [Teil 1], 2017 [Teil 2], 2019 [Teil 3] sowie seine einschlägigen Beiträge: Stifter, Adalbert, Schriften zur bildenden Kunst. Texte (Adalbert Stifter. Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe, hg. v. Alfred Doppler u. Wolfgang Frühwald, Bd. 8.4), hg. v. Johannes John u. Karl Möseneder, Stuttgart 2011, vgl. dazu auch Apparat, Kommentar und Register zur 8. Abteilung (Bd. 8.5), verf. u. hg. v. Karl Möseneder, Stuttgart 2013, hier insbesondere die Einleitung, 17–   86. Stifter, Nachsommer, Bd. 1, 113.

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Stifter genau diesen Aspekt herausgearbeitet: „Es wohnt in den alten Geräthen beinahe wie in den alten Bildern ein Reiz des Vergangenen und Abgeblühten, der bei dem Menschen, wenn er in die höheren Jahre kömmt, immer stärker wird.“10 Der Umgang des Restaurators mit dem Kunstwerk muss für Stifter vom Respekt, nicht von Verschönerungsabsicht oder Besserwisserei getragen sein. Jede Veränderung, wenn überhaupt, bedarf peinlichster konzeptioneller Überlegung, denn: „Wohin käme man denn, wenn man an vorhandenen Werken vorschnell Veränderungen anbringen ließe. Es könnten ja da Dinge von der größten Wichtigkeit verunstaltet oder zerstört werden.“11 Stifter hatte, geradezu prophetisch, durchaus schon den staatlichen Schutz der Denkmäler im Blick: „Es wird einmal eine Zeit kommen, in welcher vom Staate aus vollkommen sachverständige Männer in ein Amt werden vereinigt werden, das die Wiederherstellung alter Kunstwerke einleiten […] und ihre Verunstaltung für kommende Zeiten verhindern wird […].“12 Erst Alois Riegl ist es dann gewesen, der ein Denkmalschutzgesetz für nötig hielt und kurz nach der Jahrhundertwende einen Entwurf ausarbeitete. Zurück nach Linz: Dort starb Adalbert Stifter am 28. Januar 1868. Und dort war, fast auf den Tag genau zehn Jahre zuvor, am 14. Januar 1858, ein Mann auf die Welt gekommen, der in der Theorie von Kunst und Denkmalpflege tiefe, bis heute nachwirkende Spuren hinterlassen hat: der bereits erwähnte Alois Riegl.13 Der moderne Denkmalkultus. Sein Wesen und seine Ent10 11 12 13

Ebd., 96. Ebd., 111. Ebd., 112. Alois Riegl (1858   –1905), Kunsthistoriker an der Universität Wien und 1904   –1905 Generalkonservator der (nun leicht umbenannten) K. K. Zentral-Kommission für die Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, dem heutigen österreichischen Bundesdenkmalamt. Sein Entwurf und die Bemühungen um ein österreichisches Denkmalschutzgesetz blieben vergeblich. Von internationalem Einfluss waren Riegls theoretische Durchdringung des Denkmalbegriffes, des staatlichen Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die Definition der Denkmalwerte (Alters- und Geschichtswert, Gebrauchs- und Kunstwert). Vgl. Bacher, Ernst, Alois Riegl und die Denkmalpflege, in: Riegl, Alois, Kunstwerk oder Denkmal? Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 15), hg. v. Ernst Bacher, Wien / Köln / Weimar 1995, 11–   48; Hubel, Achim, Der „Generalkonservator“ Alois Riegl. Verdichtung des Denkmalbegriffs durch die Erfahrungen in der Praxis, in: Fink, Alexandra / Hartleitner-Wenig, Christiane / Reiche, Jens (Hg.), Kunstgeschichte und Denkmalpflege. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zum 60. Geburtstag von Achim Hubel, Petersberg 2005, 217–  230; Falser, Michael, Zum 100. Todesjahr von Alois Riegl. Der „Alterswert“ als Beitrag zur Konstruktion staatsnationaler Identität in der Habsburg-Monarchie um 1900 und seine Relevanz heute,

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stehung, Riegls denkmaltheoretisches Hauptwerk von bestechender analytischer Schärfe und überzeugender praktischer Konkretheit, 1903, zehn Jahre vor der Götterdämmerung des alten Europa erschienen, wurde in mehrere Sprachen übersetzt und genießt bis auf den heutigen Tag weit über Österreich hinaus Ansehen und Einfluss.14 Riegl darf als geistiger Vater der im Jahre 1964 verabschiedeten, für die moderne Denkmalpflege Abb. 2: Alois Riegl (1858  –1905). grundlegenden Charta von Venedig gelten. Wie seine theoretischen Überlegungen, methodischen Grundsätze und organisatorischen Konzepte einer staatlichen Denkmalpflege zeigen, war Riegl nicht in erster Linie Kunsthistoriker, sondern Universalhistoriker. In den für den Historismus typischen Staats- und nationalpolitischen Interessen als Motiv für den Denkmalschutz sah er „ahistorische Ideologien“ am Werk und keine intellektuell tragfähigen Fundamente.15 Weil alle seine Bemühungen um eine gesetzliche Verankerung des Denkmalschutzes bis zum Österreichischen Denkmalschutzgesetz von 1923 vergeblich blieben,16 war es Riegl nicht mehr vergönnt, seine Konzepte der entscheidenden Feuerprobe

in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 59 (2005), Heft 3/4, 298   – 311. Riegl gilt auch als Vorläufer der heutigen Bildwissenschaften. 14 Riegl, Alois, Der moderne Denkmalkultus. Sein Wesen und seine Entstehung, Wien / Leipzig 1903, wieder abgedruckt in: Georg Dehio · Alois Riegl. Konservieren, nicht restaurieren. Streitschriften zur Denkmalpflege um 1900, mit Komm. v. Marion Wohlleben u. Nachwort v. Georg Mörsch (Bauwelt Fundamente 80), Braunschweig / Wiesbaden 1988, 43  –   87, sowie – als Teil des Entwurfs einer gesetzlichen Organisation der Denkmalpflege in Österreich (1903) – in: Riegl, Alois, Kunstwerk oder Denkmal? Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 15), hg. v. Ernst Bacher, Wien / Köln / Weimar 1995, 53  –  97. Zum Verhältnis der beiden Schriften zueinander vgl. Bacher, Alois Riegl, 20. 15 Ebd., 16. 16 Bezeichnenderweise hebt der Titel des Gesetzes nicht den Schutz von Werten hervor, sondern die Beschränkung von Rechten: Bundesgesetz […] betreffend Beschränkung in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz).

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in der institutionellen und politischen Praxis unterzogen zu sehen. (Abb. 2) Dies traf übrigens auch für Riegls Schüler und Nachfolger Max Dvorˇák17 zu, dessen Katechismus der Denkmalpflege (1916, 21918) ein weiterer Meilenstein in der Diskussion um den Erhalt des gebauten Erbes geworden ist, auch unter der Voraussetzung, dass dieser Katechismus unter dem politischen Einfluss des Erzherzogs und Thronfolgers Abb. 3: Max Dvorˇák (1874  –1921). Franz Ferdinand den programmatisch-unideologischen Ansatz Riegls aufgab, und zur „populistische[n] Kampfschrift“18 wurde. Dvorˇák starb 1921; auch er hat die Phase des gesetzlich geregelten Denkmalschutzes nicht mehr erlebt. (Abb. 3) Wenn es um die Infektion der Denkmaltheorie mit dem Virus des Nationalismus geht, kann sich ein bayerischer Denkmalpfleger einen Seitenhieb nicht ersparen: Alois Riegl und Max Dvorˇák waren Wissenschaftler und Beamte in einem Staatswesen, das sich, jedenfalls bis 1918, wesentlich supranational verstand. Für ihre Denkmaltheorie spielte das Motiv der Nation oder gar des Nationalismus keine nennenswerte Rolle. Ganz anders Georg Dehio:19 Dieser bedeutende Denkmaltheoretiker im benachbarten wilhelminischen Kaiserreich, Schöpfer des Handbuchs 17 Max Dvorˇák (1874   –1921) stammte aus Raudnitz in Böhmen und gelangte, ausgehend von der Geschichtswissenschaft, zur Kunstgeschichte. Seit 1905 lehrte er dieses Fach an der Universität Wien, zunächst als außerordentlicher Professor, ab 1909 als ordentlicher Professor; 1905   –1910 war er Nachfolger seines Lehrers Alois Riegl im Amt des Generalkonservators der Zentral-Commission. 18 Bacher, Alois Riegl, 40. 19 Georg Dehio (1850   –1932), Baltendeutscher aus Reval / Tallinn (Estland), studierte Geschichte in Dorpat und Göttingen. Später wandte er sich der Kunstgeschichte zu und lehrte 1892  –1919 an der Universität Straßburg, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Kaiser-Wilhelm-Universität 1872 neu gegründet und sozusagen als wissenschaftliches Bollwerk gegen Frankreich großzügig ausgebaut worden war. Unter der (keineswegs eindeutig und schon gar nicht im heutigen Sinne praktizierten) Devise „konservieren, nicht restaurieren“ war Dehio die gewichtigste Stimme in der deutschen Denkmalpflegediskussion vor dem Ersten Weltkrieg.

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der deutschen Kunstdenkmäler und Professor an der Kaiser-Wilhelm-Universität zu Straßburg, legte sich in seiner dezidiert nationalen Positionierung weniger Zurückhaltung auf. Eine ähnliche Symbiose zwischen Denkmalpflege und kleindeutscher Nation lebte noch in der Gestalt der sofort nach der „Wende“ von 1989 eifrig betriebenen Denkmalrekonstruktionen in Sachsen, vor allem und bezeichnenderweise aber im ehemaligen Gebiet des Staates Preußen fort, den doch im Jahre 1947 die Alliierten als Hort des Militarismus und der Reaktion bezeichnet und für nicht mehr bestehend erklärt hatten. Die Milliardenprojekte der Totalrekonstruktion der Schlösser in Berlin und Potsdam und der Potsdamer Garnisonkirche sind nur die bekanntesten Beispiele für diese Art von Wiederauferstehung.

2. Denkmaltheorie mit Blick auf die Welt und in die Zukunft Zurück nach Österreich: Der Denkmalpfleger und Denkmaltheoretiker Wilfried Lipp sah sich stets eingereiht in die Schar der „Enkel und Urenkel, die wir generationsmäßig im Vergleich zu Riegl ja sind“20. In seine denkmalpflegerische Vorfahrenreihe muss man unbedingt einen noch der Generation Adalbert Stifters angehörigen Briten stellen: John Ruskin. Alois Riegl vorauseilend forderte Ruskin bereits, jedes Denkmal in seiner vielschichtigen und damit notwen­dig unAbb. 4: John Ruskin (1819  –1900). einheitlichen Erscheinung und Überlieferung zu respektieren als ein Ge-Bilde mit seinem jewei-

20 Lipp, Wilfried, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Aspekte zur Reparaturgesellschaft, in: Lipp, Wilfried / Petzet, Michael (Hg.), Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts. 7. Jahrestagung der Bayerischen Denkmalpflege, Passau, Oktober 1993 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 69), München 1994, 6   –12, hier 6.

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ligen Ge-Schichte.21 Ohne einen Verweis auf Ruskin kommt Lipp in seinen Büchern und Aufsätzen nur selten aus. Mit diesem verbinden ihn vielleicht – neben dem leidenschaftlichen Nachdenken über Architektur, über Denkmäler und Denkmalpflege – auch eine Prise Exzentrik und, wie es mir beim Studium von Ruskins Selbstporträt aus dem Jahre 1875 vorkommen will, sogar eine gewisse Ähnlichkeit in der Physiognomie. (Abb. 4) Obwohl Wilfried Lipp fest, treu und unverkennbar auf den Schultern von Adalbert Stifter und John Ruskin, von Alois Riegl und Max Dvorˇák steht, erkannte er schon früh, dass die Begründungen für den Wert und den Schutz der Denkmäler, wie sie diese geistigen Vorfahren im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt hatten, nicht mehr robust genug waren, um die Schwelle zum 21. Jahrhundert in den Gesellschaften der Welt wirksam überschreiten zu können. Seit etwa 1988 formulierte Lipp in mehreren Publikationen und in engem Zusammenwirken mit Michael Petzet22 seine Thesen vom postmodernen Denkmalkultus.23 Als Überlebensstrategien empfahl er, aus der immer enger werdenden Nische des Fachs herauszutreten, den Teufelskreis der selbstreferenziellen Argumentation und des „autopoietischen Verhaltens“ (Niklas Luhmann) zu verlassen, die Begründung der Denkmalwerte zu aktualisieren, ihre Relevanz kontinuierlich zu prüfen und sich offensiv auf die global immer weiter 21 Zu John Ruskins (1819   –1900) Œuvre als Architektur- und Denkmaltheoretiker, Kunsthistoriker, Künstler, Sozialreformer und Philosoph vgl. John Ruskin. Werk und Wirkung. Internationales Kolloquium, Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln, August 2000, red. v. Elisabeth Sladek, Zürich / Berlin 2002. 22 Michael Petzet (1933  –  2019), als Kunsthistoriker vor allem bedeutend für die Neubewertung des Historismus, 1974   –1999 bayerischer Generalkonservator, verdient um den Ausbau des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege nach dem Erlass des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes von 1973 sowie um die Implementierung der Naturwissenschaften in die denkmalpflegerische Methodik und um die internationalen Beziehungen; vielbeschäftigt als ICOMOS-Funktionär v. a. in der Welterbe-Bewegung (1988   – 2012 Präsident des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS, 1999   – 2008 Präsident von ICOMOS International). 23 Vgl. Lipp, Wilfried, Denkmalpflege: Moderne – Postmoderne, in: Kunsthistoriker. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 5 (1988), Nr. 3/4, 17–  25; ders. (Hg.), Denkmal – Werte – Gesellschaft. Zur Pluralität des Denkmalbegriffs, Frankfurt a. Main / New York 1993; ders., Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus; ders., Kultur des Bewahrens (siehe auch die in Anm. 6 genannte Rezension von Sigrid Brandt). Als globaler Rückblick auf den gesamten Zeitraum der Tätigkeit Lipps in der Denkmalpflege kann gelten Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975   –  2015) (Monumenta III) (dt. / engl. / fr.), Berlin 2015; für eine kritische Stellungnahme zur Welterbebewegung aus aktuellem Anlass vgl. Lipp, Wilfried, Welterbe Wien als Chefsache. Ein Erfolg der Bürger, in: Denkma[i]l. Denkmalreport. Nachrichten der Initiative Denkmalschutz 26 (November 2019), 24   – 29.

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sich beschleunigende(n) Gesellschaft(en) einzustellen. Der Wert der Denkmäler müsse sich quasi auf einem Markt der Werte behaupten. Aus dieser beinahe marktradikalen Forderung spricht die Sorge, dass sich manche gewohnte Wertfracht weniger als kostbare Ladung bestätigen, sondern als nicht ausreichend vertäuter Ballast entpuppen könnte, der das Denkmalschiff keineswegs stabilisieren, sondern in seiner Fahrt hemmen, auf Schlagseite, in unruhiger See gar zum Sinken bringen könnte. Lipp vermutete, dass hinter dem Horizont der Jahrtausendwende, einer „Sattelzeit“ (Reinhart Koselleck), etwas ganz Neues heraufzöge: „Das 21. Jahrhundert wird – und dafür spricht vieles – ein Jahrhundert der Reparatur werden, werden müssen. Und zwar der Reparatur an Natur, vor allem an Natur, aber auch an Geschichte und Technik, am Menschen.“ In dieser Reparaturgesellschaft könne die Denkmalpflege, gerade auch in einer ökologischen Aktualisierung und Revitalisierung des Alterswertes so etwas wie eine Avantgarde sein und eine Renaissance erleben.24 Lipps Prognosen und Vorschläge haben die Diskussion um das historische Erbe wesentlich befruchtet und neu gebahnt. Vor allem bedeuteten sie auch einen frühen, immer dringender werdenden Hinweis, dass die Diskussion über Ökologie und Nachhaltigkeit keineswegs den Naturwissenschaften, der Technik und dem Markt allein überlassen werden kann, wenn sie diese zu positiven praktischen Wirkungen führen soll.25 Ohne die Erkenntnisse der humanities und ohne eine ethische Orientierung ist keine ökologische Wende möglich. Die Enzyklika von Papst Franziskus I. vom 24. Mai 2015 unterstrich dies einige Jahre danach in der wünschenswerten Deutlichkeit.26 Lipps Thesen von 1993 waren aber auch ein Gang über dünnes Eis. Heute, fast 30 Jahre später, liegt ein Fünftel des 21. Jahrhunderts bereits hinter uns. Aber: Wo sind die neuen denkmalrelevanten Wertangebote, Sinnangebote und Bedeutungsangebote, wo sind die Erhaltungsgründe, die auf dem Markt des 21. Jahr24 Vgl. Lipp, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus, 9   –11 (Zitat ebd., 9). 25 Vgl. Pausch, Reinhard, Mentaler Turn – Der Ort der Nachhaltigkeitsdiskussion, in: NachhaltICH. Texte zur Nachhaltigkeit (MUTation 2), hg. v. Verein für Nachhaltigkeit e. V., Freising 2014, 56   –   62. 26 Enzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus. Über die Sorge für das gemeinsame Haus (24.05.2015), Deutsche Ausgabe, http://w2.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/ documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html [28.06.2019].

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hunderts auf Nachfrage stoßen und, wie kurz oder lang auch immer, bestehen könnten? Ist es nicht so, dass sich, vergleichbar mit dem nationalen Motiv zur Zeit des Historismus, seit einiger Zeit ideologische Motive anderer Art anschicken, zu Fundamenten der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes zu werden? Unter Bedingungen, Begriffen und Maßstäben wie Globalisierung, Diversität und Proportionalität, Immaterialität von Denkmälern und schließlich dem Spirit of Place mit seinem verschwommenen Ewigkeitsanspruch existierten zwar der Denkmalschutz und die Denkmalpflege irgendwie virtuell fort; unter dem deregulierten Druck des neoliberalen Ökonomismus kam es aber zur zunehmenden Preisgabe des materiellen historischen Erbes. Vor allem: wo sind, trotz des Greta-Thunberg-Fiebers, die Anzeichen dafür, dass die Gesellschaft(en) ernstlich reparieren wollen? Die Erfolge des Klimaschutzes, des Flächenmanagements und des Artenschutzes, des Schutzes der Kulturlandschaft und der Denkmäler stehen in keinem Verhältnis zu den bereits bestehenden oder zuverlässig prognostizierten Schäden. Im Mai 2019 publizierte der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernemental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) eine Prognose, die 150 Experten aus 50 Ländern auf Basis von mehreren tausend Studien erarbeitet hatten: Eine Million Tier- und Pflanzenarten werde in absehbarer Zeit verschwinden, wenn nicht sofort und grundlegend die Menschen ihren Umgang mit dem Planeten ändern.27 Umgang mit dem Planeten: Warum in diesen Diskussionen, die apokalyptische Dimensionen besitzen, die alten Bezeichnungen Welt, Erde oder Schöpfung kaum mehr Verwendung finden, wäre einer genaueren Betrachtung wert. Jedenfalls warten große Aufgaben auf die Reparaturgesellschaft(en)!

3. Gegenwart ohne Vergangenheit: Présentisme als Zeitgeist Man kann es kaum glauben: Beinahe ein halbes Jahrhundert und auf dem Sattel zwischen zwei Jahrtausenden wirkte Wilfried

27 Vgl. Baier, Tina, Der Mensch verdrängt eine Million Tier- und Pflanzenarten. UN-Bericht, in: Süddeutsche Zeitung, 06.05.2019, https://www.sueddeutsche.de/wissen/artensterbenipbes-bericht-1.4434207 [28.06.2019].

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Lipp in der offiziellen Denkmalpflege: 1970 trat er als Referent in den Dienst des Landeskonservatoriats für Oberösterreich, wurde dort 1987 Landeskonservator-Stellvertreter, 1992 bis 2010 schließlich Landeskonservator und Hofrat. Auf internationaler Ebene war er im Rahmen von ICOMOS tätig und bekleidete 2002 bis 2018 das Amt des Präsidenten von ICOMOS Österreich. 1970 bis 2020: Diese fünf Jahrzehnte waren global von einschneidenden, oft ganz unerwarteten, nicht selten umstürzenden und bedrohlichen Entwicklungen geprägt: ökologisch, ökonomisch, geistig, kulturell, mental, technisch und politisch. In Europa, der Heimat der Denkmalpflege, ist, beschleunigt seit etwa 1990, ein Kulturbruch von historischen Ausmaßen zu beobachten. Ein wesentliches Merkmal dieses Kulturbruchs ist die Veränderung im Verhältnis der Menschen zur Dimension der Zeit beziehungsweise ihren Räumen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Schon 1944 hat Thomas Stearns Eliot eine zunehmende Verengung des zeitlichen Horizonts beobachtet: „In unserer Zeit, wo die Menschen mit immer größerer Vorliebe Weisheit mit Wissen und Wissen mit Informiertheit verwechseln und Lebensfragen mit den Mitteln einer technisch-mechanischen Begriffswelt zu lösen suchen, entsteht allgemach eine neue Art des Provinziellen, der man vielleicht schicklicherweise einen anderen Namen geben sollte. Es ist eine Provinzialität nicht des Raumes, sondern der Zeit; eine Provinzlerhaftigkeit, für die die Geschichte nichts weiter ist als eine Chronik menschlicher Planungen, die der Reihe nach ihre Schuldigkeit getan haben und dann zum alten Eisen geworfen worden sind; eine Provinzlergesinnung, der zufolge die Welt ausschließlich den Lebenden angehört, während die Toten keinen Anteil an ihr haben. Das Gefährliche an dieser Art Provinzialität besteht darin, daß wir alle zusammen, sämtliche Völker des Erdballs, zu Provinzlern werden können; wem es nicht paßt, provinziell zu sein, der kann dann nur noch Einsiedler werden.“28

28 Eliot, T. S., Was ist ein Klassiker? Ansprache, gehalten vor der Vergil-Gesellschaft am 16. Oktober 1944, in: ders., Essays I. Kultur und Religion. Bildung und Erziehung. Gesellschaft, Literatur, Kritik (T. S. Eliot. Werke in vier Bänden, hg. v. Helmut Viebrock, Bd. 2), Frankfurt a. Main 1967, 241– 268, hier 266.

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Im Gegensatz zu dem im allgemeinen Konsens belächelten Provinzialismus des Ortes (Unkenntnis anderer Regionen, Hinterwäldlertum) wird der Provinzialismus der Zeit, die Unkenntnis anderer Epochen und die Bewertung von Vergangenheit als gesellschaftlich irrelevant zunehmend akzeptiert. Es geht um das Phänomen des Präsentismus. Die deutsche Sprache kennt diesen Begriff derzeit nur in seiner arbeitspsychologischen und arbeitsmedizinischen Bedeutung als pathologische Anwesenheit von Arbeitnehmern, die eigentlich erkrankt sind, am Arbeitsplatz.29 Von présentisme in einem ganz anderen Sinne spricht der französische Historiker François Hartog.30 In einer brillanten Analyse untersucht er das Verhältnis der Menschen der Jahrtausendwende (der sogenannten millenials) zur Zeit, speziell zur Vergangenheit (historicité). Als Inhaber des Lehrstuhls für antike und moderne Geschichtsschreibung (Chaire d’historiographie antique et moderne) an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) in Paris veröffentlichte er im Jahre 2003 erstmals ein Buch über das von ihm identifizierte Phänomen; 2015 ist die jüngste Auflage erschienen.31 Diese wichtige Studie liegt m. W. nur in französischer Sprache sowie in einer mangelhaften englischen Übersetzung vor. In Deutschland und Österreich scheinen Hartogs Überlegungen noch kaum rezipiert zu sein. Hartog nimmt mit présentisme (Präsentismus) nicht ein beliebiges individuelles, sondern ein kollektives pathologisches Phänomen in den Blick. Er konstatiert ein tief gestörtes Verhältnis der Gesellschaft gegenüber der Zeit: Gegenwart ist alles, Vergangenheit nichts, Zukunft wenig. Hartog beschreibt den Präsentismus als eine seit den 1970er Jahren „massive, 29 Vgl. Schmidt, Jana / Schröder, Helmut, Präsentismus – Krank zur Arbeit aus Angst vor Arbeitsplatzverlust, in: Badura, Bernhard u. a. (Hg.), Fehlzeiten-Report 2009. Arbeit und Psyche: Belastungen reduzieren – Wohlbefinden fördern. Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft, Berlin / Heidelberg 2010, 93   –100; Golser, Thomas, Digitaler Präsentismus. Stand-by-Mensch, in: Kleine Zeitung, 23.07.2016, https://www.kleine zeitung.at/meinung/5055801/Digitaler-Praesentismus_StandbyMensch [28.06.2019]. 30 Für eine erste Information zum 1946 geborenen Hartog siehe den Eintrag in der französischen Wikipédia, https://fr.wikipedia.org/wiki/François_Hartog [28.06.2019]. 31 Hartog, François, Régimes d’historicité. Présentisme et expériences du temps, Édition augmentée, Paris 2015 (EA Paris 2003, 22012), vgl. darin insbesondere auch das Einstiegskapitel: Présentisme plein ou par défaut? Siehe die Rezension von Lessault, Bertrand, F. Hartog. Régimes d’historicité. Présentisme et expérience[s] du temps, in: L’Orientation scolaire et professionnelle 33/3 (2004), 479  –   483 (open access-Publikation unter http:// journals.openedition.org/osp/752 [28.06.2019]).

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eindringende, allgegenwärtige Gegenwart, die keinen anderen Horizont hat als sich selbst und dabei täglich diese Vergangenheit und diese Zukunft herstellt, die sie Tag für Tag jeweils benötigt“32. Hartogs Kritik trifft einen Zeitgeist, der sich auf der einen Seite durch Vergangenheitsverachtung, wenn nicht Vergangenheitshass, durch Gegenwartsvernarrtheit auf der anderen auszeichnet. Zeitgemäß ist ohne Frage zur Wertkategorie geworden, ganz anders als noch bei Friedrich Nietzsches Unzeitgemäßen Betrachtungen.33 Die unter diesem Begriff zusammengefassten vier bedeutenden Beiträge sind durch das Adjektiv unzeitgemäß geradezu geadelt. Heute, zu Beginn des dritten Jahrtausends, ist nicht mehr zeitgemäß zur schlimmsten Disqualifizierung und Denunziation einer Person, einer Sache oder einer Haltung geworden. Das Motiv der Verachtung, ja des Verbots von Beschäftigung mit der Vergangenheit kommt übrigens schon 1932 in der Schönen Neuen Welt vor, dieser in mancher Hinsicht geradezu prophetischen Kakotopie von Aldous Huxley.34 Dort werden die Menschen schon als Embryos manipuliert, später mit Sex, Konsum und Drogen so eingestellt, dass sie ihre Gesellschaftsordnung und die Tätigkeit ihrer Regierung vollkommen unkritisch sehen. Die Beschäftigung mit Geschichte ist staatlich verboten. Die Parolen sind: „Geschichte ist Humbug.“ „Alte Sachen sind ekelhaft […]. Alte Sachen werfen wir weg. Lieber ausmustern als ausbessern […].“ Es ist die Rede von einer „Kampagne gegen die Vergangenheit, mit der Schließung der Museen, der Sprengung historischer Denkmäler“, von „der Unterdrückung aller vor dem Stichjahr 150 n. F. veröffentlichten Bücher“. Das Sprechen über 32 „[…] présent massif, envahissant, omniprésent qui n’a d’autre horizon que lui même, fabriquant quotidiennement le passé et le futur dont il a, jour après jour, besoin.“ Hartog, Régimes d’historicité, 248 (Übersetzung Egon Johannes Greipl). Geradezu verräterisch für den beliebigen Umgang mit der Zeit ist der Untertitel des 2019 erschienenen, altklug-geschwätzigen Buches der deutschen Friday for Future-Aktivistin Luisa Neubauer und ihres Koautors Alexander Repennig: Vom Ende der Klimakrise. Eine Geschichte unserer Zukunft [!]. 33 Nietzsche, Friedrich, Unzeitgemäße Betrachtungen I–IV [1873  –1876], in: Friedrich Nietzsche. Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, Bd. 1, München 1999, 157–  510. Es handelt sich um Aufsätze zum Schriftsteller David Friedrich Strauss, zu Schopenhauer als Erzieher, zu Richard Wagner und Bayreuth sowie um eine Fundamentalkritik am Historismus unter dem Titel Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben. 34 Huxley, Aldous, Schöne Neue Welt. Ein Roman der Zukunft, übers. v. Uda Strätling, Nachwort v. Tobias Döring, Frankfurt a. Main 2013 (EA Brave New World, London 1932).

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eine „weit zurückliegende Zeit“ gilt als „unverzeihlicher Fauxpas“.35

4. Vergangenheit in der Gegenwart und globales Erbe In den fünf Jahrzehnten zwischen 1970 und 2020 fand in den europäischen Gesellschaften im Rahmen der Ausbreitung des Präsentismus eine Vereinnahmung von Erbe und Vergangenheit statt, die man mit Vergegenwärtigung der Vergangenheit bezeichnen könnte: Gedenkjahr folgt(e) auf Gedenkjahr, historische Ausstellungen jag(t)en einander, die Zahl der Museen und Ausstellungshäuser explodiert(e). In Bayern beispielsweise versiebenfachte sich deren Zahl zwischen 1968 und 2017 von ca. 200 auf knapp 1.400.36 Parallel dazu erfuhr der Denkmalbegriff eine Erweiterung. Die Denkmalzahlen stiegen exponentiell, seit neue Technologien tausende, bislang nicht bekannte Bodendenkmäler entdeckten, seit Flächendenkmale, Industriedenkmale, Naturdenkmale, technische Denkmale ausgewiesen und Objekte unter Schutz gestellt wurden, die erst aus den 1990er Jahren stammten. Es wirft auch Fragen auf, wenn für das zweitausendjährige, kaum kriegszerstörte Regensburg 1.400 Bauund Kunstdenkmäler ausgewiesen sind, für die erstmals 1143 erwähnte, erheblich kriegszerstörte Industriestadt Chemnitz in Sachsen jedoch nicht weniger als 5.000! In diesem Boom von Erbe und Vergangenheit in den 1970er Jahren gingen von Europa auch die Bemühungen um eine Globalisierung des Denkmalschutzes aus. Am 23. November 1972 (zwei Jahre, nachdem Wilfried Lipp Denkmalpfleger geworden war) wurden bei der UNESCO in Paris die Unterschriften unter ein Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt – die Welterbekonvention – gesetzt. Die Welterbebewegung nahm Fahrt auf, beschleunigt vom Erhaltungswillen, in mindestens ebenso hohem Maße jedoch auch von politischen und ökonomischen Interessen, in deren Gewirr sich selbst re35 Ebd., 43, 59, 62 u. 110. Der Roman spielt im Jahre 632 n. F., der neuen Zeitrechnung „nach [Henry] Ford“. 36 Vgl. Handbuch der Bayerischen Museen und Sammlungen, hg. v. Torsten Gebhard, bearb. v. Franz Prinz zu Sayn-Wittgenstein, Regensburg 1968; Museen in Bayern. Ein Führer durch die bayerische Museumslandschaft, hg. v. Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, 6., völlig neu bearb. Aufl., Berlin / München 2017.

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nommierte Denkmalpfleger gelegentlich nur schwer zurechtfanden. Jedenfalls eröffnete die Welterbebewegung für die unter dem Dach von ICOMOS versammelten Fachleute plötzlich ein weltweites Feld, verbunden mit Gutachtertätigkeit, Konferenzen, Hilfskräften, Reisen um den Globus, interessanten Begegnungen, aber auch mit Druck und Konflikten.37 Wilfried Lipp kann mehr als ein Lied davon singen, und oft haben wir – auch kontrovers – über Sinn und Unsinn der Welterbebewegung diskutiert. Für das Welterbe Altstadt Regensburg mit Stadtamhof38 waren Wilfried Lipp und ich in den Jahren 2009  –  2013 Mitglieder des vom UNESCO-Welterbezentrum bestellten Steuerungskomitees.39 Bei der Diskussion um eine neuen Brücke („Westtrasse“) vor der donauseitigen Fassade der Altstadt haben wir mit ungläubigem Staunen erlebt, wie persönlich und scharf der damalige Oberbürgermeister Hans Schaidinger gegen bestens begründete denkmalfachliche Positionen vorging. Politiker und Experten vertragen sich in der Regel nur dann gut, wenn der Expertenrat dem politischen Interesse folgt. In Regensburg zeigte sich das Dilemma: Die bayerischen Kommunen haben im Bereich des Planungsrechts ganz erhebliche bau- und planungsrechtliche Befugnisse. Das Einwirken von Institutionen, die außerhalb der Kommune stehen, beispielsweise einer staatlichen Denkmalbehörde oder der überstaatlichen UNESCO, wird, beinahe regelmäßig und schon strukturell bedingt, als Einschrän37 Diese Konflikte beruhen fast immer darauf, dass Kommunalpolitiker zwar an Titel und Renommée des Welterbestatus’ brennend interessiert sind, nicht jedoch an den daraus folgenden Verpflichtungen. Im Zusammenhang mit der Frage etwa, ob der Donaulimes zwischen Regensburg und Passau der Teil eines transnationalen Welterbes werden sollte, fasste der Regensburger Gemeinderat einstimmig folgenden Beschluss: „Der Welterbestatus für den Donaulimes wird grundsätzlich begrüßt. Jedoch darf dieser Status die Planungshoheit und Planungstätigkeit der Gemeinde in keiner Weise einschränken.“ (Sitzungsnotizen, um 2010, Archiv Greipl) Die Stadt Passau wiederum wollte den Welterbestatus nicht auf Flächen ausgedehnt sehen, die in privatem Eigentum stehen. 38 Vgl. Greipl, Egon Johannes, Was bedeutet „Welterbe“ für die Stadtentwicklung in Regensburg, in: Pro Regensburg e. V. (Hg.), Regensburg. Weltkulturerbe und Stadt der Zukunft, Regensburg 2007, 7–17. 39 Vgl. Aigner, Stefan, Welterbe: Steuerungskomitee startet mit spannender Zusammensetzung (12.02.2009), https://www.regensburg-digital.de/welterbe-steuerungskomiteestartet-mit-spannender-zusammensetzung/12022009/ [28.06.2019]. Dem „Steering Committee“ gehörten Josef Štulc (ICOMOS Tschechien), Andreas Baur (Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst), Egon Johannes Greipl (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege), Birgitta Ringbeck (Delegierte der deutschen Kultusministerkonferenz beim UNESCO-Welterbekomitee) und – als Vorsitzender – Wilfried Lipp (ICOMOS Österreich) an. Als weisungsgebundene Verwaltungsbeamte konnten Baur und Ringbeck kaum als Experten gelten.

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kung und Belastung der kommunalen Selbstverwaltung empfunden. Fachlicher Rat, der überörtlichen, ja per definitionem globalen Interessen zum Schutz oder zum Vorteil dienen soll, wird dann als ungebetener Rat, als Einmischung und Bevormundung, nicht selten als Eingriff empfunden, vor allem, wenn der gesellschaftlich-politische Konsens über die Schutzwürdigkeit bestimmter Werte nicht mehr eindeutig, beliebig oder bereits zerbrochen ist. Als Generalkonservator habe ich auch erfahren müssen, wie die „Welterbekarte“ gegen die im Bayerischen Denkmalschutzgesetz vorgesehene Fach- und Verfahrenskompetenz der Landesbehörde ausgespielt worden ist. Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Bewahrungspflichten und das aufwändige Bewerbungsverfahren von der Politik nur mit hörbarem Zähneknirschen hingenommen werden, sozusagen als Opfer, das gebracht werden muss für die aus dem Welterbetitel erhofften Wachstumseffekte in den Bereichen Bekanntheitsgrad, Standortattraktivität und Tourismus. Diese Hoffnungen sind berechtigt: Der Tourismus zu Denkmälern, ganz besonders zu den sogenannten Welterbestätten, ist im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts zu einer Industrie geworden. Die Effekte für die Tourismusbranche stellen heute, um bei Alois Riegls Wertekanon zu bleiben, den eigentlichen Gebrauchswert der Denkmäler dar. Unter dem Aspekt seiner unbestrittenen Nebenwirkungen zeigt der Welterbetitel als Gebrauchswert des 21. Jahrhunderts zusätzlich die zweifelhaften Eigenschaften eines Verbrauchswertes. Die Welterbebewegung ist dennoch oder gerade deswegen ein Erfolgsmodell geworden. Zwischen 2002 und 2019 stieg die Zahl der Welterbestätten von 730 auf 1121 in 167 Ländern (869 als Weltkultur-, 213 als Weltnaturerbestätten, 39 sind eine Mischung aus Kultur- und Naturerbestätten), 39 dieser Stätten gelten, wie der römische Limes, als transnationales Welterbe. Die offizielle Rote Liste des UNESCO-Welterbes bezeichnete im Jahre 2019 rund 55 Welterbestätten (knapp 5 % der Gesamtzahl) als im Bestand gefährdet.40 40 Vgl. die laufend aktualisierten Angaben unter UNESCO, World Heritage List, https://whc. unesco.org/en/list [28.06.2019] bzw. UNESCO, List of World Heritage in Danger, https:// whc.unesco.org/en/danger [28.06.2019] sowie die minutiösen Auswertungen unter UNESCO, World Heritage List Statistics, https://whc.unesco.org/en/list/stat [28.06.2019].

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Überraschend ist, dass bis zum Jahre 2019 nicht mehr als zwei Welterbestätten ganz aus der Liste gestrichen wurden, das Wildschutzgebiet der Arabischen Oryx im Sultanat Oman (2007) und das Elbetal bei Dresden (2009).41 Besonders der Fall des Antilopenreservats zeigt, wie fragwürdig unter fachlichen Gesichtspunkten ein Welterbeeintrag sein kann: Die seltene vorderasiatische Antilopenart Weiße Oryx (Oryx leucoryx) war wildlebend bereits 1972 vollständig ausgerottet. Die im Jahre 1982 in Oman ausgewilderten Exemplare stammten allesamt aus Zoos in den USA, gelangten 1994 auf die Welterbeliste, um 2007, nach dreizehnjährigem Aufenthalt im UNESCONaturerbeschutz, wieder gestrichen zu werden, weil der Staat Oman wegen massiver Erdölinteressen das Schutzgebiet auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe verkleinert hatte und von den 450 „US-stämmigen“ und offenbar sehr schmackhaften Antilopen (Population 1996) wegen fleißiger Wilderei lediglich 65 Exemplare übrig waren – darunter nur noch vier Nachwuchs führende Paare.42 Auch abgesehen von diesem extremen Beispiel war die Welterbebewegung nie unumstritten, wie schon im Jahre 1999 eine Publikation zeigte, die den fast provokanten Titel L’abus monumental? trug.43 An diesem Buch arbeiteten erstaunlicherweise auch Leute mit wie der algerische Archäologe Mounir Bouchenaki und der französische Soziologe Laurent Lévi-Strauss, beide profilierte Vorkämpfer und Funktionäre der Welterbe-Bewegung.44 Der schärfste Kritiker der Welterbebewegung ist inzwischen ein römischer Journalist geworden: Marco d’Eramo. Unter der Überschrift „Gut gemeinter Städtemord“ schreibt er: „Um das 41 UNESCO, World Heritage List [Delisted Properties], https://whc.unesco.org/en/list/?&de listed=1 [28.06.2019]. 42 Vgl. die Begründung in der UNESCO-Presseaussendung: Oman’s Arabian Oryx Sanctuary: first site ever to be deleted from UNESCO’s World Heritage List (28.06.2007), https:// whc.unesco.org/en/news/362 [28.06.2019]. 43 Debray, Régis (Dir.), L’abus monumental? Entretiens du patrimoine, Paris, Novembre 1998 (Collection des actes des Entretiens du patrimoine 4), Paris 1999. 44 Vgl. Bouchenaki, Mounir / Lévi-Strauss, Laurent, La notion de monument dans les critères du „Patrimoine de l’humanité“ de l’Unesco, in: Debray, Régis (Dir.), L’abus monumental? Entretiens du patrimoine, Paris, Novembre 1998 (Collection des actes des Entretiens du patrimoine 4), Paris 1999, 121–129. Der 1943 geborene Mounir Bouchenaki hat wichtige Funktionen innerhalb der UNESO inne, u. a. war er 1998   – 2000 Direktor des World Herit­ age Centre in Paris; Laurent Lévi-Strauss, der 1947 geborene Sohn des Anthropologen Claude Lévi-Strauss, ist leitender Mitarbeiter der UNESCO und von Europa Nostra.

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Abb. 5: Massentourismus im Welterbe Hallstatt (links) und im Welterbe Memphis und seine Nekropole – die Pyramidenfelder von Giseh bis Dahschur (rechts).

Todesurteil zu fällen, genügt ein Verdikt aus einem Pariser Gebäude, verkündet am Ende einer bürokratischen Prozedur. […] Ich spreche von dem Etikett ‚Welterbe‘ […], das die Unesco vergibt. Die Berührung der Unesco ist tödlich: Wo immer sie das Etikett aufklebt, stirbt die Stadt und endet buchstäblich als Präparat.“45 Im Welterbe Hallstatt, einstiger Zuständigkeitsbereich des Landeskonservators Wilfried Lipp, kann man diese Entwicklung gut beobachten. Viel zu spät, sozusagen erst am Totenbett des Ortes, haben die dortigen Zustände zu Erkenntnissen und Gegenmaßnahmen seitens der Lokalpolitik und der einheimischen Bevölkerung geführt: Im Jahre 2019 stieg man auf die Notbremse.46 (Abb. 5) Mit der harten Kritik an der Tourismusindustrie und ihren Folgen begibt man sich heute in ein Minenfeld. Das war schon im Jahre 2013 im Welterbe Bamberg zu beobachten.47 Im Januar 2018 habe ich es am eigenen Leib in meiner Heimatstadt Passau erfahren, als der vorsichtige Hinweis auf die sichtbaren Folgen des weder gebremsten noch gesteuerten Massentourismus für eine Stadtgesellschaft und den Geist einer Stadt sogleich wütende Reaktionen provozierte.48 Es ist aber eine Tatsache, dass die 45 d’Eramo, Marco, Die Welt im Selfie. Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters, übers. v. Martina Kempter, Berlin 2018, 111. 46 Vgl. Brandner, Edmund, Hallstatt steigt auf die Notbremse: Zahl der Touristenbusse wird limitiert, in: Oberösterreichische Nachrichten, 29.01.2019, https://www.nachrichten.at/ art4,3096533 [28.06.2019]. 47 Vgl. Schindhelm, Carlo, Bamberg sorgt sich um sein Kulturerbe. Eine Stadt am Scheideweg (03.09.2013), https://www.deutschlandfunkkultur.de/bamberg-sorgt-sich-um-seinkulturerbe.1001.de.html?dram:article_id=260080 [28.06.2019]. Die Ratschläge an mich reichten bis zur Empfehlung, gefälligst wieder dorthin zu verschwinden, wo ich hergekommen sei. 48 Vgl. Glas, Andreas, „Passau wird zur Pappkulisse“, in: Süddeutsche Zeitung, 22.01.2018, https://www.sueddeutsche.de/1.3832230 [28.06.2019] sowie Fischer, Elke, Massentourismus in Passau? PNP-Leser empört über ARD-Sendung, in: Passauer Neue Presse, 05.09.2018, https://www.pnp.de/3062314.html [28.06.2019].

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Orte des Massen-, insbesondere des Welterbetourismus zu dessen Opfern werden. Der Tourismus setzt sich an die Stelle aller anderen Geschäftszweige, und jedes Detail wird auf seine touristische Verwertbarkeit geprüft. Schließlich sind die Städte nur mehr Bilder ihrer selbst, um der Touristen willen simulieren sie sich selbst und ihre Geschichte. In diesem Zusammenhang stehen die Rekonstruktionen „historischer“ Bauten und die Stadtführer in „historischen“ Kostümen. Eine solche monostrukturelle Entwicklung zerstört die eigentliche Grundlage des Tourismus, nämlich die Attraktivität und Identität, ja sie führt schließlich dazu, dass man in diesen Städten gar nicht mehr wohnen und leben kann.49 Der Geist von Städten und Stätten verflüchtigt sich, bevor er von der UNESCO unter der Zauberformel „Spirit of Place“ in die seit 2008 geführte Liste des Immateriellen Welterbes (Intangible Cultural Heritage)50 eingetragen werden konnte. Erbe und Gedächtnis, damit vor allem die Denkmäler, werden heute nicht mehr mit dem Maßstab „Zeugnis aus vergangener Zeit“ gemessen, sondern Denkmäler sind – wie alle Vergangenheit überhaupt – nur mehr bedeutsam als Teil der Gegenwart und ihres Verwertungsinteresses, eine Kulisse für die persönliche Inszenierung und im Rahmen von Vergnügung und Freizeit. Einen flammenden Beleg für diese These hat am Abend des 15. April 2019 die Welterbe-Kathedrale Notre-Dame in Paris geliefert, als in ihrem Dachraum ein verheerender Brand ausbrach. (Abb. 6) Am 16. April rauchten noch die Trümmer. Zeitgleich war die Katastrophe im Internet ein der Gegenwart einverleibtes, in Echtzeit vermitteltes historisches Ereignis geworden: „Der Brand von Notre-Dame war ein Großbrand, der am 15. und 16. April 2019 das historische Bauwerk der Kathedrale Notre-Dame de Paris teilweise zerstörte.“51 Erörtert wurden in diesem Zusammen49 Vgl. Steinfeld, Thomas, Schön war die Zeit. Siena ist nicht nur eine der faszinierendsten Städte Italiens, in: Süddeutsche Zeitung, 28.11.2014, 3. 50 Vgl. die Information auf der Homepage der Deutschen UNESCO-Kommission, https:// www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbeweltweit [28.06.2019], sowie UNESCO / ICH, Lists of Intangible Cultural Heritage and the Register of Good Safeguarding Practices, https://ich.unesco.org/en/lists [28.06.2019]. 51 So der Eintrag in der deutschen Wikipedia (16.04.2019, 21.00 Uhr), https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Brand_von_Notre-Dame_in_Paris_2019&oldid=187628347 [28.06. 2019]. Und weiter: „Der Pariser Feuerwehr gelang es nach etwa vier Stunden, den Brand im Wesentlichen auf den hölzernen Dachstuhl zu begrenzen. Die Westfassade mit den Haupttürmen und die Wände des Kirchenschiffs sowie das Deckengewölbe in

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hang die Bedeutung des Bauwerks für den Tourismus, die weltweiten Reaktionen und die in Aussicht gestellten Millionenspenden für den Wiederaufbau. Dass es sich bei der Kathedrale um eines der hisAbb. 6: Brand der Kathedrale Notre-Dame, torisch wie kunsthistorisch be15./16. April 2019. deutendsten christlichen Gotteshäuser der Welt handelte, konnte man nur dem Kommentar von Papst Franziskus I. entnehmen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron persönlich garantierte, ebenfalls angesichts der noch rauchenden Trümmer, dass die Reparatur von Notre-Dame zu den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris vollendet sein würde. Schon einen Monat nach dem Brand beriet die französische Nationalversammlung ein Gesetz zur Instandsetzung der Kathedrale, das unter anderem eine Reihe von Ausnahmen von denkmalschutzrechtlichen, umweltschutzrechtlichen und vergaberechtlichen Vorschriften beinhaltete. Nach dreizehn Stunden Debatte waren von den 577 Abgeordneten noch 47 im Saal und beschlossen das Gesetz mit 32 Stimmen bei fünf Gegenstimmen und zehn Enthaltungen. Die Abgeordnete Clémentine Autain hielt die Absicht, innerhalb von fünf Jahren die Reparatur abgeschlossen zu haben, für geradezu abenteuerlich: „Eine alte Dame stürzt, und noch vor einer Diagnose wird ihr ein Rezept ausgestellt […] und sie wird aufgefordert, einen Marathon zu laufen.“52 Der spürbare Zeitdruck ging mit Sicherheit auch von den Spendern aus, die auf eine baldige PR-Rendite ihrer Großzügigkeit nicht verzichten wollten. Nur so ist die Äußerung des zuständigen Kulturministers Franck Riester (der übrigens die voraussichtlichen Kosten der Instandsetzung gar nicht anzugeben vermochte) zu verstehen: Weil der Strom der Großzügiggrößeren Teilen blieben von den Zerstörungen vermutlich weitgehend verschont. Die Kathedrale ist – als Bestandteil des Seineufers von Paris – seit 1991 Weltkulturerbe der UNESCO.“ 52 Zit. n. Art. Französische Nationalversammlung beschließt Pläne zum Wiederaufbau, in: Zeit Online, 11.05.2019, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-05/notredame-wiederaufbau-nationalversammlung-frankreich-denkmalschutz [28.06.2019]. Vgl. auch die dort zu findenden Kommentare zum Artikel.

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keit „sehr schnell“ gewesen sei, „können und müssen wir reagieren“!53 In der Nacht vom 27. auf den 28. Mai stimmte auch der Senat dem Gesetz zu, wenige Stunden nach dem Desaster, das Staatspräsident Macron bei der Europawahl erlebte.54 Experten, die an mittelalterlichen Großbauten außerhalb Frankreichs reiche Erfahrungen gewonnen hatten, beispielsweise Barbara Schock-Werner, lange Jahre Dombaumeisterin in Köln, oder Wolfgang Zehetner, in der gleichen Funktion in Wien tätig, waren zunächst kaum gefragt. Sie nämlich halten den Fünfjahresplan der Politiker angesichts des noch ganz unzureichend ermittelten Schadensbildes für „schwer vorstellbar“ (Zehetner) oder – nach Eindrücken vor Ort – gar für „pure Fantasie“ (Schock-Werner).55 Expertenkompetenz und das vorwiegend der Gegenwart geltende Interesse lagen im Fall des Welterbes Notre Dame weit auseinander. Ein Musterbeispiel des présentisme.

5. Zurück nach Linz und München Wilfried Lipp hat an seinem Beruf auch gelitten: In seiner Heimatstadt sah er im Jahre 1969 die barocke Wollzeugfabrik in die Luft fliegen – ein Industriedenkmal ersten Ranges. Er sah Bürgerhäuser des Barock und Villen des Historismus fallen, er musste erleben, wie seelenlose Türme das überkommene Stadtbild schändeten und wie schließlich die amtlichen Denkmalpfleger der berühmten Eisenbahnbrücke die Denkmaleigenschaft aberkannten und damit diesem großartigen Zeugnis der Ingenieurkunst den Weg zurück in den Hochofen bahnten. Unglaubliches war eingetreten. Lipps Offener Brief zur Beseitigung der Brücke56 war ein bitterer Aufschrei der Enttäuschung und der Wut – nach beinahe einem halben Jahrhundert im Dienst der Denkmalpflege. Inzwischen erweisen sich übrigens alle vollmundigen 53 Zit. n. ebd. 54 Vgl. Langer, Annette, Senat stimmt Gesetz zum Wiederaufbau von Notre-Dame zu, in: Spiegel Online, 28.05.2019, https://www.spiegel.de/panorama/a-1269642.html [28.06.2019]. 55 Zit. n. ebd. 56 Vgl. Lipp, Wilfried, Das Unglaubliche tritt ein und wird Realität [Nachwort], in: Streitt, Ute / Stadler, Gerhard A. / Schiller, Elisabeth (Hg.), Die Linzer Eisenbahnbrücke. Von der Neuen Brücke zur Alten Dame (Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 35), Weitra 2016, 183  –184.

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Versprechen zur Bauzeit und zu den Kosten einer neuen Brücke als hohl: Das Spiel gegen die alte eiserne Dame war mit falschen Karten gespielt worden! Als Denkmalpfleger setzten Wilfried Lipp und ich deutlich unterschiedliche Schwerpunkte. Lipp widmete viel Zeit dem gründlichen und philosophischen Nachdenken und Schreiben über Theorie und Geschichte unseres Faches, und er verschwendete viel Energie an die globale Denkmalpflege, deren Entwicklung er von Anfang an verfolgte und dann entscheidend mitgestaltete. Meine Welt war eher Bayern und die Praxis der mir anvertrauten Behörde. Insbesondere wollte ich hinwirken auf: – Einheitlichkeit, Vollständigkeit, Aktualität, terminologische Qualität, Aussagkraft und zeitgemäße (d. h. digitale) Vermittlung der Denkmalverzeichnisse als Grundlage jeder Denkmalpflege; – Bewahrung, Erschließung und Verknüpfung sämtlicher Denkmalinformationen im Fachinformationssystem (FIS) des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege; – Einheitlichkeit der Maßstäbe bei der Feststellung von Denkmalwerten bei Einzeldenkmälern, Ensembles und Kulturlandschaften; – Einheitlichkeit der Grundsätze („Leitplanken“) denkmalpflegerischer Praxis; – Vereinfachung von Verwaltungsbürokratie, keinesfalls zu verwechseln mit Deregulierung oder dem vorauseilenden Verzicht auf fachliche Erfordernisse; – Erhaltungsstrategien und Prioritäten auf Grundlage öffentlicher, regelmäßig zu aktualisierender Gefährdungslisten nach englischem Vorbild.57 Manches ist gelungen, anderes nicht. Die Rahmenbedingungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren – und sind – ungünstig: Der klassische Heimatbegriff, eine Stütze der Denkmalpflege, hat ausgedient. Das Interesse, ja die Pflicht zur Pflege der 57 Die staatliche Denkmalbehörde Historic Buildings and Monuments Commission for England (allgemein als Historic England bezeichnet) veröffentlicht im Rahmen des Heritage at Risk Programme (HAR) – https://historicengland.org.uk/advice/heritage-at-risk/types [28.06.2019] – das Heritage at Risk Register und eine jährlich aktualisierte offizielle Statistik gefährdeter Objekte (https://historicengland.org.uk/advice/heritage-at-risk/findings/ official-statistic [28.06.2019]).

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Geschichte, der Landschaft und der Denkmäler ist politisch und gesellschaftlich ins Hintertreffen geraten und droht zum bloßen Verfassungsartikel herabzusinken. Unkritische Technik- und Machbarkeitsgläubigkeit ersetzt die Diskussion über Werte und Ziele. Während in den zurückliegenden Jahrzehnten Gewerbegebiete und öde Siedlungen zunehmend den Lebensraum füllten, verschwanden reihenweise die Denkmäler und Ensembles. Parallel zur Zersiedelung schritt der von der Agrar-Industrie verursachte Ruin des Bodens, des Grundwassers und der Lebensräume von Pflanzen und Tieren voran. Die uferlose Baulandausweisung – die Umwidmung unverbauter, landwirtschaftlicher Flächen zu Bauland – ließ die Ortskerne sterben. Der öffentliche Raum verkam; neues Pflaster, hübsche Brunnen und schicke Straßenmöbel blieben hilflose Versuche, die Vitalität zu retten. Technokratische Patentrezepte, beispielsweise Gewässerregulierung, autogerechte Stadt und Flurbereinigung, haben den Lebensräumen schon immer geschadet. Die Energiewende wurde zum Patentrezept des 21. Jahrhunderts. Begriffe wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung tarnen nicht selten die massiven kommerziellen Interessen. Die Schönheit der Schöpfung wurde skandalös gegen die Zukunft der Menschheit ausgespielt, Naturschützer taten mit beim Verrat der Natur, wenn sie den unkontrollierten Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaikparks in wertvollen Kulturlandschaften durchwinkten, statt zu fragen: Bedeutet Energiewende nur, einen ständig steigenden Energiebedarf auf eine andere, vorgeblich regenerative Art zu decken? Oder geht es nicht vor allem um die Veränderung unserer Lebensweisen und Ansprüche? Statt die problematische Entwicklung unserer Lebensräume ehrlich zu analysieren und schnell Konsequenzen zu ziehen, kam es zu Verdrängung und zur scheinbaren Kompensation der Verluste: Wo geschlossene Ortsbilder reihenweise verschwanden, blieben Traditionsinseln stehen, einzelne Häuser wurden zu Museumsobjekten präpariert. Wenige Objekte erhielten werbewirksame Auszeichnungen mit internationalen Etiketten. Das Bild vom liebenswerten Bayern ging den Weg zum doppelten Klischee des alpenschönen Hightech-Landes. In der Wirklichkeit entsprach diesem Klischee nur mehr die immer seltener wer-

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dende Schönheit erlesener Ausschnitte und ausgesuchter Blickwinkel: Postkarten-Idyllen. In der Diskussion um die Gestaltung des Lebensraums spielten Werte wie Schönheit und Geschichte kaum mehr eine Rolle. Stattdessen beherrschte die Rede vom ewigen Wachstum die Szene. Von dessen Qualität, Steuerung und Gestaltung sowie sozialer und ökologischer Verträglichkeit hörte man wenig. Im Wachstumsrausch wurden Regeln und Errungenschaften preisgegeben, die in Jahrhunderten erdacht und erkämpft worden waren: Stadtplanung, Landschaftsschutz, Naturschutz, Denkmalschutz. Aber: Regeln erst schaffen Zivilisation. Der Verzicht auf Regeln bahnt den Weg zurück in eine Art „Dritte Welt“.58 Wir beide, Wilfried Lipp und ich, haben uns nach dem Ende unserer Denkmalpfleger-Laufbahn oft die Frage des In vanum laboravimus? gestellt. Wir haben uns damit beruhigt, dass ohne unsere Arbeit alles noch schlimmer gekommen wäre. Und wir haben wieder einmal Trost bei Alois Riegl, dem gebürtigen Linzer gefunden: „Vom Standpunkte des Alterswertes muß eben nicht für ewige Erhaltung der Denkmale einstigen Werdens durch menschliche Tätigkeit gesorgt werden, sondern für ewige Schaustellung des Kreislaufs von Werden und Vergehen, und eine solche bleibt auch dann garantiert, wenn an Stelle der heute existierenden Denkmale künftighin andere getreten sein werden.“59 Aus heutiger Perspektive wäre nur noch anzumerken, dass es weniger darum geht, die menschliche Tätigkeit zur Bewahrung der Denkmäler zu unterlassen. Es geht eher darum, endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass es die von Gier beherrschte menschliche Tätigkeit in ihrer heutigen Form ist, welche die Schöpfungen der Natur und des Menschen zerstört und den natürlichen Kreislauf von Werden und Vergehen in so dramatischer Weise beherrscht, dass man unser Zeitalter seit der Jahrtausendwende als Anthropozän bezeichnet hat. Vor diesem Hintergrund ist die Erweiterung des Denkmalbegriffs und des Schutzanspruchs auf Naturdenkmäler – im Falle von Fauna und Flora bezieht sich das ja nicht nur auf das jeweilige, „aktualisierte“ Individuum, son58 Vgl. Greipl, Egon Johannes, Statement zur Debatte „Bayerns Gesicht – dem ökonomischen Druck nachgeben?“, in: BDAtalk. Das Debattenmagazin des Bundes Deutscher Architekten Bayern, 09.06.2015, https://www.bda-talk.de/prof-dr-egon-johannes-greipl [28.06.2019]. 59 Riegl, Denkmalkultus, 27– 28.

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dern auch auf genetische Reproduktionspotentiale, mithin auf die Art – geradezu grotesk. Die Rettung liegt nicht in der Tätigkeit technischer Lösungen, die bisher noch immer zu unvorhergesehenen Kollateralschäden geführt haben. Die Rettung liegt womöglich im Gegenteil, nämlich im Unterlassen menschlicher Tätigkeit und im Verzicht auf einige angeblich unentbehrliche Ergebnisse dieser Tätigkeit.

Abbildungen Abb. 1: Adalbert Stifter, Porträtfotografie von Ludwig Angerer, 1863, entnommen aus: https://ooe.orf.at/v2/news/stories/2936336 [28.06.2019]. Abb. 2: Alois Riegl, Lichtdruck nach einer Porträtfotografie, um 1890, entnommen aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alois_Riegl.jpg [28.06.2019]. Abb. 3: Max Dvorˇák, Porträtfotografie, Atelier Kolliner, Wien, um 1921, entnommen aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Max_Dvorak.jpg [28.06.2019]. Abb. 4: John Ruskin, Selbstporträt, 1875, Wasserfarbe/Deckfarbe/Bleistift, 47,6 x 31,1 cm, entnommen aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ruskin_Self_Portrait_ 1875.jpg [28.06.2019]. Abb. 5: links: Massentourismus im Welterbe Hallstatt, Foto: Franz Frühauf, entnommen aus: https://www.meinbezirk.at/salzkammergut/c-politik/hallstatt-debatte-ueber-mas sentourismus_a1852404#gallery=null [28.06.2019]. rechts: Massentourismus im Welterbe Memphis und seine Nekropole – die Pyramidenfelder von Giseh bis Dahschur, Foto: AFP, entnommen aus: Pyramiden mit Zaun (15.06.2019), https://www.merkur.de/welt/pyramiden-zaun-356519.html [28.06. 2019]. Abb. 6: Brand der Kathedrale Notre-Dame, 15./16. April 2019, Foto: AP / dpa / Thierry Mallet, entnommen aus: Kettenbach, Maximilian, Notre-Dame: Jetzt ist klar, wie der Feuerwehrmann verletzt wurde – Experten haben enttäuschende Nachricht (04.09.2019), https://www.merkur.de/welt/zr-12195573.html [30.11.2019].

Ein Statement Erika Pieler

Die internationalen Angelegenheiten des Denkmalschutzes als Interessens- und Tätigkeitsgebiet waren ausschlaggebend, dass sich die Wege des Jubilars mit meinen wiederkehrend kreuzten. Ich lernte Wilfried Lipp als engagierten, über die Grenzen des österreichischen Denkmalschutzes hinausblickenden Denkmalpfleger kennen. Insbesondere seine Funktionen im Rahmen von ICOMOS ermöglichten ihm ein Netzwerk hochkarätiger Experten. Gerne denke ich an gemeinsame Projekte wie etwa die Übersetzung internationaler Übereinkommen ins Deutsche zurück.1 Zukunftsorientiert war die von Wilfried Lipp initiierte internationale Arbeitsgruppe, welche sich mit der Weiterentwicklung des Denkmalschutzrechts befasste und Vorschläge für die wesentlichen Bestandteile eines Denkmalschutzgesetzes erarbeitete. Die europäische Dimension des Denkmalschutzes fand schließlich auch in der von Wilfried Lipp gemeinsam mit Michael Falser herausgegebenen Publikation Eine Zukunft für unsere Vergangenheit ihren Niederschlag.2 Ich möchte an dieser Stelle Wilfried Lipp für seinen Einsatz im Interesse des Denkmalschutzes danken und wünsche ihm anlässlich seines 75. Geburtstags alles Gute!

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Vgl. ICOMOS Deutschland / ICOMOS Luxemburg / ICOMOS Österreich / ICOMOS Schweiz (Hg.), Internationale Grundsätze und Richtlinien der Denkmalpflege (Monumenta I) (dt./franz./engl.), Stuttgart 2012. Vgl. Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 –2015) (Monu­ menta III) (dt./engl./franz.), Berlin 2015.

Habent sua fata … Wilfried Lipp zum 75. Geburtstag Uta Hassler

There is no new thing upon the earth. So that as Platon had an imagination, that all knowledge was but remembrance [...]. Francis Bacon, Essays, nach Jorge Luis Borges, Der Unsterbliche

Wilfried Lipp hat Maßstäbe gesetzt für Denkmalpflege und Konservierungswissenschaft: mit Intellekt, Kennerschaft, der Diskussion neuer Felder, mit Weite und Pluralismus seines Denkens, mit Diskursen über Qualität, hin und wieder mit klugem Spott – vor allem aber mit souveränem Mut und Klarheit fachlicher Positionen. In vielfältigen Beiträgen hat er universalen Kenntnisreichtum unter Beweis gestellt – man mag gar nicht an seine Anmerkungsapparate denken! Ich erinnere an den Aufsatz zum Postmodernen Denkmalkultus, denke zurück an seinen Beitrag zu unserer Dortmunder Tagung „Das Denkmal als Altlast. Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft“, an seinen couragierten Vortrag Die postmoderne Karriere der Rekonstruktion bei unserer Zürcher Tagung „Das Prinzip Rekonstruktion“1. Wilfried Lipp ist, soweit ich erfahren konnte, ein wirklicher Hofrat, und er zeigt sich eher mürrisch, wenn man ihm von weitem zuschaut. Er ist (wiewohl

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Vgl. zu dieser Tagung den Bericht von Hillmann, Roman, Rez. Das Prinzip Rekonstruktion. Institut für Denkmalpflege und Bauforschung der ETH Zürich und Architekturmuseum der TU München, Zürich, Januar 2008, in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 1/2008, https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/7736 [28.06.2019], mit kurzem Verweis auf den Vortrag Lipps, der im Tagungsband – Hassler, Uta / Nerdinger, Winfried (Hg.), Das Prinzip Rekonstruktion, Zürich 2010 – leider nicht abgedruckt werden konnte.

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Öster­reicher) souverän, gerecht, von feinem Humor und kultivierter Bildung. Wie ihm nun heute mit einem Blick auf so viele Jahre fachlicher Arbeit versichern, dass seine Impulse noch immer wirkmächtig sind und seine noble Haltung unvergesslich mahnend am Horizont steht? Die ‚Theoriegeschichte’ der Denkmalpflege wird ab und an noch heute als statuarisch (und weitgehend axiomatisch) verstanden, es gibt die ‚Guten’ (die die Arbeit von Viollet-le-Duc ablehnen) und die ‚Bösen‘ (die behaupten, das Motto „konservieren, nicht restaurieren“ sei ein zeitgebundenes Konzept) – und es gibt (für die ‚Guten’) etablierte Leitsätze und Chartas (denen man glauben muss). Warum, fragt sich der Autor, sind die vielen Impulse, die Wilfried Lipp zu verdanken sind, noch immer nicht selbstverständlicher Teil neuer Fachdebatten? Liegt es daran, dass Lipps Beiträge zu differenziert, zu nachdenklich waren? Zwei seiner ‚Statements‘ sollen hier nochmals diskutiert werden – auch als Status versäumter Erneuerung. Unter welchen ‚historischen Bedingungen‘ wurden sie formuliert? Wie wurden sie aufgenommen? Sind sie verebbt in den Dynamiken der institutionellen und gesellschaftlichen Entwicklungen? Wie stand und steht es um die ‚Bedingungen der Möglichkeit‘ ihrer Rezeption? Vorneweg: das ‚Unabgegoltene‘ will noch immer bedacht sein – und kann dadurch immer noch und weiterhin Erneuerungen bewirken.

„Anything goes“2 – und postmoderner Denkmalkultus Im Jahr 1993 hat die Bayerische Denkmalpflege auf ihrer legendären Tagung in Passau Themen der „Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts“ debattiert: Wilfried Lipp spricht in seinem Einleitungswort3 davon, dass der Tagungstitel sich „ver2

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Vgl. zu diesem „Grundsatz“ und Motto Feyerabend, Paul, Wider den Methodenzwang [1975], übers. v. Hermann Vetter, Frankfurt a. Main 1986, 31–  32 u. 381– 384, wobei mit Feyerabend (ebd., 11) klarstellend anzumerken bleibt, dass das „ganz ironisch gemeint [ist]; denn anything goes ist nicht mein Grundsatz […], sondern der erschreckte Ausruf eines Rationalisten, der sich die von mir zusammengetragene Evidenz etwas genauer ansieht“. Lipp, Wilfried, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Aspekte zur Reparaturgesellschaft, in: Lipp, Wilfried / Petzet, Michael (Hg.), Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts. 7. Jahrestagung der

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trauensvoll, aber auch etwas respektlos“ an Alois Riegls Schrift vom Modernen Denkmalkultus4 lehne – er spricht vom „Übermut der Enkel und Urenkel“, die sich dennoch auf den „idealtypischen Normcharakter“ der Riegl’schen Konzepte beziehen könnten, bevor er dann elegant nachweist, wie zeitbezogen Riegls Kategorien waren. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu propagierte Ästhetik des Alterswerts, von Zeugnissen, die als Ruinen geeignet seien, dem – wie Riegl schrieb – „modernen Stimmungsmenschen vollkommene Erlösung zu verschaffen“5, sieht Lipp als Teil ästhetischer Erziehung, als „prämodernen Ansatz“ Riegls, der „Kulturkritik im Sinne von Fortschrittskritik“6 bedeute. Lipp zeigt, wie die Bedingungen der vorausgedachten Massengesellschaft nach ‚Stimmungswerten’ statt nach historischen Werten (die auf Kenntnis und Interesse appellieren) ausgreifen – und er schlussfolgert, dass Teile des positivistischen Neutralitätsdenkens der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wohl bereits in jenen Konzepten gründeten und als „selbstreferentielle[s] System“7 weitere Wirkung entfalten. Drei Beobachtungen konkretisiert Lipp: die erste These kommentiert etwas ironisch die Versuchung, Denkmalpflege als „‚autopoietisches‘ Teilsystem“ zu sehen; These zwei diskutiert Phänomene einer „mediakratischen ‚Hybridkultur‘“, die Gefahr einer Indifferenz durch Pluralität, die Wirkung der „Illusionshorte aller Art“8 sowie demgegenüber – als Reaktion einer „‚deformation professionelle‘-Perspektive der Denkmalpflege“–„Spott, Resignation und nicht selten Wehleidigkeit“. Hellsichtig Lipps Bemerkung, dass „Lebenswelt und Monument“9 sich bereits vermischt hätten – die Trennung bewegter Alltagsebene und auf Dauer gestellter Symbole sei aufgelöst. Schließlich erfolgt in These drei ein Rückbezug auf den „transitorischen Charakter“ des Denkmals und das Eingeständnis, Bayerischen Denkmalpflege, Passau, Oktober 1993 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 69), München 1994, 6  –12, hier 6. 4 Riegl, Alois, Der moderne Denkmalkultus. Sein Wesen und seine Entstehung, Wien / Leipzig 1903. 5 Ebd., 21 – wörtlich zitiert bei Lipp, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus, 7. 6 Ebd. 7 Hier und im Folgenden ebd., 8. 8 Hier und im Folgenden ebd., 9. 9 Mit Verweis auf Assmann, Aleida / Harth, Dietrich (Hg.), Kultur als Lebenswelt und Monument, Frankfurt a. Main 1991.

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„Wiederherstellung, Nachbau, Weiterbau [zählten] von jeher zum architektonischen Vokabular“10, wie auch die Überlegung, dass „der Zeitstil der architektonischen Postmoderne in ein plurales Möglichkeitsspektrum die angeführten Kategorien mit einbringt“11 – eben mit einer Rehabilitierung des ‚Schauwerts’. Lipp meint, neue Medien würden den Blick auf das „fiktiv Authentische“ verändern – Zukunft als „‚utopischer Grund‘ des noch nicht Wahrgenommenen“12. Der Leser fragt sich nach alledem bisweilen: Will Lipp eigentlich verstanden werden? Seine Analyse ist differenziert, wird aber in so vielen weiteren klugen Gedanken versteckt, dass Konsequenzen illusorisch: Etwa wenn er mit Bezug auf Sauerländer bemerkt, die aus dem „Amalgam des Historismus [sich] lösende und wissenschaftlich begründende Denkmalpflege“ habe sich „positivistisch instrumentiert“ und damit zu einer fiktiven Gleichbehandlung des Überlieferungsguts beigetragen – „von der mittelalterlichen Wandmalerei bis zum Straßenbahnwärterhäuschen“13. Dass hier ein Ästhet am Werk ist, dem jeder Beitrag auch als Text am Herzen liegt, der das Spiel mit Formulierungen liebt – und sich der rechten Zuspitzung mit Hingabe widmet –, erkennt man respektvoll, ja bewundernd an. Wir folgen also mit Begeisterung und Freude der Relativierung und Historisierung der Riegl’schen Konzepte, sehen freilich aber auch staunend einem analytischen Skeptizismus zu, der schon in der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand ahnt, dass es – nochmals mit Bezug auf Paul Feyerabend – „Bereiche unserer Kultur [gibt], in denen der Versuch einer theoretischen Wissenschaft bisher nur eines erzeugt hat: […] Streit“14. Wie könnte denn, fragt sich der heutige Leser, zum Ende des 20. Jahrhunderts die Revision kategorialer „Vermutungen und Widerlegungen“15 zu einem freieren Blick auf mögliche Konzepte ‚nach-modernen’ Kulturgüterschutzes führen? Lipp gibt er10 11 12 13 14

Lipp, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus, 10. Ebd., 10. Ebd., 11. Ebd., 8. Feyerabend, Paul, Naturphilosophie, hg. u. mit einem Vorw. v. Helmut Heit u. Eric Oberheim, Frankfurt a. Main 2009, 321– 322. 15 Heit, Helmut / Oberheim, Eric, Paul Feyerabend als historischer Naturphilosoph. Einführung, in: ebd., 7– 37, hier 23.

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staunliche Antworten: „Das Bewußtmachen des transitorischen Charakters des Denkmals, dessen Eigentliches nicht Dauer, sondern Veränderung“16 sei, sieht er nicht nur als Denkfigur bei Riegl, sondern als Herausforderung, und er endet mit einem Appell für ein neues „Reparaturprojekt“ der Postmoderne und der Forderung nach Kreativität in Bezug auf „Wertinnovationen“17. Das war 1993 recht kühn – in England hatten sich zwar traditionell Konzepte werterhaltenden Umgangs mit dem Erbe gehalten (von der Society for the Protection of Ancient Buildings bis zu den Principles of Repair for Historic Buildings bei English Heritage) und es zeigten sich bereits erste Risse in der Warenwelt populärer Kultur –, dennoch war fundamentale Modernekritik noch vereinzelt, die institutionelle Denkmalpflege auf dem Kontinent durchaus stetig weiter hoffend auf Aufwertung historischer Bauten und Bestände durch Modernisierung und moderne Intervention. Man war dabei – wenn man so will – in einer Paradoxie gefangen: Technik müsse erneuert werden, die architektonische Substanz erhalten, das historische Original dürfe aber nicht verändert und keinesfalls in der womöglich verlorenen Ursprungs-Form reproduziert werden.

Das Prinzip Reparatur 1995 schreibt Wilfried Lipp einen Beitrag zur Dortmunder Tagung „Das Denkmal als Altlast“ mit dem Titel Rettung von Geschichte für die Reparaturgesellschaft im 21. Jahrhundert.18 Er beginnt mit einem Zitat Hans Blumenbergs (damals noch nicht neu geadelt durch Sibylle Lewitscharoff): „Bewußtsein ist das Organ zur Nichtverschlingung der Welt, ohne sich deren Besitz und Genuß zu versagen.“ Auch Reparatur, weiß Lipp, habe „transitorischen Charakter“: „Ist sie geleistet, tun sich neue Horizonte auf.“19 16 Lipp, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus, 7. 17 Ebd., 10. 18 Lipp, Wilfried, Rettung von Geschichte für die Reparaturgesellschaft im 21. Jahrhundert. Sub specie conservatoris, in: Hassler, Uta / Petzet, Michael (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 21), red. v. Martin Hölscher u. Alexander Kierdorf, München 1996, 143  –151. 19 Ebd., 146. Das Blumenberg-Zitat, ebd. 143, stammt aus Blumenberg, Hans, Die Sorge geht über den Fluß, Frankfurt a. Main 1987, 22.

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Lipp betont, dass Reparatur eine „Verlängerung der Produktzeit“20 bezwecke, eine Verlangsamung und Verringerung der Produktion – und mit der verlängerten Gebrauchsdauer natürlich den Prinzipien der Industriegesellschaft zuwiderlaufe. Er spricht über die Utopie eines Endes von „Scheininnovationen“ und über die Hoffnung auf Qualitätsverbesserung bei Neuproduktion. Reparatur, meint Lipp, sei nicht grundsätzlich technikbzw. fortschrittsfeindlich, sie fordere aber eine Reflexion über Möglichkeiten der Entwicklung von Technik, eine substantielle Kreativität – nicht bloßes (Neu-)Design. Lipp diskutiert das Prinzip Reparatur als Kontinuitätsbegriff, „per se auf Fortbestand“ kultureller Konzepte ausgerichtet – und er diskutiert das Konzept der ‚Dauer‘. Mit seinen Überlegungen zur Kategorie ‚Dauer‘21 zeigt sich Wilfried Lipp zum Ende des 20. Jahrhunderts als Skeptiker der Konzepte der Avantgarden dieses Jahrhunderts, er analysiert die Moderne als Epoche des Wandels, des Vergessens, des Provisorischen – fordert Rettung von Geschichte durch Reparatur, durch „Renitenz gegen den Verbrauch“, sieht Reparatur als „Integrationsformel“22, als neuen „common sense“23 eines „Kontinuum[s] von Reparatur, Weiter- und Umnutzung“. Reparatur freilich löse, so Lipp, die Begriffe, die innerhalb der Denkmalpflege Stellenwert und Geschichte haben, nicht ab, „sondern fundamentiert und orientiert sie anders“; Konservierung und Restaurierung könne man durchaus „als modi eines auf größere Zusammenhänge abgestimmten Reparaturprojekts interpretieren“, auch „die denkmalpflegerisch geleitete Rekonstruktion“ sei so – „bei aller begründeten Skepsis“ – als „Versuch zu werten, ‚Geschichte’ zu reparieren“. Die denkmalpflegerische Praxis sei hier, urteilt Lipp, durchaus weiter als die Theoriebildung – vor allem im „handwerksnahen Bereich“; er weist aber auch bereits hellsichtig auf Risiken 20 Hier und im Folgenden ebd., 147. 21 Vgl. dazu – in explizitem Anschluss an Lipp, Rettung von Geschichte – auch ders., „Was bleibet aber …“ Paradoxien der Dauer in der Moderne, in: Schmidt, Hartwig (Hg.), Das Konzept „Reparatur“. Ideal und Wirklichkeit. Eine Tagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und „denkmal ‘98“, Europäische Messe für Denkmalpflege und Stadterneuerung, Leipzig, Oktober 1998 (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 32), München 2000, 18  – 22. 22 Lipp, Rettung von Geschichte, 147. 23 Hier und im Folgenden ebd., 148.

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beim „Transport ins Allgemeine“ hin – mit der Gefahr einer Degeneration von ‚Reparatur‘ „zum bloßen Schlagwort, zum ‚Klebebegriff‘“. 1995, zum Zeitpunkt der Dortmunder Tagung, waren die Diskurse der institutionellen Denkmalpflege dominiert von Themen der Wiedererrichtung verlorener Denkmale der untergegangenen DDR, debattiert wurden der Neuaufbau der Dresdner Frauenkirche und des Taschenbergpalais, Berlins Mitte, das Berliner Stadtschloss und vieles mehr. Die Popularität einer Verwendung historischer Fragmente als Folien neuer Architektur war in den Anfängen, man hoffte Optimierungen des Gebäudebestands zu erreichen durch besseren Neubau, durch eine Verbesserung von Technik und durch Anwendung dieser neuen Techniken in Bestandsbauten – hier trifft man wieder auf die oben geschilderte Hoffnung auf Aufwertung historischer Bauten (und die damit verknüpfte Paradoxie). In der damaligen Debatte tauschte man sich bereits aus über die Utopie eines ‚Reparaturprojekts’, über Ersatz oder Wartung sowie über die Grenzen materieller Solidität und die Ressourcenprobleme, die mit der „Dynamik der modernen Welt“24 einhergehen. Michael Thompsons Theorie des Abfalls wurde zitiert: „Ein Bewahrer von Monstern sollte sich bemühen, Modelle zu entwerfen, die die Widersprüche berücksichtigen.“25 Thompson hatte zwischen ‚vergänglichen‘, Wert verlierenden und ‚dauerhaften‘, Wert gewinnenden eine dritte ‚Qualität‘ von Gütern definiert: „Müll“ („rubbish“), „Monster“ – das, was ausgeschieden wird. Der Wert von Gütern aber, welcher Kategorie auch immer diese zugerechnet sein mögen, sei alles andere als eine objektive, fixe Größe, sondern kulturell bestimmt, mithin: variabel.26

24 Vgl. Rapp, Friedrich, Die Dynamik der modernen Welt. Eine Einführung in die Technikphilosophie, Hamburg 1994, hier insbesondere 161–165 (Kapitel: Ökologie- und Ressourcenprobleme). 25 Hassler, Uta, Die Altlast als Denkmal?, in: Hassler, Uta / Petzet, Michael (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 21), red. v. Martin Hölscher u. Alexander Kierdorf, München 1996, 101–113, hier 113 – die Stelle ist zu finden bei Thompson, Michael, Die Theorie des Abfalls. Über die Schaffung und Vernichtung von Werten, übers. v. Klaus Schomburg, Stuttgart 1981, 195 (Kapitel 7: Erhaltung der Monster, 192 – 220). 26 Vgl. dazu die Ausführungen bei Heßler, Martina, Abfall als Denkobjekt. Eine Re-Lektüre von Michael Thompsons „Mülltheorie“ (1979), in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 13 (2016), Heft 3, 543  –  549.

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Eine Zukunft für die Vergangenheit Wilfried Lipp argumentierte also bereits in den 1990er Jahren eine sehr breite Verankerung konservatorischer Überlegungen im Kulturbegriff der Moderne – und er sah kritisch die Grenzen konservatorischer Konzepte in einer sich beschleunigenden Industriegesellschaft. Er begriff, dass die Moderne des späten 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts eine ‚Säkularisierung‘ des Risikobegriffs27 mit sich brachte, er verstand, dass es eine Abhängigkeit gibt zwischen langfristigem Ressourceneinsatz und kurzfristig erreichbarem Nutzen. Friedrich Rapp hat in seinen Schriften zur Idee des ‚Fortschritts’28 gezeigt, dass die Hoffnung auf gleichzeitige Verbesserung der Verhältnisse aller gesellschaftlichen Bereiche zu einer Vernachlässigung der Sicht auf Risikofolgen in längerer Perspektive führt. In umgekehrter Wirkung wurde mit dem funktionalistischen Denken der Moderne der Kulturbegriff begrenzt auf etwas ‚nicht zum Überleben Notwendiges’ – einen vermeintlichen Luxus, den sich die Gesellschaft gerne leistet, der aber immer begrenzt wird durch wirtschaftliche und soziale Prioritäten. Lipp hat solche Widersprüche analysiert, er wies mahnend darauf hin, dass das Ernstnehmen einer Vorsorge auch die Möglichkeiten einer Restituierbarkeit kultureller Werte einschließen müsse. Heute sprechen wir von der Chance einer ‚nicht-zielgerichteten Mehrinvestition’ in Kultur aus dem Gedanken heraus, dass Kultur der einzige Bereich gesellschaftlichen Handelns ist, der im Sinne einer Resilienzvorsorge Investition in ‚nicht voraussehbare Risiken’ erlaubt.29 Tradierte Investitionen in resiliente Strukturen waren bis zum 20. Jahrhundert (und eben auch noch in Systemen, deren Komponenten handwerklich reparaturfähig waren) vergleichs-

27 Dazu grundlegend Esposito, Elena, Die Fiktion der wahrscheinlichen Realität, übers. v. Nicole Reinhardt, Frankfurt a. Main 2007 (insbesondere Kap. 9: Sichere Risiken). 28 Vgl. Rapp, Friedrich, Fortschritt. Entwicklung und Sinngehalt einer philosophischen Idee, Darmstadt 1992 und im thematischen Kontext ders., Industrielle Welt und Fortschrittserwartung, in: Hassler, Uta / Petzet, Michael (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 21), red. v. Martin Hölscher u. Alexander Kierdorf, München 1996, 34   – 39. 29 Vgl. dazu Building Research & Information 42 (2014), Issue 2: Hassler, Uta / Kohler, Niklaus (Ed.), Resilience in the Built Environment sowie Hassler, Uta (Hg.), Langfriststabilität. Beiträge zur langfristigen Dynamik der gebauten Umwelt, Zürich 2011.

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weise einfach: Man konnte Einzelkomponenten reparieren, die Artefakte waren vergleichsweise heterogen und damit im Versagensfall instand zu setzen oder zu ersetzen, Konstruktionen konnten auf der Redundanz von Einzelteilen angelegt werden und Größenwachstum war begrenzbar. Diese ‚erprobten Ansätze’ können zwar weitergeführt werden, kommen aber in einem System immer kürzerer Haltbarkeiten an technische und objektwirtschaftliche Grenzen. Wilfried Lipp war in diesem Punkt womöglich etwas zu optimistisch; ihm schien der Erhalt tradierter Techniken noch möglich, Kultur mit zivilem Handeln verknüpft. Seine Hoffnung auf eine Reparaturgesellschaft kann künftig wohl nur noch im übertragenen Sinn weitergetragen werden. Denn mit der wachsenden Dynamik einer Veränderung der Systeme der gebauten Umwelt und der sich systematisch verkürzenden Haltbarkeit von Konstruktionen – wie der ‚jungen Objekte‘ generell30 – muss gefragt werden, ob konkrete materielle Reparatur an den ‚jungen Beständen’ und ihren Komponenten überhaupt noch durchsetzbar und technisch möglich sein wird. Dort, in dieser neuen, zukünftigen Welt, wären die Teile der alten Welt, mit denen die Denkmalpflege umgehen darf, Objekte einer Insel, eines Archivs,31 das womöglich historische Informationen bereithält zur ‚kreativen Wiederentdeckung‘ verlorener Tugenden im Sinne Wilfried Lipps.

30 Sofern nicht ein ganz fundamentales gesamtgesellschaftliches Umdenken in Produktions- und Wirtschaftsweisen hin auf die vielberufene Nachhaltigkeit stattfindet, wofür es gegenwärtig Anzeichen gibt – wenngleich vorerst immer noch hauptsächlich im Feld der Absichtserklärungen, Sonntags- und Eröffnungsreden. 31 Vgl. dazu aus der Perspektive der Geschichts- und Archivwissenschaft Schöggl-Ernst, Elisabeth / Stockinger, Thomas / Wührer, Jakob (Hg.), Die Zukunft der Vergangenheit in der Gegenwart. Archive als Leuchtfeuer im Informationszeitalter (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 71), Wien 2019.

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In der jüngeren Geschichte der deutschsprachigen Denkmalpflege stellt es keine Seltenheit dar, dass gewichtige Texte – und mit ihnen die verantwortlichen Autoren – erst mit großem zeitlichen Abstand eine angemessene Würdigung erfahren. Das gilt für Willibald Sauerländer und seine Überlegungen zur Erweiterung des Denkmalbegriffs (1975) und in ähnlicher Weise für Wilfried Lipp und seine vielfältigen Impulse für ein erweitertes Nachdenken über die Erhaltung historischer Zeugnisse. Seit seiner grundlegenden Habilitationsschrift Natur –Geschichte – Denkmal. Zur Entstehung des Denkmalbewußtseins der bürgerlichen Gesellschaft (1987) sucht er soziologische, philosophische und medienkritische Forschungen für die zeitgenössischen Erbe- und Erhaltungsdiskurse fruchtbar zu machen. Im Unterschied zu Sauerländer, der in der Denkmalpflege wegen eines einzigen, indes kapitalen Textes zum Stand der Denkmalpflege an der Schwelle vom Wiederaufbau- zum Postmodernediskurs zu würdigen ist, umfasst der Beitrag Lipps zur Geschichte und Theorie des Faches Arbeiten aus mehr als drei Dezennien und von großer thematischer Breite. Früher als andere und zugleich fundierter als viele hat Lipp über die Implikationen postmoderner Geschichtszuwendung nachgedacht, hat die zugehörigen Pluralisierungstendenzen beschrieben, den Wert der Vielfalt, den Respekt für das Andere, die Chance von Differenz reflektiert und Konsequenzen daraus für denkmalpflegerische Selektionsprozesse angemahnt. Er war es auch, der den Begriff der ‚Reparaturgesellschaft’ prägte und seit den 1990er Jahren Maßgebliches zum Nachhaltigkeitsdiskurs beigetragen hat. Schließlich

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entdeckte er in Kulturlandschafts- und Großstadtdenkmalpflege eine zukunftsweisende Perspektive. Vermutlich hat Wilfried Lipp mehr gelesen, mehr von Geschichtsbildern und der selektiven Macht der Erinnerung verstanden als viele andere. Eventuell ist seinen Texten aber gerade deswegen eine ihnen angemessene breite denkmalpflegerische Rezeption bis heute versagt geblieben, eilt ihnen doch der Ruf voraus, kompliziert, wenn nicht gar hermetisch zu sein – ein geradezu fatales Urteil in einem Fach, das sich schwertut mit der Theorie und periodisch behauptet, dass eine gute Praxis die Theorie, und damit Lipps eigentliche Domäne, überflüssig mache. Vor diesem Hintergrund vermag es nicht zu überraschen, dass es gerade Lipp war, der die Bedeutung von Sauerländers Erweiterungs-Aufsatz erkannte und den Text in seine 1993 erschienene Anthologie Denkmal – Werte – Gesellschaft. Zur Pluralität des Denkmalbegriffs aufnahm. Zu diesem Zeitpunkt hielt Sauerländer die eigenen Überlegungen allerdings schon für historisch, d. h. für praktisch nicht mehr relevant. Lipps vielgeschmähte Postmoderne-Texte von 1993/94 erfuhren ein ähnliches Schicksal. Erst 2018 erfolgte die späte Würdigung seines programmatischen Beitrags zu der Passauer Tagung „Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus?“ (Oktober 1993) durch die Aufnahme in eine ICOMOS-Publikation deutscher Texte zur Denkmalpflege, d. h. zu einem Zeitpunkt, als nicht nur Lipps Text, sondern auch die Postmoderne bereits als historisch gelten müssen und der Jubilar längst über andere, aktuellere Fragen nachdenkt. Diese gewissermaßen verspätete Rezeption dokumentiert auch die Tatsache, dass Lipps Werk erst jetzt, zu seinem 75. Geburtstag, in Form dieser Festschrift die Würdigung erfährt, die ihm als einem zukunftsweisenden Protagonisten unseres Faches bereits vor 10 oder 15 Jahren gebührt hätte. Und es ist die Universität, nicht die Denkmalpflege, die zu Schrägansichten auf sein Wirken motiviert und damit denjenigen würdigt, der das Werk des großen österreichischen Kunsthistorikers und Generalkonservators Alois Riegl nicht nur kennt und würdigt, der vielmehr auch den Mut hatte, ihn postmodern weiterzudenken – und dessen Ideen auf diese Weise fruchtbar zu machen für eine veränderte Gegenwart 100 Jahre nach Riegl. Methodisch hat sich Lipp dazu des Rückgriffs auf

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das Fontenelle’sche Muster der Dialogues des morts bzw. die Querelles des anciens et des modernes bedient, Riegl gewissermaßen als Kronzeugen für die aktuellen Diskurse bemüht und ihn versuchsweise und durchaus vorsichtig in einen Dialog mit wichtigen Vordenkern der Postmoderne gebracht, allen voran mit Bruno Latour und Jean Baudrillard. Die einführenden Bemerkungen deuten auf eine spezifische Verfasstheit der jüngeren deutschsprachigen Denkmalpflege, die – wie eingangs erwähnt – als Theorieskepsis bzw. latente Theorieferne oder auch als Furcht vor wissenschaftlichem Streit zu beschreiben ist und sich stattdessen in der Geschichte zu vergewissern sucht. So als wäre der historische Abstand, der nötig ist, um ein Denkmal als solches zu erkennen, auch auf jegliches Nachdenken über die komplexen Konservierungsfragen anzuwenden. Erst mit zeitlichem Abstand traut man sich ein Urteil über theoretische Überlegungen zu, die ihrerseits jedoch gegenwartsbezogen argumentieren und in die Praxis ihrer Zeit einzuwirken suchen – ein strukturelles Missverhältnis und Missverständnis. Insofern kann sich der solchermaßen spät gewürdigte Wilfried Lipp in guter Gesellschaft wissen: Karl Friedrich Schinkels später so genanntes Memorandum zur Denkmalpflege aus dem Jahr 1815 ist zwar 1901 in der Zeitschrift Die Denkmalpflege publiziert, jedoch erst Jahrzehnte später in seiner epochemachenden Bedeutung anerkannt worden. Noch Georg Dehio rühmte 1905 lediglich den Architekten Schinkel, war aber voller Bedenken gegenüber dem Denkmalpfleger. Und auch er selbst stellte zwar eine gewichtige Stimme in der ‚Heidelberger Schlossdebatte‘ dieser Zeit dar und wirkte maßgeblich für das strukturelle Nachdenken der Zeit über die Verbesserung der Ausbildung, Anerkennung unter Zeitgenossen bezog Dehio aber vor allem wegen seiner kunsthistorischen Werke, allen voran seiner Geschichte der Deutschen Kunst (1919  –1925). Und selbst Riegls grundlegende Wertelehre Der moderne Denkmalkultus (1903) vermochte die seinerzeit noch junge Disziplin trotz aller Wertschätzung nicht nachhaltig zu beeinflussen. Schon seine unmittelbaren Nachfolger und Schüler – etwa Max Dvorˇák und Hans Tietze – setzten andere, geisteswissenschaftlich fun-

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dierte Präferenzen. Der heutige Riegl-Hype hingegen ist jüngeren Datums und datiert in die 1980er und 1990er Jahre zurück, als Norbert Huse, Marion Wohlleben und schließlich Ernst Bacher dessen Texte zur Denkmalpflege neu edierten und kommentierten. Wichtigen Beiträgen der Nachkriegszeit wiederum ist selbst eine solche späte Würdigung oftmals versagt geblieben. Man denke etwa an Reinhard Bentmann, den frühen Dieter Hoffmann-Axthelm, Lucius Burckhardt oder auch an Roland Günter. Insofern kommt man nicht umhin zu konstatieren, dass es die Denkmalpflege mehrheitlich nicht gut meint mit ihren VorDenkern, dass sie die Potenziale, die sie ihr bieten, nicht oder erst verspätet nutzt und dass sich das Fach in der vermeintlichen Gewissheit wiegt, grundlegende theoretische Anstrengungen in dem Jahrhundertstreit von Heidelberg bereits unternommen zu haben und deshalb diesbezüglich auch nicht gefordert zu sein. Dass Wilfried Lipp – lange Zeit Landeskonservator, Forscher und Universitätslehrer in Personalunion – es so nie gehalten hat, unterstreicht seine singuläre Rolle innerhalb der Nachkriegsdenkmalpflege. Es fragt sich, wie das latente Missverhältnis von Theorie und Praxis ebenso wie das Missverständnis zwischen Theoretikern und Praktikern zu erklären ist, ob es sich dabei um ein jüngeres oder eher um ein strukturelles Problem handelt. Die Fachgeschichte gibt dazu zwar nur wenige, aber doch signifikante Hinweise. So ist festzuhalten, dass das Verhältnis von Theorie und Praxis erst seit der Institutionalisierung und Verwissenschaftlichung des Faches, d. h. seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, überhaupt Gegenstand von Grundsatzdiskussionen ist. Erst dann bedingt der Anspruch auf Nachvollziehbarkeit und Objektivierbarkeit denkmalpflegerischer Urteile eine Verständigung über Ziele, Methoden und Grundlagen der Konservierung. Dieser Prozess ist in der westeuropäischen Denkmalpflege aufs Engste verknüpft gewesen mit dem Ringen um eine angemessene Denkmalschutzgesetzgebung. Dem Vorbild Frankreichs folgend, hatten Griechenland, Tunesien, Ungarn, Rumänien, die Schweiz und in Deutschland das Großherzogtum Hessen solche Gesetze um 1900 vereinbart; 1923 folgte Österreich. Schon we-

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nige Jahre später sollte Hans Tietze allerdings beklagen, dass der Fokus auf Geld und Gesetzesbuchstaben denkmalpflegerisches Agieren seither lähme und die notwendige Aufgeschlossenheit für die Erinnerungsbedürfnisse der seinerzeitigen Nachkriegsgesellschaft zunichtemache. Ungehört blieb sein Appell für eine neue Denkmaldebatte, das Recht und die Pflicht einer jeden Generation über die zentralen Fragen der Denkmalpflege neu nachzudenken – zumal nach einem gesellschaftspolitischen Einschnitt, wie ihn der Erste Weltkrieg dargestellt hatte. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg unterblieb eine solche Neupositionierung. Auch da konzentrierten sich die Anstrengungen – dies zumindest in der Bundesrepublik Deutschland – auf die Denkmalschutzgesetzgebung, sodass just die Zeit, in der Willibald Sauerländer eine Krisis der Denkmalpflege auszumachen meinte, im Nachhinein als das genaue Gegenteil, nämlich als Hoch-Zeit des Faches gefeiert wurde – mit dem Erlass von Schutzgesetzen und einem erfolgreichen Beitrag zum „Europäischen Denkmalschutzjahr“ 1975 als deren Kennzeichen. Seither ist Gesetzeskonformität zu der Richtschnur praktischen denkmalpflegerischen Handelns avanciert und damit auch zum Richter über theoretische Neuerungen oder diskursive Experimente. Dabei stützen sich die Denkmalschutzgesetze auf den Sachund Kenntnisstand der 1970er Jahre und deren historisch-theoretische Referenzen. Als solche sind neben der Charta von Venedig aus dem Jahr 1964 die Überlegungen der Zeit um 1900 anzusehen. Üblicherweise wurden diese unter dem Georg Dehio zugeschriebenen Motto „Konservieren, nicht restaurieren“ resümiert, das hinsichtlich der Restaurierungspraxis dem Sub­ stanzschutz höchste Aufmerksamkeit widmet und bezüglich der Denkmalwerte der historischen Zeugnisfunktion. Anders aber als ein Grund- oder Menschenrechtskatalog sind Denkmalwerte zeitbedingt und mithin wandelbar. Das erklärt sich aus dem – rechtlich fixierten – Selbstverständnis des Faches, ein öffentliches Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen bzw. – um mit Riegl zu sprechen – eine Dienstleistung zu erbringen. Beides ist bekanntlich nicht dauerhaft und nicht endgültig fixierbar. Schon deshalb wäre es ein kapitales Missverständnis anzunehmen, dass die gesetzlichen Grundlagen denkmalpflege-

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rischen Agierens ein für alle Mal festgeschrieben, notwendigerweise nicht deut- und anpassbar wären. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zeigt sich die seit den 1980er Jahren erfolgte Pluralisierung der Geschichtsund Erinnerungsbedürfnisse der Gesellschaft in einer vielfältigen Praxis jenseits der Denkmalpflege und unabhängig von deren Maßgaben. Gedenk- und Erinnerungskultur, Stadtbildpflege und Rekonstruktionen sind nur einige Symptome dieses Prozesses. Nachdenklich musste Johannes Habich im Rückblick auf das Hoffmann-Axthelm’sche Plädoyer für eine Entstaatlichung der Denkmalpflege aus dem Jahr 2000 denn auch zugeben, dass die Denkmalpflegeinstitutionen das Ringen um ein zeitgemäßes Denkmalverständnis tendenziell durch das Beharren auf Gesetzeskonformität ersetzt hätten; auch kritisierte er das Trügerische des Bewusstseins rechtlicher Überlegenheit und Schwächen bei der Vermittlung des eigenen Anliegens. Erkennbar hatte sich das Interesse der Öffentlichkeit an Geschichte und ihren Relikten in dieser Zeit geändert, derweil die Institutionen auf dem gesetzlich fixierten öffentlichen Interesse beharrten. Heute stellt sich dieses Problem mit neuer Dringlichkeit. Schon längst hat die Internationalisierung der Diskurse zu einer Aufweichung ehedem stabiler Kriterien und zu ungeklärten Differenzen in der Bewertung von Welterbe und Denkmalen unterhalb dieser Kategorie geführt. Dies betrifft nicht nur Rekonstruktionen, sondern auch immaterielles Erbe und die kulturelle Praxis als solche. Das, was international als opportun und förderwürdig gilt, erfährt im nationalen Fachdiskurs nach wie vor Skepsis, wenn nicht gar Ablehnung. Mit der gegenwärtigen Rezeption des Heritage- oder Kulturerbedenkens radikalisiert sich dieser Prozess. Die Vielfalt der neuen Schutzinteressen deckt sich nicht mit den Maßgaben der Denkmalschutzgesetze, die dort festgelegte Autorität der Fachbehörden wird durch Teilhabeforderungen und fortschreitende Subjektivierung hinterfragt und ihr Fokus auf baulichen Relikten stimmt nicht (mehr) mit den Bedürfnissen der Gegenwartsgesellschaften überein. Die Klage über diese Entwicklung ist nicht geeignet, den Prozess der Vervielfältigung und gleichzeitigen Ent-Professionalisierung aufzuhalten. Das Verhältnis der Institutionen zu der engagierten und interessierten Öffentlichkeit verlangt vielmehr nach

Von der Schwierigkeit des Vor-Denkens | Ingrid Scheurmann

Formen der Ent-Hierarchisierung und einer flexiblen Ergänzung des fachlichen Wertköfferchens, das Wilfried Lipp schon in den 1990er Jahren als zu schmal und zu geschlossen angesehen hatte. Heute ist ein Spagat zwischen Expertise und Teilhabe gefragt und unabdingbar – Rezepte, wie das zu bewerkstelligen sei, sind hingegen (noch) nicht in Sicht. Offenheit für neues Vor-Denken und Transparenz in der Darstellung eigener Entscheidungen sind insofern geboten und die Anerkenntnis der Tatsache, dass die Fachinstitutionen diesen Transformationsprozess nicht steuern und dessen Ziele auch nicht vorgeben können, dass sie vielmehr gehalten sind, sich auf einen Verständigungs- und Aushandlungsprozess einzulassen, der durch Gesetzesvorgaben allein nicht zu regulieren sein wird. Wilfried Lipp hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Fachgeschichte noch vielfältige uneingelöste Potenziale aufweist, dass die Disziplin mit Ernst Bloch auf ihren utopischen Grund zu befragen und entsprechend weiterzuentwickeln sei. Für die aktuellen Fragestellungen setzt das eine doppelte Einebnung von Schwellen voraus: den Abbau zum einen der tradierten und weithin gepflegten Schwelle zwischen Theorie und Praxis und zum anderen der Kluft zwischen Amtlichkeit und Öffentlichkeit. Potenziale aus der Theorie sind unter anderem im Hinblick auf die Diskussion über Partizipationsprozesse und die Diversität von Erinnerungsbedürfnissen zu beziehen, Potenziale aus der Öffentlichkeit in engerem Sinne durch citizen scientists, darüber hinaus aber auch durch Impulse aus Diskursen über die Zukunft und die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft sowie über die Rolle, die diese Geschichte und Identität immer wieder neu zuweist. Vielleicht zeichnet sich Vor-Denken heute nicht mehr nur durch kluge Überlegungen Einzelner und deren Niederschrift in ebenso klugen Texten aus; vielleicht ist heute vor allem die Diskursfähigkeit der Vielen gefragt, Offenheit für Wandlungsprozesse und ein sinnvolles change management – auch der institutionalisierten Denkmalpflege. Die Überlegungen Wilfried Lipps könnten diesen Prozess in vielfältiger Weise befruchten, seine Schrägansichten zu klareren Perspektiven führen. Lesen und diskutieren wir sie. Ad multos annos, Wilfried!

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… Former Students – Ehemalige Studierende

Ein Statement Nicole Wegscheider

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie „Wilfried Lipp“ hören? Ein Mann mit Prinzipien, immer adrett gekleidet und um einen Witz nicht verlegen. Mit welchem Begriff / welcher Formulierung würden Sie die Lehrveranstaltungen von Wilfried Lipp charakterisieren? Ein abwechslungsreicher und spannender Unterricht, bei dem versucht wird, Studierenden einen praktischen Einblick in das Feld der Denkmalpflege zu geben. Welche Inhalte sind Ihnen aus Ihrer Studienzeit bei Wilfried Lipp in Erinnerung geblieben? Auf die Frage eines Studierenden, wie er das Thema denn angehen solle, meinte Prof. Dr. Lipp: „Das Kind in euch muss die Fragen stellen und der Erwachsene in euch muss die Antworten geben.“ Dieser vielleicht lapidar klingende Satz beschreibt die wissenschaftliche Arbeitsweise – gerade für Studierende – ungemein gut. Bildhafte Erklärungen, praxisnahe Beispiele und vor allem Exkursionen zu denkmalpflegerisch interessanten Objekten waren für mich mit ein Grund, immer wieder Veranstaltungen bei diesem Lehrenden zu besuchen.

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Welche Rolle spielten die im Studium gewonnenen Ein­ sichten für die Wahl Ihres Berufsfeldes? Das im Studium gewonnene Wissen, insbesondere die Beschäftigung mit der Thematik der Architektur und speziell mit der Denkmalpflege, hat nicht nur eine große Sensibilität für diese immer wieder auftretenden Fragen und Problemstellungen geweckt, sondern auch den Wunsch verstärkt, in diesem Feld zu arbeiten. Gibt es einen Aspekt aus der Studienzeit, der in Ihren ak­ tuellen Tätigkeitsfeldern eine Rolle spielt? Im Laufe des Studiums hat man gelernt, sich auch bei schwierigen Fragestellungen nicht aus der Fassung bringen zu lassen, sondern die nötige Disziplin und das Durchhaltevermögen zu entwickeln, um Hürden zu meistern und schwierige Aufgaben zu lösen.

Ein Statement Jürgen Wurzer

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie „Wilfried Lipp“ hören? An Wilfried Lipp faszinierte mich stets seine universelle Gelehrtheit. Sein weit über das eigene Fach hinausreichender Weitblick motiviert mich noch heute, mich ebenso mit unterschiedlichen Gebieten zu beschäftigen. Scharfsinnig beobachtet er seine Umgebung und reflektiert sie auf ironische Art und Weise. Gleichzeitig verschafft er sich die nötige Distanz zu zeitgeistigen Strömungen und findet damit auch auf gegenwärtige Problematiken philosophisch fundierte Antworten. Mit welchem Begriff / welcher Formulierung würden Sie die Lehrveranstaltungen von Wilfried Lipp charakterisieren? Viele Lehrveranstaltungen, die ich bei Wilfried Lipp besuchte, behandelten das Themenfeld der Denkmalpflege und die Vermittlung des zugehörigen wissenschaftlichen Rüstzeuges. Einige seiner Seminare wurden vor Ort abgehalten und hatten Exkursionscharakter. Konfrontiert mit den Originalen, wurden wir ‚gedrillt‘ auf Baubeschreibungen, architekturhistorische Terminologie und Datierungskriterien. Unsere Arbeiten wurden zwar streng und unverblümt kritisiert, aber zur Entschädigung war die Atmosphäre locker und Wilfried Lipps abendliche Erzählungen glichen kabarettistischen Einlagen.

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Welche Inhalte sind Ihnen aus Ihrer Studienzeit bei Wilfried Lipp in Erinnerung geblieben? In Erinnerung blieben neben der architekturhistorischen Terminologie vor allem die Schwierigkeiten der praktischen Denkmalpflege und die Bemühungen des Bewahrens. Wilfried Lipp widersprach der utilitaristisch-monetär geprägten landläufigen Meinung, die jedes erhaltenswürdige Gebäude sofort als ineffiziente Kostenfalle stigmatisiert. Er rechnete vor, dass die Mindernutzung oft effizienter ist. Diesen Ansatz verfolge ich noch heute und es begegnen mir immer wieder Objekte, bei denen sich dies bewahrheitet. Welche Rolle spielten die im Studium gewonnenen Ein­ sichten für die Wahl Ihres Berufsfeldes? Noch heute beschäftige ich mich wissenschaftlich mit der Bauforschung, ein Themenfeld, mit dem ich ohne die Lehrveranstaltungen von Wilfried Lipp wahrscheinlich nicht in Berührung gekommen wäre. Er motivierte mich dazu, mich mit dem Randgebiet der Dachwerksforschung auseinanderzusetzen. Dabei entstand ein umfangreiches Werk, das in nachfolgenden Projekten immer noch fortgeführt wird. Gibt es einen Aspekt aus der Studienzeit, der in Ihren ak­ tuellen Tätigkeitsfeldern eine Rolle spielt? Das bei meiner Abschlussarbeit nötige Durchhaltevermögen und die akribische Vorgehensweise, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, hilft mir noch heute – sowohl bei wissenschaftlichen Projekten als auch bei allmöglichen Alltagsproblemen.

Ein Statement Margit Öllinger

Nur der ist ein geborener Lehrer, welcher die Begeisterung seiner Schüler erwecken kann. Ernst Julius Hähnel

Würde man Hofrat Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Wilfried Lipp mit wenigen Worten beschreiben müssen, dürften die Eigenschaften Authentizität und Begeisterungsfähigkeit gewiss nicht fehlen! Interesse und Begeisterung erweckte der renommierte Kunsthistoriker bereits durch die prägnanten Formulierungen seiner Seminartitel, wie: „Kunstwerk Stadt – im Fokus der Künste: Wien“, „Stadtbaukunst Architektur: Graz“, „Horizonte der Moderne“, „Werkinterpretationen: Malerei des 19./20. Jahrhunderts“, „Stätten der Moderne“ oder „‚Wir finden das schön.‘ Streifzüge durch die Alltagsästhetik“. Aus dem Zustrom an Studentinnen und Studenten zu seinen Seminaren bildete sich schließlich eine Entourage vertrauter Gesichter – ja, man kannte sich einfach untereinander. So darf auch ich mich glücklich schätzen, Teil dieser Gefolgschaft gewesen zu sein und einen Einblick in die schöpferischen Ideen von Wilfried Lipp erfahren zu haben. In dieser angenehmen, heiteren Atmosphäre wurden wir Studierende mit einer Vielfalt an Fragen, Methoden und Problemstellungen der Kunstwissenschaft vertraut gemacht: Beleuchtung diverser Blickwinkel der Moderne im Kontext von Kunst und Philosophie; Fragen der historischen und gegenwärtigen Stadtentwicklung; Aufgaben

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und Probleme der Denkmalpflege; Grundfragen der Bildwissenschaften oder die Behandlung von Sonderthematiken, beispielsweise historische Architektur im ländlichen Raum – um nur einige wenige Themen zu skizzieren. Die Fülle von anregenden und hellsichtigen Beobachtungen wurde in einer ungewöhnlich produktiven und abwechslungsreichen Manier vermittelt: Raus aus dem Seminarraum; Diskussionen vor den Objekten; Einladung zahlreicher namhafter Fachreferenten im Rahmen der Exkursionen; Interesse an modernen und kreativen Vermittlungstechniken: Gestaltung von Kurzfilmen im Stil von „1000 Meisterwerke aus den großen Museen der Welt“; Picture Rap als Form der Kurzpräsentation; Konzeption und Finanzierung einer gemeinsam gestalteten Publikation (Fo­ kus Moderne im Kontext von Kunst und Philosophie, Linz /  Freistadt 2017) mit zahlreichen Beiträgen seiner Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer. Diese facettenreichen Lehrmethoden wurden, neben den Charakteristika der Authentizität und Begeisterungsfähigkeit und dem Habitus der Duldsamkeit, bestärkt durch ein bedeutendes pädagogisches Geschick. All dies gab seinen aufmerksamen Studierenden Impulse zu sehen, zu erkennen, quer zu denken, neue Felder zu beschreiten und beständig an den Aufgaben zu wachsen.

Ein Statement Jessica Jarosch

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie „Wilfried Lipp“ hören? Auf internationaler wissenschaftlicher Ebene: inspirierendes Querdenken in fächerübergreifenden Herangehensweisen, charakterstarke Vorträge, manch überraschender Auftritt als „Speerspitze der österreichischen Denkmalpflege“ (Michael Petzet) und kritischer Beobachter der globalen Kultur(theorien) – ein Alois Riegl unserer Tage. Auf sehr persönlicher Ebene: ein Elternpaar mit großer Herzensweisheit, ein ‚genius loci‘ von Altaussee und Bad Ischl, Entdeckungsreisen in Entwicklungs(ge)schichten des Salzkammergutes, Pferde und PferdePersönlichkeiten, Bekanntschaften ikonischer Schlossherren, Entzauberung und Wiederverzauberung. Mit welchem Begriff / welcher Formulierung würden Sie die Lehrveranstaltungen von Wilfried Lipp charakterisieren? Faszinierend unkonventionell, ironisch; Eisberg-gleich ein mächtiges Fundament tragfähiger Theorien, welche den Gipfel denkmalpflegerischer Praxis im wankelmütigen Weltenmeer hochhalten – solcherart pointiert anwendungsspezifisch und seinem eigenen Diktum verpflichtet, wonach „Professor (allein) keine Aufgabe für einen erwachsenen Menschen“ sei.

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Welche Inhalte sind Ihnen aus Ihrer Studienzeit bei Wilfried Lipp in Erinnerung geblieben? Da ein gutes Gedächtnis Fluch und Segen von uns Schreibenden ist: zahlreiche Fakten, aber vor allem deren zwingende Verankerung in hochkomplexen Zusammenhängen. Welche Rolle spielten die im Studium gewonnenen Ein­ sichten für die Wahl Ihres Berufsfeldes? Ein ansteckender faustisch-lippscher Trieb, der sich abwendet vom blutleeren Wissensverwalten, hat mich schließlich in die ex cathedra argwöhnisch betrachteten Niederungen populärer Medien geführt. Die Orientierung an den ewigen Sternbildern der Kunst und die Treue zu den narrativen Qualitäten der Kulturwissenschaften jedoch blieben. Gibt es einen Aspekt aus der Studienzeit, der in Ihren ak­ tuellen Tätigkeitsfeldern eine Rolle spielt? Unzählige, nahezu täglich aufgenommene Gedankenstränge – neben der kleinen, trotzigen Freude, weder Professorin noch ein erwachsener Mensch geworden zu sein.

Ein Statement Andrea Reichenberger

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie „Wilfried Lipp“ hören? „Authentizität und Originalität sind Grundwerte der Denkmalpflege.“ Für Authentizität und Originalität stehen für mich auch die Persönlichkeit und das Denken Wilfried Lipps. Mit welchem Begriff / welcher Formulierung würden Sie die Lehrveranstaltungen von Wilfried Lipp charakterisieren? Tradition trifft Postmoderne. Welche Inhalte sind Ihnen aus Ihrer Studienzeit bei Wilfried Lipp in Erinnerung geblieben? Es sind weniger die Lehr- und Lerninhalte, die mir in Erinnerung geblieben sind. Es ist vielmehr der Gehalt der Lehre Wilfried Lipps. Der Bildungsgehalt hängt nicht zwangsläufig vom Inhalt ab, sondern vor allem von der Art und Weise der Vermittlung von Inhalt. Lipp hat die Diskussion über und Konfrontation mit Inhalten nicht gescheut. Das hat mich beeindruckt. Welche Rolle spielten die im Studium gewonnenen Ein­ sichten für die Wahl Ihres Berufsfeldes? Das ist schwer zu sagen. Schon während meines Studiums wusste ich, dass mein Berufswunsch weder Kunst-

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historikerin noch Denkmalpflegerin ist. Meine Liebe galt und gilt der Philosophie – der „brotlosen Kunst“. Heute bin ich glücklich, dieser Berufung trotz vieler Steine und Hürden nachgegangen zu sein. Philosophie ist für mich mehr und anderes als eine Berufstätigkeit, sondern eine Haltung und eine Art und Weise des Umgangs des Menschen mit seiner Umwelt und seinesgleichen. Gibt es einen Aspekt aus der Studienzeit, der in Ihren ak­ tuellen Tätigkeitsfeldern eine Rolle spielt? Ja, den gibt es: die Verbindung der Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft. Ich kann mich erinnern, dass Wilfried Lipp Denkmäler als Erinnerungsspeicher bezeichnet hat. Für mich sind nicht nur Bauund Kunstdenkmäler Erinnerungsspeicher. Für mich als Wissenschaftshistorikerin sind es die Archive, Briefwechsel und alten Schriftstücke der Wissenschaft, die von großem Wert für unser gegenwärtiges Verständnis von Wissenschaft sind. Die heutige Fokussierung der Wissenschaftsförderung auf Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsgerichtetheit unter Ausblendung der Vergangenheit ist irreführend und naiv. Ohne Erinnerungsleistung wäre kein Mensch handlungsfähig. Das gilt auch für die Wissenschaft als solche.

Ein Statement Manfred Hebenstreit

Meine Studienzeit in der damaligen Hochschule für künst­ lerische und industrielle Gestaltung in Linz – heute Kunst­ universität genannt – liegt inzwischen lange zurück. Ende der 1970er Jahre war ich als junger Mann gerade von einer zweijährigen Reise durch Asien und Australien zurückgekommen und hatte etwas Mühe, mich in die kleine überschaubare Welt des Landes Oberösterreich und in den Linzer Studienbetrieb einzufinden. Ich hatte keine große Vorbildung und wollte in erster Linie die Praxis: exzessiv malen, mich künstlerisch ausdrücken, zeitgenössische Kunst produzieren – aber gleichzeitig war ich nun auch mit Theorie konfrontiert, vor allem in den Fächern Kulturund Geistesgeschichte, Morphologie und Kunstgeschichte. Ein interessanter Prozess begann, unter anderem auch eng mit Name und Person Lipp verknüpft. Mit den Statements der modernen Kunst in Europa und Amerika war ich durch mein Interesse, durch meine Reisen und durch Museums- und Ausstellungsbesuche schon bestens vertraut, aber das Studium eröffnete mir nun eine viel ganzheitlichere Wahrnehmung der Kunst- und Kulturleistungen früherer Epochen. Auch wenn ich gegen Ende meines Malereistudiums in Opposition gegen Vieles ging: Wilfried Lipps Wahl- und Vertiefungsfach über Kultur- und Geistesgeschichte besuchte ich regelmäßig. Ich ließ mich anregen, begann mich zu bilden, kaufte und las gezielt Kunstbände. Inzwischen besitze ich eine umfangreiche Bibliothek quer über alle Epochen und bin nachhaltig fasziniert

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von der Vielfalt und Erfindungskraft aller Kulturen der Welt. So betrachtet kann ich die Art der Wissensvermittlung, den Tiefgang und das breit gefächerte Wissen von Wilfried Lipp besonders wertschätzen und einfach nur DANKE sagen.

Ein Statement Rainer Zendron

Nachdem ich während meines Studiums der Experimentellen Gestaltung an der Kunstuniversität Linz in der ersten Hälfte der 1980er Jahre die Ausführungen von Wilfried Lipp nur peripher im Rahmen ergänzender Lehrveranstaltungen wahrgenommen hatte, verknäueln sich in meinem Kopf seine Vorlesungsinhalte mit seinen Statements als Landeskonservator und Zeitungsmeldungen über unterschiedliche, jeweils aktuelle Auseinandersetzungen im Rahmen seiner Tätigkeit als Präsident von ICO­ MOS Österreich. Wobei er gerade in letzterer Funktion, trotz seiner theoretisch kritisch-ausdifferenzierten Position gegenüber einer postmodernen Denkmalschutz-Haltung im Sinne einer ‚Ästhetisierungsmaschine’ mit ,Tendenzen zur Ökonomisierung‘, genau diese Haltung – für meinen Geschmack oft zweckrational verkürzt auf Aspekte einer Ästhetik der „‚Anmutung‘ von ‚alt‘ und ‚historisch‘ und damit von ‚bedeutsam‘“ – in den Vordergrund rückte.1 Demgegenüber schätzte ich seine Lehrveranstaltungsinhalte gerade wegen seiner stets zweifelnd abwägenden Relativierungen, die er immer wieder – nicht zuletzt gegenüber meinen eigenen ungestümen Einwänden – ins Felde führte. Sein Vorzug für mich war jederzeit, dass er das Andere verkörperte. Er bekannte sich – mit Distanz,

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Vgl. Lipp, Wilfried, Von der Kulturidee des Bewahrens. Entwicklungsstufen der Denkmalpflege, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmal­ pflege, Wien/Köln/Weimar 2008, 17–  46, hier besonders 45 – 46 (Zitat ebd., 45).

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doch offen – zu ausgewählten Aussagen seines Lehrers Hans Sedlmayr, welcher für mich ganz einfach ein ‚Nazi‘ war; und er eröffnete mir einen kritisch-differenzierten Blick auf die französischen, postmodernen PhilosophInnen, die für mich damals schlichtweg ‚cool’ waren. Insofern stellte Wilfried Lipp in meinem Studium jenen Kontrapunkt dar, der mich anregte, eigene Positionen zu hinterfragen und Manches genauer auf seine verdeckten Widersprüche hin zu untersuchen und neu zu lesen. Heute versuche ich – wie Lipp – im eigenen Unterricht, verfestigte Meinungen von Studierenden ins Wanken zu bringen. Doch zugegebenermaßen weniger geschliffen und abwägend, eher durch Provokation und mit expressiver Inbrunst. Denn Wilfried Lipp war jederzeit ein Sir, und ich der Prolet.

… Friends – Freunde

Im Duett mit Wilfried Lipp Michael Petzet

Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um den letzten Text von Michael Petzet († 29. Mai 2019). Er entstand aus einem intensiven Austausch des Jubilars mit dem geschätzten Kollegen und Freund.1

Es gibt Dinge, bei deren Nennung sich assoziativ und reflexartig das fehlende Zubehör aufdrängt: Aus bayerischer Sicht etwa verlangt die Weißwurst nach der Brezen, wie in der österreichischen Kulinarik die Frankfurter Würstel nach Senf und Kren und – stellvertretend für fast alle Hunger- und Durstkombinationen – das Gulasch nach Bier. Das Phänomen sich aufdrängender Ergänzungen zeigt sich auch bei Personen, deren ursprüngliche Alleinstellung durch biographische Verknotungen zur Doppelnamenidentität verschweißt wurde. Aus gutem Grund möchten wir die Assoziationen zu diesem Thema auf Beispiele der Verkettung männlicher Individuen beschränken. Im Alten Testament stehen dafür Kain und Abel, David und Goliath, in den Comics geschichtlicher Mythen Asterix und Obelix, in der Weltliteratur Don Quijote und Sancho Panza oder Faust und Mephisto, in der literarischen Kinderpädagogik Max und Moritz, in Kino-Komik Dick und Doof und am Folk-RockHimmel glänzen Simon und Garfunkel als Zwillingsgestirn.

1

Vgl. Lipp, Wilfried, Michael Petzet (1933–2019). Ein Nachruf im Zeitalter der Beschleunigung, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 73 (2019), Heft 1/2: 100 Jahre Republik. Denkmalpflege zwischen Monarchie und Republik, 150  –156.

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Bei den Doppelfiguren der Ideengeschichte sind in Politik und Ökonomie Karl Marx und Friedrich Engels auf ewig amalgamiert, am Horizont der Sozialwissenschaften schweben Theodor W. Adorno und Max Horkheimer als geflügeltes Paar der kritischen Theorie und – nun endlich: auch in Kunstgeschichte und Denkmalpflege existiert mit Alois Riegl und Max Dvorˇák eine dauerhafte Legierung von Denk-Figuren. Zwar nicht in der Prominenz der längst im kollektiven Gedächtnis angekommenen Namenspaare, aber in den hintersten Reihen, nahe den Jedermann-Kombis von Hinz und Kunz, sind vielleicht auch Petzet und Lipp unter dem Doppeljoch der Verantwortung für das Bewahrende zu finden. Die Wurzeln für unsere symbiotische Beziehung reichen weit zurück in die 1980er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Begegnungsstätten waren zunächst die Landeskonservatorentagungen des österreichischen Bundesdenkmalamtes, die jährlich in einem anderen Bundesland veranstaltet wurden. Aus heutiger Sicht waren diese Anlässe ein Zusammentreffen der damals durchaus überund durchschaubaren who is who-Gemeinde der deutschsprachigen Denkmalpflege. Österreich war durch seine gewichtigen Juristen-Präsidenten Erwin Thalhammer und später Gerhard Sailer vertreten, durch Gertrude Tripp, die Leiterin der Werkstätten des Bundesdenkmalamtes und Angehörige jener Expertengruppe, die 1963/64 die Char­ ta von Venedig erarbeitete. In bester Erinnerung sind Generalkonservator Ernst Bacher als geschmeidiger Ausdenker in Alois Riegls Spuren, Chefrestaurator und Befundgenie Manfred Koller, die seriösen Kunsthistoriker Norbert Wibiral und Eva Frodl-Kraft und eine Vielzahl unvergessener oder auch mittlerweile (zu Unrecht) vergessener Kolleginnen und Kollegen. Die bundesdeutsche Seite war unter anderen durch August Gebeßler vertreten, aus Südtirol war häufig Landeskonservator Helmut Stampfer dabei, aus der damaligen DDR Generalkonservator Ludwig Deiters und sein Nachfolger Peter Goralczyk, aus der Schweiz Alfred A. Schmid, Bernhard Furrer und Alfred Wyss.

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In den von der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland veranstalteten jährlichen Tagungen hat sich das personelle Spektrum über die ritualisierten Gegeneinladungen hinaus noch erheblich erweitert. Die Tagungen wurden zu einem Forum gemeinsamer Beschwörungen ebenso wie erbitterter Auseinandersetzungen – in jedem Fall bildeten sie einen Humus für kreative Impulse, für theoretische und praktische Differenzierungen. In dieser Atmosphäre entwickelte sich bald eine sich immer weiter vertiefende Beziehung zwischen uns beiden. Auf denkmalpflegerische Tagungsprosa und offizielle Pausenrhetorik folgten engere Kontakte, die schließlich in gemeinsame Projekte mündeten. Unvergesslich die große Initiale unserer damals aufrüttelnden Paukenschläge: die Passauer Tagung „Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus“ im Jahr 1993. Die geplante und schon durchgestylte Fortsetzung des Themas in Las Vegas – frei nach Roberto Venturis (u.a.) Motto „Learning from Las Vegas“ – blieb leider aus finanziellen Gründen in der Schublade. Auf Passau folgte 1995 die Tagung „Das Denkmal als Altlast?“ in Dortmund mit Lipps appellativem Beitrag zur Reparaturgesellschaft. Die fachspezifischen Verbindungen fanden ihre impulsiven Fortsetzungen an privaten, ‚konspirativen‘ Orten in München und dem steirischen Altaussee oder auf Bootsfahrten auf dem Shannon, wo das Duo – durch Detta Petzet und die Kunsthistorikerin Ulrike Steiner zum Quartett erweitert – buchstäblich auf derselben Wellenlänge schwamm. Die lange Reihe durchaus erträglicher, ja ertragreicher gemeinsamer Unternehmungen endete – vorläufig – mit einer Podiumsdiskussion zwischen uns in Flensburg 2015. Es ging um das Thema „Substanz“. Um Substanzfragen ging es uns natürlich auch in unserem jahrzehntelangen Engagement in und für ICOMOS.2 2

Wilfried Lipp war von 2002 bis 2018 Präsident des Österreichischen Natio­ nalkomitees von ICOMOS und von 2008 bis 2014 Mitglied des Exekutivkomitees

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Lipp agierte u.a. als Speerspitze gegen das von ihm ausgemachte und vielfach zitierte „Parkinson’sche Gesetz“, dessen Effekte sich epidemieartig auch in Institutionen wie ICOMOS ausbreiteten. Das heißt im Klartext, dass institutionelle und personale Energien immer mehr nach innen ‚verpuffen‘, sich im Gestrüpp organisatorischer und finanzieller, struktureller und logistischer Fragen verfangen. Die eigentliche Aufgabe – die Bewahrung konkreten Kulturerbes – gerät dabei immer mehr außer Sichtweite. Dieser Prozess ist mit der Dynamik zentrifugaler Wertetransfers verbunden3: Bedeutungen wandern so vom Zentrum an die Peripherien. Was – seinerzeit – vielversprechend mit der „Erweiterung des Denkmalbegriffs“4 begann, versprüht nun im Sphärennebel des Immateriellen. Die ursprüngliche Mitte, die substanziellen ‚Monuments and Sites‘, ersetzte zunächst der Sammelbegriff von ‚Heritage‘, dann suchte man Schutz und Sinn unter dem weit gespannten Schirm von Gesellschaft, Demokratie, Menschenrechten und – natürlich – Umwelt und Klima. Wir sind nicht nur dabei gewesen, sondern haben immer auch versucht, der Zentrifugalisierung, der ‚Zerstäubung‘ der Materie Denkmal entgegenzuwirken, bei aller Anerkennung ihrer pluralistisch mosaizierten Komplexität. Auf unserer Agenda standen also einige wichtige denkmalrelevante Revitalisierungsoffensiven etwa gegen das zeitgeistig weichgespülte Vienna Memorandum on World Heritage and Contemporary Architecture – Ma­ naging the Historic Urban Landscape (2005) mit seinem Credo – pointiert ausgedrückt –, alles sei architektonisch möglich, wenn nur die Qualität stimme. Die Hoffnung,

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bzw. Vizepräsident von ICOMOS International, ich wiederum war von 1988 bis 2012 Präsident des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und von 1999 bis 2008 Präsident von ICOMOS International mit Sitz in Paris. Vgl. Lipp, Wilfried, Heritage Trends – Im Wandel gesellschaftlicher Werte und Befindlichkeiten, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard (Hg.), Denkmale – Werte – Bewertung. Denkmalpflege im Spannungsfeld von Fachinstitution und bürger­ schaftlichem Engagement (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. 23) (dt./engl.), Holzminden 2014, 73 – 83. Vgl. Sauerländer, Willibald, Erweiterung des Denkmalbegriffs?, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 33 (1975), Heft 1/2, 117–130.

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dass das Nachfolgedokument der UNESCO, die Recom­ mendation on the Historic Urban Landscape (2011), der ästhetischen Beliebigkeitshaltung „schön ist, was gefällt“ und dem ökonomischen Diktat des ‚Sich-Rechnens‘ wirksam entgegentritt, hat sich nicht erfüllt. Eine wesentliche Herausforderung für unsere gemeinsamen Anstrengungen lag in der zeitcharakteristischen Doppelfigur von Vereinheitlichungstendenzen auf dem einen mächtigen Strang (Stichwort Globalisierung) und auf der Zersplitterung in Teilaspekte auf dem anderen (Stichwort Pluralität). Dem Schreckensbild zeitgleicher Uniformität hat Lipp die Faszination einer Wirklichkeit, „in mehr als einer Zeit“ zu leben, gegenübergestellt und die herausfordernde Ambivalenz der Pluralität im Schlusssatz eines Postmoderne-Beitrags auf den Punkt gebracht: Schwierige Aufgabe in dieser komplexen Situation sei es, „[d]ie Denkmäler der Vielfalt des Lebens zu öffnen und gegen die Vielfalt des Lebens zu verteidigen“5. Die Praxis hinter solch großen Worten sah – und sieht – nüchterner aus. Wie kann man der Vereinzelung und Zerstreuung des Denkmalverständnisses mit der solipsistischen Tendenz „jedem sein Denkmal“6 durch Stärkung „kollektiven Gedächtnisses“ und kollektiven Denkmalverständnisses begegnen? Könnte die fortschreitende Digitalisierung dabei einen Beitrag leisten oder befördert diese nicht noch die beliebige individuelle Wählbarkeit von identifikativ montierbaren Vergangenheiten auf einer technischen ‚Knopfdruck‘-Metaebene? Was bleibt von der im Schleudergang der Zeit ausbleichenden Allianz Lipp – Petzet? Innerhalb von ICOMOS hat unsere 2004 im Blauen Salon des Palais Starhemberg in Wien erfolgte Gründung des ICOMOS Theoriekomitees

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Lipp, Wilfried, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Schichtung und Plurivalenz, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmal­ pflege, Wien/Köln/Weimar 2008, 161–177, hier 177. Lipp, Wilfried, Postmoderne. Gefährliche Chancen, in: ders., Kultur des Bewah­ rens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien/Köln/Weimar 2008, 142  –160, hier 159.

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Bestand. Lipp hat für dieses Forum eine neue Form der Vermittlung eingebracht, die Picture Rap Show, die versucht, sich von der zuweilen gähnenden Langeweile von Kongressbeiträgen abzuheben. Die Arbeit des Theorieko­ mitees ist u. a. in den Bänden der Komitee-Tagungen dokumentiert, die insgesamt ein wichtiges Zeitdokument denkmalpflegerischer Perspektiven sind.7 Am Puls der Zeit von 1980 bis heute haben wir die Instrumente unserer Disziplin vielfach neu geordnet und geschärft. Wir nahmen uns buchstäblich kein Feigenblatt8 vor den Mund, waren in mancher Hinsicht Avantgarde und hielten vor allem aber unserem Gegenstand im Karussell der Werte, in den Verwirrungen von Enttabuisierung und Tabuisierung, die Treue. Und noch etwas: wir haben – den Stürmen trotzend – Hoffnung und Humor nicht aufgegeben. Manchmal zum Leidwesen bierernster Kolleginnen und Kollegen, vollzogen wir in Diskussionen gelegentlich auch einen ‚ironic turn‘. Was bleibt? Die Antwort hat Lipp für unsere ganze Gesellschaft von Bewahrungshelfern in Reminiszenz an Friedrich Hölderlin formuliert: „‚was bleibet aber‘ stiften […] zu einem guten Anteil auch die Denkmalpfleger.“9 Möge dies auch eine Verantwortung für die Zukunft bleiben.

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Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, bisher vier Bände, erschienen ab 2008 bei Edizione Polistampa in Florenz. Vgl. Petzet, Michael, Reversibilität – das Feigenblatt in der Denkmalpflege?, in: ICOMOS Deutschland (Hg.), Reversibilität. Eine Tagung des Deutschen Natio­ nalkomitees von ICOMOS und des Sonderforschungsbereichs 315 der Univer­ sität Karlsruhe, Karlsruhe, Oktober 1991 (ICOMOS – Hefte des Deutschen Na­ tionalkomitees 8), red. v. Stefan W. Krieg u. Hartwig Schmidt, München 1992, 9  –14. Lipp, Wilfried, „Was bleibet aber …“. Paradoxien der Dauer, in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien/Köln/Weimar 2008, 202 – 211, hier 211.

Zur Erinnerung Φίλιππος. Reflexionen einer Freundschaft Hans Max-Theurer und Wilfried Lipp

Hans Max-Theurer verstarb völlig unerwartet am 11. August 2019. Wenige Wochen vor diesem tragischen Ereignis haben er und Wilfried Lipp in Vorbereitung eines Statements für diese Publikation gezielte Gespräche geführt. Das in Skizzen vorliegende Manuskript des Freundes wurde von Wilfried Lipp in die hier abgedruckte Form gebracht – Hans Max-Theurer hatte das dafür gewählte „Ich-und-Wir“-Narrativ für seine nicht mehr erfolgte Ausformulierung ausdrücklich vorgesehen.

Kein Zweifel – darüber sind wir uns einig – jeder Mensch hat von Natur aus mehrere Begabungen, die grundsätzlich für die von der Evolution angelegte Lebensbehauptung notwendig sind. Im Laufe der Zivilisationsgeschichte kam es zur immer weitergehenden Bildung von existentiellen Nischen für bestimmte Begabungen – in Landwirtschaft und Viehzucht, Ökonomie, Verwaltung und Militär, Handwerk und Technik, Kunst und Kultur usw. Am Ende dieser Fokussierung auf besondere Begabungen steht der Spezialist, der nicht selten ironisch zum ‚Fachidioten‘ gemünzt wird oder der Beschränktheit einer ‚déformation professionnelle‘ verfällt. Als Ventil für die biologisch eigentlich fundierte Begabungsvielfalt entwickelten sich eigene Formen von Kompensationen, die in modernen Zeiten als Hobby und Ausgleich zur alltäglich abverlangten Spezialisierung selbstverständlich geworden sind: nicht ohne den fast unvermeidlichen Zirkelschluss, dass auch Hobby und Ausgleich letztendlich dem Ehrgeiz der besonderen Leistung und Expertenschaft unterliegen.

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Wir beide sind dafür gute Beispiele. Unsere Begabungen sind einander verbunden wie zwei Seiten einer Münze. Ich verwende diese Metapher, weil es in unseren Jugendzeiten tatsächlich eine Hartgeldprägung gegeben hat, die der Doppelseitigkeit unserer Begabungen sinnbildlich entsprach. Auf der damals ‚neuen‘, ab 1961 umlaufenden österreichischen 5-Schilling-Münze befand sich auf der einen Seite die Figur eines Reiters der Spanischen Hofreit­ schule in der Lektion der Levade, auf der anderen Seite waren Zahl und Bindenschild samt Lorbeerzier zu sehen. Symbolisch personalisiert würden – fürs erste – Reiter und Pferd für meine eigene primäre Begabung stehen, Wappen und Lorbeer könnten im Sinne der Metapher für Wilfrieds Expertise auf dem weiten Feld des Formalen und Institutionellen zeugen, zu dem in seinem Bereich auch die Kennerschaft und Verantwortung für das kulturelle Erbe zählt. Die Pointe dieser Sinnbildlichkeit liegt darin, dass die jeweilige Kehrseite der Münze auch für unsere alternativen Begabungen und Interessen steht. Bei mir für jene der Kunst, der Antiquitäten und der historischen Immobilien, kurz für Kulturgut; bei Wilfried für die Reiterei und die Welt der Pferde. Biografisch stand für uns beide zunächst das Milieu von Pferd und Reiter im Vordergrund der Gemeinsamkeiten. Die jeweils andere Seite war sozusagen noch verdeckt. Den szenischen Hintergrund unserer Beziehungsbühne bildete die monumentale Anlage der ehemaligen „Alpenjägerkaserne“ in Wels. Dieser um die Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute Komplex besaß eine für die damaligen Verhältnisse der späten 1950er, frühen 1960er Jahre großdimensionierte Reithalle und eine Vielzahl von Stallungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand hier die Spa­ nische Hofreitschule Quartier, ehe sie 1955 in die Wiener Hofburg zurückkehrte. Wilfried und ich waren noch Zeugen des Trainings mit den Lipizzanern unter der Leitung von Oberst Alois Podhajsky und Jahre später, 1971, war ich selbst für ganz kurze Zeit in Bereiterlehre an der „Spanischen“ in Wien. Diese Episode war für mich auch inso-

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fern von lebensweichenstellender Bedeutung, als dies die Verbindung zu meinem reiterlichen Lehrmeister, Oberbereiter Georg Wahl, beförderte. Als Welser Reiterfreunde mit einem sich weitenden regionalen Radius waren Wilfried und ich Kollegen, Konkurrenten, Talente mit dem Ehrgeiz zu ‚mehr‘. Bei mir kristallisierte sich also – mich zielstrebig aus dem erlernten Handwerk eines Schlossers emanzipierend – die Reiterei als Berufung heraus, eine Berufung, die nach den vielfältigen Stationen der Lehr- und Wanderjahre im glücklichen Schicksal einer den Wünschen und Hoffnungen maßgeschneiderten Reiterehe ihre Erfüllung fand. Das private Glück krönten zwei – mittlerweile ‚gestandene‘ – Kinder, der sportliche Erfolg bilanzierte in zahllosen Championaten, Meister­ titeln, Europameisterschaften, in Olympiasieg und -teilnahmen meiner Frau Sissy – nunmehr seit geraumer Zeit fortgesetzt von meiner Tochter Victoria. Meinen Anteil daran – Ausbildung und Training – verstehe ich als Dankbarkeit für die Ermöglichung meines Lebenswunschziels. Bei Wilfried galten nach der reiterlichen Durststrecke der Studienjahre alle Anstrengungen auf diesem Gebiet zunächst den Bemühungen des Anknüpfens an das schon einmal erreichte Niveau, dann aber erwachte der ihm eigene Ehrgeiz, sich auch in den höheren Schulen der Reitkunst zu etablieren. Wilfried und ich, wir kommen beide aus ökonomisch einfachen Verhältnissen. Mit anderen Worten: wir waren keine geborenen ‚Herrenreiter‘ und sind auch keine geworden. Ich habe immer bewundert, wie Wilfried junge Pferde der untersten Preisklasse mit Können und Pferdeverstand1 selbst bis zur höchsten Klasse ausgebildet hat und dabei im Sattel immer gute Figur gemacht hat. Ich erinnere mich sehr gut, wie Wilfried einmal ein paar Tage

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Man kann ihn wahrlich – wie im Titel auf Altgriechisch niedergelegt – als Pferdeliebenden bezeichnen. Und ist es nicht eine nette Pointe, dass sein Name in Philippos zu finden ist?

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auf unserer Anlage trainierte und voll berechtigtem Stolz seine ersten Einser-Serienwechsel präsentierte auf einem namenlosen, aber schicken Rappen, den er dreijährig in Tschechien um ein paar hundert Dollar erworben hatte. Die Changements waren schnurgerade, schwungvoll vorwärts geritten, sodass auch meine Frau Sissy mit ihrer Anerkennung nicht zurückhielt – und das will etwas heißen. Aber: da gibt es – wie gesagt – auch die ‚andere Seite‘, die uns verbindet, die Kunst, die für Wilfried zur Profession und Professur wurde, für mich zur ausgeprägten und ausufernden Sammelleidenschaft, die mit Meisterwerken aus allen Sparten und Epochen, von mittelalterlichen Waffen und Rüstungen über gotische Bild- und Schnitzwerke, Höhepunkte der Renaissance und der Barockkunst bis ins 19. Jahrhundert reicht. Und da gibt es noch eine dritte Gemeinsamkeit: die historische Baukultur. Bei mir vor allem die Begeisterung für Burgen und Schlösser. Beide Schlösser, in denen wir und unsere Familien wohnen, wurden mit der diplomatischen Hilfe von Wilfried erworben und dann, orientiert am denkmalpflegerischen Reinheitsgebot der Authentizität und Integrität instandgesetzt, restauriert und einund angewohnt.

Abb. 1: Wilfried Lipp beim Ausführen einer Piaffe.

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In dieser Trinität gemeinsamer Interessen und Begabungen gab es immer überquellenden Gesprächsstoff. Jeder wollte primär von dem sprechen, was er noch nicht ganz perfekt erreicht hat. Wilfried holte sich Tipps für Piaffe und Passage und ich freute mich über Wilfrieds Kunsturteil. Auf einen Nenner gebracht: das Schöne verbindet uns – das Schöne in der Kunst und in der Hohen Schule der Reiterei. Und es verbindet uns die Eigenschaft, über die Situation, in der man ist, hinauskommen zu wollen. Mit diesen Einstellungen haben wir einiges erreicht. Was würde uns, die wir zwar nicht allen Sätteln, aber doch einigen gerecht wurden, bei einem gemeinsamen Ausritt lebensphilosophisch in den Sinn kommen? Vielleicht der beim reitenden Volk sehr bekannte aufrichtende Appell „… bleib im Bügel, straff die Zügel …“ oder dein Wahlspruch „jung ist man, solang man starken Trab reiten kann“. Aber vielleicht erinnern wir uns auch an die Piaffe un­ seres Lebens2, dieses glückliche Innehalten des Trabs auf der Stelle, bevor wir weitertreiben. War es nicht das, was wir uns wünschten? Augenblicke der Geschichte im Stillstand.

Abbildung Abb. 1: Wilfried Lipp beim Ausführen einer Piaffe, aufgenommen im Jänner 2020, Foto: Lukas Kronsteiner.

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Um den Titel einer kleinen privaten Festschrift aufzunehmen, die mir, Hans MaxTheurer, von meiner Familie zum 70. Geburtstag überreicht wurde.

… Composed – Ausgedachtes

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ Ein nicht geführtes Gespräch zwischen einem Kardinal, einem Fürsten und einem Lipp-Schüler Georg Steinmetzer

(Im Schloß des Fürsten)

I  Sein und Wahrnehmung Schüler: Hoheit, darf ich unser Gespräch mit Ihnen beginnen? Fürst:

Wenn das bedeutet, daß wir eher fertig sind, gerne.

Schüler: Mir ist aufgefallen, daß der Salon, in dem wir hier sitzen, so eingerichtet ist, daß man gar nicht in den herrlichen Park schaut, sondern zur Raummitte hin. Fürst:

Wozu denn auch. Der Park ist ja auch da, wenn man ihn nicht sieht.

Schüler: Ist die Idee der schönen Aussicht etwas Bürgerliches? Fürst:

Naja vielleicht. Die Aussicht ist ja überwiegend auf etwas gerichtet, was einem nicht gehört. Und man schaut aus dem heraus, was man gerade besitzt. Also ist die Aussicht doch etwas, was oft mit der Beschränktheit des Eigentums zu tun hat. Und übrigens, ich kann ja in den Park gehen und in ihm herumspazieren.

Schüler: Einer Ihrer Vorfahren hat sein Schlafzimmer im Erdgeschoß eingerichtet. Fürst:

Eben deshalb. Er mußte nur zur Tür hinaus und war schon im Park.

Schüler: Ein Park, den man nicht erlebt, sondern nur von fern bewundert, ist nichts wert? Fürst:

Na, ein Glas Wein schmeckt ja auch nicht vom Anstarren.

Schüler: Gilt das auch für dieses Schloß?

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Fürst: Sicherlich. Schüler: Was macht denn ein Schloß zu einem Schloß? Fürst:

Zunächst einmal der Anspruch, der von ihm ausgeht, auch wenn das nicht immer sympathisch ist. Und dann, daß es Mittelpunkt ist, von einem ganzen Staat wie Versailles oder auch nur von irgendeinem niederösterreichischen Nest an der tschechischen Grenze. Hauptsache Mittelpunkt. Und dann eben das Leben in ihm. Wenn nur mehr Wochenendmieter drinnen sind oder Büros, ist es halt aus.

Schüler: Nutzung ist eben nicht gleich Leben. Das wird in der Denkmalpflege leider oft grob verwechselt. Gelten Ihre Bedenken auch für die museale Nutzung? Fürst:

Ja erst recht! Was da alles mühsam erklärt wird. So pädagogisch – und die Kinder müssen überall was malen. Aber das Leben hier können Sie nicht erklären, das muß einfach passieren.

Schüler: Aber Sie haben hier auch Besucher. Fürst:

Ja, und wenn ich nicht aufpasse, wird man mich auch noch als Kuriosität in die „Führungslinie“ des Schlosses integrieren. Das ist so eine komische Sache: Die Leute haben es heute so gern museal bei den andern, aber selbst schreien sie: „Wir wollen nicht im Museum leben!“

Schüler: Könnte es sein, daß letztlich Sie es sind, der dieses Schloß überhaupt erst dazu macht? Fürst:

(lacht) Wenn Sie so wollen. Was ist ein Operationssaal ohne Chirurgen mehr als ein gefliester Raum?

Kardinal:

(lächelt)

Verzeiht, wenn ich da jetzt den grundsätzlichen Unterschied zu einer Kirche anmerken darf: da reicht es, wenn der Patient da ist – auch ohne Chirurgen.

Schüler: Ich würde gerne zu Ihrem Gedanken des Mittelpunktes zurückkommen. Ein solcher Mittelpunkt muß von der Gesellschaft erfahren, beigemessen und akzeptiert werden. Es handelt sich also um eine Eigenschaft, die einem Schloß – abgesehen vielleicht von seiner geographischen Lage – nicht innewohnt. Fürst:

Das ist richtig. Viele Schlösser sind doch heute nur mehr aus Gewohnheit die Mitte ihrer kleinen Welt.

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

Weil der „Herr Graf“ da ist, wie es schon sein Vater war und sein Großvater und weil ihn die Aura des Höhergestellten umgibt – und ein bisserl Wald. In der Stadt hat sich das doch alles schon längst aufgehört. Schüler: Hören denn, Eminenz, auch Kirchen auf welche zu sein, wenn es niemanden mehr gibt, der sie als solche anerkennt? Kardinal: Die Überlegung geht doch in Richtung Schrödingers Katzenzustand, sofern ich mich an meinen lang zurückliegenden Physikunterricht recht erinnere.   Das Verhältnis von Sein und Wahrnehmung beschäftigt mich, wenn Sie so möchten, berufsbedingt. Auch ganz praktisch: Sakralräume sind geweihte Orte, Orte der Gottesgegenwart. Aber unsere Dome sind zwischen 9 und 17 Uhr vor allem Besichtigungsziele und Selfie-Kulissen. Das hat man doch jetzt auch deutlich beim Brand von Notre-Dame gesehen. In den Medien wurde vermittelt, daß die Kirche vor allem eine Touristenattraktion war.   Was „ist“, wenn es nicht wahrgenommen wird? Und vieles wird einfach nicht mehr wahrgenommen – nicht einmal aktiv abgelehnt –, einfach nicht mehr wahrgenommen. Ganz selbstverständliche Zugänge, die den Menschen noch bis vor kurzem die Augen geöffnet haben für das Besondere, das Schöne, das Erhabene, das Heilige, sind heute verschüttet. Das ist keine böse Absicht, mir ist das wichtig zu betonen, es ist eine Art Sehschwäche, weil vielen Menschen die Brille der Überlieferung, der Erziehung und vielleicht auch der liebevollen Hinführung fehlt. Schüler: Wird die Entwicklung so weitergehen? Kardinal: Ja, weil zu der Sehschwäche auch noch andere Sehgewohnheiten, ja andere Augen kommen. Eine immer weniger ortsgebundene Gesellschaft ist aktiv oder passiv mit solchen anderen, mitunter auch fremden Sehgewohnheiten konfrontiert. Und das geht nicht friktionsfrei ab. Wir werden dieses Aufeinandertreffen unterschiedlicher Sehgewohnheiten bei fortschreitender Migration verstärkt spüren. Es wird derzeit so viel von Werten geredet, aber es handelt sich viel weniger um unterschiedliche Werte als um verschiedene Wahrnehmungen. Aber diese sind ja kein Naturgesetz, sondern haben ihrerseits etwas mit

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Überlieferung und Erfahrung zu tun. Wir sind da alle gefordert, nicht nur den verständnisvollen, sondern auch den verständigen Blick zu fördern. Eine neue Schule des Sehens braucht es. Schüler: Eine solche Sehgewohnheit bestimmt etwa auch die Wertschätzung des Altgewordenen, das seine Spuren und Blessuren aus der Geschichte davongetragen hat. Der Riegl’sche Alterswert ist halt ein sehr europäisches Konzept. Kardinal: Und ein, glaube ich, unverstandenes, weil es der Lebenserfahrung und der biologischen Wirklichkeit widerspricht, wonach jüngere Organismen nun einmal besser funktionieren als ältere. Schauen wir uns doch nur selbst an. (Alle lächeln gequält) Fürst:

Im Orient und in Asien kennen sie auch nicht den Patina-Fetisch, mit dem uns hierzulande die Denkmalämter terrorisieren. Da wird dauernd überstrichen und vergoldet, Hauptsache es glänzt und leuchtet. Eigentlich fängt das schon in England an, wo selbst die Fassaden regelmäßig lackiert werden.

Schüler: Da wir jetzt schon über die halbe Welt reden: Wieviel Ruhe brauchen unsere Augen, um überhaupt sehen zu können? Und weiter, wieviel Örtlichkeit braucht es, um diese Ruhe zu spenden? Braucht der Blick nicht zunächst eine Heimat – und ich bin mir wohl bewußt, wie strapaziert dieser Begriff ist. Kardinal: Ein Dichterwort, ich weiß nicht mehr, wo ich es gelesen habe, lautet: „Der Wein der Religion wird im Becher der Heimat gereicht.“ [Anm.: Peter Dörfler (1878   –1955)] Ich glaube, da wird alles gesagt: Die Heimat ist das Gefäß, nicht der Inhalt, ist das Medium, nicht die Botschaft.   Es ist doch so, daß sich der Blick geweitet hat. Und das ist gut so. Aber fokussieren kann das Auge halt immer nur auf einen kleinen Bereich. Indem wir die Verantwortung für die Menschheit in ihrer Gesamtheit annehmen, gerät die Sorge um den Nächsten, ja auch um das Nächstliegende leicht aus dem Blick. Das kann manchmal sogar bequemer sein. Und sind die Empathien überhaupt vergleichbar? Nächstenliebe hat ein erfahrbares Gegenüber. Aber „Fernstenliebe“, ich weiß nicht... muß man nicht im Verhältnis zu den Brüdern und Schwestern in der Welt ehrlicher-

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

weise von Geschwisterlichkeit sprechen? Die ist ja nun einmal ein Faktum. Mir kommt in diesem Zusammenhang doch immer das Gleichnis von der rechten und der falschen Sorge in den Sinn. Fürst:

Schauen Sie sich doch dieses UNESCO-Weltkulturerbe an, das zu so einem „Eine-Welt-Laden“ des Denkmalschutzes mutiert. Ich hab’ immer ein bisserl die Angst, daß dadurch nicht alles gleich nahe, sondern eher alles gleich weit weg rückt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute, die gar so bestürzt waren über den scheußlichen Brand von Notre-Dame, zustimmend nicken, wenn im eigenen Ort wieder ein alter Bauernhof weggeschoben wird.

II Veränderung Schüler: Haben Sie das vorhin mit dem Patina-Fetisch ernst gemeint? Fürst:

Halb-halb. Das Gleichbleibende eines Denkmales wird doch hoffnungslos überschätzt. Es ist doch überwiegend Veränderung, die es prägt. Oft Jahrhunderte an Veränderung. Und die soll plötzlich aufhören. Das nenne ich zum Stillstand verurteilen. Wer sagt denn, wann was fertig ist?

Schüler: Brecht hat auf die rhetorische Frage „Wie lange dauern die Werke?“ gleich selbst die Antwort gegeben: „Die wahrhaft groß geplanten sind unfertig.“ Daraus kann man erstens folgern, daß das Unfertige sein Recht erhalten muß, und zweitens, daß die Vorstellungen vom Fertigen als Punktlandung vor allem eines: klein sind. Aber vermitteln Sie das einmal einer vom Vollendungswahn getriebenen Gesellschaft. Selbst die Denkmalpflege ist hierin der Häuslbauermentalität verfallen. Kardinal:

(lächelt milde)

Haben Sie zuviel Thomas Bernhard gele-

sen? Fürst:

Der Brecht hat‘s aber getroffen. Nehmen wir doch wieder dieses Haus: Es ist nur einmal wirklich von Grund auf gebaut worden. Aber in jeder Generation wurde es erweitert, vergrößert, den neuesten Moden angepaßt und vor allem viel repariert. Zugegeben, ich selbst habe nur mehr repariert.

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Schüler: Kränkt Sie das? Fürst:

Nein, ich hatte weder die Ambitionen noch das Geld mich selbst hier verwirklichen zu müssen. Außerdem waren mir so manche eher fürchterliche Umbauten meines Urgroßvaters aus der Zeit um 1900 ein warnendes Beispiel.

Schüler: Ist das die Selbstbescheidung zum Verwalter des Erbes? Fürst:

Ja, Verwalter des Erbes. Mehr sind wir doch alle nicht. Walten tut ein ganz anderer.

Schüler: Widerspricht diese Einsicht nicht dem veränderlichen Wesen des Denkmals, das Sie gerade noch so betont haben? Fürst:

Nein. Erst in der Rückschau eines Lebens weiß man, daß nichts so bleibt, wie man es übernommen hat, und nichts so bleiben wird, wie man es hinterläßt.

Kardinal: Diese Erfahrung hat in ihrem zyklischen Wesen etwas Beruhigendes, ja Tröstliches. Sie stellt einen so ganz selbstverständlich und ohne großes Aufsehen in eine Aufgabe hinein, die, wenn schon nicht unendlich, so doch von langer Dauer ist. Das Pflegen und Bewahren der Dinge ist so eine Lebensschule, wenn nicht sogar eine Glaubensschule. Die Beschränktheit der Mittel, die Begrenztheit der Zeit bewahrt einen doch ganz zwangsläufig vor Hochmut, vor Übermut. Das christliche Ideal der Demut, das heute oft ganz mißverstanden und desavouiert wird als buckelnde Unterwerfung, schätzt und ehrt das Übertragene. Wie sagt der Apostel Paulus: Prüft alles und bewahrt das Gute. Fürst:

Das Bewahren wurde mir leichtgemacht. In diesem Haus war ein guter Geist. Ich will jetzt nichts schönreden und weiß allzu gut, daß es auch hier Dramen und unschöne Momente gegeben hat. Aber das hat nicht zu einer unguten Ausstrahlung geführt. Die vielen Schicksale, die dieses Haus die vergangenen dreihundert Jahre gesehen hat, sind ja alle mit ihm verwoben. Da kann ich kein einzelnes herauslösen, weil es mir vielleicht nicht paßt.

Schüler: Das Denkmal als Erlebnisspeicher? Fürst:

Ja, und die Erlebnisse sind gegenüber den eigenen in der Überzahl. Vielleicht fühlt man sich in so einem

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

Haus auch deshalb weniger einsam – selbst wenn man allein ist. Man hat doch immer das Gefühl „von guten Mächten wunderbar geborgen“ zu sein. Schüler: Ich fände die Idee verführerisch, diese BonhoefferZeile zur Grundlage einer noch zu schreibenden Hymne des Denkmales zu machen. Aber im Ernst: Werden nicht vielleicht diese „guten Mächte“ oft als Schatten der Vergangenheit und daher als belastend empfunden? Könnte darin nicht sogar ein Urgrund für eine gewisse Denkmalfeindlichkeit in unserer Gesellschaft liegen? Fürst:

Aber es ist doch ein Witz zu glauben, man würde die Vergangenheit loswerden, nur weil man ein Haus niederwalzt oder, wenn man es schon nicht niederwalzen kann, es zumindest gleichmäßig in Plastik taucht. Man macht dadurch die Vergangenheit und die Gegenwart nur häßlicher, aber man entkommt ihr doch dadurch nicht. Man muß ihr auch gar nicht entkommen, man muß sich ihr stellen. Und da helfen uns die Hinterlassenschaften sogar. Ich kann heute sagen: Mich hat dieses Haus mehr geprägt, als ich es geprägt habe.

Schüler: Diese innewohnende Prägekraft ist vielleicht die Definition des Denkmales überhaupt. Fürst:

Aber eine flüchtige. Oder soll ich sagen: eine leicht flüchtende. Das wissen Sie doch besser als ich.

Schüler: Stimmt. Ganz schnell geht das und man vertreibt sie. Manchmal reicht schon eine moderne Fensterscheibe, die das Licht kälter durchläßt und den Himmel leblos spiegelt. Trotzdem werden allerorten Fenster so bedenkenlos gewechselt, als handle es sich um Winterreifen.

III Wert Schüler: Hoheit, welchen Wert haben für Sie Erinnerungsstücke? Fürst:

Ich hab’ einen Hut, den ich zur Jagd nehme, der ist von meinem Großvater. Weder besonders schön noch von großem Wert, aber eben von meinem Großvater. Der trug ihn schon, als es die Monarchie noch gab.

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Und er trug ihn, als er vor den Nazis flüchtete. Und mein Vater trug ihn, als er meine Mutter kennenlernte. Welcher neue Hut kann dagegen antreten? Solange wir den wahren Wert dieser kleinen Erinnerungsträger nicht schätzen, brauchen wir über die großen Denkmäler gar nicht nachdenken. Schüler: Ich glaube auch, daß das Verhältnis zu Erinnerung und Erbe wortwörtlich zu Hause anfängt. Ich habe zwei Schulkinder, durch sie komme ich immer wieder in die Wohnungen der Mitschüler. Mir ist dabei aufgefallen, daß in ihnen – fast ausnahmslos würde ich sagen – kein einziger Gegenstand einen Hinweis darauf gibt, daß die Bewohner eine familiäre Vergangenheit haben. Nichts, was einen Hinweis auf ihre Herkunft gibt, nichts von den Eltern oder gar Großeltern. Kardinal: Da möchte ich ein Beispiel geben, das mich sehr berührt hat. Ich war in meinen römischen Studientagen bei den Eltern eines Seminarkollegen in Süditalien zu Besuch. Die Mutter war eine hervorragende Köchin, die mich verwöhnte. Ich wollte ihr beim Abwaschen helfen, was sie natürlich nicht zugelassen hat. In der Küche stand ein alter Küchentisch mit einer vom vielen Kochen zerfurchten Holzplatte. Als ich an dem Tisch stand, erzählte sie mir mit großem Stolz, daß sie auf diesem Tisch alle ihre fünf Kinder zur Welt gebracht hatte. Und sie hat dabei die Platte des Tisches gestreichelt wie einen alten Freund. Was kann wertvoller sein als dieser Tisch, der sonst nicht besonders schön war. Für mich war er damals ein Altar des Lebens. Schüler: Glauben Sie, daß dieser Tisch noch existiert? Kardinal: Ich hoffe es sehr. Andererseits wechseln doch viele Menschen heute ihre Einrichtung im Fünfjahrestakt. Halt so wie die Garderobe. Mich erstaunt das immer wieder, wie oft die Menschen, auch wenn bei ihnen das Geld knapp ist, „modernisieren“. Schüler: Es scheint doch so, ich habe aber dafür keine Belege, daß Bildungsschichten empfänglicher sind für die Apelle der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit. Ich würde behaupten, daß die Schnittmenge zwischen „Manufactum-Publikum“ und Denkmalaffinen groß ist. Der Slogan „Es gibt sie noch, die guten alten Dinge“ gilt für beide. Wir haben also auf der einen Sei-

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

te einen Zeitgeist, der auf Dauer gerichtet ist, und einen anderen, der Veränderung sucht. Fürst:

Die Begeisterung für Dauerhaftigkeit mag ja für edle Lichtschalter aus Porzellan gelten, aber kann ich deswegen gleich von einem Zeitgeist reden? Das meiste ist doch schnellen Moden unterworfen. Und dann tönt doch von allen Seiten der Ruf nach Veränderung. Was heute als gut gelten darf, muß veränderlich sein.

Schüler: Eminenz, die Frage hatte ich mir für Sie aufgehoben: Wie weit sind in einer relativistisch verfaßten Gesellschaft denn „unveränderliche Werte“ überhaupt noch vermittelbar? Kardinal: Nur mehr wenig. Das liegt aber weniger an unserer Gesellschaft als vielmehr am Wesen des Wertes, das gerade darin begründet ist, daß es veränderlich ist. Heute wird so viel von Werten geredet, auch schwadroniert, und mitunter für ideologische Gefechte mißbraucht. Unveränderlich sind sie weiß Gott nicht. Das gilt auch für die sogenannten christlichen Werte. Schüler: Was ist denn dann unveränderlich? Kardinal: Die Wahrheit. Christus hat gesagt: „Ich bin die Wahrheit.“ Er hat nicht gesagt: „Ich bin der Wert.“ Schüler: Würden Sie damit sagen, daß auch unsere Erinnerungskultur mehr auf der Wahrheit denn auf Werten gegründet ist? Kardinal: Gegründet sein sollte. Und ganz vom Wert läßt sich die Wahrheit nicht dividieren, da ihre Verteidigung dem Einzelnen wie der Gesellschaft „etwas wert sein“ muß. Wir sehen ja besorgt, wohin es führt, wenn der Wert der Wahrheit verhandelt und damit ausgehöhlt wird. Schüler: Würden Sie mir zustimmen, daß Denkmäler als authentische Zeugen der Vergangenheit für ein solch inniges Verhältnis von Wahrheit und Erinnerung stehen? Kardinal: Durchaus. Aber natürlich nie im Gesamten, sondern nur ausschnitthaft: Denkmäler stehen nicht dafür, wie „es“ wirklich war, sondern wie „etwas“ war, wie gelebt, vergeudet, gefeiert, gedarbt, gearbeitet und sogar geglaubt wurde. Fürst:

Aber wollen die Leute denn immer so genau die Wahrheit wissen? Für mich ist es durchaus komfortabel,

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daß Bauwerke davon künden, daß meine Vorfahren schon vor dreihundert Jahren Fürsten waren, aber gilt das für jemanden, der aus prekären Verhältnissen kommt, auch? Da ist der Stolz, die beengten Verhältnisse überwunden zu haben, doch so groß, daß man durch kein armseliges Häuserl, und sei es noch so aus dem 18. Jahrhundert, daran erinnert werden will. Schüler: Es ist ganz allgemein so, daß Gebäude, deren Zuschnitt an ärmliche Lebensverhältnisse erinnert, sei es von Kleinbauern oder Häuslern, zunächst als unzeitgemäß klassifiziert werden, um sie dann mit dem Verweis auf dieses Urteil abreißen zu können. Rechnet man diese Abrißmechanik hoch – und sie ist noch immer nicht zu Ende – so wird über kurz oder lang eine ganze Lebensrealität oder -wahrheit aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht sein. Kardinal: Das Problem ist ja, daß Wahrheit nicht teilbar ist. Indem ich das Eine wegnehme, verfälsche ich auch das Andere, das bleibt. Schlösser, um bei Ihrem Lieblingsbeispiel zu bleiben, verlieren ohne die Zeugnisse des bäuerlichen Lebens ihren Wahrheitsgehalt. Fürst:

(schmunzelnd)

Naja.

Schüler: Jetzt muß ich doch einmal Max Dvorˇák, einen der Väter der Denkmalpflege, zitieren: „Und das Geringe bedarf so oft mehr des Schutzes als das Bedeutende.“ Fürst:

Eminenz, der Ball geht eindeutig an Sie.

Kardinal: Soll ich jetzt die Denkmalpflege zu einer Äußerungsform wahrhaft christlichen Handelns erheben? Es lag mir ohnehin schon auf der Zunge … (Alle lachen) Schüler: Im Ernst, ist denn der Schutz des Bedrohten in einer säkularen und nachbürgerlichen Gesellschaft noch vorauszusetzen? Fürst:

Das kommt darauf an, was bedroht ist und wer als schwach gilt. Schauen Sie sich nur das Engagement für den Umweltschutz an, für bedrohte Arten, für den Erhalt von Sümpfen und Wäldern. Da gibt es doch einen gesellschaftlichen Konsens, der über ideologische Grenzen hinausgeht. Für die Schwachen in unserer Gesellschaft gilt das überwiegend auch, wenn auch der Ton leider rauher geworden ist. Bei den Denkmälern ist es anders, weil die „Wahrheit“, für die sie ste-

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

hen, unterschiedliche Befindlichkeiten auslöst: Atheisten wollen keine Kirchen, Linke keine Herrschaftsarchitektur, Konservative keine Gemeindebauten der 1920er Jahre, Katholiken keine Freimaurerlogen und so weiter. Offenbar verbinden Froschteiche die Menschen mehr als die Wiener Karlskirche. Schüler: Die auch gerade von Planungen in der unmittelbaren Nachbarschaft bedroht ist. Kardinal: Und auch da ist die öffentliche Bestürzung endenwollend. Außer dem Lipp hat doch niemand …, oder? Schüler: Vor einiger Zeit war in der FAZ [Anm.: 19. Juli 2018] ein brillanter Artikel von Franziskus von Heereman über den Wert der Werte angesichts der Debatten über sie. Er vertrat darin die Auffassung, daß in Zeiten eines sich zunehmend radikalisierenden Kapitalismus Werte vor allem an ihrem „Gegenwert“ gemessen werden. Fürst:

Ich hab’ den Beitrag auch gelesen. Der gute Heereman hat den Finger ordentlich auf die Wunde gelegt, wo es doch jetzt Leute gibt, die uns so ganz genau sagen wollen, wer bedroht ist und wer nicht, und wer es wert ist geschützt zu werden und wer nicht. Beruhigend, daß die Kirche da eine klare Stellung bezogen hat.

Schüler: Darf ich an dieser Stelle unser Gespräch erneut auf den Umgang mit dem kulturellen Erbe herunterbrechen. Auch dieses ist unzweifelhaft bedroht und mit ihm das kollektive Gedächtnis. Erhalt und Pflege des kulturellen Erbes werden heute „verhandelt“, „Inter­ essensabwägungen“ unterworfen, auf „side-effects“ durchleuchtet oder eben auf den meist utilitaristischen Gegenwert hin abgefragt. Kardinal: Wir müssen allerdings aufpassen, daß wir in der Kirche nicht in dieselbe Falle tappen, indem wir unsere Werte auf ihren Gegenwert abfragen. Ich verfolge derartige Überlegungen mit Sorge. Was ist denn tatsächlich für die Grundvollzüge der Kirche: Liturgie, Diakonie und Verkündigung „systemrelevant“? Wieviel von unserem reichen kulturellen Erbe dient unserem Auftrag, und wieviel hält uns davon ab? Schüler: So sehr ich diese Überlegungen aus pastoralen Erwägungen nachvollziehen kann – für das kulturelle Erbe klingen sie bedrohlich. Wird also die Kirche un-

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ter Papst Franziskus doch noch so manchen barocken Kirchenschatz zugunsten der Armenfürsorge verkaufen? Kardinal:

Die Frage habe ich erwartet. Man kann der Kirche ja viele Vorwürfe machen aber sicher nicht, daß sie mit der Tradition leichtfertig umginge. Wir sind uns doch alle bewußt, daß das reiche künstlerische Erbe der Kirche weit mehr als nur dinglich ist. Ich muß das hier ja gar nicht ausführen, weil doch die verschiedenen „stiftenden“ Funktionen bekannt sind. Was passiert mit den innewohnenden Prägekräften, von denen wir vorher gesprochen haben, wenn die Dinge nicht mehr an ihrem, in ihrem Ort sind? Andererseits müssen wir uns fragen, was Primärtugenden sind und was Sekundärtugenden.

(lächelt nachsichtig)

Schüler: Ich wollte Ihnen auch gar keine Antwort abnötigen. Aber sprechen wir ausnahmsweise nicht von der Vergangenheit, sondern von der Gegenwart: Die Kirche baut heute auch noch. Denkmäler von morgen? Kardinal: Da ist auch in den vergangenen Jahren tatsächlich manches Gesamtkunstwerk von architektonischem und kunsthandwerklichem Rang entstanden. Wer überhaupt erteilt noch vergleichbare Aufträge? Aber auch hier gilt heute als Maßstab, daß das Geschaffene der Verkündigung dient.

IV Erinnerung Schüler: Aber kommen wir nochmals zurück zur Frage, wo denn heute in unserer Gesellschaft die Verantwortung für die „wahre“ Erinnerung grundgelegt ist. Kardinal: Ich sehe seit einiger Zeit mit Sorge, daß sich ein gewisser Unwille zur Erinnerung breitmacht. Gleichzeitig werden anerkannte Sichtweisen auf Vergangenes relativiert und wird gegen „Deutungshoheiten“ polemisiert. Nehmen wir die Zeit des Nationalsozialismus, den etwa meine Eltern, für die Ihren (zum Fürsten gewandt) gilt das auch, ganz schrecklich erlebt haben. Da gibt es auf der einen Seite einen manchmal allzu routinierten Erinnerungskult und auf der anderen Seite die Rufe – vor allem von rechts –, daß das Erinnern ein Ende haben muß. Hier wird Erinnerung als

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

Belastung stigmatisiert und das Heil in der Befreiung von Erinnerung versprochen. Erinnerungsfeindlichkeit als Heilsversprechen. Daß dies einen Angriff auf die Wahrheit darstellt, ist offensichtlich. So gesehen ist das Erinnern ein Gebot der Stunde. Fürst:

Es gibt da auch noch einen pragmatischen Grund für die grassierende Erinnerungsfeindlichkeit, die Eitelkeit der Politiker. Wer sich etwa dankbar der Leistungen der Vorgänger erinnert, der kommt heute nicht so groß raus wie er will. Ein Denkmal ist eine ständige Erinnerung an die Leistung der Vorgänger. Ich weiß wovon ich rede.

Kardinal: Nicht grundgelegt, aber doch mit Leben erfüllt werden gesellschaftliche Grundhaltungen durch die Politik. Eine erinnerungsvergessene Politik würde keine Erinnerungskultur und keinen ausreichenden Schutz ihrer Denkmäler fördern. Das hat nicht nur mit Eitelkeit zu tun, sondern auch mit der leichteren Steuerbarkeit der Bürger. Wer nichts zum Erinnern hat, glaubt alles. Schüler: Also Denkmalpflege jetzt auch noch als demokratiestärkende Maßnahme? Fürst:

Warum nicht. Das Zerreißen der Erinnerungsfäden war doch schon immer ein probates Mittel totalitärer Regime. Nehmen Sie etwa die stalinistischen Zwangsumsiedelungen. Wenn Sie heute junge Leute in Rußland fragen, weiß kaum einer mehr, wo die Großeltern her waren.

Schüler: Wenn man das zu Ende denkt – versuchsweise –, dann gelangt man zu einem Denkmal-Paradoxon: etwas, das aus praktischer Erfahrung – Obsorge, Kostenaufwand, Ortsgebundenheit, Verantwortung etc. – „unfrei“ macht, ist auf der anderen Seite als Erinnerungsträger ein Freiraum vor politischem Zugriff. Fürst:

(augenzwinkernd) Ich bezweifle, daß Sie mit diesem Modell Erfolg haben würden.

Schüler: Ist denn dem Erinnern selbst Erfolg beschieden? Kardinal: Die Erinnerung ist doch untrennbar mit der Pietas verbunden, „erga parentes“, dem Anstand gegenüber den Vorfahren. Das war nicht zufällig eine Haupttugend der Römer. Aber diese ist eine Haltung, die ich

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nicht befehlen kann. Heute wird viel und völlig zu Recht von der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen gesprochen. Das ist zum Hauptargument für den Umweltschutz geworden und das hat mittlerweile auch der größte Sturkopf verstanden. Aber es gibt eben auch die Verantwortung gegenüber den Altvorderen. Da sind die Leute gleich weniger leidenschaftlich. Wir sollten, wenn schon nicht aus Pietät, doch zumindest aus einem gesunden Egoismus heraus für die Erinnerungskultur plädieren. Immerhin wird man sich an uns selbst bald nur noch erinnern – oder eben auch nicht. Schüler: Aber es wird doch allerorten erinnert. Brauchtum lebt wieder auf, Feste werden begangen. Fürst:

Ja, solange es ein Bierzelt gibt und es kein persönliches Opfer bedeutet. Der Erhalt unserer Denkmäler, unserer Erbschaft verlangt aber Opfer. Davon kann ich Ihnen ein Lied singen.

Kardinal: Ich glaube, daß das Eintreten für alles Nicht-Sichtbare, alles Sich-nicht-unmittelbar-Erfüllende in unserer Gesellschaft ganz allgemein schwach ausgeprägt ist. Die Religion hat es da insofern leichter, weil ihr eine Heilserwartung zugrunde gelegt ist. Aber der Denkmalschutz? Der kann bestenfalls mit einem Unheilsszenario aufwarten und darauf verweisen, wie wüst unsere Welt dort schon jetzt aussieht, wo die Bomben des Kriegs und – erlauben Sie mir die Metapher – die Granaten der Bauwirtschaft eingeschlagen haben. Schüler: Aber das Bekenntnis zum Denkmalschutz kommt allen leicht über die Lippen. Fürst:

Nach dem Floriani-Prinzip: Schütz unser Haus zünd’s andre an. Es ist doch so, daß alle eigentlich für den Denkmalschutz sind, solange es nicht 1. der eigenen Bequemlichkeit, 2. dem technischen Fortschritt (der ist ganz gefährlich) und 3. der Gewinnmaximierung im Wege steht. Eines von den dreien ist doch fast immer der Fall. Ich bleib’ dabei, die Verantwortung gegenüber der Vergangenheit muß uns etwas wert sein, die gibt es nicht umsonst. Und dann kommt noch hinzu – aber dann bin ich auch schon am Ende –, daß der Denkmalschutz keine Lobby hat, keine Gruppe, die wirklich dahintersteht. Ich bin Schirmherr von einigen Musikinitiativen, da ist es ganz unproblema-

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

tisch Leute dafür zu begeistern. Eigentlich würde man sich von derselben Schicht ein ähnliches Interesse für den Denkmalschutz erwarten. Fehlanzeige. Und weil es keine Lobby gibt, werden Sie auch keinen Politiker finden, der sich dafür einsetzt. Mit dem Hinweis, daß wir unsere Vergangenheit ehren, indem wir in schlecht beheizbaren Häusern mit knarzenden Böden leben, können Sie keine Wahlen gewinnen.

V Vergessen Schüler: Wir haben jetzt sehr viel über das Erinnern gesprochen, aber noch gar nicht über das Vergessen. Fürst:

Das stellt sich leider von selbst ein.

Schüler: Oder auch nicht. Wir leben in einer Zeit anschwellender Datenfluten und ihrer Speicherung. Hinzu kommt der Wunsch nach ständiger Verfügbarkeit all dieser Daten. Ist das Vergessen überhaupt noch möglich? Fürst:

Wir haben ja vorhin über die Erinnerungsfeindlichkeit gesprochen und dabei das Verdrängen, nicht das Vergessen gemeint. Vergessen gehört ganz natürlich zur Erinnerung. Jeder wertet natürlich mit dem, woran er sich erinnert und was er vergißt. Vergessen ist daher so wenig egalitär wie das Erinnern.

Schüler: Also Speichern, um sich nicht erinnern zu müssen und nicht vergessen zu können unter dem Gesichtspunkt der „Gleichbehandlung“. Ist so ein Ansatz für unser kulturelles Erbe ein Gewinn? Fürst:

Das glaube ich nicht. Die Gefahr einer Gleich-wenigBehandlung ist doch gegenwärtig. Es sind doch mehrere, ein bisserl lauwarme Begriffe gerade en vogue. Alles muß „wertgeschätzt“ werden. Also Liebe kommt bei dem Begriff keine auf. Oder der Begriff der „Achtsamkeit“, den die matt-gedruckten Life-Style-Magazine für sich entdeckt haben. Achten ist schön, wird aber recht schnell schrecklich leidenschaftslos.

Kardinal: Alle diese an sich guten Grundsätze haben doch mittlerweile den Rang von Ersatzreligionen eingenommen. Ich habe mit großem Gewinn und Vergnügen das Buch von Rudolf Taschner „Woran glauben“ [Anm.: erschienen 2016] gelesen, der eine ganze Palette solcher

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Ersatzglauben aufführt. Für unser Thema ist sicher der Glaube an die Wirkmächtigkeit der Geschichte von Bedeutung. Schüler: Denkmäler als „Glaubenszeugen“ der Geschichte? Fürst:

Aber das ist ja das nächste Elend, das alles für etwas stehen muß, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Ich kann die Regie-Frage „Was sagt uns das heute?“ nicht mehr hören. Alles wird nur mehr daran gemessen, wie „aktuell die Botschaft“ ist. Ich hatte hier einen Architekten, der fand das alles nur eine „interessante Reflexionsfolie“. Und so einer wird vom Denkmalamt empfohlen!

Schüler: Diese fragwürdige Indienstnahme als „Reflexionsfolie“ bestimmt zwangsläufig den Umgang mit dem historischen Bestand. Man beginnt sich zu fragen, ob nicht das Vergessen der Denkmäler zu ihrer Befreiung beitragen würde. Kardinal: Mich hat da sehr nachdenklich gestimmt, was Präsident Macron am Tag nach dem Brand von Notre-Dame gesagt hat. Er hat angekündigt, daß man die Kirche innerhalb von fünf Jahren wieder aufbauen würde. Dieses ehrgeizige Tempo steht in einem befremdlichen Gegensatz zur Dauer des Gebäudes. Dann hat er eine moderne Rekonstruktion des Dachreiters erwogen – da sind wir wieder beim Thema „Reflexionsfolie“. Und er kündigte an, die wiederhergestellte Kathedrale werde „plus belle encore“ sein. Ich halte das nicht für eine politische Floskel, sondern für einen Ausdruck seiner Überzeugung. Er spricht zwar von der Verpflichtung gegenüber einem 800 Jahre alten Gebäude, aber es wird „plus belle“, weil nach den Reparaturarbeiten seine Substanz jünger ist. Fürst:

Das paßt zum derzeit grassierenden Jugendwahn. Auch was alt ist, muß jung aussehen. Diese Überzeugung ist nicht nur auf ältere Damen in Beverly Hills beschränkt.

Schüler: Diesem Jugendwahn kann sich, wie wir sehen, nicht einmal das kulturelle Erbe entziehen. Die Denkmäler müssen jung gehalten werden, um fortdauernd ihren Dienst zu erfüllen. Dieser Anspruch hat übrigens einen regelrechten „Pflegewahn“ ausgelöst – das Wort stammt von Wilfried Lipp.

„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ | Georg Steinmetzer

Fürst:

Ach ja, der Lipp. Der hätte das alles, was wir jetzt geredet haben, viel gescheiter gesagt – und (lacht) – viel unverständlicher.

Kardinal:

(lächelt)

Fürst:

Grüßen Sie mir den Hofrat, Ihren Lehrer, recht herzlich.

Und viel pessimistischer! Für mich war er immer der Jesuit in der Denkmalpflege. Er hat doch oft – und ich meine das durchaus positiv – die Dinge argumentativ auf den Kopf gestellt.

Kardinal: Und Gottes reichen Segen – den wird er schon verkraften.

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V. Focus (Upper)Austria – Blickpunkt (Ober)Österreich

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker Wilfried Posch

Unter den Staatsoberhäuptern der Republik Österreich nimmt Michael Hainisch als Parteiunabhängiger eine Sonderstellung ein. Er war durch die damalige Verfassung derart gebunden, dass er nahezu keine Wirkungsmöglichkeiten hatte. Er ist ein Beispiel, dass eine starke Persönlichkeit mit großem Wissen und Einfühlungsvermögen trotzdem Beachtliches leisten kann.

Herkunft und Studium Michael Hainisch wurde am 15. August 1858 in Aue bei Gloggnitz in Niederösterreich geboren. Seine Mutter Marianne (geb. Perger) kam aus einer Unternehmer-Familie (Baden bei Wien, Hirtenberg) und war die Begründerin der bürgerlichen österreichischen Frauenbewegung. Sein Vater war Industrieller, der über Betriebe in Aue, Lichtenwörth-Nadelburg und Hirtenberg verfügte. Hainisch wuchs in Aue am Fuße des Semmerings auf, besuchte das Akademische Gymnasium in Wien und studierte ab 1876 Rechtswissenschaften an den Universitäten in Leipzig und Wien. In dieser Zeit entwickelte er ein deutsches Kulturbewusstsein und besuchte in seinen Lehr- und Wanderjahren Hamburg, Lübeck, Weimar, Jena, die Wartburg, Bayreuth und andere Städte. Später reiste er nach Großbritannien, nach Griechenland und in die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Februar 1882 promovierte Hainisch in Wien, danach absolvierte er das Gerichtsjahr. Um seine Kenntnisse in Nationalökonomie zu vertiefen, verbrachte er das Studienjahr 1884/85 an der Universität Berlin bei

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Gustav Schmoller (1838  –1917) und Adolf Wagner (1835  –1917). Beide waren Wegbereiter eines sozialen Liberalismus. Schmoller schätzte Hainisch außerordentlich, er berief ihn schließlich in den Verein für Sozialpolitik, einen angesehenen Brennpunkt sozialreformerischer Bestrebungen in Mitteleuropa.1 Nach Wien zurückgekehrt arbeitete er fünfeinhalb Jahre zunächst in der Finanzprokuratur des Finanzministeriums und dann im Hochschul- und Universitätsdepartment des Unterrichtsministeriums. Im Jahre 1888 ehelichte er Emilie Auguste Figdor, die Tochter des 1879 verstorbenen Großkaufmannes und Direktors der Nationalbank Gustav Figdor. Im Jahre 1890 schied Hainisch aus dem Staatsdienst. Durch eine Schenkung seiner Frau wurde Hainisch 1892 zum Eigentümer eines Bauernhofes bei Spital am Semmering. Er entwickelte das Anwesen durch Zukauf zu einem Mustergut (auf 653 Hektar wurden Rinderzucht und Weidewirtschaft betrieben). Damit hatte er die Unabhängigkeit eines freien Berufes errreicht und erwarb als wissenschaftlich gebildeter und praktisch tätiger Landwirt internationales Ansehen.2

Gelehrter, Schriftsteller, sozialpolitischer Ratgeber Der Kreis um Gustav Schmoller lehnte den Marxismus, ebenso aber auch den Wirtschafts- und Kapital-Liberalismus ab und wollte soziale Veränderungen auf evolutionärem Wege herbeiführen. Von dort fand Hainisch Zugang in die kurzlebige Wiener Fabier-Gesellschaft (1893  –1901), aus der die Sozialpolitische Partei hervorging. Hier schloss er Freundschaften mit Otto Wittelshöfer, Engelbert Pernerstorfer, Victor Adler, Karl Renner und Franz Klein. Daneben betätigte er sich in vielen öffentlichen Institutionen, u. a. im Arbeitsrat des Handelsministeriums, in der Schulreformbewegung, im Wiener Volksbildungsverein (Bibliotheken), in der Kommission für soziale Fürsorge, in der Mieterschutzbewegung, im Kuratorium für Volkswohnungen und in 1

2

Vgl. insgesamt Broz, Gertraude, Bundespräsident Dr. Michael Hainisch (ungedr. Diss.), Wien 1965, 3  –10; Hainisch, Michael, 75 Jahre aus bewegter Zeit. Lebenserinnerungen eines österreichischen Staatsmannes (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 64), bearb. v. Friedrich Weissensteiner, Wien / Köln / Graz 1978, 88  –  92, 134, 143  –147 u. 165  –179. Vgl. Broz, Hainisch, 6   –12; Hainisch, Lebenserinnerungen, 161–162.

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker | Wilfried Posch

der Österreichischen politischen Gesellschaft, begleitet von einer regen schriftstellerischen Tätigkeit.3

Volkswirtschaft, Kunst und Kultur – eine Symbiose neuer Art Hainisch gehörte zum Wiener Kreis rund um den neben Schmoller bedeutendsten reichsdeutschen Sozialpolitiker und Universalisten Friedrich Naumann (1860   –1919), der schon seit 1900 für einen Zollverband zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn eintrat. Im Oktober 1915 veröffentlichte Naumann sein berühmtes Buch Mitteleuropa. Als Kriegsziel der Mittelmächte erstrebte Naumann einen mitteleuropäischen Staaten­bund, eine Wirtschaftsgemeinschaft, die er – vergleichbar dem Deutschen und Österreichischen Werkbund – engstens mit Kunst und Kultur verknüpft sah. Der 1907 bzw. 1912 gegründete Werkbund strebte die Qualitätsarbeit in der Formgebung durch Kunst, Handwerk und Industrie an, er wollte eine erneuerte Kultur „vom Sofakissen bis zum Städtebau“ (Hermann Muthesius). An seiner Gründung waren – neben Friedrich Naumann – Hermann Muthesius, Peter Behrens, Fritz Schuhmacher, Theodor Fischer, Heinrich Tessenow, Eugen Diederichs, Joseph August Lux, Joseph Maria Olbrich und Josef Hoffmann beteiligt. Hainisch wirkte als Mitglied.4

Das Staatsoberhaupt in der Verfassung An der Gründung der Republik nahm Hainisch als republikanisch gesinnter „Großdeutscher“ von Beginn an regen Anteil. So verfolgte er die konstituierende „Provisorische Nationalver3

4

Vgl. Klein-Hattingen, Oskar, Geschichte des deutschen Liberalismus, Bd. 2: Von 1871 bis zur Gegenwart, Berlin-Schöneberg 1912, 344; Holleis, Eva, Die Sozialpolitische Partei. Sozialliberale Bestrebungen in Wien um 1900, Wien 1978, 9  –14, 31, 35, 72, 88, 94, 101 u. 111; Broz, Hainisch, 11–   40 u. 425  –   428; Morgenbrod, Birgitt, Wiener Großbürgertum im Ersten Weltkrieg. Die Geschichte der „Österreichischen Politischen Gesellschaft“ (1916   –1918) (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 85), Wien / Köln / Weimar 1994, 30, 56, 60, 108 u. 167. Vgl. Stolper, Toni, Ein Leben in Brennpunkten unserer Zeit. Wien, Berlin, New York. Gustav Stolper 1888   –1947, Tübingen 1960, 102  –103; Heuss, Theodor, Friedrich Naumann. Der Mann, das Werk, die Zeit, Stuttgart / Berlin 1937, 296   – 300; Posch, Wilfried, Die Österreichische Werkbundbewegung 1907–1928, in: Ackerl, Isabella / Neck, Rudolf (Hg.), Geistiges Leben im Österreich der Ersten Republik (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Kommission zur Erforschung der Geschichte der Republik Österreich 10), Wien / München 1986, 279   – 312.

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sammlung für Deutschösterreich“ am 21. Oktober 1918 von der Galerie aus. Sie führte am 30. Oktober 1918 zur Gründung der Republik.5 Die österreichischen Sozialdemokraten wollten in den Verfassungskämpfen 1919/20 zunächst kein eigenes Präsidentenamt. In ihm sahen sie ein Relikt monarchischen Staatsdenkens. Nach dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) vom 1. Oktober 1920 wurde der Bundespräsident von der aus den Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates (Länderkammer) bestehenden Bundesversammlung gewählt. Er konnte selbst nicht initiativ werden: Alle Akte erfolgten auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung der Regierung bzw. des zuständigen Ministers. So galt für den Präsidenten: „Er wirkte überall mit, konnte aber nirgends wirken [… er hatte] keine politischen Herrschaftsmittel.“6 Erst mit der Novelle zum B-VG von 1929 bekam das österreichische Staatsoberhaupt eine ähnliche Stellung wie der Reichspräsident der Weimarer Verfassung. Die nachfolgenden österreichischen Bundespräsidenten nützten ihre Rechte bisher aber nur sehr sparsam bis gar nicht.7 Die Wahl des ersten Bundespräsidenten fand am 8./9. Dezember 1920 statt. Die drei in der Bundesversammlung vertretenen Parteien konnten sich in Vorgesprächen auf keine gemeinsame Vorgangsweise einigen. Dies führte zunächst zu einem ersten Wahlgang. Schließlich zogen die Parteien ihre Kanditaten zurück und einigten sich im fünften Wahlgang auf den unabhängigen Michael Hainisch. Die Wahl war Ergebnis seines hohen Ansehens und seiner manngifachen beruflichen Erfolge.8

Der Kulturpolitiker Aus den Lebenserinnerungen Hainischs geht hervor, dass er nicht sofort zu einer Einschränkung seiner Tätigkeit auf die För5 6 7 8

Vgl. Broz, Hainisch, 173  –177; Hainisch, Lebenserinnerungen, 207. Welan, Manfried, Das österreichische Staatsoberhaupt (Österreichisches Jahrbuch für Politik Sonderband 2), Wien 1986, 15. Vgl. ebd., 11–19 u. 45  –   46; Dickinger, Christian, Der Bundespräsident im politischen System Österreichs, Innsbruck / Wien 1999, 43  –   60. Vgl. Broz, Hainisch, 54   –79; Hannak, Jacques, Karl Renner und seine Zeit. Versuch einer Biographie, Wien 1965, 419  –   420 u. 436; Hainisch, Lebenserinnerungen, 220   – 223; Stolper, Leben in Brennpunkten, 138   –139.

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker | Wilfried Posch

derung der Kultur- und Wohlfahrtspolitik sowie auf die Volkswirtschaft jenseits der Tagespolitik gefunden hat. So versuchte er zunächst innen- und außenpolitische Initiativen zu setzen. Dies führte zu scharfen Kritiken der Großdeutschen Volkspartei sowie zu einer Regierungsumbildung. Hainisch änderte seine Amtsführung und vermied von da an derartige Handlungen.9 Bei seinem Vorhaben, sich nun auf Kulturpolitik zu beschränken, ist Hainisch sehr überlegt vorgegangen. Er bemühte sich, die Präsidentschaftskanzlei zu einem „kulturellen Zentrum“ zu machen. Die führenden intelektuellen Kräfte und die hervorragendsten Kulturträger Wiens und Österreichs sollten in gesellschaftlichen Veranstaltungen mit den Gesandten und Diplomaten anderer Länder zusammengeführt werden. Bei diesen Treffen sorgte Hainisch für ein Kulturprogramm; so lud er beispielsweise Anton Wildgans zu einer Lesung oder den Kunsthistoriker und Soziologen Hans Riehl zu einem Vortrag über die österreichischen Kleinstädte ein. In diesem Umfeld verteilte er die ihm als Präsidenten zur Verfügung stehenden freien Theaterkarten (die ehemaligen „Hoflogen“). Über seine Anregung kam es zur Schaffung eines Kunstbeirates im Unterrichtsministerium, in den angesehene Künstlervereinigungen Vertreter zu entsenden hatten. Er schuf einen Fonds, der seinen Namen trug, aus dem Werke von in Not geratenen Künstlern angekauft wurden. Auf medizinischem Gebiete berief er gezielt führende Persönlichkeiten der Wissenschaft zu gemeinsamen Gesprächen in seine Kanzlei. Dadurch kam es zur Gründung der Gesellschaft für Volksgesundheit, deren Ehrenpräsident er wurde.10

Die Heimatschutz-Verbände Das Wort „Heimatschutz“ ist in Österreich aufgrund der fatalen Aneignung durch die bürgerlichen politisch-militärischen Wehrverbände, die in den Jahren von 1920 bis 1936 dem Faschismus Italiens nacheiferten, in Misskredit geraten. Man versuchte daher, dieses Wort durch „Heimatpflege“ oder „Heimatgestaltung“ 9 Vgl. Hainisch, Lebenserinnerungen, 243  –  257 u. 277; Broz, Hainisch, 143  –154 u. 163  –177. 10 Vgl. Hainisch, Lebenserinnerungen, 277 u. 283  – 284; Bartmann, Hermann, Heimatpflege (Denkmalpflege und Heimatschutz). Ihre Aufgaben, Organisation und Gesetzgebung (Aus Natur und Geisteswelt 756), Leipzig / Berlin 1920, 5   –11.

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zu ersetzen. In der Schweiz sind die Begriffe „Natur- und Heimatschutz“ in der Gesetzgebung und im allgemeinen Sprachgebrauch bis heute in Verwendung.11 Im März 1904 wurde in Dresden der Deutsche Bund Heimatschutz gegründet. Man wollte die Kultur der vorindustriellen Zeit bewahren und pflegen, aber gleichzeitig den Anforderungen des industriellen Zeitalters gerecht werden. Altes und Neues sollte in Harmonie gesetzt, der gründerzeitliche Raubbau am Erbe von Bauwerk und Landschaft beendet werden. Die im September 1905 in Wien gegründete Vereinigung Deutsche Heimat hatte ähnliche Ziele. Sie führte von 1909 bis 1938 den Untertitel Verein für Heimatkunde, Heimatschutz und Deutsches Kulturleben in Österreich. Der Verein hatte vor 1914 über 8.000 Mitglieder und war in fast allen Kronländern vertreten. Man betonte immer wieder die Überparteilichkeit, und auf Stand, Rang und Weltanschauung sollte nicht geachtet werden. Die Bauberatungsstelle leitete ab Oktober 1911 ein junger Architekt namens Clemens Holzmeister. Er entwickelte aus dieser Baugesinnung 1921 mit dem Bau des Wiener Krematoriums eine neue Architektur, die ihn schnell bekannt machte.12 Im Sinne einer Zusammenfassung aller Vereinskräfte und der Weiterentwicklung einer kulturell, künstlerisch und technisch unangreifbaren „Heimatgestaltung“ wirkte ab 1913 als Dachverband der Österreichische Heimatschutz-Verband. Michael Hainisch nahm mit den wichtigsten Persönlichkeiten der Bewegung wie Karl Giannoni, Viktor von Geramb, Adolf Vetter und Walter Semetkowski Verbindung auf. Er gab die Anregung, jährlich eine „Bundestagung für Heimatpflege“ abzuhalten. Von 1921 bis 1936 fanden fünfzehn derartige Veranstaltungen statt, acht davon während der Präsidentschaft

11 Vgl. Heimatschutz in Österreich, hg. unter Aufsicht des Österreichischen Heimatschutzes, Amt des Bundesführers [Ernst Rüdiger Starhemberg], Propagandastelle, Wien 1934; Walterskirchen, Gudula, Starhemberg oder Die Spuren der „30er Jahre“, Wien 2002; Giannoni, Karl / Geramb, Viktor, Grundfragen des Heimatschutzes, Wien 1933, 8; Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) vom 1. Juli 1966 (Stand am 1. Januar 2017). 12 Vgl. Posch, Wilfried, Die Wachau und die Heimatschutzbewegung (The Wachau and the „Heimatschutz“ Movement), in: Hajós, Géza (Hg.), Beiträge. Internationales Symposion Denkmal – Ensemble – Kulturlandschaft am Beispiel Wachau (Dürnstein, Oktober 1998), Wien / Horn 2000, 195  –  204.

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker | Wilfried Posch

Hainischs, der ihnen durch seine Anwesenheit und die Begrüßungsreden Bedeutung und Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit sicherte.13

Die staatliche Denkmalpflege Die Denkmalpflege in Österreich geht auf den Kaiserstaat des 19. Jahrhunderts zurück. Schon 1854 wurde die k.k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale gegründet. Sie hatte jedoch keine Exekutivgewalt. Als erster Landeskonservator für Oberösterreich wirkte Adalbert Stifter beispielgebend. Rund dreißig Jahre gab es in der Monarchie angestrengte Versuche leitender Fachkreise, ein staatliches Schutzgesetz für Bauwerk und Landschaft zu verwirklichen. Schon 1875 erkannte man in einer Instruktion an die Konservatoren den Schutz von Denkmalgruppen, Straßenzügen und Plätzen für notwendig (Ensembleschutz). Es scheiterte aber immer wieder an der Parteipolitik aufgrund unterschiedlicher Interessen und Machtkalkül. Allerdings erhielt die Zentralkommission 1911 ein Staatsdenkmalamt als selbständigen Körper; dieses blieb aber aufgrund der Wirren der Zeit (1914   –1918) ohne Gesetz. Im Juni 1920 wurde es – trotz föderalistischer Bemühungen der Länder es aufzulösen – durch einen Erlass des Staatsamtes für Inneres und Unterricht eine Einrichtung der Republik. Nach den Verfassungskämpfen konnten Denkmalschutz und Denkmalpflege am 1. Oktober 1920 im B-VG in der Gesetzgebung und im Vollzug als Bundeskompetenz verankert werden. Damit wurde aus dem Staatsdenkmalamt das Bundesdenkmalamt (BDA), dem aber weitere drei Jahre die gesetzliche Grundlage fehlte.14

13 Vgl. Hainisch, Lebenserinnerungen, 277–  279; Schönes Österreich. Heimatschutz zwischen Ästhetik und Ideologie (Katalog zur Ausstellung, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien, Oktober 1995–Februar 1996), Wien 1995. 14 Vgl. Bazil, Christoph / Binder-Krieglstein, Reinhard / Kraft, Nikolaus, Das österreichische Denkmalschutzrecht. Denkmalschutzgesetz & Kulturgüterschutzrecht. Durchführungsvorschriften. Gemeinschaftsrecht. Rechtsprechung & Kommentierung, Wien 2004, 17– 23; Kirsch, Wilfried, Denkmalschutz. Kommentierte Ausgabe der Gesetze und Verordnungen auf dem Gebiete des Denkmalschutzes […], Wien 1937, 8  –  9; Frodl-Kraft, Eva, Gefährdetes Erbe. Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918  –1945 im Prisma der Zeitgeschichte (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 16), Wien / Köln / Weimar 1997, XXIII–XXXI.

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Der Kulturgüterschutz 1918 Durch die Not der Zeit und die Forderung der alliierten Mächte, vor allem des Staates Italien, auf Herausgabe von Kunstwerken aus den ehemals kaiserlichen Sammlungen und Museen drohten schwere Kulturgüterverluste. Aus allen Richtungen der Siegerstaaten kamen Kunsthändler, um verarmten Privatpersonen, aber auch Klöstern und Institutionen Kunstgegenstände abzukaufen. Dies erfüllte Michael Hainisch mit Sorge. Die Staatsregierung schuf zwar schon Anfang Dezember 1918 das Gesetz, betreffend das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, dieses war aber nicht sehr wirksam. Hainisch wollte das Gesetz verschärfen und große Sammlungen von einheitlichem Charakter als unteilbares Ganzes unter Schutz stellen. Trotz zunächt erheblicher Widerstände gelang ihm dies aufgrund zahlreicher informeller Gespräche durchzusetzen. Am 24. Jänner 1923 wurde vom Nationalrat die entsprechende Novelle beschlossen.15

Das Denkmalschutzgesetz Einen noch größeren Erfolg erzielte Hainisch hinsichtlich eines längst notwendigen Denkmalschutzgesetzes. Nach zahlreichen Gesprächen mit Politikern fand er in Hans Angerer (Großdeutsche Volkspartei) einen Abgeordneten, der am 25. Mai 1923 einen entsprechenden Antrag im Nationalrat einbrachte. Angerer war von der Ausbildung her promovierter Geograph und Historiker, betätigte sich in der Gletscherforschung und hatte zahlreiche Veröffentlichungen aufzuweisen. Er war von Beruf Gymnasialprofessor in Klagenfurt. Dem Antrag waren einige allgemeine Ausführungen über die Notwendigkeit des Gesetzes vorangestellt, die große Sachkenntnis zeigten. Als am 25. September 1923 das Denkmalschutzgesetz ohne Debatte im Nationalrat beschlossen wurde, war dies ein großer Durchbruch. Es ist mit nur vier Novellierungen noch heute in Kraft. Als großer Mangel 15 Vgl. Frodl-Kraft, Gefährdetes Erbe, 3  –15 u. 28; Brückler, Theodor, Entstehung und Wirkung des österreichischen Ausfuhrverbotsgesetzes 1918  –1923, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 48 (1994), 1–18, zu den Initiativen Hainischs besonders 15  –17.

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wurde jedoch damals – und wird bis heute – das Fehlen eines wirksamen Ensemble- und Landschaftsschutzes beklagt.16 Durch Art. 15 (1) des B-VG wurde Naturschutz in die Landeskompetenz überantwortet. Damit waren städtebauliche Planungen, Orts- und Landschaftsplanungen auf Bund, Land und Gemeinden aufgesplittert. Das BDA hatte im Juni 1923 – also noch vor Verabschiedung des Denkmalschutzgesetzes – im Bemühen, die Einheit zu erhalten, eine Amtsstelle für Natur- und Heimatschutz (unter der Leitung von Karl Giannoni) eingerichtet. In der Folge kam es mehrfach zu Rechtstreitigkeiten, die im Fall einer Klage des Landes Salzburg bis zum Verfassungsgerichtshof getragen wurde. Dieser entschied im Oktober 1929 eindeutig zu Gunsten der Landeskompetenz. Der bis dahin weitgefasste Begriff „Denkmal“ wurde auf die Werke von Menschenhand eingeschränkt und somit das ganzheitliche, Bauwerk und Landschaft umfassende Denken beseitigt.17 In seinen Lebenserinnerungen schrieb Michael Hainisch (vermutlich vor 1929) noch voller Optimismus: „Sehr erfreulich ist es, daß nun auch unsere Verwaltung dem Heimatschutzgedanken Rechnung zu tragen beginnt […]. Zu meiner großen Freude konnte ich feststellen, daß selbst reine Profanbauten, wie die Wasserkraftanlagen von Karlstein, Opponitz und Faistenau, sich prächtig in das Landschaftsbild einfügen. Einzelne Brücken, wie die über die Enns bei Hieflau, scheinen mir Prachtwerke zu sein.“ An anderer Stelle erwähnte er auch die neu erbaute Brücke über den Inn in Schwaz in Tirol, die von Clemens Holzmeister entworfen wurde.18 Bei der Schaffung der neuen Bauordnungen für Graz, das Burgenland und Vorarlberg sowie bei den Novellen der Landesbauordnung für Tirol finden sich immer wieder ähnliche Bestimmungen: Die Pläne seien von den Bezirkshauptmannschaften „vom Standpunkte des öffentlichen Interesses und des Heimatschutzes“ zu prüfen und die „notwendigen Ergänzungen

16 Vgl. Broz, Hainisch, 330; Frodl-Kraft, Gefährdetes Erbe, 52 –   64; Brückler, Theodor / Nimeth, Ulrike, Personenlexikon zur österreichischen Denkmalpflege (1850   –1990), hg. v. Bundesdenkmalamt, Wien 2001, 10; Bazil u. a., Denkmalschutzrecht, 17–  23; BGBl. Nr. 533 (ausgegeben am 5. Oktober 1923): Bundesgesetz vom 25. September 1923, betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz). 17 Vgl. Frodl-Kraft, Gefährdetes Erbe, 78  –   80. 18 Hainisch, Lebenserinnerungen, 279 (Zitat) u. 328.

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und Korrekturen vorzunehmen“. Ferner war in Tirol mit Erlass eine Bauberatung der Gemeinden durch den Heimatschutzverband vorgeschrieben.19

Die „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ in Paris 1925 Für das Jahr 1925 plante Frankreich in Paris die Veranstaltung, die ursprünglich für 1916 vorgesehen war. Im Deutschen wurde sie, sinnstörend übersetzt, als „Internationale Kunstgewerbeausstellung“ angeführt. Richtiggestellt war es eine „Internationale Ausstellung der modernen Raumausstattungs- und industriellen Künste“, ursprünglich als französische Antwort auf die „Kölner Werkbundausstellung“ 1914 gedacht. Als die französische Regierung im Wege ihrer Gesandtschaft in Wien auch die Republik Österreich zur Teilnahme an dieser Ausstellung mit dem ausdrücklichen Hinweis einlud, dass auf die Teilnahme Österreichs größter Wert gelegt werde, griff im Februar 1924 Bundespräsident Michael Hainisch persönlich ein. Das Land befand sich in der Inflationszeit; Hainisch bemühte sich dennoch das nötige Geld für eine würdige Vertretung aufzubringen. Es gelang ihm, den Bund, die Gemeinde Wien, die Handelskammer Wien und den Bankenverband zur Bereitstellung von insgesamt 10 Milliarden Kronen (!) zu bewegen.20 Man war – nicht zuletzt durch Hainischs Überzeugungsarbeit – sichtlich bemüht, die Pariser Ausstellung zu einer Einigung aller Kräfte und für einen neuen Aufschwung der Werkbundbewegung, auch im volkswirtschaftlichen Sinne, zu nützen: Er übernahm als Bundespräsident den Ehrenschutz, der Bundesminister für Handel- und Verkehr, Hans Schürff (Großdeutsche Volkspartei), und der Bürgermeister von Wien, Karl Seitz (Sozialdemokratische Arbeiterpartei), waren Ehrenpräsidenten. Hainischs 19 Vgl. dazu Kirsch, Denkmalschutz, 123 (zur Bauordnung in Tirol); [ohne Verfasser] Denkmalpflege, Heimat- und Naturschutz 1918   –1928, in: Interministerielles Komitee / Exner, Wilhelm (Hg.), 10 Jahre Wiederaufbau. Die staatliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Republik Österreich 1918   –1928, Wien 1928, 156   –157; Hambrusch, Horst / Moroder, Joachim / Schlorhaufer, Bettina, Franz Baumann. Architekt der Moderne in Tirol, Wien / Bozen 1998, 22. 20 Dabei gilt es, die galloppierende Inflation der frühen 1920er Jahre zu berücksichtigen: So erhöhte sich das Verbraucherpreisniveau zwischen 1914 und 1924 um beinahe das 14.000 -fache.

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker | Wilfried Posch

Wirken blieb der Öffentlichkeit nicht verborgen. Im französischen Vorwort des österreichischen Kataloges schrieb Schürff von Michael Hainisch als dem „verehrten Präsidenten der Republik Österreich, einem edelmütigen und energischen Protektor […], der es als seine Aufgabe angesehen hat, für einen österreichischen Beitrag zu sorgen, der unter den anderen hier in Paris vertretenen Nationen seinen Rang einnehmen wird.“ Dank dem Einfluss von „Monsieur Hainisch“ sei es gelungen, „trotz der bescheidenen Mittel, die der Regierung zur Verfügung standen, die darüber hinaus notwendigen Summen sicherzustellen.“21 Im Rahmen des Gesamtkonzeptes von Josef Hoffmann plante Peter Behrens, der 1922 nach Wien an die Akademie der bildenden Künste berufen worden war, ein Glashaus, Josef Frank ein Wiener Kaffeehaus und Oskar Strnad einen Orgelturm. Im Inneren boten rund 280 Ausstellende einen Überblick über Österreichs Erzeugnisse zur Raumausstattung im Dreiklang von Kunst, Handwerk und Industrie, von der Wiener Werkstätte über viele kleine Betriebe bis zu größeren Unternehmen. (Abb. 1)

Abb. 1: Zeichnung des Österreichischen Pavillons von Josef Hoffmann auf der Pariser Ausstellung 1925.

Da eine Beteiligung des Deutschen Reiches nicht zustande kam, konnte Österreich das große Interesse Frankreichs an den aus der Werkbundidee entwachsenen gewerblichen und industriellen Erzeugnissen völlig an sich ziehen. Theodor Heuss blickte mit Befriedigung auf das „starke und elegante österreichische 21 Schürff, Hans, [Vorwort], in: L’Autriche à l’Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes. Paris 1925, éd. par la Commission Exécutive, Vienne 1925, 13  –16, hier 14   –15 (Übersetzung Wilfried Posch).

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Haus als Glanzpunkt“ der Pariser Ausstellung. Die französische Presse würdigte Österreichs Leistung geradezu überschwänglich, Josef Hoffmann wurde mit dem „Kommandeurkreuz der französischen Legion d’honneur“ ausgezeichnet. Für Michael Hainisch war diese internationale Ausstellung ein großer Erfolg seiner Wirkungsweise.22

Akademische Ehrungen und Wiederwahl 1924 Das Ansehen Hainischs war in diesen Jahren auch in der Gelehrtenwelt sehr gestiegen. Die Zahl seiner Veröffentlichungen nahm stetig zu, im Jahre 1924 brachte er das Buch Die Landflucht. Ihr Wesen und ihre Bekämpfung im Rahmen einer Agrarreform heraus, eine wohl ungewöhnliche Leistung für ein amtierendes Staatsoberhaupt. Besonders ehrenvoll war es für Hainisch, dass er schon davor, 1922, zum Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt worden war. Dem folgten in den Jahren 1925 bis 1928 sechs Ehrendoktorate und zwar von den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Tübingen, der Hochschule für Bodenkultur in Wien und der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Am 9. Dezember 1924 trat die Bundesversammlung zur Wiederwahl zusammen. Sowohl die Christlichsozialen als auch die Großdeutschen erklärten Hainisch zu ihrem Kandidaten. Er wurde mit ihren Stimmen für eine zweite Amtsperiode bis 1928 gewählt.23 (Abb. 2) Um 1933 beendete MichaAbb. 2: Mina Loebell, Bundespräsident el Hainisch die Vorrede seiner Dr. Michael Hainisch, 1928. 22 23

Vgl. Posch, Werkbundbewegung, 305  –  307. Vgl. Broz, Hainisch, 311–  322 u. 238  –  252.

Michael Hainisch – ein Bundespräsident als Kulturpolitiker | Wilfried Posch

Lebenserinnerungen mit den Worten: „Ich vertraue auf unsere prachtvolle Jugend, die entweder den Weltkrieg mitgemacht oder ihre Kraft in der Not der Nachkriegszeit gestählt hat und die von dem gleichen Idealismus erfüllt ist, von dem ich erfüllt gewesen bin.“24 Hainischs Hoffnungen auf die Jugend erfüllten sich in seinem engsten Familienkreise. Von seinen drei Söhnen konnte er an Erwin (1895   –1964) eine besondere seelenverwandte Erbfolge beobachten. Dieser studierte an der Universtiät Wien Kunstgeschichte (Promotion über Architektur am Übergang vom Spätbarock zur Romantik), trat 1927 in die Dienste des BDA, wurde 1932 Landeskonservator in Oberösterreich und blieb bis zu seinem Tode 1964 seinen Interessen mit großem Idealismus treu. Für die Rettung des Kefermarkter Altars wurde 1924 in Oberösterreich Geld gesammelt. Der frühere Bundespräsident Hainisch spendete einen namhaften Betrag. So berührten sich das Wollen von Vater und Sohn.25

Der vergessene Bundespräsident Als Hainisch am 7. Dezember 1928 aus dem Amte schied, würdigten ihn Politiker aller Parteien und die Presse – mit wenigen Ausnahmen – nahezu überschwänglich. Immer wieder fanden sich die Worte bescheiden, mustergültig und vor allem überparteilich. Auch 100 Jahre nach Gründung der Republik (1918/2018) ist Michael Hainisch als ‚der vergessene Bundespräsident‘ zu bezeichnen. Die aus diesem Anlasse erschienenen Bücher namhafter Autoren beschränken sich auf wenige, meist nichtssagende Sätze. In einem Fall wird er überhaupt nicht genannt. Hainischs kulturpolitisches Wirken ist nur einem kleinen interessierten

24 Hainisch, Lebenserinnerungen, 46. 25 Vgl. Brückler / Nimeth, Personenlexikon Denkmalpflege, 96; Demus, Otto, Erwin Hainisch † [Nachruf], in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 19 (1965), 1– 2; Holter, Kurt, Hofrat Dr. Erwin Hainisch [Nachruf], in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereins 110 (1965), 15  –16; Oberwalder, Oskar, Frühere Sicherungsarbeiten am Altare und Durchführung der Vergasung, in: Die Denkmalpflege. Zeitschrift für Denkmalpflege und Heimatschutz 32 (1930), Heft 4, 251–  261, hier besonders 257–  258 (als Teil der – auch separat publizierten – Sonderbeilage „Die Vergasung der Pfarrkirche in Kefermarkt und ihres gotischen Schnitzaltars“, hg. v. Bundesdenkmalamt Wien, im Rahmen der durch die preussischen Ministerien für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung bzw. Finanzen und das Bundesdenkmalamt herausgegebenen Zeitschrift Die Denkmalpflege); Bardachzi, Karl, Gotische Bildschnitzer. Die Meisterwerke von Kefermarkt und St. Wolfgang im Farbbild, Wien 1944, 26.

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Kreis bekannt. Keine der heutigen politischen Parteien Österreichs sieht in Michael Hainisch einen der ‚Ihren‘, beruft sich auf ihn oder sieht sich in seiner Tradition.26

Abbildungen Abb.  1: Zeichnung des Österreichischen Pavillons auf der „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ (Paris 1925) von Josef Hoffmann, aus: L’Autriche à l’Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes. Paris 1925, éd. par la Commission Exécutive, Vienne 1925, ohne Seitenzahl [nach Seite 23]. Abb.  2: Mina Loebell, Bundespräsident Dr. Michael Hainisch, 1928, Öl/Leinwand, 146 x 84,5 cm (Rahmenmaße 158 × 97 × 9 cm), Inventarnummer 5915, Österreichische Galerie Belvedere.

26

Vgl. Broz, Hainisch, 379  – 386, 418  –   424; Höbelt, Lothar, Die erste Republik (1918  –1938). Das Provisorium (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Politisch-Historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek 64), Wien / Köln/Weimar 2018, 151; Rauchensteiner, Manfried, Unter Beobachtung. Österreich seit 1918, Wien / Köln / Weimar 2017, 93; nicht genannt wird Michael Hainisch bei Pelinka, Anton, Die gescheiterte Republik. Kultur und Politik in Österreich 1918  –1938, Wien / Köln / Weimar 2017.

Kunstvoll: Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur in Österreich Ein Gespräch mit Maria Auböck, geführt von Eva Berger

Eva Berger: Mit einem treffenden Zitat aus einem deiner Beiträge möchte ich beginnen: „Gärten sind seltsame Geschöpfe – es sind Wesen, die durch uns und mit uns existieren, sie hängen von den Menschen ab und wechseln ihr Erscheinungsbild mit jeder Laune, jeder neuen Mode […]. Gärten sind Kunstwerke, leicht verletzlich und zerstörbar – wenn man sie nicht unterhält, so wachsen sie unweigerlich in die Natur zurück.“1 Du bist in Österreich derzeit die „Älteste“, die sich mit der Erforschung der Gartengeschichte und den Aufgaben der praktischen Gartendenkmalpflege beginnend mit deiner Diplomarbeit über den Wiener Augarten (an der damaligen Technischen Hochschule, der TH in Wien) im Jahr 1974 bis heute befasst. Wie bist du zu diesem Forschungsgegenstand gekommen? Maria Auböck: Das Architekturstudium der späten 1970er Jahre war getragen vom öffentlich geführten Diskurs zu Denkmalpflege und Stadtökologie. Lehrer wie Roland Rainer an der Akademie der bildenden Künste und Friedrich Woess an der Universität für Bodenkultur, Wilhelm Kainrath und Klaus Steiner als Stadtplaner und Erika Neubauer als Kunsthistorikerin beeinflussten meinen Berufsweg. E. B.: Wann erfolgte deine Bürogründung? M. A.: Ich arbeitete bereits während meines Studiums – ab etwa 1972 – an Kleinaufträgen wie Ausstellungsgestaltungen, publizierte in Fachzeitschriften, war Assistentin bei Reinhard Gieselmann und Justus 1

Auböck, Maria, Wachsende Träume: Gärten, in: Wiener Journal 55 (April 1985), 16  –17, hier 16.

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Dahinden an der TH Wien und 1978 mit einem Stipendium am Österreichischen Kulturinstitut in Rom, um die Gartengeschichte der Renaissance und des Barock in Rom und Latium zu recherchieren. E. B.:  Wie ergab sich dein Kontakt zu Erika Neubauer (1905–1990), der ersten Kunsthistorikerin in Österreich, die sich ihr Leben lang mit österreichischer Gartenkunst befasste? M. A.: Hans Sedlmayr, der mit meiner Großtante Maria Schmedes verheiratet war, hörte 1973 von meiner Diplomarbeit zum Augarten in Wien und gab mir den Hinweis, Erika Neubauer zu kontaktieren. Sedlmayr war an barocker Gartenkunst sehr interessiert und pflegte zu Neubauer und ihrer Familie einen engen Kontakt. E. B.:  1979 erfolgte die Gründung des Komitees für historische Gärten im Rahmen des Vereins Pro Austria Nostra durch Kurt Rischka und Ralph Gälzer.2 Du warst von Beginn an dabei und auch gleich sehr engagiert: Es kam z. B. auf dein und Erika Neubauers Betreiben im Jahr 1980 die erste Ausstellung zur österreichischen Gartengeschichte überhaupt, „Vienna gloriosa. Barocke Gartenkunst in Wien“, zustande. Du konntest diese Ausstellungsidee 1983 nach Rom bringen, wo in den Mercati Traianei die von dir und Erika Neubauer kuratierte Schau von einem von Maria Marchetti übersetzten Katalog begleitet wurde. M. A.: Ich hatte damals schon einige Wanderausstellungen durchgeführt und kannte die Architektin Maria Marchetti, die aus Wien stammte und in Rom mit Paolo Portoghesi arbeitete, durch meinen Studienaufenthalt am Österreichischen Kulturinstitut in Rom. Sie hatte uns bei den Vorbereitungen unterstützt und das Zustandekommen der Ausstellung ermöglicht. Im Jahr darauf kuratierte sie die „Josef Hoffmann“-Ausstellung bei der Biennale in Venedig und lud mich ein, den Katalogbeitrag zur Gartenkunst um 1900 beizutragen.3 2 3

Vgl. [ohne Verfasser] Ein Komitee für historische Gärten, in: Pro Austria Nostra [PAN]-Nachrichten 20 (1980), 502 – 503. Vgl. Neubauer, Erika / Auböck, Maria, Vienna gloriosa. Barocke Gartenkunst in Wien (Katalog zur Ausstellung, Burggarten-Glashaus, Wien, Mai 1980), Wien 1980; italienische Ausgabe: Vienna gloriosa. Una città e i suoi giardini

Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur | Maria Auböck & Eva Berger

E. B.: Weitere Beteiligungen an Ausstellungen folgten bald: So hast du für die Niederösterreichische Landesausstellung „Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II.“ im Stift Melk im Jahr 1980 einen Ausstellungs- und Katalogbeitrag verfasst und an der Gestaltung der Ausstellung im Winterpalais des Prinzen Eugen zum Thema Spätbarocke Gärten im Jahr 1989 sowie an der Burgenländischen Landesausstellung über die Familie Esterházy im Schloss Eisenstadt 1995 teilgenommen. In der vom Wien Museum 2002 in der Lainzer Hermesvilla gezeigten Ausstellung „Gartenkunst. Bilder und Texte von Gärten und Parks“ hast du dich dem Garten als privater Idylle gewidmet.4 Wie wichtig sind für dich solche kunst- und kulturhistorischen Ausstellungen? M. A.: Das Artefakt (wie z. B. das Gartenwerkzeug von Kaiser Franz II.) ist heute immer noch ein Ausstellungsmagnet, die Abbildungen zu Werkzeuggebrauch, zu Botanik und Entwurfsideen sind oftmals stimulierender als Texte. So können wichtige Inhalte der Gartenkultur Verbreitung finden. E. B.: An der ersten in Österreich abgehaltenen Tagung zur Gartengeschichte, die im Jahr 1980 auf Initiative des Institutsleiters Ralph Gälzer (1931–2007) vom Institut für Landschaftsplanung und Gartenkunst an der Technischen Universität (TU) Wien zum Thema „Historische Gärten im Donauraum in Geschichte und Gegenwart“ durchgeführt wurde, konntest du in einem Vortrag deine Gedanken zur Nutzung historischer Gartenanlagen heute am Beispiel des Wiener Augartens vorstellen.5

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(Catalogo, Mercati Traianei, Roma, Luglio–Agosto 1983), a cura di Maria Marchetti, Roma 1983. Vgl. etwa die Katalogbeiträge Auböck, Maria, Die Gärten der Aufklärung, in: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst (Katalog zur Ausstellung, Stift Melk, März–November 1980), red. v. Karl Gutkas u. a., 2., verb. Aufl., Wien 1980, 214 – 217 u. 608 – 612 (Kat.-Nr. 1265  –1294) und dies., Der Garten als private Idylle, in: Gartenkunst. Bilder und Texte von Gärten und Parks (Katalog zur Ausstellung, Historisches Museum der Stadt Wien, Hermesvilla [Tiergarten Lainz], März–September 2002), red. v. Ursula Storch u. Elke Doppler, Wien 2002, 182–201. Auböck, Maria, Als Beispiel: Der Augarten – Gedanken zur Nutzung historischer Gartenanlagen, in: Historische Gärten im Donauraum in Geschichte und Gegenwart. Zusammenfassung der Vorträge, Mai 1980, TU Wien (Schriftenreihe des Instituts für Landschaftsplanung und Gartenkunst der Technischen Universität Wien 1), Wien 1981, 100  –107.

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M. A.:  Bis heute bin ich Gälzer für seine praktischen Hinweise und seine Unterstützung dankbar, ich war sicher keine einfache Diplomandin. Beeindruckend war insbesondere seine Haltung und die verständnisvolle, ruhige Art vorzutragen. E. B.: Ich erinnere mich noch gerne an die von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege 1988 in Baden-Baden veranstaltete Tagung „Villen und Villengärten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts“ und an deinen Beitrag dort zu den Wiener Gärten und Villengärten um 1900. M. A.:  Ich hatte ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes am Lehrstuhl von Peter Latz an der Technischen Universität München in Weihenstephan und nutzte diese Zeit für Recherchen zur Gartenkunst in Deutschland um 1900 an der Bayerischen Staatsbibliothek. Aus dieser Materialsammlung entstanden mehrere Vorträge und Publikationen.6 E. B.: 1986 wurde im Bundesdenkmalamt durch den damaligen Präsidenten Gerhard Sailer die Abteilung für historische Gartenanlagen gegründet, die Géza Hajós (1942–2019) bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 leitete. Damals hast du bereits mit János Kárász zusammengearbeitet – ihr habt mit den Mitarbeitenden in eurem Büro mit Abstand die meisten von dieser Abteilung vergebenen Park- und Gartendenkmalpflegewerke verfasst, so etwa zu den Belvederegärten und zum Augarten in Wien, zum Park des Schlosses Hellbrunn in Salzburg und zum Park des Schlosses Eisenstadt. Diese Garten- und Parkpflegewerke, die den baulichen und pflanzlichen Bestand und die geschichtliche Entwicklung der jeweiligen Anlage dokumentieren und erforschen, dienen als Konzepte für die weitere Entwicklung als Garten6

Vgl. Auböck, Maria, Wiener Gärten um 1900. Villengärten in Wien um 1900, in: Referate zum Seminar Villen und Villengärten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, 30.09.–2.10.1988, Baden-Baden, hg. v. Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege, red. v. Alfons Elfgang u. Bernd Weigel, Leonberg 1988, 232–255; dies., Der Natur entgegen – Gartenkunst im Jugendstil, in: Steine sprechen 21 (1982), Nr. 68/69, 22– 30; dies., Teatro natura. La construzione dei giardini negli anni della Secessione, in: Le arti a Vienna. Dalla Secessione alla caduta dell’impero asburgico (Catalogo, 41. Biennale di Venezia, Palazzo Grassi, Venezia, Maggio–Settembre 1984), Milano/Venezia 1984, 425–434; dies., Naturtheater. Zur Gartenkunst rund um die Wiener Secession, in: Marchetti, Maria (Hg.), Wien um 1900. Kunst und Kultur, Wien/München 1985, 369–378.

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denkmale. Bis zur Novellierung des Denkmalschutzgesetzes im Jahr 2000 (170. Bundesgesetz: Änderung des Denkmalschutzgesetzes – DMSG) konnten derartige Pflegewerke sowohl für private Besitzer als auch für die öffentliche Hand verfasst werden. Seit der Novellierung ist das nur mehr in Form von Gutachten für die Unterschutzstellung von 56 in einer rechtsgültigen Liste enthaltenen Anlagen möglich. Wie siehst du die Zukunft der historischen Gärten Österreichs im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmungen? M. A.: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind wesentlich für die Werte und Werterhaltung dieser Anlagen, da das Bewusstsein für Landschaftsarchitektur und historische Gärten in Österreich immer noch beschränkt ist. Es geht sicher nicht nur um Gesetze, aber diese sind Voraussetzung für die Meinungsbildung und bieten Schutz. Leider war es in den letzten zwanzig Jahren nicht möglich, die Novellierung im Parlament aufzuheben. Es besteht deshalb die begründete Sorge, dass der schleichende, unbeobachtete Abbruch oder Verfall die vielen ungeschützten Anlagen, die du in deinen Recherchen erfassen konntest, reduzieren wird. E. B.: Seit 1987 führst du gemeinsam mit János Kárász das Atelier Auböck + Kárász. Landscape Architects in Wien. Im Rahmen eurer gemeinsamen Arbeit nehmen die gartendenkmalpflegerischen Gutachten einen wichtigen Platz ein: 1996 über die Gartenhöfe des Gemeindebaues Sandleiten (Wien), ab 2001 über das Otto Wagner-Spital „Am Steinhof“ (Wien), 2002 über den Hausgarten des Komponisten Arnold Schönberg beim „Schönberg-Haus“ (Mödling), 2018/19 zur Renovierung der nördlichen Kompartimente im „Teichhof“ am Oberen Belvedere, um nur einige dieser Arbeiten zu nennen. Es erfolgten aber auch zahlreiche Neuplanungen in historischen Grün- und Freiräumen: 1990 zum Beispiel der Zufahrts- und Vorbereich der Porzellanmanufaktur in Schloss Augarten (Wien), 1996/97 der „Garten der Temperamente“ in Schloss Herberstein (Feistritztal/Steiermark), 2005 der Vorplatz – Ergebnis eines Internationalen Wettbewerbs, den du 2002 gemeinsam mit Cornelia Schindler und Rudolf Szedenik (s & s architekten) gewonnen hast –, 2007 das Vor-

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feld sowie 2019 gemeinsam mit Architekt Gert MayrKeber das Besucherzentrum bzw. der Parkplatz von Schloss Schönbrunn (Wien) oder etwa 2011/2012 die Neugestaltung des „Rosariums“ der Wiener Internationalen Gartenschau 1964 (WIG 1964).7 Wie siehst du die Entwurfsspielräume des Planens in den historischen Freiräumen? M. A.: Die Frage ist, was unter Planung und unter Entwurf zu verstehen ist. Gestalter haben oftmals eine oberflächliche, an gestalterischen Details hängende Vorstellung, die ohne historisches Wissen für historische Anlagen brandgefährlich werden kann. Sobald Aussagen durch Zeitzeugen, Archive und Planunterlagen vorhanden sind, sind diese zu berücksichtigen und ist eine Entwurfsstrategie zu finden, die angemessen und erklärbar ist. Der Planungshorizont muss jedes Mal neu definiert werden. E. B.: Wichtig für das öffentliche Bewusstmachen des Themas Schutz von und Umgang mit histori7

Vgl. Auböck, Maria, „Ein Wienerisches Welttheater“: Die Schlossanlage des Prinzen Eugen, in: dies. (Hg.), Das Belvedere. Der Garten des Prinzen Eugen in Wien, Wien 2003, 10 – 65, besonders 61–  62 (Gartendenkmalpflege am Beispiel des Belvederes); Auböck, Maria / Kárász, János / Mang, Brigitte, Die Wiederherstellung der Broderie-Parterres im Belvedere­ garten, in: Historische Gärten 11 (2005), Heft 2, 3 – 5; Auböck, Maria / Kárász, János / Mang, Brigitte, Wien 3. Belvederegarten, in: Historische Gärten 12 (2006), Heft 1, 61–  62; Auböck, Maria, Entwicklungskonzept für den Augarten in Wien, in: Die Gartenkunst 4 (1992), Heft 2, 187–198; Auböck, Maria / Reissberger, Mara, Die Gärten des Otto Wagner-Spitals in Wien. Ein Bericht zur Untersuchung der Gartengeschichte, in: Die Gartenkunst 14 (2002), Heft 1, 91–121; Auböck, Maria / Kárász, János, Wien, Steinhof, Gärten des Otto Wagner Spitals, in: Historische Gärten 12 (2006), Heft 1, 69 –70; Auböck, Maria, Die Freiraumgestaltung und die Gartenanlagen am Steinhof, in: Jäger-Klein, Caroline / Plakolm-Forsthuber, Sabine (Hg.), Die Stadt außerhalb. Zur Architektur der ehemaligen Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalten für Geistesund Nervenkranke Am Steinhof in Wien, Basel 2015, 165 –174; Licˇka, Lilli [Interview], Mehr als Stadtrand. Maria Auböck und Axel Lohrer über die landschaftsarchitektonischen Qualitäten des Donauparks, in: WIG 64. Die grüne Nachkriegsmoderne (Katalog zur Ausstellung, Wien Museum Karlsplatz, April – August 2014), hg. v. Ulrike Krippner, Lilli Licˇka u. Martina Nußbaumer, Wien 2014, 119  –124; Auböck, Maria, Historische Gärten – Neue Konzepte, in: architektur aktuell 14 (1980), Heft 77, 32 – 35 (zu Stift Melk und Augarten); dies., Der Garten der Temperamente – Schloss Her­ berstein, in: ARGE Architektinnen und Ingenieurkonsulentinnen (Hg.), Frauen in der Technik von 1900 bis 2000. Das Schaffen der österreich­ ischen Architektinnen und Ingenieurkonsulentinnen (Katalog zur Ausstellung, Wiener Planungswerkstatt, Oktober– November 1999), red. v. Patricia Zacek, Wien 1999, 86 – 87; Auböck, Maria, Warum ein RenaissanceZitat in Ambras?, in: Irdische Paradiese. Historische Gartenarchitektur in Tirol (Katalog zur Ausstellung, Tiroler Volkskunstmuseum, Innsbruck, Sommer 1997), red. v. Herta Arnold, Monika Frenzel u. Géza Hajós, Innsbruck 1997, 25.

Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur | Maria Auböck & Eva Berger

schen Gärten war die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten (ÖGHG). 1991 wurde das schon erwähnte Komitee für historische Gärten in diesen Verein übergeleitet, du warst von Beginn an kooptiertes Vorstandsmitglied und hast dich rege beteiligt: Ich fand in den Unterlagen zum Beispiel den Hinweis, dass du die im Frühling 1996 abgehaltene Fachreise der Gesellschaft zu den historischen Gärten in und um Paris vorbereitet und geleitet hast. Gemeinsam mit Géza Hajós hast du die erste Tagung der ÖGHG organisiert: „Der europäische Barockgarten und seine heutige Verwendung“. Sie fand im Schönbrunner Schlosstheater statt, dein Vortrag stellte ein mögliches Entwicklungskonzept für den Wiener Augarten als ältesten erhaltenen Barockgarten Wiens vor. M. A.: Ich hatte ja bereits meine Diplomarbeit zu diesem Thema verfasst. In den 1980er Jahren forderte der Aktionsradius Augarten die Öffnung des Augartens zum 20. Wiener Gemeindebezirk. Wir erhielten vom Wirtschaftsministerium Teilaufträge für die Planung neuer Eingänge etc., dann die Beauftragung für ein Parkpflegewerk bestehend aus Archivforschung, Bestandskartierung (gemeinsam mit Rupert Doblhammer und Thomas Palfinger) und Bestandsentwicklung. Es ist sehr schade, dass es in Österreich keine Mediation bzw. weiterführende Bearbeitungen für Parkpflegewerke im Sinne von Updates gibt. Wenige Jahre später führte der Umbau des dort bestehenden alten Gasthauses in ein Musiktheater für die Verwaltung der Wiener Sängerknaben zu enormen Protesten der Anrainer und zu langjährigen Konflikten mit Bürgerinitiativen. E. B.: Zusammen mit Géza Hajós, Anette Freytag, Cordula Loidl-Reisch, János Kárász und Brigitte Mang hast du die – mit rund 500 Teilnehmern – bisher größte Tagung der ÖGHG im Jahr 1999 im Semperdepot konzipiert: „Gärten der Gegenwart – Geschichte von morgen. Auf der Suche nach zeitgenössischer Gartenkunst“. M. A.: Diese großartige Veranstaltung ging auf die Initiative von János Kárász und Cordula Loidl-Reisch zurück, die durch die Themenwahl eine große Erwar-

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tungshaltung der Besucher entfachten. Es war eine tolle Stimmung und es gab gute Gespräche! E. B.: Für Vorträge im Rahmen von internationalen Tagungen zur Gartenkunst und Gartengeschichte bist du stets zu haben, ich erinnere nur an deine Beiträge zu einigen der von der ÖGHG veranstalteten Symposien.8 Ein weiteres Anliegen der ÖGHG hast du ebenso tatkräftig unterstützt: Ende 2015 wurde bekannt, dass das Landwirtschaftsministerium unter Bundesminister Andrä Rupprechter plante, die Direktion der Österreichischen Bundesgärten als Abteilung aufzulösen und deren Agenden der Direktion der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn in Wien zuzuteilen. M. A.: Leider wurde uns allen dabei bewusst, dass die interne Personalpolitik unbeeinflusst von externen Argumenten erfolgt. Man hat den Eindruck, dass die Verwaltung der Republik mit ihren Hinweisen etwa auf das „Amtsgeheimnis“ immer noch vormodern organisiert ist. E. B.: Im September 2017 erfuhr die Öffentlichkeit von einem auf einer Terrasse des barocken Gartens des Sommerpalais Schwarzenberg (Wien) geplanten Großgastronomieprojekt mit 880 Verabreichungsplätzen. Auch der Anfang Februar 2019 von der ÖGHG veranstaltete Vortrags- und Diskussionstag „Zerstören? Restaurieren? Erhalten? Über den Umgang mit gartenarchäologischen Funden in der Schutzzone Rennweg und die Zukunft dieses historisch wertvollen Gartenensembles“ an der TU Wien ist deiner Initiative zu verdanken.9 8

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Vgl. etwa Auböck, Maria, Zur Gartenarchitektur der Otto Wagner-Schule und ihrer Zeit, in: Die Gartenkunst 7 (1995), Heft 2, 291– 297 (Vortrag bei der von der ÖGHG veranstalteten Tagung „Gartenarchitektur des Jugendstils und der Zwischenkriegszeit in Wien und Europa“, Wien, 29.9.–2.10.1994); dies., Kalkulierte Natur – Anmerkungen zu neobarocken Akzenten in den Architekturformgärten in Wien um 1900, in: Buchinger, Günther / Hueber, Friedmund (Hg.), Bauforschung und Denkmalpflege. Festschrift für Mario Schwarz, Wien/Köln/Weimar 2015, 465 –  484 (Vortrag mit dem Titel „Die Wiederentdeckung des Barockgartens um 1900 als Inspiration für die Moderne“ bei dem von der ÖGHG veranstalteten Kongress „Der Barockgarten in Österreich aus europäischer Perspektive“, Wien, 3. – 5.10.2013). Vgl. Auböck, Maria, Wertschätzung (Rubrik: Stadtgespräch), in: Architektur & Bau Forum (51) 2018, Heft 9, 2; Österreichische Gesellschaft für historische Gärten, Memorandum anlässlich des Diskussionstages „Zerstören? Restaurieren? Erhalten?“, in: Historische Gärten 24 (2018), Heft 1, 36 – 37.

Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur | Maria Auböck & Eva Berger

M. A.: Es war überraschend, wie aufmerksam in Österreich und international Kollegen auf die prekäre Situation dieses Areals zwischen ökonomischen Rahmenbedingungen der Grundbesitzer und Anforderungen des Tourismus reagiert haben. Wir – János Kárász und ich – waren persönlich betroffen, da unser Atelier vor mehr als zehn Jahren für das Palais Schwarzenberg im Auftrag des Bundesdenkmalamtes das Parkpflegewerk erstellt hatte und damals auch mit der Vorentwurfsplanung für den Hotelgarten beauftragt war. Seit mehreren Jahren jedoch waren wir in die Planungsvorbereitungen nicht mehr einbezogen worden. Unsere Warnungen wurden nicht gehört, sodass einer der beiden im Gelände vorhandenen barocken Wasserbeckenböden, die im November 2018 im Erdreich gefunden wurden, durch den Neubau eines Bierlokals zerstört worden ist. An sich ein Skandal! E. B.: Wie siehst du die Tätigkeit der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten heute? M. A.: Die Dichte an Veranstaltungen und die Vermittlungsarbeit durch Publikationen der letzten Jahre ist beeindruckend. Je aktiver der Verein ist, umso besser! Dabei wäre abzuwägen, wie wissenschaftlich bzw. wie populär Aktivitäten sein sollen. Für die Zukunft wäre es zudem wichtig, auch in den Bundesländern die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für dieses Thema zu wecken. Mir ist bewusst, dass das noch mehr Aktivitäten – auch populärer Art – und einen enormen Personaleinsatz braucht. E. B.: Was mich an dir immer interessiert hat, ist deine Sichtweise als eine Planerin, die die Entwicklungsgeschichte des jeweiligen Freiraumes nie aus den Augen verliert. Selbst in kurzen Beiträgen wird stets auf die historische Bedeutung und den planerischen Mehrwert, die eine solche Sicht ergibt, hingewiesen.10 10 Vgl. Auböck, Maria, Restaurierung des Schönbrunner Palmenhauses geplant, in: Steine sprechen 20 (1981), Heft 64/65, 1–  4; Auböck, Maria /Martens, Bob, Het Loo, Garten und Schloß, in: Steine sprechen 25/1 (1986), Heft 81, 2 –19; Auböck, Maria, Wechselbäder im Brachland der Stadt, in: Swoboda, Hannes (Hg.), Wien. Identität und Stadtgestalt (Kulturstudien 20), red. v. Hubert Ch. Ehalt u. Georg Kotyza, Wien/Köln 1990, 234  –246 (zum aktuellen Verhältnis von Stadtplanung und Landschaftsplanung und zu Natur in der Stadt); dies., Vermischtes Vergnügen. Der Prater, ein Wiener Ort, in: Banik-Schweitzer, Renate u. a. (Hg.), Wien wirklich. Der

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M. A.: Ja, es geht uns – ich darf hier noch einmal János Kárász hereinnehmen – um das Ganze! Deshalb ist uns auch der fachliche Austausch mit Kollegen so wichtig. E. B.: Immer wieder schreibst du Beiträge zum Thema Historische Gärten in Fachzeitschriften und machst dadurch auf die eminente Wichtigkeit dieses wertvollen, schnell gefährdeten Erbes aufmerksam.11 Du hast mit deinem Atelier mehrere Forschungsvorhaben bearbeitet: Eine umfangreiche mit János Kárász und Stefan Schmidt für das Wirtschaftsministerium 1991 verfasste Studie, Die Freiräume der Wiener Wohnhausanlagen 1919–1934. Gestern und Heute, wurde leider nie veröffentlicht. Weitere Projekte befassten sich mit den Wiener Gartenanlagen der Zeit um 1900, mit dem Wohngrün Wiens, den öffentlichen Grün- und Freiräumen und dem Dachgrün Münchens.12 Welche Forschungsvorhaben beschäftigen dich derzeit? M. A.: Wir arbeiten derzeit u. a. mit der Universität für Bodenkultur Wien an einem Forschungsvorhaben „Biotope City“ zur Geschichte des Grüns im Wohnumfeld des 19. und 20. Jahrhunderts, an der Renovierung von Teilbereichen des Friedhofs Ohlsdorf in Stadtführer, Wien 1992, 189 –194; Wilhelmi, Bernward / Auböck, Maria, Kurpark Gars am Kamp. Seine Geschichte und Erneuerung, in: Steine sprechen 34/2 (1995), Heft 103, 1–  8; Auböck, Maria, Grüne Gewölbe / Green Vaults, in: Wien, Grünes Netzwerk. Der Stand der Dinge / Vienna, Green Network. The State of the Art, hg. v. Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung, red. v. Karl Glotter u. Sepp Kratochwill, Wien 1996, 34 – 41.; dies., Modernes Grün in Budapest und Wien: 1919 –1990, in: Tamáska, Máté / Rief-Vernay, Barbara (Hg.), Wien – Budapest. Stadträume des 20. Jahrhunderts im Vergleich (erscheint 2020 im Praesens Verlag, Wien). 11 Vgl. Auböck, Maria, Historische Gärten – Aufgabe für die Zukunft, kultureller Auftrag, in: Steine sprechen 18 (1979), Heft 60/61, 9. 12 Vgl. Auböck, Maria / Österreichisches Ökologie-Institut für Angewandte Umweltforschung, Das Verwildern von Natur & Phantasie! Wiener Wasserköpfe (Beitrag zum Wettbewerb „Chancen für den Donauraum“), Wien 1987; Auböck, Maria / Kárász, János / Schmidt, Stefan / Schwaba, Manfred / Voglmayr, Irmtraud, Potentiale der Landschaftsinszenierung in der Zeit der Themen- und Erlebnisparks (Studie im Auftrag der Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung), Wien 2000; Kárász, János / Kárász, Daniele, Drehbuch Freiraum. Möglichkeiten und Anforderungen im Wohnungsbau (Studie im Auftrag der Magistratsabteilung 50 – Wohnbauforschung), unter Mitarb. v. Maria Auböck, Francesco Pennoni u. Michael von Ciriacy-Wantrup, Wien 2010; Auböck, Maria /Kárász János (Konzept/Redaktion), Dachlandschaften gemeinschaftlich nutzbar, hg. v. Landeshauptstadt München – Referat für Stadtplanung und Bauordnung, München 2012.

Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur | Maria Auböck & Eva Berger

Hamburg, an der Neugestaltung des Innenhofes der Akademie der Wissenschaften in Wien, einem ehemaligen Jesuitenkloster, und an dem großen „Convention Park“ in Baku (Aserbeidschan). E. B.:  Hast du auch Pläne für weitere Publikationen? M. A.: Sicher möchte ich weiterhin Bücher publizieren. Wichtig wäre es, unsere Forschungen zu den Freiräumen der Wohnhausanlagen des „Roten Wien“ herauszubringen; dringend ist die Veröffentlichung von Studentenprojekten, die während der Professur in München entstanden sind; und vor allem ein Buch zur eigenen Entwurfsarbeit möchte ich machen. Jedenfalls ist digital einiges greifbar: János Kárász hat inzwischen eine wunderbare Website erstellt und platziert unsere Projekte auf Instagram sowie bei competitionline. E. B.: Immer wieder hast du dich für die Erhaltung gefährdeter historischer Gärten eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist der „Dehnepark“, ein Landschaftspark im 14. Wiener Gemeindebezirk, mit einem neugotischen, verfallenden Ruinenhaus.13 M. A.: Die Fragestellung des Vorranges von Naturschutz oder Denkmalschutz ist ein wesentlicher Aspekt der Landschaftsarchitektur. Die Beauftragung einer zweckdienlichen Studie durch das Bundesdenkmalamt war notwendig, da die Bauschäden an den Kellermauern durch das konfliktträchtige „Miteinander“ von Gebäude und alten Kiefern groß waren: Die Bäume hatten im Keller des Hauses bereits Wurzeln geschlagen! E. B.: Wie sieht das Verhältnis von Neuplanungen und gartendenkmalpflegerischen Arbeiten eures Ateliers derzeit aus? M. A.: Der Großteil unserer Planungsaufgaben – sicher vier Fünftel – sind Neuplanungen auf Basis von Bewerbungen über Wettbewerbe und Gutachterverfahren. Auch dafür gibt es Veröffentlichungen und Preise, wie für die Wohnhausanlage „WagnisArt“ in

13 Vgl. Auböck, Maria, Aufruf zur Rettung eines Kleinods der Wiener Gartengeschichte. Was geschieht im Dehnepark?, in: Historische Gärten 1 (1995), Heft 2, 11.

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München oder die Wohnhausanlage „In der Wiesen“ in Wien (Wohnbaupreis 2019 der Stadt Wien).14 E. B.: Außerdem schreibst du als Korrespondentin Berichte über internationale Landschaftsarchitektur und österreichische Aktivitäten in Fachzeitschriften und hältst Vorträge.15 Wie wichtig ist es dir, dich als Beobachterin des planerischen Geschehens, zu äußern? M. A.:  Ich sehe dies als eine Aufgabe der Zeitgenossenschaft, als eine Chance für meine literarische Tätigkeit. Es geht mir dabei um die Reflexion des Geschehens. E. B.: Erwähnen möchte ich noch deine wiederholte Beschäftigung mit den Wiener Schrebergärten und dem Siedlungsbau.16 Was interessiert dich an diesem Thema speziell? 14 Vgl. Auböck, Maria / Kárász, Janós, Räume in Bewegung. Landschaften zwischen Tradition und Experiment (Katalog zur Ausstellung, PlanTreff, München, Oktober – Dezember 2011), Wien/München 2011 (die Ausstellung war unter dem Titel „Moving Shapes – Dynamic Places“ in den Österreichischen Kulturforen zu sehen: 2006 in Krakau, 2007 in Tokyo und 2008 in Istanbul); Fischer, Anita, Ein Leben für die Landschaft [Maria Auböck und János Kárász], in: TASPO Garten Design 6/2013, 18 –22; Krasny, Elke, Der Rat der Bäume [Zur bleibenden Außenrauminstallation des Ateliers Auböck + Kárász, Österreich-Pavillon, 14. Internationale Architekturbiennale Venedig 2014], in: zoll+ 25 (2015), Heft 26, 84 – 85; Auböck, Maria, Inszenierung der Stille. Neue landschaftsarchitektonische Gestaltungen für den Ohlsdorfer Friedhof, in: Friedhof und Denkmal. Zeitschrift für Sepulkralkultur 64 (2019), Heft 3/4, 35 – 39. 15 Vgl. etwa die Beiträge: Auböck, Maria, Tankstellen der Sinnlichkeit. Über die Kunst im vierdimensionalen Raum und die Möglichkeiten, mit der Natur künstlerischen Positionen Ausdruck zu verleihen, in: morgen 2/2010, 24 – 27; dies., Es gibt die Rechtsregel (Rubrik: Sichtachse), in: Garten + Landschaft 129 (2019), Heft 6 (Juni), 66 (Bericht über das Büro für lustige Angelegenheiten [BLA] in Wien), sowie die Vorträge von Maria Auböck: „Schreber, hands on! Gedanken zum Gartenland“ (Tagung „Herr und Frau Schreber“ anlässlich der Ausstellung „Hands On Urbanism 1850  – 2012. Vom Recht auf Grün“), Architekturzentrum Wien, 20.6.2012; Laudatio für Peter Latz (anlässlich der Verleihung des Friedrich-Ludwig-von-SckellEhrenrings durch die Bayerische Akademie der schönen Künste), Residenz München, 30.10.2014; „Meine Arbeitspraxis mit Archivbeständen“ (anlässlich der Eröffnung des LArchivs – Archiv österreichischer Landschaftsarchitektur), Universität für Bodenkultur Wien, 24.1.2018. 16 Vgl. Auböck, Maria / Köhler, Gerd / Mutewsky Peter, Schrebergärten in Wien. Analyse, Wien [Eigenverlag] 1972; Auböck, Maria / Hagmüller, Roland, Handbuch für Wiener Kleingärtner (im Auftrag des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 19 – Stadtgestaltung), Wien 1986; Auböck, Maria, Der Kleingarten / Allotment Gardens, in: Wien, Grünes Netzwerk. Der Stand der Dinge / Vienna, Green Network. The State of the Art, hg. v. Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung, red. v. Karl Glotter u. Sepp Kratochwill, Wien 1996, 60 – 62; dies., Im Garten. Schrebergärten in Wien – Korrektur und Gegenwelt, in: Stadtbuch Wien 1983. Ein Almanach, red. v. Armin Thurnher, Wien 1983, 107–126; dies.,

Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur | Maria Auböck & Eva Berger

M. A.:  Selbstbauprojekte zeigen vitale Energie, auch im Gartenbau! Die Inspiration zur Bricolage entstand während einer Studienarbeit 1972, die Wahl des Themas hatte mein Studienkollege Peter Mutewsky initiiert, unser Betreuer war Wilhelm Kainrath. Ich blieb am Thema interessiert und veröffentlichte dazu Texte und Ausstellungsbeiträge, machte Vorträge, u. a. für das Architekturzentrum Wien, gab Rundfunk- und TVInterviews und konnte an Studien zu diesem Thema für das Land Niederösterreich und die Stadt Wien arbeiten. E. B.: Vielen Dank für dieses reichhaltige Gespräch. Gerne möchte ich mit einem kurzen Zitat von Georg Büchner enden, das sich auf der Homepage des Ateliers Auböck + Kárász findet: „… wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zählen Stunden und Monden … nur nach Blüte und Frucht …“



Schrebergärten in Wien, in: Österreichische Gesellschaft für historische Gärten (Hg.), Historische Gärten in Österreich. Vergessene Gesamtkunstwerke, red. v. Géza Hajós, Wien/Köln/Weimar 1993, 312 – 314; dies., Gärten als Bedürfnis – Gärten als Bedarf. Zu Armen-, Sozial- und Schrebergärten, in: Garten. Lust. Last. Leidenschaft (Katalog zur Ausstellung, Museum Niederösterreich, Haus der Natur, März 2018 –Februar 2019), St. Pölten 2018, 74  –79.

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Ein Statement Martin Hochleitner

Es ist für mich eine schöne Fügung, seit knapp 15 Jahren gemeinsam mit Dr. Wilfried Lipp am Institut für Kunstwis­ senschaften und Philosophie ad instar facultatis (IKP)1 in Linz unterrichten zu können. Wir haben die damalige Einladung von Univ.-Prof.in DDr.in Monika Leisch-Kiesl, den von ihr konzipierten Entwicklungsschritt an der Katholisch-Theo­ logische Privatuniversität Linz (KTU Linz)2 als Honorar­ professoren zu begleiten, immer auch als ihren Wunsch, Theorie und Praxis möglichst eng für Studierende erfahrbar zu machen, verstanden. So war es auch ein Glücksfall, dass Wilfried Lipp u. a. als langjähriger Landeskonservator für Oberösterreich des Bundesdenkmalamtes und 2002 bis 2018 als amtierender Präsident von ICOMOS Öster­ reich eine hochaktuelle, theoretisch reflektierte und problembewusste Auseinandersetzung mit Themen des Kulturerbes im Rahmen seiner Lehre an der Universität entwickeln konnte. Dadurch war es ihm möglich, bei mehreren Generationen von Studierenden zur Entstehung eines fundierten Denkmalbewusstseins maßgeblich beizutragen. Mir selbst fiel im Team von Monika Leisch-Kiesl von Anfang an die Rolle der kuratorischen Perspektivenentwicklung auf die Kunstgeschichte aus der musealen Praxis zu. Als beglückenden Zufall sehe ich den (altersmäßigen) Umstand, selbst Schüler Wilfried Lipps am Institut für 1 2

Seit 2015 Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft. Seit 2015 Katholische Privat-Universität Linz (KU Linz).

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Kunstgeschichte der Universität Salzburg in den 1980er Jahren gewesen zu sein. Als Lehrender wusste er nicht nur durch seine Fachkenntnis und die Themen seiner Lehrveranstaltungen zu überzeugen, sondern vor allem auch durch seine Haltung zu vielen Fragestellungen und seine stets ganz speziellen Zugänge zur Kunstwissenschaft zu inspirieren. Wilfried Lipp vermochte uns Studierenden in Salzburg kulturelles Erbe als einen Auftrag in der Auseinandersetzung mit Kunst im Kontext ihrer Geschichte zu vermitteln. Dieser Agenda ist er sich zeitlebens und in einer Vielzahl von beruflichen Wirkungsfeldern stets treu geblieben – zum Wohle vieler Studierender und Lehrender, zu denen ich mich in beiden Fällen mit großem Dank selbst zählen darf.

Neubau mit Aura Thomas Zaunschirm

Wenn Rolando Villazón enthusiastisch die auf originalen Instrumenten (Mozarts Violine, Mozarts ‚Walter‘-Flügel) spielenden Musiker in Mozarts Wohnhaus aus dem 18. Jahrhundert am Makartplatz 8 in Salzburg vorstellt, ist das Publikum von der magischen Atmosphäre begeistert. Kein Besucher ahnt, dass man sich nicht in der alten Mozart-Wohnung befindet. Das halbe Haus wurde durch einen Bombenschaden zerstört und durch einen mehrgeschossigen Neubau ersetzt. Nach dessen Abriss 1994 erfolgte die Rekonstruktion. In Zeiten von ‚Fake News‘ wird man über die 1996 entstandenen Innenräume getäuscht. In meiner Streitschrift Die demolierte Gegenwart. Mozarts Wohnhaus und die Salzburger Denkmalpflege (1987), die vor dieser durch die Spende eines japanischen Versicherungs-Konzerns ermöglichten Kulisse zu warnen versuchte, hat Wilfried Lipp angeregt, die damals fehlende Hälfte des Bauwerks durch eine Mozarts würdige postmoderne Architektur-Fantasie zu ergänzen.1 Dafür fehlte der Mut und die zufriedene Salzburger Mozart-Gemeinde hat bekommen, was und woran sie weiter verdient: den gewohnten Sound of Music.2

1

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Vgl. Lipp, Wilfried, [Stellungnahme], in: Zaunschirm, Thomas, Die demolierte Gegenwart. Mozarts Wohnhaus und die Salzburger Denkmalpflege, Klagenfurt 1987, 151–161, hier 159. „Salzburg ist die ‚Sound of Music‘-Stadt!“, so zu lesen auf der Homepage der städtischen Tourismus Salzburg GmbH (TSG), https://www.salzburg.info/de/ salzburg/the-sound-of-music [28.06.2019].

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Voraussetzung für das Funktionieren dieses Gebäudes ist das Vergessen seiner Geschichte. Damit wird der zweifelhafte Denkmal-Charakter des neuen Altbaus verdrängt. Mozarts Wohnhaus wurde 1939 unter Schutz gestellt. Die Eigentümerin beantragte angesichts der Zerstörung des halben Hauses in den 1940er Jahren die Aufhebung des Denkmalschutzes, um frei über den Bauplatz verfügen zu können. Der Verwaltungsgerichtshof als letzte Instanz lehnte in dem jahrelangen Rechtsstreit ihre Beschwerde im November 1952 ab. Entscheidend war das scheinheilige Argument, dass der Schutz eines nicht mehr existierenden Objekts nicht aufgehoben werden könne. Als man an der Stelle des zerbombten Hauses 1956 einen mehrgeschossigen Neubau errichtete, wurde der Protest des Landeskonservators ignoriert. Als dieses Gebäude 1994 abgerissen wurde, war das Denkmalamt nicht zuständig, weil es sich nicht mehr um ein geschütztes Objekt handelte. Interessanterweise wurde seitdem der Neubau des MozartWohnhauses nicht mehr unter Schutz gestellt. Offenbar glaubt man daran, dass es sich um dasselbe, für ein halbes Jahrhundert verschwundene, aber wieder auferstandene Denkmal handelt.3

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„Die Stellung der Liegenschaft Salzburg, Makartplatz Nr. 8, unter Denkmal­ schutz hat demnach niemals aufgehört, wirksam zu sein“, stellte schon am 29. Mai 1951 das Unterrichtsministerium fest. Diese und weitere Informationen sind in der Akte „Makartplatz Nr. 8“ ohne spezifische Kennzeichnung im Denk­ malamt Salzburg einzusehen.

Über Kulturlandschaft Ein Gespräch mit Helene Karmasin und Tarek Leitner, moderiert von Imma Walderdorff1

Vorbemerkung: Eine Studie zur Einstellung gegenüber historischen Gebäuden (2018)2 Historische Gebäude finden in der österreichischen Bevölkerung eine hohe Akzeptanz: 92 % der Befragten meinen, dass ihnen historische Gebäude (sehr) gut gefallen und eine besondere Bedeutung für sie haben. Historische Gebäude machen eine Landschaft oder einen Ort singulär, sie stehen als Zeichen für eine glanzvolle Vergangenheit, aber auch für eine besondere Mentalität: als man noch Wert auf solides, nachhaltiges Bauen legte, auf Sorgfalt, Handwerkskunst, Schönheit, Individualität. Sie bilden somit auch ein Gegengewicht gegen das angeblich kalte, seelenlose, unpersönliche Bauen der Moderne und in gewisser Weise auch gegen Bedrohungen der Globalität. Vor allem aber ist man sich bewusst, dass Österreich mit diesen Gebäuden über einen großen Schatz verfügt – sie sind es, die Österreichs Landschaften und Orte reizvoll machen, die Touristen anziehen, die aber auch für Einheimische eine Quelle des Stolzes darstellen: Erhalt von Vielfalt, Altes und Neues in per1 2

Das Gespräch fand am 16. Jänner 2019 statt. „Die Bedeutung von historischen Gebäuden“, eine qualitative, quantitative und semiotische Untersuchung von Karmasin Behavioural Insights (Erhebungszeitraum: Juni 2018): 502 Online-Interviews (Österreicherinnen und Österreicher ab 18 Jahren, repräsentativ für die Bevölkerung), 25 Tiefeninterviews (20 Personen aus der österreichischen Bevölkerung, gestreut nach Alter, Geschlecht und Bildung, sowie 5 Schlossbesitzer). Die Studie wurde am 27. Juni 2019 im Rahmen der Fachgespräche am Bundesdenkmalamt in Wien präsentiert und wird in der Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege publiziert werden.

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fekter Harmonie, Wertschätzung von Sorgfalt, Individualität und Schönheit. Den meisten ist bewusst, dass der Erhalt solcher Gebäude Geld kostet. 86 % sind der Meinung, dass der Erhalt dieser Gebäude für einen Ort oder eine Gegend wichtig ist und dass der Staat, das Bundesland, die Gemeinden in diese Gebäude investieren sollten, wenn private Besitzer sich dies nicht leisten können. Wenn die Bauten verfallen und abgerissen werden, so gehe etwas Wertvolles unwiederbringlich verloren – ähnlich wie beim Aussterben von Tieren und Pflanzen kommt es zu einer Verringerung der ‚Artenvielfalt‘. Imma Walderdorff: Sehr geehrte Frau Karmasin, wie hat sich ihr Bild während und/oder nach der Studie geändert bzw. was hat sie persönlich an der Studie erstaunt? Wir alle hatten ja nicht mit einer so großen Zustimmung gerechnet. Die letzte vergleichbare Studie von 1993 für das Bundesland Oberösterreich hatte eine Zustimmungsrate von 75 %. Helene Karmasin: Ich war verblüfft, wie groß die Wertschätzung ist. Ich hatte schon gedacht, dass die Befragten es schätzen, aber nicht in diesem Ausmaß – über 90 %; die Österreicher sind stolz auf ihr kulturelles Erbe! Tarek Leitner: Bemerkenswert finde ich im Zusammenhang meiner Suche nach einer Objektivierung von Schönheit die vorgelegten Bilder. Sie werden in großem Umfang als „schön“ gesehen. 92 % sehen das so. Das zeigt auch, welche Art von Gebäuden eine angenehme Umgebung schafft. Die für die Studie vorgelegten sieben historischen Gebäude3 zeigen somit auch Kriterien, die neue Gebäude erfüllen müssten, um zu gefallen. I. W.: Warum gefällt uns die neue Architektur nicht, ist sie aus der Proportion? Sind es die Formen oder die Farben, zu schrill, zu bunt? „Form follows function“, wie der amerikanische Architekt Louis Sullivan 1896 meinte. 3

Es waren dies eine Mühle, ein Bauernhaus, ein Straßenzug am Wiener Spittelberg, Burg Hohenwerfen (Salzburg), Schloss Eckartsau (Niederösterreich), das Rathaus von Tamsweg (Salzburg) sowie ein hölzerner bäuerlicher Getreidespeicher (mundartlich „Troat-“ oder auch „Troadkasten“).

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H. K.: Es gibt Studien, die zeigen, dass den Leuten Einförmigkeit nicht gefällt, etwa eine nicht gegliederte Menge von Elementen, die sich einförmig und additiv aneinanderreihen, wie z. B. eine Fensterfront. Und zweitens: sie schätzen Einzigartigkeit, Singuläres – viele moderne Gebäude werden nicht als individuell empfunden. Die vorgelegten Gebäude sind individuell, sie erzählen Geschichte, das „stolze Bürgerhaus“, die Burg, das Schloss, die Mühle, sie zitieren unsere kulturelle Identität. T. L.: Ein Gedanke zur Gliederung: Sie hat Auswirkung darauf, wie schnell wir ein Gebäude erfassen. Je schneller wir es erfassen, desto schneller ist es gleichsam konsumiert und entschwindet somit aus unserer Wahrnehmung. Jedes der bei dieser Studie vorgelegten Gebäude muss ich mir genauer ansehen, sie sind komplexer. Hier rutscht man in der Beobachtung nicht ab, man hält bei den Details inne. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass die Geschichte, die mit den Gebäuden einhergeht, ganz wesentlich ist – es geht also nicht nur um schützenswerte Gebäude an sich, es sind mehr noch die überlieferten Geschichten und Erinnerungen, die wir mit einem Ort verknüpfen, natürlich auch die persönlichen Erlebnisse: „Ich habe etwas erlebt mit oder bei diesem Gebäude.“ Siedlungsgebiete sollten sich organisch entwickeln, nicht vom Reißbrett weg auf die grüne Wiese gesetzt werden. H. K.: Modernes Bauen macht auch orientierungslos, man kann an nichts festhalten, historische Gebäude sind Orientierungspunkte im Raum, in der Umgebung, sie geben das Gefühl von Heimat. Sie sind etwas Unverwechselbares und sie kennzeichnen Zugehörigkeit. Die Bevölkerung ist stolz auf ihre historischen Gebäude und sie fügen sich in ein Ensemble von Natur und Kultur. T. L.: Die auf den Bildern vorgelegten historischen Gebäude haben eine Individualität – und das ist jetzt wichtig –, eine sich einfügende Individualität. Heute geht es vorwiegend um eine Individualität, die „outstanding“ ist, eine Abweichung um jeden Preis. Auch von unseren Kindern wollen wir ja von Anfang an, dass sie einzigartig sind. Heutzutage muss man um jeden Preis abweichen, um sich individuell zu zeigen. Man

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kann das beim „Einfamilienhaus-Stil“ beobachten: das schreiendste, nicht dazupassendste Haus (wenn es diese Superlative sprachlich überhaupt gibt – in der Realität leider doch) muss es sein, das ‚Andere‘ gilt als das Erstrebenswerte. Die Idee des Ensembles ist verloren. H. K.: Die Idee der Gemeinschaft ist auch verloren gegangen, eher wird exzentrische Individualität angestrebt. I. W.: Die heutigen Gebäude sagen nur, dass sie „individuell“ sind. In Wahrheit sind sie alle aus dem Musterhauskatalog; also: wie definiert sich die Individualität? H. K.: Zum Beispiel über Farbe: Je bunter, je schriller, desto mehr wird man von der Umgebung wahrgenommen – es geht nicht um Schönheit, es geht nur um „die Mayers im orangefarbenen Haus“. Damit sind sie einzigartig. Der Anspruch auf Individualität lautet: „Hier bin ich, beachte mich!“ T. L.: Jeder will in einer schönen Umgebung leben. Der Widerspruch ist jedoch, dass dieser eigene Anspruch durch die zur Schau gestellte Individualität konterkariert wird. Im besten Fall gefällt das Eigene, die Gesamtheit lässt aber niemanden mehr sich wohl fühlen. I. W.: Stichwort Bodenverbrauch: Eng verbunden mit der Kulturlandschaft ist die Naturlandschaft. Eine Initiative von Maximilian Hardegg zur bunten Landwirtschaft und Biodiversität zeigt ein ähnliches Bild. Auch hierfür wurde von Ihnen, Frau Karmasin, eine Studie in Auftrag gegeben.4 Was zeichnet sich dort ab? H. K.: Die Österreicher schätzen die schönen Landschaften ihres Landes. Demgemäß wird ihrem Schutz und ihrer Erhaltung eine sehr hohe Bedeutung zugesprochen. Landwirte werden einerseits romantisch verklärt wahrgenommen, andererseits als Opfer einer zunehmend kommerzialisierten Welt oder als Subventionsempfänger. Auch hier zeigt sich, welche 4

Vor dem Hintergrund einer festgefahrenen und ideologisch geprägten Debatte rund um das Spannungsfeld biologische und konventionelle Produktion in der Landwirtschaft haben Karmasin Behavioural Insights, das Pflanzenschutz- und Saatgut-Unternehmen Syngenta und das Gut Hardegg gemeinsam eine Initiative für mehr Biodiversität und Artenviel-

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Landschaften als schön empfunden werden: Je vielfältiger und komplexer die den Befragten präsentierten Landschaften waren, desto schöner wurden sie empfunden. T. L.: Das ist ein bemerkenswerter Widerspruch: Die Mühle am rauschenden Bach in bunter Landschaft an der biodiversen Agrarfläche – das bilden wir medial ständig ab. Ein idyllisches Häuschen, am besten in tief verschneiter Landschaft – das ist auf jedem Christkindlmarkt ein beherrschendes Motiv. Interessanterweise vermitteln wir solche Anmutungen nur noch medial, also in Bildern. Sie sind ein Surrogat für Schönheit, die wir sonst nicht mehr finden können. Aber es ist auch nicht sinnvoll, wenn wir einen Glassturz über die entsprechenden Gebäude stellen; es geht auch darum, wie wir den Ort rundherum gestalten. Die Veränderung der gebauten Welt hat seit 1990 rasant zugenommen. Es ist auch einfacher geworden, große Kubaturen in die Landschaft zu stellen, als es vor 50 Jahren rein technisch möglich war. Wir bemerken das, weil alles so schnell geht – manche Region hat mit ihrer Gestalt vor 20 Jahren keine Ähnlichkeit mehr. H. K.: Das ist das Eine, aber was dazu kommt, ist die spezifische Mentalität: nur Funktionalität, das gab es in dieser Form noch nie. Wie können derart viele Gewerbegebiete in dieser extremen Form entstehen? Jede gebaute Umgebung ist das Abbild einer Haltung, einer Mentalität. Man mag sich an die Entwicklungen in Paris ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erinnert fühlen: die alten Viertel wurden abgerissen, weil Georges Eugène Haussmann eine spezifische Idee hatte, wie Menschen zusammenleben sollen. Wir haben jetzt auch eine Idee, aber die ist erschreckend! T. L.: Allerdings muss man bedenken: Früher hat man den Bauernhof nicht deshalb so errichtet, weil man es ‚schön‘ machen wollte. Da hat auch die Funktion eine wichtige Rolle übernommen. Aber das Pos

falt unter dem Titel „Bunte Landwirtschaft“ gestartet. Die heimischen Landschaften werden mit einem hohen Gut der Gesellschaft in Verbindung gebracht: der Natur. Eine besonders reiche Natur zeichnet sich wiederum durch ihre Artenvielfalt und Biodiversität aus. Über zwei Drittel der Österreicher geben an, dass ihnen Biodiversität sehr wichtig ist, und sie begrüßen es, wenn Landwirte sich um die Bewahrung der Artenvielfalt kümmern.

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tulat der Funktionalität hat sich mittlerweile über alles gestellt und sich ins Extreme gesteigert. Das ist in vielen Bereichen feststellbar: Auch unsere Körper sollen – übrigens nicht zuletzt durch Datensammlung und „Self-Measurement“ – immer besser und effizienter werden. Diesen Zugang legen wir auch bei der Natur- und Kulturlandschaft an. Aber Systemoptimierung geht nicht für alle Bereiche, speziell nicht für historische Gebäude und Landschaft. H. K.: In der Studie kam klar heraus, dass die Leute dafür sind, die Gebäude zu erhalten, weil sie ein Zeichen für Österreich sind. Das bedeutet, dass man hier die Vergangenheit schätzt. Man meint aber auch, dass eine Region ‚etwas davon hat‘. Das gilt als Legitimation. T. L.: Die Gegend oder Region ‚hat was davon‘, im Sinne von ‚es lohnt sich‘ – das muss man jedoch kritisch betrachten. Man möchte Marken kreieren. Jeder Hügel soll Marke sein – das ist sehr materialistisch gedacht. Was geschieht, wenn Nützlichkeit die Schönheit dominiert? Wenn das historische Gebäude nichts abwirft, wäre wegreißen dann sofort wieder legitim? Es gilt, ein anderes Kriterium heranzuziehen, etwa die lebenswerte Umgebung. Auch davon habe ich etwas, aber nicht über eine künstlich kreierte Marke. Die Kulturlandschaft braucht kein Produkt zu werden, zu einer Art „Disney Land“ verkommen. I. W.:  Damit kommen weitere Themen ins Spiel: Kultur- versus Naturlandschaft, Lebensstandard versus Bodenverbrauch etc. Das von der Denkmalwerkstatt5 verfolgte Konzept wäre: Jungfamilien im Ortszentrum anzusiedeln; das käme ihnen günstiger als der Neubau auf der grünen Wiese. Auch für ältere Leute wäre es besser, im Ortszentrum zu leben, da man dann zum Beispiel wieder auf ein Auto verzichten kann. Damit belebe ich die Ortszentren und verringere den Bodenverbrauch. Wie bringt man das in die Bevölkerung, in die Politik? Durch verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen? Durch finanzielle Anreize? H. K.: Die Leute spüren sehr wohl, dass etwas „stirbt“, eine Kostbarkeit unwiederbringlich ver5

Vgl. das Projekt Denkmalwerkstatt im Holzingerhaus (Krems), http:// www.denkmalwerkstatt.at [28.06.2019].

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schwindet. Wenn wir nicht darauf achten, ist sie weg, für immer. Und das erleben die Menschen auch so. Viele finden historische Gebäude oft deshalb so schön, weil sie im Ensemble von Natur und Kultur stehen. Laut der Studie würden auch viele junge Leute gerne in historischen Gebäuden wohnen, wenn die entsprechende moderne Infrastruktur gegeben wäre. All das rührt auch an Emotionen: Diese Baudenkmäler sind etwas Schönes, Kostbares, Verletzliches – lass uns darauf achten, wie auf Tiere, Pflanzen, Landschaften oder Traditionen. T. L.: Mit rechtlichen Rahmenbedingungen kann man die Dinge steuern. Der Siedlungsraum braucht härtere und engere Grenzen. Denn natürliche Grenzen gibt es nicht mehr (Sumpf, Wald, Gebirge), man kann überall bauen (sogar ins Hochwasser- oder Lawinengebiet), da es technisch möglich ist. Die Folge sind noch mehr Eingriffe wie Hochwasserbauten, Überschwemmungsbecken etc. Wir gehen in solch vermeintlich gefährliche Gebiete doppelt hinein: zuerst mit unseren gewollten Bauten, dann mit der Infrastruktur, die uns schützen soll. I. W.: Stichwort Förderungen: Die Denkmalwerkstatt verfolgt ja auch den Ansatz, Förderungen einzuschränken und stattdessen steuerliche Anreize für die Erhaltung historischer Gebäude zu schaffen. Beispiel Wohnbauförderung: die Dämmplatte wird gefördert, Solaranlagen, Windräder – Hauptsache energieeffizient, selbstversorgend. Das erzeugt jedoch eine Absurdität des Bauens. Wie bekommt man die Förderungssysteme aus den Köpfen? H. K.: Das bekommt man aus den Köpfen nicht heraus – das hat auch die Studie gezeigt: Alle glauben, dass dies ein Weg wäre. Man dürfe aber auch mit seinem historischen Gebäude nicht tun was man will, es müsse Regeln geben und dafür sei das Denkmalamt verantwortlich.6 T. L.: Ich halte die Zustimmung zu Förderungen oder Steuererleichterungen für Besitzer von historischen Gebäuden für eine sozial gewünschte Ant6

Zwei Drittel der Befragten sind etwa der Meinung, dass Bund / Länder / Gemeinden finanziell einspringen sollen, wenn ein historisches Gebäude baufällig wird.

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wort, die man gibt, weil man meint, bei einer anderen Antwort würde man als kulturlos und ungebildet gelten. Letztlich wird eine steuerliche Erleichterung von der breiten Bevölkerung nicht mitgetragen: Warum soll ausgerechnet „der/die mit der alten Mühle“ eine Erleichterung bekommen? Man findet Erhaltung gut, aber wenn diese einen nicht persönlich betrifft, schwindet die Zustimmung. Und umgekehrt ist es ähnlich: Immobilienbesitzer haben in der Regel eine sehr geringe Toleranz, wenn es um Eingriffe in ihr Eigentum geht – auch wenn diese Eingriffe dazu dienen, die Schönheit eines Gebäudes oder einer Landschaft zu erhalten. I. W.: Ein abschließendes Statement: Wie retten wir die Kulturlandschaft – die ja auch als eine Denkmallandschaft bezeichnet werden kann? Warum ist Denkmalpflege gerade jetzt wichtig? H. K.: Letztlich ist es ein politisches Thema: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Was soll die Gemeinschaft bestimmen dürfen und was das Individuum? Was ist als wertvoll zu betrachten? Derzeit neigen wir zu einem extremen Individualismus und zu der Meinung, dass der Markt die beste aller Lösungen sei. Gerade das Beispiel der historischen Gebäude zeigt, dass damit eine unwiederbringliche Zerstörung in Kauf genommen wird. Dies war einem Teil der Befragten auch bewusst. T. L.: Die politische Verantwortung in diesem Bereich halte ich für noch bedeutsamer als bei anderen Zuständigkeiten, weil hier eben wirklich etwas unwiederbringlich zerstört wird. Überspitzt gesagt: in anderen Bereichen kann man nach Wahlen wieder einen anderen Weg einschlagen; im Bereich historischer Bauten kann man mit einer neuen Politik nichts wiederherstellen, manches ist und bleibt für immer verloren. Wir ziehen uns aus einer verschandelten Landschaft nicht wieder zurück. Wenn der Platz einmal besetzt ist, bleibt er das, auch wenn das Gebäude am Kreisverkehr seine Funktion verliert. Der Bodenverbrauch ist unumkehrbar. Alle Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, sind im wahrsten Sinne des Wortes in Stein gemeißelt oder besser gesagt: in Beton gegossen.

Kulturlandschaften im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und privaten Interessen Ein Gespräch mit Christoph Leitl, geführt von Georg Spiegelfeld

Georg Spiegelfeld: Du warst 18 Jahre lang Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer, vorher 15 Jahre lang in hohen Funktionen des Oberösterreichischen Landtags und der Oberösterreichischen Landesregierung mit den Agenden Wirtschaft, Tourismus, Technologie, Energie, Fachhochschulen, Raumordnung und Europa. Du kommst aus einer wirtschaftlich und künstlerisch gebildeten Familie und bist immer ein Verfechter kultureller Anliegen gewesen. Christoph Leitl: Ja, richtig. Väterlicherseits wurde mir das Unternehmerische in die Wiege gelegt, mütterlicherseits das Musische. Mein Schwiegervater Anton Lutz war ein bedeutender und erfolgreicher Maler des Spätimpressionismus.1 Wirtschaft und Kunst bildeten bei mir also zeitlebens schon eine Symbiose. G. Sp.: Darauf basiert ja auch unsere freundschaftliche Gemeinsamkeit. Dazu kommt noch, dass wir beide auch eine politische Vergangenheit haben. Abgesehen von deinem Engagement in der oberösterreichischen Landespolitik war und ist dir auch immer Europapolitik ein Anliegen. Bei mir war es die österreichische Bundespolitik, in der ich als Bundesrat besonders kulturelle und wirtschaftliche Belange zu thematisieren versuchte. Ch. L.: Wichtige kulturelle Fragen, in unserem Fall Fragen des baukulturellen Erbes und der Kulturlandschaft, stehen ja immer im Kontext von Wirtschaft und Gesellschaft. 1

Der 1894 im oberösterreichischen Prambachkirchen geborene Anton Lutz starb 1992 in Linz.

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G. Sp.: Du hast ein gutes Stichwort zum Einstieg in unsere Materie geliefert: Kulturlandschaft. Dazu muss ich zunächst anmerken, dass wir beide gemeinsam einen kleinen Weinberg in der Weltkulturerberegion Wachau betreiben. Unweit dieses Weinbergs, eines Stückes kultivierter Landschaft, liegt die Ruine Dürnstein. Das bringt mich auf einen wirkungsgeschichtlich interessanten Zusammenhang: Die Ruine stand als Symbol der Vergänglichkeit des Menschenwerks am Anfang der Entwicklung der romantischen Kulturidee des Bewahrens und des modernen Denkmalkultes. Steht ruinieren – jetzt einmal provokant formuliert – immer am Ende? Ch. L.: Das musst du mir näher erklären. G. Sp.: Aus einem Erinnerungspuzzle aus Beiträgen unseres Jubilars zusammengestückelt, stand zu Beginn der Entdeckung der eigenen nationalen Vergangenheit die Begeisterung für das Mittelalter, insbesondere für die unvollendet gebliebenen gotischen Dome. Goethes Hymnus Von Deutscher Baukunst (1773) an Meister Erwin von Steinbach, den Erbauer des Straßburger Münsters, und die Entdeckung der originalen Baupläne für den Kölner Dom (1814/1816) sind die großen Initialen einer Bewegung, die als Vollendungsvorboten des Historismus mindestens noch eine ganze Epoche der Wiederentdeckung der Stile vergangener Zeiten und Kulturen prägten. Knapp nach 1900 formulierte der österreichische Kunsthistoriker Alois Riegl seinen Modernen Denkmalkultus (1903) mit der Emporwertung des „Alterswerts“ entgegen dem „Neuheitswert“ und dem „historischen Wert“.2 Aus philosophischer Sicht beschäftigte sich Anfang des 20. Jahrhunderts Georg Simmel am Beispiel der Ruine mit den in historischer Architektur zum Ausdruck kommenden Prozessen von Werden und Vergehen, Aufstieg und Fall. Die Ruine ist für Simmel „die gegenwärtige Form eines vergangenen

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Alois Riegl (1858   –1905), Kunsthistoriker, Denkmalpfleger und Vertreter der ‚Wiener Schule der Kunstgeschichte‘ legte mit Der moderne Denkmalkultus (Wien 1903) einen Entwurf zur gesetzlichen Organisation der Denkmalpflege in Österreich vor. Vgl. Bacher, Ernst, Alois Riegl und die Denkmalpflege, in: Riegl, Alois, Kunstwerk oder Denkmal? Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 15), hg. v. Ernst Bacher, Wien / Köln / Weimar 1995, 11–   48.

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Lebens“3, also die in die Gegenwart überlieferte Altersform vergangener Kultur. Ch. L.: Wenn ich es recht verstehe, kongruieren Riegls Alterswert und Simmels Ruinen-Ästhetik zusammen in der Erkenntnis und Anerkenntnis des Wandels, der eben gerade durch seine Wirkmacht ein reflektierendes Innehalten und bewahrendes Bewusstsein erfordert. G. Sp.: So kann man das formulieren. Die im 19. Jahrhundert allmählich institutionalisierte Denkmalpflege hat diesem ‚Innehalten‘ Orientierung und Regeln gegeben, erst im 20. Jahrhundert erfolgte die Verrechtlichung der Kulturidee des Bewahrens. Ch. L.: Jetzt musst du mir aber noch den Zusammenhang der Ruinen-Metapher mit deinem Gegenwartsbefund des Ruinierens präzisieren. G. Sp.: Die Ruine – denke ich – steht symbolisch für die gesamte Denkmalpflegeideologie: als Zeugnis und Dokument der menschlichen Geschichte und des Kreislaufs der Natur. Dieses Innewerden erfordert Achtung vor der Schöpfung, den Leistungen der Menschen ebenso wie den Kräften der Natur. Max Dvorˇák, der Nachfolger Riegls am Wiener Lehrstuhl für Kunstgeschichte, forderte daher „Pietät“ gegenüber den Denkmälern der Vergangenheit.4 Ruinieren ist das Gegenteil davon, nämlich ein mehr oder weniger bewusst gesetzter Akt des verändernden, destruktiven und zerstörenden Eingreifens. Ch. L.: Woran denkst du dabei konkret? G. Sp.: Stichwort Kulturlandschaft: Zersiedelung, Flächenverbrauch durch Wucherungen von Gewerbegebieten. Täglich werden in Österreich 20 Hektar – die Fläche von rund 30 Fußballplätzen! – verbaut.5 3

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Simmel, Georg, Die Ruine. Ein ästhetischer Versuch [1907], in: ders., Aufsätze und Abhandlungen 1901–1908, Bd. 2 (Georg Simmel. Gesamtausgabe, hg. v. Otthein Rammstedt, Bd. 8), hg. v. Alessandro Cavalli u. Volkhard Krech, Frankfurt a. Main 1993, 124  –130, hier 129. Bei Dvorˇák (1874   –1921) heißt es programmatisch: „Was man fordert und überall fordern muß, ist Pietät für den überlieferten Denkmalbesitz und dessen möglichst unverminderte Erhaltung in der alten Umgebung, Form und Erscheinung.“ Dvorˇák, Max, Katechismus der Denkmalpflege, Wien 2 1918, 37. Vgl. Kneifel, Gottfried, Privates baukulturelles Erbe unter Druck (Rubrik: Kommentar der Anderen), in: Der Standard, 14.11.2018, https://derstan

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Oder Stichwort Urbanisierung: laut Prognosen werden 2050 rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben.6 Die Folgen sind jetzt schon deutlich ablesbar. Landflucht mit aussterbenden Dörfern auf der einen Seite, Metropolisierung, (Nach-)Verdichtung noch freier Räume, Vertikalisierung durch Hochhäuser und Dachausbauten, die geradezu zum städtebaulichen Programm des ‚Draufsetzens‘ avancieren, auf der anderen Seite. Insgesamt geht die Entwicklung in eine fortschreitende Auflösung der Grenzen zwischen Stadt und Land. Eine Art ‚Vervorstädterung‘ – Suburbanisation – prägt die vormals kulturlandschaftlich gestalteten Räume. Derartige Entwicklungen kommen ja nicht von ungefähr – was sind die Ursachen? Ch. L.: Sehr vereinfacht ausgedrückt liegen die Ursachen im menschlichen Grundbedürfnis nach vermeintlich besseren Lebensverhältnissen. Die Menschen wollen wohnen, arbeiten, wirtschaften – und zwar orientiert an gesellschaftlich normierten Lebensstandards. Das ist der Punkt. Das heißt auf unser Beispiel Kulturlandschaft bezogen: die Bewohner zieht es in die Städte, weil dort bessere Arbeitsmöglichkeiten bestehen, am Land dagegen (landwirtschaftliche) Betriebe schließen. Die historischen Orte veröden, weil sich Wohn- und Geschäftsstandards – oder anders ausgedrückt: Attraktivitätsstandards – geändert haben. Um gegenzusteuern werden daher Betriebsansiedelungen und die Errichtung von Wohnhäusern in ehemals kulturlandschaftlich geprägten Agrargebieten gefördert. G. Sp.: Ich denke, man sollte auch quantitative Aspekte erwähnen: Um wie viel architektonisches Erbe geht es denn eigentlich prozentuell ausgedrückt? Wenn man alle Baulichkeiten als 100 Prozent nimmt, entfallen auf den inneren Ring des selektiven baukulturellen Erbes lediglich etwa 3 Prozent. Und davon steht in Österreich nur rund die Hälfte unter recht-

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dard.at/2000091209408-1293370495567/Privates-baukulturelles-Erbeunter-Druck [28.06.2019]. Vgl. Nothegger, Barbara, Urbanisierung: Zeitalter der Megastädte, in: Kurier, 01.06.2018, https://kurier.at/wirtschaft/immobiz/urbanisierung-zeit alter-der-megastaedte/400040953 [28.06.2019].

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lichem Denkmalschutz.7 Den prozentuellen Anteil kulturell imprägnierter und daher relevanter Räume kann man derzeit nicht einmal grob abschätzen, weil dazu keinerlei Statistiken vorliegen. Ch. L.: Dieser Befund überrascht mich immer wieder. Es ist ja im Grunde nur ein kleiner Anteil im Vergleich zum Ganzen, wobei die Grenzen natürlich fließend sind. In der öffentlichen Diskussion herrscht allerdings häufig der Eindruck der ‚Übermacht‘ der Schutzkorsette vor. In meiner Laufbahn bin ich immer wieder mit dem Vorurteil konfrontiert gewesen, dass man ja wegen Denkmal- und Naturschutz ‚gar nichts mehr machen‘ könne. G. Sp.: Jetzt sind wir mittendrin im spannenden Geflecht von Wirtschaft, Politik und Kultur. Im globalen System der Wirtschaft sind Angebot und Nachfrage die wesentlichen Potenzen, die Politik greift steuernd und allokativ ein. Mit anderen Worten: die Politik entscheidet, was und wieviel wird an wen, wohin und wozu adressiert. Und zwar nicht nur finanziell, sondern auch regulativ und rechtlich. Das Kulturgut repräsentiert in diesem System den Sonderfall eines ‚meritorischen Guts‘. Das heißt: die Nachfrage im wirtschaftlichen Sinn der Abwägung von Nutzen, Kosten und Gewinn – Frage: ‚Was bringt’s?‘ – ist gering, aber die ideelle Nachfrage ist ein wichtiger gesellschaftlicher Befindlichkeitsfaktor. Um diese (schwer messbare) Lücke zu schließen, bedarf es der staatlichen (Unter-)Stützung. Ein wesentlicher staatlicher Stützpfeiler ist dabei die einschlägige Gesetzgebung zur Materie ‚Kulturelles Erbe‘. Ch. L.: Rechtliche Rahmen sind selbstverständlich eine Basis und Voraussetzung für das Feld des Handelns – in unserem Fall das ‚weite Land‘ des kulturellen Erbes. Allerdings ist es in fortschreitenden Demokratisierungsprozessen unabdingbar, die notwendigerweise restriktiv verfasste Legistik durch Anreizsysteme abzufedern und im Idealfall in einen Bonus umzuwandeln. 7

Vgl. Lipp, Wilfried, Situationsanalyse und Großwetterlage, in: Kneifel, Gottfried (Hg.), Die Zukunft des baukulturellen Erbes. Enquete im Sitzungssaal des Bundesrates, Parlament, Wien, November 2015, Wien [2016], 6  –7 (als pdf abrufbar unter http://www.denkmalpflege.at/images/Articles/Baukulturelles_Erbe_Broschre.pdf [28.06.2019]).

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G. Sp.: Das ist zweifelsohne ein ganz wichtiger Punkt. Derzeit wird ja bei den direkt von der ‚Last des Kulturerbes‘ Betroffenen, also bei den Denkmaleigentümern und Grundbesitzern, die einschlägige Rechtsmaterie vielfach als Eingriff in die Eigentumsrechte, als Verfügungsbeschränkung und Investitionshemmnis gesehen. Die Denkmalschutzgesetze – das gilt durchaus global – sind dabei besonders heikel, weil sie sich auf die engste Privatsphäre, auf Haus und Grund und Boden beziehen. Diese Rechtsmaterien haben den negativen Beigeschmack von ‚du musst‘, ‚du darfst nicht‘, aber ‚du bekommst auch nichts‘. Das stößt insofern – nachvollziehbar – auf Unverständnis, als Denkmalschutz ja im ‚öffentlichen Interesse‘ legitimiert wird. Diesbezüglich muss sich dringend etwas ändern, um das kulturelle Erbe insgesamt von den Schattenseiten der Last und Benachteiligung in die Sphäre des Besonderen, Herausgehobenen und Begünstigten zu befördern. Ch. L.: In Gesprächen zwischen uns hast du immer wieder griffig formuliert: Der Denkmalschutzbescheid und andere Schutzbestimmungen müssten durch einen attraktiven Rahmen von Bonitäten zu einem Wertpapier werden. Was wären denn – deiner Meinung nach – die Voraussetzungen dazu? G. Sp.: Das ist relativ leicht gesagt, aber – wie wir erfahren mussten – schwer in politische Praxis umzusetzen. Also, wenn man es in die Form eines Punkteprogramms bringen möchte: 1) Weg vom System der staatlichen Ermessenssubventionen. Der Eigentümer von Kulturgut will nicht per Dekret zum Dauer-Bittsteller degradiert werden. 2) Hin zu einem System des Rechtsanspruchs auf Förderung unter der Voraussetzung der Erfüllung bestimmter Bedingungen. Generallinie dabei muss natürlich immer die Bewahrung des Kulturguts unter den Prämissen von Authentizität, Integrität und Nutzen sein. 3) Dazu gehören seitens des Staates entlastende Maßnahmen im Bereich von Steuern und Gebühren. 4) Weiters ganz wichtig: eine Entflechtung einander diametral entgegenstehender Rechts- und För-

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derbedingungen. Wilfried Lipp hat den Begriff der „geförderte[n] ästhetische[n] und substanzielle[n] Zerstörung“8 geprägt, übrigens sehr zum Missfallen der politischen Adressaten. Gemeint ist, dass es, zum Beispiel auf dem Gebiet der sogenannten thermischen Sanierungen, finanzielle Unterstützung gibt – für Maßnahmen, die in striktem Gegensatz zu den Erfordernissen der Instandsetzung und Restaurierung historischer Architektur stehen –, aber kein Budget für notwendige Reparaturmaßnahmen. 5) Baurecht und Raumordnungsgesetze, um nur die wichtigsten zu nennen, wären dringend auf eine Berücksichtigung von Belangen des kulturellen Erbes hin zu novellieren. Ch. L.: All das, was du hier aufzählst – und man könnte die Liste natürlich noch erheblich verlängern –, ist ja keine spezielle österreichische Problematik, sondern insgesamt ein europäisches Thema. Wilfried Lipp hat einmal – noch vor dem 1995 erfolgten EU-Beitritt Österreichs – einen mir nachhaltig im Gedächtnis gebliebenen Vortrag gehalten: Wo liegt Europa?9 Die Quintessenz war, dass Europa immer schon eine ‚Kulturgemeinschaft‘ gewesen ist, lange bevor die Wirtschaft zur dominanten VerbindungsPotenz wurde. Darauf müsste man sich – gerade in Zeiten europäischer Krisen und Identitätsprobleme – wieder mehr konzentrieren. G. Sp.: Ja, man hinkt hier in der politischen Praxis weit hinter der politischen Rhetorik her. 2018 ging das „Europäische Kulturerbejahr“ zwar mit vielen Apellen, Bekenntnissen und Versprechungen, aber letztlich doch mit geringer Wirkung auf die reale Praxis vorbei. Kultur liegt auch in der EU in der vollen Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Trotzdem oder gerade deswegen: Common Sense-Strategien für das Kulturerbe sind dringend nötig. Und diesbezüglich ist auch die EU durch die Formulierung normativer Empfehlungen gefordert. 8 9

Lipp, Wilfried, Spiegelbilder, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 162 (2017), 11–  22, hier 18. Lipp, Wilfried, Wo liegt Europa? Denkmalpflege als Orientierungshilfe, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 43 (1993), Heft 3, 60   –   64. Der Vortrag wurde am 7. Juni 1993 anlässlich der Festveranstaltung des Vereins Denkmalpflege in Oberösterreich im Landhaus zu Linz gehalten.

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Ch. L.: Was würdest du dir da für die Praxis wünschen? G. Sp.: Wir haben zum Beispiel in den 28 EU-Mitgliedsstaaten (einschließlich Großbritannien) ganz verschiedene Rechtsmaterien. Und da in vielen Mitgliedsstaaten binnenstaatlich auch noch zusätzlich föderale Zuständigkeiten bestehen, vervielfacht sich die Zahl der geltenden Normen noch einmal erheblich. Und so verhält es sich auch mit allen weiteren gesetzlichen Regelungen, die das kulturelle Erbe tangieren. Wenn man so gerne vom gemeinsamen kulturellen Erbe spricht, sollte zumindest in übergeordneten, gültigen Leitlinien klar sein, worum es – europäisch verbindlich und europäisch verbindend – geht. Quantitativ und qualitativ. Ch. L.: Das spielt auch in die Verfassungen der Staaten hinein. Eine deutlichere Formulierung – in manchen Verfassungen fehlt das ja überhaupt – des Kulturauftrags der Länder mit besonderer Erwähnung des bau- und kulturlandschaftlichen Erbes ist eines dieser Desiderate. G. Sp.:  Ein weiteres Kapitel wäre die ‚spezielle Transformation‘ internationaler Verträge, wie zum Beispiel der World Heritage Convention von 1972, in die nationalen Gesetzgebungen. Das betrifft natürlich auch die einschlägigen Grundsatzpapiere des Europarats etc. Und in Zusammenhang mit dem UNESCO Welterbe wäre auch eine gemeinsame europäische Vorschlagsliste für Welterbenominierungen (tentative list) im Hinblick auf eine Befestigung europäischer Traditionsbestände notwendig und wünschenswert. Ch. L.: Lass’ uns kurz resümieren. Wir sind von der Trias Kultur – Wirtschaft – Gesellschaft ausgegangen und haben das Politische dabei natürlich immer mitbedacht. Politik ist ja Ausdruck der Gesellschaftsverhältnisse und in demokratischen Systemen gesellschaftlich legitimiert. Ich komme darauf zurück, weil es bisher nicht ausreichend gelungen ist, das Thema des baukulturellen Erbes gesellschaftlich nachdrücklich in der politischen Praxis zu positionieren. Hierfür aber existiert keine wirkmächtige Lobby, sondern höchstens eine schwächliche mediale Aufmerksamkeit: Es gibt eben keine „friday for culture“-Demos,

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die Bewusstsein schaffen und die Politik in die Pflicht nehmen. G. Sp.: Ganz ähnlich kann man das schwierige Verhältnis von Kulturerbe und Wirtschaft beschreiben: Das baukulturelle und kulturlandschaftliche Erbe ist bislang nicht in das System Wirtschaft integriert, ganz im Gegenteil: die Kluft zwischen materiellem und ideellem Wert geht schroff auseinander. Ein Beispiel: am Immobilienmarkt wird ein Objekt nach wirtschaftlichen Faktoren der Einträglichkeit und der Machbarkeit – der Entwicklungsmöglichkeit und der Ausbaumöglichkeit – bewertet. Genau diese Veränderbarkeit des Objektes ist natürlich mit einer historischen, ‚kulturell werthaltigen‘ Immobilie – Wilfried Lipp sprach gelegentlich treffend von ‚immobilen Antiquitäten‘ – vollkommen unvereinbar, denn damit gehen die ideellen Werte der Originalität, Authentizität und Integrität verloren. Auf der anderen Seite aber beziehen ‚immobile Antiquitäten‘ ihren Wert gerade eben aus diesen Eigenschaften und sind genau deshalb auch marktfähig. Ch. L.:  Es müssten also diese ökonomischen ‚Defizite‘ des baukulturellen und kulturlandschaftlichen Erbes durch eine ganz konkrete und handfeste ökonomisch-materielle Aufwertung ausgeglichen werden? G. Sp.: Ja, genau. Kein Eigentümer einer Villa des 19. Jahrhunderts mit historischem Park etwa kann verstehen, dass deren ideelle Werte zwar in höchsten Tönen gepriesen und wissenschaftlich analysiert werden, der Besitz aber nur um den Preis der Veränderung, ja Zerstörung positiv bilanziert. Da müssen Staat, Banken und Versicherungen mit den Eigentümern in eine neu fundamentierte Public Private Partnership eintreten, die Kulturwerte adäquat ins System der Wirtschaft integriert. Ch. L.: Das ist, denke ich, eine gute abschließende Botschaft. Wenn es gelänge, einige der in unserem Gespräch angeschnittenen Fragen in politische Umlaufbahnen zu bringen, wäre schon viel erreicht auf den Pfaden in eine – vergleichsweise bessere – Zukunft der Vergangenheit.

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VI. Cultural Policy – Kulturpolitik

Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“ Kirche und Staat schleifen den denkmalgeschützten Innenraum der Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale. Ein Protokoll mit Postskript

Adrian von Buttlar

Der vorliegende Beitrag ist als Protokoll-Fortschreibung eines langen und leidenschaftlichen Protestdiskurses dem DenkmalKämpfer Wilfried Lipp unter den Stichworten Denkmalmoral – Kulturerbe – Ethik gewidmet, obwohl letztlich alle erdenklichen Perspektiven denkmalpflegerischer Reflexion in diesem Skandalon angesprochen sind. Denkmaltheoretisch ist die Sache klar, darin stimmen alle Fachleute ausnahmslos überein. Es reicht aber leider nicht, Recht zu haben, man muss es auch durchsetzen können. Insofern rücken die Fragen nach einer angemessenen Denkmal- und Erinnerungspolitik und nach den politisierten Sonderrechten der Kirchen immer stärker in den Fokus unserer Debatten. Mein Artikel, der 2018 – ursprünglich noch mit einem Fragezeichen versehen – in der Zeitschrift Die Denkmalpflege erschienen ist,1 wurde überarbeitet, mit erläuternden Fußnoten und Literaturangaben in einem Anhang versehen, die den dramatischen Diskurs dokumentieren, sowie um ein aktualisiertes Postskript ergänzt. Der jahrelange Streit um eines der herausragenden Baudenkmale der deutschen Nachkriegsgeschichte endete im Februar des Jahres 2018 mit einer vorläufigen Niederlage nicht nur des Denkmalschutzes als kultureller Instanz, sondern auch seiner

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Buttlar, Adrian von, Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“? Kirche und Staat wollen den denkmalgeschützten Innenraum der Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale schleifen, in: Die Denkmalpflege. Wissenschaftliche Zeitschrift der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland 76 (2018), Heft 2, 184   –186 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/fachartikel [28.06.2019]).

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amtlichen und bürgerschaftlichen Protagonisten, einer hochkarätigen internationalen Fachöffentlichkeit und nicht zuletzt der seit 2015 unermüdlich um ihren Dom kämpfenden Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale, die sich um den Architekten Werner J. Kohl und den sächsischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst a. D. Hans Joachim Meyer – von 1997 bis 2009 Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken – geschart haben.2 Die ehrgeizigen kirchlichen Amtsträger – ab 2011 Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, seit 2015 Erzbischof Heiner Koch – haben sich (erwartungsgemäß abgenickt von ihren Beratungsgremien) kompromisslos über alle Argumente zur Erhaltung der 1956  –1963 entstandenen Innenraum-Fassung der Berliner Bischofskirche hinweggesetzt, um ihren Wunsch nach einer Art neuer „Hauptstadtkathedrale“ (was immer das sein soll) durchzusetzen.3 Sie befriedigen dabei im Habitus barocker Kirchenfürsten ihren „Bauwurmb“ als Garanten einer Fußnote in den Geschichtsbüchern, wenngleich Abriss und Neubau mit liturgischen Erfordernissen und Wünschen begründet werden4: ein Pyrrhussieg, wie sich unschwer erahnen lässt. Wie erinnerlich ersann der Düsseldorfer Architekt Hans Schwippert (der wenige Jahre zuvor das Bonner Bundeshaus als politisches Signal einer demokratischen Moderne geschaf2

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Die Initiative führt eine kämpferische und zugleich vorbildlich informative Webseite, auf der die Vorgänge um St. Hedwig seit Jahren fast lückenlos dokumentiert und kritisch hinterfragt werden: https://www.freunde-hedwigskathedrale.de [28.06.2019]. Zur Fachöffentlichkeit vgl. auch die im Anhang aufgeführten Interventionen und Beiträge. Vgl. Erzbistum Berlin, Antrag auf denkmalrechtliche Genehmigung, Sommer 2017, https:// www.erzbistumberlin.de/wir-sind/erzbistum-im-ueberblick/st-hedwigs-kathedrale/ antrag-auf-denkmalrechtliche-genehmigung/#c19903 [28.06.2019], hier unter Punkt 2. Beschreibung der beabsichtigten Maßnahmen. Im Ausschreibungstext für den Architekturwettbewerb wird der Umbau sinngemäß mit neuen Anforderungen für die heutige Liturgie und der immensen Aufwertung der Kathedrale als erste Wahl für Gottesdienste und Veranstaltungen mit bundesweiter Bedeutung begründet. Vgl. Offener Realisierungswettbewerb mit Ideenteil Neugestaltung des Innenraums und des baulichen Umfeldes St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Auslobung, Berlin 2013 [01.11.2013] [im Folgenden: St. Hedwigs-Kathedrale. Auslobung], 14  –16 (online unter https://www.freunde-hedwigska thedrale.de/dokumente/wettbewerb-2013-2014/wettbewerbsauslobung [28.06.2019]); ausführlich erläutert werden hier auch die „Vorstellungen des Bauherrn“ (77) und das „Liturgische Konzept“ mit Lösungsstrategien und Nutzungsvarianten (79  – 96). Vgl. Przytarski, Tobias [Dompropst bei St. Hedwig], Darstellung der formalen und inhaltlichen Prozesse zur Entscheidung des Erzbischofs für einen Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale, 20.06.2017 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/ offenlegung-von-akten/ebo-fordert-geld [28.06.2019]). Das Dekret der Congregatio pro clericis (Prot. N. 20170846, 14.03.2017) bestätigt jedoch, dass „weder der gegenwärtige Zustand, noch die vorgesehene Lösung liturgische[s] Recht verletzten“ (Auszüge online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/kirchliche-dokumente/vatik an-dekret-liturgie [28.06.2019]).

Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“ | Adrian von Buttlar

fen hatte) auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges im Osten der Stadt die spektakuläre Wiederaufbaufassung des ausgebombten Innenraums der Hedwigs-Kathedrale innerhalb der friderizianischen Hülle des 18. Jahrhunderts: Er öffnete – frühchristliche und barocke Vorbilder aufgreifend – den Boden des Kuppelraumes durch eine kreisförmige Confessio zur Unterkirche, in der fortan auch Märtyrer des Widerstandes gegen die Diktaturen des 20. Jahrhunderts verehrt wurden, allen voran der hier bestattete, 1996 seliggesprochene Domprobst Bernhard Lichtenberg (1875  –1943). Schwippert gelang über eine beide Ebenen dramatisch verbindende Altarstele die Verknüpfung der Titularheiligen und der Bischofsgräber mit der fortwährenden Aktualität des Glaubensmartyriums angesichts der Gräuel unserer jüngsten Zeitgeschichte. Für solche theologischen und semantischen Offenbarungen fehlt den heutigen Oberhirten, die die Confessio stets nur als zu schließendes „Loch“ bezeichnen, jedes Gespür. Sie beklagen, dass eine Feier der Messe nach den Regularien des Zweiten Vatikanischen Konzils unmöglich sei. Dabei war doch Schwipperts Raumidee geradezu eine vorausschauende liturgische Innovation: Im Vorgriff auf das Konzil wurde der Hauptaltar so ausgerichtet, dass die Messe bereits versus populum gefeiert werden konnte, wobei die Gemeinde in zwei Halbkreisen angeordnet war. Dass man später den Rundbau mit starren orthogonalen Reihen von Kirchenbänken gegen den Strich gebürstet hat, widerspricht nicht nur der Raumästhetik, sondern auch dem Schwippert’schen Gedanken der sich um Confessio und Altar versammelnden Gemein-

Abb. 1: Altarweihe in der Hedwigskathedrale durch Erzbischof Alfred Bengsch, Allerheiligen 1963.

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Abb. 2: Innenraum der Hedwigskathedrale: Blick durch die Confessio in die Krypta, im Zentrum die Ober- und Unterkirche verbindende Altarstele.

de, der heute paradoxerweise zum Hauptargument für den geplanten Umbau herhalten muss (die verfehlte Bestuhlung wäre ja leicht revidierbar, eine respektvolle Bestandssanierung anstelle des radikalen Umbaus angemessen). (Abb.1, 2) Wem gehört die Hedwigs-Kathedrale? Die Bischofskirche ist zwar in erster Linie Sakralraum, aber sie wurde unter Schwipperts damaligen Auftraggebern, Bischof Wilhelm Weskamm, Bischof Julius Kardinal Döpfner und Erzbischof Alfred (ab 1967 Kardinal) Bengsch, mit Bedacht auch zum eindrucksvollen Denkmal der deutsch-deutschen Geschichte in einer ideologisch und realiter durch Mauer und Stacheldraht geteilten Welt: Stilistisches Konzept, Planung und in west- und ostdeutscher Kooperation erfolgte Ausführung machten die neue Hedwigs-Kathedrale zum „einzigartige[n] Denkmal zeitgenössischer Architektur“ und „einzige[n] gesamtdeutsche[n] Bauwerk aus der Zeit der Teilung“5 sowie zum provokativen Signal christlicher Erneuerung inmitten des lautstark propagierten Sozialismus, das auf die friedliche Revolution von 1989 vorauszuweisen schien. Das bestätigen unzählige Aussagen der in dieser Kirche beheimateten katholischen Christen, über deren „Ossi-Biographien“ die neuen Würdenträger schulterzuckend hinweggehen. Zudem besitzt die Kathedrale einen außerordentlichen künstlerischen 5

Meyer, Hans Joachim, Leserbrief zum Bericht der Berliner Zeitung am 13. Dezember 2016 „Katholiken wollen mehr Präsenz in Berlin, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/ destruktives/politik-statt-liturgie/prof-dr-h-j-meyer [28.06.2019] (Bezug genommen wird auf den Beitrag: Bischof Koch: Kirche braucht größere Präsenz in Berlin, in: Berliner Zeitung, 11.12.2016, https://archiv.berliner-zeitung.de/25258618 [28.06.2019]).

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Wert, der u. a. in der Transformation friderizianischer Raum- und Bauformen in eine zeitgenössische, aber keineswegs radikale Sprache liegt, die als Fortschreibung von Tradition zurückhaltende Würde und Festlichkeit ausstrahlt: „Nicht nur die herausragende Bedeutung dieser Raumschöpfung für die Geschichte der Baukunst und der Katholischen Kirche, sondern auch die nationale und internationale Bedeutung dieses Ausnahmebaus begründen ein Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit.“6 Dieser Reichtum an theologischen, geschichtlichen und künstlerischen Denkmalwerten wird mit der nun anstehenden Realisierung des 2014 preisgekrönten Neubauentwurfes von Sichau & Walter Architekten BDA (Fulda/Dresden) in Zusammenarbeit mit dem Wiener Künstler Leo Zogmayer mit Bedacht gänzlich vernichtet, da die gebotene Bestandssanierung des Baudenkmals von vornherein ausgeschlossen war und bestandswahrende Vorschläge (etwa der von Muck Petzet) unverzüglich ausmanövriert wurden. Der radikal geschichtsbereinigte Umbau versteht sich in abstrakter Anknüpfung an den ursprünglichen Pantheontypus als neutraler Zentralraum mit „geschlossenem Loch“ und – in den Vorgaben eigentlich strikt ausgeschlossenem – mittigem Altar, umgeben von Stuhlkreisen.7 Der Erzbischof beruft sich bei der Entsorgung des mittlerweile geschlossenen Denkmals (die brachiale Demontage der MetallKristallbalustraden Fritz Kühns begann im Zuge einer „Kunstinstallation“ bereits im September 2018, die Zerstörung der

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Landesdenkmalamt LDA 3, Dr. Sabine Schulte, Stellungnahme des Landesdenkmalamts zur „Darstellung der formalen und inhaltlichen Prozesse zur Entscheidung des Erzbischofs für einen Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale“ vom 20. Juni 2017, 06.10.2017, 6 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/app/download/9615934750/2017-1006-Stellgnahme%20LDA%20St-Hedwig-Grundsatz.pdf [28.06.2019]). Vgl. auch Schulte, Sabine, Wettbewerb Innenraum St. Hedwigs-Kathedrale – Denkmalfachlicher Beitrag vom 14.08.2013, in: St. Hedwigs-Kathedrale. Auslobung, 72 –75; Offener Realisierungswettbewerb mit Ideenteil Neugestaltung des Innenraums und des baulichen Umfeldes St. Hedwigs-Kathedrale. Protokoll des Preisgerichtes 2. Phase, 30.06.2014 [Sitzungstermin], 30.07.2014 [Protokolldatierung], 11–19 (abrufbar unter https://www.erzbistumberlin. de/wir-sind/erzbistum-im-ueberblick/st-hedwigs-kathedrale/wettbewerb-st-hedwigs-ka thedrale [28.06.2019]) sowie Bezirksamt Mitte von Berlin/Stadtentwicklungsamt, Denkmalrechtlicher Bescheid zum Antrag für den Um- und Neubau der St. Hedwigs-Kathedrale und des Bernhard-Lichtenberg-Hauses, 22.03.2018 [im Folgenden: Bescheid St. HedwigsKathedrale], 7–  9 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/ offenlegung-von-akten/ud-denkmal-bescheid [28.06.2019]). „In keinem Fall sollte der Altar in Mitte gestellt werden, was, wie bereits angedeutet, der Tradition des Kirchenbaus wie auch der heutigen Praxis zuwiderliefe.“ St. Hedwigs-Kathedrale. Auslobung, 87.

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Altarstele im Herbst 2019)8 zynischerweise sogar auf Schwippert, der nach dem Krieg mit der Zeit gegangen sei, was man dementsprechend doch auch ihm heute nicht verwehren könne.9 Angesichts einer intellektuell so schlichten Auffassung von Denkmalschutz verwundert es auch nicht, dass auf die komplexe und differenzierte Argumentation der Denkmalbewahrer in Form der Monita des Landesdenkmalamtes (LDA) seit 201310, zahlreicher Fach- und Zeitungsartikel, Rundfunk- und Fernsehbeiträge, Petitionen und Memoranden – etwa von ICOMOS, dem Berliner Landesdenkmalrat, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Akademie der Künste –11 oder auf den Offenen Brief des Autors, den 2016 mehr als einhundert Fachleute aus dem In- und Ausland unterzeichnet haben12, sowie auf die 8

Zur Schließung der Kathedrale vgl. Bernau, Nikolaus, Interview mit Erzbischof Heiner Koch. Der umstrittene Umbau der St.-Hedwigs-Kathedrale, in: Berliner Zeitung, 30.08.2018, https://www.berliner-zeitung.de/berlin/interview-mit-erzbischof-heiner-kochder-umstrittene-umbau-der-st--hedwigs-kathedrale-31186370 [28.06.2019]; ders., Kommentar. Die Katholische Kirche missachtet einen Ort der Geschichte, in: Berliner Zeitung, 01.09.2018,https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-die-katholischekirche-missachtet-einen-ort-der-geschichte--31197172 [28.06.2019]. Die Schließung der Confessio wurde dem Publikum zuerst versuchsweise in einer „Kunstinstallation“ von Rebecca Horn vor Augen geführt, für die die angeblich wegen Gefährdung des Publikums geschlossene Kathedrale sporadisch wieder geöffnet wurde: „Da, wo das Loch war, ist nun Kunst“, heißt es in der Besprechung von Bartels, Gunda, Wo der Kirchraum zum Kunstraum wird. Rebecca Horn in St. Hedwig, in: Der Tagesspiegel, 28.09.2018, https://www. tagesspiegel.de/kultur/rebecca-horn-in-sankt-hedwig-wo-der-kirchraum-zum-kunstraumwird/23117488.html [28.06.2019]. Beschwerden der Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale, dass bei dieser Transformation und dem Ausbau der Ausstattung diverse verfahrensrechtliche Schritte missachtet bzw. von der Verwaltung entsprechende Anfragen ignoriert worden seien, beantwortete der Bezirksstadtrat und stellvertretene Bezirksbürgermeister Ephraim Gothe in einem Schreiben am 23. Januar 2019 (online unter https:// www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/offenlegung-von-akten/ba-mitte-nichtrechtskonform [28.06.2019]) mit dem Hinweis: „Es geht hier nicht um rechtskonformes Verwaltungshandeln im Allgemeinen.“ 9 Vgl. Bernau, Interview mit Erzbischof Heiner Koch. 10 Zusammenfassend sei noch einmal auf die deutliche Stellungnahme des LDA durch Sabine Schulte (siehe Anm. 6) hingewiesen. 11 Eine Zusammenstellung dieser Texte findet sich im Anhang des Beitrags. Zum Engagement der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vgl. die laufend aktualisierte Sammlung der Presseaussendungen unter https://www.denkmalschutz.de/presse/denkmale-in-gefahr. html [28.06.2019]. Die Stiftung war auch Gastgeber der jüngsten Pressekonferenz der Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale unter dem Titel „Sankt Hedwig in Trümmern“ am 12. Dezember 2019, vgl. https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/aktuelles/pressekonfe renz-2019 [30.11.2019]. 12 Vgl. Buttlar, Adrian von, Offener Brief zum geplanten Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale an Erzbischof Dr. Koch, 21.03.2016, https://www.kunstwissenschaft.tu-berlin.de/menue/ aktuelles/offener_brief_st_hedwig [28.06.2019] bzw. https://www.freunde-hedwigs kathedrale.de/kulturerbe-retten/fachwelt-fordert-erhalt/offener-brief-adrian-vonbuttlar-1 [28.06.2019], darüber hinaus veröffentlicht in unterschiedlichen Kontexten (u. a. auf kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 1/2016, Offenes Heft: Denkmalpflege). Siehe auch die Dokumentation der Unterzeichner unter https://www. freunde-hedwigskathedrale.de/kulturerbe-retten/fachwelt-fordert-erhalt/unterzeichner [28.06.2019].

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steten Aufrufe, Anfragen und Bitten der Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale13 nie nennenswerte Antworten erfolgten. Der letzte Notanker zur Rettung des Kirchenraumes, die Versagung der Genehmigung des Abrisses beziehungsweise Umbaus durch den Berliner Landeskonservator vom Oktober 2017,14 wurde im Februar 2018 vom Kultursenator ausgehebelt – und das macht den ohnehin brisanten Fall zum denkmalpolitischen Skandal. Dass ausgerechnet der neue, für den Denkmalschutz zuständige Kultursenator Klaus Lederer von der Linken dem Berliner Erzbischof die Genehmigung für den Teilabriss erteilen zu müssen glaubte, grenzt an Tragik, da er offensichtlich den Vorwurf befürchtete, ansonsten für den Osten und gegen die Kirche Partei zu ergreifen. Durch seine Oberste Denkmalschutzbehörde ließ Lederer den Fall rechtlich prüfen15 und verlautbarte in bestem Juristendeutsch:

13 Siehe etwa Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale. Initiative katholischer Christen im Erzbistum Berlin [Christel Heßler / Hans Joachim Meyer / Werner J. Kohl / Jürgen Manderla], Aufruf zum Erhalt der Innengestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale zu Berlin, 29.08.2015, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/appelle-von-institutionen/ freunde-2015-08-29-aufruf [28.06.2019]. Den Vorgängen widmet sich seit 2014 auch Candor, Theo, [Blog] Denkmal St. Hedwigs-Kathedrale, http://st-hedwig-berlin.blogspot. com [28.06.2019]. Der Blog versteht sich als „Plattform für den Gedankenaustausch über die denkmalgeschützte St. Hedwigs-Kathedrale zu Berlin“. 14 Zum Antrag des Erzbistums vom Sommer 2017 (siehe Anm. 3) teilte das Landesdenkmalamt dem Bezirksamt Mitte von Berlin am 5. Dezember 2017 mit, „dass zu der beabsichtigten denkmalrechtlichen Genehmigung kein Einvernehmen hergestellt werden kann. Das Einvernehmen wurde aus denkmalfachlichen Gründen abgelehnt, weil nach Auffassung des LDA nicht ansatzweise eine Denkmalverträglichkeit erkennbar sei und zudem eine plausible Darlegung für eine gebotene Abwägung zwischen dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem Kulturerbeschutz fehle“. Zit. n. Bescheid St. Hedwigs-Kathedrale, 5. Falsch war die Darstellung im Tagesspiegel Mitte Februar 2018, wonach das LDA nun nachgegeben und die Genehmigung erteilt habe (vgl. Denkmalbehörde genehmigt Umbau der Hedwigs-Kathedrale, in: Der Tagesspiegel, 16.02.2018, https://www.tagesspiegel. de/20973820.html [28.06.2019]); die Genehmigung erfolgte vielmehr am 22. März 2018 auf Anweisung der Obersten Denkmalschutzbehörde durch die unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirksamtes Mitte von Berlin (vgl. Bescheid St. Hedwigs-Kathedrale). 15 Die Prüfung war notwendig geworden, weil entgegen dem Votum des LDA als Fachbehörde die Untere Denkmalschutzbehörde des Bezirksamtes Mitte von Berlin die denkmalrechtliche Genehmigung erteilt hatte. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass ursprünglich die Stellungnahme der Unteren Denkmalschutzbehörde gleichfalls überwiegend negativ ausgefallen war, aber von Bezirksstadtrat Ephraim Gothe eigenhändig zur befürwortenden Genehmigung umgeschrieben wurde. Dies mündete in eine Dissensentscheidung: Oberste Denkmalschutzbehörde  /  UNESCO-Welterbe, Dr. Dagmar Tille, Dissensentscheidung zum Vorhaben Umbau- und Neubaubegehren St. HedwigsKathedrale und Bernhard-Lichtenberg-Haus, OD-61943-St. Hedwig, 05.02.2018 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/offenlegung-von-akten/ od-dissensentscheidung [28.06.2019]); die denkmalrechtliche Genehmigung erfolgte schließlich am 22. März 2018 (vgl. Bescheid St. Hedwigs-Kathedrale). Zum Ganzen auch

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„Bei der umfangreichen Prüfung des Vorhabens war aus verfassungsrechtlichen Gründen zu berücksichtigen, dass die Bestimmung der gottesdienstlichen Belange allein durch die Kirche erfolgt und den Denkmalbehörden lediglich die Kompetenz zukommt, den Sachverhalt festzustellen und die beabsichtigten baulichen Maßnahmen in Bezug auf die geltend gemachten liturgischen Belange auf Plausibilität zu überprüfen.“16

Diese pauschale Ermächtigung würde de facto bedeuten, dass die Kirche mit ihren Baudenkmalen selbst dann machen kann, was sie will, wenn die Begründung der Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Bauwünsche zwar „plausibel“ ist, letztere aber keineswegs zwingend erscheinen: Nicht nur namhafte katholische Liturgiewissenschaftler wie Albert Gerhards und Andreas Odenthal, sondern auch die zuständige päpstliche Kongregation haben in Stellungnahmen bestätigt, dass keine liturgischen Notwendigkeiten für einen rabiaten Umbau der Kathedrale bestehen.17 Zur juristischen Klärung des Sachverhalts wäre in einem Musterprozess auszuloten gewesen, wie stichhaltig die ins Feld geführten Gründe sind, zumal das Berliner Denkmalschutzgesetz nirgendwo eine „vorrangige“ Berücksichtigung kirchlicher Belange vorsieht.18 Unter diesen Umständen wäre die Brüskierung des verdienstvollen Berliner Landeskonservators Jörg Haspel und damit der Berliner Denkmalpflege als Institution vermeidbar gewesen. Auch in dieser Hinsicht halfen keine warnenden Bitt- und Brandbriefe, dass sich an diesem konkreten Fall

Bernau, Nikolaus, Streit um Umbau. Rettung der St. Hedwigs-Kathedrale hängt am Landgericht, in: Berliner Zeitung, 09.01.2019, https://www.berliner-zeitung.de/kultur/ streit-um-umbau-rettung-der-st--hedwigs-kathedrale-haengt-am-landgericht-31851684 [28.06.2019]. 16 Senatsverwaltung für Kultur und Europa [Dr. Klaus Lederer], Pressemitteilung Entscheidung zur Um- und Neugestaltung St. Hedwigs-Kathedrale, 16.02.2018, https://www. berlin.de/sen/kulteu/aktuelles/pressemitteilungen/2018/pressemitteilung.676251.php [28.06.2019]. 17 Vgl. Ricker, Julia, Die St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin. Die Kathedrale als liturgischer Raum, in: Monumente. Magazin für Denkmalkultur in Deutschland 6 (Dezember 2014), https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2014/6/die-st-hedwig-kathedrale. php#.XoOwh3JCRaR [28.06.2019]. Siehe dazu auch die Stellungnahme von Albert Gerhards zu den liturgischen Belangen (im Blick auf den denkmalfachlichen Beitrag von Sabine Schulte) in: St. Hedwigs-Kathedrale. Auslobung, 75  –76, sowie oben, Anm. 4. 18 Betreffs Religionsgemeinschaften heißt es § 21 (1) lediglich: „Entscheidungen und Maßnahmen der zuständigen Denkmalbehörde über Denkmale, die unmittelbar gottesdienstlichen Zwecken anerkannter Religionsgemeinschaften dienen, sind im Benehmen mit den zuständigen Behörden der Religionsgemeinschaften und unter Berücksichtigung der von diesen festgestellten gottesdienstlichen Belange zu treffen.“

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entscheide, welchen Stellenwert man dem Denkmalschutz und einer kritischen Erinnerungskultur in Berlin beimessen wolle.19 In der Tat liegen die Gründe für den Abriss und Umbau der Hedwigs-Kathedrale nicht allein in einem veränderten Selbstdarstellungsbedürfnis der Katholischen Kirche, sondern auch in den Interessen des Landes und des Bundes, eine unliebsame Erinnerungsschicht auszulöschen und mittels eines vermeintlich spektakulären Neubaus im Dienste des „politischen Katholizismus“20 zu punkten: Die Denkmalzerstörung wird von Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit 12 Millionen Euro und vom Land Berlin noch einmal mit 8 Millionen Euro bezuschusst. Der triumphale Schulterschluss der Kirche mit dem Staat dürfte sich jedoch als Pyrrhussieg erweisen – weniger, weil die veranschlagten Baukosten von 43 Millionen Euro (etwa das Zehnfache einer angemessenen Bestandssanierung – hinzu kommen 17 Millionen Euro für das Bernhard-Lichtenberg-Haus) explodieren oder sich der Neubau als Flop erweisen könnte, sondern vor allem mit Blick auf die kriselnde gesellschaftliche Akzeptanz der Kirche, die sich nicht nur durch Missbrauchs- und Verschwendungsskandale à la Limburg, sondern auch durch Geschichtsvergessenheit, mangelnde Achtsamkeit und den zerstörerischen Umgang mit ihren geistigen und materiellen Ressourcen selbst am meisten schadet. Einen solchen Pyrrhussieg dürfen selbst gute Christen wahrlich nicht wünschen. Deshalb blieb nur zu hoffen, dass die anstehenden Urheberrechtsklagen der Nachkommen des Architekten und der beteiligten Künstler das Unglück noch aufhalten könnten – und am Ende die Schafe ihre verirrten Hirten doch noch auf den rechten Weg bringen würden.

Postskript – 30. November 2019 Leider geht unser frommer Wunsch nicht in Erfüllung: Die vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelte Klage der Nachkommen der beteiligten Künstler endete am 9. Januar 2019 mit 19 Buttlar, Adrian von, Schreiben an Kultursenator Dr. Klaus Lederer. Betreff: Hedwigs-Kathedrale denkmalrechtliche Genehmigung, 10.01.2018, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/kulturerbe-retten/pruefung-denkmalrecht [28.06.2019]. 20 Scheffler, Tanja, 1747 bis morgen [Besprechung der Ausstellung „St. Hedwig im Wandel“], in: Bauwelt 106 (2015), Nr. 31, 4  – 5, hier 4 (auch abrufbar unter https://www.bauwelt.de/ dl/929155/artikel.pdf [28.06.2019]).

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einer Klageabweisung, da die Kläger nicht klageberechtigt seien, weil sie nicht durch unrechtmäßiges Verwaltungshandeln in ihren Rechten beeinträchtigt würden: Indem der Senator die denkmalrechtliche Genehmigung für den Abriss gegeben habe, sei eine gültige Abwägung zuungunsten des Denkmalschutzes erfolgt.21 In einem zweiten juristischen Schritt sollte es im Herbst 2019 um dieselben Urheberrechtsverletzungen vor dem Zivilgericht gehen: Doch hier greift nun eine taktische Kursänderung des Erzbistums durch die geradezu zynische Interpretation der geplanten Maßnahmen: Ging es anfänglich ‚nur‘ um Eingriffe in Schwipperts Konzeption, etwa mit dem Ziel, „das Loch“ – die Confessio – zu schließen, so ist nun (nach der erfolgten denkmalrechtlichen Genehmigung) von der totalen materiellen Beseitigung beziehungsweise der vollständigen Zerstörung des Gesamtkunstwerks Schwipperts die Rede. Diese Kursänderung ist auf die Rechtslage zurückzuführen, wonach ein entstellender Eingriff in ein Kunstwerk rechtswidrig und zu ahnden ist, dessen totale Vernichtung seitens des Eigentümers aber keinerlei rechtliche Konsequenzen hat, da ein nicht mehr existentes Werk keinen Schutzstatus besitzt. Danach hat das Erzbistum nun im letzten tragischen Akt des Kampfes um St. Hedwig mit geradezu krimineller Energie gehandelt.22 Es hat kurz vor dem anberaumten Gerichtstermin bezüglich der Urheberrechtsklage bereits mit dem Teilabriss des Innenraums begonnen, wie Vertreter der Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale bei einer Inspektion der Baucontainer feststellen mussten. Auf ihren Antrag wurde zwar am 13. September 2019 zunächst von der Unteren Denkmalschutzbehörde ein Baustopp wegen rechtswidriger Abrissarbeiten verhängt, da bislang weder ein Bauantrag noch eine Baugenehmigung vorliegen (Dompropst Przytarski stellte diese für Frühjahr

21 Vgl. Bernau, Streit um Umbau; Richter, Peter, Kirche ohne Strahlkraft. Der Streit um den Umbau der denkmalgeschützten Hedwigskathedrale in Berlin geht weiter, in Süddeutsche Zeitung, 11.01.2019, https://www.sueddeutsche.de/1.4282721 [30.11.2019] (Druckausgabe online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/ presse/2019-01-11-sz-kirche-ohne-strahlkraft [30.11.2019]); Schulz, Bernhard, Kein Bau ist für die Ewigkeit. Umbau der Hedwigskathedrale, in: Der Tagesspiegel, 10.01.2019, https://www.tagesspiegel.de/23846338.html [30.11.2019]. 22 Vgl. Buttlar, Adrian von, Ein Skandal eskaliert, in: marlowes – Magazin für Architektur und Stadt, 01.10.2019, https://www.marlowes.de/ein-denkmalskandal-eskaliert [30.11.2019].

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2020 in Aussicht).23 Baustadtrat Ephraim Gothe – Unterstützer des Neubaus – nahm jedoch den Baustopp unverzüglich zurück und korrigierte die Einschätzung der Denkmalpfleger dahingehend, dass es sich beim Ausbau der Orgel und der farbigen Fenster und auch beim brutalen Abriss der Bronzegitter des Metallkünstlers Fritz Kühn, beim Herausreißen der Marmoraltäre und Weihwasserbecken und von Teilen des Marmorfußbodens lediglich um „bauvorbereitende Maßnahmen“ handele. Es durfte also weiter abgerissen werden.24 Als dann auch noch das Berliner Oberlandesgericht den Verhandlungstermin über die Urheberrechtsklagen vom 15. Oktober 201925 kurzfristig wegen personaler „Engpässe“ auf den 17. März 2020 verschob (Honi soit qui mal y pense – ein Schuft, wer Böses dabei denkt) war klar, dass das Gesamtkunstwerk Hedwigs-Kathedrale bis zur Rechtsentscheidung irreversibel vernichtet sein würde und damit auch der Klagegrund entfällt: Es gibt nichts mehr zu schützen.26 Damit ist auch die letzte Hoffnung, dass die denkmalrechtliche Genehmigung zum Neubau vom 22. März 2018 gemäß § 12 (2) des Berliner Denkmalschutzgesetztes erlöschen würde, falls nicht innerhalb von zwei Jahren (also zum 22. März 2020) mit der Ausführung begonnen worden ist, obsolet: Das schützenswerte Denkmal St. Hedwigs-Kathedrale existiert schon heute nicht mehr, wovon sich Fachleute auf einem für den Architekten- und Ingenieurverein Berlin am 18. November 2019 inszenierten Rundgang überzeugen mussten. Es wäre allenfalls rekonstruierbar. 23 Freunde der Hedwigskathedrale [Hans Joachim Meyer / Manfred Kuntze / Werner J. Kohl], Eilantrag auf sofortigen Baustopp (hier konkret Abbruchstopp) in der denkmalgeschützten Hedwigskathedrale Berlin, für die keine Baugenehmigung vorliegt, 09.10.2019, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/behoerden-schriftwechsel/eil antrag-abbruchstopp [30.11.2019]. 24 „Der Baustopp wird kurzfristig zurückgenommen.“ Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit, Ephraim Gothe, Pressemitteilung Nr. 385/2019: Baustopp an der Sankt Hedwigs-Kathedrale, 27.09.2019, https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/ pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.850339.php [30.11.2019]; vgl. dazu die Dokumentation der medialen Verbreitung unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/ destruktives/kirchlicher-gesetzesbruch/medien-zu-baustoppruecknahme [30.11.2019] sowie Bernau, Nikolaus, St. Hedwigs-Kathedrale. Ein Skandal ohne Folgen, in: Berliner Zeitung, 17.10.2019, https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ein-skandal-ohnefolgen-li.275 [30.11.2019]. 25 Vgl. Presseerklärung Hans Joachim Meyer, Freunde der Hedwigskathedrale, zum Urheberrechtsverfahren beim Landgericht Berlin am 15.10.2019, 04.10.2019, https://www.freun de-hedwigskathedrale.de/dokumente/appelle-von-institutionen/freunde-2019-10-04-pm [30.11.2019]. 26 Vgl. Richter, Peter, Der Altar ist schon abgeräumt, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 254 (04. 11.2019), 9 (auch abrufbar unter https://www.sueddeutsche.de/1.4665598 [30.11.2019]).

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Interventionen, Beiträge und Literatur zur Debatte – eine die Anmerkungen ergänzende chronologische Auswahl Publizistische (Fach-)Beiträge Gerhards, Albert / Odenthal, Andreas, Leeres Loch oder freie Mitte?, in: Christ in der Gegenwart 66 (2014), Nr. 6 (09.02.2014), 69  –70 (auch erschienen in: kunsttexte. de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 1/2014, https://edoc.hu-berlin.de/hand le/18452/7854 [28.06.2019]) Mörsch, Georg, Eine kaum verhohlene Verunglimpfung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 47 (25.02.2014), 14 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale. de/dokumente/presse/2014-02-25-faz-georg-mörsch [28.06.2019]) Kappel, Kai, Was von den Aufbrüchen des 20. Jahrhunderts bleibt. Zur Umgestaltung von St. Hedwig in Berlin, in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 2/2014, https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/7855 [28.06.2019] Buttlar, Adrian von, St.-Hedwigs-Kathedrale Berlin. Denkmal-Zerstörung als Preisaufgabe. Die Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale soll umgebaut werden. Der destruktive Wettbewerb läuft, in: Berliner Zeitung Nr. 146 (26.06.2014), 25 (auch erschienen in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 2/2014, https://edoc.hu-ber lin.de/handle/18452/7863 [28.06.2019] sowie in: Buslei-Wuppermann, Agatha (Hg.), St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Hans Schwipperts Mahnmal für den Frieden, Berlin 2018, 38  – 39) Pitronaci, Guiseppe, „Komplett verhunzt“, in: Bauwelt 105 (2014), Heft 19, 8  – 9 (auch abrufbar unter https://www.bauwelt.de/dl/728849/bw_2014_19_0008-0009.pdf [28.06.2019]), mit dem Titel Wenn eine Kathedrale zu besonders ist auch erschienen in: kunsttexte de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 2/2014, https://edoc.huberlin.de/handle/18452/7856 [28.06.2019]) das münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft 67 (2014), Heft 2: Schwerpunkt: Die St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin darin u. a. Goetz, Christine, „Das eigenartigste kirchliche Bauwerk auf deutschem Boden“. Die St. Hedwigs-Kirche im 18. und 19. Jahrhundert, 95  –106 Buslei-Wuppermann, Agatha, Hans Schwippert als Architekt. Seine Pläne zur Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin, 117–122 Tell, Corinna, Veränderungen in der St. Hedwigs-Kathedrale seit der Ausgestaltung durch Hans Schwippert. Eine Bestandsaufnahme zur Renovierung von 1976  –78 durch Hans Schädel und Herbert Jünemann, 123  –133 Krieger, Jan, St. Schwippert oder der fehlbare Hans. Die Zukunft der Kathedrale St. Hedwig zu Berlin, 134   –140 Gerhards, Albert, Die St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin als liturgischer Raum, 141–145 Pehnt, Wolfgang, Vom Umgang mit Kathedralen. Eine Kölner Diskussion über die Berliner Bischofskirche St. Hedwig, in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 3/2014, https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/7865 [28.06.2019] Keller, Claudia, Denkmalschützer protestieren gegen Umbaupläne. Streit um Hauptstadt-Kathedrale, in: Der Tagesspiegel, 03.09.2014, https://www.tagesspiegel. de/10644704.html [28.06.2019] Redecke, Sebastian, Licht ist die Hoffnung. Neugestaltung des Innenraums der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale, in: Bauwelt 105 (2014), Nr. 27, 8  –10 (auch abrufbar unter https://www.bauwelt.de/dl/745235/bw_2014_27_0008-0013.pdf [28.06.2019]) Tietz, Jürgen, Eine Kathedrale des 21. Jahrhunderts, in: Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2015, https://www.nzz.ch/1.18489105 [28.06.2019] Lehrke, Gerhard, St. Hedwigs-Kathedrale. Der Streit um den Luxus-Umbau, in: Berliner Kurier, 29.02.2016, https://www.berliner-kurier.de/23639486 [28.06.2019]

Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“ | Adrian von Buttlar

Bernau, Nikolaus, „Der Hedwigs-Kathedrale droht Teilabriss und Denkmalzerstörung“, in: Berliner Zeitung, 22.03.2016, https://archiv.berliner-zeitung.de/23770758 [28.06.2019] Gundlach, Sabine, Experten wollen Hedwigs-Kathedrale retten. 70 namhafte Experten aus dem In- und Ausland unterzeichnen ein Schreiben für den Erhalt der Bischofskirche in Mitte, in: Berliner Morgenpost, 22.03.2016, https://www.morgenpost.de/ berlin/article207260417.html [28.06.2019] Bernau, Nikolaus, Kommentar. Umbau der Hedwigs-Kathedrale zerstört einzigartigen Innenraum, in: Berliner Zeitung, 23.03.2016, https://www.berliner-zeitung.de/men sch-metropole/kommentar-umbau-der-hedwigs-kathedrale-zerstoert-einzigartigeninnenraum-li.67473 [28.06.2019] Haubrich, Rainer, Berlins Katholiken streiten um ein modernes Loch, in: Die Welt, 30.04.2016, https://www.welt.de/article154898672.html [28.06.2019] Keller, Claudia, St. Hedwig geht’s ans Eingemachte, in: Der Tagesspiegel, 01.11.2016, https://www.tagesspiegel.de/14768594.html [28.06.2019] Schulte, Sabine, Ein Stück Himmel auf Erden. Vision der Freiheit – Hans Schwipperts Innenraum für die Berliner St. Hedwigs-Kathedrale, in: kunst und kirche 80 (2017), Heft 3, 22  –  33 Philippi, Lukas, „Einzigartigen Sakralraum bewahren“. Kritik an Umbauplänen für St. Hedwigs-Kathedrale, in: Berliner Zeitung, 21.08.2017 (online unter https://www. freunde-hedwigskathedrale.de/kulturerbe-retten/kritik-an-umbauplaenen/2017-0821-blz sowie https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/presse/201708-21-prof-haspels-umbaukritik [28.06.2019]) Gerhards, Albert / Minta, Anna [Interview], St. Hedwigs-Kathedrale, Berlin. Liturgisches und räumliches Ideal der ‚communio‘ im Wiederaufbau nach 1945, in: kunst und kirche 80 (2017), Heft 3, 34  – 37 Zogmayer, Leo / Minta, Anna [Interview], „Im Spirituellen taugt nur das Urbildliche“. Zur Neugestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale, in: kunst und kirche 80 (2017), Heft 3, 38  –   41 Schmiemann, Brigitte, „Wer Denkmäler zerstört, zerstört Geschichte“. Hedwigs-Kathedrale: Katholik sammelt Unterschriften gegen die Neugestaltung, in: Berliner Morgenpost, 20.11.2017, 11 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/ dokumente/presse/2017-11-20-mopo-geschichte-zerstoeren [28.06.2019]) Bernau, Nikolaus, Umbau Ost. St. Hedwigs-Kathedrale, in: Die Zeit, 02.03.2018, https:// www.zeit.de/2018/10/st-hedwigs-kathedrale-berlin-erneuerung-umbau-katholiken [28.06.2019] Molter, Alfred-Mario / Machowecz, Martin [Interview], „Für mich gibt es keinen politischeren Ort“. Der Ostberliner Alfred-Mario Molter (66) kämpft seit Jahren in einem Bündnis gegen den Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale. Warum?, in: Die Zeit, 05.03.2018, https://www.zeit.de/2018/10/kulturerbe-st-hedwigs-kathedrale-umbaualfred-mario-molter [28.06.2019]) Thierse, Wolfgang / Öhler, Andreas [Interview], Alles neu für den Herrn! Warum der Politiker Wolfgang Thierse den umstrittenen Umbau der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale befürwortet. Ein Gespräch über scheinheilige Kritiker und das Primat der Liturgie, in: Die Zeit, 06.04.2018, https://www.zeit.de/2018/15/wolfgang-thierse-politiker-sthedwigs-kathedrale-berlin-umbau [28.06.2019] Berg, Ronald, Skandal um St. Hedwig. Das Erzbistum Berlin plant einen umstrittenen und teuren Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale in Mitte. Droht Berlin jetzt ein zweites Limburg?, in: taz, 27.07.2018, https://www.taz.de/Bauprojekt-der-katholischenKirche/!5519994 [28.06.2019] Bachner, Frank, Denkmalschutz contra Liturgie: Diskussion um St. Hedwigs-Kathedrale, in: Der Tagesspiegel, 02.09.2018, https://www.tagesspiegel.de/22985012.html [28.06.2019] Handschuh, Christian, Katholische Erinnerungen im Konflikt. Das Beispiel der Berliner Hedwigskathedrale, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 166 (2018), 374   – 383

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346 Funk, Christine, Erinnerungsorte. Praktische Zugänge und theologische Reflexionen: Zur Partikularität christlichen Erinnerns, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 166 (2018), 384   – 393 Pressemitteilung Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale, Stellungnahme Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Verschwindet Bernhard Lichtenbergs Grab aus der Mitte Berlins?, 02.11.2018, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/presse/201811-02-pm-lichtenberg [28.06.2019] Bethke, Hannah, Geschichtslos. Die St. Hedwigs-Kathedrale darf umgebaut werden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 9 (11.01.2019), 9 (online unter https://www. freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/presse/2019-01-11-faz-geschichtslos-1 [28.06.2019]) Bredekamp, Horst / Wiegelmann, Lucas [Interview], „Radikaler Laizismus erzeugt neue Probleme“. Ein Gespräch mit dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp, in: Herder Korrespondenz 73 (2019), Heft 1, 17–  20 (online unter https://www.freunde-hedwigs kathedrale.de/dokumente/fachartikel/bredekamp-radikaler-laizismus [28.06.2019])

Monographien Badstübner-Gröger, Sibylle, Die St.-Hedwigs-Kathedrale zu Berlin (Das christliche Denkmal 99), Berlin 1976 (2., verb. Aufl., Berlin 1986), ab 3., veränd. Aufl. fortgeführt im Verlag Schnell & Steiner als: Die St.-Hedwigs-Kathedrale zu Berlin (Kleine Kunstführer 1900), München / Zürich 1991 (2., veränd. u. erw. Aufl., Regensburg 2000; engl. Ausgabe, Regensburg 2008) Goetz, Christine / Elbern, Victor H., Die St.-Hedwigs-Kathedrale zu Berlin, mit Aufn. v. Constantin Beyer, hg. v. Metropolitankapitel bei St. Hedwig (Erzdiözese Berlin), Regensburg 2000 Schulte, Sabine, Kreis, Kreuz und Kosmos. Hans Schwipperts Innenraum für die Berliner Hedwigskathedrale, hg. v. Alfred M. Molter, in Verb. mit dem Landeskonservator von Berlin u. der Deutschen Gesellschaft e. V., Berlin 2016 Buslei-Wuppermann, Agatha (Hg.), St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Hans Schwipperts Mahnmal für den Frieden, Berlin 2018 darin Pehnt, Wolfgang, Geleitwort. Umbau oder nur Sanierung von St. Hedwig in Berlin?, 10   –12 Buslei-Wuppermann, Agatha, Die Sakralbauten von Hans Schwippert. Die historische Besonderheit der Kathedrale St. Hedwig in Berlin, 18  – 29 Battis, Ulrich, Berücksichtigung gottesdienstlicher Belange bei der Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale, 32  –  33 Buttlar, Adrian von, Denkmalzerstörung als Preisaufgabe. Die Berliner St. HedwigsKathedrale soll umgebaut werden, 38  – 39 Mörsch, Georg, Die Berliner Kathedrale St. Hedwig in Gefahr, 50   – 52 Freigang, Christian Bemerkungen zum Architekturkonzept der Hedwigskathedrale, 54   – 56 Badstübner-Gröger, Sibylle / Badstübner, Ernst, Hans Schwippert und die St. HedwigsKathedrale in Berlin, 60   –   61 Wittmann-Englert, Kerstin. St. Hedwig in Berlin: ein Plädoyer für den Bestand, 64   –  66 Schulte, Sabine, Vision und Wirklichkeit: St. Hedwig als Abbild des Himmlischen Jerusalem, 70   –72 Soden, Alfred Graf von, Brief an Erzbischof Dr. Heiner Koch, 76   –79 Kühn, Helgard / Kühn, Achim, Der respektvolle Umgang. Zusammenarbeit auf Augenhöhe gestern und heute, 92  –  95 Gerhards, Albert, Fünf Jahre Ringen um St. Hedwig. Ein Rückblick, 102  –104 Kemper, Till, Die St. Hedwigs-Kathedrale. Abgesang auf ein juristisches und kulturelles Trauerspiel, 112  –113

Ein Pyrrhussieg des bischöflichen „Bauwurmbs“ | Adrian von Buttlar

Bernau, Nikolaus, Atemberaubende Verschwendungssucht, 114   –115 Stahl, Michael, Preußisches Pantheon und Gedächtnisort, 116   –118 Henke, Konstantin, Denkmal – denk mal darüber nach!, 120 Kirstein, Stefan, Brief an Erzbischof Dr. Heiner Koch, 122  –125 Schwarz, Maria (†), Brief an Professor Dr. Adrian von Buttlar, 126   –127 Meyer, Hans Joachim, Brief an Dompropst Prälat Tobias Przytarski. Metropolitankapitel bei St. Hedwig, 128   –129 Hoyer, Monika, Schreiben an den Senator für Kultur und Europa, Herrn Dr. Klaus Lederer, 130   –131 Kohl, Werner J., Brief an Kai Diekmann, Vorsitzender des Freundeskreises Yad Vashem e.  V., 132  –134 Molter, Alfred M., Presslufthammer statt Hirtenstab, 136 Buttlar, Adrian von, Offener Brief zum geplanten Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale (mit Liste der Unterzeichner), 140   –149 Buslei-Wuppermann, Agatha, Kurzbiografie von Hans Schwippert (mit Werk- und Literaturverzeichnis Hans Schwipperts), 150   –154 Müller, Klaus, Eine Mitte, die für das Ganze steht. Die Berliner Sankt Hedwigs-Kathedrale als Kirchenbau für eine Theologie des 21. Jahrhunderts (Sankt Hedwig Mitte 1), Freiburg i. Br. / Basel / Wien 2019 Richter, Klemens / Kranemann, Benedikt, Die Innenraumgestaltung der Sankt HedwigsKathedrale Berlin. Liturgiehistorische und liturgietheologische Aspekte (Sankt Hedwig Mitte 2), Freiburg i. Br. / Basel / Wien 2019 Przytarski, Tobias (Hg.), Architektur und Liturgie. Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin. Wettbewerbsdokumentation (Grundlagen 68), Berlin 2019

Memoranden Wittmann-Englert, Kerstin [Vorsitzende des Landesdenkmalrates Berlin], Offener Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz [Reinhard Kardinal Marx] gegen die drohende Innenraumzerstörung der Hedwigs-Kathedrale zu Berlin, 31.08.2014, in: kunsttexte.de. E-Journal für Kunst- und Bildgeschichte 2/2014, https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/7864 [28.06.2019] Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale. Initiative katholischer Christen im Erzbistum Berlin [Jürgen Manderla], Petition an den Deutschen Bundestag „Gegen die Mitfinanzierung der Zerstörung des denkmalgeschützten Inneren der Kathedrale“, 30.05.2015, https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/petition-bundes tag/2015-05-30-petition [28.06.2019] Bräuer, Michael [Direktor der Sektion Baukunst, Akademie der Künste, Berlin], Schreiben an Erzbischof Dr. Heiner Koch, 24.11.2015 (online unter https://www.freundehedwigskathedrale.de/dokumente/appelle-von-institutionen/akademie-der-kuenste [28.06.2019]) Buttlar, Adrian von, Offener Brief zum geplanten Umbau der St. Hedwigs-Kathedrale an Erzbischof Dr. Koch, 21.03.2016, https://www.kunstwissenschaft.tu-berlin.de/ menue/aktuelles/offener_brief_st_hedwig [28.06.2019] sowie u. a. in: Buslei-Wuppermann, Agatha (Hg.), St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Hans Schwipperts Mahnmal für den Frieden, Berlin 2018, 140   –149 (zu weiteren Veröffentlichungen des Offenen Briefes siehe Anm. 12 des vorliegenden Beitrags) Schulte, Sabine, Post-war Interior of St Hedwig’s Cathedral in Berlin at Risk of Being Irretrievably Lost, in: Machat, Christoph / Ziesemer, John (Ed.), ICOMOS World-Report 2014   –15. Heritage at Risk on Monuments and Sites in Danger, Berlin 2017, 42  –   43 Deutsche Stiftung Denkmalschutz [Steffen Skudelny / Gerd Weiß], St.-Hedwigs-Kathedrale Berlin. Stellungnahme zu Denkmalpflege und Umbau, 29.06.2017 (03.07.2017 [Presseaussendung]), https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/dsd-plae diert-fuer-den-erhalt-des-gesamtkunstwerks-hedwigskathedrale-berlin.html [28.06.0219]

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348 Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale. Initiative katholischer Christen im Erzbistum Berlin [Sigrid Philipps / Werner J. Kohl], Offener Brief an die Deutsche Bischofskonferenz. Mitfinanzierung der geplanten Teilabrisse und Umbauten der Hedwigskathedrale und des Bernhard-Lichtenberg-Hauses in Berlin, 20.02.2018, https://www.freunde-hed wigskathedrale.de/initiativen/online-petition bzw. dies., Petition: Kein katholischer Bauskandal in Berlin! Offener Brief an die Deutsche Bischofskonferenz, 20.02.2018, https://www.change.org/p/deutsche-bischofskonferenz-kein-katholischer-bauskan dal-in-berlin [28.06.2019] Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Presseaussendung: Bürger treten für den Erhalt der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale ein. [Deutsche] Stiftung [Denkmalschutz] unterstützt Künstler im Kampf gegen die Zerstörung der Hauptstadt-Kathedrale, 26.07.2018, https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/buerger-treten-fuerden-erhalt-der-berliner-st-hedwigs-kathedrale-ein.html [28.06.2019] Freigang, Christian [Kunsthistorisches Institut, Freie Universität Berlin] / Kappel, Kai [In­ stitut für Kunst- und Bildgeschichte, Humboldt-Universität zu Berlin], Vom drohenden Verlust einer Zeitschicht. Offener Brief an die Entscheidungsträger im Erzbistum Berlin zu den Zerstörungen in der Hedwigskathedrale, 27.12.2019 (online unter https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/dokumente/offene-briefe/christian-frei gang-und-kai-kappel [30.01.2020])

Abbildungen Abb. 1: Altarweihe in der Hedwigskathedrale, Allerheiligen 1963, Gesamtbild, entnommen aus: Endres, Heinz, Die St.-Hedwigs-Kathedrale, Leipzig 1963, ohne Seitenzahl [Bildanhang]. Abb. 2: Innenraum der Hedwigskathedrale, 2015, © Landesdenkmalamt Berlin, Foto: Wolfgang Bittner.

Palermo oder Überleben als Erinnern Gerhard Vinken

Denkmalwerte – vom Objekt zum Prozess Worauf zielt unser Sprechen über Denkmalwerte? Im Kern geht es doch weniger darum zu erörtern, unter welchen Voraussetzungen ein historisches Artefakt für ‚wert‘ befunden werden kann, als Denkmal inventarisiert und gepflegt zu werden, sondern um eine ethische Begründung unseres Handels als Denkmalpfleger (in einem sehr weiten Sinn) für die Gesellschaft. Allgemeiner gesagt geht es darum, die Relevanz und Zukunftsfähigkeit der Denkmalpflege in einem heterogenen Feld unterschiedlicher Heritage-Praktiken zu bestimmen – und gegebenenfalls gleichzeitig zu überprüfen, ob in Bezug auf die Adressaten ältere und jüngere Begriffe wie Nation oder Gesellschaft angesichts der heute beschreibbaren Vielfalt der heritage communities überhaupt noch tragfähig sind. Lässt sich das Unbehagen, das Wilfried Lipp in Bezug auf die Wertedebatte in der Denkmalpflege konstatierte,1 bereits mit dem hier skizzierten Richtungswechsel, den die Wertefrage genommen hat, in einen Zusammenhang bringen? Die von Lipp vorgeschlagene Abfolge von „Schwellen“ ließe sich leicht als eine Verfalls- und Aufweichungsgeschichte lesen, in deren Verlauf das Denkmal vom nationalistisch aufgeladenen Mythos zum wissenschaftlichen Zeu-

1

Vgl. Lipp, Wilfried, Heritage Trends – Im Wandel gesellschaftlicher Werte und Befindlichkeiten, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard (Hg.), Denkmale – Werte – Bewertung. Denkmalpflege im Spannungsfeld von Fachinstitution und bürgerschaftlichem Engagement (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. 23) (dt./engl.), Holzminden 2014, 73 – 83.

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gen gezähmt wurde, der dann in immer neuen Erweiterungen demokratisiert und globalisiert wurde, um schließlich seine Entmaterialisierung zu erleben. Mit gleichem Recht könnte man die scharfsichtig analysierten Verschiebungen aber auch als eine notwendige Voraussetzung dafür begreifen, dass eine als spezifische Heritage-Praxis verstandene Denkmalpflege die Vitalität und gesellschaftliche Potenz zurückerkämpft, die sie in weiten Teilen des 19. und 20. Jahrhunderts doch zweifellos hatte.2 Die Herausforderung für eine neue Denkmalpflege, die den im 19. Jahrhundert etablierten und archäologisch fundierten Denkmalbegriff (das wohlbekannte Kunst- und Geschichtsdenkmal) überwindet und sich der Notwendigkeit eines im Sinne der critical heritage studies gesellschaftlich perspektivierten Herit­ age-Begriffs stellt, ist groß.3 Zwar ist die Sensibilisierung für die Tücken von inklusiven oder hegemonialen Identitätskonstruktionen gewachsen, und die Ideologieproduktion, die die Denkmalpflege seit ihren Ursprüngen als Zwillingsschwester (etwa als Herold eines nationalen Kulturerbes) begleitet,4 ist mit der postcolonial-Forschung (whose heritage?) theoretisierbar geworden; in der Praxis ist die Gefahr einer ideologischen Einspannung von Heritage-Politics aber keineswegs gebannt, wie die weltweit an Raum gewinnenden Erbe-Figurationen zeigen, die sich nationalistischer, rassistischer oder anderer exkludierend identitärer Narrative bedienen. Heute sucht das saudische Herrscherhaus seinen Alleinvertretungsanspruch zu zementieren, indem es Heiligtümer nicht-sunnitischer Muslims wie die Marabouts im großen Stil zerstört, sucht Polens rechtsnationalistische Regierung eine Perspektive auf den Holocaust und Auschwitz durchzusetzen, die nationale Identität in einem exklusiven

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4

Vgl. Vinken, Gerhard, Vom Denkmal zum Erbe. Ein Plädoyer, in: Bogner, Simone u. a. (Hg.), Denkmal – Erbe – Heritage. Begriffshorizonte am Beispiel der Industriekultur (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. 27) (dt./engl.), Holzminden 2018, 238 – 241, online unter https://doi.org/10.11588/arthistoricum.374.531 [28.06.2019]. Zum Wandel von einem archäologisch-objektbezogenen zu einem sozialwissenschaftlichakteursbezogenen Verständnis von Kulturerbe vgl. Smith, Laurajane (Ed.), Cultural Herit­ age, 4 Vol. (Critical Concepts in Media and Cultural Studies), London 2007; Eriksen, Anne, From Antiquities to Heritage. Transformations of Cultural Memory (Time and the World: Interdisciplinary Studies in Cultural Transformations 1), New York / Oxford 2014. Vgl. Glendinning, Miles, The Conservation Movement: A History of Architectural Preservation. Antiquity to Modernity, Abingdon / New York 2013.

Palermo oder Überleben als Erinnern | Gerhard Vinken

Opferstatus zementieren soll, suchen China, Indien und zahlreiche andere Staaten die Artikulation kultureller oder religiöser Vielfalt mit allen Mitteln zu verhindern – und diese willkürlich gesuchten Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Zur Bewertung solcher Prozesse ist weniger eine Diskussion der Qualität und Werte des von Zerstörung, Umdeutung und Unterdrückung bedrohten Kulturguts gefragt als vielmehr die Analyse der bestehenden Machtverhältnisse sowie der Ziele und Begründungsmuster der beteiligten Akteure. Heritage-Politics lassen sich kaum an den international etablierten Qualitäts-, Integritäts- oder Authentizitätsfragen messen. Auch wenn Fragen nach der Materialität wichtig sind, wenn Schichtungen, Vielfalt und Brüche wohl eher ein Zeichen gesellschaftlich ausgehandelten Erbes sein mögen als Reinheit, Rekonstruktion oder Simulation, ist der Blick zur Bewertung von Heritage-Figurationen mehr auf den Prozess als auf die Objekte selbst zu richten.5 Die entscheidende Frage bleibt immer: „Wer spricht?“, das heißt, welche Gruppierungen können ihre Vorstellungen von Erbe überhaupt artikulieren? Inwieweit sind Herstellungs-, Durchsetzungs- und Kanonisierungsprozesse hegemonialen, zensierenden oder unterdrückenden Mechanismen unterworfen, wird Teilhabe erschwert oder ermöglicht, wie werden Konflikte moderiert? Eine Neuausrichtung der Wertedebatte scheint vor diesem Hintergrund unabdingbar. Denkmalpflege ist, das hat mir ein längerer Forschungsaufenthalt in Palermo wieder anschaulich vor Augen geführt, nur im Zusammenhang von gesellschaftlichen Prozessen und Verhandlungen über Erbe, Erinnerung und Identität zu begreifen. In der sizilianischen Hauptstadt, die lange Zeit scheinbar ausweglos einer mafiösen Herrschaft unterworfen war, agiert die Denkmalpflege als Teil einer vielfältigen Heritage-Bewegung, die buchstäblich zum Überlebensanker einer in ihrer Existenz bedrohten Stadtgesellschaft geworden ist.

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Vgl. Ashworth, Gregory John / Graham, Brian / Tunbridge, John E., Pluralising Pasts. Herit­ age, Identity and Place in Multicultural Societies, London 2007.

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Palermos Rettung Das historische Zentrum Palermos hat in den letzten Dekaden eine wahre Auferstehung erlebt.6 Die Hafenstadt war im 20. Jahrhundert einer zweifachen Zerstörung ausgesetzt. Im Zweiten Weltkrieg hatten Bomben der Alliierten hier stärkere Verwüstungen angerichtet als in jeder anderen italienischen Stadt. Um die 150.000 Bewohner blieben lange obdachlos, lebten in Ruinen oder Höhlen. Eine zweite Verwüstung (in Sizilien als ‚Scempio‘ – Gemetzel, Zerstörung – sprichwörtlich geblieben) erfolgte nach 1945 im Rahmen des Wiederaufbaus, der von einem mafiös geprägten Zusammenwirken städtischer Politik, Bauwirtschaft und organisierter Kriminalität orchestriert wurde, um unter Umgehung von geltenden Rechts- und Planungsvorschriften die aus verschiedenen Quellen fließenden Hilfsgelder abzuschöpfen. Im Ergebnis lag das historische Zentrum bis in die 1980er Jahre darnieder, Ruinen standen neben bröselnden Palästen, Brachen waren gesäumt von oft maßstabssprengenden Neubauten. Die Bevölkerung der historischen Quartiere schrumpfte nach dem Krieg von über 200.000 (1945) auf gut 20.000 (1996) Einwohner.7 Armut, Kriminalität und fehlende Infrastruktur prägten die verwüsteten Quartiere, die zu einer NoGo-Area im Herzen des dynamischen und dysfunktionalen Wildwuchses einer Millionenmetropole verkommen waren. Die Rettung des historischen Zentrums von Palermo ist unmittelbar mit dem Kampf gegen die Mafia verknüpft. Die Ermordung von General Carlo Alberto Dalla Chiesa 1982 war als Moment tiefster Erniedrigung und Ohnmacht empfunden worden, der auf Staatsebene energische Anstrengungen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der allgegenwärtigen Korruption einleitete. In Palermo formierte sich eine von breiten Bevölkerungsschichten getragene Anti-Mafia-Bewegung, die die Stadt für immer verändern sollte, greifbar in der Eroberung des 6

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Zur Altstadtsanierung vgl. Di Benedetto, Guiseppe (Cur.), La città che cambia. Restauro e riuso nel centro storico di Palermo, 2 Tom., Palermo 2000; Di Benedetto, Guiseppe (Cur.), Restoration and Re-Use of Palermo’s Old City (dt./engl./fr./esp.), Palermo 2000; Prescia, Renata, Restauri a Palermo. Architettura e città come stratificazione, Palermo 2012. Der Allzeit-Tiefpunkt war 2001 mit nur noch 21.500 Einwohnern erreicht; 2008 lebten wieder 27.000 Menschen im historischen Zentrum, darunter ca. 5.500 Ausländer. Vgl. Söderström, Ola et al., Urban Cosmographies. Indagine sul cambiamento urbano a Palermo (Babele 54), Roma 2009, 90.

Palermo oder Überleben als Erinnern | Gerhard Vinken

Rathauses durch nicht-korrumpierte Kräfte um den Reformbürgermeister Leoluca Orlando.8 Heute steht das gesamte Gelände – mit 240 Hektar wohl die größte Altstadt Europas – mit seinen 158 Kirchen, 55 Klöstern und Konventen sowie über 400 Adelspalästen unter Denkmalschutz.9 Um einen radikalen Bruch mit dem etablierten Bauwesen und den alten Eliten zu vollziehen, berief Orlando 1985 bewusst renommierte externe Spezialisten, namentlich Pier Luigi Cervellati, den leitenden Architekten der Restaurierung von Bologna, sowie Leonardo Benevolo, Italo Insolera und andere.10 Der von ihnen ausgearbeitete Piano Particolareggiato Esecutivo (P.P.E. Centro Storico) trat 1993 in Kraft, nachdem der zwischenzeitlich durch politische Intrigen aus dem Amt entfernte Reformbürgermeister nach einem Bruch mit den etablierten Parteien ins Rathaus zurückgekehrt war.11 Anspruchsvolles Ziel war eine Wiederbevölkerung der Altstadt mit mindestens 50.000 Einwohnern und die Rückgewinnung der Mittelschicht unter Vermeidung einer Gentrifizierung und Kommerzialisierung, wie dies in Bologna trotz bester Absichten geschehen ist, wo die Einkommensschwachen inzwischen verdrängt und die sanierte – saubere und schicke – Altstadt fest in der Hand der Mittelschicht ist.12 Die Altstadtsanierung wurde aus EU-Fonds großzügig unterstützt und von Stadt, Region und Staat gegenfinanziert.13 Mit dem 1994 gegründeten Amt für das Historische Stadtzentrum (Ufficio Centro Storico) wurden erstmals eine leistungsfähige städtische Denkmalpflege und zugleich zeitgemäße Restaurierungstechniken etabliert.14 Neben der Restaurierung von prestigeträchtigen Großprojekten und öffentlichen Bauten konzentrierte man sich zunächst auf den Ankauf stark beschädigter Immobilien, die aufgekauft, restauriert und zu Wohnzwecken ausgebaut wurden. Gegen denkmalpflegerische Auflagen

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Grundlegend zur Geschichte der Anti-Mafia-Bewegung in Palermo: Schneider, Jane C. / Schneider, Peter T., Reversible Destiny. Mafia, Antimafia and the Struggle for Palermo, Berkeley / Los Angeles / London 2003. Vgl. Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 13. Vgl. Schneider / Schneider, Reversible Destiny, 240  – 243. Vgl. Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 25 –26; Prescia, Restauri a Palermo, 109  –138. Vgl. Schneider / Schneider, Reversible Destiny, 247. Vgl. Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 27– 28. Vgl. Prescia, Restauri a Palermo, 75; Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 27– 39.

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vermittelte die Behörde finanzielle Unterstützung. 1999 waren bereits über 200 Kirchen, Klöster und Palazzi eingerüstet; in diesem Zeitraum flossen 90 Milliarden Lire für insgesamt über 360 Einzelprojekte.15 Große Aufmerksamkeit galt der Ertüchtigung der Infrastruktur. Die Straßenpflasterung und -beleuchtung wurde nach historischem Vorbild wiederhergestellt.16 Inzwischen sind die Arbeiten weiter fortgeschritten. Viertel wie die Kalsa haben den Turnaround geschafft. Die Mittelschicht und die Touristen sind zurückgekehrt, und mit ihnen Infrastruktur wie Gastronomie und Geschäfte. Die durchaus zu beobachtenden Spuren einer Gentrifizierung ließen sich hier auch als Normalisierung verstehen – im Sinne einer Heterogenisierung eines vormals homogenen Slums. Andere Viertel wie Capo oder Albergheria weisen noch beträchtliche bauliche wie strukturelle Probleme auf; hier sind weiterhin Leerstand und Verfall, ja Ruinen und Brachflächen selbst an den Hauptachsen zu beobachten. Die Baustruktur Palermos, die die jahrhundertealte polarisierte Sozialstruktur abbildet (die häufig abwesende großgrundbesitzende Schicht aus Kirche und Adel auf der einen, eine arme Unterschicht auf der anderen Seite), erweist sich als ein ganz anderes Hindernis als in Bologna.17 Ein Hauptproblem bleibt so die Restaurierung der rund 400 Palazzi, die zur wertvollsten Bausubstanz der Stadt gehören und teilweise bis in normannische Zeit zurückgehen. In der Regel sind sie nicht von ihren Besitzern bewohnt, sondern, auch was die Besitzverhältnisse angeht, kleinteilig fraktioniert, andere sind aufgegeben und ruinös. Ein Grund für den langsamen Fortschritt sind die hohen, gegen Spekulation gerichteten Hürden der Stadtverwaltung, die Subventionen strikt auf Antragsteller beschränkt, die die Immobilie mindestens seit zehn Jahren bewohnen.18 In der Praxis lassen sich die oft verstreuten Eigentümerinteressen kaum koordinieren.19 Kritiker monieren auch die rekonstruktive Grundausrichtung des sogenannten Cervellati-Plans: Leitbild 15 16 17 18 19

Vgl. Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 28. Vgl. Di Benedetto, La città che cambia, Tom. 2, 689  –   696. Vgl. Schneider / Schneider, Reversible Destiny, 248   – 251. Vgl. ebd., 248   – 249. Vgl. Cannarozzo, Teresa, Riqualificazione e recupero del centro storico, in: id., Palermo tra memoria e futuro. Riqualificazione e recupero del centro storico, Palermo 1996, 23  –71, hier 40   –   41.

Palermo oder Überleben als Erinnern | Gerhard Vinken

ist die ‚historische‘ Stadt im Zustand von 1870. Stark zerstörte bzw. verlorene Bauwerke sollen aufgrund von historischen Plänen und Bildquellen (teil-)rekonstruiert werden, sonst ist ein typologischer Ersatzneubau vorgeschrieben, ‚störende‘ moderne Architekturen sollen abgerissen werden.20 Kritik an diesen Vorgaben wird vor allem seitens der Architekturfakultät Palermos vorgetragen, die sich in jüngster Zeit verstärkt auch für Bauwerke der 1950er Jahre einsetzt.

Wiederaneignung der Stadt In jedem Fall ist die Bilanz der Restaurierung und Revitalisierung überaus beeindruckend, zumal wenn man den Blick über die denkmalpflegerischen Fachdiskurse hinaus ausweitet. Die baulichen Maßnahmen fügen sich in einen Prozess der Wiederaneignung der Stadt durch ihre Bürger ein, der von sehr unterschiedlichen Akteuren getragen wird. Das Verdienst der Reformer um Bürgermeister Orlando ist die Orchestrierung einer bürgernahen Kultur- und Sozialpolitik, die sich als Heritage-Politics darauf richtet, der vermeintlich schicksalhaften Brandmarkung Palermos als Hauptstadt der Mafia alternative Erbe-Narrative entgegenzusetzen und neue Identifikationsangebote zu schaffen. Die Stadtregierung initiierte dabei selbst ein ganzes Bündel von Maßnahmen, vor allem aber richtete sie ein Hauptaugenmerk darauf, breite Bevölkerungsschichten einzubeziehen und den vielfältigen Akteursgruppen Raum für Eigeninitiative zu geben. Die Vielfalt der Aktivitäten in diesem Feld kann in diesem Rahmen nur skizziert werden.21 Zum einen wurden die Restaurierungen von Denkmalbauten gezielt als symbolische Handlungen für eine neue Politik, eine neue Stadt inszeniert. Ein Fanal war die 1997 zu seinem hundertjährigen Jubiläum gefeierte Wiedereröffnung des Teatro Massimo, einst eines der größten Opernhäuser Europas, das 1974 für Renovierungsarbeiten ‚provisorisch‘ geschlossen worden war, und als ein Monument der Korruption vor sich hin dämmerte.22 Eine ähnliche Wirkung

20 Vgl. Schneider / Schneider, Reversible Destiny, 240   – 243. 21 Ein längerer Beitrag des Autors dazu ist in Vorbereitung. 22 Vgl. Di Benedetto, La città che cambia, Tom. 1, 453  –   492.

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erzielte die Freilegung und Restaurierung der seit langem entweihten und den Blicken entzogenen Kirchenruine Santa Maria dello Spasimo.23 Charakteristisch ist hier, wie für viele andere Projekte, der Einsatz von zahlreichen Freiwilligen und die öffentliche Nachnutzung als ein vielfältiger Ort der Kultur. Auch in anderen Fällen waren aufwändige, auf städtische Kosten durchgeführte Restaurierungen mit einer Übertragung der Nutzungsrechte an privatrechtliche Träger aus der Kulturszene verbunden. Prominente Beispiele sind die seit 2005 als Theater genutzte Chiesa di Montevergini, oder jüngst das vom Centro Siciliano di Documentazione ‚Giuseppe Impastato‘ (CSD Giuseppe Impastato), der ersten institutionalisierten Anti-Mafia-Initiative bespielte No-Mafia-Memorial in einem prächtigen Palazzo in bester Lage. Auf diese Weise entstanden zahlreiche symbolisch besetze Bezugspunkte für die bürgerschaftlichen Initiativen und die Entwicklung der umliegenden Stadtteile. Eine wichtige Voraussetzung dieser bürgerschaftlichen Wiederaneignung ist, dass die Stadtregierung die große Bedeutung der öffentlichen Räume früh erkannt hat. Ein in der Stadtverwaltung neu geschaffenes Ressort, das sich ausschließlich um öffentliche Grünflächen kümmern sollte, wurde Letizia Battaglia anvertraut, die durch ihre bahnbrechende fotografische Dokumentation von Mafia-Verbrechen bekannt geworden war. Teilweise in Privatinitiative wurden Plätze entmüllt und neu angelegt, kleine Terrassen für gastronomische Nutzungen geschaffen, die beiden sich kreuzenden alten Hauptachsen der Stadt, die Via Vittorio Emanuele und die Via Maqueda, seit 1995 (zunächst temporär) für Autos gesperrt.24 Diese und ähnliche Maßnahmen hatten eine große Resonanz, weil sie nicht nur die Lebensqualität in der Altstadt verbesserten, sondern für eine selbstbewusste Rückeroberung von Arealen stehen, die vorher der organisierten Kriminalität überlassen waren, und für ein Reklamieren der öffentlichen Räume durch eine eigenverantwortliche Stadtgesellschaft. Das wohl prägnanteste Beispiel für die Bedeutung von Herit­ age-Politics und Stadtgestaltung für die Entstehung von neuen 23 Vgl. ebd., 261– 275. 24 Beispiele bei Di Benedetto, Restoration and Re-Use, 180   – 219.

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Abb. 1: Gedenkbanner für Paolo Borsellino und Giovanni Falcone vor der Schule an der Piazza Magione.

Identifikationsangeboten ist das Areal der Piazza Magione. Aufgrund von Planungen der 1960er Jahre sollte hier eine Schnellstraße (die Asse Stazione-Porto) vom Hafen quer durch die Altstadt und den Botanischen Garten gebrochen werden. 14 Baublocks fielen den Abbrucharbeiten zum Opfer, ehe das Projekt beim heute auf der Platzmitte isolierten Convento della Sapienza gestoppt werden konnte.25 Im Jahr 2000 erfolgte die Neugestaltung des Platzes, die mit den freigelegten Grundmauern der zerstörten Häuser den alten Stadtgrundriss wieder sichtbar macht. Eine Gedenktafel erläutert die historische Struktur und erinnert an den von der Mafia ermordeten Richter Giovanni Falcone („dem wir alle Dank schulden“), der in diesem Viertel seine Kindheit verbracht hatte. Seitlich am Zaun befestigte Plakate anlässlich des 25. Jahrestages der Ermordung Falcones und seiner Mitstreiter sind ein Hinweis darauf, dass die Stadtverwaltung hier jeweils zum Jahrestag des Mordes (23. Mai 1992) eine Gedenkfeier veranstaltet.26 (Abb. 1) Der Platz war lange Zeit ein beliebter Jugendtreff und ist ein zentraler Ort der Selbstvergewisserung der bürgerschaftlich organisierten Anti-Mafia-Bewegung.

25 Vgl. Di Benedetto, La città che cambia, Tom. 2, 673 –   678, mit Rekonstruktion des Vorkriegszustands. 26 La festa in piazza magione (Slideshow), https://palermo.repubblica.it/cronaca/2013/05/ 23/foto/23_maggio_la_festa_in_piazza_magione-59448979/1/#1 [28.06.2019].

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Heritage als Überlebensstrategie Tatsächlich kann man die jüngeren Heritage-Formationen Palermos nicht ohne den Kampf gegen die Mafia verstehen, der einen gemeinsamen Bezugspunkt der unterschiedlichen Akteure bildet. Der sogenannte Palermitanische Frühling wurde ermöglicht durch ein breites bürgerschaftliches Engagement und eine Überwindung der im kalten Krieg zementierten gesellschaftlichen Spaltung durch die Anti-Mafia-Aktivisten.27 In den Anfängen gab es zwar eine Vielzahl von Protestbewegungen, Kampagnen und Aktionen, doch zunächst keine koordinierte Erinnerungs- und Heritage-Politik. Nach dem Mord an Dalla Chiesa 1982 wurde in der Nähe des Hafens ein erstes monumentales Anti-Mafia-Denkmal errichtet, das sich als Monumento Ai Caduti Nella Lotta Contro La Mafia bewusst in die Reihe der Gefallenendenkmale setzte.28 Doch wurde dieses martialische Monument von der Bevölkerung nie richtig angenommen. Populärer waren Aktionen wie die einer Initiative der späten 1980er Jahre, Straßen durch die Anbringung entsprechender Plaketten nach Mafiaopfern ‚umzubenennen‘, um so dem öffentlichen Raum den Protest gegen die Mafia einzuschreiben.29 Erst die Morde an den beiden prominentesten Mafiajägern, Paolo Borsellino und Giovanni Falcone, im Jahr 1992 schufen die gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine breite gesellschaftliche Erinnerungskultur, die durch die Wiederwahl Leoluca Orlandos zum Bürgermeister 1993 im Zusammengehen institutionellen und bürgerschaftlichen Engagements ihre volle Wirkung entfalten konnte. War Palermo früher die Stadt der Mafia, entkommt man heute den Symbolen der Anti-Mafia-Bewegung nicht. Betritt man die Stadt vom alten Hafen her, grüßt ein überlebensgroßes Wandbild der als Märtyrer verehrten Borsellino und Falcone. Verlässt man die Stadt am – nach den beiden Mafiajägern benannten – internationalen Flughafen, passiert man auf der Autobahn die monumentalen Obelisken, die den Ort des Falcone-Attentats 27 Der Kampf gegen die in Italien traditionell starke orthodoxe Linke und die ‚rote Gefahr‘ einte lange Zeit die von Giulio Andreottis Democrazia Cristiana angeführten bürgerlichen Parteien und die Kirche und ließ selbst die Kooperation mit dem organisierten Verbrechen als das kleinere Übel erscheinen. Vgl. Schneider / Schneider, Reversible Destiny, 49  –   80. 28 Zur Vorgeschichte vgl. ebd., 175 u. 195. 29 Vgl. ebd., 181.

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markieren, sowie eine Hütte in einiger Entfernung, von der aus die für alle fünf Insassen des Autos tödliche Bombe gezündet worden war und die weithin sichtbar mit der Parole „NO MAFIA“ bemalt ist. Der letzte Blick am Security Check fällt auf ein Borsellino-Falcone-Plakat mit dem eingängigen Slogan „insieme per non dimenticare“: gemeinsam, um nicht zu vergessen. Charakteristisch für diese Phase ist aber die enge Verbindung von Heritage-Politics und anderen Erinnerungspraktiken, die oft auf breite Einbeziehung der Bevölkerung zielen. Insbesondere Schulen spielen dabei eine wichtige Rolle. Sehr erfolgreich war und ist das Projekt Palermo apre le Porte, das nach dem Vorbild Neapels Schulklassen dazu ermuntert, Monumente zu ‚adoptieren‘, für geregelte Öffnungszeiten zu sorgen und zu gegebenen Zeiten als Führer zu fungieren. Bereits 1999 waren 73 Schulen beteiligt, 2007 über 70 % der ‚adoptierten‘ Monumente restauriert.30 Wie bei ähnlichen Projekten ist der Effekt vielfältig. Die Öffnung der lange vernachlässigten und teilweise aus dem Blick verschwundenen Sehenswürdigkeiten ist ein wichtiger Motor der Wiederaneignung der Stadt. Hauptziel ist es in Art einer Re-Education die Schüler von der Straße zu holen und ihnen alternative Perspektiven zu kriminellen Lebensentwürfen, aber auch Stolz und Teilhabe an einem gemeinsamen Erbe zu vermitteln. Auch das Branding des Stadtraums durch kleine und große Wandmalereien, sogenannte Murales, gehört zu den Bestrebungen, der Stadt eine neue Identität zu geben. In offiziellen und inoffiziellen Aktionen werden nicht nur Anti-Mafia-Themen aufgegriffen, sondern auch religiöse und populäre Motive.31 Die Murales erfreuen sich großer Popularität und werden inzwischen offiziell, aber auch in persönlichen Gesprächen intensiv beworben. Greifbar ist hier der Versuch, dem Mafia-Branding eine breite Erinnerungspolitik entgegenzustellen, die verschie-

30 Vgl. Troisi, Sergio, Schools Adopt Monuments in Palermo, in: Council of Europe (Ed.), Cultural Heritage and Its Educational Implications. A Factor for Tolerance, Good Citizenship and Social Integration. Proceedings of the Seminar, organized by the Council of Europe et al., Brussels, August 1995 (Cultural Heritage 36), Strasbourg 1998, 51–  53. 31 Dazu finden sich online viele Quellen; zu einigen der spektakulärsten Murales vgl. Rotolo, Alessia, Palermo ha cinque nuovi (giganteschi) murales […] (31.07.2018), in: balarm. Magazine, https://www.balarm.it/news/palermo-ha-cinque-nuovi-giganteschi-murales-rinasceil-centro-tra-santi-e-simboli-21299 [28.06.2019].

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dene historische Ressourcen nutzt und umdeutet. Die hoch verehrte Schutzheilige der Stadt, Rosalia, die die Stadt einst vor der Pest rettete, wird als Schutzgöttin gegen die Mafia reaktiviert, durch eine Reorganisation des Rosalienfestes im Juli nach historischem Vorbild – ein mehrtägiges Spektakel, das schon im 18. Jahrhundert Reisende aus aller Welt anzog und heute wieder zum Hauptfest der Stadt geworden ist –, aber auch durch ein monumentales Wandbild im Stadtraum. Diesem ist ein bis vor kurzem weniger populärer ‚afrikanischer Heiliger‘, San Benedetto il Moro, zur Seite gestellt worden (Abb. 2), auch um eine Willkommenskultur zum Ausdruck zu bringen – dies in einer Zeit, in der die italienische Regierung die Grenzen aggressiv gegen Migranten aus dem Süden abschotten will, die jedoch im Zentrum der Stadt inzwischen fast 20 % der Bevölkerung ausmachen.32

Abb. 2: Wandbild mit San Benedetto il Moro von Igor Scalisi Palminteri.

Die diversen, aus dem Rathaus orchestrierten und beförderten Erinnerungskulturen Palermos, die hier nur schlaglichthaft vorgestellt werden konnten, arbeiten daran, die Stadt mit ihrer reichen Geschichte zu versöhnen und vielfältige alternative Narrative populär zu machen. Klassische Formate von Heritage-Politics und Denkmalpflege stehen neben immateriellen, experimentellen und ephemeren Formen, Offizielles und Institutionalisiertes steht neben den Stimmen einzelner Communities und Akteure. Die oft beschriebene Wandlung des kulturellen Erbes

32 Orlando hat kürzlich mehrfach der Ausländer-Politik der Salvini-Regierung energisch widersprochen. Vgl. Affaticati, Andrea, „So etwas gibt es in einer Diktatur“. Widerstand gegen Salvini. Interview mit Leoluca Orlando (05.01.2019), https://www.n-tv.de/politik/ Interview-mit-dem-Buergermeister-von-Palermo-Leoluca-Orlando-So-etwas-gibt-es-ineiner-Diktatur-article20797872.html [28.06.2019].

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vom Antiquarischen zum Sozialen ist hier paradigmatisch erfahrbar. Erbe-Figurationen entfalten so eine Wucht und Relevanz, in denen sich eine auf Fachfragen orientierte Denkmalpflege neu behaupten muss. Ihr Beitrag als eine wissenschaftlich informierte Spezialdisziplin, auch das zeigt Palermo, ist in diesem Zusammenhang unverzichtbar. Die von ihr ermittelten und tradierten Werte müssen sich allerdings in einem vielstimmigen Aneignungs- und Deutungsprozess bewähren; eine größere Bürgerbeteiligung – nicht nur als Information, sondern als Austausch verstanden – wäre nicht nur aus pragmatischen, sondern aus grundsätzlichen Überlegungen im Sinne einer größeren Nachhaltigkeit zielführend.33 Die Bewertung von Erbe kann nie nur eine fachliche sein: Erben ist, um ein Riegl-Wort zu paraphrasieren, eben keine „künstlerische und historische Liebhaberei“,34 sondern, mit Derrida, eine Aufgabe,35 eine Tätigkeit, die mit der individuellen Existenz und mit sozialen Prozessen der Identitätsfindung und -aushandlung auf das Engste verknüpft ist.

Abbildungen Abb. 1: Gedenkbanner für Paolo Borsellino und Giovanni Falcone vor der Schule an der Piazza Magione, Kalsa, Palermo, 2019, Foto: Gerhard Vinken. Abb. 2: Wandbild mit San Benedetto il Moro von Igor Scalisi Palminteri, Ballarò, Palermo, 2019, Foto: Gerhard Vinken.

33 Vgl. Selitz, Lisa Marie / Vinken, Gerhard, Kommunales Denkmalkonzept als Chance. Ein Beitrag zu einer historisch informierten Stadtplanung, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Das Kommunale Denkmalkonzept. Den historischen Ortskern ge­meinsam gestalten und entwickeln (Denkmalpflege Themen 8), München 2017, 24   – 26. 34 Vgl. Riegl, Alois, Neue Strömungen in der Denkmalpflege, in: Mitteilungen der K.K. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale (3. Folge) 4 (1905), Sp. 85  –104, hier Sp. 95. 35 Vgl. Derrida, Jacques, Marx’ Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale, übers. v. Susanne Lüdemann, Frankfurt a. M. 1995, 81–  82.

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Wilfried Lipp und die Restaurierung Dem Zeitgeist immer eine Nasenlänge voraus Ursula Schädler-Saub

Wilfried Lipps grundlegende Beiträge zur Restaurierung, philosophisch fundiert und facettenreich im gesellschaftlichen Kontext verankert, sollten allen Restauratorinnen und Restauratoren als Lektüre wärmstens empfohlen werden. Als Theoretiker und Praktiker der Denkmalpflege hat Wilfried Lipp den Dialog mit Fachleuten der Restaurierung immer gesucht und ihre Arbeit mit großem Interesse, manchmal vermischt mit freundlicher Ironie, begleitet. Es geht ihm darum, Brücken zu schlagen zwischen Theorie und Praxis und damit den interdisziplinären Austausch zwischen diesen beiden Bereichen zu fördern, die vielfach miteinander verbunden sind und sich gegenseitig anspornen und befruchten können. Wenn Grundsatzüberlegungen in einer globalisierten Welt immer wieder praktisch verifiziert und restauratorische Methoden und Techniken in ihrer ethischen Tragweite hinterfragt werden, ist das ein Abschied von rigiden Normen zugunsten einer empathischen Weiterentwicklung von Theorie und Praxis, im Austausch mit verschiedenen gesellschaftlichen Traditionen und aktuellen Vorstellungen, auf regionaler und internationaler Ebene. Wilfried Lipp ermutigt Restauratorinnen und Restauratoren, ihr Tun nicht auf technische Herausforderungen zu beschränken, sondern die umfassende Tragweite ihres Berufs und ihres Handelns zu erkennen. Pointiert äußert er sich dazu in seinem Aufsatz „In restauro“ – Assoziatio­ nen zu einer Metapher (2005), mit einer allumfassenden

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Vision von Restaurierung als „Conservatio Hominis, Conservatio Rerum und Conservatio Naturae“, die letztlich das Leben als Ganzes beinhaltet.1 Wilfried Lipp zeigt auf, wie der „Homo Conservator“ im Zuge der Aufklärung und Säkularisation die Verantwortung für den Schutz der gefährdeten Umwelt und aller materiellen und immateriellen Schöpfungen der Menschheit übernommen hat – eine Aufgabe, die seitdem zu Konflikten mit großen Teilen der Gesellschaft führt. Wie können wir heute der Vernachlässigung und Zerstörung, der Verfälschung und dem Verlust von Kulturdenkmalen am besten entgegenwirken? Wilfried Lipp hat die Risiken und Chancen der virtuellen Welten für die Denkmalpflege und die Restaurierung früh thematisiert. Mit den neuen Medien ergeben sich vielfältige Möglichkeiten virtueller Visualisierung und Vermittlung, z.B. des Originalzustands und späterer Überarbeitungen, und damit auch eine neue Qualität der „Erzählung“, die dazu führen kann, dass der fragmentarische Zustand eines Kulturdenkmals in der realen Welt mehr und mehr akzeptiert und verlustreiche Eingriffe in die historische Substanz zur Ausnahme werden. Uns Restauratorinnen und Restauratoren ist zu wünschen, dass wir den inspirierenden Dialog mit Wilfried Lipp noch lange fortführen können!

1

Lipp, Wilfried, „In restauro“ – Assoziationen zu einer Metapher, in: SchädlerSaub, Ursula (Hg.), Die Kunst der Restaurierung. Entwicklungen und Tendenzen der Restaurierungsästhetik in Europa (ICOMOS – Hefte des Deutschen National­ komitees 40), München 2005, 13–24.

VII. Realities – Mediales

Data or Information or Knowledge or Wisdom? Heritage Conservation in an Age of Confusion Dinu Bumbaru

In 2016 in the Bank of Montreal training centre in suburban Toronto, the Governor General of Canada, the Right Honourable David Lloyd Johnston, gave a speech at a dinner of the Loran Foundation, Canada’s prominent scholarship programme based on personal qualities like leadership and service rather than numbers. He told the story of his visit to a flight simulator where pilot and co-pilot avoided a disaster by turning data each one had received into shared information and applicable knowledge. His message was about the importance of sharing responsibilities, communication and an instinct of collaboration ra­ther than static hierarchy, proposing these as useful lessons for a complex and fast-changing world.1 In 2019, professionals, academics and institutions in the conservation of built, urban and landscape heritage constantly measure challenges while action required from government or NGOs like ICOMOS (International Council of Monuments and Sites) is procrastinated to serve short-term particular interests. Mass of data and documentation is collected and provided by the scientific sector and its instruments. Information flows. Institutions, the corporate sector, talented individuals, communities develop applicable knowledge. However, there is a lot of confusion, manipulation and indifference. These issues might seem far from the heritage conservation field. Yet, in the contemporary world of massive data and functional knowledge, what is the fate 1

See Johnston, David Lloyd, Keynote Address at the Loran Scholars Foundation’s 27th Annual Dinner (Toronto, February 5, 2016), http://www.gg.ca/en/media/news/2016/ keynote-address-loran-scholars-foundations-27th-annual-dinner [28.06.2019].

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of memory, beauty and meaning historic buildings, sites, ensembles or landscapes convey? Are they well protected, shared and looked after? Where is the wisdom we need now for the future? The following reflections are based on personal observations, conversations and thoughts as a member of Héritage Montréal and ICOMOS. These two independent civic organisations are connected to and connecting the public, private and academic sectors at the metropolitan and global level. Free from government or academic formalities, this text’s purpose is to contribute to a publication celebrating a colleague of great value and intellect, Wilfried Lipp, whom I thank for his collegiality, determination and high service to the safeguard of heritage in its architectural, artistic, urban and landscape expressions. Like the late President of ICOMOS, our dear Michael Petzet, who dared to quote in Latin a commentary on Cicero’s definition of a monument in a memorable address at the “Matière à mémoire / Matter of Memory” ICOMOS Canada symposium in Montréal (November 2000)2, Wilfried Lipp introduced Immanuel Kant’s simple yet profoundly relevant questions in an ICOMOS meeting. Effectively, he examined questions like ‘What can we know?’, ‘What must we do?’ and ‘What are we allowed to hope?’ in relation to the role of ICOMOS. It recalled the purpose of heritage conservation and the dignity of knowledge and intellect in it. It also illustrated the need for ICOMOS to act as the international/interdisciplinary/intercultural/intergenerational organisation it is and to foster guiding debates. This is particularly important in a group like ICOMOS increasingly hungry for answers in technical recipes and management buzzwords.

Kant’s Questions in Heritage Conversation

What Can We Know? Natural heritage is generally defined and known through exact science. In theory at least, it is conceivable that its complete mapping is feasible pending on resource. Cultural herit2

For the symposium see Momentum 2000   – 2001. ICOMOS Canada Bulletin 9 (2001), No. 1, 4   – 30 (open-access publication: http://ip51.icomos.org/~fleblanc/publications/pub_ico mos/pub_2001_icomos-canada_bulletin_vol09_no01.pdf [28.06.2019]).

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age is different and is not finite. It results in and reveals human values, emotions and knowledge which are ever changing as societies evolve, create, learn and debate their memory, their identity, their past achievements and future aspirations. This makes the project of compiling a complete and definitive knowledge of all heritage buildings, sites, ensembles or landscapes rather futile even if we limit it to items like historical monuments, archaeological sites and landscapes. Inventories and registers are necessary tools but cannot describe the full richness of a living society’s cultural heritage. We can acknowledge that, and pursue the ongoing work to personally and collectively identify, understand and expose the heritage markers of the human endeavour. Beyond collecting data, this requires a humanistic approach of understanding and combining science, culture and, increasingly, traditional and citizen knowledge. For that, new methods need to be articulated, moving from data to knowledge, enchantment and understanding.

What Must We Do? As professionals, scholars and institutions we care for those heritage sites, structures and areas in the best way possible and with the best knowledge and means available. The definition of ‘care’ is a matter of discussion and numerous authors – practitioners, academics, administrators, owners, citizens, journalists – continue to expose views, indignations or recommendations on it. ICOMOS’ raison d’être is to assist in this by convening meaningful debates, bringing convergence among disciplines and cultural viewpoints and developing ethical principles and guidance. Beyond describing individual conservation actions, the whole heritage sector has yet to unify, to coordinate and to ensure a greater recognition in service of society and its development. This has yet to be done.

What Are We Allowed to Hope? In 1972, the General Conference of UNESCO adopted the World Heritage Convention, now ratified by over 190 States Parties. A

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lot of attention is put on the World Heritage List. Yet, article 5 (a) of the Convention marks the commitment of these states ‘to adopt a general policy which aims to give the cultural and natural heritage a function in the life of the community and to integrate the protection of that heritage into comprehensive planning programmes’. These words are broad yet clear. They carry a genuine hope for cultural heritage, its protection and conservation to be acknowledged as active parts of a society and its development. Considering the weight of all the States Parties ratifying this article, we could have hoped that cultural heritage be well considered in the UN’s Sustainable Development Goals adopted in 2015. Instead, heritage is only mentioned explicitly in Goal 11: Sustainable Cities and Communities as Target 4: ‘Strengthen efforts to protect and safeguard the world’s cultural and natural herit­ age’. Heritage conservation is part of society and as such its hopes depend on how we operate in it to make its hopes come true. For one, we could be clearer on our common message and stronger in our unity to deliver it effectively at all levels. Can we hope for a unified – not uniform – theory for heritage conservation? In 2000 in Québec, Canada, groups of various heritage interests – historic buildings, historical societies, museums, archives, archaeology, industrial heritage, folklore, education, etc. – convened and produced a common definition of heritage in all its expressions as ‘porteurs de mémoire / carriers of memo­ ry’. Is this possible internationally? Again, our best hope is ICOMOS which, despite its current trend to marginalise intellectual development in favour of management procedures, remains a uniquely global and diversified forum for intellectual, ethical and professional leadership. We could start with a definition of ‘protection’, a word so often used we feel we know.

Changing Sources Since the early lists of monuments historiques drawn in Europe following on rulers’ personal instructions or individual scholars’ interest, the knowledge to identify and care for heritage has developed remarkably. In many cases, progress came from devastations like wars, fires, natural disasters, major public works and

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urban redevelopment. Inventories opened up to new themes, disciplines, cultures and regions. In 1994, the “Conference on Authenticity in Relation to the World Heritage Convention” and its two rapporteurs, Belgian Raymond Lemaire and Canadian Herb Stovel, both past Secretary General of ICOMOS, produced the Nara Document on Au­ thenticity. Authenticity is a simple yet challenging word from the preamble of the International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites – the Venice Charter (1964), a text often demonized for its so-called Euro-centrism and focus on buildings. The Nara Document links the appreciation of authenticity for a monument, a site, an ensemble or a landscape to its sources of information – defined in an Appendix as ‘all material, written, oral and figurative sources which make it possible to know the nature, specifications, meaning and history of the cultural heritage.’ Some saw here a form of cultural relativism but also an opening to a diversity of resources necessary to understand and care for cultural heritage, from the traditional knowledge of elders or artisans, the daily life or beliefs of communities, to archives and scientific surveys. This goes beyond modern scientific technologies enabling a much broader, inter-connected and accessible documentation. It reflects also the state of national and local leadership from civil society, the private sector and even the media. Professional bias exists. In some countries, heritage institutions have long been dominated by disciplines like art history, archaeology, architecture or ethnology. Increasingly, interdisciplinary approaches involving those disciplines and contributions of geographers, sociologists or even artists and citizens influence the process. Although it has yet to be more clearly documented and understood, such evolution is positive for heritage conservation. This conceptual expansion and the multiplication of interests and authorities is positive but challenges once more the heritage movement and its capacity to work in society. Can we ensure proper care for a heritage in expansion? In June 1996 in Krakow, a conference on cultural heritage in wartime was held under NATO’s “Partnership for Peace” programme. In one of the

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discussions, the issue of definition of heritage was raised when a military legal counsel asked with some humour if expanding cultural heritage to landscapes was a manoeuvre to outlaw war! Centuries ago, the debate over the flatness of the Earth lead to reassessing the place of humans in the Universe. Heritage too evolved from few remarkable buildings or sites connected to a memorable past to an ecosystem of elements, characters and features giving meaning to reality and engaging us for its future. Can colleagues and institutions adequately protect and care for such ecosystem and its growing list of heritage buildings, sites, ensembles and landscapes?

Challenges and Revolutions Heritage conservation is local action set in national frameworks and under increased global attention and inspiration. Individual will, intuition and anticipation about change in society are also important. When we studied architecture at Université de Montréal, we were given a range of memorable and inspiring courses including one on urban sociology by Louise Roy, a sociologist who now leads an institute fostering knowledge transfer from the academic sector to enhance public, parapublic and private decision-making. In a recent conversation she mentioned the three current ‘revolutions’ – demographic, digital and climatic – and their impact on heritage. For example, the current climatic emergency justifies insensitive urban densification and energy efficiency regulations imposed on many innocent historic towns and buildings. Digital substitutes appear for lost monuments like Palmyra. Social media and intellectual property rights enter the heritage conservation debates. In November 2017 in Zapopan, Mexico, a UNESCO international meeting looked at the role of communities in sustain­able development. Climate change, the emerging voice of groups like indigenous people as well as women, and the rise of the metropolis appeared as global trends challenging the concept of nation. They impact heritage conservation too. Climate change affects the physical and social conditions for heritage sites and landscapes. Indigenous voices do reveal other meanings of

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natural and cultural geography. Modern metropolises generate new heritage forms along with pressures on heritage and its setting.

Heritage in Democracy and Avant-garde Besides scientific and institutional knowledge, the fate of heritage and its conservation has greatly improved thanks to citizens and community participation through local initiatives and broader policies alike. New areas of professional and institutional practice, of legislation and academic research emerge around the growing role of citizens and civil society in the naming and caring of heritage. Examples are many, diverse, both experimental and exper­ ienced. Since 1998, Héritage Montréal offers web-based tools to support citizen involvement, including the H-MTL Platform inspired from the ICOMOS “Heritage at Risk” programme.3 In 2017 in Delhi at the invitation of ICOMOS India an international scientific symposium on “Heritage and Democracy” was held on the occasion of the ICOMOS General Assembly. Democracy goes beyond the western-style representative model. Participative, collaborative and deliberative democracy create a new operating environment for heritage conservation. While overall very positive, this evolution can also affect the role avant-garde heritage conservation has played when it recognizes and cares for buildings or sites before society does. Is such evolution to blame for the rise of ephemeral images and individual perceptions over substance and collective intelligence? Does this alone explain tourism pressure on heritage sites like Venice, Barcelona or Machu Picchu? Does it justify the current outbreak of façadism? (Fig. 1) Façadism and, broadly speaking, partial retention of heritage buildings or sites, even landscapes, was thought to be – like demolition – an issue of the past that had been fixed through a discourse on management plan. It is not even mentioned in the ICOMOS Valletta Principles for the Safeguarding and Management of Historic Cities, Towns and Urban Areas nor in the UNES­ 3

See https://www.heritagemontreal.org/en/h-mtl-platform [28.06.2019].

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Fig. 1: Cultural project in Quartier Latin, Montréal, 2019. This project is located in the protection area surrounding a designated heritage immovable / immeuble patrimonial (formerly known as a historic monument / monument historique). Only the grey limestone façade of the 19th century houses was kept as the requirement for the project in order to maintain heritage components and the streetscape. What does protection mean?

Fig. 2: Carré Saint-Laurent, Montréal, 2018. Despite a Provincial protection status of the adjacent Monument National and a Federal commemorative designation of Saint-Laurent boulevard, this streetscape was ordered to be demolished by the City of Montreal for alleged safety reasons. The Minister of Culture requested that the stones be numbered and reinstalled as façades but negotiations lead to a stone-by-stone conservation approach. What does protection mean?

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CO Recommendation on the Historic Urban Landscapes (HUL) both adopted in 2011. Unfortunately, façadism like demolition are not dead diseases nor glamourous topics like reconstruction. In 1999, ICOMOS held in Paris the international conference “Façadisme et Identité urbaine”. Now, cities are choosing densification to support sustainability policies or serve developers’ interests (or both), governments adopt policies to simplify or eliminate heritage regulation as obstacles to their economic, social or even cultural agendas. Such changing factors in the built environment are fertile conditions for new façadism outbreaks. Unlike HUL – which emerged from battles spearheaded by Wilfried Lipp and ICOMOS over office tower proposals in the historic core of Vienna – façadism comes un-monitored and unopposed in an age of management, value-based or not. (Fig. 2)

From the Care of Monuments to the Cult of Management? Words are a form of cultural heritage, appearing and evolving in meaning between generations, disciplines, cultures and countries. As we experience in Canada, ‘restauration’ in French and ‘restoration’ in English are close, but different. Comparing the English and French versions of ICOMOS’ doctrinal texts adopted by the General Assembly since the 1960s and other documents – like the above mentioned Nara Document on Authenticity – enables to appreciate that diversity. Earlier texts focus on individual monuments and sites; they provide applicable guidance to professionals and institutions for interventions like restoration and preservation. More recent ones address a range of processes often packaged as ‘management’. That word first appeared in the Charter for the Protection and Management of the Archaeological Heritage (1990), in the Charter on the Protection and Management of Underwater Cultural Heritage (1996) and in the Charter Managing Tourism at Places of Heritage Significance (1999). That International Cultural Tourism Charter replaced the original Charter of Cultural Tourism (1976), incorporating management and the Australian expression ‘place’. Also in 1999, ICOMOS Australia rewrote its

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national Charter for Places of Cultural Significance (Burra Charter) and included ‘management’ in it. Documenting the chronology and geography of how ‘management’ became so dominant in the heritage conservation sector, particularly in ICOMOS, would be a valuable academic and strategic research. Did it integrate our vocabulary to bring a feeling of credibility in a society increasingly run by data and managers? Does it reflect the decline of cultural and linguistic diversity in ICOMOS? Perhaps it reflects the growing focus on the World Heritage List which, naturally, puts emphasis on management plans and support systems for properties and their outstanding universal value. Conservation like other activities needs to organize work and resources effectively. It does require sound management practices and good managers acting as keepers. It also benefits from a broader view of itself as a dynamic system seeking impact in society rather than an isolated collection of ancient properties and artefacts. Yet, do we need to say ‘management’ every time we mean ‘good and continuous care’ or ‘maintenance’? Do we have to discard terms like ‘monuments’, surely too specific for the 21st century, to go for generic expressions like ‘places of cultural significance’4? A cornerstone of the heritage conservation movement and ethics is understanding and respect for the distinct personae of each heritage building, site, ensemble or landscape. There is an urgent need to reaffirm this and be meaningful in thoughts and words rather than repeat buzzy generic concepts.

Hope We Can Allow Ourselves As landscape and architecture, heritage is at the confluence of geography (site, setting), society (values, uses) and time (mem­ 4

In 2011, the Legislature of Québec (Canada) adopted the Cultural Heritage Act / Loi sur le patrimoine culturel replacing its Cultural Property Act / Loi sur les biens culturels (1972). In the process, the designation ‘historic monument’ / ‘monument historique’, introduced in 1922 from France’s legal tradition, was not updated for a specific contemporary definition but replaced by the generic expression ‘heritage immovable’ / ‘immeuble patrimonial’. Also, in the confusion between culture, art and entertainment cultural significance does not convey the intent of conservation. One could document cases of theaters, public libraries or other venues of cultural significance built after demolishing buildings or sites of heritage significance or designation.

Data or Information or Knowledge or Wisdom? | Dinu Bumbaru

Fig. 3: Habitat 67, Montréal, 2019. An iconic legacy of Expo 67, Habitat has been designated monument historique in 2009 by the Minister of Culture at the request of Héritage Montréal. Its conservation calls for reflections on the concepts of authenticity and integrity applied to industrialised and concrete architecture of the Modern Age, their use and presence in the landscape.

ory, legacy), connecting nature and spirit. Conservation is part of how societies navigate between generations. How can herit­ age be a meaningful component of the human habitat in 25 or 50 years? Will it remain authentic – and its conservation the fruit of educated intelligence rather than robotization? Hope and guidance are answers provided by the ecosystem of herit­ age professionals and institutions, scholars and citizens. This requires a modern view on heritage protection and care, and foresighted leadership to defend it. (Fig. 3) This cannot be accomplished while the conservation ethos is dominated not by principles, but by data and management. Despite its prestige, the term’s limited meaningfulness prevents the heritage movement from using its capacity and foresightedness to seek answers to the current revolutions. The iconic battle scene in the Soviet movie Alexander Nevsky by Sergei Eisenstein (1938) offers a metaphor of the clash and victory of the collective energy of chaotic societies motivated by a common purpose over the heavy, machine-like and arrogant forces of procedures. Heritage needs both force and energy. Today, conservation faces the challenge of reconciling data, information and knowledge to generate a shared vision of meaningful protection, use and transmission. It has much in

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common with an ancient wisdom like François Rabelais’ ‘Science sans conscience n’est que ruine de l’âme’ (‘Science without conscience is but the ruin of the soul’), written in Pantagruel (1532). Data provides greater certitude and performance but heritage brings beauty, memory and reasons to sail into the future.

Figures Fig. 1: Cultural project in Quartier Latin, Montréal, 2019, Photo: Dinu Bumbaru. Fig. 2: Carré Saint-Laurent, Montréal, 2018, Photo: Dinu Bumbaru. Fig. 3: Habitat 67, Montréal, 2019, Photo: Dinu Bumbaru.

Virtuelle Rekonstruktionen: Verhältnis / Durchdringung / Konkurrenz von ‚First & Second World‘ Ein Gespräch mit Achim Hubel, geführt von Johanna Blokker

Johanna Blokker: Heute kann man so schöne digitale Visualisierungen machen, wie es etwa beim Forschungsprojekt zum Regensburger Dom gelungen ist.1 Wenn diese dem Publikum präsentiert oder mit Studierenden der Denkmalpflege besprochen werden, kommt oft die Frage, warum wir nicht das Original so bemalen, wie es früher aussah – wir haben ja alle Informationen hierzu und auch das notwendige technische Know-How, die Versuchung ist also groß. Welche Antwort gibst du auf diese Frage? Achim Hubel: Das hätte zur Folge, dass bei einer Neufassung die Befunde aller späteren Fassungen zwangsläufig verloren gehen würden, weil man die älteren Farbschichten unlösbar miteinander verkleben müsste, bevor man die Neufassung aufträgt. Das kann man nicht verantworten – dem könnte ein Denkmalpfleger2 nie zustimmen. Aber man kann das

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Vgl. Fuchs, Friedrich / Hubel, Achim / Speckhardt, Melissa / Weiß, Kerstin, Die Farbigkeit des Doms, in: Hubel, Achim / Schuller, Manfred (Hg.), Der Dom zu Regensburg. Textband 3 (Die Kunstdenkmäler von Bayern, hg. v. Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, N.F. 7, Teil 3), Regensburg 2016, 1–  82; Hubel, Achim, Überlegungen zur digitalen Rekonstruktion farbiger Fassungen von Architektur und Skulptur, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard (Hg.), Das Digitale und die Denkmalpflege. Bestandserfassung – Denkmalvermittlung – Datenarchivierung – Rekonstruktion verlorener Objekte. Chancen und Grenzen im Einsatz digitaler Technologien. Veränderungen in der Praxis von Denkmalpflege und Kulturgutsicherung (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e. V. 26), Holzminden 2017, 74   –  89; Fuchs, Friedrich / Hubel, Achim (Hg.), Die farbige Kathedrale – 700 Jahre Farbgestaltung im Regensburger Dom (Regensburger Domstiftung 6), Regensburg 2019. Auf die Verwendung von Doppelformen oder anderen Kennzeichnungen für weibliche und männliche Personen wird verzichtet, um die Lesbarkeit zu erleichtern. Mit allen im Text verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen sind daher stets beide Geschlechter gemeint.

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machen, was etwa bei der Ausstellung „Bunte Götter“ in München gezeigt worden ist,3 wo man die Farbigkeit der griechischen Skulpturen nach den Befunden auf Gipsabgüssen der Figuren rekonstruierte. Ob die Oberfläche des Bildwerks aus Marmor, Stein oder Gips besteht, ist dabei weniger wichtig, weil die Farbe die Oberfläche komplett überdeckt. Das Ergebnis sieht dann weitgehend so aus, als ob man das Original farbig gefasst hätte. J. B.: Die neuen Technologien bieten spannende Möglichkeiten für die Visualisierung von früheren Zuständen auch am Original, ohne dieses verändern zu müssen. Ich denke z. B. an die Westportale der Kathedrale von Amiens, wo die ursprüngliche Farbigkeit der Skulpturen durch nächtliche Laser-Projektionen auf den Steinfiguren wahrnehmbar gemacht wird. Ein ähnliches Vorhaben gibt es für die Bamberger Dominikanerkirche (heute die Aula der Universität). Dort gibt es große Wandmalereien aus der Zeit von etwa 1400 bis zum frühen 16. Jahrhundert, aber in unterschiedlichen Schichten übereinander, sodass man das jeweilige Bild einer Schicht nicht richtig ablesen kann.4 Aber wenn man die verschiedenen Zustände direkt auf die Wandbilder projiziert, erst das eine Bild mit einer rekonstruierenden Ergänzung der verdeckten oder zerstörten Bereiche, und dann das nächste Bild usw., dann versteht man die Wandbilder in ihrer ikonographischen und künstlerischen Bedeutung, ohne etwas zu zerstören. A. H.: Das ist absolut legitim, ja sogar dringend zu empfehlen, weil es dem Original nicht schadet. Aber wenn ich an die jüngst erfolgte Rekonstruktion einer Innenraumfassung in der romanischen, aus dem frühen 12. Jahrhundert stammenden Kirche Sacré-Cœur in Paray-le-Moniale denke, halte ich das Vorgehen für bedenklich. Dort wurde ab 1853 – wie so oft im 19. Jahrhundert – durch den Architekten

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Vgl. Brinkmann, Vinzenz / Wünsche, Raimund (Hg.), Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur (Katalog zur Ausstellung, Glyptothek München, Dezember 2003  – Februar 2004), München 2003. Vgl. die Abbildungen in: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Teil 6: Stadt Bamberg 4. Bürgerliche Bergstadt, 1. Halbband (Die Kunstdenkmäler von Bayern [8]: Regierungsbezirk Oberfranken), bearb. v. Tilmann Breuer u. Reinhard Gutbier, Bamberg / München / Berlin 1997, 425  –   433.

Virtuelle Rekonstruktionen | Achim Hubel  &  Johanna Blokker

Eugène Millet der gesamte Putz einschließlich aller Fassungen abgeschlagen und der Innenraum komplett steinsichtig gemacht. Nun wollte man bei der jüngsten Restaurierung 1998   –  2005 unter Leitung des „architecte en chef des monuments historiques nationaux“ Frédéric Didier dies wieder rückgängig machen, fand aber keinerlei Befunde der ursprünglichen Bemalung mehr, sondern lediglich geringe Reste einer Raumfassung des 15. Jahrhunderts (weiß mit kräftig gelben Pfeilern, Diensten, Gurtbögen, Architekturgliedern usw.). Diese Fassung wurde komplett rekonstruiert, aber auf einer – angesichts der wenigen Reste – sehr unsicheren Grundlage. Bei der Kathedrale von Chartres hatte bereits Jürgen Michler festgestellt, dass die innere Raumschale eine Quaderbemalung in ockergelb mit weißen Stoß- und Lagerfugen besaß, einschließlich der Gewölbesegel und einzelner Wandglieder, während die Pfeiler und Dienste hauptsächlich in Weiß erschienen.5 Diese – nur in wenigen Putzflächen noch erhaltene – Raumfassung wird gegenwärtig rekonstruiert, wobei die gedunkelten und patinierten Originalbereiche aufgehellt und in die Gesamtfassung integriert wurden. Zur Vorbereitung dieser Rekonstruktion gab es aber keine auf genauen restauratorischen Befunduntersuchungen basierende digitale Visualisierung, sondern es genügten die Grafiken Jürgen Michlers, die er im Siebdruckverfahren koloriert hatte. Im Chor der Kathedrale von Chartres ist die Situation heute völlig chaotisch, weil dieser in der Barockzeit ganz umgestaltet wurde und seitdem eine zeitgenössische Wanddekoration mit marmorierten Pfeilern, goldenem Stuck auf hellblauem Grund und weißer Stuckplastik besitzt. Gleichzeitig wurde im 18. Jahrhundert die obere Raumschale ab dem Triforium grau getüncht. Jetzt erhielten aber diese Obergeschosse wieder die rekonstruierte gotische Fassung, die seit der Barockzeit dort nicht mehr zu sehen war. Als jüngstes Beispiel dieser

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Vgl. Michler, Jürgen, La cathédrale Notre-Dame de Chartres. Reconstitution de la polychromie originale de l’interieur, in: Bulletin Monumental 147 (1989), numéro 2, 117–131; ders., Über die Farbigkeit der Architektur im Regensburger Dom, in: Hubel, Achim / Schuller, Manfred (Hg.), Der Dom zu Regensburg. Textband 2 (Die Kunstdenkmäler von Bayern, hg. v. Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, N.F. 7, Teil 2), Regensburg 2014, 595  –   622, hier besonders 595  –  597 u. 612  –   615.

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neuen Welle farbiger Raumfassungen in mittelalterlichen Sakralräumen Frankreichs ist gegenwärtig die Basilika Sainte-Marie-Madeleine in Vézelay dran: Der seit Viollet-le-Duc komplett steinsichtige Chor wurde 2014   –  2016 – wieder unter Leitung von Frédéric Didier – mit einem dünnen, hellgrauen Putz überzogen (gemischt aus verschiedenen Sanden der Region mit Kalk und Trassmehl), die bis dahin steinsichtigen Gewölbesegel wurden weiß verputzt, die Gewölberippen im Chor tünchte man in zartem Gelb. In Chorumgang und Kapellenkranz wurden die Gewölberippen – zusammen mit weiteren Architekturgliedern – kräftiger gelb gefasst. J. B.:  Für das ungeschulte Auge sind solche Neufassungen nicht bewertbar; sie täuschen aber etwas vor, was es so – wahrscheinlich oder bestimmt – nie gegeben hat. Hier hätte der Denkmalpfleger – der ja hier nicht in der digitalen, sondern in der ‚analogen‘ Welt wirkt – seiner Verantwortung in ganz anderer Weise gerecht werden müssen. Er muss klar differenzieren, was ‚original‘ ist (im Sinne von ursprünglich) und was nicht. Gerade im analogen Bereich geht es nicht um den Augenschein, sondern man muss klar offenbaren, was wie alt ist, was möglicherweise später ergänzt, erneuert oder umgestaltet wurde – zumindest wenn wir es für wichtig halten, dass die Menschen, die z. B. ein Baudenkmal besichtigen, wissen sollen, was sie überhaupt sehen. A. H.: Vielleicht sollten wir auch einmal umgekehrt fragen, was denn das Positive an der digitalen Welt ist. Was kann die Denkmalpflege an Informationen gewinnen, die der besseren Vermittlung dienen, welche positiven Errungenschaften kann man hier nennen? J. B.: Gerade das Projekt Die farbige Kathedrale ist ein Musterbeispiel dafür, was man alles gewinnen kann.6 Die Visualisierung früherer Zustände von Bauund Kunstwerken, ohne in das Original selbst einzugreifen, bildet mittlerweile ein wichtiges Werkzeug – das Potenzial für solche Vermittlungen ist riesig. Man muss dabei aber immer den Unterschied deutlich

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Vgl. die in Anm. 1 genannte Literatur.

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machen zwischen den Informationen, die wir genau beweisen können, und Visualisierungen, die ‚wahrscheinlich‘ einen früheren Zustand, also eher ein Wunschbild wiedergeben. A. H.: Es gibt mittlerweile auch unzählige Datenbanken, wo man Abbildungen von Kunst- und Bauwerken aller Art abrufen kann, was intensiv genutzt wird. Es gibt zudem im Internet Online-Enzyklopädien wie Wikipedia, wo man zu fast allen Themen Informationen findet. Aber die Frage ist, wer die jeweiligen Daten eingegeben hat. Wie glaubwürdig bzw. nachprüfbar sind die am Bildschirm erscheinenden Informationen? Datenbanken haben immer das große Problem, dass die eigentlichen Fachleute, die z. B. in der Denkmalkunde wissenschaftlich hoch qualifiziert sind, einerseits keine IT-Spezialisten sind, Datenbanken also nicht ohne weiteres pflegen können, und andrerseits in ihrer Berufspraxis so eingespannt sind, dass sie unmöglich die Zeit für den Aufbau von Datenbanken finden. Die Pflege von Datenbanken machen deshalb meist ganz andere Mitarbeiter, die sich technisch perfekt auskennen, aber inhaltlich nicht überprüfen können, ob das, was sie eingeben, auch einer fachlichen Überprüfung standhalten kann. Deshalb schleichen sich zwangsläufig Fehler ein, sodass man gezwungen ist, anhand der wissenschaftlichen Literatur und des eigenen Sachverstands die Informationen der Datenbank zu überprüfen. Das muss aber der Nutzer der Datenbank selbst leisten, weil angesichts der Überfülle der im Internet abrufbaren Daten nur die individuelle Nachprüfung Sicherheit geben kann. Man darf es sich als Wissenschaftler nie leisten, den Datenbanken blind zu vertrauen, weil man Opfer falscher Informationen werden könnte. Somit lohnt es sich oft gar nicht, die Datenbanken zu bemühen, weil man doch alles nachlesen und überprüfen muss. J. B.: Ich finde es problematisch, dass es eine Kluft gibt zwischen den IT-Spezialisten, welche Informationen in Datenbanken eingeben, und den anderen Wissenschaftlern, die mit diesen Informationen arbeiten. Kaum jemand kann beide Disziplinen perfekt beherrschen. Das ist ein Problem nicht zuletzt bei uns in der Denkmalkunde. Diese ist schon immer interdisziplinär gewesen (Kunsthistoriker, Bauhistoriker, Bau­forscher,

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Archäologen, Historiker, Restauratoren usw.) – zu unserem Fach gehört eine möglichst enge Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachgebieten. Diese Interdisziplinarität kann die IT-Spezialisten aber nicht mehr in gleicher Weise einbinden. Dabei denke ich jetzt weniger an Datenbanken, sondern an andere Entwicklungen im Bereich der digitalen Denkmaltechnologien, vor allem an die Dokumentation von Bauwerken. Dort gab es gerade in jüngster Zeit enorme Fortschritte und immer mehr Innovationen, von 3D-Scans und dreidimensionalen Visualisierungen bis hin zu automatischen Systemen für das Vermessen und Erfassen kompliziertester Bauwerke. Da wird es für mich als eher traditionell arbeitende Kunsthistorikerin immer schwieriger, Schritt zu halten. Ich würde mir hier mehr Zusammenarbeit wünschen: Entweder sollten die IT-Leute etwas langsamer vorankommen (was illusorisch ist) oder ich müsste viel schneller werden in meiner Aneignung von IT-Kenntnissen (was ebenfalls illusorisch ist). A. H.: Die neuen digitalen Möglichkeiten erlauben uns nicht nur Datenbanken zu pflegen, sondern auch monumentale Bauten in kurzer Zeit zu erfassen, mit allen Verformungen des Mauerwerks; man kann daraus sehr genaue Plansätze erstellen, bis hin zu drehbaren Isometrien. Aber auch als IT-Techniker muss man sich im Klaren darüber sein, dass die Kamera alles zwar dreidimensional sieht, aber nicht differenzieren kann. Sie kann z. B. eine Spinnwebe nicht von einem Mauerriss unterscheiden, sie kann Steinquader nicht erfassen, wenn die Stoß- und Lagerfugen verstrichen sind, sie kann nicht zwischen den verwendeten Baumaterialien differenzieren, keine Baufugen identifizieren, schon gar nicht Putzoberflächen oder Malschichten unterscheiden. Deshalb ist jeder digital erfasste Plansatz zunächst nur eine immaterielle Hülle, die vom Bauhistoriker und/oder Bauforscher genau überprüft und interpretiert werden muss, und zwar vor Ort, in Autopsie möglichst nah am Objekt. Nur ein Fachmann, der sich mit historischen Bauformen, -stilen und -techniken genauestens auskennt und umfangreiche Erfahrungen auf diesen Gebieten nachweisen kann, gewährleistet die erforderliche Auswertung und Analyse der digitalen Plansätze,

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ohne die das eingescannte Planmaterial weitgehend unbrauchbar wäre. Deshalb wird man auch in Zukunft immer den erfahrenen Bauhistoriker und Bauforscher brauchen. Hier driften die Spezialgebiete so weit auseinander, dass sich ein IT-Fachmann nicht auch noch den Ausbildungs- und Erfahrungshorizont von uns Wissenschaftlern aus dem Bereich der Denkmalkunde erarbeiten kann und umgekehrt. J. B.: So ist es gerade in unserem Bereich der Denkmalkunde ausgeschlossen, dass wir selbst und unsere Arbeitsvorgänge allmählich der völligen Automatisierung anheimfallen könnten. Es wird bestimmt auch in Zukunft niemand behaupten, wir bräuchten die Bauund Kunstdenkmäler als Zeugnisse vergangener Zeiten und Kulturen nicht mehr. Aber dennoch glauben viele, gerade unter Hinweis auf die neuen digitalen Technologien, wir könnten ein originales Baudenkmal ruhig abreißen, sobald wir es komplett dokumentiert haben. Man könne es ja auf Basis der digitalen Techniken jederzeit genauso wieder aufbauen, wie es vorher gewesen ist.7 A. H.: Diese falsche Vorstellung wurde lange auch von den archäologischen Kollegen bestärkt. Diese glaubten, dass nach einer erfolgreich durchgeführten Ausgrabung und nach der gründlichen Dokumentation aller Funde und Befunde das originale Objekt zerstört werden könne – man habe ja alle Informationen erfasst. Oft ist die Zerstörung zwar unvermeidlich, wenn es sich um eine Notgrabung handelt, die für den Bau einer Straße oder eines Gebäudes erforderlich ist. Eine Notgrabung hat ja den Sinn, archäologische Funde zu dokumentieren, bevor sie einer Baumaßnahme zum Opfer fallen. In Wirklichkeit ist es aber ein Trugschluss anzunehmen, man könne tatsächlich alle Informationen so dokumentieren, dass das Original verzichtbar wäre. Denn man kann immer nur das erfassen, was man in der jeweiligen Zeit sieht. Vor dem Zweiten Weltkrieg kannte man die 7

Vgl. Blokker, Johanna, Die Denkmalpflege und das Digitale, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard (Hg.), Das Digitale und die Denkmalpflege. Bestandserfassung – Denkmalvermittlung – Datenarchivierung – Rekonstruktion verlorener Objekte. Chancen und Grenzen im Einsatz digitaler Technologien. Veränderungen in der Praxis von Denkmalpflege und Kulturgutsicherung (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e. V. 26), Holzminden 2017, 24   – 31.

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(wissenschaftliche) Dendrochronologie noch nicht, mit deren Hilfe man Hölzer datieren kann. Erinnert sei auch an die Radiocarbonmethode (C14-Methode). In Zukunft werden wir mit Hilfe der Thermolumineszenz-Analyse Backsteine, Ziegel und Terrakotta zeitlich eingrenzen können – und die Naturwissenschaften werden uns bestimmt noch eine ganze Reihe von Methoden erschließen, die uns neue Erkenntnisse liefern. Wenn man diesen Sachverhalt von der Bodendenkmalpflege auf die Baudenkmalpflege überträgt, wird klar, welche Verluste der Abbruch eines jeden Baudenkmals mit sich bringt – selbst wenn es mit den modernsten digitalen Methoden dokumentiert und von Bauforschern so gründlich wie möglich analysiert worden ist. Denn niemand weiß, welche zusätzlichen Erkenntnisse in den nächsten Generationen gewonnen werden können, falls es das Original noch gibt. J. B.: Da sind wir einer Meinung. Solange aber immer wieder behauptet wird, die heutigen – vor allem digitalen – Dokumentationen seien so perfekt, dass sie das Original überflüssig machen, verliert das Original an Wert – und ist stärker gefährdet denn je. A. H.:  Hier muss noch etwas beachtet werden, nämlich die Dauerhaftigkeit der Dokumentationen selbst. Früher erfolgte die Erfassung eines Bauwerks mit Hilfe von Fotografien, Planzeichnungen und Schriftsätzen, die in Archiven sicher aufbewahrt wurden und auch nach 100 Jahren noch unverändert benutzt werden können. Dagegen müssen die riesigen Datenmengen digitaler Technologien in Computern oder digitalen Informationsträgern gespeichert werden. Deren Langlebigkeit ist aber nicht garantiert. Deshalb haben Datenbanken ja auch die größten Schwierigkeiten, angesichts der sich ständig ändernden Medien die vorhandenen Informationen auf aktuelle Datenträger zu überspielen und sie damit auch für die Zukunft lesbar zu halten. Es ist also nicht von vornherein gewährleistet, dass die jetzt vorliegenden digitalen Informationen zu einem Bauwerk auch den kommenden Generationen selbstverständlich zur Verfügung stehen werden. J. B.: Genau diesen Punkt möchte ich aus einer anderen Perspektive betrachten: Findest du es nicht

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denkbar, dass die auf der Basis digitaler Technologien geschaffene Kopie eines Baudenkmals auf Dauer eine eigene Authentizität entwickeln könnte – gerade wenn man weiß, dass es sich um eine Kopie mit fundiertem wissenschaftlichem Anspruch handelt, da sie sich auf genaue Vermessungen berufen kann. Ich frage mich, ob solche Digitalisate eine eigene, wenn auch andere Authentizität verkörpern könnten. Wie beurteilen wir auf Dauer die ‚originale‘ digitale Kopie eines Baudenkmals? Ich möchte mich ernsthaft mit dieser Möglichkeit auseinandersetzen, auch wenn ich an der traditionellen Definition von Authentizität festhalten möchte. Ich überlege aber vorsichtig, ob wir etwas von dieser Festlegung loslassen sollten, um uns zu öffnen für neue Beurteilungen von Bauwerken, deren Genese von den bisherigen Bewertungskriterien abweicht. A. H.: Dazu kommt, dass auch ein solches Digitalisat mit der Zeit die Eigenschaften eines Denkmals erhalten kann – dann zwar nicht aus der Zeit des ursprünglichen Originals, sondern aus der Zeit der Anfertigung der Kopie. Sogar das Berliner Schloss könnte einmal eine neue Einschätzung erhalten, wenn die Denkmalpfleger der nächsten oder übernächsten Generation zu dem Entschluss kommen sollten, es sei in seiner Mischung aus Rekonstruktionen und zeitgenössischer Baukunst ein typisches und bedeutendes Beispiel für architektonische Visionen des frühen 21. Jahrhunderts. Ich kann mir vorstellen, dass dann zukünftige Fachkollegen die im Lauf der Zeit immer größer werdende Informationsdichte, die das Berliner Schloss als Bauwerk vermittelt, als denkmalwürdig bewerten könnten. J. B.: Es ist allerdings klar, dass die Entscheidungen für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche, des Dresdner Schlosses, des Braunschweiger Schlosses, der Frankfurter Altstadt und natürlich auch des Berliner Schlosses keine denkmalpflegerischen Entscheidungen waren, sondern dass hier ganz andere Motivationen zugrunde lagen. Wir müssen also im Kopf trennen zwischen unserer Bewertung heute und denkbaren Bewertungen in der Zukunft. Wie die nächsten Generationen solche Wiederaufbauten beurteilen werden, muss ihnen überlassen bleiben.

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Beethoven || nunc | et semper? Werner Telesko

In der Installation der 1981 geborenen schottischen Künstlerin Katie Paterson mit dem Titel Earth – Moon – Earth (Moonlight Sonata Reflected from the Surface of the Moon) aus dem Jahr 2007 ist eine Aufnahme von Ludwig van Beethovens berühmter Mondscheinsonate aus dem Jahr 1801 (Nr. 14, op. 27, Nr. 2, cisMoll) in einen Morsecode übersetzt. Dieser wurde via Radioübertragung auf die Mondoberfläche gesendet, auf die Erde zurückgeworfen und wieder in eine Partitur umgeschrieben, um letztlich auf einem Flügel – ohne Beteiligung eines Pianisten oder einer Pianistin – wiedergegeben zu werden.1 Da einige Signale von der Mondoberfläche absorbiert wurden oder in den Mondkratern verloren gegangen sind, konnten nicht alle Informationen zur Erde zurückgesendet werden. Das physikalische Ergebnis ist demgemäß nicht eine von Menschenhand fabrizierte, elektronische oder digital verfremdete Version des Klavierstücks, sondern eine durch die Macht der Natur, also den Mond als für das Musikstück namensgebenden Himmelskörper, vorgenommene Interpretation der Sonate ohne jeden menschlichen Anteil. Die zufälligen Auslassungen in der technischen Übermittlung sind allein den Unwägbarkeiten der Natur zuzuschreiben. Um den von der Künstlerin intendierten Fokus näher beleuchten zu können, ist ein kurzer Rückblick auf die Namensgebung des legendären Werks notwendig. Dieses erhielt seine Bezeichnung, unter der es in der Folge berühmt werden sollte (Mond1

The Moon – From Inner Worlds to Outer Space (Exhibition Catalogue, Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, September 2018  –January 2019), ed. by Lærke Rydal Jørgensen and Marie Laurberg, Humlebæk 2018, 124, Nr. 107.

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scheinsonate), vom bekannten Musikschriftsteller Ludwig Rellstab (1799  –1860), der sich – in Form eines ihm von Wilhelm von Lenz zugeschriebenen Diktums – bei dieser Sonate assoziativ an eine Bootsfahrt bei Mondschein auf dem Vierwaldstättersee, ein geradezu typisches Motiv der zeitgleichen Malerei, erinnert fühlte.2 Charakteristischerweise existierten daneben viele andere Deutungen, welche die Rezeptionen des 19. und 20. Jahrhunderts entsprechend anreicherten und die Sonate zu einem Mythologem des Beethoven-Mythos insgesamt machten.3 Zahlreiche Darstellungen, die als Beethoven und die Blinde betitelt sind, setzten darüber hinaus eine im 19. Jahrhundert beliebte Anekdote über die Entstehung der Mondscheinsonate ins Bild. Danach soll Beethoven bei einem abendlichen Spaziergang ein Klavierspiel gehört haben und – davon angezogen – in ein Zimmer getreten sein, wo er ein blindes Mädchen beim Musizieren antraf. In einer Variante heißt es, der Komponist habe spontan beschlossen, ihr den Mondschein zu spielen, den zu sehen ihr nicht vergönnt sei. Darauf habe er den ersten Satz der cis-Moll-Sonate gespielt, die so den Namen Mondscheinsonate erhielt.4 (Abb. 1) Mit diesen in Text und Bild im 19. und 20. Jahrhundert äußerst wirk- Abb. 1: M. Müller, Die cis-Moll-Sonate von Beethoven oder Beethoven und mächtigen Beispielen sind zu die Blinde, um 1890. 2

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Vgl. Grigat, Friederike, „Mondschein-Sonate“ – einem berühmten Titel auf der Spur. Zur Geschichte eines Mythos, in: Ladenburger, Michael / Grigat, Friederike, Beethovens „Mondschein-Sonate“. Original und romantische Verklärung. Begleitpublikation zu einer Ausstellung des Beethoven-Hauses (Veröffentlichungen des Beethoven-Hauses, Ausstellungskataloge 14), Bonn 2003, 17– 37; Raab, Claus, Mondscheinsonate, in: Loesch, Heinz von / Raab, Claus (Hg.), Das Beethoven-Lexikon (Das Beethoven-Handbuch 6), Laaber 2008, 509  –  511, hier 510 (mit anderen Deutungen der Entstehung dieser Sonate). Ein eigenes Kapitel wäre die Verwendung der Sonate im Spielfilm, etwa in Moonlight Sonata (GB 1937), Psycho II (USA 1983), Immortal Beloved (GB / USA 1994) und The Man Who Wasn’t There (USA 2001). Vgl. Grigat, Mondschein-Sonate, 25  –  27; Bettermann, Silke, Beethoven im Bild. Die Darstellung des Komponisten in der bildenden Kunst vom 18. bis zum 21. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Beethoven-Hauses Bonn), Bonn 2012, 65, Anm. 133 (mit Quellennachweis), Abb. 51 u. 52.

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gleich allgemein gültige und verbreitete Narrative von Identitätsstiftungen im Geflecht von Eigenem und Allgemeinem, Biografischem und Universalem abgesteckt. Dazu gehören nicht zuletzt romantisierende Benennungen des Kunstwerks im Zusammenhang mit einem Naturerlebnis, ebenso Legendarisierungen eines angeblichen Zusammentreffens Beethovens mit einem Mädchen beim Musizieren sowie weitschweifige Assoziationen, die angesichts der Abb. 2: Felician Freiherr von Myrbach-RheinWidmung der Mondscheinsofeld, Im Mondschein (Mädchen sitzt schmachtend am Fenster und denkt nate an Giulietta (Julie) Gräfin an ihren Geliebten), 1890. Guicciardi (1784   –1856) entstanden. Die Romantisierung des Mondes seit dem späten 18. Jahrhundert – besonders in Bezug auf Liebesbeziehungen – fungiert hier als übergreifendes Deutungsmodell.5 (Abb. 2) Die Mondscheinsonate nimmt auch einen besonderen Platz im Kontext der brutalen Instrumentalisierung Beethovens als deutschen Komponisten im NS-Regime ein: Am Abend des 14. November 1940 sendete der Reichssender Berlin die Mondscheinsonate. Zur gleichen Zeit (!) starteten deutsche Bomber mit Kurs auf die englische Industriestadt Coventry. Beethovens Musik gab diesem Luftangriff seinen Namen: Operation Mondscheinsonate. Die Musik wird somit – wie auch Franz Liszts Les Préludes (im Zuge der Kriegswochenschauen) und Richard Wagners Walkürenritt (beim deutschen Angriff auf Kreta im Mai 1941) – unmittelbar an konkrete Ereignisse bzw. Medialisierungen des Krieges geknüpft, die Bombardierung Coventrys somit aus der Perspektive der Nationalsozialisten als genuin deutsch unterlegte Aktion ausgewiesen und Beethoven zum stillschweigenden Kom5

Vgl. Spinner, Kaspar H., Der Mond in der deutschen Dichtung von der Aufklärung bis zur Spätromantik (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft 67), Bonn 1969.

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plizen der Militärs auserkoren. Es war die legendäre „Volkspianistin“ Elly Ney (1882  –1968), die am Abend des 14. November 1940 am Klavier saß.6 Den Soundtrack zum Bombardement lieferte sie aus voller Überzeugung, da sie in ihren Vorstellungen von der Vorherrschaft der deutschen Musik, konkret von Beethoven als wichtiger Leitfigur, der Propaganda des Dritten Reichs intensiv zuarbeitete. So heißt es etwa bei ihr in unübertroffen konkreter Weise: „Heroisch ist das Wesen nordischer Musik.“7 Die zahllosen (vor allem Bonner) Beethovenfeste der Nationalsozialisten verdeutlichen darüber hinaus das Bestreben, unterschiedliche Bilder des Komponisten in der Bevölkerung zu popularisieren. Dabei sollten der Kampf mit dem wie immer gedeuteten Schicksal und seine letztliche Überwindung, das angeblich deutsche Wesen von Beethovens Werk sowie Eigenschaften wie Heroisierung, Tugendhaftigkeit und Heimatliebe in einer Art gleichnishaft-zugespitzter Synchronisierung das Schaffen des Komponisten mit der aktuellen Situation des Reichs verbinden.8 Ab dem Anfang der vierziger Jahre verwendete die englische BBC das berühmte viertönige Eingangsmotiv von Beethovens Fünfter Sinfonie (Schicksalssinfonie) am Anfang ihrer Auslandsradiosendungen. Diese Eingangsakkorde hatten über ihre Referenz auf Beethoven hinaus einen signifikanten Doppelsinn, weil der Buchstabe „V“ aus dem Morsecode – wie das Motiv bei Beethoven kurz-kurz-kurz-lang – oft auch als Abkürzung des englischen Wortes „Victory“ Verwendung fand. Katie Patersons Installation setzt in gewissem Sinn einen radikalen Gegenpol zu diesen als offen nationale Kodierungen zu interpretierenden Vereinnahmungen, da sie den Titel ihres Werks an die kosmisch-ewige Nüchternheit des Alls koppelt, um demgemäß jede Interpretationsleistung als menschliche Teilhabe auszuschließen. Damit kann zugleich auf die übergreifende 6 7 8

Mondscheinsonate. Die Volkspianistin Elly Ney (Regie: Axel Fuhrmann, Deutschland [WDR, Arte] 2014, Farbe, 50 min), publiziert bei Arthaus Musik (Berlin 2017). Hoelscher, Ludwig / Ney, Elly / Strub, Max, Geleitsätze zum Beethovenfest der Hitler-Jugend, in: Zeitschrift für Musik 105 (1938), 732  –733, hier 732. Vgl. Hoffmann, Moritz, Beethoven im „Dritten Reich“ (Bachelorarbeit im Studiengang Geschichte / Ästhetische Kommunikation – Musikwissenschaft), Universität Bonn o. J. [um 2010], 15; zusammenfassend zum Thema: Dennis, David B., Beethoven in German Politics 1870   –1989, New Haven / London 1996, 142 –174; Buch, Esteban, Beethoven und das „Dritte Reich“. Porträt eines konservativen Titanen, in: Das „Dritte Reich“ und die Musik (Katalog zur Ausstellung, Schloss Neuhardenberg, März–Juni 2006), hg. v. der Stiftung Schloss Neuhardenberg in Verbindung mit der Cité de la musique, Paris, Berlin 2006, 39  –  53.

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Frage der Identitätsstiftungen sowie von Inklusionen und Exklusionen Bezug genommen werden. Die Bonner wollten im Jahr 2013 „ihren“ Komponisten Beethoven zum immateriellen Weltkulturerbe erklären lassen. Unter dem Titel Bürger für Beethoven begründete der Vorsitzende des Vereins, Stephan Eisel, den entsprechenden Antrag damit, dass „Beethoven den Deutschen seit Generationen über alle sozialen Schichten hinweg und weit über die Grenzen klassischer Musik hinaus kultureller Identifikationspunkt“ sei. „Ludwig van Beethoven ist lebendiger Bestandteil unserer Alltagskultur. Die ungebrochene Wirkmächtigkeit seiner Musik und die Präsenz seines persönlichen Schicksals als ertaubter Komponist stiften Identität und inspirieren die Menschen immer wieder neu.“9 Die quantitativ unüberbietbare Verortung Beethovens als fixer Teil deutscher Lebenswirklichkeit zeigt sich nicht zuletzt in insgesamt 1469 Beethovenstraßen, -plätzen usw. Damit gibt es aktuell in jeder deutschen Gemeinde über 10.000 Einwohner mindestens eine Straßenbezeichnung, die auf den Namen des Komponisten Bezug nimmt. In der eben zitierten, unscharf formulierten Argumentation des Vereins wird allerdings das seit dem 19. Jahrhundert häufig anzutreffende Changieren zwischen Beethoven als „Besitz“ der Deutschen einerseits und Beethoven als universaler „Besitz“ der Menschheit andererseits vollends deutlich. Dieser Problemkomplex findet im wechselvollen Lebenslauf Beethovens eine biografische Referenz, fühlte sich doch der Komponist als Wahlwiener und Weltbürger zugleich. Unbeeindruckt davon hatten sich bereits recht früh zahlreiche Konzerne den enormen Verbreitungsradius der Kompositionen Beethovens zunutze gemacht, um sie auf breiter Front für ihre Werbestrategien einzusetzen. Beethoven wurde somit einer intensiven Kapitalisierung unterzogen, ohne dass deswegen die Fragen von Identität und Zuschreibungen von „Kulturbesitz“ neu thematisiert worden wären. Bereits die Firma Liebig verwendete für ihre populären Sammelbildchen im Jahr 1885 Motive aus Beethovens Fidelio. Eine besonders wirkungsvolle BeethovenWerbung machte sich Philips in den 1930er Jahren für den Rund9

Bürger für Beethoven, Medienmitteilung 24/2013 (29.11.2013), http://www.buergerfuerbeethoven.de/clubs/beethoven/news/Gesamtpaket-UNESCO.pdf [28.06.2019].

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funkempfänger zunutze: ein Beethoven-Porträt, kombiniert mit einem Klavier, auf dem seine Musik gespielt wird, die vom darunter platzierten Radio wiedergegeben wird – in gewissem Sinn ein früher Vorläufer für Katie Patersons explizit technisierten Ansatz. Als jüngere Beispiele verwendeten Großunternehmen wie Ikea (2001, 6. Sinfonie, Pastorale), Edeka (2005, Mondscheinsonate), Telekom (2009, Ode an die Freude) und Samsung (2012, Ode an die Freude) bekannte Kompositionen des Komponisten für ihre Zwecke. Diese durchdringen damit die Lebenswirklichkeit unserer Alltagskultur, sind aber natürlich nicht im kulturellen oder gar aufklärerischen Sinn, sondern hinsichtlich der Realisierung eines möglichst weiten ökonomischen Einflussbereichs zu verstehen. Die früh als wirkmächtige „Erlebensmusik“ (im Sinne Paul Bekkers)10 erkannten Werke des Aufklärers Beethoven wurden somit Teil und unhinterfragte Begleitung für unsere gegenwärtigen Werbestrategien und Einkaufserlebnisse. Nicht zuletzt aus diesen Beobachtungen vergangener und aktueller Situationen werden folgende Fragen umso brennender: Wem „gehört“ eigentlich Beethoven? Wie ist sein identitätsstiftendes Potenzial konkret zu greifen? In welche Richtung wird sich seine memoria im Gefolge einer restlosen Ökonomisierung aller Lebensbereiche entwickeln? In welcher Weise spielen hier doppelte Aneignungen – im Sinne des materiellen (physische Denkmalsetzungen) und immateriellen Kulturerbes (Musikmarkt) – eine spezifische Rolle? Dabei ist bemerkenswert, dass Beethoven – entgegen allen nationalen Kodierungen – bereits sehr früh ein humanistisch-völkerverbindendes Potenzial zugeordnet wurde. So existieren zahlreiche Berichte, die davon sprechen, dass französische Soldaten in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs begeistert Romain Rollands Vie de Beethoven (1903) gelesen hätten11 – im Sinne eines fast sakralen Glaubens an den Komponisten und als Gegengift zu allen Vereinnahmungen der (Tages-)Politik. Der in Beethovens Werken emphatisch wirksame Glaube an die Veränderbarkeit der Welt machte ihn eigentlich von Anfang an zu einem idealen Garanten für breite Verfügbarkeit im Sinne einer Realisierung des übergreifenden 10 Vgl. Bekker, Paul, Beethoven, Berlin 1911. 11 Vgl. Geck, Martin, Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum, München 2017, 418.

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Wertekanons der humanitas. Die medialen Popularisierungen der Images Beethovens, die eine gigantische Produktion vieler Bilder des „Titanen“ zur Folge hatten, trugen bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert ganz wesentlich dazu bei, einer bemerkenswert universalen Präsenz Beethovens in den verschiedensten Lebensbereichen den Boden zu bereiten. Diese Omnipräsenz besaß seit Anbeginn wesentliche Züge von Ökonomisierung und Trivialisierung. So sehr also das emphatische Credo einer im Komponisten selbst wurzelnden optimistischen Weltverbesserung notwendigerweise auf Universalität, also auf den Appell an die gesamte Menschheit zielt, so sehr war diese Universalität zugleich auch fixer Bestandteil einer immer weitere Kreise ziehenden Kommerzialisierung und Verflachung der unterschiedlichen Images Beethovens. In Zeiten ausgeprägter Multiethnizität kann es hingegen nicht mehr eine Öffentlichkeit mit einem fest definierten Rezipientenkreis geben, sondern vielmehr eine unübersehbare Pluralität von Öffentlichkeiten, die vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Traditionen und zeitgemäßen Erklärungen von Geschichte bedient werden wollen.12 Wenn es also so ist, wie Dmitrij Schostakowitsch einst postulierte: „Bei Beethoven haben wir alles – Klassik, Romantik und 20. Jahrhundert.“13, dann wurzelt der universale Radius Beethovens in dessen Funktion als Verkörperung verschiedener Kulturtraditionen schlechthin – vermittelt durch die Musik, dem angeblich kongenialsten Instrument einer Grenzen überwindenden Völkerverständigung. So schrieb der deutsche Schauspieler und Regisseur Paul Walter Jacob (1905  –1977) bereits im Jahr 1935, dass Beethovens Werk „Besitz und Heiligtum aller Musikvölker“ geworden sei – verbunden mit dem Potenzial, dass die Macht des Meisters imstande sei, nationale Gegensätze zu überwin-den.14 In Argumentationen dieser Art flossen sakrale Mythisierungen ein, die, so Helmut Loos, dazu geführt hätten, dass das Kulturbürgertum des

12 Vgl. Telesko, Werner, Geschichtsbewusstsein und Öffentlichkeit. Zu einer brennenden Frage im beginnenden 21. Jahrhundert, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 71 (2017), Heft 2/3, 149  –151. 13 Zit. n. Meyer, Krzysztof, Schostakowitsch. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, überarb. Neuausg., Mainz 2008, 509. 14 Vgl. Felbinger, Ildikó / Fetthauer, Sophie, „Ich glaube an Europa, ich glaube sogar an ein anderes Deutschland“. P. Walter Jacobs Remigration und seine Intendanz an den Städtischen Bühnen Dortmund 1950   –1962 (Musik und Migration 2), Münster / New York 2018, 322.

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19. Jahrhunderts Beethoven – in einer Art Profanisierung des christlichen Kultus – als Gott der Moderne Verehrung erwiesen hätte.15 Die reale und fiktive Universalität Beethovens hat also zu einem guten Teil etwas mit Sichtweisen auf den Komponisten zu tun, die dessen historische Stellung als Verkörperung und Vollendung von Geschichte schlechthin, als Garant des Fortschritts16 sowie im Sinne der Rolle eines Ersatzgottes betrachten. Wie zu zeigen war, existiert eine beträchtliche Spannweite in den Kodierungen und Mythisierungen Beethovens von regio­ nalen und nationalen Vereinnahmungen sowie biografischen Legendarisierungen bis hin zu Perspektiven, die den Komponisten in einen sakralen, europäischen und letztlich universalen Bezugsrahmen stellen. Es existiert wohl kaum eine Rezeptionsgeschichte anderer wirkmächtiger Persönlichkeiten der Geschichte, deren identitätsstiftende Kontextualisierungen derartig zwischen der regionalen Mikro- und der universalen Makroperspektive oszillieren. Aus dieser Sichtweise und den damit verbundenen Erfahrungen gilt es, auf der Basis einer historischen Rückschau tragfähige Gedanken zu entwickeln, die als Argumentationshilfe für einen zukünftigen Umgang mit Identitätsstiftungen in Bezug auf Beethoven angesehen werden können. Fast alle vergangenen und gegenwärtigen Aktualisierungen Beethovens tragen das riskante Potenzial in sich, letztlich als konjunkturabhängige und emphatisch unterlegte Politisierungen decouvriert zu werden. So ordnete bereits kein geringerer als der renommierte deutsche Musikkritiker Franz Brendel (1811–1868) im Jahr 1852 Beethoven zwar die Rolle eines Advokaten von Freiheit und Gleichheit zu, um aber ebenso den vaterländischen Aspekt sowie Deutschlands Vormachtstellung in der Musik zu unterstreichen.17 Diesen jeweils immer neu zu beobachtenden und immer hektischer auf den Plan tretenden, zum Teil als argumentative (kultur-)politische Amalgame auftretenden Gegenwärtigsetzungen sollte meines Erachtens sinnvol15 Vgl. Loos, Helmut, E-Musik. Kunstreligion der Moderne. Beethoven und andere Götter, Kassel u. a. 2017. 16 Vgl. Loos, Helmut, Beethoven und der Fortschrittsgedanke, in: Muzikoloski Zbornik / Musicological Annual 51 (2015), Issue 2, 57–   67, https://revije.ff.uni-lj.si/MuzikoloskiZbornik/ article/view/3492/3195 [28.06.2019]. 17 Vgl. Brendel, Franz, Geschichte der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich von den ersten christlichen Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiundzwanzig Vorlesungen gehalten zu Leipzig im Jahre 1850, Leipzig 1852, 299 u. 324.

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lerweise mit einer „Kultur des (reflexiven) Bewahrens“18 begegnet werden, die in einer historisierenden, aber keineswegs relativierenden oder musealisierenden Distanz der komplexen historischen Ganzheit Ludwig van Beethovens Rechnung zu tragen imstande ist. Diese essenzielle Kategorie historischer Totalität ist nicht nur in den epochalen individuellen musikalischen Leistungen Beethovens selbst begründet, sondern zugleich in der praktisch parallel mit seinem Leben einsetzenden, sich aus bestimmten Schwerpunkten seines Schaffens konsequent herausentwickelnden Rezeptionsgeschichte.19 Ihre beispiellose „Mythomotorik“20 muss deshalb als sinnstiftender Teil der geschichtlichen Ganzheit Beethoven – und nicht in Gestalt eines davon abgetrennten Nachlebens – betrachtet werden. Um eine Lieblingsidee des in vorliegender Publikation Gefeierten in Bezug auf dessen denkmalpflegerisches Credo aufzunehmen, könnte heutzutage ein wichtiges Identifikationsangebot – Beethoven betreffend – im Sinne einer verstärkten Perspektive auf den Komponisten als historische Orientierungsgröße begründet liegen. Diese sollte – angesichts von Prozessen stetig beschleunigter Globalisierung – Geborgenheit, Reflexion und Differenz zugleich vermitteln, darüber hinaus aber von der fast unübersehbaren Dynamik der Wandlungen und Verwandlungen historischer Persönlichkeiten im Lauf der Zeiten ein anschauliches Zeugnis geben.

Abbildungen Abb. 1: M. Müller, Die cis-Moll-Sonate von Beethoven oder Beethoven und die Blinde, um 1890, Holzstich, 23,7 x 18,2 cm (Bildausschnitt), Beethoven-Haus, Bonn, Inv.-Nr. 11. B 924 © Beethoven-Haus, Bonn. Abb. 2: Felician Freiherr von Myrbach-Rheinfeld, Im Mondschein (Mädchen sitzt schmachtend am Fenster und denkt an ihren Geliebten), Aquarell in Grau über Bleistift, Vorzeichnung zum „Kronprinzenwerk“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Wien 1886  –1902), Bd. 7: Steiermark (Wien, 1890), 199, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, Pk 1131, 1448 © Wien, Österreichische Nationalbibliothek. 18 Vgl. Lipp, Wilfried, Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008 (im vorliegenden Text wurde dieser Titel bewusst um den Begriff ‚reflexiv‘ erweitert). 19 Grundlegend: Eggebrecht, Hans Heinrich, Zur Geschichte der Beethoven-Rezeption (Spektrum der Musik 2), 2., erg. Aufl., Laaber 1994, 96. 20 Zu diesem Begriff: Assmann, Jan, Frühe Formen politischer Mythomotorik. Fundierte, kontrapräsentische und revolutionäre Mythen, in: Harth, Dietrich / Assmann, Jan (Hg.), Revolution und Mythos, Frankfurt a. Main 1992, 36  –   61.

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„Nicht nur schöne Fassaden“ – das Denkmal als Imperativ Ein Gespräch mit Robert Dornhelm, geführt von Gabriele Flossmann1

Gabriele Flossmann: Sie haben sich als Filmregisseur oft mit historischen Stoffen auseinandergesetzt und immer wieder an Originalschauplätzen gedreht. Hat sich daraus auch ihr Interesse am Denkmalschutz entwickelt? Robert Dornhelm: Mein erster großer Film war über Denkmalschutz. Pro Austria hieß diese Doku, die 1968 in Auftrag gegeben worden war und 1970 bei den Berliner Filmfestspielen gezeigt wurde. Das war gerade die Zeit der großen Studentenrevolten in ganz Europa, in der man als Österreicher mit einem Plädoyer über Denkmalschutz natürlich als hoffnungslos rückschrittlich und altmodisch angesehen wurde. Der damalige Minister für Unterricht und Kunst, Leopold Gratz, hat mich zur Berlinale begleitet – und das obwohl sich der Film sehr kritisch mit den für den Denkmalschutz verantwortlichen Politikern auseinandersetzte. Thema meines Films war nämlich der Ensembleschutz, der in diesen Jahren gröblich vernachlässigt wurde. Ständig wurden schöne alte Häuser abgerissen, um einer Bank oder einem großen Mode- oder Schuhgeschäft zu weichen. Die historischen Fassaden einer harmonisch aneinandergefügten Häuserzeile wurden durch die moderne – leider meist sehr schlechte – Architektur regelrecht zerrissen. Meine Empörung über diese Vorgehensweise der verantwortlichen Politiker war aus dem Film herauszuhören und ich wurde bei der Festivalpremiere in Berlin ausgebuht, weil die jungen Leute im Jahr 1968 andere Sorgen und auch andere Ideen für die Zukunft 1

Das Gespräch fand im Juli 2019 in Prag statt.

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hatten. So etwas wie Denkmalschutz erschien ihnen damals als völlig absurd. Später habe ich noch einige Filme über dieses Thema gemacht. Wie zum Beispiel für den Österreichischen Rundfunk (ORF) die Serie Rettet den Spittelberg, mit der wir einen Teil des alten Wiens retten wollten – was ja auch gelungen ist. G. F.:  Spricht aus ihren Denkmalschutz-Ambitionen auch die Sorge des Filmemachers, dass ihnen im Zeitalter der Globalisierung die individuellen Schauplätze verloren gehen? Es scheint nur eine Handvoll an zeitgenössischen Stararchitekten zu geben, die den Stil der Moderne vorgeben – mit dem Ergebnis, dass die Skylines der Großstädte immer ähnlicher werden. Sie leben und arbeiten in Los Angeles, kommen aber immer wieder auch nach Europa und nach Österreich. Sehen sie den Denkmalschutz als wichtiges Mittel gegen diese Entwicklung? R. D.: In den letzten Jahren habe ich viele historische Stoffe gedreht. Offenbar sehen mich die Filmproduzenten als Spezialisten auf diesem Gebiet. Gerade weil ich mich so intensiv mit der Vergangenheit auseinandersetze, denke ich immer öfter darüber nach, was das Barock mit den gotischen Gebäuden Wiens gemacht hat. Wenn man damals so strikt gewesen wäre, wie wir es heute gerne wären, dann würde es viele schöne barocke Häuser und Bauten nicht geben. Sicher wurden damals auch erhaltenswürdige gotische Bauten zerstört, weil die Menschen damals die neue Barockarchitektur als schöner empfanden. Ich glaube schon, dass sich jede Zeit eigene Denkmäler schaffen und neue architektonische Zeichen setzen sollte, und deshalb bin ich sehr wohl auch für Stadterneuerung. Nicht alles, was alt ist, ist deshalb auch erhaltenswert und ästhetisch wertvoll. Aber wenn alte Bausubstanz geopfert wird, dann muss die neue Architektur, die an dieser Stelle entsteht, wirklich gut sein und kein einfallsloser, schmuckloser Kasten, wie man sie leider überall auf der Welt zu sehen bekommt. Der österreichische Kaiser Franz Joseph I. hat sich noch aufgeregt, weil der Architekt Adolf Loos seine Häuser „ohne Augenbrauen“ – also für kaiserliche Begriffe zu glatt und zu schmucklos – gebaut hat. Aber es gibt heutzutage leider viele einfallslose Architekten, deren Häusern nicht nur die „Augenbrauen“

„Nicht nur schöne Fassaden“ | Robert Dornhelm  &  Gabriele Flossmann

fehlen. Wenn ich in den USA reise, dann kann es vorkommen, dass ich aufwache und nicht weiß, in welcher Stadt ich bin, weil es überall die gleichen Häuser, Kentucky Fried Chicken- und Hamburger-Buden, die gleichen Großkaufhäuser und austauschbare Wohnarchitektur gibt. Die Wertschätzung für das, was Generationen davor erbaut haben, geht verloren, weil davon nichts mehr vorhanden ist. Denkmalschutz ist also wichtig, aber man sollte auch viel mehr junge Architekten dazu ermutigen, mit ihren Ideen einen neuen ‚Zeitgeist‘ entstehen zu lassen, der den Bedürfnissen und dem ästhetischen Empfinden der heutigen Menschen entspricht und den nächsten Generationen Einblicke in unsere Lebensformen ermöglicht. Ich drehe gerade in Prag Teil 3 und 4 der Maria Theresia-TV-Serie und ich sehe hier eine moderne Architektur, die viel interessanter ist als die in Wien. In den Vorstädten von Prag entsteht nicht das, was man ‚Zweckbauten‘ nennt, in die man dann junge, wohnungssuchende Menschen aus den immer teurer werdenden Innenstadtvierteln hinausdrängt, sondern wirklich gute, lebenswerte Baukultur. G. F.: Worin sehen sie demnach die Notwendigkeit des Denkmalschutzes und wo sollte er modernen Entwicklungen Platz machen? R. D.: Jede Form von Kreativität muss – so wie auch die Wissenschaft – mit der Zeit gehen und die Zukunft im Blick haben. Das gilt für die Architektur genauso wie für alle anderen Künste. Dazu kommt, dass die Architektur – mehr noch als die sogenannten ‚schönen Künste‘ – auch mit Mode, Wohn- und Wohlgefühl zu tun hat. Nicht jeder Mensch geht ins Museum, in die Oper oder ins Theater, aber jeder Mensch wohnt. Dieses menschliche Bedürfnis nach einem ‚Zuhause‘ sollen und müssen Stadt- und Landschaftsplaner – und damit auch die Denkmalschützer – ständig vor Augen haben. Wenn ich historische Filme drehe, ist es natürlich angenehm, wenn ich in möglichst vielen, gut erhaltenen Baudenkmälern drehen kann. Aber die Erhaltung geschichtsträchtiger Bauten geht natürlich über diese ‚Annehmlichkeit‘ weit hinaus. Ich stehe dazu, dass wir aus der Geschichte lernen können und müssen, und historische Bauten sind dafür – über ihren ästhetischen Wert hinaus – gute Anhaltspunkte.

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G. F.:  Sind sie dafür, dass man auch Architektur und Denkmäler unter Schutz stellt, die aus einer unliebsamen Vergangenheit stammen – wie zum Beispiel aus der Zeit des Nationalsozialismus oder aus der Besatzungszeit? R. D.: Nicht alles, aber einige wesentliche Bauwerke oder Denkmäler – wie zum Beispiel das „Russendenkmal“ in Wien – schon. Aus dem gleichen Grund, warum auch ich mit meinen Filmen nicht nur schöne Kostümfilme drehen will, sondern immer auch die Kriege und das Elend thematisiere, wovon jede Epoche der Vergangenheit leider auch immer geprägt war. Denkmalschutz sollte meiner Ansicht nach nicht nur schöne Hausfassaden und historische Architekturdenkmäler erhalten, sondern den Imperativ im Wort „Denk (ein)mal!“ ernst nehmen und auch zum Nachdenken über Zeugen einer unliebsamen Vergangenheit anregen.

Filmographie Robert Dornhelm Historisches – historisch-literarische Stoffe – Dokumentarisches (Auswahl)2 Vienna Blood. The Last Séance, Großbritannien / Österreich 2018   – 2019 (TV-Film nach dem Roman Vienna Blood. A Max Liebermann Mystery von Frank Tallis, Teil 1 der TV-Miniserie Vienna Blood) Maria Theresia, Österreich / Tschechien / Slowakei / Ungarn 2017– 2019 (4-teiliger TV-Film über Maria Theresia von Österreich, 1717–1780) Das Sacher. In bester Gesellschaft, Österreich / Deutschland 2016 (2-teiliger TV-Film über das „Hotel Sacher“ bzw. Anna Sacher nach dem Drehbuch / Roman von Rodica Doehnert) Oh du mein Österreich, Österreich 2014   – 2015 (Dokumentation zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags, 15. Mai 1955, Regie / Drehbuch gem. m. Gabriele Flossmann) K2 – La montagna degli italiani, Italien 2012 (2-teiliger TV-Film über die Erstbesteigung des K2 im Jahr 1954)

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Für weitere Informationen zu den genannten Produktionen sowie zum filmischen Schaffen Robert Dornhelms siehe u. a. Art. Robert Dornhelm, in: IMDb – Internet Movie Database, https://www.imdb.com/name/ nm0233920 [28.06.2019], Art. Robert Dornhelm, in: dok.at – Interessengemeinschaft österreichischer Dokumentarfilm, https://dok.at/person/ robert-dornhelm/ [28.06.2019] und Art. Regie: Robert Dornhelm, in: Filmfonds Wien, https://www.filmfonds-wien.at/regie/robert-dornhelm [28.06.2019].

„Nicht nur schöne Fassaden“ | Robert Dornhelm  &  Gabriele Flossmann

Udo Proksch. Out of Control, Österreich 2010 (Dokumentation über das Leben Udo Prokschs, 1934   – 2001, bzw. den „Fall Lucona“) War and Peace, Deutschland / Frankreich / Italien / Polen / Russland 2007 (4-teilige TV-Miniserie nach dem Roman Krieg und Frieden von Leo Tolstoi) Kronprinz Rudolfs letzte Liebe, Österreich / Deutschland / Frankreich / Italien 2005   – 2006 (2-teiliges TV-Historiendrama über Kronprinz Rudolf Franz Karl Joseph von Österreich-Ungarn, 1858   –1889, und Marie [‚Mary‘] Alexandrine Freiin von Vetsera, 1871–1889; 2007 ausgezeichnet mit der Goldenen Romy in der Kategorie „Beste Regie“) The Ten Commandments, USA 2006 (2-teiliger TV-Film nach der alttestamentlichen Überlieferung bzw. nach dem Spielfilm The Ten Commandments / Die zehn Gebote von Cecil DeMille, 1956) Wheel to the Stars, USA / Kanada 2005 (Teil 1 der 6-teiligen, von Steven Spielberg produzierten TV Mini-Serie Into the West) Spartacus, USA 2004 (TV-Film nach dem Roman Spartacus von Howard Fast bzw. nach dem gleichnamigen Spielfilm von Stanley Kubrick, 1960) Rudy. The Rudy Giuliani Story, USA 2003 (TV-Film über Rudolph William Louis Giuliani, 1994   – 2001 Bürgermeister von New York) RFK, USA 2002 (TV-Film über Robert Francis Kennedy, 1925  –1968) Sins of the Father, USA 2002 (TV-Film über den Bombenanschlag auf die 16th Street Baptist Church in Birmingham, Alabama, im Jahr 1963) Anne Frank, USA / Tschechien 2001 (2-teiliger TV-Film nach dem Buch Das Mädchen Anne Frank von Melissa Müller bzw. dem Drehbuch von Kirk Ellis; 2001 ausgezeichnet mit zwei Emmys in den Kategorien „Outstanding Miniseries“ und „Outstanding Art Direction for a Miniseries, Movie oder a Special“) The Venice Project, Österreich / USA 1999 (Kinofilm nach dem Drehbuch von Nicholas Klein; 1999 nominiert für den „Goldenen Löwen“ der Internationalen Filmfestspiele von Venedig) Requiem für Dominic, Österreich / Deutschland / Rumänien 1990 (Kinofilm/Spieldokumentation über Dominic Paraschiv, Drehbuch gem. m. Michael Köhlmeier; 1991 nominiert für den Golden Globe in der Kategorie „Best Motion Picture – Foreign Language“) Hotel Chateau Marmont – Los Angeles, Deutschland / Frankreich / Österreich / Schweiz 1990 (TV-Dokumentation aus der Reihe „Hotels – Geschichte und Geschichten“, Regie gem. m. Bud Cort) She Dances Alone, USA/Österreich 1981 (Kinofilm  /  Dokumentation über die Balletttänzerin Kyra Nijinsky, 1914   –1998, bzw. ihren Vater, den Tänzer Vaslav Nijinsky, 1889   –1950) The Children of Theatre Street, USA 1977 (Dokumentation über die Kirow-Ballettschule, Leningrad / Sankt Petersburg; 1978 nominiert für den Oscar in der Kategorie „Best Documentary Feature“)

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VIII. Identity – Mit allen Poren

Identität, Schutz und Sinn – gegen die Identitären Hans-Rudolf Meier

Es ist nicht das geringste Verdienst des Empfängers dieser Schrift, dass er immer wieder die über den Schutz konkreter baulicher Objekte hinausreichenden gesellschaftlichen Zusammenhänge denkmalpflegerischen Tuns und Denkens hervorgehoben hat. So publizierte Wilfried Lipp im Millenniumsjahr unter der elementaren Überschrift „Der Mensch braucht Schutz“ und mit Bezug auf den ersten Artikel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einen Aufsatz zur „Geborgenheit und Differenz in der Globalisierung“.1 Er beschäftigte sich darin mit den Konsequenzen einer zunehmend ausdifferenzierten Gesellschaft hinsichtlich Fragen der Zugehörigkeit und Identität. Lipp konstatierte die Verschiebung von einer verbindlichen „common identity“ zu einer zersplitterten „patchwork identity“, welche die „common sense“-Problematik verschärfe und „von einer Welt kollektiver zu einer Welt individueller Symbole“ führe.2 Damit zusammenhängend nähmen Selbstschutz- und individuelle Vorsorgeleistungen zu, wogegen die Einsicht in die Notwendigkeit allgemeiner Schutzverpflichtungen zurückgehe. Allerdings, insistierte Lipp, könne es keinen „Selbstschutz ohne Anerkennung des Schutzes Anderen und Anderem gegenüber“ geben. Daher sei gerade in „plural aufgefächerten, personal gewichteten Schutzwelten“ darüber zu reflektieren, „dass 1

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Lipp, Wilfried, Der Mensch braucht Schutz. Geborgenheit und Differenz in der Globalisierung. Konservatorische Perspektiven einmal anders, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 54 (2000), Heft 2/3, 183  –188, auch erschienen in: ders., Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008, 47–  55 (im Folgenden wird nach dieser Ausgabe zitiert). Ebd., 51.

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zur Funktion der Differenzierung unabdingbar der Schutz der Differenz selbst gehört […]“3. In den zwei Dekaden, die seit der Publikation von Lipps Artikel vergangen sind, haben die dort diskutierten Fragen nach Schutz, Geborgenheit und Identität sowie nach der Bedeutung von Differenz und dem Umgang mit ihr keineswegs an Relevanz eingebüßt, sondern, im Gegenteil, an Brisanz gewonnen. Die Debatten um Schutz und Identität haben sich entsprechend verschärft; ‚Identität’ ist zu einem politischen Kampfbegriff geworden – eine Beschäftigung mit ihm drängt sich daher auf.

Identität Die von Lipp hervorgehobene, über das Eigene hinausweisende Relationalität ist etymologisch im Identitätsbegriff enthalten. Das Wort kommt vom lateinischen identitas, was kein klassisch lateinischer Terminus ist, sondern ein mittelalterlicher Neologismus und im 12. Jahrhundert jene Merkmale bezeichnete, die verschiedenen Teilen einer Gruppe gemeinsam sind und sich wiederholen.4 Abgeleitet ist der Begriff nicht von idem (deroder dasselbe), sondern vom spätlateinischen identidem (zum wiederholten Male). Es geht also an den Wurzeln des IdentitätBegriffs um die Zugehörigkeit zu Ähnlichem, um Wiederholung und Vervielfältigung5 – und ursprünglich keineswegs um das ipse (selbst, eigen, persönlich). In dieser auf das Selbst bezogenen Bedeutung wurde der Identitätsbegriff in der Folge der auf Sigmund Freud aufbauenden Ich-Psychologie popularisiert. Einflussreich waren insbesondere die Arbeiten des amerikanischen Psychoanalytikers Erik H. Erikson, der den Begriff nach dem Zweiten Weltkrieg als lebensweltliches Konzept etablierte.6 Sehr kurz zusammengefasst, ist 3 4

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Ebd., 55. Vgl. Du Cange, Charles Du Fresne et al., Glossarium mediae et infimae latinitatis, editio nova a Léopold Favre, Niort 1883  –1887, Tom. 4, col. 284a (http://ducange.enc.sorbonne. fr/IDENTITAS1 [28.06.2019]) mit dem Beispiel „Identitas satietatis mater est“ (Die Wiederholung ist die Mutter der Langeweile). Vgl. Groebner, Valentin, Identität. Anmerkungen zu einem politischen Schlagwort, in: Zeitschrift für Ideengeschichte 12 (2018), Heft 3: Thema „Ich“, 109  –115, hier 111. Vgl. Niethammer, Lutz, Kollektive Identität. Heimliche Quellen einer unheimlichen Konjunktur, Reinbek b. Hamburg 2000, 57–  58; dazu auch Benedetti, Gaetano, Identität in der Lehre von Erikson, in: Benedetti, Gaetano / Wiesmann, Louis (Hg.), Ein Inuk sein. Interdis-

Identität, Schutz und Sinn – gegen die Identitären | Hans-Rudolf Meier

Identität gemäß Erikson ein „relative psychosocial equilibrium“ als Produkt eines lebenslangen Prozesses der Ausbalancierung zwischen den Dynamiken des eigenen Lebenszyklus’ mit seinen Krisen und dem Wandel der Gesellschaft.7 In einem einflussreichen Aufsatz von 1956 ging es Erikson darum, „die weit verbreiteten vagen Gefühle von [persönlicher] Unsicherheit und Entfremdung im Amerika des Kalten Krieges genauer zu beschreiben“.8 Dementsprechend popularisierte er mit dem auf das Individuum bezogenen Identitätsbegriff zugleich den Begriff der ‚identity crisis‘. In den 1960er und frühen 1970er Jahren verschob sich das Interesse von der individuellen zur kollektiven Identität. In der Bundesrepublik waren daran wesentlich Margarete und Alexander Mitscherlich beteiligt, als sie in ihrem Standardwerk Die Unfähigkeit zu trauern bei den Deutschen eine Selbstbeschädigung der kollektiven Identität durch Verdrängung ihrer Schuld an Krieg und Holocaust diagnostizierten.9 Dem widersprach u. a. der Philosoph Heinrich Lübbe, der im „kommunikativen Beschweigen der Vergangenheit“ eine wesentliche Bedingung für die Demokratiegründung der Bundesrepublik sah. Lübbe gehörte zusammen mit Odo Marquard zu den Exponenten der sogenannten Kompensationstheorie, die ihrerseits auf dem Konzept kollektiver Identitäten aufbaute. Sie sahen in der Konjunktur der Identitätsdiskussion ein kompensatorisches Moment, das auf die modernespezifische Temposteigerung des sozialen Wandels reagiere.10 Orientierungsverlust und Identitätssuche seien Geschwister, und es sei Aufgabe „der professionellen Historiographie, […] historische Kenntnisse bereitzustellen, die es erlauben, eigene und fremde Identität zu vergegenwärtigen“11. Deutlich wurden die Zusammenhänge von Orientierungsver-

ziplinäre Vorlesungen zum Problem der Identität, Göttingen 1986, 65  –78; Erikson, Erik, The Problem of Ego Identity, in: Journal of the American Psychoanalytic Association 4 (1956), 56   –121. 7 Vgl. Niethammer, Kollektive Identität, 58. 8 Gröbner, Identität, 113. 9 Vgl. Mitscherlich, Alexander / Mitscherlich, Margarete, Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, München 1967; Vgl. Niethammer, Kollektive Identität, 59. 10 Vgl. Niethammer, Kollektive Identität, 61. 11 Lübbe, Hermann, Zur Identitätspräsentationsfunktion der Historie, in: Marquard, Odo / Stierle, Karlheinz (Hg.), Identität (Poetik und Hermeneutik 8), München 1979, 277– 292, hier 290; vgl. auch Niethammer, Kollektive Identität, 62 –   63.

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lust und Identitätssuche dann nach 1989/90, als im Zuge der postsozialistischen Nationenbildung auf das seit zweihundert Jahren in solchen Situationen herangezogene Konzept der Konstruktion kollektiver Identität(en) durch die behauptete Einheit von Staat, Geschichte, Volk, Kultur und kulturellem Erbe rekurriert wurde.

Heinrichs Pferd und die nationale Identität In den heutigen Debatten wird das Konzept der kollektiven Identität einerseits in diesem nationalstaatlichen Kontext bemüht, andererseits aufgerufen, wenn es darum geht, die Charakteris­ tika eines Ortes mit Zugehörigkeiten zu diesem zusammenzuführen. Ersteres geht zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, der Zeit, in der sich gemäß dem Thesaurus des Deutschen Textarchivs (DTEA) eine erste Konjunktur des Wortes Identität abzeichnet.12 Anlass dafür dürften die nationalen Narrative im Gefolge der bürgerlichen Revolutionen gewesen sein. Dafür spricht auch Gottfried Kellers 1854/55 in einer ersten Version publizierter autobiographischer Bildungsroman Der grüne Heinrich, in dem, wie Niethammer ironisch vermerkt, der Begriff der ‚nationalen Identität‘ offenbar von einem Pferd erfunden worden sei.13 Tatsächlich kehrt in Kellers Roman der Protagonist Heinrich Lee nach sieben Jahren in Deutschland, in denen es ihm nicht gelang, sich eine Künstlerexistenz aufzubauen, mittellos in die Schweiz zurück.14 Bevor er seine Heimatstadt erreicht, träumt er, er würde auf einem sprechenden Pferd die stark modernisierte und zu einem „marmornen Palast“ ausgebaute Brücke über den Grenzfluss überschreiten. Heinrich konstatiert, dass sich in den wenigen Jahren seiner Abwesenheit doch alles verändert habe und fortgeschritten sei. Allerdings sind die Wände der Brückenhalle, die er durchschreitet, mit Malereien

12 Auswertung der Häufigkeit von ‚Identität‘ in den Korpora des Deutschen Textarchivs, http://www.deutschestextarchiv.de/search/plot/?query=%27Identit%C3%A4t%27 [28.06.2019]. 13 Vgl. Niethammer, Kollektive Identität, 66; Groebner, Valentin, Retroland. Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen, Frankfurt a. Main 2018, 108   –109. 14 Vgl. Keller, Gottfried, Der grüne Heinrich. Erste Fassung (Gottfried Keller. Sämtliche Werke, hg. v. Thomas Böning u. Gerhard Kaiser, Bd. 2), Frankfurt a. Main 1985. Die folgenden Zitate ebd., 770   –773.

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bedeckt, gemalt in der „alten soliden“ Freskotechnik und „die ganze fortlaufende Geschichte und alle Tätigkeiten des Landes“ darstellend. Erstaunlicherweise – so bemerkt Kellers Heinrich – ist aber „das lebendige Volk, welches sich auf der Brücke bewegte, […] ganz das gleiche wie das gemalte und mit demselben eines.“ „Was sich [als] Geheimnisvolles oder Fremdartiges“ dieser Homogenität entzöge, würde mit einem großen Besen durch Löcher in einem Granitdeckel im Brückenboden weggekehrt. Heinrich fragt sich, was die Malereien und das Treiben auf der Brücke für „eine muntere und lustige Sache“ seien, worauf das Pferd umgehend antwortet: „Dies nennt man die Identität der Nation!“ Im weiteren Verlauf des daran anschließenden reichlich bizarren Gesprächs diskutieren Pferd und Reiter, dass Brücke und Leute zusammen die Identität, die Leute zugleich die Nation seien, bis das Pferd dann Heinrich daran erinnert, dass es ja nur ein von ihm geträumtes Pferd sei „und also unser Gespräch eine subjektive Ausgeburt und Grübelei deines eigenen Gehirnes ist, die du Aberwitziger mit über den Rhein gebracht hast“. Auch wenn der Begriff der nationalen Identität nicht vom Pferd und wohl auch nicht von Gottfried Keller erfunden wurde, ist an dieser kuriosen Traumgeschichte doch einiges bemerkenswert: Nationale Identität wird von Keller – schon dadurch, dass das Pferd sie benennt – ironisiert und als Einheit von gemalter Historie und dem (dieser idealisierend angeglichenen) lebendigem Volk erklärt. Reales Leben und Historienmalerei gehen nahtlos ineinander über, was nicht zuletzt vor dem Horizont von Kellers eigenem Scheitern als Landschaftsmaler interessant ist. Ob der „bürgerliche Realist“ Keller darin das Ziel der Malerei erreicht sah, oder ob der bereits erfolgreiche Dichter damit Kritik an der mimetischen Bildkunst übte, kann hier unbeantwortet bleiben. Das Konzept der durchlässigen und offenbar zeitlosen Einheit von lebendigem Volk und der dessen Geschichte darstellenden Malerei stellt den zuvor konstatierten Fortschritt in Frage; es ist auch ein Staunen des sieben Jahre draußen in der Welt gewesenen Rückkehrers über den lebendigen Stillstand und die Homogenität im heimatlichen Kleinstaat. Diese Identität wird als exkludierend dargestellt: Was nicht in diese Einheit passt, wird – gerade so wie Unrat und Straßenstaub – entsorgt und eliminiert.

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Dieses Konzept wiederum lässt an neuere ‚identitäre‘ Konstrukte denken. Wie einleitend gesagt, ist seit der Publikation von Lipps Artikel Identität zum Kampfbegriff geworden. Einerseits hat die durch den Zweiten Irakkrieg (2003) ausgelöste Destabilisierung im Nahen und Mittleren Osten und haben das steigende globale Ungleichgewicht sowie die Folgen des Klimawandels eine in unseren Breiten bisher ungewohnt große Masse an Menschen dazu veranlasst, in Europa Schutz und Auskommen zu suchen. Andererseits – und nur zum Teil als Folge davon – haben in erschreckender Weise rechter Populismus und Rechtsradikalismus zugenommen. ‚Identitäre‘ Bewegungen, die kulturrassistische Konzepte vertreten, haben in Österreich, Deutschland und Frankreich mit zum Teil spektakulären Aktionen den Identitätsbegriff gekapert. Es scheint sich zu bestätigen, was der Historiker Lutz Niethammer im gleichen Jahr, in dem Lipps Aufsatz erschienen war, in seinem umfangreichen Werk zum Begriff und Konzept der ‚Kollektiven Identität‘ schon im Untertitel als „heimliche Quellen einer unheimlichen Konjunktur“ angesprochen hat. Identität sei seit dem Einsetzen einer „regressiven Welle“ in den späten 1970er Jahren zu einem Leitbegriff besonders des europäischen Rechtsextremismus geworden. Niethammer befürchtete schon damals, es gäbe keinen Schutz „vor dem unbewussten Hinübergleiten aus der harmlos erscheinenden Forderung nach kultureller und politischer Identität in die Legitimation von Gewalt“15. Manche seitherigen Entwicklungen scheinen diese schwarze Prognose zu bekräftigen. Entsprechend wird der Identitätsbegriff in jüngster Zeit radikal in Frage gestellt: So hat der französische Philosoph und Sinologe François Jullien mit einer vielbeachteten kleinen Schrift die Existenz gerade der kulturellen Identität generell in Abrede gestellt. Er schlägt vor, statt von kultureller Identität von kulturellen Ressourcen zu sprechen, da diese nicht exkludierend seien. „Ressourcen werden nicht lauthals propagiert, sie manifestieren sich nicht in Form von Slogans.“ Vor allem aber: „Ressourcen schließen einander nicht aus […].“16 Dem setzt Aleida Assmann,

15 Niethammer, Kollektive Identität, 626. 16 Jullien, François, Es gibt keine kulturelle Identität. Wir verteidigen die Ressourcen einer Kultur, übers. v. Erwin Landrichter, Berlin 2017, 65 –   66.

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die Julliens Forderung als Kampf gegen Windmühlen sieht, die Forderung nach einer „Grammatik der Identitäten“ entgegen.17 Für den Historiker Valentin Groebner wiederum ist in seiner Untersuchung des boomenden Geschichtstourismus „Identität […] ein Superkleber für soziale Ontologie: Etwas ist Ich und gleichzeitig allen gemeinsam, die ich mir zurechne.“ Das Wort sei „unwiderstehlich, weil es eine ganze Menge andere, ältere Wörter diskret beerbt hat: ‚Volk‘, ‚Nationalcharaktere‘, ‚Wesen‘“18. Schließlich präsentierte jüngst auch Francis Fukuyama die Korrektur seiner Fehldiagnose vom „Ende der Geschichte“ unter der Überschrift „Identität“. Er führt darin die Identitäts-Problematik auf den Thymos als Streben des Menschen nach Anerkennung zurück. Auch Fukuyama sieht den Aufstieg der demokratiefeindlichen Bewegungen der letzten Jahrzehnte als Ausprägung der Identitätspolitik, die mit exklusivem Ethnonationalismus verknüpft sei. Dagegen plädiert er für ein inklusives Gefühl der nationalen Identität: „Die nationale Identität beginnt mit der gemeinsamen Überzeugung, dass das politische System des Landes, sei es demokratisch oder nicht, legitim ist. […] Daneben erstreckt sich die nationale Identität auf den Bereich der Kultur und der Werte.“19 Während Fukuyama für Assimilation eintritt, beharrt Burkhard Liebsch in seiner Analyse identitärer Vorstellungen als Gefährdung Europas, ausgehend von durchaus kritischen Bezügen auf Emmanuel Levinas und Jacques Derrida, auf der Zumutung, das Eigene vom Anderen her zu denken. Wer das Risiko nicht eingehen wolle, das im Fremden liegen mag, sei unausweichlich zur „Gefangenschaft im Eigenen verurteilt“, zum – mit Anspielung auf Sartres Stück – „Existieren ‚bei geschlossenen Türen‘“20. Einen Bezug zu unserem denkmalpflegerischen Tun bildet dabei der Hinweis, das Andere sei nicht nur ein Faktor der örtlichen Herkunft, sondern auch der Zeit, „die früher oder später aus allem Anderes macht, […] – sofern nicht ein identitä17 Assmann, Aleida, Eine kurze Geschichte des Identitätsbegriffs. Vortrag im Graduiertenkolleg „Identität und Erbe“, Weimar, April 2018 (als Podcast abrufbar unter https://sound cloud.com/user-930405333/aleida-assmann-konstanz-eine-kurze-geschichte-des-iden titatsbegriffs [28.06.2019]). 18 Groebner, Retroland, 110. 19 Fukuyama, Francis, Identität. Wie der Verlust der Würde unsere Demokratie gefährdet, übers. v. Bernd Rullkötter, Hamburg 2019, 153. 20 Liebsch, Burkhard, Europäische Ungastlichkeit und ‚identitäre‘ Vorstellungen. Fremdheit, Flucht und Heimatlosigkeit als Herausforderungen des Politischen, Hamburg 2019, 43.

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res kollektives […] Gedächtnis jegliche Alterität leugnet, die es daran hindern könnte, im gegenwärtig Erinnerbaren und Antizipierbaren nur die Wiederkehr des Selben wahrzunehmen“21.

Dr. Faustus und die Identität des Ortes Nahe an der denkmalpflegerischen Argumentation ist dann die zweite gegenwärtig häufige Verwendung des Begriffs in der Rede von der ‚Identität des Ortes/der Stadt‘. Verfolgt man diese Begrifflichkeit zurück, stößt man ebenfalls auf eine literarische Nennung, die weit vor die Konjunktur von Ortsidentitäten in Stadtmarketing und Stadterhaltungsdebatten zurückreicht. Die ‚Identität des Ortes‘ findet sich nämlich bereits in Thomas Manns 1947 publiziertem Roman Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde. Dort wird die Kleinstadt Kaisersaschern – eine mit Erinnerungen an Lübeck angereicherte Paraphrase Naumburgs an der Saale – vorgestellt in einem Duktus, der an die Beschreibung des „Städtchens N. vor dreißig Jahren“ in der Einleitung von Max Dvorˇáks Katechismus der Denkmalpflege erinnert.22 Mann beschreibt: „Es ist über die Stadt, von der ich nun doch lieber in der Vergangenheit spreche, da es ja das Kaisersaschern unserer Jugenderlebnisse ist, von dem ich rede, – es ist von der Stadt zu sagen, daß sie atmosphärisch wie schon in ihrem äußeren Bilde etwas stark Mittelalterliches bewahrt hatte. Die alten Kirchen, die treulich konservierten Bürgerhäuser und Speicher, Bauten mit offen sichtbarem Holzgebälk und überhängenden Stockwerken, Rundtürme mit Spitzdächern in einer Mauer, baumbestandene Plätze, mit Katzenköpfen gepflastert, ein Rathaus, im Baucharakter zwischen Gotik und Renaissance schwebend, mit einem Glockenturm auf dem hohen Dach, Loggien unter diesem und zwei weiteren Spitztürmen, welche sich, Erker bildend, die Front hinunter bis zum Erdgeschoß fortsetzen, – dergleichen stellt für das Lebensgefühl die ununterbrochene

21 Ebd., 27 (Hervorhebung im Original). 22 Dvorˇák, Max, Katechismus der Denkmalpflege, Wien 21918, 1– 3.

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Verbindung mit der Vergangenheit her, mehr noch, es scheint jene berühmte Formel der Zeitlosigkeit, das scholastische Nunc stans an der Stirn zu tragen. Die Identität des Ortes, welcher derselbe ist wie vor dreihundert, vor neunhundert Jahren, behauptet sich gegen den Fluß der Zeit, der darüber hingeht und vieles fortwährend verändert, während anderes – und bildmäßig Entscheidendes – aus Pietät, das heißt aus frommem Trotz gegen die Zeit und aus Stolz auf sie, zur Erinnerung und der Würde wegen stehenbleibt.“23

In Manns Text finden sich zentrale Aspekte, welche auch heutige Behauptungen von Identität des Ortes beinhalten. Mann macht einleitend deutlich, dass das, was aufgerufen wird, aus der Erinnerung kommt, der Erinnerung an ein Früher, in dem die Vergangenheit scheinbar bruchlos präsent und damit zeitlos war, das stehende Jetzt (nunc stans). Dafür soll die durch die Bauten aus der Vergangenheit nachgewiesene Dauer des Ortes zeugen; dieser – der Ort – ist tatsächlich derselbe, nicht die Identität, eine feine sprachliche Differenzierung Thomas Manns. Anders als bei Keller, wo die Bilder der Vergangenheit nahtlos in die Menschen der Gegenwart übergehen (und vice versa), ist hier der historische Wandel mit Veränderungen verbunden. Deutlich wird daher, dass dieses Aufrufen der Identität des Ortes einer selektiven Wahrnehmung gleichkommt, das „bildmäßig Entscheidende“ wird – zumindest in der Erinnerung – dem fortwährend verändernden „Fluß der Zeit“ entrissen.

Stadtbild vs. Differenz-Schutz Dinge wirklich dem Fluss der Zeit zu entreißen, wird freilich nicht gelingen. Ziel der Denkmalpflege ist es, für die aus benennbaren Gründen zum Kulturerbe aufgewerteten Objekte das Tempo der Veränderung zu reduzieren. Die Zeit ist, wie wir spätestens seit Alois Riegl wissen, auch ein Faktor und Wert der Denkmalpflege. Sie schafft den „Gegensatz zur Gegenwart, auf dem der

23 Mann, Thomas, Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde (Thomas Mann. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, hg. v. Heinrich Detering u. a., Bd. 10/1), hg. v. Ruprecht Wimmer, Frankfurt a. Main 2007, 57.

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Alterswert beruht“24. Auch wenn sich dieser nicht, wie von Riegl erwartet, als zentraler Denkmalwert des 20. Jahrhunderts erwiesen hat, ist doch die Differenz zum Neuen, die Andersheit des Denkmals, ein fundamentaler Wert für dessen Schutz.25 Darin unterscheidet sich das Denkmal von den in der nun schon mehrfach aufgerufenen Zeitspanne seit der Publikation von Lipps Artikel immer häufiger realisierten Rekonstruktionen, die versuchen, durch die Restitution des erinnerten „bildmäßig Entscheidenden“ Dinge – oder viel mehr eben Bilder – dem „Fluß der Zeit“ zu entreißen. Bei solchem Tun wird oft die „Identität“ bemüht, beispielhaft etwa in Frankfurt, der Stadt, die sich zwar gern als „Mainhattan“ darstellt, nun aber mit der „Neuen Altstadt“ einen Teil ihrer Identität zurückgewinnen will, wie es in der publizistischen Begleitung des „Dom-Römer“-Projekts gerne heißt. Der Oberbürgermeister sprach bei der Eröffnung der „Neuen Altstadt“ von „Identität und Heimat“, im Grußwort zum Katalog der Begleitausstellung schreibt er von der „Instrumentalisierung für Identität und Tradition“, und im Stadtparlament wird in diesem Zusammenhang um die Bedeutung von Identität gestritten.26 Auch in diesen Debatten hat die Schärfe der Auseinandersetzung zugenommen und ist Identität zum Kampfbegriff geworden, und das nicht erst, seit Stephan Trüby bekannt gemacht hat, dass der Antrag der Freien Wähler im Frankfurter Stadtparlament, der 2005 erstmals die Idee einer rekonstruierten Altstadt auf dem Areal des Technischen Rathauses ins Spiel brachte, von einem Exponenten der rechtsradikalen Publizistik verfasst worden war, der 2007 für die als rechtskonservativ und extremistisch eingeschätzte österreichische Zeitschrift Neue Ordnung einen Beitrag mit dem Titel Rekonstruktion. Zur Wie-

24 Riegl, Alois, Der moderne Denkmalkultus. Sein Wesen und seine Entstehung, Wien / Leipzig 1903, 22, zit. n. Riegl, Alois, Kunstwerk oder Denkmal? Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 15), hg. v. Ernst Bacher, Wien / Köln / Weimar 1995, 69. 25 Vgl. Meier, Hans-Rudolf, Zwischen Fremdheit und Identität. Zur Alterität des Denkmals, in: Wohlleben, Marion (Hg.), Fremd, vertraut oder anders? Beiträge zu einem denkmaltheoretischen Diskurs, München / Berlin 2009, 141–150. 26 Feldmann, Peter, Grußwort, in: Sturm, Philipp / Cachola Schmal, Peter (Hg.), Die immer neue Altstadt. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900, Berlin u. a. 2018, 9; Redebeitrag des Stadtverordneten Ulrich Baier (Bündnis 90/Die Grünen) im Stadtparlament Frankfurt, 13. Oktober 2016, http://www.gruene-frankfurt.de/fraktion/parlament/redebeitrae ge/2016/oktober/neue-frankfurter-altstadt/ [28.06.2019].

Identität, Schutz und Sinn – gegen die Identitären | Hans-Rudolf Meier

dergewinnung architektonischer Identität geschrieben hat.27 Trüby nahm diese Wurzeln der „Neuen Frankfurter Altstadt“ zum Anlass, um auf weitere Verbindungen von geschichtsrevisionistischen Kreisen und Promotoren architektonischer Rekonstruktionen hinzuweisen, was einen aufgeregten Schlagabtausch im Feuilleton zur Folge hatte. Ohne dies hier vertiefen und beispielsweise das ähnliche Gruppenverhalten der radikalen Rekonstruktionspromotoren in Dresden und der dortigen Anhänger von Pegida genauer vergleichen zu wollen, bleibt in unserem Zusammenhang das zentrale Problem des gegenwärtigen Retro- und Rekonstruktionswesens, dass dieses auf die Reduktion von Differenz und Vielfalt zielt. Wenn der Dresdner Neumarkt heute deutlich homogener ‚barock‘ erscheint als vor den Zerstörungen im Februar 1945, oder wenn aktuell in Nürnberg die dortigen „Altstadtfreunde“ eine Kampagne gegen die hochwertige (und denkmalgeschützte) 1950er-Jahre-Fassade des Pellerhauses anzetteln, erfolgt damit nicht nur eine Selektion nach dem als „bildmäßig Entscheidenden“ eingestuften Erinnerten wie in Manns Doktor Faustus, sondern auch eine Eliminierung des scheinbar Unpassenden, das wie in Kellers Grünem Heinrich einfach weggekehrt wird. Solche Identitätskonstruktionen sind Antipoden zur Sinnsuche, wie Lipp sie mit der Korrelation von Sinn und Differenz definierte: Sinn ist (nach Luhmann) „das ‚mögliche Andere‘. Auch das andere Mögliche der Vergangenheit zählt dazu. […] Der Schutz von Differenz als des anders Möglichen also ist Schutz von Sinn. Sinn aber ist die Zuflucht und Geborgenheit des Menschen jenseits aller Versicherungen.“28

27 Wolfschlag, Claus-Martin, Rekonstruktion. Zur Wiedergewinnung architektonischer Identität, in: NO I/2007, 19  – 25; Trüby, Stephan, Rechte Räume – Über die architektonische „Metapolitik“ von Rechtspopulisten und -extremisten in Deutschland, in: Arch+ 228 (2017), 154   –161; ders., Die Einstecktuchisierung verrohter Bürgerlichkeit – wie Rechte in Frankfurt und anderswo eine alternative deutsche Geschichte zu rekonstruieren versuchen, in: Sturm, Philipp / Cachola Schmal, Peter (Hg.), Die immer neue Altstadt. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900, Berlin 2018, 168  –175, 168  –175. 28 Lipp, Der Mensch braucht Schutz, 55.

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Ein Statement Barbara Rett

Für W. L.

Strömender Regen. Ein Freund hat mich auf ein Haus am Ende der Welt aufmerksam gemacht. Mit seiner Frau und seinem Sohn fahre ich dorthin – ans Ende der Welt. Tobias, der Sohn, sagt die ganze Zeit vergnügt: „Das Haus musst’ kaufen!“ Als wir ankommen: strömender Regen, die Erde versinkt in Gatsch. Ich lege meine Hand auf die granitene Umrundung des verfallenen Eingangstores und weiß: „Das Haus werde ich kaufen!“

Abb. 1: Hoisn-Hof, Vierseithof, Viertes Viertel des 19. Jahrhunderts (vermutlich mit älteren Bauteilen), Portal, Weitersfelden, Oberösterreich.

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Abb. 2: Hoisn-Hof, Blick in das Atelier.

Eine alte Bäuerin, stark, herzlich, schlau, der vielen Arbeit allein am Hof überdrüssig. Sie wird zu ihrer Tochter ziehen, ins Ausgedinge, eine Wohnung in deren NeubauHaus, sauber, neutral, gesichtslos. Wird nicht leicht, aber sie will nicht mehr schuften. Nach dem Verkauf – ihrer Befreiung – schickt sie mir Postkarten von Busreisen durch halb Europa und stirbt relativ bald. Man kann nicht sagen, dass das Haus verkommen ist – es ist aus der Zeit gefallen. Aus einer anderen Zeit in die Gegenwart gefallen. Schwarze Kuchl, einbrechende Holzböden, zahllose von den Mauern fallende Schichten von Kalk, zentimeterdicke Jahresspuren auf allem, was man angreift. Am Rande des Böhmerwaldes, tiefes Mühlviertel – ein Stück Adalbert Stifter. Bauweise, Wohnweise, Lebensweise – pures 19. Jahrhundert, mitten in der Gegenwart. Plötzlich in meiner Gegenwart. Das Haus kaufe ich. Natürlich. Natürlich ohne zu überlegen, ohne zu denken, es passt einfach. „Das Haus musst’ kaufen!“ – Recht hat er, der Tobias. Die Nachbarn halten mich halb für wahnsinnig, halb imponiert ihnen mein Mut.

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Sie helfen mir, die verfaulten Böden zu vernageln, die gesprungenen Wände zu kalken, das viele Unsagbare abzutransportieren. Dort hause ich nun. Hause und bin glücklich. Ohne zu wissen warum. Eines Tages steht ein älterer Herr vor der Tür. Er erzählt mir, dass er das Haus kennt, vor vielen Jahren auch erforscht und beschrieben hat – den „Hoisn-Hof von Wienau“ und seine granitene Kapelle. In deren Dach haben sich in den schlimmsten Tagen des Zweiten Weltkriegs Frauen und Mädchen des Dorfes versteckt, vor den Schrecken des Krieges und den marodierenden Soldaten. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie da hineingekommen sind, aber alle alten Bäuerinnen erzählen davon. Alt sind sie an Jahren, aber jung im Herzen. Und dann steht eines Tages der Sohn des älteren Herren an der Tür. Wie der Vater erfüllt von Liebe für das Erbe der Vergangenheit, doch feinsinniger, feinnerviger. Ein nicht konservativer Konservierer, der Rat und Tat bietet, ohne sich aufzudrängen. Das Haus mit all seinen Poren aufnimmt, Fährte nimmt, liebend, zärtlich, ohne besitzergreifend zu sein. Danke, Wilfried Lipp!

Abbildungen Abb. 1: Hoisn-Hof, Viertes Viertel des 19. Jahrhunderts, Portal, Weitersfelden, Oberösterreich, Foto: Barbara Rett. Abb. 2: Hoisn-Hof, Blick in das Atelier, Foto: Barbara Rett.

IX. Biography – Biografie

Abb. 1: Wilfried Lipp, im Jänner 2020.

Wilfried Lipp Neun Lebenskreise Reinhard Kren

Äußere Lebensdaten sind oft schnell erzählt – eigentlich mehr aufgezählt als erzählt; und dabei, bei einer Art von Aufzählung, mag es in dieser Skizze vorrangig bleiben.1 Den einen Sinnzusammenhang in der Erzählung eines Lebens sichtbar zu machen – ja, diesen bisweilen auch erst hineinzuerzählen –, bleibe anderen vorbehalten, zumal wir hier von nichts Abgeschlossenem handeln wollen. Und wer, schließlich, wäre ein besserer solcher Erzähler als Wilfried Lipp selbst? Also: hier nun hauptsächlich aufzählende Angaben in neun biografischen Kreisen, ergänzt um ein paar wenige anekdotische Farbtupfer2 und verklammernde Überleitungen.

Herkommen Geboren wurde Wilfried Lipp am 1. März 1945 im oberösterreichischen Bad Ischl – das der gelernte Oberösterreicher übrigens vertraulich-knapp „Ischl“ nennt. Dem Salzkammergut, genauer: dem steirischen Teil mit Altaussee, ist er bis heute eng verbunden. In Linz, wo sein Vater Dr. Franz C. Lipp seit 1939 am Oberösterreichischen Landesmuseum tätig war, seine Mutter Dr. Elfriede Lipp als Lehrerin arbeitete, ist er aufgewachsen, dort besuchte er von 1951 bis 1963 Volks- und Mittelschule und dort legte er 1963 die Matura ab.

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Wer es tabellarisch haben möchte, der konsultiere die Homepage der KU Linz (https:// ku-linz.at/kunstwissenschaft/personen/honorarprofessoren_und_emeriti [28.06.2019]). Diese stammen aus Gesprächen des Verfassers mit Wilfried Lipp.

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Die Schulzeit war nicht durchwegs sorgenfrei, vor allem nicht im Vergleich zu der des Bruders Wolfgang. Dieser galt schon in ganz jungen Jahren als „der Geniale“, maturierte wie der Vater am prestigeträchtigen Akademischen Gymnasium auf der Linzer Spittelwiese, wohingegen der Jüngere vom Vater – zwar mit einem Gran Ironie gewürzt, der Sache nach aber doch ernst gemeint – des Öfteren zu hören bekam: „Ein Lipp tut es nicht unter einem ‚Sehr gut‘.“ Nun, schulisch musste es bisweilen auch etwas deutlicher unter einem ‚Sehr gut‘ getan sein. Beim Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat dafür die Reiterei eine große und bis heute anhaltende Leidenschaft entfacht. Der ältere Bruder, der Soziologe Wolfgang Lipp (1941–  2014), Schüler Helmut Schelskys und später Universitätsprofessor in Würzburg, war zeitlebens eine Art Vorbild. Während vieler Jahrzehnte war der gegenseitig befruchtende Austausch – der etwa im Thema der Kultursoziologie einen gemeinsamen Brennpunkt hatte3 – ein wichtiges Element für die je eigene intellektuelle Entwicklung. Frühe Eindrücke aus der Berufswelt des Vaters blieben haften: Ausstellungsräume, Depots mit verstaubten Exponaten – eine auf uns gekommene andere Welt, jenseits des Alltäglichen.

Ausbildung In Graz begann Lipp mit dem Studium der Architektur, wechselte dann aber zum Hauptfach Kunstgeschichte (bei Heinrich Gerhard Franz) und zum Nebenfach Volkskunde (bei Hanns Koren); als Neigungsfach wählte er – notabene! – Germanistik. Den Zweiten Studienabschnitt absolvierte er an der 1962 neu gegründeten Universität Salzburg bei Hans Sedlmayr, war am dortigen Institut für Kunstgeschichte – erste vorfühlende Station einer möglichen universitären Laufbahn – Wissenschaftliche Hilfskraft und promovierte 1970 mit der Arbeit Natur in der Zeichnung Albrecht Altdorfers. 3

Vgl. etwa Lipp, Wilfried, Was ist kulturell bedeutsam? Überlegungen aus der Sicht der Denkmalpflege, in: Lipp, Wolfgang / Akademie für Politische Bildung (Hg.), Kulturpolitik. Standorte, Innensichten, Entwürfe (Schriften zur Kultursoziologie 11), Berlin 1989, 189 – 214, ein Beitrag, der aus der von Wolfgang Lipp mitveranstalteten Tagung „Kulturprozesse / Kulturpolitik“ der Akademie für Politische Bildung (Tutzing, Mai 1987) hervorgegangen ist.

Wilfried Lipp. Neun Lebenskreise | Reinhard Kren

Neben dem Offensichtlichen, der Kunstgeschichte, wurzeln zwei besondere, sich auch überlagernde Interessens- und Kenntnisstränge in dieser Zeit: Im Architekturstudium wurde die Sensibilität für Arbeitstechniken, für das konkrete handwerkliche „Wie?“ geweckt. Und u. a. in der Wahl des Nebenfaches Volkskunde zeigt sich das Interesse am Fach des Vaters – in dessen Spezialfeld der bäuerlichen Lebenswelt, insbesondere der Möbelkunst, wird auch der Sohn kundig und eine Zeit lang aktiv sein.4

Weg zur Denkmalpflege Als Schüler Sedlmayrs hatte sich für Lipp mit dessen Zerwürfnis in Salzburg und der sich daraus ergebenden personellen Neuausrichtung die anvisierte universitäre Karriere am dortigen Institut zerschlagen. Mit Abschluss des Studiums „hing er in der Luft“. Es galt neue Möglichkeiten zu sondieren – und das konnte sich durchaus ernüchternd gestalten. Der legendäre Konrad Oberhuber, Kustos an der Graphischen Sammlung Albertina, meinte zum vorstellig gewordenen jungen Mann einmal: „Wenn Du – ich darf doch Du sagen? – Glück hast, überfährt mich heute am Nachhauseweg eine Straßenbahn, dann wird eine Stelle frei, aber sonst …“ Und für die Museen der Stadt Wien machte Alfred May es gelegentlich kurz und bündig: „Kein Bundesheer gemacht, was, untauglich? … Wir brauchen Leute, die einen Kasten tragen können. Bei Ausstellungen gibt es immer was zu tun!“ Dass bei Norbert Wibiral am Landeskonservatorat für Oberösterreich just zu dieser Zeit eine Stelle nachbesetzt wurde, erfuhr Lipp eher zufällig; und erst als die ursprüngliche personelle Lösung doch noch einmal aufzuschnüren war, konnte die Chance ergriffen werden: Am 1. Juni 1970 begann Lipp in der Abteilung 4

Der Plan einer Neubearbeitung des Standardwerks von Franz C. Lipp, Oberösterreichische Bauernmöbel, Wien 1986, wurde von Lipp lange verfolgt, musste aber aufgegeben werden. Vgl. insgesamt Lipp, Wilfried, Kleiner Erinnerungs-Aperitiv. Sub specie filii, in: Der Volkskundler Franz C. Lipp (1913 – 2002). Beiträge zu Leben und Werk (Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 39), hg. v. Oberösterreichisches Landesmuseum Linz, red. v. Andrea Euler u. Bernhard Prokisch, Linz 2015, 203 – 215, ein – wie in der Besprechung von Reinhard Bodner, in: Tiroler Heimat 80 (2016), 243 – 245 zu lesen ist – „familienromanhafter“ Beitrag, „in dem auch das Selbstbild des Sohnes […] deutlich in den Vordergrund tritt.“

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für Oberösterreich des Bundesdenkmalamtes in Linz. Es wird bis 31. Oktober 2010 sein hauptberufliches Wirkfeld bleiben.

Schreiben Mitte der 1970er Jahre setzte die öffentliche Publikationstätigkeit ein. Otto Wutzel, damals Leiter der Presseabteilung des Landes Oberösterreich und jahrzehntelang federführend bei der Kulturzeitschrift Oberösterreich, bot erste Möglichkeiten vor einem größeren interessierten Publikum, vornehmlich im regionalen Raum. Zwei viel diskutierte Beiträge in der Wiener Tageszeitung Die Presse machten Lipp aber auch österreichweit bekannt. Den Beiträgen Lipps eigentümlich, und zwar quer durch Textgattungen, Formate und Kontexte, ist ein hohes Maß an Gestaltung, an Zuspitzung und Sprachschöpfung – und an darin stets auch aufscheinender Erudition. Von der „Bibliothek in seinem Kopf“ war da etwa die Rede, im fast selben Atemzug aber auch vom „Vorbehalt […], hermetisch zu formulieren und schwer verständlich zu sein“5. Dass dem Schreiben, der Textproduktion ein sehr hoher Stellenwert zukommt, vor allem: dass jeder Text eben auch als Text selbst im jeweiligen Rahmen eine Komposition, mithin ein Kunstwerk sein und einen Mehrwert haben soll, das ist bei der Lektüre jedes seiner Beiträge offensichtlich. Und was ist mit dem doch sehr dünn bestellten Genre der Rezension? – Lipp: „Über das schreiben, was andere schreiben … das liegt mir nicht so.“

Praxis Die ersten Jahre am Bundesdenkmalamt standen im Zeichen eines nachgerade historischen Aufbruchs und Durchbruchs der Denkmalpflege: Das „Europäische Denkmalschutzjahr 1975“ brachte nicht nur breite gesellschaftliche Akzeptanz für die kon5

Scheurmann, Ingrid, Wilfried Lipp zum siebzigsten Geburtstag, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 69 (2015), 303 – 304, hier 303. Man mag schmunzelnd daran denken, dass etwa einem Lutz Niethammer oft ganz Ähnliches nachgesagt wurde und wird – ein hübsches Zusammentreffen, finden sich doch beide, Lipp und Niethammer, beinahe Schulter an Schulter in einem Sammelband (Borsdorf, Ulrich / Grütter, Heinrich Theodor (Hg.), Orte der Erinnerung. Denkmal, Gedenkstätte, Museum, Frankfurt a. M. / New York 1999).

Wilfried Lipp. Neun Lebenskreise | Reinhard Kren

krete Arbeit, eine größere Öffentlichkeit und damit ein vertieftes Bewusstsein. Die Zunft sah sich auch verständigt auf gemeinsame Stoßrichtungen – der vielfach zerstörerische Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg etwa und die Verluste durch „orkanartige Modernitätsschübe“ der 1960er und 1970er Jahre6 waren einigende Erfahrungen – und nicht zuletzt teilte man gemeinsame Hoffnungen. Der im Rückblick stimmungsvoll erinnerte „Geist von 1975“ wehte, aber er verwehte und verwirbelte auch, er verlief und verästelte sich: Perspektiven und Inter­ essen zersplitterten, und seit dem „Wendejahr“ 1989 trat man merkbar in eine neue Phase.7 Vor Ort, in Oberösterreich, bildeten zunächst Erhebungen im Blick auf potenzielle – und dann auch vielfach durchgeführte – Unterschutzstellungen den Schwerpunkt seiner Arbeit. In einer Würdigung heißt es, er habe in „oberösterreichischen Stadt- und Ortskernen wahre Denkmalschübe“8 bewirkt. Man darf das wohl auch als Lipps ‚dialektischen‘ Gegenschub zu den eben angesprochenen Modernitätsschüben lesen. Besonders auch den Ensembleschutz setzte er um,9 eine Idee, die im größeren Horizont der Kulturlandschaft anzusiedeln ist und zu der er gelegentlich bemerkte, die Denkmalpflege selbst habe den Begriff Ensemble „nicht richtig verdaut“. Diese fehlende Verinnerlichung findet auf einer anderen Ebene ihren Ausdruck darin, dass „Harmonieparagraphen“ heute samt und sonders aus den Bauordnungen verschwunden sind. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die zahlreichen Re­ staurierungsvorhaben, die u. a. auch gekoppelt an Großprojekte

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Aufgenommen ist hier eine Formulierung Lipps. Hinweggefegt wurden von dieser Modernisierung übrigens vor allem Bestände des Erbes, die vielfach noch „unter dem Radar“ der Denkmalpflege lagen oder deren Sperrigkeit schlicht jede „vernünftige“ Nutzung zu verunmöglichen schien. Als maßgebliche Zusammenschau zu nennen ist der von Wilfried Lipp und Michael Falser 2015 herausgegebene Band Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015). Eine (kultur-)historische Einbettung unternehmen die beiden Herausgeber im Beitrag Schwellen des Denkmalbewusstseins im Spiegel des europäischen Denkmalschutzjahres 1975. Eine Einleitung (ebd., 21– 60). Personalia: Wilfried Lipp im Ruhestand, in: Verein Denkmalpflege in Oberösterreich (Hg.), Denkmalpflege in Oberösterreich 2010/2011, Linz 2011, 103  –104, hier 103. Das Folgende fußt u. a. auf diesem Beitrag. Vgl. etwa Lipp, Wilfried, Denkmal-Wert. Das Beispiel Steyrdorf-Wehrgraben oder Schwierigkeiten mit einem Erbe, in: Heilingsetzer, Georg (Hg.), Kunstgeschichtsforschung und Denkmalpflege. Festschrift für Norbert Wibiral zum 65. Geburtstag (Schriftenreihe des Oberösterreichischen Musealvereines 13), Linz 1986, 177–  200.

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wie die „Oberösterreichischen Landesausstellungen“ durchgeführt wurden. Seit 1987 als Landeskonservator-Stellvertreter, in Nachfolge Gerhard Sedlaks von 199210 bis 2010 als Landeskonservator für Oberösterreich bemühte sich Lipp bei Vorbereitung und Umsetzung der Projekte um eine gute Abstimmung der beteiligten Institutionen – neben Land und Gemeinden sind hier auch die kirchlichen Einrichtungen zu nennen – und Interessensgruppen, immer aber auch um Vermittlungs- und Überzeugungsarbeit bei privaten Eigentümern. Dass die Praxis der Denkmalpflege unweigerlich unter dem Gebot der Entscheidung und des Handelns steht, sich damit immer auch in Diskussions- und Konfliktfeldern wiederfindet,11 ist eine sozusagen denkmalpflegerische Ur- und Alltagserfahrung, für die man neben aller Sach- und Menschenkenntnis auch eine robuste Grundkonstitution benötigt. Dies betrifft potenziell jedes Einzeldenkmal, nimmt aber zwangsläufig mit Größe und Umfang von Initiativen zu, bei denen eine Vielzahl von Inter­ essen zu bedenken und ganz unterschiedliche Stakeholder ins Boot zu holen sind; bei der 1997 erfolgten Erhebung der Kulturlandschaft Hallstatt – Dachstein – Salzkammergut zum Weltkulturerbe etwa hat Lipp diese Erfahrung gemacht – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal. „Kämpferisch“, „streitbar“ und „hartnäckig“ sind Epitheta, die seinem Namen daher häufig vorangestellt wurden (und immer noch werden). Er selbst würde in diesen persönlichen Zuschreibungen wahrscheinlich gerade auch den beruflich zu vertretenden gesetzlichen Auftrag der Denkmalpflege durchscheinen sehen (und die Beiworte als schmückende stehen lassen). Kollaterale Schwingungen und Stimmungen muss man eben auch sportlich nehmen!

Vernetzung Ab den 1980er und 1990er Jahren erweiterte und vertiefte Lipp neben dem Haupttätigkeitsfeld im Landeskonservatorat 10 Gut österreichisch verband sich damit im Dezember 1992 die Ernennung zum Hofrat. 11 Immer wieder weist Lipp auf einen Hauptgrund dieser Konflikte hin: das Kulturerbe werde als „das ganz Andere“ gesehen und gänzlich aus ökonomischen Zusammenhängen herausgenommen – es müsse aber vielmehr darum gehen, das Erbe, die Vergangenheit durch Maßnahmen und Anreize zu integrieren.

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das Engagement in regionalen und nationalen Feldern. Im Verein Denkmalpflege in Oberösterreich12 wurde er – und ist es bis heute – im Vorstand aktiv, unterstützte und beriet den Verein bei seinen Vorhaben, oft in direktem Zusammenspiel von denkmalamtlicher Arbeit, privaten und vereinsmäßig organisierten Initiativen.13 In diesem Kreis engagierter Personen fiel auch die von Lipp mitgebrachte Idee eines „Tages des offenen Denkmals“, die in Frankreich ihren Ausgang nahm, auf fruchtbaren Boden: ab 1995 in Oberösterreich veranstaltet, konnte es in Folge als „Tag des Denkmals“ in ganz Österreich etabliert werden. Im Vorstand des 1983 gegründeten Österreichischen Kunsthistorikerverbandes14 hatte Lipp 1987–1993 die Funktion des Vertreters der Kurie Denkmalpflege inne, als Teilnehmer und Vortragender war er regelmäßig auf den Kunsthistorikertagen anzutreffen. Namentlich beim 6. Österreichischen Kunsthistorikertag mit dem Thema „Kunstgeschichte interdisziplinär. Berührungspunkte, Berührungsängste“ (Linz / St. Florian, September 1991) wirkte er u. a. mit Bernd Euler-Rolle, seinem langjährigen Stellvertreter im Landeskonservatorat, bei Konzeption und Durchführung mit. Und eines wird in diesen Jahren – alleine schon durch einen Blick in das Schriftenverzeichnis – ebenfalls deutlich: Wilfried Lipp tritt in der Zunft der Denkmalpfleger und Kunsthistoriker zunehmend auch international in Erscheinung, seine Beiträge auf Tagungen und Kongressen werden vor Ort diskutiert, im Nachgang rezipiert, von Lipp selbst aufgenommen, geschärft, erneut zur Diskussion gestellt: Es wird ein Ruf erworben, es werden Bekanntschaften geknüpft, ja lebenslange Freundschaften gebildet. Wie eröffnete Ulrich Kerkhoff seine Eindrücke der in der Biografie Lipps so wichtigen Passauer Tagung „Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus“ (1993) 12 Der Verein wurde 2013 mit der Gesellschaft für Landeskunde (dem Oberösterreichischen Musealverein) zur Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich vereinigt. 13 So etwa bei der Erhaltung der Schlosskapelle Mitterberg (Bezirk Vöcklabruck, Oberösterreich) ab 1990/1997; dort konstituierte sich 1998 ein eigener Verein zur Rettung der Schlosskapelle Mitterberg. Vgl. zu diesem Projekt die Dokumentation von Sturm, Johann, Schloss und Kapelle Mitterberg (Gemeinde Rüstorf), in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 154/155 (2010), 191–265. 14 Seit 2003 Verband österreichischer Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker (VöKK).

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treffend? „Das Wichtigste an Kongressen sind die Kaffeepausen.“15

Universität Eine klassische Universitätslaufbahn hatte sich nach der Promotion 1970 nicht ergeben und das Thema Lehre trat während des ersten Jahrzehnts der beruflichen Einfindung in den Hintergrund. 1981/82 jedoch eröffnete sich die Gelegenheit, an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (der heutigen Kunstuniversität Linz) zu unterrichten – und Lipp blieb dieser Einrichtung 20 Jahre treu. Im Wechsel mit anderen hielt er als Dozent (seit 1995 als außerordentlicher Hochschulprofessor) zyklische Vorlesungen zur Kultur- und Geistesgeschichte, zur Entwicklungsgeschichte der Modernen Kunst und zur Kunstgeschichte des 19. und 20. Jahrhundert. Mit der 1986 erfolgten Habilitation16 an der Universität Salzburg kehrte Lipp für 15 Jahre, bis zum Jahr 2001, als Lehrender auch wieder an diese seine Alma Mater zurück. Die Venia erlaubte es ihm nun auch, Diplom- und Abschlussarbeiten zu betreuen. Ein besonderes Gastspiel hatte er im Jahr 2002, als er auf Einladung der Technischen Universität Berlin im Sommersemester ein Graduiertenkolleg betreute. Nicht nur als Lehrender, sondern auch auf institutioneller Ebene schließlich war und ist Lipp der Katholischen PrivatUniversität (KU Linz) verbunden: Mit der Übernahme einer der Gründungsprofessuren des Instituts für Kunstwissenschaft und Philosophie ad instar facultatis (IKP) im Jahr 2005 hat er diese Einrichtung von Beginn an mitgetragen und so auch die Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft (seit 2015) mit auf den Weg gebracht. Bis 2018 als Honorarprofessor in Lehre und Betreuung voll eingebunden, bereicherte er das Lehr- und Veranstaltungsangebot auch durch die Konzeption zweier großer 15 Kerkhoff, Ulrich, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus. Eine assoziierende Skizze, kein Tagungsbericht, in: Die Denkmalpflege 52 (1994), Heft 1, 18 –22, hier 18. 16 Die 1985 vorgelegte Habilitationsschrift wurde publiziert unter dem Titel: Natur – Geschichte – Denkmal. Zur Entstehung des Denkmalbewußtseins der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt a. M. / New York 1987.

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öffentlicher Ringvorlesungen unter dem Titel „Werkinterpretationen I. Kunst im Wandel der Anschauungen“ (2009/10) bzw. „Werkinterpretationen II. Architektur im Wandel der Anschauungen“ (2011/12).17

Theorie Ingrid Scheurmann bezeichnete Lipp als einen der „brillantesten Denkmaltheoretiker der Gegenwart“18, und so war es nur konsequent, dass er 2012 auf der von ihr betreuten Plattform „DenkmalDebatten“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Aufnahme gefunden hat.19 Versucht man in der knappest denkbaren Form den (Selbst-)Anspruch seiner theoretischen Beiträge und damit einen grundsätzlichen Zugriff zu umreißen, so wird man als Credo vielleicht formulieren dürfen: alle Fragen, alle Beschäftigung – gerade auch die eigene Praxis! – immer im kulturhistorischen Horizont zu sehen und einzubetten und immer auch im Blick auf theoretische Implikationen und Hintergründe auszuloten und auszuleuchten. Theorie und Praxis scheinen aufs Engste und Selbstverständlichste verschränkt, müssen sich immer auch gegenseitig bewähren: ganz zurückgezogen auf sich selbst, so sollten weder Theorie noch Praxis betrieben werden. Dass sich Lipp bei den „DenkmalDebatten“ in einer Reihe mit u. a. Eugène Viollet-le-Duc, Alois Riegl und Georg Dehio fand – und als noch lebender Kunsthistoriker aufgenommen wurde –, zeigt, dass hier ein Anspruch auch eingelöst wurde.

International Council on Monuments and Sites / Internationaler Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) Schreitet man die Stationen Wilfried Lipps ab, sortiert die verschiedenen Stränge aus und verfolgt sie solcherart herausprä17 Vgl. https://ku-linz.at/kunstwissenschaft/veranstaltungen/ringvorlesungen_vortraege [28. 06.2019]. 18 Scheurmann, Wilfried Lipp, 303. Und weiter heißt es, er sei „– in dieser durchaus überschaubaren Runde – vielleicht auch der am wenigsten Verstandene“. 19 Diese im November 2009 online gegangene Sammlung von Positionen und Grundlagentexten zum Verständnis und Selbstverständnis der Denkmalpflege ist aktuell leider nicht abrufbar. Der zuvor zitierte Text Scheurmanns war in einer längeren Version Teil des Eintrags zu Lipp bei den „DenkmalDebatten“.

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pariert in ihrer Entwicklung, so mag einem scheinen, dass der hier letztgereihte Wirkkreis von geradezu logischer Konsequenz ist. Bündeln sich hier nicht die Stränge wieder, fließen nicht Themen und Ebenen – Praxis und Theorie, Auftrag und Verantwortung, Gestaltungswille und Engagement – zusammen? Im Jahr 2002 wurde Lipp zum Präsidenten des Österreichischen Nationalkomitees von ICOMOS gewählt, es folgte ab 2008 die Mitgliedschaft im Executive Committee von ICOMOS International (bis 2014) und von 2009 – 2011 die Vizepräsidentschaft von ICOMOS International mit dem Zuständigkeitsschwerpunkt Europa. Dem International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration von ICOMOS, das auch unter der Bezeichnung Theophilos firmiert, stand er, nach der Vizepräsidentschaft 2005 –2001, ab 2011 als Präsident vor. Diese Tätigkeit zeigt sich in den einschlägigen Publikationen zu internationalen Tagungen und Round Tables, insbesondere in den Bänden Conservation Turn – Return to Conservation. Tolerance for Change, Limits of Change (2012) und Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858  –1905) (2010). In der Presseaussendung von ICOMOS Österreich anlässlich des Endes seines Vorsitzes im österreichischen Nationalkomitee hieß es im März 2018 dementsprechend, Wilfried Lipp habe für ICOMOS International „vor allem in der Theorieentwicklung unschätzbare Verdienste erworben“. Und mit Blick auf das Wirken in Österreich wurde er „für seinen unermüdlichen 16-jährigen Einsatz zum Erhalt des Kulturerbes Österreichs zum Ehrenpräsidenten [von ICOMOS Österreich] auf Lebenszeit gewählt“.

Abbildung Abb. 1: Wilfried Lipp, im Jänner 2020, Foto: Bettina Lipp.

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis Monografien Kultur des Bewahrens. Schrägansichten zur Denkmalpflege, Wien / Köln / Weimar 2008 [im Folgenden: Kultur des Bewahrens] Natur – Geschichte – Denkmal. Zur Entstehung des Denkmalbewußtseins der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt a. M. / New York 1987 Zugleich Habilitationsschrift Natur – Geschichte – Denkmal. Zur Konstitution und Genese des Denkmalbewußtseins der bürgerlichen Gesellschaft – Identität und Legitimität aus Natur und Geschichte. Paradigmata aus Philosophie, Literatur und bildender Kunst, Bd. 1: Text, Bd. 2: Anmerkungen und Literatur, Salzburg 1985 [Habilitation 1986] Natur in der Zeichnung Albrecht Altdorfers (ungedr. Diss., Univ. Salzburg), Salzburg 1969 [Promotion 1970]

Herausgeberschaften gem. m. Michael Falser, Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015) (Monumenta III) (dt./engl./fr.), Berlin 2015 gem. m. Josef Štulc, Bogusław Szmygin u. Simone Giometti (Ed.), Conservation Turn – Return to Conservation. Tolerance for Change, Limits of Change. Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, May 2010, Prague/C�eský Krumlov, Czech Republic, and March 2011, Florence, Italy, Firenze 2012 gem. m. Alex Langini, Eduard Müller u. Michael Petzet, Internationale Grundsätze und Richtlinien der Denkmalpflege (Monumenta I) (dt./fr./engl.), hg. v. ICOMOS Deutschland, ICOMOS Luxemburg, ICOMOS Österreich u. ICOMOS Schweiz, Stuttgart 2012 Schediwy, Robert, Rekonstruktion. Wiedergewonnenes Erbe oder nutzloser Kitsch? (Architektur und Geschichte, hg. v. Wilfried Lipp, Bd. 1), Berlin / Münster / Wien / Zürich / London 2011 gem. m. Michael Falser u. Andrzej Tomaszewski, Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858  –1905). Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, April 2008, Vienna, Austria, Firenze 2010, Firenze 2010 gem. m. Jessica Jarosch u. Lois Lammerhuber, Hallstatt – Dachstein – Salzkammergut. Welterbe der UNESCO (dt./engl.), Linz 1999 gem. m. Michael Petzet, Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts. 7. Jahrestagung der Bayerischen Denkmalpflege, Passau, Deutschland, Oktober 1993 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 69), München 1994 Denkmal – Werte – Gesellschaft. Zur Pluralität des Denkmalbegriffs, Frankfurt a. M. / New York 1993

436 Aufsätze und Beiträge 2019 Welterbe Wien als Chefsache. Ein Erfolg der Bürger, in: Denkma[i]l. Denkmalreport. Nachrichten der Initiative Denkmalschutz 26 (November 2019), 24 – 29 Michael Petzet (1933 –2019). Ein Nachruf im Zeitalter der Beschleunigung, in: ÖZKD 73 (2019), Heft 1/2: 100 Jahre Republik. Denkmalpflege zwischen Monarchie und Republik, 150  –156 2018 The Future of Restoration? Some Fancy Thoughts, in: Schädler-Saub, Ursula / Szmygin, Bogusław (Ed.), Conservation Ethics Today. Are our Conservation-Restauration Theories and Practice Ready for the 21st Century? (Heritage for Future, ed. International Scientific Committee for Theory and Philosophy of Conservation and Restoration ICOMOS/Lublin University of Technology, Vol. 1/2018), Lublin 2018, 21–32 Grußwort, in: Burghart, Wolfgang / Hertenberger, Gerhard, Österreichs gefährdetes Kulturerbe. Vom Umgang mit historischen Bauten. 70 Fallbeispiele, hg. v. Initiative Denkmalschutz. Verein zum Schutz bedrohter Kulturgüter, Wien 2018, 11–12 2017 Jörg Haspel im Gespräch mit Michael Petzet, Wilfried Lipp und Eva-Maria Seng, in: Denkmalpflege braucht Substanz. Jahrestagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland und 83. Tag für Denkmalpflege, Juni 2015, Flensburg (Beiträge zur Denkmalpflege in Schleswig-Holstein 6), hg. v. Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, Kiel 2017, 59 –74 Ganz schön hässlich. Wilfried Lipp im Gespräch mit Monika Leisch-Kiesl, in: Leisch-Kiesl, Monika / Gottschlich, Max / Winder, Susanne (Hg.), Ästhetische Kategorien (Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie 7), Bielefeld 2017, 149  –167 Spiegelbilder, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 162 (2017), 11–22 [Zum 60. Geburtstag von Georg Spiegelfeld-Schneeburg] 2016 Das Unglaubliche tritt ein und wird Realität, in: Streitt, Ute / Stadler, Gerhard A. / Schiller, Elisabeth (Hg.), Die Linzer Eisenbahnbrücke. Von der Neuen Brücke zur Alten Dame (Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 35), Weitra 2016, 183 –184 Situationsanalyse und Großwetterlage, in: Kneifel, Gottfried (Hg.), Die Zukunft des baukulturellen Erbes. Enquete im Sitzungssaal des Bundesrates, Parlament, Wien, November 2015, Wien o. J. [2016], 6  –7 2015 50 Jahre und kein bisschen leise. Zeit- und ideengeschichtliche Betrachtungen zu einem Jubiläum, in: ÖZKD 69 (2015), Heft 1/2: 50 Jahre Charta von Venedig, 10  –19 Die postmoderne Karriere der Rekonstruktion, in: Buchinger, Günther / Hueber, Friedmund (Hg.), Bauforschung und Denkmalpflege. Festschrift für Mario Schwarz, Wien / Köln /  Weimar 2015, 103  –112 Kleiner Erinnerungs-Aperitiv. Sub specie filii, in: Der Volkskundler Franz C. Lipp (1913 – 2002). Beiträge zu Leben und Werk (Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 39), hg. v. Oberösterreichisches Landesmuseum Linz, red. v. Andrea Euler u. Bernhard Prokisch, Linz 2015, 203 – 215 gem. m. Michael Falser, Schwellen des Denkmalbewusstseins im Spiegel des europäischen Denkmalschutzjahres 1975. Eine Einleitung, in: dies. (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015) (Monumenta III) (dt./engl./fr.), Berlin 2015, 21–  60

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis

2014 Heritage Trends – Im Wandel gesellschaftlicher Werte und Befindlichkeiten, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard (Hg.), Denkmale – Werte – Bewertung. Denkmalpflege im Spannungsfeld von Fachinstitution und bürgerschaftlichem Engagement (Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. 23) (dt./engl.), Holzminden 2014, 73 – 83 Anmerkungen zur Gegenwart des Überlieferten in Oberösterreich; in: Mitteilungen der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich 44 (2014), Heft 3, 10  –11 Interview mit Wilfried Lipp, ICOMOS Österreich, in: Luger, Kurt / Ferch, Christoph (Hg.), Die bedrohte Stadt. Strategien für menschengerechtes Bauen in Salzburg, Innsbruck / Wien/Bozen 2014, 341– 345 2012 Stadt – Image – Identität, in: Opll, Ferdinand / Schuster, Walter (Hg.), Stadtkultur – Kultur(haupt)stadt (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 23), Wien 2012, 105  –112 Spreng-Sätze, in: Bina, Andrea / Potocnik, Lorenz (Hg.), Architektur Linz 1900  –2011, Wien 2012, 171–177 Preface, in: Lipp, Wilfried / Štulc, Josef / Szmygin, Bogusław / Giometti, Simone (Ed.), Conservation Turn – Return to Conservation. Tolerance for Change, Limits of Change. Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, May 2010, Prague / C�eský Krumlov, Czech Republic, and March 2011, Florence, Italy, Firenze 2012, 13 –15 In Memory of Andrzej Tomaszewski, in: ibid., 32 What Was It That We Actually Wanted To Do? Conservation Values in Crisis, in: ibid., 101–109 Dimensions of Limits – Philosophical and Cultural Aspects, in: ibid., 135  –142 2011 Imago – Image – Imagine: Sketches for a Mind Map, in: Tomaszewski, Andrzej / Giometti, Simone (Ed.), The Image of Heritage. Changing Perception, Permanent Responsibilities. Proceedings of the International Conference of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and Philosophy of Conservation and Preservation, March 2009, Florence, Italy, Firenze 2011, 25 – 32 Denk(mal)–Köpfe: Wilfried Lipp im Gespräch mit Mario Schwarz, in: Steine sprechen. Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege 50/2 (2011), Heft 143, 34  – 37 2010 The Cult of Authenticity in the Age of Fake, in: Falser, Michael / Lipp, Wilfried / Tomaszewski, Andrzej (Ed.), Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858  –1905). Proceedings of the International Conferences of the ICOMOS International Scientific Committee for the Theory and the Philosophy of Conservation and Restoration, April 2008, Vienna, Austria, Firenze 2010, 269–276 Common European Heritage, in: Reichelt, Gerte (Hg.), Denkmalschutz in Europa. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft (Schriftenreihe Kunst & Recht 1), Wien 2010, 95  –110 2008 Aesthetic Values in the Context of Monuments and Sites, in: Tomaszewski, Andrzej (Ed.), Values and Criteria in Heritage Conservation. Proceedings of the International Conference of ICOMOS, ICCROM, Fondazione Romualdo Del Bianco, March 2007, Florence, Italy, Firenze 2008, 295 – 314

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438 Bild – Raum – Stadt, in: Brandt, Sigrid / Meier, Hans-Rudolf (Hg.), Stadtbild und Denkmalpflege. Konstruktion und Rezeption von Bildern der Stadt (Stadtentwicklung und Denkmalpflege 11), Berlin 2008, 268 – 281 Erbe – Verantwortung; in: Der Gesellschaft im Wort. Eine Festschrift der Universität für Künstlerische und Industrielle Gestaltung Linz anlässlich der Emeritierung von O. Univ. Prof. Dr. Wilfried Posch, Weitra 2008, 100   –109 Geleitwort, in: Innsbruck sehen. Stadtbilder einst und jetzt (Katalog zur Ausstellung, Archiv für Baukunst im Adambräu, Innsbruck, April–Juni 2008) (Archiv für Baukunst 1 / Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs N.F. 36), red. v. Christoph Hölz u. Martina Hellrigl, Innsbruck/Wien/Bozen 2008, 10  –11 2007 Architektur im verblassenden Horizont der Zeitgeschichte, in: ÖZKD 61 (2007), Heft 1: Tagungsband „Erbe verweigert. Österreich und NS-Architektur“ (Architekturzentrum Wien, September 2006), 113  –119 Theory of Preservation and Its Changing Concepts. An Effort to Straighten the Twist, in: Cultural Heritage in the 21st Century. Opportunities and Challenges (Materials from the International Conference, International Cultural Centre, Kraków, Poland, May 2006), ed. by Monika A. Murzyn and Jacek Purchla, Kraków 2007, 183  –190 [Polnische Parallelausgabe] Weltkulturerbe – im Konflikt der Interessen, in: Eberlein, Johann Konrad (Hg.), Erbschaft Altstadt. Fassade und Dach in der Kulturhauptstadt Graz – Restaurierung, Denkmalpflege und Kunstgeschichte. Akten des Internationalen Kongresses des Instituts für Kunstgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz zum Programm von „Kulturhauptstadt Graz 2003“, November 2003 (Grazer Edition 3), Wien / Berlin / Münster 2007, 7– 20 2006 Worüber reden wir? Ein Verständigungsversuch / What Exactly Are We Talking About? An Attempt at Communication, in: Wien, Weltkulturerbe. Der Stand der Dinge / Vienna, World Heritage. The State of the Art, hg. v. Stadtentwicklung Wien, Magistratsabteilung 19 – Architektur und Stadtgestaltung, red. v. Arnold Klotz u. a., Wien 2006, 30  – 32 2005 Welt-Kultur-Erbe. Im Konflikt der Interessen, in: Csáky, Moritz / Sommer, Monika (Hg.), Kulturerbe als soziokulturelle Praxis (Gedächtnis – Erinnerung – Identität 6), Innsbruck / Wien / Bozen 2005, 19  –32 Darauf basierende Fassung auch erschienen in Kultur des Bewahrens, 281–291 Das Bild der Stadt, in: Europäisches Forum Alpbach (Hg.), Alpbacher Architekturgespräche 2004. Nachlese. Documentation. Verständnisgrenzen: Architektur und Öffentlichkeit, Innsbruck 2005, 57–  65 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Stadt-Ansichten. Im Wandel der Wahrnehmung, in: Kultur des Bewahrens, 292 – 300 „In restauro“ – Assoziationen zu einer Metapher, in: Schädler-Saub, Ursula (Hg.), Die Kunst der Restaurierung. Entwicklungen und Tendenzen der Restaurierungsästhetik in Europa (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 40), München 2005, 13–24 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Homo conservator. Verwandlungen, in: Kultur des Bewahrens, 360  –368 Architektur-Kampf. Baukulturelles Erbe in Bedrängnis. Ein Beitrag zu den Alpbacher Architekturgesprächen, in: Die Furche, 25.08.2005, 13 f. Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Stadt – Raum – Verlust. Baukulturelles Erbe in Bedrängnis, in: Kultur des Bewahrens, 233 – 240

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis

2004 Denkmalpflege – Ästhetik – Politik, in: Kunstgeschichte. Mitteilungen des Verbandes Österreichischer Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker 20/21 (2004), Thema: Im Netz(werk): Kunst – Kunstgeschichte – Politik (12. Österreichischer Kunsthistorikertag, Salzburg, Österreich, Oktober 2003), 19–24 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Denkmalpflege – Ästhetik – Politik. Im Zeitgeist der Eventisierung, in: Kultur des Bewahrens, 350  – 359 The Charter of Venice as a Document of the Times, in: A Velencei karta, 1964 – 2004 – 2044? / The Venice Charter 1964 – 2004 – 2044? (Monuments and Sights 11), Budapest/Pécs 2004, 107–110 Kirche – Kunst – Denkmalpflege. Konflikt und Chance, in: Leisch-Kiesl, Monika / Freilinger, Christoph / Rath, Jürgen (Hg.), Altarraum als Gemeinderaum. Umgestaltung bestehender Kirchen, Linz 2004, 53–  60 2003 Kulturgüterschutz in Oberösterreich. Ein Anliegen der Bürger?, in: Verein Denkmalpflege in Oberösterreich (Hg.), Denkmalpflege in Oberösterreich mit Jahresbericht 2002, Linz 2003, 3  –10 Schloss Hartheim. Dreidimensional, in: Wert des Lebens. Gedenken. Lernen – Begreifen (Katalog zur [Dauer-]Ausstellung, Schloss Hartheim), Beilage: Baugeschichte des Schlosses Hartheim, Alkoven, hg. v. Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, red. v. Hartmut Reese, Linz 2003, 4  – 5 gem. m. Bernd Euler-Rolle, Wolfgang Huber u. Günther Kleinhanns, Aktuelles zum Thema „Alt – Neu“, in: St. Pölten. Landeshauptstadt und Zentralraum (Denkmalpflege in Niederösterreich 30), hg. v. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, red. v. Edith Bilek-Czerny u. a., St. Pölten 2003, 32 – 37 2001 Feind – Bild – Denkmal im „Kampf der Kulturen“. Perspektiven auf den 11. September 2001, in: ÖZKD 55 (2001), Heft 4, 404 – 415 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Feind – Bild – Denkmal. Reflexionen zum 11. September 2001, in: Kultur des Bewahrens, 313  – 325 Linz Denkmal Stadt, in: Die profanen Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Linz, Teil 3: Außenbereiche. Urfahr. Ebelsberg (Österreichische Kunsttopographie 55), hg. v. Bundesdenkmalamt, red. v. Ulrike Steiner, Theodor Brückler u. Gabriele Roithner, Horn 2001, E13 – E16 Monuments as Products: Sketches of an Economic Theory of Architectural Heritage, in: Baer, Norbert S. / Snickars, Folke (Ed.), Rational Decision-Making in the Preservation of Cultural Property. Dahlem Workshop, Berlin, March 2000 (Dahlem Workshop Report 86), Berlin 2001, 197–  210 Vita Conservatoris. Norbert Wibiral feiert Geburtstag, in: Kulturbericht Oberösterreich 55 (2001), Folge 9 (September), 21 2000 Denkmalpflege und Historismus. Zur Tradition puristischer und synkretistischer Strömungen in der Denkmalpflege, in: ÖZKD 54 (2000), Heft 4, 466 – 472 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Das Erbe des Historismus. Puristische und synkretistische Strömungen in der Denkmalpflege, in: Kultur des Bewahrens, 56  –  66 Der Mensch braucht Schutz. Geborgenheit und Differenz in der Globalisierung. Konservatorische Perspektiven einmal anders, in: ÖZKD 54 (2000), Heft 2/3, 183  –188

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440 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Der Mensch braucht Schutz. Geborgenheit und Differenz in der Globalisierung, in: Kultur des Bewahrens, 47–  55 Ist der Denkmalbegriff bis zur Kulturlandschaft erweiterbar?, in: Hajós, Géza (Hg.), Beiträge. Internationales Symposion Denkmal – Ensemble – Kulturlandschaft am Beispiel Wachau (Dürnstein, Oktober 1998) (dt./engl.), Wien / Horn 2000, 73 – 83 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Kulturlandschaft. Auch eine Erweiterung des Denkmalbegriffs?, in: Kultur des Bewahrens, 269 –280 Diskussionsergebnisse Gruppe Denkmalpflege, in: Mehr-Wert Kulturlandschaft / Le paysage aménagé, une plus-value. Akten der Tagung in Interlaken, Oktober 1999, red. v. Dolores Denaro, Bern 2000, 36 – 38 The Conflict of Perservation in the Age of Postmodernism and Globalization, in: Kovaríková, Lenka / Poláková, Jana / Bezdek, Ladislav (Ed.), Prague. A Hub of European Culture. International Symposium ICOMOS 2000 (Prague, Czech Republic, May 2000), Praha 2000, 63 – 65 „Was bleibet aber …“ Paradoxien der Dauer in der Moderne, in: Schmidt, Hartwig (Hg.), Das Konzept „Reparatur“. Ideal und Wirklichkeit. Eine Tagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und „denkmal ‘98“, Europäische Messe für Denkmalpflege und Stadterneuerung, Leipzig, Deutschland, Oktober 1998 (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 32), München 2000, 18  –22 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel „Was bleibet aber ...“ Paradoxien der Dauer, in: Kultur des Bewahrens, 202– 211 Weltkulturgüter. Warum? Wieviel? Wozu? Anmerkungen aus österreichischer Sicht, in: Weltkulturgüter. Warum? Wieviel? Wozu? / Quel patrimoine culturel mondial. Pour qui et comment? Akten der ICOMOS-Tagung (Bern, Schweiz, Juni 1999), hg. v. ICOMOS Schweiz, red. v. Dolores Denaro, Bern 2000, 30  –36 Von der Zeitlichkeit des Zeitlosen. Pflegefall Moderne, in: Kunsthistoriker. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 15/16 (1999/2000), Thema: Das Fach Kunstgeschichte und keine Grenzen? (10. Kunsthistorikertagung, Innsbruck, Österreich, September/Oktober 1999), 89 – 93 Darauf basierende Fassung auch erschienen in Kultur des Bewahrens, 241–251 2000 Denkmal-Perspektiven. 150 Jahre Denkmalpflege in Österreich, in: Verein Denkmalpflege in Oberösterreich (Hg.), Denkmalpflege in Oberösterreich mit Jahresbericht 1999, Linz 2000, 3 –10 Nachruf auf Dipl.-Ing. Georg Graf Clam-Martinic, in: Kulturbericht Oberösterreich 54 (2000), Folge 2 (Februar), 15 1999 Denkmalpflege und Geschichte, in: Borsdorf, Ulrich / Grütter, Heinrich Theodor (Hg.), Orte der Erinnerung. Denkmal, Gedenkstätte, Museum, Frankfurt a. M. / New York 1999, 131–167 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Von der Kulturidee des Bewahrens. Entwicklungsstufen der Denkmalpflege, in: Kultur des Bewahrens, 17–   46 Denkmalpflege und Moderne. Vergessene Monumente – Monumente des Vergessens, Vortrag am XXV. Deutscher Kunsthistorikertag „Neuzeiten“, Jena / Weimar, Deutschland, März 1999 Darauf basierende Fassung erschienen unter dem Titel Vergessene Monumente – Monumente des Vergessens. Die unbedachte Gegenwart, in: Kultur des Bewahrens, 252–265

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis

1998 Denkmal und Leben. Ein Dialog mit Riegl und Nietzsche, in: Böning-Weis, Susanne (Hg.), Monumental. Festschrift für Michael Petzet zum 65. Geburtstag am 12. April 1998 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 100), München 1998, 63–74 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Ein Dialog mit Riegl und Nietzsche. Denkmal und Leben., in: Kultur des Bewahrens, 86  –108 Modern Times. Zum Verhältnis von Zeit und Denkmal in der Moderne, in: Konservierung der Moderne? Über den Umgang mit den Zeugnissen der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Tagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und „denkmal ‘96“, Europäische Messe für Denkmalpflege und Stadterneuerung, Leipzig, Deutschland, Oktober/November 1996 (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 24), München 1998, 16 – 21 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Modern Times. Zum Verhältnis von Zeit und Denkmal, in: Kultur des Bewahrens, 129  –141 Produkt Denkmal. Skizzen einer ökonomischen Theorie des baukulturellen Erbes, in: Böning-Weis, Susanne / Petzet, Michael (Hg.), Produkt Denkmal. Denkmalpflege als Wirtschaftsfaktor. 9. Jahrestagung der Bayerischen Denkmalpflege, Prien am Chiemsee, Deutschland, Oktober 1997 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 97), München 1998, 43 – 52 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Produkt Denkmal. Skizzen einer ökonomischen Theorie, in: Kultur des Bewahrens, 212 – 229 75 Jahre Denkmalschutz – Überlegungen zu einem Jubiläum, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 48 (1998), Sonderheft: Denkmalpflege in Oberösterreich mit Jahresbericht 1997, 8  –16 1997 Die Deckenbilder von Schloß Würting. Eine noch ungeschriebene Kriminalgeschichte, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 47 (1997), Sonderheft: Denkmalpflege in Oberösterreich, 3 1996 Adalbert Stifter als „Conservator“ (1853–1865). Realität und Literatur, in: Laufhütte, Hartmut / Möseneder, Karl (Hg.), Adalbert Stifter. Dichter und Maler, Denkmalpfleger und Schulmann. Neue Zugänge zu seinem Werk, Tübingen 1996, 185 – 203 Auch erschienen in Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 18 (1996), Thema: Landesgeschichte und Archivwissenschaft. Festschrift zum 100jährigen Bestehen des OÖ. Landesarchivs, 433 – 454 Sanfte Sensationen. Stifter 2005. Beiträge zum 200. Geburtstag Adalbert Stifters (Jahrbuch des Adalbert-Stifter-Institutes des Landes Oberösterreich 12), hg. v. Johann Lachinger, Regina Pinter, Christian Schacherreiter u. Martin Sturm, Linz 2005, 161 –172 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Adalbert Stifter und John Ruskin. Ding – Denkmal – Mensch, in: Kultur des Bewahrens, 109   –126 Rettung von Geschichte für die Reparaturgesellschaft im 21. Jahrhundert. Sub specie conservatoris, in: Hassler, Uta / Petzet, Michael (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 21), red. v. Martin Hölscher u. Alexander Kierdorf, München 1996, 143 –151

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442 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Reparaturgesellschaft. Diagnose und Apell, in: Kultur des Bewahrens, 181–201 Wann und wo treffen wir uns?, in: Katharina Struber. U-Topos. Das goldene Zeitalter (Katalog zur Ausstellung, Offenes Kulturhaus, Linz, März – April 1994), hg. v. Offenes Kulturhaus des Landes Oberösterreich, Linz / Wien 1996, 65  –73 Denkmalpflege im ländlichen Raum, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 46 (1996), Sonderheft: Denkmalpflege in Oberösterreich, 2 –7 Historische Kulturlandschaft Inneres Salzkammergut, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 46 (1996), Heft 4: Inneres Salzkammergut, 4  – 9 1995 Das bauliche Erbe der NS-Zeit im „Heimatgau des Führers“. Bilanz mit Nachbemerkung – vorangestellt, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar 41 (1995), Thema: Denkmale und Gedenkstätten. Dokumentation der Jahrestagung 1994 in Weimar des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V., 105  –127 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Das Erbe der NS-Zeit. Im verblassenden Horizont der Zeitgeschichte, in: Kultur des Bewahrens, 303 – 312 Denkmalland Oberösterreich. Zeitreise-Notizen, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 45 (1995), Sonderheft: Denkmalpflege in Oberösterreich, 2– 9 Was ist in der Architektur zu vergessen?, in: kursiv. eine Kunstzeitschrift aus Oberösterreich 2 – 4/1995, 22–24 Schloß Kammer. „Genius Loci“ der Denkmalpflege, in: Mitteilungsblatt Verein Denkmalpflege in Oberösterreich 48 (1994), 2–  8 Auch erschienen in ARX. Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 17 (1995), Heft 2, 483 – 487 1994 Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Aspekte zur Reparaturgesellschaft, in: Lipp, Wilfried / Petzet, Michael (Hg.), Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Denkmalpflege am Ende des 20. Jahrhunderts. 7. Jahrestagung der Bayerischen Denkmalpflege, Passau, Deutschland, Oktober 1993 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 69), München 1994, 6   –12 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Vom modernen zum postmodernen Denkmalkultus? Schichtung und Plurivalenz, in: Kultur des Bewahrens, 161–177 1993 Denkmalschutz für moderne Architektur?!, in: Mitteilungsblatt Verein Denkmalpflege in Oberösterreich 47 (1993), 2 – 4 Adoptionsverweigerung? Zu den Schwierigkeiten unserer Gesellschaft mit ihrer Denkmalkultur, in: Ziegert, Richard (Hg.), Denkmal in Deutschland, Mainz 1993, 37– 54 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Denkmalkultur heute. Das vollendete Profane unter dem Flügelschlag des Erhabenen, in: Kultur des Bewahrens, 339  – 349 Altstadtproblematik, in: Kunsthistoriker aktuell. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 10 (1993), Heft 3, 1 Bilderflut – Bildzerstörung – Denkmal, in: kunst und kirche 56 (1993), Heft 4: Bildzerstörung, 251– 255

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis

Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Bilderflut – Bildzerstörung – Denkmal. Auf dem Weg zum Anikonismus?, in: Kultur des Bewahrens, 326 – 336 Wo liegt Europa? Denkmalpflege als Orientierungshilfe, in: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich 43 (1993), Heft 3, 60  –  64 Auch erschienen in ARX. Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 15 (1993), Heft 2, 281–284 Denkmalpflege im Trend, in: Verein Denkmalpflege in Oberösterreich (Hg.), Denkmalpflege im Trend, Linz o. J. [1993], ohne Seitenzahl [Vorwort] 1992 Alltagsprobleme der Denkmalpflege, in: Oberösterreichischer Kulturbericht 46 (1992), Folge 11 (November), 2–3 1991 Perspektiven von Denkmalschutz und Denkmalpflege in Oberösterreich, in: Oberösterreichischer Kulturbericht 45 (1991), Folge 11 (November), 12 Kunstgeschichte interdisziplinär, in: Kunsthistoriker aktuell. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 8 (1991), Heft 3, 5 [Beilage zum Programm des 6. Österreichischen Kunsthistorikertages „Kunstgeschichte interdisziplinär. Berührungspunkte – Berührungsängste“, Linz/St. Florian, Österreich, September 1991] 1988 Denkmalpflege: Moderne – Postmoderne. Ein Rettungsversuch, in: Kunsthistoriker. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 5 (1988), Heft 3/4, 17– 25 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Postmoderne. Gefährliche Chancen, in: Kultur des Bewahrens, 142–160 1987 Der Wanderer. Anmerkungen zu einer Real- und Kunstfigur der Frühmoderne, in: Natur und Kunst (Kunsthistorisches Jahrbuch Graz 23), hg. v. Götz Pochat u. Brigitte Wagner, Graz 1987, 122 –145 Darauf basierende Fassung auch erschienen unter dem Titel Der Wanderer. Metamorphosen der Ferne, in: Kultur des Bewahrens, 69 – 86 Was ist kulturell bedeutsam? Überlegungen aus der Sicht der Denkmalpflege, in: Lipp, Wolfgang / Akademie für Politische Bildung (Hg.), Kulturpolitik. Standorte, Innensichten, Entwürfe (Schriften zur Kultursoziologie 11), Berlin 1989, 189 –214 [Tagungsband „Kulturprozesse / Kulturpolitik“, Akademie für Politische Bildung, Tutzing, Deutschland, Mai 1987] Auch erschienen in Lipp, Wilfried (Hg.), Denkmal – Werte – Gesellschaft. Zur Pluralität des Denkmalbegriffs, Frankfurt a. M. / New York 1993, 362–382 [Stellungnahme], in: Zaunschirm, Thomas, Die demolierte Gegenwart. Mozarts Wohnhaus und die Salzburger Denkmalpflege, Klagenfurt 1987, 151–161 1986 Denkmal-Wert. Das Beispiel Steyrdorf-Wehrgraben oder Schwierigkeiten mit einem Erbe, in: Heilingsetzer, Georg (Hg.), Kunstgeschichtsforschung und Denkmalpflege. Festschrift für Norbert Wibiral zum 65. Geburtstag (Schriftenreihe des Oberösterreichischen Musealvereines 13), Linz 1986, 177–  200

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444 1984 Das ehemalige Augustiner Chorherrenstift Ranshofen. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte, in: 900 Jahre Stift Reichersberg. Augustiner Chorherren zwischen Passau und Salzburg (Katalog zur Ausstellung, Stift Reichersberg, April–Oktober 1984), hg. v. Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kultur, red. v. Dietmar Straub, Linz 1984, 149  –160 Darin weiters Katalogteil: Raum 4, 316  – 327 (Kat.-Nr. 4.21–  4.50) Verfall im Stillstand? Die Ruine als Paradigma der Denkmalpflege, in: ARX. Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 6 (1984), Heft 2: Die Burgruine – Relikt oder Aufgabe, 8  –10 1983 Wels – Stadtprosa, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 33 (1983), Heft 2: Gastliches Oberösterreich, 91–  95 1982 Das Fenster, die historische Entwicklung in Oberösterreich, in: Das Fenster. Gestaltungselement in Architektur und Ortsbild (Schriftenreihe, Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Landesbaudirektion), Linz 1982, 42–  49 [Rezension] Erich Hubala (Hg.), Rubens. Kunstgeschichtliche Beiträge von Otto von Simson, Lorenz Dittmann, Rudolf Kuhn, Kristina Herrmann-Fiore und Erich Hubala, Konstanz 1979, in: kunst und kirche 45 (1982), Heft 3, 167–168 1981 Haus und Hof im Salzkammergut, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 31 (1981) Heft 4, 33 – 39 Kunstregion Mondseeland, in: Das Mondseeland. Geschichte und Kultur (Katalog zur Ausstellung, Kirche und ehemaliges Stift Mondsee, Mai–Oktober 1981), hg. v. Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kultur, red. v. Dietmar Straub, Linz 2 1981, 81–137 Darin weiters Katalogteil: Gotische Kunst (Raum 3), 377– 393; Guggenbichler (Raum 10), 429 –  449; 19. Jahrhundert (Raum 12), 463 –  464 (Kat.-Nr. 12.1–12.9); Ehemalige Stiftskirche, 465 – 475 Design und Kunst. Realität und Schein, in: Gsöllpointner, Helmuth / Hareiter, Angela / Ortner, Laurids (Hg.), Design ist unsichtbar. Österreichisches Institut für visuelle Gestaltung (Publikation anlässlich der Ausstellung Forum Design, Linz, Juni–Oktober 1980), Wien 1981, 75 – 84 Stadtgeschichtsbummeln. Freihäuser in Linz – gestern und heute, in: Linz aktiv 78 (1981), 36 – 42 1980 Sgraffitodekoration in Steyr, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 30 (1980), Heft 2, 55 –  65 1979 Auf der Suche nach der lebenswerten Landschaft, in: Österreichisches Institut für visuelle Gestaltung (Hg.), Erscheinungsbild und Struktur des Baugeschehens nach 1945. Am Beispiel von 8 oberösterreichischen Gemeinden, Linz 1979, 7–10 Die Wallfahrtskirche Hl. Valentin in Haselbach, in: Mitteilungsblatt Verein Denkmalpflege in Oberösterreich 33 (1979), 4  –7 Ebelsberger Ledererhaus – Beispiel geglückter Denkmalpflege. Eine gleichermaßen stadtgeschichtliche, denkmalpflegerische und architekturkritische Betrachtung, in: Linz aktiv 70 (1979), 39 – 43

Wilfried Lipp. Schriftenverzeichnis

Geschichte und Gesellschaft. Denkmalpflege als Kritik, in: Umweltgestaltung als kulturelle Aufgabe. Symposium am 6. Dezember 1979 in Linz (Österreichisches Forum für Umweltschutz und Umweltgestaltung 18), Altmünster 1979, 19 – 24 Stadt von heute – Stadtdenkmal von morgen?, in: Blickpunkt Linz. Altstadterhaltung, red. v. Matthäus Schobesberger, Linz 1979, 26  –30 1978 Abschied von morgen – Rückkehr in eine offene Geschichte, in: Die Presse, 18./19.03.1978, 15 Haus und Hof im Salzkammergut, in: Merian 31 (1978), Heft 1: Salzkammergut, 96 – 97 Neue Kunst in alten Häusern. Drei Privatgalerien in der Linzer Altstadt, in: Linz aktiv 69 (1978), III – VI Private Initiativen der Denkmalpflege in Oberösterreich, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 28 (1978), Heft 2, 33 – 42 Taubenmarkt. Ein Befund – Idealvorstellung – Die Chance, in: Linz aktiv 66 (1978), 21–25 1977 Die Angst des Bürgers vor dem Flachdach – Landschaft als Lebensraum, in: Die Presse, 12./13.11.1977, 27 Gotische Hallenkirchen in Oberösterreich, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 27 (1977), Heft 3, 39 – 48 Oberösterreichs Beitrag zur europäischen bildenden Kunst, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 27 (1977), Heft 1, 29 –36 [Rezension] Rosemarie Schuder, Hieronymus Bosch, Berlin 1975, in: kunst und kirche 40 (1977), Heft 3, 160 1976 Die Stadt und das Glück der Menschen, in: Die Presse, 6./7.11.1976, 29 Oberösterreich und die Geschichte des gotischen Flügelaltares, in: Oberösterreich. Kulturzeitschrift 26 (1976), Heft 1, 12 –22 1974 [Rezension] Walter Jürgen Hofmann, Über Dürers Farbe (Erlanger Beiträge zu Sprachund Kunstwissenschaft 42), Nürnberg 1971, in: kunst und kirche 37 (1974), Heft 1, 51

Graue Literatur Fokus Moderne im Kontext von Kunst und Philosophie (druckfrisch 1), Linz / Freistadt 2017 [Studentisches Publikationsprojekt, hervorgegangen aus einer Lehrveranstaltungsserie an der KU Linz, hg. v. Wilfried Lipp, erschienen im Selbstverlag] Johann Wolfgang von Goethe und Karl Marx. Einleitungsvortrag II, in: „Drucksachen“. Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (Meisterklasse für visuelle Gestaltung). Texte, Kunst und Kulturgeschichte, Linz 1982/1983, 1–  6 Zur vergangenen Zukunft unseres Zeitalters. Einleitungsvortrag I, in: „Drucksachen“. Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (Meisterklasse für visuelle Gestaltung). Texte, Kunst und Kulturgeschichte, Linz 1982/1983, 1–12 Ist das noch Kunst? Geschichte und Aktualität einer Fragestellung, in: „Drucksachen“. Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (Meisterklasse für visuelle Gestaltung). Texte, Kunst und Kulturgeschichte, Linz 1980/1981, 1– 20 Denkmalpflege und Geschichtsbewußtsein (Der Stein des Anstoßes), in: „Drucksachen“. Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (Meisterklasse für visuelle Gestaltung). Texte, Kunst und Kulturgeschichte, Linz 1971/1977, 1– 35

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446 Erläuterungen blickpunkte Kulturzeitschrift Oberösterreich „Drucksachen“

Die Furche Kulturbericht Oberösterreich

Linz aktiv Merian Mitteilungsblatt Verein Denkmalpflege in Oberösterreich Oberösterreich. Kulturzeitschrift

ÖZKD Die Presse

s. Oberösterreich. Kulturzeitschrift In unregelmäßiger Folge, z.T. in mehreren Heften pro Studienjahr publizierte Textsammlung (Graue Literatur), Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung, Linz Wochenzeitung, Wien Monatsschrift des Oberösterreichischen Kulturreferats, hg. v. Direktion Kultur, Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Linz Vierteljahresschrift, hg. v. Stadt Linz Reisemagazin, Hamburg 1947–1994 erschienen als Beilage zu Amtliche Linzer Zeitung (Amtsblatt für Oberösterreich), Linz Vierteljahreszeitschrift (Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr), ab Jahrgang 40 (1990) unter dem Titel: blickpunkte. Kulturzeitschrift Oberösterreich, Linz Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, hg. v. Bundesdenkmalamt, Wien Tageszeitung, Wien

Anhang

Beitragende Maria Auböck Geb. 1951 in Wien/AUT. Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien, Forschungsstipendien in Rom und an der Technischen Universität München. Gemeinsames Atelier mit János Kárász für Landschaft/Design/Architektur (Auböck + Kárász. Landscape Architects). 1999 –2017 Professorin am Lehrstuhl Gestalten im Freiraum an der Akademie der Bildenden Künste in München, Lehraufträge und Gastvorträge u. a. in Wien und Budapest; zahlreiche Preise, u. a. Deutscher Städtebaupreis (2016); seit 2017 Präsidentin der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs. Arbeitsschwerpunkte: Forschungen für die Kulturlandschaft, Landschafts- und Freiraumplanungen, Kunst im öffentlichen Raum, Ausstellungs- und Filmprojekte. Zahlreiche Publikationen zur österreichischen Gartenkunst, u. a. Die Österreichischen Bundesgärten. Anmerkungen zum Jubiläum 100 Jahre Gärten der Republik, 450 Jahre Schlosspark Schönbrunn, in: Steine sprechen. Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Ortsbildpflege 58/1– 2 (2019), Heft 154, 30 –34; Das Belvedere. Der Garten des Prinzen Eugen in Wien, Wien 2003. Planungen und Gutachten zur Gartendenkmalpflege u. a. für Augarten, Belvedere und Schloss Hof sowie zu Landschaftsarchitektur und architekturbezogenen Außenräumen. Giancarlo Barbato Geb. 1946 in Ravenna/ITA. Studium der Rechtswissenschaften in Parma (Graduierung 1969), der Architektur in Florenz (Gradierung 1976) sowie am Raymond Lemaire International Centre for Conservation der katholischen Universität Leuven (Certificate in Advanced Studies 1985). Seit 1986 umfassende Beratertätigkeit bei der UNESCO und beim International Council on Monuments and Sites (ICOMOS): 1986 – 2002 Berater bei der UNESCO Cultural Heritage Division/dem World Heritage Centre, 2005 – 2010 beim Cultural Heritage Department for Development of Cooperation des italienischen Außenministeriums,

450 2009 – 2017 Berater bei ICOMOS zur Vorbereitung der Nominierungen für die Weltkulturerbeliste sowie zur Begutachtung des Konservierungszustands von Weltkulturerbestätten in Europa und Asien. Forschungsschwerpunkte und Projekte: Zahlreiche Projekte im Bereich Konservierung, Restaurierung und Valorisierung, u. a. das „Restoration and Revitalisation Project of the Damascus Citadel”, Syrien, sowie das „Valorisation of the Cultural Heritage and Urban Development Project“, Libanon (2013). Publikationen: Giancarlo Barbato ist Autor zahlreicher durch die UNESCO Cultural Division publizierter Berichte. Eva Berger Geb. 1955 in Wien/AUT. Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Wien und Hamburg (1984 Promotion in Wien), seither tätig am Fachbereich Landschaftsplanung und Gartenkunst der Technischen Universität Wien (Habilitation ebenda 2001). Universitätsprofessorin am Fachbereich Landschaftsplanung und Gartenkunst der TU Wien. Seit 2003 Mitglied der Fachgruppe Wissenschaft und Forschung der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft, seit 2010 Generalsekretärin der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten; seit 2006 Mitglied, seit 2015 Advisory Member und seit 2019 Honorary Member des Internationalen Komitees für Kulturlandschaften des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS-IFLA). Forschungsschwerpunkte: Österreichische Gartenkunst und Gartenkultur. Zahlreiche Publikationen zur österreichischen Gartenkunst; in Buchform erschienen: „Viel herrlich und schöne Gärten“. 600 Jahre Wiener Gartenkunst, Wien u. a. 2016; Menschen und Gärten im Barock. Das Leben und Treiben in Lustgärten vornehmlich in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien, Worms 2013; Historische Gärten Österreichs. Garten- und Parkanlagen von der Renaissance bis um 1930, 3 Bände, Wien u. a. 2002–2004. Paolo Del Bianco Geb. 1945 in Florenz/ITA. Studium der Architektur an der Università degli Studi di Firenze (Graduierung 1972), Promotion in Humanwissenschaften an der University of Winsconsin in Green Bay, USA (2007). Präsident der Fondazione Romualdo Del Bianco. 2002–2006 außerordentlicher Professor an der slowakischen technischen Universität, seit 2003 diverse internationale Honorarprofessuren, seit 2011 Professor an der International Academy of Architecture; Ehrendoktor der Azerbaijan State University of Architecture and Construction of Baku, der University Wisconsin-Green Bay sowie der Yerevan State

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University; Mitglied unterschiedlicher Committees des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS). Forschungsschwerpunkte: Life Beyond Tourism Movement, Heritage Enhancement, Intercultural Dialogue. Publikationen (Auswahl): Heritage for Intercultural Dialogue Hosting the Traveller to Promote Intercultural Dialogue Life Beyond Tourism, in: ISC for Theory and Philosophy of Conservation and Restoration ICOMOS (Ed.), Heritage in Transformation. Cultural Herit­ age Protection in 21. Century – Problems, Challenges, Predictions, Florence/Lublin 2016, 31–37; Recovery and Restoration of the Values of Socialization, in: Murzyn, Monika A. / Purchla, Jacek (Ed.), Cultural Heritage in the 21st Century. Opportunities and Challenges, Kraków 2007, 251– 258. Johanna Blokker Geb. 1972 in London/CAN. Studium der Kunst- und Architekturgeschichte in Montréal und Toronto, Promotion am Institute of Fine Arts der New York University (2011), Habilitation in Kunst- und Architekturgeschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (2019). Akademische Oberrätin am Lehrstuhl für Denkmalpflege/Heritage Sciences, Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte der Universität Bamberg. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Architektur des 20. Jahrhunderts, Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, Architektur und internationale Kulturpolitik, Denkmalkulturen international, Heritage Politics. Publikationen (Auswahl): Die Denkmalpflege und das Digitale, in: Franz, Birgit / Vinken, Gerhard, (Hg.), Das Digitale und die Denkmalpflege. Bestandserfassung – Denkmalvermittlung – Datenarchivierung – Rekonstruktion verlorener Objekte (Veröffentlichungen des AKTLD 26), Holzminden 2017, 24 – 31; From the Heritage of the German „Other“ to the Heritage of the „Other“ Germany: American Policy on German Architectural Heritage Between the Second World War and the Cold War, in: Vinken, Gerhard (Hg.), Das Erbe der Anderen. Denkmalpflegerisches Handeln im Zeichen der Globalisierung, Bamberg 2015, 49 – 58; (Re)Constructing Identity. World War II and the Reconstruction of Cologne‘s Destroyed Romanesque Churches, 1945 –1985, Ann Arbor (MI) 2012. Mounir Bouchenaki Geb. 1943 in Tlemcen / TCA. Studium der Archäologie und der Altertumswissenschaften an der Universität Algier, Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Aix-en-Provence / FR.

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452 Direktor des Arabischen Regionalzentrums für Weltkulturerbe der UNESCO, Sonderberater des Generaldirektors der UNESCO und Berater des Präsidenten der bahrainischen Behörde für Kultur und Altertümer. 1968  –1970 Chefkurator der archäologischen Stätten in Tipasa, 1976  –1981 Direktor für kulturelles Erbe im Ministerium für Information und Kultur, Algerien; seit Mitte der 1980er Jahre vielfältige Tätigkeiten im Rahmen der UNESCO und des International Center for the Conservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM), u. a. stellvertretender Generaldirektor für Kultur der UNESCO und Generaldirektor von ICCROM. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. „Commendatore dell’Ordine della Stella della Solidarietà“ durch den Präsidenten Italiens, „Chevalier de la Légion d’honneur“ durch den Präsidenten Frankreichs und „Achir“ durch den Präsidenten Algeriens. Forschungsschwerpunkte: Archäologie, Museologie, Welterbestätten im arabischen Raum. Publikationen (Auswahl): Mounir Bouchenaki ist Autor zahlreicher Beiträge u. a. in: Revue „reflets“, Commission nationale algérienne pour l’UNESCO; Bulletin d’Archéologie Algérienne, Alger; Antiquités Africaines, Aix en Provence; Oriens Antiquus, Roma; l’Année Epigraphique, Paris; Römische Mitteilungen, Rome; Le Courrier de l’UNESCO, Paris. Dinu Bumbaru Geb. 1961 in Vancouver/CAN. Studium der Architektur an der Université de Montréal und der Denkmalpflege an der University of York, UK sowie der Conservation Studies am International Center for the Conservation and Restoration of Cultural Property der UNESCO in Rom (M.A. 1994). Staff- und Policy Director von Fondation Héritage Montréal. 2002– 2008 Generalsekretär des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS), 2008 –2011 Präsident von ICOMOS Canada; 2004 Verleihung der Chaire UNESCO en patrimoine culturel der Université Laval, 2012 Verleihung des Prix du Québec en patrimoine culturel. Forschungsschwerpunkte: Kulturpolitik, Architektur, Städtebau und Stadtentwicklung, Nachhaltigkeitsfragen. Publikationen (Auswahl): Habitat 67 and Expo – Conserving the Young Monument and its Intentional Universality or the Mode de Vie?, in: Brandt, Sigrid / Haspel, Jörg (Hg.), Denkmal – Bau – Kultur: Konservatoren und Architekten im Dialog (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 63) (dt. / engl.), Berlin 2017, 62– 69; Canadian Pavilion, in: Common Pavilions. The National Pavilions in the Giardini in Essays and Photographs. 13th International Architecture Exhibition, Zürich 2013, 215 – 222; gem. m. Burke, Sheridan u. a., Heritage at Risk. ICOMOS World Report 2000 on Monuments and

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Sites in Danger (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 36) (engl. / fr. / esp.), München 2000. Adrian von Buttlar Geb. 1948 in Marburg/DEU. Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (1977 Promotion ebenda) und London (Courtauld Institute of Art). Wissenschaftlicher Beirat im Denkmalprogramm der Wüstenrot Stiftung. Ab 1977 Lehrtätigkeit an den Universitäten München, Trier und Augsburg (Habilitation 1984), 1985 – 2001 Professur für Kunstgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität Kiel, 2001– 2013 Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Moderne am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin; 1996 – 2009 Vorsitzender des Landesdenkmalrates Berlin, 2008 – 2013 Vorsitzender des Kuratoriums des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München. Forschungsschwerpunkte: Architekturgeschichte der Neuzeit und der Moderne, Geschichte der Gartenkunst, Geschichte und Theorie der Denkmalpflege und Denkmalpolitik. Publikationen (Auswahl): Leo von Klenze. Führer zu seinen Bauten, Berlin / München 2016; gem. m. Gabi Dolff-Bonekämper u. a. (Hg.), Denkmalpflege statt Attrappenkult. Gegen die Rekonstruktion von Baudenkmälern – eine Anthologie (Bauwelt Fundamente 146), Basel u. a. 2011; Acht Thesen zum Denkmalschutz der Nachkriegsmoderne, in: Meier, Hans-Rudolf / Scheurmann, Ingrid (Hg.), DENKmalWERTE. Beiträge zur Theorie und Aktualität der Denkmalpflege (FS Georg Mörsch zum 70. Geburtstag), Berlin / München 2010, 123 –134. Nott Caviezel Geb. 1953 in Scuol/CHE. Studium der allgemeinen Kunst- und Architekturgeschichte, der Geschichte des Mittelalters sowie der Christlichen Archäologie an der Universität Freiburg/CH, 1989 Promotion mit einer Arbeit über Gotische Hallenkirchen und Stufenhallen in der Schweiz. Universitätsprofessor für Denkmalpflege und Bauen im Bestand an der Technischen Universität Wien. 1987– 1995 Direktor der Gesellschaft für schweizerische Kunstgeschichte, 2002 – 2011 Chefredakteur der Zeitschrift „werk, bauen + wohnen“, 2009 – 2018 Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Geschichte der Denkmalpflege, Denkmalpflegerische Praxis und Denkmalpflegepolitik, Architektur des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart, Kunst und Architektur des Mittelalters. Publikationen (Auswahl): gem. m. Martin, Oliver  /  Teuscher, Andreas, 100 Jahre Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege

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454 (dt. / fr. / ital.), hg. v. Bundesamt für Kultur, Bern 2017; Die erodierte Stadt. Das Wiener Memorandum und die Folgen, in: ÖZKD 69 (2015) Heft 1/2, 41–  50; Prunk und Prestige, Funktionalität und Eleganz. Das Wiener Parlamentsgebäude und sein Plenarsaal, in: UmBau 27 (2014), 142 –159. Willem Derde Geb. 1966 in Wetteren/BEL. Studium der Germanistik an der Universität Gent/BE (Master 1988) und der Vergleichenden Wissenschaft von Wissenssystemen ebenda (Post-graduate Degree 1989). Mitarbeiter am Departement für Vergleichende Kulturwissenschaft der Universität Gent. 2010 –2014 Direktor des Ename Center for Public Archaeology and Heritage Presentation in Belgien, 2013– 2016 Visiting Research Associate am Ironbridge International Institute for Cultural Heritage an der University of Birmingham. Forschungsschwerpunkte: Kulturelle Unterschiede, deren Einfluss auf den Denkmalschutz, Kulturerbestrategien und gesellschaftliche Teilhabe. Publikationen (Auswahl): gem. m. Smit, Mieke / Bakker, Corien, Archaeology in Everyday Life: A Blessing or a Curse? Perspectives from The Netherlands and Flanders, Belgium, in: Lähdesmäki, Ulla et al. (Ed.), Archaeology in Society and Daily Life. Challenges and Co-operation in the 21th Century, Tampere 2013, 15 – 20; Heritage and its Cultural Boundaries. Challenging the Western Paradigm by Means of the Example of China, in: Amoêda, Rogério et al. (Ed.), Heritage 2010. Heritage and Sustainable Development, Vol. 2, Barcelos 2010, 827– 836; gem. m. Gelders, Raf, Mantras of Anti-Brahmanism. Colonial Experience of Indian Intellectuals, in: Economic and Political Weekly 38 (2003), Issue 43, 4611– 4617. Robert Dornhelm Geb. 1947 in Timis¸oara/ROU, 1961 Emigration nach Wien/AUT. 1965– 67 Studium an der Filmakademie Wien. Filmregisseur. 1967–1975 mehr als 100 Dokumentarfilme für den ORF, zahlreiche Dokumentar- und Spielfilme, internationaler Durchbruch mit „Echo Park“ (1986); zuletzt Arbeit an der bisher vierteiligen TV-Serie über „Maria Theresia“ (Teil 3 und 4, 2019) und an der im Wien Sigmund Freuds spielenden Krimi-Reihe „Liebermann“. Dokumentarfilme (Auswahl): The Children of Theatre Street (1977), She Dances Alone (1979), Anne Frank – The Whole Story (2001), RFK – Ein Kennedy gibt nicht auf (TV 2002), Into the West (TV-Serie 2005, Produktion Steven Spielberg). Spielfilme (Auswahl): Echo Park (1986), Requiem für Dominic (1990), The Ten Commandments (TV 2006), Spartacus (2004), Kronprinz Rudolfs letzte Liebe (2006), Krieg und Frieden (2007).

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Auszeichnungen: Dr.-Karl-Renner-Preis der Stadt Wien (1975), Oscarnominierung für „The Children of Theatre Street“ als besten Dokumentarfilm (1978), Österreichischer Würdigungspreis für Filmkunst für „She dances alone“ (1981), Romy Beste Regie für „Kronprinz Rudolf“ (2007), Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2007), Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2013), Ehrenbürger von Timis¸oara (2014). Natalia Dushkina Geb. 1954 in Moskau/RUS. Studium der Architektur, Architekturgeschichte und Stadtplanung in Moskau. Professorin am Moscow Architectural Institute und an der Moscow State University of Geodesy and Cartography. 2016–2019 Vize-Präsidentin des Russischen Nationalkomitees des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS Russland), Mitglied des russischen Federal Scientific Council for Protection of Cultural Heritage, Gründungsmitglied des ICOMOS 20th Century Heritage Committee, Mitglied des ICOMOS Theory and Philosophy Committee, ICOMOSExpertin für die Word Heritage Sites. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Stadtplanung, Rekonstruktion und Authentizität in der Denkmalpflege, Architektur des 20. Jahrhunderts. Publikationen (Auswahl): From Stalinist Architecture to Post-war Modernism in Russia. Challenges for the Protection, in: Bartetzky, Arnold / Haspel, Jörg (Hg.), Von der Ablehnung zur Aneignung? Das architektonische Erbe des Sozialismus in Mittel- und Osteuropa (Visuelle Geschichtskultur 12), Köln u. a. 2014, 29 –  44; The Moscow Metro – A Heritage Complex of Outstanding Universal Value?, in: Haspel, Jörg u. a. (Hg.), Welterbestätten des 20. Jahrhunderts. Defizite und Risiken aus europäischer Sicht (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin 30) (dt. / engl.), Petersberg 2008, 128  –134; Heritage at Risk: The Fate of Modernist Buildings in Russia, in: Future Anterior 5 (2008), No. 1, 1–14. Michael Falser Geb. 1973 in Ambilly/FRA. Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien und der Technischen Universität Berlin (Promotion ebenda) sowie der Kunstgeschichte an der Universität Wien. Deutsche Forschungsgemeinschaft-Heisenberg-Fellow an der Technischen Universität München mit dem Forschungsprojekt „Deutschkoloniale Architektur als globales Bauprojekt um 1900 und transkulturelles Erbes heute“. 2009 – 2017 Projektleiter am Chair of Global Art History am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context. The Dynamics of Transculturality“ der Universität Heidelberg; 2013/14 Habilitation zum Thema „Heritage as a Transcultural Con-

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456 cept. Angkor Wat from Jungle Find to Global Icon”; Gastprofessuren an den Universitäten von Wien, Kyoto, Bordeaux-Montaigne und Paris-Sorbonne, 2018/19 Vertretungsprofessor für Global Art History an der Universität Heidelberg. Forschungsschwerpunkte: Globale Kunst- und Architekturgeschichte (18.– 21. Jahrhundert) im Spannungsfeld Europa, Asien und Afrika, Cultural Heritage and Museum Studies, Transkulturalität als Forschungsparadigma. Publikationen (Auswahl): Angkor Wat – A Transcultual History of Heritage. 2 Bände, Berlin / Boston 2019; (Ed.), Cultural Heritage as Civilizing Mission. From Decay to Recovery, New York et al. 2015; gem. m. Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 –2015) (Monumenta III) (dt. / engl. / franz.), Berlin 2015. Tamás Fejérdy Geb. 1947 in Budapest/HUN. Studium der Architektur und der Denkmalpflege an der Budapest University of Technology (BUT) (Promotion 1984 ebenda) sowie der University of Pécs (Promotion 2009). Professor an der Pázmány Péter Catholic University, der Eötvös Loránd Universität und der Babes¸-Bolyai University, Honorary Senior Lecturer an der BUT. 1997– 2002 und 2015 – 2018 Vorsitzender des Ungarischen Nationalkomitees des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS Ungarn), 2002 – 2003 Präsident des UNESCO Welterbekomittees, 2005 –2008 ICOMOS-Vizepräsident. Forschungsschwerpunkte: Kulturlandschaften, Denkmalpflege und Resilienz, immaterielle Dimensionen von Kulturerbe. Publikationen (Auswahl): Imago Mundi – Elemér Hankiss’s Thoughts on Architecture, in: Magyar Tudomány 179 (2018), Issue 10, 1530   –1539; The (Indirect) Impacts of the European Architectural Heritage Year 1975 in a Former „Socialist Country“ – Sketches for a Hungarian Case Study, in: Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015) (Monumenta III) (dt. / engl. / franz.), Berlin 2015, 380  – 389; Approaching 40: World Herit­ age Today and its Possible Future, in: Purchla, Jacek (Ed.), Protecting and Safeguarding Cultural Heritage. Systems of Management of Cultural Heritage in the Visegrad Countries, Kraków 2011, 247–  258. Gabriele Flossmann Ausbildung zur Bibliothekarin (Diplom 1971), Studium der Anglistik (BA) sowie der vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Wien (Master 2005). –  2013 Ressortleiterin für bildende Kunst Kulturjournalistin. 1973  und Leiterin des Ressorts Film beim ORF: Leitende Redakteurin und

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Moderatorin der „ZiB-Kultur“ und des „Kulturjournals“, Leiterin sowie Moderatorin der Sendereihe „MEDIUM“; seit 2013 Kulturjournalistin bei diversen Printmedien (KURIER, Illustrierte Neue Welt, NU). Projekte: Gründung und Leitung der Sendereihe „Galerie“, Leitung der Sendereihe „Trailer“ und „Neues vom Österreichischen Film“, Konzeptentwicklungen für diverse Kultursendungen („Eintritt frei“, „Cafe Central“, „Achtung Kultur“, „K1“, „Kulturmontag“), Dokumentationen (u. a. über Amerikanische Architektur, Charlie Chaplin, Massenkultur in Amerika, die Kunstolympiade Los Angeles und das Baalbeck-Kunstfestival). Miles Glendinning Geb. 1956 in London/GBR. Studium Klassischer Philosophie und Kultur am King’s College Cambridge und der Architekturgeschichte an der University of East Anglia in Norwich. Personal Chair of Architectural Conservation an der University of Edinburgh / Edinburgh College of Art, Director des Scottish Centre for Conservation Studies ebenda. 1978 – 2005 Architekturforschung für die Royal Commission on the Ancient and Historical Monuments of Scotland; Vorsitzender des International Specialist Committees Urbanism+Landscape des International Committee for Documentation and Conservation of Buildings, Sites and Neighbourhoods of the Modern Movement (DOCOMOMO), Aufbau der Online-Datenbank DOCOMOMO International Mass Housing Archive. Forschungsschwerpunkte: Massen-Wohnungsbau (Mass Housing) als globales Phänomen, Architekturkonservierung, Architektur nach dem Zweiten Weltkrieg, Architektur der Gegenwart, Architektur in Schottland. Publikationen (Auswahl): gem. m. Stefan Muthesius, Towers for the Welfare State. An Architectural History of British Multi-storey Housing 1945 –1970, Edinburgh 2017; Architectures and Public Spaces of Modernism, in: Sherry, Vincent (Ed.), The Cambridge History of Modernism, Cambridge et al. 2016, 200  –  219; The Conservation Move­ment: A History of Architectural Preservation. Antiquity to Modernity, London 2013. Egon Johannes Greipl Geb. 1948 in Passau/DEU. Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und der Alten Sprachen in Regensburg. Honorarprofessor an der Universität Bamberg. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus der Bayerischen Geschichte in München, anschließend am Deutschen Historischen Institut in Rom, 1984 –1989 Akademischer Rat am Institut für Bayerische Geschichte der Universität München, 1999 – 2013 Generalkonservator und Leiter des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, seit 2014 Stadtrat in Passau.

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458 Forschungsschwerpunkte: Denkmalpflege, Gedenk- und Erinnerungskultur, Bayerische Landesgeschichte. Publikationen (Auswahl): gem. m. Drost, Ludger, Stadtgeschichte und Stadtgestalt, in: Kreisfreie Stadt Passau. Ensembles, Baudenkmäler, Bodendenkmäler (Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland, Denkmäler in Bayern II.25), Regensburg 2014, LXIX –CXXXII; Denkmalpflege und (Wieder)aufbau / Ochrona zabytków a (od)budowa, in: Polnische Historische Mission an der Julius-MaximiliansUniversität / Polska Misja Historyczna przy Uniwersytecie Juliusza Maksymiliana (Bulletin der Polnischen Historischen Mission / Biuletyn Polskiej Misji Historycznej Vol. 7/2012), Torun 2012, 17– 39; Macht und Pracht. Die Geschichte der Residenzen in Franken, Schwaben und Altbayern, Regensburg 1991. Uta Hassler Geb. 1950 in Waghäusel/DEU. Studium der Architektur in München und Karlsruhe, Promotion und Zweite Staatsprüfung. Distinguished Affiliated Professor der Technischen Universität Mün–1991 Staatliche Hochbauverwaltung und Führungschen. 1982  akademie Baden-Württemberg; Projekte in der Bauverwaltung und der freien Praxis; Fachvertreterin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das Fach Architektur (bis 2005), Mitarbeit in Projekten der DFG, des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, des Deutschen akademischen Austauschdienstes, der Max-Planck- und der Humboldt-Gesellschaft; Mitglied u. a. im Kuratorium der Nationalen Ressourcen-Forum-Stiftung Naturschutz und der Jury des Deutschen Umweltpreises; 1991– 2005 Professur für Denkmalpflege und Entwerfen an der Technischen Universität Dortmund, 2005 – 2015 Professur und Leitung des Institutes für Denkmalpflege und Bauforschung der Eidgenössischen technischen Hochschule Zürich. Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theorie der Denkmalpflege, Ressourcenökonomie im Bauwesen, Bauen im Bestand, Bauwerkserhaltung, Bau- und Wissensgeschichte des 18. – 20. Jahrhunderts. Publikationen (Auswahl): gem. m. Kainz, Korbinian (Hg.), Die polytechnische Welt. Wissensordnung und Bauideal, 3 Bde., München 2016 – 2019; (Hg.), Langfristperspektiven archäologischer Stätten. Wissensgeschichte und forschungsgeleitete Konservierung (dt.  / engl. / fr.), München 2017; (Hg.), Heimat, Handwerk und die Utopie des Alltäglichen (dt. / ital.), München 2016. Manfred Hebenstreit Geb. 1957 in Altheim/AUT. Lehre als Feinmechaniker, zweijährige Asienreise. 1979 –1985 Studium Malerei und Grafik an der Kunstuniversität Linz.

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Freischaffender Künstler, Internationale Ausstellungs- und künstlerische Lehrtätigkeit. Regelmäßige Reisen und Auslandsaufenthalte (u. a. Kalifornien, Frankreich, Spanien, Italien, Indien, Australien, Schottland, Frankreich und Kroatien); 2002 Kulturpreis des Landes Oberösterreich; lebt und arbeitet seit 2015 in einem renovierten Vierkanthof in Peuerbach/OÖ. Arbeitsschwerpunkte: Malerei auf Leinwand, Glas, Metall und Holz, Auftragswerke im öffentlichen und privaten Raum, Kunst-am-Bau, Leuchtbilder und Spiegelbilder. Projekte und Publikationen (Auswahl): KOMPENDIUM (seit 2017): Mappe mit immer wieder neuen Faltblättern zu verschiedenen Aspekten des Hebenstreit-Werkes; KOMETOR Himmelskörper (2010): 18 Meter hohe begehbare Skulptur mit Filmanimationen „Wasserwelt“ und „Sternendom“ (Zusammenarbeit mit Billa Hebenstreit und anderen Partnern im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung „Renaissance und Reformation“, 2010); seit 1980 Kunstbücher und Publikationen zu Ausstellungsprojekten (u. a. Kunsthistorisches Museum Wien, Oberösterreichisches Landesmuseum Linz, Museum Würth Künzelsau, Ludwig Sammlung im Marmorpalast im State Russian Museum St. Petersburg). Martin Hochleitner Geb. 1970 in Salzburg/AUT. Studium der Klassischen Archäologie (1992 Mag. phil.) und Kunstgeschichte (2002 Promotion) an der Universität Salzburg. Direktor des Salzburg Museum, Honorarprofessor am Fachbereich Kunstwissenschaft der Katholischen Privat-Universität Linz. 1993 – 2000 Mitarbeiter am Institut für Kulturförderung des Landes Oberösterreich, 2000  –2012 Leiter der Landesgalerie Linz am Oberösterreichischen Landesmuseum, 2008 – 2017 Universitätsprofessor für Kunstgeschichte und Kunsttheorie an der Kunstuniversität Linz; 2013 „ars docendi“ – Staatspreis für exzellente Lehre an Österreichischen Universitäten. Forschungsschwerpunkte: Österreichische Kunstgeschichte nach 1945, Fotografie, Referenzkunst. Publikationen (Auswahl): Alfred Kubin – Spuren in Salzburg, Weitra u. a. 2019; Einleitung oder Von Blicken des Salzburg Museum in die eigene Vergangenheit im Spiegel aktueller Forschungsperspektiven auf Museen im Nationalsozialismus, in: Anschluss, Krieg & Trümmer. Salzburg und sein Museum im Nationalsozialismus (AK Salzburg Museum, März – September 2018), Salzburg 2018, 11–14; Zeitlichkeit, in: LeischKiesl, Monika u. a. (Hg.), Ästhetische Kategorien (Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie 7), Bielefeld 2017, 301– 321.

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460 Achim Hubel Geb. 1945 in Sünching/DEU. Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und mittelalterlichen Geschichte in Regensburg und München (Promotion in Kunstgeschichte 1972 ebenda). Professor für Denkmalpflege am Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (1981– 2011). 1973 –1974 Museumsvolontär in Köln und München, 1974  –1981 Diözesankonservator in Regensburg; 1988  –1990 Dekan der Fakultät Geschichts- und Geowissenschaften der Universität Bamberg, 1996  –1999 stellvertretender Sprecher, 1999 – 2002 Sprecher des Graduiertenkollegs „Kunstwissenschaft – Bauforschung – Denkmalpflege“ der Universität Bamberg und der Technischen Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte: Architektur, Skulptur und Malerei des Mittelalters, Goldschmiedekunst, Denkmalkunde, wissenschaftliche Inventarisation sowie Geschichte und Theorie der Denkmalpflege. Publikationen (Auswahl): Denkmalpflege. Geschichte – Themen – Aufgaben. Eine Einführung, Stuttgart 42019; gem. m. Schuller, Manfred, Der Dom zu Regensburg. Vom Bauen und Gestalten einer gotischen Kathedrale (Die Kunstdenkmäler von Bayern NF VII) 5 Bände, Regensburg 2010  – 2016; Achim Hubel. Kunstgeschichte und Denkmalpflege. Ausgewählte Aufsätze, Festgabe zum 60. Geburtstag, hg. v. Fink, Alexandra u. a., Petersberg 2005. Jessica Jarosch Geb. 1971 in Salzburg/AUT. Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Salzburg und München, Forschungssemester in Florenz. Freie Tätigkeit als Lektorin und Redakteurin kunstwissenschaftlicher Publikationen sowie beim Österreichischen Bundesdenkmalamt und im Bayerischen Nationalmuseum. Seit 1997 freischaffende Schriftstellerin und Journalistin in Wien, Engagements für Film- und Fernsehprojekte; 2014 Übersiedlung in die Schweiz, Art-Direktorin der „The Story Shop GmbH“ in Luzern und Bern, Projektmitarbeit zu Themen der Zukunftsforschung an den Universitäten Bern und Fribourg. Arbeitsschwerpunkte: Gestalterin und Gebrauchs-Schriftstellerin in vielfältigen Bereichen medialer Kommunikation. Projekte und Publikationen (Auswahl): Autorin der Spieldokumentation „Hallstatt – ein Leben zwischen Fels und See / Living between Rock and Lake“ (2004); Im Produktionsteam mehrerer Autorenfilme und Literaturverfilmungen (u. a. „Die Wand“, 2012); gem. m. Lipp, Wilfried / Lammerhuber, Lois, Hallstatt – Dachstein – Salzkammergut. Welterbe der UNESCO (dt. / engl.), Linz 1999.

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Jukka Jokilehto Geb. 1938 in Helsinki/FIN. Studium der Architektur und der Stadtplanung an der Polytechnic University of Helsinki und der University of York (Promotion ebenda 1986) sowie am International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM) der UNESCO in Rom. Ao. Professor an der University of Nova Gorica und der Università Iuav di Venezia. Ab 1972 Leiter des Ausbildungsprogrammes zur Denkmalpflege am ICCROM, 1992 –1998 stellvertretender Generaldirektor, seit 2006 Berater des Generaldirektors ebenda; 2000 –2006 Vertreter des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) für Nominierungen von Weltkulturerbestätten, Ehrenmitglied von ICOMOS Finnland. Forschungsschwerpunkte: Konservierungstheorie und -geschichte, Planung und Management von gebautem Kulturerbe, Städte- und Architekturkonservierung. Publikationen (Auswahl): A history of Architectural Conservation, London/New York 22018; (Ed.), The World Heritage List. What is OUV? Defining the Outstanding Universal Value of Cultural World Heritage Properties (Monuments and Sites 16), Berlin 2008; After Nara: The Process of Transculturation in Global Heritage Doctrines, in: Falser, Michael / Juneja, Monica (Hg.), Kulturerbe und Denkmalpflege transkulturell. Grenzgänge zwischen Theorie und Praxis (Veröffentlichungen des AKTLD 21), Bielefeld 2013, 321– 340. Reinhard Kren Geb. 1973 in Klagenfurt/AUT. Studium der Geschichte und Philosophie an der Universität Wien, 2001 Magister-Abschluss mit einer Arbeit zum spätmittelalterlichen Klosterwesen im Herzogtum Österreich. 1999 –2005 Buchhändler/Antiquar in Wien, seit 2006 Mitarbeiter am Fachbereich Kunstwissenschaft der Katholischen Privat-Universität Linz, 2012– 2019 Lehrbeauftragter für Wissenschaftliches Arbeiten ebenda; daneben Tätigkeit als Lektor und Mitarbeit bei wissenschaftlichen Publikationsprojekten. Publikationen (Auswahl): gem. m. Androsch, Peter, Auf dem Weg zu einer „Ethik der Beschallung“, in: ThPQ 164/3 (2016), 227–  236; Geschriebenes, in: Schuh, Franz (Hg.), 2013 Facetten. Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz, Weitra 2013, 15 – 26; Fußnoten zum Kumanenstein, in: Das Waldviertel 58 (2009), Heft 4, 371– 375. Helene Karmasin Geb. in Gablonz/CZE. Studium der Psychologie, Semiotik und Anthropologie in Wien, München und Leicester, Promotion an der Universität Wien.

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462 Leitet das Institut Karmasin Behavioural Insights in Wien. Gründung des Instituts für Motivforschung in Wien, lange Zeit Gesellschafterin des österreichischen Gallup Instituts; Internationale Unternehmensberatung in strategischer Marktforschung mit einer Spezialisierung auf qualitative Methoden, Motivforschung, semiotische und verhaltensökonomische Analysen. Forschungsschwerpunkte: Einbettung von Produkten und Marken in die Kultur zeitgenössischer Gesellschaften. Publikationen (Auswahl): Verpackung ist Verführung. Die Entschlüsselung des Packungscodes, Freiburg / München, 2016; Wahre Schönheit kommt von außen, Salzburg 2011; gem. m. Karmasin, Matthias, Cultural Theory. Anwendungsfelder in Kommunikation, Marketing und Management, Wien 2011. Monika Leisch-Kiesl Geb. 1960 in Linz/AUT. Studium der Theologie in Linz und Salzburg (1990 Promotion ebenda) und der Kunstgeschichte und Philosophie in Salzburg, Wien, München und Basel (1996 Promotion in Kunstgeschichte ebenda). Universitätsprofessorin für Kunstwissenschaft und Ästhetik am Institut für Geschichte und Theorie der Kunst an der Katholischen Privat-Universität Linz, 2005–2014 Praeses des Instituts für Kunstwissenschaft und Philosophie ad instar facultatis ebenda. Seit 2014 regelmäßige Forschungsaufenthalte in Basel; Mitherausgeberin der „Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie“ sowie von „kunst und kirche. Magazin für Kritik, Ästhetik und Religion“. Forschungsschwerpunkte: (Mittelalterliche) Buchmalerei, Künstlerische Positionen des 20./21. Jahrhunderts, Inter- und Transkulturalität, Zeichnung, Bild_Text_Medium, Kunsttheorie und Ästhetik. Publikationen (Auswahl): gem. m. Boelderl, Artur R. (Hg.), „Die Zukunft gehört den Phantomen“. Kunst und Politik nach Derrida (Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie 9), Bielefeld 2018; gem. m. Allerstorfer, Julia (Hg.), „Global Art History“. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft (Linzer Beiträge zur Kunstwissenschaft und Philosophie 8), Bielefeld 2017; ZeichenSetzung | BildWahrnehmung. Toba Khedoori: Gezeichnete Malerei, Wien 2016. Christoph Leitl Geb. 1949 in Linz/AUT. Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz (1973 Doktorat), im Anschluss Besuch der Hernstein Management Akademie (Diplom 1974). Präsident der Europäischen Wirtschaftskammer (Eurochamb­ res). 1977–1990 Geschäftsleitung und Gesellschafter des familiären Un-

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ternehmens Bauhütte Leitl-Werke, 1986 Gründung der Baustoff Interhandel GmbH; 1999 –2017 Präsident des Österreichischen Wirtschaftsbundes (in der Folge Ehrenpräsident), 2000 – 2018 Präsident der Wirtschaftskammer Österreich sowie Mitglied des Bundesparteivorstandes der Österreichischen Volkspartei. Vielfältige Lehr- und Votragstätigkeit (u. a. an der Princeton University, der Marmara University und der University of Buenos Aires), Ehrendoktorat der TOBB Universität für Wirtschaft und Technik, Ankara; zahlreiche Auszeichnungen und Preise (u. a. Großes Goldenes Ehrenzeichen des Landes Oberösterreich, Energy Globe Award, Ehrenpreis für ein Lebenswerk und Bürgerpreis des Europäischen Parlaments). Publikationen (Auswahl): China am Ziel! Europa am Ende? Salzburg / München 2020; gem. m. Fischer, Heinz, Österreich für Optimisten, Wals b. Salzburg 2017; gem. m. Verheugen, Christoph (Hg.), Europa? Europa! Wo liegt die Zukunft unseres Kontinents? What lies ahead for the future of our continent?, Baden-Baden 2011. Tarek Leitner Geb. 1972 in Linz/AUT. Studium der Rechtswissenschaften in Linz (Promotion 1997). Journalist und Autor. Redakteur und Reporter im ORF Landesstudio Oberösterreich (1990  –1998), Korrespondent in Brüssel (2001), Redakteur der Innenpolitik-Redaktion der „Zeit im Bild“ (1998 –2004), Moderator der Zeit im Bild-Sendungen seit 2002; zudem Gestalter von Dokumentationen, Moderationen zeitgeschichtlicher Sendungen sowie aktueller Talkformate wie „Runder Tisch“, „Im Zentrum“, „ORF-Sommergespräche“. Arbeitsschwerpunkte: Befasst sich publizistisch mit – populärwissenschaftlich aufbereiteter – Entwicklung unserer Lebensumgebung und der Verwandlung der Welt durch die aktuelle Baukultur. Publikationen (Auswahl): Gem. m. Coeln, Peter, Hilde & Gretl. Über den Wert der Dinge, Wien 2018; Wo leben wir denn? Glückliche Orte und warum wir sie uns erschaffen sollten, Wien 2015; Mut zur Schönheit. Streitschrift gegen die Verschandelung Österreichs, Wien 2012. Hans-Rudolf Meier Geb. 1956 in Zürich/CHE. Studium der Kunstwissenschaft, Geschichte, Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie, 2000 Habilitation an der Universität Basel. Professor für Denkmalpflege und Baugeschichte an der BauhausUniversität Weimar, 2011/12 Prorektor für Forschung ebenda. 2003– 2008 Professor für Denkmalkunde und angewandte Bauforschung an der Technischen Universität Dresden, 2008 –2016 Erster Vorsitzender des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V.

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464 Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theorie der Denkmalpflege, Architektur- und Kunstgeschichte des Mittelalters, Rezeptionsund Fachgeschichte. Publikationen (Auswahl): Das Dokument im Monument: Über Spolien, in: ÖZKD 71 (2017), Heft 2/3, 175 –179; gem. m. Eckardt, Frank u. a. (Hg.), Welche Denkmale welcher Moderne? Zum Umgang mit Bauten der 1960er und 70er Jahre, Berlin 2017; gem. m. Scheurmann, Ingrid (Hg.), DENKmalWERTE. Beiträge zur Theorie und Aktualität der Denkmalpflege (FS Georg Mörsch zum 70. Geburtstag), Berlin / München 2010. Hans Max-Theurer Geb. 1942 in Wels/AUT, † 2019 Schloss Achleiten/AUT. Lehre als Kunstschlosser, daneben und im Anschluss Grundausbildung als Reiter beim ehemaligen Kavallerie-Offizier Wilhelm Pichler. Ab 1969 Reitlehrer im oberösterreichischen Ampfelwang, dort eigenständige Ausbildung des Schulpferdes „Astor“ zur Grand-PrixReife. 1974 mit „Astor“ Teilnahme an den Weltmeisterschaften im Dressurreiten in Kopenhagen/DK für Österreich, in Folge Trainer von Elisabeth „Sissy“ Theurer, die mit „Mon Cherie“ 1979 die DressurEuropameisterschaft in Aarhus/DK und 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau/RUS eine Goldmedaille gewann; 1989 –1991 Errichtung einer Reitanlage beim 1982 von Familie Theurer erworbenen und restaurierten Schloss Achleiten; nach dem Karriereende von Sissy Max-Theurer (1994) Trainer von Victoria Max-Theurer (u. a. bis dahin jüngste Teilnehmerin im Dressurbewerb bei Olympischen Spielen 2004 in Athen/GR). Als Reitlehrer und Trainer Ausbildung von über 30 Grand-Prix-Pferden und zahllosen Dressurpferden aller Klassen; langjähriger Leiter des Hauptreferats für Ausbildung im Reitsport im Österreichischen Pferdesportverband; Verleihung des Titels „Reitmeister“. Weitere Interessen Hans Max-Theurers galten der Kunst, Antiquitäten, der Geschichte sowie historischen Baudenkmalen (Burgen und Schlösser). Louise Noelle Geb. 1944 in Mexiko City/MEX. Studium der Kunstgeschichte an der Universidad Iberoamericana und der Universidad Nacional Autó­ noma de México (UNAM). Professorin für mexikanische Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts am Instituto de Investigaciones Estéticas der UNAM. 2000 – 2001 Inspektorin der World Heritage Declaration of the Ciudad Universitaria de Caracas für die UNESCO bzw. das International Council on Monuments and Sites (ICOMOS), 2006 – 2019 Präsidentin des mexikanischen Landesverbands des International Com-

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mittee for Documentation and Conservation of Buildings, Sites and Neighbourhoods of the Modern Movement (DOCOMOMO Mexico); Gründungsmitglied des Comité International des Critiques d’Architecture, Ehrenmitglied der Sociedad de Arquitectos Mexicanos; Ehrendoktorin der Universität Michoacana de San Nicolás de Hidalgo. Forschungsschwerpunkte: Mexikanische Architektur des 20. Jahrhunderts, Dokumentation und Schutz des kulturellen Erbes. Publikationen (Auswahl): Luis Barragán. Search and Creativity (Centerline 13), ed. by Wang, Wilfried / Krohn Carsten, Austin 2018; Le Mexique, son patrimoine et l’influence de l‘Année Européenne du Patrimoine Architectural 1975, in: Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Eu–  2015) (Monumenta III) ropäischen Denkmalschutzjahres (1975  (dt. / engl. / franz.), Berlin 2015, 414  –  420; Arquitectos Contemporáneos de México, México Distrito Federal 1989. Eva Nowotny Geb. 1944 in Wiener Neustadt/AUT. Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien (Promotion 1968). Im Diplomatischen Dienst für Österreich, Vorsitzende des Univer–1972 Universitätsassistensitätsrats der Universität Wien. 1968   tin an der Universität Wien. 1973 –1983 vielfache Auslandsverwendungen am Österreichischen Kulturinstitut in Kairo und an der Österreichischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, 1983  –1992 Außenpolitische Beraterin im Büro des Bundeskanzlers, 1992  –1997 Österreichische Botschafterin in Frankreich, 1997–1999 in Großbritannien, 1999–2003 Leitung der Integrations- und Wirtschaftspolitischen Sektion des Außenministeriums, 2003 – 2008 Österreichische Botschafterin in den Vereinigten Staaten von Amerika, im Commonwealth der Bahamas und bei der Organisation Amerikanischer Staaten. 2009 – 2018 Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission. Zahlreiche inländische und ausländische Auszeichnungen, u. a. Großes Silbernes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (2009) und Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (2019). Margit Öllinger Geb. 1985 in Amstetten/AUT. Studium der Kunstgeschichte in Wien und der Kunstwissenschaft und Philosophie an der Katholischen Privat-Universität Linz, 2019 Master ebenda mit einer Arbeit über Vierkanthöfe in Oberösterreich; 2018/19 Ausbildungslehrgang Heimatund Ahnenforschung an der Akademie für Bildung und Volkskultur Oberösterreich.

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466 Assistentin im Kunst- und Antiquitätenhandel Josef Renz, Wilhelmsburg. Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkt: Bäuerliches bau- und landschaftskulturelles Erbe. Publikationen (Auswahl): Eine Neubewertung der Moderne. Werner Hofmann. Das Irdische Paradies. Motive und Ideen des 19. Jahrhunderts, in: Lipp, Wilfried (Hg.), Fokus Moderne im Kontext von Kunst und Philosophie (druckfrisch 1), Linz / Freistadt 2017, 86  –102. Michael Petzet Geb. 1933 in München/DEU, † 2019 in Krailing b. München. Studium der Kunstgeschichte und Archäologie in München und Paris, Promotion 1961. Ehrenpräsident des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) sowie von ICOMOS Deutschland. 1974  –1999 Generalkonservator des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, 1988 – 2012 Präsident von ICOMOS Deutschland, 1999 – 2008 Präsident von ICOMOS International; Honorarprofessor an der Universität Bamberg, der Akademie der Bildenden Künste München und der Technischen Universität München; Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des Karl-Friedrich-Schinkel-Rings sowie weiterer nationaler Auszeichnungen. Forschungsschwerpunkte: Französische Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts, regionale Bauformen, Bedrohungen für das kulturelle Erbe, Präventive Konservierung. Publikationen (Auswahl): gem. m. Machat, Christoph / Ziesemer, John (Ed.), Heritage at Risk. World Report 2011– 2013 on Monuments and Sites in danger (H&R) (engl. / fr.), Berlin 2014; International Principles of Preservation (Monuments and Sites XX), Berlin 2009; gem. m. Mader, Gert Thomas, Praktische Denkmalpflege, Stuttgart u. a. 1995. Erika Pieler Geb. 1977 in Wien/AUT. Studium der Klassischen Archäologie in Wien (Mag. phil 2000) und der Rechtswissenschaften ebenda (Promotion 2008). Richterin am Bundesverwaltungsgericht. 2001– 2002 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Archäologischen Institut in Athen, 2006  – 2013 Juristin in der Abteilung Denkmalschutz des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, stellvertretende Abteilungsleiterin sowie Leiterin des Referats für Kulturgüterschutz, Archäologie und Ausfuhr von Kulturgut. Forschungsschwerpunkte: Ägäische Bronzezeit, Denkmalschutzrecht, internationaler Kulturgüterschutz. Publikationen (Auswahl): Internationaler Kulturgüterschutz und die UNESCO Konvention von 1970. Untersuchungen zur Umsetzung

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völkerrechtlicher Verpflichtungen in Österreich, Wien 2009; Kommentar zum Kulturgüterrückgabegesetz (KGRG), in: Gitschthaler, Edwin / Höllwerth, Johann (Hg.), Kommentar zum Außerstreitgesetz, Band 2: Nebengesetze, Wien 2017, 421–  489; Archäologischer Kulturgüterschutz in Österreich, in: Recker, Udo / Davydov, Dimitrij (Hg.), Archäologie und Recht II. Wohin mit dem Bodendenkmal? (Fundberichte aus Hessen. Beihefte 11), Wiesbaden 2018, 133 –143. Wilfried Posch Geb. 1940 in Wien/AUT. Studium der Architektur an der Technischen Hochschule in München, an der Akademie der bildenden Künste in Wien, Meisterschule für Architektur/Institut für Städtebau Roland Rainer (Magister 1971), Doktoratsstudium an der Technischen Universität Graz, Promotion 1976, Habilitation 1984, Lehrbefugnis für Raumordnung und Stadtbaugeschichte. Architekt und Ziviltechniker. 1989 –2008 Universitätsprofessor für Städtebau, Raumplanung und Wohnungswesen an der Kunstuniversität Linz, 1996 – 2000 Rektor-Stellvertreter ebenda; seit 2003 Korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Berlin. Forschungsschwerpunkte: Vergleichende Erhebungen zur Raumnutzung verschiedener Großstädte sowie zu Verkehrsfragen Bahn versus Auto, Stadterneuerung und städtebauliche Denkmalpflege sowie Geschichte, Theorie und Praxis des Städtebaues, Biographische Studien. Publikationen (Auswahl): Die Eisenbahnbrücke zwischen Freunden und Feinden. Die Stellungnahme des Denkmalbeirates, in: Streitt, Ute u. a. (Hg.), Die Linzer Eisenbahnbrücke. Von der Neuen Brücke zur Alten Dame, Weitra / Linz 2016, 143 –162; Clemens Holzmeister. Architekt zwischen Kunst und Politik, Salzburg / Wien 2010; Die Wiener Gartenstadtbewegung. Reformversuch zwischen erster und zweiter Gründerzeit, Wien 1981. Andrea Reichenberger Geb. 1976 in Bad Reichenhall/DEU. Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Philologie und Philosophie in Salzburg (2001 Mag. in Kunstgeschichte mit einer Arbeit über Alois Riegl, publiziert 2003), 2014 Promotion in Philosophie mit einer Arbeit über die „Institutions physiques“ von Émilie du Châtelet (publiziert 2016) an der Universität Paderborn. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Center for the History of Women Philosophers and Scientists, Universität Paderborn. Forschungsschwerpunkte: Frauen in Philosophie und Wissenschaft, Geschichte der Logik, Geschichte der Mathematik und Physik (vorwiegend des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts).

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468 Publikationen (Auswahl): From Solvability to Formal Decidability. Revisiting Hilbert’s „Non-Ignorabimus“, in: Journal of Humanistic Mathematics 9 (2019), Issue 1, 49 –  80; The Clock Paradox: Luise Lange’s Discussion, in: Christian, Alexander et al. (Ed.), Philosophy of Science. Between the Natural Sciences, the Social Sciences, and the Humanities (European Studies in Philosophy of Science 9), Cham 2018, 55– 61; How to Teach History of Philosophy and Science. A Digital Based Case Study, in: Transversal. International Journal for the Historiography of Science 5 (2018), Special Issue: Methods and Cognitive Modelling in the History and Philosophy of Science–&–Education, 84 – 99. Barbara Rett Geb. 1953 in Wien/AUT. Studium der Germanistik und Romanistik in Wien und Innsbruck (Promotion 1978 ebenda). Journalistische Anfänge schon in der Schulzeit („Music Box“ im ORFHörfunk), danach u. a. Gastgeberin der Diskussionssendung „Club 2“ im ORF, Moderatorin der Ö1-Reihe „Von Tag zu Tag“ sowie der TVFormate „Treffpunkt Kultur“ und der Kulturnachrichten der „Zeit im Bild“; erste Moderatorin in der Geschichte des „Neujahrskonzerts“; daneben Tätigkeit als Kuratorin, Erwachsenenbildnerin und Ausstellungsmacherin. Seit vielen Jahren Präsentation des Wiener Opernballs und der großen Opern-Übertragungen des ORF aus der Wiener Staatsoper, von den Salzburger Festspielen sowie vielen anderen Festivals; seit 2011 Leitung und Präsentation der sonntäglichen Hauptabendsendung „Erlebnis Bühne“ (Opern, Konzerte und Dokumentationen) am Spartensender „ORF III Kultur und Information“. Publikationen (Auswahl): KulturWerk. Außergewöhnliche Gespräche mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Porträts von Ernst Kainerstorfer, hg. v. Johannes Fischer, Wien 2011; Meine Mutter, in: Coudenhove-Kalergi, Barbara (Hg.), Meine Wurzeln sind anderswo. Österreichische Identitäten, Wien 22002, 105  –106. Ursula Schädler-Saub Geb. 1955 in München/DEU. Studium der Kunst- und Kulturgeschichte in Mailand und Florenz (Abschluss mit Laurea in Lettere), Studium der Restaurierungswissenschaft in Florenz (Abschluss Dipl. Rest.), Promotion an der Technischen Universität Berlin im Fach Kunstgeschichte (1998). Professorin für Geschichte u. Theorie der Restaurierung u. Kunstgeschichte an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. 1981–1993 Restauratorin und Gebietsreferentin am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege; Mitglied des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) Deutschland, Leiterin der ICOMOS-AG Konservierung-Restaurierung, Mitglied des ICO-

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MOS Theory and Philosophy Committees, Mitglied des International Council of Museums. Forschungsschwerpunkte: Geschichte, Theorie und Ethik der Restaurierung. Publikationen (Auswahl): Dealing with Authenticity in the Conservation and Restoration of Wall Paintings and Architectural Surfaces, in: Dies. / Szmygin, Boguslaw (Ed.), Conservation Ethics Today: Are our Conservation-Restoration Theories and Practice Ready for the 21st Century?, Lublin 2020; Konservierung, Restaurierung, Instandsetzung (Kap. I.IV), Neubearb. d. 2004 erschienenen Beitrags, in: Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege. Recht – fachliche Grundsätze – Verfahren – Finanzierung, neu hg. v. Dimitrij Davydov u. Jörg Spennemann, München 42017, 697–718; Cesare Brandis Theorie der Restaurierung, ihre historische Bedeutung und ihre Aktualität, in: Cesare Brandi, Theorie der Restaurierung, hg., übers. a. d. Ital. u. komm. v. Ursula Schädler-Saub u. Dörthe Jakobs (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 41), München 2006, 21– 36. Ingrid Scheurmann Geb. 1954 in Winterberg/DEU. Studium der Geschichte, Anglistik und Politologie an der Philipps-Universität Marburg. Honorarprofessorin für Denkmalpflege an der Technischen Universität (TU) Dortmund. Seit 1995 bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, 2001– 2008 Leiterin der Dehio Geschäftsstelle ebenda; 2005 Kuratorin der Ausstellung „ZeitSchichten – Erkennen und Erhalten. Denkmalpflege in Deutschland“ im Residenzschloss Dresden, 2014 – 2017 Leiterin des Teilprojekts „Noch eine Erweiterung des Denkmalbegriffs?“ im Forschungsprojekt „Welche Denkmale welcher Moderne?“ an der Bauhaus Universität Weimar und der TU Dortmund; Mitglied im Vorstand des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. (2008  – 2018) und des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) (seit 2001). Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theorien der Denkmalpflege, Angewandte Bauforschung, Nachkriegsmoderne. Publikationen (Auswahl): Konturen und Konjunkturen der Denkmalpflege. Zum Umgang mit baulichen Relikten der Vergangenheit, Köln u. a. 2018; gem. m. Eckardt, Frank u. a. (Hg.), Welche Denkmale welcher Moderne? Zum Umgang mit Bauten der 1960er und 70er Jahre, Berlin 2017; gem. m. Meier, Hans-Rudolf (Hg.), DENKmalWERTE. Beiträge zur Theorie und Aktualität der Denkmalpflege (FS Georg Mörsch zum 70. Geburtstag), Berlin / München 2010. Giora Solar Geb. 1947/SVK. Studium der Architektur und der Stadtplanung am Politecnico di Milano und am Technion in Haifa (Graduierung eben-

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470 da) sowie der Konservierung am International Center for the Conservation and Restoration of Cultural Property in Rom. Freiberuflicher Architekt (Solar Architects) sowie Professor an der Ben Gurion University in Beer Sheva sowie am Tel-Hai College in Upper Galile. 1988  –1995 Direktor der Abteilung Konservierung der Israel Antiquities Authority, 1995 – 2000 Leiter der Feldforschungsprojekte des Getty Conservation Institute; 1999 – 2008 Generalkämmerer des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS), Kontaktbeamter des UNESCO World Heritage Center sowie Generalsekretär des ICOMOS Training Committee, seit 2018 Generalsekretär des ICOMOS Theory and Philosophy Committee. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Feldforschung und Konservierungsplanungen weltweit (u. a. Benin, Prag, Mexiko, Israel), Erstellung eines umfangreichen Dokumentationsarchivs. Publikationen (Auswahl): Conservation and Religion, in: Falser, Michael et al. (Ed.), Conservation and Preservation. Interactions between Theory and Practice. In memoriam Alois Riegl (1858 –1905), Firenze 2010, 249 – 255; gem. m. Ellenblum, Ronnie / Rubin, Rehav, Khirbat alLawza, A Frankish Farm House in the Judean Hills in Central Pales­ tine, in: Levant 28 (1996), 189 –198; gem. m. Sivan, Renee, Excavations in the Jerusalem Citadel. 1980  –1988, in: Geva, Hillel (Ed.), Ancient Jerusalem Revealed, Jerusalem 1994, 168  –176. Georg Spiegelfeld Geb. 1957 in Grieskirchen/AUT. Studium der Rechtswissenschaften in Salzburg (Dr. jur. 1978). Gerichtlich beeideter Sachverständiger, seit 2010 Kurator am WIFI Oberösterreich. 1980 Übernahme der elterlichen Land- und Forstwirtschaft, 1988 Übernahme der Guts- und Hausverwaltung Tillys­ burg, seit 1989 als privater Bauträger Reparatur bzw. Generalsanierung von rund 60 historischen Objekten in Österreich und Deutschland; 2003 – 2010 Mitglied im österreichischen Bundesrat, 1992– 2010 Präsident der Vereins für Denkmalpflege in Oberösterreich, 2010  – 2019 Präsident der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich. Marko Špikic Geb. 1973 in Zagreb/CRO. Studium der Kunstwissenschaften und vergleichenden Literaturwissenschaften an der University of Zagreb (UniZG) (Promotion 2007 ebenda). Ao. Professor an der UniZG. Seit 2018 Vizepräsident des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) Theory and Philosophy Committee; 2011–  2016 Vorsitzender, seit 2016 Generalsekretär des Kroatischen Nationalkomitees des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS Kroatien).

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Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theorie der Denkmalpflege, Probleme der architektonischen Rekonstruktion in Europa. Publikationen (Auswahl): Ruins and Slavic Utopia. Architecture of the Social Reform in Croatian Historic Towns, 1945  –1960, in: Heß, Regine (Hg.), Architektur und Akteure. Praxis und Öffentlichkeit in der Nachkriegsgesellschaft (Architekturen 43), Bielefeld 2018, 145  – 160; Reactions to the 1975 European Architectural Heritage Year – the Case of Socialist Croatia, in: Falser, Michael / Lipp, Wilfried (Hg.), Eine Zukunft für unsere Vergangenheit. Zum 40. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres (1975 – 2015) (Monumenta III) (dt. / engl. / franz.), Berlin 2015, 390 – 399; A Portrait of Riegl in Split, in: Noever, Peter (Hg.), Alois Riegl Revisited. Beiträge zu Werk und Rezeption (dt. / engl.), Wien 2010, 137–139. Georg Steinmetzer Geb. 1966 in Salzburg/AUT. Studium der Rechtswissenschaften, Kunstgeschichte und Archäologie in Salzburg, Diplomprüfung zur Denkmalforschung bei Wilfried Lipp (1991), 1992 Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Rom, Promotion in Kunstgeschichte in Rom 2002. Freiberufliche Tätigkeit in München, bis 2009 überwiegend in der Denkmalpflege, seither verstärkt in der Forschung. 1992  –1994 Denkmalsanierungen in Sachsen-Anhalt, 1995 –1999 Leitung von Restaurierung und Umbau der Bibliotheca Hertziana (Max-PlanckInstitut) Rom; 2013– 2018 Jurymitglied zur Verleihung des HypoDenkmalpreises, 2016 –2018 Monitoring Beauftragter des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) für die Kulturlandschaft Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut. Publikationen zu Einzelfragen der Architekturgeschichte, vornehmlich des 16. Jhds. und zur österreichischen Kunst der Zwischenkriegszeit; zudem Veröffentlichungen als Fotograf (Auswahl): Rudigier, Alexander / Truyols, Blanca, Giambologna. Court Sculptor to Ferdinando I. His Art, his Style and the Medici Gifts to Henry IV., London 2019; Gebaute Außenpolitik 1937: Das Österreichische Kulturinstitut und die Kriegerkapelle von Santa Maria dell´Anima in Rom, in: Römische Mitteilungen 57 (2015), 131–196; Wie sah die Dürrnberger Kirche einst aus? Erkenntnisse und Vorschläge, in: ÖZKD 65 (2011), Heft 4, 312 – 343. Josef Štulc Geb. 1944 in Prag/CZE. Studium der Architektur an der Czech Technical University (CTU) und der klassischen Archäologie an der Univerzita Karlova in Prag (PhD 1970). Dozent an der Fakultät für Architektur an der CTU. 1990  –2002 Direktor und von 2003 – 2012 Generalkonservator des National Herita-

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472 ge Institute / Národní památkový ústav, Prag, 2007–  2016 Präsident des Tschechischen Nationalkomitees des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS Tschechien). Forschungsschwerpunkte: Geschichte mittelalterlicher Architektur, Geschichte und Theorie der Denkmalpflege. Publikationen (Auswahl): Czech Republic, in: Carughi, Ugo / Visone, Massimo (Ed.), Time Frames. Conservation Policies for TwentiethCentury Architectural Heritage, Abingdon / New York 2017, 231– 233; Transformation of the Heritage Preservation System in the Czech Republic after 1989, in: Purchla, Jacek (Ed.), Protecting and Safeguarding Cultural Heritage. Systems of Management of Cultural Herit­ age in the Visegrad Countries, Kraków 2011, 61– 70; Czech Herit­ age Preservation Movement and Urban Conservation, in: Centropa 7 (2007), Issue 1, 44  – 56. Werner Telesko Geb. 1965 in Linz/AUT. Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Klassischen Archäologie in Wien (1993 Promotion, 2000 Habilitation ebenda). Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). 2013 – 2017 Direktor des Instituts für kunstund musikhistorische Forschungen an der ÖAW, seit 2013 Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Historischen Institut in Rom (1988  –1990) und in den Kunstsammlungen des Benediktinerstifts Göttweig (1990  –1993), 2009 Gastprofessor an der École pratique des hautes études (Sorbonne) in Paris. Forschungsschwerpunkte: Barocke Ikonografie, Habsburgische Kunst und Kunstpolitik von der Frühen Neuzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert, Kunst des 19. Jahrhunderts. Publikationen (Auswahl): (Hg.), Die Repräsentation der HabsburgLothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur. 1618 –1918 (dt. / engl.), Wien u. a. 2017; (Hg.), Die Wiener Hofburg 1835 –1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des „Kaiserforums“ (Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 15), Wien 2012; Geschichtsraum Österreich. Die Habsburger und ihre Geschichte in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts, Wien u. a. 2006. Gerhard Vinken Geb. 1961 in Hannover/DEU. Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg i. Br., der Université Paris-Sorbonne und der Freien Universität Berlin (Promotion ebenda), 2008 Habilitation an der Universität Bern.

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Lehrstuhl für Denkmalpflege an der Universität Bamberg. 2004 und 2006 Fellow am Internationalen Forschungszentrum für Kulturwissenschaften in Wien, 2009 – 2012 Professor für interdisziplinäre Stadtforschung an der Technischen Hochschule Darmstadt, 2014/15 Visiting Scholar an der New York University; Erster Vorsitzender des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V. (seit 2016). Forschungsschwerpunkte: Theorie und Geschichte der Architektur und der Denkmalpflege, Internationale Heritage-Forschung, Identität und Erbe, Vergleichende Stadtforschung, Städtebauliche Denkmalpflege. Publikationen (Auswahl): Erbe ist kein Dokument. Berlin zwischen Ruin und Restauration, in: ÖZKD 71 (2017), Heft 2/3, 156 –161; gem. m. Enss, Carmen (Hg.), Produkt Altstadt. Historische Stadtzentren in Städtebau und Denkmalpflege, Bielefeld 2016; (Hg.), Das Erbe der Anderen. Denkmalpflegerisches Handeln im Zeichen der Globalisierung (Forschungen des Instituts für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte 2) (dt. / engl.), Bamberg 2015. Imma Walderdorff Geb. 1972 in Salzburg/AUT. Ausbildung zur Holzrestauratorin, Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Salzburg und Wien (Promotion in Kunstgeschichte 2010). Gemeinsam mit Georg Spiegelfeld-Schneeburg Leitung der Denkmalwerkstatt, eines Beratungsbüros für Inventarisierung und Fragen rund um die Denkmalpflege. 2006 – 2009 Projekt des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) an der Universität Salzburg zur Salzburger Residenz, 2010  – 2013 FWF Projekt mit Roswitha Juffinger: „The Czernin collection of Old Master paintings“, 2013 – 2016 FWF Einzelprojekt „Klessheim Castle as The Fuehrer's Guesthouse 1938  –1945”. Forschungsschwerpunkte: Denkmalpflege, Provenienzforschung, Sammlungsgeschichte. Publikationen (Auswahl): Schloss Kleßheim als Gästehaus von Adolf Hitler (erscheint 2020, Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs); Schloss C�astolovice, in: ARX Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 41 (2019), Heft 1, 9 –14; gem. m. Juffinger, Roswitha, Czernin Verzeichnis der Gemälde, Wien 2015. Nicole Wegscheider Geb. 1982 in Freistadt/AUT. Studium der Kunstwissenschaft und Philosophie mit dem Schwerpunkt Architektur und Denkmalpflege an der Katholischen Privat-Universität Linz (2014 Master) sowie Kulturwissenschaften mit der Ausrichtung Kulturmanagement an der Johannes Kepler Universität Linz (2017 Bachelor), Ausbildung zur Museumskustodin 2017/2018.

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474 Verschiedene Tätigkeiten für das Österreichische Bundesdenkmalamt, die Kunstuniversität Linz und das Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt sowie als Ateliermanagerin. 2015/16 im Kuratorinnenteam der Ausstellung „Aus der Sammlung: Stadt in Bewegung“ (Landesgalerie Linz). Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte: Architektur- und Denkmalpflege, Architektursoziologie und Kulturwissenschaften. Publikationen (Auswahl): Berufsbild Kulturmanagement. Qualitätsanforderungen für den Spagat zwischen den Disziplinen, in: Künstliches Licht 11 (2017), 22 – 27; Stadt als Chance, in: Aus der Sammlung: Stadt in Bewegung (AK Landesgalerie Linz, März – Mai 2016), hg. v. Anna Maria Brunnhofer u. a., Linz 2016, 3 – 7; Barocke Fassadengestaltung in Freistadt. Epoche – Geschichte – Stil – Material – Beispiele, in: Freistädter Geschichtsblätter 17 (2014), 96 –138. Thomas Will Geb. 1951 in München/DEU. Studium der Architektur an der Technischen Universität München, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Cornell University (Ithaca/NY). Freier Architekt. 1983 – 2003 Architektenpartnerschaft mit Tomáš Valena (†), 1983 Gastprofessur in Raleigh/NC, seit 1994 Professor für Denkmalpflege und Entwerfen an der Technischen Universität Dresden, seit 2018 Senior-Professor, 2003 – 2006 Dekan der Fakultät Architektur ebenda; 2018 Berufung in die Sächsischen Akademie der Künste. Vorsitzender des Baukunstbeirats der Stadt Nürnberg und des Landesdenkmalrats Berlin, Mitglied des Landesdenkmalrats Sachsen, Monitoringbeauftragter des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) für die Bauhaus-Welterbestätten in Dessau / Weimar. Forschungsschwerpunkte: Architektur und Stadtentwicklung der Moderne, Theorie und Praxis der Denkmalpflege und des Entwerfens im historischen Kontext, Kulturelle und technische Modernisierungsprozesse im baulichen Erbe. Publikationen (Auswahl): Kunst des Bewahrens. Denkmalpflege, Architektur und Stadt, Berlin 2019; gem. m. Lindner, Ralph (Hg.), Gartenstadt. Geschichte und Zukunftsfähigkeit einer Idee, Dresden 2 2016; gem. m. Lieske, Heiko (Hg.), Hochwasserschutz an historischen Orten. Integration denkmalpflegerischer Belange in wasserbauliche Schutzkonzepte (ICOMOS – Hefte des Deutschen Nationalkomitees 60) (dt. / engl.), Berlin 2015. Jürgen Wurzer Geb. 1979 in Wels/AUT. Studium der Kunstgeschichte in Wien und der Kunstwissenschaft und Philosophie an der Katholischen Privat-

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Universität Linz, 2015 Master ebenda mit einem Dachwerkskataster der oberösterreichischen Filialkirchen (3 Bde.). Forschungsschwerpunkte: Laufendes Promotionsprojekt zur Bauforschung (Schwerpunkt historische Dachwerke in Oberösterreich). Publikationen (Auswahl): Drei oberösterreichische Dachwerke, in: Die neuen Häuser in den neuen Städten und Dörfern (Jahrbuch für Hausforschung 69), Petersberg 2019, 315 – 320; Ein besonderes Dach. Die Filialkirche Hl. Stefan in Buchberg am Attersee (2016), in: „Im Schaufenster“ – Kunst in den Pfarren, Kunstreferat, Diözesankonservatorat, Diözese Linz, https://www.dioezese-linz.at/instituti on/8050/article/43996.html [28.06.2019]. Thomas Zaunschirm Geb. 1943 in Liegnitz/POL. Studium der Kunstgeschichte, Archäologie, Philosophie, Psychologie und Indologie in Wien und Salzburg, 1973 Promotion in Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie in Salzburg, 1979 Habilitation für Kunstgeschichte ebenda. Kurator und Ausstellungsmacher. 1974   –1989 Universitätsassistent am Institut für Kunstgeschichte der Universität Salzburg, Vertretungs- und Gastprofessor an den Universitäten Freiburg, Zürich und Graz, 1989 –1994 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Freiburg i. Br., 1995 – 2007 Professor für Neuere Kunstgeschichte / Kunstwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Kunst der Moderne und Gegenwart, Methdologie der Kunstwissenschaft. Publikationen und Projekte (Auswahl): Narziss und Goldgrund. Die Vollendung des Portraits. Hubertus Hamm: Portrait IV, Wien 2018; Faux vagin. Marcel Duchamps letztes Readymade, hg. v. Graulich, Gerhard / Röder, Kornelia, Ostfildern 2014; Kurator von „Gold“, Belvedere Wien 2012 (Katalog, hg. gem. m. Husslein-Arco, Agnes, München 2012); Kurator von „Die Farben Schwarz“, Landesmuseum Joanneum Graz 1999 (Katalog, hg. v. Zaunschirm, Thomas, Wien /New York 1999). Rainer Zendron Geb. 1955 in Linz/AUT. Studium der Experimentellen Gestaltung an der Kunstuniversität Linz bei Laurids Ortner (1987 Diplom), 2002 Habilitation ebenda mit der Arbeit „Konzeptionelle Kunstentwicklung – Strategien, Entwürfe und Realisierung“. Hochschullehrer an der Kunstuniversität Linz, seit 2017 Professor für Kunstgeschichte & Kuratorische Praxis, 2000   –  2017 Vizerektor ebenda. 1980  –1990 Mitarbeit in der Kulturvereinigung STADTWERKSTADT, seit 1991 Kurator und Beirat des OK-Centrums für Gegenwartskunst/OÖ Kulturquartier, seit 1993 verschiedene Funktionen beim Festival der Regionen; Beiratstätigkeiten bei der Stadt

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476 Linz, dem Land Oberösterreich sowie diversen Österreichischen Bundeseinrichtungen. Forschungsschwerpunkte und Projekte: Kulturpolitik, Regionale Kulturentwicklung, Kuratorentätigkeit. Publikationen (Auswahl): Herausgabe von und Veröffentlichungen in zahlreichen Katalogen des OK-Centrums für Gegenwartskunst, des Festivals der Regionen und der Kunsthalle Wien, u. a. „Phantasma und Phantome“ (1995), „Wa(h)re Kunst“ (1996), „Archiv X“ (1998), „Sozialmaschine Geld“ (1999), „Strom des Vergessens“ (2008) und „Höhenrausch“ (seit 2009).

Dokumente / Documents Grundlagen- und Regelungstexte, Erklärungen, Chartas und Gesetze, die in der Publikation genannt werden1 Doctrinal and Regulatory/Statutory Texts, Declarations, Charters, and Laws cited in the publication Hinweis / Note Bei Gesetzestexten ist die nationale bzw. regionale Zuordnung in eckigen Klammern [Deutsch / Englisch] dem Titel des Gesetzes vorangestellt. Der Titel enthält mitunter auch das gesetzgebende bzw. verlautbarende Organ. Die alphabetische Einordnung erfolgt nach der nationalen bzw. regionalen Zuordnung. Die Titel der Texte sowie weitere Erläuterungen sind in aller Regel in der Sprache der ursprünglichen Veröffentlichung angeführt; von alternativen gebräuchlichen Bezeichnungen wird auf diese Titel verwiesen. Gegebenenfalls wird neben dem originalsprachlichen ein deutscher Referenztext angeführt. Laws are prefixed by a national or regional attribution in square brackets [German / English]. The titles of laws sometimes include the legislative body (respectively the context of proclamation). The alphabetical classification is based on the national or regional attribution. Titles of texts and further comments are generally quoted in the original version; differing titles in use always refer to the original version. In addition to the original language an English version occasionally is indicated if available. 170. Bundesgesetz: Änderung des Denkmalschutzgesetzes – DMSG (1999/2000) s. [Österreich / Austria] Republik Österreich, BGBl. I Nr. 170/1999 ANCSA s. Associazione Nazionale Centri Storico-Artistici Associazione Nazionale Centri Storico-Artistici (ANCSA), Carta di Gubbio, dichiarazione finale approvata all’unanimità a conclusione del Convegno Nazionale per la Salvaguardia e il Risanamento dei Centri Storici, Gubbio, Italia, 17–19 settembre 1960 [Gründungsdokument der ANCSA / Declaration of principles and intents of ANCSA], http://www.ancsa.org/admin/contents/it/chi-siamo/amministrazione-trasparente/ doc1.pdf [28.06.2019] Athens Charter (1933) s. Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM) 1

Eine umfassende Zusammenstellung weiterer Texte ist zu finden im Open Repository on Cultural Property (ORCP), das von Zhiwen Hu (School of Computer and Information Engineering, Zhejiang Gongshang University, Hangzhou, China) betreut wird. / A comprehensive compilation of texts can also be found in the Open Repository on Cultural Property (ORCP), maintained by Zhiwen Hu (School of Computer and Information Engineering, Zhejiang Gongshang University, Hangzhou, China). Siehe / See http://orcp.hustoj.com/ collections/orcp [28.06.2019].

478 Australia ICOMOS Charter for Places of Cultural Significance (1999/2013), [The] s. ICOMOS Australia, The Burra Charter Austria s. [Österreich / Austria] Bavaria s. [Bayern / Bavaria] BayDSchG (1973) s. [Bayern / Bavaria] Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler Bayerisches Denkmalschutzgesetz (1973) s. [Bayern / Bavaria] Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler [Bayern / Bavaria] Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Bayerisches Denkmalschutzgesetz – BayDSchG) vom 25. Juni 1973, https://www.gesetze-bayern.de/ Content/Document/BayDSchG [28.06.2019] [Berlin] Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin (Denkmalschutzgesetz Berlin – DSchG Bln) vom 24. April 1995, http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&que ry=DSchG+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true&aiz=true [28.06.2019] Berliner Denkmalschutzgesetz (1995) s. [Berlin] Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin BGBl (Bundesgesetzblatt) s. [Österreich / Austria] Brundtland Report / Brundtland Bericht (1987) s. UN/World Commission on Environment and Development (WCED) Brussels Charter (1976), [The] s. ICOMOS, Charter of Cultural Tourism Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (1966) s. [Schweiz / Switzerland] Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesgesetz … Burra Charter (1999/2013), [The] s. ICOMOS Australia, The Burra Charter Carta di Gubbio (1960) s. Associazione Nazionale Centri Storico-Artistici (ANCSA), Carta di Gubbio Charta von Venedig (1964) s. International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites Charta von Washington (1987) s. ICOMOS, Charter for the Conservation of Historic Towns and Urban Areas Charter for the Protection and Management of the Archaeological Heritage (1990), [The] s. ICOMOS, Charter for the Protection … of the Archaeological Heritage Charter of Cultural Tourism (1976), [The] s. ICOMOS, Charter of Cultural Tourism Charter of Gubbio (1960), [The] s. Associazione Nazionale Centri Storico-Artistici (ANCSA), Carta di Gubbio Charter of Krakow (2000), [The] s. Principles for Conservation and Restoration of Built Heritage Charter of Venice (1964), [The] s. International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites Charter on the Protection and Management of Underwater Cultural Heritage (1996), [The] s. ICOMOS, Charter on the Protection … of Underwater Cultural Heritage CIVVIH s. ICOMOS / International Committee on Historic Towns and Villages

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Commission fédérale des monuments historiques s. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege Commissione federale dei monumenti storici s. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM) [Le Corbusier], La charte d’Athènes / Athens Charter, resulting from CIAM IV „La Ville fonctionnelle“ / „The Functional City“, Marseille / Liner Patris II / Athens, 29 juillet au 13 août 1933, u. a. veröffentlicht in / i. a. published in: Le groupe CIAM-France, Urbanisme des C.I.A.M. La charte d’Athènes avec un discours liminaire de Jean Giraudoux, Paris 1943 (française); Hilpert, Thilo (Hg.), Le Corbusiers „Charta von Athen“. Texte und Dokumente. Kritische Neuausgabe (Bauwelt-Fundamente 56), Braunschweig / Wiesbaden 1984, 116  –166 (Deutsch) Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage (2003) s. UNESCO, Convention for the Safeguarding … Convention on the Protection and Promotion of the Diversity of Cultural Expressions (2005) s. UNESCO, Convention on the Protection and Promotion … Council of Europe Framework Convention on the Value of Cultural Heritage for Society (The Faro Convention), adopted by the member States of the Council of Europe, Faro, Portugal, 27 October 2005, https://www.coe.int/en/web/conventions/full-list/-/con ventions/treaty/199 [28.06.2019] Council of Europe, Committee of Ministers, Declaration on Cultural Diversity, adopted at the 733rd meeting of the Ministers’ Deputies, Strasbourg, France, 7 December 2000, https://rm.coe.int/16804bfc0b [28.06.2019] Council of Europe, Committee of Ministers, Recommendation No. R (98) 4 of the Committee of Ministers to Member States on Measures to Promote the Integrated Conservation of Historic Complexes Composed of Immoveable and Moveable Property, adopted at the 623rd meeting of the Ministers’ Deputies, Strasbourg, France, 17 March 1998, https://rm.coe.int/09000016804eda6b [28.06.2019] Cultural Heritage Act (2011) s. [Québec] Cultural Heritage Act Cultural Property Act (1972) s. [Québec] Cultural Property Act Declaration of Dresden (1982), [The] s. ICOMOS German Democratic Republic, The Declaration of Dresden … Declaration on Cultural Diversity (2000), [The] s. Council of Europe, Committee of Ministers, Declaration on Cultural Diversity DSchG Bln (1995), s. [Berlin] Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin Dresden Declaration on Reconstruction (1982), [The] s. ICOMOS German Democratic Republic, [The] Declaration of Dresden … Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hg.), Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz. Principes pour la conservation du patrimoine culturel bâti en Suisse. Principi per la tutela dei monumenti storici in Svizzera. Guidelines for the preservation of built heritage in Switzerland, Zürich 2007, http://www.vdf.ethz.ch/vdf. asp?isbnNr=3089 [28.06.2019] ÉM rendelet a mu˝emlékvédelemro˝l (1967) s. [Ungarn / Hungary] 1/1967. (I. 31.) ÉM rendelet … English Heritage, Principles of Repair for Historic Buildings, https://historicengland. org.uk/advice/technical-advice/buildings/principles-of-repair-for-historic-buildings [28.06.2019] Faro Convention (2005), [The] s. Council of Europe Framework Convention … France s. [Frankreich / France]

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480 [Frankreich / France] LOI n° 2016-925 du 7 juillet 2016 relative à la liberté de la création, à l‘architecture et au patrimoine [LCAP], https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte. do?cidTexte=JORFTEXT000032854341&dateTexte=&categorieLien=id [28.06.2019] Gesetz betreffend das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (1918) s. [Österreich / Austria] Provisorische Nationalversammlung des Staates Deutschösterreich Guidance on Post Trauma Recovery and Reconstruction for World Heritage Cultural Properties (2017) s. ICOMOS, Guidance on Post Trauma Recovery … HUL (Historic Urban Landscape) s. UNESCO, Recommendation on the Historic Urban Landscape Hungary s. [Ungarn / Hungary] ICOMOS Australia, The Burra Charter: The Australia ICOMOS Charter for Places of Cultural Significance, first adopted at Burra, Australia, 1979, minor revisions in 1981 and 1988, more substantial changes in 1999, the recent version was adopted on 23 October 2013, https://australia.icomos.org/wp-content/uploads/The-Burra-Charter2013-Adopted-31.10.2013.pdf [28.06.2019] ICOMOS German Democratic Republic, [The] Declaration of Dresden on the Reconstruction of Monuments Destroyed by War, adopted by the ICOMOS National Committee of the German Democratic Republic (at this Committee, participants from 11 countries held the symposium „Reconstruction of Monuments Destroyed by War“), Dresden, 15  –19 November 1982, https://www.icomos.org/en/charters-and-texts/ 179-articles-en-francais/ressources/charters-and-standards/184-the-declaration-ofdresden [28.06.2019] ICOMOS International Training Committee / Comité international de la Formation (CIF), Principles for Capacity Building through Education and Training in Safeguarding and Integrated Conservation of Cultural Heritage (draft June 2013), http:// cif.icomos.org/pdf_docs/CIF%20Meetings/Guidelines/ICOMOS_CIF_PrinciplesCapa city_EN_20130930.pdf [28.06.2019] ICOMOS, Charter for the Conservation of Historic Towns and Urban Areas ([The] Washington Charter), adopted by the 8th General Assembly, Washington, DC, United States of America, 10   –15 October 1987, https://www.icomos.org/images/DOCU MENTS/Charters/towns_e.pdf (English) / https://bda.gv.at/fileadmin/Medien/bda.gv. at/SERVICE_RECHT_DOWNLOAD/Charta_von_Washington.pdf (Deutsch) [28.06. 2019] ICOMOS, Charter for the Protection and Management of the Archaeological Heritage, prepared by the International Committee for the Management of Archaeological Heritage (ICAHM), approved by the 9th General Assembly in Lausanne, Switzer land, 6   –11 October 1990, https://www.icomos.org/images/DOCUMENTS/Charters/ arch_e.pdf [28.06.2019] ICOMOS, Charter of Cultural Tourism (The Brussels Charter), adopted at the „International Seminar on Contemporary Tourism and Humanism“, Brussels, Belgium, 8  –  9 November 1976, https://www.univeur.org/cuebc/downloads/PDF%20carte/51.%20 Cultural%20tourism.PDF [28.06.2019] ICOMOS, Charter on the Protection and Management of Underwater Cultural Heritage, ratified by the 11th General Assembly in Sofia, Bulgaria, 5  –  9 October 1996, https:// www.icomos.org/images/DOCUMENTS/Charters/underwater_e.pdf [28.06.2019] ICOMOS, Guidance on Post Trauma Recovery and Reconstruction for World Heritage Cultural Properties, Paris 2017, https://www.icomos.org/en/178-english-categories/ news/8756-icomos-guidance-on-post-trauma-recovery-and-reconstruction-forworld-heritage-cultural-properties-document [28.06.2019] ICOMOS, International Cultural Tourism Charter Managing Tourism at Places of Herit­ age Significance, adopted by the 12th General Assembly, Mexico City, Mexico, 17–  23 October 1999, https://www.icomos.org/images/DOCUMENTS/Charters/INTERNA TIONAL_CULTURAL_TOURISM_CHARTER.pdf [28.06.2019]

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ICOMOS, Principles for the Analysis, Conservation and Structural Restoration of Architectural Heritage, ratified by the 14th General Assembly, Victoria Falls, Zimbabwe, 31 October 2003, https://www.icomos.org/images/DOCUMENTS/Charters/ 27–   structures_e.pdf [28.06.2019] ICOMOS, Québec Declaration on the Preservation of the Spirit of the Place, adopted by the 16th General Assembly, Québec, Canada, 29 September–5 October 2008, https:// www.icomos.org/images/DOCUMENTS/Charters/GA16_Quebec_Declaration_Final_ EN.pdf [28.06.2019] ICOMOS, Resolution 17GA 2011/39: Reconstruction, Resolutions of the 17th General Assembly, Paris, France, 27 November–2 December 2011, https://whc.unesco.org/ uploads/activities/documents/activity-646-1.pdf [28.06.2019] ICOMOS, The Nara Document on Authenticity, drafted at the Conference „Authenticity in Relation to the World Heritage Convention“ (organized by the Agency for Cultural Affairs, Government of Japan in in cooperation with UNESCO, ICCROM and ICOMOS), Nara, Japan, 1–   6 November 1994, https://www.icomos.org/charters/nara-e.pdf (English) / https://bda.gv.at/fileadmin/Medien/bda.gv.at/SERVICE_RECHT_DOWNLOAD/ Nara-Dokument.pdf (Deutsch) [28.06.2019] ICOMOS / International Committee on Historic Towns and Villages (CIVVIH), The Valletta Principles for the Safeguarding and Management of Historic Cities, Towns and Urban Areas / Principes de la Valette pour la sauvegarde et la gestion des villes et en sembles urbains historiques, adopted by CIVVIH, Valletta, Malta, 10 April 2010, and by the 17th ICOMOS General Assembly in Paris, France, 27 November–2 December 2011, https://www.icomos.org/Paris2011/GA2011_CIVVIH_text_EN_FR_final_20120110. pdf (English / française) [28.06.2019] International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites (The Venice Charter), adopted by the „2nd International Congress of Architects and Technicians of Historic Monuments“, Venice, Italy, 25  – 31 May 1964, and by ICOMOS in 1965, https://www.icomos.org/charters/venice_e.pdf (English) / https://bda.gv.at/fileadmin/Medien/bda.gv.at/SERVICE_RECHT_DOWNLOAD/Charta_von_Venedig_01. pdf (Deutsch) [28.06.2019] International Committee on Historic Towns and Villages, [The] s. ICOMOS / International Committee on Historic Towns and Villages International Council on Monuments and Sites s. ICOMOS International Cultural Tourism Charter Managing Tourism at Places of Heritage Significance (1999) s. ICOMOS, International Cultural Tourism Charter … [Italien / Italy] Legge 6 agosto 1967, n. 765 (Legge Ponte), https://www.gazzettaufficia le.it/eli/id/1967/08/31/067U0765/sg [28.06.2019] [Italien / Italy] Legge 8 agosto 1985, n. 431 (Legge Galasso), https://www.gazzettauffi ciale.it/eli/id/1985/08/22/085U0431/sg [28.06.2019] Italy s. [Italien / Italy] Krakow Charter (2000), [The] s. Principles for Conservation and Restoration of Built Heritage La charte d’Athènes (1933) s. Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM) Law 431/1985 s. [Italien / Italy] Legge 8 agosto 1985 Law 765/1967 s. [Italien / Italy] Legge 6 agosto 1967 LCAP (2016) s. [Frankreich / France] LOI n° 2016-925 du 7 juillet 2016 … Le Corbusier s. Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM)

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482 Legge 6 agosto 1967 (Legge Ponte) s. [Italien / Italy] Legge 6 agosto 1967 Legge 8 agosto 1985 (Legge Galasso) s. [Italien / Italy] Legge 8 agosto 1985 Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz (2007) s. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege Loi sur le patrimoine culturel (2011) s. [Québec] Cultural Heritage Act Loi sur les biens culturels (1972) s. [Québec] Cultural Property Act [The] Manifesto of the Society for the Protection of Ancient Buildings (1877) s. Morris, William Ministerial Decree for the Protection of Monuments (1967) s. [Ungarn / Hungary] 1/1967. (I. 31.) ÉM rendelet … Ministerieller Erlass zum Denkmalschutz (1967) s. [Ungarn / Hungary] 1/1967. (I. 31.) ÉM rendelet … Morris, William et al., The Manifesto of the Society for the Protection of Ancient Buildings [SPAB], Bloomsbury 1877, https://www.spab.org.uk/about-us/spab-manifesto [28.06.2019] Nara Document on Authenticity (1994), [The] s. ICOMOS, The Nara Document on Authenticity Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention (1977– 2017) s. UNESCO World Heritage Committee, Operational Guidelines … /  Austria] Provisorische Nationalversammlung des Staates Deutsch[Österreich  österreich, Gesetz vom 5. Dezember 1918, betreffend das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=BgblAlt&Dokumentnummer= sgb1918_0090_00128 [28.06.2019] [Österreich / Austria] Republik Österreich, BGBl. Nr. 533/1923 (ausgegeben am 5. Oktober 1923): Bundesgesetz vom 25. September 1923, betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz [DMSG]), https://www.ris.bka.gv.at/Dokument. wxe?Abfrage=BgblAlt&Dokumentnummer=bgb1923_0533_01725 [28.06.2019] [Österreich / Austria] Republik Österreich, BGBl. I Nr. 170/1999 (ausgegeben am 19. August 1999, in Kraft getreten mit 1. Jänner 2000): Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird, https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage= BgblPdf&Dokumentnummer=1999_170_1 [28.06.2019] Österreichisches Denkmalschutzgesetz (1923) s. [Österreich / Austria], Republik Österreich, BGBl. Nr. 533/1923 Our Common Future (1987) s. UN / World Commission on Environment and Development (WCED) [Palermo] Piano Particolareggiato Esecutivo di recupero del centro storico di Palermo (P.P.E.) è stato approvato con Norme di attuazione del Piano Particolareggiato Esecutivo del Centro Storico di Palermo (Decreto dell’Assessorato del Territorio e dell’Ambiente della Regione Siciliana) n. 525 del 13 luglio del 1993, pubblicato dalla Gazzetta Ufficiale della Regione Siciliana, Anno 47°, n. 41 del 4 settembre 1993, https:// www.comune.palermo.it/js/server/uploads/trasparenza_all/_11062014123739.pdf [28.06.2019]2

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Zur Umsetzung siehe / for the implementation see Comune di Palermo, Elaborati del P.P.E., https://www.comune.palermo.it/amministrazione_trasparente.php?sel=19&asel=171 &bsel=173 [28.06.2019].

Anhang

Piano Particolareggiato Esecutivo (P.P.E. Centro Storico) (1993) s. [Palermo] Principes de la Valette pour la sauvegarde et la gestion des villes et ensembles urbains historiques s. ICOMOS / International Committee on Historic Towns and Villages (CIVVIH), The Valletta Principles … Principes pour la conservation du patrimoine culturel bâti en Suisse (2007) s. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege Principi per la tutela dei monumenti storici in Svizzera (2007) s. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege Principles for Capacity Building through Education and Training in Safeguarding and Integrated Conservation of Cultural Heritage (2013) s. ICOMOS International Training Committee Principles for Conservation and Restoration of Built Heritage (The Charter of Krakow), submitted (to those responsible for heritage as a guideline for the efforts to safeguard such properties) by the participants of „KRACÓW 2000. International Conference on Conservation: Cultural Heritage as Foundation of Civilisation Development“, –   26 October 2000, http://smartheritage.com/wp-content/up Krakow, Poland, 23   loads/2015/03/KRAKOV-CHARTER-2000.pdf [28.06.2019] Principles for the Analysis, Conservation and Structural Restoration of Architectural Heritage (2003) s. ICOMOS, Principles for the Analysis … Principles of Repair for Historic Buildings s. English Heritage [Québec] Cultural Heritage Act / Loi sur le patrimoine culturel (2011), Revised Statutes of Québec [R.S.Q.], chapter P-9.002, http://legisquebec.gouv.qc.ca/en/ShowDoc/cs/ P-9.002 (English) / http://legisquebec.gouv.qc.ca/fr/ShowDoc/cs/P-9.002 (française) [28.06.2019] [Québec] Cultural Property Act / Loi sur les biens culturels (1972), Revised Statutes of Québec [R.S.Q.], chapter B-  4 (replaced by the Cultural Heritage Act, 2011, on 19 October 2012), http://legisquebec.gouv.qc.ca/en/ShowDoc/cs/B-4 (English) / http:// legisquebec.gouv.qc.ca/fr/ShowDoc/cs/B-4 (française) [28.06.2019] Québec Declaration on the Preservation of the Spirit of the Place (2008), [The] s. ICOMOS, Québec Declaration … Recommendation of the Council of Europe, Committee of Ministers on Measures to Promote the Integrated Conservation of Historic Complexes Composed of Immoveable and Moveable Property (1998) s. Council of Europe, Committee of Ministers, Recommendation … Recommendation on the Historic Urban Landscape (2011) s. UNESCO, Recommendation on the Historic Urban Landscape Reconstruction (Resolution 17GA 2011/39) s. ICOMOS, Resolution … [The] Riga Charter on Authenticity and Historical Reconstruction in Relationship to Cultural Heritage, agreed by delegations assembled at the „Conference on Authenticity and Historical Reconstruction in Relationship to Cultural Heritage“ (organized by ICCROM, the Latvian National Commission for UNESCO, the State Inspection for Heritage Protection of Latvia in cooperation with the World Heritage Committee and Cultural Capital Foundation of Latvia), Riga, Latvia, 23  –  24 October 2000, http://pa trimoniomundial.cultura.pe/sites/default/files/pb/pdf/Documento66.pdf (English) / https://www.halles-altes-rathaus.de/de/dokumente?p70%5Bid%5D=225 (English) [28.06.2019]; veröffentlicht in / published in: Stovel, Herb, The Riga Charter on Authenticity and Historical Reconstruction in Relationship to Cultural Heritage, in: Conservation and Management of Archaeological Sites 4 (2000/2001), Issue 4, 241– 244 [Schweiz / Switzerland] Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) vom 1. Juli 1966 (Stand am 1. Januar 2017), https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19660144/ index.html [28.06.2019]

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484 Society for the Protection of Ancient Buildings (SPAB) s. Morris, William State of Conservation of World Heritage Properties (Decision 40 COM 7) s. UNESCO World Heritage Committee, Decision … Sustainable Development Goals (2015) s. UN, Sustainable Development Goals Switzerland s. [Schweiz / Switzerland] Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (1972) s. UNESCO, Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage UN, Sustainable Development Goals, adopted at the „United Nations Sustainable Development Summit 2015“, New York, United States of America, 25  – 27 September 2015, https://www.un.org/sustainabledevelopment/sustainable-development-goals [28.06.2019] UN / World Commission on Environment and Development (WCED), Report of the WCED: Our Common Future (Brundtland3 Report), transmitted to the 42nd session of the General Assembly of the United Nations as an annex to document A/42/427, New York, United States of America, 4 August 1987, https://digitallibrary.un.org/ record/139811 [28.06.2019] UNESCO World Heritage Committee, Decision 40 COM 7: State of Conservation of World Heritage Properties (40th session of the World Heritage Committee, Istanbul, Turkey 2016), https://whc.unesco.org/en/decisions/6817 [28.06.2019] UNESCO World Heritage Committee, Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention (1977–  2019), since then periodically revised by the World Heritage Committee. For the latest version of 10 July 2019 plus a full record of the historical development see https://whc.unesco.org/en/guidelines [28.06.2019] UNESCO, Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage (The World Heritage Convention) / Übereinkommen zum Schutz des Kulturund Naturerbes der Welt (Welterbekonvention), adopted by the General Conference at its 17th session, Paris, France, 16 November 1972 (done Paris, France, 23 November 1972), https://whc.unesco.org/en/conventiontext (English) / https://www.unesco. de/media/1084 (Deutsch) [28.06.2019] UNESCO, Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage, adopted at the 32nd session of the General Conference of the UNESCO, Paris, France, 17 October 2003, https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000132540 [28.06.2019] UNESCO, Convention on the Protection and Promotion of the Diversity of Cultural Expressions, adopted at the 33rd session of the General Conference of the UNESCO, Paris, France, 20 October 2005, https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000142919 [28.06.2019] UNESCO, Recommendation on the Historic Urban Landscape [HUL], adopted at the 36rd session of the General Conference of the UNESCO, Paris, France, 10 November 2011, https://whc.unesco.org/uploads/activities/documents/activity-638-98.pdf [28. 06.2019] UNESCO / World Heritage Centre, Vienna Memorandum on World Heritage and Contemporary Architecture – Managing the Historic Urban Landscape, adopted by the International Conference „World Heritage and Contemporary Architecture – Managing the Historic Urban Landscape“ under the patronage of UNESCO, Vienna, Austria, 12   –14 May 2005, http://whc.unesco.org/uploads/activities/documents/activi ty-47-2.pdf [28.06.2019]4

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Benannt nach der damaligen Vorsitzenden der WCED, Gro Harlem Brundtland. / Named after Gro Harlem Brundtland, then Chairperson of the WCED. The Vienna Memorandum was welcomed by the 29th session of the World Heritage Committee, Durban, South Africa, 10   –17 July 2005, and submitted to the UNESCO 15th General Assembly of State Parties to the Convention Concerning the Protection of the World

Anhang

Unsere gemeinsame Zukunft (1987) s. UN/World Commission on Environment and Development (WCED) [Ungarn / Hungary] 1/1967. (I. 31.) ÉM rendelet a mu˝emlékvédelemro˝l [Ministerial Decree for the Protection of Monuments / Ministerieller Erlass zum Denkmalschutz], http://jogiportal.hu/index.php?id=hz04wmub15jkbcz7p&state=19930101&menu= view [28.06.2019] Valletta Principles for the Safeguarding and Management of Historic Cities, Towns and Urban Areas (2011), [The] s. ICOMOS / International Committee on Historic Towns and Villages (CIVVIH), The Valletta Principles … Venice Charter (1964), [The] s. International Charter for the Conservation and Restoration of Monuments and Sites Vienna Memorandum (2005), [The] s. UNESCO / World Heritage Centre, Vienna Memorandum on World Heritage and Contemporary Architecture … Washington Charter (1987), [The] s. ICOMOS, Charter for the Conservation of Historic Towns … WCED, s. UN / World Commission on Environment and Development Welterbekonvention (1972) s. UNESCO, Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage World Heritage Convention (1972), [The] s. UNESCO, Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage

Cultural and Natural Heritage, Paris, France, 10   –11 October 2005 (Document WHC05/15.GA/INF.7 [Paris, 23 September 2005]), https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/ pf0000140984 [28.06.2019]. For the further dealing with World Heritage Committee’s recommendation to „adopt, on the basis of the Vienna Memorandum, a Declaration on the Conservation of Historic Urban Landscapes“ see Summary Record of the 15th Session of the General Assembly of State Parties to World Heritage Convention (UNESCO, 2005), WHC-05/15.GA/10, Paris, France, 26 April 2006, http://whc.unesco.org/en/sessions/ 15GA/documents [28.06.2019], 20   –  24.

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