Kommerzielle Werbung in Westafrika: Die Werbebranche und der politische Wandel in Ghana 1930-1970 9783412217389, 9783412223090

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Kommerzielle Werbung in Westafrika: Die Werbebranche und der politische Wandel in Ghana 1930-1970
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Industrielle Welt Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte Herausgegeben von Andreas Eckert und Joachim Rückert Band 90

Regina Finsterhölzl Kommerzielle Werbung im kolonialen Afrika

Regina Finsterhölzl

Kommerzielle Werbung im kolonialen Afrika Die Werbebranche und der politische Wandel in Ghana 1930–1970

2015 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus Mitteln des SFB 640 „Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel“ (Humboldt-Universität zu Berlin) Institut für Asien- und Afrikawisschenschaften (Humboldt-Universität zu Berlin) Lehrstuhl für die Geschichte Afrikas (Humboldt-Universität zu Berlin) Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät (Humboldt-Universität zu Berlin)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abruf bar.

Umschlagabbildung: Entwurf einer Werbeillustration für Star Bier, o. J. [1956–1961], UARM UAC/2/1/6/2/1. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Unilever.

© 2015 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D–50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Rebecca Wache, Castrop-Rauxel Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-22309-0

Für meine Eltern

Inhalt Danksagung  .. ................................................................................................................  11 I. „Men Who Matter“: Der Kampf um die Herzen und Geldbeutel afrikanischer Konsumenten  ..............................................  13 1. Fragestellung  ....................................................................................................  16 2. Analytische Zugänge zur Geschichte der Werbung  ................................  19 3. Forschungsstand  .. ............................................................................................  29 4. Quellenmaterial und Analysemethoden  . . ..................................................  34 5. Aufbau der Arbeit  ...........................................................................................  40 II. „The African Market“: Importhandel und Marktforschung in der kolonialen Gold Coast  ............................................  43 1. Europäische Importe und koloniale Wirtschaft in der Gold Coast  ....  45 2. Verbreitung und Konsum importierter Güter  .........................................  50 Kaufkraft und Zugang zu importierten Gütern  .. ..............................  50 Aneignung, conspicuous consumption und Orte des Konsums  .. ......  56

3. Der Importhandel und die Marketinginstrumente der United Africa Company  .. .......................................................................  Entstehung, Bedeutung und Struktur der UAC  ...............................  Die Organisation des Importhandels in der UAC  ...........................  4. Marktforschung: Diskurs und Praxis der UAC  .......................................  Das System der Marktforschung in der UAC  ...................................  „Moulding The Native Taste“: Konsum und Zivilisierungsmission  . . ........................................................................  5. Zusammenfassung  . . ....................................................................................... 

60 60 66 72 72 78 85

III. Die Anfänge kommerzieller Werbung in Westafrika in den 1930er Jahren  . . ...............................................................  87 1. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in der Gold Coast  ..........  87 2. Der Aufbau der Werbebranche  .. ..................................................................  89 Die Gründung der Agentur West Africa Publicity Limited  ...........  89

„Influencing The Broad African Market“: Herstellung und Vertrieb der Werbung  .........................................  96 Die Werbeagentur und die Printmedien der Gold Coast  ...............  107 3. Neue Bilderwelten: Die Printwerbung in der Gold Coast und die visuelle Karriere der afrikanischen Konsumenten, 1900 – 1945  . . .......  117 Die urbanen Leserschaften der Zeitungen  .........................................  117

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Inhalt

Printwerbung vor der Gründung von West Africa Publicity  .........  124 Koloniale Lebenswelten europäischer Konsumenten in der Printwerbung  ...........................................................................  130 Entdeckung und visueller Aufstieg der afrikanischen Konsumenten  . . .....................................................................................  136 4. Kommerzielle Werbung und Kriegspropaganda  .....................................  148 5. Zusammenfassung  ..........................................................................................  151 IV. Advertising the African Dream? Werbung, Moderne und Dekolonisation  ......................................................  153

1. Wirtschaftsaufschwung, zweite koloniale Besetzung und Dekolonisation in Ghana  . . ...................................................................  153 2. Die Anfänge afrikanischen Werbedesigns  .................................................  160 Die Vergrößerung der Werbebranche nach 1945  . . .............................  160 Die Anfänge des Werbedesigns in Westafrika  .. ..................................  166 3. Veränderungen in der Werbepraxis und neue Werbemethoden  ..........  173 Außenwerbung: Werbung auf Postern und Plakaten  . . .....................  173 Der Einsatz von Kinowerbung  . . ............................................................  185 Kingsway-Kaufhäuser, Warenpräsentation und neue Verkaufstechniken  . . ...................................................................  188 Diskussionen über Werbemethoden  . . ..................................................  193 4. „Gauging The African Mind“: Die Anfänge der Werbewirkungsforschung  .............................................................................  196 Die Accra Riots, neue PR-Politik und Imagewerbung der UAC  ....  196 Die erste Werbewirkungsstudie der UAC  ..........................................  205 Wahrnehmung und Sichtbarkeit der Werbung  . . ...............................  217 5. Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre  ...........  220 Urbane Leserschaften, politische Bewegungen und neue Printmedien  . . ........................................................................................  220 Branding, Konsumkultur und Identifikationsangebote der Printwerbung  ................................................................................  229 „Up-To-Date Women“: Die Printwerbung und weibliche Rollenbilder  .......................................................................  239 Konsum, koloniale Differenz und politischer Wandel in der Printwerbung  .......................................................................................  248 Koloniale Visionen oder afrikanische Hoffnungen? Resümee  .......  259 6. Zusammenfassung  ..........................................................................................  262

Inhalt

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V. Werbung, Industrialisierung und junge Postkolonie: Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren  . . ..........................  264 1. Industrialisierung, Afrikanisierung und Nkrumahismus in Ghana  ....  264

2. Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen der UAC  ............................................................................  269 Spezialisierungsprozesse und neue Marketingmethoden  ................  269 Die Gründung der Agentur LEAS  .......................................................  280 „Adding The African Touch“: Die Afrikanisierung des Werbedesigns  ................................................................................  284 3. Ausbau und Etablierung der Werbebranche in Ghana  ..........................  290 4. Die erste Generation afrikanischer Werbefachleute  .. ..............................  295 5. „The Detailed Way Of African Life“: Marktforschung in den 1960er Jahren  .......................................................  306 6. Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC  ...............  312 Die Einführung von Star als lokal gebrautes Flaschenbier  .............  312 Bezüge der Werbung auf ghanaische Kultur  ......................................  322 Die Marketingkonferenzen der Brauereien  ........................................  325 7. Die Printwerbung in den 1960er Jahren  . . ..................................................  334 8. Radio und Fernsehen als neue Werbemedien  ..........................................  338 9. Zusammenfassung  ..........................................................................................  340

VI. Schlussbemerkungen  . . ........................................................................................  343 1. Zusammenfassung der Ergebnisse  ..............................................................  343 Aufbau der Werbebranche und Professionalisierungsprozesse  . . .....  343

Wandel der Werbebotschaften und der Kommunikation mit den Konsumenten  .......................................................................  352 2. Einordnung der Studie und Ausblick  ........................................................  361

Abkürzungsverzeichnis  .............................................................................................  367 Quellen- und Literaturverzeichnis  .........................................................................  369 Abbildungsnachweis  .................................................................................................  393 Sachregister  ..................................................................................................................  397

Danksagung Dieses Buch habe ich als meine Promotionsschrift in den vier Jahren meiner Anstellung als wissenschaft­liche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin verfasst. Während dieser Zeit habe ich die Unterstützung und den Rat von vielen Menschen erhalten, denen ich an dieser Stelle danken möchte. Andreas Eckert hat als Betreuer dieser Schrift und als Inhaber der Professur für die Geschichte Afrikas an der Humboldt-Universität zu Berlin den Werdegang dieses Forschungsprojekts intensiv begleitet. Sein Rat, seine Unterstützung, sein Lob und seine Kritik haben mir viel bedeutet und diese Schrift geprägt. Ich habe von ihm großzügige Förderung erfahren. Dafür möchte ich ihm ausdrück­lich danken. Ebenfalls danken möchte ich für die Förderung durch Alexander N ­ ützenadel, der zudem die Zweitkorrektur dieser Schrift übernommen hat. Viele Kollegen haben mich mit ihren Kenntnissen zur Geschichte Afrikas, zur Kolonialgeschichte sowie zur Werbe- und Unternehmensgeschichte unterstützt und ihr Wissen über Archivmaterial mit mir geteilt. Ich danke für die Hinweise und Anregungen Stephan Malinowski, Michael Pesek, Dmitri van den Bersselaar, Silke Strickrodt, Stephanie Decker, Bianca Murillo und Stephan Schwarzkopf. Es hat Spaß gemacht, mit Daniel Tödt im Sonderforschungsbereich 640 gemeinsam ein Forschungsprojekt zu bearbeiten und mit ihm das Büro zu teilen. Der inhalt­ liche Austausch über die gemeinsamen Fragestellungen sowie die Mög­lichkeit, Ideen und Gedanken während des Schreibprozesses mitzuteilen, haben mir sehr geholfen. Die Mittagsrunden mit meinen Arbeitskollegen im Sonderforschungsbereich 640 haben mir jeden Tag wieder das Gefühl gegeben, mit den Schwierigkeiten im Promotionsprozess nicht allein zu sein. Xenia Krüger hat mir zudem oft das Leben erleichtert, indem sie mir den Weg durch das Dickicht der Universitätsbürokratie gewiesen hat. Diane Backhouse von den Unilever Archives hat mir aus den Tiefen des Archivs interessante Akten gebracht und mir so mit ihrer detaillierten Kenntnis zur Seite gestanden. Ihr gebührt – ebenso wie Lesley Owen-Edwards und dem ganzen Team der Unilever Archives – mein Dank. In den Nestlé Historical Archives haben mir Albert Pfiffner und Tanja Aenis großzügig Zugang zu den Quellen gewährt und mich bei meiner Suche im Archivmaterial unterstützt. Auch dafür möchte ich mich ausdrück­lich bedanken. Die Graphic Corporation in Accra hat mir Zugang zu ihrem Firmenarchiv gewährt und mir so eine vollständige Sichtung all ihrer Zeitungen ermög­licht. Dafür gebührt ihr ebenso Dank wie den Mitarbeitern des PRAAD in Accra und in Cape Coast sowie in den Nottighamshire Archives. Das Deutsche Historische Institut in London hat meine Arbeit mit einem Stipendium für einen Forschungsaufenthalt in England unterstützt und mir so wichtige ­Recherchen ermög­licht. Auch dafür möchte ich mich bedanken.

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Danksagung

Meinen Interviewpartnern in Ghana danke ich für ihre Bereitschaft, mit mir zu sprechen, für ihre Offenheit, ihre Lebensgeschichte mit mir zu teilen, und für die Zeit, die sie sich dafür genommen haben. Jos Anyima Ackah und Norkor Duah haben mir bei der Suche nach den ghanaischen Werbefachleuten der ersten Stunde geholfen. Kofi Baku von der University of Ghana hat mir die Recherche in der Universitätsbibliothek ermög­licht und mich am Department of History ­willkommen geheißen. Mein Dank geht an sie ebenso wie an die Advertising Association of Ghana, die mir Material über die Geschichte der Werbebranche in ihrem Land zur Verfügung gestellt hat. Während der Drucklegung dieses Buches hat Dorothee Rheker-Wunsch vom Böhlau Verlag geduldig all meine Anfragen beantwortet. Bei ihr bedanke ich mich ebenso wie bei den finanziellen Unterstützern des Drucks dieser Schrift. Zum Schluss möchte ich mich bei meiner Familie bedanken. Meine Eltern und meine Schwester haben mich all die Jahre mit ihrer emotionalen und auch finanziellen Unterstützung begleitet. Ebenso danke ich meinem Lebenspartner Daniel für seinen liebevollen Beistand und seine Unterstützung. Er hat zudem mit seinen Graphikkenntnissen den vergilbten Werbebildern zu besserer Lesbarkeit im Druck verholfen. Meinen Eltern ist dieses Buch gewidmet.

I. „Men Who Matter“: Der Kampf um die Herzen und Geldbeutel afrikanischer Konsumenten Unter der Überschrift „Selling Razor Blades in Africa“ berichtete im Jahre 1948 die Zeitschrift Advertiser’s Weekly, ein wichtiges Medium der britischen Werbebranche, über eine neue Kampagne einer Werbeagentur namens Export Advertising Service Limited in den zehn britischen Kolonien in West- und Ostafrika. Der Autor erklärte, fünfzig Millionen potenzielle Kunden des „African market“, welche früher kaum über Kaufkraft verfügt hätten, „are now enjoying prosperity due to the increased prices paid for their primary produce, (…) and they are stepping up their purchases of popular European lines.“ Das Motto der Kampagne war „‚Men who matter shave with Gillette.‘ (…) Press advertisements showed Africans shaving and emphasized Blue Gillette blades and illustrations of the pack“, erläuterte der Artikel die Kampagne. „Various African types have been illustrated; storekeepers, draughtsmen, African chiefs, journalists and so on. In addition a strong copy appeal has been made to the emulative instinct in readers to demonstrate their pride in appearance.“ 1 Die Anzeigen wurden in der Presse der Kolonien gedruckt – wie etwa im Daily Graphic, der größten Tageszeitung in der britischen Kolonie Gold Coast (Abbildung 1.1).2 Men Who Matter: Nach dem Zweiten Weltkrieg rückten im Zuge der „zweiten kolonialen Besetzung“ Afrikas die Kolonien und ihre Bevölkerungen nicht nur bei Politikern und Kolonialverwaltungen der europäischen Kolonialmächte zunehmend in das Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern auch bei den Wirtschaftsstrategen und Marketingexperten großer europäischer Konsumgüter­hersteller.3 Zwischen 1945 und 1957 verzehnfachte sich der Wert der Einfuhren in die Gold Coast nahezu. Der britische Handelsgigant United Africa Company Limited (UAC), seit der Gründung im Jahr 1929 mit weitem Abstand das größte Import-Export-Unternehmen in Westafrika, steigerte den Umsatz in der Gold Coast allein in den Nachkriegsjahren zwischen 1945 und 1948 um mehr als das Dreifache.4 Die Werbebranche erlebte



1 Selling Razor Blades in West Africa, in: Advertiser’s Weekly, 5. Februar 1948, S. 246 – 248, hier S. 246. 2 Werbung für Gillette Rasierer, abgedruckt in: Daily Graphic, 6. Januar 1951, S. 4. 3 Zum Begriff der zweiten kolonialen Besetzung siehe: Low, Anthony D./Lonsdale, John: Introduction, in: Anthony D. Low/ Alison Smith (Hg.): History of East Africa, Bd. 3, Oxford 1976, S. 1 – 63, hier S. 12. 4 Stockwell, Sarah: Political Strategies of British Business during Decolonization. The Case of the Gold Coast/Ghana, 1945 – 1957, in: Journal of Imperial and Commonwealth History

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„Men Who Matter“

Abbildung 1.1: Werbung für Gillette Rasierer, 1951

eine Hochkonjunktur und die Werbeagentur der UAC, die auch die Kampagne für ­Gillette entworfen hatte, konnte eine deut­liche Zunahme an Aufträgen verzeichnen. Die neuen afrikanischen Mittelschichten, welche von Gillette und zahlreichen anderen Unternehmen umworben wurden, gewannen also tatsäch­lich aus Sicht der Unternehmen eine bislang unerreichte Bedeutung. Gleichzeitig nahmen diese Schichten in Politik und Öffent­lichkeit der Kolonie eine immer zentralere Position ein: Aus ihren Reihen speisten und rekrutierten sich die neuen Parteien, welche die Kolonien in die Unabhängigkeit führen sollten. In der Gold Coast, die zum Kern des Geschäftsgebiets der UAC gehörte, proklamierte Kwame Nkrumah im Jahr 1957 den unabhängigen Staat Ghana. 23 (1995), S. 277 – 300, hier S. 278; Statistics, in: Statistical and Economic Review 5 (1950), S. 38. Die Zeitschrift Statistical and Economic Review wurde von der UAC herausgegeben und beinhaltete Statistiken zur wirtschaft­lichen Leistung und zum Personal des Unternehmens sowie Berichte über die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Handelskonzerns.

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Abbildung 1.2: Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958

Dieser wurde damit zum strahlenden Vorbild für den ganzen Kontinent. Während also im Laufe der 1950er Jahre die großen Kolonialmächte zunehmend in die Defensive gerieten und die Kolonialbeamten in der Gold Coast schließ­lich zähneknirschend ihre Koffer packen mussten, blieb im Gegensatz dazu das Zeitalter der Dekolonisation für die Werbeindustrie eine Phase der Hochkonjunktur. Auch nach der Unabhängigkeit wurden die afrikanischen Konsumenten ungebrochen umgarnt. „Progressive People – Go By Cycle. Men and women with up-to-date ideas want to get about quickly (…) Move on with the times – on a cycle. Go ahead people choose Raleigh“, lautete etwa der Text einer Fahrradwerbung (Abbildung 1.2).5 Die Kampagne verhieß ‚Fortschritt‘ in den jungen afrika­ nischen Nationen, während der abgebildete Konsument die damit einhergehenden



5 Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958, Nottinghamshire Archives (NA) Raleigh Cycle Company Bestand (DD/RN) 4/2/26.

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Versprechungen verdeut­lichte: Die von vielen afrikanischen Zeitgenossen so sehr ersehnte Universitätsbildung, materieller Wohlstand und natür­lich die Teilhabe an vielversprechenden Konsumwelten. Die städtischen Mittelschichten avancierten in solcher Werbung zu persön­lichen Vertretern dieser strahlenden Zukunft: Eine Anzeigenserie der UAC, die zu Beginn der 1960er Jahre in den ghanaischen Zeitungen geschaltet wurde, zeigte afrikanische Manager in Situationen beruf­ lichen Erfolgs und bezeichnete diese als „Men of Tomorrow“.6 Dass auch diese Kampagne nur Männer ansprach, zeigt im Übrigen beispielhaft, dass die Werbefachleute, die selbst fast ausschließ­lich Männer waren, tatsäch­lich lange Zeit vornehm­lich männ­liche Konsumenten umwarben.

1. Fragestellung Diese Arbeit untersucht die Geschichte kommerzieller Werbung in Ghana von den 1930er bis in die 1960er Jahre.7 Sie analysiert Strategien zur räum­lichen Ausweitung und quantitativen Steigerung des Absatzmarktes für durch europäische Handels­unternehmen importierte Konsumgüter zwischen dem Beginn der 1930er und dem Ende der 1960er Jahre, zur Zeit des Spätkolonialismus, der Dekolo­nisation und in der Postkolonie. Sie zeichnet eine Geschichte kultureller und ökonomischer Einflussnahme aus der Metropole auf koloniale Gesellschaften, nimmt aber dabei keine staat­lichen, sondern privatwirtschaft­liche Akteure in den Blick. Während andere Arbeiten die Strategien europäischer Akteure im kolonialen System untersuchen, Afrikaner zu einem regierbaren Wahlvolk oder zu disziplinierten Arbeitern und Rohstoffproduzenten zu machen, fragt diese Arbeit nach der Einflussnahme auf das afrikanische Kauf- und Konsumverhalten mit



6 Men of Tomorrow, Imagewerbung der UAC, o. J. [1957 – 60], Unilever Archives and Record Management (UARM) United Africa Company Bestand (UAC) 1/11/20/6. Zur Analyse dieser Werbekampagne siehe auch Abschnitt 4 in Kapitel IV. 7 Mit den verschiedenen historischen Bezeichnungen für das Territorium des heutigen Staates Ghana geht diese Arbeit folgendermaßen um: Der Name ‚Ghana‘ wird immer verwendet, wenn von der souveränen Nation ab 1957 die Rede ist, und zudem dann, wenn sich der Text auf den gesamten Untersuchungszeitrahmen dieser Arbeit (Kolonialzeit und Unabhängigkeit) bezieht. Mit ‚Gold Coast‘ werden, wie auch zeitgenös­sisch üb­lich, die Verwaltungsgebiete Gold Coast Colony, Ashanti, Northern Territories und das im Ersten Weltkrieg besetzte und als Mandatsgebiet angegliederte British Togoland während der Kolonialzeit bis zur Unabhängigkeit 1957 bezeichnet. Auch wenn die Northern Territories formell den Titel Protektorat trugen und British Togoland Völkerbund-Mandatsgebiet war, so wird hier doch für das gesamte, faktisch als Einheit verwaltete Gebiet die Bezeichnung ‚Kolonie‘ verwendet.

Fragestellung

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dem Ziel, ‚moderne‘ Konsumenten mit bestimmten Bedürfnissen, Geschmacksrichtungen und Wünschen zu schaffen.8 Im Zentrum der Untersuchung steht die im Jahre 1928 gegründete erste Werbe­ agentur in den britischen Kolonien in Westafrika mit dem Namen West Africa Publicity Limited. Diese war ein Tochterunternehmen der UAC . Sie operierte wie ihre Muttergesellschaft von London aus, wo sie bald nach ihrer Gründung zunächst den Namen Export Advertising Service Limited (EAS) erhielt und später in ­Lintas West Africa Limited umbenannt wurde. In den Kolonien Nigeria, Gold Coast und Sierra Leone betrieb sie Filialen, die weiterhin West Africa Publicity hießen. Die Werbefachleute der Agentur in London sowie in Lagos, Accra und Freetown kamen zunächst alle aus Großbritannien, wo auch zu Beginn der gesamte Herstellungsprozess der Werbung stattfand. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte ver­ lagerten sich das Design der Werbung und der Entwurf von Kampagnenstrategien zu­­nehmend nach Westafrika, wo gleichzeitig in steigendem Maße Afrikaner an diesen ­Prozessen beteiligt waren. Die Arbeit fragt nach dem Aufbau der Agenturen, ihrer organisatorischen Entwicklung und nach der Professionalisierung der Werbefachleute. Wer übernahm das Design der Werbung? Wer traf die Entscheidungen über bestimmte Kampagnen? Gefragt wird auch nach dem Selbstverständnis und nach den Intentionen der Marketingstrategen und Werbefachleute, welche hinter der Herstellung der Werbung standen und diese formten. Welches Bild der afrikanischen Konsumenten pflegten sie? Trugen europäische Werbestrategen ihre Vorstellungen über den afrikanischen Kontinent in die Kolonien? Wie verlief die Professionalisierung einer ersten Generation afrikanischer Werbefachleute und inwiefern sieht man diesen personellen Wandel in der Werbung? Die Arbeit untersucht die Veränderungen und Kontinuitäten der Werbebotschaften, die sich an das Publikum der kolonialen Gesellschaft richteten. Inwiefern kann man die Reproduktion kolonialer Verhältnisse und Diskurse beobachten, inwiefern sieht man ihre Infragestellung und Veränderung mit der Dekolonisation? Dabei wird die Werbung ins Verhältnis zu Konsumkulturen und Lebenswelten afrikanischer Konsumenten gesetzt. Werbung wird als Kommunikationsversuch der Bildproduzenten mit den Konsumenten begriffen, die nicht zuletzt durch ihr

8 Cooper, Frederick: Decolonization and African Society. The Labor Question in French and British Africa, Cambridge 1996; Eckert, Andreas: Herrschen und Verwalten. Afrikanische Bürokraten, staat­liche Ordnung und Politik in Tanzania, 1920 – 1970, München 2007; Malinowski, Stefan: Modernisierungskriege. Militärische Gewalt und koloniale Modernisierung im Algerienkrieg, 1954 – 1962, in: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), S. 213 – 248; Deutsch, Jan-Georg: Educating the Middlemen. A Political and Economic History of Statutory Cocoa Marketing in Nigeria, 1936 – 1947, Berlin 1995.

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Kaufverhalten solche Kommunikationsversuche auch annehmen oder zurückweisen konnten. Welche Kampagnen funktionierten, welche scheiterten? Vor dem Hintergrund der rapiden politischen Veränderungen soll nicht zuletzt das Verhältnis zu politischen Debatten und Ereignissen beleuchtet werden. Inwiefern zeigte sich dieser Wandel in der Werbung? Wie verhielten sich die Werbeagenturen zu den politischen Umbrüchen? Damit sucht diese Arbeit die Analyse von Reklame in den Kontext der Gesellschaft zu stellen, in der geworben wird, und ihre Erscheinungsformen im Zusammenhang mit dieser Kultur zu betrachten: Werbung wird als kulturell gebunden begriffen. Somit kommt die Arbeit der Forderung nach, Werbung „als historisches, sich veränderndes Phänomen [zu] untersuchen, das in verschiedenen Gesellschaften unterschied­liche Ausprägungen haben kann.“ 9 Ghana eignet sich aus mehreren Gründen besonders als Untersuchungsfeld für eine Pilotstudie zu diesen Fragen. Seit Jahrhunderten existierten Handels­ beziehungen der westafrikanischen Küstenregionen mit Europa. Vor allem in diesen Gebieten konsumierte die lokale Bevölkerung europäische Güter. Gerade in der Nachkriegszeit weitete sich im Zuge gestiegener Einkünfte aus dem Exportgeschäft der Kreis der Konsumenten nochmals bedeutend aus. Europäische Unternehmen versuchten, ihren Anteil an dem wachsenden Markt für importierte Konsumgüter zu erhalten und zu vergrößern. Dabei gehörte die Gold Coast zu den bevölkerungsreichen und einkommensstarken Kolonien Westafrikas und stellte somit für Händler und Investoren ein besonders attraktives Wirtschaftsgebiet dar. Gleichzeitig galt das Land lange Zeit als afrikanische model colony Großbritanniens, ein Ruf, der auch der Werbeindustrie nicht unbekannt war. Das Land erlangte am 6. März 1957 als erste Kolonie süd­lich der Sahara die politische Unabhängigkeit.10 Damit hatte Ghana eine große Strahlkraft und Vorbildfunktion für Unabhängigkeitsbewegungen in anderen afrikanischen Kolonien und bot gleichzeitig für die Werbebranche ein Experimentierfeld für ihre Geschäfte im unabhängigen Afrika. Unter Werbung versteht diese Studie kommerzielle Wirtschaftswerbung – also Kampagnen, welche von Wirtschaftsunternehmen zum Zwecke der Gewinn­ steigerung durchgeführt oder in Auftrag gegeben wurden. Zumeist handelte es sich dabei um Werbung für Markenprodukte des jeweiligen Unternehmens, seltener um Anzeigen aus dem Bereich Public Relations, welche der Verbesserung des öffent­lichen Images derselben Unternehmen dienen sollten. Werbung für Konsumprodukte mit Markennamen großer Hersteller spielt daher eine

9 Röschenthaler, Ute: Werbung im Kontext. Perspektiven auf ein neues ethnolo­gisches Forschungsfeld, in: Zeitschrift für Ethnologie 134 (2009), S. 213 – 251, hier S. 216. 10 Ausnahmen sind die Sonderfälle Liberia 1847, Südafrika 1910 und Äthiopien 1941. Gocking, Roger S.: The History of Ghana, London u. a. 2005, S. 51 – 89, S. 112 und S. 125 – 131.

Analytische Zugänge zur Geschichte der Werbung

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zentrale Rolle in der vorliegenden Analyse. Mit dieser Definition grenzt sich die Arbeit von Werbung religiöser oder politischer Verbände – beispielsweise Wahl­ werbung – ab, welche etwa der Mobilisierung von Wählern oder Glaubensanhängern dient und zumindest nicht unmittelbar der Steigerung von Warenumsatz und wirtschaft­lichem Gewinn.11 Auch Kleinanzeigen, welche von Privatpersonen für Angebote und Gesuche von Gebrauchtwaren oder Dienstleistungen aufgegeben werden, fallen nicht in diese Kategorie.12 Die beworbenen Markenartikel waren fast ausnahmslos industriell gefertigte Konsumgüter. Bis Ende der 1950er Jahre importierten die europäischen Handelsfirmen die beworbenen Konsumgüter nach Ghana. Diese wurden überwiegend in Europa und hier vornehm­lich in Großbritannien hergestellt, kamen aber auch aus Ländern anderer Kontinente. In den 1960er Jahren wurden die beworbenen Waren zunehmend in Ghana selbst industriell gefertigt.13

2. Analytische Zugänge zur Geschichte der Werbung Seit ihrer Etablierung und Professionalisierung war die Werbebranche mit ­Kritik an ihrer gesellschaft­lichen Rolle konfrontiert.14 Werbung und Werber ­wurden als Agenten kapitalistischer Interessen kritisiert, die, getrieben von Profit­interessen, ihren Mitbürgern ‚falsche‘ Bedürfnisse weismachten und mit versteckten

11 Vgl. beispielsweise: Mergel, Thomas: Propaganda nach Hitler. Eine Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik, 1949 – 1990, Göttingen 2010. 12 Vgl. zu diesen Einteilungen auch: Laird, Pamela Walker: Advertising Progress. American Business and the Rise of Consumer Marketing, Baltimore 1998, S. 7; Röschenthaler, Werbung im Kontext, S. 231 f. 13 Diese Arbeit untersucht also nicht die Konsumgegenstände aus der lokalen Produktion in Ghana, wie etwa handgewebte Stoffe, selbstproduzierte Seifen oder in den G ­ emeinden gebrannten Alkohol. Vgl. dazu: Kriger, Colleen E.: Cloth in West African History, ­Lanham 2006; Dies.: Mapping the History of Cotton Textile Production in Precolonial West Africa, in: African Economic History 33 (2005), S. 87 – 116. Zur Geschichte der lokalen Alkoholdestillation siehe die in den Fußnoten 49 und 50 dieses Kapitels genannten Publikationen von Emmanuel Akyeampong und Dmitri van den Bersselaar. 14 Zur Kritik und Professionalisierung der Werbebranche in den USA um die Jahr­ hundertwende: Laird, Advertising Progress, S. 304 – 361. Für Großbritannien siehe Nevett, Terrence: Advertising in Britain. A History, London 1982, S. 110 – 137. Vgl. zur Kritik an der britischen Werbebranche und zu ihren Legitimationsstrategien nach dem Zweiten Weltkrieg: Schwarzkopf, Stefan: They Do it with Mirrors. Advertising and British Cold War Consumer Politics, in: Contemporary British History 19 (2005) 2, S.  133 – 150.

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Manipulationsmethoden ihren Einfluss zu steigern suchten.15 Auch wissenschaft­ liche Untersuchungen zur Werbung fragten häufig nach der Wirkung der Reklame auf den Betrachter und gingen dabei von einer großen Macht der Werbung über die potentiellen Konsumenten aus.16 In den 1980er Jahren bekam diese Sichtweise nochmals durch strukturalistische und semiotische Ansätze zur Werbeinterpretation Aufwind.17 In dieser Auslegung erhielten die Werbebilder eine durch gesellschaft­ liche Strukturen definierte Bedeutung und Wirkungsmacht auf die Rezipienten und die Werbekampagnen nicht selten eine ideolo­gische Bedeutung. Doch hat diese Art der Werbeanalyse kaum die Werbefachleute als handelnde Personen mit in die Betrachtung einbezogen, sondern im Gegenteil allzu oft die Akteursebene sowohl auf der Produzenten- als auch auf der Rezipientenseite ausgeblendet. In der jüngeren Forschung seit den 1990er Jahren ist dieser Ansatz einer kri­tischen Prüfung unterzogen worden. Die Konsumenten wurden in diesen Arbeiten verstärkt als Individuen mit Reflexionsvermögen und Entscheidungsmacht über ihr Handeln begriffen. Gleichzeitig bettete die Forschung in ihren ­Analysen die Werbefachleute und die Werbung in ihren kulturellen, gesellschaft­ lichen und politischen Kontext ein, in welchem sie gezwungen waren, Konsumverhalten, Modeempfinden und kulturelle Entwicklungen zu verstehen und darauf zu reagieren. So begriffen britische Werber und Marktforscher die Konsumenten bei Weitem nicht als „a passive tool of the manipulations of the advertisers“, sondern als „a highly problematic entity“, und versuchten mit viel Aufwand, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen, zu messen und vorhersagbar zu machen.18 Die Beziehung zwischen Produzenten und Konsumenten spielte sich in diesen Arbeiten auf Augenhöhe ab. Werbung wurde zunehmend als kulturgeschicht­liches Analysefeld begriffen und im Kontext von Hoffnungen, Wünschen und Debatten der sie umgebenden Gesellschaft analysiert.19 ­Während 15 So etwa die vielfach aufgelegte US-amerikanische Kritik: Packard, Vance: The Hidden Persuaders, New York 1957. 16 Vgl.: Ewen, Stuart: Captains of Consciousness. Advertising and the Social Roots of Consumer Culture, New York 1976. 17 Williamson, Judith: Decoding Advertisements. Ideology and Meaning in Advertising, London 1978. Zur strukturalistisch-semiotischen Analyse vgl: Barthes, Roland: Image, Music, Text, Glasgow 1977. 18 Miller, Peter/Rose, Nikolas: Mobilizing the Consumer. Assembling the Subject of Consumption, in: Theory Culture Society 14 (1997) 1, S. 1 – 36, hier S. 6. Vgl. auch: Nixon, Sean: Understanding Ordinary Women. Advertising, Consumer Research and Mass Consumption in Britain, 1948 – 1967, in: Journal of Cultural Economy 2 (2009) 3, S. 301 – 323. 19 In der deutschsprachigen Historiographie dazu maßgeb­lich: Gries, Rainer/Ilgen, Volker/ Schindelbeck, Dirk: ‚Ins Gehirn der Masse kriechen!‘. Werbung und Mentalitätsgeschichte, Darmstadt 1995; Für die anglophone Forschung vgl.: Marchand, Roland: Advertising

Analytische Zugänge zur Geschichte der Werbung

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Aussagen über eine allgemeingültige Wirkung der Werbung auf Rezipienten an Bedeutung verloren, wurde eher der Erfolg oder Misserfolg bestimmter ­Kampagnen in ihrem kulturellen Kontext untersucht: „Eine erfolgreich werbende Ware oder Botschaft kann (…) nicht ausschließ­lich den Intentionen der Sender und Produzenten huldigen, sondern muss auch die kollektiven Bewußtseins­bestände der Verbraucher, Wähler und Rezipienten enthalten und wiedergeben.“ 20 Auch die Rolle der Werbebranche in zeitgenös­sischer Politik und politischen D ­ ebatten wurde nun verstärkt beleuchtet.21 Werbung wird so zu einem Produkt der sie umgebenden Kultur, Gesellschaft und Politik und stellt damit gleichzeitig einen Spiegel von „Zustände[n] der Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt“ dar.22 Die vorliegende Arbeit greift diese Debatten auf und macht sich ihre Ansätze zunutze. Werbung wird, in Anlehnung an die bedeutende Studie von Roland Marchand, als selektiver Zerrspiegel untersucht. Marchand betont, dass die Bezeichnung Zerrspiegel allein noch zu sehr die Wiedergabe von Realität verspräche: „Advertising’s mirror not only distorted, it also selected. Some social realities hardly appeared at all.“ 23 Die Gründe hierfür macht Marchand auf Seiten der Werber und Marketingstrategen aus. „Like the paintings and murals of Socialist Realism, the illustrations in American advertising portrayed the ideals and aspirations of the system more accurately than its reality. They dramatized the American dream.“ 24 Dem folgt diese Arbeit, indem sie die Werber und Marketingstrategen nach ihren Selektionsstrategien und ihrer Wahrnehmung der Konsumenten befragt. ­Inszenierten sie Träume und Hoffnungen der ghanaischen Gesellschaft? Wenn ja, wie sahen diese aus? Oder bezogen sie sich eher auf europäische Wunschvor­ stellungen über afrikanische Subjekte? Die vorliegende Studie erweitert die Perspektive der Werbeforschung, indem sie diese Fragen in einen interkulturellen

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the American Dream. Making Way for Modernity, 1920 – 1940, Berkeley 1986; Hilton, ­Matthew: Advertising, the Modernist Aesthetic of the Marketplace? The Cultural Relationship between the Tobacco Manufacturer and the ‚Mass‘ of Consumers in Britain, 1870 – 1940, in: Martin Daunton/Bernhard Rieger (Hg.): Meanings of Modernity. Britain from the Late-Victorian Era to World War II, Oxford 2001, S. 45 – 69. Gries/Ilgen/Schindelbeck, Ins Gehirn der Masse, S. 2. Schwarzkopf, They Do it with Mirrors; Berghoff, Hartmut: Von der ‚Reklame‘ zur Verbrauchslenkung. Werbung im nationalsozialistischen Deutschland, in: Ders. (Hg.): Konsumpolitik. Die Regulierung des privaten Verbrauchs im 20. Jahrhundert, Göttingen 1999, S. 77 – 112; Sennebogen, Waltraud: Zwischen Kommerz und Ideologie. Berührungspunkte von Wirtschaftswerbung und Propaganda im Nationalsozialismus, München 2008. Gries/Ilgen/Schindelbeck, Ins Gehirn der Masse, S. 2. Marchand, Advertising the American Dream, S. xvii. Ebd., S. xviii.

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Kontext stellt, der die meiste Zeit des Untersuchungszeitraums von einem politischen Herrschaftsverhältnis geprägt war. Da bis Ende der 1950er Jahre der Großteil der Werbung in der Metropole entworfen wurde, kamen die Werber zunächst aus einem völlig anderen kulturellen Umfeld als die umworbene Bevölkerung Ghanas: Die Werbung wurde so in verschiedenen kulturellen Kontexten hergestellt und von den Rezipienten wahrgenommen. Gerade diese interkulturellen Bezüge machen es notwendig, Reklame als ein Produkt der Intentionen und Strategien der Werbeproduzenten zu begreifen, welches in ihre Kultur und Denkweise eingebunden ist. Dabei waren die Werber aufgrund der spezifischen Beschaffenheit von Werbung als Kommunikationsmittel zur Profitsteigerung, welche freiwillige Handlungen bei den Konsumenten in Gang setzen möchte, immer sehr darauf bedacht, sich an bereits bestehenden Wünschen und Bedürfnissen ihrer Zielgruppe zu ­orientieren. „Advertising leaders recognized the necessity of associating their selling messages with the values and attitudes already held by their audience“, analysiert Marchand und konstatiert: „(…) advertising people clearly invested more time, energy, and money than any other mass communicators in the effort to discover such fundamental beliefs.“ 25 Werbung musste von den Konsumenten verstanden und angenommen werden und die Werber wussten sehr genau um diese grundlegende Notwendigkeit. Werbung wird in dieser Arbeit daher als Identifikationsangebot begriffen: Nicht als exakte Darstellung der sozialen Realität, aber auch nicht als ein Phantasie­gebäude mit absoluter Macht über die Konsumenten, die dadurch uneingeschränkt manipuliert werden können. Es ist dabei von wesent­licher Bedeutung, die Angebote der Werber zu beschreiben, aber es ist ebenfalls wichtig, immer wieder nach den Berührungspunkten zur sozialen Realität zu fragen. Im Untersuchungsfeld der vorliegenden Studie fand diese Dynamik in einem kolonialen Herrschaftsverhältnis statt, in dem Akteure aus der Kolonialmacht den kolonialisierten Subjekten Identifikationsangebote zu machen suchten. Die Arbeit prüft auch, ob hierbei die Annahmen der Werbeforschung nicht auch relativiert werden sollten: Wie sehr versuchten die Werber tatsäch­lich, ‚ihre‘ afrikanischen Konsumenten zu verstehen? Eine der Dynamiken des Feldes der Werbung stellte dar, dass die Werbefachleute sich als Experten für die Wünsche und Lebensentwürfe der Konsumenten aus­ gaben, gleichzeitig sich selbst aber als kulturelles Vorbild betrachteten und mit der Werbung auch ihr eigenes Prestige in der Branche zu erhöhen suchten.26 Wie zeigt sich diese Dynamik, wenn sie gleichzeitig von der Schwierigkeit interkultureller Kommunikation und den Diskursen eines interkontinentalen Herrschaftsverhältnisses begleitet wird?

25 Ebd., S. xix. 26 Ebd., besonders S. 25 – 87; Laird, Advertising Progress.

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Die Frage nach den Repräsentationen afrikanischer Konsumenten, wie sie in der Werbung in der (Post-)Kolonie sichtbar wurden, spielt eine wichtige Rolle in dieser Arbeit. Der Terminus ‚Repräsentation‘ erfasst das Spannungsfeld von Werbung als Abbild der Vorstellungen über afrikanische Lebenswelten einerseits und der sozialen Praxis der Konsumenten andererseits. Er betont zum einen, dass solche Vorstellungen, Darstellungen und Abbilder die Auffassung ihrer Produzenten über eine soziale Ordnung der Konsumenten sichtbar machen. Zum anderen macht er deut­lich, dass sichtbare Repräsentationen wiederum auf die soziale Praxis ein­wirken können. Er geht somit über Begriffe wie Abbildung oder Darstellung hinaus und betont die Wirkungsmacht der Lebensstilangebote der Werbung: „In diesem Verständnis sind Repräsentationen Organisationsformen des Wissens, Muster der sinnhaften Verarbeitung von Lebensverhältnissen und kollektiven Erfahrungen, die Menschen ermächtigen, sich in der historischen, sozialen oder politischen Realität zurechtzufinden. (…) So gesehen eröffnen Repräsentationen Handlungsmög­lichkeiten, sie beschränken sie aber auch, weil sie keine beliebigen Optionen eröffnen.“ 27

Die Reaktionen der Rezipienten auf die Repräsentationen von Konsumenten und Konsumkultur der Werbung werden hier ebenso untersucht, wie die R ­ epräsen­­­ta­tionen in Bezug zur sozialen Praxis der Konsumenten gesetzt ­werden ­sollen. Zwei weitere Aspekte sollen für die Herangehensweise der vorliegenden Arbeit hervorgehoben werden. Werbegeschichte ist erstens in dieser Arbeit eine Geschichte von Transfer und Verflechtungen zunächst zwischen Kolonialmacht und Kolonie und später zwischen wirtschaft­lich ungleichen Nationen der ‚Ersten Welt‘ und der ‚Dritten Welt‘ im britischen Commonwealth. Bei der Expansion der britischen Werbebranche in die Kolonie wurden Werbemethoden, Organisationsformen und B ­ ranchenkultur 28 direkt von London nach Accra transferiert. Die Studie fragt hier nach lokalen

27 Baberowski, Jörg: Was sind Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel? Anmerkungen zu einer Geschichte interkultureller Begegnungen, in: Ders. (Hg.): Arbeit an der Geschichte. Wie viel Theorie braucht die Geschichtswissenschaft?, Frankfurt am Main 2009, S. 7 – 18, hier S. 8. Vgl. auch: Pohlig, Matthias: Wandel und seine Repräsentation, in: Baberowski (Hg.): Arbeit an der Geschichte, S. 37 – 61. 28 Osterhammel, Jürgen: Transferanalyse und Vergleich im Fernverhältnis, in: Hartmut Kaelble (Hg.): Vergleich und Transfer. Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt am Main 2003, S. 439 – 466; Kaelble, Hartmut: Die interdisziplinären Debatten über Vergleich und Transfer, in: Ders. (Hg.): Vergleich und Transfer, S. 469 – 493. Einführend zur Geschichte von Werbung in Großbritannien: Nevett, Advertising in Britain; Fletcher, Winston: Powers of Persuasion. The Inside Story of British Advertising, 1951 – 2000, Oxford 2008.

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Anpassungen, Aneignungen und Umformungen von Kultur und Praxis. Lässt sich Werbung auch über die Agenturorganisation hinaus als eine Transferschiene von der Metropole in die Kolonie beschreiben? Welche kulturellen Kodizes und politischen Überzeugungen wurden auf ihr transportiert?29 Dabei wird auch nach Verflechtungen in der Werbeherstellung und in der Repräsentation von Konsumkulturen gefragt. Trugen britische Werbeprofis ihre Konzepte nach Ghana und ihre Erfahrungen in die Londoner Agenturzentrale zurück? Kann man von afrikanischer Aneignung der Werbekonzepte sprechen?30 Die Untersuchung kommt damit der Forderung nach, die „unauflösbare Verflechtung der europäischen und außereuropäischen Welt zum Ausgangspunkt einer Geschichtsschreibung“ zu machen.31 Die Konzepte, wie sie in Großbritannien und auch in anderen Ländern E ­ uropas die Werbung prägten, waren ihrerseits in einem Transfervorgang aus den USA in den europäischen Metropolen übernommen worden.32 Im Zuge einer globalen Ausbreitung US-amerikanischer Wirtschaft und Kultur begannen Werbegiganten wie die Agentur J. Walter Thompson in den späten 1920er Jahren ihren Siegeszug durch Europa und veränderten in London, Paris, Barcelona, Wien, Berlin, Warschau und anderen europäischen Metropolen mit ihren Konzepten die Werbebranche nachhaltig.33 Daher sind auch Bezüge auf eine US-amerikanische Werbekultur für die Studie von Bedeutung. 29 Auf die methodolo­gische Nähe zwischen Transfer- und Vergleichsanalyse verweist Osterhammel: Osterhammel, Transferanalyse und Vergleich, S. 442. Sie gilt auch für diese Arbeit, in der die Anwendung der Werbekonzepte im europäischen wie im westafrika­ nischen Raum in Beziehung gesetzt wird. 30 Zur Analyse von Aneignung vgl: Hahn, Hans Peter: Diffusionism, Appropriation, and Globalization. Some Remarks on Current Debates in Anthropology, in: Anthropos 103 (2008), S.  191 – 202. 31 Conrad, Sebastian/Randeria, Shalini: Einleitung. Geteilte Geschichten – Europa in einer postkolonialen Welt, in: Dies. (Hg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt am Main/New York 2002, S. 9 – 49, hier S. 10. Die Autoren fordern, den „Blick auf die Verwobenheit der europäischen mit der außereuropäischen Welt [zu] lenken und den Imperialismus als den gemeinsamen Rahmen der wechselseitigen Konstitution von Metropole und Kolonie [zu] begreifen.“ (Ebd.). 32 Schug, Alexander: Wegbereiter der modernen Absatzwerbung in Deutschland. Advertising Agencies und die Amerikanisierung der deutschen Werbebranche in der Zwischenkriegszeit, in: WerkstattGeschichte 34 (2003), S. 29 – 52. 33 De Grazia, Victoria: Irresistable Empire. America’s Advance through Twentieth-Century Europe, London/Cambridge 2005, S. 226 – 283. Vgl. folgende Auswahl aus der großen Anzahl von Veröffent­lichungen zur US-amerikanischen Werbegeschichte: Pope, Daniel: The Making of Modern Advertising, New York 1983; Fox, Stephen: The Mirror Makers. A History of American Advertising and its Creators, New York 1984; Lears, T. J. Jackson: Fables of Abundance. A Cultural History of Advertising in America, New York 1994.

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Diese Untersuchung betrachtet die Werber als – natür­lich nicht neutrale – ­kulturelle Mittler und greift damit auf ähn­liche Konzepte sowohl der Werbe­ forschung als auch der Kolonialismusforschung zurück. So hat die Werbegeschichte die Rolle von Werbern in Anlehnung an Bourdieu als neue kulturelle Mittler zwischen Unternehmen und Kunden, zwischen der Sphäre der Produktion und der Sphäre des Konsums und ihren jeweiligen Praktiken betont. Werber versuchen, Produkte mit Bedeutung zu versehen, und müssen sich dafür mit dem kulturellen Kontext ihrer Zielgruppe auseinandersetzen, um Geschmack, Lebensstil, Wünsche und Bedürfnisse zu beeinflussen.34 Im Fall der vorliegenden Studie werden sie außerdem zu kulturellen Mittlern zwischen Metropole und Kolonie, zwischen britischer und ghanaischer Kultur. Diese Perspektive auf afrikanische Akteure im Kolonialsystem hat die Historiographie zur Kolonialgeschichte hervorgehoben. Hier soll gefragt werden, ob eine solche Rolle nicht nur den afrikanischen, sondern auch den europäischen Werbeangestellten zuteilwurde.35 Zweitens ist der Aspekt der Moderne und Modernisierung in dieser Arbeit von Bedeutung. Die britischen Werbefachleute kamen aus einer Branchenkultur, in der sich Werber in Europa und in den USA selbst in einer Mission zur Modernisierung ihrer Gesellschaft sahen. US-amerikanische Werber verbanden in Professiona­lisierungs- und Legitimierungsdiskursen individuellen und gesellschaft­ lichen Fortschritt mit ihrer Branche. Die Werbebranche etablierte so erfolgreich eine Selbstbeschreibung, in welcher der Reklame eine zentrale Rolle dabei zukam, Bedürfnisse bei Konsumenten zu wecken und diese zu steuern, und Konsum selbst als bedeutender Bestandteil von gesellschaft­lichem sowie ökonomischem Fortschritt galt. Werbung wurde zum „promoter of cultural progress“.36 Werber versprachen, die Konsumenten zu den „right methods of living“ zu erziehen.37 Sie sahen sich in einer gesellschaft­lichen Mission des „civilizing and uplifting“: Werbung „modifies the course of a people’s daily thoughts, gives them new words, new phrases, new ideas,

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Natür­lich kam es auch bei diesen Transfers zu lokalen Ausprägungen und Adaptionen, die für die jeweiligen Regionen untersucht wurden. Vgl. dazu die Fußnoten 63 und 64 in diesem Kapitel. Nixon, Sean/Du Gay, Paul: Who Needs Cultural Intermediaries?, in: Cultural Studies 16 (2002) 4, S. 495 – 500; Nixon, Sean: Advertising Cultures. Gender, Commerce, Creativity, London 2003. Lawrance, Benjamin N./Osborn, Emily Lynn/Roberts, Richard L. (Hg.): Intermediaries, Interpreters, and Clerks. African Employees in the Making of Colonial Africa, ­Madison 2006. Laird, Advertising Progress, S. 354. A Conversation with Nathanial C. Fowler, Jr. Advertising, Past, Present, and Future, in: Arena. The Worlds Leading Review 29 (1903), S. 638 – 648, zit. nach: Laird, Advertising Progress, S. 354.

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new fashions, new prejudices and new customs“.38 Werber versicherten einander: „Yours is the profession of enlightenment. (…) [A]dvertising (…) is an agency of civilization.“ 39 Ihre Selbstbeschreibung als „missionaries of modernity“ beeinflusste das Design der Werbung und ihre Einstellung gegenüber den Konsumenten.40 Eine zentrale Frage ist daher, wie die Werber ihre Modernisierungsmission nach Westafrika trugen. Mit der säkularen ‚Zivilisierungsmission‘ in den Kolonien sowie mit christ­lichen Missionaren hatten die Werber gemein, dass ihr Menschenbild stark auf die Veränderbarkeit der einzelnen Subjekte setzte. Das Entstehen der welt­lichen Zivilisierungsmission wird in etwa auf das Jahr 1870 in Frankreich datiert.41 Diese Herrschaftslegitimierung machten sich in Folge alle europäischen Kolonialmächte zu eigen. Sie vertraten die Ansicht, dass sie aufgrund ihrer angeb­ lichen zivilisato­rischen Höherwertigkeit befähigt und verpf­lichtet seien, koloniale Subjekte auf eine höhere Stufe der Entwicklung zu heben.42 Ab etwa 1945 zeigte sich diese Mission in veränderter Form in der Politik von ‚Entwicklung‘ der Kolonien sowie in der Modernisierungstheorie aus den USA.43 Durch das Brennglas 38 Chalkins, Earnest Elmo: The Business of Advertising, New York 1915, S. 9, zit. nach: Laird, Advertising Progress, S. 355. 39 Johnson, Joseph French: Advertising as an Economic Force, in: Poster 11 (1920), S. 23 – 25, S. 59 und S. 61, zit. nach: Laird, Advertising Progress, S. 363. 40 Marchand, Advertising the American Dream, besonders S. 1 – 14 und S. 148. 41 Grundlegend hat die Auswirkungen dieser Selbstbeschreibung auf die koloniale Praxis Frankreichs in Westafrika untersucht: Conklin, Alice A.: A Mission to Civilize. The Republican Idea of Empire in France and West Africa, 1895 – 1930, Stanford 1997. 42 Eckert, Andreas: Kolonialismus, Moderne und koloniale Moderne in Afrika, in: Jörg Baberowski/Hartmut Kaelble/Jürgen Schriewer (Hg.): Selbstbilder und Fremdbilder. Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel, Frankfurt am Main 2008, S. 53 – 66, hier S. 63; Osterhammel, Jürgen: ‚The Great Work of Uplifting Mankind‘. Zivilisierungsmission und Moderne, in: Ders./Boris Barth (Hg.): Zivilisierungsmissionen. Imperiale Weltverbesserung seit dem 18. Jahrhundert, Konstanz 2005, S. 363 – 425, hier S. 363. 43 Zur Geschichte der Entwicklungspolitik siehe beispielsweise: Cooper, Frederick: Modernizing Bureaucrats, Backward Africans, and the Development Concept, in: Ders./ Randall Packard (Hg.): International Development and the Social Sciences. Essays on the History and Politics of Knowledge, Berkeley/Los Angeles/London 1997, S. 64 – 91; Eckert, Andreas: Wohlfahrtsmix, Sozialpolitik und ‚Entwicklung‘ in Afrika im 20. Jahrhundert, in: ­Gerhard Melinz/Johannes Jäger/Susan Zimmermann (Hg.): Sozialpolitik in der Peripherie. Entwicklungsmuster und Wandel in Lateinamerika, Afrika, Asien und Osteuropa, Wien/Frankfurt am Main 2001, S. 99 – 116; Rempe, Martin: Entwicklung im Konflikt. Die EWG und der Senegal, 1957 – 1975, Köln 2012; Nützenadel, Alexander/ Speich, Daniel (Hg.): Global Inequality and Development after World War II (=Special Issue of the Journal of Global History 6 (2011) 1); Büschel, Hubertus/Speich, Daniel (Hg.): Entwicklungswelten. Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit, Frankfurt am

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der Werbung soll hier nach Verbindungen gesucht werden, welche Zivilisierungsmission, Modernisierungsdiskurse und Konsum eingegangen sind. Kann man die Werbebranche als Teil einer kolonialen Zivilisierungs- oder Modernisierungsmission beschreiben? Wenn ja, wie sahen ihre missionarischen Bestrebungen zur kolonialen Subjektbildung im Bereich des Konsums aus, wie äußerten sie sich in der Werbung?44 Werbung bietet ein bislang wenig beachtetes Feld von Moder­ nisierungsbestrebungen für außereuropäische Territorien. Dabei handelte es sich um eine Mission im Namen des wirtschaft­lichen Profits: Die Werber hatten die Aufgabe, freiwillige Abnehmer der Produkte zu schaffen, indem sie sich an der direkten Einflussnahme auf ihre Bedürfnisse versuchten.45 Der Begriff ‚Moderne‘ wird hier in Anlehnung an Debatten der Kolonial­ geschichte als eine Repräsentation, als soziale und kulturelle Imagination und Praxis untersucht.46 Moderne nach einem bestimmten Kriterienkatalog zu definieren, erscheint schon allein dann schwierig, wenn man sich die große Spannbreite unterschied­licher Definitionen des Begriffs vor Augen führt; zudem bringt dies in der Kolonialgeschichte die Gefahr mit sich, historische Vorgänge durch die Brille der europäischen Geschichte zu beurteilen.47 Es ist vielmehr von wesent­licher Bedeutung, zu verstehen, was die verschiedenen Akteure – Werbefachleute wie Konsumenten – für modern hielten und was Moderne und Modernisierung für sie bedeuteten. Moderne wird in dieser Arbeit daher als Quellenbegriff untersucht.

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Main 2009; F ­ insterhölzl, Regina: ‚The Spirit of True Socialism‘. Das Fabian Colonial Bureau und die koloniale Reformpolitik im subsaharischen Afrika, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 58 (2010) 12, S. 994 – 1013. Grundlegend zur amerikanischen Modernisierungstheorie: Gilman, Nils: Mandarins of the Future. Modernization Theory in Cold War America, Baltimore 2003. Vgl. außerdem Fußnote 3 in Kapitel IV. Zur kolonialen Subjektbildung siehe: Pesek, Michael: Koloniale Herrschaft in Deutsch-Ostafrika: Expeditionen, Militär und Verwaltung seit 1880, Frankfurt am Main 2005, S. 26 – 30. Vgl. auch die Überlegungen zum Zusammengehen von Zivilisierungsmission, Lohn­ arbeit und marktwirtschaft­licher Umgestaltung kolonialer Gesellschaften: Petersson, Niels P.: Markt, Zivilisierungsmission und Imperialismus, in: Barth/Osterhammel (Hg.): Zivi­lisierungsmissionen, S. 33 – 54. Petersson konzentriert sich dabei auf viktorianische ­Debatten über Arbeitskraft und Lohnarbeit sowie auf den Wandel in der Gesetzgebung und den infrastruktureller Aufbau im kolonialen Indien. Das gilt auch für den Begriff der ‚Tradition‘. Eckert, Kolonialismus, Moderne und koloniale Moderne in Afrika, S. 66; Cooper, F ­ rederick: Colonialism in Question. Theory, Knowledge, History, Berkeley 2005, S. 113 – 149. Zur Bandbreite des Begriffs ‚Moderne‘ vgl: Gumbrecht, Hans Ulrich: Modern, Modernität, Moderne, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhard Koselleck (Hg.): Geschicht­liche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 93 – 131.

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Dieser Begriff war für die Verheißung von Neuem und von Wohlstand in der ­anglo-amerikanischen Werbung sehr präsent; wie zeigte er sich in der Werbung in Ghana? Wie wurde das Idealbild eines modernen Konsumenten gezeichnet und welche soziale Realitäten selektierte die Werbung hierfür? In Anlehnung an Arbeiten zu interkulturellem Werbetransfer nimmt die vor­ liegende Studie drei Ebenen in den Blick, an denen gesellschaft­liche Interaktionen der Werbebranche deut­lich werden.48 Erstens fragt sie nach den Interaktionen mit der medialen Landschaft Ghanas: Werbung benötigte immer Medien zum Transport ihrer Botschaften. Zeitungen, Wandtafeln, Radio und Kino waren Kommu­nikationsund Unterhaltungsformen von großer Bedeutung. Die Zeitungen waren zumeist in afrikanischen Händen und wurden von einer afrikanischen Bildungsschicht hergestellt sowie von dieser gelesen. Sie waren nicht zuletzt für die Heraus­bildung von Kultur und politischer Praxis der nationalistischen Parteien von wesent­licher Bedeutung. Ihre Interaktion mit der Werbebranche und damit auch mit euro­ päischen Unternehmen ist bislang allerdings kaum untersucht worden. Zweitens stehen die Förderung von Professionalisierung und das Entstehen der ersten Generation afrikanischer Werbefachleute im Zentrum der Untersuchung. Drittens wird die Kommunikation mit Konsumenten über die Werbebilder sowie in der Marktforschungspraxis untersucht. Die wichtigste Zielgruppe der Printwerbung war die städtische Elite und Mittelschicht, die in den Werbekampagnen zumeist als Konsumenten der Produkte dargestellt wurden. Der Konsum importierter Güter stand im Zentrum der Kultur der wachsenden urbanen Mittelschicht und Elite und galt als Ausdruck von hohem sozialen Status. Da sich aus diesen Schichten Träger und Unterstützer der Unabhängigkeitsbewegung rekrutierten, wird hier auch die Verbindung in die politische Sphäre gesucht. Es wird danach gefragt, wie politische Diskurse, Krisen und Brüche in den Werbekampagnen sichtbar wurden. Inwiefern sieht man auf den Bildern auch die soziale Realität der Konsumenten, ihre politischen Forderungen, Statussymbole und Lebensvisionen? Die vorliegende Arbeit fragt zudem nach den Antworten afrikanischer Konsumenten auf die Werbung und nach der Aneignung importierter Waren. Sie bezieht Diskrepanzen und Konflikte zwischen Repräsentationen und sozialer Praxis der afrikanischen Konsumenten in die Analyse mit ein. Hier muss allerdings auf eine Schwierigkeit verwiesen werden: Eine Geschichte der Werbung, welche sich hauptsäch­lich auf Werbung für Markengüter stützt, ist Teil einer Geschichte der Ausbreitung kapitalistischer Konsumkultur in der Kolonie. Doch zu einer Geschichte 48 Diese drei Ebenen der Interaktion untersucht am Beispiel der Expansion einer US-­ amerikanischen Werbeagentur nach Brasilien: Woodard, James P.: Marketing Modernity. The J. Walter Thompson Company and North American Advertising in Brazil, 1929 – 1939, in: Hispanic American Historical Review 82 (2002) 2, S. 257 – 290, hier S. 258.

Forschungsstand

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des Konsums importierter Waren in Ghana liegen bislang nur wenig Arbeiten vor. Im Zuge der Hinwendung der afrikawissenschaft­lichen Historiographie zu kulturgeschicht­lichen Fragestellungen hat sich diese erst in jüngerer Zeit die Perspektiven der Konsumgeschichte zu eigen gemacht.49 Publikationen zur Geschichte Ghanas widmen sich Konsumgütern wie Alkohol oder Kleidung.50 Jedoch muss ein sozial- und kulturgeschicht­licher Überblick über die Art der Importe, die Ausbreitung und Organisation des Einzelhandels, die Verschiebungen in der Kaufkraft, den Wandel im Kaufverhalten und in der Konsumkultur sowie die Formen der Aneignung importierter Produkte noch geschrieben werden.

3. Forschungsstand Diese Dissertation ist ein Beitrag zur Geschichte kommerzieller Werbung in Afrika. Im Zuge der Hinwendung der afrikanischen Geschichte zu Fragen der Konsumgeschichte entstanden auch einige Arbeiten, welche die Geschichte von Werbung in Afrika in den Blick nehmen, obgleich das Thema insgesamt wenig 49 Einige der wichtigen Veröffent­lichungen in diesem Bereich sind: Prestholdt, Jeremy: Domesticating the World. African Consumerism and the Genealogies of Globalization, Berkeley 2008; Allman, Jean (Hg.): Fashioning Africa. Power and the Politics of Dress, Bloomington 2004; Crush, Jonathan/Ambler, Charles (Hg.): Liquor and Labor in Southern Africa, Athens 1992; Martin, Phyllis: Contesting Clothes in Colonial Brazzaville, in: Journal of African History 35 (1994) 3, S. 401 – 426; Hunt, Nancy: A Colonial Lexicon of Birth Ritual, Medicalization, and Mobility in the Congo, Durham 1999; Fardon, Richard/van B ­ insbergen, Wim/van Dijk, Rijk (Hg.): Modernity on a Shoestring. Dimensions of Globalization, Consumption and Development in Africa and Beyond, Leiden/London 1999. Siehe auch die weiter unten genannten Titel von Timothy Burke und Dmitri van den Bersselaar. Vgl. zu anthropolo­gischen Perspektiven auf gegenwärtigen Konsum in Afrika: Hahn, Hans Peter (Hg.): Consumption in Africa. Anthropological Approaches, Berlin 2008. 50 Akyeampong, Emmanuel: Drink, Power and Cultural Change. A Social History of Alcohol in Ghana, c. 1800 to Recent Times, Portsmouth 1996; Allman, Jean: ‚Let your Fashion be in Line with Our Ghanaian Costume‘. Nation, Gender, and the Politics of Clothing in Nkrumahs’ Ghana, in: Dies. (Hg.): Fashioning Africa, S. 144 – 165. Murillo, Bianca: Market Relations. Retailing, Distribution, and the Politics of Consumption in Ghana, 1930 – 1970s, Dissertation, University of California, Santa Barbara 2009; Dies.: ‚The Modern Shopping Experience‘. Kingsway Department Store and Consumer Politics in Ghana, in: Africa 82 (2012) 3, S. 368 – 392. Vgl. auch die sehr aufschluss­reiche Studie zur Bedeutung von Konsum in der christ­lichen Mission in der Gold Coast: Meyer, Birgit: C ­ hristian Mind and Wordly Matters. Religion and Materiality in the Nineteenth-­Century Gold Coast, in: Fardon/van Binsbergen/van Dijk (Hg.): Modernity on a Shoestring, S. 155 – 177.

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Aufmerksamkeit in der Wissenschaft gefunden hat. Als bahnbrechend darf die Studie von Timothy Burke über Vermarktung und Konsum von Toiletten­ artikeln im süd­lichen Afrika des 20. Jahrhunderts gelten. Am Beispiel von Rein­ lichkeitsvorstellungen und Hygieneartikeln untersucht die Studie die Kommerzialisierung von Konsum und Bedürfnissen in Südrhodesien unter kolonialer Herrschaft und in der Postkolonie Simbabwe. Burke fokussiert besonders auf die Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre. Er beleuchtet ­Marketingbestrebungen etwa des Seifenproduzenten Lever Brothers sowie Konzepte von Werbung und Marktforschung, die er in den Kontext kolonialer Diskurse über afrikanischen Konsum stellt. Burke fasst Konsumgegenstände, Konsumgewohnheiten und deren Kommerzialisierung als einen zentralen Bereich auf, in dem koloniale Dominanz einerseits etabliert, andererseits auch zurückgewiesen wurde. Er ist mit seinen Thesen und Fragestellungen nach dem Transfer von Geschmack und Bedürfnissen und damit verbundenen Aushandlungsprozessen in kolonialen und postkolonialen Gesellschaften für die vorliegende Arbeit von g­ rundlegender Bedeutung.51 Ebenso ist die Arbeit von Dmitri van den Bersselaar zu Gin in der Geschichte Ghanas und Nigerias zu nennen, in welcher er sich neben Import und Handelswegen, lokaler Produktion, Konsum und Gesetzgebung mit dem Marketing der eingeführten Gin-Marken befasst und danach fragt, welche Faktoren die lokale Bedeutung dieser Güter beeinflussten. Er untersucht die Werbung für die Spirituosen während der Dekolonisierung und arbeitet den Wandel in den Werbebotschaften in den 1960er Jahren heraus.52 Zuletzt hat er über Werbung für Bier und Gin in Ghana und Nigeria nach dem Zweiten Weltkrieg publiziert.53 Stephanie Decker hat sich der Imagewerbung britischer Unternehmen in westafrikanischen Zeitungen in den 1950er und 1960er Jahren gewidmet. Sie ana­lysiert, wie diese Kampagnen Diskurse der Entwicklungs- und Moder­nisierungspolitik aufgriffen und spiegelten.54 Die Imagewerbung von britischen Unternehmen 51 Burke, Timothy: Lifebuoy Men, Lux Women. Commodification and Cleanliness in Modern Zimbabwe, Durham 1996. Vgl. ebenso: Ders.: ‚Fork up and Smile‘. Marketing, Colonial Knowledge and the Female Subject in Zimbabwe, in: Gender & History 8 (1996), S. 440 – 456; Ders.: ‚Sunlight Soap Has Changed my Life‘. Hygiene, Commodification, and the Body in Colonial Zimbabwe, in: Hildi Hendrickson (Hg.): Clothing and Difference. Embodied Identities in Colonial and Post-Colonial Africa, Durham 1996, S.  189 – 212. 52 Van den Bersselaar, Dmitri: The King of Drinks. Schnapps Gin from Modernity to Tradition, Leiden 2007. 53 Ders.: Who Belongs to the ‚Star People‘? Negotiating Beer and Gin Advertisements in West Africa, 1949 – 1975, in: Journal of African History 52 (2011), S. 385 – 408. 54 Decker, Stephanie: Corporate Legitimacy and Advertising. British Companies and the Rhetoric of Development in West Africa, 1950 – 1970, in: Business History Review 81

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untersucht ebenfalls Anandi Ramamurthy in einer Arbeit über die Sichtbarkeit kolonialer Diskurse in britischer Reklame. Die Studie stützt sich vornehm­lich auf Anzeigen als Quellenmaterial, welche sich an ein Publikum in der Metropole richteten. Ramamurthy befragt diese auch danach, inwiefern sich in ihnen die politischen und wirtschaft­lichen Prozesse der Dekolonisierung spiegelten.55 Kurze, essayistische Ausflüge in die Geschichte kommerzieller Werbung in Afrika bieten des Weiteren zwei Aufsätze in einem Sammelband zur Geschichte von Plakaten, der eine zur Reklame der namibischen Fleischer­industrie in den 1950er Jahren und der andere zur namibischen Bierwerbung seit den 1980er Jahren.56 Außerdem berühren Arbeiten zum heutigen Einsatz von Plakaten und Postern in Afrika auch deren Geschichte. Kerstin Pinther setzt Werbung, vor allem gemalte Plakatreklame, in den ghanaischen Städten Accra und Kumasi in Beziehung zur Stadt als sozialen Raum. Sie konzentriert sich dabei auf aktuelle Entwicklungen, bezieht sich aber auch auf die Geschichte der Plakatwerbung in Ghana.57 Gilbert Amegatcher skizziert in einem Aufsatz ebenso eine Geschichte der Plakatwerbung in Ghana seit den 1920er Jahren. Allerdings stützt er sich dafür fast ausschließ­lich auf Quellen aus der Zeitungswerbung, was seine Schlussfolgerung für die Werbung mit dem Medium Plakat deut­lich beeinträchtigt.58 Am Beispiel des ­kolonialen Lesotho befragt Molefi Mokuku Zeitungswerbung für Konsumartikel danach, wie sie die kolonialen Konsumenten angesprochen hat, überzieht dabei aber die Interpretation, indem er ‚der Werbung‘ einen kohärenten Versuch zur Konstruktion einer hierarchisch strukturierten Konsumgesellschaft in der Kolonie unterstellt, in der Werbeproduzenten mit der „tacit consent of the indigenous mercantile class“ operierten; als Quellen für diese Aussage dienen ihm außerdem ausschließ­lich Printanzeigen.59 Zwei Dissertationen (2007), S.  59 – 86. 55 Ramamurthy, Anandi: Imperial Persuaders. Images of Africa and Asia in British Advertising, Manchester/New York 2003, besonders S. 173 – 213. 56 Miescher, Giorgio/Rizzo, Lorena/Silvester, Jeremy (2009): Carl Schlettwein. Commercial Advertising in Namibia in the 1950s, in: Dies. (Hg.): Posters in Action. Visuality in the Making of an African Nation, Basel 2009, S. 110 – 111; Steverson, Don: The Mysterious Demographics of Beer Drinking, in: Miescher/Rizzo/Silvester (Hg.): Posters in Action, S.  103 – 109. 57 Pinther, Kerstin: Die geträumte Stadt. Reklame und urbane Landschaft in Ghana, in: Tobias Wendl (Hg.): Afrikanische Reklamekunst, Wuppertal 2002, S. 107 – 119. 58 Amegatcher, Gilbert: Die Traditionalisierung der Moderne und die Modernisierung der Tradition: Eine Geschichte des afrikanischen Plakates, in: Dieter Kramer/Wendelin Schmidt (Hg.): Plakate in Afrika, Frankfurt am Main 2004, S. 51 – 60. 59 Mokuku, Molefi: ‚The Native Customer of To-day is More Intelligent than the Native Customer of a Few Years Ago‘. Reading the Early-Twentieth-Century Press in Colonial Lesotho, in: Pretexts. Literary and Cultural Studies 9 (2000) 1, S. 51 – 62, hier S. 62.

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­ ntersuchen zudem kommerzielle Werbung Anfang der 1980er Jahre in der Elfenu beinküste sowie in Nigeria.60 Während sich diese Studien auf die Werbekampagnen selbst und auf deren Auffassung und Aneignung oder Zurückweisung durch afrikanische K ­ onsumenten konzentrieren, wurde dabei bislang noch nie die Frage nach den Akteuren der Werbeproduktion gestellt. Dabei ist dies von grundlegender Bedeutung für eine Bestimmung des Platzes der Werbung in der afrikanischen Geschichte von Spät­ kolonialismus, Dekolonisation und Postkolonie. Diese Studie betritt Neuland, indem sie sich eine Antwort auf diese Fragen zum Erkenntnisinteresse macht. Im Zuge von postcolonial studies und Verflechtungsgeschichte hat sich die Forschung zur Kolonialgeschichte Fragen nach der Rückwirkung der Kolonien auf die Metropole und nach der rassistischen und imperialistischen Ideologie in der Populärkultur in den Metropolen zugewandt. Dabei entstand eine Reihe von Unter­ suchungen zu kommerzieller Werbung mit kolonialen Bezügen in der Gesellschaft der Metropole, etwa zu rassistischen Darstellungen des ‚weißgewaschenen‘ Afrikaners in Seifenwerbung oder die Darstellung von inferioren, ‚exotischen‘ ‚­Wilden‘ in der Werbung für aus den Kolonien eingeführte Produkte wie Schokolade oder Kaffee.61 Solche Werbung wandte sich an Konsumenten der Gesellschaft der Kolonialmacht und transportierte stereotypisierte Vorstellungen auch über den afrikanischen Kontinent. In den Kolonien war diese Werbung aber nicht sichtbar, sie wandte sich in keiner Weise an die Kolonialisierten als Kunden. Indem die vorliegende Studie Werbung untersucht, die sich an eine koloniale Kundschaft richtete, stellt sie auch in diesem Forschungskontext bislang kaum beantwortete Fragen. Zudem hat die afrikawissenschaft­liche Anthropologie Werbung als Forschungsfeld 60 Adegbija, Efurosibinia Emmanuel: A Speech Act Analysis of Consumer Advertisements, Dissertation, Indiana University, Bloomington 1982. Seya, Pierre Thizier: Transnational Capitalist Ideology and Dependent Societies. A Case Study of Advertising on the Ivory Coast, Dissertation, Stanford University, Stanford (CA) 1981. Seya beschreibt kurz die Werbung in den Zeitungen der Elfenbeinküste ab 1900 und kommt dabei zu dem Schluss, dass dort erst in den 1950er Jahren erstmals afrikanische Konsumenten abgebildet wurden: Ebd., S.  150 – 159. 61 Vgl. folgende Titel: Meredith, David: Imperial Images. The Empire Marketing Board, 1926 – 1932, in: History Today 37 (1987), S. 30 – 36; Ciarlo, David M.: Consuming Race, Envisioning Empire. Colonialism and German Mass Culture, 1887 – 1914, Madison 2003; Ramamurthy, Anandi: Black Markets. Images of Black People in Advertising and Packaging in Britain, 1880 – 1990, Manchester 1990; McClintock, Anne: Imperial Leather. Race, Gender and Sexuality in the Colonial Contest, New York 1995, S. 207 – 231; Kim, ­Elizabeth: Race Sells. Racialized Trade Cards in 18th-Century Britain, in: Journal of Material Culture 7 (2002), S. 137 – 165. Constantine, Stephen: Buy and Build. The Advertising Posters of the Empire Marketing Board, London 1986.

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entdeckt und eine Beobachtung der jeweiligen Bezüge zwischen der Reklame, den vertriebenen Produkten und der Gesellschaft gefordert. Diesem Ansinnen wird auch in dieser Arbeit nachgekommen.62 Die Werbegeschichte hat sich viel mit dem Selbstbild des Werbers als Modernisierer auseinandergesetzt und danach gefragt, wie die Werber ihre Visionen von Fortschritt und Moderne in die eigenen Gesellschaften trugen und sich damit auch in politische Debatten und Ereignisse einmischten. Das Erkenntnis­interesse der vorliegenden Studie, welche Form dieses Selbstbild unter den kolonialen und imperialen Rahmenbedingungen der expandierenden Wirtschaft Europas und der USA annahm, teilen bislang nur wenige Arbeiten. Ausnahmen bilden hier Studien, die sich neben dieser Frage auch dem Aufbau der Werbeindustrie in den ­Gesellschaften gewidmet haben, in welche die Unternehmen expandierten. Eine Reihe von Untersuchungen befasst sich etwa mit der Expansion der großen US-ame­ rikanischen Werbeagentur J. W. Thompson nach Lateinamerika und nach Europa.63 Ein weiterer Fokus liegt auf der Frage, inwiefern sich die Expansion der US-amerikanischen Werbebranche nach Europa als ‚Amerikanisierung‘ beschreiben lässt. Auch wenn unbestreitbar US-amerikanische Werbeformen und Werbeagenturen großen Einfluss auf die Branche etwa in Großbritannien oder in Deutschland ausübten, so betonen die Untersuchungen, dass die Dominanz der US-amerikanischen Agenturen in der zeitgenös­sischen Debatte überzeichnet wurde, die Agenturen sich den lokalen Verhältnissen anpassten sowie manche Bereiche der lokalen Branche von den Veränderungen unberührt blieben.64

62 Röschenthaler, Werbung im Kontext. Die gegenwärtige Rolle von Werbung und Marketing in der Ökonomie Nigerias wurde ebenfalls in der jüngeren Forschung untersucht: Alozie, Emmanuel C.: Cultural Reflections and the Role of Advertising in the Socio-Economic and National Development of Nigeria, Lewiston 2005; Ders.: Marketing in Developing Countries. Nigerian Advertising in a Global and Technological Economy, New York 2009. 63 Moreno, Julio E.: Yankee Don’t Go Home! Mexican Nationalism, American Business Culture, and the Shaping of Modern Mexico, 1920 – 1950, Chapel Hill 2003; Merron, Jeff: Putting Foreign Consumers on the Map. J. Walter Thompson’s Struggle with General Motors’ International Advertising Account in the 1920s, in: Business History Review 73 (1999) 3, S. 465 – 503; Nixon, Sean: Apostles of Americanization? J. Walter Thompson Company Ltd., Advertising and Anglo-American Relations, in: Contemporary British History 22 (2008) 4, S. 477 – 499. 64 Nixon, Apostles of Americanization; Schwarzkopf, Stefan: Transatlantic Invasions of Common Culture? Modes of Cultural and Economic Exchange between the American and the British Advertising Industries, 1945 – 2000, in: Joel H. Wiener/Mark Hampton (Hg.): Anglo-American Media Interactions, 1850 – 2000, Basingstoke 2007; Schröter, Harm G.: Die Amerikanisierung der Werbung in der Bundesrepublik Deutschland, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (1997) 1, S. 93 – 115; Ross, Corey: Visions of Prosperity. The

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So wichtig diese Erkenntnisse für die vorliegende Studie sind, so ­unterscheidet letztere sich allerdings von jenen Untersuchungen grundlegend dadurch, dass sie den Aufbau einer Werbeindustrie in einer Gesellschaft untersucht, in der bis dahin keine Werbeagentur existiert hatte. Die expandierende Agentur musste sich daher nicht mit einer bereits etablierten Branchenkultur sowie gesellschaft­lichen Vorstellungen über Werbung auseinandersetzen, sondern diese ganz neu aufbauen und vermitteln. Indem vor diesem Hintergrund nach den Akteuren der Werbebranche gefragt und die Werbung in den gesellschaft­lichen Kontext eingebettet analysiert wird, sucht diese Studie erstmals zentrale Fragen für eine Verortung einer Geschichte der Werbung im kolonialen und postkolonialen Afrika zu beantworten.

4. Quellenmaterial und Analysemethoden Diese Studie ist zwischen der Geschichte der Werbung, der Geschichte Afrikas, der Kolonialgeschichte und der Unternehmensgeschichte angesiedelt. Sie verwendet kulturgeschicht­liche sowie wirtschafts- und sozialgeschicht­liche Methoden. Die Quellen, auf denen diese Arbeit basiert, beleuchten von verschiedenen Seiten den Entstehungsprozess der Werbebranche in Ghana. Für die Untersuchung der Arbeit der Agenturen, ihrer Mitarbeiter und Strukturen bilden die Archivalien der U ­ nited Africa Company im Unternehmensarchiv des britischen Unternehmens ­Unilever Limited, den Unilever Archives in Port Sunlight bei Liverpool, den zentralen Quellenkorpus. Dabei handelt es sich um Korrespondenzen der Werbeagenturen und der Marketingabteilungen, Geschäftsberichte, Reiseberichte, Protokolle von Vorstandssitzungen, unternehmensinterne Zeitschriften, dokumentierte Werbekampagnen und weitere Reklamematerialien wie Flugschriften, Handzettel, Verpackungen, Werbetexte für den Hörfunk oder Storyboards von Werbespots für Kino und Fernsehen sowie die Filme selbst. Parallel wurden die Archive weiterer relevanter Unternehmen, wie etwa die Unterlagen der Raleigh Industries Limited in den Nottinghamshire Archives in Nottingham, Großbritannien, und die Archives Historiques Nestlé des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns Nestlé in Vevey in der Schweiz gesichtet. Die Materialien der UAC und ihrer Werbeagentur bieten den besten Zugang zum Thema, weil sie einen profunden Überblick über den gesamten Untersuchungszeitraum ermög­lichen und aufgrund der Größe der UAC sowie des

Americanization of Advertising in Interwar Germany, in: Pamela E. Swett/S. Jonathan Wiesen/Jonathan R. Zatlin (Hg.): Selling Modernity. Advertising in Twentieth-Century Germany, Durham/London 2007, S. 52 – 77.

Quellenmaterial und Analysemethoden

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anfäng­lichen Monopols von West Africa Publicity als einzige Werbeagentur im anglophonen Westafrika ein außerordent­lich bedeutendes Beispiel bilden. Materialien der anderen besuchten Archive fließen ergänzend in die Arbeit ein. Diese Quellen bieten den Zugang für den Blick auf die Organisation der Agenturen, auf die Prozesse hinter dem Design der Werbekampagnen und auf die Haltungen der Werbefachleute selbst. Einen weiteren wichtigen Quellenkorpus für diese Arbeit bilden die Zeitungen und Zeitschriften, welche in Ghana gelesen und größtenteils auch dort gedruckt wurden. Namen, Herausgeber, Verbreitung und Bedeutung dieser Zeitungen waren teils sehr kurzlebig und änderten sich im Untersuchungszeitraum so häufig, dass die jeweils relevanten Printmedien in den Kapiteln an den entsprechenden S­ tellen vorgestellt werden müssen. Diese Quellen bieten einen anderen Zugang zum Thema: Von dem Fokus auf die Vorgänge in einer Agentur befreit, ermög­lichen sie eine Analyse der Sichtbarkeit von Werbung in der ghanaischen Gesellschaft. Dieses Material ist Grundlage für die Beantwortung der Frage, wie stark sich mit den sozialen und politischen Veränderungen auch die Art und Weise wandelte, wie afrikanische Konsumenten angesprochen wurden und wie der ‚ideale‘ Konsument seiner Zeit in der Werbung in Erscheinung trat. Das Verhältnis dieser Zeitungen zu ihrem afrikanischen Publikum veränderte sich im Laufe der Zeit deut­lich. Zunächst waren die Zeitungen durch und für eine afrikanische Elite hergestellt und ein Ort, an dem sich die afrikanische Leserschaft mit sich selbst und ihrer kollektiven Identität befasste. In der Nachkriegszeit wurden manche Zeitungen in deut­lich höherer Auflage gedruckt und wurden nun von einer zahlenmäßig deut­lich größeren, teils nur halb-literarisierten Leserschaft genutzt. Damit einher ging ein Wandel in der Berichterstattung, die nun verstärkt auf Unterhaltung, etwa durch Artikel über lokale Ereignisse, Mode, Musik und Meinungsseiten, setzte. So bieten die Zeitungen einen Blick auf die Verwendung und Bedeutung bestimmter Produkte, vor allem in der Berichterstattung über kulturelle Ereignisse und auf Diskussionsseiten, und ermög­lichen es somit, Werbung in den Kontext afrikanischer Konsumgeschichte zu stellen. Mangels einer Auf­arbeitung dieser Perspektive durch die historische Forschung muss der Blick darauf allerdings eher vorläufig bleiben. Die Bedeutung der Zeitungen für die Fragestellung dieser Arbeit wurde nach deren Verbreitung, ihrer Auflage, ihrer Lebensdauer und ihrer politischen Relevanz bemessen. Ebenfalls beeinflusste die Auswahl der Zeitungen, welchen Wert die jeweilige Publikation als Medium für die Werbebranche hatte. Doch es wurden genauso die Zeitungen gesichtet, welche von der Werbeindustrie weniger genutzt wurden, um nach Mustern zu suchen, nach denen Werbung geschaltet wurde. Um die enorme Fülle an Material vor allem ab den 1950er Jahren zu bewältigen, wurden den Auflagen systematisch Stichproben entnommen, indem zwei Monate pro

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Jahr gesichtet wurden. Waren die Auflagen nur zu kleinen Ausschnitten erhalten, wurde auf das vorhandene Material zurückgegriffen. Die Zeitungen wurden in verschiedenen Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Großbritannien und Ghana gesichtet, da an den jeweiligen Standorten zumeist nur einige Jahrgänge der einzelnen Publikationen verfügbar waren. Dafür wurden in Ghana im Public Records and Archives Administration Department die Abteilungen in Accra sowie in Cape Coast, das unternehmensinterne Archiv der Graphic Communications Group in Accra, die George Padmore Library in Accra und die Balme Library der Legon University in Legon, Ghana besucht. In Großbritannien diente die British Library in London als Anlaufstelle, in Deutschland die Staatsbibliothek zu Berlin sowie die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft in Hamburg. Zeitschriften und Handbücher der britischen Werbebranche, in denen über Werbung und Konsumgüterexport ins britische Empire diskutiert wurde, sind ein weiterer wichtiger Quellenkorpus. Im Zentrum steht hier die Analyse der im Untersuchungszeitraum wichtigsten Wochenzeitschrift der Branche namens Advertiser’s Weekly. Diese stand für den gesamten Untersuchungszeitraum in der British Library in London zur Verfügung. Die Werbefachleute diskutierten in ihr ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs verstärkt über Exporte nach Afrika. Die wissenschaft­ liche Diskussion über dieses Thema in den ­Wirtschaftswissenschaften setzte erheb­ lich später ein; hier stieg zu Beginn der 1960er Jahre die Zahl der einschlägigen Aufsätze in Fachzeitschriften sowie zunehmend auch Handbücher und Ratgeber für Investoren in Afrika oder in ‚Entwicklungsländern‘ enorm an. Diese Literatur wurde in der British Library recherchiert. Darüber hinaus kann den Statistiken und Berichten der Kolonialverwaltung der Gold Coast und später der ghanaischen Regierung ein Überblick über die ghanaische Bevölkerung und die Importe entnommen werden. Diese wurden in den National Archives in Kew sowie im PRAAD in Accra, in der Balme Library und in der George Padmore Library in Accra recherchiert. Wie die meisten Studien zur afrikanischen Geschichte und zur Kolonial­geschichte muss auch die vorliegende Arbeit mit einer tendenziell einseitigen Quellen­lage Umgang finden: Die schrift­lichen Zeugnisse stammen fast ausschließ­lich von Europäern, vornehm­lich Briten, die über ihre Erfahrungen in Ghana Zeugnis ablegten. Die Perspektive afrikanischer Akteure findet sich sehr selten direkt dargestellt, muss fast immer „against the grain“, gegen den Strich des Archivs herausgelesen und zwischen den Zeilen der „warped reality of official knowledge“ gesucht werden.65 In der

65 Stoler, Ann Laura: Along the Archival Grain. Epistemic Anxieties and Colonial Common Sense, Princeton/Oxford 2009, S. 47. Stoler plädiert allerdings dafür, zunächst mit

Quellenmaterial und Analysemethoden

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vorliegenden Arbeit bedeutet dies vor allem, den Umgang afrikanischer B ­ etrachter mit der Werbung durch die Brille des Urteils der euro­päischen Werbefachleute herauszufiltern. Es heißt auch, Bedürfnisse sowie Konsum­gewohnheiten in Ghana aus Berichten von Marketingmanagern und Händlern nachzuzeichnen, während sich die Berichterstattenden oft im Duktus der Überheb­lichkeit der ‚zivilisatorisch hochentwickelten‘ Kultur über die besuchten Regionen äußerten. Die Suche nach Interviews mit Zeitzeugen, die als Quellen die Sichtweise der afrikanischen Akteure spiegeln, hat mich in viele Büros, Wohnzimmer und Innenhöfe in Accra und im Umland von Accra geführt. Auf der Suche nach der ersten Generation afrikanischer Werbefachleute habe ich die marktführenden Werbeagenturen in Accra kontaktiert und bei der Advertising Association of Ghana Unterstützung gefunden. So konnte ich Verbleib und Kontaktdaten von elf Werbeprofis der ersten Stunde ermitteln und diese zu ihren Erfahrungen interviewen. Manche gewährten mir sogar Einblick in ihre private Sammlung von Erinnerungen, Dokumenten und Fotos. Dies hat die Perspektiven der Arbeit entscheidend bereichert. Die Interviews wurden in den Kontext der schrift­lichen Quellen gestellt und ergänzen diese. Die Techniken der Interviewführung sowie der Interviewauswertung orientieren sich an den aktuellen Debatten der Oral History. Vielfach wurde die Oral History dafür kritisiert, dass im Interview das Erinnern in einer gegenwärtigen Situation des zwischenmensch­lichen Kontakts sowie in Auseinandersetzung mit der eigenen Identität des Erzählenden vonstattengeht. Die so produzierte Quelle werde entscheidend von einer gegenwärtigen Situation beeinflusst.66 In der jüngeren Forschung wird daher zunehmend eine Interviewtechnik favorisiert, die dem Interviewten so viel Regie wie mög­lich über das Erzählen seiner Lebensgeschichte zugesteht und von dem Interviewer fordert, offene Fragen zu stellen und sich vor allem in der Kunst des Zuhörens zu üben.67 Die Interviews für die vorliegende Studie wurden auf dieser Interviewtechnik basierend durchgeführt. Auch sie wurden gegen den Strich ihrer Erzählung ausgewertet, indem die Aussagen der ­Interviewpartner im

dem Strich des Archivs zu lesen, „not to follow a frictionless course but to enter a field of force and will to power, (…) to understand how unintelligibilities are sustained and why empires remain so uneasily invested in them.“ Ebd., S. 53. 66 Vgl. zur Auseinandersetzung mit solcher Kritik und zur Entwicklung von theoretischen und praktischen Werkzeugen für die Oral History: Abrams, Lynn: Oral History Theory, New York 2010. 67 Ritchie, Donald: Doing Oral History. A Practical Guide, Oxford 2003, S. 84 – 109; ­Anderson, Kathryn/Jack, Dana C.: Learning to Listen. Interview Techniques and Analyses, in: Robert Perks/Alistair Thomson (Hg.): The Oral History Reader, London 2010, S.  129 – 142.

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Kontext der intersubjektiven Situation des Interviews, die ihre eigene E ­ rzählstruktur hervorbringt, gelesen wurden. Alle Archivalien, Publikationen und Interviews aus dem eben skizzierten Fundus, welche Ansichten und Diskussionen zu Werbemethoden gegenüber afrikanischen Konsumenten oder Ansichten über Konsumverhalten von Afrikanern beinhal­ teten, wurden in Anlehnung an Michel Foucault als Teil eines gesellschaft­lichen ­Diskurses analysiert.68 Trotz der Einschränkungen, die für die Diskursanalyse im k­ olonialen Rahmen geltend gemacht wurden 69, ist dieser Blickwinkel für die vorliegende Arbeit doch fruchtbar. Denn sie fragt bei dieser Analyse nicht nach einem kolonialen Herrschaftsverhältnis, sondern danach, welche Vorstellungen und Haltungen das Verhalten der Werber und die Herstellung der Werbung beeinflusst haben und welches Bild sich die Werber von den afrika­nischen Konsumenten machten. Ein wichtiger Teil des Quellenmaterials dieser Arbeit sind Bilder: Illustrationen von Konsumenten, Produkten und Markenzeichen bilden einen konstitutiven Teil von Werbeanzeigen in Zeitungen, auf Plakaten und in Form von bewegten Bildern auch in Kino- und Fernsehspots. Die Geistes- und Kulturwissenschaften haben sich seit den 1990er Jahren verstärkt Bildern als Quellen und Forschungsgegenstand zugewandt und Theorien und Konzepte zur analytischen Annäherung auch an massenmediales Bildmaterial entwickelt. Vertreter dieses Iconic Turn bzw. Pictorial Turn grenzten sich damit von der Dominanz von Sprache und Text des Linguistic Turn sowie von der „Sprachdominanz der west­lichen Kulturen“ ab.70 Man könne und dürfe Bilder nicht auf Zeichen oder Textbeigabe reduzieren; Bilder „entfalten eine ganz eigene Wirkungsmacht, die sich der Sprache zu entziehen scheint.“ 71 Die 68 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt am Main 1976; Ders.: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I, Frankfurt am Main 1977; Landwehr, Achim: Historische Diskursanalyse, Frankfurt am Main 2008; Sarasin, Philipp: Diskursanalyse, in: Hans-Jürgen Goertz (Hg.): Geschichte. Ein Grundkurs, Reinbeck 2007, S. 199 – 217. 69 Pesek, Michael: Foucault Hardly Came to Africa. Some Notes on Colonial and Post-Colonial Governmentality, in: Comparativ. Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und Vergleichenden Gesellschaftsforschung 21 (2011) 1, S. 41 – 59. 70 Wichtige Impulse kamen aus der Kunstgeschichte, aus der Kultur- sowie aus der Medien­ wissenschaft. Zu nennen wäre hier etwa: Boehm, Gottfried: Die Wiederkehr der Bilder, in: Ders. (Hg.): Was ist ein Bild? München 1994, S. 11 – 38. Siehe zudem die Schrift von W. J. Thomas Mitchell (vgl. Fußnote 72 in diesem Kapitel). Vgl. für einen Überblick über Geschichte und Ausprägungen des Visual Turns: Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Hamburg 2006, S. 329 – 380, hier S. 329. 71 Ebd., S. 330.

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vorliegende Arbeit macht sich ein neues Bildverständnis dieser Debatten zunutze, das die Definition von Bildern stark erweitert und sie dabei gleichzeitig eng an die mensch­liche Wahrnehmung rückbindet. William J. T. Mitchell ist dabei so weit gegangen, ein Eigenleben der Bilder anzunehmen, welches diese im Zusammenspiel mit dem Betrachter entwickelten.72 Mitchell konstatiert, die Aussage, dass Bilder Macht haben, sei gewissermaßen überzogen: Bilder haben keine Macht, sie wollen Macht haben. Macht gegeben wird Bildern erst im Akt des Betrachtens.73 Mitchells Überlegungen wurden in den aus den USA stammenden Visual Studies aufgegriffen und erweitert.74 Diese setzten Sehkulturen und Wahrnehmungsformen in Bezug zu politischen und gesellschaft­lichen Machtverhältnissen, fragten nach Sichtbarkeit von Bildern in Gesellschaften und danach, welche Rolle ­Visualität in der Konstitution von Herrschaft spielt.75 „Wozu, von wem werden Bilder produziert und verwendet, wie wirken sie, und wie werden sie wahrgenommen?“ 76 Auch die Geschichtswissenschaft wandte sich als Visual History zunehmend der Untersuchung von massenmedialem Bildmaterial und von historischen Kulturen der Wahrnehmung zu.77 Für eine Methode der Bildanalyse in der Werbung heißt dies, mög­lichst nah nachzuvollziehen, wie und warum sie von den zeitgenös­sischen Produzenten hergestellt und wie sie von den potentiellen Konsumenten gesehen wurde. Vor allem muss dabei die Frage nach dem professionellen Selbstverständnis der Werbefachleute gestellt werden. So soll mit den Augen der Werbeproduzenten die Werbung beschrieben werden, um sie im Kontext der Sehkultur ihrer Branche zu verstehen. Das gilt nicht nur für die Bilder der Anzeigen, sondern ebenso für den Werbetext und Überschriften und für das Verhältnis, in welchem sie zueinander stehen. Welche Theorien und Methoden über Bildproduktion und Marktforschung waren in der Werbebranche verbreitet? Diese Frage ist für den Bereich der Export­werbung bisher fast gänz­lich der Aufmerksamkeit der Forschung entgangen. Für die vor­ liegende Studie bedeutet dies, auf diesem Gebiet viel Pionierarbeit zu leisten.

72 Mitchell, W. J. Thomas.: What Do Pictures Want? The Lives and Loves of Images, ­Chicago 2005. 73 Ebd., S. 33. 74 Einführend dazu: Mirzoeff, Nicholas: The Subject of Visual Culture, in: Ders. (Hg.): The Visual Culture Reader, London/New York 2002, S. 13 – 23. 75 Vgl. zum Begriff der ‚Sichtbarkeit‘: Holert, Tom: Bildfähigkeiten. Visuelle Kultur, Repräsentationskritik und Politik der Sichtbarkeit, in: Ders. (Hg.): Imagineering. Visuelle Kultur und Politik der Sichtbarkeit, Köln 2000, S. 14 – 33, hier S. 19 ff. 76 Bachmann-Medick, Cultural Turns, S. 348. 77 Vgl. einführend: Paul, Gerhard: Von der Historischen Bildkunde zur Visual History. Eine Einführung, in: Ders. (Hg.): Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 7 – 36.

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Für die afrikanischen Konsumenten gilt es zu fragen, wie Werbung in der kolonialen Gesellschaft sichtbar wurde. Dafür ist es wichtig zu analysieren, mit welchen Medien Werbebotschaften transportiert wurden und welche Sichtbarkeit diese Medien mit sich brachten. Ebenso gilt es herauszuarbeiten, wie die Werbe­ anzeigen in ihren Augen aussahen und welche Botschaften sie transportierten. Dafür ist ein Verständnis der lokalen Kultur vonnöten, welches sich durchaus nicht auf Konsumkultur beschränkt. So muss neben den Fragen nach der Kultur etwa von städtischen Mittelschichten auch dem rapiden Wandel im politischen Bereich Rechnung getragen werden. Da auch Fragen nach der Bedeutung populärer Kultur erst in jüngerer Zeit an die bislang stark sozial- und politikgeschicht­lich analysierte spätkoloniale und frühe postkoloniale Zeit gestellt wurden 78, muss diese Einordnung hier notwendigerweise mit Einschränkungen umgehen. Natür­lich gilt immer: Bilder müssen für die wissenschaft­liche Analyse in ­Sprache übersetzt werden. Sie durchlaufen dabei unausweich­lich den Filter der s­ ubjektiven Wahrnehmung des Forschers, der in dem Moment, in dem er sie in Sprache übersetzen möchte, notwendigerweise ebenfalls zum Bildbetrachter werden muss. Dennoch kann mit der oben skizzierten Theorie und Methode eine Annäherung an das Bildmaterial und eine Analyse der Quellen für die Fragestellung der Arbeit erreicht werden. Nicht zuletzt gilt die Problematik, dass die Beschreibung und Einordnung des Quellenmaterials der subjektiven Interpretation durch den Forscher unterliegt, schließ­lich auch für schrift­liche Quellen.79

5. Aufbau der Arbeit Die Studie ist chronolo­gisch aufgebaut. Die einzelnen Kapitel orientieren sich an den Entwicklungen in der Werbebranche und arbeiten diese heraus. So kann am besten dargestellt werden, wie sich die Werbepolitik der Unternehmen und das gezielte Ansprechen der afrikanischen Konsumenten veränderte. So wird es zum

78 Vgl. etwa: Cole, Catherine M.: ‚This is Actually a Good Interpretation of Modern Civilisation‘. Popular Theatre and the Social Imaginary in Ghana, 1946 – 1966, in: Africa 67 (1997) 3, S. 363 – 388; Akyeampong, Emmanuel: What’s in a Drink? Class Struggle, Popular Culture and the Politics of Akpeteshie (Local Gin) in Ghana, 1930 – 1967, in: Journal of African History 37 (1996) 2, S. 215 – 236. 79 Bei dem Abdruck von Werbung in dieser Dissertation wurde darauf geachtet, diese in der bestmög­lichen Qualität und Lesbarkeit darzustellen. Teils erforderte dies, die A ­ n­zeigen auf der Größe einer gesamten Seite abzudrucken. Um den Umfang der Arbeit nicht un­ nötig auszudehnen, wurde in den Fällen darauf verzichtet, in denen der Werbetext für die analytische Argumentation unerheb­lich war.

Aufbau der Arbeit

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einen mög­lich, die Werbekampagnen in den gesellschaft­lichen Kontext e­ ingebettet zu beschreiben und stellenweise Erfolg oder Misserfolg nachzuvollziehen. Zum anderen werden so die Handlungen der verschiedenen europäischen und afrikanischen Akteure in einen gemeinsamen Kontext gestellt, der es mög­lich macht, Transfers und Verflechtungen zu beschreiben. Die Untersuchung beginnt mit der Etablierung der ersten Werbeagentur in der Gold Coast im Jahr 1928. Sie endet mit einem Gesetz zur Nationalisierung der ghanaischen Wirtschaft im Jahr 1970, nach welchem die Werbebranche komplett in ghanaische Hände überging. Allerdings weicht das zweite Kapitel von der chronolo­gischen Anordnung ab, indem es wichtige, für ein Verständnis der Werbung unabdingbare Fragen der Distribution und Vermarktung der eingeführten Waren klärt. Es gibt einen einleitenden Überblick über den Importhandel in der Kolonialwirtschaft, die Art der importierten Waren sowie ihre Verbreitung bei den afrikanischen Konsumenten. Es skizziert zudem die Geschichte der United Africa Company, die als Unternehmen im Fokus dieser Untersuchung steht. Es wird dargestellt, wie die UAC funktionierte und wie sie in Ghana agierte. Die Handelsfirmen dominierten den Import- sowie den Exporthandel und stellten einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beiden Bereichen her: Je größer das Konsumbedürfnis der afrikanischen Arbeiter, desto mehr konnte auch auf ihre Arbeitskraft für die Herstellung von Exportgütern gezählt werden. Die UAC erweiterte zwischen 1930 und 1960 ihr Produktangebot erheb­lich. Zentral ist hier die Frage, wie die UAC die Bedürfnisse afrikanischer Konsumenten ermittelte, aber auch, wie Händler und Manager der UAC über die Vorlieben und Haltungen der afrikanischen Käufer dachten und wie sie die Vermarktung ihrer Produkte planten. Dieses Kapitel behandelt die Zwischen- und Nachkriegszeit bis zum Ende der 1950er Jahre, als sich das Handelssystem grundlegend wandeln sollte. Die folgenden drei Kapitel orientieren sich an der Chronologie seit der Gründung der ersten Werbeagentur bis zu ihrer vollständigen Übergabe in ­ghanaische Hände. Das dritte Kapitel zeichnet die Anfänge kommerzieller Werbung in Ghana nach. Es beginnt mit der Gründung der Agentur West Africa Publicity. Diese wurde 1928 als Teil der United Africa Company gegründet, um die Werbung für die importierten Konsumgüter zu übernehmen. Das Kapitel fragt danach, wie das Wirken dieser Agentur die Werbepraxis in den Kolonien etablierte und veränderte. Hier soll analysiert werden, wie sich die Werbung wandelte, wen sie ansprach und inwiefern sie sich mit dem sozialen Leben in der Kolonie auseinandersetzte. Die Organisation, Etablierung und finanzielle Lage der Agentur interessiert ebenso wie ihre Angestellten, deren Ausbildung sowie das Verhältnis der Agentur zu den jeweiligen Medien. Dies wird in Beobach­tungen zu Veränderungen in der Konsumstruktur, sozialen Veränderungen in den Konsumentengruppen und sich abzeichnenden

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Verschiebungen in poli­tischen Diskursen eingebettet. Das Kapitel endet mit dem Zweiten Weltkrieg, der zu Konsumgütermangel und Ressourcenknappheit führte, die auch die Werbebranche zu spüren bekam. Im vierten Kapitel, das sich der Nachkriegszeit und den 1950er Jahren widmet, werden die Vorstellungen der Werbefachleute von Moderne und modernen Konsumenten in Afrika untersucht, sowohl, wie sie unter Werbefachleuten und Marketing­experten diskutiert wurden, als auch, wie sie in der Werbung sichtbar wurden. Sie werden ins Verhältnis zur städtischen Populärkultur der Mittelschicht gesetzt und auf ihre Bezüge zu deren Identität und damit zusammenhängend ihrem Konsumverhalten befragt. Die Werbung zeigte eine prosperierende Mittelschicht und eine florierende koloniale Wirtschaft, während gleichzeitig Konsumgüter­knappheit und Arbeits­suche den Alltag der Städte prägten. Gleichzeitig war der Konsum importierter Güter auch immer stärker Instrument einer neuen Mittelschicht, sich als Teil einer urbanen Moderne sichtbar zu machen und griff so zunehmend ein Privileg einer reichen afrikanischen Elite an. Die Werbebranche begann in den 1950er Jahren erstmals, einen Teil der Gestaltung und der Produktion des Werbematerials nach Westafrika zu verlagern. Sie band damit das erste Mal afrikanische Werbefachleute in diesen Prozess mit ein. Gleichzeitig ­erweiterten die Handels­unternehmen ihr Spektrum an Marketingstrategien und brachten Verkaufstechniken wie Kaufhäuser mit Selbstbedienung, Verkaufsausstellungen oder Wettbewerbe für bestimmtes Konsumverhalten, wie beispielsweise eine ‚Bake-a-­cake-competition‘, nach Westafrika. All diese Techniken zielten nicht nur auf eine Steigerung des Konsums von Importprodukten, sondern auch auf eine Einflussnahme auf die Art und Weise des Konsums selbst. Im fünften Kapitel wird die Veränderung der Werbung und des Marketings aufgrund des wirtschaft­lichen sowie politischen Wandels der 1960er Jahre behandelt. Die Industrialisierung nach der politischen Unabhängigkeit wurde nicht nur von staat­licher Seite gefördert, sondern auch von den großen Handelsunternehmen betrieben. Ende der 1950er Jahre hatte sich die UAC weitgehend aus dem Einzelhandel zurückgezogen und dem Aufbau von Industrien in Westafrika zugewandt. Das Kapitel analysiert, wie sich durch diese Veränderungen im Unternehmen der Blick auf die afrikanischen Konsumenten grundlegend wandelte und viel stärker ausdifferenzierte, als dies in kolonialen Handelsstrukturen üb­lich gewesen war. Gleichzeitig kam es zu einem Prozess der Afrikanisierung von Unternehmen und Management, der auch in der Werbebranche zur Entstehung der ersten Gene­ration afrikanischer Marketingfachleute und Werbedesigner führte. Diese sollten schließ­lich Ende der 1960er Jahre selbst ans Steuer der Werbebranche treten, indem sie den Europäern mehr als zehn Jahre nach der politischen Unabhängigkeit des Landes den Besitz und das höchste Management der Agenturen aus der Hand nahmen. Es gehört zu der Pionierarbeit dieser Studie, den Aufstieg der afrikanischen Werbedesigner nachzuzeichnen und danach zu fragen, wie dieser in der Werbung sichtbar wurde.

II. „The African Market“: Importhandel und Marktforschung in der kolonialen Gold Coast In diesem Kapitel werden der Handel mit importierten Waren aus Europa und die Verbreitung ihres Konsums in der lokalen Bevölkerung analysiert. Die Ausweitung des Importhandels ging mit einer Expansion der marktwirtschaft­lichen Ökonomie in afrikanischen Gesellschaften einher. Der erste Abschnitt dieses Kapitels skizziert die Geschichte europäischer Importe an den Küsten West­afrikas und fragt nach den ökonomischen und politischen Faktoren, die den Import von Konsumgütern aus Europa in die Gold Coast beeinflussten. Im Anschluss daran wird nach den Konsumenten der Produkte gefragt. Wie verbreitet war der Konsum eingeführter Waren in der Gesellschaft der Gold Coast? Welche Schichten hatten Zugang zu ihnen? Was waren die Orte des Konsums? Dabei geht es nicht zuletzt um Formen von Aneignung sowie um Prestigedemonstration durch Konsum. Der zweite Abschnitt des Kapitels hat das Marketing der importierten Güter durch die großen europäischen Handelsunternehmen am Beispiel der United Africa Company zum Gegenstand. Er skizziert die Geschichte der UAC und legt sodann die Art und Weise dar, wie das Unternehmen die Distribution der Güter organisierte und Informationen über den Absatz und Gebrauch importierter Waren in Westafrika sammelte. An welcher Art von Information war die UAC dabei interessiert? Wie wurde über die Art der importieren Güter entschieden, vor allem bei dem Versuch, neue Produkte in Westafrika zu etablieren? Es wird schließ­lich danach gefragt, welches Bild europäische Marketingexperten und Geschäftsmanager von den afrika­nischen Konsumenten und ihrer Konsum­kultur hatten. Dies ist nicht zuletzt deshalb relevant, weil nur vor diesem Hintergrund die Werbepraxis des Unternehmens eingeordnet werden kann, die in den folgenden Kapiteln untersucht werden soll. In der Historiographie zur afrikanischen Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts haben Exportproduktion und Exporthandel einige Aufmerksamkeit erfahren.1 Auch die Herausbildung von Lohnarbeitsverhältnissen hat vor allem in den 1970er und 1980er Jahren die Aufmerksamkeit einer marxistisch beeinflussten

1 Vgl. für Westafrika: Lynn, Martin: Commerce and Economic Change in West Africa. The Palm Oil Trade in the Nineteenth Century, Cambridge 2002; Austin, Gareth: Land, Labour and Capital in Ghana. From Slavery to Free Labour in Asante, 1807 – 1956, New York 2005; Deutsch, Educating the Middlemen. Einführungen zur afrikanischen Wirtschaftsgeschichte bieten: Fieldhouse, David K.: Black Africa, 1945 – 1980. Economic Decolonization and Arrested Development, London 1986; Austen, Ralph: African Economic

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Importhandel und Marktforschung

Geschichtsschreibung auf sich gezogen.2 In den 1990er Jahren rückten Konflikte um Landbesitz und den Zugang zu Land ins historiographische Interesse.3 Doch die Expansion des Imports europäischer Waren als Teil der imperialistischen Erschließung ist in der Wirtschaftsgeschichte Westafrikas bislang zumeist eher als Nebenaspekt behandelt worden.4 Die Verbreitung der Einfuhren in verschiedenen städtischen sowie länd­lichen Regionen und die Frage, wer sie konsumierte und wie sie im Verhältnis zu lokal hergestellten Produkten standen, wurde dabei kaum systematisch untersucht. Auch Strategien für die Steigerung des Verkaufs der importierten Waren haben bislang nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Mit welchen Mitteln und Strategien die Firmen versuchten, Bedürfnisse bei der afrikanischen Bevölkerung nach ihren importierten Produkten zu erzeugen, blieb bislang in der Forschung weitgehend unbeachtet. Dabei war nicht nur der Importhandel ein wichtiger Faktor für das Etablieren ökonomischer Macht. Auch die Verheißungen europäischer Konsumkultur sowie das Entstehen von Bedürfnissen nach importierten Produkten wurden in der Forschung als zentrales Moment der Kolonialherrschaft interpretiert.5



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History. Internal Development and External Dependency, London 1987; Hopkins, A ­ nthony G.: An Economic History of West Africa, New York 1973. Cooper, Frederick: On the African Waterfront. Urban Disorder and the Transformation of Work in Colonial Mombasa, New Haven 1987. Für Ghana siehe: Crisp, Jeff: The Story of an African Working Class. Ghanaian Miners’ Struggles, 1870 – 1980, London 1984. Eckert, Andreas: Grundbesitz, Landkonflikte und kolonialer Wandel. Douala 1880 – 1960, Stuttgart 1999. Für Ghana vgl.: Firmin-Sellers, Kathryn: The Transformation of Property Rights in the Gold Coast, Cambridge 1996. Folgende Untersuchungen widmen sich dem Importhandel zumindest in einiger Tiefe: Bauer, Péter T.: West African Trade. A Study of Competition, Oligopoly, and Monopoly in a Changing Economy, Cambridge 1954, S. 47 – 86; Harneit-Sievers, Axel: Zwischen Depression und Dekolonisation. Afrikanische Händler und Politik in Süd-Nigeria, 1935 – 1954, Saarbrücken u. a. 1991, S. 47 – 133; Clark, Gracia: Onions Are my Husband. Survival and Accumulation by West African Market Women, Chicago/London 1994, S. 73 – 125. Zu den Ausnahmen gehören natür­lich: Van den Bersselaar, The King of Drinks; Burke, Lifebuoy Men, Lux Women. Weitere solche Untersuchungen, die für ein Verständnis der Rolle und Aneignung europäischer Einfuhren in Afrika zentral wären, stehen noch aus, wie etwa eine Geschichte des Fahrrads. Vgl. zur g­ egenwärtigen Situation: Hahn, Hans Peter: Die Aneignung des Fahrrads, in: Ders./Kurt Beck/Till Förster (Hg.): Blick nach vorn. Festgabe für Gerd Spittler zum 65. Geburtstag, Köln 2004, S.  271 – 288. So etwa Hopkins, An Economic History, S. 291 f.

Europäische Importe und koloniale Wirtschaft in der Gold Coast

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1. Europäische Importe und koloniale Wirtschaft in der Gold Coast Der Import von europäischen Waren nach Westafrika hatte in den 1930er Jahren bereits eine jahrhundertlange Vorgeschichte.6 Die wichtigsten Handelsrouten waren der Trans-Sahara-Handel und der Überseehandel. Die Blütezeit der Handelsroute durch die Sahara, auf der etwa Gold, Sklaven, Gewürze, Salz oder Waffen transportiert wurden, lag zwischen der Mitte des 13. und dem Ende des 16. Jahrhunderts. Sie existierte noch lange parallel zum Überseehandel weiter, und verlor erst Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend an Bedeutung. Europäische Handelshäuser waren an diesem Handel beteiligt, dominierten ihn aber keineswegs.7 Westafrikas Küsten standen ebenfalls seit Jahrhunderten in Handels­beziehungen mit europäischen Mächten. Ende des 15. Jahrhunderts etablierten Europäer – zunächst portugie­sische Händler, dann auch Spanier, Niederländer, Dänen, Schweden, Engländer, Brandenburger und Franzosen – an der westafrikanischen Küste Handelsstützpunkte. Um sich in der starken Konkurrenz gegenüber den anderen europäischen Handelsmächten zu behaupten, entstanden mehr als 100 Küstenforts, um die herum sich rege Handelszentren entwickelten, deren Bevölkerung in besonders nahem Kontakt zu den Europäern und somit auch zu den Einfuhren standen.8 Wichtige Importgüter waren Stoffe und Kleidung, Metall und Metallprodukte, Salz, Alkoholika und Tabak.9 Mit dem Anwachsen des Handels weitete sich auch







6 Wenn im Folgenden von europäischen Gütern gesprochen wird, soll dies als vereinfachte Bezeichnung für Waren dienen, die aus Europa oder durch europäische Händler importiert wurden. Diese wurden überwiegend, allerdings nicht ausschließ­lich, in Europa hergestellt oder aus Europa verschifft. Im 19. Jahrhundert waren beispielsweise indische Textilien oder amerikanischer Tabak wichtige Handelsposten und im 20. Jahrhundert wurde die industrielle Fertigung zunehmend ins europäische Ausland verlagert. 7 Vgl. Hopkins, An Economic History, S. 81 f. sowie S. 85; Savage, Elisabeth (Hg.): The Human Commodity. Perspectives on the Trans-Saharan Slave Trade, London 1992. 8 Gocking, The History of Ghana, S. 25 ff.; Agbodeka, Francis: An Economic History of Ghana from the Earliest Times, Accra 1992, S. 11 ff. Harding, Leonhard: Geschichte Afrikas im 19. und 20. Jahrhundert, München 2006, S. 13. 9 Es existiert eine umfangreiche Forschungsliteratur zur Geschichte des internationalen Handels Westafrikas in der vorkolonialen Periode, sowohl durch die Sahara als auch über den Atlantik. Diese Studien widmen sich zwar auch den Importgütern, allerdings kaum in der Ausführ­lichkeit, wie sie Bedeutung und Wirkung der Exportgüter untersuchen. Einen Überblick über die Forschungsliteratur zum Import im Atlantikhandel Westafrikas bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sowie eine ausführ­liche Auflistung der gehandelten Güter gibt: Alpern, Stanley B.: What Africans Got for their Slaves. A Master List of European

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Importhandel und Marktforschung

das Spektrum der importierten Güter deut­lich aus. Verzeichneten beispielsweise niederländische Händler in Elmina Castle Mitte des 17. Jahrhunderts noch 92 verschiedene Güter, wurden im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts bereits 218 Warentypen eingeführt.10 Diese Importe, die zumeist als elitäre Luxusgüter konsumiert wurden, sowie Sklaven als bedeutendes ‚Exportgut‘ verbanden Westafrika in dem sogenannten Dreieckshandel mit Europa und der Neuen Welt.11 Dem Verbot des Sklavenhandels zu Beginn des 19. Jahrhunderts und seiner schrittweisen Durch­ setzung folgte die Umstellung auf den Export von Rohstoffen und somit der Übergang zum sogenannten legitimen Handel.12 In diesem avancierten Feldfrüchte zum bedeutendsten Exportgut, was zu grundlegenden Veränderungen im Konsum der importierten Güter führte. Kleinen Bauern war es nun mög­lich, ihr Glück in der Ausrichtung der Produktion auf den Export zu versuchen, was Land und Arbeit zunehmend kommerzialisierte und zudem die Nachfrage nach Dienstleistungsangeboten deut­lich steigen ließ. Damit hatte ein wesent­lich größerer Teil der lokalen Bevölkerung Anteil an den Handelseinkünften, von denen zuvor zumeist nur eine kleine Elite profitiert hatte. Zudem entstand eine neue Generation afrikanischer Händler, die sich oftmals positiv auf euro­päische Kultur und Normvorstellungen bezogen und diese auch selbst praktizierten und vertraten.13 Nicht zuletzt der Niedergang des Asante-Reiches im

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Trade Goods, in: History in Africa 22 (1995), S. 5 – 43. Zum Waffenhandel siehe: Richards, W. A.: The Import of Firearms into West Africa in the Eighteenth Century, in: Journal of African History 21 (1980) 1, S. 43 – 59. Alpern, What Africans Got for their Slaves, S. 6. Für die Periode des Sklavenhandels seien hier aus der umfangreichen Forschungsliteratur nur einige wenige Titel genannt: Lovejoy, Paul: Transformations in Slavery. A History of Slavery in Africa, Cambridge 1983; Wirz, Albert: Sklaverei und kapitalistisches Welt­system, Frankfurt am Main 1984. Einen Überblick über die Historiographie zum Thema bietet: Eckert, Andreas: The Effects of the Atlantic Slave Trade on Africa. H ­ istoriographical Controversies, in: Horst Pietschmann (Hg.): Atlantic History. History of the Atlantic System, 1580 – 1830, Göttingen 2002, S.  337 – 348. In der aktuellen Forschung werden die fließenden Grenzen dieser Periodisierung betont und Aspekte von Verwobenheit und Kontinuitäten hervorgehoben: Austin, Gareth: Cash Crops and Freedom. Export Agriculture and the Decline of Slavery in Colonial West Africa, in: International Review of Social History 54 (2009), S. 1 – 37. Hopkins, An Economic History, S. 124 – 166. Vgl. die Porträts der afrikanischen Elite in der Gold Coast um die Jahrhundertwende: Hutchison, Charles Francis/Doortmont, Michel R.: The Pen-Pictures of Modern Africans and African Celebrities by Charles Francis Hutchison. A Collective Biography of Elite Society in the Gold Coast Colony, Leiden 2005.

Europäische Importe und koloniale Wirtschaft in der Gold Coast

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Konflikt mit den Briten zeigt, wie weitreichend die ökonomischen Veränderungen des 19. Jahr­hunderts auf Staat und Gesellschaft gewirkt haben.14 Mit der industriellen Revolution in Europa wurden zunehmend kosten­günstige Güter aus industrieller Massenproduktion eingeführt; eine Entwicklung, die es deut­lich mehr Personen als zuvor mög­lich machte, an ihrem Konsum zu parti­ zipieren.15 Anthony Hopkins argumentiert, diese Güter „offered large numbers of inconspicuous Africans opportunities of material improvement and of emulating the superior, inherited status enjoyed by a minority of their compatriots. To the extent that the revolution of rising expectations is an identifiable phenomenon, then it can be said to have started in West Africa early in the nineteenth century.“ 16

Gleichzeitig wuchs das Handelsvolumen und damit auch der Umfang der importierten Güter erheb­lich an. Textilien blieben der größte Importposten, gefolgt von Alkoholika, Tabak und Waffen.17 Zwei weitere Entwicklungen trugen zu einer Ausweitung des Handels bei. Die Dampfschifffahrt setzte sich Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend durch und hatte um 1870 die Segelschifffahrt größtenteils ersetzt. Gleichzeitig lösten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ­Geldwährungen tendenziell lokale Währungen, Tauschsysteme und Kauris ab, was den über­regionalen Warenaustausch vor allem für die importierenden Händler erleichterte.18 Auch die Etablierung kolonialer Herrschaft Ende des 19. Jahrhunderts durch europäische Mächte in Westafrika wirkte sich auf den Handel in mehrfacher Hinsicht aus. Auf dem Gebiet des heutigen Ghana dehnten die Briten ihr Herrschaftsgebiet ins Inland aus. 1874 etablierten sie nach einem Sieg über das Königreich Asante die Kolonie Gold Coast, der erst knapp 30 Jahre später die Protektorate Ashanti, welches im Jahre 1886 zum britischen Protektorat und 1901 zur Kolonie erklärt wurde, und Northern Territories im Jahre 1902 angeschlossen wurden. Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg integrierte Großbritannien einen Teil der Kolonie Togo, British Togoland, als Mandatsgebiet des Völkerbunds in die Verwaltungsstruktur der Kolonie.19 14 Gocking, The History of Ghana, S. 30 – 34 und S. 44 – 46. 15 Lynn, Commerce and Economic Change; Reynolds, Edward: Trade and Economic Change on the Gold Coast, 1807 – 1874, London 1974. 16 Hopkins, An Economic History, S. 126. 17 Ebd., S. 128 f. 18 Ebd., S. 149. In einigen Gebieten hielten sich während der gesamten Kolonialzeit andere Währungen, beispielsweise Kauris. Ebd., S. 206. 19 Gocking, A History of Ghana, S. 34, S. 39 und S. 46.

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Importhandel und Marktforschung

Ende des 19. Jahrhunderts fand der überseeische Handel mit Europa größtenteils nur an den Küstengebieten Westafrikas statt.20 Erst mit der Etablierung der Kolonialherrschaft ging das Vordringen der Handelsfirmen ins Inland einher, also die Einbeziehung neuer Gebiete und ihrer Bewohner in die kapitalistische Ökonomie, mit dem Ziel, die koloniale Exportwirtschaft auszubauen.21 Die Ausweitung von kolonialer Infrastruktur und Verwaltung unterstützte die Expansion der Unternehmen.22 Manchmal übernahmen sie aber auch diese Aufgaben selbst, wie im Falle der Royal Niger Company im Nigerbecken.23 Wie stark wirtschaft­liche Interessen für die koloniale Aufteilung des afrika­ nischen Kontinents unter europäischen Mächten eine Rolle spielten, ist in der Historiographie umstritten.24 Eine Ausweitung des Absatzmarktes lag in jedem Fall im Interesse der großen, in Westafrika aktiven Handelsfirmen, die in der wirtschaft­lichen Krise im späten 19. Jahrhundert trotz der massiven Konkurrenz Umsatzsteigerungen benötigten.25 Die Kolonialwirtschaft war auf dem ganzen Kontinent auf den Vorteil der Kolonialmächte ausgerichtet.26 Ziel der kolonialen Politik war ein mög­lichst umfangreicher Export von Rohstoffen sowie Import von Konsumgütern. 27 In Westafrika war die Stellung des Handelskapitals außerordent­lich stark.28 Die kommerzialisierte landwirtschaft­liche Exportökonomie breitete sich immer w ­ eiter aus. In einer um Inflationswerte korrigierten Schätzung verfünfzehnfachte sich der Handel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.29 In der Gold Coast stieg der Export von Kakao von dem Jahresexport einiger hundert ­Tonnen zu Beginn des Jahrhunderts auf über 300.000 Tonnen Mitte der 1930er Jahre an. Auf diesem Niveau verblieb die Produktion bis 1960. In den 1920er Jahren machten Kakaoexporte etwa 80 Prozent des Exporthandels aus, womit die Gold Coast weltweit größter Exporteur dieses Rohstoffes war. Gleichzeitig verlor der Handel mit Palmprodukten an Bedeutung und fiel von 50 Prozent im Jahr 1880 auf

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Hopkins, An Economic History, S. 154. Ebd., S. 167. Ebd., S.  194 – 198. Ebd., S. 162 und S. 198 f. Eckert, Andreas: Kolonialismus, Frankfurt am Main 2006, S. 63. Hopkins, An Economic History, S.156 f. und S. 161. Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen, München 32001 (11995), S. 78. 27 Hopkins, An Economic History, S. 169. 28 Harding, Geschichte Afrikas, S. 37 f. 29 Hopkins, An Economic History, S. 172.

Europäische Importe und koloniale Wirtschaft in der Gold Coast

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15 Prozent in den 1950er Jahren.30 Mineralien – Gold, Diamanten und Mangan – wurden ebenfalls zu wichtigen Exportgütern.31 Doch der Handel weitete sich nicht linear aus. Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts stieg das Handelsvolumen besonders stark an, es verachtfachte sich etwa.32 Der Exportboom der ersten Phase der Kolonialherrschaft fand mit der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre ein jähes Ende. Auch der Zweite Weltkrieg brachte einen Einbruch des Exportvolumens und zudem eine akute Knappheit an Konsumgütern mit sich.33 In der Nachkriegszeit führte der weltweite Bedarf an afrikanischen Rohstoffen und die Wiederentdeckung des Kontinents als kolonialer Absatzmarkt zu entwicklungspolitischen Initiativen und zu einem starken Anstieg der Einnahmen, was zu einem Rekordniveau der Importkapazität in den 1950er Jahren führte.34 Die Implikationen dieser wirtschaft­lichen Konjunkturen für Werbung und Marketing von Importgütern werden in den folgenden Kapiteln detaillierter untersucht. Aufgrund der Interessen der Handelsunternehmen und kolonialen Regierungen gab es bis in die Nachkriegszeit in Westafrika kaum weiterverarbeitende Industrie. Industriell gefertigte Konsumgüter mussten mit nur wenigen Ausnahmen importiert werden. Die wenigen Anlagen, die vor 1945 in Westafrika ­entstanden, dienten vornehm­lich der Weiterverarbeitung von Exportgütern, beispielsweise der Gewinnung von Palmöl.35 Eine Ausnahme war allerdings die Seifen­herstellung: Der ­britische Seifenproduzent Lever Brothers, Eigentümer der Niger Company, begann 1923 in Leopoldville und ein Jahr später in Lagos mit der industriellen Seifen­fertigung.36 In der Zwischenkriegszeit gab es auch

30 Die Gold Coast gehörte zu den exportstarken Kolonien Westafrikas. Während der Kolonial­ zeit produzierte sie rund 30 Prozent der Exporte der gesamten Region und gemeinsam mit Nigeria rund 90 – 95 Prozent der Exporte aus Britisch-Westafrika. Hopkins, An Economic History, S. 173, S. 176 ff. und S. 216. 31 Gocking, The History of Ghana, S. 6 f. 32 1900 – 04 betrug der durchschnitt­liche Jahreswert der Importe 3,6 Millionen Pfund. 25 Jahre später, in den Jahren 1925 – 29, betrug er 28,7 Millionen. Dieser Anstieg muss allerdings auch auf steigende Preise zurückgeführt werden. Merchandise Trading in British West Africa, Teil 1, in: Statistical and Economic Review 5 (1950), S. 1 – 36, hier S. 5. 33 Hopkins, An Economic History, S. 184 f. 34 Ebd., S. 185. 35 Ebd., S. 262 f. Es gab selbstverständ­lich eine rege handwerk­liche Produktion von weiter­ verarbeiteten Gütern, wie beispielsweise Stoffherstellung, Schreiner- und Tischlereien, Töpfereien und Lederverarbeitung. Agbodeka, An Economic History of Ghana, S. 134 – 141. Siehe dazu auch Fußnote 13 in Kapitel I. 36 Pedler, Frederick: The Lion and the Unicorn in Africa. A History of the Origins of the United Africa Company, 1787 – 1931, London 1974, S. 186.

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Importhandel und Marktforschung

erste Versuche zur Importsubstitution durch lokale Industrie in Westafrika, um den Mangel an Import­gütern auszugleichen.37 In der Gold Coast wurde während des Krieges beispielsweise Fruchtsaft industriell hergestellt und Fisch eingedost.38 Erst in der Nachkriegszeit begannen sowohl Regierungen als auch die großen Handels­unternehmen mit groß angelegten Industrialisierungs­projekten. In Ghana sollten sich in den 1950er und 1960er Jahren industrielle Fertigungsanlagen entwickeln.39

2. Verbreitung und Konsum importierter Güter Kaufkraft und Zugang zu importierten Gütern

An dieser Stelle soll nun ein Überblick über die Bevölkerung der kolonialen Gold Coast gegeben werden, an die die Güter vermarktet wurden. Insgesamt wuchs die Einwohnerzahl der Gold Coast stark an. Lebten dort 1921 noch etwa 2,3 ­Millionen Menschen, so waren dies 1948 bereits mehr als 4,1 Millionen und 1960 etwa 6,7 Millionen.40 Das starke Bevölkerungswachstum zeigte sich auch in der Altersstruktur: 1948 waren etwa 40 Prozent der Bevölkerung unter 16 Jahren alt.41 Nicht-­afrikanische Minderheiten machten einen verschwindend kleinen Anteil aus: 1931 erfasste der Zensus 3.182 und 1948 6.770 Ausländer, welche nicht aus anderen ­afrikanischen Ländern kamen.42 Den größten Anteil machten hier die Briten mit 4.211 Personen (von insgesamt 5.031 Europäern) und die ­Libanesen mit 1.213 Personen aus. Der Großteil der europäischen Ausländer lebte nur vorübergehend im Land und wohnte in den Städten sowie in den Gebieten, in denen ­Bergbaubetrieben wurde.43 Der Prozentsatz von Ausländern aus anderen afrika­ nischen Ländern lag weitaus höher und machte 1948 4,3 Prozent aus. Ein Großteil

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Hopkins, An Economic History, S. 262 f. Agbodeka, An Economic History of Ghana, S. 140. Siehe dazu Abschnitt 1 in Kapitel V. Government of the Gold Coast: The Gold Coast Handbook, London 1928, S. 51; Government of the Gold Coast: The Gold Coast Handbook of Trade and Commerce, Accra 1952, S. 36. Government of Ghana: Ghana Handbook of Commerce and Industry, Accra 1960, S. 71; Rimmer spricht von einer notwendigen Korrektur der Bevölkerungszahl von 1948 um 7,5 Prozent auf 4,4 Millionen: Rimmer, Staying Poor, S. 15. 41 Ebd. 42 Government of the Gold Coast: The Gold Coast. Census of Population 1948. Report and Tables, London/Accra 1950, S. 41. 43 Census of Population 1948, S. 11; Rimmer, Staying Poor, S. 15.

Verbreitung und Konsum importierter Güter

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dieser Migranten lebte in den urbanen Zentren und kam aus anderen britischen Kolonien in Westafrika, vornehm­lich aus Nigeria.44 Mit 17 Personen pro Quadratkilometer im Jahr 1948 war die Bevölkerungsdichte insgesamt eher niedrig, wenngleich sie im westafrikanischen Vergleich eher hoch war.45 Das am dichtesten besiedelte Gebiet kann man in etwa mit dem Dreieck zwischen den Städten Kumasi, Sekondi-Takoradi und Accra eingrenzen, wo sich Handelsaktivitäten, wichtige Bergbaugebiete und Kakaoanbau konzentrierten. Auch im äußersten Norden des Landes war die Bevölkerungsdichte hoch, doch insgesamt war der Norden sehr dünn besiedelt.46 Die lokale Bevölkerung Ghanas bestand und besteht aus einer Vielzahl an ethnischen Gruppen. Der Zensus von 1948 nannte 56, der Zensus von 1960 sogar 80 verschiedene Ethnien.47 Die größte Gruppe, die im Zensus von 1960 etwa 44 Prozent der Bevölkerung ausmachte, sind die Akan, welche die Küste und einen großen Teil Ghanas süd­lich und west­lich vom Voltasee bewohnen. Den Akan werden verschiedene Untergruppen zugerechnet; die wichtigsten sind die Asante aus der Region Ashanti und die an der Küste lebenden Fante. Die Mole-Dagbani bilden die zweitgrößte Gruppe und wurden im Zensus von 1960 mit 16 Prozent der Bevölkerung gezählt. Sie dominieren den Norden Ghanas, die ehemaligen Northern Territories. Mit etwa 13 Prozent der Bevölkerung s­ tellen die Ewe die drittgrößte Gruppe dar. Sie bewohnen vornehm­lich die Region süd­lich des Voltasees, die vormals unter deutscher Kolonialherrschaft stand, sowie Gebiete des benachbarten Togo. Die Ga-Dangme, mit acht Prozent die viertgrößte Gruppe, bewohnen die Region um die Hauptstadt Accra sowie diese selbst, in der sie einen wichtigen Teil der Bevölkerung ausmachen.48 Die kulturellen Unterschiede zwischen dem Norden und Süden Ghanas zeigen sich auch in der Religion: 1960 bekannten sich etwa 43 Prozent zu einer christ­lichen Kirche, während zwölf Prozent Muslime gezählt wurden, die sich weitgehend im Norden des Landes konzentrierten. Animistischer Glaube war und ist ­parallel dazu weit verbreitet.49

44 Census of Population 1948, S. 14 f. 45 Gocking, The History of Ghana, S. 1; Rimmer, Staying Poor, S. 15. 46 Ebd. Der Zensus von 1921 erfasste die Bevölkerungsverteilung nach Verwaltungsgebieten bei einer Gesamtbevölkerung von 2.296.400 Personen folgendermaßen: Gold Coast Colony 1.171.913 Personen; Ashanti 406.193 Personen; Northern Territories 530.355 Personen und British-Togoland 187.939 Personen. The Gold Coast Handbook 1928, S. 51. 47 Rimmer, Staying Poor, S. 16. 48 Gocking, The History of Ghana, S. 8 ff. 49 Ebd., S. 11; Rimmer, Staying Poor, S. 18.

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Importhandel und Marktforschung

Die Mög­lichkeit der lokalen Bevölkerung, eingeführte Waren zu kaufen, war stark an ihre Kaufkraft gekoppelt, und auch in dieser Hinsicht existierten in Ghana deut­liche regionale Unterschiede. Kakaoanbau und Kakaoexporte waren für die Einwohner Ghanas die wichtigste monetäre Einnahmequelle. Die Kakaopflanze ließ sich vor allem in den Waldgebieten Ghanas anbauen, wobei die Region Ashanti das Zentrum bildete. Bis 1930 war hier eine Schicht wohl­ habender Bauern entstanden, in deren Händen ein bedeutender Anteil des Kakaoanbaus lag und die am Import-Export-Handel durchaus mit wirtschaft­lichem Vorteil partizipierten. Ihre enge Einbindung in die exportorientierte Landwirtschaft machte es gleichzeitig erschwingbar und teilweise auch nötig, eingeführte Güter zu konsumieren.50 Damit verbunden waren deut­liche Unterschiede in den Durchschnittseinkommen der Regionen: Während das durchschnitt­liche Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 1959 etwa zwischen 55 und 60 Pfund lag, verdienten die Bewohner der Northern Region, in der Subsistenzwirtschaft weit verbreitet war, etwa 20 Pfund jähr­lich.51 Etwa 13 Prozent der Bevölkerung lebten 1948 in den Städten, die ebenfalls einen rapiden Einwohnerzuwachs verzeichneten, der deut­lich über dem durchschnitt­lichen Bevölkerungswachstum lag: Accra, die Hauptstadt, hatte rund 136.000 Einwohner, in Kumasi, der Hauptstadt von Ashanti, lebten 78.000 Personen und in der Hafenstadt Sekondi-­ Takoradi 45.000 Personen.52 Während der Kolonialzeit wurde die lokale Bevölkerung zunehmend in kapitalistische Wirtschaftsverhältnisse eingebunden. Doch ‚vorkapitalistische‘ Wirtschaftsformen wie kommunales Wirtschaften oder das Betreiben von Subsistenzwirtschaft blieben parallel dazu bestehen oder modifizierten sich im Wechselverhältnis. Die meisten Akteure partizipierten an beiden Wirtschaftsbereichen.53 Dieses Nebeneinander gilt ebenso für den Konsum importierter Produkte, der sich parallel zu einer teils expandierenden innerwestafrikanischen Konsumgüterproduktion ausbreitete.54 Besonders Bewohner der reicheren süd­lichen Regionen sowie der rapide wachsenden

50 Austin, Land, Labour and Capital in Ghana. Die Region Asante war im 18. und 19. Jahrhundert Zentrum des Königreichs Asante, welches seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Briten stand und 1896 geschlagen und besetzt wurde. 1901 wurde die Region als Kolonie Ashanti an die Gold Coast Colony angegliedert. Austin, Land, Labour and Capital, S. 1 f.; Gocking, The History of Ghana, S.  45 f. 51 Le lancement de la bière Star au Ghana. Étude de cas presentée à la 6e session de perfectionnement des cadres, 20. Mai 1964, S. 1, UARM UAC 2/1/B/7/2/4/7. 52 Rimmer, Staying Poor, S. 15. 53 Austin, Land, Labour and Capital, S. 2. 54 Harding, Geschichte Afrikas, S. 39 – 43.

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Städte konsumierten Importgüter, aber diese verbreiteten sich auch zunehmend in länd­lichen Regionen. Hopkins kalkuliert für das gesamte West­afrika, dass sich zwischen 1900 und 1960 die durchschnitt­liche Kaufkraft pro Person verdoppelte.55 Regionale Einkommensdifferenzen führten zu einer ungleichen Reichtumsverteilung und zu teils stark unterschied­lich ausgeprägtem Konsum importierter Güter. Zum Gefälle zwischen dem reicheren Süden und ärmeren Norden kam der Unterschied zwischen Stadt und Land.56 Ein Bericht aus dem Jahre 1944 über das Dorf Akokoaso in der kakaoproduzierenden Ashantiregion schätzte, dass selbst in dieser wohlhabenderen Region das Durchschnittsjahreseinkommen pro ­Familie bei etwa 20 Pfund lag. Etwa ein Drittel davon war Geldeinkommen, der Rest bestand aus Nahrungsmitteln. 35 der 180 Kinder zwischen fünf und zehn Jahren besuchten die Grundschule, und nur acht der Jugend­lichen zwischen zehn und 15 Jahren besuchte die weiterführende Schule im nächsten Ort. Ledig­lich in einem Drittel der Familien gab es schreib- und lesefähige Personen.57 Solchen Familien blieb kaum Geld für den Konsum von teuren Importgütern. Laut einer Studie über ein Dorf in den Northern Territories, die zehn Jahre später durchgeführt wurde, lag das familiäre Jahreseinkommen dort noch niedriger, bei nur etwa 10 Pfund.58 Doch auf dem Land existierten auch wohlhabende Gruppen, deren bedeutendste die Schicht der wohlhabenden Kakaobauern war. Auch in den Städten lebte der Großteil der Bewohner als Lohnarbeiter, Tage­ löhner oder Kleinhändler in Armut auf engem und oft nur behelfsmäßig errichtetem Wohnraum. Zwar war das durchschnitt­liche Einkommen höher, jedoch betrugen die Lebenshaltungskosten in städtischen Gebieten ein Vielfaches derer auf dem Land.59 Der Durchschnittslohn von städtischen Arbeitern lag bis in die 1940er Jahre relativ konstant bei rund einem bis eineinhalb Schilling pro Tag. Gelernte Arbeiter verdienten zwischen zwei und sieben Schilling täg­lich.60 Der Lohn stieg nach 1940 erstmals an, ohne damit jedoch den Anstieg der Lebenshaltungskosten auszugleichen.61 In Accra, 55 Hopkins, An Economic History, S. 183. 56 Aufgrund mangelnder Studien zur ghanaischen Konsumgeschichte existiert in der Historiographie keine erschöpfende Kalkulation zur Verteilung der tatsäch­lichen Kaufkraft in der Bevölkerung der Gold Coast, weshalb hier die Reichtumsverteilung und die Einkommensverhältnisse ledig­lich skizziert werden können. Vgl. auch die Ausführungen in Abschnitt 3 in Kapitel III und in Abschnitt 5 in Kapitel IV. 57 Beckett, W. H.: Akokoaso: A Survey of a Gold Coast Village, London 1944, zit. nach: Rimmer, Staying Poor, S. 2. 58 Birmingham, W. B./Tait, D.: Standards of Living in the Gold Coast. A Comment, Legon 1954, zit. nach: Rimmer, Staying Poor, S. 2. 59 Government of the Gold Coast: The Gold Coast Handbook, London/Accra 1937, S. 72. 60 Ebd., S. 71 f. 61 Hopkins, An Economic History, S. 257 f.

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wo die Lebenshaltungskosten allerdings besonders hoch waren, lag er 1953 beispielsweise bei vier Schilling für ungelernte und bis zu zehn Schilling für gelernte Arbeiter.62 Die Schicht der Schulabgänger, die Arbeit als Verwaltungsangestellte, ­Lehrer oder Katecheten fanden, verfügte über etwas mehr Kaufkraft, welche sie durchaus auch für Importgüter nutzte. So verdienten technische Arbeiter etwa 16 Pfund pro Monat und Büroangestellte zwischen sieben und zwölf Pfund, mit Aufstieg in untere Managementpositionen auch bis zu 25 Pfund monat­lich.63 In den Städten lebte auch eine reiche afrikanische Elite, die zahlenmäßig allerdings nur eine kleine Minderheit ausmachte. Diese bekleideten die obersten Ränge der öffent­lichen Verwaltung, waren Ärzte, Rechtsanwälte oder erfolgreiche Händler und Geschäftsleute. Ihr Jahreseinkommen lag – bei einem landesweit durchschnitt­lichen Bruttoinlandsprodukt von etwa 60 Pfund pro Person – etwa bei 650 Pfund als hochrangiger Beamter, zwischen 750 Pfund und 2.300 Pfund als Professor und konnte durchaus auch 6.000 Pfund im Jahr erreichen. Damit standen sie in ihrem Lebensstandard auf einer Stufe mit der reichsten Schicht des Landes, den euro­päischen Ausländern, für die der Konsum der importierten Güter, so luxuriös er für den Großteil der Menschen auch war, die alltäg­liche Lebensgrundlage bildete.64 Die durchschnitt­liche Kaufkraft in der Gold Coast war im Vergleich mit anderen westafrikanischen Kolonien relativ hoch. Um 1950 betrug sie etwa das Drei- bis Vierfache der Kaufkraft anderer britischer Kolonien, etwa Nigerias oder Kenias.65 Nach europäischen Maßstäben war sie jedoch sehr niedrig, was sich auf die Art der importierten Konsumgüter auswirkte: Es wurden kaum europäische Luxusgüter importiert, sondern überwiegend in Europa billig verfügbare Alltagsgegenstände, Haushaltswaren und Grundnahrungsmittel. Teils konkurrierten die Einfuhren mit Gütern aus der lokalen Produktion oder verdrängten lokal hergestellte Waren sogar. Beispiele hierfür sind etwa die in großem Umfang eingeführten Stoffe und Textilien oder Werkzeuge aus Eisen. Doch nicht alle Güter aus der lokalen Produktion wurden durch Importe ersetzt: So hielt sich etwa Kente-Webstoff trotz der umfangreichen Textilien-Einfuhren und fand weiterhin guten Absatz. Auch für andere Güter schien sich die einheimische Produktion in Zuge von Bevölkerungswachstum, Ausbau von Infrastruktur und in manchen Gegenden auch einem gestiegenen Einkommen auszuweiten, wie 62 Acquah, Ioné: Accra Survey. A Social Survey of the Capital of Ghana, 1953 – 1956, London 1958, S. 66. 63 Ebd., S. 66 f. 64 Rimmer, Staying Poor, S. 3. Eine Schicht von armen Europäern hat sich in der Gold Coast im Übrigen nie herausgebildet. 65 Ebd., S. 4.

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beispielswiese bei Kolanüssen, in der Viehzucht oder bei Töpferwaren. Für manche bot die Präsenz der neuartigen Produkte zudem wirtschaft­liche Mög­lichkeiten: Güter wie Nähgarn mussten weiterverarbeitet und Güter wie Fahrräder repariert oder umgebaut werden.66 Teilweise waren die Einfuhren ohne vergleichbare Pendants aus der lokalen Herstellung und waren so eine Erweiterung der verfügbaren Güter, deren Verbreitung teils beträcht­liche Veränderungen bewirkte, wie im Falle von Waffen und Tabak zur Zeit des Sklavenhandels, oder, weitaus weniger erforscht, im Falle von Fahrrädern in der Kolonialzeit. In der Zwischenkriegszeit erhöhte sich der Anteil der Lebensmittelimporte in den exportstarken Regionen von Westafrika, zu denen die Gold Coast gehörte, aber auch Nigeria, der Senegal und die Elfenbeinküste. Die Einfuhr von Waffen und Schießpulver war mit der Etablierung kolonialer Herrschaft stark zurückgegangen.67 Stoffe und Kleidung blieben weiterhin der führende Importposten und machten bis zum Zweiten Weltkrieg etwa ein Viertel der Importe nach Britisch-Westafrika aus. Die wichtigste Veränderung der Nachkriegszeit war die Zunahme von Produktionsgütern, Baumaterialien, Maschinen, Zement, Benzin oder halbfertigen Produkten, die vor Ort weiterverarbeitet wurden.68 Welche Konsumgüter vornehm­ lich verkauft wurden, hing stark von regionalen Lebensumständen und vor allem regionaler Kaufkraft ab. Wo die ört­liche Bevölkerung gute Einnahmen durch den Export von Feldfrüchten verzeichnen konnte, wie es vor allem in der Gold Coast und in den südwest­lichen Regionen von Nigeria der Fall war, war der Lebensstandard generell höher. Dort wurden Güter verkauft, die in anderen Regionen ledig­ lich als seltene Luxusartikel konsumiert wurden – etwa Zucker, Mehl, Zigaretten, Tabak und Baumwollstoffe. Diese Güter machten in der Gold Coast einen großen Teil des Konsums im Importbereich aus und zeugten vom vergleichsweise hohen Lebensstandard in der Kolonie. Der Großteil der Nahrungsmittel und Haushaltsgegenstände entstammte aber weiterhin der lokalen Produktion.69 Trotz dieser

66 Austen, African Economic History, S. 133 f.; Hopkins, An Economic History, S. 244 – 250. 67 Ebd., S. 177 f. 68 Vgl. die Übersicht über wichtige Einfuhren in die Gold Coast bei Bauer, West African Trade, S. 47 und S. 49. 69 Merchandise Trading in British West Africa, Teil 2, in: Statistical and Economic Review 6 (1950), S. 1 – 40, hier S. 35. In der Gold Coast betrug im Jahr 1956 der Anteil der Nahrungsmittel am Importhandel 8,2 Prozent. Davon machte Zucker etwa ein Drittel aus, Mehl und Weizen ebenfalls zusammen ein Drittel und Reis etwa ein Achtel. Außerdem machten bei den Nahrungsmittelimporten nach ganz Westafrika Fisch vier Prozent und haltbare Milch sowie Bier gemeinsam mit Wein je etwa drei Prozent aus. Morgan, B. W.: Food Imports of West Africa, in: Economic Geography 39 (1963) 4, S. 351 – 362, hier S.  352 ff.

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­ inschränkungen muss man grundsätz­lich konstatieren, dass sich in vielen Gebieten E die Einfuhren als Gegenstände des täg­lichen Bedarfs etablierten, wie nicht zuletzt die massiven Auseinandersetzungen in der Gold Coast aufgrund des Mangels an Konsumgütern kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten.70 Die Preise für die Nahrungsmittel unterlagen – genauso wie Löhne und Einkünfte aus dem Exportgeschäft – starken Schwankungen und müssen auch nach Regionen differenziert werden. Die folgende Liste zeigt die durchschnitt­lichen Preise für einige wichtige Einfuhren im Jahre 1950. Sie demonstriert vor dem Hintergrund der durchschnitt­lichen Jahreseinkommen die Verfügbarkeit bestimmter Güter wie etwa Zucker oder Dosenmilch und zeigt, welchen Reichtum für manche Schichten der Besitz eines Fahrrades darstellen musste. Eine Flasche Club Beer: Ein Schilling und acht Pence Fünf Pfund Mehl: Drei Schilling und elf Pence Eine Dose Blue Band Margarine: Zwei Schilling Eine Dose Corned Beef: Zwei Schilling 6 Würfel Zucker: Ein Pence Eine Flasche Schnaps: 18 Schilling und drei Pence Eine Flasche Whiskey: Ein Pfund und zwei Schilling Ein Raleigh Fahrrad: Zwölf Pfund und 15 Schilling.71

Aneignung, conspicuous consumption und Orte des Konsums

Die obige Preisliste macht es deut­lich: Auch wenn manche Einfuhren, wie etwa Textilien, günstiger waren als ähn­liche, lokal produzierte Produkte, war der Konsum importierter Güter in Westafrika doch eine teure Angelegenheit.72 Gerade im Bereich der alltäg­lichen Haushaltsgegenstände wie etwa bei Lebensmitteln oder 70 Government of the Gold Coast: Report of the Commission of Enquiry into the Distribution and Prices of Essential Imported Goods, Accra 1943. Siehe außerdem Abschnitt 4 Kapitel IV. 71 Murillo, Market Relations, S. 104. An dieser Stelle ist ein kurzer Vermerk zur Währung in Ghana angebracht. Als Währung etablierte die britische Kolonialmacht in der Gold Coast sowie in den drei weiteren britischen Kolonien in Westafrika das West Africa Currency Board Pfund. Entsprechend dem eng­lischen Münzsystem war ein Pfund in 20 Schilling unterteilt und jeder Schilling wiederum in 12 Pence. Mit der Unabhängigkeit 1957 führte die neue Regierung das Ghana Pfund ein, das direkt an den Sterlingkurs gebunden blieb. Seit 1965 ist die ghanaische Währung der Cedi, nun mit einem dezimalen Münzsystem. Rimmer, Staying Poor, S. xi; Gocking, The History of Ghana, S. xxiii; The Gold Coast Handbook of Trade and Commerce 1952, S. 8. 72 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 65.

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Seife waren Importe generell teurer als die vor Ort hergestellten Güter. Während etwa industriell produzierte Textilien trotz der Transportkosten in Westafrika zu niedrigeren Preisen angeboten wurden als in Handarbeit gewobene Kente-Stoffe, so wurde bei anderen Gegenständen die lokale Herstellung zum preisvergünstigenden Faktor. Ein Beispiel stellt hier Seife dar, deren eingeführte Varianten aus industrieller Produktion die lokalen Seifen oft um ein Vielfaches im Preis übertrafen. Dort, wo es sich eine besserverdienende Schicht leisten konnte und wollte, die importierten Güter zu konsumieren, setzten sie sich trotz ihres hohen Preises durch.73 Auch Mehl oder Zucker waren teurere Substitute, die tenden­ ziell von einkommensstarken Schichten in den wohl­habenderen ­Regionen konsumiert wurden. Zudem waren die Importwaren für alle zugäng­lich, die sie kaufen konnten. Damit waren luxuriöse Güter grundsätz­lich verfügbar und der Zugang zu ihnen weniger als etwa im 18. Jahrhundert durch Mangel oder gesellschaft­liche Machtkonstellationen beschränkt. Für conspicuous consumption dienten in zunehmenden Maße seit dem 19. Jahrhundert und im 20. Jahrhundert teure Produkte wie Stoffe, Kleidung, Gin oder Geschirr dazu, Reichtum und Status anzuzeigen: Eine Funktion, die zur Zeit des Sklavenhandels der Besitz von Sklaven oder der Konsum von Yamswurzeln innehatte. Dies ermög­lichte einerseits neuen Schichten einen gesellschaft­lichen Aufstieg, wie beispielsweise jungen Ashanti, die als Händler an der Küste Erfolg hatten und bei ihrer Rückkehr neuen Reichtum als Status zur Schau stellten. Ein weiteres Beispiel stellt der Konsum von Alkoholika wie Spirituosen oder Bier dar. Der Zugang zu diesen Getränken war in den lokalen Gesellschaften oft ein exklusives Recht sozial hochrangiger ­Gruppen und an Status und soziale Macht geknüpft. In den kolonialen ­Städten des 20. Jahrhunderts demonstrierte der gemeinsame Alkoholgenuss einer neuen Generation von jungen, in die Städte migrierten Männern und Frauen ihren Anspruch und Wunsch auf Anerkennung als soziale Gruppe. Wenn sich hingegen auch der materielle Reichtum in den Händen derer konzentrierte, die gesellschaft­liche Machtpositionen innehatten, konnte der Konsum aber auch bereits bestehende Hierarchien umso deut­licher zum Ausdruck bringen.74 Mit den Gütern hielten zunehmend kulturelle Aspekte aus Europa in Westafrika Einzug, wie etwa ein formeller, europäischer Kleidungsstil oder europä­ ische Möbel zur Inneneinrichtung von Häusern. Viele der Waren erfuhren dabei 73 Vgl. dazu die Marketingberichte von Unilever-Managern über den Verkauf von Seife in der Gold Coast und in Nigeria von den 1930er bis in die 1960er Jahre: Visit Reports Nigeria, UARM Unilever Bestand (UNI) RM/OC (Box 110 – 111) (vorläufige Referenznummer); Visit Reports Ghana UARM UNI/RM/OC (Box 55 – 56) (vl. Rnr.). 74 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 63 – 66; Akyeampong, What’s in a Drink.

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eine Aneignung durch lokale Konsumenten und wurden nicht mehr in der von ihren Produzenten vorgesehenen Weise verwendet. Keramikteller etwa wurden in Außenwände auf Häusern eingearbeitet, um den Reichtum seines Bewohners öffent­lich zur Schau zu stellen.75 Fahrräder wurden umgebaut, um sie ihrer lokalen Funktion als Transportmittel und Lastenträger für lange Distanzen gerecht werden zu lassen.76 Auch entstanden mythische Erzählungen um die eingeführten Güter: So existierte in der Gold Coast die Vorstellung, die Waren kämen aus dem Meer. Darin findet sich ein klarer Bezug auf den Transportweg, wurden doch die Güter über die Hochsee vertrieben.77 Andere Erzählungen betrafen die Qualität der Güter. So waren etwa Versuche zur Einführung von Dosenessen von Gerüchten in der lokalen Bevölkerung begleitet, welche sich um den Inhalt der Büchsen drehten: Sie würden aus dem Fett von toten Kleinkindern hergestellt. Ähn­lich verhielt es sich mit Gerüchten über vergifteten Zucker oder Seife.78 Dies zeigt, dass die lokale Bevölkerung den Gütern nicht ausschließ­lich positiv, sondern auch mit kritischer Ablehnung und Skepsis begegnete, was durchaus zu Umsatzein­brüchen führen konnte. In der Kolonialzeit wurden die Städte zu den großen Handelszentren, zu zentralen Orten, an denen sich die Ausfuhr der Rohstoffe und die Einfuhr der Güter abspielten. Accra, Kumasi und Sekondi-Takoradi lockten nicht nur mit neuen Welten von populärer Unterhaltungskultur, sondern auch mit einem verheißungsvollen Angebot europäischer Warenwelten.79 In den 1920er Jahren eröffneten in Accra die Kingsway Stores, ein zweistöckiges Gebäude im Kolonialstil, das nach damaligen Maßstäben hinsicht­lich Größe und Glanz eine Attraktion war, die ihresgleichen suchte. Dies markiert den Beginn der Ausbreitung einer Kaufhauskultur in den britischen Afrikakolonien, in der bei festgesetzten Preisen ganze Warenwelten hinter Schaufenstern und in Regalen zum Verkauf dargeboten wurden.80 Die Kette 75 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 65. Zur Theorie der Aneignung in der Konsumgeschichte vgl.: Hahn, Hans Peter: Global Goods and the Process of Appropriation, in: Peter Probst/Gerd Spittler (Hg.): Between Resistance and Expansion. Exploration of Local Vitality in Africa, Münster 2004, S. 211 – 229; Ders., Diffusionism, Appropriation, and Globalization. 76 Hahn, Die Aneignung des Fahrrads, S. 266 – 271. 77 Pinther, Die geträumte Stadt, S. 109. 78 Diese Fälle beschreibt Burke für Gebiete in Zentralafrika und im süd­lichen Afrika: Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, S. 161 – 163. 79 Pinther, Die geträumte Stadt, S. 109. 80 Pinther nennt als Eröffnungsdatum 1915, doch der unternehmensinterne Bericht zur Geschichte des Unternehmens erwähnt, dass die African and Eastern Trading Corporation, eines der Vorläuferunternehmen der UAC, diese Kette in der Zwischenkriegszeit vor der

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war ursprüng­lich als Zusatzangebot zu dem großen Netz an Einzelhandelsgeschäften in Westafrika gedacht, ein High-Class-Geschäft, in dem die reiche Elite ein breites Angebot an europäischen Waren erhalten konnte. Das Geschäft wurde laut Berichten der UAC von Anfang an von den europäischen Ausländern sowie von reichen Afrikanern frequentiert.81 Die Kaufhäuser mit ihren Warenwelten hinter Glas faszinierten die Stadtbewohner, wie etwa ein Lied zeigt, „das in Kumasi nach dem Brand des dortigen Kingsway gesungen wurde. Dort heißt es, die Kingsway Stores, dort, wo die Weißen kaufen, sind abgebrannt. Baut sie wieder auf, damit das Schöne wieder einen Platz hat in Kumasi.“ 82 Doch die wichtigsten Orte, an denen die importierten Güter erworben werden konnten, waren in der Gold Coast die Märkte. In Accra war und ist hier der Makola Market No. 1 im Stadtteil Adabraka zu nennen. Der größte Markt in Ghana ist bis heute der Kumasi Central Market in der Hauptstadt der Ashanti-Region. Handeln war und ist in Ghana ein von Frauen dominierter Wirtschaftsbereich. Heute sind rund 70 Prozent der etwa 15.000 bis 20.000 Händler im Central Market weib­ lich.83 Im Gegensatz zu den Marketingmethoden des Einzelhandels war und ist die Verkaufsstrategie der Marktfrauen, die Waren zur optischen, haptischen und olfaktorischen Begutachtung anzubieten und lautstark anzupreisen. Weitere Verkaufsmethoden sind die Aushandlung der Preise vor Ort sowie die Mög­lichkeit der Händlerinnen, ihren Kunden die spezifischen Eigenschaften eines Produkts zu erläutern.84 Diese hier skizzenhaft aufgezeigten sozialen, wirtschaft­lichen und kulturellen Bedingungen bildeten den Hintergrund für Marketing und Marktforschung, wie sie in der UAC Praxis waren und im folgenden Abschnitt dieses Kapitels erstmals untersucht werden soll.

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Fusion im Jahr 1929 gegründet habe. Der Name entsprach dem damaligen Hauptsitz des Unternehmens in der Straße Kingsway in London. Pinther, Die geträumte Stadt, S. 109; Kingsway Stores, Lagos, in: Statistical and Economic Review 12 (1953), S. 1 – 30, hier S. 7. Vgl. zur Geschichte des Kaufhauses auch: Murillo, Market Relations, S. 128 – 163; Dies., Kingsway Department Store and Consumer Politics. Kingsway Stores, Lagos, S. 7. Pinther, Die geträumte Stadt, S. 109. Vgl. dazu: Clark, Onions Are my Husband, hier S. 1. Pinther, Die geträumte Stadt, S. 110.

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3. Der Importhandel und die Marketinginstrumente der United Africa Company Entstehung, Bedeutung und Struktur der UAC

Kommerzielle Werbung muss im Kontext des Importhandels und der ­Marketingpolitik der großen europäischen Handelsunternehmen gesehen werden, was hier am Beispiel der UAC aufgezeigt werden soll.85 Diese entstand 1929 durch die Fusion zweier Handelsunternehmen, der African and Eastern Trade Corporation (­ A & E) und der Niger Company.86 Der Zusammenschluss war Ausdruck der Kapitalkonzentration in Westafrika, die sich in den wirtschaft­lichen Krisen 1920/21 und 1929/30 noch verstärkt hatte.87 Die beiden Firmen kontrollierten zum Zeitpunkt ihrer Fusion – gemeinsam mit zwei franzö­sischen Handelshäusern – zwei Drittel des Imports und drei Viertel des Exportgeschäfts in Westafrika.88 Sie waren ihrerseits Konglomerate aus Unternehmen, 85 Einführend zur Marketinggeschichte im 20. Jahrhundert: Berghoff, Hartmut: Marketing im 20. Jahrhundert. Absatzinstrument – Managementphilosophie – universelle Sozialtechnik, in: Ders. (Hg.): Marketinggeschichte. Die Genese einer modernen Sozialtechnik, Frankfurt am Main 2007, S. 11 – 58. Berghoff definiert dort den Begriff folgendermaßen: „Marketing vermittelt auf der einen Seite zwischen dem auf jeder Form der Produktion lastenden Zwang, Güter und Leistungen abzusetzen und damit existenzsichernde Zahlungsströme zu generieren, und auf der anderen Seite den Bedürfnissen und der Ausgabe­ bereitschaft der Käufer.“ Ebd., S. 11. Zum Konzept des modernen Marketings gehören damit alle absatzpolitischen Instrumente wie Produktentwicklung, Produktverkauf und -vertrieb, Marktforschung und Werbung. 86 Grundlegend zur Geschichte der United Africa Company: Fieldhouse, David K.: Merchant Capital and Economic Decolonization. The United Africa Company, 1929 – 1987, Oxford 1994. Zur Geschichte der UAC in Ghana siehe: Jones, Paula: The United Africa Company in the Gold Coast/Ghana, 1920 – 1965, Dissertation, School of Oriental and African Studies, London 1985. Vgl. zur Vorgeschichte der UAC: Pedler, The Lion and the Unicorn. Ein derzeit laufendes Forschungsprojekt von Dmitri van den Bersselaar an der University of Liverpool untersucht die Geschichte der UAC aus Sicht ihrer afrikanischen Angestellten und Arbeiter und war zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Dissertation noch nicht publiziert. Vgl. aber den Hinweis in Fußnote 192 in Kapitel IV dieser Arbeit. 87 Hopkins, An Economic History, S. 184 und S. 198 f. Der Zusammenschluss erfolgte in einem Krisenjahr der A & E und hatte zum Ziel, die für beide Unternehmen zehrende Konkurrenzsituation zu beenden. Fieldhouse, Merchant Capitel, S. 10 und S. 98. 88 Bei den beiden franzö­sischen Firmen handelte es sich um die Compagnie Francaise de L’Afrique Occidentale (CFAO) und die Société Commerciale de l’Ouest Africaine (SCOA). Fieldhouse schätzt, dass der Zusammenschluss hinsicht­lich der Größe der beiden fusionierenden Unternehmen bis dahin einzigartig in der Geschichte des modernen Kolonialismus

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deren Geschichte teils bis ins späte 17. Jahrhundert ­zurückreichte.89 Die A & E war 1919 als Zusammenschluss der Firmen African Association, ­Miller Brothers, Millers Limited und F. and A. Swanzy gegründet worden und war in Westafrika und Asien als Handelsgesellschaft aktiv. Die Niger Company war unter dem Namen Royal Niger Company im 19. Jahrhundert maßgeb­lich an der Aus­dehnung von Handel und Macht Großbritanniens vom Nigerdelta ins Landesinnere beteiligt, und hatte von 1886 bis 1900 Konzessionen von der britischen Regierung für das Gebiet um das Nigerbecken erhalten und somit die Kontrolle und Verwaltung dieses Gebiets inne.90 Die Firma dominierte den Handel mit dem nörd­lichen Nigeria und vertrieb hauptsach­lich die Importgüter Baumwolle und Salz sowie die Exportgüter Shea- und Erdnüsse.91 Nach der Ausweitung ihres Geschäfts wurde sie 1919 zu über 90 Prozent an den großen britischen Seifenproduzenten Lever Brothers – bis dahin ihr größter Konkurrent – verkauft. Lever Brothers hatte sich aufgrund seines hohen Rohstoffbedarfs an Ölen bereits im späten 19. Jahrhundert am Handel in Afrika beteiligt. Nach dem Kauf der Niger Company für acht Millionen Pfund begann das Unternehmen 1923 in Leopoldville und 1924 in Lagos mit der Herstellung von Seife und gehört damit zu den industriellen Pionieren in beiden Ländern.92 Die UAC wurde am 3. März 1929 gegründet. Nach der Fusion wickelte die UAC etwa die Hälfte des gesamten Import-Export-Handels in Westafrika ab, war dabei in Britisch-Westafrika mit weitem Abstand das größte ­Handelsunternehmen und führte in den franzö­sischen Kolonien in Westafrika etwa ein Viertel des Exporthandels durch.93 Ihr Einfluss war so groß und ihre Position so stark, dass sie den Umsatz der Konkurrenz um ein Vielfaches übertraf.94 Sitz des Unternehmens wurde das Africa House in Kingsway, London, das 1923 von der A & E gebaut worden war. Ihr gesetz­lich registrierter Hauptsitz blieb allerdings in Liverpool. Den Namen übernahm sie – gekürzt um den Buchstaben ‚n‘ – von der United African Company, einem Vorläufer der Niger Company. Ihr eingetragenes Kapital belief sich

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war, schränkt allerdings ein, man müsse dabei von den ­Handelsunternehmen mit tatsäch­ lichem Monopol – wie der East India Company – absehen: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 9 f. und S. 99. Pedler, The Lion and the Unicorn, S. 8. Zur Geschichte der African and Eastern Trade Corporation sowie der Niger Company vgl: Pedler, The Lion and the Unicorn. Für die A & E siehe vor allem S. 225 – 262. Zur Geschichte der Royal Niger Company siehe S. 112 – 138. Fieldhouse stützt sich in seiner Untersuchung zur Geschichte der Fusion stark auf Pedlers Publikation. Pedler, The Lion and the Unicorn, S. 166 ff. Ebd., S.  171 – 192. Hopkins, An Economic History, S. 199. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 98 f.

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zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses auf etwa 13 Millionen Pfund, wobei die beiden Unternehmen jeweils die Hälfte der Aktien besaßen.95 Damit fusionierten zwei große und in sich heterogene Unternehmen, was dazu führte, dass die UAC 1929 aus 93 verschiedenen Unternehmen bestand, die in Europa, weiten Teilen Afrikas und in Südostasien in den Bereichen Rohstoffproduktion, Handel und Transport operierten. Der Großteil des Geschäfts konzentrierte sich auf Europa und Westafrika.96 Teils behielten die übernommenen Unternehmen ihren Namen bei, auch, um dem Eindruck einer Marktdominanz e­ ntgegenzuwirken.97 Das Unternehmen hatte in Westafrika mehr als tausend Handelsposten, war im Handel mit Rohstoffen und Konsumgütern aktiv, hatte aber auch Plantagen, beteiligte sich an der Förderung von Mineralien, Nutzholzgewinnung, am interkontinentalen Schiffsverkehr und am Transport auf Flüssen und auf Straßen.98 Am 1. Januar 1930 fusionierte Lever Brothers mit der niederländischen Firma Margarine Unie zu dem Konzern Unilever, der so gemeinsam mit der A & E zur Muttergesellschaft der UAC wurde.99 Während der wirtschaft­lichen Depression 95 Ebd., S. 11 f. 96 Ebd., S. 94. 97 Ebd., S. 20. Die Unternehmen hatten ihren eigenen Hauptsitz, waren überwiegend in Großbritannien, Frankreich oder Belgien registriert und hatten in verschiedenen afrikanischen Ländern ein eigenes Netz aus Filialen und Handelsstützpunkten, womit sie oft im unmittelbaren Wettbewerb zu anderen UAC-Tochterunternehmen standen. Der Schwerpunkt des Handelsgeschäfts sowohl der A & E als auch der Niger Company hatte in den britischen Kolonien Sierra Leone, Gold Coast und Nigeria in Westafrika gelegen. Abgesehen von dem Handelsunternehmen Société d’Entreprises Commerciales du Congo Belge, die zu Levers Huileries du Congo Belge gehörte, hatten die Niger Company und die A & E den Großteil der anderen Unternehmen in den 1920er Jahren erworben – um Konkurrenz auszuschalten, das Geschäft zu vergrößern oder als Teil einer Strategie zur Diversifizierung. Diese hatte vor allem die A & E verfolgt. Letztere hatte nur wenige Firmen in Westafrika, dafür aber einige in Großbritannien, im Mittelmeerraum, im Mittleren Osten und in Ostafrika gekauft. Die Niger Company hingegen hatte sich stark auf Westafrika konzentriert. Ebd., S. 93 f. 98 Die UAC betrieb eine interkontinentale Flotte, die in Ghana 1957 durch die Black Star Shipping Line Konkurrenz erhielt. Der Inlandstransport auf afrikanischen Seen und ­Flüssen war bis Ende der 1940er Jahre von grundlegender Bedeutung für das Funktionieren des Handelssystems. Die Bedeutung dieses Verkehrsnetzes ging erst in den 1950er Jahren aufgrund der technolo­gischen Entwicklungen und des staat­lichen Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur zurück. Ebd., S. 176 – 225. 99 Unilever bestand aus zwei Unternehmen, dem britischen Unternehmen Unilever Ltd. und dem niederländischen Unilever NV. Siehe zur Entstehung und Geschichte von Unilever bis 1945: Wilson, Charles: The History of Unilever. A Study in Economic Growth and Social Change, 2 Bände, London 1954. Für die Geschichte des Unternehmens ab 1945

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in den Jahren 1930/31 geriet die UAC in eine schwere finanzielle Krise, aus der sie nur mit Unterstützung von Unilever gerettet werden konnte. Dies verschob das Eigentums- und Kräfteverhältnis zwischen beiden Mutterkonzernen deut­lich zum Nachteil der A & E, die schließ­lich nur noch 20 Prozent der Aktien innehatte und damit aus den Entscheidungsprozessen faktisch ausgeschlossen war. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erwarb Unilever auch noch den Rest der A & E-Aktien und machte damit die UAC vollständig zu seiner Tochtergesellschaft.100 Die UAC war ein Handelsunternehmen für Rohstoffe und Konsumgüter und im Transportgeschäft und in der Rohstoffgewinnung aktiv, bis 1946 aber nicht in der weiterverarbeitenden Produktion. Diese baute sie in größerem Umfang erst Ende der 1950er Jahre aus. Die Muttergesellschaft Unilever war im Gegensatz dazu eine Herstellerfirma, bezog von der UAC Rohstoffe und verkaufte über diese ihre Produkte. Die beiden Unternehmen bevorzugten einander als H ­ andelspartner, handelten aber auch mit anderen Firmen: Die UAC verkaufte durchaus auch Produkte der Konkurrenz, während die Produkte von Unilever auch von anderen Handelsfirmen vertrieben wurden.101 Die UAC operierte aufgrund dieser klaren strukturellen Trennung als Handelsunternehmen mit viel Entscheidungsautonomie gegenüber dem Mutterkonzern Unilever.102 Als die UAC in den 1980er Jahren in eine finanzielle Krise geriet, wurde sie als eigenständiges Unternehmen aufgelöst und in die Unilever-Group integriert, in der das außereuropäische Geschäft der UAC organisiert war.103 Die UAC

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siehe: Wilson, Charles: Unilever 1945 – 1965. Challenge and Response in the Post-War Industrial Revolution, London 1968. Die Jahre 1965 – 1990 untersucht: Jones, Geoffrey: Renewing Unilever. Transformation and Tradition, Oxford 2005. Die weltweiten Akti­ vitäten des Konzerns beleuchtet: Fieldhouse, David. K.: Unilever Overseas. The Anatomy of a Multinational, 1895 – 1965, Stanford 1978. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 16 ff. Ebd., S. 6. Für das Verhältnis der UAC zu Unilever war das frühere Verhältnis zwischen Lever Brothers und der Niger Company wichtig. Eigent­lich hatte Lever Brothers die Niger Company zur Sicherung seines Rohstoffbedarfs erworben, doch diese lieferte bald nicht nur an Lever Brothers, sondern bediente auch andere Firmen. Zudem importierte sie nicht nur Produkte von Lever Brothers, sondern bot als Handelshaus auch vielen anderen ­Unternehmen ihre Dienste an. Daher waren die beiden Unternehmen kaum ineinander ­integriert. Bei der Gründung der UAC 1929 teilte Lever Brothers seine Aktivitäten in Afrika in die Bereiche Produktfertigung und Handel auf. Alle weiterverar­beitende Produktion, auch wenn sie bis dahin von der Niger Company verwaltet worden waren (wie beispielsweise die nigeria­nische West African Soap Company) wurden Lever Brothers zugeteilt. Die UAC bekam alle Handels­unternehmen zugesprochen. Dadurch wurde sie zu einem reinen Handelsunternehmen, was sie bis in die Nachkriegszeit bleiben sollte. Ebd., S. 3 f. Ebd., S. 3. Ebd., S. 9.

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veränderte sich wie viele ihrer Konkurrenten in der Zeit ihrer Existenz von einem Handelsunternehmen zu einem m ­ ultinationalen Konzern.104 Die UAC operierte in vielen anderen afrikanischen Ländern, wie etwa im Bel­ gisch-Kongo oder in Kenia, aber in Britisch-Westafrika war mit der Gold Coast und Nigeria als Zentrum der wichtigste und größte Geschäftsbereich der UAC konzentriert. Vor allem dort hatte die UAC eine herausragend starke Stellung auf dem Markt. In den 1930er Jahren expandierte die UAC weiter und kaufte im Zuge weiterer Monopolisierungstendenzen auf dem afrikanischen Markt noch einige weitere Firmen – beispielsweise das große Handelsunternehmen G. B. Ollivant – womit sie ihre marktdominierende Stellung weiter festigte. In der Nachkriegszeit wickelte die UAC in Britisch-Westafrika insgesamt etwa ein Drittel des gesamten Importhandels ab. In manchen Exportbereichen, wie beispielsweise beim nigerianischen Palmöl, lag ihr Anteil bei über 70 Prozent. Zumeist handelte die UAC mit einem vielfachen Wert von dem der größten Konkurrenten.105 Dies ermög­lichte ihr eine Expansion ihres Geschäftsbereichs bis weit ins Landesinnere, den Import von Konsumgütern in großen Mengen und vor allem eine einflussreiche Stellung in allen Bereichen des Import-­Export-Handels.106 Die großen Handelsfirmen, vor allem aber die UAC, standen in der ­zeitge­­nös­sischen Kritik von Wissenschaftlern, Politikern und konkurrierenden Händlern. Auch Historiker haben die Handelshäuser wegen ihrer Marktdominanz kritisiert. Sie warfen ihnen schlechte Bezahlung für Exportgüter, zu hohe Preise für Importgüter sowie die Verdrängung afrikanischer Händler vor.107 Die Darstellung der UAC dazu war stets, dass sie wie die anderen Handelsfirmen keinen großen Gewinn aus dem Importbereich ziehe.108 Allerdings waren Preisabsprachen in Form von Kartellen oder geheimen Verhandlungen der großen Unternehmen zumindest im Exportbereich durchaus gängig; für den Importbereich ist dies nicht hinreichend untersucht.109 Letzt­lich hing die Preis­ politik auch stark von den jeweiligen lokalen Gegebenheiten sowie den gehandelten Gütern ab.110 Wie groß die Profitspanne auch gewesen sein mag, sicher ist, dass sie ins Ausland abfloss und kaum in die Wirtschaft der Kolonien investiert wurde. Zu

104 Diesen Wandel untersucht unter anderem am Beispiel der UAC: Jones, Geoffrey: Merchants to Multinationals. British Trading Companies in the Nineteenth and Twentieth Centuries, Oxford 2000. 105 Merchandise Trading, Teil 1, S. 7. 106 Hopkins, An Economic History, S. 202. 107 Ebd. 108 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 101. 109 Vgl. zur Kartellpolitik der großen Handelsfirmen: Ebd., S. 124 – 175. 110 Für eine Kritik an den großen Profitmargen der Unternehmen siehe: Mars, John: ­Extra-Territorial Enterprises, in: Margery Perham (Hg.): Mining, Commerce, and Finance

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massiver Kritik in den Kolonien führte zudem, dass die großen Firmen es kleineren afrikanischen Händlern faktisch unmög­lich machten, in den internationalen Handel einzusteigen und die wenigen existierenden afrikanischen Import-Export-Firmen stark unter Druck setzten.111 Im internen Handel und somit auch in der Distribution der Konsumgüter waren und blieben Afrikaner aber seit Beginn des Überseehandels in einer starken Position und hielten den überwiegenden Teil in ihrer Hand. Manche Familien konnten sich über Jahrhunderte in diesem Geschäft etablieren, zunächst als Sklaven- oder Gummi- und schließ­lich als Konsumgüterhändler.112 Die heterogene Zusammensetzung auf großem Gebiet wurde durch ein starkes internes Kontrollnetz der UAC zusammengehalten. Die Zentrale war in London angesiedelt; sie hatte etwa 800 Mitarbeiter. Weitere Filialen befanden sich in Liverpool für die Verschiffung, in Manchester für den Einkauf sowie auf dem euro­ päischen Kontinent in Brüssel, Paris und Hamburg. Die UAC-Konzernzentrale im Unilever House in London – an deren Spitze ein dreiköpfiges Direktorium stand – übte vor allem über alle finanziellen Fragen in der UAC eine sehr enge Kontrolle aus, auch wenn deren Wirkung durch die großen Distanzen teilweise eingeschränkt war.113 Zuständigkeiten waren nach Regionen und Aufgabenbereichen unterteilt, für die jeweils ein Manager – der regional general manager – Verantwortung und Kontrolle mit weitreichenden Befugnissen innehatte. Durch seine Hände musste alle Korrespondenz von und nach Europa gehen. Zudem kontrollierte er alle finanziellen Angelegenheiten. Er hatte mit seinen Entscheidungen einen bedeutenden Einfluss auf das wirtschaft­liche und politische Geschehen in der Kolonie: „In a colony such as the Gold Coast the general manager had close contacts with the colonial governor: in fact, he and his very large staff throughout the colony constituted virtually a parallel administration. He was almost always a leading figure in the local chamber of commerce, dominated as it usually was by representatives of expatriate commercial or banking enterprises, and often a member of the legislative council of the colony.“ 114

Manager der UAC konnten es in ihrer Region durchaus zu mehr Einfluss bringen als dortige Vertreter der Regierung.115 Diese Posten waren ausschließ­lich mit Europäern besetzt. Hingegen wurden die von ihnen verwalteten und ihnen

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in Nigeria, London 1948, S. 43 – 136. Die internen Berichte der UAC vermitteln allerdings durchaus den Eindruck von starkem Preiswettbewerb. Hopkins, An Economic History, S. 203 ff. Ebd., S. 251 f. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 18 – 26. Ebd., S. 27. Hopkins, An Economic History, S. 199.

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untergeordneten Posten oft aus der lokalen Bevölkerung rekrutiert, denen bis in die 1950er Jahre die höheren Managementebenen nicht zugäng­lich waren – der indigenous manager war die höchste Position für Einheimische. Die Position des branch manager und des district manager waren Europäern vorbehalten. Diese waren für bestimmte Geschäftsbereiche einer Region zuständig, wie etwa Transport, Ankauf von Rohstoffen oder Importverkauf.116 Die UAC betrieb nicht nur eine interkontinentale Flotte, sondern unterhielt auch große Teile der Infrastruktur für den Import-­Export-Handel in Westafrika selbst, wie beispielsweise die Transportunternehmen Niger River Fleet in Nigeria oder das Fährunternehmen auf dem Volta River in der Gold Coast.117 Manche dieser Bereiche des Handels waren für sich genommen nicht profitabel, aber die UAC musste sie zur gesamten Funktion des Handels erhalten. Die Organisation des Importhandels in der UAC

Der Handel mit den Importgütern hing eng mit dem Exporthandel von R ­ ohstoffen zusammen.118 Was dies für das Marketing der importierten Güter bedeutete und wie der Handel organisiert war, wurde bislang kaum untersucht und wird im folgenden Abschnitt herausgearbeitet. Der Exporthandel war zentral dafür, eine mög­lichst hohe Kaufkraft für Konsumgüter zu erhalten, während dem Handel mit Importgütern in diesem System aus Sicht der UAC die zentrale Aufgabe zukam, einen Anreiz zur Produktionssteigerung zu bieten. „Even now, the trading firms to some extent regard their merchandise as inducement goods; that is, goods needed to induce the producer to produce. The merchandise trade still forms, broadly speaking, a part of a round trip undertaken by merchants whose function it is to encourage the export of produce; for without the purchase and export of produce there can be no import of merchandise.“ 119

116 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 26 – 33. 117 Ebd., S. 81. 118 Ebd., S. 122 und S. 125 – 175. Die UAC war in Westafrika auch im Handel mit Rohstoffen sehr präsent. Sie besaß einige wenige Plantagen, doch der große Anteil der Feldfrüchte wurde von Bauern produziert. Um einen Eindruck von der Marktdominanz der UAC auch im Bereich des Exporthandels zu geben, seien hier einige Anteile der UAC am nigerianischen Rohstoffhandel für das Jahr 1943/44 genannt: Palmöl 73 Prozent; Palmkerne 62 Prozent; Kakao je nach Gebiet zwischen 47 und 87 Prozent; Erdnüsse zwischen 46 Prozent und 71 Prozent. 119 Merchandise Trading, Teil 1, S. 16.

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Das Handelsvolumen von Import- sowie Exporthandel war bis nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu deckungsgleich – ein Charakteristikum einer „offenen Wirtschaft“, in der die Ausgaben für Importe von den Einnahmen im Exportbereich abhängig sind. Dies galt nicht nur für die Gold Coast, sondern für den gesamten west­afrikanischen Wirtschaftsraum. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschob sich dieses Verhältnis erstmals. Aufgrund von Entwicklungshilfe und in den 1940er und 1950er Jahren aufgebauten Geldreserven der Kolonien in London konnten die Importe nun die Exporte übertreffen.120 Basis des Importhandels waren günstige Konsumgüter für den Haushalt. Bis in die Nachkriegsjahre handelte die UAC so gut wie ausschließ­lich mit ­diesen Produkten. Auch in der Nachkriegszeit machten diese Güter den Großteil des Handels aus. Die Produktpalette der importierten Güter erweiterte sich zwischen den 1930er und den 1950er Jahren sehr stark und beinhaltete nun vermehrt teurere Güter, die auch in Europa nicht zu täg­lichen Gebrauchsgegenständen gehörten.121 Verzeichnete die UAC in den 1930er Jahren noch rund 100 verschiedene Güter­klassen, hatte sich dieses Spektrum Ende der 1940er Jahre auf etwa 300 Güterklassen (wie etwa Keramik­gut) erweitert, die sich in etwa 50.000 Produktreihen (wie beispielsweise eine bestimmte Art von Keramikschüssel mit einer bestimmten Musterung) auf­teilten.122 Diese Entwicklung war nicht nur durch eine Vergrößerung des Absatzmarktes bei den Konsu­menten, sondern auch durch Unternehmensstrategien verursacht: Im Konkurrenzkampf war die Ausweitung des Produktspektrums eine wichtige Mög­lichkeit, den Umsatz zu steigern.123 Bei manchen Produkten hatte die UAC sogar das alleinige Recht auf Export, Verkauf und, wo nötig, Service und Instandhaltung inne, wie beispielsweise bei manchen Autos und Lastwägen, Erdöl-Produkten, elektrischen Gütern, Fahr­ rädern und Markenprodukten wie Spirituosen oder Zigaretten.124 Etwa 50 Prozent der Güter wurden aus Großbritannien importiert. In Anteilen zwischen fünf und zehn Prozent folgten die USA, Niederlande, Indien, Japan, Deutschland, und zu kleineren Anteilen 29 weitere Länder.125 Insgesamt kaufte die UAC Güter für den Import nach Westafrika aus 35 Ländern in allen fünf Kontinenten. 120 Vgl. zum Begriff der „offenen Wirtschaft“: Hopkins, An Economic History, S. 170 – 172. Hopkins folgt damit dem Modell des britischen Ökonomen Dudley Seers, der dies in den späten 1960er Jahren entwarf. 121 Bauer, West African Trade, S. 47 – 52. 122 Ebd; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 103. 123 Merchandise Trading, Teil 1, S. 10 ff. 124 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 104. 125 Die Zahlen gelten für die Jahre 1937 und 1949. Merchandise Trading, Teil 1, S. 9.

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Die UAC unterteilte das Handelsgut in fünf Gruppen. Diese vermitteln einen Einblick in die große Bandbreite der gehandelten Waren.126 Eine Gruppe war Lebensmittel, wie beispielsweise Stockfisch, Salz, Mehl, Zucker, Tabak, Zigaretten, Getränke, Medikamente und Parfümerieartikel wie Kosmetika und Seife. Textilien, hier besonders bedruckte Baumwollstoffe, bildeten die zweite Gruppe. Die dritte Einteilung waren Haushalts- und Eisenwaren: Hier sind Emaille- und Töpfer­ waren, Baumaterialien, Arbeitsgeräte und Werkzeuge, Schießpulver, N ­ ähmaschinen, Schneidwaren, Fahrräder, Streichhölzer, Papier und Schreibwaren zu nennen. Schließ­lich gab es die Gruppe der Kurzwaren, die Kleidung und Haushalts­textilien beinhaltete. Die fünfte Gruppe bildeten technische Güter wie beispielsweise Stromgeräte und Generatoren, landwirtschaft­liches Gerät, industrielle Maschinen, Radio, Elektrogeräte, Autos und Lastwagen. Außerdem gab es nicht zuordenbare Güter wie etwa Benzin. Im Jahr 1948/49 waren die Umsätze der jeweiligen Güterklasse so verteilt: Lebensmittel 34 Prozent, Textilien 28 Prozent, Haushalts- und Eisenwaren 17 Prozent, Kurzwaren 6 Prozent, technische Güter 9 Prozent und Andere 6 Prozent.127 Der übergroße Anteil entfiel also auf Lebensmittel, Kleidung und praktische Alltagsgegenstände für Haushalt und Arbeit. Die Zentrale der UAC für die Organisation des Importhandels lag in London, wo 170 Mitarbeiter in nach den oben genannten Güterklassen unterteilten Abteilungen den Einkauf der Güter organisierten. In Manchester organisierten etwa 150 Angestellte den Einkauf von Baumwollstoffen, die extra für den westafrikanischen Markt bedruckt wurden. Weitere Abteilungen für den Einkauf lagen in Belgien, Niederlande, Deutschland, Frankreich, Italien, in den USA, Indien und Japan.128 In den britischen Kolonien in Westafrika unterhielt die UAC eine Verkaufsstruktur von der Großhandels-Lagerhalle bis hin zum kleinen Einzelhandelsgeschäft. Die größeren Geschäfte wurden von europäischen Verkaufsmanagern betrieben, welche die zentrale Verbindung zwischen dem Unternehmen und den Konsumenten darstellten, da sie den Kontakt mit den afrikanischen Zwischenhändlern hielten. Die kleineren Geschäfte standen oft in der Verantwortung afrikanischer Einzelhändler. Import- und Exportgeschäft hingen auch in der Organisation der Kaufvorgänge eng zusammen: Die Verkaufspunkte waren meist auch Einkaufspunkte von Rohstoffen für den Export.129 In der Gold Coast existierte zusätz­lich zur UACGeneral­verwaltung eine spezielle Verkaufsorganisation für das gesamte Gebiet. Deren Manager kontrollierten Ankunft, Distribution und Verkauf der Güter und

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Bauer, West African Trade, S. 57 f. Merchandise Trading, Teil 1, S. 7 f. Merchandise Trading, Teil 2, S. 5; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 103 f. Merchandise Trading, Teil 2, S. 29; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 104 – 111.

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waren gemeinsam mit der Zentrale in London für Verkaufspolitik verantwort­lich. Alle Angestellten im Verkauf unterstanden ihnen.130 Die in Europa üb­liche Differenzierung zwischen Großhandel und ­Einzelhandel galt für den Handel in Westafrika kaum. Nur selten verkauften die Unternehmen direkt an die Endkonsumenten der Produkte.131 Die Güter nahmen von der Ankunft an der Küste mit dem Schiff bis zu ihrem Gebrauch oft einen langen Weg. Der Transport in die verschiedenen Landesteile erfolgte mit Bahn, Schiff, Last­ wagen, Fahrrädern oder durch Träger. Die Güter gingen zunächst an GroßhandelsVerkaufs­punkte, wo afrikanische Großhändler ihre Waren bezogen, welche sie wiederum an kleinere Händler weitervertrieben. Von den Großhandelsgeschäften aus wurden auch die Einzelhandelsgeschäfte versorgt, welche von afrikanischen Angestellten geleitet wurden. Aber auch diese Einzelhandelsgeschäfte verkauften nicht nur direkt an Konsumenten, sondern zumeist an weitere Händler, welche ihrerseits oft ­wiederum an weitere Händler vertrieben, bevor das Produkt von den sogenannten petty traders letzt­lich an den Konsumenten weiterverkauft wurde. Diese Händler versorgten durch Transport der Waren auch Regionen, in denen die UAC keine Verkaufsstellen errichtet hatte. Dieses System ist als „kommerzielle Pyramide“ bezeichnet worden, da an der Spitze einige wenige europäische Firmen standen und mit fortschreitender Verteilung der Produkte nach ‚unten‘ immer mehr afrikanische Händler eingebunden waren.132 In den späten 1940er Jahren gab es in der Gold Coast 40 central cash wholesale stores: Diese waren eine nur in der Gold Coast etablierte Art von Verkaufsstellen, bei denen die Waren auslagen und bar bezahlt wurde, also auch Einzelhandel stattfinden konnte. Zudem gab es 33 Geschäfte in afrikanischer Hand und 27 Großhandelsabnehmer auf Kredit.133 Dazu kamen einige wenige Kingsway-Filialen. Durch wie viele Hände das Produkt meist bis zum letzt­lichen Konsumenten ging, illustriert folgendes Beispiel der Zündhölzer: „Two hundred cases of matches are unloaded, let us say, at Accra and brought to the beach by surf boat. These are divided into two parts: 100 cases may be sent to the hardware distribution store in Accra, the remainder being sent to up-country branches. The 100 cases in the hardware distribution store may be sold: (a) ten cases to one large African trader; (b) the remainder, one case at a time, to smaller African traders. The cases have six sub-divisions, called ‚zincs‘ (from the metal containers in which they are packed). The ‚zincs‘, which each contain 8 1/3 gross packets, may be sold one at a time to the petty women trader (the 130 Merchandise Trading, Teil 2, S. 11 f. 131 Vgl. allgemein zur Distributionsstruktur im Importhandel: Harneit-Sievers, Zwischen Depression und Dekolonisation, S. 68 – 91; Bauer, West African Trade, S. 53 – 56. 132 Harneit-Sievers, Zwischen Depression und Dekolonisation, S. 68. 133 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 108.

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trading ‚mammy‘). She may sell a dozen packets at a time to smaller traders; they in turn may sell a single box at a time containing between seventy and eighty matches; and finally the pettiest trader of them all may sell ten matches plus a proportionate part of the striking-area of the box.“ 134

Dieses Beispiel zeigt, dass es für die UAC kaum mög­lich war, allein über Unternehmensstatistiken nachzuvollziehen, wer die Endkonsumenten ihrer Produkte waren – über dieses Wissen verfügten die afrikanischen Händler in den verschiedenen Stadien des Handels. Afrikanische Händler wickelten also fast den gesamten Einzelhandel ab und waren für den Verkauf und Kontakt zum Konsumenten verantwort­lich.135 Sie waren dabei zumeist abhängig von der Finanzierung durch Kredite der Handelsfirmen. Die UAC vergab beispielsweise 1954 an rund 6.000 Westafrikaner Kredite in einer Gesamthöhe von 25 Million Pfund, wobei die größten Jahresumsätze sogar bei bis zu 50.000 Pfund lagen.136 Dagegen handelten die petty traders oft mit sehr kleinen Konsumeinheiten und bezahlten die Güter oft im Voraus in bar, da der Erwerb eines Kreditkontos bei der UAC einen längeren Prüfprozess voraussetzte. Afrikanische Händler waren also in ganz unterschied­lichen G ­ rößenordnungen Teil des Importhandels. Sie wirkten als Mittler zwischen Unternehmen und Konsumenten: Sie waren diejenigen, welche den Konsumenten die Konsumgüter verkauften und so auch vermittelten, und sie waren gegenüber der UAC die­jenigen, welche für europäische Manager als Informationsquelle über den Markt und Verkauf der Güter dienten. Teils wurden sie als Berater sogar nach London und Manchester eingeladen.137 Sie waren letzt­lich auch diejenigen, welche die Güter in ihrem jeweiligen Markt während des Verkaufens ‚bewarben‘.138 Das Verhältnis des Unternehmens zu den Mittelsmännern, die teilweise auch gleichzeitig als Zwischen­händler für den Export fungierten, war durchaus nicht frei von Konflikten um Handelsvorteile und

134 Merchandise Trading, Teil 2, S. 16 f. 135 Afrikanischen Händlern in Ghana widmen sich folgende Studien: Garlick, Peter C.: The Ghanaian Entrepreneur. Studies in Trading in Ghana, Accra 1962; Ders.: African Traders and Economic Development in Ghana, Oxford 1971; Murillo, Market Relations, S. 36 – 81. Die gegenwärtige Situation der Marktfrauen in Ghana untersucht mit histo­ rischen Rückbezügen: Clark, Onions Are my Husband; Die Situation in Nigeria analysiert: ­Harneit-Sievers, Zwischen Depression und Dekolonisation; Nwaboghuogo, Anthony I.: From Wealthy Entrepreneurs to Petty Traders. The Decline of African Middlemen in Eastern Nigeria, 1900 – 1950, in: Journal of African History 23 (1982) 3, S. 365 – 379. 136 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 108. 137 Murillo, Market Relations, S. 66. 138 Murillo, Market Relations, S. 25.

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ökonomischen Nutzen.139 Europäische Manager der UAC betonten immer wieder die Bedeutung der afrikanischen Angestellten im Einzelhandelsbereich: „The African Retail Storekeeper (…) holds much the same position in the Merchandise trade as does the large Broker in the Cocoa trade. While competitors use the services of African Storekeepers, we must do likewise, at least for certain departments of our trade.“ 140 Insgesamt verließ sich die UAC im Marketing der Importgüter also stark auf die afrikanischen Händler. Die UAC zog sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zuletzt aufgrund finan­ zieller Erwägungen verstärkt aus dem Einzelhandel zurück, konzentrierte sich auf den Großhandel und verkaufte die Einzelhandelsgeschäfte an Afrikaner, oft an ­diejenigen, die zuvor als Ladenverwalter angestellt waren.141 Anfang der 1950er Jahre unterhielt die UAC nur noch in den entlegeneren Regionen E ­ inzelhandelsgeschäfte.142 In den Großstädten hatte die UAC mit den Kaufhäusern der ­Kingsway-Kette zudem weiterhin Anteil am Einzelhandel. Insgesamt kann man sagen, dass die UAC in diesem Prozess den Kundenkontakt mehr und mehr in afrikanische Hände abgab. Auch das Marketing der importierten Güter war von der Verwobenheit von Import- und Exporthandel beeinflusst. Zentral war dafür, dass das Konsum­verhalten der afrikanischen Bevölkerung stark von ihrer Kaufkraft und damit von den Einkünften aus dem Exportgeschäft abhing. Das niedrige Durchschnittseinkommen der Region wirkte sich auf die Art der Abgabeeinheiten und die Verpackung der Waren aus. Generell wurden die Güter in sehr kleinen Einheiten abgegeben, da das Geld der meisten Konsumenten nicht reichte, um auf Vorrat einzukaufen. Außerdem wurde die Verkaufsmenge meist nicht nach Gewicht, sondern nach Größe oder Stückzahl bestimmt. Zucker wurde beispielsweise in Einheiten von einzelnen Zucker­stückchen verkauft, und Tabak wurde in Einheiten von fünf Blättern angeboten. Stieg der Preis für ein Produkt, war es üb­liche Praxis der UAC, die Abgabegröße zu verkleinern, anstatt den Preis pro Stück zu erhöhen – beispielsweise blieb die Anzahl der Zuckerstücke gleich, aber die Stücke selbst wurden kleiner. Die Anzahl der Zuckerstückchen pro Karton schwankte so je nach aktuellem

139 Vgl. zu den Konflikten mit Zwischenhändlern im Kakaogeschäft am Beispiel von Nigeria: Deutsch, Educating the Middlemen. Die Konflikte der UAC mit afrikanischen Großhändlern beschreibt Murillo, Market Relations, besonders S. 69 – 76. 140 Gold Coast Business, Mr. D. D. Pitcher’s Report, 22. Dezember 1936, S. 10 f., UARM UAC/2/20/5/1/2. 141 Merchandise Trading, Teil 1, S. 15 f, D. D. Pitcher’s Report, UARM UAC/2/20/5/1/2; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 110. 142 Ghana, Notes on Mr. H. P. Owen’s Visit to Northern Region, 21. Juni 1959, UARM UAC/2/20/5/1/3.

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Zuckerpreis, um diese Verkaufsart weiter zu erhalten – auch wenn an die afrikanischen Händler nach Gewicht verkauft wurde.143 Die Verpackung der Güter sollte dabei, wie im zeitgenös­sischen Europa auch, die Attraktivität des Produktes erhöhen; darüber hinaus sollte das Behältnis der Güter für sich einen zusätz­ lichen Nutzen haben und sich als solches verkaufen lassen. Die Ver­packung stellte also selbst ein Konsum­gut dar. Beispielsweise wurden die Säcke, in denen Salz verkauft wurde, als B ­ ehältnis vielerlei Art genutzt. Der Stoffsack, in dem das Salz transportiert wurde, war genauso wichtig wie das Salz: Bei Problemen beim Bestellen der Stoffsäcke ging die UAC sogar so weit, in Eigenregie Stoff aufzukaufen und diesen zu solchen Säcken weiter­verarbeiten zu lassen, um das Salz weiterhin adäquat verpacken zu können.144 Die großen Handelsfirmen stellten sich auf diese Art des Konsums ihrer Güter ein und berücksichtigten sie, um den Verkauf zu steigern.145 Für den Wettbewerb der Handelsunter­nehmen um Kunden für die Importwaren waren also die Art der Präsentation und die Verpackung der Konsumgüter auch bereits im frühen 20. Jahrhundert ein bedeutender Marketingfaktor.146

4. Marktforschung: Diskurs und Praxis der UAC Das System der Marktforschung in der UAC

Wie entschied die UAC , welche Güter sie nach Westafrika entsendete? Welche Informationen holte sie ein, um das Kaufverhalten der Konsumenten einschätzen zu können, und auf welche Weise geschah dies? Wie verliefen Entscheidungen über den Umfang der Güter, sowie über die Einführung von neuen Produkten? Diese Fragen haben in der Forschungsliteratur bislang wenig Beachtung gefunden und sollen nun beantwortet werden. Die Unternehmen mussten den Handel in großem Umfang für ein breites Konsumentenspektrum und über lange Zeitspannen planen. Daher war er mit einem hohen Risiko verbunden: Schon ein Kalkulationsfehler konnte Firmen zahlungs­ unfähig machen. Es war für die Handelsfirmen daher überlebenswichtig, die Einfuhr der Güter in Art und Umfang treffend zu kalkulieren und dafür das Kaufverhalten 143 Dies war aber auch in den USA und in Europa eine gängige Methode, Preissteigerungen zu vermarkten, beispielsweise bei dem Verkauf von Schokoladenriegeln in Verkaufsautomaten. Merchandise Trading, Teil 1, S. 19 – 23; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 108 f. 144 Merchandise Trading, Teil 2, S. 6. 145 Merchandise Trading, Teil 1, S. 21. 146 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 107 ff.

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ihrer afrikanischen Kunden so gut wie mög­lich nachzuvollziehen. Auch galt, dass das Warenangebot so viel Konsumbedürfnisse wie mög­lich hervorrufen sollte, um bei den westafrikanischen Produzenten von Exportgut den Wunsch nach einem höheren monetären Einkommen zu wecken. „It was an accepted principle that, if there were inadequate or unacceptable goods in the stores, production would show a downward tendency or even trend.“ 147 Es ging der UAC also nicht nur darum, den Importhandel im Profitbereich zu halten, sondern auch darum, Bedürfnisse zu wecken, welche wiederum die Arbeitsaktivität der Exportgut­produzenten steigern sollten. Sie plante die Bestellung und Lieferung der Güter sogar so, dass sie zum ‚richtigen‘ Zeitpunkt in den Läden ankamen, womit der Start der Erntesaison gemeint war.148 Die UAC holte in aufwändigen Prozessen Informationen über den westafrikanischen Markt ein.149 Durch die Abhängigkeit von den Einkünften aus dem Export schwankte die Kaufkraft der westafrikanischen Konsumenten von Jahr zu Jahr. Daher betrieb die UAC eine spezifische Form von Marktforschung: Sie schätzte die Kaufkraft eines Gebietes für Konsumgüter im Vorhinein so gut wie mög­lich ein und richtete Art und Menge der Importgüter für diese Region an dieser Schätzung aus. In der Hauptsache bestand diese aus der Kalkulation der Einnahmen durch den Export von Rohstoffen in einem bestimmten Gebiet in dem betreffenden Geschäftsjahr, indem eine Schätzung des Preises sowie von Anbaumenge und Ertrag vorgenommen wurde. Ebenfalls wurden Geldeinkünfte der Konsumenten durch Lohnarbeit oder Darlehen und Hilfsleistungen aus dem Ausland einkal­ kuliert und die Ausgaben für Dienstleistungen sowie Sparrücklagen berücksichtigt. Zuletzt schätzte die UAC ihren Marktanteil in den jeweiligen Regionen ein. Die meisten dieser Daten erhob das Unternehmen intern in einem so erprobten wie arbeitsaufwändigen System, bei dem die general manager der jeweiligen Gebiete sowie die Londoner Zentrale für die zentrale Zusammenführung und Evaluation der Daten zuständig waren. Nach der Einschätzung der Kaufkraft musste entschieden werden, welche Arten von Konsumgütern für das jeweilige Gebiet bestellt werden sollten. Dieser Vorgang basierte vollständig auf den Erfahrungen des Verkaufspersonals in Westafrika und des Einkaufspersonals in Großbritannien, die sich in gemeinsamer Beratung auf ein Verkaufsprogramm für die kommende Saison verständigten.

147 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 103. Ob diese Annahme auch in dem tatsäch­lichen Konsum- und Arbeitsverhalten der lokalen Bevölkerung eine Entsprechung fand, muss im Rahmen einer Konsumgeschichte Ghanas noch untersucht werden. 148 Merchandise Trading, Teil 1, S. 30. 149 Ebd., S. 1.

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„Longstanding knowledge of the West African market is a prerequisite of the appreciation of its requirements. In addition the selling staff must have some perception of impending fashion changes; and the buying staff must have a flair for selecting designs and types of goods which will appeal to the African’s taste. (…) It is clear that the success of the merchandise business depends in a large measure on this preliminary appreciation of the market.“ 150

Die Entscheidung über die Bestellung von bestimmten Gütern traf also entweder die Handelsorganisation in Großbritannien oder die jeweiligen Abteilungen in West­afrika.151 Die Bestellungen, die von der Londoner Zentrale in die Wege geleitet wurden, waren zumeist Einkäufe in sehr großem Umfang, die die UAC dann über ihr gesamtes Handelsgebiet in Westafrika verteilte. Die Einkaufs-Abteilung war außerdem zuständig für Neueinführungen von Produkten aus dem euro­päischen Angebot. Entschieden die Marketingmanager dort aufgrund von Erfahrungen und persön­licher Einschätzung, dass bestimmte Güter in Westafrika profitable Verkaufszahlen versprachen, so bestellten und verteilten sie diese in Form von Verkaufsproben in den westafrikanischen ­Gebieten. Die UAC pries dies an als „Trial Shipments, selected on the basis of the expert knowledge of specialists“.152 In solchen Fällen wurde sehr detailliert das Kaufverhalten analysiert, bevor mit Exporten im größeren Stil begonnen wurde. Dabei wurde der Verkauf der verschiedenen Marken und ihrer jeweiligen Verpackungsgrößen in allen Verkaufspunkten bis hin zu den Einzelhandelsgeschäften erfasst.153 Es gab aber auch eine Reihe an Artikeln und Gebrauchsgegenständen, welche zur Grundausstattung der Läden gehörten und jedes Jahr wieder bestellt wurden. Diese nannte das Unternehmen staples oder staple lines: „ (…) [A]ll merchants wish to handle soap, which may be classed as a ‚staple‘, i. e. an article which must be available in every store and must be sold at competitive prices.“ 154 Was staple lines waren, variierte je nach Gebiet. Die Entscheidungen darüber trafen zumeist die jeweiligen Marketingmanager auf Basis der Verkaufszahlen vom Vorjahr. Dafür galten langjährige Erfahrung im Handel sowie „a thorough knowledge of local conditions“ als grund­legende Voraussetzung von Seiten des europäischen Personals der UAC.155 Auch andere Konsumgegenstände,

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Merchandise Trading, Teil 2, S. 2. Ebd., S. 4. Ebd., S. 7. UAG Legal Department Agency Agreement, British Tobacco Company Limited, 1912 – 1929, UARM UAC/1/5/5/2/3. 154 Mr. Hansard’s Report on Visit to West Africa, Januar – Februar 1938, S. 3, UARM UNI/ RM/OC (Box 110) OSD/21/4 WAF 7 (vl. Rnr.). 155 Merchandise Trading, Teil 2, S. 6. Die Durchschnittszeit zwischen dem Bestellen der Güter in Europa und dem Verkauf in Westafrika betrug etwa ein Jahr. In Gebieten, die nur während der Regen- oder Trockenzeit zugäng­lich waren, konnte es über zweieinhalb

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die in einem bestimmten Gebiet in unregelmäßigen Abständen benötigt wurden, bestellten die regionalen ­Manager in der Londoner Zentrale. Darunter fielen ebenso Güter, deren Herstellung aufgrund spezieller Eigenschaften oder Designs eigens bei einer Firma in Auftrag gegeben werden mussten. Dabei war es für das Unternehmen ganz zentral, dass die ­Manager, welche die Kaufentscheidungen getroffen hatten, den Weg der Güter bis zum Verkauf an den letzt­lichen Konsumenten verfolgten.156 Die UAC betrieb einen großen Aufwand, um den Handel bis zur aller­kleinsten Einheit zurückzuverfolgen. Von den untersten Hierarchieebenen der kleinen Einzel­ handelsgeschäfte über die Manager bis zur Londoner Zentrale wurden die Informationen über die Verkäufe zusammengetragen. Auch junge europäische Manager, die einen Teil ihrer Ausbildungszeit in Westafrika verbrachten, hatten die Aufgabe, Informationen über den Verkauf von Konsumgütern zu sammeln.157 Sie bereisten oft die verschiedenen westafrikanischen Kolonien, um sich selbst ein Bild von den Abläufen vor Ort zu verschaffen. Sie besuchten die Großhandelslager und Einzelhandelsgeschäfte, inspizierten die Geschäftsbücher und überprüften sehr genau, welche Waren sich gut verkauften und wie die Angestellten vor Ort die Läden pflegten.158 Dabei legten sie großen Wert darauf, dass das Geschäft sauber und die Auslage der Güter zum Verkauf nach ihrem Empfinden attraktiv gestaltet war. In ihren Reiseberichten gaben die Manager sehr detailliert Auskunft über die vorhandenen Güter und deren Verkaufszahlen.159 Auch wurde genauestens überprüft, welche Händler in den Geschäften der UAC für den Großhandel einkauften, was sie kauften und zu welchem Preis sie es weiterverkauften. Dafür besuchten die Manager auch alle Geschäfte der Konkurrenz sowie die Tages- und Wochenmärkte. Eine wichtige Informationsquelle waren dabei die zumeist afrikanischen Ladenverwalter und Einzelhändler.160 Die Informationen, die über den Absatz der Waren eingeholt wurden, waren vor allem bezüg­lich der Preise der UAC-Händler sowie der Preise der Konkurrenz sehr detailliert. Aufgrund der geringen Kaufkraft der meisten Konsumenten konnten

156 157 158 159 160

Jahre dauern, bis die Waren in den Läden ankamen. Im Übrigen wurden modische Güter gezielt auf dem schnellstmög­lichen Weg importiert, während die staple lines in großen Mengen auf die kostengünstigste Art und Weise eingeführt wurden, welche meist deut­ lich mehr Zeit in Anspruch nahm. Merchandise Trading, Teil 1, S. 30 f.; Merchandise Trading, Teil 2, S. 27. Ebd., S. 7. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 104 ff. D. D. Pitcher’s Report, UARM UAC/2/20/5/1/2. Vgl. etwa Report of Mr. D. D. Pitcher’s Visit to the Gold Coast, 1. Januar – 4. April 1929, UARM UAC/2/20/5/1/1. H. P. Owen’s Visit to Northern Region, S. 5, UARM UAC/2/20/5/1/3.

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bereits sehr kleine Preisdifferenzen im Vergleich zu konkurrierenden Händlern und Geschäften zu massiven Einbrüchen in den Verkäufen für eine bestimmte Marke führen.161 Immer wieder beklagten sich Manager über ungepflegte Auslagen und Läden. Dies verweist auf Strategien des Unternehmens, west­liche Vorstellung von Prinzipien der Marketingpolitik in den Einzelhandelsgeschäften durchzusetzen, in denen eine bestimmte Art der Warenpräsentation eine große Rolle spielte. „When I visited Okpari there was no stock of salt, cigarettes, biscuits and beer – all staple lines at this station; while the Gana Gana shop was very poorly laid out; it was unnecessarily dark and dingy; and the display was bad. The prices charged at both Gana and Obodo were in many cases ridiculously high and in others too low.“ 162

Lässt sich dieses System zur Informationsgewinnung nun als Marktforschung bezeichnen? Professionelle Marktforschung entstand während der Herausbildung industrieller Massenproduktion und Massenkonsum in den USA in ersten Ansätzen um die Jahrhundertwende.163 Dort entwickelte sie sich parallel zur professionellen Meinungsforschung, der in den 1930er Jahren korrekte Wahlprognosen zu großer öffent­licher Bekanntheit verhalfen. In Europa entstanden in den Unternehmen in den 1920er Jahren erste Marktforschungsabteilungen, in den 1930er Jahren gründeten sich eine Reihe von Marktforschungsinstituten und -unternehmen.164 Ein US-amerikanisches Lehrbuch aus den 1930er Jahren beschrieb Marktforschung als „the use of scientific method in the solution of marketing or distribution costs, for the purpose of increasing sales, decreasing marketing and distribution costs, and maximizing profits.“ 165 Mit geringeren Abweichungen gilt diese Definition bis heute. Das Konzept betont zwar die Wissenschaft­lichkeit der Methoden der Datengewinnung, doch wurde für die US-amerikanische und europäische Marketing­geschichte 161 Ebd., S. 1; T. M. Knox: Report to the Board on Visit to West Africa [1]. Benin and Lower Niger Areas, 7. Mai 1929, S. 1, UARM UAC/2/34/4/1/3. 162 Ebd. 163 Laird, Advertising Progress, S. 275 ff. 164 Vgl. einführend: Schröter, Harm G.: Zur Geschichte der Marktforschung in Europa im 20. Jahrhundert, in: Rolf Walter (Hg.): Geschichte des Konsums, Stuttgart 2004, S. 319 – 335, hier S. 321 f.; Brückweh, Kerstin: Perspectives for a History of Market Research, Consumer Movements and the Political Public Sphere, in: Dies. (Hg.): The Voice of the Citizen Consumer. A History of Market Research, Consumer Movements, and the Political Public Sphere, Oxford/New York 2011, S. 3 – 26; Schwarzkopf, Stefan: A Radical Past? The Politics of Market Research in Britain, 1900 – 1950, in: Brückweh (Hg.): The Voice of the Citizen Consumer, S. 29 – 50. 165 Brown, Lyndon O.: Marketing and Distribution Research, New York 1937, S. 5, zit. nach: Schröter, Zur Geschichte der Marktforschung, S. 319.

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gezeigt, dass Methoden des modernen Marketings schon lange vor der Ausrufung wissenschaft­licher Prinzipien im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert gängige Praxis waren.166 Diese Erkenntnis gilt in ähn­licher Weise auch für die Geschichte der Markt­ forschung als einer Teilfunktion des Marketings in Westafrika. Obwohl es Zeit­ genossen nicht so bezeichneten, kann man hier davon sprechen, dass die UAC Marktforschung betrieb, indem sie sehr detaillierte Informationen über den Verkauf ihrer Produkte einholte. Auch wusste die UAC bei vielen Produkten darüber Bescheid, wie sie verwendet wurden. Manager wussten um die Weiterverwendung von Produktverpackungen oder um die spezifischen modischen Vorzüge in bestimmten Regionen etwa beim Verkauf von Hemden, Hüten oder Stoffen.167 Auch Formen von Aneignung der Produkte kannte die UAC, beispielsweise die Anwendung von chirur­gischen Gummischläuchen: „The African in South-Western Nigeria who owns a bicycle buys a surprising quantity of surgical rubber tubing, which is put to a curious use. The pump (which is always in danger of being stolen) is removed and probably kept safe at home. The surgical tubing is then fitted to the attachments designed to hold the pump, and is formed into a ‚guard‘ which prevents the Yoruba rider’s robe from becoming entangled in the frame and real wheel. The African who wears a robe generally insists that his bicycle should have a gear-case, but is prepared to improvise his own dress-guard.“ 168

Weitere Beispiele wären die Verwendung von Karbolseife als Fischköder oder von Parfüm zur Aromatisierung von Zucker als Süßigkeit. Dies verweist darauf, dass das Unternehmen sich offensicht­lich genau darüber informierte, wie die importierten Produkte verwendet wurden, und dass es hier nicht darum ging, diesen Gebrauch zu ‚korrigieren‘, sondern ihn zu erfassen und damit größtmög­lichen Profit zu erwirtschaften. Die Manager der UAC störten sich in nicht daran, dass die Anwendung der Produkte anders verlief als dies vom Hersteller vorher­gesehen war. Dieses Verhalten steht in deut­lichem Kontrast zu dem, was Forschungs­ergebnisse für die koloniale Vergangenheit von Simbabwe berichten. Dort hat Lever Brothers als Produzent von Margarine mit massiven Werbekampagnen interveniert, als dem Konzern bekannt wurde, dass das Produkt nicht als Brot­aufstrich, sondern als Körperlotion verwendet wurde.169 Die UAC hat sich nie in ähn­licher Form um eine ‚Korrektur‘ von Konsumentenverhalten bemüht, im Gegenteil: Solange es 166 167 168 169

Berghoff, Marketing im 20. Jahrhundert, S. 19 – 26. Merchandise Trading, Teil 1, S. 14. Merchandise Trading, Teil 2, S. 37, und Merchandise Trading, Teil 1, S. 15. Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, S. 162 f.

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der Steigerung des Umsatzes diente, waren alle Formen von Produktverwendung willkommen. Hier wog das Profitstreben offensicht­lich schwerer als missiona­ risches Gedankengut. Fragen nach einer Untersuchung von Bedürfnissen und Wünschen, Wahrnehmung der Produkte oder Lebensgewohnheiten der Konsumenten jedoch finden sich in keinem der Marketingberichte und Sitzungsprotokolle der UAC. Es ist zentral für ein Verständnis der Bezüge auf afrikanische Konsumenten, die im Unter­nehmen vorherrschten und die Marketingpolitik bestimmten, dass das Programm der UAC war, das Kaufverhalten der afrikanischen Kunden und auch die Verwendung der Produkte nachzuvollziehen. Es ging aber nicht darum, persön­ liche Bedürfnisse zu eruieren, welche hinter Kaufentscheidungen standen. Sie schien sogar kaum der Frage nachzugehen, aufgrund welcher Eigenschaften sich ein bestimmtes Produkt durchsetzte. Ebenso wenig versuchte die UAC, in die Bereiche von Lebens­bedingungen und Lebensgewohnheiten der afrikanischen Konsumenten einzudringen. Das wandelte sich erst im Laufe der 1950er und vor allem in den 1960er Jahren im Zuge von fundamentalen politischen, sozialen und wirtschaft­lichen Veränderungen. Dieser Wandel bedeutete einen nicht geringen Umbruch für das Unternehmen.170 „Moulding The Native Taste“: Konsum und Zivilisierungsmission

Arbeiten zur afrikanischen Konsumgeschichte haben gezeigt, dass afrikanischer Konsum von importierten Waren ein Kristallisationspunkt sowohl für Herrschaftsdiskurse als auch afrikanische Reaktionen und Aneignungsstrategien war. Er stellte somit einen zentralen Bereich dar, in dem sich Kolonialherrschaft formierte, etablierte und infrage gestellt wurde.171 Konsum, Zivilisierungsmission und Modernisierungs­bestrebungen gingen, wie nun gezeigt wird, auch im Diskurs der Marketing­spezialisten der ­großen Handelsunternehmen eine enge Verbindung ein. Der Konsum importierter Produkte wurde dabei mit der europäischen Zivilisation verknüpft und die ­Gewinnung von Afrikanern als Konsumenten zumindest rhetorisch mit deren kultureller ‚Hebung‘ verbunden. Die Verbreitung des Konsums von europäischen Produkten und gesellschaft­licher Fortschritt bedingten in diesem Diskurs einander. „The most obvious reason [for the present diversity of varieties of merchandise]: the gradual sophistication of the African consumer and his relatively rapid advance, caused by the impact of European civilization on West Africa in

170 Vgl. dazu Abschnitt 4 in Kapitel IV und die Abschnitte 2 und 5 in Kapitel V. 171 Burke, Lifebuoy Men, Lux Women; Presthold, Domesticating the World; Meyer, ­Christian Mind and Worldy Matters; van den Bersselaar, The King of Drinks.

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the last half-century.“ 172 Dementsprechend ­deklarierten die Handelsvertreter den Konsum der importierten Produkte als fortschritt­liches Verhalten. Ein Manager von Unilever, der im Auftrag des Unternehmens den Seifenmarkt in Westafrika untersuchte, kontrastierte den Konsum von lokal produzierter Seife mit dem Konsum von importierten Toilettenseifen und vermerkte: „After the optimism of the Gold Coast the position of specialties in Nigeria was most depressing. It is, of course, well known that the natives in Nigeria are years behind those in the Gold Coast (…).“ 173 Dem Manager ging es nicht nur um die Verwendung von Seife, sondern sein Gradmesser für den Fortschritt von Zivilisation in einer Gesellschaft war der Konsum von Markengütern. Seit der Gründung der UAC , die sich in Zeiten wirtschaft­licher Krise voll­ zogen hatte, musste das Unternehmen die afrikanischen Konsumenten mit einer offen­siven Marketingpolitik zum Kauf der Produkte bewegen. Dafür wünschte sich das Unternehmen Marketingmanager mit „brains enough to sympathize with the native and deal with him on amicable terms while retaining his respect and not sinking to his level. (…) The native will no longer take anything that is thrust on him: the successful European trader is he who can mould the native taste.”174 Gleichzeitig waren vor allem in den 1930er Jahren rassistische Haltungen gegenüber den afrikanischen Konsumenten an der Tagesordnung und beeinflussten das Marketing der Güter. Dieser Rassismus lässt sich allerdings mit dem Begriff des „kulturellen Rassismus“ besser beschreiben als mit einem biologistischen Rassismus, der auf Annahmen der Determiniertheit durch Erbgut basiert: Keiner der Manager verwahrte sich vollständig gegen die Mög­lichkeit eines kulturellen Fortschritts in Westafrika.175 Ein Manager der Niger Company notierte 1929 auf einer Tour durch Westafrika: „The African is not only primitive but also conservative and therefore our methods of business are to some extent necessarily primitive also and we must be on our guard against expecting the native to develop more quickly than is really within his power.“ 176 Gerade während der 1930er Jahre war dabei die Einstellung und Wahrnehmung von potentiellen afrikanischen Konsumenten stark von imperialistischer Rhetorik um die ‚Rückständigkeit‘ der als Konsumgruppen

172 Merchandise Trading, Teil 1, S. 10. 173 Mr. A. T. Ball’s Report on his Visit to Nigeria, Januar – März 1937, S. 2, UARM UNI/ RM/OC (Box 110) OSD/21/3 (vl. Rnr.). 174 T. M. Knox, Report to the Board on Visit to West Africa [2], 24. Mai 1929, S. 3 f., UARM UAC/2/34/4/1/3. 175 Balibar, Etienne: Gibt es einen ‚Neo-Rassismus‘?, in: Ders./ Immanuel Wallerstein (Hg.): Rasse Klasse Nation. Ambivalente Identitäten, Hamburg/Berlin 1992, S. 23 – 38. 176 T. M. Knox, Report to the Board [2], S. 1, UARM UAC/2/34/4/1/3.

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anvisierten Gesellschaften geprägt. Dies stand im deut­lichen Widerspruch zu v­ ielen Werbebotschaften.177 Es hat seine eigene Art von Ironie, dass die Vertreter des Unternehmens den persön­lichen Fortschritt der Konsumenten für den Konsum ebenso ­herbeisehnten, wie sie ihn für die Produzenten ihrer Exportprodukte fürchteten: Potentielle Konsumenten waren immer auch potentielle Produzenten von Exportgut. Denn schließ­lich waren es gerade der Anbau von Feldfrüchten und die Anstellung in Bergbauunternehmen, die den Umlauf von Geld verbreiteten, und der Konsum, welcher Anreiz für diese Tätigkeiten bieten sollte. So sollten Afrikaner einerseits zu bestimmten Verhaltensweisen beim Konsum ‚erzogen‘ werden, andererseits fürchtete das Unternehmen das Entstehen einer gebildeten Schicht, weil diese beruf­ liche Aufstiegsmög­lichkeiten hatte und daher nicht mehr so leicht für A ­ rbeiten in der Exportwirtschaft zu gewinnen war. Ein Manager der UAC notierte nach einem Besuch in Westafrika: „There is some danger that the introduction of increased educational facilities may alienate the people more and more from work on the land and there are indications that this already is happening. Agricultural work is beneath the dignity of some of the half educated native community. In this direction too I see the pursuit of a policy which attempts to develop the native too quickly and I think that this is a policy against which Government and merchants alike should set themselves. After all the influence of western civilization on Nigeria is of very recent date and it is impossible to expect that primitive savages can assimilate in a few years or even a few generations what it has taken us centuries to learn. It is important in considering our business in these areas to keep these facts in mind and to remember constantly the type of people with whom we have to deal.“ 178

Das Konsumverhalten der lokalen Bevölkerung erfassten und formulierten Angestellte der UAC und auch des Mutterkonzerns Unilever anhand von ethnischen Zuschreibungen. Während zeitgenös­sische west­liche Marketing- und Werbefachleute bereits dazu übergegangen waren, die Konsumenten in dortigen ­Gesellschaften in verschiedene soziale Gruppierungen zu unterteilen und nach Kriterien wie Geschlecht, Einkommen, Wohngegend, Alter und Konsumverhalten zu differenzieren, schien den Managern sowohl von UAC als auch von Unilever zumeist eine Differenzierung nach ‚Gold Coast native‘ und ‚Nigeria native‘ ausreichend. „Undoubtedly the Nigerian native is more prone to buy on price than the Gold Coast native“, vermerkte in den 1930er Jahren einer der Manager. Ein anderer beschrieb:

177 Vgl. dazu vor allem Abschnitt 3 in Kapitel III und Abschnitt 5 in Kapitel IV. 178 T. M. Knox, Report to Board [2], S. 2, UARM UAC/2/34/4/1/3.

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„They then commenced cutting the price, and at once the native thought that there was something wrong with the line and many stopped buying. I was told that this was common with the Nigerian native; immediately the price of any line that is selling well is reduced, he gets suspicious and thinks something is wrong with it.“ 179

Seltener fand sich auch eine regionale Differenzierung nach ethnischen Gruppen verschiedener Regionen der Kolonien. Es gab dabei offensichtlich keine Bedenken, ob solch undifferenzierte Einschätzungen über Konsumentscheidungen dem Unternehmen schaden könnten. Zwei Marktsegmente erfassten die Marketingmanager allerdings durchaus. Die UAC trennte den Verkauf in den westafrikanischen Kolonien in einen ‚European Market‘ und einen ‚Native Market‘ und konstruierte ein grundsätz­lich ­verschiedenes Konsumverhalten dieser beiden Konsumentengruppen. In den 1940er Jahren entwickelte sich der Sprachgebrauch hin zu ‚African Trade‘. Dies stand in Kontrast zur Verkaufspraxis der UAC, in der, wie weiter oben gezeigt, die Absatzmärkte in der Gold Coast kaum entlang dieser Linien zu trennen waren und die UAC dies auch nicht umzusetzen versuchte. Dennoch war diese Unterteilung ein wichtiges Kriterium für das Unternehmen, indem es nachzuvollziehen suchte, ob afrikanische oder europäische Konsumenten die Produkte kauften. Zentral ist vor allem, dass die UAC entlang dieser Differenzlinie auch verschiedene Produkte zum Verkauf anbot. Beispielsweise wurde das Brot, welches in Accra aus importiertem Mehl in der Bäckerei der UAC gebacken wurde, unterteilt in Brot für „European Trade“ und Brot für „Native Trade“, welches dann auch „native bread“ genannt wurde.180 Das Brot für die afrikanischen Konsumenten war lockerer, mit Zucker gebacken und wurde mit der Hand hergestellt, „in order to produce a large spongy loaf for the Native trade. (…) The Native trade refuses a loaf which is more than 12 hours baked. (…) The bread which is specially made for European trade (…) is a bread without sugar.“ 181 Afrikanische Konsumenten wurden mit einer Mischung aus inferiorisierender und exotisierender Rhetorik beschrieben. Die afrikanischen Konsumenten konnten es den Händlern dabei scheinbar selten recht machen. Gestaltete sich die Einführung einer neuen Marke in einem Gebiet schwierig, wurden afrikanische Konsumenten als sehr konservativ bezeichnet. Wünschten sich Händler hingegen einen sicheren Marktanteil, bezichtigten sie diese der Wankelmütigkeit: „Unless, therefore, the native again changes his mind – and it seems in Nigeria that he is constantly doing

179 A. T. Ball’s Report, S. 3 f., UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/3 (vl. Rnr.). 180 Report of D. D. Pitcher’s Visit, S. 14 f., UARM UAC/2/20/5/1/1. 181 Ebd., S. 15.

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so – WASCO’s percentage of trade in these two important markets should soon begin to show a substantial improvement (…).“ 182 Konnten Händler nicht herausfinden, warum eine bestimmte Entscheidung von Konsumenten getroffen wurde, also welche Eigenschaft ein Produkt zum Verkaufsschlager machte, bezeichneten sie die Konsumenten als wählerisch.183 So wurde die Vorstellung von afrikanischen Konsumenten, die nach irrationalen Prinzipien agierten, mit Stereotypen gespeist und diente dazu, eine Konstruktion von grundlegender Differenz aufrecht­zuerhalten. Die Beschreibung eines Verhaltensmusters von britischen Konsumenten diente hingegen als Folie für fortschritt­liches und rationales Konsumverhalten. „The African is selective: An Example. In the United Kingdom the buyer of a singlet, for example, is usually not interested in the finer details of the style. He requires a singlet of good quality from a known maker, with or without buttons and sleeves. Not so the African. He requires, besides quality and name (which he would recognise by the trade-mark), a certain number of buttons; or he wants the buttons in the centre or at the side; or he requires a certain stitched design on the neck; or sleeves of a certain length; or a certain shade of colour. And the next time he comes to buy such a garment he may – having meantime seen a slightly different singlet worn by someone else – change his mind about any or all of these requirements.”184

Die Übernahme von west­lichem Konsumverhalten wurde dabei als fortschritt­ liches Verhalten interpretiert und von einer städtischen Bildungsschicht auch erwartet. Ebenso wurde Modebewusstsein als fortschritt­lich gewertet. „One sign of the growing sophistication of the African consumer is the frequent swing from one fashion to another.“ 185 Die Marketingexperten waren überzeugt von der Besonderheit der afrika­ nischen Konsumenten, und davon, seine – ihrer Ansicht nach zumeist ­irrationalen – Besonderheiten zu kennen. Daraus leiteten sie ab, dass die einzige

182 A. T. Ball’s Report, S. 5, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/3 (vl. Rnr.). 183 „For the best example of the African’s fine sense of distinction – what is called in the trade his ‚choosiness‘ – we must go outside the ordinary trade lines to the old manilla market. (…) [S]ometimes an African would turn out the entire contents of a barrel of mixed manillas and choose only one, rejecting the rest. The manillas were made by firms in France and the United Kingdom. The story has often been told that those made by a certain firm in Birmingham were invariably accepted by the African: and that no European, not even the firm that manufactured them, could discover why this was so.“ Merchandise Trading, Teil 1, S. 13. 184 Ebd. 185 Merchandise Trading, Teil 1, S. 12.

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Mög­lichkeit, diesen Konsumenten zu begegnen, war, ihnen ein Warenangebot entsprechend ihrer Vorlieben zu machen, und zogen jeg­liche weitere Marktforschung nicht in Betracht. Es scheint fast, dass ein gleicher Blick auf afrika­ nische Konsumenten wie auf europäische eine zu große Nähe impliziert hätte: Um den afrikanischen Konsumenten rationale Entscheidungen und ähn­liche psycholo­gische Bedürfnislagen wie den europäischen Konsumenten zuzu­ge­ stehen, hätte man die ethnographische Differenzherstellung fallen l­ assen müssen. Marketing-Manager der Unternehmen eröffneten gegenüber den afrikanischen Konsumenten eine grundlegende Differenz und betrieben Othering-Strategien aus grundsätz­licher Abgrenzung, verbunden mit Abwertung des Anderen. Sie zeigten dabei auch in gewissem Sinne eine Scheu, ihnen zu nahe zu kommen und sich mit intimen Details aus dem Leben und von Wünschen und Bedürfnissen der ‚Anderen‘ zu befassen. Zuletzt lohnt ein Blick auf die Marketingpolitik von Unilever, des Mutter­ konzerns der UAC. Auch wenn Unilever und die UAC letzt­lich eine wirtschaft­ liche Einheit bildeten, so unterhielten sie doch in Westafrika parallele Marketingorganisationen und ihre Strategien wichen teilweise voneinander ab. Wenngleich Unilevers Marketingverhalten nicht im Zentrum dieser Arbeit steht, seien an dieser Stelle einige Unterschiede aufgezeigt. Unilever stützte sich, im Gegensatz zur UAC , von Anfang an auf Marktforschung, welche die Wahrnehmung und Bedürfnisse der afrikanischen Konsumenten miteinbezog. Diese wurde von einzelnen ­Managern durchgeführt: „On carrying out a consumer investigation I was rather surprised to find that our new quality 63% red soap was preferred to our present universally sold quality. General appearance, less shrinkage and perfume were the points on which it appealed. This shows that though reputedly a very conservative class of consumer the Northerner is as good a judge of quality as the Southerner.“ 186

Dies verweist darauf, dass produzierende Unternehmen, die selbst exportierten, ein anderes Verhältnis zu den Konsumenten der Exportmärkte entwickelten, als dies generell bei Handelsfirmen Praxis war. Die UAC konzentrierte sich stark auf die Logistikabwicklung des Handels und darauf, ein breites Spektrum an Waren zu einem mög­lichst günstigen Preis anzubieten; Unilever hingegen konnte sich auf die Produktgruppen Seife und essbare Fette konzentrieren und musste

186 Hansard’s Report, S. 13, UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/4, WAF 7 (vl. Rnr.). Vgl. auch: A. W. Walker’s Visit to Nigeria, Juni 1946, S. 14, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/7 (vl. Rnr.).

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Konkurrenzprodukten von Anfang an mehr Aufmerksamkeit schenken. Dies führte zu einem unterschied­lichen Verhalten innerhalb einer Unternehmensgruppe. Unilever führte von Beginn an kleinere Untersuchungen durch, warum ein bestimmtes Produkt erworben wurde. Zwar differenzierten auch hier Marketingmanager zwischen ‚europäischem‘ und ‚afrikanischem Markt‘, doch Unilever entwickelte ebenfalls mit Beginn des Vertriebs in Westafrika differenziertere Vorstellungen davon, an welche soziale Gruppe sie ihr Produkt vermarkten wollte. Ihre Marketingexperten setzten bei ihren Versuchen zur Durchdringung der afrikanischen Gesellschaft mit ihren Konsumprodukten auch auf die Bedeutung von Mittlergruppen. Bei der Einführung neuer Produkte wurde in den 1930er, 1940er und 1950er Jahren als erstes die gebildete Schicht der Städte angesprochen. Diese verfügten über Kaufkraft, aber es schien auch um eine kulturelle Nähe zu gehen, welche in der Wahrnehmung der Marketingexperten eine besondere Veranlagung zum Konsum importierter Produkte implizierte. Auch schien die Verbreitung eines Produkts unter Europäern ein gängiger erster Schritt zur Etablierung einer Marke zu sein: Man hoffte, damit den Konsum eines bestimmten Produkts weiter in die afrikanische Gesellschaft hinein auszuweiten. „If Europeans can be persuaded to use Sunlight and Lifebuoy everywhere it will help“, vermerkte ein Manager, und fuhr fort: „I am convinced that the better class natives such as clerks, drivers, etc. will use Sunlight if they are educated up to it.“ 187 Die Annahme war, dass ­Afrikaner mit Bildungshintergrund und häufigen Kontakten zu europäischen Ausländern am ehesten zum Konsum dieser Produkte bewogen werden konnten. Gleichzeitig wurden die Produkte, die dem ‚europäischen Markt‘ als Grundausstattung verkauft wurden, in erster Linie den kaufkräftigen Schichten der afrikanischen Gesellschaft angeboten und wurden somit zum Luxusgut. Teilweise bezogen sich Unilevers Marketing­manager dabei bereits in ihren Marktforschungen auf die soziale Gruppe, welche sie mit ihren Produkten anvisieren wollte: „I had several clerks in U. A. C. offices in Port Harcourt and Aba examined as to the soaps they bought. Some were already using Sunlight because they said it gave a better lather, smelt nicer and made their clothes white. They expressed the opinion that if it were known better amongst their class many more would buy it.“ 188

Doch auch bei Unilever sollten solche Untersuchungen bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zum Regelfall werden.

187 A. T. Ball’s Report, S. 3, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/3 (vl. Rnr.). 188 Ebd.

Zusammenfassung

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5. Zusammenfassung Die Steigerung von Importen war für die ökonomische Macht der europäischen Handelsunternehmen während der Kolonialzeit unerläss­lich. Mit der Mono­ polisierung des interkontinentalen Handels zwischen Europa und Westafrika vor allem in den 1920er und 1930er Jahren war es für die großen Unternehmen notwendig, gleichzeitig Import- sowie Exporthandel in großem Umfang zu betreiben, um das gesamte Handels- und Transportsystem profitabel zu halten. Ein ausreichendes und breites Konsumangebot sollte als Anreiz für afrikanische R ­ ohstoffproduzenten dienen, länger zu arbeiten und mehr zu produzieren. Die Ausweitung euro­päischer Importe und mit den Produkten verbundene Konsumkultur war also Teil kolo­nialer Versuche, Afrikaner zu „verläss­lichen Produzenten für die europäischen und Weltmärkte zu machen.“ 189 Die UAC unterhielt ein sehr umfangreiches Marketingsystem, mit dem sie Marktforschung betrieb und sich Informationen über afrikanisches Kaufverhalten einholte, nicht aber nach den bereits bestehenden Bedürfnissen der Konsumenten oder mit den Produkten verbundenen E ­ igenschaften fragte. Den afrikanischen Konsumenten wurde mit Othering-Strategien ein grundsätz­lich von Europäern verschiedenes, zumeist irrationales Konsumverhalten zugeschrieben, welches die UAC um des Profits willen zwar bedienen, aber nicht verstehen müsse. Dabei unterschieden die Manager des Unternehmens zwar zwischen einem ‚African Market‘ und einem ‚European Market‘ in Westafrika, doch für die Marketingpraxis der UAC spielte diese Differenzkonstruktion kaum eine Rolle: es zählte letzt­lich nur, mög­lichst viele Güter zu verkaufen. Diese insgesamt relativ distanzierte und indifferente Haltung gegenüber afrikanischem Konsumverhalten stand im Kontrast zur Praxis der ersten Werbeagentur des Unternehmens, die im folgenden Kapitel untersucht werden soll.

189 Eckert, Kolonialismus, S. 72.

III. Die Anfänge kommerzieller Werbung in Westafrika in den 1930er Jahren Während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren professionalisierte und institutionalisierte sich kommerzielle Werbung in den britischen Kolonien in Westafrika. Dieses Kapitel fragt nach den Anfängen der Werbebranche in der Gold Coast. Wie verlief der Aufbau der Infrastruktur? Wie wurden die Konsumenten der kolonialen Gesellschaft angesprochen? Die Agentur West Africa Publicity wurde 1928 als Teil der African and Eastern Trade Corporation, eines Vorläufers der UAC, gegründet, um die Werbung für die importierten Konsumgüter zu gestalten. Ihre Gründung und Etablierung in den britischen Kolonien in Westafrika veränderte die bis dahin vorherrschende Werbepraxis, ledig­lich einen leicht abgeänderten Wiederabdruck eines europäischen Werbebildes zu schalten. Die Agentur begann, Werbung für die koloniale Gesellschaft zu produzieren und sie das erste Mal sichtbar an Afrikaner zu richten. Die Reklame wurde in Großbritannien entworfen und in Westafrika verbreitet. Wie veränderte sich die Werbung, an wen wendete sie sich, inwiefern setzte sie sich mit dem sozialen Leben in der Kolonie auseinander? Die Organisation, Etablierung und finanzielle Lage der Agentur interessiert ebenso wie ihre Angestellten und deren Ausbildung sowie das Verhältnis der Agentur zu den Medien der Gold Coast.

1. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in der Gold Coast Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war das Handelsvolumen stark angestiegen. 1900 bis 1904 betrug der durchschnitt­liche Wert der Importe in die Gold Coast und nach Nigeria 3,6 Millionen Pfund. 25 Jahre später, in den Jahren 1925 bis 1929, lag er bei 28,7 Millionen: Ein Anstieg um knapp 800 Prozent.1 Die Preise für Kakao waren hoch und stiegen in den 1920er Jahren weiter. Diese Einnahmequelle der Kolonie bildete die Basis für den Ausbau der Infrastruktur unter dem Gouverneur Gordon Guggisberg, der sich vor allem auf den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur konzentrierte, das Eisenbahn- und Straßennetz erweiterte und den Hafen Takoradi ausbaute. Er veranlasste aber auch den Bau eines Krankenhauses und der ersten staat­lichen weiter­führenden



1 Dieser Zuwachs ist allerdings auch auf steigende Preise zurückzuführen. Merchandise Trading, Teil 1, S. 5.

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Schule, des Achimota College in Accra.2 Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise machte auch vor der Gold Coast nicht halt und brachte den Exportboom der ersten Phase der Kolonialherrschaft zu einem jähen Ende. Das Handelsvolumen für die Gold Coast und Nigeria fiel auf 16,8 Millionen Pfund ab, womit es sich nahezu halbierte.3 Kakao machte als Einnahmequelle zu diesem Zeitpunkt etwa 60 Prozent der Gesamt­einnahmen der Kolonie aus und der Preis für diesen Rohstoff fiel 1930 auf nahezu ein Drittel des Preises von 1927, wo er fast das gesamte Jahrzehnt verblieb.4 Dies hatte enorme Auswirkungen auf das gesamte ökonomische Leben der Kolonie: Die Kaufkraft für Importe, die in direkter Abhängigkeit von den Exporteinnahmen stand, nahm drastisch ab. So fiel zwischen 1928 und 1932 das Handelsvolumen des größten Importpostens der Gold Coast, Kleidung, Leder und Stoffe, auf etwa die Hälfte.5 Die Lebenshaltungs­kosten stiegen drastisch an, die durchschnitt­liche Kaufkraft nahm ab, und die daraus resultierende Armut führte zu einer Welle von Protesten und Streiks. In den 1920er und 1930er Jahren organisierten Kakaobauern und Kakaohändler Lieferstopps von Kakao, die sogenannten hold-ups, um einen höheren Einkaufspreis des Rohstoffes gegenüber den europäischen Handelsunternehmen durchzusetzen, k­ onnten jedoch damit letzt­lich keinen Erfolg verbuchen.6 Auch Arbeiter und Bewohner der Städte erfuhren eine deut­liche Verschlechterung ihrer Lebens­bedingungen und waren mit einem starken Anstieg der Kosten für Miete, Lebensmittel und Importwaren konfrontiert. Vor allem während des Zweiten Weltkriegs führte dies zu einer Reihe städtischer Proteste in Form von Streiks, Demonstrationen und Aufständen.7 Die britische Kolonialmacht indes verfolgte das Prinzip der self-sufficiency der Kolonien, die sich aus ihren eigenen Einnahmen finanzieren sollten und daher nur selten mit Geldern aus der Metropole rechnen konnten.8 Großbritannien dominierte den Handel mit seinen westafrikanischen Kolonien. Zwischen 1900 und 1930 stammten etwa zwei Drittel der Importe nach ­Britisch-Westafrika aus Großbritannien, während etwa die Hälfte der Exporte aus den Kolonien in die Kolonialmacht ausgeführt wurde. Der Zweite Weltkrieg verstärkte





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Gocking, The History of Ghana, S. 57 f. Merchandise Trading, Teil 1, S. 6. Gocking, The History of Ghana, S. 63. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 88. Miles, J.: Rural Protest in the Cold Coast. The Cocoa Hold-ups, 1900 – 1938, in: C. Dewey/ Anthony G. Hopkins (Hg.): The Imperial Impact, London 1978, S. 152 – 170. 7 Cooper, Decolonization and African Society, S. 124 – 141. Vgl. auch: Crisp, The Story of an African Working Class, S. 56 – 75. Einen Überblick zur historiographischen Bewertung von Arbeiterkämpfen in Afrika bietet: Eckert, Andreas: Geschichte der Arbeit und Arbeitergeschichte in Afrika, in: Archiv für Sozialgeschichte 39 (1999), S. 502 – 530. 8 Hopkins, An Economic History, S. 190 f.

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die britische Handelsposition noch weiter: 1945 führte Westafrika etwa drei Viertel der Exporte nach Großbritannien aus.9 Die Zoll- und Steuerpolitik Großbritanniens suchte diese Dominanz auszubauen und zu festigen. In der ersten Phase der Kolonialherrschaft hatte die britische Kolonialmacht auf Freihandels­politik in den westafrikanischen Kolonien gesetzt, doch dies änderte sich mit der Krise von 1929. Auf der Ottawa-Konferenz wurde 1932 das System der imperial preference ausgehandelt, mit dem Einfuhrzölle gegenüber anderen Staaten errichtet wurden, um den Handel Großbritanniens mit dem britischen Empire zu stärken. Diese Konferenz markiert den Höhepunkt des britischen Protektionismus durch Zölle. In den 1930er Jahren führte Großbritannien zudem Einfuhrquoten ein, etwa für japanische Textilien. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gewann außerdem der Sterlingblock für die britische Kolonialmacht an Bedeutung, nicht zuletzt, um die enormen Kriegskosten zu bewältigen. Die britische Regierung richtete zudem marketing boards für Exportgüter ein, die in Mengenkäufen die gesamte Ernte einer Feldfrucht zu staat­lich festgesetzten Preisen aufkauften, die oft weit unter dem Weltmarktniveau lagen.10 Auch die europäischen Handelsunternehmen bekamen die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu spüren und litten unter Umsatzeinbrüchen, was wiederum die Konkurrenz der Händler um die ohnehin knappe Kaufkraft afrikanischer Konsumenten verschärfte. In dieser Situation etablierte sich nun die erste Werbeagentur in Westafrika.

2. Der Aufbau der Werbebranche Die Gründung der Agentur West Africa Publicity Limited

Um die Jahrhundertwende und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts betrieben Händler in Westafrika kommerzielle Werbung hauptsäch­lich durch Werbe­tafeln und Emailleschilder in unmittelbarer Nähe zu den Einzelhandelsgeschäften. Dort machten sie die Käufer auf die verfügbaren Waren aufmerksam (Abbildung 3.1). Die deut­lichsten Zeugnisse für frühe koloniale Werbung finden sich in den gut erhaltenen Printmedien. Dort wurden seit der Jahrhundertwende in 9 Ebd., S. 174 f. 10 Fieldhouse, David K.: The Metropolitan Economics of Empire, in: Judith M. Brown/ Wm. Roger Louis (Hg.): The Twentieth Century. Oxford 1999 (=The Oxford History of the British Empire, hg. von Wm. Roger Louis, Bd. 4), S. 88 – 113; Meredith, David: The British Government and Colonial Economic Policy, 1919 – 1939, in: Economic History Review 18 (1975) 3, S. 484 – 499; Ders.: State Controlled Marketing and Economic ‚Development‘. The Case of West African Produce during the Second World War, in: Economic History Review 39 (1986) 1, S. 77 – 91.

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zunehmendem Maße Importprodukte angepriesen, oft in Form von Klein­anzeigen oder einem Abdruck des Markennamens. Die Herstellerfirmen und Handelsunternehmen gaben die Werbung in Europa in Auftrag und importierten diese mit den Waren nach Westafrika. Für die Konzeption der Werbung verließ sich die produzierende Firma auf die Regionalexpertise des Handelsunternehmens, um die Werbung dem Exportgebiet entsprechend zu gestalten. So exportierte beispielsweise die African and Eastern Trade Corporation (A & E) Zigaretten des Unternehmens British American Tobacco Company (BATC). Letztere plante, dem Handelsunternehmen nach der erfolgreichen Einführung der Zigarettenmarke Roughrider in Fernando Po auch Werbetafeln für diese Marke zum Export mitzugeben. Die BATC bat um die Meinung der Händler zu einem Werbespruch, der dem Absatzmarkt angepasst war. Das Handelsunternehmen sollte dabei auch Orthographie überprüfen: „With regard to advertising, we would be pleased to arrange for a few Masseeley Show Cards to be prepared, and perhaps you can give us an idea of the wording suitable for a showcard, measuring say 9’’x 12’’. We assume the wording should be in Spanish, and it might help matters if the prices at which the brand is sold in Fernando Po were also shown. We enclose herewith a suggestion with wording in Spanish, and shall be interested to learn if you consider this suitable, and the Spanish correct.“ 11

Die A & E hatte für diese Zwecke bereits in den 1920er Jahren eine eigene Abteilung mit westafrikanischem Operationsgebiet innerhalb des Unternehmens, was in den anderen großen westafrikanischen Handelshäusern wohl ähn­lich orga­nisiert war.12 Außerdem gab es in Großbritannien Agenturen, die ihren Service auf das koloniale Empire spezialisiert hatten,13 während sich zudem kleinere Händler in Westafrika selbst um das Erstellen und Platzieren von Werbung kümmerten.14 11 Brief von der British American Tobacco Company Limited an die African and Eastern Trade Corporation Limited, 29. November 1927, UARM UAC/1/5/5/2/3. 12 West Africa Publicity Limited, Advertising & Agencies Department Limited, Coast Establishment Expenses, o. J. [1929], UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 13 Laut Nevett existierten im Jahre 1906 in London 22 „Advertising Offices (Colonial)“ und 13 „Advertising Offices (Indian)“. Zehn Jahre zuvor, im Jahr 1896, gab es noch keines der Kategorie „Colonial“, wohl aber acht der Kategorie „Indian“. Ob in diesen Agenturen auch nach Westafrika Werbung entsandt wurde oder sogar für Westafrika entworfen wurde, muss letzt­lich offen bleiben. Nevett, Advertising in Britain, S. 100. 14 Einer der ersten Direktoren der Agentur erinnerte sich an eine Form von materieller Aneignung der Werbemedien: „Besides their intended use, they served as patches for roofs and became the basic component of simple habitations.“ Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden

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Abbildung 3.1: Foto von einem G. B. Ollivant Einzelhandelsgeschäft, o. J. [späte 1930er Jahre]

Am 31. August 1928 gründete die A & E die erste kommerzielle Werbeagentur, die für den Importhandel in Westafrika spezialisiert war.15 Sie nannte sich West Africa Publicity Limited (WAP ) und war ein Tochterunternehmen der A & E. Diese trat nun als selbstständige Agentur auf und war nicht mehr ledig­lich Teil einer Marketingabteilung.16 Sie operierte international und eröffnete nicht nur in London, sondern auch in Westafrika eigene Filialen. Auf diese Weise etablierte Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 7. Diese Broschüre über die Geschichte der Werbeagentur WAP/Lintas wurde zum 50-jährigen Bestehen der nigerianischen Agentur vermut­lich im Jahre 1978 in Lagos verfasst. Sie ist nicht publiziert und ohne wissenschaft­liche Belege geschrieben, wurde jedoch auf Basis von Interviews mit Zeitzeugen sowie auf unternehmensinternen Aktenbeständen verfasst. Wann immer eine Überprüfung der Inhalte der Schrift anhand von Quellenbeständen in den Unilever Archives mög­lich war, erwiesen sich die Angaben als stimmig. Aufgrund der eher lückenhaften Quellen­ lage zu den westafrikanischen Filialen von WAP stellt die Schrift daher wichtige zusätz­ liche Informationen zur Verfügung. 15 Fifty Years Growing, S. 8. Vgl. auch: Lintas W. A. Limited, Short History of the Company, 25. Februar 1972, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). 16 West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). West Africa Publicity war eines von insgesamt elf

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sich eine international operierende Agentur in Westafrika, welche professionell Werbung für Westafrika herstellte.17 Die A & E gründete WAP also sieben Monate bevor sie mit der Niger Company zur United Africa Company fusionierte. WAP bestand nach der Fusion als Tochter­ unternehmen der UAC weiter.18 Wie die Muttergesellschaft UAC war WAP in der Struktur eines kolonialen Unternehmens organisiert. Der Unternehmenssitz lag in Großbritannien und die Zentrale im Africa House, dem Sitz der UAC in London.19 Die Agentur war zunächst ein recht kleines Unterfangen, das ausgegebene Aktienkapital betrug 1000 Pfund Sterling.20 Im Vergleich dazu wurde die ein halbes Jahr später entstandene United Africa Company mit 13 Millionen Pfund Kapital eingetragen, wovon die A & E etwa die Hälfte in die Fusion eingebracht hatte.21 Aus der Auskopplung des Werbegeschäfts in ein selbstständiges Unternehmen lässt sich schließen, dass die Händler das Geschäft mit der Werbung in Westafrika zumindest potentiell als profitabel genug einstuften, um die Agentur ertragreich wirtschaften zu lassen – sonst hätte es nahegelegen, die Werbung weiterhin von einer unternehmensinternen Abteilung herstellen zu lassen.

neu­gegründeten Subunternehmen der A & E während der Jahre 1923 – 1929; neun Unter­ nehmen erwarb die A & E außerdem durch Kauf: Pedler, The Lion and the Unicorn, S. 235. 17 Fifty Years Growing, S. 5; Ackah, Jos A.: Advertising in Ghana. A Historical Perspective, in: Gong Gong, Oktober–Dezember 2002, S. 36 – 40, hier S. 36. Diesen kurzen Überblick über die Geschichte der ghanaischen Werbebranche hat der Autor auf Basis seiner privaten Quellensammlung und seiner Erinnerungen verfasst. Er ist – ohne Belege – in einem ghanaischen Magazin der Werbebranche gedruckt. Vgl. ebenfalls: Akatu, Kwame: Short History of Advertising in Ghana (unpublizierte Schrift der Advertising Association of Ghana), Accra, o. J. [1989 – 1998], S. 2. Dieser Artikel wurde von Kwame Akatu in seiner Funktion als executive secretary der Advertising Association of Ghana (AAG) verfasst, der dafür ebenfalls auf seine Erinnerungen sowie auf ihm verfügbare Dokumente der Werbebranche zurückgegriffen hat. Auch er ist ohne Belege geschrieben. Da Akatu das Amt bei der AAG zwischen 1989 und 1998 innehatte, lässt sich der Aufsatz auf diesen Zeitrahmen datieren. 18 Die UAC hielt bei WAP die Aktienmehrheit. Brief von Samuel, 11. Januar 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 19 West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.); Fifty Years Growing, S. 8. Das 1923 eröffnete Africa House war der Sitz der Londoner Filiale der A & E: Pedler, The Lion and the Unicorn, S. 234. 20 West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.); Lintas W. A. Limited, Short History of the Company, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). 21 Fieldhouse: Merchant Capital, S. 11.

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Die A & E befand sich bereits 1928, in dem Gründungsjahr von WAP, in einer finanziellen Krise: Das Unternehmen hatte deut­liche Verluste zu verzeichnen, während der größte Rivale, die Niger Company, ein profitreiches Jahr vermelden konnte. Unternehmensinterne Diskussionen führten dies auf eine durch die vielen Fusionierungen zersplitterte und chaotische Unternehmensorganisation zurück.22 Es ist mög­lich, dass die Gründung der Werbeagentur eine Reaktion auf die Verlustzahlen von der A & E darstellte, um den Umsatz mit Importgütern in Westafrika zu steigern. Vielleicht war sie auch Teil eines Versuches, die Unternehmensstrukturen zu rationalisieren und die Vorgänge um die Werbung zu zentralisieren und zu vereinheit­lichen. Mög­lich ist auch, dass die europäischen Händler der A & E in Westafrika den Anstoß dazu gaben, eine eigenständige Werbeagentur ins Leben zu rufen. Die Unternehmensgeschichte von WAP führt die Gründung der Agentur auf die entschlossene Initiative eines wali­sischen Händlers namens ­Gwillym I. Lloyd zurück, der bei der A & E angestellt war. Dieser übernahm jedenfalls die Leitung der Agentur.23 WAP errichtete in drei der vier britischen Kolonien in Westafrika Zweig­stellen, und zwar in Nigeria, der Gold Coast und Sierra Leone.24 Die Filiale in der Gold Coast war zuständig für die Gebiete der Gold Coast Colony, Ashanti, die Northern Territories und British-Togoland.25 Die Direktoren des Unternehmens operierten von der Londoner Zentrale aus und fuhren regelmäßig nach Westafrika.26 Für die Filialen in Westafrika waren europäische Manager der UAC vor Ort zuständig. Deren Leitung oblag einem europäischen Manager der UAC in der nigerianischen Filiale in Lagos. Diese Filiale war damit die westafrikanische Zentrale von WAP. Die Manager von WAP mussten in Westafrika außerdem vor den jeweiligen regional 22 Ebd., S. 10; Pedler, The Lion and the Unicorn, S. 235. 23 Fifty Years Growing, S. 8. 24 Lintas W. A. Limited, Short History of the Company, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). Das Protokoll des Direktoriums vom 1. Dezember 1928 erwähnt allerdings nur die Gold Coast und Nigeria als Operationsgebiete. Mög­licherweise richtete WAP die Filiale in Sierra Leone erst einige Zeit später ein. Die Archivalien der UAC erwähnen sie das erste Mal im Dezember 1935. Vgl.: West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.); Brief von Hussey an Davies, 21. Dezember 1935, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 25 West Africa Publicity Limited, Minutes of a Directors’ Committee Meeting, 25. Oktober 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 26 Die UAC verlor 1932 im Zuge ihrer finanziellen Krise das Africa House als Hauptsitz und zog in das neue Unilever House. Damit verlegte sie auch den Sitz von WAP: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 14; West Africa Publicity Limited, Minutes of Meetings of the Board, 20. September 1932, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.).

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general manager der UAC Rechenschaft ablegen.27 Zur Aufgabe der europäischen Manager gehörte das Aufstellen und Anbringen der Poster- und Plakatwerbung im gesamten Operationsgebiet. Afrikanische Angestellte waren bis auf die Ebene des indigenous managers hinauf zuständig für die Buchhaltung und ebenfalls für die Verbreitung der Werbung in den Kolonien und Protektoraten. Da die Agentur dafür zunächst Werbeträger für das Anbringen der Poster und Plakate erstellen musste, hatte WAP auch ein paar Tischler angestellt.28 WAP war als eigenständiges Unternehmen eingetragen, aber wirtschaft­lich von seiner Muttergesellschaft UAC abhängig. Diese hatte auch in recht­lichen und fiska­ lischen Angelegenheiten das Sagen. Manager von WAP bezogen hochrangige Vertreter der UAC bei den wichtigen Entscheidungen mit ein, sie waren die letzte Entscheidungsinstanz.29 Grundsätz­lich war es die Richtlinie des Unternehmens, in der Öffent­ lichkeit jede Verbindung zwischen WAP und UAC zu vermeiden.30 Wie die meisten Tochterunternehmen der UAC operierte auch WAP nach außen hin als selbstständiges und unabhängiges Unternehmen.31 Nichts in Namen, Logo oder Auftreten der Werbeagentur wies auf eine Verbindung zur UAC hin. In manchen Fällen nutzten Manager von WAP die Macht der UAC jedoch auch offen für Geschäftsverhandlungen.32 Während der 1930er Jahre wuchs die Angestelltenzahl in den Filialen von West Africa Publicity.33 Im März 1937 veränderte die Agentur ihre Geschäftsstruktur. Die UAC gründete ein neues Tochterunternehmen mit dem Namen Export Advertising Service Limited (EAS). Das Unternehmen wurde am 27. Februar 1937 in England als Agentur für Werbung und Öffent­lichkeitsarbeit mit Sitz in London ­eingetragen.34 Die neue Agentur EAS übernahm die Rolle der Londoner Zentrale. 27 Fifty Years Growing, S. 8. Das Verwaltungssystem der UAC in Westafrika beschreibt: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 27. 28 Fifty Years Growing, S. 8. 29 Vgl. die Korrespondenzen in: UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 30 „We do not wish to emphasise any connection between United Africa Company Limited and West Africa Publicity Limited, so would you kindly act on behalf of West Africa Publicity itself.“ Brief von Hussey an Herbert, 6. September 1935, UARM UAC/2/35/1/ LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 31 Da die UAC für ihre Marktdominanz stark in der Kritik stand, versuchte sie, die Verbindung zu einigen aufgekauften oder neu gegründeten Tochterunternehmen in der Öffent­ lichkeit zu verbergen. 32 Vgl. etwa Brief von Samuel an West African Newspapers Limited, 11. Januar 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 33 West Africa Publicity Limited, Minutes of a Directors’ Committee Meeting, 25. Oktober 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 34 Export Advertising Service Limited, Minutes of a Meeting of the Board, 18. März 1937, UARM UAC/2/35/1/LH (366/8) (vl. Rnr.); Memorandum and Articles of Association of

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WAP löste ihre Zentrale auf, ihre Mitarbeiter wechselten zu EAS. Diese integrierte

die westafrikanischen Filialen als Tochterunternehmen. Letztere behielten dabei ihren in Westafrika bereits bekannten Namen und hießen weiterhin West Africa Publicity. Wirtschaft­liche Probleme von WAP – eine zunehmende Verschlechterung des Geschäfts aufgrund der Weltwirtschaftskrise – gehörten zu den Auslösern für diese Umstrukturierung.35 Ziel war es, das Operationsgebiet von West Africa Publicity auf den gesamten Handelsbereich der UAC im britischen Empire auszuweiten – jedoch eignete sich dafür der Name West Africa Publicity nicht besonders gut, weil er eine Region spezifizierte. Mit dem Namenswechsel hätte WAP jedoch in Westafrika seinen damit verbundenen Bekanntheitsgrad abgeben müssen, weshalb man sich dafür entschied, WAP zum Tochterunternehmen der neuen Agentur zu machen. EAS baute sich ein Netz aus assoziierten Agenturen im gesamten britischen Empire auf: Im Jahre 1948 verwies ein EAS-Briefkopf auf Agenturen in Ost- und Westafrika, in Palästina, in Südafrika, Malaya und auf Mauritius.36 Die Hauptaufgabe von WAP war es, für die Kunden der UAC die Dienste einer professionellen Werbeagentur zu bieten. Die Agentur betrieb aber auch selbstständig Kundenakquise und bediente Unternehmen, die nicht Teil der UAC waren und in Konkurrenz zu ihr standen. Die Kunden waren vornehm­lich in Groß­ britannien angesiedelt. Das Geschäft von WAP war ein Geschäft mit dem Export von Werbung aus der Metropole in das koloniale Empire.37 Doch die Mitarbeiter der Filialen in Westafrika gingen auch vor Ort auf die Suche nach lokalen Kunden – allerdings waren hier keine besonders zahlungskräftigen Unternehmer zu erwarten. WAP warb in den 1930er Jahren mit dem Angebot, kostenlos für lokale Kunden das Kampagnendesign zu übernehmen, wenn diese durch die Agentur Werbeplatz in einer Zeitung buchen würden. So nahm WAP in Kauf, auf Einnahmen (Lintas) Export Advertising Service, 27. Februar 1937, UARM UAC/2/35/1/LH (UAG/1/110) (vl. Rnr.). Auch bei der Neugründung von EAS galt die Politik der öffent­lichen Distanz zwischen Mutter- und Tochterunternehmen: „The registered office. If it is desired not to make the connection with U. A. C. too obvious it should not be at Unilever House.“ Brief von Hussey an Lloyd, 2. Februar 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 35 Beispielsweise gehörte G. I. Lloyd, der bereits bei der Gründung von WAP maßgeb­lich mitgewirkt hatte, gemeinsam mit dem Mitglied des UAC-Direktoriums A. R. I. Mellor zu den Direktoren von WAP. Auch Angestellte im Bereich Werbedesign und -produktion wechselten zu EAS. Brief von Morton an Hussey, o. J. [Februar 1937], UARM UAC/2/35/1/ LH (336/5) (vl. Rnr.); Fifty Years Growing, S. 13. 36 Brief von McKinnell an Hussey, 1. Oktober 1948, UARM UAC/2/35/1/LH (366/8) (vl. Rnr.). Vgl. dazu auch Abschnitt 2 in Kapitel IV. 37 West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.); Lintas W. A. Limited. Short History of the Company, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.); Fifty Years Growing, S. 8.

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zu verzichten, sich damit aber einen lokalen Kundenstamm zu erarbeiten.38 Dies zeigt, dass sich die Agentur nicht ausschließ­lich auf internationale Konzerne als Kunden konzentrierte.39 Dennoch prägte der Export der Werbung von Europa nach Westafrika sowohl die Organisation der Agentur als auch die Gestaltung der Anzeigen in den folgenden Jahrzehnten enorm. „Influencing The Broad African Market“: Herstellung und Vertrieb der Werbung

Design und Produktion der Werbung oblag in den ersten Jahrzehnten vollständig britischen Werbefachleuten in der Londoner Zentrale (Abbildung 3.2), was die räum­liche Nähe zu den Kunden gewährleistete. In den Filialen in Westafrika gab es hingegen keine Design- und Produktionsabteilungen. Die Mitarbeiter in Accra, Lagos und Freetown waren ledig­lich für die Distribution und Platzierung der Werbung zuständig: „(…) materials, printed posters, film-lets, matrices and mounted printing blocks etc. were sent to West Africa Publicity for placing in the various media.“ 40 Die Agentur praktizierte auch im Dienstleistungsbereich die gleiche Form von Arbeitsteilung, die generell in der wirtschaft­lichen Beziehung Europas und den Kolonien Westafrikas vorherrschte: Die Produktion fand in Europa statt und das fertige Gut wurde zum Gebrauch nach Westafrika verschifft. Grundsatz des Managements war, dass die britischen Werbefachleute Reiseoder Aufenthaltserfahrung auf dem afrikanischen Kontinent haben mussten: „[T]o visualise the African, you have to observe and know him on his own ground.“ 41 Die Werbedesigner sollten mit „intimate knowledge of local life and attitudes“ Werbung für Westafrika herstellen.42 Mit dieser Expertise warb der britische WAP-­Manager Ronald Davies Mitte der 1930er Jahre um europäische Kunden: „Posters are designed by men who know West Africa from every point

38 „Place your advertisements for the ‚Morning Post‘ and all other West African papers Through [sic] West Africa Publicity Ltd. It costs no more, yet you receive the advantage of their expert Service. West Africa Publicity Ltd. prepare complete campaigns or single advertisements free for all advertisers for whom they book newspaper space (…).“ Werbung für West Africa Publicity, abgedruckt in: The African Morning Post, 4. Juni 1935, S. 1. 39 Diese Kunden sollten in den 1950er Jahren eine zunehmende Bedeutung für die Agentur gewinnen. Vgl. Abschnitt 2 in Kapitel IV. 40 Akatu, Short History of Advertising, S. 1. 41 Fifty Years Growing, S. 12. 42 Ebd., S. 8.

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Abbildung 3.2: Die Londoner Zentrale von West Africa Publicity, o. J., [frühe 1930er Jahre]

of view – social, trade, climate and scenery (…).“ 43 Es gab dabei in der Agentur britische Angestellte, die sich beim Werbedesign auf „African portraiture (…) and character“ spezialisierten.44 Deren Aufgabe war es, die Werbung mit einer Illustration zu versehen, „which captures the essential character of the African with an uncanny fidelity“.45 Vermut­lich stützten sich die Angestellten von WAP bei der Konzeption und Herstellung von Kampagnen neben ihrer Reiseerfahrung und ihrer persön­lichen Einschätzung auf Informationen über die Verbreitung und den Verkauf des jeweiligen Produktes, welche die zuständigen Marketing­ abteilungen der UAC in den bereits beschriebenen Vorgängen einholten. Auch Informationen über ähn­liche Produkte oder über Pläne für Probeverkäufe waren dort verfügbar, wenn es sich um eine Neueinführung eines bestimmten Konsumgegenstandes handelte. Auch in der US-amerikanischen Werbebranche war es gängige Praxis, auf Basis persön­licher Einschätzung und Erfahrung im Umgang mit dem Produkt die Werbung herzustellen und zusätz­lich Informationen über den Absatzmarkt zu konsultieren, welche oft der Kunde zur Verfügung stellte.46 43 Ebd., S. 9. 44 Ebd., S. 12. 45 Ebd. 46 Vgl. Marchand, Advertising the American Dream, S. 52 – 87.

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Die obigen Zitate zeigen auch, dass die Herstellung der Werbung bei WAP von kolonialistischem Denken geprägt war. Es dominierte – wie auch bei den Marketingmanagern und Händlern der UAC – die Haltung, ‚den Afrikaner‘ in einem Prozess des Othering als grundsätz­lich verschieden von Europäern zu begreifen und alle afrikanischen Konsumenten essentialistisch als eine Einheit zu betrachten.47 So wurde ‚der Afrikaner‘ zu einem stereotypisierten Konsumenten, dessen Eigenschaften man mög­lichst ‚wirk­lichkeitsgetreu‘ in Zeichnungen und Malereien wiedergeben konnte – obwohl das Ergebnis, wie im Laufe dieser Arbeit immer wieder gezeigt werden wird, mit der Erfassung einer sozialen ‚Wirk­lichkeit‘ oft nicht viel gemein haben sollte. Die Manager von WAP argumentierten im Jargon der zeitgenös­sischen Ethnographie, wenn sie nachdrück­lich insistierten, dass man diesen Konsumententyp in ‚seinem Lebensumfeld‘ studieren müsste – die afrikanischen Konsumenten wurden so zum Untersuchungsobjekt, das gleich einer besonderen Tier- oder Pflanzenart beobachtet und beschrieben werden konnte. Gegenüber den europäischen Kunden diente diese Kenntnis westafrikanischer Kultur zugleich als Aushängeschild. Dies passte nicht zuletzt deshalb in das koloniale Machtgefüge, weil die Expertise über die kolonialen Subjekte nur Angehörigen der angeb­lich kulturell weiter entwickelten Kolonialmacht zugesprochen wurde. An keiner Stelle konnten Afrikaner selbst Auskunft über ihre Kultur geben und die ‚Wirk­lichkeitsnähe‘ der entworfenen Werbung beurteilen – denn die Agenturen waren ausschließ­lich mit Europäern besetzt. Erst in den 1950er Jahren sollten sie auch afrikanische Angestellte in das Design der Werbebilder mit einbinden. Für über zwei Jahrzehnte produzierten also im kolonialen Kontext Europäer an Afrikaner gerichtete Werbung. Zu der Zeit, in der sich WAP gründete, hielten die meisten europäischen Händler an Afrikaner gerichtete Werbung für überflüssig und entsprechende Ausgaben für Verschwendung. Auch die US-amerikanische und europäische Werbebranche war seit ihrer Etablierung mit ähn­licher Kritik um mangelnde Effizienz konfrontiert, gerade in wirtschaft­lichen Krisenzeiten empfanden Unternehmer Investitionen in Werbung als unnötige Ausgaben.48 Im Fall von WAP scheint diese Kritik durch kolonialistisches Denken verstärkt worden zu sein. Die Händler argumentierten, man bewege sich auf ‚unzivilisiertem‘ Terrain mit ‚ungebildeten‘ Konsumenten, welche für diese Form der Kommunikation nicht ‚reif‘ genug seien: „As far as this 47 Die „Konstruktion von inferiorer ‚Andersartigkeit‘“ wird als eines der grundlegenden Merkmale kolonialistischen Denkens beschrieben. Vgl. dazu Osterhammel, K ­ olonialismus, S. 113. 48 Fifty Years Growing, S. 6 f. Für die US-amerikanische Werbebranche vgl.: Laird, Advertising Progress, S. 304 – 361. Für Großbritannien siehe: Nevett, Advertising in Britain, S. 110 – 137; Schwarzkopf, They Do it with Mirrors.

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adroit community of merchantmen was concerned, West Africa was a commercial razzmatazz where success was pinned to aggressive distribution and a canny facility for meeting unsophisticated needs at the right price.“ 49 Werbung war in dieser Logik Teil der europäischen Kultur und als solche der afrikanischen Kultur über­legen. Dementsprechend sahen sich die Gründer von WAP in einer missio­­­­na­ rischen Funktion und als Träger gesellschaft­lichen Fortschritts, weil sie die Werbung guthießen, welche an die lokale Bevölkerung gerichtet war. Lloyd, der Manager von WAP, „suffered a nagging irritation over the outmoded nature of trading and selling on the African coast and that he saw himself heading a crusade for changing its attitudes and methods.“ 50 Er gründete die Agentur in dem festen Glauben, dass „one day, the African would respond to advertising in its modern concept.“ 51 Hier wird nicht nur deut­lich koloniales Gedankengut sichtbar, sondern auch die Ein­schätzung, Werbung selbst sei diesem ‚zivilisationsmissionarischen‘ Auftrag zuträg­lich. Bereits die ersten Werbeexperten in den Kolonien begriffen sich also als ­Missionare im Auftrag eines gesellschaft­lichen Fortschritts. Die Fortschrittsmission, der sich Werber auch innerhalb europäischer oder US-amerikanischer Gesellschaften verschrieben hatten, wurde von der Metropole in die Kolonie getragen und traf dort mit der kolonialen Ideologie einer welt­lichen ‚Zivilisierungsmission‘ zusammen. Die ‚Modernisierung‘ von Verkaufsmethoden ging dabei eine Verbindung mit dem ‚zivilisationsmissionarischen‘ Gedanken der kulturellen ‚Hebung‘ der Afrikaner in nicht näher definierter Zukunft ein. Diese Selbstbeschreibung der Werbeexperten als Pioniere und ihre Beschreibung von Werbung als Teil gesellschaft­lichen Fortschritts war der fortschrittsaffinen Selbsterzählung der US-amerikanischen und europäischen Branche sehr ähn­lich. Ein weiterer Aspekt ist hier wichtig: Die Werber gingen davon aus, dass es Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikation mit dem afrikanischen ­‚Anderen‘ war, diesen kennenzulernen und zu verstehen. Sie suchten, ‚den Afrikaner‘ in diesem zivilisatorischem Akt der Verbreitung von Konsumkultur ‚on his own ground‘ anzusprechen. In der zeitgenös­sischen US-amerikanischen Werbe­ branche gab es ein ähn­liches Spannungsverhältnis zwischen den Werbefachleuten und den K ­ onsumenten. Erstere begegneten den ‚eigenen‘ Konsumenten in einer sehr ähn­lichen Haltung, wie die WAP-Mitarbeiter gegenüber Afrikanern zeigten. Die Werbe­experten beschrieben die Zielgruppe der Konsumenten ebenso mit i­n­feriorisierender Rhetorik. Die Werber selbst wähnten sich als überlegene, distinkte soziale Gruppe. „While he is intellectually twelve, you are intellectually

49 Fifty Years Growing, S. 7. 50 Ebd., S. 8. 51 Ebd.

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thirty“, beschrieb ein Werbetexter in den frühen 1930er Jahren in dem US-ameri­ kanischen Fachorgan Printers’ Ink den amerikanischen Durchschnittskonsumenten und fuhr mit einer Selbstbeschreibung der Werbefachleute fort: „We come from another world (…).“ 52 Auch hier betrieben die Werber eine Form des ­Othering, indem sie ihr Zielpublikum einer ‚anderen Welt‘ zuordneten, der sie selbst nicht angehören wollten. Ähn­lich ihren britischen Kollegen in den westafrikanischen Kolonien war ihnen jedoch dabei bewusst, dass eine Kommunikation mit den Konsumenten dennoch Grundlage von erfolg­reicher Werbegestaltung war. „­Socially these people are strangers to you,“ war 1935 in ­selbigem Magazin zu lesen. „Culturally, their tastes are quite different from your own. But economically they are your bread and butter.“ 53 Die kulturelle ‚Hebung‘ des Zielpublikums schien, so hat Marchand ­herausgearbeitet, ­ame­ri­kanischen Werbern eine adäquate Ausflucht aus diesem Spannungsfeld: „[T]hey [the advertising men] might close the cultural gap by using advertising to uplift the tastes of the masses.“ 54 Auch in den USA und in Europa vereinheit­lichte die Werbebranche so die Konsumenten zu einem Massenpublikum, an das sie Produkte für den Massenkonsum abzusetzen gedachte.55 Während der 1920er und 1930er Jahre kam in den USA und Europa mit der Etablierung von Marktforschung aber auch bereits eine Differenzierung nach verschiedenen Zielgruppen auf. Dabei begannen Marketing­experten, Gruppen wie Rentner, Hausfrauen oder Jugend­liche gezielt anzusprechen. Doch auch wenn einige Unternehmen, wie beispielsweise General Motors, bereits ab den 1920er Jahren ihre Marketingpolitik an einer Zielgruppendifferenzierung ausrichteten, so muss doch in den 1930er und 1940er Jahren insgesamt noch von der Adressierung eines Massenmarktes ­gesprochen werden.56 Im Falle von WAP spiegelte sich in den Diskussionen zusätz­lich das koloniale Hierarchieverhältnis: Die Werber kamen aus einer anderen Kultur als die Konsumenten und gehörten einer anderen Nation an, die über das Zielpublikum ein

52 Printers’ Ink, 14. Januar 1932, S. 6, zit. nach: Marchand, Advertising the American Dream, S.  70 f. 53 Printers’ Ink, 31. Oktober 1935, S. 42 f., zit. nach: Marchand, Advertising the American Dream, S. 71. 54 Marchand, Advertising the American Dream, S. 71. 55 In der Marketinggeschichte wird die Zeit zwischen dem späten 19. Jahrhundert und der Mitte des 20. Jahrhunderts als die Phase der „Unification“ beschrieben, in der sich großflächige Märkte herausbildeten, an die massenhaft produzierte Güter abgesetzt wurden. Berghoff, Hartmut: Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung, Paderborn u. a. 2004, S. 315 – 321. Eine herausragende Fallstudie dazu bietet: Hilton, Advertising, the Modernist Aesthetic of the Marketplace. 56 Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 321 f.

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politisches Machtverhältnis etabliert hatte. Während amerikanische und euro­ päische Konsumenten in den 1930er Jahren mit Meinungs- und Marktforschung zu ihrer Wahrnehmung und ihrer Rezeption der Werbebilder befragt wurden, hatten afrikanische Konsumenten jahrzehntelang keine Mög­lichkeit, zu dem Stereotyp, welches die Werber entwarfen, ihre Sicht beizutragen. Als Werbemedien spielten in den ersten Jahren der Existenz der Agentur verschiedene Formen eine Rolle, doch das wichtigste Medium war bei West Africa Publicity die Posterwerbung. Bei ihrer Gründung machte sich die Agentur die effektive Gestaltung von Poster- und Plakatwerbung in Westafrika zur Aufgabe. Bei West Africa Publicity galt der Grundsatz, Posterwerbung sei wegen der hohen Analphabeten-Rate „the single medium of any real influence in the broad ­African market.“ 57 Der WAP -Manager R. B. Davies wandte sich in den 1930er Jahren an potentielle Kunden der Agentur in Großbritannien und warb für Plakate als Werbe­medium in Westafrika: „The poster has a greatly enhanced value in West Africa where the majority of the population is unable to read or write. Pictures are the universal language among all the nations. (…) and as the African spends the greater part of his time out of doors, posters are the most effective form of advertising.“ 58

Mit der Plakatwerbung zielte WAP also auf einen afrikanischen Massenmarkt, der auch die Basis des Konsumgüterhandels der UAC war. Die Werber wollten damit so viele Konsumenten wie mög­lich erreichen. Poster erlaubten es den Werbern dabei, mit Bildsprache zu arbeiten. Sie konnten an zentralen, häufig frequen­tierten Punkten gut sichtbar aufgestellt werden. Zeitungen erschienen in Westafrika un­ regelmäßig, in kleiner Auflagenzahl und wurden nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung gelesen, waren also kein besonders vielversprechendes Medium, um so viele Konsumenten wie mög­lich zu erreichen.59 Ebenso war Kino zunächst ein Vergnügen einer eher kleineren Bevölkerungsgruppe.60 WAP brachte die Poster weit verbreitet in den Städten und Dörfern an – also nicht nur in den urbanen ­Zentren – in Bahnhöfen, Häfen, Postämtern, sowie an den Handelsposten der UAC.61 Die Werbemedien waren Poster, Plakate und Emaille­schilder.62 Auch nutzte 57 58 59 60 61 62

Fifty Years Growing, S. 8. Ebd., S. 9. Vgl. dazu die Abschnitte 2 und 3 in diesem Kapitel. Vgl. dazu Abschnitt 3 in Kapitel IV. Fifty Years Growing, S. 6. und S. 8 f. Vgl. die detaillierten Auflistungen in den Verträgen von WAP: West Africa Publicity Limited, Tender for Advertising on Nigerian Railway, Anhang zum Brief von Hussey an

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Abbildung 3.3: Plakat­ werbung für Clark’s Nähgarn, o. J. [1930er Jahre]

WAP Zettel und kleine Broschüren.63 Wie zentral die Poster- und Plakatwerbung

für die Agentur war, kam auch in dem Spitznamen „poster monarchs of Nigeria“ 64 der Zentrale in Lagos zum Ausdruck. Leider sind sehr wenige Poster aus den 1930er Jahren erhalten. Wie auf dem oben abgedruckten Foto des Einzelhandelsgeschäfts G. B. Ollivant zu sehen (Abbildung 3.1), stellte vermut­lich der Großteil der Posterwerbung das Produkt so groß wie mög­lich dar und pries seine positiven Eigenschaften an. Die Agentur verfügte wohl bereits in den 1930er Jahren über die Kapazitäten, für die Außenwerbung und

Mellor, 17. November 1931, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 63 Fifty Years Growing, S. 12. 64 Ebd.

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Abbildung 3.4: Plakat­ werbung für Good Year ­Reifen, o. J. [1930er Jahre]

die Printwerbung verschiedene Kampagnen zu entwerfen, wie sie das nachweis­lich nach 1945 tat: Die Posterwerbung unterschied sich deut­lich von den Anzeigen in den Zeitungen (Abbildungen 3.3 und 3.4). Waren Konsumenten zu sehen, schien sich die Darstellung nicht auf eine bestimmte Gruppe und ihre Konsumkultur zu beziehen, sondern stellte leicht eingängige, wenn mög­lich lustige Situationen mit Bezug auf das beworbene Produkt dar. Demnach galt für den afrikanischen Massen­ markt eine andere Werbesprache als für zahlungskräftigere städtische Schichten, die mit der Printwerbung angesprochen werden sollten.65

65 Solche Theorien lassen sich zumindest für die Nachkriegszeit nachweisen und werden in Abschnitt 3 in Kapitel IV untersucht. Zur Printwerbung in den 1930er Jahren siehe Abschnitt 3 in diesem Kapitel.

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Mangels vorhandener Infrastruktur musste WAP die Stellwände und Rahmen für die Werbung selbst errichten. Dabei war es die Aufgabe der Filialen in den Kolonien, das Aufstellen der Plakatwände und Anbringen der Poster zu organi­sieren. Dies bedeutete auch, die gesamte Kolonie zu bereisen, um die korrekte Platzierung der Poster zu überprüfen.66 WAP schloss mit europäischen Unternehmen kurz nach ihrer Gründung mehrere Verträge über das Anbringen von Plakatwerbung in der Gold Coast. Diese drei Verträge hatten eine Laufzeit von mehreren Jahren und be­­ inhalteten den Druck und die Platzierung von jeweils 50 bis 70 Reklamewänden in der Größe 8-sheet, also etwa 2,4 x 3,4 Meter. Angesichts dessen, dass es sich hierbei wohl um die ersten Plakatwände der Gold Coast überhaupt handelte, stellten rund 200 Reklamewände durchaus eine sichtbare Veränderung im öffent­lichen Leben der Kolonie dar.67 Indem die Agentur die Anzeigetafeln an den zentralen Knotenpunkten der kolonialen Infrastruktur platzierte, wurde kommerzielle Werbung zu einem Bestandteil genau dieser Orte, an denen koloniale Herrschaft sichtbar war.68 WAP hatte in den 1930er Jahren eine konkurrenzlos starke Position in Westafrika und suchte diese Position durch das Schließen von Verträgen mit den Inhabern und Verwaltern öffent­lich genutzter Räume in verbind­liche Bahnen zu lenken und somit zu festigen. Mit dem Postamt der Gold Coast schloss WAP in Accra bereits im Januar 1929 ein Abkommen, das WAP das exklusive und alleinige Recht zusprach, in allen Postfilialen der Kolonie – es waren zu diesem Zeitpunkt 68 an der Zahl – Werbeposter an den Wänden anzubringen. Die Post verpf­lichtete sich, keine anderen Werbebilder auszustellen. Dieser Vertrag erstreckte sich auch auf die Publikationen des Amts, dem Telefonbuch und dem Post Office Handbook. Auch für diese wurde ein alleiniges Werberecht garantiert. Im Gegenzug versprach WAP der Post eine finanzielle Beteiligung an den Werbeeinnahmen sowie das Recht, die Inhalte der Werbung zuvor zu prüfen. WAP musste für die Qualität der angebrachten Werbebilder garantieren. Die Vertragsinhalte verweisen darauf, dass es der Post – und damit der Regierung der Gold Coast, denn die Post war ein staat­liches Unternehmen – nicht egal war, welche Bilder auf welche Art in ihren Räum­lichkeiten gezeigt wurden. Inhalt und Aussehen der Werbebilder waren für die staat­lichen Vertragspartner von solcher Bedeutung, dass WAP sich auf eine 66 Fifty Years Growing, S. 6 und S. 8 f. 67 Im Dezember 1928 wurde dem WAP-Direktorium über drei neue Verträge mit den Unternehmen Holstein Brewery, Robert McNish & Co. Ltd. und Vacuum Oil Co. Ltd. für die Gold Coast berichtet. Vgl: West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 1. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 68 Vgl. zur Analyse von Sichtbarkeit kolonialer Herrschaft am Beispiel der Etablierung deutscher Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika: Pesek, Koloniale Herrschaft in Deutsch-Ostafrika, S.  190 – 265.

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Klausel im Vertrag einlassen musste, die der Post das Recht einräumte, unliebsame Werbebilder zu zensieren.69 Mit der Eisenbahn von Nigeria stand WAP seit dem 1. September 1933 in einem ähn­lichen Vertragsverhältnis.70 In diesem erhielt WAP gegen Bezahlung das Recht, in den Anlagen der nigerianischen Eisenbahn zu werben, also vor und in den Gebäuden, auf den Bahnhöfen, an Warenhäusern, am Hafen sowie in den Zügen selbst.71 Für WAP war es nicht immer einfach, solche Abkommen auszuhandeln. Die Agentur griff dabei zuweilen auf den großen politischen Einfluss der United Africa Company bei der britischen Verwaltung der Kolonie zurück. Mit dem Gouverneur der Gold Coast Arnold Hodson stand WAP 1936/37 in Verhandlungen über das exklusives Recht, auf dem gesamten Gelände der staat­lichen Eisenbahngesellschaft, in den Wagen und den Häfen der Kolonie zu werben.72 Zwischen den zuständigen Managern und Rechtsabteilungen gab es aber Unstimmigkeiten über die genaue Platzierung der Werbung, Zahlungs- und Kündigungsmodalitäten und Haftungsfälle. Als die Verhandlungen ins Stocken gerieten, schlug der zuständige Justiziar vor, sich an A. R. I. Mellor zu wenden, der Mitglied des Direktoriums der UAC und Ansprechpartner der Werbeagentur war: „[I]f you feel that some other method of approach to the Government is called for, perhaps we could see Mr. Mellor.“ 73 Während die Agentur so viel Energie und Ressourcen darauf verwandte, eine Infrastruktur für die Plakatwerbung aufzubauen, teilten indes Marketingvertreter anderer Unternehmen die Ansicht nicht, nach der das Plakat das zentrale Werbemedium in Westafrika darstellte. Wenn Vertreter von WAP vehement für Plakate als Werbemedium für einen afrikanischen Massenmarkt einstanden, so traten sie damit also nicht nur grundsätz­lichen Gegnern von Reklame in den afrikanischen Kolonien entgegen. Das Mutterunternehmen Unilever, dessen Vorläufer Lever Brothers seit 1924 in Nigeria Seifen produzierte, vertrat eine andere Sichtweise dazu, welche Art von Werbung bei einer afrikanische Kundschaft am effektivsten

69 Brief von Lloyd an Giles Hunt & Co., 8. Januar 1929, UARM UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). 70 Tender for Advertising on Nigerian Railway, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.); Brief von Hussey an Lloyd, 19. Februar 1940, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 71 Tender for Advertising on Nigerian Railway, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.); Brief von Mellor an Herbert, 8. September 1932, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 72 Brief von Hussey an Davies, 8. Oktober 1936, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.); Brief von Hussey an Lloyd, 4. Februar 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 73 Ebd.

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zum Einsatz kommen würde. Hier galt Werbung mit Verkaufsbussen, lorry propaganda, als das richtige Mittel der Wahl, um den Absatzmarkt ihrer Produkte in der Bevölkerung der westafrikanischen Kolonien zu steigern. Es scheint, dass Unilever während der 1930er Jahre diese Aktivitäten aufbaute und erweiterte. In den 1930er Jahren betrieb das Unternehmen in der Gold Coast und in Nigeria einige wenige Busse, die die Kolonien bereisten und mit „demonstrations and propaganda work“ 74 die Produkte des Unternehmens bewarben. Üb­liche Methoden waren, Proben der Hygieneartikel und der Essensprodukte des Unternehmens zu verteilen und die Anwendung der Waren vorzuführen. Manager des Unternehmens, die die west­ afrikanischen Kolonien bereisten, argumentierten vehement für einen Ausbau der Werbung mit Verkaufsbussen. Es ist anzunehmen, dass auch hier ein Konflikt mit Vertretern des Unternehmens bestand, die es für ausreichend hielten, den Absatz der Produkte ledig­lich mit Verkaufsabkommen mit den Handelsunternehmen und Einzelhandelsgeschäften zu fördern.75 Es war gewissermaßen eine Glaubensfrage unter den Marketingmanagern und Werbern, mit welcher Art von Reklame afrikanische Subjekte am besten anzu­ sprechen seien. Für Vertreter der UAC und von WAP war klar, dass die afrika­ nischen Rezipienten der Werbung am ehesten auf visuelles Material reagieren würden. Diese Ansicht teilte ein Manager von Unilever nicht, der Ende der 1930er Jahre Nigeria besuchte und empfahl, die visuellen Kampagnen nur an die euro­ päischen Ausländer zu richten: „Practically all our advertising at the present time consists of lorry propaganda, and in my opinion this is the only form of advertising of any real value to a business of our nature in Nigeria. The press has a limited circulation and can only appeal to the European community and a small section of the educated Africans. The posters which we have throughout the country for Skipper Sardines and ‚My Lady‘ fruits are largely wasted (…) I recommend that we concentrate on propaganda work through lorries for the African trade, and a small amount of press for our specialty lines for sale to European consumers.“ 76

In diesen Diskussionen der Werbefachleute vermischten sich Ansichten über eta­ blierte Praktiken der west­lichen Werbebranche, um ein vornehm­lich analpha­ betisches Publikum erfolgreich mit neuen Produkten in Berührung zu bringen, mit ­rassistischen Annahmen über angeb­lich mangelnde Fähigkeiten der Afrikaner, Bildsprache und Symbole zu verstehen. Das Zitat verdeut­licht jedoch, dass

74 A. T. Ball’s Report, S. 3, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/3 (vl. Rnr.). 75 Ebd. 76 Hansard’s Report, S. 16 f., UARM UNI/RM/OC OSD/21/4 (WAF 7) (vl. Rnr.).

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trotz dieser Auseinandersetzungen auch Unilever bereits während der 1930er Jahre Poster­werbung in Westafrika in Auftrag gab. Ähn­lich verhielt es sich bei WAP. Auch wenn die Agentur sehr stark auf visuelles Reklamematerial setzte, bot sie dennoch ebenso den Service der Verkaufsbusse an, mit denen sie beispielsweise Werbung für Markenprodukte wie das Malzgetränk Ovaltine, den Tee Lipton, die Biermarke Guinness und die Dosenmilch Klim Milk machte. Doch in der gesamten Ausrichtung der Agentur setzte WAP nie einen Schwerpunkt auf solche Aktivitäten, sie ergänzten das Geschäft ledig­lich.77 WAP wurde also mit dem zentralen Ziel gegründet, in den westafrikanischen Kolonien ein afrikanisches Massenpublikum zu bewerben. Die Filialen verteilten in großer Anzahl Poster und Plakate an mög­lichst stark frequentierten Plätzen wie Häfen, Postämtern und Bahnhöfen. Dies zeigt, dass WAP sich nicht primär auf Werbung für teure Produkte zum Kauf durch eine kleine, kaufkräftige Elite konzentrieren wollte, sei diese nun afrikanischen oder europäischen Ursprungs. WAP zielte mit der Werbung auf die Konsumenten, welche auch den Hauptteil des UAC-Importumsatzes ausmachten, also auf den breiten Massenmarkt. Mit der Werbung sprach sie auch nicht explizit ein städtisches Publikum an, sondern die Bewohner der gesamten Kolonie, unter denen bei Weitem die Landbevölkerung überwog. Die Werbeagentur und die Printmedien der Gold Coast

Neben der Plakatwerbung lag der zweite Schwerpunkt der Agenturarbeit auf Printwerbung in Zeitungen. Von Anfang an schaltete WAP Anzeigen in der Presse, auch wenn sie diese zunächst nur als zusätz­liches und unterstützendes Medium begriff.78 Dies lag aber nicht daran, dass die Werbefachleute von WAP Zeitungswerbung grundsätz­lich abgelehnt hätten. Gründe für ihre anfäng­lich relativ geringe Bedeutung als Werbemedium für die Agentur waren vielmehr der hohe Prozentsatz an Analphabeten sowie die kleine Auflagenzahl und oft kurze Lebensdauer der Zeitungen.79 Doch den Werbern lag viel daran, den Bereich der Zeitungsreklame auszubauen, in der sie ein Medium mit großem Wirkungspotential für den 77 Der genaue Zeitpunkt, zu dem die Agentur diesen Service erstmals anbot, muss unklar bleiben. Akatu, Short History of Advertising, S. 2; Seventy Years of Advertising in Ghana (unpublizierte Schrift von Lintas Ghana Limited), o. J. [Accra 1997], S. 2. Lintas Ghana verfasste diese Skizze zur Geschichte der Agentur zu ihrem siebzigjährigen Jubiläum in Accra zur Lektüre für ihre Mitarbeiter. Die Gründung von WAP wurde dabei irrtüm­ licherweise auf das Jahr 1927 datiert. 78 Fifty Years Growing, S. 5. 79 Ebd., S. 12.

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westafrikanischen Markt sahen. Dabei versuchte die Agentur, ihre Monopolstellung durch Abkommen mit der lokalen Presse zu festigen und in recht­lich verbind­liche Bahnen zu bringen. So sicherte sich die Agentur eine fast konkurrenzfreie Position für das Platzieren ihrer Werbung. Wie am Beispiel von WAP erstmals gezeigt werden kann, bildete die Einflussnahme auf die Zeitungen durch die internationalen Werbeagenturen eine wichtige Ebene der Interaktion und Intervention durch die Metropole in der Pressegeschichte der westafrikanischen Kolonien, die bislang von der Forschungsliteratur unbeachtet geblieben ist. Die Frage, wie die A ­ genturen mit der Presse interagierten und diese beeinflussten, ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil die Presse in der Gold Coast eng mit der Bildungsschicht und ihren Bestrebungen nach politischer Unabhängigkeit verbunden war. Diese Ebene der wirtschaft­lichen und administrativen Interaktion der Agentur mit den Medien wird im Folgenden als Teil des Aufbaus der Werbeinfrastruktur untersucht. Die Entwicklung der Printmedien und einer journalistischen Öffent­lichkeit im Kontext von politischem und gesellschaft­lichem Wandel in der Kolonie Gold Coast und der jungen Postkolonie Ghana hat die Forschungsliteratur bislang nicht erschöpfend behandelt. Einen chronolo­gischen Überblick leisten die Arbeiten von Clement Asante und K. A. B. Jones-Quartey.80 Einige Publikationen untersuchen das Thema Pressefreiheit und staat­liche Kontrolle der Zeitungen in der Gold Coast.81 Mehrere Arbeiten der jüngeren Historiographie widmen sich einer Schreib- und Lesekultur der städtischen Eliten sowie den Journalisten und Lesern der Zeitungen.82 Die Geschichte von Zeitungen in der Gold Coast begann im 19. Jahrhundert zunächst mit der Regierungspublikation der Royal Gold Coast Gazette im Jahr 1822 und mit dem Erscheinen des handschrift­lich verfassten Accra Herald im Jahr

80 Asante, Clement E.: The Press in Ghana. Problems and Prospects, London u. a. 1996; Jones-Quartey, K. A. B.: A Summary History of the Ghana Press, 1822 – 1960, Accra 1974; Ders.: History, Politics and Early Press in Ghana. The Fiction and the Facts, Legon 1975. 81 Twumasi, Yaw: Press Freedom and Nationalism under Colonial Rule in the Gold Coast (Ghana), in: Journal of the Historical Society of Nigeria 7 (1974) 3, S. 499 – 520; Ekwelie, Sylvanus A.: Ghana. Legal Control of the Nationalist Press, 1880 – 1950, in: Transafrican Journal of History 5 (1976) 2, S. 148 – 160. 82 Gadzepko, Audrey: Women’s Engagement with Gold Coast Print Culture from 1857 to 1957, Dissertation, University of Birmingham, Birmingham 2001; Newell, Stephanie: Literary Culture in Colonial Ghana. ‚How to Play the Game of Life‘, Manchester 2002; Prais, Jinny Kathleen: Imperial Travelers. The Formation of West African Urban Culture, Identity, and Citizenship in London and Accra, 1925 – 1935, Dissertation, University of Michigan, Ann Arbor 2008; Plageman, Nate: ‚Accra Is Changing, Isn’t it?‘. Urban Infrastructure, Independence, and Nation in the Gold Coast’s Daily Graphic, 1954 – 1957, in: International Journal of African Historical Studies 43 (2010) 1, S. 137 – 159.

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1857.83 In den folgenden Jahrzehnten etablierten sich einige kleinere gedruckte Blätter, wie etwa die Gold Coast Times, die sich jedoch nie lange halten konnten.84 In den 1930er Jahren existierte in den Küstenstädten Cape Coast und Accra eine Zeitungslandschaft, die weiterhin von kleinen Zeitungen mit eher kurzer Lebensdauer und oft auch unregelmäßigen Auflagen geprägt war. Diese waren, mit der Ausnahme einiger kleiner Missionszeitschriften, fast ausschließ­lich in afrikanischer Verlegerschaft. Sie waren der Bildungselite und ihrer kritischen Haltung zur Kolonialherrschaft eng verbunden.85 Viele stellten jedoch schon nach einigen Jahren oder manchmal sogar nach einigen Ausgaben wieder ihr Erscheinen ein. Die Leserschaft der städtischen, gebildeten Mittelschicht und Elite war ein kleiner Zirkel und so waren die Zeitungen meist in einer schwierigen finanziellen Lage.86 Zudem kursierten einige in London gedruckte und weltweit vertriebene Zeitschriften, wie beispielsweise das Magazin West Africa. Die 1930er Jahre stellen aufgrund des starken Anstiegs der Verbreitung der Zeitungen und somit der Vergrößerung der Leserschaften eine bedeutende Periode in der Geschichte des Printjournalismus der Gold Coast dar. Lag die gesamte Auflagenzahl im Jahr 1930 noch bei etwa 600.000 Stück, so war sie 1940 bereits auf über drei Millionen Stück angestiegen.87 In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren investierten zwei britische Unternehmen in die Medienbranche der Gold Coast: Zum einen gründete das britische Medienunternehmen Cecil King Company die Zeitung Daily Graphic, zum anderen rief das Bergbauunternehmen Ashanti Goldfields Corporation mit der Ashanti Times eine hauseigene Zeitung ins Leben. Beide Zeitungen trugen zu einer Professionalisierung der lokalen Presse bei. Beide waren jedoch auch mit starker Kritik an ihrem Engagement in der Kolonie konfrontiert; es waren Interventionen der Metropole in der Kolonie in einer politisch brisanten Zeit, in welcher Zeitungen eine bedeutende Rolle spielten.88 Die Presse der 1930er und 1940er Jahre wurde bislang in der Forschung trotz ihrer steigenden Bedeutung im öffent­lichen Leben der Kolonie nicht für solche Einflüsse durch internationale Konzerne aus

83 84 85 86

Jones-Quartey, A Summary History, S. 1 ff. Ebd., S.  6 – 15. Zu den Leserschaften der Zeitungen vgl. Abschnitt 3 in diesem Kapitel. Ekwelie, Sylvanus A./Edoga-Ugwuoju, D.: Ownership Patterns of Ghanaian Newspapers. A Historical Perspective, in: Gazette. The International Journal for Mass Communication Studies 35 (1985) 1, S. 49 – 59, hier S. 52 f.; Jones-Quartey, A Summary History, S. 26. 87 Ekwelie/Edoga-Ugwuoju, Ownership patterns, S. 54. 88 Chick, John: Cecil King, the Press, and Politics in West Africa, in: Journal of African Studies 34 (1996), S. 375 – 393; Ders.: The Ashanti Times. A Footnote to Ghanaian Press History, in: African Affairs 76 (1977) 302, S. 80 – 94. Vgl. auch Abschnitt 5 in Kapitel IV.

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der Metropole kritisiert, sondern ihre enge Verbindung mit der nationalistisch gesinnten Bildungsschicht betont. Dass diese Annahme zumindest modifiziert werden muss, wird im Folgenden herausgearbeitet. West Africa Publicity schloss in den 1930er Jahren in der Gold Coast sowie in Nigeria und Sierra Leone Exklusivverträge mit Zeitungen. In der Gold Coast kam die Agentur bereits im Januar 1929 zu einer Übereinkunft mit der Zeitung Gold Coast Leader. Der Gold Coast Leader wurde in der Küstenstadt Cape Coast verlegt und erschien wöchent­lich in einer Auflagenstärke von etwa 700 Stück. Heraus­ geber war J. E. Casely Hayford, ein einheimischer Rechtsanwalt und als politischer Aktivist ein Vertreter der Interessen der afrikanischen Bildungselite. Er gehörte 1919 zu den Gründern des National Congress of British West Africa, der sich für die politische Unabhängigkeit der britischen Westafrikakolonien als vereinigtes Staatsgebiet einsetzte. Seine Zeitung diente ihm als Sprachrohr zur Verbreitung dieser politischen Ideen.89 Auch mit der Zeitung Gold Coast Truth bemühte sich WAP 1929 um ein Abkommen.90 Darin beanspruchte die Agentur, für die Gold Coast Truth als „the sole Advertising Agents in Europe and America“ zu wirken und monopolisierte damit die Kontakte der Zeitung zu den zahlungskräftigen Exportunternehmen.91 Auch mit der Zeitung Gold Coast Spectator, die wöchent­ lich mit etwa 2000 Exemplaren und später etwa 3000 Exemplaren erschien, hatte WAP einen Vertrag und wirkte als ihr alleiniger Werbeagent.92 Besonders hervorzuheben sind die Abkommen, die WAP mit der Times of West Africa und mit der African Morning Post schloss. Der afrikanische Unternehmer Alfred J. Ocansey, der im Handel sowie in der Unterhaltungs- und Pressebranche aktiv war, gründete die African Morning Post im Dezember 1934. Ocansey gehörte der Verlag City Press Limited, der auch den Gold Coast Spectator herausgab. Die African Morning Post ist für die westafrikanische Pressegeschichte in mehrerlei Hinsicht von Bedeutung. Sie markiert gemeinsam mit der Times of West Africa in der Gold Coast den Wendepunkt zum „age of commercialism in the newspaper business“ 93, an dem erstmals kommerzielle Drucktechnik zum Einsatz kam und damit deut­lich gestiegene Auflagenzahlen erreicht wurden. Die African Morning

89 Gocking, The History of Ghana, S. 54 ff.; Edsman, Björn M.: Lawyers in Gold Coast Politics, c. 1900 – 1945. From Mensah Sarbah to J. B. Danquah, Uppsala 1979. 90 Brief von Lloyd an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1928, UARM UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). 91 Ebd. 92 [Erster] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/ LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.); The Gold Coast Handbook 1928, S. 507; The Gold Coast Handbook 1937, S. 422. 93 Jones-Quartey, A Summary History, S. 21.

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Post und später der Gold Coast Spectator wurden so mit besserer Drucktechnik hergestellt als jemals zuvor eine Zeitung in der Gold Coast. Gleichzeitig ermög­ lichte dies der Times of West Africa und der African Morning Post ein täg­liches Erscheinen, was sie zu den ersten Tageszeitungen der Kolonie machte. Die Times of West Africa existierte zwischen 1931 und 1934, musste allerdings bald darauf ihr Erscheinen einstellen.94 Die African Morning Post aber schrieb Erfolgsgeschichte: Im Jahre 1936 war die Auflage der Zeitung von anfäng­lichen 2.000 Stück auf zwischen 7.000 und 10.000 Stück angestiegen, ein Rekord in der Pressegeschichte der Gold Coast.95 Zum Vergleich sei hier angemerkt, dass im gleichen Jahr alle anderen Zeitungen wöchent­lich oder sogar monat­lich eine Auflagenstärke zwischen 550 und 3.000 Stück verzeichneten.96 Herausgeber der African Morning Post war der Nigerianer Nnamdi Azikiwe, der 1963 der erste Präsident Nigerias werden sollte und zu dieser Zeit gerade von seiner Universitätsausbildung aus den USA nach Westafrika zurückgekehrt war. Azikiwe trat vehement für die politische Unabhängigkeit der afrikanischen Kolonien ein. Unter seiner Herausgeberschaft war die African Morning Post eine politisch klar positionierte Zeitung, die sich für die politische Unabhängigkeit Afrikas ­einsetzte.97 Ihr Motto lautete: „Independent in all things and neutral in nothing affecting the destiny of Africa.“ 98 Mit ihrer politischen Ausrichtung forderte die Zeitung die kolonialen Autoritäten der Gold Coast heraus und stand wiederholt in Konflikt mit dem kolonialen Staat. Im Jahr 1937 klagte die Kolonialregierung Azikiwe aufgrund seiner journalistischen Veröffent­lichungen in der African ­Morning Post wegen Volksverhetzung an. Letzt­lich sprach ihn der West African Court of Appeal frei. Infolgedessen verließ Azikiwe die Gold Coast und ging zurück nach Nigeria. Die African Morning Post existierte unter neuer Herausgeberschaft weiter.99 Trotz ihrer Erfolgsgeschichte stand die African Morning Post bei ihrer Gründung zunächst gewiss vor den gleichen finanziellen Schwierigkeiten wie die anderen Zeitungen auch. WAP und die African Morning Post schlossen im Dezember 1934 ein Abkommen, welches WAP das Recht zusprach, als alleinige Werbeagentur für die Zeitung zu wirken. WAP garantierte der Zeitung jähr­liche Werbeeinnahmen von

94 Ebd. 95 Azikiwe nennt die Zahl 10.000, das von der Regierung der Gold Coast herausgegebene Handbook of the Gold Coast beziffert die Auflage auf 7.000. Azikiwe, Nnamdi: My ­Odyssey. An Autobiography, London 1970, S. 259; The Gold Coast Handbook 1937, S. 422. 96 Ebd. 97 Azikiwe, My Odyssey, S. 254. 98 Ebd., S. 255. 99 Jones-Quartey, A Summary History, S. 24; Azikiwe, My Odyssey, S. 259 ff.

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mindestens 1.500 Pfund. Dafür verpf­lichtete sich die Zeitung zu einem für lokale Verhältnisse sehr hohem Niveau bezüg­lich ihrer Auflagenstärke, Berichterstattung und Erscheinungsbild. Sie sollte mit einem Mindestumfang von acht Seiten und einer täg­lichen Auflagenstärke von mindestens 2.000 Stück erscheinen.100 Auch ein professionelles Layout und die Verwendung bester Drucktechnik musste sie garantieren, damit sie für die europäischen Werbekunden ein attraktives Werbemedium darstellte. So schrieb Eatly, der damalige Manager von WAP in Accra: „An important feature of newspaper production is the question of good lay-out. (…) unless the standard of the ‚African Morning Post‘ is of the highest possible in every respect, i. e. layout, printing, clean production and grammar etc., it will endanger our chances of fulfilling our guarantee.“ 101

Weiterhin musste die Zeitung alle für den Druck benötigten Materialien über die UAC erwerben. Besonders signifikant ist die Tatsache, dass sich die Zeitung in dem Vertrag zum Abonnement der internationalen Nachrichtenagentur ­Reuters ­ver­pf­lichtete sowie dazu, diesen Service in jeder Ausgabe in die ­Berichterstattung einzu­beziehen. Die Kosten dafür lagen bei mindestens 500 Pfund jähr­lich.102 Das Einhalten dieser Auflagen, vor allem aber der Bezug von Reuters waren aus Sicht eines kleinen, westafrikanischen Verlags eine sehr teure Angelegenheit – dies verdeut­licht auch die Tatsache, dass bis zu diesem Zeitpunkt keiner Zeitung mehr als ein wöchent­liches Erscheinen geglückt war. Gleichzeitig waren dies aber beste Bedingungen, um sich als Tageszeitung zu etablieren. Mit Sicherheit war der Verlag nur aufgrund der garantierten Werbeeinnahmen durch WAP in der Lage, diese Standards einzuhalten. Dessen waren sich die Mitarbeiter der Agentur durchaus bewusst: „[W]e are taking a certain amount of risk in guaranteeing a minimum advertising revenue“, konstatierte der Manager und fuhr fort: „(…) our guarantee justifies a substantial ‚quid pro quo‘ arrangement (…).“ 103 Zu all dem forderte WAP auch das Zugeständnis, kostenlos Leitartikel in der Zeitung für ihre Kunden veröffent­lichen zu können, „which are in the nature of an

100 In dem Vertrag mit dem Gold Coast Spectator hatte WAP sich das Recht gesichert, für jede neue Zeitung Ocanseys ebenfalls alleiniger Werbeagent zu sein. [Erster] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). 101 Ebd. 102 Ebd.; Brief von Reuters Limited an Azikiwe, 30. Oktober 1934, UARM UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). 103 [Zweiter] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/ LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.).

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advertisement, and it is generally the rule that publishers render service of this kind without question (…).“ 104 WAP war also viel an einer Tageszeitung als Werbemedium in der Kolonie ­ge­legen. Die Agentur unterstützte die African Morning Post seit ihrer Gründung mit einer hohen Geldsumme. Sie ermög­lichte und verpf­lichtete Verleger und Herausgeber zu sehr guten Startbedingungen für Ihre Zeitung. All die Maßnahmen, welche WAP einleitete, dienten der Steigerung der Verbreitung der Zeitung. Gleichzeitig benötigte die Agentur eine Zeitung als Werbemedium, in der sie mit einem o­ ptischen und technischen Standard werben konnte, mit dem auch die europäischen Kunden zufrieden waren. Sie versuchte, diese mit der African Morning Post zu etablieren. So war die Erfolgsgeschichte des Blatts, wie sie von Azikiwe in seiner Biographie geschildert wird, vielleicht überhaupt erst durch die Finanzen einer europäischen Werbeagentur mög­lich. Dies kontrastiert stark mit der Selbstdarstellung des poli­tischen Aktivisten – Azikiwe verband in seiner Autobiographie die Erfolgsgeschichte der Zeitung mit ihrer offen antikolonialen Haltung.105 Angesichts des schlechten Images der UAC dürften allerdings Azikiwe und Ocansey wenig Interesse daran gehabt haben, mit diesem Abkommen an die Öffent­lichkeit zu treten. Doch auch die Historiographie zur Presse der Gold Coast führt den Erfolg der Zeitung ausschließ­lich auf ihr politisches Engagement und auf ihre Einbettung in lokalen Leserschaften zurück.106 Auch mit der Times of West Africa, welche gemeinsam mit der African ­Morning Post den Start des kommerziellen Pressegeschäfts in der Gold Coast markierte, hatte WAP einen Exklusivvertrag. Bei der Gründung der African Morning Post aber zog WAP die Werbung schrittweise aus der Times of West Africa ab und setzte diese zu deut­lich höheren Kosten in die African Morning Post.107 Dies bedeutete für die Times of West Africa, dass sie all ihre Werbeeinnahmen und damit die wohl wichtigste Finanzierungsquelle verlor. Interessanterweise geriet die Times of West Africa im gleichen Jahr in Schwierigkeiten, was die Forschung darauf zurückführt, dass ihr Verleger und Herausgeber, der in London ausgebildete Rechts­anwalt und bedeutende politische Aktivist J. B. Danquah die Gold Coast

104 [Erster] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). Die Methode, mit Artikeln in Zeitungen zu werben, wurde in der gesamten kolonialen Presse der Gold Coast für ein breites Spektrum an Produkten sowie für Imagewerbung genutzt. Vgl. dazu Abschnitt 3 dieses Kapitels. 105 Azikiwe, My Odyssey, S. 254. 106 Jones-Quartey, A Summary History, S. 26 f.; Prais, Imperial Travelers, S. 130 f. 107 [Erster] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co., 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/ LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.).

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für einen zeit­weiligen Aufenthalt in Großbritannien verließ.108 Ende Dezember 1934 schrieb der Manager von WAP aber noch von zukünftiger Werbung in dieser Zeitung.109 Die Zeitung existierte vermut­lich bis 1937.110 Es ist daher durchaus mög­ lich, dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen besteht. Entweder wusste WAP von der bevorstehenden Einstellung der Zeitung und verschob den Großteil des gebuchten Werbeplatzes, oder es war tatsäch­lich so, dass die Zeitung durch den Rückzug der Werbung in finanzielle Schwierigkeiten geriet und dies mit zu ihrem Ende beitrug. Es scheint zunächst paradox, dass für WAP und somit für die UAC die poli­ tische Orientierung der Zeitungen, die sie so massiv unterstützte, für diese Werbe­ verträge keine Rolle spielte. Diese Zeitungen stellten, wie die African Morning Post, teils offen politische Forderungen nach Selbstregierung oder vertraten andere An­­liegen der westafrikanischen Elite, womit sie auch in den offenen Konflikt mit der Kolonialverwaltung gerieten. Auch kritisierten sie öffent­lich die ­Po­litik der großen Handelsunternehmen und hier vor allem die UAC. Diese beklagte sich immer ­wieder in internen Diskussionen über solche Artikel. Die Inhalte der Zeitungen waren den Managern von WAP und UAC keineswegs gleichgültig und wurden genau von ihnen beobachtet. Beispielsweise überlegte man 1935, wegen eines „libellous“ Artikels gegen die Times of West Africa von J. B. Danquah zu klagen, mit dem Ziel, die Publikation einzustellen.111 Ebenso paradox mag das Verhalten von Herausgeber und Verleger anmuten. Sie stimmten schließ­lich nicht nur Privilegien und Förderung, sondern auch einer Abgabe inhalt­licher Kontrolle zu. Sie sprachen WAP die Entscheidungsmacht darüber zu, welche Werbung für welche Zwecke und mit welcher Botschaft in der Zeitung gedruckt werden sollte – ein Privileg, das üb­licherweise auf Seite der Zeitung verblieb. Sie stimmten ebenfalls zu, Schleichwerbung internationaler Konzerne in Form von Leitartikeln zu publizieren. Hinzu kam, dass die UAC in der Kolonie

108 Jones-Quartey, A Summary History, S. 22. Danquah war in London Vorsitzender der West African Students’ Union und bei seiner Rückkehr in die Gold Coast 1927 zunächst im Central National Committee und später als Mitglied der 1947 gegründeten United Gold Coast Convention (UGCC) politisch aktiv. Er gehörte gemeinsam mit Kwame Nkrumah zu den infolge der Unruhen von 1948 verhafteten führenden Politikern der UGCC. Gocking, The History of Ghana, S. 65 und 84. Vgl. zu seiner Person auch: ­Edsman, Lawyers in Gold Coast Politics. Siehe außerdem Abschnitt 5 in Kapitel IV. 109 [Erster] Brief von Eatly an Giles Hunt & Co, 31. Dezember 1934, UARM UAC/2/35/1/ LF (UAC Box 75/3) (vl. Rnr.). 110 Jones-Quartey, A Summary History, S. 58. 111 Brief von Hussey an Davies, 20. März 1935, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). Zu diesem Zeitpunkt war WAP wohl nicht mehr die Exklusivagentur dieser Zeitung.

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einen äußerst schlechten Ruf als ökonomischer Ausbeuter Westafrikas hatte. Auch ließen sich Verleger und Herausgeber damit auf die Schaltung von Werbebildern ein, die, wie weiter unten gezeigt wird, durchaus Situationen kolonialer Herrschaft widerspiegelten oder Rassismus zeigten. Natür­lich ist hierbei im Blick zu behalten, dass in den 1930er Jahren aus Sicht der Manager von WAP und UAC die Unabhängigkeit der westafrikanischen Kolonien noch in weiter Zukunft stand. Vielleicht kannten die zuständigen Angestellten von WAP und UAC weder Azikiwe noch seine politischen Intentionen oder maßen ihnen zumindest nur geringe Bedeutung zu. Am wichtigsten ist aber, dass beide Parteien kaum eine andere Wahl hatten: WAP benötigte dringend eine Massen­ zeitung in guter Qualität, die optisch ansprechend gestaltet war und in hoher Auflagenzahl weit verbreitet erschien, um den europäischen Kunden der Agentur diese als Werbemedium anbieten zu können. Die afrikanischen Verleger und Redakteure wie Ocansey und Azikiwe benötigten wiederum sehr wahrschein­lich zusätz­liche Finanzierung, um ein Projekt von diesem Ausmaß zu starten. Es ist daher anzunehmen, dass beide Seiten bereit waren, für ihre jeweiligen Ziele einige Nachteile in Kauf zu nehmen.112 Auch in Nigeria sowie in Sierra Leone hatte die Agentur wichtige Zeitungen unter Vertrag. So konnte sie in den 1930er Jahren in Großbritannien um Kunden werben: „In order that clients may obtain the most preferential treatment in the press, we have acquired the sole advertising rights of most of the important local newspapers.“ 113 In Sierra Leone hatte WAP Abkommen mit den Zeitungen Sierra Leone Daily Guardian und Sierra Leone Daily Mail.114 In Nigeria war die ­Situation auf dem Zeitungsmarkt ein wenig anders als in Ghana. Dort gab es bereits in den 1920er Jahren mit der Daily Times aus Lagos eine Zeitung, die mit Rotations­ maschinen gedruckt wurde.115 Diese gehörte dem Verlag West African Newspapers, dessen Hauptsitz in Liverpool lag und der auch die Magazine West Africa und

112 Das Abkommen wurde in der Folgezeit immer wieder erneuert und dabei leicht modifiziert: Draft Agreement between City Press Limited and West Africa Publicity Limited, Anhang zum Brief von Davies an Hussey, 4. September 1936, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 113 Fifty Years Growing, S. 12. 114 Brief von Davies an Hussey, 14. Februar 1936, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.); Brief von Hussey an Davies, 21. Dezember 1935, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 115 Jones-Quartey, A Summary History, S. 21. Zur Geschichte der Drucktechnik vgl: ­Bohrmann, Hans/Toepser-Ziegert, Gabriele (Hg.): Zeitungsdruck. Die Entwicklung der Technik vom 17. zum 20. Jahrhundert, München 2000.

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West Africa Review vertrieb, welche beide in London publiziert wurden. 116 WAP war sehr daran interessiert, bei dieser Zeitung ein exklusives Werberecht zu erhalten, doch dies gelang ihr nur mit Einschränkungen. Im Gegensatz zu der Situation in der Gold Coast war die Zeitung in einer wesent­lich besseren finanziellen und daher grundsätz­lich stärkeren Position, sodass sie sich nicht auf alle Bedingungen einlassen musste, die WAP stellte. Die Agentur konnte zwar 1935 erfolgreich ein Abkommen mit der Nigerian Daily Times aushandeln, welches in den Folgejahren erneuert wurde, doch sie hatte keinen Erfolg damit, sich als einzige Werbeagentur der Z ­ eitung zu etablieren. WAP beklagte sich zudem wiederholt über Vertrags­brüche von Seiten der Nigerian Daily Times. Dass die Zeitung das Vertragsverhältnis mit WAP dergestalt auf die Probe stellte, zeigte, dass die Zeitung nicht in dem Maße abhängig von der Finanzierung durch WAP war, wie dies für die African Morning Post galt.117 In Nigeria stellte sich für WAP die Situation anders als in der Gold Coast dar: Dort konnte sie die Vertragsbedingungen nicht so stark nach ihren Interessen ausrichten, wie ihr das bei der African Morning Post mög­lich war. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass WAP in allen drei Kolonien Verträge mit den bedeutendsten Zeitungen hatte, was ihr als Werbeagentur einen m ­ assiven Einfluss auf das Werbegeschehen in allen drei Kolonien verschaffte. Mit dieser Finanzierung hat die Werbeagentur die Entwicklung der Presselandschaft in Westafrika beeinflusst und geprägt. Der Handlungsspielraum der Agentur und ihre Einflussnahme auf die Zeitungen fielen dabei allerdings unterschied­lich aus und waren von der Ausprägung der Presselandschaft in der jeweiligen Kolonie abhängig. In der Gold Coast beeinflussten die Werbeeinnahmen durch inter­nationale Konzerne die Entwicklung der Presselandschaft und damit auch die Organe der politischen Aktivisten in der Kolonie erheb­lich. Für manche Zeitungen bedeutete dies finanzielle Unterstützung, die es ihnen vermut­lich überhaupt erst ermög­lichte, sich auf unsicherem Terrain zu etablieren und die Anfangsschwierigkeiten zu überwinden. Im Fall der African Morning Post wird besonders deut­lich, dass mit der Förderung von WAP auch ein gezielter Transfer von journalistischen Techniken und Verfahren verbunden war, wie Druckmög­lichkeiten, Layout und die Nutzung von Nachrichtenagenturen. In anderen Situationen konnte es den Verlust von Ein­ nahmen und damit finanzielle Schwierigkeiten oder sogar das Ende der Publikation bedeuten. Da die beiden zentralen Zeitungen für den Start in die kommerzielle 116 Chick, Cecil King, S. 380. Die Zeitung wurde Ende der 1940er Jahre von der Mirror Group aufgekauft, die 1950 in der Gold Coast den Daily Graphic ins Leben rief. Vgl. dazu Abschnitt 5 in Kapitel IV. 117 Brief von Davies an Hussey, 14. Februar 1936, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). Im Januar 1937 wurde das Abkommen erneuert: Brief von Lloyd an Sanderson, 9. Januar 1937, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.).

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Massenpresse einen Vertrag mit WAP hatten, lässt sich annehmen, dass die UAC diesen Wandel unterstützte, mit herbeiführte und vielleicht sogar überhaupt erst mög­lich machte. Dieser Faktor ist bislang in der F ­ orschungslite­ratur, sowohl zur Geschichte der nationalistischen Bewegungen als auch zur Presse­geschichte, völlig unbeachtet geblieben.

3. Neue Bilderwelten: Die Printwerbung in der Gold Coast und die visuelle Karriere der afrikanischen Konsumenten, 1900 – 1945 Der vorangegangene Abschnitt hat die Gründung der Agentur und den Aufbau ihrer Infrastruktur untersucht. Der folgende Teil stellt das visuelle Material der Printwerbung in den Zeitungen in den Fokus und nimmt damit eine weitere Ebene der Interaktion der Werbebranche mit der Gesellschaft der Gold Coast in den Blick. Die Werbung wandte sich vor allem ab Mitte der 1930er Jahre sichtbar an ein afrikanisches Publikum und dabei vor allem an städtische Bildungsschichten, die sie als Konsumenten der importierten Waren zu gewinnen suchte. Die urbanen Leserschaften der Zeitungen

Die Forschung zu den neuen Eliten in den afrikanischen Kolonien und jungen Postkolonien hat ihren Blick zunächst auf die Eliten in ihrer Rolle als politische Aktivisten gerichtet und nach dem Entstehen einer Parteienlandschaft sowie dem Verlauf politischer Konflikte gefragt.118 Nach der Unabhängigkeit der afrikanischen Kolonien entstanden in den 1960er und 1970er Jahren auch soziolo­gische Unter­ suchungen, welche vornehm­lich das Bildungssystem als Ort der Elitenformierung in den Blick nahmen und sich Verstädterungsprozessen widmeten.119 Andere Studien

118 Vgl. zu Ghana: Austin, Dennis: Politics in Ghana, 1945 – 1960, Oxford 1964; Rathbone, Richard: Businessmen in Politics. Party Struggle in Ghana, 1949 – 1957, in: Journal of Development Studies 9 (1973) 3, S. 391 – 401. Für andere afrikanische Nationen entstanden ähn­liche Studien, vgl. etwa: Young, Crawford: Politics in the Congo. Decolonization and Independence, Princeton 1965; Smythe, Hugh H./Smythe, Mabel M.: The New Nigerian Elite, Stanford 1960. 119 Foster, Philip: Education and Social Change in Ghana, Chicago 1965; de Graft-­Johnson, K. E.: The Evolution of the Elites in Ghana, in: P. C. Lloyd (Hg.): The New Elites of Tropical Africa, Oxford 1966, S. 104 – 117; Southhall, Aidan (Hg.): Social Change in Modern Africa, Oxford 1961; Gugler, Josef/Flanagan, William G.: Urbanization and Social Change

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haben die politische Kultur und das Selbstverständnis dieser Gruppe, die auch als afrikanische Mittelschicht oder Evolues bezeichnet wird, in den Fokus gerückt.120 Doch die Bedeutung ihrer gemeinsamen Kultur und der (populär-)kulturellen Formierung von Kollektividentität blieb lange Zeit wenig beachtet und rückt erst in der letzten Zeit verstärkt ins Interesse der Historiographie.121 Eine jüngere, bedeutende Publikation zur Geschichte dieser sozialen Gruppe stellt das Buch von Michael O. West dar, welches das Entstehen und den Aufstieg einer afrikanischen Mittelschicht im kolonialen Zimbabwe untersucht.122 Den Terminus „middle class“ begründet er sowohl mit ökonomischen als auch mit kulturellen Argumenten. Zum einen unterschied sich die afrikanische Mittelschicht bezüg­lich ihrer Berufe und ihres Einkommens einerseits von der thin white line der in der Kolonie ansässigen Europäer, andererseits von der Schicht der ungelernten Arbeiter sowie des Großteils der länd­lichen Bevölkerung. Zum anderen teilte diese Gruppe, wie weiter unten beschrieben wird, kulturelle Eigenschaften und ein starkes Gemeinschaftsgefühl, das Bewusstsein, sich als soziale Schicht von anderen Teilen der Gesellschaft abzusetzen.123 Doch auch die großen Unterschiede hinsicht­lich Ausbildung, Beruf, Einkommen und gesellschaft­lichem Status innerhalb dieser Gruppe spielen in der jüngeren Forschung eine wichtige Rolle. So untersucht Stephanie Newell in ihrer Studie zu den Lese- und Schreibkulturen in der Gold Coast explizit den weniger privilegierten Teil dieser Schicht und setzt diese deut­lich von der zahlenmäßig kleinen Elite innerhalb der Bildungsschicht ab. Auch in Jinny Prais Studie zum kulturellen Leben dieser Schicht in Accra in den 1920er und 1930er Jahren werden die Differenzen und die damit verbundenen Konflikte innerhalb der Bildungsschicht eindrück­lich analysiert.124 Diese Betrachtungen spielen eine wichtige Rolle für die vorliegende Studie, die den Terminus Bildungsschicht für die gesamte Gruppe

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in West Africa, Cambridge 1978; Little, Kenneth: West African Urbanization. A Study of Voluntary Associations in Social Change, Cambridge 1965. Grohs, G.: Stufen afrikanischer Emanzipation. Studien zum Selbstverständnis west­ afrikanischer Eliten, Stuttgart 1967; Langley, J. Ayo: Ideologies of Liberation in Black Africa, 1856 – 1970. Documents on Modern African Political Thought from Colonial Times to the Present, London 1979. Gocking, Roger S.: Facing Two Ways. Ghana’s Coastal Communities under Colonial Rule, Lanham 1999; Parker, John: Making the Town. Ga State and Society in Early Colonial Accra, Portsmouth 2000; Cole, Catherine M.: Ghana’s Concert Party Theatre, Bloomington 2001; Newell, Literary Culture; Prais, Imperial Travelers. West, Michael O.: The Rise of an African Middle Class. Colonial Zimbabwe, 1898 – 1965, Bloomington 2002. Ebd., S. 1 ff. Newell, Literary culture, S. 8; Prais, Imperial Travelers.

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verwendet und darin zum einen eine afrikanische Mittelschicht, zum anderen eine afrikanische Elite unterscheidet. Die Bildungsschicht in der Gold Coast der 1930er Jahre hatte bereits eine längere Geschichte. Im Zuge der Kontakte mit europäischen Händlern und christ­ lichen Missionaren hatte sich in den Küstenstädten Westafrikas eine wohlhabende, zahlenmäßig kleine afrikanische Elite entwickelt. Diese hatte in Missionsschulen und oft auch an europäischen Universitäten das west­liche Bildungssystem durchlaufen, war christ­lichen Glaubens und oft als Anwälte oder Händler aktiv. Während für sie im 19. Jahrhundert der Kontakt mit Europäern nicht selten sozialen und wirtschaft­lichen Aufstieg bedeutet hatte, sah sich diese Elite mit der Etablierung der britischen Kolonialherrschaft mit sozialer und politischer Abwertung sowie ökonomischem Niedergang konfrontiert.125 Damit wurden ihre durchaus vorhandenen Hoffnungen enttäuscht, im kolonialen System ihre privilegierte Position weiterhin zu halten und zu stärken. Europäische Unternehmen verdrängten afrikanische Händler sukzessive aus dem Import-Export-Geschäft.126 Akademiker und Mitarbeiter der Kolonialverwaltung sahen sich mit Theorien des sogenannten ‚wissenschaft­lichen‘ Rassismus konfrontiert, verloren ihre Posten zunehmend an Europäer und mussten sich in den elitären Freizeitaktivitäten mit stärkerer Segregation zwischen Europäern und Afrikanern auseinandersetzen. Politisch setzten die britischen Kolonialherren mit der Doktrin der indirect rule verstärkt auf eine Zusammenarbeit mit den Chiefs, deren gesellschaft­liche Stellung und politische Macht sie auszubauen suchten. Damit sah sich die Bildungsschicht nicht nur um politische Mitbestimmungsrechte gebracht, sondern auch mit einer kolonialen Ideologie konfrontiert, die den Platz von Afrikanern in ‚traditioneller‘ Kultur und dörf­lichen Gemeinschaften verortete.127 125 Bis in die 1930er Jahre konzentrierte sich in der Gold Coast der Großteil der Bildungsschicht in der Küstenstadt Cape Coast. Grundlegend dazu: Gocking, Facing Two Ways; Siehe auch: Hutchison/Doortmont (Hg.): The Pen-Pictures of Modern Africans. 126 Nwaboghuogo, From Wealthy Entrepreneurs to Petty Traders; Hopkins, Anthony G.: Economic Aspects of Political Movements in Nigeria and in the Gold Coast, 1918 – 1939, in: The Journal of African History 7 (1966) 1, S. 133 – 152. 127 Ein wichtiger Vertreter dieser Doktrin war Frederick Lugard, der 1912 bis 1918 Generalgouverneur in Nigeria war. Er veröffent­lichte 1922 in London sein Buch „The Dual Mandate in Tropical Africa“. Er vertrat gemeinsam mit anderen Verfechtern dieses Herrschaftskonzepts die Meinung, Afrikaner sollten keine „pseudo-Europeans“ werden und pflegte besonders gegenüber der afrikanischen Bildungsschicht rassistische Ansichten. Cell, John W.: Colonial Rule, in: Brown/ Louis, The Twentieth Century, S. 232 – 254, hier S. 249. Siehe auch: Gocking, Roger S.: Indirect Rule in the Gold Coast. Competition for Office and the Invention of Tradition, in: Canadian Journal of African Studies 28 (1994) 3, S.  421 – 446.

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Die Bildungselite brachte ihre Forderungen nach mehr Mitspracherechten im politischen Leben der Kolonie bis in die 1920er Jahre hinein mit eher reformerischen Zielen zunächst in der Gold Coast Aborigines Rights Protection Society (GCARPS) und später im National Congress of British West Africa (NCBWA) zum Ausdruck, in dem der oben erwähnte Anwalt Casely Hayford aktiv war.128 Gleichzeitig stieg im Zuge wachsender Einnahmen durch Kakaoexporte und infrastrukturellen Ausbaus die Zahl der Schulabgänger enorm an, die sich hauptsäch­lich in den rasant wachsenden Städten ansiedelten und dort ihre eigenen Organisationen wie etwa Debattierclubs gründeten.129 Mit der Native Administration Ordinance 1927 und dem Native Authority Act 1935 wurde die Stellung der Chiefs dennoch weiter gestärkt. Gleichzeitig brachen im Zuge der Wirtschaftskrise Konflikte mit Arbeitern und Bauern aus, die die Kolonialherrschaft weiter diskreditierten. Eine radikalere Gruppe von jungen, gebildeten Afrikanern begann, sich politisch mit Forderungen nach Selbstregierung zu äußern, etwa die oben erwähnten Akti­visten J. B. Danquah, Nnamdi Azikiwe oder auch der Marxist aus Sierra Leone I. T. A. Wallace-Johnson, der die West African Youth League (WAYL) ins Leben rief, sich in die Arbeitskonflikte der Kolonie einmischte und 1937 aufgrund seiner poli­ tischer Aktivität aus der Gold Coast verbannt wurde.130 Diese Aktivisten s­ tützten sich stärker als die vorhergehende Generation afrikanischer Politiker auf die Unterstützung einer breiteren Masse von Kakaobauern, Händlern und Arbeitern sowie Angestellten.131 Aufgrund des Anstiegs von Schulbildung weitete sich die Bildungsschicht ab den 1920er Jahren deut­lich aus und wandelte sich damit in den ersten Jahr­ zehnten des 20. Jahrhunderts. In den 1930er Jahren machten lokale Schulabgänger die große Mehrheit dieser Schicht aus. Sie hatten im Bildungssystem der Kolonie die primary school, teacher training colleges und teils auch die secondary 128 Vgl. zu den politischen Auseinandersetzungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Zwischenkriegszeit: Kimble, David: A Political History of Ghana. The Rise of Gold Coast Nationalism 1850 – 1929, Oxford 1963. Einen Überblick über die politischen ­Entwicklungen bis zum Zweiten Weltkrieg bietet: Gocking, The History of Ghana, S. 51 – 74. 129 Zwischen 1930 und 1940 stieg die Schülerzahl in der Gold Coast von 54.151 auf 91.047. Im Jahr 1945 war sie bereits auf 143.312 gestiegen. Auch die Anzahl der Institutionen, welche weiterführende Schulbildung anboten, stieg zwischen 1930 und 1940 von 601 auf 2.635. Den Großteil dieses Zuwachses machten akademische Institutionen in afrika­nischer Eigentümerschaft aus, die auch von afrikanischem Lehrpersonal betrieben wurden. ­Foster, Education and Social Change, S. 113 ff. Zu den Lesezirkeln und Debattierclubs vgl. Newell, Literary Culture; Prais, Imperial Travelers. 130 Spitzer, Leo/Denzer, LaRay: I. T. A. Wallace-Johnson and the West African Youth League, in: The International Journal of African Historical Studies 6 (1973) 3, S. 413 – 452. 131 Hopkins, An Economic History, S. 267.

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school besucht. Männer dominierten diese Gruppe, da deut­lich weniger Frauen über die Grundschulbildung hinaus weiterhin die Schule besuchten. Die Absol­ venten arbeiteten als Lehrer, Verkäufer, Verwaltungsangestellte, Schneider, Polizisten und Priester, für die Frauen waren Berufe wie Telefonistin, Hebamme oder Büroangestellte typisch. Hinsicht­lich ihrer Berufe und Einkommen bildeten sie in der Gesellschaft der Gold Coast eine Mittelschicht. Auch für sie zeigte sich die Wirtschaftskrise in Form von hoher Arbeitslosigkeit und schlechter Bezahlung. Auch wenn diese Gruppe hinsicht­lich ethnischer und regionaler Zugehörigkeit kaum als kohärent bezeichnet werden kann, so waren doch die meisten aus länd­lichen Regionen in die Städte der Gold Coast migriert.132 Viele Angehörige der Bildungsschicht zog es in den 1930er Jahren in die stetig wachsende Hauptstadt Accra, wo es nicht nur wirtschaft­lich mehr Spielräume gab, sondern auch – im Gegensatz zu der Situation in Cape Coast, wo die Gruppe der Fanti bestimmenden politischen Einfluss auf die Lokalpolitik ausübte – keine ­ethnische Gruppe die politischen Geschehnisse in demselben Ausmaß wie in Cape Coast dominierte und sich für die Bildungsschicht so wesent­lich mehr Spielraum bot. Die Küstenstadt Cape Coast erfuhr damit einen Bedeutungsrückgang und schrumpfende Bevölkerungszahlen.133 Der kleinere, aber deut­lich besser etablierte Teil der Bildungsschicht bestand aus Angehörigen der reichen Küstenfamilien, die ihre weiterführende Schul- und auch Universitätsbildung im Ausland, vornehm­lich in England, absolviert hatten. Viele Familien waren seit Generationen Teil dieser Elite. Sie arbeiteten als Anwälte, Ärzte, Unternehmer und in der Kolonialverwaltung, hatten Verlegerschaft und Heraus­geberschaft der Zeitungen inne und besetzten hohe Positionen im politischen und sozialen Leben der Kolonie – ihre Kaufkraft lag teils weit über der anderer sozialer Gruppen der Kolonie.134 Den Angehörigen der Bildungsschicht waren einige kulturelle Eigen­schaften gemein. Ihr Leben konzentrierte sich in den Städten, vor allem in Accra. Sie b­ ezogen sich in der lokalen Bevölkerung am stärksten auf eine europäische Kultur. Wer es sich leisten konnte, trug europäische Anzüge und Kleider. Sie bildeten Vereine und Debattierclubs, widmeten sich dem Studium der eng­lischen Literatur und Weltpolitik, der wohlhabendere Teil organisierte Theater- und Tanzabende, lud zu reichhaltigen Abendessen ein und partizipierte an Sportereignissen wie etwa Pferderennen oder Boxveranstaltungen. Trotz der großen Einkommensunterschiede war den Mitgliedern dieser Gruppen ein klares Statusbewusstsein gemein

132 Prais, Imperial Travelers, S. 167 – 175. 133 Ebd., S. 11. 134 Ebd., S.  176 – 190.

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und sie forderten entgegen zeitgenös­sischer Kolonialideologie und Rassismus eine gleichrangige Teilhabe an einer kosmopolitischen Kultur und Gesellschaft, die sie selbst als modern bezeichneten. Ihre Bezüge auf europäische Kultur müssen in diesem Sinne gelesen werden und waren gleichzeitig immer von Ambivalenz, Aneignungsprozessen, Kritik an der Kolonialmacht sowie Bezügen auf ‚tradi­tionelle‘ afrikanische Kultur geprägt.135 Die Bildungsschicht verfügte nicht nur über die Kaufkraft für importierte Güter, sondern hatte auch ein großes Interesse an diesen Waren, weil der Konsum europäischer Gegenstände in ihrer Kultur eine wichtige Rolle spielte. Die reiche Elite konsumierte sie alltäg­lich auf einem ähn­lich hohen Niveau wie europäische Ausländer. Für Mitglieder der lokalen Bildungsschicht war dies kaum erschwing­lich, aber diese Güter waren dennoch von großer Bedeutung. Sie waren ein so wich­ tiger Bestandteil der Demonstration von Status und Gruppenzugehörigkeit, dass manch ein ambitionierter junger Mann oder, seltener, eine ambitionierte junge Frau, alles verfügbare Geld in Gegenstände wie europäische Kleidung, Schuhe, Hüte, Schreibpapier und Einrichtungsgegenstände investierte.136 Die Zeitungen der 1930er Jahre waren eng mit dieser Mittelschicht und Elite verbunden. Sie wurden von ihr geschrieben und herausgegeben, vor allem von der reichen Elite, und von der gesamten Bildungsschicht gelesen. Sie dienten dieser als Medium des Austauschs, der Selbstverständigung, Selbstvergewisserung und

135 Ebd., S. 128 – 202. Zum Denken und zu den Biographien afrikanischer Intellektueller siehe: Falola, Toyin: Nationalism and African Intellectuals, New York 2001; Hutchison/ Doortmont, The Pen-Pictures of Modern Africans; Newell, Literary Culture. Miescher untersucht außerdem die Herausbildung von Gender-Identitäten in der Mittelschicht: Miescher, Stephan: Making Men in Ghana, Bloomington/Indianapolis 2005. 136 Miescher, Making Men in Ghana, S. 87. Gerade die Konsumkulturen dieser Schicht ­stellen ein bislang nur sehr unzureichend behandeltes Forschungsfeld dar. Hinweise auf die enorme Bedeutung der Güter bietet aber auch die zeitgenös­sische afrikanische Literatur, wie etwa der Roman „No Longer at Ease“, welcher in der nigerianischen Hauptstadt Lagos spielt. Der Autor Chinua Achebe stellt in diesem Buch dar, dass das Gehalt in den unteren Reihen des Staatsdiensts kaum die Kosten der Teilhabe an dem städtischen Kulturangebot für diese Schicht decken konnte, und wie hoch gleichzeitig der Druck auf die zumeist jungen Männer war, dennoch an diesem Angebot zu partizipieren: Achebe, Chinua: No Longer at Ease, Johannesburg 1960. Ein weiteres Beispiel stellt die Autobiographie eines Ghanaers über seine Kindheit als Sohn eines Schullehrers in der Gold Coast der 1920er Jahre dar, in der der Autor beschreibt, dass er das einzige Paar Kinderschuhe im Einzelhandelsgeschäft seines Dorfes geschenkt bekam, um dem Status des Sohns des Dorflehrers gerecht zu werden. Er schlief nachts mit den Schuhen unter seinem Kopfkissen, damit er die wertvollen Objekte sicher verwahrt wusste. Selormey, Francis: The Narrow Path, London u. a. 1967, S. 16 – 18.

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Identitätsbildung. Die Zeitungen und die vermittelt über sie stattfindenden Dialoge zwischen Autoren und Lesern der Zeitungen waren von großer Bedeutung für die Herausbildung eines kollektiven Selbstverständnisses sowie einer gemeinsamen politischen Begriff­lichkeit. Die Mitglieder der Clubs und Debattierzirkel diskutierten mora­lische Fragen, Rollenbilder der modernen Afrikaner und Wege des „self-improvement“. Es war für diese soziale Gruppe sehr wichtig, nach außen „modernity“ und „collective uplift“ zu demonstrieren, nicht zuletzt als claim-­makingdevice gegenüber der britischen Kolonialmacht.137 Hierfür standen die Zeitungen im Zentrum einer urbanen Kultur und dienten als rege genutztes Diskussionsmedium.138 Der Wunsch nach einer Teilhabe an den importierten Konsumwelten sowie ihr Zur-Schau-Stellen lässt sich auch den Artikeln und Leserbriefen immer wieder entnehmen.139 Die Frage der Gruppenzugehörigkeit, also wer sich als Teil der Bildungsschicht verstehen konnte und wer über diese Teilhabe entschied, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Die alteingesessene und etablierte Elite stand den stetig steigenden Zahlen von verhältnismäßig einkommensschwachen lokalen Schulabgängern ambivalent gegenüber. Sie beanspruchte ihnen gegenüber einerseits eine Art kultureller Führungsrolle und trat mit einem selbstgewählten Erziehungsauftrag an diese heran, indem sie ihnen ein Vorbild für die Herausbildung einer modernen afrikanischen Persön­lichkeit sein wollte. Andererseits stellten die Mittelschichten auch eine Bedrohung ihrer exklusiven, relativ geschlossenen Gesellschaft dar, zu der Erstere einen Zugang und eine Teilhabe an ihren Aktivitäten forderten.140 Alle wichtigen Zeitungen wurden auf Eng­lisch publiziert. Für die Lektüre ­mussten potentielle Konsumenten nicht nur des Lesens, sondern auch des Eng­ lischen mächtig sein. Werbung in den Zeitungen wurde so vornehm­lich von einem gebildeten, lesekundigen städtischen Publikum gesehen. Das Publikum der Werbung in den Printmedien war deut­lich kleiner als das der Plakatwerbung; dennoch darf die Reichweite der oft in kleiner Auflage publizierten Zeitungen nicht unterschätzt werden. Eine Ausgabe einer Zeitung wurde selten nur von einer Person gelesen, fast immer wurde sie weiterverkauft oder verliehen, nicht zuletzt deshalb, weil der Kauf einer Zeitung für die meisten Leser ein teures Unterfangen war.141 Mit der Praxis, Zeitungen auch einem analphabetischen Publikum vorzutragen, 137 138 139 140 141

Prais, Imperial Travelers, besonders S. 128 – 202. Ebd., S. 20 – 24; Newell, Literary Cultures, besonders S. 29 und S. 53 – 63. Prais, Imperial Travelers, S. 141. Ebd., S.  203 – 236. Newell hat außerdem gezeigt, dass innerhalb der Bildungsschicht Bücher regelmäßig zur Lektüre verliehen und so von weitaus mehr als einer Person gelesen wurden. Newell, Literary Culture, S. 17 f.

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erreichten die Blätter schließ­lich auch eine Reichweite über die Bildungsschicht hinaus. Interessanterweise konnten diese ‚Leser‘ zwar nicht die Artikel entziffern, wohl aber die Bildbotschaften der Werbeanzeigen betrachten.142 Nach dieser Skizze der urbanen Leserschaften wird im Folgenden die Werbung in den Printmedien der Gold Coast in den 1930er Jahren untersucht. Die Analyse stützt sich auf die zentralen Zeitungen mit der größten Reichweite und Leserschaft, bezieht aber als Vergleichsfeld auch auflagenschwächere Organe mit kurzer Lebensdauer mit ein. Der Gold Coast Leader (1906 – 1917), die Gold Coast Nation (1912), die Gold Coast Times (1925 – 1937), die Gold Coast Independent (1930 – 1934), die Times of West Africa (1930 – 1934), der Gold Coast Spectator (1934) sowie die African Morning Post (1934 – 1945) dienen hier als Quellengrundlage.143 Da die Werbepraxis sich mit der Etablierung von WAP deut­lich veränderte, ist der Abschnitt entsprechend chronolo­gisch unterteilt. Printwerbung vor der Gründung von West Africa Publicity

Bis in die Mitte der 1920er Jahre schalteten die Zeitungen nur wenig Werbung. Diese war auf einer Seite gruppiert, meist auf der Titelseite. Im Laufe der Jahre nahm die Anzahl der Anzeigen stark zu, bis schließ­lich alle Seiten einer Ausgabe Werbung zeigten. Gleichzeitig wuchs die Anzahl von bild­lich illustrierten ­Anzeigen. Zeigten die Zeitungen zunächst Markenproduktreklame in Form von Klein­anzeigen, so dominierten Ende der 1930er Jahre illustrierte Werbeanzeigen, während die Kleinanzeigen zunehmend lokale Produkte oder Dienstleistungen anpriesen. Ende der 1930er Jahre schließ­lich war kommerzielle Werbung für Markenprodukte in den Zeitungen weit verbreitet und deut­lich sichtbar. Mit Abstand am häufigsten priesen die Anzeigen Arzneien und Medizin­ produkte an, vom Hustensaft und Mitteln gegen Haarausfall bis hin zu ­Pillen und Säften, welche die Heilung von einem weiten Spektrum von Krank­heiten wie Blutarmut, Lebervergiftung, Verstopfung, Schlaflosigkeit, Antriebs­losigkeit oder Appetitmangel versprachen. Solche Patentmedizin-Werbung, die nicht überprüfte Aussagen über die Wirkung von selbsternannten Heilmitteln machte, war in Großbritannien im 19. Jahrhundert weit verbreitet und schließ­lich ein Problem für die meisten Werber, da sie die gesamte Branche in Verruf brachte. Dies führte zu einer Gesetzgebung, die versuchte, den Wahrheitsgehalt der Werbung zu kontrollieren. Forschungen zur US-amerikanischen und britischen Werbegeschichte zeigen, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts solche ‚Quacksalber‘-Werbung

142 Harding, Geschichte Afrikas, S. 74. 143 Die Jahresangaben beziehen sich auf den für diese Arbeit gesichteten Zeitrahmen.

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abnahm und verstärkt durch Werbung für Markenprodukte ersetzt wurde, die kontrollierbare, immer gleiche Qualität versprach. Auch der Konsum der Produkte ging zeitgleich zurück, weil sich Erkenntnisse hinsicht­lich der Wirkungslosigkeit oder auch Schäd­lichkeit der Säfte und Pillen durchsetzten. Allerdings waren Patentmedizin-Werber Vorreiter hinsicht­lich der Werbemethoden, die den Konsumenten persön­liche Veränderung, „self-promotion“, durch Produktanwendung versprach.144 Warum wurde in Westafrika so massiv für diese Produkte geworben? Die Werbung war zumeist mit wenig Aufwand und somit kostengünstig gestaltet. Eine Vermutung wäre, dass die britischen Werber gezwungen waren, aufgrund der restriktiven Gesetzeslage in Europa in die noch völlig unregulierte Werbelandschaft der Kolonien des britischen Empires auszuweichen. Sicher­lich waren sie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Großbritannien mit Absatz­ problemen konfrontiert. Es mag sein, dass die Hersteller sich einen Absatzmarkt unter den Europäern in den Kolonien erhofften, galten doch die Tropen als Hort teils lebensgefähr­licher Erkrankungen. Ebenso ist mög­lich, dass sie in der afri­ kanischen Bevölkerung einen potentiellen Abnehmer erblickten, handelte es sich bei diesen Produkten doch zumeist um relativ kostengünstige Ware, die auch in kleinen Mengen abgegeben wurde und so auch von Personen mit geringer Kaufkraft erstanden werden konnte. Es mutet im Übrigen durchaus ironisch an, dass viele Artikel derselben Zeitungen offen die Heilpraktiken der westafrika­nischen Naturreligionen als ‚Aberglauben‘ diffamierten und zurückwiesen, während gleichzeitig Anzeigen für vermutlich wirkungslose Produkte aus Europa Hilfe gegen wissenschaftlich gewiss nicht anerkannte Krankheitsbilder versprachen und sich dabei mit dem Mantel der Moderne und des Fortschritts schmückten. Häufig warben auch Versandhändler, die sich auf bestimmte Produkte oder Produktlinien spezialisiert hatten, wie etwa Fahrräder, Uhren, Anzüge, Wäsche oder Kleidung. Sehr selten warben lokale Händler für ein bestimmtes Produkt. Auch druckten die Zeitungen Reklame von kleineren Herstellern in Großbritannien, welche auf ein bestimmtes Produkt spezialisiert waren und dieses per Versand aus Großbritannien zum Verkauf anboten, wie beispielsweise Gewehre, Grammophone, Instrumente, Spielpuppen, Stoff oder Tropenhelme – also Konsumartikel, welche auch in Großbritannien nicht zu der Gruppe alltäg­lich gekaufter Konsumgüter 144 Nevett, Advertising in Britain, S. 112 und S. 128 f.; Laird, Advertising Progress, S. 48 ff.; Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 319. Auch in Deutschland führte ­dieser Typ von Werbung zu einer negativen Einstellung gegenüber der gesamten Branche: ­Silberer, Günter/Mau, Gunnar: Anfänge und Geschichte der Werbewirkungsforschung, in: Hartmut Berghoff (Hg.): Marketinggeschichte. Die Genese einer modernen Sozialtechnik, Frankfurt am Main 2007, S. 231 – 255, hier S. 235.

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gehörten. Deren Bestellangebote waren zeitweise für die United Africa Company eine ernst zu nehmende Konkurrenz, die durchaus zu Umsatzeinbußen führte.145 Werbung für Markenprodukte war bis zu Beginn der 1930er Jahre auffällig selten zu finden. Sie pries importierte Waren an, die in den meisten Teilen Europas zum Alltagskonsum gehörten, in Westafrika hingegen durchaus zu Luxusgütern zählten, wie etwa Butter, Dosenmilch, Mehl, Erfrischungsgetränke wie Schweppes, Worcester-Sauce, Wäscheblau, verschiedene Kosmetika oder Malzmilchgetränke. Bei deren Herstellern handelte es sich fast ausschließ­lich um große, internationale Firmen, welche – sehr oft über die United Africa Company – ihre Produkte ins britische Empire vertrieben und dafür bei WAP Werbung in Auftrag gaben. Sie sollte erst mit der Etablierung von West Africa Publicity enorm zunehmen und gegen Ende der 1930er Jahre einen bedeutenden Teil der Werbung ausmachen. Der Großteil der beworbenen Produkte war britischer Herkunft, seltener fanden sich in den Anzeigen auch Produkte aus anderen Ländern Europas oder aus den USA. Auch priesen manche Unternehmen Dienstleistungen an: Banken warben um Kunden, Gold Coast Railways bot Tickets zum Sonderpreis und kleine Import-Export-Händler suchten Geschäftspartner in Westafrika. Die Leserschaften der Zeitungen nutzten zudem rege deren Kleinanzeigenservice und schalteten Mietgesuche, Traueranzeigen oder Stellenausschreibungen. Die Zeitungen wurden also auch aktiv von der lokalen Bevölkerung als Werbemedien verwendet. Das Muster, dem die Werbung in dieser Zeit folgte, bezeichnet die Forschung als reason-why Werbung. Diese Art der Werbung etablierte sich in den USA im 19. Jahrhundert und dominierte in der Werbebranche bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, als sich die Werbung, beeinflusst durch Erfahrungen mit der Herstellung von Kriegspropaganda, stärker auf Erfahrungen und Empfindungen der Konsumenten zu konzentrieren begann.146 Das Produkt stand im Zentrum der Werbebotschaft, sowohl des Textes als auch der Illustration. Markenname sowie Qualitätsversprechen dominierten die Argumentation des Textes und Wirkungsweise sowie Anwendung wurden ausführ­lich erklärt. „Ask for the Clasped Hands Brand“, ermahnte eine Anzeige. „Beware of Imitations“.147 Die Anzeigen priesen die Qualität der beworbenen Produkte mithilfe vieler Superlative. Der Werbetext hatte im Verhältnis zum Bild deut­lich mehr Raum – von seiner zentralen Bedeutung für die effektive Vermittlung der Werbebotschaft waren die meisten zeitgenös­sischen Werber ohnehin überzeugt.148 Manche Werbeanzeigen hielten sich in Artikelform 145 Report of D. D. Pitcher’s Visit, S. 12, UARM UAC/2/20/5/1/1. 146 Laird, Advertising Progress, S. 205 – 303. 147 Werbung für United Danish Butter Preserving Company, abgedruckt in: Gold Coast Leader, 8. Juni 1907, S. 1. 148 Laird, Advertising Progress, S. 292 f.

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und kamen völlig ohne Illustration aus. Die afrikanischen Zeitungen bestanden allerdings ohnehin aus sehr langen Artikeln in kleinster Schrift, welche oft über mehrere Seiten verteilt waren: Es war also nicht ungerechtfertigt, mit einer langen Aufmerksamkeitsspanne der Leser zu rechnen, wie es die Werber offensicht­lich taten. Die Reklame wies auch Formen von Werbewirkungsforschung auf, wie etwa die Aufforderung, das Werbemedium beim Kauf zu erwähnen, oder return coupons, welche die Leser gegen die Zusendung eines kleinen Marketinggeschenks an das Unternehmen entsenden sollten. Die Werber erhofften sich so Auskunft über die Sichtbarkeit ihrer Werbung, waren also an Rückmeldung dazu interessiert und zielten gleichzeitig darauf ab, mit den Konsumenten in Kontakt zu treten. Für die US-amerikanische Werbegeschichte wurde gezeigt, dass sich reason-why Werbung in einem ungesättigten und expandierenden Markt entwickelte, in dem die Werber nicht von weit verbreitetem Wissen um den Konsum der beworbenen Güter ausgehen konnten.149 Hier machte es tatsäch­lich Sinn, das Produkt abzubilden und im Text zu erklären, wie der Konsum ‚funktionierte‘. Erst in einem ­gesättigten Markt entfiel der Erklärungsdruck für die neuen Waren, während gleichzeitig die Notwendigkeit entstand, sich mit neuen Werbemethoden zur Bedürfnis­ erzeugung auseinanderzusetzen. Auch die Gold Coast lässt sich als ungesättigter Markt beschreiben, in dem eine Reihe von Produkten in ihrer Funktion erläutert werden mussten. Ebenso spiegelte der Stil bei der Versandwerbung wider, dass eine Distanz von mehreren tausend Kilometern zwischen Produzent und Konsument überbrückt werden musste. Die Werbeanzeige sollte Vertrauen herstellen und gleichzeitig eine adäquate Beschreibung des Produkts leisten. Zudem war die Abbildung von Menschen eine Seltenheit. Trat sie auf, so immer zusätz­lich zum Produkt, sie stand nicht im Zentrum der Werbung. Die Personen auf den Anzeigen für Patentmedizin illustrierten entweder die Beschwerden, gegen welche das Produkt Abhilfe versprach, wie etwa Husten, Rückenschmerzen oder Mückenstiche, oder sie demonstrierten das Produkt, wie bei Anzügen, Hüten oder Schuhen. Manchmal waren es auch Gesichter von testimonials, von fiktiven Personen, welche in der Werbung die herausragende Wirkung des Produktes ‚versprachen‘. Diese waren in überwiegender Anzahl europäisch, männ­lich und im Anzug mit Krawatte bekleidet. Frauen, Europäerinnen in Kleidern, waren sehr selten zu sehen. Die Werber betonten die europäische Herkunft der Produkte und verbanden sie mit höchster Qualität. Bear Brand Dosenmilch warb beispielsweise damit, das Produkt sei „not prepared for export only but also largely used in Switzerland.“ 150

149 Ebd., S. 205. 150 Werbung für Bear Brand Milch, abgedruckt in: Gold Coast Leader (Supplement), 10. ­Februar 1912, S. 2.

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Der Anzeigentext argumentierte oft mit den hygienischen Bedingungen bei der Herstellung. Indem der Verweis auf die britische Herkunft des Produkts als ‚Nachweis‘ für seine gute Qualität diente, griff die Werbung das hohe Prestige der Importgüter auf und verstärkte ihren Ruf, qualitativ hochwertig zu sein. Ein weiteres Verkaufsargument war die Hilfe des Produktes, mit tropischen Temperaturen umzugehen, wie beispielsweise in einer Werbung für Sanatogen Tonic Food: „It’s the nerves that suffer most in a hot climate.“ 151 Diese Argumente bezogen sich auf koloniale Diskurse und Erfahrungen aus der Metropole und sprachen somit in erster Linie die europäischen Ausländer der Kolonie an. Eine Anzeige für Raleigh Bicycles zeigte sehr deut­liche Bezüge auf koloniale und hier auch rassis­tische Ideologie, mit der die Konsumenten angesprochen wurden. Auf ihr war ein Europäer mit Anzug und Tropenhelm zu sehen, der mit einem Fahrrad vor einer Bananenpalme stand. Der Text pries die zuverlässige Funktion des Rades auch in „the wildest heart of Africa“, ein Fahrrad sei „essential wherever civilisation is left behind.“ 152 Auf einem anderen Werbebild aus derselben Kampagne war zu sehen, wie ein afrikanischer Bediensteter selbigem Europäer das Fahrrad gewissermaßen vorfuhr (Abbildung 3.5). Sowohl die jeweilige Kleidung als auch die Position der Personen auf dem Bild unterstellten ein hierarchisches Verhältnis.153 Die Werbung wandte sich also visuell an die britischen Auswanderer als Konsumenten. Diese repräsentierten so die Konsumenten von Importwaren in der Kolonie, obwohl der Großteil der Konsumenten aus der lokalen Bevölkerung kam. Auch die Werbetexte verweisen mit der Argumentation, das Produkt böte Schutz vor Hitze und tropischen Krankheiten, darauf, dass die Printwerbung sich an die europäischen Ausländer in der Gold Coast als kaufkräftige Elite wandte. Es mutet seltsam an, dass die Werber die europäischen Konsumenten ausgerechnet mit Botschaften ansprachen, die ein afrikanisches Publikum kaum positiv auffassen konnte, riskierten sie damit doch, einen Teil ihrer ohnehin zahlenmäßig geringen ­kaufkräftigen Kundschaft zu verprellen. Es ist anzunehmen, dass rassistische und imperiale Ideologie hier das Profitkalkül überwog und Afrikaner sch­licht nicht als kaufkräftige Konsumenten mit Interesse an Markenprodukten wahrgenommen wurden.

151 Werbung für Sanatogen Patentmedizin, abgedruckt in: Gold Coast Times, 5. November 1927, S. 8. 152 Werbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Gold Coast Leader, 25. August 1917, S. 8. 153 Werbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Gold Coast Leader, 3.–17. November 1917, S. 8.

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Abbildung 3.5: Werbung für Raleigh Fahrräder, 1917

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Koloniale Lebenswelten europäischer Konsumenten in der Printwerbung

In den 1930er Jahren veränderte sich die Werbung in mehrfacher Hinsicht. Die Werbeanzeigen für den Versandhandel gingen bereits während der 1920er Jahre zurück und Markenwerbung, die auf die Distributionsstrukturen des Einzelhandels vor Ort verwies, dominierte zunehmend die Zeitungsanzeigen. Das Spektrum der beworbenen Konsumgüter weitete sich aus. Die Anzeigen priesen nun beispielsweise Milch, Zahncreme, Babynahrung, Schokolade, Rasierapparate, Tee, Butter, Seife, Malzgetränke, Haaröl, Bratöl oder Zigaretten an. Zunehmend zeigten sie auch teurere Produkte wie Parfüm, Schuhe, Anzüge, Fotoausrüstung, Hüte, Schallplatten und Grammophone, manchmal sogar sehr teure Produkte wie Autos oder Baugeräte. Gleichzeitig etablierten sich zunehmend neue Werbestrategien. Anstatt nur das Produkt zu zeigen und seine Vorzüge zu erklären, rückten nun die Konsumenten ins Zentrum der Werbung. West Africa Publicity wirkte führend an diesem Umbruch der Werbung mit, indem sie einen Großteil der Anzeigen entwarf und schaltete. WAP etablierte auch die Praxis, die Werbung in der ganzen Zeitung zu verteilen und sogar gezielt bei thematisch passenden Rubriken zu schalten. Zunächst überwog noch immer die Darstellung von europäischen Konsumenten. Diese waren nun zunehmend in kolonialen Alltagssituationen dargestellt. Ovaltine – ein malzhaltiges Getränkepulver, im deutschsprachigen Raum als Ovomaltine vermarktet – gehörte beispielsweise zu den ersten Kunden, für die West Africa Publicity in London die Werbeanzeigen entwarf.154 Ovaltine wurde auf dem europäischen Markt mit dem Versprechen der körper­lichen und geistigen Gesundheit und Fitness beworben. Dieses Thema stellte WAP in den kolonialen Kontext. Eine Anzeige zeigte einen europäischen Mann beim Cricketspiel, in der Hand ein Glas Ovaltine (Abbildung 3.6). Im Hintergrund waren weitere Europäer zu sehen, die in das Spiel vor einem von Palmen umgebenen Haus im Kolonialstil vertieft waren. Der lange Werbetext erklärte ausführ­lich die Zusammensetzung des Getränks und seinen „supreme value for creating nervous and muscular ­strength“.155 Eine andere Illustration dieser Kampagne zeigte zwar Afrikaner, nicht aber als Konsumenten, sondern als Bedienstete von gutsituierten Europäern in der Kolonie. „There is only one Ovaltine“, erklärte ein europäischer Mann mit Tropenhelm und strengem Gesichtsausdruck seinem afrikanischen Bediensteten, der

154 Fifty Years Growing, S. 12. 155 Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. Juli 1934, S. 678.

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Abbildung 3.6: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, 1934

bereits mit Einkaufstasche und -zettel in der Tür stand.156 Die Gegenüberstellung der guten Kleidung des Europäers und der einfachen Kleidung des Afrikaners unterstrich das hierarchische Verhältnis – zudem war der Europäer größer als sein Bediensteter dargestellt. Farm Brand Milk, eine Dosenmilch-Marke aus Dänemark, gehörte ebenfalls zu den ersten Kunden von WAP. Eine Werbeanzeige zeigte ein europäisches Ehepaar an einem Tisch mit Teegedeck (Abbildung 3.7). Bester Laune sahen sie einem

156 Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Times of West Africa, 8. Juni 1934, S. 3.

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afrikanischen Angestellten zu, der auf einem Tablett das Milchkännchen servierte. Der Afrikaner war hier nicht Konsument des Produktes, hatte aber an dem Konsumvorgang als Zuschauer teil. „Simply delicious! Everyone loves Farm Brand Milk.“ Die Titelzeile unternahm also eine rhetorische Einbeziehung des Bediensteten, die allerdings im Kleingedruckten wieder abgeschwächt wurde. „Watch the smiles around the table when Farm Brand Milk is served!“ 157 Auf einer anderen Illustration erstellte ein Europäer mit seinem afrikanischen Hausbediensteten eine Einkaufsliste; sie zeigt einen Europäer im Anzug, der an einem Tisch sitzt, während ein Afrikaner in Bedienstetenuniform in abwartender Körperhaltung neben ihm steht. Über der Anzeige ist in Anführungszeichen zu lesen: „Farm Brand Mil-ik, Sah“. Der afrikanische Bedienstete erinnerte in dieser Werbung also seinen Arbeitgeber, zur ‚richtigen‘ Marke zu greifen. Gleichzeitig machte sich die Anzeige in einer Art rassistischer mockery über die Aussprache des Hausangestellten lustig.158 Afrikaner wurden hier offensicht­lich nicht als Konsumenten angesprochen, sondern ihre Darstellung diente dazu, den hohen Status der europäischen Konsumenten zu unterstreichen oder ihre kolonialen Alltagssituationen darzustellen. Wichtig ist auch, dass WAP in dieser Anzeige die in europäischen Haushalten der Gold Coast typische Situation darstellte, in der über den Einkauf der Produkte entschieden wurde. Europäer besuchten selten die Einzelhandelsgeschäfte, den Einkauf erledigten die afrikanischen Hausangestellten. Die Anweisung, welche Produkte die Bediensteten erwerben sollten, erteilten die Europäer also am heimat­ lichen Schreibtisch, und die Anzeige versuchte, in dieser Situation das Markenbewusstsein der europäischen Konsumenten zu schärfen. Auch die Marketingmanager von Unilever erkannten diese spezielle Einkaufssituation der Kolonien, in der die Europäer manchmal nicht einmal selbst mit dem Produkt in Berührung kamen: „I have arranged for a small campaign as an attempt to persuade European householders to use Sunlight Soap for washing clothes“, schrieb in den 1930er Jahren ein Manager, und fuhr fort: „All washing for Europeans is done by their washmen in their own compound, and the usual practice is to order from their store one or two bars of ‚white soap‘. If the store is Holts’ they receive Bibbys’ and if U. A. C., Wasco’s pale bar soap. By means of a suitable circular letter to all European addresses I hope to influence some of this trade to Sunlight.“ 159

157 Werbung für Farm Brand Milch, abgedruckt in: African Morning Post, 27. Dezember 1934, S. 6. 158 Werbung für Farm Brand Milch, abgedruckt in: Times of West Africa, 17. Juni 1932, S. 1. 159 Hansard’s Report, S. 17, UARM UNI/RM/OC OSD/21/4 (WAF 7) (vl. Rnr.).

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Abbildung 3.7: Werbung für Farm Brand Milch, 1934

Auch in der west­lichen Werbebranche rückte seit Ende der 1920er Jahre zunehmend die Frage in den Fokus der Werbefachleute, welche Personen die Entscheidungen über den Kaufvorgang der Produkte tätigten. US-amerikanische und britische Werber identifizierten in den 1930er Jahren Frauen als die Personengruppe, die zum überwiegenden Teil den Einkauf der Produkte durchführte. Zunehmend fokussierte sich die Werbebranche auf weib­liche Konsumenten, die die Anzeigen oft beim Einkauf zeigten.160 Dies kontrastiert auffällig mit der Werbung von WAP: Hier war der Prototyp des Konsumenten männ­lich. Der Europäer im Anzug oder

160 Marchand, Advertising the American Dream, besonders S. 66 – 80.

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in Sportkleidung konsumierte die Produkte, repräsentierte sie und beauftragte den männ­lichen Hausangestellten mit dem Einkauf. Dies zeigte sich auch auf Anzeigen für Kingsway-Geschäfte, welche ebenfalls durch WAP entworfen wurden. Zunächst richtete sich diese Kette an die zahlungskräftigen europäischen Kunden sowie an die reiche afrikanische Elite. In den 1930er Jahren warb Kingsway häufig mit seinem Kleidungsangebot, doch im Gegensatz zu der Werbung für Kleidung in den USA und Europa, auf der zu dieser Zeit überwiegend Frauen abgebildet waren, wandte sich die Kingsway-­ Reklame ausschließ­lich an Männer, die zumeist mit Anzug, Krawatte und Tropenhelm bekleidet waren.161 Weiterhin stilisierte die Werbung die Tropen als gesundheitsgefährdenden Ort. Immer mehr der Patentmedizin-Werbung, aber auch Werbung für Nahrungsmittel, die WAP gestaltete, spielten auf diese Ängste an und bewarben ihre Wirksamkeit gegen Malaria-Symptome oder als Stärkung bei heißen klima­tischen Bedingungen. Die West African Soap Company pries ihr Produkt Neptune C ­ arbolic Soap Tablets: „It cleans off the thickest dirt quickly and easily. And it means health because it protects you from disease.“ 162 Dabei g­lichen sich die Argumente von Medizinprodukten immer mehr denen für Grundnahrungsmittel an: „Not only Babies but all residents in the tropics need the sustaining and nourishing benefits of rich, full cream milk. Do not neglect this cardinal rule of health“, ermahnte eine Werbung für Bear Brand Dosenmilch.163 „Fortify yourself against Tropical illness“, forderte eine Werbung für Ovaltine und argumentierte: „It is beyond question that ordinary meal-time beverages in tropical countries have negligible food value, and have practically no value as health builders.“ 164 Die Werbe­anzeige zeigte weidende Kühe auf saftigem Farmland mit dicken Laubbäumen und vollen Sträuchern. „On an English Farm“, lautete der Titel einer Werbung mit einem sehr ähn­lichen Abbild für Dosenmilch von Nestlé. „You can (…) place every confidence in ‚Ideal‘ Milk. It is the purest, and richest of milks – and British too.“ 165 Auf einer Werbung für Bear Brand Dosenmilch konnte man eine Szene bewundern, in der auf einer Almwiese vor Alpenkulisse eine Kuh gemolken wird, während im Hintergrund ein Mann im Trachtenanzug ein Alpenhorn blies. „Safe!“ verkündete die Werbeüberschrift bei einer Werbung für Farm Brand 161 162 163 164

Werbung für Kingsway Stores, abgedruckt in: African Morning Post, 11. Januar 1935, S. 8. Werbung für Neptune Seife, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 19. Mai 1934, S. 480. Werbung für Bear Brand Milch, abgedruckt in: African Morning Post, 6. Oktober 1937, S. 3. Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Times of West Africa, 7. Oktober 1932, S. 3. 165 Werbung für Nestlé’s Ideal Milch, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. April 1934, S. 382.

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Dosenmilch, die ebenfalls von WAP hergestellt worden war. „The safest milk you can buy. Prepared in Denmark under hygienic conditions (…) and hermetically sealed (…) [it] reaches you in perfect condition (…).“ 166 Die Herstellung der Güter in Europa verband die Werbung mit hoher Produktqualität und der Bezug auf heimat­liche Gefilde diente zum Ankurbeln des Umsatzes. Eine Anzeige für Chequers Scotch Whisky etwa wartete mit verschiedenen Kurzgeschichten von berühmten britischen Adligen aus vormodernen Zeiten auf: „The greatest lesson of hospitality is depicted in the history of Bonnie Prince Charlie (…) Chequers Whisky will enhance your reputation for hospitality.“ 167 Die Anzahl der europäischen Ausländer in der Gold Coast war auch in den frühen 1930er Jahren ziem­lich klein und zudem ganz überwiegend männ­lich. Hatte der Zensus 1911 noch 1.625 ‚nicht-afrikanische‘ Ausländer erfasst, die „almost entirely European“ waren, war die Gesamtzahl 1921 bereits auf 2.033 gestiegen. Davon waren nur 208 Frauen.168 1926/27 war in dieser Statistik die Gesamtzahl der Europäer in der Kolonie auf 3.481 gestiegen. 1.046 dieser Europäer waren Kolonialbeamte, 1.861 Händler, 440 Angestellte von Bergbauunternehmen und 134 Missionare.169 Es war aus Sicht der Werber in dieser Situation also durchaus sinnvoll, männ­ liche Konsumenten abzubilden und anzusprechen, hätten rund 200 Frauen doch eine sehr kleine Konsumentengruppe dargestellt. Weiterhin erscheint es jedoch verblüffend, dass die insgesamt geringe Anzahl von europäischen Konsumenten in der Kolonie WAP nicht dazu bewegte, auch Afrikaner mit der Printwerbung anzusprechen. Die Agentur trennte in den ersten Jahren ihrer Existenz ihre Werbebestrebungen auf und richtete an ein afrikanisches Publikum ausschließ­lich Posterwerbung. Vermut­lich war eine getrennte Wahrnehmung dieser beiden Zielgruppen so selbstverständ­lich, dass WAP sie in der Werbepraxis fortsetzte. Es mag sein, dass auch die Werber bei WAP sich zunächst von der Einstellung leiten ließen, Printwerbung an ein afrikanisches Publikum könne nicht effektiv wirken; oder sie sahen keine Mög­lichkeit, mit einer Anzeige sowohl Europäer wie auch die afrikanische Bildungsschicht anzusprechen, aus Angst, erstere damit zu verprellen. In jedem Fall sollte sich diese Praxis der Agentur bald grundlegend wandeln, wie im folgenden Abschnitt dargestellt wird.

166 Werbung für Farm Brand Milch, abgedruckt in: African Morning Post, 9. Januar 1935, S. 2. 167 Werbung für Chequers Scotch Whisky, abgedruckt in: African Morning Post, 12. Januar 1935, S. 8. 168 The Gold Coast Handbook 1928, S. 51. 169 Ebd., S. 172.

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Die Anfänge kommerzieller Werbung in Westafrika in den 1930er Jahren

Entdeckung und visueller Aufstieg der afrikanischen Konsumenten

Ab Mitte der 1930er Jahre rückten afrikanische Konsumenten verstärkt ins ­Zen­trum der Aufmerksamkeit der Werber. Im Jahr 1938 warb West Africa Publicity in der African Morning Post um Kunden für die Agentur und pries dabei ein afrika­nisches Zielpublikum der Werbung: „Suggestion to Advertisers. No sane minded person can deny that the African consumer has contributed in a great measure to the success of the foreign producer. Since this is so, and since the African Morning Post is read by over 7,500 Africans and their families to say nothing of European readers, and others, does it not stand to reason, that advertisers who, for some in-explicable reason, patronise other ‚publicity‘ sources are throwing a[w]ay good money (…).“ 170

Gleichzeitig veränderte sich die Repräsentation von Afrikanern in der Werbung innerhalb weniger Jahre grundlegend. Sie durchliefen, wie nun gezeigt werden soll, eine visuelle Karriere und erfuhren eine enorme Aufwertung in den Bilderwelten. Anstatt europäische Kolonialherren zu bedienen, nahmen sie die Plätze der Europäer ein – nun saßen sie am Tisch, zogen in teurer Kleidung in ihre Freizeit, betätigten sich an prestigereichen Sportarten und arbeiteten in angesehenen Berufen. Vor allem waren es jetzt Afrikaner, die in den Illustrationen die Produkte konsumierten. Der Aufstieg von Zuschauern zu Teilhabern des Konsums war also gleichzeitig mit einer enormen politischen und kulturellen Aufwertung verbunden. Dieser Wandel vollzog sich in Werbeillustrationen von Markengütern für den Alltagsgebrauch, die für relativ wenig Geld erworben werden konnten und so für einen größeren Teil der Bildungsschicht erschwing­lich waren. Dunlop Fahrradreifen warb nun mit der Abbildung von zwei Afrikanern auf Fahrrädern, die beide mit europäischem Anzug bekleidet und mit Tropenhelm ausgestattet waren. Im Hintergrund zeigte die Illustration Palmen (Abbildung 3.8). Der Werbetext war immer noch im reason-why Stil gehalten, indem er auf ‚rationale‘ Vorzüge des Produktes zielte, aber im Vergleich mit der Werbung an Europäer war er sehr kurz: „You will save money if you fit Dunlop cycle tyres.“ 171 Der Vergleich mit der weiter oben gezeigten Werbung für Raleigh Fahrräder zeigt den Wandel besonders deut­lich. Afrikanische Konsumenten fuhren nun selbst die Fahrräder und waren selbst in Anzug und Tropenhelm bekleidet. Sie waren vom Diener im Lendenschurz aufgestiegen und hatten den Platz eingenommen, der bislang den Europäern vorbehalten war – und nicht nur den Platz, sondern auch Kleidung und Habitus.

170 Anzeige in der African Morning Post, 26. März 1938, S. 6. 171 Werbung für Dunlop Fahrradreifen, abgedruckt in: African Morning Post, 7. April 1938, S. 5.

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Abbildung 3.8: Werbung für Dunlop Fahrradreifen, 1938

Dieser Wandel lässt sich auf vielen weiteren Bildern beobachten. Die Werbung für Kingsway Stores veränderte sich innerhalb kurzer Zeit ebenfalls stark. Wurden bis Mitte der 1930er Jahre nur europäische, männ­liche Kolonialbewohner angesprochen, entdeckte WAP nun auch für Kingsway die afrikanischen Konsumenten. „Whatever you need for chop… get it at Kingsway“ forderte eine Anzeige auf, die dazu eine afrikanische Kleinfamilie zeigte – Vater, Mutter, Kind – die in euro­ päischer Kleidung an einem gedeckten Esstisch saßen (Abbildung 3.9). Das klein abgedruckte Auto im unteren Teil der Anzeige mochte wohl dazu dienen, ihren Wohlstand auszudrücken und sie als die moderne Familie darzustellen, die in dem „Modern Store“ ihre Einkäufe tätigte.172 Die Szene erinnert an die oben beschriebene Werbung für Farm Brand Milk, auf der die afrikanischen Bediensteten dem

172 Werbung für Kingsway Stores, abgedruckt in: African Morning Post, 8. Oktober 1937.

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Abbildung 3.9: Werbung für Kingsway Stores, 1937

zu Tisch sitzenden europäischen Paar den Tee servierten. Wiederum lässt sich der Aufstieg von der Rolle des Bediensteten in die Position beobachten, die bislang Europäern vorbehalten war. Zudem fällt der veränderter Aufbau der Anzeige auf. Der Werbetext war deut­lich kürzer. Er verblieb im reason-why Stil, verwies allerdings zunächst auf grundsätz­liche Gründe für den Einkauf bei Kingsway. „Do you ever get tired of seeing the same dish on the table at meal times? There is nothing like a little variety in the daily menu – yet it doesn’t cost you any more.“ 173 Hier ging es nicht um den Geschmack oder die Qualität von bestimmten Produkten, sondern um Argumente, warum man überhaupt sein Essen nicht auf dem lokalen Markt kaufen sollte, und somit um Bedürfniserzeugung bei afrikanischen Konsumenten. Diese erfolgte anhand von bezahlbaren, alltäg­lichen Gütern: Die Kingsway-Kampagne bewarb keine Anzüge, sondern Essen, Schreibwarenartikel oder Sportausrüstung.

173 Ebd. ‚Chop‘ wird bis heute in Ghana als Ausdruck für Essen verwendet.

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Abbildung 3.10: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, 1939

WAP-Werbung für Ovaltine änderte ebenfalls die Zielgruppe und sprach ab Mitte der 1930er Jahre Afrikaner an. Sie vermarktete das Getränk als „The Supreme Family Beverage“, als Energiespender für die ganze Kleinfamilie.174 Die afrikanische Kleinfamilie, mit ein bis drei Kindern, gekleidet in besten Kleidern und Anzügen, war Werbeträger dieser Kampagne. „No fatigue in spite of the Heat“ versprach eine Anzeige, auf der unter strahlender Sonne ein afrikanisches Paar mit

174 Werbung für Malzgetränk Ovaltine, abgedruckt in: African Morning Post, 5. Januar 1938, S. 4.

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Abbildung 3.11: Werbung für Kingsway Stores, 1936

einem Kleinkind an der Hand beschwingten Schrittes flanierte (Abbildung 3.10). „Mixed with cold milk and wisked or shaken into a foaming liquid, ‚Ovaltine‘ makes the most delicious refresher ‚under the sun‘.“ Der Schutz vor tropischer Hitze stand hier im Zentrum des Versuchs, bei afrikanischen Konsumenten ein Bedürfnis für das Produkt zu erzeugen. Der Werbetext erklärte ausführ­lich die Qualitäten des Produkts, wie auch bei den an Europäer gerichteten Anzeigen. Im Gegensatz dazu erläuterte er aber auch ausführ­lich den günstigen Preis und das Produktangebot.175 Ein ähn­licher Wandel der Werbung lässt sich für die Darstellung vieler weiterer Lebenssituationen beobachten, wie etwa bei Sportarten wie Cricket oder

175 Werbung für Malzgetränk Ovaltine, abgedruckt in: African Morning Post, 4. Januar 1939, S. 3.

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Abbildung 3.12: Werbung für Florida Water Parfüm, 1937

Tennis, Situationen am Arbeitsplatz, oder etwa auch bei der Darstellung eines Clubabends. Dieser war ein beliebtes Motiv für an Europäer gerichtete Werbung, spielte er ja tatsäch­lich im Leben der europäischen Gemeinde in der Kolonie eine äußerst wichtige Rolle. Eine Anzeige für Booth’s Gin – deren Hersteller Kunde von WAP war – zeigte neben einer großen Abbildung des Produkts einen Club­abend mit rassistischer Segregation. Europäische Männer unterhielten sich, alle waren im schwarzen Anzug gekleidet. Afrikaner, alle in weißen Uniformen angezogen, bedienten die Gäste.176 Dies entsprach der Praxis der europäischen Kolonialclubs, die Afrikanern als Gästen ihre Türen verschlossen.177 Eine ­ähn­liche 176 Werbung für Booth’s Gin, abgedruckt in: African Morning Post, 4. Juni 1935, S. 8. 177 Zur Kultur der europäischen Clubs im britischen Empire: Rich, Paul: Chains of Empire. English Public Schools, Masonic Cabalism, Historical Causality and Imperial Clubdom, London/New York 1991. Auf die Heterogenität der europäischen Gemeinschaften in den

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Szene im Club, nun mit tanzenden Paaren, fand sich auf der von WAP hergestellten Werbung für Schallplatten und Grammophone bei Kingsway Stores: Europäische Paare in Abendkleid und Smoking drehten sich auf spiegelndem Tanzboden (Abbildung 3.11).178 Eine fast identische Szene fand sich nur ein Jahr später auf einer Werbung für ein Parfüm, nur tanzten jetzt auf dem Parkett im blumengeschmückten Raum ausschließ­lich afrikanische Paare, ebenfalls in fest­ licher Ballkleidung (Abbildung 3.12).179 Afrikanische Konsumenten erfuhren also einen enormen visuellen Aufstieg, sie eroberten gewissermaßen die Bilderwelten innerhalb weniger Jahre. Die visuelle Karriere katapultierte sie von unterlegenen Bediensteten auf die bisherigen Plätze der britischen Kolonialherren, die ihnen nach und nach weichen mussten. Sukzessive nahmen afrikanische Konsumenten die Plätze auf dem Tennisplatz, am Esstisch oder im Club ein und spazierten als wohlhabende Kleinfamilie mit europäischer Kleidung durch die Stadt. Dieser Aufstieg afrikanischer Konsumenten wurde in den Bilderwelten durch einen Prototyp eines modernen Afrikaners mit vielen Bezügen auf west­liche Kultur verkörpert. Die dargestellten Konsumenten repräsentierten dabei die Elite der Bildungsschicht, denn nur für diese kleine Gruppe war der demonstrierte Lebensstil erschwing­lich. Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt, war diese Gruppe trotz ihrer hohen Kaufkraft zu klein, als dass eine ausschließ­lich an sie gerichtete Vermarktung der Güter ökonomisch sinnvoll gewesen wäre. Die Darstellung dieser afrikanischen Elite diente also aus Sicht der Werber dazu, die wesent­lich breitere Schicht der Leser der Zeitungen anzusprechen, als Konsumenten zu gewinnen und ihre Bedürfnisse nach importierten Produkten zu wecken. Damit nahm die Werbung Bezug auf eine soziale Gruppe, in deren kollek­ tiver Identität der demonstrative Konsum der teuren Importgüter tatsäch­lich eine wichtige Rolle spielte und für die materieller Wohlstand ein wichtiges Indiz für hohen sozialen Status war. Die Werber gingen von einer großen Strahlkraft des Lebensstils der Bildungselite auf die breite Leserschaft der Zeitungen aus. Die Leserschaften der Zeitungen dürften sich so von den Bilderwelten der Werbung Ende der 1930er Jahre durchaus angesprochen gefühlt haben, sie hatten Interesse

Kolonien und ihre Abgrenzungsbemühungen gegenüber der lokalen Bevölkerung verweist am Beispiel des kolonialen Deli: Stoler, Ann Laura: Rethinking Colonial Categories. European Communities and the Boundaries of Rule, in: Comparative Studies in Society and History 31 (1989) 1, S. 134 – 161. 178 Werbung für Kingsway Stores, abgedruckt in: African Morning Post, 1. Juli 1936, S. 8. 179 Werbung für Florida Water Parfüm, abgedruckt in: African Morning Post, 22. Oktober 1937, S. 3.

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an den Produkten und gleichzeitig verfügten sie zumindest teilweise über ausreichend Kaufkraft, diese zu erwerben. Die Bezüge auf europäische Kultur und Moderne bedeuteten für diese Elite die Forderungen nach einer gleichberechtigten Teilhabe an einer kosmopolitischen Politik und Kultur. Sie wiesen damit gleichzeitig rassistische und imperialistische Annahmen über die Bewohner des afrikanischen Kontinents zurück. Für die Bildungsschicht beinhaltete ihr Selbstbild als moderne Menschen den Anspruch auf Gleichrangigkeit gegenüber den britischen Kolonialherren und nicht zuletzt die Forderung nach politischer Selbstregierung. Die Werbung machte den Leserschaften der Zeitungen ein ganz ähn­liches Identifikationsangebot und versprach, durch den Konsum der jeweiligen Produkte ‚modern‘ und ‚progressive‘ zu werden. Sie bewarb Markenprodukte gewissermaßen mit einem individuellen Modernisierungsversprechen, das die Leserschaften der Zeitungen für sich ja durchaus als Ziel definiert hatten. Dieses Modernisierungsversprechen war an Werbung für günstige Alltagsgegenstände gekoppelt. Die Werbung griff so kulturelle Verortungen von städtischen Mittelschichten und Eliten auf und verhalf diesen zu deut­licher Sichtbarkeit. Dieser visuelle Aufstieg der Bildungsschicht verlief parallel zu ihrer verstärkten Abwertung in politischer Praxis und beruf­lichem Alltag. Umso mehr zeigten diese Bilder Hoffnungen und ­Wünsche der Stadtbewohner, weniger ihre reale Situation. Trotz der Tatsache, dass man die Etablierung der Werbebranche der Wirtschaftskrise zuschreiben kann, selektierten die Werbebilder die soziale Realität stark und zeigten wohlhabende afrikanische Konsumenten. Außerdem kann diese visuelle Aufwertung als ein Gegenentwurf zur tatsäch­ lichen Kolonialpolitik verstanden werden, auch wenn dies sicher­lich nicht die Intention der Werber war. Es ist davon auszugehen, dass die Repräsentation der Bildungselite in der Werbung Wunschvorstellungen der Werber darüber spiegelte, wie afrikanische Konsumenten der importierten Produkte aussehen, sich verhalten und konsumieren sollten: sie sollten den vertrauten europäischen Konsumenten so ähn­lich wie mög­lich sein. Dies wird auch daran deut­lich, dass die Anzeigen kaum Aneignung, lokalspezifische Anwendungen oder modische Trends aufgriffen. Jedenfalls demonstrieren diese Bilder sehr klar, dass sich die Werber nicht scheuten, afrikanische Konsumenten als gleichrangig mit den europäischen Konsumenten zu zeigen. Sie verweisen auch darauf, dass die Werber, zumindest darstellerisch, die Übernahme von europäischer Konsumkultur nicht fürchteten, sondern zu fördern suchten, ohne sie mit pejorativen Merkmalen zu versehen. Im Gegensatz dazu zeigte sich in ihrem Diskurs, wie weiter oben dargestellt, eine andere Haltung. Es ist unklar, was dieses relativ plötz­liche Darstellen und Ansprechen von afrikanischen Konsumenten in der Printwerbung ausgelöst hat. Es ist mög­lich,

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dass WAP mit der Etablierung der African Morning Post erstmals ein Medium zur Verfügung stand, welches eine relativ große Reichweite und afrikanische Leserschaft versprach, und dass die Agentur daher erstmals Werbebilder für ein afrikanisches Publikum gestaltete. Gleichzeitig muss auch erwähnt werden, dass solche Anzeigen in den 1930er Jahren zunächst die Werbung nicht d ­ ominierten, sondern neben den oben beschriebenen Werbeformen standen, die mit der Darstellung europäischer Konsumenten arbeiteten oder ohne die Abbildung von Personen auskamen. Ihr Aufstieg zur bestimmenden Werbepraxis sollte erst in der Nachkriegszeit einsetzen.180 Neben der Darstellung der städtischen Elite gab es auch andere Werbe­ strategien, afrikanische Konsumenten für den Konsum der Güter zu gewinnen, die visuell stärker auf eine breitere Konsumentenschicht setzten. Der Produzent der mentholhaltigen Salbe Mentholatum war ebenfalls ein Kunde von West Africa Publicity. Die Salbe war eines der ersten Produkte, dessen Reklame sich überhaupt sichtbar an Afrikaner wandte: Sie zeigte bereits Mitte der 1920er Jahre afrikanische Konsumenten.181 Auffällig ist, dass in diesen frühen Kampagnen explizit nicht gebildete Afrikaner als moderne Kunden angesprochen wurden. Die Illustrationen wirken eher wie Versuche, durchschnitt­liche Konsumenten in Alltagssituationen darzustellen. Eine Mutter salbte ihrem Sohn den Arm, 182 eine Krankenschwester cremte einem afrikanischen Jungen den Rücken 183 und ein Mann in aufgekrempeltem Arbeits­overall rieb sich die Füße. Der Text zu letzterer Anzeige lautete: „Sore Tired [sic] and Aching Feet. Make your feet happy again!“ 184 Gleichzeitig zeigten die Zeitungen bis in die 1930er Jahre ebenfalls Anzeigen, die eine europäische Mutter mit Kind darstellten und den Wert der Salbe zur Babypflege anpriesen.185 WAP entschied sich bei manchen Kunden also dafür, Europäer und Afrikaner in der Kolonie mit verschiedenen Werbeanzeigen anzusprechen. Oft zielte solche Werbung an ein Massenpublikum darauf, neue Verhaltens­ kodizes zu vermitteln. „Do you clean your teeth each day?“, fragte eine Anzeige für

180 Siehe dazu Abschnitt 5 in Kapitel IV. 181 Werbung für Mentholatum Salbe, abgedruckt in: Gold Coast Times, 2. Januar 1926, S. 11. 182 Werbung für Mentholatum Salbe, abgedruckt in: Gold Coast Times, 3.–10. Januar 1931, S. 11. 183 Werbung für Mentholatum Salbe, abgedruckt in: Gold Coast Times, 15. November 1930, S. 11. 184 Werbung für Mentholatum Salbe, abgedruckt in: Gold Coast Times, 8. November 1930, S. 11. 185 Werbung für Mentholatum Salbe, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. Juli 1934, S. 1.

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die Zahnpasta Macclean. Die Wirksamkeit dieser erzieherischen Botschaft sollte wohl mithilfe des populären Boxsports verstärkt werden, denn ein abgebildeter Boxchampion konnte die Frage stolz bejahen: „Better still I macclean them!“ 186 Boxsport war in Accra äußerst populär und begeisterte ein Massenpublikum, das sich durch alle Schichten zog – eine Beliebtheit, die die Werber gezielt für ihre Produkte einzusetzen wussten.187 Nach einer Erklärung zur Produktanwendung schloss die Werbung mit der Aufforderung an den Betrachter, selbst erzieherisch tätig zu werden. „Ask your friends: Did you macclean your teeth [to-day]?“ 188 Werbung für Dosenmilch, die noch Anfang der 1930er Jahre das Produkt als Verdauungshilfe für Europäer im tropischen Klima angepriesen hatte, veränderte sich deut­lich mit dem Wechsel des Zielpublikums. Eine Anzeige für Milkmaid Dosenmilch zeigte zwei Köpfe afrikanischer Jungen, die beide ausgesprochen fröh­ lich aussahen (Abbildung 3.13). Einer der beiden trank Milch aus der Dose. Der Produktname war sehr groß und zentral gedruckt; der Text dazu war kurz und bewarb das Produkt als nahrhafte Süßspeise. „Sure! Our two friends are as happy as can be. The one above because he realises that never before has he tasted anything so creamy. Our friend below – well! he heard of Milkmaid first, and knows, that in addition to his excellence as Sweetmeat, Milkmaid Milk for purity and food value cannot be beaten.“ 189

Die Werbung versuchte so, neue Konsumenten zu gewinnen und zu überzeugen. Einer der beiden Jungen erlernte in der Darstellung gerade den Konsum von Dosenmilch und die Freuden daran. Sein ebenfalls afrikanischer Freund versorgte ihn dabei mit weiterem Wissen um das Produkt. Ebenfalls fällt auf, dass die Anzeige den günstigen Preis des Produkts betonte und die kleinste Packungsgröße bewarb. Fast alle Werbeanzeigen dieser Zeit unterstrichen, dass ihr Produkt in kleinen Mengen zum günstigen Preis zu kaufen sei, um ihre Güter für ein mög­lichst breites Publikum erschwing­lich zu machen. Eine andere Milkmaid-Anzeige ließ einen afrikanischen Jungen erklären, warum er sein knappes Geld für teure Importgüter ausgab: „Never had such a treat before – and believe me, it won’t be the last – in 186 Werbung für Zahnpasta Macclean, abgedruckt in: African Morning Post, 27. Oktober 1941, S. 4. 187 Dunzendorfer, Jan: The Early Days of Boxing in Accra. A Sport Is Taking Root (1920 – 1940), in: The International Journal of the History of Sport 28 (2011) 15, S. 2142 – 2158. 188 Werbung für Macclean Zahnpasta, abgedruckt in: African Morning Post, 27. Oktober 1941, S. 4. 189 Werbung für Milkmaid Milch, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. Juli 1934, S. 677.

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fact, when this tin is finished, I shall be counting the minutes before I can buy another. From now on, there will be no cheap sweet buying for me – my money will be wisely spent on Milkmaid.“ 190 Werbung an ein afrikanisches Publikum erklärte also sehr viel stärker das Produkt und seine Verwendung, sie hob die Marke stark hervor und erwähnte den Preis und die verfügbaren Größen. All dies verband sie damit, die jeweilige Marke darzustellen und deren einzigartige Qualität zu betonen. Doch nicht nur den Konsum von Milch, auch den Gebrauch von Regenschirmen hielten die Werbefachleute für erklärungsbedürftig. Eine Anzeige zeigte einen gut gelaunten, jungen Afrikaner im Anzug mit Regenschirm und erklärte dessen Verwendung sowie wichtige Qualitätsmerkmale. „What goes up when the rain goes down? Why, your umbrella of course! And it is no joke if your umbrella blows inside out or snaps in a strong wind leaving you exposed to the elements particularly if you have a new suit on! The moral is then, when you buy an umbrella buy the best.“ 191 Es ist allerdings wahrschein­lich, dass sich die Verwendung von Regenschirmen als Schutz gegen Regen nicht zu etablieren vermochte. Während ein Regenschirm gegen die meisten britischen Niederschläge zu schützen vermochte, war er bei den starken Regenfällen der westafrikanischen Breitengrade eher von geringerem Nutzen – eine Tatsache, welcher sich die Werbefachleute entweder nicht bewusst waren oder die sie bei dieser Werbung nicht beachteten. Dosenmilch, Zahnpasta und Regenschirme waren in der Gold Coast gewiss keine völlig neuen oder gänz­lich unbekannten Güter. Gerade in den Städten gehörte ihr Anblick in den Läden oder im öffent­lichen Raum zum Alltag. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ihr Gebrauch besonders weit verbreitet war, im Gegenteil, er war für die meisten Bewohner der Kolonie eine Ausnahme oder eher seltene Besonderheit – selbstverständ­lich variierte dies je nach Bevölkerungsgruppe, Region und Produkt. So muss man einerseits sagen, dass die Werbeexperten sicher­lich richtig lagen, wenn sie davon ausgingen, dass diese Güter einem breiten Publikum nicht vollständig vertraut waren. Andererseits spielte die Tatsache, dass Afrikaner bereits seit Jahrhunderten Importwaren konsumierten, bei dieser Art von Werbung kaum eine Rolle, die Afrikaner als neue, unerfahrene Konsumenten ansprach. Vielleicht war die Darstellung der Verwendung von Dosenmilch als Süßigkeit auch der Versuch, eine lokalspezifische Anwendung in der Werbung aufzugreifen. Grundsätz­lich aber zeigten solche Werbeanzeigen kaum Bezüge auf Aneignung von Produkten, sondern bemühten sich, eine ‚korrekte‘ Anwendung der Waren zu demonstrieren, 190 Werbung für Milkmaid Milch, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 4. August 1934, S. 725. 191 Werbung für Teleman Regenschirme, abgedruckt in: African Morning Post, 4. Januar 1939, S. 6.

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Abbildung 3.13: Werbung für Milkmaid Milch, 1934

wie sie vom Hersteller vorgesehen und in Großbritannien etabliert war. Die Werbe­ praxis der UAC setzte stärker auf Subjektbildung der Konsumenten, als dies in der Marketingpolitik des Unternehmens Praxis war. Werbung, die afrikanische Konsumenten ansprach, stand in den Zeitungen neben Werbung, die sich weiterhin an immigrierte Europäer wandte – während der 1930er Jahre koexistieren diese beiden Bilderwelten. Im Laufe des Jahrzehnts nahm vornehm­lich bei Werbung für alltäg­liche Konsumgüter die Abbildung von afrikanischen Konsumenten immer weiter zu und dominierte schließ­lich deut­lich. Speziell für teure Luxusartikel blieben jedoch europäische Ausländer weiterhin das Zielpublikum. Am deut­lichsten sprach Autowerbung weiterhin Europäer in der Position der Kolonialherren an. Sie waren gewiss auch überwiegend die Käufer, ein Auto konnten sich nur sehr wenige Mitglieder der afrikanischen Elite leisten. „Enjoy your leave in a Vauxhall“, warb eine große Anzeige von WAP, auf welcher

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der Umriss der britischen Inseln abgedruckt war.192 Der Text erklärte, wie das Auto von Westafrika aus in Großbritannien bestellt und nach dem Heimaturlaub mit in die Kolonien exportiert werden konnte. Eine andere Anzeige zeigte ein Auto, vor dem ein afrikanischer Bediensteter salutierte.193 An anderer Stelle erklärte der Werbetext ausführ­lich die exzellenten Eigenschaften des Autos für „Overseas conditions“.194 Werbung für Europäer verzichtete generell auf die Erläuterungen zur Verwendung des Produktes und konzentrierte sich auf die Erklärung der herausragenden Eigenschaften: Hier gingen die Werber von mehr Wissen um die Verwendung das Produktes aus. Mit dem gezielten Ansprechen afrikanischer Konsumenten begann koloniale Werbung auch mit einer ersten sichtbaren Zielgruppendifferenzierung, indem sie zwischen afrikanischen und europäischen Kunden unterschied und diese mit verschiedenen Werbemethoden ansprach. Während Afrikaner oft gezielt als neue Konsumenten gewonnen werden sollten und die Verwendung des Produktes in der Werbung erläutert wurde, beschränkte sich die Werbung an ein europäisches Publikum zunehmend auf teure Luxusartikel wie Autos.

4. Kommerzielle Werbung und Kriegspropaganda Der Zweite Weltkrieg wirkte sich tiefgreifend auf den afrikanischen Kontinent aus. 195 Zwar fanden in den Ländern süd­lich der Sahara, und so auch in der Gold Coast, nur wenige Kampfhandlungen statt. Dennoch beeinflusste der Krieg das Leben in der Gold Coast in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wurden dort rund 65.000 Afrikaner für den Kriegsdienst rekrutiert.196 Gleichzeitig stützte sich die britische Kolonialmacht immer stärker auf die Ressourcen ihrer afrikanischen Kolonien und griff zunehmend in die wirtschaft­lichen Abläufe ein. Sie kaufte Exportgüter in Masseneinkäufen und setzte selbst die Preise dafür fest, zumeist weit niedriger als

192 Werbung für Vauxhall PKWs, abgedruckt in: African Morning Post, 7. Juli 1936, S. 7. 193 Werbung für Vauxhall PKWs, abgedruckt in: African Morning Post, 24. Dezember 1934, S. 2. 194 Werbung für Vauxhall PKWs, abgedruckt in: African Morning Post, 29. Januar 1935, S. 8. 195 Den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs in Afrika widmen sich beispielsweise folgende Publikationen: Killingray, David/Rathbone, Richard (Hg.): Africa and the Second World War, New York 1986; Jackson, Ashley: The British Empire and the Second World War, London 2006. Einen einführenden Überblick bietet: Crowder, Michael: The Second World War. Prelude to Decolonization in Africa, in: Ders. (Hg.): The Cambridge History of Africa, Bd. 8, 1940 – 1975, Cambridge 1984, S. 8 – 51. 196 Gocking, The History of Ghana, S. 75.

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die Weltmarktpreise. Vor allem Bauern und afrikanische Zwischenhändler erlitten dadurch starke Einkommenseinbußen.197 Der Seekrieg brachte den Schiffshandel in Schwierigkeiten, die kriegsbedingt ohnehin knappen Konsumgüter wurden in Westafrika zur Mangelware und strenger Rationalisierung unterworfen; die bri­tische Regierung regulierte zudem den Import-Export-Handel mit Hilfe von Lizenzen.198 So mangelte es stark an Konsumgütern, was sich vor allem in den Städten bemerkbar machte.199 Gleichzeitig stiegen die Preise für die Importgüter stark an und die Lebenskosten in der Gold Coast steigerten sich zwischen 1939 und 1945 um etwa 50 – 75 Prozent, während sich Armut und soziale Spannungen in Streiks und Aufständen entluden.200 1945 war die gesamte Importkapazität Westafrikas so niedrig wie um 1900, obwohl die Bevölkerungszahl stark gewachsen war.201 Die Kriegsanstrengungen wirkten sich auch auf die Werbebranche der Gold Coast aus. West Africa Publicity konnte nur unter stark eingeschränkten Bedingungen und mit deut­lich reduzierter Zahl von Angestellten weiterexistieren. In London übernahm eine Britin namens Eileen Bliss die Leitung des Geschäfts, während in Westafrika die jeweiligen UAC-Manager die Leitung der Filialen an sich nahmen.202 Die Printmedien verloren an Auflagenstärke, verkleinerten ihren Umfang und zeigten deut­lich weniger Werbeanzeigen. Auch die Gestaltung der Reklame veränderte sich. Werbung, die sich an die afrikanische Bildungsschicht richtete und in den späten 1930er Jahren so präsent gewesen war, ging stark zurück. Sehr viel häufiger war nun wieder Werbung zu sehen, die ledig­lich das Produkt zeigte. Diese verzichtete während des Krieges zunehmend auf eine aufwendigere Bildillustration und zeigte nur noch kurze Slogans und den Markennamen. Diese kostengünstigste Form der Gestaltung von Anzeigen verweist auf finanzielle Engpässe von Seiten der Unternehmen. Ebenfalls zeigte sich hier gewiss der Mangel an Konsumgütern, der zu einem sehr guten Absatz der wenigen Produkte führte und somit gewiss die Werbeanreize nicht gerade steigerte. Auf diese Faktoren ist ebenfalls zurückzuführen, dass Illustrationen mit europäischen Gesichtern wieder

197 Meredith, State Controlled Marketing and Economic ‚Development‘. 198 Zur britischen Kolonialpolitik im Zweiten Weltkrieg vgl: Cowen, Michael/White, ­Nicholas J.: British Imperial Economic Policy during the War, in: Killingray/Rathbone, Africa and the Second World War, S. 20 – 67; Jeffery, Keith: The Second World War, in: Brown/ Louis, The Twentieth Century, S. 306 – 328. 199 Crowder, The Second World War, S. 35. 200 Berg, Elliot J.: Real Income Trends in West Africa, 1939 – 1960, in: Melville J. Herskovits/ Mitchell Harwitz (Hg.): Economic Transition in Africa, London 1964, S. 199 – 238, hier S.  206 f. 201 Hopkins, An Economic History, S. 185. 202 Fifty Years Growing, S. 13. Zu Eileen Bliss waren keine weiteren Informationen verfügbar.

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zunahmen. Dabei handelte es sich sicher­lich um Wiederabdrucke von Anzeigen, welche in Großbritannien oder in Europa geschaltet wurden – die kostengünstigste Methode, eine Marke im Exportbereich zu bewerben. In den wenigen Anzeigen für Markenprodukte, die WAP in dieser Zeit entwarf, lehnte sich die Werbesprache zumeist an Kriegspropaganda an. Electrolux Kühlschränke etwa pries WAP damit, dass der Kühlschrank selbst seinen Kriegsbeitrag leisten würde. „Electrolux On War Service – giving ‚cool‘ comfort to our troops in the tropics“, titelte die Werbung und zeigte Soldaten vor einem Kühlschrank beim Verzehr von Speisen.203 Eine andere Anzeige für Osram Glühbirnen und den Vertreiber für Technik und Elektonik der UAC, die Gold Coast Maschinery and Trading Company Limited, zeigte ein Kriegsschiff und verlautete dazu: „They’re using Osram on board. Your favourite lamps are helping to bring about Victory.“ 204 Anstatt der üb­lichen Aufforderung zum Produktkauf betonte der Werbetext der Kühlschrankwerbung: „Normal supplies for export will resume whenever conditions permit.“ 205 Die Werbung – zumindest für solche Güter wie Kühlschränke, die nicht täg­lich neu gekauft und gebraucht wurden – zielte in diesen Jahren also nicht einmal darauf, zum unmittelbaren Kauf zu überzeugen, sondern nur darauf, den Bekanntheitsgrad des Produktes zu steigern. Diese Strategie machte angesichts des Konsumgütermangels durchaus Sinn. Die Konsumgüterknappheit veranlasste die UAC auch erstmals dazu, WAP mit Imagewerbung zu beauftragen. „Shipping space is vital“, titelte eine Werbung, illustriert mit einem Schiff im Hafen. „Until Victory is won, imports to West Africa must be smaller and lower (…).“ 206 Auf einer weiteren Anzeige waren Afrikaner bei der Ernte von Feldfrüchten abgebildet, die den Kriegsflugzeugen über ihren Köpfen nachblicken. „Combined operations. The rich produce of West Africa and the indomitable ‚will to win‘ among her peoples…both combine as a most vital contribution towards certain Victory“, erklärte die Anzeige und führte aus, dass die Kriegsbedingungen den Konsumgütermangel in Westafrika verursachten.207 Die Illustration lehnte sich deut­lich an der britischen Kriegspropaganda in den

203 Werbung für Electrolux Kühlschränke, abgedruckt in: African Morning Post, 28. April 1944, S. 3. 204 Werbung für Osram Glühbirnen, abgedruckt in: African Morning Post, 13. April 1944, S. 4. 205 Werbung für Electrolux Kühlschränke, abgedruckt in: African Morning Post, 28. April 1944, S. 3. 206 Shipping Space Is Vital, Imagewerbung der UAC, abgedruckt in: African Morning Post, 15. April 1944, S. 1. 207 Combined Operations, Imagewerbung der UAC, abgedruckt in: African Morning Post, 8. Februar 1944, S. 1.

Zusammenfassung

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Kolonien an, die auf den Slogan „partnership“ setzte und die Bewohner der afrikanischen Kolonien auch rhetorisch in das Kriegsgeschehen einzubinden suchte.208 Politische Botschaften der Kriegspropaganda zeigten sich so während des Zweiten Weltkriegs auch in der kommerziellen Werbung. Zudem bildeten die A ­ n­zeigen kaum noch den Wohlstand der afrikanischen Bildungsschicht ab, welche sie in den 1930er Jahren noch so häufig dargestellt hatten. Die ersten Ansätze zur Imagewerbung der UAC dürfen als Reaktion auf die sozialen Spannungen aufgrund von Armut und steigenden Lebenskosten gewertet werden: Erstmals hielt es das Unternehmen für notwendig, sein Bild in der afrikanischen Öffent­lichkeit positiv zu beeinflussen.

5. Zusammenfassung In den 1930er Jahren erfuhr kommerzielle Werbung in der Gold Coast einen starken Wandel. Damit einher ging ihre Ausbreitung in der kolonialen Gesellschaft. Eine treibende Kraft in diesem Umschwung war die Etablierung der ersten internationalen Werbeagentur West Africa Publicity Limited in Westafrika und damit zusammenhängend die Entscheidung, afrikanische Konsumenten gezielt in der Reklame anzusprechen. Die Herstellung der Werbung für ein afrikanisches Publikum professionalisierte sich, die Agentur baute ihre Infrastruktur aus und nahm damit auf die politisch bedeutende Medienlandschaft der Kolonie einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss. Die Gründung von WAP erfolgte während einer ökonomischen Krise, die zur wachsenden Konkurrenz zwischen den Firmen um die Kaufkraft der afrikanischen Kunden führte. Zudem war wohl das große Vertriebsnetz der UAC eine Voraussetzung für das Entstehen der Agentur, da diese ihren Kunden den Vertrieb des Produkts in ganz Westafrika anbieten konnte und damit Werbung für Markenprodukte sinnvoll erscheinen ließ. Die Werbung wurde von europäischen Werbefachleuten in London entworfen und in Westafrika verbreitet. Händler mit Erfahrung im kolonialen Import-­ExportGeschäft übernahmen die Leitung der Agentur. Werbeexperten und Marketing­ experten diskutierten kontrovers, wie hoch das Wirkungspotential von Werbung für afrikanische Konsumenten sei und welche Werbeformen dieses Publikum am ehesten wahrnehmen würde. Bis Ende der 1930er Jahre setzte WAP hauptsäch­lich auf Poster als Werbemedium für diese Gruppe.

208 Smyth, Rosaleen: Britain’s African Colonies and British Propaganda during the Second World War, in: Journal of Imperial and Commonwealth History 14 (1985) 1, S. 65 – 82.

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Die Anfänge kommerzieller Werbung in Westafrika in den 1930er Jahren

In den Printmedien dominierte zu Beginn des Jahrhunderts Werbung, die sich in Illustration und Text auf das Produkt und seine Eigenschaften konzentrierte. In den 1930er Jahren nahmen Anzeigen für Markenprodukte zu. Richteten sich diese zunächst ausschließ­lich an die europäischen Ausländer in der Kolonie, so begann WAP im Laufe der 1930er Jahre, mit dieser Markenwerbung afrikanische Konsumenten anzusprechen. Vor allem die Illustration der Anzeigen verband die Versuche, ein Bedürfnis für die Produkte hervorzurufen, nun zunehmend mit der Darstellung von modernen afrikanischen Konsumenten; Markenprodukte wurden so zu Trägern moderner afrikanischer Stadtkultur und eng mit ihr verknüpft. Die Werber von WAP, die sich in den Kolonien als Teil einer Zivilisierungsmission sahen und sich dem Fortschritt der westafrikanischen Gesellschaften verschrieben, entwarfen Bilder, welche die städtische Bildungselite in gesellschaft­lichem Aufstieg zeigte. Die Werbekunden von WAP waren zumeist große internationale Unternehmen, welche international Markenprodukte vertrieben und bereit waren, in K ­ ampagnen für Westafrika Geld zu investieren. Die beworbenen Markenprodukte waren größtenteils verhältnismäßig günstige Konsumgüter, bestimmt für den alltäg­lichen Gebrauch, welche in kleinen Mengen verkauft wurden und relativ erschwing­lich waren. Güter aus Massenproduktion wie Milch, Getränke, Regenschirme oder Medizin, in Europa fester Bestandteil des alltäg­lichen Konsums, wurden zu den Waren, mit denen afrikanische Konsumenten zu verhältnismäßig luxuriösen Ausgaben bewegt werden sollten. Was für die europäischen Ausländer in der Kolonie Grundnahrungsmittel darstellte, waren den afrikanischen Konsumenten nicht selten Luxusprodukte mit hohem Prestigewert. Interessant ist dabei auch, dass WAP nicht solche Güter bewarb, welche den größten Anteil des Importhandels der UAC ausmachten, wie etwa Zucker, Mehl, Stoffe oder Kleidung. Es ist davon auszugehen, dass WAP die Produkte bewarb, die relativ neu waren und bei denen die Händler hofften, die Verkäufe mit zunehmendem Bekanntheitsgrad zu steigern. Während des Zweiten Weltkriegs ging kommerzielle Werbung stark zurück. Wo sie weiterhin sichtbar war, übernahm sie die Sprache der britischen Kriegs­ propaganda in den Kolonien. In der Nachkriegszeit jedoch sollte das Geschäft wiederaufleben und sich hinsicht­lich Werbegestaltung und Agenturorganisation in mehrerer Hinsicht verändern. Diese Entwicklungen sollen im folgenden Kapitel, welches sich mit der Werbebranche während des wirtschaft­lichen Aufschwungs der Nachkriegszeit und den politischen Entwicklungen der Dekolonisierung befasst, herausgearbeitet werden.

IV. Advertising the African Dream? Werbung, Moderne und Dekolonisation In der Nachkriegszeit erlebte die Gold Coast einen wirtschaft­lichen Aufschwung, der auch in der Werbebranche zu einer Hochkonjunktur führte. Dieses Kapitel untersucht die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und legt dabei den Schwerpunkt auf die 1950er Jahre. Es fragt nach den Auswirkungen von Wirtschaftsaufschwung, zweiter kolonialer Besetzung und Dekolonisation auf die ghanaische Werbe­branche. Wie zeigten sich diese Veränderungen in der Herstellung der Werbebilder und der Organisation der Werbeagenturen? Erstmals übernahmen nun afrikanische Angestellte das Design der Werbung. Welche Biographien und welche Rolle in den Agenturen werden hier sichtbar? Die Ausweitung des Werbegeschäfts brachte auch neue Methoden von Werbung und Marketing nach Westafrika. Erstmals kam nun auch Werbewirkungsforschung zur Anwendung. Diese Entwicklungen ­sollen hier skizziert und danach befragt werden, wie sie sich auf die Kommunikation der Agenturen mit den afrikanischen Konsumenten auswirkten. Ebenfalls wird danach gefragt, wie sich die politischen Entwicklungen in der Werbung zeigten. Die Bilderwelten und Repräsentationen von modernen Konsumenten werden zu einer städtischen Populärkultur ins Verhältnis gesetzt und auf ihre Bezüge zu Identität sowie Konsumverhalten der Bildungsschicht hin untersucht. In Anlehnung an Arbeiten zur US -amerikanischen Werbegeschichte befragt dieses Kapitel die Werbung auch danach, inwiefern sich der politische Wandel der Dekolonisation in ihr zeigte. Wessen Zukunftsvisionen für die afrikanischen Kolonien wurden in ihr sichtbar, die der afrikanischen Konsumenten oder die der europäischen Werber?

1. Wirtschaftsaufschwung, zweite koloniale Besetzung und Dekolonisation in Ghana Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der afrikanische Kontinent zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit der europäischen Kolonialmächte. Bereits zu Kriegszeiten hatte die ökonomische Bedeutung der afrikanischen Kolonien für Großbritannien zugenommen. Das Land war durch den Krieg wirtschaft­lich stark geschwächt und konnte 1946 den Staatsbankrott nur durch US -amerikanische

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Milliarden­kredite abwenden.1 Gleichzeitig verlor Großbritannien in den Kolonien in Asien zunehmend die politische Kontrolle. Vor allem nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 maß man in britischen Regierungskreisen dem afrikanischen Kontinent immer mehr Bedeutung dabei zu, die britische Wirtschaft zu stärken und damit die Abhängigkeit gegenüber den USA zu senken.2 Im Kolonialministerium entwarfen Politiker der Labour Party und Kolo­ nialbeamte eine Reform der Kolonialpolitik, in deren Zentrum das Konzept der Entwicklung stand. Erstmals galt nicht mehr der Grundsatz der self-sufficiency für die Kolonien. Die Briten investierten in großem Umfang Geld in den Ausbau der Agrar- und Energiewirtschaft, in verkehrsinfrastrukturelle Projekte und in den Bildungs- und Gesundheitssektor.3 Dies brachte eine starke Ausweitung von staat­licher Aktivität im ökonomischen Bereich und eine enorme Ausdehnung des öffent­lichen Sektors mit sich, was zu einem bis dahin nicht ­dagewesenen Grad an Präsenz der Kolonialmacht führte. In der Forschung wurde dieser Prozess als „zweite koloniale Besetzung“ Afrikas bezeichnet.4 Die Abhängigkeit der Importe vom Exportvolumen begann zu schwinden. Mitte der 1950er Jahre war in den britischen Kolonien in Westafrika der Importwert erstmals höher als der Wert der Exporte.5 Der weltweit gestiegene Bedarf an Rohstoffen und die Wiederentdeckung des afrikanischen Kontinents als Rohstoffproduzent und Absatzmarkt führten nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1950er Jahren zu einer starken Expansion der Ökonomie Westafrikas.6 Zwischen 1945 und 1955 stiegen die Gesamtexporte der Region um das Vierfache und die Importe um das Sechsfache an.7 Ghana gehörte zu den Ländern, in denen der Aufschwung besonders ausgeprägt war: Zwischen

1 Louis, Wm. Roger: The Dissolution of the British Empire, in: Ders./Brown (Hg.): The Twentieth Century, S. 329 – 356, hier S. 331. 2 Hyam, Ronald: Britain’s Declining Empire. The Road to Decolonisation, 1918 – 1968, Cambridge 2006, S. 95. 3 Zu Diskurs und Praxis der Entwicklungspolitik Großbritanniens in der Nachkriegszeit siehe: Constantine, Stephen: The Making of the British Colonial Development Policy, 1914 – 1940, London 1984; Havinden, Michael/Meredith, David: Colonialism and Development. Britain and its Tropical Colonies, London 1993; Morgan, David J.: Developing British Colonial Resources, 1945 – 1951 (= The Official History of Colonial Development, Bd. 2), London/Basingstoke 1980; Sieberg, Herward: Colonial Development. Die Grundlegung moderner Entwicklungspolitik durch Großbritannien, 1919 – 1949, Stuttgart 1985; Cooper, Modernizing Bureaucrats. 4 Vgl. Fußnote 3 in Kapitel I. 5 Hopkins, An Economic History, S. 280 ff. 6 Ebd., S. 185. 7 Ebd., S. 267.

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1945 und 1957 verzehnfachte sich hier der Importwert nahezu.8 Vor allem in den 1950er Jahren führte der Anstieg von Kakaopreisen auf dem Weltmarkt dazu, dass die Importkapazität bis dahin unbekannte Höhen erreichte.9 Der Konsum eingeführter Güter weitete sich durch diesen Wirtschaftsaufschwung ebenfalls aus. Dies belegen eindrucksvoll die Zahlen zum Wert der verkauften Konsumgüter durch die UAC in Ghana. Lag der Wert 1945/46 bei etwa 5,5 Millionen Pfund, stieg er 1946/47 auf rund 8 Millionen, lag ein Jahr später bereits bei 11,6 Millionen und 1948/49 bei 18 Millionen Pfund.10 1952/53 erreichte das Importvolumen die Rekordmarke von über 30 Millionen 11, lag 1956/57 bei etwa 41 Millionen 12 und 1959/60 bei 48,5 Millionen.13 Diese Zahlen sind allerdings nicht um Inflationswerte bereinigt. Im Zuge dieses Anstiegs veränderte sich die Art der importierten Güter. Wurden vor dem Krieg vor allem billige Konsumgüter für den Haushalt eingeführt, so spiegelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg die gestiegene Kaufkraft in einer deut­ lichen Erweiterung der Produktpalette.14 Importe von technischen Gütern und Maschinen wie etwa Fahrrädern, Nähmaschinen oder Autos, von Baumaterialien wie etwa Zement und von relativ luxuriösen Konsumprodukten wie Weizenmehl, Zucker, modischen Kleidungsstücken und Benzin nahmen zu.15 In der unmittelbaren Nachkriegszeit war in der Gold Coast wie auch in den anderen westafrikanischen Kolonien von dem sich abzeichnenden wirtschaft­ lichen Aufschwung allerdings zunächst wenig zu spüren. Die Kolonialmacht Groß­ britannien war selbst hoch verschuldet und führte das System der marketing boards fort, über das sie den Kolonien die Einnahmen aus den gestiegenen R ­ ohstoffpreisen zumindest temporär vorenthielt. Auch das strenge Kontrollsystem der Wirtschaft des Sterlingblocks existierte weiter. In der Knappheit der Nachkriegsjahre blieben die Preise für importierte Konsumgüter anhaltend hoch. Hatte sich der Preis­index für wichtige importierte Güter zwischen 1939 und 1945 bereits fast verdoppelt, verdoppelte er sich im Vergleich zu 1939 allein zwischen 1945 und 1947 nochmals. Ähn­lich verhielt es sich mit den Lebenshaltungskosten in den großen Städten, die sich bereits zu Kriegszeiten um mehr als das Doppelte erhöht hatten. Auch diese

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Stockwell, Political Strategies of British Business, S. 278. Hopkins, An Economic History, S. 185. Statistics, in: Statistical and Economic Review 5 (1950), S. 37 – 44, hier S. 38. Statistics, in: Statistical and Economic Review 13 (1954), S. 41 – 45, hier S. 41. In dieser Berechnung war nun auch der Verkauf von lokal hergestellten Waren ­inbegriffen. Statistics, in: Statistical and Economic Review 21 (1958), S. 46 – 52, hier S. 47. 13 Statistics, in: Statistical and Economic Review 25 (1961), S. 59 – 67, hier S. 59. 14 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 107. 15 Bauer, West African Trade, S. 47 – 53.

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stiegen in den ersten Nachkriegsjahren nochmals um etwa 100 Prozent. Die leicht gestiegenen Löhne und die Einkünfte aus der Exportwirtschaft konnten diese Verteuerung kaum kompensieren. Sowohl die Kaufkraft der Lohnarbeiter in Accra also auch die der Kakaobauern blieb anhaltend niedrig auf etwa der Hälfte des Niveaus von 1939.16 Dies führte zwischen 1945 und 1950 in Westafrika zu teils massiven so­­zialen Unruhen, Protesten und Streiks, darunter einige der größten ­Demonstrationen der gesamten Kolonialzeit zwischen 1945 und 1950.17 In der Gold Coast waren die wohl wichtigsten Unruhen die sogenannten Accra Riots im Februar 1948.18 Die Situation änderte sich signifikant zu Beginn der 1950er Jahre, als der Wirtschaftsaufschwung auch in der Gesellschaft der Gold Coast ankam. Sowohl Löhne als auch Einkünfte aus dem Kakaohandel stiegen konstant während des ­gesamten Jahrzehnts. Die neue Regierung hob seit der Unabhängigkeit 1957 mehrmals die Löhne der Arbeiter weiter an. Die Steigerungen machten sich deut­lich in der Kaufkraft bemerkbar, auch wenn sich die Preise für Importgüter weiterhin verteuerten: Sowohl Reallöhne der Arbeiter als auch die Kaufkraft der Löhne wuchsen zwischen 1950 und 1960 konstant. Die Kaufkraft hatte sich 1960 um fast 70 Prozent gegenüber dem Niveau von 1949 erhöht.19 In politischer Hinsicht waren die 1950er Jahre in Ghana eine turbulente und krisenhafte Zeit. Am 6. März 1957 erlangte das Land die politische Unabhängigkeit von Großbritannien und läutete damit für das subsaharische Afrika die Periode der Dekolonisation ein. Aus Sicht des britischen Zentrums kann man die Dekolo­ nisation nach dem Zweiten Weltkrieg in drei zeit­liche Abschnitte unterteilen.20 In der ersten Phase zwischen 1945 und 1951, als in Großbritannien die Labour Party 16 Diese Daten wurden für Lohnarbeiter und Kakaoproduzenten berechnet, da dies die beiden wichtigsten Gruppen waren, die eng in die Geldökonomie eingebunden waren. Sie gelten daher nicht uneingeschränkt für alle Regionen und sozialen Gruppen der Gold Coast. So konnte etwa aufgrund mangelhafter Datenlage ein Preisindex für Konsumgüter nur für städtische Regionen erhoben werden. Die Zahlen sind aber durchaus als wichtige Indikatoren für allgemeine Entwicklungen zu lesen. Berg, Real Income Trends, S. 206 f. Die Preissteigerungen für Importgüter dokumentierte auch die UAC. Vgl. dazu: Statistics, in: Statistical and Economic Review 21 (1958), S. 46 – 52, hier S. 48 f.; Statistics, in: Statistical and Economic Review 30 (1965), S. 52 – 59, hier S. 55. 17 Cooper, Decolonization and African Society, S. 124 – 166; Crisp, The Story of an African Working Class, S. 76 – 104. 18 Siehe dazu auch Abschnitt 4 in diesem Kapitel. 19 Berg, Real Income Trends, S. 221 f. 20 Louis, The Dissolution of the British Empire. Osterhammel bemerkt, man müsse dies als die dritte Periode des Rückzugs kolonialer Herrschaft bezeichnen, da ihr erstens zwischen 1776 und 1825 auf dem amerikanischen Kontinent und zweitens nach 1839 mit der

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regierte, wurden die Besitzungen in Asien und im Mittleren Osten unabhängig.21 Die zweite Phase unter der konservativen Regierung zwischen 1951 und 1957 war geprägt von widersprüch­lichem Nebeneinander von Wiederaufleben der Kolonialherrschaft und Rückzug derselben.22 Ab 1957 folgte unter der konservativen Regierung Harold Macmillans bis 1968 die Unabhängigkeit aller noch bestehenden afrikanischen Kolonien. Eine Ausnahme ist hier allerdings Südrhodesien, das heutige Simbabwe: Dieses erlangte erst 1980 die politische Unabhängigkeit. Die Anzahl der Menschen unter britischer Herrschaft verringerte sich von 700 ­Millionen im Jahr 1945 auf 5 Millionen nur etwa zwei Jahrzehnte später.23 Zu der Frage nach den Gründen für das Ende des britischen Empires gibt es eine kaum zu überblickende Anzahl von Debattenbeiträgen.24 Stritt sich die F ­ orschung lange Zeit, ob der antikoloniale Nationalismus, die Schwäche des britischen

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Entstehung der Dominions zwei solcher Phasen vorausgingen. Osterhammel, Kolonialismus, S. 44. Hyam, Ronald: Introduction, in: Ders. (Hg.): The Labour Government and the End of Empire, 1945 – 1951, Bd. 1, London 1992, S. xxiii–lxxviii.; Bayly, Christopher/Harper, Tim: Forgotten Wars. The End of Britain’s Asian Empire, London 2007; Louis, Wm. Roger: The British Empire in the Middle East, 1945 – 1951. Arab Nationalism, the United States and Post-War Imperialism, Oxford 1984; Moore, Robin J.: Escape from Empire. The Attlee Government and the Indian Problem, Oxford 1983. „Both revival and retreat“, kommentiert Martin Lynn, „characterise British policy in these years therefore.“ Lynn, Martin: Introduction, in: Ders. (Hg.): The British Empire in the 1950s. Retreat or Revival?, Basingstoke 2006, S. 1 – 15, hier S. 11. Vgl. auch die anderen Beiträge in diesem Sammelband. Hargreaves, John D.: Decolonization in Africa, London/New York 1980; Fieldhouse, Black Africa. Für einen Debattenüberblick siehe: Darwin, John: Decolonization and the End of Empire, in: Robin W. Winks (Hg.): Historiography (= The Oxford History of the British Empire, hg. von Wm. Roger Louis, Bd. 5), Oxford 1999, S. 541 – 557; Osterhammel, Jürgen: Spät­ kolonialismus und Dekolonisation, in: Neue Politische Literatur 37 (1992), S. 404 – 426; Eckert, Andreas: Spätkoloniale Herrschaft, Dekolonisation und internationale Ordnung. Einführende Bemerkungen, in: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), S. 3 – 20. Vgl. auch die folgende Auswahl wichtiger Veröffent­lichungen zum Thema: Louis, Wm. Roger: Imperialism at Bay. The United States and the Decolonization of the British Empire, Oxford 1977; ­Holland, Robert F.: European Decolonization. An Introductory Survey, London 1985; Darwin, John: Britain and Decolonisation. The Retreat from Empire in the Post-War World, London 1988; Howe, Stephen: Anticolonialism in British Politics. The Left and the End of Empire, Oxford 1993; Cooper, Decolonization and African Society; Cain, Peter J./Hopkins, ­Anthony G.: British Imperialism, 1688 – 2000, Harlow 2002; Altmann, Gerhard: Abschied vom Empire. Die innere Dekolonisation Großbritanniens, 1945 – 1985, Göttingen 2005; Hyam, Ronald: Britain’s Declining Empire; Louis, Wm. Roger: Ends of British Imperialism. The Scramble for Empire, Suez, and Decolonization, London/New York 2006.

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Zentrums im internationalen Gefüge der Nachkriegszeit oder ein schwindendes Interesse Großbritanniens am Empire als der zentrale Faktor anzusehen sei, berücksichtigt die jüngere Forschung zumeist alle drei Analyseebenen.25 Diese Arbeit versteht sich in zweifacher Hinsicht als Beitrag zur Geschichte der Dekolonisation. Zum einen fragt sie danach, wie sich die politischen Konflikte und der letzt­liche Rückzug der kolonialen Herrschaft in der Printwerbung bemerkbar machten, die wiederum Bezug auf eine städtische Populärkultur nahm. Es wird argumentiert, dass die Werbung auf die Konsumkultur und Kollektividentität der Träger der politischen Parteien Einfluss nahm und als eine bislang nicht beachtete Transferschiene zwischen Metropole und Kolonie zu verstehen ist.26 Zum anderen knüpft sie an die Debatte über die Rolle des Kapitals während der Dekolonisation an. In der Forschung wurde immer wieder betont, dass zahlreiche politische, militärische und eben auch wirtschaft­liche Kontinuitäten zwischen dem Empire und der postkolonialen Ordnung zu finden sind.27 Für das britische Kapitel in Ghana liegen hier Fallstudien vor, die zeigen, dass die Unternehmen über die Turbu­lenzen der späten 1950er Jahre die Wirtschaftsbeziehungen erfolgreich anpassen und gute Kontakte zu den neuen afrikanischen Regierungen aufbauen konnten. So ging mit dem Ende des Empires keineswegs dieser Geschäftsbereich unter. Die Forschung hat dabei auf die Kommunikation zwischen wirtschaft­lichen Akteuren und staat­lichen Entscheidungsträgern fokussiert und danach gefragt, wie die Einflussnahme des britischen Kapitels auf die Regierungsentscheidungen und die unternehmensinternen Umstrukturierungen vonstattenging.28 Um sich aber weiter­hin einen Absatzmarkt zu sichern, mussten die Unternehmen sich um ihre afrikanische Kundschaft und deren Bedürfnisse nach importierten Waren bemühen. Wie diese Einflussnahme funktioniert hat, wurde bislang kaum untersucht. Werbung für importierte Waren wird hier als Versuch der Wirtschaft gesehen, mittels soft power auf die Bedürfnisse der Bewohner der (post-)kolonialen Welt Einfluss auszuüben, in einer Zeit, als 25 Darwin, Decolonization and the End of Empire; Hyam, Britain’s Declining Empire, S. xiv. 26 Siehe dazu Abschnitt 5 in diesem Kapitel. 27 So moniert Jackson, dass in der Forschung zu wenig nach Verbindungen zwischen diesen beiden Epochen gesucht werde. Jackson geht sogar so weit, zu sagen, dass es eigent­lich kein Ende des Weltreiches gegeben habe: Jackson, Ashley: Empire and Beyond. The Pursuit of Overseas National Interests in the Late Twentieth Century, in: English Historical Review 122 (2007) 499, S. 1350 – 1366, hier S. 1352. 28 Milburn, Josephine: British Business and Ghanaian Independence, London 1977; Stockwell, Sarah: The Business of Decolonization. British Business Strategies in the Gold Coast, New York 2000; Decker, Stephanie: Building up Goodwill. British Business, Development and Economic Nationalism in Ghana and Nigeria, 1945 – 1977, in: Enterprise & Society 9 (2008) 4, S. 602 – 613. Zum Verhältnis der UAC zur Kolonialregierung und den jungen afrikanischen Regierungen vgl.: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 451 – 494.

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sich die staat­lichen Einflussversuche als zunehmend unzureichend erwiesen und letzt­lich scheiterten.29 Diese wirtschaft­lichen sowie politischen Veränderungen bilden den Hintergrund für die Entwicklungen der Werbebranche nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch die britische Werbeindustrie teilte nach dem Zweiten Weltkrieg das gestiegene Interesse der Kolonialmacht an dem Kontinent. Britische Werbefachleute drängten die exportierenden Unternehmen, ihren Umsatz zu steigern und der Konsum­ güterknappheit so schnell wie mög­lich ein Ende zu bereiten. Ein Werbefachmann beschrieb dabei den Zweiten Weltkrieg als ein Form des kulturellen Kontakts von Afrikanern mit der europäischen ‚Zivilisation‘, eine Begegnung, aus welcher die afrikanische Soldaten mit „new ideas about money and possessions“ 30 in ihre Heimat zurückgekehrt wären. Nur ein ausreichendes Warenangebot in Afrika könne diese neuen Bedürfnisse aufrechterhalten. „Thus all factors seem favourable for no small development of a backward native market – but for one thing. We are not sending the goods for the natives to buy. (…) That is dangerous. If the native cannot spend the money he has earned on things which he will enjoy, then he loses the urge to work and earn money. With every month that passes the pictures of civilization which the native soldier brought back with him will fade, and desire to possess will fade with it. And so will burst like a bubble the opportunity of developing and expanding an export market which could grow indefinitely.“ 31

Zahlreiche weitere britische Branchenkollegen und Unternehmer diskutierten die Erschließung des in ihren Augen enormen Potentials der durch wirtschaft­lichen Aufschwung und Entwicklungsprogramme neu entstehenden Absatzmärkte in Afrika. „(…) with the opening up and development of the territory [of Mozambique, d. V.] the large native population is slowly evolving and developing a taste for a variety of cheap European consumer goods; at the same time the spending power of the native is increasing. Consequently, this population constitutes an expanding market which should not be ignored by 32 UK exporters of the cheap consumer goods which appeal to such people.“ 

29 Vgl. zum Begriff soft power das Buch des ehemaligen Deans der Harvard School und Außenpolitikberaters des damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton: Nye, Joseph S.: Soft Power. The Means to Success in World Politics, Cambridge 2004. 30 Bell, Roy F.: Buried Money in East Africa, in: Advertiser’s Weekly, 3. Oktober 1946, S. 30. 31 Ebd. 32 Selling Prospects for UK in Portuguese E. Africa, in: Advertiser’s Weekly, 28. Oktober 1955, S. 57.

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Immer wieder fanden sich Hinweise auf das Potential der westafrikanischen Region. „The whole region is fertile ground for the exporter. (…) [T]he potential expansion is vast and gives every indication that it will be very rapid indeed.“ 33 Die wirtschaft­liche Hochkonjunktur der Nachkriegsjahre machte sich also ebenfalls im Werbegeschäft bemerkbar. Dies wirkte sich auch auf die Organisation der Agenturen aus, die im Folgenden analysiert werden soll.

2. Die Anfänge afrikanischen Werbedesigns Die Vergrößerung der Werbebranche nach 1945

Das Geschäft West Africa Publicitys erfuhr nach 1945 einen enormen Aufschwung und es begannen sich signifikante Veränderungsprozesse sowohl hinsicht­lich der Werbetechniken als auch der Organisation und Mitarbeiterstruktur abzuzeichnen. Nicht nur ökonomisches Wachstum, sondern auch der politische Wandel veränderten die Agentur und ihr Geschäft. Die koloniale Unternehmensstruktur, deren Aufbau durch UAC-Manager in den 1930er Jahren im vorhergehenden Kapitel gezeigt wurde, blieb dabei während der 1950er Jahre bestehen.34 Die Filialen von West Africa Publicity in Lagos, Accra und Freetown wurden weiterhin von der Londoner Zentrale Export Advertising Service Limited kontrolliert und geleitet.35 Die Filialen in Accra und Freetown standen unter dem Management der Filiale in Lagos, der größten Geschäftsstelle.36 Der Zweite Weltkrieg hatte einige personelle Veränderungen in der Agentur ausgelöst. Viele Angestellten waren in den Kriegsdienst eingetreten. Der Waliser Lloyd erkrankte 1946 kurz nach dem Krieg schwer und musste von seinem Leitungsposten von Export Advertising Service in London zurücktreten.37 Ein junger Brite namens Philip Harris übernahm die Leitung der Filialen in Lagos, Accra und

33 West Africa: A Vast and Quick Growing Market of Wage Earners, in: Advertiser’s Weekly, 7. Juli 1955, S. 50 – 52, hier S. 52. 34 Brief von Denyer an McKinnell, 18. Mai 1962, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). 35 Gambia war ebenfalls Teil des Aktionsgebiets der Agentur, auch wenn es dort wohl aufgrund der geringen Größe und Einwohnerzahl des Territoriums keine eigenständige Filiale gab. Brief von McKinnell an Hussey, 1. Oktober 1948, UARM UAC/2/35/1/LH (336/5) (vl Rnr). 36 Brief von Denyer an Aylmer und Ravenhill, 16. Juni 1955, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Zum Größenverhältnis der Geschäftsstellen vgl.: West African Publicity Limited, Profit and Loss Accounts 1958 – 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (UYB/1/527) (vl. Rnr.). 37 Lloyd verstarb zwei Jahre später. Fifty Years Growing, S. 13.

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Abbildung 4.1: Die Angestellten unter der Leitung von Philip Harris beim 25-jährigen Jubiläum der Agentur, o. J. [Lagos 1978]

Freetown.38 Er behielt diesen Posten bis in die 1960er Jahre.39 Harris war seit 1935 in London im Dienste der Agentur tätig, zunächst für WAP und dann für EAS. Er war nach eigener Aussage von Lloyd zur Leitung der westafrikanischen Filialen auserkoren worden und trat im September 1946 die Reise nach Lagos an. Dort löste er Donald McKinnell ab, ebenfalls Angestellter der Agentur aus London, der übergangsweise diesen Posten innehatte. Diese Manager hatten gemein, dass sie beide relativ jung waren und aus der Londoner Agentur stammten – für beide war es wohl der erste Aufenthalt auf dem afrikanischen Kontinent (Abbildung 4.1). Es ist anzunehmen, dass hier die erste Generation professioneller Werbeleute die Leitung der Agentur übernahm und somit die Managergeneration ablöste, die sich aus Handel und Kolonialverwaltung rekrutierten. McKinnell ging nach der Ankunft von Harris zurück nach London und übernahm dort von Lloyd die Leitung von EAS.40 Im Mai 1955 wurde er zum Mitglied des Direktoriums des Unternehmens befördert.41 Export Advertising Service vergrößerte den Aktionsradius in den 1950er Jahren sowohl auf dem afrikanischen Kontinent als auch in anderen britischen 38 Ebd., S. 16; Brief von Denyer an Aylmer und Ravenhill, 16. Juni 1955, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 39 At a Meeting of the Directors of West Africa Publicity Limited, 4. Januar 1962, UARM, UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 40 Fifty Years Growing, S. 16. 41 Brief von Mellor an Harris, 12. Mai 1955, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr).

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Kolo­nialgebieten. EAS trat zunächst unter dem Motto „Specialists in Advertising in the Colonial Empire“ 42 auf, welches die Agentur später in „Specialists in Overseas Advertising“ 43 änderte. EAS verfolgte dabei das Ziel, einen Werbeservice für das gesamte britische Empire zu bieten. Die drei afrikanischen Agenturen, mit denen EAS zusätz­lich zu West Africa Publicity zusammenarbeitete, waren die Kenya Advertising Corporation Limited in Nairobi, deren Zuständigkeitsbereich die britischen Kolonien in Ostafrika waren, in Südafrika die Agentur African-­Adservice Limited mit Sitz in Cape Town und in Mauritius die Agentur Permain & Co. in Port Louis. Die kenianische Agentur organisierte außerdem Werbung für Uganda, Tanganyika, Zanzibar sowie den Anglo-Ägyptischen Sudan. Darüber hinaus hatte EAS Partnerschaften mit Agenturen in Britisch-Malaya (Master’s Limited Singapore) sowie Palästina (Aron Advertising in Tel-Aviv).44 Die Agentur in Nairobi wurde später entsprechend ihrem westafrikanischen Pendant in East Africa Publicity Limited, kurz EAP , umbenannt. Sie wurde wie WAP direkt von EAS geleitet und gehörte der United Africa Company.45 Bei den anderen Agenturen gibt es jedoch keinerlei Hinweise auf eine direkte Verantwortung von EAS  – vermut­lich hatte EAS gegenüber ihnen die Funktion eines Londoner Agenten. WAP blieb im Verhältnis zu EAP immer die wesent­lich größere Agentur und somit das wichtigste Standbein von EAS .46 Nach außen wurde weiterhin die Politik verfolgt, EAS als Londoner Agent von WAP darzustellen. Diese Bezeichnung vermittelte den Eindruck einer größeren Distanz zwischen den beiden Agenturen, als sie tatsäch­lich bestand. Dies entsprach der Richtlinie der UAC , ihre Tochterunternehmen nach außen so wenig wie mög­lich als Teil ihres ökono­mischen Imperiums darzustellen, um Kritik an ihrer starken wirtschaft­lichen Stellung einzudämmen.47 Es kam aber auch der 42 Brief von McKinnell an Hussey, 1. Oktober 1948, UARM UAC/2/35/1/LH (336/5) (vl. Rnr). 43 Brief von McKinnell an Denyer, 6. Februar 1950, UARM UAC/2/35/1/LH (336/5) (vl. Rnr.). 44 Brief von McKinnell an Hussey, 1. Oktober 1948, UARM UAC/2/35/1/LH (336/5) (vl. Rnr). 45 Minutes of Meeting of Chairman’s Comittee, 17. Juli 1961, S. 4, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 46 UAC Board Committee Minutes, Advertising, Juli 1961 – Mai 1970, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 47 Der EAS-Manager McKinnell verschleierte ebenfalls gezielt die Tatsache, dass WAP und EAS dem gleichen Unternehmen gehörten, indem er veranlasste, dass West Africa Publicity in ihrem eigenen Namen (und nicht im Namen von EAS) ihre Geschäfte durchführte. Er selbst vertrat gegenüber Kunden, EAS würde WAP „managen“. Brief (o. N.), 6. Oktober 1952, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1). Auch wurde auf dem Briefpapier von WAP EAS als „London agents“ bezeichnet: Anhang eines Briefs von McKinnell an Denyer, 6. Februar 1950, UARM UAC/2/35/1/LH (336/5) (vl. Rnr.). Im Übrigen wurde WAP bei der Umwandlung von Teilen der UAC in lokal registrierte Unternehmen Mitte der 1950er Jahre nicht der neuen UAC of the Gold Coast Limited zugeordnet – sie sollte ihren semi-autonomen Status behalten. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 38.

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Außendarstellung der Agentur gegenüber britischen Geschäftskunden zugute, da es der Branchenpraxis in Großbritannien entsprach, dass sich die Werbeproduktion nicht nach denselben wirtschaft­lichen Interessen ausrichtete wie das Platzieren der Werbung und die Pflege der Stellplätze. Diese Politik hatte zur Folge, dass die britische Zeitschrift Advertiser’s Weekly über die Aktivitäten von EAS und WAP berichtete, als seien es zwei völlig voneinander verschiedene Unternehmen.48 West Africa Publicity baute in der Nachkriegszeit die Infrastruktur weiter aus und kaufte in Lagos eine lokale Druckerei mit dem Namen 20th Century Press.49 Wie auch die Errichtung und Instandhaltung der Stellplätze, so gehörte in Großbritannien der Druck zumeist nicht zu den Bereichen, den eine Agentur selbst durchführte. Doch in Westafrika lohnte sich dieser Kauf aus zwei Gründen. Erstens konnte die Agentur damit eine direkte Kontrolle über den Druck­prozess etablieren. WAP kritisierte den Standard und die Zuverlässigkeit der lokalen ­Druckereien hinsicht­lich Rechtschreibung und Genauigkeit beim Druck. WAP übernahm also auch hier – wie im Bereich der Außenwerbung – den Aufbau und das Unterhalten der benötigten Infrastruktur. Zweitens hatte WAP die Aufgabe, lokal benötigten Büropapier-Bedarf für die United Africa Company zu drucken. Dies trug gewiss dazu bei, die Druckerei finanziell rentabel zu betreiben. Das ­Drucken von Broschüren oder Flugzetteln – wie beispielsweise dem Programm für einen Benefiz-­Boxkampf des Roten Kreuzes – gehörte ebenfalls zum Auf­ gabenspektrum von WAP , wobei die Agentur nicht nur den genauen Entwurf der Werbeanzeigen übernahm, sondern gleichzeitig auch den Satz der gesamten Broschüre. Der ­Manager Harris erinnerte sich in den späten 1970er Jahren an seinen Start in Lagos 1946: „When I first put on a suit of tropical drill, I had a shop of some 24 compositors and knew nothing of their abilities. I had to produce a programme for a Red-Cross boxing benefit crammed with goodwill ads. Copy from our ‚clients‘ came in mostly on the backs of envelopes. I typed out the copy for each and spread the ads., [sic] round the comps but gave no guidance on type style, sizes etc. Then I marked up the proofs which resulted from each comp’s choice and discretion, then time-checked each job. I was quickly able to sort out the good’uns from the bad’uns [sic]!“ 50

48 Selling Razor Blades in West Africa, S. 248. 49 Das genaue Datum des Kaufs muss unklar bleiben, es lag aber vor 1946. Fifty Years ­Growing, S. 16. 50 Ebd.

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WAP führte also nicht nur in London geplante Werbeaufträge durch, sondern zog

bereits zu dieser Zeit lokale Kunden an.51 Das Aufgabenspektrum der Agentur war sehr breit und im Vergleich mit der US-amerikanischen oder europäischen Werbebranche vereinte sie deut­lich mehr Aufgaben in sich, die sie nicht auslagern konnte, weil die Infrastruktur dafür in Westafrika nicht existierte. Die euro­päischen Manager waren größtenteils damit beschäftigt, die Abläufe zu koordinieren und zu kontrollieren: „Getting to grips with the job meant a seven-day week (…). I passed every proof from the print shop, checked paper stocks, weighed metal for the Monotype supercaster, handled the press work, drew up the accounts and chased the debtors.“ 52 Auffällig ist, dass in dieser Erinnerung keine Arbeit am Entwurf der Anzeigen vorkommt – die Filialen waren dafür sch­lichtweg weiterhin nicht zuständig. Dies beschreibt eine grundlegend andere Arbeitskultur und Arbeits­ situation als es in den etablierten Londoner Werbeagenturen der Fall war, die sich erst in den 1950er Jahren ändern sollte.53 In der Nachkriegszeit veränderte sich auch die Rolle der afrikanischen Mitarbeiter der Agentur. Spätestens ab den 1940er Jahren hatten diese Aufgaben im Prozess der Drucklegung inne und waren in das Design und den Satz der Anzeigen mit eingebunden. Die Manager waren dabei auf talentierte und erfahrene Angestellte angewiesen. Für diese Tätigkeiten hatte die Agentur bereits in der Nachkriegszeit alleine in Lagos etwa zwei Dutzend afrikanische Angestellte. Europäische Ausländer in der Kolonie waren für das Unternehmen kostspielig, weshalb es generelle Politik der Handelshäuser und so auch der UAC war, die Zahl der europäischen Angestellten in der Kolonie so gering wie mög­lich zu halten und stattdessen mög­lichst viele Posten mit Afrikanern zu besetzen. Doch dabei hielt die UAC klare Machtstrukturen aufrecht: Afrikanern war es innerhalb des Unternehmens bis Mitte der 1950er nicht mög­lich, über das Level des indigenous manager aufzusteigen und damit ohne direkte Weisung Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen.54 Dennoch deckten afrikanische Angestellte zentrale Aufgabenbereiche ab. Sie waren als chief clerks und indigenous manager für die Verwaltung der Agenturen zuständig, aber auch im Außenwerbebereich für die Auswahl des Standorts der Poster, das Bauen und Aufstellen der Stellwände und das Anbringen und Pflegen der Plakate. Ein Gruppenfoto aus den frühen 1950er Jahren zeigt alle

51 Dies wird auch in der Printwerbung deut­lich. Siehe dazu Abschnitt 5 in diesem Kapitel. 52 Fifty Years Growing, S. 16. 53 WAP wurde im Dezember 1958 an eine Holding-Gesellschaft namens A. A. W. Limited verkauft, weil sie aus steuerrecht­lichen Gründen nicht mehr direkt der UAC gehören sollte: Brief an McKinnell, 16. April 1959, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). 54 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 28.

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Mitarbeiter der WAP-Filiale in Nigeria. Von den 34 Mitarbeitern waren ledig­lich zwei Europäer – die Manager der Agentur (Abbildung 4.1).55 Ein weiteres Motiv dafür, Einheimische in zentrale Bereiche der Agenturarbeit miteinzubeziehen, waren ihr Wissen um lokale Geschäftsstrukturen sowie ihre Kontakte zur lokalen Bevölkerung. Kwame Akatu wurde 1954 in der Filiale von West Africa Publicity in Accra Mitarbeiter. Bereits zuvor lebte er in Accra und arbeitete beim Daily Graphic, wo er von WAP die Anzeigen zum Satz erhielt. Als die Agentur eine Stelle ausschrieb, bewarb er sich und wurde eingestellt. Er arbeitete bei WAP als assistant press officer und war zuständig für das Schalten der Werbung in den Printmedien und in den Kinos. Er überbrachte die Werbung und kassierte die Kommission. Er war „the media man“ der Agentur und wurde nach eigener Aussage eingestellt, damit er als Einheimischer den Kontakt zu den lokalen Medien pflegen könne. Die Agentur stellte also gezielt für die notwendigen Unternehmenskontakte Afrikaner ein. Die Ausbildung, die Akatu bei WAP erhielt, ging allerdings über das Sammeln von praktischen Erfahrungen während der Arbeitszeit nicht hinaus. Afrikaner benötigten keinen formelle Ausbildung als Einstellungsvoraussetzung, sondern erhielten die notwendige Ausbildung in der Agentur.56 Doch nicht nur die unteren Angestellten und Arbeiter der Agentur waren Afrikaner, auch die höhere administrative Ebene war von Anfang an mit Einheimischen besetzt. In den Filialen in Lagos, Accra und Freetown waren jeweils Afrikaner auf Managementebene eingebunden.57 Die UAC hatte vermut­lich während des Zweiten Weltkriegs die europäischen Management-Posten reduziert und hielt ledig­lich in Nigeria eine europäische Unternehmensführung aufrecht. Der dortige Leiter der Agentur kontrollierte afrikanische Manager in der Gold Coast und in Sierra Leone. Kwame Akatu berichtete, in den Jahren vor seiner Einstellung habe ein Einheimischer namens G. C. C. Wuver die Filiale in der Gold Coast geleitet. Der europäische Manager aus der nigerianischen Filiale stattete der Filiale der Gold Coast mindestens halbjähr­lich Besuche ab. Wuver musste zudem regelmäßig dem Accra district manager der UAC Bericht erstatten.58 Zeichnungs- und Handlungsvollmacht für das Unternehmen hatte aber immer ein Europäer inne – vermut­lich war dies der zuständige district manager.59 Es ist anzunehmen, dass die UAC mit dem Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit entschied, wieder einen europäischen Manager zur Leitung der Filiale 55 Fifty Years Growing, S. 23. 56 Interview mit Kwame Akatu, 23. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. Vgl. zur Person Kwame Akatus auch Abschnitt 4 in Kapitel V. 57 Fifty Years Growing, S. 17. 58 Interview Kwame Akatu; Akatu, Short History of Advertising, S. 1. 59 Vgl. die Protokolle in UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.).

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einzusetzen. Dieser hieß D. D. J. Fenwick. In den 1950er Jahren hatte die Filiale in Accra in etwa 25 afrikanische Mitarbeiter und wurde von zwei Europäern geleitet, die in der Position des general manager und assistant general manager die Agentur verwalteten und kontrollierten.60 Die Filiale war unterteilt in das media department, das für Printmedien und Kinowerbung zuständig war, sowie den Bereich der Außenwerbung. Im media department, in dem Akatu angestellt war, waren etwa zehn Mitarbeiter beschäftigt. Es wurde von einem Afrikaner namens F. Therson Cofie geleitet. Kwame Akatu betonte, dass bereits Mitte der 1950er Jahre der Bereich Außenwerbung innerhalb der Agentur sehr selbstständig agierte.61 Doch auch wenn einheimische Angestellte in der Verwaltung sowie bei der Verteilung der Werbebilder eine zentrale Rolle spielten, waren sie weiterhin nicht in das Design der Werbekampagnen eingebunden – dies geschah in London und lag in britischer Hand. Die Produktionsabteilung gehörte zu den Bereichen, die die UAC zunächst nicht in afrikanische Hände geben wollte, wie im folgenden Abschnitt gezeigt werden soll. Die Anfänge des Werbedesigns in Westafrika

In den 1950er Jahren wurden in den Kolonien Abteilungen für die Herstellung der Werbung gegründet. Dieser Schritt ist aus mehreren Gründen entscheidend. Zum Ersten markiert dies den Zeitpunkt, an dem erstmals auch Afrikaner in die Fabri­ kation und Konzeption der Werbung eingebunden waren und damit zu Akteuren der Werbebildproduktion aufstiegen. Zum Zweiten entstammten damit Werbe­ produzenten und angesprochene Konsumenten erstmals der gleichen Gesellschaft. Zum Dritten sollte dieser Prozess es den Agenturen in den 1960er Jahren ermög­lichen, sich zunehmend von der Londoner Zentrale zu lösen und selbstständig zu arbeiten. Eine Kombination verschiedener Faktoren führte zu dem Entschluss, Design-­ Abteilungen vor Ort aufzubauen. Zentral war der Wirtschaftsaufschwung der 1950er Jahre, der die Kaufkraft breiter gesellschaft­licher Schichten anwachsen und immer größere Teile der westafrikanischen Bevölkerung am Importhandel teil­ haben ließ. Diese neuen Konsumenten weckten in der Nachkriegszeit das Interesse großer, vornehm­lich britischer, aber auch aus anderen Ländern und Kontinenten stammender Konzerne, die versuchten, sich auf dem westafrikanischen Markt 60 Interview Kwame Akatu; Akatu, Short History of Advertising, S. 1. Leider liegen zu ­Fenwick keine weiteren Informationen vor, es ist aber anzunehmen, dass er zuvor bei Export Advertising Service in London angestellt war. 61 Interview Kwame Akatu; Akatu, Short History of Advertising, S. 1. Siehe zu den weiteren Entwicklungen des Bereichs der Außenwerbung Abschnitt 2 in Kapitel V.

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zu etablieren. Die Handelsfirmen verzeichneten einen sprunghaften Anstieg des Importvolumens. So nahm in dem expandierenden Markt die Konkurrenz um die Konsumenten und damit auch die Werbebereitschaft zu. Kundenzahl und Umsatz der Agenturen stiegen deut­lich an. Gleichzeitig ließen die ersten Anfänge der Industrialisierung der westafrikanischen Kolonien in den 1950er Jahren die Zahl lokaler und zahlungskräftiger Kunden steigen, die ein Interesse an Kampagnen für ihre neuen Produkte hatten.62 Ein weiterer Faktor waren Veränderungen in der Presselandschaft und somit in dem Medien­angebot, welches der Agentur zur Verfügung stand. Wie im vorangegangenen Kapitel herausgearbeitet, war Außenwerbung der zentrale ­Posten und der wichtigste Bereich der Agentur, auch wenn sie bereits in den 1930er ­Jahren ebenfalls auf Zeitungswerbung setzte. Doch mit dem Aufschwung der west­afrikanischen Presse nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden Zeitungen von bis dahin beispielloser Druckqualität, Auflagenstärke, Reichweite und Erscheinungs­häufigkeit.63 Somit entwickelten sich attraktive Medien für Werbezwecke, was die Nachfrage nach Zeitungswerbung und damit auch die Presseabteilungen in den Agenturen anwachsen ließ. Diese Medien ermög­lichten es auch in Westafrika angesiedelten Agenturkunden, also afrikanischen Händlern, lokalen Produzenten sowie Filialen von europäischen Unternehmen, relativ günstig zu werben: Eine Zeitungsanzeige war im Vergleich zu Plakatkampagnen wesent­lich billiger. Dies führte dazu, dass sich die Agentur weiter ausdifferenzierte: „[T]he need arose for its press advertising department to be divided into two sections – ‚London‘ and ‚Local’. The fact was that business from purely local sources started to increase in volume and a sepa­ rate staff was needed.“ 64 Die Ausweitung des Werbegeschäfts wurde also ganz wesent­lich von den Veränderungen im Zeitungsgeschäft beeinflusst, weil sich damit die Mög­lichkeiten für die Platzierung von Werbung stark verbesserten. Im Zusammenhang mit der Ausweitung des Bedarfs an Werbung wurde die Drucktechnik der 20th C ­ entury Press auf mechanische Produktion umgestellt. Nun konnten beispielsweise ­Einlege-Broschüren für Zeitungen gedruckt werden.65 Aufgrund des gestiegenen lokalen Bedarfs nach Werbung wurden etwa um 1950 in der nigerianischen Filiale erste Anläufe unternommen, auch das Werbedesign vor Ort durchzuführen. „And in one mad moment when imaginations ran riot and Agency optimism soared to the skies, one of Harris’s band of enthusiasts 62 Zum Prozess der Industrialisierung siehe Abschnitt 1 in Kapitel V. 63 Vgl. zu den Entwicklungen der ghanaischen Presselandschaft Abschnitt 5 in diesem ­Kapitel. 64 Fifty Years Growing, S. 18. 65 Ebd.

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went out and bought pens, indian ink, process white and a quire or so of bristol board. It was ‚all hands to the pumps’.“ 66 Es ist anzunehmen, dass zeitgleich auch in der Gold Coast ähn­liche Anfänge von Werbedesign zu verzeichnen waren. Der Anstieg lokaler Kundschaft spiegelte sich auch in der Presse der Gold Coast wider, wo sich – neben den qualitativ hochwertigen Werbeanzeigen der international vertriebenen Konsumprodukte – eine große Anzahl kleiner Anzeigen fand, die mit einfacher Illustration versehen waren oder sogar ohne Bilder auskommen mussten. Als sich in den 1950er Jahren das lokale Geschäft der Agenturen immer mehr ausweitete, gerieten die Agenturen in eine so große personelle Überlastungs­situation, dass die Londoner Zentrale Export Advertising Service 1955 den ersten euro­ päischen Werbeexperten nach Lagos entsandte. Sein Name war R. E. Browne. Es ist unklar, ob er bereits zuvor bei EAS tätig war oder von der Agentur eigens für die Aufgabe in Westafrika rekrutiert wurde, in jedem Fall aber war er ein erfahrener Werbedesigner. Seine Aufgabe war es, eine Abteilung für das Werbedesign in Lagos aufzubauen und afrikanisches Personal auszubilden.67 In Ghana erfolgte dieser Schritt erst einige Jahre später mit der Einstellung von Peter Brown Wood als erstem ghanaischen creative artist. Wood war in der Gold Coast geboren. Seine Eltern waren im handwerk­lichen Bereich tätig und vermitteltem ihrem Sohn handwerk­liche und künstlerische Fähigkeiten. Wood beendete seine schu­lische Ausbildung, ohne eine weiterführende Schule besucht zu haben, und arbeitete als Tischler und Schnitzer. Als die UAC 1957 den Posten eines creative artist für WAP ausschrieb, bewarb er sich und wurde eingestellt. Wood erhielt als erster Mitarbeiter von WAP eine Ausbildung für seine Tätigkeit, was zeigt, dass das Werbedesign einen hohen Stellenwert für WAP hatte. Er wurde für ein Jahr in die nigerianische Filiale nach Lagos entsandt, wo ihn der europäische Werbefachmann Browne ausbildete. Im Anschluss daran verbrachte er ein Jahr in der Londoner Zentrale EAS zur Ausbildung. Dort lernte er Visualisierungstech­ niken, die er für die Werbeherstellung benötigte, wie Malen, Figuren zeichnen und Ätztechniken.68 Die Fortbildung der Mitarbeiter verlief also als direkter Transfer von Produktionstechniken der Werbebranche aus Großbritannien in die west­ afrikanischen Kolonien. Die Ausbildung fand ausschließ­lich durch Europäer statt und Wood musste sich lange Zeit unter ihrer Aufsicht beweisen, bevor er wieder in Ghana tätig werden durfte. Die neue Werbedesign-Abteilung in Ghana stand ebenfalls unter britischem Management: Der Entwurf und die Gestaltung der Bilder waren für WAP und die

66 Ebd. 67 Ebd., S. 19. 68 Interview mit Peter Brown Wood, 16. März 2011, Madina, Ghana, Interviewer: d. V.

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UAC von so großer Bedeutung, dass sie bereit waren, eigens dafür einen weiteren

europäischen Angestellten in Westafrika zu finanzieren.69 Der wachsende Kundenstamm der Agenturen in Westafrika rechtfertigte also den Ausbau der Abteilungen für Werbedesign vor Ort. Die UAC entschied sich auch aufgrund wirtschaft­lichen Kalküls nicht dafür, ledig­lich die Londoner Zentrale auszubauen und alle Werbung dort herstellen zu lassen. Lokal hergestellte Werbung konnte die Agentur zu wesent­lich billigeren Preisen anbieten als solche, die in langen Kommunikationsprozessen von gut bezahlten Angestellten in L ­ ondoner Büros entworfen wurde.70 Mit einem günstigen Service konnte die Agentur mehr lokale Kunden gewinnen und auch kleinere Händler und westafrikanische Geschäfte ansprechen. Der Aufbau von Werbedesign-Abteilungen in Westafrika allein durch europäische Angestellte hätte die Agentur und damit die UAC finanziell sehr stark belastet, sodass die Ausbildung von Afrikanern zu Werbekünstlern und Werbe­ textern auch ökonomisch sinnvoll war. Doch diese Entscheidung hatte eine weitere, strate­gische Dimension. Dieser Aufbau der westafrikanischen Werbeproduktion verweist darauf, dass die UAC auf die Herausbildung von großen, zahlungskräftigen Unternehmen vor Ort durch Industrialisierungsprozesse setzte.71 Anders ist nicht zu erklären, dass die UAC eine weitere europäische Arbeitskraft in den Kolonien finanzierte, um vor Ort Afrikaner auszubilden: Eine Investition, die sich erst in der Zukunft bezahlt machen würde. Auch die UAC begann in den 1950er Jahren, in Westafrika weiterverarbeitende Industrie aufzubauen, deren Produkte ebenfalls beworben werden mussten und deren Marketingstrategen nun nicht mehr ausschließ­lich in London, sondern auch bei den Fabriken in Westafrika angesiedelt waren. Hierfür boten FullService-­Agenturen, also Agenturen, die das gesamte Dienstleistungsspektrum der Werbe­branche anboten, vor Ort einen wesent­lich günstigeren Service. Sie verfügten zudem über beste Kontakte in die lokale Infrastruktur und über das Wissen im Umgang mit den verschiedenen Medien, welches direkt in die Werbeproduktion einfließen konnte.72

69 Interview Peter Brown Wood; A Short History of the Advantage Group. Know your Companies, (unpublizierte Schrift der Advantage Group) o. J. [Accra 2000 – 2010]. Die Unternehmensgruppe, zu der heute Werbefirmen gehören, die sich aus WAP ­entwickelten, verfasste diese Schrift über ihre Geschichte zur Lektüre für ihre Mitarbeiter. 70 Dies beschreibt zumindest für die 1960er Jahre ein ehemaliger Mitarbeiter der Agentur: Interview mit Jake Obetsebi-Lamptey (2), 15. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. 71 Siehe dazu die Diskussionen in: UAC Board Committee Minutes, Advertising, Juli 1961 – Mai 1970, UARM UAC/1/1/2/1/3/21 sowie die Ausführungen in Abschnitt 2 in Kapitel V. 72 Fifty Years Growing, S. 18.

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Bis in die 1960er Jahre blieb die Einbeziehung von afrikanischen Mitarbeitern in die Dienstleistungen der Agentur zur Werbeproduktion darauf beschränkt, die bereits in London konzipierten und entworfenen Kampagnen technisch-darstellerisch umzusetzen. Der Großteil des Werbedesigns fand weiterhin in London statt. „The fact was that WAP’s creative resources in West Africa were grossly inadequate and it was from Export Advertising Service in London that the bulk of the output came. (…) [T]he visualisers and copywriters from whom the ideas spring, [sic] were 4,000 miles away (…).“ 73 Am Konzeptualisieren und am Design der ­Kampagnen waren die lokalen Werbedesigner selten beteiligt, und wenn, geschah dies wahrschein­lich im Auftrag von kleineren nigerianischen Kunden. Da die Agentur über ein Druckunternehmen verfügte, konnte sie – im Gegensatz zur teuren und aufwendigen Produktion von Außenwerbung, die zunächst weiterhin in Großbritannien hergestellt werden musste 74 – im Printbereich auch relativ günstig kleinere Kampagnen anbieten, etwa einfache Broschüren, Handzettel oder kleinere Anzeigen in Zeitungen. Dies stärkte die Bedeutung der westafrikanischen Filialen gegenüber der Londoner Zentrale, weil sie nun erstmals den direkten Kontakt mit den Kunden abwickelten und über die Expertise im Umgang mit lokalen Medien verfügten. Aber selbst dieser eher geringe Anteil an der Herstellung der Werbung verblieb unter der Kontrolle eines europäischen Angestellten der UAC. Kwame Akatu, der in den 1950er Jahren in der Medienabteilung der Filiale in Accra angestellt war, erinnerte sich, dass die afrikanischen Angestellten der Agentur vor dem Entstehen der Kampagne oft befragt wurden, wie es ihrer Ansicht nach am besten sei, das Produkt im Land zu verkaufen. Diese Informationen wurden gesammelt und an die Londoner Zentrale geschickt, welche dann die Kampagne entwarf.75 Dies ist Zeugnis dafür, dass nun in den Agenturen grundsätz­lich kulturelles Wissen von Afrikanern mit in die Konzeption der Werbung einbezogen wurde und nicht mehr ausschließ­lich Wissen von Europäern über afrikanische Kultur relevant war. Über die Frage eines weiteren Aufbaus von westafrikanischen Werbedesign-­ Abteilungen bestand innerhalb des Managements von WAP und EAS keine Einigkeit. Harris, der Manager der westafrikanischen Filialen, forderte von der Zentrale in London einen weiteren Ausbau der Agentur in Lagos, damit diese selbstständig alle Dienstleistungen anbieten konnte. Doch seine Vorgesetzten verweigerten ihm dies. Es sollte bis in die 1960er Jahre dauern, bis die Verantwort­lichen der UAC seine Einstellung teilten.76 Es ist anzunehmen, dass die EAS-Manager in London 73 74 75 76

Ebd., S. 26. Vgl. dazu Abschnitt 3 in diesem Kapitel. Interview Kwame Akatu. Fifty Years Growing, S. 26.

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nicht nur zögerten, weil sie weitere Investitionen in die Ausbildung von Afrikanern scheuten, sondern dass es dabei auch um die Kontrolle über die Herstellung des Werbematerials ging – dieses musste schließ­lich nicht nur afrikanischen Konsumenten, sondern auch europäischen Investoren und Unternehmern gefallen. Harris hingegen sah sich in dieser Hinsicht als Modernisierungspionier: „Alongside (…) was his overwhelming conviction that somewhere along the road, West Africans would have to play an increasingly specialised part in the trade of advertising. He saw their integration as a continuing process and went out of his way to involve them wherever he could in the field.“ 77

Auch wenn diese Aussage in den 1970er Jahren rückblickend niedergeschrieben wurde, verweist sie dennoch darauf, dass die Forderung, die westafrikanischen Filialen zu eigenständigen Agenturen aufzubauen, aus den Filialen selbst immer wieder an EAS in London herangetragen wurde. In ihr schwang auch die Selbstbeschreibung der Werber als Missionare der Moderne mit: Sie deuteten die Werbe­ branche als eine europäische Institution, zu deren Übernahme in der Zukunft auch Afrikaner befähigt seien würden. Die Unabhängigkeit Ghanas 1957 verursachte enorme Veränderungen in der Werbe­branche. Diese vergrößerte sich stark, da neben WAP nun weitere internationale Agenturen begannen, sich in der ghanaischen Wirtschaft zu etablieren. Die zweite Generation der Agenturen kam fast vollständig aus Großbritannien. Sie hießen ­Graham & Gillies 78, S. H. Benson International 79, Cecil Turner 80 und Pearl & Dean 81. Die Ausnahme bildete die Agentur Afamal Limited, die von einem „white man“ 82 aus Südafrika gegründet wurde.83 Die Leitung übertrug er einem 77 Ebd., S. 17. 78 Einen Nachweis über die Existenz dieser Agentur liefern auch Korrespondenzen aus dem Archiv des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé: Brief von Gurr an Kiefer, 19. August 1957, Archives Historiques Nestlé (AHN) NES (Nestlé Bestand) C1.3/3230. 79 Information zu dieser Agentur führt das britische Archiv History of the Advertising Trust (HAT): http://www.hatads.org.uk/collections/agencies/21/S-H-Benson/ (26. Juli 2012). 80 Cecil Turner war in den 1950er Jahren sehr erfolgreich. Die Agentur scheiterte jedoch letzt­lich mit ihrem Versuch, sich in Westafrika zu etablieren. Hentschel, Eva: Obituary. Cecil Turner, in: The Independent, 10. Juli 1996, [http://www.independent.co.uk/news/ people/obituary-cecil-turner-1328093.html] (26. Juli 2012). 81 Zu Pearl & Dean vgl. Abschnitt 2 in Kapitel V. 82 Akatu, Short History of Advertising in Ghana, S. 2. 83 Die Auflistung findet sich in: Ackah, Advertising in Ghana, S. 40; Akatu, Short History of Advertising in Ghana, S. 2. Vgl. ebenso: Advertising in Ghana. Growth, Development and Focus (unpublizierte Schrift der Advertising Association of Ghana), o. J. [Accra um 2000].

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Ghanaer namens J. Y. Amuzu, der bis dahin der advertising manager beim Daily Graphic gewesen war.84 Cecil Turner wurde 1958 gegründet und hatte rund 40 Angestellte, war also eine verhältnismäßig große Agentur. Die Unternehmen Ghana Airways und Accra Brewery gehörten zu ihren Kunden.85 Sie hatte ebenfalls ein Netz von Filialen in Westafrika, die untereinander in Kontakt standen, und bildete in Nigeria ihre Angestellten aus. Kwame Akatu, bis dahin Mitarbeiter bei WAP, wurde von Cecil Turner abgeworben. Er hielt sich sechs Wochen zur Ausbildung in der nige­rianischen Filiale auf. Wenig später übernahm er die Leitung der Agentur, weil der europäische Manager das Land verließ. Die Leitung der ghanaischen Filiale wurde also kurz nach der Gründung einem einheimischen Manager anvertraut. Akatu war einem europäischen Manager verantwort­lich, der sporadisch zu Kontrollbesuchen anreiste.86 Alex Abedi gehörte ebenfalls zu den ersten ghanaischen Mitarbeitern der Werbe­ branche. Er war nach seiner Schulbildung zunächst in der Verwaltung bei einem britischen Import-Export-Unternehmen angestellt und begann Ende der 1950er Jahre, für die Agentur Cecil Turner zu arbeiten. Er hatte dort die Position des account executive inne, bei der es seine Aufgabe war, den Kontakt zu der lokalen Kundschaft zu pflegen und vor Ort neue Kunden einzuwerben. Die Agentur suchte für diesen Posten explizit einen Ghanaer, weil sie dies nicht den ausländischen Angestellten überlassen wollte. Die neuen Agenturen bedienten sich also der Kontakte sowie des Wissens um lokale Geschäftsstrukturen ihrer einheimischer Mitarbeiter und setzten bewusst darauf, durch diese die kulturelle Nähe herzustellen, die ihnen als ausländische Agentur fehlte, und diese gewinnbringend in den Geschäftsbeziehungen einzusetzen. Abedi erzählte, er habe Ghana Airways als Kunden gewinnen können, weil er auf zwei Flügen die Piloten von der Qualität der Arbeit der Agentur überzeugen konnte.87 Vermut­lich war die Hoffnung auf weiteren Ausbau der Industrie im ­unabhängigen Ghana die Ursache dafür, dass sich neue Werbeagenturen zu etablieren begannen.88 Wie auch bei WAP, so schienen die neu gegründeten Agenturen darauf zu setzen, der in Ghana entstehenden Industrie das gesamte Dienstleistungsspektrum vor

84

85 86 87 88

Die Schrift ist undatiert, muss aber deut­lich nach der Gründung der AAG im Jahr 1990 verfasst worden sein. Afamal existierte fünf Jahre, bis die ghanaische Regierung dessen Schließung verfügte. Mr. Amuzu wurde Manager von Napado. Vgl. zu der Agentur Napado Abschnitt 3 in Kapitel V. Akatu, Short History of Advertising in Ghana, S. 2. Interview Kwame Akatu; Interview mit Alex Abedi, 31. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. Interview Kwame Akatu. Interview Alex Abedi. Akatu, Short History of Advertising in Ghana, S. 2.

Veränderungen in der Werbepraxis und neue Werbemethoden

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Ort anbieten zu können, indem sie Full-Service-Agenturen aufbauten. Somit war ganz wesent­lich die Industrialisierungspolitik ausschlaggebend dafür, dass sich in Ghana eine Werbebranche etablierte und professionalisierte. Die neuen Werbeagenturen standen noch immer unter europäischer Kon­trolle und Eigentümerschaft: In dieser Hinsicht erhielten sich die Strukturen der Kolonial­ zeit. Doch das Werbedesign wurde nun zunehmend von einheimischen Mitarbeitern durchgeführt, auch wenn diese Abteilungen weiterhin von Europäern geleitet wurden. So setzte sich die Einbindung von Einheimischen in die Konzeption der Werbung in Ghana mit der politischen Unabhängigkeit durch.

3. Veränderungen in der Werbepraxis und neue Werbemethoden Außenwerbung: Werbung auf Postern und Plakaten

In der Nachkriegszeit erlebte die Außenwerbung eine wesent­lich stärkere Nachfrage und expandierte weiter. Die Agentur erweiterte das Angebot und druckte nun nicht mehr nur 8-sheet Plakate (etwa 2,4 x 3,4 Meter groß), sondern auch die Plakatgröße von 16-sheet, was etwa 3,4 x 6,7 Meter entspricht. Wurden diese Plakate zunächst weiterhin in Großbritannien gedruckt und nach Westafrika versandt, bot die Agentur nun den Service von handgemalten Werbetafeln an, die in Westafrika hergestellt werden konnten.89 Diese hatten eine standardisierte Größe von 27 x 7 Fuß, was etwa 8 x 2 Metern entspricht.90 In der unmittelbaren Nachkriegszeit erhielt EAS mehrfach Großaufträge für die Außenwerbung. Insgesamt schloss die Agentur allein im Jahr 1946 Verträge über 64 handgemalte Werbetafeln und erwartete Aufträge für 30 weitere. Bei der Poster­werbung bestellten die Kunden der Agentur insgesamt 90 16-sheet Poster und 370 8-sheet Poster. Dies bedeutete eine Verdopplung der Kapazitäten der Agentur im Bereich der gedruckten Posterwerbung im Vergleich zur Vorkriegszeit, weshalb die Agentur innerhalb kurzer Zeit ihre Stellplatzzahl enorm aufstocken musste.91 Die Auftraggeber der Agentur waren die britischen Unternehmen General ­Electric Company, Raleigh Cycle Company, Goodyear Tyre and Rubber Company und Ruston & Hornsby. Alle gehörten bereits zum Kundenstamm der UAC. Die Kosten für die Werbung wurden zwischen den produzierenden Unternehmen 89 Es muss unklar bleiben, wann genau die Agentur diese Dienstleistung einführte. Vermut­lich geschah dies im Laufe der 1930er Jahre, spätestens jedoch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. 90 Export Advertising Service Limited, Bericht an A. R. I. Mellor, 12. August 1946, UARM UAC/1/1/1/12/734; Seventy Years of Advertising in Ghana, S. 3. 91 Bericht an A. R. I. Mellor, UARM UAC/1/1/1/12/734.

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und dem Handelsunternehmen aufgeteilt – beide Parteien versprachen sich von steigenden Verkaufszahlen Profit. Die Werbung für Snow Cem von der Cement Marketing Company finanzierte die UAC aus dem Umsatz des Produkts.92 Ein Artikel in der Fachzeitschrift Advertiser’s Weekly nannte ein Jahr später außerdem Ovaltine und B. S. A. Cycles als Kunden der Posterwerbung bei WAP.93 Im Verhältnis zu den in Großbritannien gedruckten Postern war das An­­gebot, die Plakate handgemalt herzustellen, deut­lich günstiger. Dies stieß auf große Nachfrage. Zwar machte die Agentur mit den Postern wesent­lich mehr Gewinn als mit den handgemalten Plakatwänden, hatte letztere aber im Angebot, um die zumeist kleinere, lokale Kundschaft anzuziehen. Gerade das Malen der Plakate mag im Zusammenhang mit dem Aufbau von Designabteilungen gestanden haben und Teil der Ausbildung in Visualisierungstechniken gewesen sein. Der Großteil der Arbeit – das Fertigen der vorbereiteten Plakatwände – wird allerdings nicht von dem relativ teuer bezahlten Personal der Werbedesign-Abteilung, sondern von weiteren afrikanischen Angestellten durchgeführt worden sein.94 Heute sind in Ghana handgemalte Plakate als Werbung für kleine Geschäfte und Dienstleistungsangebote weit verbreitet.95 EAS verlagerte in den 1950er Jahren auch den Druck der Poster zumindest teilweise nach Westafrika – jedenfalls war spätestens 1959 auch das Siebdruckverfahren Bestandteil des Dienstleistungsangebots der Agentur. Ausschlaggebend war dabei gewiss die Kostenfrage: Der gestiegene Umsatz des Außenwerbegeschäfts in der Nachkriegszeit machte die Ausbildung von afrikanischem Personal profitabel und die Investition in Drucktechnik gewinnversprechend.96 Die Bildsprache der Plakatwerbung blieb im Gegensatz zur Zeitungswerbung, die sich in der Zwischen- und in der Nachkriegszeit stark veränderte, auffällig konstant.97 Sie stellte weiterhin das Produkt ins Zentrum, nicht die Darstellung von Konsumenten. Auffällig ist, wie wichtig dabei der Markenname war: Bei den Plakaten für Raleigh stand dieser als Schriftzug im Zentrum der Werbung, nicht eine Abbildung des Fahrrads (Abbildung 4.2). Auf dem Plakat stand „Raleigh“,

92 Ebd. 93 Round the World Quickly. Topical Notes about Overseas Marketing, in: Advertiser’s Weekly, 7. August 1947, S. 270. 94 Bericht an A. R. I. Mellor, UARM UAC/1/1/1/12/734. 95 Pinther, Die geträumte Stadt. 96 McKinnell, D. S.: Re-organisation of West Africa Publicity Limited, 17. Juni 1959, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Vgl. dazu auch die Ausführungen in Abschnitt 2 in Kapitel V. 97 Zur Zeitungswerbung siehe Abschnitt 5 in diesem Kapitel.

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Abbildung 4.2: Handgemalte Plakatwerbung für Raleigh Fahrräder an einer Reklamewand von WAP aus dem Jahr 1946

der Markenname, und der Slogan des Produkts „The All Steel Bicycle“.98 Die Figur in der linken oberen Ecke des Plakats stellte das Markenzeichen von Raleigh, ein geschwungenes R mit einem Vogelkopf, dar. Es mag zunächst überraschen, wie stark Schrift­lichkeit im Zentrum der Plakat­ werbung stand, war diese doch an ein überwiegend analphabetisches Publikum gerichtet. Es ist wahrschein­lich, dass die Agentur davon ausging, dass auch ein analphabetisches Publikum einen Markenschriftzug erkennen konnte, der mit dem Markenzeichen kombiniert war. Das Design der Werbung stammt von einer Vorlage des britischen Unternehmens für den Exportmarkt.99 Warum bediente man sich nicht einer Vorlage, auf der das Fahrrad deut­licher zu sehen war? Dies verweist auf die Problematik der Werber, eine bestimmte Marke einem analphabetischen Publikum nahezubringen – und dabei nicht nur grundsätz­lich einen bestimmten Produkttyp zu bewerben. Afrikanische Konsumenten sollten beim Betrachten der Werbung nicht das Bedürfnis nach irgendeinem Fahrrad, sondern genau nach einem Raleigh Fahrrad verspüren. Wie Dmitri van den Bersselaar gezeigt hat, waren die großen Handelsunternehmen, auch die UAC , von der Bedeutung von Markenzeichen auf dem

98 Plakatwerbung für Raleigh Fahrräder, 1946, UARM UAC/1/1/1/12/734. 99 Vgl. dazu die Abdrucke von Plakaten in: Raleigh Export Posters, o. J., NA DD/RN/4/91/40.

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westafrikanischen Markt überzeugt. Am Beispiel niederländischer Destillerien hat er herausgearbeitet, dass die europäischen Exporteure bereits seit etwa 1900 ­speziell für den Export nach Afrika Etiketten und Verpackungen entwarfen und dass gleichzeitig die Bedeutung von Marken für die afrikanischen Konsumenten immer weiter zunahm. Auch die Handelsunternehmen gaben sich selbst Markenzeichen, mit denen sie teils sogar von ihnen vertriebene Produkte kennzeichneten – bei der UAC war dies ein ‚Y‘.100 Die Schriftzüge von verschiedenen Marken waren in der lokalen Bevölkerung bekannt und weit verbreitet, sodass auch Analphabeten die Schriftzüge von verschiedenen Marken unterscheiden konnten.101 Es ist also gut mög­lich, dass Export Advertising Service das Unternehmen Raleigh Bicycles entsprechend beriet und vorschlug, Markenschriftzug und Markenzeichen ins Zentrum der Werbekampagne auf den Plakaten zu stellen. Interessant ist hierbei auch der Aspekt, dass das Design der Werbung dem Vorlagenkatalog des Kunden der Agentur entstammte.102 Dies zeigt, dass manche international operierenden Konzerne Kampagnen entwarfen, die auf ein relativ einheit­liches Auftreten in ihrem gesamten Marktgebiet setzten. Dabei kam Agenturen wie WAP die beratende Aufgabe zu der Frage zu, welche Werbung für ihr Einzugsgebiet am besten geeignet sei. WAP entwarf aber auch selbst Kampagnen für Raleigh, die dabei auf dessen Marketingvorgaben aufbauten. Auch warb WAP mit Plakaten für Produkte, die ausschließ­lich oder zumindest vorrangig von einem schreib- und lesekundigen Publikum verwendet wurden, wie etwa eine WAP-Werbetafel für einen Füllfederhalter zeigt.103 Dabei war das Produkt selbst zwar ganz zentral in der Werbung abgebildet, doch der Text war relativ klein und kam ohne Hervorhebung von einfachen Worten aus, was wiederum einen relativ hohen Grad von Lesefähigkeit voraussetzte. Es ist daher anzunehmen, dass WAP sich in der Nachkriegszeit auch mit den Plakaten teilweise an ein halb-alphabetisiertes Publikum richtete und sich somit in der Werbung der starke Anstieg von Schulabgängern in Westafrika zeigte.104 Doch WAP warb auf der Plakatwerbung nicht nur mit Schriftzügen oder Produktdarstellung. Ein anderer Typ von Werbung verdeut­lichte die P ­ rodukteigenschaften, indem das Plakat eine Szene darstellte, welche dem beworbenen Gegenstand bestimmte Attribute zusprach. Ein Werbebild für Raleigh, auf dem ein Fahrradfahrer auf einen weiten Weg durch eine hügelige Landschaft mit Palmen vor sich blickt, 100 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 125 ff. 101 Ebd., S. 147. 102 Vgl. die Schriftzüge in: Advertising Aids for Raleigh Industries Products, 1963, NA DD/ RN/4/91/40. 103 WAP-Plakatwerbung für Croxley Füllfeder, UARM UAC/1/1/1/12/734. 104 Vgl. zur Expansion des Bildungssystems Abschnitt 5 in diesem Kapitel.

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Abbildung 4.3: Poster­ werbung für Raleigh Fahr­ räder, Postergröße 8 sheet, o. J. [1952/53]

betonte beispielsweise die langen Distanzen, die man auf einem Raleigh Fahrrad zurücklegen kann (Abbildung 4.3). Dieser Typ von Werbung fand sich vornehm­lich auf den gedruckten Plakaten. Diese boten eine deut­lich feinere und komplexere Darstellung, wogegen die handgemalten Plakate in der Feinheit und Komplexität der Darstellung durch die Produktionstechnik stärker eingeschränkt waren. Die Methode, mit Illustrationen und so wenig Wörtern wie mög­lich eine Werbe­botschaft auf Plakaten auszudrücken, wurde in der britischen Werbe­industrie für eine adäquate Werbemethode in Westafrika gehalten. So empfahl ein west­ afrikanischer Händler in der Advertiser’s Weekly den britischen Werbern eine klare Bildsprache, die er aufgrund der hohen Analphabetenrate, aber auch wegen „a difference in outlook and life“ sowie „race psychology“ 105 für notwendig hielt,

105 Fatogun, Dapo: How the West African Sees your Advertisements, in: Advertiser’s Weekly, 4. März 1948, S. 446 – 448, hier S. 447.

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also gleichzeitig mit Differenzkonstruktion sowie mit pragmatischer Kommunikation mit Analphabeten begründete. „Your pictorial illustration must therefore (…) express the idea it represents without the help of catchwords and golden metaphors. We have one excellent illustrated advertisement now running in our newspapers and posted in all the squares and alley of our cities. It carries a picture of a huge elephant seated on a cycle (…). It takes the unlettered man no time to appreciate the idea that the cycle which can support a leviathan has STRENGTH as its attribute. (…) The best pictures are those of action, fantasy or fun. If it is a backache, let it ache hard.“ 106

EAS entwickelte eine Reihe von Kampagnen, die auf die Bildsprache der Illustrationen setzte. Die von EAS gestaltete Kampagne für Gillette Rasierklingen bewarb

in der Zeitungswerbung unter dem Motto „Men who matter shave with Gillette“ das Produkt mit dem Thema des individuellen Erfolgs.107 Doch die Plakatwerbung war ganz anders konzipiert und basierte auf einer Bildsprache, in deren Zentrum die Darstellung von großen Wildtieren stand: „Besides the ‚Success‘ appeal to the literates, a strong press and silk-screen poster campaign is being launched for Nacet blades in East Africa with visual appeal to the illiterates. The head of an animal with sharp teeth … a lion, a leopard and a crocodile … is separated from the illustration of the pack and blade with one word ‚Kali‘ which means ‚sharp‘ or ‚keen‘ in various tribal languages. (…) These bills have a strong local and sales appeal for a native market. (…) In Nigeria and the Gold Coast, Gillette are using large hand-painted signs (27 ft. by 7 ft.) erected at focal points in the principal towns. The design of the signs is of a pictorial character aimed at tapping the huge potential sales among semi-illiterate markets.“ 108

Die Kampagne zeigt ebenfalls das Zusammengehen von der Idee, Bildsprache für ein analphabetisches Publikum zu verwenden, mit kolonialer Ideologie und Differenzkonstruktion. Die Werber hielten afrikanische Wildtiere für geeignet, um die Bildaussage für die afrikanische Kundschaft besonders verständ­lich zu machen. Van den Bersselaar hat gezeigt, dass diese Annahme auch bei niederländischen Destillerien vorherrschte, wenn diese Etiketten für den Export nach Afrika entwarfen, weil man davon ausging, dass für afrikanische Konsumenten diese Bildsprache vertraut und daher besonders leicht verständ­lich sei: 106 Fatogun, How the West African Sees your Advertisements, S. 448, Hervorhebung im ­Original. 107 Vgl. dazu die Fußnoten 1 und 2 in Kapitel I. 108 Selling Razor Blades in West Africa, S. 246 und 248.

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„[A]s trademarks, pictures of animals were considered to be particularly suitable. As African males were thought to be obsessed with power and masculinity, distillers would emphasise that their gin was a powerful drink. They therefore designed many trademarks with animals that represented strength, such as the ‚Bull’, ‚Buffalo’, ‚Tiger‘ and ‚Elephant‘ brands.“ 109

Eine weitere Kampagne für Raleigh zeigt eindrucksvoll, wie EAS diese Idee der bild­lichen Botschaft für ein afrikanisches Publikum ausarbeitete. Sie ist außerdem eines der wenigen Beispiele dafür, dass die Agentur von Fehlinterpretationen von Kampagnen wusste und diese in der Werbekommunikation berücksichtigte.110 Die Werbung zeigte einen schnellen Radfahrer, hinter dem im knappen Abstand ein Löwe hinterherjagt (Abbildung 4.4). Die Szene sollte darstellen, dass man auf einem ­Raleigh Fahrrad schneller war als ein Löwe. Burke hat die Wirkung dieser Kampagne Südrhodesien/Simbabwe untersucht und gezeigt, dass das Bild von afrikanischen Rezipienten anders interpretiert wurde, als die Werbefachleute das Plakat verstanden wissen wollten. Erstere lasen die Botschaft als „Buy a Raleigh Bicycle and Be Chased by Lions“.111 Raleigh variierte später diese Kampagne der 1940er Jahre – vermut­lich unter Beteiligung von EAS – und die Plakate lassen sich vor dem Hintergrund dieser Interpretation als Antworten auf dieses Missverständnis zwischen Werbern und Konsumenten lesen. Die Folgevariante des Posters zeigte am unteren Bildrand eine kleine Abbildung, welche den vor Erschöpfung zusammengebrochenen Löwen und einen fröh­lichen, lachenden Radfahrer darstellte, der angehalten hatte und auf den Löwen deutete.112 Ein weiteres Plakat zeigte letztere Szene in groß und druckte die Jagdszene klein ab (Abbildung 4.5).113 Zusätz­liche Plakate griffen dieses Thema auf und ent­wickelten es weiter. Zu einem Poster, auf dem ein Löwe das Raleigh Fahrrad seinem fried­lich im Schatten einer Palme schlummernden Besitzer entwendete, verkündete die unternehmensinterne Zeitschrift Raligram von Raleigh Bicycles: „The RALEIGH poster gives a new twist to one of the most famous advertising themes ever introduced. After a ‚chase‘ lasting many years, we discover that the lion, like the rest of the world, had merely been hunting for a Raleigh. The King (of the jungle) can do no wrong!“ 114

109 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 127. 110 Die Kampagne wurde vermut­lich von EAS entworfen und mit Sicherheit von WAP als Plakatwerbung vertrieben: Fifty Years Growing, S. 26. 111 Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, S. 148. 112 Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, in: Advertising Aids for Raleigh Industries Products, 1963, NA DD/RN/4/91/40. 113 Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, o. J. [späte 1940er Jahre], NA DD/RN/4/65/1/3. 114 Attractive Posters. Three New Posters for Overseas Markets, in: Raligram 3 (1952) 17, S. 12, DD/RN/8/1/12, Hervorhebungen im Original.

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Abbildung 4.4: Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, o. J. [Lagos 1978]

EAS verwendete also auf den Plakaten gezielt eine andere Werbesprache als in der Zeitungswerbung. Die lese- und schreibfähigen, zumeist städtischen Konsumenten stellten ihrer Ansicht nach ein Publikum mit eigenen Ansprüchen dar, welche sich von der analphabetischen, überwiegend länd­lichen Mehrheit der Bevölkerung abhoben. Während die städtischen Konsumenten oft mit Themen wie beruf­lichem und individuellem Erfolg angesprochen wurden, spielten solche Themen bei der Plakatwerbung kaum eine Rolle. Die Werber nahmen offenbar an, dass solche ­Themen für eine länd­liche Bevölkerung nicht attraktiv seien, und sprachen diese mit einer Gestaltung der Posterwerbung an, von der sie glaubten, sie sei von ­diesem Publikum besonders einfach zu verstehen. Es war mit großer Wahrschein­lichkeit Export Advertising Service, die 1958 für den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé eine Plakatserie entwarf, die verschiedene Getränkepulver-Produkte des Unternehmens sowie Instantkaffee bewarb.115 Die Plakate waren in leuchtenden Neonfarben gedruckt und zeigten das Produkt sowie einen afrikanischen Konsumenten. Dieser sollte die Wirkung der Produkteigenschaften zum Ausdruck bringen und gleichzeitig eine Art Prototyp 115 Die Plakate trugen den Vermerk „Printed in England“. Auch bei weiteren Nestlé-­Plakate existieren Nachweise, dass diese von EAS entworfen wurden. Vgl. dazu: Ordner mit Werbematerial, West Africa, 1947 – 1958, AHN. Auch ein Interviewpartner bestätigte, dass Nestlé Kunde bei WAP war: Interview Kwame Akatu.

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Abbildung 4.5: Poster­werbung für Raleigh Fahrräder, o. J. [späte 1940er Jahre]

von Konsument verkörpern. Das Image des Produktes behielt das Unternehmen dabei grundsätz­lich bei. Milo, ein Kakao-Malz-­Getränkepulver, bewarb Nestlé generell mit dem Versprechen körper­licher Fitness und Sport­lichkeit. Die westafrikanische Plakatwerbung zeigte einen afrikanischen Jungen beim populären Fußballspiel und titelte „Keep Healthy and Strong. Drink Milo“ (Abbildung 4.6).116 Der Konsum von Nescafé wurde von Nestlé auch in der Werbung für den europäischen Markt mit Leistungsfähigkeit und beruf­lichem Erfolg verknüpft; auf dem Plakat für Westafrika verkörperte dies ein strahlender junger Mann im Anzug (Abbildung 4.7). Die Babynahrung Lactogen zeigte in den europäischen Kampagnen wohlgenährte lachende Kinder und auch auf der Plakatwerbung für

116 Werbeplakat für Milo, 1958, Ordner mit Werbematerial, West Africa, 1947 – 1958, AHN.

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Abbildung 4.6: Werbe­plakate für Nestlé-Produkte, 1958

Westafrika war ein fröh­liches afrikanisches Babygesicht zu sehen. Nestlé schrieb in einem unternehmensinternen Überblick zum Produktmarketing, dieses Plakat „wendet sich vor allem an die eingeborenen Mütter und lobt in einfacher Sprache die Qualität des Lactogen.“ 117 Der Text der gesamten Kampagnen war gezielt so kurz und einfach wie mög­ lich gehalten, was zeigt, dass sich diese Plakate an ein teil-alphabetisiertes Pub­ likum richteten.118 Klare Bildsprache und wenig Text waren gängige Methoden für Plakatwerbung an ein solches Publikum. Doch auch rassistische Stereotype beeinflussten die Darstellung: Die gesamte Plakatserie sei in „lebhaften“ Farben

117 Communication Marketing 6 (1958), 31. Mai 1958, S. 13, AHN NES/F/5.2/13. 118 Ebd., S. 6.

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Abbildung 4.7: Werbeplakate für Nestlé-Produkte, 1958

gestaltet, da Afrikaner für solche Farben besonders empfäng­lich seien: „Exécutée avec des couleurs très vives, elle attire l’attention des indigènes qui sont sensibles à ce genre d’illustration. A dessein, le texte a été réduit à sa plus simple expression.“ 119 Die Annahme, dass Afrikaner kräftige Farben besonders gut wahrnehmen würden, scheint unter Händlern und Marketingexperten weit verbreitet gewesen zu sein.120 Gewiss rechneten die Hersteller der Werbung dabei auch mit der grundsätz­lich hohen Auffälligkeit von Neonfarben, doch sie verwendeten diese nicht für ihre europäische Werbung. Diese Beispiele machen eine Besonderheit der von europäischen Werbern für den westafrikanischen Markt eingesetzten Werbemittel und

119 Ebd. 120 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 126.

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-methoden deut­lich. Die Werbefachleute wendeten häufig ganz ähn­liche Methoden wie in Europa an, wobei diesen Entscheidungen auch eine imperialistische oder auch rassistische Differenzkonstruktion zugrunde liegen konnte. In den 1950er Jahren erweiterte sich das Spektrum der Medien für die Außenwerbung und elektrisch betriebene Leuchtreklame trat hinzu – eine bis heute weit verbreitete Werbetechnik, von der WAP behauptet, sie in Westafrika als erste eingeführt zu haben. Die folgende Geschichte über die Errichtung der ersten Neon-Leuchtreklame in Lagos durch WAP im Dezember 1951/Januar 1952 ist eine Illustration für die Probleme der Werbeagentur aufgrund mangelnder Infrastruktur und fehlenden Fachpersonals, aber auch dafür, welche Attraktion diese Neueinführung darstellte. Ihre Plausibilität wird dadurch unterstützt, dass sie nach einem Tagebuch nacherzählte wurde, welches der Filialleiter Harris führte: „Today, in both large and small towns in Nigeria, the neon sign is a familiar display device for advertising messages. But it wasn’t until 1951 when WAP introduced the technique that the glowing gas-filled tubes started to flash and flicker across the urban landscapes. The product on this occasion was Hercules bicycles and the designer’s crazy enthusiasm for the attention-getting maxim ‚make it move‘ had produced a sign of daring complexity. Not only did the knees of the cyclist pump up and down; the wheels of the cycle actually appeared to revolve. All the elements for disaster were present! The events between conception and the sign’s first triumphant operation had all the ingredients of a comic opera and vividly show the frustrations and pitfalls that haunted pioneering efforts at that time. From the outset, the concept appalled the Lagos civic authorities. When municipal approval was reluctantly given, there were conditions. The local constabulary must be present to control the crowds when the sign lit up. And to minimize the risk of civil disorder, a limited switch-on time of five minutes for the first day’s showing and gradually increasing as people became accustomed to the display. Between November 28th, 1951 and January 23rd, 1952, when the sign first pedalled and flashed its message to a vast concourse of admiring Lagosians, Harris kept a diary. This meticulous record shows a sequence of calamitous happenings. To get the sign going involved the services of masons, scaffolding experts, electricians, constructional engineers, carpenters, the local electricity authority and a scattering of UAC managers.“ 121

Bis sich die Leuchtreklame das erste Mal in Bewegung setzte, sollte noch eine Reihe von technischen und administrativen Problemen zu bewältigen sein, die sogar die kolonialen Autoritäten auf den Plan riefen. Es schien für koloniale Beamte so besonders zu sein, Leuchtreklame in einer westafrikanischen Großstadt zu zeigen, dass die Kolonialverwaltung diese als Gefahr für die öffent­liche Ordnung ansah. Dies verweist

121 Fifty Years Growing, S. 20.

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auch darauf, dass es durchaus Konflikte der Agentur mit dem kolonialen Staat darüber gab, welche Werbung an welchen Orten mit welchen Inhalten gezeigt werden durfte. Der Einsatz von Kinowerbung

Kinos waren in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in der Gold Coast ein exklusives Freizeitvergnügen der europäischen Ausländer. Sie waren Teil einer kommerziellen Unterhaltungskultur, die sich in den städtischen Zentren in dieser Zeit entwickelte. Das erste Kino in Accra eröffnete 1913 im damaligen Handelszentrum der Stadt, importierte die meisten seine Filme aus Europa und wurde wohl zunächst von einem europäischen und libane­sischen Publikum besucht.122 Ab den 1930er Jahren kam es zur „lokale[n] Aneignung und eine[r] Afrikanisierung des Kinogeschehens“,123 wie Kerstin Pinther am Beispiel von Accra zeigt. Der afrikanische Unternehmer Alfred Ocansey, der in Kapitel III dieser Arbeit bereits als Herausgeber der African Morning Post in Erscheinung trat, gründete 1925 das Palladium Cinema und im Laufe der 1920er und 1930er Jahre einige weitere Kinos in Accra, deren Besuch laut Pinther einer afrikanischen Bildungselite vorbehalten war. In den 1940er und 1950er Jahren errichteten indische und libane­sische Geschäftsleute eine statt­liche Anzahl weiterer Säle.124 1954 hatte die Gold Coast 28 Lichtspielhäuser, von denen 17 in den größeren städtischen Zentren angesiedelt waren.125 In Accra standen 1955 acht Filmtheater und zwei weitere waren im Bau.126 Kino war also ein vornehm­lich städtisches Phänomen. Alle Kinos waren nun in den afrikanischen Vierteln der Stadt angesiedelt, vor allem in denen mit einem hohen Anteil sowohl von Binnenmigranten als auch von Zuwanderern anderer afrikanischer Länder. Die Bauten waren nun Freiluftkinos, nicht mehr geschlossene Säle wie im frühen 20. Jahrhundert. Sie boten einer breiten Schicht Zugang und wurden von Arbeitern, lokalen Fischern und der Bildungsschicht gleichermaßen besucht, war doch im Unterschied zu Zeitungen Lesefähigkeit keine Voraussetzung zum Verständnis der dargebotenen Unterhaltung. Und um sie herum

122 Zur Geschichte des Kinos in Ghana vgl.: Pinther, Kerstin: Wege durch Accra. Stadtbilder, Praxen und Diskurse, Köln 2010, S. 92 – 107; McFeely, Gareth: Film Exhibition in Ghana, 1920 – 1965. Vortrag auf der „Society for Cinema and Media Studies Annual Conference“, Boston, 21. März 2012. Gareth McFeely arbeitet derzeit an der Boston University in den USA an einer Dissertation über die Geschichte des Kinos in Ghana, die für diese Arbeit noch nicht einzusehen war. 123 Pinther, Wege durch Accra, S. 97. 124 Ebd., S. 95 f. 125 Decker, Corporate Legitimacy and Advertising, S. 82. 126 Acquah, Accra Survey, S. 153.

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entwickelte sich, wie Pinther betont, eine besonders integrative Populärkultur, die die kul­turelle Heterogenität der Stadt spiegelte.127 Im Laufe der 1950er Jahre wuchs die Anzahl der Kinos weiterhin rasant. 1962 gab es bereits 62 Kinos mit einer Gesamtkapazität von 680.000 Zuschauerplätzen in Ghana. 28 Kinos boten zwischen 500 und 1000 Menschen Platz, 20 Kinos zwischen 1000 und 1500. Allein 15 Kinos mit insgesamt 213.000 Sitzplätzen waren in Accra angesiedelt.128 Auch die Anzahl der verkauften Tickets zeigt die anhaltende Beliebtheit dieses Vergnügungsorts im Laufe der 1950er Jahre. Im Jahr 1959 wurden in ganz Ghana fast 75 Millionen Tickets verkauft – bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 6,7 Millionen Menschen bedeutet das, dass durchschnitt­lich jeder Ghanaer über elf Mal im Jahr ins Kino ging. Bei etwa 3.326.000 Pfund Gesamteinnahmen der Kinos im selben Jahr ergab das einen durchschnitt­lichen Ticketpreis von etwas weniger als einem Schilling – dies war ein Betrag, den etwa ein städtischer Arbeiter durchaus gelegent­lich zu zahlen vermochte.129 WAP begann nach dem Zweiten Weltkrieg, Werbung in den Kinosälen der Städte in Britisch-Westafrika zu zeigen.130 Ende der 1950er Jahre hatte WAP insgesamt mit etwa 100 Kinos in Ghana, Nigeria und Sierra Leone Werbeverträge.131 Mehrere Interviewpartner unterstrichen die große Bedeutung, die das Kino von der Kolonialzeit bis Mitte der 1960er als Werbemedium hatte. Die Agenturen wollten damit ein breites, vornehm­lich städtisches Publikum erreichen.132 Die Werbung selbst zeigt, dass sie sich an Analphabeten und Halb-­Alphabeten gleichermaßen wie an ein lese- und schreibfähiges Publikum richtete. Überwiegend zeigten die Kinos die Werbung in Form von Dia-Vorführungen.133 Die ­Werbesprache der Diawerbung stellte die Illustration ins Zentrum und benötigte nur wenig Text, war also der Außenwerbung sehr ähn­lich. WAP griff hierfür auf Vorlagen der ­Plakat- oder der Printwerbung zurück. Die Botschaft konnte sich dabei voll auf das Produkt konzentrieren oder auch Konsumenten darstellen, wie dies etwa ein

127 Pinther, Wege durch Accra, S. 96 – 100. 128 Government of Ghana/Central Bureau of Statistics: Statistical Handbook of the Republic of Ghana, Accra 1967, S. 133 ff. 129 Ebd., S. 3 und S. 133. 130 Für einen früheren Zeitpunkt existieren zumindest keine Nachweise. Da Kinos in Accra erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Massenmedium und Vergnügungsort avancierten, ist davon auszugehen, dass WAP erst mit dieser Entwicklung Kinos als Werbemedien zu nutzen begann. 131 Fifty Years Growing, S. 24. 132 Interview Kwame Akatu; Interview mit Jos Anyima Ackah (1), 15. Februar 2010, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. 133 Interview Kwame Akatu; Interview Jos Anyima Ackah (1).

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Abbildung 4.8: Storyboard für einen 30-sekündigen Kino-Werbespot zur Eröffnung des neuen Kingsway-Kaufhauses in Accra, 1957

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Dia für Phillips Fahrräder tat, das ein junges Pärchen zeigte, das gemeinsam auf einem Fahrrad saß.134 Doch nicht nur Dias, sondern auch kurze Werbefilme wurden in den Kinos gezeigt. Alle Kinowerbung musste aus technischen Gründen in Europa pro­duziert werden und es ist davon auszugehen, dass bis Anfang der 1960er Jahre all diese Werbung auch in britischen Studios gestaltet wurde. Barclays Bank zeigte etwa den 1956 von dem britischen Animationsstudio Larkin Studios p ­ roduzierten Film mit dem Titel „Put una money for there“, welcher in Pidgin-Eng­lisch und mit einer einfachen, eingängigen Bildsprache um westafrikanische Kunden für Sparkonten warb. Der Film hatte laut Stephanie Decker, die sich ihm im Rahmen ihrer Arbeit zur Imagewerbung widmet, großen Erfolg, wofür sie der Filmmusik, ein eigens für die Werbung komponiertes Highlife-Lied, große Bedeutung beimisst.135 Auch EAS entwarf Kinofilme, die WAP in den Kinos zeigte. Ein 30-sekündiger Trickfilm kündigte beispielsweise den Umzug und die Neueröffnung des Kingsway-Kaufhauses in Accra an. Sehr einfach gestaltete Figuren namens „Mr. and Mrs. K.“ tanzten zu Werbesprüchen, die aus einigen wenigen Wörtern bestanden.136 Zu Beginn und am Ende waren Bilder des neuen Kingsway-Kaufhauses zu sehen (Abbildung 4.8). Die Bilder wurden von Musik begleitet und es ist anzunehmen, dass dies populäre Musik wie etwa Highlife war. Ähn­lich wie in Barclays „Put una money for there“ setzte auch hier die Werbetechnik deut­lich auf Belustigung und populäre, leicht eingängige Unterhaltung. Damit unterschieden sich diese Reklame und ihre Botschaft deut­lich von der Printwerbung, die sich ja ebenfalls vorwiegend an ein städtisches Publikum richtete. Die Agentur hielt für die breiteren städtischen Schichten im Kino wohl einfache Botschaften für unpassend und setzte auf kurze, einprägsame und lustige Unterhaltung. Kingsway-Kaufhäuser, Warenpräsentation und neue Verkaufstechniken

In der Nachkriegszeit erweiterte die UAC gemeinsam mit EAS und WAP das Angebot der Werbemethoden. Sie entwickelten nun auch Werbematerialien, die direkt am Verkaufsort eingesetzt wurden. Damit sprachen sie die Kunden unmittelbar während des Kaufvorganges an und versuchten so, auf ihr Kauf- und Konsumverhalten Einfluss zu nehmen. Mit Weihnachtskarten, die Vorschläge für den Kauf 134 Werbe-Dia für Hercules und Philips Fahrräder, abgedruckt in: Advertising Aids for ­Raleigh Industries Products, 1963, NA DD/RN/4/91/40 135 Decker, Corporate Legimitacy and Advertising, S. 64 – 68. Zum Musikstil Highlife siehe Abschnitt 6 in Kapitel V. 136 Storyboard für einen 30-sekündigen Kino-Werbefilm zur Eröffnung des neuen Kingsway-Kaufhauses in Accra, 1957, UARM UAC/2/10/B1/8/1/10.

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von Geschenken enthielten und vermut­lich in den Kingsway-Geschäften verteilt wurden, versuchte die Agentur, das christ­liche Fest in den westafrikanischen Kolonien mit einem spezifischen Konsumverhalten zu verbinden.137 Auch entwarf EAS Kalender, die nicht nur eine Anpassung an ein west­liches Zeitverhalten anregten, sondern zudem monat­lich neue Werbebilder für Nassrasierer zeigten.138 Zur gleichen Zeit wurden Rufe im Management der UAC laut, die Verkaufspunkte der UAC attraktiver zu gestalten, um in der wachsenden Konkurrenz die Gunst der Kunden zu behalten. Ein Manager beschwerte sich während einer Reise in Nigeria darüber, dass in den Einzelhandelsgeschäften der UAC viel zu wenig auf die attraktive Warenpräsentation in den Auslagen geachtet werde, obwohl die Konkurrenz durch andere Händler immer weiter zunehme: „[W]e have no display facilities at all, in a trade where they are above all necessary (…).“ 139 Vor allem die Kingsway-Kaufhäuser wurden zu Orten, an denen eine demonstrative Zurschaustellung des Warenangebots afrikanische Konsumenten zum Kauf überreden sollte und an denen die UAC „modern selling techniques“ in Westafrika etablieren wollte.140 Zwei Werbefilme, welche WAP vermut­lich mithilfe von Kinobussen vorführte sowie ihren afrikanischen Mitarbeitern zur Fortbildung zeigte,141 demonstrierten anschau­lich den Warenüberfluss und eine ansprechende Präsen­ tation der Güter in den Regalen. Diese Darstellung von Wohlstand und Warenfülle entsprach gewiss nicht der alltäg­lichen Realität in den Kaufhäusern und in Einzelhandelsgeschäften in Westafrika, muss aber nach den langen Jahren des starken Konsumgütermangels eine enorme Attraktion auf das Publikum ausgeübt haben. Beide Filme widmeten sich ebenfalls ausführ­lich der Darstellung des Auswahlsowie des Kaufvorgangs in dem Kaufhaus. So zeigte der zehnminütige Stummfilm „Retailing in Lagos“ aus dem Jahr 1954 zunächst die vollen Kaufhausregale und den geschäftigen Betrieb der kauffreudigen Konsumenten.142 Dann folgte er einer nigerianischen Dame bei ihrem Gang durch den Laden und beobachtete sie dabei, wie sie die Waren begutachtete, für ihren Einkauf auswählte und in ihren Korb legte. Schließ­lich führte der Film den Kaufvorgang vor: Die Dame stellte sich in

137 Advertising Guard Book, 1952/53, UARM UAC/1/11/20/3. 138 Selling Razor Blades in West Africa, S. 248. 139 Graham, G. E.: Hardware Department. General Goods, Kano, Oktober 1948, zit. nach: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 106. 140 Merchandise Trading, Teil 2, S. 17. 141 Vgl. zu den Kinobussen Abschnitt 3 in diesem Kapitel. Zu den Vorführungen für die Mitarbeiter vgl. folgenden Artikel in der unternehmensinternen Zeitschrift der UAC: Managers’ Course IV, in: The Unicorn 9 (1963) 4, S. 8 – 10, UAC/2/20/3/6/3. Ich bedanke mich bei Dmitri van den Bersselaar für diesen Hinweis. 142 Film: Retailing in Lagos (Originaltitel: Kingsway Stores, Lagos), 1954, UARM.

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Abbildung 4.9: Screenshot aus dem Film: The New Traders, 1961

die Schlange bei den Kassen, legte ihre Waren vor, die Preisanzeige der Kasse zeigte ihr die Summe ihres Einkaufs an, die Dame zahlte und packte auf der anderen Seite der Kasse ihre Waren wieder ein. Auch der zwanzigminütige Farbfilm „The African Traders“ aus dem Jahr 1961 zeigte Geschäftsauslagen, nun von Einzelhandelsgeschäften in afrikanischer Hand.143 Doch die Erzählung von Überfluss und Wohlstand blieb dabei die ­gleiche. Es war zu sehen, wie ein junges Paar das Warenangebot begutachtete und gemeinsam die Auswahl der Konsumgüter besprach (Abbildung 4.9). Diese Filme zielten darauf, die afrikanischen Konsumenten mit der Konsumkultur von Kaufhäusern vertraut zu machen und auf ihr Kaufverhalten Einfluss zu nehmen. Die UAC und EAS führten nun auch die Verkaufsmethode der ­Warenausstellung in ihrem Repertoire ein. Damit bewarben sie teure, luxuriöse Gegenstände wie

143 Film: The New Traders, 1961, UARM. Die UAC hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend aus dem Einzelhandel zurückgezogen und diesen in afrikanische Hände abgegeben. Vgl. dazu Abschnitt 1 in Kapitel V.

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Abbildung 4.10: Besucherinnen der Modern Living Ausstellung in einem Kingsway-Kaufhaus, Accra, o. J. [29. Mai – 10. Juni 1958]

Polster­möbel, Wohnzimmereinrichtung, Esstische mit Geschirrsets, Schminke und fest­liche europäische Kleider, so etwa auf der „Modern-Living“ Ausstellung im Kingsway-Kaufhaus in Accra im Jahr 1958.144 Die Ausstellung war darauf ausgelegt, die Art und Weise der Verwendung der Waren zu vermitteln, womit ein „moderner“, wohlhabender Lebensstil mit entsprechender Konsumkultur verbunden wurde: Die UAC kündigte die Ausstellung mit dem Werbespruch „The Good Life“ an.145 Während der Ausstellung demonstrierten Angestellte von Kingsway die ‚korrekte‘ Anwendung und den Einsatzbereich der Produkte, wie etwa bei der „Lovely-Baby“ Vorführung, bei der Müttern Babykleidung und Pflegeprodukte aus Europa gezeigt wurden, und vorgeführt wurde „how a baby is dressed“.146 Auch führte die UAC die Werbemethode ein, neue Konsumenten an ein bestimmtes Produkt heranzuführen, indem sie zur Teilnahme an einem Wettbewerb aufgefordert wurden. So wurde beim Kauf von Marmelade dazu 144 Fotoalbum Kingsway Stores – Modern Living, o. J. [29. Mai – 10. Juni 1958, Accra], UARM UAC/2/10/B1/8/1/16. 145 Ebd. 146 Ebd.

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ermuntert, an der „Bake-a-Cake Competition“ teilzunehmen.147 Zudem durfte das Publikum die teuren Verkaufsgegenstände, wie etwa die Möbel, ausführ­lich begutachten und probeweise verwenden (Abbildung 4.10). Bei solchen Ausstellungen gerieten Frauen als Konsumentinnen immer mehr in den Fokus der Marketingmanager und Werber. So bot etwa die eben erwähnte Kingsway-Ausstellung Kleider für die „smart women“ zum Verkauf. Dies wurde als „suggestions as to how the Ghanaian used to her own cloth should dress in European styles“ verstanden, und richtete sich somit deut­lich auch an ein Publikum, das bislang ghanaische Kleidung bevorzugt hatte. Auch präsentierte die Ausstellung an einem Stand Make-up und Kosmetika für ein weib­liches Publikum. Die bereits erwähnte „Lovely-Baby“ Vorführungen sowie die „Bake-a-Cake Competition“ richteten sich ebenso an Konsumentinnen. All diese Werbetechniken vermittelten das Rollenbild der modernen europäischen Hausfrau.148 Diese Prozesse liefen in ähn­lichem Maße auch in anderen Kolonien ab und wurden in der britischen Werbebranche diskutiert. Die Zeitschrift Advertiser’s Weekly berichtete 1955 von einer Ausstellung zum Verkauf von Radiogeräten in Kampala in Uganda, und empfahl diese Werbetechnik allen britischen Unternehmern, welche ihre Waren in Afrika zum Verkauf anboten: „Africans and especially African housewives (…) stood enthralled by cookers, refrigerators and electric irons while their husbands sampled electric shavers and listened to a variety of radio sets. (…) The African will buy incentive goods if they are attractively presented to him, if he can see them in operation, and if he can be given time to examine and make up his mind about them. (…) The African housewife can play a major part in developing sales.“ 149

Die Rolle von EAS und WAP bei der Ausstellungsorganisation während der 1950er Jahre muss unklar bleiben, doch sicher ist, dass diese Werbetechnik in West­afrika unter den Kunden der Agentur Popularität gewann. So organisierte die UAC gemeinsam mit der Dunlop Rubber Company während der 1950er Jahre mehrere Fahrradrennen im Stadium von Accra. Die Berichterstattung im Daily Graphic wurde von Werbung für Raleigh Fahrräder ergänzt, was auf eine Unterstützung durch dieses Unternehmen schließen lässt und zudem auf die Praxis verweist, Werbung gezielt zu thematisch passenden Artikeln zu schalten.150 Im Jahr 1960 schließ­ lich beschloss das Management von EAS, eine eigene Abteilung für Ausstellungen 147 Ebd. 148 Ebd. 149 Outstanding Sales Success of Uganda Radio Show, in: Advertiser’s Weekly, 11. November 1955, S. 36. 150 Forth Annual Cycle Race Meeting, in: Daily Graphic, 10. Februar 1958, S. 13.

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und Auslagengestaltung in der Agentur zu gründen. So ist anzunehmen, dass die Agentur bereits zuvor an all diesen Aktivitäten der UAC beteiligt war und diese von den Kunden der Agentur eine positive Resonanz einbrachten.151 Diskussionen über Werbemethoden

Die Gegensätz­lichkeit der Positionen, mit denen die Manager der UAC und von Unilever während der 1930er Jahre die verschiedenen Werbemethoden diskutiert hatten, löste sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend auf. WAP gründete ein sales promotion department, das den Service anbot, Verkaufsbusse in ganz Ghana auf Tour zu schicken, die Produktproben verschenkten und deren Anwendung vorführten.152 Es ist anzunehmen, dass diese Busse auch mit Technik für das Vorführen von kurzen Filmen ausgestattet waren.153 Auch Unilever baute nach dem Zweiten Weltkrieg Werbung mit Verkaufs­bussen weiter aus.154 Diese Form der Reklame war besonders unter den Unternehmen beliebt, die selbst ihre Produkte herstellten. So errichtete Nestlé nach dem Zweiten Weltkrieg in mehreren afrikanischen Ländern und so auch in Ghana eine eigene Vertriebsstruktur für den Verkauf.155 Auch dieses Unternehmen setzte, ganz ähn­lich wie Unilever, dabei seinen Marketingschwerpunkt im Werbebereich auf Verkaufsbusse und Produktvorführungen. So fuhren Busse durch Westafrika, die zumeist an der Rückseite eine Leinwand angebracht hatten, auf der kurze Werbefilme gezeigt werden konnten.156 Die Produktvorführungen fanden nicht selten in der Form von Wettbewerben statt, wie etwa ein Trinkwettbewerb für das Milchgetränk Nido, bei dem den männ­lichen Teilnehmern zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades die Arme mit der Hilfe von Stöcken versteift wurden. Die teilnehmenden Frauen durften auf diesen zusätz­lichen Unterhaltungsfaktor verzichten (Abbildung 4.11).157

151 Diese Abteilung war der neuen Agentur Afromedia angegliedert. Vgl. dazu Abschnitt 2 in Kapitel V. McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.); Seventy Years of Advertising in Ghana, S. 3. 152 Seventy Years of Advertising in Ghana, S. 2; Akatu, Short History of Advertising, S. 2. 153 Vgl. den Hinweis auf die entsprechende Technik in dem Brief von Hussey an Davies, 14. Januar 1936, UARM UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) (vl. Rnr.). 154 Report by Mr. S. J. Van Den Bergh on his Visit to Nigeria, September 1950, S. 10, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/9 (vl. Rnr.); Siehe auch: Walker’s Visit to Nigeria, S. 15, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/7 (vl. Rnr.). 155 Vgl. dazu die Korrespondenzen in: Dossier Gold Coast, Accra, AHN NES/C1.3/3230. 156 Foto eines Verkaufswagens und eines Kinobusses von Nestlé, 1958, Ordner mit Werbematerial, West Africa, 1947 – 1958, AHN. 157 Ordner mit Werbematerial, Congo Belge, 1960 – 1962, AHN.

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Abbildung 4.11: Foto eines Nido-Trinkwettbewerbs im Bel­gisch-Kongo, 1960

Unilevers Manager waren sich indes darüber uneinig, welche Stellung sie dem visuellen Werbematerial von WAP einräumen sollten. Sie gaben durchaus Plakatwerbung bei der Agentur in Auftrag, aber einige Manager glaubten, die afrika­ nischen Kolonien seien dafür noch nicht ‚reif‘ genug: „This form of advertising is (…) too premature for Nigeria, as we must get our lines better known to the consumer before reminder advertising of this type is undertaken.“ 158 Doch auch andere Stimmen wurden laut und setzten sich zunehmend in der Werbepraxis des Unternehmens durch. Ein Manager unterstrich den Wert der ­visuellen Werbung mit Plakaten und Postern, indem er festhielt, „that in his experience of underdeveloped countries throughout the world point-of-sale postering was, next to direct consumer contact, the most effective means of getting the ­message over to the consumer.“ 159 „I have always been convinced of the value of ‚background‘ advertising such as posters, signs, etc. in unsophisticated markets“, schrieb ein anderer Manager nach einem Besuch in Nigeria und fuhr fort: „[I]t is undoubtedly true that the lines for which this form of advertising have been adopted in Nigeria have attained a predominance in their own class. I do not go so far as the West

158 Walker’s Visit to Nigeria, S. 15, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/7 (vl. Rnr.). 159 Report by A. M. Knox and A. J. Connel, Personnel Notes by F. Davies on their Visit to Nigeria, März 1957, S. 5, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/15 (vl. Rnr.).

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African Publicity Limited in asserting that posters do the whole job but I do believe that they are an effective means of familiarising an illiterate or non-reading people with a recognisable article and interpreting to them a simple message.“ 160

Es war also der Erfolg der Werbung mit Plakaten, der der den Manager überzeugt hatte. Dies ist einer der wenigen und durchaus wichtigen Hinweise darauf, dass die von WAP beworbenen Produkte tatsäch­lich steigende Verkaufszahlen verzeichneten, was ein Hinweis auf die Sichtbarkeit und tatsäch­liche Rezeption der Werbung darstellt. Unilever arbeitete auch mit dem kolonialen Staat zusammen, um seine Produkte an die afrikanischen Konsumenten heranzutragen. Vertreter des Unternehmens besuchten die Schulen in den westafrikanischen Kolonien, teilten Produktproben aus und hielten Aufsatzwettbewerbe über den Wert von Sauberkeit durch Seifenkonsum ab. Bei solcher Art des Marketings ging die Einführung neuer Produkte besonders nah mit kolonialer Subjektbildung in Schulen einher: „Another promising means of propaganda, which we decided to extend, is our school propaganda. We employ an educated African to hold lectures at the many schools spread over the country. The visit of our representative is much welcomed by the teachers and school board and also by the pupils who receive propaganda material and can compete in an essay-writing competition about the influence of soap on cleanliness and the health of the population. In this way the educated youth of the country learns the importance of the use of soap and especially of Sunlight and Lifebuoy soaps.“ 161

Die UAC sollte sich erst in den 1960er Jahren für solche Werbemethoden interessieren. Dementsprechend standen sie auch bei EAS und WAP nicht im Zentrum der Aktivitäten. Die Agentur setzte im Gegenteil im Laufe der 1950er Jahre immer mehr auf Printwerbung in den ghanaischen Zeitungen. Im diesem Bereich erschien während der politischen Turbulenzen der Nachkriegszeit und der 1950er Jahre eine bestimmte Art von Werbung auf der Agenda von EAS, die zuvor fast keine Rolle gespielt hatte und nun zu einem bedeutenden Teil ihrer Aufgabe werden sollte. Dabei handelte es sich um Imagewerbung für die UAC.

160 Visit of A. M. Knox to West Africa, Januar–März 1948, S. 9, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/8 (vl. Rnr.). 161 Report by Van Den Bergh, S. 11, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/9 (vl. Rnr.). Vgl. dazu auch Burke, Lifebuoy Men, Lux Women.

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4. „Gauging The African Mind“: Die Anfänge der Werbewirkungsforschung Die Accra Riots, neue PR-Politik und Imagewerbung der UAC

Seit ihrer Gründung stand die UAC aufgrund ihrer starken wirtschaft­lichen Position in Westafrika in der britischen Öffent­lichkeit in der Kritik. Auch das Verhältnis zu den Kolonialregierungen war nicht konfliktfrei. Die britische Kolonialverwaltung betrachtete die UAC aufgrund ihrer einflussreichen Position in den Kolonien als illegitime politische Konkurrenz zum britischen Staat und der Vorwurf der Ausbeutung afrikanischer Subjekte ließ sich weder in der britischen noch in der kolonialen Öffent­lichkeit gut mit der kolonialen Ideologie der Treuhandschaft in Einklang bringen. Afrikanische Händler und Rohstoffproduzenten kritisierten die UAC dafür, die Preise für die Rohstoffe zu niedrig zu halten und afrikanische Händler wirtschaft­lich und politisch an einer Teilhabe am Handelsgeschäft zu hindern. 162 Bereits in den 1930ern organisierten sie mehrfach sogenannte hold-ups von Kakao, hielten also die Warenlieferungen zurück, um die UAC zur Zahlung höherer Rohstoffpreise zu bewegen. Der größte und wichtigste dieser hold-ups war 1937/38163, der wohl auch mit einem Boykott von Importwaren und Einzelhandelsgeschäften der großen Handelsfirmen einherging.164 Trotz massiver öffent­licher Kritik war die UAC zunächst kaum darum bemüht, ihr Image in den westafrikanischen Gesellschaften durch Öffent­lichkeitsarbeit und Imagewerbung positiv zu beeinflussen. Während des Zweiten Weltkriegs hatte das Unternehmen begonnen, vereinzelt Werbung mit Botschaften zur Unternehmenspolitik an die afrikanische Öffent­lichkeit zu richten. Doch erst in der Nachkriegszeit begann die UAC , diesen Themen vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen. Ein Grund dafür waren die sogenannten Accra Riots, die im Februar 1948 vor dem Hintergrund von Konsumgüterknappheit, stark gestiegener Lebenshaltungskosten und eines erstarkenden antikolonialen Nationalismus ausbrachen. Diese führten nicht nur in der britischen Politik gegenüber der Kolonie zu einem grundlegenden Kurswechsel, sie zwangen auch die europäischen Unternehmen, das Ausmaß der Unzufriedenheit in der afrikanischen Bevölkerung wahrzunehmen. 162 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 82. 163 Miles, Rural Protest; Zu dem Konflikt 1937/38 in Nigeria siehe: Deutsch, Educating the Middlemen, S. 79 – 136. Für die Politik der UAC und unternehmensinterne Diskussionen vgl: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 146 – 175. 164 Murillo, Market Relations, S. 93.

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Am 28. Februar 1948 brachen im Anschluss an eine Demonstration von Kriegs­veteranen Unruhen in ganz Accra aus, nachdem die Polizei in die Menge der P ­ rotestierenden geschossen hatte. Die Demonstranten, die zunächst zum ­Christiansborg Castle, dem Regierungssitz der Kolonie, hatten ziehen und dort ihre Forderungen – etwa nach einem Anstieg der Rente – hatten vorbringen ­wollen, griffen europäische Einzel- und Großhandelsgeschäfte an, plünderten und zerstörten diese. Die Unruhen in Accra dauerten zwei Tage, die Regierung setzte das Militär zur Unterstützung der Polizei ein. Sie breiteten sich auch in anderen Städten der Kolonie aus, wo sie bis zum 16. März andauerten. Insgesamt starben 29 Menschen, weitere 200 wurden verletzt.165 Die großen europäischen Handelsunternehmen, vor allem die UAC, standen im Zentrum der Angriffe. Die Geschäfte der libane­sischen Firma A. G. Levantis sowie die syrischer und afrikanischer Händler blieben hingegen weitgehend von den Zerstörungen verschont. Die Firmen hatten massive Verluste zu verzeichnen: Die der UAC beliefen sich auf 750.000 Pfund.166 Den Unruhen waren bereits in den Monaten zuvor organisierte Proteste von afrikanischen Konsumenten in Form eines kolonieweiten Boykotts europäischer Importe vorangegangen. Ein Händler und chief in Accra names Nii Kwabena Bonne hatte diese Aktion mit großem Erfolg initiiert.167 Vor dem Hintergrund der hohen Lebenshaltungskosten und Verknappung von Importgütern machten afrikanische Händler und Konsumenten europäischen Handelshäusern, allen voran der UAC, den Vorwurf, mit überteuerten Importgütern massive Gewinne aus der Not der westafrikanischen Bevölkerung zu erwirtschaften. Ziel des Boykotts war, eine Senkung der Preise von Importgütern durchzusetzen. Nach einem Monat einigte sich die Kolonialregierung mit den Protestierenden, die Profitspanne auf 50 Prozent des Einfuhrpreises der Importe zu begrenzen.168 Als das Abkommen an besagtem 28. Februar in Kraft trat, enttäuschte es breite Teile der Bevölkerung, da es nicht die Preise selbst, sondern nur die Profitspanne reduzierte. Zudem erschien vielen die vereinbarte Senkung zu gering.169 Boykott und Unruhen waren in mehrfacher Hinsicht für die Politik der Handels­ häuser bedeutend. Zum einen realisierten die europäischen Unternehmen, wie weit verbreitet Kritik und Unzufriedenheit unter afrikanischen Konsumenten waren 165 Vgl. Austin, Politics in Ghana, S. 11 f; Stockwell, The Business of Decolonization, S. 70; Murillo, Market Relations, S. 88 – 98. 166 Stockwell, The Business of Decolonization, S. 72. 167 Ebd., S. 74. 168 Die Grundlage der Berechnungen bildete der CIF-Preis der Importe, der die Aufwendungen für Transport und Versicherung der Güter beinhaltet. 169 Stockwell, The Business of Decolonization, S. 74.

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und dass sie nicht mehr umhin kamen, sich damit auseinanderzusetzen.170 In den politischen Ereignissen und Debatten, welche den Unruhen folgten, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Handelsunternehmen und der Kolonialregierung zunehmend. Vor allem die Kolonialregierung distanzierte sich infolge dieser Ereignisse von den Unternehmen und ihrem Ruf als Ausbeuter der Kolonien. Verschiedene wirtschaft­liche Reformen zur Einschränkung der Macht der Handelshäuser wurden diskutiert. Das Fabian Colonial Bureau, dem der damalige Kolonialminister Arthur Creech Jones nahestand, ging so weit, eine Verstaat­lichung aller Handelshäuser vorzuschlagen.171 Zudem zeigen die Unruhen, von welch großer Bedeutung der Zugang und die Teilhabe an importierten Konsumgütern für breite Bevölkerungsschichten geworden war. Trotz der scharfen Kritik an den Handelsunternehmen gab es keinen politischen Widerstand, der sich grundsätz­lich gegen Importe gerichtet hätte. Es ging während dieser Demonstrationen nicht darum, überseeische Importe aus dem Land zu vertreiben, sondern darum, kollektiv einen bestmög­lichen Zugang zu ihnen zu erkämpfen. Die Kritik der Bevölkerung drehte sich um die Verfügbarkeit der Produkte; dieselben Produkte, die in der Werbung der 1950er Jahre täg­lich von Neuem angepriesen wurden. Aufgrund dieser politischen und sozialen Erschütterungen in der Kolonie entschied sich die UAC erstmals dafür, Maßnahmen zur Verbesserung ihres Images in der westafrikanischen Öffent­lichkeit und unter der afrikanischen politischen Elite des Landes einzuleiten.172 Die erstarkende nationalistische Bewegung und die politischen Ereignisse hatten der Managementebene der UAC deut­lich gemacht, dass sie mit einem Rückzug der britischen Kolonialmacht rechnen musste und daher gut beraten war, ihr öffent­liches Image in der Kolonie zu verbessern, um mit gewählten afrikanischen Regierungen erfolgreich ihre Geschäfte fortführen zu können. Von großer Bedeutung war in dieser Situation auch die steigende Konkurrenz durch andere Handelsfirmen, Hersteller und durch die beginnende Industrialisierung vor Ort. Ein positives öffentliches Image versprach in dieser Situation weiteren wirtschaft­lichen Erfolg.173 Die UAC veränderte – so wie auch andere Handelshäuser, Banken und Berg­ bau­unternehmen in der Kolonie – ihre Lobby-Politik und begann, sich afrikanischen Politikern zuzuwenden.174 Auch gewann ein positives Verhältnis zu den afrika­nischen Mitarbeitern nun an Bedeutung. Wichtig war hierbei das Ziel und 170 171 172 173 174

Ebd., S. 73. Stockwell, The Business of Decolonization, S. 85 – 90. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 337 ff. Stockwell, The Business of Decolonization, S. 68 – 110. Fieldhouse, Merchant Capital, S. 347 – 358.

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Versprechen, den Anteil von Afrikanern im mittleren und oberen Management deut­lich zu erhöhen – schon lange war die UAC dafür kritisiert worden, dass diese Posten Europäern vorbehalten waren.175 Zudem markiert diese Situation den Beginn von umfangreichen Werbekampagnen zur Imagepflege in der kolonialen Öffent­ lichkeit, welche die UAC bei EAS in Auftrag gab. Als Grundlage der Kampagnen erstellten das Public Relations Department und das Information Department der UAC eine Liste mit den zentralen ­Kritikpunkten am Unternehmen in der Gold Coast und in Nigeria. Dies zeigt, dass sich das Unternehmen sehr ernsthaft damit auseinandersetzte, wie sich das negative Image der UAC in der Bevölkerung der beiden Kolonien äußerte. Eine oft ge­­äußerte Klage war etwa, die UAC nutze ihre starke Stellung im Importhandel dazu, die Preise hoch zu halten und künst­liche Knappheit an Gütern zu erzeugen, um sie noch teurer verkaufen zu können. Im Exporthandel wurde dem Unternehmen vorgeworfen, massiv von der Differenz zwischen Einkaufspreis und Weltmarktpreis zu profitieren und den Zugang zum Handelsgeschäft für afrikanische Händler zu verhindern. Genannt wurden außerdem die gezielte Benachteiligung und Dis­ kriminierung afrikanischer Händler sowie die Besetzung fast aller Managementposten mit Europäern, was Afrikanern den Zugang zu guter Bezahlung, Verantwortung sowie technischer Ausbildung verwehrte. Der Vorwurf, alle Profite außer Landes zu ziehen und kein Geld in die wirtschaft­liche Entwicklung Westafrikas zu investieren, wurde ebenfalls angeführt.176 Es muss letzt­lich unklar bleiben, wie die UAC diese Informationen sammelte, doch es ist sehr wahrschein­lich, dass dies auf Basis der persön­lichen Einschätzung der verschiedenen Manager und ihrer Kontakte zur lokalen Bevölkerung geschah. Es ist bemerkenswert, dass das Unternehmen sich für diese Werbekampagnen zunächst ein Stimmungsbild der westafrikanischen Bevölkerung zu verschaffen suchte, war dies doch bei der Konsumgüterwerbung bis dahin noch nie so durchgeführt worden. Dies zeugt von der großen Bedeutung, die die UAC dem Erfolg dieser Anzeigen zumaß. Auf Basis dieser Informationen entwickelte EAS in den 1950er Jahren verschiedene Image-Kampagnen. „Freedom of Choice“ titelte eine Anzeige und zeigte einen jungen Mann vor städtischen Marktgebäuden (Abbildung 4.12). Der Werbetext konterte die Kritik an der wirtschaft­lichen Omnipräsenz der UAC und verbreitete gleichzeitig die Vorstellung der freien Verfügbarkeit von Gütern als hohen Wert der modernen Konsumkultur:

175 Ebd., S.  375 – 382. 176 For Advertising Matter, 9. Januar 1952, UARM UAC/1/11/20/2; Adverse Comments Made on the Company, Information Department, 22. Juli 1953, UARM UAC/1/11/20/2.

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Abbildung 4.12: Freedom of Choice, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53]

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„When you go shopping and you cannot find what you want at one dealer’s, you go to another. And if he does not have what you like, there are still others to whom you may go until you find just what you want. You enjoy this great freedom of choice because there are many importing firms, European and African, who supply the goods you need. They are always competing with each other to bring you the kind of goods that will please you best.“ 177

Eine andere Anzeige der Kampagne widersprach dem Vorwurf der wirtschaft­lichen Ausbeutung. Sie beschrieb den Import-Export-Handel als „equitable exchange“, während die Exporte der Gold Coast mit dem Bedürfnis nach den „innumerable imported goods the Gold Coast wants to buy“ zur ökonomischen Notwendigkeit erklärt wurden.178 Auf diese Weise nutzte die Anzeige für ihre Argumentation das in den Accra Riots so deut­lich geäußerte Bedürfnis nach den eingeführten Konsum­gütern. Mit der Unabhängigkeit Ghanas änderte sich die politische Rhetorik der Werbung. Bis dahin hatte die UAC eine direkte Stellungnahme zur Unabhängigkeitsbewegung in den Anzeigen vermieden, vermut­lich aus Rücksicht auf die Kolo­ nialverwaltung. Nun positionierte sie sich öffent­lich als überzeugter Advokat des wirtschaft­lichen Wohlergehens der jungen Nationen. Sie gratulierte Ghana 1957 mit feier­lichen Anzeigen zur neu gewonnenen politischen Souveränität und wieder­ holte in den folgenden Jahren diesen Gruß zum jähr­lichen Unabhängigkeitstag am 6. März.179 Die Darstellung von Industrialisierungsszenarien und das Verwenden von Fortschrittsrhetorik nahmen gleichzeitig deut­lich zu. „Change in West Africa“ titelte eine Anzeige und zeigte vor dem Hintergrund eines afrikanischen Marktes die Skizze einer Fabrik, die das Handelsgeschehen überdeckte und so gewissermaßen ersetzte: „[I]ndustrialisation points the way (…). The United Africa Company is quick to respond to West Africa’s need, providing capital, skill and services for the establishment of factories and also for the marketing of local manufactures (…).“ 180 Die Werbung, welche auf Kritik an wirtschaft­licher Ausbeutung und starker wirtschaft­licher Stellung der UAC zielte, spiegelte stark die zeitgenös­sisch so wich­ tigen Entwicklungskonzepte wider. Diesen wirtschaft­lichen Theorien zufolge würden Industrialisierung und Investitionen in Infrastruktur durch europäische Unternehmen zu wirtschaft­lichem Aufschwung und so zu landesweitem Wohlstand führen. Die Werbung zeigte die Gold Coast und das unabhängige Ghana mit prosperierender Wirtschaft und gesellschaft­lichem Wohlstand. Damit positionierte sich nicht nur die UAC – und mit ihr auch die anderen führenden europäischen Unternehmen 177 Freedom of Choice, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/2. 178 Commerce of the Gold Coast, Imagewerbung der UAC , o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/2. 179 Message of Goodwill, Imagewerbung der UAC, 1958, UARM UAC/1/11/20/8. 180 Change in West Africa, Imagewerbung der UAC, o. J. [1960], UARM UAC/1/11/20/6.

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Abbildung 4.13: Doorway to Success, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53]

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Abbildung 4.14: Men of Tomorrow, magewerbung der UAC, o. J. [1957 – 60]

in Westafrika – deut­lich als Befürworter der Industrialisierung in einer westafrikanischen Öffent­lichkeit, sondern warb gleichzeitig mit Wünschen und Erwartungen an die politische Unabhängigkeit. Jüngere Arbeiten der westafrikanischen Unternehmensgeschichte haben herausgestellt, dass sich britische Unternehmen, afrikanische Politiker und auch die Kolonialregierung auf Entwicklungspolitik als einen gemeinsamen politischen Rahmen einigten und dass dies den Unternehmen entscheidend dabei half, politische Netzwerke innerhalb der neuen Eliten aufzubauen und in der frühen postkolonialen Phase zu pflegen.181 In den 1950er Jahren begannen alle großen Unternehmen, auch die oberen Managementebenen für Afrikaner zugäng­lich zu machen.182 Dieser als Afrika­ nisierung bezeichneter Prozess verlief allerdings in der UAC zunächst schleppend: Die absolute Zahl afrikanischer Manager stieg zwar an, aber erst Ende der 1950er

181 Decker, Building up Goodwill. 182 Hopkins, An Economic History, S. 277 f.

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Jahre und vor allem in den 1960er Jahren erfolgte auch ein relativer Anstieg.183 In der Werbung zur Afrikanisierung des Managements der UAC stellte EAS seit Beginn der 1950er Jahre eine erfolgreiche Schicht von afrikanischen Managern und Geschäftsleuten als Akteure ins Zentrum. „Doorway to Success“ zeigte einen afrikanischen Manager mit seinen Mitarbeitern an einem repräsentativen Schreibtisch, während der Werbetext die vielfältigen Mög­lichkeiten hervorhob, welche die UAC ihren Angestellten bot (Abbildung 4.13).184 Während die Werbung 1952 noch mehr den individuellen Erfolg betonte, so wurden die afrikanischen Manager in einer Kampagne aus dem Jahr 1960 zu „Men of Tomorrow“ gekrönt (Abbildung 4.14). Das Morgen, das diese Männer erwartete, zeichnete die Werbung in leuchtenden Farben. „Tomorrow is bright with the promise of increased trade and national prosperity! But for continued progress the country needs trained men. (…) The United Africa Company is proud to play an important part in the training of such highly skilled ‚Men of Tomorrow’.“ Das Bild war untermalt von ausdrucksstarken Symbolen für wirtschaft­lichen Aufschwung, Entwicklung und Modernisierung, wie etwa repräsentative Hochhäuser, Flugzeuge, Funkmasten, Lastwagen, Dampfschiffe und Baumaschinen.185 Bild und Text versprachen so ein Hand-in-Hand-­Gehen von beruf­lichem Aufstieg, Industrialisierung und prosperierender Wirtschaft. All diese Kampagnen wurden ausschließ­lich von europäischen Werbefachleuten von EAS in London entworfen und produziert, die sich zuvor ausführ­lich über die Kritikpunkte in der Bevölkerung informiert hatten. Diese Werbung ist allerdings nicht nur als Kommunikationsversuch mit neuen afrikanischen Eliten zu sehen. Man mag hier in gleichem Maße Vorstellungen der Werbefachleute erblicken, wie die afrikanischen Manager aussehen sollten, die ihre Unternehmen erfolgreich führen konnten. Dieses Bild des erfolgreichen Geschäftsmannes, der – bis auf die Hautfarbe – ein identisches Abbild seiner europäischen Vorgänger darstellt, diente wohl auch dazu, europäischen Investoren und Kunden der Agentur eine bekannte und daher vertrauenswürdige Vorstellung zu vermitteln. In Publikationen, welche vornehm­lich von europäischen Wirtschaftseliten gelesen wurden, betonte die Imagewerbung im Übrigen deut­lich stärker Topoi der imperialen Ideologie wie die ‚Unterentwicklung‘ und wirtschaft­liche ‚Rückständigkeit‘ Afrikas. Dies haben die Arbeiten zur Imagewerbung in Groß­britannien und in Westafrika gezeigt.186 Doch die Werbung, die sich an ein afrikanisches Pub­ likum richtete, zeichnete ein wesent­lich positiveres Bild des Kontinents sowie seiner Bewohner. Bereits in den frühen 1950er Jahren zeigte sie die Existenz einer urbanen 183 184 185 186

Vgl. dazu Abschnitt 1 in Kapitel V. Doorway to Success, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/2. Men of Tomorrow, Imagewerbung der UAC, o. J. [1957 – 60], UARM UAC/1/11/20/6. Ramamurthy, Imperial Persuaders; Decker, Corporate Legitimacy and Advertising.

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Mittelschicht und einer neuen Führungsschicht von erfolgreichen M ­ anagern. Dass diese Differenzierung notwendig ist, hat die Forschung bislang nicht konsequent zur Kenntnis genommen. Die Imagewerbung, welche die UAC an die westafrikanische Öffent­lichkeit richtete, versuchte, das politische Konzept der Entwicklungspolitik als Konsens unter den politischen Eliten auch auf die Bevölkerung auszudehnen. Dass sie damit nur begrenzten Erfolg hatte, soll in dem nun folgenden Abschnitt dargestellt werden. Die erste Werbewirkungsstudie der UAC

Bis Mitte der 1950er Jahre stellten sich weder Manager der UAC noch Werbefachleute bei EAS und WAP die Frage, wie die afrikanischen Konsumenten die von der Agentur produzierte Werbung wahrnahmen. Die Werber sowie die Händler waren von ihrer eigenen Kompetenz überzeugt und betrachteten eine Evaluation ihrer Verkaufsstrategien anhand der Meinung der Konsumenten offensicht­lich als unnötig – obwohl gleichzeitig in den USA und in Europa Werbewirkungsstudien bereits lange zur etablierten Praxis gehörten.187 Das Verhalten der Werber änderte sich Mitte der 1950er Jahre. In der UAC stand dieser Wandel in engem Zusammenhang mit der neuen PR -Politik des Unter­ nehmens. Die erste Werbewirkungsstudie der UAC wurde 1954/55 für Imagewerbung durchgeführt. Dies zeugt von der großen Bedeutung, welche das Unternehmen einer funktionierenden Kommunikation mit einer westafrikanischen Öffent­lichkeit in diesem Bereich nun zumaß. Ziele dieser Untersuchung waren „to gauge the African reaction to certain forms of press advertising“ und „testing the effect of the Symbolic and Allegorical form of presentation upon the African mind“.188 McKinnell, der Manager von EAS, äußerte zuvor „doubts and reservations (…) as to the reception of these advertisements in the African press“ 189 und befand danach, dass die Untersuchung insgesamt seine Zweifel bestätigt hätte. Für die Untersuchung entwarf EAS eine Reihe von Werbebildern, welche die Agentur in die Typen Allegorie, Parabel und Cartoon unterteilte.190 Die UAC führte diese Umfrage unter ihren afrikanischen Mitarbeitern durch und bildete dafür fünfzig beratende Komitees in der Gold Coast, Sierra Leone, 187 Silberer/Mau, Anfänge und Geschichte der Werbewirkungsforschung. 188 Brief von McKinnell an Mellor, 26. Januar 1955, UARM UAC/1/11/18/2/18. 189 Ebd. 190 Company Goodwill Advertising in the West African Press. Report by Export Advertising Service, o. J. [Januar 1955], S. 1, UARM UAC/1/11/18/2/18.

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Nigeria und Gambia, an denen sich insgesamt 600 Mitarbeiter beteiligten 191: EAS befand, diese Komitees „should be good judges of the reaction of the African public“ 192, da sie sich aus „a cross section of African intelligence, including some illiterates“ zusammensetzten.193 Drei Kritikpunkte waren dem Unternehmen besonders wichtig zu evaluieren und dabei gleichzeitig als „wrong ideas“ zu widerlegen.194 Diese entsprachen den im obigen Abschnitt genannten Punkten, welche die UAC für die Konzeption ihrer Imagewerbung zusammengetragen hatte: Die Oligopol-Stellung des Unternehmens, der Abfluss von wirtschaft­lichem Profit aus Westafrika nach Europa und die Besetzung der wichtigen Positionen im Unternehmen mit Europäern.195 EAS fürchtete, dass die Mitarbeiter des Konzerns „uncritical answers“ geben würden.196 Dies suchte die Agentur dadurch zu umgehen, indem sie Beliebtheitsskalen der verschiedenen Werbebilder aufstellen ließ und so eine direkte Ja-Nein-Frage umging. Der Abschlussbericht zielte darauf ab, die effektivste Form der Werbung zu eva­ luieren. Zudem wollte EAS mit der Imagewerbung „a sub-conscious impression“ bei den Rezipienten hinterlassen. Dafür wollte sie mit der Studie „the sub-conscious thoughts of the average newspaper reader“ verstehen.197 EAS ging es in der Untersuchung also darum, das Unternehmensimage im ‚Unbewussten‘ der afrikanischen Leserschaft zu verbessern, und die Umfrage sollte evaluieren, wie man am besten darauf Einfluss nehmen konnte. Die Frage nach unbewussten Prozessen stand seit der Zwischenkriegszeit im Zentrum der europäischen Werbewirkungsforschung. Während seit der Jahrhundertwende erörtert wurde, wie man die Betrachter am besten a­ n­sprechen und ihre Wahrnehmung der Botschaft erreichen konnte, gerieten in der Nachkriegszeit Fragen nach der 191 Company Goodwill Advertising, S. 1, UARM UAC/1/11/18/2/18. 192 Background Information for the Use of the Chairman, o. J. [1954], UARM UAC/1/11/18/2/18. 193 Company Goodwill Advertising, S. 2, UARM UAC/1/11/18/2/18. Die UAC hatte in den 1950er Jahren über 40.000 afrikanische Angestellte allein in Ghana und Nigeria, die hauptsäch­lich als Buchhalter, Ladeninhaber und Arbeiter tätig waren. Ein Teil dieser Angestellten entstammte der Mittelschicht und manch einer erfuhr durch seine Karriere bei der UAC gesellschaft­ lichen Aufstieg. Für das Testen von Zeitungswerbung, die größtenteils von der lesefähigen Mittelschicht gesehen wurde, fand EAS in der Angestellten- und Arbeiterschaft der UAC also tatsäch­lich eine adäquate Gruppe von Testpersonen vor, die ohne größeren Aufwand für diese Umfrage rekrutiert werden konnte. Vgl. dazu: Van den Bersselaar, Dmitri: ‚Doorway to Success?‘. Reconstructing African Careers in European Business from Company House Magazines and Oral History Interviews, in: History in Africa 38 (2011), S. 257 – 294. 194 Possible Lead–in for Chairman, o. J. [1954], UARM UAC 1/11/18/2/18. 195 Ebd. 196 Company Goodwill Advertising, S. 1, UARM UAC/1/11/18/2/18. 197 Ebd.

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unbewussten Reizwahrnehmung in die Aufmerksamkeit der Forschung und Menschenbilder aus der Psychoanalyse und Tiefen­psychologie ­gewannen an Bedeutung. Auch wurde Werbung zunehmend als Kommuni­kationsprozess beschrieben und somit die Frage gestellt, wie Werbung von den einzelnen Menschen gesehen wurde.198 Indem EAS nach der Wahrnehmung der Werbung durch Afrikaner fragte, trug die Agentur also gängige Methoden der Werbe­wirkungsforschung in die Kolonien. „The end“, vermerkte der Bericht, „to be kept always in view is that an advertisement, having been read, must leave the desired message with the reader. Unless it does this it fails completely.“ Dieses Zitat macht deut­lich, welch grundlegender Wechsel in der Haltung der Werbefachleute sich Mitte der 1950er Jahre in EAS vollzog.199 Die Umfrage lief folgendermaßen ab: Ein Leiter befragte die versammelten UAC-­ Beschäftigten, ob sie bereits UAC-Werbung aus der Zeitung kennen würden, ob sie sich erinnern könnten, für was geworben worden und ob die Botschaft verständ­ lich gewesen sei. Dann legte er den Teilnehmern die verschiedenen Werbe­bilder vor und stellte ihnen dazu Fragen. Diese zielten dabei einerseits auf das Verständnis der Befragten selbst ab: „Personally, do we like the picture? (…) What does the picture represent?“ 200 Die Anwesenden wurden nie direkt nach ihrem Verständnis von der Darstellung gefragt, sondern gebeten, einzuschätzen, was ihre ‚afrikanischen Freunde‘ über die Bilder sagen würden: „Would your African friends recognise this as a picture of anything?“ oder „Would Africans be able to understand their message?“ 201 „It is felt“, begründete dies EAS, „that if Committees are asked point blank whether they understand the proposed advertisements they will be reluctant, on principle, to say No. It is also possible that individuals may quite honestly believe that they understand them, although in fact they do not.“ 202 Die Untersuchung sammelte nicht nur quantitativ Antworten, sondern stellte auch offene Fragen und wertete die Diskussionen um die Werbebilder aus, welche die Komitee-Vorsitzenden protokollieren mussten, mit dem Ziel „to discover whether, in their opinion, the ordinary African newspaper reader will be likely to understand them quickly, or at all.“ 203 EAS testete mit mehreren Werbebildern verschiedene Werbeformen. Ein Bild, welches EAS „The Paw Paw Tree“ nannte, diente als Beispiel für Werbung mit Allegorien.204 Es zeigte einen reich mit Früchten behängten Papaya-Baum, der im 198 Silberer/Mau, Anfänge und Geschichte der Werbewirkungsforschung, S. 242 f. 199 Company Goodwill Advertising, S. 3, UARM UAC/1/11/18/2/18. 200 Ebd., Statistics (Appendix). 201 Ebd. 202 Background Information for the Use of the Chairman, UARM UAC/1/11/18/2/18. 203 Ebd., Hervorhebung im Original; Possible Lead-in for Chairman, S. 3, UARM UAC/1/11/18/2/18; Company Goodwill Advertising, UARM UAC/1/11/18/2/18. 204 The Paw Paw Tree, Imagewerbung der UAC, UARM UAC/1/11/18/2/18.

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Querschnitt von den Blättern bis zu den Wurzeln in der Erde dargestellt war. Die Wurzeln waren mit kleinen Schildern gekennzeichnet, auf denen „Years of hard work“, „Technical skill“, „Capital investment“, „Faith in Africa“ und „Constant research“ geschrieben stand. In den Papayafrüchten waren kleine weiße Bildchen eingezeichnet, auf denen ein Anzug, ein Kühlschrank, ein Teller mit Essen, ein Auto, ein Maiskolben, die Silhouette eines Fabrikgebäudes und ein Gebäude (teils nur mit Mühe) zu erkennen waren. Um den Baum herum standen die Inhalte der Bilder in Worten: „Finer clothing“, „Transport“, „More Industries“, „Richer harvests“, „new buildings“, „better food“, „imported goods“. In der Mitte des Bildes stand auf einem schwarzen Balken „United Africa Company“.205 Die intendierte Botschaft war wohl in etwa: Die UAC wächst und gedeiht aufgrund von euro­ päischem Wissen und Investitionen, aber der Gewinn kommt in Form von materiellem Wohlstand nur Afrika zugute. Die Teilnehmer evaluierten das Bild folgendermaßen: „40% of J. C. C. [Joint Consultative Committees, d. Verf.] members did not like the picture. 45% could see no connection between the fruits and the roots. 50% could not relate the Company to the illustration. 65% could not fathom what it is all about.“ 206 Es dechiffrierten also durchschnitt­lich etwa 35 Prozent der westafrikanischen Teilnehmer die von EAS intendierte Botschaft in diesem Bild. Die Zahlen ausschließ­lich für die Gold Coast wichen davon nur geringfügig ab.207 Eine andere Version der allegorischen Werbebotschaft stellte ein Bild namens „Climbing Plant“ dar. Der Werbespruch war: „Africa is growing up, helped by the United Africa Company.“ Die Illustration zeigte eine Pflanze, welche sich an einem Stil hochrankte und in den Blättern Wörter wie „Brighter Future“, „Bigger Earnings“, „Knowledge“ und „Better Living“ trug.208 Die intendierte Botschaft entsprach imperialistischen Ideologien der Entwicklungs- und Stufentheorie: Afrika habe im Wachstumsprozess noch einiges aufzuholen und benötige dafür euro­ päische Hilfe. Etwa 55 Prozent der Testpersonen verstanden diese Botschaft; in der Gold Coast lag die Rate bei etwa 65 bis 70 Prozent.209 „From those who could see the point“, fuhr der Bericht fort, „came such criticisms as these: the U. A. C. is not the only firm to help Africa’s progress; the advertisement suggests that U. A. C. is

205 Ebd. 206 Company Goodwill Advertising, S. 3, UARM UAC/1/11/18/2/18. 207 Die Studie wurde quantitativ sowohl getrennt für die vier Kolonien als auch für das gesamte Territorium analysiert. 208 The Climbing Plant, Imagewerbung der UAC, UARM UAC/1/11/18/2/18. 209 Company Goodwill Advertising, Statistics (Appendix), UARM UAC/1/11/18/2/18.

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a monopoly; it can be interpreted as showing that U. A. C. feeds on Africa; it has dangerous political implications; it is liable to be misinterpreted.“ 210 Der Verständnisgrad der Teilnehmer mag insgesamt zunächst gering erscheinen. Doch viele hatten wohl wenig mehr als Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben oder waren sogar Analphabeten, während für das Verständnis der Anzeige eindeutig sichere Lesekenntnisse Voraussetzung waren. Die Teilnehmer der Gold Coast hatten mit der vergleichsweise höheren Bildungsrate auch insgesamt einen leichteren Zugang zu den Bildern, wie die Gesamtauswertung der Studie deut­lich macht.211 In Sierra Leone verstanden sogar zwischen 90 und 100 Prozent der Teilnehmer die intendierte Botschaft des Papayabaum-Bildes, und volle 100 Prozent die der Rankpflanzen-Werbung.212 Eine Rolle spielte sicher­lich auch, dass beide Bilder tatsäch­lich nicht einfach zu verstehen waren. Die Abbildungen waren teils schlecht erkennbar und die Schriftzüge ließen sich kaum eindeutig den jeweiligen Abbildungen zuordnen. Ohne das Wissen, welche Botschaft hier dargestellt werden soll, konnten sie die Bildbetrachter vermut­lich noch schlechter interpretieren. Es ist also kaum verwunder­lich, dass manch ein UAC-Beschäftigter Verständnisschwierigkeiten hatte. Die Teilnehmer, welche die intendierte Botschaft verstanden, brachten genau diesen Punkt zur Sprache. Auch kritisierten sie den politischen Inhalt der Werbebotschaft: Die Versuche der UAC, in der Imagewerbung auf die Entwicklungstheorien zu setzen, trafen bei den Komitees nicht gerade auf vor­ behaltlose Zustimmung. Doch anstatt diese Tatsachen anzuerkennen und damit verbunden die Kritik an der Werbebotschaft ernst zu nehmen, führte EAS die Verständnisschwierigkeiten auf mangelnde Intelligenz der afrikanischen Studienteilnehmer und die Kritik an dem Bild auf fehlendes Verständnis sowie eine ‚falsche‘ Interpretation der ‚rich­ tigen‘ Botschaft zurück. Die Agentur kam zu dem Schluss, dass man aufgrund der niedrigen Intelligenz der Bildbetrachter grundsätz­lich keine Allegorien auf Werbeanzeigen darstellen sollte: „Obviously the pictorial allegorical approach should be avoided, for two reasons: (…) ­a) the difficulty of devising something which is sure to be understood by the least intelligent. b) the very great danger that, if it is not understood, it could be construed to make the very criticism the Company is endeavouring to answer.“ 213

210 Ebd., S. 3. 211 Ebd., Statistics (Appendix). 212 Ebd. 213 Ebd, S. 3.

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Abbildung 4.15: Kofi and the Lion, Image­werbung der UAC

Um Werbung mit Parabeln zu testen, befragte EAS die Komitees zu Anzeigen mit dem Titel „Kofi and the Lion“. Eine dieser Anzeigen (Abbildung 4.15) zeigte einen Löwen, der an einem Tisch saß und mit Füllfederhalter und Tintenfass offensicht­ lich mit dem Abfassen eines Textes befasst war. Auf dem Hinterbein des Löwen stand U. A. C. Ein kleiner schwarzer Junge, barfuß und mit Hemd und Shorts bekleidet, neigte sich auf den Tisch und blickte zu dem Löwen auf. Die Titelzeile lautete „‚I’ve lived a long time‘ said the lion“. Im Werbetext erzählte der Löwe dem Jungen Kofi, er würde sein „book of knowledge“ schreiben und sein Wissen mit ihm teilen, „because you are my friend“.214 Die Moral der Geschichte: Alle profitieren

214 Kofi and the Lion, Imagewerbung der UAC, UARM UAC/1/11/18/2/18.

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von dem Wissen, welches die UAC nach Afrika mitbrachte und dort ausbaute. EAS befragte die Teilnehmer: „Is this a good animal to use? Can we think of a better one? Elephant – Antelope – Tortoise?“ 215 Das Spektrum der Tiere, die sich die Werbefachleute für den Einsatz auf Werbebildern in Afrika vorstellen konnten, war offensicht­lich, wie bereits für die Posterwerbung gezeigt, auf Wildtiere beschränkt. EAS berichtete von scharfer Kritik an der politischen Botschaft und Ärger über diese Werbung: „[I]t was stigmatised by some as being ludicrous, condescending and insulting.“ 216 Auch schien die Verkörperung des Unternehmens durch ein Wildtier nicht auf so viel Zustimmung zu stoßen, wie EAS sich dies gewünscht hätte. Doch anstatt die Idee dieser Darstellung infrage zu stellen, war der Frust über das Unverständnis der afrikanischen Rezipienten deut­lich spürbar. „[A]lthough the lion is clearly labelled U. A. C., 20% could not say what the lion represents. 80% were agreed that the lion is a very bad animal to use but there was no general agreement on an alternative. The most popular suggestion was a human figure in the form of an old man, a young man or a schoolmaster. Other suggestions included a horse, sheep, pigeon, hare, spider, tortoise, elephant, antelope and unicorn.“ 217

EAS entschied, ohne den „visual impact“ 218 des Löwen sei diese Werbeform unzu-

reichend. Offensicht­lich hingen die Werbefachleute so sehr an ihren eigenen Vorstellungen darüber, was die Aufmerksamkeit eines Afrikaners auf sich ziehen würde, dass sie nicht bereit waren, sich auf alternative Vorschläge einzulassen. Ein Cartoon mit dem Titel „Joseph’s Holiday Adventure“ diente zum Testen des Werbeformats der Bildgeschichte. Der Comic bestand aus fünf Bildreihen, welche an jedem Wochentag als Folgegeschichte in den ghanaischen Zeitungen erscheinen sollten. Er erzählte die Geschichte von Joseph, einem jungen Mann, der seinen Onkel besuchen durfte und dabei zufällig verstecktes Diebesgut fand, das er mitnahm, um es der Polizei zu überreichen. Der beiden Diebe, welche ihm nach seinem Fund auflauerten und angriffen, erwehrte er sich im Alleingang. EAS band in die Geschichte immer wieder die Botschaft ein, dass Afrikaner bei der UAC gute Arbeitsplätze mit exzellenten Karriereaussichten bekämen, etwa wenn der Onkel Joseph direkt nach dem Überfall der Diebe erklärte: „If you have ability you will make progress with the U. A. C. Today they have 4 times as many African managers as they had 15 years ago.“ 219 Außerdem beinhaltete der Cartoon ­Schleichwerbung für populäre Markenprodukte. 215 Company Goodwill Advertising, Statistics (Appendix), UARM UAC/1/11/18/2/18. 216 Ebd., S. 4. 217 Ebd. 218 Ebd. 219 Joseph’s Holiday Adventure, Streifen Nr. 5 (Freitag), UARM UAC/1/11/18/2/18.

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Abbildung 4.16: Joseph’s Holiday Adventure, Streifen Nr. 1 (Montag)

Im zweiten Bild des Montags-Streifens fuhr Joseph etwa „on his new Raleigh bicycle“ los, und im dritten verzehrte er „Exeter Beef Sandwiches“ (Abbildung 4.16).220 Diese Comic-Serie genoss mit 84 Prozent Zustimmung die größte Beliebtheit unter den Studienteilnehmern und hatte mit 65 Prozent den höchsten Verständnisgrad.221 Die Auswertung für die Gold Coast fiel noch positiver aus: Fast 90 Prozent der Teilnehmer fanden die Werbung ansprechend und etwa 80 Prozent verstanden die Aussage.222 Aufgrund dieser Zahlen empfahl EAS in dem Bericht den Fort­ setzungs-Cartoon als die beste Werbeform.223 Nach ihrer Meinung zu der Nennung von Markenprodukten in dem Comic gefragt, stimmten insgesamt 77 Prozent der Studienteilnehmer dafür; in der Gold Coast lag der Zustimmungsgrad sogar bei 91 Prozent.224 Dies verweist auf ein deut­lich ausgeprägtes Markenbewusstsein und auf eine positive Konnotation der Nennung der Produkte, was durchaus einen Erfolgsindikator für die Werbung von EAS darstellt. Der anonyme Verfasser des Berichts kommentierte diese hohe Zustimmungsrate unter den afrikanischen Teilnehmern der Studie: „With them, familiarity breeds consent!“ 225 So wurde ein eigent­lich wünschenswertes und zentrales Ziel von 220 221 222 223 224 225

Ebd., Streifen Nr. 1 (Montag). Company Goodwill Advertising, S. 4, UARM UAC/1/11/18/2/18. Ebd., Statistics (Appendix). Ebd., S. 4. Ebd., S. 3 und Statistics (Appendix). Ebd., S. 4.

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Marken­werbung – dass das Produkt bekannt ist und mit positiven Eigenschaften verbunden wird – in der Wahrnehmung der europäischen Werbeexperten zu einer spezifisch afrikanischen Eigenschaft, die sie in abwertender Rhetorik beschrieben. Es erscheint paradox, dass dieselben Werbefachleute, welche den Bekanntheitsgrad dieser Produkte steigern wollten, solche Zahlen nicht als Erfolg, sondern als ein seltsames Verhalten des afrikanischen ‚Anderen‘ interpretierten. Einer ähn­lichen Logik folgten die zusammenfassenden Kommentare des Berichts über die Wirkung der Werbung auf ‚den Afrikaner‘: „Understanding: Simplicity Essential. (…) [I]t seems from the replies that the average African mind is no more able to follow a verbal argument than to bridge a mental gap. Innuendo, abstractions and oblique approaches are either wasted, or, what is far worse, completely misinterpreted. The African may not know what he likes, but he likes what he knows – and he likes it simple and direct. Although to the English mind the advertisements under review appear simple, in fact the evidence shows that, in varying degrees, they are too abstract and complicated for the African and do not succeed in making their point clearly.”226

Anstatt Überlegungen zur Verbreitung von Lese- und Schreibfähigkeit unter den Testpersonen anzustellen oder die Kommunikationsschwierigkeiten auf die Qualität der Werbung zurückzuführen und selbstreflektierend zu fragen, ob die Illustrationen und Anzeigenentwürfe einem breiten Publikum, welches nicht mit den Belangen des Unternehmens vertraut war, verständ­lich sein konnten, führte EAS Verständigungsschwierigkeiten auf eine spezifische Beschaffenheit des „African mind“ zurück. Dieser sei nicht fähig, Abstraktionen und Anspielungen zu e­ rkennen und könne nur mit einfachen, aus der direkten Erfahrung nachvollziehbaren Botschaften angesprochen werden. Die Beanstandungen, die von afrikanischer Seite an den politischen Inhalten der Werbebotschaften geäußert wurden und die durchaus von einem guten Verständnis der Werbebilder zeugten, nahm EAS nicht als berechtigte Kritik war, sondern schrieb sie dem Zynismus und der Sensibilität ‚des Afrikaners‘ zu, der nicht zu Abstraktionen von konkreten Erfahrungen fähig sei: „Critical Faculties of the African. (…) [W]hen the penny does drop, the African is shrewd within the limits of his own understanding. He is a severe critic of a stylised Pawpaw tree; of a lion with the power of speech; of an African tackling a thief single-handed; such things simply do not coincide with the facts of his experience. He can be very cynical, in a penetrating way. ‚U. A. C. taking the lion’s share again‘. ‚U. A. C. feeding on Africa.‘ ‚U. A. C. taking all

226 Ebd., S. 2.

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the credit for Africa’s progress‘. He is sensitive, being resentful if he thinks he is being ‚talked down to‘, or painted blacker than he really is, or made to feel dependent on the whiteman.“ 227

Anstatt also wahrzunehmen, dass die Teilnehmer die Werbebotschaften zwar verstanden, aber ihnen nicht glaubten oder nicht mit ihnen übereinstimmten, wurde Afrikanern mangelnde Kritikfähigkeit unterstellt und die geäußerte Kritik auf ein unbestimmtes und unbewusstes Gefühl reduziert. „The Nature of Criticism. It seems unlikely that the average African is able to focus his thoughts into a stream of well-directed criticism, of the form ‚U. A. C. is not ploughing back enough profits‘. It may well be, however, that he has a feeling at the back of his mind (implanted by ‚smear‘ campaigns?) which, if he could express it, might take this form for example: ‚These people come over here, cut down our trees and sell them, making big profits for rich whitemen [sic]. I do not like them.‘“ 228

Die Annahme einer besonderen Beschaffenheit des ‚African mind‘ spielte auch in den zeitgenös­sischen Theorien der Ethnopsychiatrie eine bedeutende Rolle. Diese Disziplin war im späten 19. Jahrhundert entstanden und entwarf Pathologien von außereuropäischen sozialen Gruppen, wobei sie von europäischen Normen als Maßstab für ‚gesundes‘ Verhalten ausging.229 Ein bedeutender Vertreter war der Berater der Weltgesundheitsorganisation und britische Psychiater J. C. ­Carothers mit seinen Theorien zur besonderen Beschaffenheit des „African mind“.230 Er vertrat die Theorie, dass die ‚afrikanische Psyche‘ nicht in einen bewussten und einen unbewussten Teil unterteilt werden könne und somit das Gehirn ganz von Gefühlen kontrolliert werde, was im Vergleich mit Europäern zu regressiven, kind­lichen Verhaltensmustern führe. Dies führte er auf eine mangelnde Tätigkeit der Stirnlappen des ‚afrikanischen Gehirns‘ zurück („frontal idleness“).231 Die Arbeiten dieser Disziplin spielten eine bedeutende Rolle in der britischen Kolonialpolitik der 1950er Jahre. So verfasste beispielsweise Carothers auf Anfrage des britischen Gouverneurs von Kenia, Evelyn Baring, eine Schrift zu den angeb­lich psychopatho­lo­gischen Ursachen des Mau-Mau-Aufstandes im Jahr 1952. Diese Schrift erschien 1954 unter dem Titel „The Psychology of Mau Mau“ in Nairobi und diente der britischen Regierung als Legitimationsgrundlage für das ‚Rehabilitationsprogramm‘ zur Aufstandsbekämpfung, das darauf basierte, 227 228 229 230

Ebd., S. 3. Ebd., S. 5. McCulloch, Jock: Colonial Psychiatry and ‚the African Mind‘, Cambridge 1995. Carothers, John C.: The African Mind in Health and Disease. A Study in E ­ thnopsychiatry, Genf 1953. 231 Ebd., S. 161.

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alle Kritik am Kolonialsystem auf psychische Probleme der Aufständischen zurückzuführen und diese davon ‚heilen‘ zu müssen.232 Die Art und Weise, wie die Werbefachleute bei EAS die Reaktionen der afrikanischen Rezipienten interpretierten, ähnelt in mehrfacher Hinsicht dieser zeitgenös­ sisch weit verbreiteten Theorie und es stellt daher eine naheliegende Schlussfolgerung dar, dass auch die Werbeexperten der Agentur von den Theorien der Ethnopsychiatrie in ihrer Arbeit beeinflusst waren. Die Werber sahen erstens, ähn­lich wie Vertreter der Ethnopsychiatrie, eine spezifische Beschaffenheit der ‚afrikanischen Psyche‘, die sich von der ‚britischen Psyche‘ grundlegend unterscheide, als gegeben an. Sie unterstellten zweitens, dass Afrikaner daher nicht zur Wahr­nehmung komplexer Prozesse und Darstellungen fähig seien und ledig­lich Tat­sachen verarbeiten könnten, die ihrer unmittelbaren Wahrnehmung entsprächen. Drittens sahen sie die Lösung des so konstruierten Problems darin, den Afrikanern eine ‚korrekte‘ Wahrnehmung der Wirk­lichkeit beizubringen. Um der Kritik zu begegnen empfahl EAS daher, man müsse Afrikanern ökonomische Vorgänge ‚erklären‘. Die Agentur empfahl dem Unternehmen eine Kampagne mit „Educational Advertising“ in Form von täg­lichen Fortsetzungscomics, „not primarily to entertain the African but also to educate him. He is eager to learn“.233 Die Comic-Figur Joseph sollte als „typical U. A. C. employee“ die verschiedenen Bereiche des Unternehmens besuchen und erklärt bekommen: „Let him slowly spread the knowledge that is itself the most potent destroyer of ill-founded, ignorant and ill-natured criticism“, empfahl EAS. „By this means we should be stressing the important and vital part that West Africans are playing in the economic development of their country, and directing the spotlight more on their own contribution“, fuhr der Bericht fort. „A campaign of this nature would not make a tremendous impact overnight, but its cumulative effect over the months and years must surely be very powerful.“ 234 Die UAC griff die Empfehlung von EAS größtenteils auf. Sie übernahm in der ein Jahr später veröffent­lichten Imagekampagne die Empfehlung, die Comic-­ Werbung mit Joseph als zentraler Figur zu schalten. Sie blieb bei einer sehr ähn­lichen Variante wie die Testversion, legte also den Schwerpunkt auf eine unterhaltende Abenteuergeschichte. In die Geschichte eingeflochten waren – im gleichen Stil wie in der Testversion – verschiedene Werbebotschaften zur Imagepolitik, ­welche der gängigen Kritik an der UAC begegneten. Themen waren etwa der Aufstieg von afrikanischen Angestellten in den Managementbereich, die Politik der UAC

232 McCulloch, Colonial Psychiatry, S. 64 – 76. 233 Company Goodwill Advertising, S. 6, UARM UAC/1/11/18/2/18. 234 Ebd.

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gegenüber afrikanischen Händlern und der Vorwurf, das Land mit der Ausfuhr von Profiten auszubeuten.235 Die Imagebotschaft wurde so kurz und einfach wie mög­lich gehalten. Sie war – vermut­lich aufgrund der Empfehlung des Berichts, die Botschaft ‚einfach und direkt‘ zu gestalten – im Vergleich zu der Testversion sogar noch mehr auf persön­liche Erfahrung der Protagonisten bezogen, wie etwa in diesem Dialog: „U. A. C.? My friend says they don’t give good jobs to Africans! – That’s not true! I’ve got a good job, I’ll soon be a manager! Four times as many of us are managers as when you were born fifteen months before the war.“ 236 Im fertigen Cartoon war die Idee der Schleichwerbung etwa für Raleigh Fahrräder und Exeter Corned Beef allerdings nicht umgesetzt.237 Dies mutet angesichts der hohen Zustimmungsraten der afrikanischen Testpersonen seltsam an und die Gründe hierfür müssen letzt­lich ungeklärt bleiben. Es mag sein, dass sich keine Unternehmen fanden, welche bereit gewesen wären, für eine solche Form der Werbung Geld auszugeben. Der Fortsetzungscartoon lief entsprechend der Empfehlung von EAS ab 1956 über mehrere Jahre mit einigen hundert Bildern. Im Mai 1958 veranstaltete die UAC sogar einen Wettbewerb, in dem der Hauptpreis ein Raleigh Fahrrad war und die ‚Tatsachen‘ über die UAC bestimmten Cartoon-Bildern aus der Serie zugeordnet werden mussten.238 So ging EAS trotz all der Abwertung der Kritik von afrikanischen R ­ ezipienten durchaus auf einen Teil der geäußerten Inhalte ein, indem sie die Werbeform herausgriff, die am meisten Zustimmung erhalten hatte und darin der geäußerten Kritik in der Image-Kampagne zu begegnen suchte. Die Gründe dafür sind gewiss nicht in einer liberaleren Einstellung der Werbefachleute zu sehen, sondern darin, dass sie für effektive Werbung darauf angewiesen waren, von den Rezipienten verstanden zu werden. Nicht liberale Einsichten, sondern die politischen Entwicklungen und die wachsende antikoloniale Bewegung der Nachkriegszeit brachten EAS und die UAC dazu, erstmals die von ihnen gestaltete Werbung von einem afrikanischen Publikum evaluieren zu lassen. Diese ersten direkten Kommuni­kationsversuche der Agentur mit den Bildrezipienten waren von einer abwertenden und rassis­ tischen Rhetorik der Werbefachleute konterkariert. Dies sollte sich erst nach der Un­­abhängigkeit der westafrikanischen Kolonien ändern.

235 ‚Joseph‘ UAC Recruitment Cartoons, 1956, UARM UAC/1/11/18/2/15. 236 Ebd., Bild 18 und 19. 237 Ebd., Bild 2 und 3. 238 Joseph Invites You to Enter this Grand Competition, Imagewerbung der UAC, o. J. [Mai 1958], UARM UAC/1/11/20/8.

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Wahrnehmung und Sichtbarkeit der Werbung

Indem die Umfrage auch Kritik an den Inhalten der Werbung von afrikanischer Seite zum Ausdruck brachte, stellt sie eine der wenigen Quellen dar, mit deren Hilfe die Sicht der Rezipienten der Werbung nachvollzogen werden kann. Wie bereits erörtert, beurteilten die Testteilnehmer die Botschaften der Imagewerbung durchaus negativ. Die Inferiorisierung und Abwertung von afrikanischen Gesellschaften und den wirtschaft­lichen Strukturen auf dem Kontinent stießen dabei auf besondere Kritik. Auch von der positiven Rolle für die afrikanische Wirtschaft, die sich die UAC selbst auf ihrer Imagewerbung zusprach, waren viele Teilnehmer nicht überzeugt. Diese Antworten zeigen, dass die UAC, auch wenn sie bereits ein halbes Jahrzehnt lang PR-Kampagnen in der westafrikanischen Presse schaltete, noch immer mit massiver und sehr grundlegender Kritik konfrontiert war. Man kann hier vorsichtig schlussfolgern, dass der unter Eliten tragfähige Konsens der Entwicklungspolitik sich offensicht­lich nicht mit dem gleichen Erfolg auf die breite Basis der nationalistischen Bewegung übertragen ließ. Von den ausgefüllten Originalfragebögen, auf deren Auswertung der oben vorgestellte Bericht basierte, ist durch Zufall ein einziger Bogen erhalten. Leider ist es nicht mög­lich, ihn mit Sicherheit einem bestimmten Territorium zuzuordnen, doch aus den Notizen des Vorsitzenden des Testkomitees lässt sich schließen, dass dieser Bogen im süd­lichen Nigeria, vermut­lich in Lagos, ausgefüllt wurde. Das Komitee bestand aus 18 Teilnehmern. Von diesen hatten acht Personen bereits UAC-Werbung in den Zeitungen gesehen und nur vier konnten sich an den Inhalt der Werbung erinnern. Sie entsannen sich an Anzeigen für folgende Produkte: Raleigh Fahrräder, „Improvement in Lagos Kingsway (Self-Service)“, „Motor Tyres – UAC Motor“ und „UAC-Technical (Caterpillar)“.239 Von den acht Personen, die Werbung ge­­sehen hatten, fanden sechs, dass die Werbebotschaften klar ausgedrückt und allgemein verständ­lich waren. Sieben Personen des gesamten Komitees hatten bereits einmal Gespräche anderer Menschen über die Inhalte von UAC-Werbebotschaften miterlebt.240 Im Verhältnis gaben also 44 Prozent der Testpersonen an, Werbung der UAC gesehen zu haben, 22 Prozent konnten sich an die Botschaften erinnern, und 38 Prozent wussten von den Anzeigen aus Unterhaltungen mit Freunden oder Kollegen. Diese Zahlen sprechen für eine hohe Sichtbarkeit und gesellschaft­liche Präsenz der Werbung der UAC. Der Vorsitzende hielt als Notizen über die Diskussion fest: „Some members put forward that the advertisements were meant to sell goods which were of poor quality

239 Possible Lead-in for Chairman, Fragebogen, S. 3, UARM UAC/1/11/20/5. 240 Ebd.

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to make more profit.“ 241 Die Studienteilnehmer unterzogen die Konsumgüter­werbung der UAC einer ähn­lichen Kritik, wie sie sie auch gegenüber der Imagewerbung äußerten. Sie sahen sie als einen Propagandaversuch, in dem das Unternehmen der afrikanischen Öffent­lichkeit falsche Informationen zu verkaufen suchte, die zum Nutzen des Unternehmens und zum Schaden der afrikanischen Bevölkerung waren. Doch nicht nur die geäußerte Kritik verweist auf die Sichtbarkeit kommerzieller Werbung, sondern auch die Tatsache, dass sich die beworbenen Produkte, wie etwa Raleigh Fahrräder, tatsäch­lich als Markengüter mit hohem Prestigewert in der ghanaischen Gesellschaft etablierten. Auch die hohe Zustimmungsrate, die die Schleichwerbung im Joseph-Cartoon unter den Testteilnehmern fand, weist in diese Richtung. Beides sind daher weitere Hinweise darauf, dass kommerzielle Werbung in der westafrikanischen Öffent­lichkeit durchaus präsent war. 1959/60 führte die UAC erstmals eine Studie in Ghana durch, in der sie die Verbreitung und Sichtbarkeit der verschiedenen Werbemedien in der Bevöl­kerung untersuchte.242 Dies ist ein weiterer Verweis darauf, dass die UAC sich immer w ­ eniger auf die Einschätzung ihrer Werbeexperten verließ und es in dem Unternehmen immer wichtiger wurde, die Ansicht der afrikanischen Rezipienten und Kon­ sumenten mit gängigen zeitgenös­sischen Praktiken der Werbewirkungsforschung zu erfassen.243 Die Untersuchung bietet zudem einen hervorragenden Einblick in die Sichtbarkeit der verschiedenen Werbeformen unter afrikanischen Konsumenten. Zunächst wurden die Umfrageteilnehmer nach ihrer Schreib- und Lesefähigkeit gefragt. Demnach konnten in den Städten etwa zwei Drittel der Männer Eng­lisch sprechen und Eng­lisch und eine lokale Sprache lesen. Bei den Frauen konnte dies nur etwa ein Drittel. Auf dem Land waren die Zahlen deut­lich niedriger: Etwa die Hälfte der Männer sprach und las Eng­lisch und las in einer lokalen Sprache. Bei den Frauen konnte sogar nur etwa jede zehnte Eng­lisch sprechen und lesen, während jede fünfte in einer lokalen Sprache lesen konnte.244

241 Ebd. 242 Die Untersuchung ist Teil einer Fallstudie zur Gründung der Kumasi Brewery Limited in Ghana 1959, die die UAC 1964 auf einer Fortbildung für Manager präsentierte. Sie ist nicht datiert, aber die anderen erhobenen Daten der Fallstudie stammen alle aus den Jahren 1959 und 1960, sodass davon auszugehen ist, dass diese Zahlen ebenfalls in dieser Zeit erhoben wurden. Zu der Studie und zur Geschichte der Kumasi Brewery Limited siehe auch Abschnitt 6 in Kapitel V. 243 Es muss unklar bleiben, wo genau in Ghana diese Erhebung durchgeführt wurde. Die Angaben beziehen sich auf die gesamte Nation. 244 Le lancement de la bière Star au Ghana. Étude de cas présentée à la 6e session de perfectionnement des cadres, 20. Mai 1964, Annexe XI: Étude sur les média, Ghana, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7.

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Die Frage, ob sie gestern eine Tageszeitung gelesen hätten, bejahten durchschnitt­ lich zwei Drittel der männ­lichen Stadtbewohner. Bei den städtischen Alphabeten antworteten 83 Prozent mit ‚Ja‘ und immerhin fünf Prozent der Analphabeten. Bei Männern aus länd­lichen Regionen lagen die Zahlen etwa bei der Hälfte. Entsprechend der höheren Analphabetenrate lasen deut­lich weniger Frauen Zeitung, näm­lich in städtischen Regionen insgesamt nur jede fünfte. Jedoch gaben fast 70 Prozent der Alphabetinnen an, regelmäßig eine Tageszeitung zu lesen. Auf dem Land lasen insgesamt nur sieben Prozent der Frauen die Zeitung. Im Ganzen war also unter lese- und schreibfähigen Frauen der Anteil der Zeitungsleser fast ebenso hoch wie bei Männern. Insgesamt war er aber deut­lich niedriger und die Diskrepanz war auf dem Land noch größer als in der Stadt. Dennoch muss hier betont werden, dass die Zeitungen und somit auch die Printwerbung im alphabetisierten Teil der Bevölkerung weit verbreitet und sehr sichtbar waren.245 Auch das Kino war ein weit verbreitetes Vergnügen, vor allem in den Städten. Dort besuchte durchschnitt­lich jeder dritte Mann mindestens einmal pro Woche das Lichtspielhaus, bei den unter Dreißigjährigen tat dies sogar fast jeder Zweite. Auch dieses Medium war vornehm­lich von Männern genutzt: Nur jede fünfte Stadtbewohnerin gab an, das Kino wöchent­lich oder öfter zu besuchen. Für die Landbevölkerung allerdings war der Besuch des Filmtheaters kaum Bestandteil des Alltags, nur fünf Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen statteten ihm regelmäßige Besuche ab.246 Werbung auf Plakatwänden hatte der große Teil der Befragten schon einmal ­ge­­se­hen: etwa drei Viertel der Männer und zwei Drittel der Frauen in der Stadt. Bei den Schreib- und Lesefähigen lag die Zahl sogar bei über 80 Prozent. Auf dem Land ­hatten etwa die Hälfte der Frauen und Männer bereits Plakatwände ge­­sehen und unter den Alphabeten auf dem Land entsannen sich ebenfalls 80 Prozent ­dieser Werbeform. Insgesamt war Werbung in der Stadt also sichtbarer und wurde häufiger von Männern als von Frauen gesehen. Unter schreib- und lesefähigen Menschen sank diese Differenz allerdings deut­lich, vor allem in der Stadt. Auch kamen städtische Bewohner deut­lich häufiger in Kontakt mit der Werbung. Ein urbaner, schreibund lesefähiger Mann war statistisch der häufigste Betrachter von Werbung. Diese Faktoren wirkten für Zeitungswerbung besonders stark, für Kinowerbung war vor allem der Wohnort wichtig, während bei Plakatwerbung die Bedeutung sowohl des Wohnorts als auch des Geschlechts tendenziell abnahm. Nachdem im vorangegangenen Teil bereits die Werbung auf Plakaten und in Kinos untersucht wurde, soll nun der Printwerbung nach 1945 besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

245 Ebd. 246 Ebd.

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5. Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre Urbane Leserschaften, politische Bewegungen und neue Printmedien

Der sozioökonomische Wandel der Kriegs- und Nachkriegszeit sowie die Veränderungen im politischen Klima zeigten sich besonders in den Städten, wo sich auch der Großteil der Leserschaften der Zeitungen konzentrierte. Die urbanen Zentren in Afrika und so auch in Ghana wuchsen hauptsäch­lich aufgrund von Binnenmigration mit rasanter Geschwindigkeit.247 Zwischen 1939 und 1947 hatte sich die gesamte Bevölkerungszahl in den großen Städten der Gold Coast – Accra, Kumasi, Sekondi-Takoradi und Cape Coast – um mehr als 100 Prozent erhöht.248 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößerten sich die urbanen Zentren. Hatten 1948 noch 8,5 Prozent der Bevölkerung in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern gelebt, so taten dies 1960 bereits 11,6 Prozent, während sich die Gesamtbevölkerung gleichzeitig mehr als verdoppelte.249 In der Hauptstadt Accra wuchs in diesem Zeitraum die Bevölkerung von etwa 133.000 auf 338.000 Bewohner.250 Gleichzeitig stieg im Zuge wirtschaft­licher Expansion und des Ausbaus der kolonialen Verwaltungsstrukturen die Zahl der afrikanischen Arbeiter deut­lich an. Diese lebten überwiegend in den Städten.251 Ebenso expandierte das Bildungswesen und brachte eine deut­lich steigende Zahl von Schulabgängern hervor, was zu einem enormen Anstieg der Leserschaft der Zeitungen führte. Zwischen 1945 und 1950 verdoppelte sich die Schülerzahl nahezu von rund 143.000 auf 281.000 Schüler.252 Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Schuleinrichtungen von 2.635 auf 6.162.253 Der Anstieg der Schulbildung zeigte sich besonders in den Verwaltungsregionen Gold Coast Colony und Ashanti, wo 1950 rund acht Prozent der Gesamtbevölkerung Bildungseinrichtungen besuchten; ein deut­lich höherer Anteil als in den Northern Territories, wo dies nur ein halbes Prozent tat.254 Damit sank

247 Eckert, Andreas: Urbanization in Colonial and Postcolonial West Africa, in: ­Emmanuel Akyeampong (Hg.): Themes in West Africa’s History, Athens/Oxford/Accra 2006, S.  208 – 223. 248 Cooper, Frederick: Africa since 1940. The Past of the Present, Cambridge 2002, S. 50. 249 Hurd, G. E./Johnsson, T. J.: Education and Social Mobility in Ghana, in: Sociology of Education 40 (1967) 1, S. 55 – 79, hier S. 66 f. 250 Plageman, Urban Infrastructure, S. 139. 251 Hopkins, An Economic History, S. 242. 252 Foster, Education and Social Change, S. 113. 253 Ebd., S. 115. 254 Ebd., S. 117.

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also die Analphabetenrate deut­lich. 1960 waren bereits 36 Prozent der männ­lichen Ghanaer lese- und schreibkundig.255 Analphabetismus blieb unter Frauen allerdings wesent­lich stärker verbreitet als unter Männern: Die Zahlen für 1970 geben eine Lese- und Schreibfähigkeit von 43 Prozent für Männer an, während der Anteil bei den Frauen nur bei 17 Prozent lag.256 Diese große Zahl vornehm­lich junger und männ­licher Schulabgänger suchten auf der Suche nach einer ihrer Ausbildung entsprechenden Anstellung zumeist die Städte auf, sodass die städtische Bildungsschicht stark wuchs. 1948 lag ihr Anteil in Accra bei rund 18 Prozent und in Cape Coast sogar bei fast 25 Prozent, während sie nur etwa vier Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten.257 1960 lebte die Hälfte der Schüler an weiterführenden Schulen in Städten mit über 20.000 Einwohnern.258 In den Städten waren die Lebenshaltungskosten deut­lich höher als auf dem Land. Eine Minderheit von Afrikanern mit höherer Bildung fand hier gut ­bezahltes Auskommen, aber bei dem deut­lich überwiegenden Anteil der gelernten und ungelernten Arbeiter und Angestellten reichte der Lohn gerade für Essen und Unterkunft.259 Dennoch hatten die Städte eine große Anziehungskraft als Orte, die beruf­lichen Aufstieg und Teilhabe an gesellschaft­lichem Reichtum verhießen. Diese Wunschvorstellung verkörperte, wie Hopkins schreibt, vor allem der erfolgreiche Angestellte, dem der Aufstieg in den Managementbereich oder in die h ­ öheren Verwaltungsebenen gelungen war: „Towns were regarded as places where advancement was possible, and African immigrants were no more deterred by the existence of widespread unemployment than was that famous English migrant, Dick Whittington, when he set out to make his fortune in London in the fourteenth century. The ‚aristocratic‘ urban employee was important as an ideal rather than as a reality.“ 260

Die soziale Zusammensetzung der städtischen Bildungsschicht verschob sich durch diese Prozesse: Sie vergrößerte sich, aber gleichzeitig war relativ gesehen ein immer kleinerer Anteil ihrer Mitglieder wohlhabend oder sogar reich. Zudem war der Alters­ durchschnitt relativ niedrig, was sowohl auf das Bevölkerungswachstum als auch auf die Vergrößerung des Bildungssystems zurückzuführen ist. Für diese Gruppe 255 Hurd/Johnsson, Education and Social Mobility, S. 66. 256 Cooper, Africa since 1940, S. 114. 257 So kalkuliert Foster die Anzahl der Personen mit mindestens sechs Jahren Schulbildung (Standard III und höher). Foster, Education and Social Change, S. 118. 258 Hurd/Johnsson, Education and Social Mobility, S. 67. 259 Hopkins, An Economic History, S. 241 f. 260 Ebd., S. 243.

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war der Konsum von Importwaren ein anhaltend wichtiger Ausdruck von sozialem Status. Mit dem rasanten Anwachsen der städtischen Mittelschichten war der Zugang zu den gemeinsamen sozialen Räumen und der Ausdruck von Zugehörigkeit zur Bildungsschicht zunehmend an den Zugang zu Geld und immer weniger an die soziale Inklusion in einen kleinen, erlesenen Zirkel gekoppelt. Vor allem in den 1950er Jahren waren im Zuge des wirtschaft­lichen Aufschwungs immer mehr Menschen in der Lage, sich neben Essen und Unterkunft auch noch andere materielle Wünsche zu erfüllen und importierte Waren zu konsumieren. So verbreitete sich der Kauf und Gebrauch der eingeführten Güter immer mehr und mit ihnen ihre kulturelle Bedeutung.261 Der Konsum importierter Güter wurde so zu einem wichtigen Teil einer ur­­ banen Populärkultur, die sich in den Ballungszentren vor allem unter den j­ üngeren Stadtbewohnern entwickelte. Er wurde zum Ausdruck eines urbanen Lebens­ entwurfes, etwa dann, wenn junge Männer gemeinsam Bier tranken und die Menge der Bierflaschen auf dem Tisch ihr materielles Wohlergehen verdeut­lichen sollte. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Großteil dieser sozialen Gruppe kein Leben im Wohlstand führte, sondern manch einer mit Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit konfrontiert war und es am Nötigsten mangelte. Damit lebten diese Schulabgänger in gänz­lich anderen Lebensrealitäten, als dies für die Bildungselite des Landes galt.262 Moderne und Modernität waren, wie bereits in den 1930er Jahren, ein wichtiger Referenzpunkt dieser städtischen Populärkultur. Konsum von eingeführten Gütern diente immer breiteren Schichten dazu, Moderne als Lebensgefühl und Subjektzustand auszudrücken. Auch in anderen Bereichen der Populärkultur spielte der Bezug auf Moderne eine wichtige Rolle, wie etwa im Populärtheater, in dem die Protagonisten sich selbst als besonders modern und zivilisiert beschrieben.263 Doch auch wenn die europäische Moderne sowie Kultur und Lebensstil der ­reichen städtischen Elite wichtige Bezugspunkte darstellten, war das, was die Akteure unter Moderne verstanden, sehr divers und beinhaltete durchaus auch die bewusste Inkorporierung lokaler Sprachen, lokaler Musik, lokaler Kleidermode

261 Diese Prozesse waren bereits in der Zwischenkriegszeit angelegt. Prais, Jinny: ‚When Night Falls in Accra‘. Nightclubs, Dancehalls and the Struggle to Define a New Modernity in 1930’s Accra, Vortrag am 27. November 2010 auf der Tagung „Elite Formation, Consumption and Urban Spaces – Cultural Perspectives on African Decolonization“ an der Humboldt-Universität zu Berlin; Akyeampong, Drink, Power, and Cultural Change, S. 101 ff.; van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 199. 262 Ebd.; Akyeampong, Drink, Power, and Cultural Change, S. 117 – 138; Pinther, Die geträumte Stadt, S. 108. 263 Cole, Popular Theatre and the Social Imaginary.

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und Ästhe­tikempfinden. Dies galt auch für den Konsum der importierten Waren.264 Auch im politischen Diskurs war Moderne als Begriff von großer Bedeutung, und diente als claim-making device sowie als Versprechen politischer Unabhängigkeit, wirtschaft­lichen Aufschwungs, Industrialisierung und des Aufbaus öffent­licher Infrastruktur.265 Die Accra Riots von 1948 machten einen weiteren Umbruch in der ghanaischen Gesellschaft deut­lich, indem sie die Politisierung der Schicht der städtischen Schulabgänger zum Ausdruck brachten. Dies war für die gebildete Elite, für die in der indirect rule eingebundenen Chiefs sowie für die kolonialen Autoritäten eine aus unterschied­lichen Gründen durchaus unangenehme Überraschung. Gerald Creasy, der Gouverneur der Gold Coast, sah in den führenden Politikern der United Gold Coast Convention (UGCC), zu denen auch der Vorsitzende Kwame Nkrumah gehörte, der später der erste Premierminister der Nation werden sollte, die Hauptschuldigen und ordnete ihre Verhaftung an, entließ sie aber bereits nach einigen Wochen wieder. Die UGCC war 1947 aus den Reihen gebildeter Afrikaner gegründet worden. Sie trat für die Unabhängigkeit „in the shortest possible time“ ein und forderte, die Macht der Chiefs zugunsten der Bildungselite einzuschränken.266 Gleichzeitig leitete die britische Kolonialmacht politische Reformen ein, die letzt­lich in die politische Unabhängigkeit münden sollten, und kündigte Wahlen für das Jahr 1951 an. In dieser Situation nutzte Nkrumah die politische Aufmerksamkeit, die ihm durch seine Verhaftung zuteilgeworden war, und brach mit der UGCC , indem er eine neue Partei mit dem Namen Convention People’s Party (CPP) gründete. Diese setzte auf die Schicht der Grundschul-Abgänger in den Städten als politische Basis und trat mit deut­lich radikaleren Forderungen als die UGCC auf. „Self-government now“ wurde der neue Slogan der Partei, die mit „positive action“ gleichzeitig zu Streiks, Demonstrationen und zivilem Ungehorsam aufrief.267 Nkrumah versprach 1949, dass die CPP, einmal an der Regierung, das Land „into a paradise in ten years“ verwandeln würde: Er verband also mit dem

264 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 199 f. 265 Cooper, Colonialism in Question, S. 113 – 149. 266 Austin, Politics in Ghana, S. 53. Kwame Nkrumah hatte in der Gold Coast das Achimota-­ College besucht und in den USA sowie im Anschluss daran in G ­ roßbritannien an der London School of Economics studiert, bevor er nach zwölf Jahren wieder in die Gold Coast zurückkehrte, um sich dort aktiv an den politischen Ereignissen zu beteiligen. Vgl. zu seiner Person zwei Titel aus der großen Anzahl von Veröffent­lichungen: Arhin, Kwame (Hg.): The Life and Work of Kwame Nkrumah, Trenten 1993; Davidson, Basil: Black Star. A View of the Life and Times of Kwame Nkrumah, London 1973. 267 Gocking, The History of Ghana, S. 93 ff.

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Erlangen der politischen Macht das Versprechen von Prosperität und Wohlstand, das gerade der Schicht der städtischen Schulabgänger besonders verheißungsvoll erscheinen musste.268 Mit diesem Konzept zwang die Partei die britische Kolonialmacht 1957 erfolgreich zu einem wesent­lich früheren Rückzug, als diese noch in den Verhandlungen nach den Accra Riots erwartet hatte. Nach Wahlen in den Jahren 1951, 1954 und 1956 erhielt das Land am 6. März 1957 die volle politische Souveränität und trat mit Kwame Nkrumah als Premierminister als parlamentarische Demokratie dem Commonwealth of Nations bei.269 Die CPP setzte sich dabei auch gegen konkurrierende politische Gruppen in Ghana durch: Gegen die gemäßigten Kräfte der Bildungselite, gegen die Chiefs und gegen weitere politische Parteien wie die Natio­ nal Liberation Movement (NLM) der Ashantiregion und die Northern ­People’s Party (NPP).270 Nach dieser Skizze der politischen Ereignisse und der Kultur der urbanen Leserschaften soll nun die Zeitungslandschaft betrachtet werden. Diese wandelte sich in der Nachkriegszeit und expandierte stark, so wie auch die Leserschaften deut­lich angewachsen waren. Damit stieg auch die Bedeutung der Zeitungswerbung für die Werbeagentur in den 1950er Jahren stark an. Das enge Verhältnis zwischen der Presse und der städtischen Elite löste sich mit dem Entstehen einer jüngeren und radi­kaleren Bewegung, die stärker als zuvor auf einer Massenbasis fußte, tendenziell auf.271 In den späten 1940er Jahren löste eine neu entstandene Massenpresse die alten, an kleinere Leserschaften und Vereinszirkel gebundenen Publikationen ab. Die politischen Parteien gründeten eine Reihe parteinaher Organe. Die CPP rief 1947 die Accra Evening News ins Leben, die später in Ghana Evening News umbenannt wurde, und gründete 1949 den Morning Telegraph sowie die Daily Mail. Die UGCC gab die National Times, die Talking Drums und den Ghana Statesman heraus.272 Der Ashanti Pioneer gehörte zwar nicht der NML, stand ihr aber politisch

268 Ashanti Pioneer, 5. März 1949, zit. nach: Gocking, The History of Ghana, S. 116. 269 Für eine genaue Beschreibung der politischen Ereignisse und Diskussionen vgl. ausführ­ lich: Austin, Politics in Ghana. Einen einführenden Überblick bietet Rathbone, Richard: Introduction, in: Ders. (Hg.): Ghana, Bd. 1, 1941 – 1952 (= British Documents on the End of Empire, hg. von D. J. Murray und S. R. Ashton, Series B, Volume 1), London 1992, S. xxxi–lxxviii. Vgl. ebenso Gocking, The History of Ghana, S. 83 – 112. 270 Rathbone, Richard: Nkrumah and the Chiefs. The Politics of Chieftaincy in Ghana, 1951 – 1960, Accra 2000; Allman, Jean: The Quills of the Porcupine. Asante Nationalism in an Emergent Ghana, Madison 1993. 271 Chick, Cecil King, S. 375. 272 Jones-Quartey, A Summary History, S. 24 f.

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nahe. Die Leserschaft dieser Publikationen war stark an ihre jeweilige politische Orientierung gebunden.273 Sie erreichte nicht mehr nur eine kleine urbane Elite, sondern auch länd­liche Regionen sowie breite städtische Bevölkerungsgruppen. Manche Zeitungen, wie etwa die Evening News, wurden nicht nur in Eng­lisch, sondern auch in verschiedenen lokalen Sprachen herausgegeben.274 Eine weitere grundlegende Veränderung in der Zeitungslandschaft stellte die Etablierung des britischen Medienunternehmens Mirror Group in Westafrika dar. Dieses gehörte dem Briten Cecil King und wurde von ihm geleitet. Das Unter­ nehmen kaufte 1947 die nigerianische West African Newspapers Limited und übernahm damit die Eigentümerschaft über die Daily Times in Lagos und über das Magazin West Africa.275 1949 kaufte er die West African Graphic Company, die sich zuvor zwei Jahre lang erfolglos an der Herausgabe einer Zeitung in der Gold Coast versucht hatte.276 Im Oktober 1950 startete die Tageszeitung Daily Graphic in der Gold Coast, die an sechs Tagen pro Woche erschien. 1953 gründete das Unternehmen eine Sonntagszeitung mit dem Namen Sunday Mirror.277 Die antikoloniale Bewegung sah den Daily Graphic als Teil einer s­ ogenannten white press, die sie als Sprachrohr für die Interessen der britischen Kolonialregierung und europäischer Handelsfirmen betrachtete. Als er in der Gold Coast erschien, gab es Boykottaufrufe gegen ihn.278 Trotz dieser Kritik entwickelte sich der Daily Graphic nicht nur in Ghana, sondern in ganz Westafrika zur auflagenstärksten Tageszeitung 279, „effectively setting standards and dictating the tone of the press in the years leading up to independence.“ 280 Zudem hatte bereits 1947 die Ashanti Goldfields Corporation, eines der einflussreichsten Bergbauunternehmen der Kolonie, eine Wochenzeitung mit dem Namen Ashanti Times gegründet; auch diese Zeitung wurde als Sprachrohr imperialistischer Interessen des europäischen Kapitals kritisiert.281 Die beiden white press Zeitungen waren im Gegensatz zu den parteinahen ­Blättern von Anfang an voller Werbung. Ein Bericht im Advertiser’s Weekly führte

273 274 275 276 277 278 279 280 281

Plageman, Urban Infrastructure, S. 141. Asante, The Press in Ghana, S. 7. Chick, Cecil King, S. 380. 1952 erwarb das Unternehmen auch die Daily Mail in Sierra Leone: Chick, The Ashanti Times, S. 83. Jones-Quartey, A Summary History, S. 27 f. Jones-Quartey nennt als Beginn das Jahr 1954, tatsäch­lich aber existierte die Zeitung seit 1953. Chick, Cecil King, S. 376. Ders., The Ashanti Times, S. 81. Ders., Cecil King, S. 376. Ders., The Ashanti Times, S. 81 f.

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Mitte der 1950er Jahre die relativ geringe Anzahl an Zeitungen und Zeitschriften in Westafrika auch auf die geringen Werbeeinkünfte dieser Blätter zurück.282 Mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit haben die Mirror Group sowie die Ashanti Goldfields Corporation für ausreichend Werbeeinnahmen ihrer Zeitungen Sorge getragen, was zumindest bis 1957 in Zusammenarbeit mit West Africa Publicity organisiert war: Die Werbung in beiden Zeitungen war oft nachweis­lich von WAP hergestellt worden. Der Daily Graphic und der Sunday Mirror waren in den 1950er Jahren daher mit weitem Abstand das wichtigste Organ für Printwerbung. Die Kapitalressourcen der Graphic Corporation gaben dem Daily Graphic beste Startbedingungen – wozu die Werbeeinnahmen gewiss beitrugen. Wie Nate ­Plageman beschreibt, stellte die Zeitung renommierte Journalisten und Redakteure an, hatte Zugang zu internationalen Nachrichtenagenturen und verwendete Linotype-Setzmaschinen – fast alle anderen Zeitungen der Kolonie mussten handgesetzt werden, was sehr zeit- und arbeitsaufwendig war – was ein qualitativ hochwertiges Erscheinungsbild sowie eine hohe Auflagenzahl ermög­lichte. Das Layout der Zeitung setzte auf Farbe, Fotos, große Überschriften und kürzere, leicht lesbare Artikel und machte das Blatt so für ein breites städtisches und länd­liches Publikum attraktiv. Gleichzeitig wurden die etablierten urbanen Leserschaften mit einer Berichterstattung über politische und gesellschaft­liche Ereignisse in der Kolonie angesprochen.283 Damit unterschied sich der Daily Graphic deut­lich von den meisten anderen Zeitungen in der Kolonie, welche sehr lange Artikeln in kleiner Schriftgröße und mit wenig Bildern druckten. Auch wenn diese ebenso über Sport, Kultur und Gesellschaft berichteten, so bereitete der Graphic diese Informationen doch wesent­ lich attraktiver für ein breites Publikum auf und widmete Themen wie Mode und Freizeit ganze Seiten. Seine große Verbreitung in der gesamten Gold Coast und die Diversität seiner Leserschaft hoben ihn von den anderen Zeitungen ab.284 Dies macht ihn zu einer wichtigen Quelle für die Analyse von Printwerbung, aber auch von Konsumverhalten und Konsumdiskursen. Plageman hat jüngst die Verankerung der Zeitung in der Gesellschaft der Gold Coast betont und damit die Wahrnehmung der Zeitung in der Forschung als imperia­listisches Sprachrohr infrage gestellt: Das Blatt durfte sich zwar nicht partei­politisch positionieren, aber die einheimischen Redakteure und Journalisten, welche sich als Teil der elitären urbanen Kultur begriffen, durften mit großer Handlungsfreiheit operieren, welche sie nutzten, um ihre politischen Vorstellungen 282 Progress Has Given Rise to New Media to Aid the Advertiser, in: Advertiser’s Weekly, 7. Juli 1955, S. 49. 283 Plageman, Urban Infrastructure, S. 142 f. 284 Ebd, S. 143.

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von einem unabhängigen Ghana zu verbreiten.285 Die starke Stellung der Graphic Corporation begann langsam zu schwinden, als mit der Unabhängigkeit Ghanas Nkrumah die regierungsfinanzierte Guinea Press Limited und mit ihr ab 1958 die Ghana Times ins Leben rief.286 Dennoch ist der Daily Graphic noch heute eine der führenden Tageszeitungen des Landes. Die Auflagenzahlen der Zeitungen stiegen im Vergleich zu denen der 1930er Jahre deut­lich an. Dabei waren die Publikationen der Mirror Group Spitzenreiter. Der Daily Graphic hatte 1959 eine Auflage von 75.600 Stück täg­lich, die Wochenzeitungen Sunday Mirror zählte 63.000 und der Junior Graphic 18.000 Exemplare. Die Evening News folgte mit einer Auflage von 60.000 Zeitungen täg­lich, während die Ghana Times 30.000 Stück täg­lich herausgab. Die Ashanti Times publizierte 20.000 Exemplare wöchent­lich und der Ashanti Pioneer täg­lich 25.000.287 Die beiden populärsten Magazine waren das Monatsmagazin Drum und die wöchent­lich erscheinende West Africa, die beide eine durchaus unterschied­liche Geschichte und Leserschaft hatten. Das Magazin Drum entstand 1951 im Südafrika der Apartheid als Magazin, welches von Afrikanern für eine afrikanische Leserschaft gemacht wurde. Das Magazin gewann im gesamten subsaharischen Afrika eine enorme Popularität und damit kulturelle Bedeutung.288 In Westafrika wurden Ende 1951 die ersten Ausgaben aus Südafrika verkauft. Bis etwa 1960 wurde weit­gehend einheit­lich die südafrikanische Ausgabe im subsaha­rischen Raum vertrieben, doch später etablierten sich eigenständige Ausgaben in Ghana sowie in Nigeria.289 In den frühen 1960er Jahren wartete das Magazin mit be­­ eindruckenden monat­lichen Auflagenzahlen von 65.000 Stück in Ghana auf, eine bis dahin beispiellose Popularität eines Magazins.290 Das Blatt setzte stark 285 Ebd., S. 145 f.; Vgl. auch seine Überlegungen zu Berichterstattung über städtische Infrastruktur und den Begriff der Nation: Ebd., S. 146 – 159. 286 In der Forschungsliteratur wird der Gründungszeitpunkt der Guinea Press zwischen 1956 und 1958 datiert. Jones-Quartey nennt die Jahre 1956/57: Jones-Quartey, A Summary ­History, S. 27. Asante gibt das Jahr 1958 an: Asante, The Press in Ghana, S. 7. 287 Ebd., S. 34. Die Auflagenzahlen wurden in den 1950er Jahren kaum überprüft und die Angaben erfolgten durch das jeweilige Verlagshaus, weshalb die Richtigkeit der Angaben letzt­lich nicht gewährleistet werden kann. 288 Fleming, Tyler/Falola, Toyin: Africa’s Media Empire. ‚Drum’s‘ Expansion to Nigeria, in: History in Africa 32 (2005), S. 133 – 164, hier S. 133 f. Vgl. zur Geschichte der südafrika­ nischen Drum beispielsweise: Chapman, Michael (Hg.): The Drum Decade. Stories from the 1950s, Pietermaritzburg 2001; Woodson, Dorothy C.: Drum. An Index to ‚Africa’s Leading Magazine‘, 1951 – 1965, Madison 1988. 289 Fleming/Falola, Africa’s Media Empire, S. 139 und S. 146 f. 290 Die nigerianische Ausgabe wurde monat­lich mit 90.000 Exemplaren aufgelegt. Ebd., S.  155 f.

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auf Fotografien und Foto­journalismus, während der Text häufig auf ein Minimum beschränkt war. In einer Region mit einem hohen Anteil an Analphabeten trug dies gewiss zu der Popularität des Magazins bei, sodass es sich einer breiten Leserschaft sicher sein konnte.291 Die Leserschaft der in London von dem Verlag West African Newspapers ­Limited herausgegebenen Zeitschrift West Africa hingegen bestand bis in die 1940er Jahre hauptsäch­lich aus europäischen Händlern, Geschäftsleuten und Kolonial­beamten in Westafrika sowie in Großbritannien. Doch auch afrikanische Mitglieder der Bildungselite, Geschäftsleute und Politiker gehörten zur Leserschaft der Zeitschrift.292 Das Magazin erschien in sehr guter Druckqualität und berichtete über Wirtschaft, Handel und Politik in Westafrika. In den 1950er und 1960er Jahren vergrößerte sich der Kreis der afrikanischen Leser und immer mehr afrikanische Politiker, Intellektuelle und Geschäftsleute lasen das Blatt.293 Insgesamt hatte sich die Zeitungslandschaft in den 1950er Jahren also erheb­lich vergrößert und diversifiziert. Damit einhergehend hatten sich die Kreise der Leser deut­lich ausgeweitet. Weiterhin waren die Zeitungen für ein städtisches Publikum von großer Bedeutung, dienten als Diskussionsorgan für politische, kulturelle und soziale Fragen und spielten eine bedeutende Rolle in der Politisierung der ­städtischen Bildungsschichten. Die Zeitungen zeigten in den 1950er Jahren in jeder Ausgabe eine große Anzahl kommerzieller Anzeigen. Wie sprach diese Printwerbung die Leserschaften der Zeitungen an? Welche Rollenbilder und Identitäten bot sie den Rezipienten zur Identifikation an? Wie bezog sie sich auf die politischen Umbrüche und Diskurse? Für WAP war der Daily Graphic die wichtigste Publikation für Printwerbung.294 Es ist anzunehmen, dass EAS in London ein Abkommen mit der Mirror Group für deren Zeitungen in Ghana, Nigeria und Sierra Leone hatte und es gängige ­Praxis war, Werbekampagnen für europäische Kunden überwiegend und manchmal auch ausschließ­lich in den Publikationen der Mirror Group zu schalten.295 Auch dies unterstreicht die zentrale Bedeutung des Daily Graphic für die Analyse der Printwerbung. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Anzeigen im Daily Graphic von WAP geschaltet und von EAS in London gestaltet wurden. Alle ­anderen bedeutenden Organe wurden in dieser Analyse ebenfalls gesichtet

291 Ebd., S. 151. 292 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 122. Der Verlag wurde 1947 von der einfluss­ reichen britischen Mirror Group aufgekauft: Chick, Cecil King, S. 380. 293 Decker, Corporate Legitimacy and Advertising, S. 69. 294 Interview Peter Brown Wood; Interview Kwame Akatu. 295 Company Goodwill Advertising, S. 6, UARM UAC/1/11/18/2/18.

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und auf die Verteilung der Werbung und auf Unterschiede in der Werbesprache hin befragt.296 Branding, Konsumkultur und Identifikationsangebote der Printwerbung

In den 1950er Jahren zeigte die Printwerbung zunehmend Konsumenten zu den Produkten und stellte deren Auftreten ins Zentrum der Werbebotschaft. Bereits während der späten 1930er Jahre hatte die Printwerbung begonnen, die städtische Bildungsschicht mit teurer, europäischer Kleidung und statusorientiertem Auftreten zu zeigen. Dieser Typ von Konsument stand im Zentrum der Werbung der 1950er Jahre und bewarb ein breites Spektrum günstigerer und teurerer Konsumgüter. Eine Kampagne für Schuhcreme etwa zeigte neben der Dose einen afrikanischen Mann in Anzug und Krawatte, mit Papieren in der Hand, Kugelschreiber in der Jackettasche und strahlenden, sauberen Schuhen. Im Bildhintergrund fuhr ein Auto vor schemenhaft gezeichneten Hochhäusern. Dieses Auftreten kennzeichnete ihn als wohlhabendes Mitglied einer städtischen Elite. Die ­aneinandergereihten Statussymbole verband nur ein Satz mit dem Produkt: „He uses the polish of Distinction.“ 297 Das Versprechen dieser Anzeige war: Kaufe Schuhcreme und sei wohlhabend, erfolgreich und ‚distinguiert‘ wie dieser Mann. Weitere Adjektive, mit denen die Anzeigen die Konsumenten versahen, waren ‚smart‘, ‚progressive‘, ‚modern‘, ‚important‘, ‚go-ahead‘. Eine Kampagne für ­Raleigh Fahrräder beispielsweise verband mit ihrem Produkt persön­liche Teilhabe an Moderne und Fortschritt. „Go-ahead people go by cycle. Progressive men and women want their own personal transport. (…) [A] bicycle is the modern way of getting around. You too should get a bicycle!“ 298 Ein junger afrikanischer Mann in Anzug und Krawatte fuhr dem Betrachter auf einem Fahrrad entgegen, während ihm eine Kleinfamilie an einer Bushaltestelle nachblickte. Neben ihm präsentierte die Illustration vier weitere Figuren als „go-ahead people“, drei davon in euro­päischer Kleidung.299

296 Folgende Zeitungen wurden für diese Analyse gesichtet: Die Evening News sowie ihr politischer Gegenspieler, der UCGG-nahe Ashanti Pioneer aus Kumasi. Ebenso wurde die Ghana Times seit ihrer Gründung im Jahr 1958 miteinbezogen. Auch die Zeitungen in Eigentümerschaft europäischer Konzerne, der Daily Graphic, die Sonntagszeitung Sunday Mirror und die Wochenzeitung Ashanti Times wurden gesichtet, ebenso die Magazine Drum und West Africa. 297 Werbung für Cherry Blossom Schuhcreme, abgedruckt in: Daily Graphic, 11. Januar 1954, S. 10. 298 Werbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Ghana Times, 31. Juli 1958, S. 3. 299 Frauen wies die Werbung eine eigene Rolle in der Gesellschaft der ‚important men‘ zu, welche in Abschnitt 5 in diesem Kapitel näher betrachtet wird.

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Generell sprach der Werbetext zumeist Männer und Frauen an, doch die Illustra­ tion zeigte ganz überwiegend junge Männer einer urbanen Bildungsschicht. Der „smart man of the town (…) knows that cycling is fashionable as well as economical“. Der Student mit Barett und Talar transportierte Bücher und fuhr das Fahrrad, um „up to date“ zu sein. Auch die „modern family do their shopping and visit their friends by bicycle“. Rechts im Bild fuhr ein Mann in traditioneller nigerianischer Kleidung Fahrrad, der als der „headman’s son“ vorgestellt wurde. Er „keeps abreast of modern development – he rides a bicycle.“ 300 Diese Werbeanzeige bezog auch die traditionellen Eliten in die Bilderwelten der modernen Konsumenten ein, allerdings nicht die etablierten Chiefs selbst, sondern die junge, nachfolgende Generation. Die Werbung verband Fahrrad, Fortschritt, Wohlstand und Erfolg mit Moderne und bot diese gewissermaßen gemeinsam zum Verkauf an. Zuletzt summierte die Anzeige: „Cycling’s so easy! Everybody can ride a ­bicycle without worry or trouble.“ 301 Die Werbeexperten gingen davon aus, dass auch Angst und Unsicherheit vor dem Fahrradfahren potentielle Konsumenten daran hinderten, ein Zweirad zu erwerben, und suchten diese Zweifel zu zerstreuen. Dies verdeut­licht die Funktion der Wissensvermittlung um Gebrauchsgegenstände, die Werbung einnahm. Fahrräder waren begehrte und prestigereiche Objekte, ihr Besitz keine Selbstverständ­lichkeit und ebenso wenig die Fähigkeit, sie zu fahren. Die jungen Männer der Illustration müssen daher nicht nur als Identifikations­ angebot für Konsumenten von Raleigh Fahrrädern gelesen werden, sondern gleichsam auch als Illustration des Vorgangs des Fahrradfahrens an sich. Die Werbung verkaufte gleichzeitig Produkt, Identität der Konsumenten und Wissen um den Konsum der Waren. Während Fahrräder sichtbar als Statussymbol einer Öffent­lichkeit präsentiert werden konnten, zeigte die Werbung auch Produkte als Indikatoren persön­licher Modernität, welche zunächst kaum Bezüge auf ein personelles Erscheinungsbild aufwiesen. Beispielsweise wurde so der Kauf von Matratzen zu einer fortschritt­lichen Handlung. West Africa Publicity schaltete die Anzeige „The progressive man…“ in den späten 1950er Jahren in ghanaischen Zeitungen.302 Browne, der europäische Werbeexperte, welcher ab Mitte der 1950er Jahre in Lagos afrikanisches Personal ausbildete, hatte sie entworfen.303 Ein afrikanischer Mann mit Anzug, Hut, Fliege und Aktentasche lief beschwingten Schrittes auf den Bildbetrachter zu (Abbildung 4.17). Am rechten Bildrand unterhielten sich zwei Zuschauer über ihn. Auch sie 300 Werbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Ghana Times, 31. Juli 1958, S. 3. 301 Ebd. 302 Werbung für Dunlopillo Matratzen, abgedruckt in: Ghana Times, 29. September 1958, S. 8. 303 Interview Peter Brown Wood.

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Abbildung 4.17: Werbung für Dunlopillo Matratzen, 1958

waren beide bestens gekleidet: Einer im Anzug, der andere im Kente-Stoffgewand. „Joe looks on top of the world – Well he’s a proud man – …he’s just bought his family Dunlopillo mattresses!“ 304 Selbst bei Produkten wie Matratzen, die in privaten Räum­lichkeiten genutzt wurden, wirkte auch in dieser Anzeige der Konsum ‚fortschritt­licher‘ Produkte

304 Werbung für Dunlopillo Matratzen, abgedruckt in: Ghana Times, 29. September 1958, S. 8.

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unmittelbar auf die Attraktivität und Überzeugungskraft des persön­lichen Auftretens. Doch es durfte nicht irgendeine Matratze sein: „[Y]ou’d better make sure it has the Dunlopillo label so that you are not sold an inferior make.“ So verband die Werbung Fortschritt und fortschritt­liches Verhalten mit einer bestimmten Marke: Fortschritt war Dunlopillo. Der kleinere Text der Anzeige erklärte, ähn­lich wie in der Anzeige für Raleigh Fahrräder, die Vorzüge des Produkts. „Yes! I decided it was time to have some comfort in the home. And I’m glad. Since I bought Dunlopillo Mattresses my family and I have never slept so well!“ 305 Eine Matratze bedeutete Komfort und guten Schlaf. Dies muss als Kommunikationsversuch über den Nutzen eines Produkts gewertet werden, denn Matratzen gehörten in Ghana gewiss nicht zum Alltagsgegenstand der durchschnitt­lichen Konsumenten. Die Abbildung von Konsumenten und ihrer Lebenswelten im Zentrum der Werbung, die nun zunehmend die Printwerbung für Konsumgüter dominierte, entstand in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts.306 Sie avancierte zum ­zentralen Werbetyp der US-amerikanischen Moderne und setzte sich von dort ausgehend auch in Europa durch.307 Diese Werbemethode unterschied sich deut­lich von der im 19. Jahrhundert dominierenden Anzeigengestaltung, die zumeist mit ‚ratio­ nalen‘ Argumenten das Produkt ins Zentrum ihrer Botschaft stellte und ­dessen positive Wirkung, Geschmack, Haltbarkeit und den günstigen Preis betonte. ­Dieser Reklame­typ hatte auch in den westafrikanischen Zeitungen bis in die 1940er Jahre die Anzeigen dominiert. Hingegen setzte diese neue Art zu werben auf die Darstellung der Konsumenten selbst, auf ihre Kultur und Umgebung, die indirekt die positive Wirkung und den Nutzen des Produkts unterstrichen. Diese ­Anzeigen arbeiteten mit gesellschaft­lichen K­lischees, Rollenbildern und auch mit dem Ansprechen von Ängsten, etwa vor sozialer Ausgrenzung und Abstieg. Eben diese Art von Werbung dominierte in den 1950er Jahren die westafrikanische Printwerbung und rückte städtische Bildungsschichten ins Zentrum ihrer Darstellung. Die gezeigten Personen waren zumeist junge Erwachsene. Dies fand seine Entsprechung in dem sehr geringen Altersdurchschnitt der rapide wachsenden Bevölkerung: 1960 waren 44,5 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahren, während der Altersdurchschnitt bei 18 Jahren lag.308 Dieser Typ des modernen, städtischen Konsumenten in teurer, europäischer Kleidung bewarb in den 1950er Jahren ein zunehmend breiteres Spektrum von günstigen, alltäg­lichen Konsumgegenständen wie Seife, Waschmittel, Zahn­bürsten, Milchprodukte, weiterverarbeitete Nahrungsmittel wie Frühstückscerealien oder 305 Ebd. 306 Laird, Advertising Progress, S. 249 – 303. 307 Marchand, Advertising the American Dream. 308 Gocking, The History of Ghana, S. 115.

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Margarine. Diesen Produkten war gemein, dass sie von eher wohlhabenderen Bevölkerungskreisen genutzt wurden und in Konkurrenz zu ähn­lichen, günstigeren Produkten aus einheimischer Produktion standen, welche eine deut­lich größere Verbreitung hatten.309 Es ist beachtenswert, dass die Verkaufsschlager unter den Importen, also Stoffe und Textilien sowie Weizenmehl und Zucker, dabei kaum zu den beworbenen Produkten gehörten. Es mag sein, dass ihr Konsum ohnehin weit verbreitet war und die Hersteller nicht bereit waren, in Werbung zu investieren, da sich der Konkurrenzkampf um die Kunden vornehm­lich in den Einzelhandelsgeschäften und auf den Märkten abspielte. In den 1950er Jahren spiegelte sich in mancher Hinsicht auch die erweiterte Produktpalette der Importe in der Werbung. So wurde beispielsweise Zement beworben, ebenso wie schwere Land- und Baumaschinen. Auch nahm die Werbung für Elektrogeräte wie etwa Kameras, Radiogeräte, Bügeleisen, Kühlschränke oder Waschmaschinen deut­lich zu. Dies galt auch für Fortbewegungsmittel wie Fahrräder, Motorräder, Autos und Flugreisen. Auch Patentmedizin wurde weiterhin angepriesen, doch diese Anzeigen stellten zumeist weiterhin die Illustration und Beschreibung des Produkts in den Fokus. Grundsätz­lich zeigte die Reklame also einen ähn­lichen Produktkatalog, wie er in den 1950er Jahren von den Import­ firmen einer zunehmend breiteren Käuferschicht angeboten wurde. Insgesamt ging der Umfang des Werbetextes dabei deut­lich zurück und die Werbeanzeigen stellten sich insofern auf ein breiteres Publikum ein, als dass die Botschaft eher durch klare, plakative Überschriften und deut­lich dominantere Illustrationen verbreitet wurde und auch Halb-Literaten ansprach. Auch gab es weiterhin Werbung mit europäischen Konsumenten, doch diese nahm im Laufe der 1950er Jahre stark ab. Die Segmentierung des Marktes nach europäischen und afrikanischen Kunden, wie sie in der Werbung der 1930er sichtbar wurde, verschwand in den 1950er Jahren fast vollständig. Ledig­lich Anzeigen für Flugreisen sowie für PKWs wandten sich weiterhin explizit an ein europäisches Publikum und hielten so an dieser Einteilung des Marktes fest. Bei allen anderen Produkten dominierte anstelle dieser Marktsegmentierung in der Printwerbung die Darstellung einer modernen, städtischen Elite. Männ­liche afrikanische Konsumenten in der Printwerbung waren ausschließ­ lich in europäischer Kleidung und fast immer im Anzug zu sehen. Die traditionelle Elite der Chiefs hatte in der Bilderwelt der Werbung keinen Anteil an der modernen Konsumkultur – abgesehen von den wenigen, in der obigen ­Raleigh-Werbung

309 Vgl. dazu für Seife, Waschmittel und Lebensmittelfette die Reiseberichte von Unilever-­ Managern: Visit Reports Nigeria, UARM UNI/RM/OC (Box 110 – 111); Visit Reports Ghana UARM UNI/RM/OC (Box 55 – 56).

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skizzierten Ausnahmen, die sich auch erst Ende der 1950er Jahre unter den Printanzeigen fanden. In den seltenen Fällen, in denen die Werbung mit der Kleidermode Bezüge auf lokale Kultur darstellte, zeigten die Anzeigen nigerianische Kleidung: Solche Kampagnen entwarf EAS für europäische Kunden zum Vertrieb in ganz Westafrika und orientierte sich in der Darstellung der Konsumenten an dem größten Absatzmarkt der Region. Die Darstellung von Ethnizität gewann so zwar Ende der 1950er Jahre an Bedeutung, aber EAS maß ihr nicht die Funktion bei, regional begrenzte Werbekampagnen an Konsumenten­gruppen mit bestimmten kulturellen Eigenschaften zu richten. Im Gegensatz dazu schaltete beispielsweise Nestlé Werbung für Babynahrung, die ihre Werbe­experten in verschiedene regionale und lokale Sprachen übersetzten und die Konsumentendarstellung entsprechend der lokalen Kultur abänderten.310 Bei den Anzeigen von EAS war es allerdings nicht die Intention, Konsumenten in den lokalen Sprachen anzusprechen, sondern wohl eher, die Bezüge der städtischen Eliten auf ihre Tradition und ihre lokalen Formen von prestigereicher Kleidung in den Kreis der modernen Konsumenten miteinzubeziehen: Schließ­lich sprach die oben gezeigte Werbung für Raleigh Fahrräder nicht die Chiefs selbst, sondern die nachfolgende Generation an. Ein wichtiges Thema, mit dem die Werbung die Produkte verknüpfte, war der Aufstieg in angesehene beruf­liche Positionen. Eine beliebte Form unter Werbeproduzenten war die Geschichte einer persön­lichen Veränderung durch den Konsum eines Produkts, welche in Form eines Cartoons erzählt wurde. „How he won promotion“ 311, titelte eine Anzeige für das Malzgetränk Horlicks und konnte sich damit der Aufmerksamkeit ihrer Leser sicher sein (Abbildung 4.18). Denn für die städtische Bevölkerung mit Schulbildung war beruf­licher Erfolg nicht nur für den Gelderwerb, sondern auch für ihre Identität von großer Bedeutung: Die Schul­ abgänger suchten eine Anstellung, welche ihrem Bildungsstand entsprach. Während ungelernte Arbeiter gesucht wurden, waren Tätigkeiten in der Verwaltung oder im Bildungsbereich rar und die Arbeitslosigkeit in diesen Bereichen entsprechend hoch. Dieser Konflikt trug zu der Politisierung der städtischen Schulabgänger bei, die sich ihrerseits von der politischen Unabhängigkeit ihres Landes ein Leben in Wohlstand und gesellschaft­lichem Ansehen erhofften.312 Die Anzeige für Horlicks erzählte in einem sehr einfachen Stil die Geschichte eines Mannes, der aufgrund seines schlechten Allgemeinbefindens nur mangelhaften Arbeitseinsatz erbrachte und damit seinem Vorgesetzten missfiel. Nach dem regelmäßigen Konsum von Horlicks, der ihm mit ärzt­licher Autorität nahegelegt

310 Vgl. die Werbekampagnen in: Ordner mit Werbematerial, West Africa 1947 – 1958, AHN. 311 Werbung für Horlicks Getränkepulver, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Januar 1951, S. 2. 312 Austin, Politics in Ghana, S. 13 – 18.

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Abbildung 4.18: Werbung für Horlicks Getränkepulver, 1951

wurde, wendete sich jedoch das Blatt. „Some time later in the office: Promotion! Thanks to Horlicks“. Weiter fragte die Anzeige: „Do you wish you had more energy for your work?“ So verknüpfte sie nochmals beruf­lichen Erfolg mit individueller Leistungsfähigkeit und diese mit dem Produkt.313 Diese ­Kampagne adaptierte im

313 Werbung für Horlicks Getränkepulver, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Januar 1951, S. 2.

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Übrigen das britische Produktimage für ein westafrikanisches Publikum: Horlicks wurde auch in Großbritannien als Energiespender beworben und belieferte 1948 die Olympischen Spiele in London.314 Sie stellte zudem persön­liche Veränderung und individuelle Weiterentwicklung in den Mittelpunkt, wie sie auch die städtische Bildungsschicht seit den 1930er Jahren debattierte und praktizierte. Die Darstellung der Wandelbarkeit von Individuen war auch in den USA und in Europa eine wichtige Werbetechnik, welche den Moderni­sierungsanspruch der Branche deut­lich zum Ausdruck brachte. Sie ermög­lichte es gleichzeitig, sozialen Aufstieg sowie die Angst vor sozialem Abstieg besonders greifbar darzustellen.315 Die Werbung für Horlicks zeigte kein Mitglied der reichen afrikanischen Elite – hier war ein Mitglied der urbanen Mittelschicht abgebildet, mit Geld für gute Kleidung, ein europäisch eingerichtetes Zuhause und mit einer Ehefrau, die sich modern kleidete. Dennoch zeigte die Anzeige noch immer eine Lebensrealität, die in materieller Hinsicht weit über der breiten Masse der städtischen Konsumenten lag und welche sich diese erträumten. Sehr oft zeigte die Werbung solche Erfolgsgeschichten auch am Beispiel der urbanen Elite, etwa von Akademikern mit universitärer Ausbildung in Europa. Besonders beliebt war dabei die Darstellung von Ärzten und Anwälten. Der Cartoon mit dem Titel „Marvels of Marmite“ 316 berichtete ebenfalls von dem Gewinn individueller Leistungsfähigkeit, die einem Anwalt namens Kwesi, nachdem er seit Monaten Gerichtsverhandlungen verloren hatte, nach der regelmäßigen Einnahme der Würzpaste widerfuhr. Wenig überraschend endete der Cartoon mit Mr. Kwesis Erfolg: „He has all his old power and brilliance back again and is a much sought-after lawyer.“ 317 Marmite wurde im Übrigen auch in Großbritannien als Energiespender beworben.318 Das Produktimage wurde wie bei Horlicks beibehalten und die Präsentation des Werbethemas dem westafrikanischen Kontext angepasst. Erfolg war das Codewort solcher Anzeigen. „I thank Colgate for my success“, titelte eine Werbung für Zahncreme, welche aus dem Leben eines afrikanischen Arztes erzählte (Abbildung 4.19).319 „I meet many important people every day but I can be sure my breath is always sweet because the cool pleasing flavour of C ­ olgate freshens my mouth“, ließ die Werbung verlauten. Eine Skizze zeigte den Arzt im Auto vor dem Big Ben in London. Colgate verhalf dem jungen Doktor zu all dem, was sich so viele seiner Zeitgenossen wünschten. „Wherever I go I find most people use Colgate Dental Cream“, 314 [http://www.horlicks.co.uk/history] (14. März 2012). 315 Laird, Advertising Progress, S. 299 ff. und S. 378. 316 Werbung für Marmite Hefepaste, abgedruckt in: Daily Graphic, 3. Juli 1953, S. 4. 317 Ebd. 318 [http://www.marmite.com/love/history/] (14. März 2011). 319 Werbung für Colgate Zahnpasta, abgedruckt in: Daily Graphic, 6. Januar 1958, S. 6.

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Abbildung 4.19: Werbung für Colgate Zahnpasta, 1958

informierte der junge Herr zum Schluss der blitz­lichtartigen Reise durch sein Leben den Werberezipienten und setzte so die Verknüpfung von europäischer Produktherkunft und guter Qualität fort, die bereits die Werbung der 1930er Jahre etabliert hatte. Ärzte und Juristen genossen, wie auch andere Mitglieder der Bildungselite, in den Städten Ghanas ein hohes Ansehen: Sie waren für ihre Ausbildung in Europa oder in den USA gewesen und hatten aufgrund ihrer Universitätsabschlüsse zumeist ein exzellentes Einkommen und einen hohen Lebensstil, der sie zum Mitglied der städtischen Elite machte. Als Idealbild vieler Stadtbewohner hatten sie eine große Bedeutung, doch diese stand in deut­licher Diskrepanz zu ihrer tatsäch­lichen Anzahl. 1948 gab es in der ganzen Gold Coast nur 57 Anwälte und 47 Ärzte.320 Es ist auffäl-

320 Rimmer, Staying Poor, S. 22.

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lig, dass diese Konsumenten zumeist auf Werbeanzeigen für relativ kostengünstige Alltagsgegenstände zu sehen waren. Sie waren sicher­lich nicht das eigent­liche Zielpublikum, sondern dienten als Idealfigur, die eine breitere Schicht zum Konsum der Waren bewegen sollte. Zahllose weitere Kampagnen warben mit beruf­lichem Erfolg und gesellschaft­ lichem Ansehen, welches sie über das Wort ‚smart‘ mit einem gepflegten Erscheinungsbild und statusbewussten Auftreten verbanden. „Smart Man! He’ll do well…“ 321 titelte eine solche Anzeige. Eine andere Reklame verlautete: „Smartness leads to success“, und versprach weiter: „Important men everywhere appreciate the value of smartness. (…) You can always look smart if you shave every morning with Blue Gillette[,] (…) the surest way to that smartness of face that distinguishes the successful man.“ 322. An dieser Stelle soll nochmals auf den in der Einleitung zitierten Artikel aus der Advertiser’s Weekly zurückgekommen werden, in dem die Zeitschrift über diese Kampagne für Gillette Rasierer berichtete. EAS erklärte dort, die Anzeigen richteten sich explizit an ein lese- und schreibfähiges Publikum mit steigender Kaufkraft und zielten auf „the native pride of appearance and personal ambition“.323 Dabei erläuterte EAS der britischen Leserschaft, dass etwa 50 Millionen vormals arme Afrikaner im subsaharischen Afrika nun Wohlstand genießen würden.324 Diese Beschreibung der Käuferschicht erzählte eine Geschichte von Aufstieg und Wohlstand, wie sie im Jahr 1948 in West- und Ostafrika nur für eine sehr kleine Schicht galt. Es ist daher anzunehmen, dass diese deut­liche Betonung von so­­zialem Aufstieg und damit zusammenhängend von sozialem Statusbewusstsein in der Werbung auch einem britischen Kontext zuzuschreiben ist. Die Imagination einer aufwärtsstrebenden Schicht stellte auch eine Projektion der Werber auf ein städtisches Publikum in Afrika dar, die sich mehr aus ihren persön­lichen Erfahrungen speiste als aus einer realistischen Einschätzung der Situation der afrika­nischen Werberezipienten. Für die US-amerikanische Werbegeschichte wurde gezeigt, dass Werber meist den gutsituierten, städtischen Mittelschichten angehörten, in die sie nicht selten durch ihre Anstellung aufgestiegen waren. Das Selbstbild eines modernen Bürgers, welches sie von sich pflegten, beeinflusste stark die Darstellung der Konsumenten in der Werbung, nicht zuletzt, weil sich die Werber selbst in der Pf­licht sahen, dieses Bild zu verbreiten und so als gesellschaft­liche Modernisierer zu wirken.325 Auch auf die Werbeprofis bei EAS wird diese Praxis nicht ohne Wirkung geblieben sein. Es ist 321 Werbung für Robin Kleiderstärke, abgedruckt in: Daily Graphic, 3. Januar 1958, S. 2. 322 Werbung für Gillette Rasierer, abgedruckt in: Daily Graphic, 22. Juni 1954, S. 11. 323 Selling Razor Blades in West Africa, S. 246. 324 Ebd. 325 Marchand, Advertising the American Dream, besonders S. 52 – 87.

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anzunehmen, dass dieses Selbstbild des erfolgreichen, statusbewussten Aufsteigers auch in die Werbekampagnen einfloss, welche sie für den afrikanischen Kontext entwarfen. Britische Werber diskutierten dabei generell, wie stark Exportwerbung auf Statusbewusstsein setzen sollte. Ein Autor in Advertiser’s Weekly unterstrich, dass nicht in allen Ländern eine ähn­lich große Bedeutung von Klasse und Status gepflegt werde wie in Großbritannien, und forderte seine Kollegen eindring­lich auf: „Don’t take class distinction and snob appeal for granted when appealing to overseas markets.“ 326 „Up-To-Date Women“: Die Printwerbung und weib­liche Rollenbilder

Afrikanischen Frauen bot die Printwerbung deut­lich andere Rollenbilder zur Identifikation an als ihren männ­lichen Zeitgenossen. Wichtig war dabei zum einen die ‚moderne‘ Afrikanerin, die ‚up-to-date‘ war. Diese war jung, gutaussehend, trat im Kleid im europäischen Stil auf, trug hohe Schuhe und die Haare un­­bedeckt. Sie nahm mit Männern – meist im gemeinsamen Auftreten als Paar – an gesellschaft­ lichen Anlässen oder Einladungen von Freunden teil, wie etwa bei einer ­Kampagne für das Erfrischungsgetränk Krola, wo sie im Abendkleid Gast eines Empfangs war.327 Eine Werbung für Electrolux Kühlschränke, die wohl von WAP geschaltete wurde, zeigte zwei junge, in europäischer Kleidung angezogene Paare, die den neuen Kühlschrank der Gastgeber bewundern. Die Anzeige inszeniert den Stolz, den der Besitz eines solchen elektrischen Haushaltsgerätes mit sich brachte.328 Neue Haushaltsgeräte wurden auch in Europa als prestigereicher Gegenstand beworben, wie etwa bei einer deutschen Anzeige für Bosch Kühlschränke, die die Ankunft des neuen Kühlschranks als Familienfest zeigte.329 Die meisten geselligen Szenen der Werbung kamen allerdings auch ohne Frauen aus, was den Eindruck erweckt, dass Frauen mehr als Begleitung für den männ­lichen Konsumenten dargestellt denn als Konsumentinnen angesprochen wurden. In eher seltenen Fällen sprach die Werbung ausschließ­lich Frauen als moderne Konsumentinnen ihrer Produkte an. Eine Anzeige für Lipton’s Tea zeigte eine afrikanische Frau in sehr fest­lichem Kleid, mit Ohrringen geschmückt und mit un­bedecktem Haar. Im Hintergrund saßen mehrere Leute am Tisch (Abbildung 4.20). „Fine tea for your guest“, titelte die Werbung und fuhr fort: „People of fashion 326 Barmas, John: The Eskimos Laughed and Laughed…, in: Advertiser’s Weekly, 5. Juli 1945, S. 33. 327 Werbung für Krola Limonade, abgedruckt in: Ghana Times, Sunday Supplement, 22. Juni 1958, S. 4. 328 Werbung für Electrolux Kühlschränke, abgedruckt in: Daily Graphic, 16. Januar 1952, S. 5. 329 Gries/Ilgen/Schindelbeck, Ins Gehirn der Masse kriechen, S. 114 f.

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Abbildung 4.20: Werbung für Lipton’s Tee, 1958

appreciate the finest tea.“ 330 Obwohl Frauen wie Männer aus derselben urbanen Schicht angesprochen wurden, fehlten auf solchen Anzeigen die Codewörter ‚smart‘ oder ‚progressive‘. Die moderne Afrikanerin hingegen wurde mit Bezeichnungen bedacht, die eher nach Kleidungsmode klangen.

330 Werbung für Lipton’s Tee, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Juli 1958, S. 2.

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Abbildung 4.21: Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958

Noch viel seltener waren Bezüge auf weib­liche Berufstätigkeit, die bei M ­ ännern einen zentralen Bestandteil der Werbebotschaften ausmachten. Eine der seltenen Ausnahmen war eine Anzeige der bereits vorgestellten Kampagne für Raleigh Fahrräder, die eine junge Frau in der Uniform einer Krankenschwester zeigte (Abbildung 4.21). Dennoch wurde die Dame nicht wie ihre visuellen männ­lichen ­Zeitgenossen als ‚progressive‘ oder ‚successful‘ bezeichnet, sondern das Rad als Bestandteil von modischem Auftreten angepriesen. „Up-to-date women – go by cycle. Every woman who leads a busy, active life needs a bicycle of her own. (…) Women all over the world ride bicycles, for business, visits to friends, shopping and pleasure trips. (…) Cycling’s the modern fashion for the modern women.“ 331

331 Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958, NA DD/RN/4/2/26.

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In den 1950er Jahren wurden afrikanische Frauen zudem als Konsumentinnen für Kosmetika angesprochen. Werbung für diese Produkte zeigte allerdings lange Zeit Europäerinnen und afrikanische Konsumentinnen lösten diese erst langsam im Laufe der 1950er Jahre auf den Bildern ab. Es ist anzunehmen, dass Werber und Marketingexperten diesen Marktbereich erst im Laufe der 1950er Jahre entdeckten und für rentabel genug hielten, um eigens für ihn Werbung herzustellen. Ähn­lich wie die beruf­lich so erfolgreichen Männer legten afrikanische Frauen auf den Werbebildern viel Wert auf ihr Aussehen, jedoch war der Grund dafür bei den Damen nicht die Gestaltung einer beruf­lichen Karriere, sondern der Selbstzweck. „How I won the beauty prize!“, titelte eine Anzeige. Die Preisgewinnerin, welche sehr elegant in europäischer Mode gekleidet war, berichtete: „But I’ll tell you a secret. I won it because I’m always happy and smiling“ – was die Dame nur durch die Einnahme der beworbenen Patentmedizin erreicht hätte.332 Die Zeitungen der Mirror Group richteten in den 1950er Jahren regelmäßig Schönheitswettbewerbe für Ghanaerinnen aus und berichteten mit vielen Fotos in seitenlangen Artikeln ausführ­lich über die Auswahlprozeduren. Der Gewinnerin winkten wertvolle Preise wie Autos, Fahrräder oder sogar eine Reise nach Großbritannien. Diese Wettbewerbe fanden großen Zuspruch und manchmal sogar mehrere hundert Bewerberinnen.333 „Look lovely“ 334, „She looks delightful“ 335, „Feel fresh and cool“ 336, „Everything you need for lasting beauty“ 337: In den 50er Jahren nahmen solche Appelle an afrikanische Frauen stark zu und damit auch die Anzeigen für Kosmetikprodukte, welche afrikanische Konsumentinnen ansprachen. Solche Anzeigen waren zunehmend bei der Berichterstattung über Mode und Schönheitswettbewerbe platziert. Einige der Produkte stellten sich nun auch in der Herstellung auf ihre afrikanischen Konsumentinnen ein, wie beispielsweise bei Make-up, das in Schattierungen für die Hauttöne der afrikanischen Konsumentinnen vertrieben wurde. „Specially for you…“, warb eine Anzeige. „Look your loveliest all day long with Max Factors world famous make-up … especially made to suit your complexion.

332 Werbung für Aspro Patentmedizin, abgedruckt in: Daily Graphic, 4. Juli 1953, S. 18. 333 Vgl. etwa: Beauty Contest, in: Sunday Mirror, 30. August 1953, S. 7; These Beauty Queens. Oh, They Are Sweet and Lovely, in: Sunday Mirror, 3. August 1958, S. 8 f.; Charm ­Contest. £500 Must Be Won, in: Daily Graphic, 4. Juli 1957, S. 3. 334 Werbung für Bibby Beauty Seife, abgedruckt in: Daily Graphic, 2. Juli 1957, S. 3. 335 Werbung für Kingsway, abgedruckt in: Ghana Times, 2. Oktober 1958, S. 3. 336 Werbung für Lux Toilet Seife, abgedruckt in: Daily Graphic, 21. Juli 1951, S. 5. 337 Werbung für Ponds Kosmetikprodukte, abgedruckt in: Daily Graphic, 11. Januar 1954, S. 9.

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Ask to see the range of Max Factor natural colour tones. There’s one that matches your skin perfectly!“ 338 Die Werbung versuchte, das Bedürfnis ‚jeder‘ Frau nach Mode und Kleidung zu einer allgemeingültigen Regel zu machen. „Every women wants to look lovely“, ließ sich beispielsweise eine Seifenwerbung vernehmen.339 Eine Anzeige für ein Malariamittel stellte zwei Mädchen beim Spielen dar, der Text dazu verlautete: „The Jones family at play…There are two small Jones, Mary aged eight and E ­ lizabeth who is five. Like all little girls they love dressing up and pretending to be very important.“ 340 Die Publikationen der Mirror-Group, der Daily Graphic, der Sunday Mirror sowie später die Ghana Times, begannen in den 1950er Jahren damit, regelmäßig women’s pages zu gestalten. Auf diesen besprachen sie modische Kleidung, den Gebrauch von Lippenstift oder die korrekte Kleiderlänge der letzten Sommermode.341 Die angebotenen Rollenbilder ähnelten deut­lich denen der Werbung, während die Berichte die Bedeutung europäischer Kleidung sowie des Gebrauchs von Make-up betonten und die modischen Trends in den west­lichen Metro­polen wie London, Paris und New York verfolgten. Immer mehr entwickelten sich diese Seiten auch zu Diskussionsforen über Fragen von Rollenbildern, Ehe und Familien­gründung zwischen Frauen und boten dabei reich­lich Raum, um Leserbriefe abzudrucken und so die Leserinnen in diese Debatten miteinzubeziehen. Werbung wurde somit Teil von Diskussionen über neue Genderrollen in der urbanen Kultur Ghanas und transportierte dabei aktiv ein europäisches Rollenbild der modernen, gutaussehenden Frau. In einem Lebensstandard der gehobenen Mittelklasse, wie er zumeist den Abbildungen entsprach, lebten allerdings in den 1950er Jahren nur wenige Frauen in Ghana.342

338 Werbung für Max Factor Make-up, abgedruckt in: Daily Graphic, 19. Juli 1956, S. 15, Hervorhebungen im Original. 339 Werbung für Bibby Beauty Seife, abgedruckt in: Daily Graphic, 2. Juli 1957, S. 3. 340 Werbung für Paludrine Malariamittel, abgedruckt in: Daily Graphic, 17. Juli 1956, S. 13. 341 Siehe etwa: Factors which Count in Choice of Design, in: Sunday Mirror, 22. November 1953, S. 3; New Fashions In Vogue, in: Sunday Mirror, 4. Oktober 1953, S. 7; Let your Dress Pattern Decide the Material to Buy, in: Sunday Mirror, 1. April 1956, S. 2; Getting Ready for a Date. For Women only, in: Sunday Mirror, 18. August 1956, S. 16; Good Use of Lipstick Makes you Pretty, in: Sunday Mirror, 16. Dezember 1956, S. 2. 342 Vgl. ausführ­licher zu zeitgenös­sischen Genderdiskursen: Plageman, Nate: ‚Everybody Likes Saturday Night‘. Gender Identities, Dance Band Highlife, and Commercialized Nightlife in Accra, 1945 – 1960, Dissertation, Indiana University, Bloomington 2008; Dinan, Carmel: Sugar Daddies and Gold-Diggers. The White Collar Single Women in Accra, in: Christine Oppong (Hg.): Female and Male in West Africa, London 1983, S. 344 – 366; Oppong, Christine: Middle Class African Marriage. A Family Study of Ghanaian Senior

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Während die Anzeigen männ­liche Konsumenten in beruf­lichem Aufstieg zeigten, wiesen sie Afrikanerinnen häufig die Rolle der Hausfrau und Mutter zu. Die Frauen auf diesen Bildern waren fast immer in traditioneller Kleidung zu sehen. „Happy baby – wise mother!“ titelte eine Anzeige für einen Babypuder und zeigte, wie so viele der Anzeigen für Patentmedizin in den 1950er Jahren, eine in ­Kente-Stoff gekleidete afrikanische Frau mit einem Baby auf dem Schoß.343 Eine andere Anzeige titelte „Great News for Ghana Mothers“, und zeigte eine Frau mit einem Kind, welches ebenfalls mit Stoffgewand bekleidet war.344 Beide Frauen trugen ihre Haare mit einem Kopftuch umwickelt. Der Text beider Anzeigen sprach Frauen als Mütter an und pries die Wirkung des Produktes für die Gesundheit des Kindes. Es ist auffällig, dass Frauen als Mütter oft in verschiedenen Formen von traditioneller Kleidung gezeigt wurden, während Männer in der Printwerbung fast nie in selbiger auftraten. Manche Anzeigen hingegen stellten die moderne Kleinfamilie ins Zentrum. „Ovaltine time!“ zeigte eine Frau im europäischen Kleid mit kurzen Haaren und Ohrringen, die zwei Kinder – ein Mädchen, einen Jungen – mit besagtem Getränk versorgte. Der Junge war im weißen Hemd und mit Schirmmütze bekleidet, während das Mädchen im Kleid ein Barett trug, um den Bildungserfolg darzustellen, den Ovaltine den Kindern bescheren würde (Abbildung 4.22).345 Wie bei dieser Ovaltine-Werbung wurden Frauen oft als Käuferinnen für Produkte für ihre Kinder angesprochen. „She helped her son to gain strength!“ titelte eine Anzeige im Stil eines Cartoons, die für das Malzgetränk Horlicks warb.346 Die Werbung verbreitete dabei klare Vorstellungen darüber, in welcher geschlecht­lichen Arbeitsteilung die Kleinfamilie funktionierte. „I’m not well enough to look after my family“, vertraute sich eine Frau dem Arzt an, welcher der Dame mithilfe einer Patentmedizin wieder zu voller Gesundheit verhelfen konnte – zur Freude der Familie, der sie im letzten Bild des Cartoons wieder das Frühstück servierte.347

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Servants, London 1981; Prais, Imperial Travelers, S. 237 – 325; Newell, Literary Culture, S.  53 – 63. Werbung für Johnson-Johnson Babypuder, abgedruckt in: Daily Graphic, 3. Juli 1958, S. 8. Werbung für Pregnative und Bemax Nahrungsergänzungsmittel, abgedruckt in: Daily Graphic, 4. Juli 1957, S. 11. Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Ghana Times, 15. Dezember 1958. Ovaltine-Werbung wurde von auch nach dem Zweiten Weltkrieg von EAS in London hergestellt: Interview Kwame Akatu. Werbung für Horlicks Malzgetränk, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Juli 1953, S. 15. Werbung für Antepar Patentmedizin, abgedruckt in: Daily Graphic, 6. Januar 1958, S. 10.

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Abbildung 4.22: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, 1958

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Indem die britischen Werbeprofis in den 1950er Jahren erstmals direkt Afrikanerinnen als Konsumentinnen ansprachen, transportierten sie eine klare Vorstellung von geschlecht­licher Rollenteilung und Familienkonstellationen, welche zeitgenös­sischen europäischen Stereotypen entsprachen. Manche Produkte waren dabei selbst klar ‚gegendert‘: Werbung für Schuhcreme, Bier und Fahrräder sprach ausschließ­lich oder überwiegend Männer an, während Parfüm oder dekorative Kosmetik an Frauen beworben wurde. Hingegen dominierte bei Produkten, welche im zeitgenös­sischen Europa eine klare Domäne der Konsumentin waren – wie Kleidung und Kosmetika – in Westafrika die Darstellung von Männern.348 Die Botschaften und das Design der Kampagnen änderten sich dabei dennoch s­ elten. So illustrierten zahlreiche Anzeigen für Waschmittelwerbung in Europa den Vergleich mit anderen Waschmitteln, indem sie zwei mit weißen Hemden bekleidete Personen nebeneinander zeigten. Das Hemd, welches mit dem beworbenen Reinigungs­pulver behandelt worden war, strahlte in reinem Weiß, während das andere Hemd daneben in Grau verblasste. Unilever warb in Europa für das Waschmittel Persil mit diesem Reklametyp, auf dem zwei Frauen in weißen Blusen zu sehen waren.349 Auch EAS entwarf im Auftrag von Unilever für das Waschmittel Omo eine Anzeige im ganz ähn­lichen Stil, die in Westafrika zum Einsatz kam. Sie zeigte zwei afrikanische Männer an einem Büroarbeitsplatz, die beide im weißen Hemd bekleidet waren. Genau wie bei der Anzeige für Persil bewunderte der Eine des Anderen strahlend weißes Hemd.350 Dieses Beispiel verweist auch darauf, wie sehr sich die Kampagnen in Europa und Afrika gleichen konnten und auf welch ähn­liche Art und Weise sie Konsumenten ansprachen. Oft wurden nur wenige Aspekte verändert, in diesem Fall zeigte die Anzeige nicht flanierende Europäerinnen, sondern afrikanische Männer an einem begehrten Arbeitsplatz. Dies zeigt einmal mehr, wie zentral für eine Werbeanalyse der Blick auf die Designer und Produzenten der Werbung ist. Auch wenn die Darstellung von reinem Weiß im kolonialen Kontext deut­lich andere Bedeutungen annehmen konnte als etwa in Großbritannien, so wäre es zumindest in diesem Fall falsch, in diesen Bildern rassistische Botschaften zu lesen.351 Insgesamt begegneten die europäischen Werber afrikanischen Frauen als Konsumentinnen wesent­lich ambivalenter, als dies auf den Werbebildern sichtbar wurde. 348 Vgl. die Analyse von britischen und US-amerikanischen Kampagnen: Sean Nixon, What Do Ordinary Women Want; Marchand, Advertising the American Dream. 349 Werbung für Persil Waschmittel, o. J. [1930er Jahre], abgedruckt in: Nevett, Advertising in Britain, S. 187. 350 Van den Bersselaar, Who Belongs to the Star People, S. 389. 351 Dies analysiert Burke, hier allerdings sicher­lich zutreffend, in der Werbung für Kosmetika in Südrhodesien/Simbabwe: Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, S. 158 – 161.

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Auf diese widerspruchsvolle Beurteilung der weib­lichen Käuferinnen hat bereits Timothy Burke in seinen Studien verwiesen. Die Marketingexperten im kolonialen Simbabwe sahen in Afrikanerinnen einerseits diejenigen, welche die Entscheidung über den Kauf der Produkte trafen und ihre Ehemänner zu verschiedenen Anschaffungen überredeten. Andererseits charakterisierten sie Frauen als besonders konservativ und warfen ihnen vor, damit die Durchsetzung neuen Konsumverhaltens und neuer Produkte zu erschweren.352 Eine ähn­liche Ambivalenz zeigte sich auch bei den britischen Werbern. Bejubelten sie einerseits die weib­liche Konsumentin und ihre Konsumbedürfnisse und verkündeten, die „African housewife can play a major part in developing sales“ 353, so waren sie gleichzeitig sehr zöger­lich dabei, sie in der Printwerbung darzustellen. Dies mag zum einen daran gelegen haben, dass Frauen grundsätz­lich ­weniger Zugang zu den Medien der Werbung hatten als Männer. Doch wichtiger war wohl die Annahme der Werber in den Agenturen der UAC über ein geschlechtsspezifisches Kaufverhalten. Sie gingen davon aus, dass hauptsäch­lich Männer die Entscheidungen über den Konsum der etwas teureren Haushaltsanschaffungen trafen und dass Frauen nicht in dem Maße wie die männ­lichen Zeitgenossen über ihr eigenes Geld verfügen konnten. „It is no reflection upon her mobility that she undertakes no more than the day-to-day shopping for her family“, erklärte eine UAC-Imagewerbung von EAS, welche in britischen Handelsjournalen geschaltet wurde, die Rolle der westafrikanischen Frau. „Purchases of capital goods – bicycles, radio sets, sewing machines, cutlery – remain a male responsibility through ­custom.“ 354 Wie die Werbung zeigt, sahen die Werber die afrikanischen Frauen ganz besonders in den traditionellen Rollen der Hausfrau und Mutter eingebunden, was sie als Zielgruppe nicht besonders attraktiv erscheinen ließ. Insgesamt zogen es die Werber deut­lich vor, männ­liche Konsumenten abzubilden. Während der 1930er und 1940er Jahre taten sie dies fast ausschließ­lich. Im Laufe der 1950er Jahre sprachen die Werber zwar auch afrikanische Konsumentinnen mit ihren Werbebildern an, aber diese blieben deut­lich in der Unterzahl. Der Prototyp des Konsumenten blieb aus Sicht der Werber männ­lich. Dies ist ein fundamentaler Unterschied zur Werbepraxis in den USA und in Europa, bei der das Idealbild eine weib­liche Konsumentin war. Dort waren die – überwiegend männ­lichen – Werber während der 1930er Jahre zu der Einsicht gelangt, dass die meisten Entscheidungen über den Kauf von Produkten von Hausfrauen und modebewussten Damen getroffen wurden, und begannen, diese vornehm­lich in der Werbung darzustellen. Dabei

352 Burke, Marketing, Colonial Knowledge, and the Female Subject, hier S. 450. 353 Outstanding Sales Success of Uganda Radio Show, S. 36. 354 The Colonial Customer, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/3.

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sahen sie in der Konsumentin, deren Bedürfnisse, Wünsche und Wahrnehmung sie auf vielfältige Art zu durchdringen und ver­stehen suchten, ein grundlegend von ihnen verschiedenes Gegenüber – hier zeigten sich ganz ähn­liche Strategien des Othering, wie bei dem Verhalten der britischen Werbe­fachleute gegenüber den afrikanischen Konsumenten zutage traten.355 Für die britischen Werbefachleute in Westafrika nahm also der männ­liche Afrikaner eine ähn­liche Rolle ein, wie dies für die europäischen Werbefachleute die Frauen aus ihren Gesellschaften taten. Gender als Kategorie förderte die großen Unsicherheiten zutage, welche die britischen Werber gegenüber den afrikanischen Konsumenten verspürten. Insgesamt transportierte die Werbung europäische Rollenvorstellungen für Frauen, wobei die Stereotypen der modernen, selbstbewussten Frau neben der in die Tradition eingebundenen Hausfrau und Mutter nebeneinander standen. Diese Ebene des Transfers von Genderrollen muss im Kontext mit gleichzeitigen Modernisierungsversuchen der britischen Kolonialmacht im sozialstaat­lichen und arbeitspolitischen Bereich gesehen werden.356 Auch diese Debatten verblieben in europäischen Geschlechter­ stereotypen und sahen gleichzeitig afrikanische Frauen besonders in einer Tradition verhaftet, welche ihnen eine untergeordnete Rolle als Hausfrau zuwies. Konsum, koloniale Differenz und politischer Wandel in der Printwerbung

Während der 1950er Jahre gewann ein Anzeigentyp an Bedeutung, auf dem Europäer und Afrikaner gemeinsam bei gesellschaft­lichen Anlässen zu sehen waren. Gleichzeitig betonten diese Anzeigen die Weltgewandtheit der abgebildeten afrikanischen Konsumenten und den weltweit verbreiteten Konsum des jeweiligen Produkts. „Men of the world choose ‚White Label’“, titelt eine Anzeige für Scotch Whisky, die einen Europäer und zwei afrikanische Männer am Tresen in einem Club zeigte (Abbildung 4.23).357 Eine Kampagne für Beck’s Bier bildete ebenfalls verschiedene Szenen geselligen Amüsements von Europäern und Afrikanern ab, etwa bei einer Abendgesellschaft im gemeinsamen Gespräch. Alle hielten ein Glas Bier in der Hand und die Anzeige titelte dazu: „Everywhere and every day, where

355 Nixon, What Do Ordinary Women Want; Marchand, Advertising the American Dream, S.  66 – 69. 356 Vgl. etwa die Fallstudien für Nigeria: Lindsay, Lisa A.: Male Breadwinners, Working Women, and Colonial Citizenship in the 1945 Nigerian General Strike, in: The American Historical Review 104 (1999) 3, S. 783 – 812; Lindsay, Lisa A.: Working with Gender. Wage Labor and Social Change in Southwestern Nigeria, Portsmouth 2003. 357 Werbung für Dewar’s White Label Scotch Whisky, abgedruckt in: Ghana Times, 14. Januar 1959, S. 4.

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Abbildung 4.23: Werbung für Dewar’s White Label Scotch Whisky, 1959

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you are and where you stay, Beck’s is the favourite.“ 358 Der Werbetext betonte den universalen Charakter des Konsums, während die Illustration eine Szene der westafrikanischen Bildungselite darstellte. Gemeinsame Geselligkeit von Afrikanern und Europäern fand in Ghana zur Kolonialzeit, aber auch darüber hinaus, vornehm­lich in elitären Kreisen der Bildungsschicht statt. Zwar trafen sich die europäischen Ausländer in der Kolonie auch in exklusiven Clubs, zu denen Afrikaner ledig­lich als Bedienstete Zugang hatten. Aber es gab ebenso Räume – wie beispielsweise der Turf Club in Accra, der Pferde­rennen veranstaltete, oder der Rodger Club, welcher ebenfalls in Accra angesiedelt war – sowie Abendveranstaltungen von Privatpersonen und der Regierung, zu denen sowohl Afrikaner wie auch Europäer geladen waren. Die Afrikaner, die an solcher Gesellschaft teilhatten und auch selbst Fest­lichkeiten ausrichteten, gehörten fast ausnahmslos der reichen, städtischen Elite an. Diese hatten tatsäch­lich meist einen Teil ihrer Ausbildung in den USA oder in Großbritannien absolviert und dort einige Jahre gelebt, was bei ihrer Rückkehr ein Garant für beruf­lichen und sozialen Erfolg darstellte.359 Solche Anzeigen stellten also eine Form der Teilhabe an einer elitären Gesellschaft dar, welche die Werbung mit dem Konsum des Produktes verknüpfte. Damit verhieß sie gleichzeitig eine Form, die Grenzen dieser selektiven Gesellschaft zu überwinden. Andere Anzeigen ließen die „been-tos“, wie Einheimische mit Auslandserfahrung in Ghana genannt wurden, im testimonial-Stil selbst ihre Erfahrungen berichten.360 „The traveller knows“, titelte eine Anzeige für Whisky. Ein Afrikaner amüsierte sich mit hellhäutigen Menschen an einer Bar, an der sie von einem hellhäutigen Kellner bedient wurden. „The man who has travelled widely knows that Grant’s Stand Fast Whisky is one of the most famous in the world“, behauptete der Text und meinte damit den dunkelhäutigen Mann. Dieser berichtete von seinen Erlebnissen mit Alkoholkonsum auf Reisen: „He sees the smartest people ordering it in the best hotels and bars of New York, London and Paris.“ 361 Solche Werbung sprach nicht ausschließ­lich den zahlenmäßig sehr kleinen Teil der afrikanischen Bildungsschicht an, denen eine Teilhabe an solchen Fest­lichkeiten oder sogar ein Auslandsaufenthalt mög­lich war. Die Darstellung solcher Situa­ tionen diente im Gegenteil dazu, dem Werbebild eine positive Anziehungskraft zu geben und ein fiktives Mitglied der Elite ‚erzählen‘ zu lassen. Deren kulturelle Ausstrahlungskraft sollte so genutzt werden, um eine breite Käuferschaft für die verhältnismäßig günstigen Produkte anzusprechen. 358 359 360 361

Werbung für Beck’s Bier, abgedruckt in: Ghana Times, 1. November 1958, S. 2. Prais, Imperial Travelers, S. 128 – 202. Dies war die Kurzform für „been to England“. Prais, Imperial Travelers, S. 167. Werbung für Grant’s Scotch Whisky, abgedruckt in: Daily Graphic, 4. Juli 1958, S. 3.

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Manche Anzeigen machten vom testimonial-Stil mit realen berühmten Persön­ lichkeiten Gebrauch und suchten sich dabei gezielt afrikanische Prominente aus, die im Ausland einen großen Aufstieg verbuchen konnten. Eine Werbung für ­Kolynos Zahncreme zeigte Earl Cameron, den ersten afrikanischen Filmstar, dem eine Karriere in den USA gelungen war, in Gesellschaft von Europäern, „entertaining his friends in a smart London restaurant“.362 Der Werbetext berichtete von den Ursachen für seinen Erfolg: „The Smile of Confidence. Earl Cameron thanks ‚Kolynos‘. (…) ‚I clean my teeth with Kolynos to keep them white and gleaming all the time. Kolynos keeps my breath fresh, too.‘ (…) Your success, too, depends on the confidence of your smile. With Kolynos you can be sure of your teeth and your breath. The rich foam cleans between your teeth where your toothbrush or mouth-stick cannot reach. Start today! Use Kolynos for the true smile of confidence.“ 363

Die Kampagne nutzte die Darstellung exklusiver Gesellschaft, um sehr grundsätz­ lich den Gebrauch von Zahnpasta zu erläutern und ihn mit prestigereichen ­Situationen zu verbinden. Auch diese Kampagnen sind so als Versuche zu werten, neue Absatzmärkte für diese Produkte zu schaffen, wofür die Werber Themen von zentraler Bedeutung in der ghanaischen Gesellschaft aufgriffen. Auf diesen Anzeigen waren die Afrikaner extrem erfolgreich – die Ursache war allerdings, dass sie sich die Zähne mit einer bestimmten Zahnpasta ­putzen oder ein bestimmtes Bier tranken. So verband diese Reklame das richtige Konsumverhalten mit einer Teilhabe an dem luxuriösen Leben eines Teils der afrika­ nischen Bildungsschicht und der Mög­lichkeit, ins west­liche Ausland zu reisen. Gleichzeitig wurden diese Produkte selbst Teil einer internationalen, kosmo­ politischen Kultur. Die Produkte ­bekamen selbst das Image des Weltenbummlers und ihr potentieller Käufer, der ja mit g­ roßer Wahrschein­lichkeit Ghana nicht verlassen konnte, durfte sich während des Konsums als Mitglied einer internationalen Kultur fühlen. Überhaupt versah die Werbung die Waren mit bestimmten Eigenschaften, welche sie gleichzeitig auch den Konsumenten zuschrieb. Fahrrädern wurde eine „smart appearance“ 364 zugesprochen, ein Raleigh Fahrrad war das „smartest bicycle of all“ 365. Schuhe strahlten „special distinction and extra smartness“ aus.366 Die Produkte verkörperten selbst diese Eigenschaften und boten sie so zum Verkauf an. 362 Werbung für Kolynos Zahnpasta, abgedruckt in: Daily Graphic, 16. Juli 1955, S. 15. 363 Ebd. 364 Werbung für B. S. A. Fahrräder, abgedruckt in: African Morning Post, 10. April 1941, S. 3. 365 Werbung für Rudge Fahrräder, abgedruckt in: Daily Graphic, 2. Juli 1957, S. 15. 366 Werbung für Cobra Schuhcreme, abgedruckt in: Daily Graphic, 19. Juli 1956, S. 2.

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Manche Produkte verselbstständigten sich gewissermaßen als Zeichen für eine Teilhabe an der Welt von Moderne, Urbanität, hohem sozialen Status und beruf­ lichem Erfolg. Das Fahrrad war eines davon und da es zu den ­Produkten gehörte, welches häufig mit der Darstellung von Konsumenten und ihren Lebenswelten beworben wurde, dient es hier als Beispiel. Es gibt kaum Forschungsliteratur zur Geschichte des Fahrrades in Afrika in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber starke Anzeichen dafür, dass es bereits in der Kolonialzeit zu einem wichtigen Prestige­symbol wurde, das Wohlstand indizierte und Mobilität ermög­lichte.367 Anzeigen für ganz verschiedene Produkte bildeten zusätz­lich Fahrräder ab, etwa solche für Seife oder für Malariamittel, auf denen die Konsumenten Fahrräder fuhren, ohne dass der Werbetext weiter darauf eingegangen wäre (Abbildung 4.24).368 Um die Attraktivität der Importwaren zu erhöhen, zeigten die europäischen Werbedesigner nicht nur erfolgreiche, wohlhabende Mitglieder der städtischen Bildungsschicht, sondern griffen sogar politische Forderungen dieser Akteure auf und bildeten sie auf den Anzeigen ab. Ein beliebtes Thema der Werber sowie der zeitgenös­sischen politischen Diskussion war der Zugang zu höherer Schulbildung. Dies war eine wichtige Forderung der politischen Parteien und der zahlreichen Schulabgänger, die nach der Grundschulausbildung mit Arbeitslosigkeit konfrontiert waren. Zahlreiche Anzeigen griffen dieses Thema in den 1950er Jahren auf. Eine Anzeige für Hercules Fahrräder zeigte ein afrikanisches Paar mit selbstbewusstem Auftreten und in europäischer Kleidung, ihre erfolgreiche höhere Bildung wurde durch Barett und Talar illustriert und markierte sie gleichzeitig als Mitglieder einer wohlhabenden afrikanischen Elite (Abbildung 4.25).369 Die Botschaft dieser Werbung war: Kauf ein Fahrrad und sei wie diese Menschen: wohlhabend, erfolgreich, gut ausgebildet. Den Großteil der Illustration nahm das Achimota College aus Accra ein, welches die hohe Bildung der Konsumenten auf dem Werbebild unterstrich und gleichzeitig eine Referenz auf eine sehr wichtige Bildungsinstitution des Landes darstellte. Das College war eine elitäre und hochselektive Schule, die 1924 durch den Gouverneur Gordon Guggisberg als die erste staat­liche weiterführende Schule der Gold Coast gegründet worden war.370 Die Darstellung dieser Schule gemeinsam mit erfolgreichen, wohlhabenden Afrikanern stellte ein Statement im Kontext der 367 Hahn, Die Aneigung des Fahrrads. 368 Werbung für Paludrine Malariamittel, abgedruckt in: Daily Graphic, 19. Juli 1952, S. 13; Werbung für Palmolive Seife, abgedruckt in: Daily Graphic, 19. Juli 1955, S. 10. 369 Werbung für Hercules Fahrräder, abgedruckt in: Daily Graphic, 10. Januar 1954, S. 4. 370 Kimble, A Political History of Ghana, S. 61 – 124; Coe, Cati: Educating an African ­Leadership. Achimota and the Teaching of African Culture in the Gold Coast, in: Africa Today (2002) 49, 23 – 44.

Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre

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Abbildung 4.24: Werbung für Palmolive Seife, 1955

zeitgenös­sischen politischen Auseinandersetzungen dar. Es unterstrich die Legi­ timität der Forderungen von Seiten der nationalistischen Parteien, welche diese an die Kolonialverwaltung herantrugen. Die Werbung verband dies zudem mit dem Besitz von Fahrrädern, also mit dem Zugang zu Importwaren, der ebenfalls ein zentraler Streitpunkt zwischen der Unabhängigkeitsbewegung und der Kolonial­ verwaltung darstellte.

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Abbildung 4.25: Werbung für Hercules Fahrräder, 1954

Die gesamte Szene bezeichnete die Werbung mit dem Wort „Progress“:371 Ein Wort, welches im zeitgenös­sischen Diskurs sowohl wirtschaft­lichen Erfolg, Industrialisierung, Aufbau moderner staat­licher Institutionen als auch individuelle Teilhabe an Wohlstand und Prosperität verhieß. Der Werbetext sprach dabei allerdings eine deut­lich abgeschwächtere politische Sprache als die Illustration, indem er der Kolonialverwaltung den Erfolg der afrikanischen Studenten zusprach: „The Gold Coast today matches the world in progress, and education is naturally one of the first concerns of a wise administration. In a different field, the modern Hercules Cycle is supreme – the result of years of study and human endeavour.“ 372 Beacht­ lich ist ebenfalls, dass die politische Argumentation noch vor einem textuellen Bezug auf den beworbenen Gegenstand stand: Das Fahrrad wurde im Text erst zuletzt erwähnt.

371 Werbung für Hercules Fahrräder, abgedruckt in: Daily Graphic, 10. Januar 1954, S. 4. 372 Ebd.

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Abbildung 4.26: Werbung für Ford PKWs, 1956

Ein weiteres wichtiges politisches Thema der Werbung waren die Wahlen. Und nicht nur der Werbung: Die Wahlgänge in den 1950er Jahren gehörten zu den wichtigsten politischen Ereignissen in der Kolonie. Sie waren erkämpfte Zugeständnisse der Kolonialmacht an die Unabhängigkeitsbewegungen, die auf eine Zukunft des Landes mit voller staat­licher Souveränität verwiesen. Der Erfolg der CPP in den Wahlen im Jahr 1951 zwang die britische Verwaltung dazu, den als politischen ­Störenfried inhaftierten Kwame Nkrumah aus dem Gefängnis zu entlassen, damit er sein politisches Amt antreten konnte.373

373 Austin, Politics in Ghana, S. 103 – 152.

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Die Printwerbung griff dieses Thema auf, indem sie den Kaufvorgang zum Wahlvorgang erklärte und damit Produkte zu prestigereichen Wahlsiegern machte. Vor allem vor den Wahlen im Jahr 1956 warben zahlreiche Anzeigen in diesem Stil. So pries eine Reklame für Shell Petroleum dessen hohe Qualität und verkündete auf einem gezeichneten Banner, es sei „elected by everybody for the brightest light!“ 374 Eine Anzeige für Ford PKWs wurde noch deut­licher. Sie zeigte den Wahlvorgang selbst, indem sie eine Skizze eines Mannes darstellte, der im Begriff war, einen Zettel in eine Urne zu stecken (Abbildung 4.26).375 Die beiden Autos weiter unten im Bild wurden mit diesem Vorgang nur durch die Worte „Vote for Ford“ verbunden, und damit der Konsumvorgang mit dem politischen Vorgang gleichgesetzt, um mit der Popularität des politischen Ereignisses die Verkaufszahlen zu steigern. Der politische Wandel wurde so zum Verkaufsschlager. Zuletzt sollen noch die Unterschiede herausgearbeitet werden, die die ­verschiedenen Zeitungen beim Abdruck von Werbung aufwiesen. Die Z ­ eitungen zeigten hinsicht­lich der Häufung, der Qualität sowie der Botschaften der abgedruckten Werbung deut­liche Unterschiede. Im Daily Graphic sowie im Sunday Mirror fanden sich von der ersten Ausgabe an eine große Anzahl von Anzeigen, die teils mit aufwendigen Illustrationen versehen waren und auf fast jeder Zeitungsseite viel Platz beanspruchten. Der Daily Graphic hatte bereits in seiner ersten Ausgabe am 2. Oktober 1950 mehr als zehn Anzeigen, von denen einige den Großteil einer Seite in Anspruch nahmen, und verzeichnete bereits im ­Sommer 1951 etwa 20 teils sehr große Anzeigen pro Ausgabe. Dies gilt in ähn­ lichem Maße für die Ashanti Times, die ebenfalls zur white press zählte. Die Anzeigen in diesen drei Zeitungen g­lichen sich zumeist. Da WAP die Z ­ eitungen der Graphic Corporation mit Werbung versorgte, ist davon auszugehen, dass sie mit allen Zeitungen, die in der Hand von europäischen Unternehmen waren, sich in Verträgen eine Position als sole agency gesichert hatte. Dies galt zumindest bis in die letzten Jahre des Jahrzehnts, wandelte sich aber in den 1960er Jahren grundlegend.376 In den Organen der Unabhängigkeitsbewegung, dem Ashanti Pioneer und den Evening News, fanden sich dagegen vergleichsweise wesent­lich weniger Anzeigen. Manchmal zeigten diese sogar nur einige wenige oder keine einzige Reklame auf ihren Seiten. Doch auch diese wenigen Anzeigen stimmten im Erscheinungsbild mit denen im Daily Graphic oder in der Ashanti Times überein, was bedeutet, dass WAP ihre Anzeigen in selteneren Fällen auch in diese Blätter stellte. Gewiss

374 Werbung für Shell Petroleum, abgedruckt in: Daily Graphic, 17. Juli 1956, S. 2. 375 Werbung für Ford PKWs, abgedruckt in: Daily Graphic, 17. Juli 1956, S. 6. 376 Vgl. dazu Abschnitt 7 in Kapitel V.

Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre

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machte die begrenzte Reichweite dieser politisch an eine bestimmte Leserschaft gebundenen Organe diese weniger attraktiv für die Werbeagentur, als es die landes­ weit vertriebenen Zeitungen in britischer Eigentümerschaft waren. Auch waren die Druckqualität und das Erscheinungsbild der Parteipresse deut­lich ­schlechterer Qualität, was die Beschaffenheit mancher Illustration ins Unkennt­liche veränderte. Es ist anzunehmen, dass auch die politische Kommunikation mit den Eigen­tümern und Herausgebern dieser Zeitungen mehr Schwierigkeiten barg als die mit den britischen Verlagen – nicht zuletzt, weil die hochrangigen Entscheidungsträger von EAS sowie die der white press während der 1950er Jahre allesamt in Groß­britannien angesiedelt waren. Etwas anders verhielt es sich bei den beiden Magazinen West Africa und Drum. Hier spiegelte die Werbung vor allem deut­lich die jeweiligen Leserschaften der Printorgane wider. Im Magazin West Africa zielte sie deut­lich länger auf ein europäisches Publikum in den Kolonien, zeigte teurere Artikel und bewarb seltener günstige Alltagsgegenstände. Länger als in den ghanaischen Publikationen bildete sie dabei europäische Konsumenten ab. Sie sprach zudem gezielt die europäischen Geschäftsleute an, indem sie häufig Reklame für Flug- und Schiffsreisen abbildete. Zudem fand sich in dem Magazin sehr viel Imagewerbung für in Westafrika aktive Banken, Transport- und Handelsunternehmen, in der sich wesent­lich stärker als in der Konsumgüterwerbung koloniales Denken, Paternalismus und teilweise auch Rassismus spiegelte. Die Botschaften dieser Imagewerbung unterschieden sich dabei auch deut­lich von den weiter oben analysierten Botschaften der Imagekampagnen in Ghana selbst. So zeigte selbst noch Mitte der 1960er Jahre eine Kampagne für Barclays Bank, die sicher­lich in Großbritannien konzipiert wurde, afrikanische, halbnackte Kinder. Diese bewunderten die Errungenschaften moderner Technik, wie etwa Hochhäuser, Satelliten oder Fernseher, während der Anzeigentext den kaum bekleideten Jungen und Mädchen eine traumhafte Zukunft in prosperierenden Nationen versprach (Abbildung 4.27).377 So brachte sie sehr deut­lich das Bild einer ‚Unterentwicklung‘ des afrikanischen Kontinents, der die Unterstützung der ‚überlegenen‘ europäischen Zivilisation nötig hätte, in der Werbebotschaft zur Sprache. Es waren genau diese Botschaften, die EAS bereits Mitte der 1950er Jahre nach der Durchführung der Werbewirkungsstudie zu Imagewerbung verwarf, weil diese auf deut­liche Kritik und Ablehnung bei dem afrikanischen Publikum gestoßen waren. In der Zeitschrift West Africa sollten solche Kampagnen allerdings weniger ein afrikanisches Publikum, sondern vielmehr eine Leserschaft europäischer Investoren erreichen und von der ‚Entwicklungsfähigkeit‘ des Kontinents überzeugen.

377 Imagewerbung der Barclays Bank, abgedruckt in: West Africa, 2. Februar 1963, S. 122.

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Advertising the African Dream?

Abbildung 4.27: Image­ werbung der Barclays Bank, 1963

Das Magazin Drum hingegen zeigte fast keine Imagewerbung, sondern fast ausschließ­lich Werbung für günstige Konsumgüter des Alltags, wie Zahnpasta, Dosenmilch oder Patentmedizin. Ein Teil der Werbung war von WAP geschaltet, den größeren Teil jedoch machten panafrikanische Kampagnen oder Anzeigen aus dem süd­lichen Afrika aus. Es lag vermut­lich am breiten Publikum der Zeitschrift sowie an ihrer stark auf Unterhaltung ausgerichteten Berichterstattung, dass die Werbung kaum die Bildungselite zeigte und überhaupt wenig die Kultur der Konsumenten in den Vordergrund stellte. West Africa Publicity schaltete zudem in lokalsprachigen Zeitungen Werbung, allerdings nicht in großem Umfang. Diese wurden zumeist in länd­lichen R ­ egionen von einer begrenzten Leserschaft gesehen, die Auflage war gering und die Medien erschienen zumeist nur wöchent­lich. WAP verwendete dabei als Vorlage die g­ leichen Bilder, welche als Dias in den Kinosälen gezeigt wurden, wohl weil diese deut­lich

Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre

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mehr auf leicht verständ­liche Bildsprache ausgelegt waren als die Anzeigen in den Printmedien. Die Agentur ließ den Werbetext in die verschiedenen lokalen ­Sprachen übersetzen, um den Teil des alphabetisierten Publikums zu erreichen, der nicht des Eng­lischen mächtig war.378 Koloniale Visionen oder afrikanische Hoffnungen? Resümee

Insgesamt lässt sich also ein deut­licher Wandel der Botschaften der Printwerbung in der Nachkriegszeit erkennen. Der Typus des modernen afrikanischen K ­ onsumenten, der in den 1930er Jahren erstmals seinen Weg in die Bilderwelten fand, setzte sich nun durch und dominierte die Illustrationen bald. Europäische Konsumenten wurden damit von den Bildern verdrängt. Mit diesem Wandel veränderten sich auch die Werbebotschaften. Mit der Darstellung städtischer Elite sollte die breite Bildungsschicht, die wichtigste Leserschaft der Zeitungen, für den Konsum der beworbenen Produkte gewonnen werden.379 Auf ein halb-alphabetisiertes Publikum verweist vor allem die stärkere Betonung der Illustration sowie die Reduzierung des Textes auf wenige, plakative Botschaften. Man muss an dieser Stelle allerdings unterstreichen, dass für die Werbeagentur die gesamte Nachkriegszeit hindurch die Außenwerbung das wichtigste Medium blieb, mit dem sie einen afrikanischen Massenmarkt erreichen wollten.380 In der Printwerbung zeigten die Illustrationen afrikanische Konsumenten, die hohe soziale Anerkennung, beruf­lichen Aufstieg und wirtschaft­liche Prosperität verzeichnen konnten. Die Konsumenten waren jung, modern und erfolgreich aufgrund individueller Leistung. Dies spiegelte auch den kulturellen Hintergrund der Werber, die diese auch in Europa und den USA angewandten Werbetechniken im Westafrika zur Anwendung brachten. Während die Lebensrealität und Kaufkraft der dargestellten Konsumenten im Europa der 1950er Jahre von einer breiten Mittelschicht nachgeahmt werden konnte, fanden in Westafrika solche Darstellungen ihr Pendant nur in der Lebensrealität einer kleinen Elite. Damit boten die Werber den urbanen Zeitungslesern und potentiellen Konsumenten Figuren zur Iden­ tifikation an, von deren Reichtum, Bildung und Lebensstandard die allermeisten Stadtbewohner nur träumen konnten. Diese Figuren müssen auch als Vorstellungen der Werber begriffen werden, wie moderne westafrikanische Konsumenten auszusehen und sich zu verhalten hätten. Auch in west­lichen Gesellschaften zeigten Werber nicht den tatsäch­lichen 378 Interview Kwame Akatu; Akatu, Short History of Advertising in Ghana, S. 2. 379 Interview Peter Brown Wood. 380 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.).

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Durchschnittskonsumenten, sondern gut situierte urbane Mittel- und Oberschichten, nicht zuletzt um damit ‚moderne‘, ‚gehobene‘ Formen des Konsums in der Gesellschaft zu fördern. Auch wurde für die US-amerikanische Werbebranche gezeigt, dass sich die Werber bei der Darstellung von Konsumenten nicht nur am mutmaß­lichen Gefallen des angesprochenen Publikums orientierten. Die Werbung musste zudem bei den Branchenkollegen sowie bei den Marketingmanager der Unternehmen Gefallen finden, die die Kunden der Agenturen waren – beides erhöhte die persön­liche Reputation des Werbedesigners, was in der schnelllebigen Branche von großer Bedeutung war.381 In Anlehnung daran lässt sich für die Werbeproduzenten von EAS eine ähn­liche Dynamik vermuten, denn auch sie mussten europäische Unternehmen davon überzeugen, dass in Westafrika ein großer Interessentenkreis für ihre Produkte existierte. Dies wird ebenfalls dazu geführt haben, die dargestellten afrikanischen Konsumenten in Kultur und Kaufkraft einem europäischen Ideal des gutsituierten, konsumfreudigen Bürgers anzupassen. Werbung kann so als Sprachrohr von Vorstellungen moderner Kolonialsubjekte aus der Metropole gelesen werden. Dennoch muss andererseits betont werden, dass sich die Werbung auch in vieler­ lei Hinsicht auf Kultur, Identität und politische Fragen der Bevölkerung Ghanas bezog. Die Bilder zeigten eine urbane Schicht und Kultur, für die Zivilisiertheit und Modernität sehr wichtig war, ebenso wie die Aneignung west­lich-europäischer kultureller Bezüge eine große Rolle spielte. Diese Schicht hatte eine große Strahlkraft auf Zeitgenossen, die zwar nicht über die Kaufkraft dieses zahlenmäßig kleinen Teils verfügten, ihren Lebensstil sich aber für ihre eigene Zukunft erhoffte. Somit kann man in Anlehnung an Marchand sagen, dass die westafrikanische Werbung in den 1950er Jahren nicht nur Produkte, sondern auch einen afrikanischen Traum bewarb.382 Sie bewarb wirtschaft­lichen Aufschwung und Industrialisierung, Teilhabe an diesem Wohlstand, Teilhabe an einer kosmopolitischen Stadtkultur, Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen, Zugang zu Bildung, individuellen beruf­lichen Erfolg und kulturelle Kleinfamilienkonstellationen mit klaren Geschlechterrollen. Außerdem bezogen sich manche Anzeigen klar auf entwicklungspolitische Diskurse und Praxen und damit verbunden auf den weit verbreiteten Glauben an die Mög­lichkeiten, welche diese für Gesellschaften der Metropolen wie der Kolonien gleichermaßen bieten würden. Vor allem aber zeigte die Werbung eine Welt, in der sowohl alltäg­liche Konsumgüter als auch Luxusgegenstände allgegenwärtig und ganz selbstverständ­lich verfügbar waren. Indem sie diese mit Hoffnungen 381 Laird arbeitet in ihrer Monographie den Übergang von der Orientierung der Werbung an den Wünschen der Unternehmenseigentümer zur Orientierung an dem Urteil der Werbe­ branche sowie am Geschmack der Konsumenten heraus. Laird, Advertising P ­ rogress. Siehe auch: Marchand, Advertising the American Dream, S. 80 – 83. 382 Marchand, Advertising the American Dream.

Moderne Konsumenten in der Printwerbung der 1950er Jahre

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und Erwartungen, die mit der politischen Unabhängigkeit verbunden waren, verknüpfte, versprach sie gleichsam eine enge Verbindung von Konsum, Wohlstand und politischer Unabhängigkeit. Die Werbung griff zudem politische Forderungen und Erwartungen von Seiten afrikanischer Nationalisten auf. Diese Ergebnisse stehen im deut­lichen Widerspruch zur Analyse Anandi ­Ramamurthys, in der Werbung als ideolo­gisches Sprachrohr imperialistischer Interessen dargestellt wird, die in Zeiten politischer Umbrüche die Interessen europäischer Wirtschaft und Politik verbreitete. Eine Analyse der Werbung, die sich tatsäch­lich an afrikanische Konsumenten und nicht an europäische Inves­ toren richtete, sowie des kulturellen Hintergrunds der Werbeproduzenten ergibt ein gänz­lich anderes Bild. Letzt­lich wird die Bildungsschicht aus einer Mischung verschiedener Gründe im Zentrum der Printwerbung gestanden haben. Die Werber, so ist anzunehmen, sprachen diese Gruppe gezielt als Kunden an, weil sie deren Interesse an impor­tierten Konsumgütern sowie ihre relativ hohe Kaufkraft kannten. Zudem ermög­lichte die Aneignung europäisch-west­licher Elemente in der Kultur der Bildungsschicht den Werbefachleuten am ehesten, diese als ‚ihre‘ Kunden zu sehen. Die Werber ­verbanden mit der Darstellung moderner Konsumenten einen Missionsauftrag, bei dem die Werbebilder nicht zuletzt dazu dienten, den Kunden der Agenturen das Bild eines kaufkräftigen afrikanischen Marktes zu präsentieren, in dem sich Investitionen mit Sicherheit lohnen würden. Doch auch die ersten afrikanischen Werber führten diese Botschaften zunächst kaum verändert fort, wohl weil sie ebenso von deren positiver Strahlkraft überzeugt waren.383 Die politischen Bewegungen speisten sich auch aus enttäuschten ­Hoffnungen afrikanischer Protagonisten, die von den Kolonialmächten zwar rhetorisch genährt, aber praktisch kaum erfüllt wurden. In diesem Kontext lässt sich sagen, dass die Werbung die Teilhabe an Konsumwelten täg­lich zeigte und so gewiss auch Erwartungen und Wünsche um deren Erfüllung anfachte. Gleichzeitig avancierte der Konsum importierter Güter auch immer stärker zum Mittel einer neuen Mittelschicht, sich als Teil einer urbanen Moderne sichtbar zu machen und griff damit auch Privilegien einer afrikanischen Elite an. Die Werbung versprach eine Zuge­ hörigkeit zu dieser Elite, die ledig­lich an die Mög­lichkeit gebunden war, die importierten Güter zu erwerben. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dass diese Werbebotschaften immer funktionierten und nie auf Kritik stießen. Van den Bersselaar hat gezeigt, dass die Etablierung von Gin als Konsumobjekt der modernen Stadtkultur in den 1950er Jahren scheiterte, da sich dafür bereits eine völlig andere lokale Bedeutung und

383 Interview Kwame Akatu.

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Advertising the African Dream?

Verwendung fest in der ghanaischen Gesellschaft verankert hatte.384 Dies zeigt sehr deut­lich die Grenzen, auf die solche Werbung in westafrikanischen Gesellschaften stoßen konnte. Auch existierten länd­liche soziale Schichten, die sich eine Teilhabe an den importierten Konsumwelten nicht leisten konnten und für die die Darstellung einer städtischen Populärkultur wenig Bezug auf ihre eigene Lebensrealität ermög­lichte. Hier gab es auch Eliten, deren Identität sich aus dem speiste, was sie als ihre jahrhundertelange Tradition bezeichneten. Zuletzt soll nochmals darauf verwiesen werden, dass eine Kritik an der Unerreichbarkeit dieser Konsum­welten in den politischen Bewegungen eine wichtige Rolle spielte und sich etwa in den Accra Riots äußerte. Diese Kritik kann im Kontext von Versprechungen einer Werbewelt gelesen werden, die in der sozialen Realität der breiten Schichten der ghanaischen Bevölkerung kaum erfüllt werden konnten.

6. Zusammenfassung Die Werbebranche begann in den 1950er Jahren erstmals, einen Teil des Designs und der Produktion des Werbematerials nach Westafrika zu verlagern und band so zum ersten Mal auch afrikanische Werbefachleute in diesen Prozess ein. Gleichzeitig erweiterten die Handelsunternehmen ihr Spektrum an Marketingtechniken und brachten Verkaufstechniken wie Kaufhäuser mit Selbstbedienung, Verkaufsausstellungen oder Wettbewerbe für bestimmtes Konsumverhalten, wie beispielsweise eine ‚Bake-a-cake-competition‘, nach Westafrika. All diese Techniken zielten nicht nur auf eine Steigerung des Konsums von Importprodukten, sondern auch auf eine Einflussnahme auf die Art und Weise des Konsums. Gleichzeitig begannen die europäischen Werber erstmals, sich im Werbedesign nicht mehr ausschließ­lich auf ihr Wissen über die lokalen Gesellschaften zu stützen und die afrikanischen Werberezipienten auf ihre Wahrnehmung zu befragen. Damit erkannten sie einerseits erstmals die Deutungsmacht der afrikanischen Bildbetrachter an, analysierten diese andererseits aber in imperialistischen und auch rassistischen Denkmustern. Die Werber verbanden mit der Schaffung von Konsumbedürfnissen die Schaffung moderner kolonialer Konsumenten. Die Printwerbung zeigte eine prosperierende Mittelschicht und eine florierende Wirtschaft, während gleichzeitig Konsum­güterknappheit und Arbeitslosigkeit den Alltag der Städte prägten. Sie griff dabei Selbstdarstellung, Strahlkraft und Attraktion der urbanen Elitenkultur auf. Die Bildungsschicht erfuhr in der Printwerbung einen enormen Aufstieg und

384 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. besonders S. 225 – 246; Ders., Who Belongs to the Star People.

Zusammenfassung

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repräsentierte dort den Idealtypus eines afrikanischen Konsumenten. So wandelte sich das spätkoloniale Identifikationsmodell der Printwerbung: Wurden noch bis Mitte der 1930er Jahre die Mitglieder der afrikanischen Elite mit der Darstellung europäischer Konsumenten angesprochen, so umgarnte die Werbung der 1950er Jahre die afrikanische Masse mit der Darstellung der lokalen Elite. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit erweiterte sich die ghanaische Werbe­ branche und einige weitere internationale Agenturen etablierten sich in der jungen Postkolonie. Die Visionen europäischer Werbeexperten unterschieden sich zunächst kaum von denen ihrer neuen afrikanischen Kollegen: Diese sollten das Erscheinungsbild der Werbung erst im Laufe der 1960er Jahre verändern. Dieser Wandel und die Gründe dafür werden im folgenden Kapitel analysiert.

V. Werbung, Industrialisierung und junge Postkolonie: Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren Die Werbebranche durchlief im unabhängigen Ghana der 1960er Jahre einen grundlegenden Wandel. Dieses Kapitel fragt danach, wie sich die veränderten wirtschaft­lichen und politischen Bedingungen auf die Organisation der Agenturen, die Herstellung der Werbebilder und die Durchführung von Marktforschung auswirkten. Nach der Hochkonjunktur der 1950er Jahre geriet das Land zunehmend in eine wirtschaft­liche Stagnation und Krise. Gleichzeitig war Industrialisierung das Gebot der Stunde. Die industrielle Fertigung von Konsumgütern etablierte sich in Westafrika, was den Aufbau einer geschlossenen Ökonomie mit sich brachte. Die großen Handelsunternehmen durchliefen grundlegende Umstruktu­rierungen und bauten in den jungen Nationen weitgehend selbstständige Tochterunternehmen auf, die sich im weiterverarbeitenden Sektor spezialisierten. Wie wirkte dieser Strukturwandel auf den Umgang der Unternehmen mit den afrikanischen Konsumenten und auf die Werbeagenturen? Die Afrikanisierung der Wirtschaft, die von der Regierung vehement gefordert und von den großen Unternehmen in den 1960er Jahren auch zunehmend umgesetzt wurde, brachte auch in den Agen­ turen Veränderungen mit sich. Sie führte zur Herausbildung der ersten G ­ eneration afrikanischer Marketingfachleute und Werbedesigner. Dieses Kapitel fragt nach Konti­nuitäten und Brüchen infolge dieser Veränderungen. Welche Haltungen und Intentionen brachten die afrikanischen Mitarbeiter in die Branche mit? Wie wirkte sich das auf die Herstellung der Werbung aus? Die Werbung selbst wird danach befragt, inwiefern sich die Veränderungen in der politischen Ideologie unter den Regierungen Ghanas der 1960er Jahre in ihr zeigten.

1. Industrialisierung, Afrikanisierung und Nkrumahismus in Ghana Bereits in der Nachkriegszeit hatten die Regierungen sowie die großen Handels­ unternehmen mit dem industriellen Aufbau in Westafrika begonnen. 1 In der Gold Coast entstanden in den 1950er Jahren erste große Fertigungsanlagen, da der Absatzmarkt in Westafrika soweit gewachsen war, dass sich die lokale



1 Butler, Lawrence J.: Industrialisation and the British Colonial State. West Africa, 1939 – 1951, London/Portland 1997.

Industrialisierung, Afrikanisierung und Nkrumahismus

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Fertigung profitabel betreiben ließ.2 Doch auch politische Faktoren waren für diese Entwicklung ausschlaggebend. Koloniale Regierungen sowie euro­päische Handels­firmen profitierten von der offenen Ökonomie Westafrikas und wussten bis zum Zweiten Weltkrieg durchaus Industrialisierungsinitiativen zu ­blockieren.3 Mit dem Aufschwung der Unabhängigkeitsbewegung wurden Forderungen afrikanischer Politiker und Unternehmer nach einer Industrialisierung der Kolonien immer lauter. „At every turn we were pressed with the cry of industrialisation“, berichtete die Watson Commission, die 1948 nach den Ursachen für die Accra Riots suchte. Sie empfahl den Aufbau von Industrie im sekundären Sektor, wie etwa die Herstellung von Seife, Möbeln oder Dosenfisch.4 In der Entwicklungstheorie spielte der Aufbau der Industrie eine wichtige Rolle und war Teil der kolonialen development plans. Sie wurde nun auch von k­ olonialen Politikern und Bürokraten für die Kolonien gefordert, wie etwa von dem Fabian Colonial Bureau, aus dessen Reihen der Kolonialminister Arthur Creech Jones stammte.5 Der Wirtschaftswissenschaftler W. Arthur Lewis empfahl 1953 ebenfalls einen begrenzten Aufbau weiterverarbeitender Industrie für die Ökonomie der Gold Coast.6 Für die erste Regierung der Gold Coast stand ebenso die Industrialisierung im Zentrum der Wirtschaftspolitik.7 Kwame Nkrumah, der 1949 versprochen hatte, das Land innerhalb von zehn Jahren in ein Paradies zu verwandeln, fühlte sich dabei von sozialistischen Ideen angezogen und wollte in Ghana eine sozialistische Gesellschaft aufbauen.8 Zunächst verfolgte er jedoch eine Wirtschaftspolitik, die ausländische Investitionen aus west­lichen Ländern förderte. Das prominenteste und größte Projekt war dabei der Bau des Volta-River-Staudamms sowie einer Aluminiumschmelze







2 Hopkins, An Economic History, S. 243. Zur Wirtschaftspolitik der unabhängigen afrikanischen Nationen in den 1960er Jahren siehe: Fieldhouse, Black Africa; Austen, An Economic History, S. 197 – 261. 3 Ebd., S. 132 ff.; Agbodeka, An Economic History of Ghana, S. 134 – 151. 4 Colonial Office: Report of the Commission of Enquiry into Disturbances in the Gold Coast 1948, London 1948, S. 54 f.; Agbodeka, An Economic History of Ghana, S. 135. 5 Finsterhölzl, Das Fabian Colonial Bureau und die koloniale Reformpolitik. 6 Lewis, Arthur W.: Report on the Industrialisation of the Gold Coast [Ghana, 1953], in: George Dalton (Hg.): Economic Development and Social Change. The Modernization of Village Communities, New York 1971, S. 597 – 618. Hierbei handelt es sich um eine gekürzte Fassung des 1953 in Accra veröffent­lichten Originalberichts. 7 Vgl. zur Wirtschaft Ghanas in den 1960er Jahren: Rimmer, Staying Poor, S. 69 – 132; ­Birmingham, W./Neustadt, I./ Omaboe, E. N. (Hg.): A Study of Contemporary Ghana, Bd. 1: The Economy of Ghana, London 1966. 8 Nkrumah, Kwame: The Autobiography of Kwame Nkrumah, New York 1957, besonders S. vii–xi.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

in Akosombo in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Kaiser Aluminium ­Company of America. Der Bau dauerte von 1961 bis 1965.9 In den 1960er Jahren wuchs der industrielle Sektor stark. Fabriken für die Herstellung von Zigaretten, Insektiziden, Ziegelsteinen und Fliesen, für die Weiterverarbeitung von Tomaten und Milch, aber auch Stahlwerke und Fertigungsanlagen für Kraftfahrzeuge entstanden in Ghana.10 Eine Untersuchung zeigte, dass im Jahr 1960 von 43 verschiedenen Gütertypen, die im Wert von über einer Million Cedi importiert wurden, nur elf ebenso in Ghana hergestellt wurden. Im Jahr 1970 hatte sich diese Zahl verdreifacht: Von den 43 eingeführten Gütertypen wurden bereits 33 auch vor Ort produziert. Die rest­lichen zehn Typen, die weiterhin ausschließ­lich importiert wurden, waren vornehm­lich Maschinen und Transportapparaturen – ein Verweis auf den hohen Grad von Importsubstitution im Konsumbereich, der in diesen Jahren stattfand.11 Doch das erhoffte Wirtschaftswachstum blieb aus. Durch Planungsfehler, Misswirtschaft und zunehmende Korruption schrieben viele Unternehmen Verluste. Die Regierung häufte im Ausland hohe Schulden an. Hinzu kam ein Verfall der Preise für Kakao, der noch immer die wichtigste Einnahmequelle des Landes darstellte.12 Der Lebensstandard der ghanaischen Bevölkerung verschlechterte sich in den 1960er Jahren dramatisch und die Preise für Konsumgüter stiegen stark an.13 Den zunehmenden Streiks begegnete Nkrumah jedoch mit immer repressiveren Maßnahmen.14 In der ersten Hälfte der 1960er Jahre näherte sich Nkrumah stark dem kommunistischen Lager im Kalten Krieg. Er verkündete den Aufbau eines den Bedingungen Afrikas angepassten Sozialismus in Ghana und rief als neue Ideologie den Nkrumahismus aus. Dies ging mit einer zunehmenden Unterdrückung der politischen Opposition und der Pressefreiheit, dem Abbau des Rechtsstaats und mit immer mehr Machtkonzentration auf seine Person einher. Ein großer öffent­licher Sektor und eine starke Stellung des Staates im Wirtschafsleben sowie der Abbau von privatwirtschaft­lichen Unternehmen waren die wichtigsten wirtschaft­lichen

9 Decker, Stephanie: Corporate Political Activity in Less Developed Countries. The Volta River Project in Ghana, 1959 – 1966, in: Business History 53 (2011) 7, S. 993 – 1017. Stephan Miescher arbeitet an der University of California Santa Barbara derzeit an einem Projekt mit dem Titel „Akosombo Stories: The Volta River Project, Modernity, and Nationhood in Ghana“, das für diese Dissertation noch nicht einsehbar war. 10 Gocking, The History of Ghana, S. 121. 11 Fieldhouse, Black Africa, S. 142. 12 Rimmer, Staying Poor, S. 69. 13 Die UAC erhob seit 1948 einen Preisindex für die Importwaren, unter anderem am Beispiel von Accra. Das durchschnitt­liche Preisniveau stieg dort allein zwischen 1957 und 1964 um 40 Prozent. Statistics, in: Statistical and Economic Review 30 (1965), S. 52 – 59, hier S. 55. 14 Gocking, The History of Ghana, S. 133 f.

Industrialisierung, Afrikanisierung und Nkrumahismus

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Punkte dieses Programms.15 1961 wurde die Ghana National Trading Corporation ins Leben gerufen, die den Großteil des Import-Export-Handels abwickelte. Viele weitere Bereiche der Industrie wurden verstaat­licht.16 Mit Importlizenzen richtete Nkrumah den Handel auf die Länder des Ostblocks aus, sodass von dort 1966 etwa 20 Prozent der Einfuhren stammten. Zudem unterbrach er die diplomatischen Beziehungen zu Groß­britannien. Doch diese politischen Maßnahmen führten das Land nur tiefer in die wirtschaft­liche Krise, verstärkten Konsumgütermangel und ließen den Lebensstandard der Bevölkerung weiter sinken.17 In diesem Klima putschte 1966 das Militär und etablierte eine Übergangs­ regierung unter dem Namen National Liberation Council (NLC). Diese Entwicklung entsprach der Erfahrung vieler afrikanischer Nationen in den 1960er und 1970er Jahren, in denen das Militär die erste Generation politischer Amtsinhaber entmachtete.18 Nkrumah flüchtete nach Guinea, wo er politisches Asyl erhielt. Das NLC unterbrach die Beziehungen zu den sozialistischen Staaten und nahm die wirtschaft­lichen sowie diplomatischen Beziehungen zu den Westmächten wieder auf. Ebenso förderte es das Entstehen ghanaischen Privatkapitals. Das NLC gab Ghana eine neue Verfassung und hielt 1969 Wahlen ab, aus denen die neugegründete Progress Party (PP) mit Kofi Busia an der Spitze siegreich hervorging. Diese Partei führte die Wirtschaftspolitik des NLC fort und erließ wie zuvor bereits das NLC Gesetze zur „Ghanaization“ 19 der Wirtschaft, mit denen sie den Anteil an ausländischem Kapitel einzuschränken und privates Unternehmertum in der lokalen Bevölkerung zu fördern suchte. Die demokratisch gewählte Regierung hielt sich allerdings nur bis zum Januar 1972. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie duch einen erneuten Militärputsch entmachtet.20 Vor dem Hintergrund dieser politischen Ereignisse veränderte die UAC – wie auch die anderen großen Handelshäuser – ihre Struktur und Ausrichtung grundlegend in einem langsamen Prozess seit den 1950er Jahren, vor allem aber in den frühen 1960er Jahren. Zunehmende Konkurrenz untereinander sowie durch Neuankömmlinge drückte Preise und Profit; die stark erweiterte Produktpalette benötigte hohen Kapitaleinsatz und machte es schwierig und ökonomisch unattraktiv,

15 Rimmer, Staying Poor, S. 84 f. 16 Gocking, The History of Ghana, S. 134. 17 Rimmer, Staying Poor, S. 93; Gocking, The History of Ghana, S. 137. Zur Außenpolitik vgl.: Thompson, W. Scott: Ghana’s Foreign Policy, 1957 – 1966, Princeton 1969. 18 Marx, Christoph: Geschichte Afrikas. Von 1800 bis zur Gegenwart, Paderborn u. a. 2004, S.  285 – 291. 19 Gocking, The History of Ghana, S. 147 – 163, hier S. 157. 20 Ebd. Vgl. außerdem ausführ­lich: Austin, Dennis/Luckman, Robin (Hg.): Politicians and Soldiers in Ghana, 1966 – 1972, London 1975.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

weiterhin alle Bereiche des Import-Export-Handels abzudecken. Hinzu kam, dass erstmals Industrialisierung als wirtschaft­liche wie auch als politische Option attraktiv wurde. Die Produktion vor Ort war kostengünstig und ermög­lichte es außerdem, die hohen interkontinentalen Transportkosten einzusparen. Zudem bestand nicht geringer politischer Druck der neuen afrikanischen Regierungen auf die Unternehmen, sich aus dem Import-Export-Handel zurückzuziehen.21 Diese Faktoren führten dazu, dass seit Beginn der 1960er Jahre die UAC den Ausbau von weiterverarbeitender Industrie als zukunftsweisende Strategie des Unternehmens betrachtete. Besaß die UAC 1945 noch so gut wie keine Fertigungs­anlagen in Westafrika, so waren in den 1960er Jahren ihre industriellen Aktivi­täten in West-, Ost- und Zentralafrika breit gefächert. Sie unterhielt B ­ rauereien, ­Fabriken zur Zement- und Plastikherstellung, sie betrieb die Produktion von ­Textilien, Dosennahrung, Betten und Matratzen und nannte Fahrrad- sowie Autofabriken ihr Eigen.22 In diesem Veränderungsprozess hatte sich die UAC bis 1960 weitgehend aus dem Einzelhandel zurückgezogen und diesen in afrikanische Hände abgegeben. In Ghana musste die UAC den Rang des größten Import-Export-Unternehmens an die Ghana National Trading Corporation abtreten. Sie konzentrierte ihre Aktivi­ täten in diesem Bereich auf den Betrieb der Kaufhauskette Kingsway und trat sonst in der Funktion des spezialisierten Importeurs auf. Auch den Exporthandel, der aufgrund steigender Konkurrenz afrikanischer Händler und politischem Drucks der neuen Regierungen unattraktiv geworden war, verließ sie weitgehend.23 Eine weitere wichtige Veränderung in der Unternehmenspolitik war die Afrikanisierung des Managements. Diese war bereits in den 1950er Jahren als politische Richtlinie ausgegeben wurden. Zunächst stieg zwar die Beteiligung von Afrikanern in höheren Managementebenen in absoluten Zahlen, aber erst zu Beginn der 1960er Jahre erfolgte auch ein Anstieg des Anteils der afrikanischen Manager an der Gesamtzahl der UAC-Manager. Erst in den 1960er Jahren verfolge die UAC eine gezielte Politik, Posten von europäischen Managern mit Afrikanern zu besetzen.24 Während es 1939 im gesamten Unternehmen nur 39 afrikanische Manager gab, was etwas mehr als sechs Prozent der Gesamtzahl der Manager der UAC ausmachte, waren es 1956 schon 231 und 1958 335 Manager, in etwa 23 Prozent der Gesamtzahl.25 1963 stieg die Zahl nochmals und nun waren 496 afrikanische Manager angestellt, was bereits 37 Prozent des Managements ausmachte.26 21 22 23 24 25 26

Fieldhouse, Merchant Capital, S. 382 – 410. Ebd., S.  495 – 584. Ebd., S.  411 – 448. Ebd., S.  375 – 382. Statistics, in: Statistical and Economic Review 27 (1962), S. 52 – 59, hier S. 56. Statistics, in: Statistical and Economic Review 29 (1964), S. 65 – 73, hier S. 69.

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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2. Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen der UAC Spezialisierungsprozesse und neue Marketingmethoden

Die Werbeagenturen der UAC sollten sich in den 1960er Jahren in verschiedener Hinsicht fundamental wandeln. Die Arbeitsteilung zwischen dem Londoner Zentrum und den westafrikanischen Filialen, das Dienstleistungsspektrum, die Rolle und Funktion der afrikanischen Mitarbeiter sowie der Blick auf die afrikanischen Konsumenten veränderte sich. Hintergrund dieser Prozesse war eine neue Rolle und Bedeutung, welche die UAC Marketing und Werbung zumaß. Der Begriff Marketing bezeichnete in der UAC im Bereich des Rohstoffexports sowie im Importhandel bis in die späten 1950er Jahre Preispolitik, Distributionspolitik und Produktpolitik. Der Kommunikation mit den Kunden, die eigent­lich bei den allermeisten Marketing-Methoden nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle spielte, maß die UAC jedoch wenig Bedeutung zu.27 Bis zu Beginn der 1960er Jahre wurde Konsumgüterwerbung für ein afrikanisches Publikum von Europäern hergestellt, deren selbstverliehener Status als Kenner des Kontinents als Kompetenz hierfür ausgereicht hatte. Die Durchführung von Marktforschung hielten Marketingmanager der UAC dabei für nicht notwendig: Einen in Europa und den USA üb­lichen Blick auf Wünsche, Bedürfnisse und Konsumkultur der Konsumenten wagte man ebenso wenig, wie man die Zielgruppe der afrikanischen Konsumenten nach Einkommen, Alter und sozialer Schicht zu unterteilen versuchte.28 Eine Reihe von Faktoren brach nun in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren dieses Gefüge der Kolonialzeit auf. Der wachsende Markt für Konsumgüter zog in den 1950er Jahren industrielle Investoren nach Westafrika, welche für ihre Konsumgüter professionelles Marketing und Werbung auf dem ihnen ­vertrauten europäischen Standard wünschten.29 Da zeitgleich zunehmend Konkurrenz von internationalen Werbeagenturen entstand, musste die UAC sich mit solchen

27 Bubik, Roland: Geschichte der Marketing-Theorie. Historische Einführung in die ­Marketing-Lehre, Frankfurt am Main 1996, besonders S. 137 – 146. 28 Schröter, Zur Geschichte der Marktforschung. 29 Vgl. für Nestlé die zahlreichen Korrespondenzen in: Länderdossier Gold Coast, 1955/56, AHN NES/C1.3/3230; West Africa, Report on Visit to Douglas, 4.–7. Juli 1955, AHN NES/ C1.3/3200. Siehe auch: Gloor, Max: Ein Leben mit Nestlé. Auch Multis sind mensch­lich, Stäfa 1990, S. 56 – 86 sowie S. 130 – 162.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Ansprüchen auseinandersetzen, wenn sie mit ihrem Serviceangebot auf dem expandierenden Markt weiterhin eine führende Position halten wollte.30 Doch die meisten Manager der UAC teilten diese Einsicht in die Notwendigkeit neuer Marketingmethoden nicht. So kam es zu einem Konflikt zwischen dem UAC-Kunden Raleigh Industries und der UAC, als der Fahrradhersteller eine Marketing­konferenz in Lagos abhielt. Die Vertreter aus Nottingham waren entsetzt über das fehlende Wissen über Zielgruppen, Einkommen und Verkaufsverhalten der Kunden bei der UAC. Es kam zu einer offenen Auseinandersetzung über die verschiedenen Herangehensweisen im Bereich Marketing: „When (…) the conference got rolling, a mood of frustration and disillusionment spread through their [die Vertreter von Raleigh Industries, d. V.] ranks. Questions on market target groups, consumer incomes, the reason for purchase (…) evoked responses that were either vague or negative. For the UAC managers it was all entirely irrelevant and intensely irritating. For them, the questions that mattered most was, ‚What’s the situation on the supply front?‘ or, ‚When are the next deliveries due to be shipped in?‘ (…) When WAP’s turn arrived for making its advertising presentation, prejudice and scepticism already filled the air. An augury for acceptance did not even exist. Every aspect of the recommendation was challenged and then blasted to fragments by a client who was genuinely shaken by what he called a ‚marketing wilderness‘.“ 31

Solche Konflikte mit für die UAC wichtigen Kunden übten auf den Konzern durchaus Druck aus, die Richtlinien für die Marketingpolitik zu überdenken. Doch auch die UAC veränderte sich in den oben skizzierten Wandlungsprozessen und richtete sich auf industrielle Fertigung und Eigenproduktion von Konsumgütern aus. Diese Güter mussten auf dem immer stärker umkämpften westafrikanischen Markt eingeführt und etabliert werden. Dies war der wichtigste Faktor 30 Für Ghana wurde dies bereits im vorangegangenen Kapitel erläutert. Grundsätz­lich expandierte die britische Werbeindustrie verstärkt in den 1960er Jahren in inter­nationale Absatzmärkte, auch in die ehemaligen Kolonien des britischen Empires. Vgl. dazu: Schwarzkopf, Transatlantic Invasions of Common Culture, S. 263. Dies führte in der wissenschaft­lichen Literatur erstmals zu einer Beschäftigung mit Werbe- und Marketingstrategien in ‚Entwicklungsländern‘, wobei sich nun auch Publikationen auf Afrika bezogen. Vgl. etwa: Marcus, Edward: Selling the Tropical African Market, in: Journal of Marketing 25 (1961) 5, S. 25 – 31; Baker, Raymond W.: Marketing in Nigeria, in: Journal of Marketing 29 (1965) 3, S. 40 – 48; Boyd, Harper W. Jr./Frank, Ronald E./Massy, William F./Zoheir, Mostafa: On the Use of Marketing Research in the Emerging Economies, in: Journal of Marketing Research 1 (1964) 4, S. 20 – 23; Copulsky, William: Forecasting Sales in Underdeveloped Countries, in: The Journal of Marketing 24 (1959) 1, S. 36 – 40. 31 Fifty Years Growing, S. 25 f.

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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dafür, die Agenturen und ihre Dienstleistungen umzustrukturieren. Denn damit entstand nicht nur ein neuer Bedarf nach Werbung und Marktforschung innerhalb der UAC, sondern auch eine neue Generation von Managern, für die Kunden­ kommunikation eine hohe Bedeutung hatte und die diesen Standpunkt innerhalb der UAC vehement vertraten.32 Die UAC-Gruppe baute eine eigene Abteilung im Unternehmen auf, welche die neue Marketingpolitik um- und durchsetzen sollte. Die Angestellten dieser Abteilung bereisten die UAC-Unternehmen und berieten die Manager.33 Auch in Westafrika wurden solche Marketingberater in den UAC-Unternehmen zum Einsatz gebracht.34 Gleichzeitig drängten die Werbeexperten das UAC-Management, die Dienstleistungen im Bereich Marketing auszubauen. Im UAC-Direktorium forderte ein EAS-Manager, „the Agency staff should include a Marketing Specialist as there was not a strong marketing element on the clients side in West Africa. The Agency needed to be authoritative in the advice it gave and within W. A. P. it was the marketing attitudes that required developing.“ 35 Dieser Neuaufbau von Marketingexpertise im Unternehmen sorgte für Konflikte unter den Managern der UAC. Die während der Kolonialzeit eingestellten und aufgestiegenen Mitarbeiter des Konzerns brachten den neuen Praktiken Widerstand und Misstrauen entgegen. Der wind of change blies durch das Unternehmen und nicht alle der Manager aus Kolonialzeiten waren mit den Umbrüchen e­ inverstanden. So klagte A. C. C. Baxter, ein Mitglied des UAC-Direktoriums, der auf der Suche nach einem Marketing-Experten als Berater für die nigerianische UAC war: „It seemed almost impossible to find the quality of man, with a sufficiently broad range of ability which would enable him to (…) deal with our own professionalism on Africa without upsetting our people (…).“ 36 Auch der EAS-Manager McKinnell beklagte sich 1961 über „the lack of marketing experience“ vieler UAC-Manager: „They were good commercial managers, but without any specialised knowledge of marketing or of the tools of marketing, such as advertising.“ 37 Im UAC-Direk­ torium sprachen die höchsten UAC-Manager von einem „educational progress“,

32 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2); Fifty Years Growing, S. 26 und 29. 33 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 12. November 1962, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Record of Meeting of Chairman’s Committee, o. J. [November 1962], UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 34 Record of Meeting of Chairman’s Committee, o. J. [November 1962], UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 35 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 12. November 1962, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 36 Record of Meeting of Chairman’s Committee, o. J. [November 1962], UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 37 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juli 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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den viele Manager der UAC -Unternehmen durchlaufen müssten, damit diese moderne Marketingmethoden akzeptierten.38 Doch trotz des Widerstands aus der alten Garde der UAC-Manager sollte sich dieser neue Ansatz in den 1960er Jahren durchsetzen und fester Bestandteil der Konzernpolitik werden. Dieser Wandel führte zu einer fundamentalen Verän­ derung im Blick der Werbeexperten auf die afrikanischen Konsumenten sowie zur Vergrößerung, Professionalisierung und Spezialisierung der Werbebranche, die im Folgenden beschrieben werden soll. Ende der 1950er Jahre war das Werbegeschäft von EAS und WAP stark ­ge­wachsen und die lokalen Agenturen in Lagos und Accra waren mit dem Umfang der Aufträge voll ausgelastet.39 Durch die Etablierung weiterer Werbeagenturen seit 1957 war für WAP das erste Mal eine Konkurrenzsituation ent­ standen. Im Jahre 1959 entschlossen sich EAS und UAC deshalb zur Ausgliederung des bis dahin größten Geschäftsbereichs der Agentur – das Geschäft mit dem Aufstellen, Kaufen und Mieten der Werbeträger und Werbemedien. West Africa Publicity sollte sich von nun an allein auf Entwurf, Konzeption und Herstellung der Werbung konzentrieren.40 Die Trennung von verschiedenen Funktionen im Werbegeschäft war in der britischen Branche gängige Praxis und galt als sicheres Mittel, eine Ausrichtung der Werbeplatzierung nach Kundeninteresse und nicht nach dem Gewinn­ streben der Betreiber der Werbeträger zu gewährleisten. Dass bei WAP während der Kolonialzeit beide Funktionen in einer Agentur vereint waren, hatte den Geschäftsbereich mit den Werbeträgern im Außenbereich eingeschränkt. 41 So war die recht­liche und organisatorische Trennung dieser Aufgabenbereiche ein naheliegender Schritt in der expandierenden Branche. McKinnell notierte als Ziel: „Relieve W. A. P. of functions which are professionally unethical, and have become increasingly embarrassing to them as advertising agents, and which have, therefore, limited the full and profitable exploitation of the media side of their business.“ 42

38 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 17. September 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 39 Das Werbegeschäft von WAP wuchs allein in der ersten Jahreshälfte von 1959 um 15 Prozent: McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.); Fifty Years Growing, S. 22. 40 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 41 Brief von Watt an die Bank of Ghana, 11. August 1961, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.); Fifty Years Growing, S. 22. 42 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.).

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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Die neue Agentur erhielt den Namen Afromedia Limited und übernahm fortan den Geschäftsbereich des Aufbauens, Kaufens und Anmietens von Plätzen für Poster und Plakate. Dies war 30 Jahre lang die zentrale Funktion von WAP gewesen, die in dieser Zeit eine Infrastruktur für öffent­liche Plakatwerbung geschaffen hatte.43 Mit der Abgabe dieses Geschäftsbereichs verzeichnete WAP in den folgenden Jahren Verluste: Das Geschäft mit Werbeträgern im Außenbereich war der Grund dafür gewesen, dass WAP profitabel in Westafrika operieren konnte. McKinnell bemerkte, „it would be necessary to face up to the question that without the Media-owned activities, an advertising agency such as E. A. S. was not a profit-making unit.“ 44 Von der Ausgliederung der Außenwerbung versprach sich EAS, diesen Bereich im Zuge der Ausdehnung der Werbebranche zu vergrößern, profitabler zu gestalten und konkurrenzfähig zu halten.45 Die Agenturmanager unternahmen diesen Schritt nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Einführung von Radio und Fernsehen in Nigeria und Ghana, da die neuen Medien die Ressourcen der Agentur noch mehr beanspruchen würden.46 Afromedia sollte den Kontakt zu den Sendern und das Buchen von Sendezeit übernehmen: „[W]e believe [commercial radio] will be the main competitor to the hoarding medium in the mass field (…).“ 47 In dieser kommenden Konkurrenzsituation könne nur eine ­funktionierende Geschäftsorganisation den Erhalt der führenden Position von WAP im Außenwerbe­bereich sicherstellen. Die Neugründung von Afromedia war ein teures Unterfangen, doch die UAC rechnete mit einem großen Expansionspotential im Außenwerbebereich – eine Einschätzung, die sich als richtig erweisen sollte.48 Afromedia übernahm noch weitere Funktionen von WAP. In den neuen Unternehmen sollte eine Dienst­leistung für Ausstellungen und Schaufensterauslagen aufgebaut werden.49 Diese Abteilung sollte vermut­lich die expandierende UAC-Kette Kingsway bedienen und es ist anzunehmen, dass die UAC auch in diesem Bereich Expansionspotential sah.50 Auch für das Anmieten von Werbezeit in den Kinos war Afromedia zuständig. Das Buchen von Sendezeit in Fernsehen und Radio sollte die Agentur nach dem

43 Ebd. 44 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juni 1961, UARM UAC 1/1/2/1/3/21. 45 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 46 Vgl. dazu Abschnitt 8 in diesem Kapitel. 47 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 3, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 48 Ebd; Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juni 1961, UARM UAC 1/1/2/1/3/21. 49 Fifty Years Growing, S. 23. 50 Entwurf des Abkommens mit Pearl & Dean, Januar 1962, S. 1, Anhang eines Briefs von Watt an Lewis, 31. Januar 1962, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.).

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Beginn ihres kommerziellen Betriebs übernehmen. Afromedia war somit die erste Medien-Agentur in Westafrika.51 Recht­lich war Afromedia in Ghana und in Nigeria als Tochterunter­nehmen von West Africa Publicity registriert und in die Zweigstellen Afromedia (Ghana) Limited, Afromedia (Nigeria) Limited und Afromedia Limited als Londoner Geschäftsstelle unterteilt.52 Somit unterstanden die neuen Unternehmen wie WAP der Londoner Zentrale EAS. In Westafrika lag der Hauptsitz des Unternehmens ebenfalls in Lagos und wurde, wie auch die Zweigstelle in Ghana, von einem europäischen Manager geleitet.53 Bei den Neugründungen nach der Unabhängigkeit gab die UAC also die zu Kolonialzeiten etablierte Art der Unternehmensorganisation nicht auf. Von dieser Unternehmensstruktur versprach sich die UAC letzt­lich auch den Transfer fach­licher Expertise aus Europa in die jungen Unternehmen in Westafrika. Diese Übertragung von Wissen und Techniken der Branche erfolgte zunächst vor allem mit der Entsendung von europäischen Mitarbeitern, welche die Ausbildung von Personal in Westafrika übernahmen. Der neue Manager von Afromedia sollte „an outdoor expert“ sein, die Unternehmen unter „expert professional management“ stehen.54 Aber anders als bei der Gründung von WAP oder EAS legte die UAC bei Afromedia Wert darauf, auch im Direktorium Afrikaner miteinzubinden. Dazu beförderte sie den bisherigen Manager des Außenwerbebereichs der Agentur, einen Nigerianer namens Omaboe, zu einem der Direktoren des neuen Unternehmens. Dies geschah auf Empfehlung von Harris, dem europäischen Manager von WAP in Nigeria.55 So wurde für manche afrikanischen Mitarbeiter die Tätigkeit in der Agentur zum Ausgangspunkt einer beruf­lichen Karriere.56 Die Geschäftsstelle in London diente dazu, die 51 Brief von Watt an die Bank of Ghana, 11. August 1961, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). 52 Der Beschluss zum Verkauf fiel 1959: West Africa Publicity, Minutes of Meeting of ­Directors, 30. September 1959, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). Das erste Direktoren­treffen fand am 17. Dezember 1959 statt: At the First Meeting of the Directors of ­Afromedia (Ghana) Limited, 17. Dezember 1959, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). Siehe auch: Afromedia. Memorandum of Association, 1959, UARM UAC/2/35/1/ AM (UAC Sec 26/7) (vl. Rnr.). 53 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 2, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 54 Ebd., S. 1 f. 55 Ebd., S. 2; Brief von McKinnell an Franklin, 22. Juni 1959, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um E. N. Omaboe handelte, der zu Beginn der 1970er Jahre zu den ghanaischen Käufern der Werbeagentur gehörte. 56 Vgl. dazu Abschnitt 4 in diesem Kapitel.

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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Kontakte zu den britischen Werbeagenturen zu pflegen und Kundenakquise zu betreiben. Gleichzeitig sollte eine Verbindung zu der Expertise von ähn­lichen britischen Organisationen geschaffen werden, um diese für den Geschäftsaufbau in Westafrika zu nutzen.57 Afromedia übernahm die gesamte Infrastruktur des Außenwerbebereichs sowie alle bestehenden Verträge von WAP für die Kinowerbung.58 EAS und WAP sollten jedes Werbemedium, jeden Werbeplatz, jede Sendezeit über Afromedia ­kaufen, während Afromedia bei der Wahl ihrer Geschäftspartner völlig ungebunden war.59 Die Agentur genoss so die volle Unterstützung ihres Mutterkonzerns: In den ersten Jahren ihrer Existenz bezog die Agentur etwa 80 Prozent ihrer Aufträge von WAP und EAS.60 Trotz dieser engen unternehmensrecht­lichen Verbindung legte die UAC, wie auch im Falle von WAP und EAS, großen Wert darauf, Afromedia nach außen als selbstständiges Unternehmen zu präsentieren, wohl um die starke Stellung der UAC in der Werbebranche zu verschleiern und den Anschein von wirtschaft­lichem Wettbewerb aufrechtzuerhalten.61 Afromedia sollte eigene, von WAP getrennte Räum­lichkeiten erhalten. Auch die Verbindung zur UAC sollte der afrikanischen Öffent­lichkeit nicht mitgeteilt werden: „[W]e want to keep the U. A. C. name out of it as much as possible (…).“ 62 Das Geschäft von Afromedia verlief nach der Gründung erfolgreich.63 Die Zahl der Mitarbeiter wuchs. Im Jahr 1962 arbeiteten allein für Afromedia (Nigeria)

57 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 2, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 58 Ebd. , S. 2 f. Zuerst wurde das gesamte Außenwerbegeschäft verkauft: West Africa Publicity, Minutes of Meeting of Directors, 30. September 1959, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). Erst im Jahre 1960 erfolgte der Verkauf des Kinogeschäfts: Afromedia (Ghana) Limited, Meeting of Directors, 3. August 1960, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). WAP übertrug dabei alle Exklusivrechte für Werbung in ghanaischen Kinos an Afromedia. 59 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 2, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.); Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juni 1961, UAC Board Committee Minutes, Advertising, Juli 1961 – Mai 1970, UARM UAC 1/1/2/1/3/21; Fifty Years Growing, S. 23. 60 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juni 1961, S. 3, UARM UAC 1/1/2/1/3/21. 61 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). „We are not keen to closely associate W. A. P. with the new companies public[ly]“, bemerkte McKinnell an anderer Stelle: Brief von McKinnell an Franklin, 22. Juni 1959, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1). 62 Ebd. 63 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juni 1961, UARM UAC 1/1/2/1/3/21.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

112 Personen – und darunter ledig­lich ein bis zwei Europäer.64 Afromedia band auch sozial hoch angesehene Einheimische in die höchste Managementebene des Unternehmens ein, um Beziehungen zur afrikanischen Elite und zu politischen Entscheidungsträgern zu pflegen – diese hatte eine Art Beraterfunktion, aber keine Rolle im Werbedesign.65 1961 ging Afromedia eine Partnerschaft mit zwei führenden britischen Unternehmen im Bereich Außenwerbung ein. Mills & Rockley’s Limited war das größte britische Unternehmen für die Bereitstellung von Plätzen für Außenwerbung, während Franco Signs Limited im Bereich der Herstellung der Plakate, Poster und sonstiger Medien im Bereich Außenwerbung tätig war.66 Beide Unternehmen planten eine Expansion ihres Geschäftsbereichs nach Westafrika. Nicht zuletzt war für den Zusammenschluss ausschlaggebend, dass sich Afromedia von einer potentiellen Konkurrenzsituation zu den beiden Unternehmen bedroht sah.67 Doch wichtiger war, dass dies für EAS einen Zugriff auf die fach­liche Expertise der Unternehmen ermög­lichte, welche sie für den weiteren Ausbau und die Professionalisierung von Afromedia dringend benötigten. Es war ein zentrales Anliegen der Agentur, ­Afrikaner für diese Profession auszubilden, auch weil die Kosten für europäisches Personal auf Dauer zu hoch waren. Immer wieder betonten führende Manager die Bedeutung der Aufgabe, das Werbegeschäft in Afrika so „in line with modern European standards and practices“ zu bringen. Sie verwiesen auf das fach­liche ­Wissen und die Erfahrung der beiden Unternehmen und betonten, wie wichtig es sei, diese Kenntnisse in Westafrika zu etablieren, indem Afrikaner zu Werbeexperten ausgebildet werden würden.68 Die beiden Unternehmen verpf­lichteten sich sogar vertrag­lich gegenüber der UAC, ihre professionelle Expertise und ihr technisches Wissen zur Verfügung zu ­stellen, „to open up new media fields in Africa“, vor allem für elektrische

64 Companies with which the U. A. C. of Nigeria Is or Has Been Associated, Dezember 1962, UARM UAC/1/4/1/16/9. Afromedia (Nigeria) wurde hier ausdrück­lich ohne Zweigstellen gelistet, daher waren die ghanaischen Mitarbeiter in dieser Zahl vermut­lich nicht erfasst. 65 Eine Dame namens Sowah war in den 1960er Jahren in der Position „Consultant on African affairs“ Mitglied des Direktoriums. In interner Korrespondenz der UAC schrieb der Lintas-Manager Nye, „we should retain her services till the Accra Advertising Bye-Laws were resolved“. Bezogen auf die Kündigungsmodalitäten verlangte er vorsichtiges Vor­gehen, denn: „[W]e obviously do not wish to incur the ill-will of a couple so well placed socially.“ Brief von Nye an Marriott, 14. Januar 1965, UARM UAC/2/35/1/AM (377/5) (vl. Rnr.). 66 Brief von Sibun an Watt, 15. Juni 1961, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.). 67 Hallett, E.: Afromedia Companies, 6. Januar 1961, S. 3, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). 68 Ebd.

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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Leuchtreklame und die lokale Herstellung von Emailleschildern.69 Wie weiter oben gezeigt, gab es Ende der 1950er Jahre in Westafrika bereits eine Reihe von Verfahren zur Werbeherstellung. Es existierte eine Druckerei für Printwerbung, während Poster, Plakate und Werbeschilder von Hand gemalt sowie im Siebdruckverfahren erstellt werden konnten.70 Emailleschilder und elektrische Leuchtreklame mussten allerdings noch aus Europa importiert werden. Es gehörte zu den Aufgaben von Afromedia, deren Fertigung in Westafrika zu etablieren, nicht nur für den Eigenbedarf von WAP und UAC-Unternehmen, sondern auch um damit ein eigenständiges, profitables Einkommensfeld zu etablieren.71 Ebenfalls verpf­lichteten sich die Medien zur Ausbildung und Einbeziehung von afrika­ nischem Personal. Dies beinhaltete auch, Ausbildungsprogramme für Afrikaner in Großbritannien durchzuführen.72 Die Unternehmen schlossen sich im Juni 1961 als gleichrangige Partner zusammen.73 Bis zum Verkauf von Afromedia (Ghana) an Ghanaer im Jahre 1974 blieb diese Zusammenarbeit bestehen.74 Afromedia baute in Ghana weiterhin erfolgreich ihr landesweites Netzwerk von Werbe-Stellplätzen aus. Die Agentur operierte in den 1960er Jahren als e­ inziger Teil des Werbegeschäfts der UAC als profitables Unternehmen.75 1967 bekam sie von der ghanaischen Regierung die Lizenz, das Siebdruckverfahren von Postern auch in Ghana zu beginnen; der Mangel an Druckverfahren vor Ort war ein e­ inschränkender Faktor gewesen.76 Die Agentur importierte die dafür benötigte Druckmaschine 1968 aus Nigeria, was den Einstieg in das gewinnversprechende Druckgeschäft

69 Memorandum of Agreed Relationship, 9. März 1961, S. 2, UARM UAC/2/35/1/AK (376/2) (vl. Rnr.). 70 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LF (340/1) (vl. Rnr.). 71 Memorandum of Agreed Relationship, S. 2, UARM UAC/2/35/1/AK (376/2) (vl. Rnr.); UAC Board Memorandum Nr. 1089, 20. April 1961, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). 72 Memorandum of Agreed Relationship, S. 2, UARM UAC/2/35/1/AK (376/2)) (vl. Rnr.). 73 Mills & Rockley’s und Franco Signs hatten eine 50-prozentige Beteiligung an Afromedia (25 Prozent Mills & Rockley’s, 25 Prozent Franco Signs, 50 Prozent UAC). Vermut­lich gehörten beide Unternehmen demselben Eigentümer. Brief von Keir an Sibun, 19. Juni 1961, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.); Afromedia Limited, Memorandum of Informal Meeting, 11. April 1961, UARM UAC/2/35/1/AK (376/2) (vl. Rnr); UAC Board Memorandum Nr. 1089, 20. April 1961, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr). 74 Mills & Rockley’s benannte sich Mitte der 1960er Jahre nach einem Zusammenschluss mit David Allen & Sons in Mills & Allen Group um. Brief von Sibun an Keir, 24. ­September 1964, UARM UAC/2/35/1/AM (377/5) (vl. Rnr). 75 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 17. September 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 76 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 22. Mai 1967, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

von Werbematerialien ermög­lichte.77 Einen Teil ihrer Infrastruktur errichtete sie auf staat­lichem Grund. Mit den Behörden schloss und erneuerte sie weiterhin Verträge über Werbung in Zügen und am Bahnhofsgelände.78 Der Stadtrat von Kumasi sicherte Afromedia 1972 zu, auf seinem Grund im Stadt­gebiet Stellwände errichten zu dürfen.79 Die Regierung gestattete Afromedia 1968, im Hafengebiet von Takoradi Werbetafeln aufzubauen.80 Die staat­lichen Institutionen hatten durch solche Verträge einen einträg­lichen Zuverdienst – an den ghanaischen Präsidenten etwa gingen 120.000 Neue Ghana Cedi jähr­lich.81 Ein weiterer Schritt dieser Jahre war, das Geschäft mit der Kinowerbung auszulagern. Bis Ende der 1950er Jahre war das Schalten von Kinowerbung für die Werbeagenturen ein profitabler Geschäftsbereich gewesen.82 Als WAP 1960 den Bereich der Kinowerbung an Afromedia abtrat, hatte die Agentur bereits eine Reihe von exklusiven Werbeverträgen mit ghanaischen Kinos geschlossen. Diese wurden nun auf Afromedia übertragen.83 Ein Schreiben vom Januar 1962 listete Verträge mit Kinos in Ghana und Nigeria auf, die vermut­lich in der Mehrzahl in den 1950er Jahren geschlossen worden waren.84 In Accra waren dies acht Kinos.85 Außerdem hatte WAP in vielen weiteren, kleineren Städten Kinosäle unter Vertrag.86 Fast alle dieser Kinos zeigten die ganze Woche täg­lich ein bis zwei Vorführungen. Nun hatte die Agentur zusätz­lich zu Werbedias auch 77 Record of Meeting of Board Committee, 11. Juni 1968, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 78 At a Meeting of the Directors of Afromedia (Ghana) Limited, 30. November 1971, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). 79 At a Meeting of the Directors of Afromedia (Ghana) Limited, 25. März 1972, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). 80 At a Meeting of the Directors of Afromedia (Ghana) Limited, 7. September 1972, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). 81 At a Meeting of the Directors of Afromedia (Ghana) Limited, 30. November 1971, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). 82 McKinnell, Re-organisation of West Africa Publicity, S. 3, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). 83 Afromedia (Ghana) Limited, Meeting of Directors, 3. August 1960, UARM UAC/2/35/1/ AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). West Africa Publicity Limited, Minutes of Meeting of Directors, 22. Juli 1960, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 84 Abkommen zwischen Afromedia und Pearl & Dean, S. 2 und S. 8 ff., Anhang eines Briefs von Watt an Lewis, 31. Januar 1962, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.). 85 Nament­lich waren dies folgende Kinos: Das Orion, das Opera, das Olympia, das Ophir, das Palladium, das Park, das Oxford und das Orbit. Fast alle gaben eine Zuschauer­kapazität von 1.200 oder 1.500 Personen an. Das Oxford und das Orbit boten sogar Raum für 2.000 Zuschauer. Ebd., S. 10. 86 Das Dokument listet hier die Orte Akwatia, Asamankese, Cape Coast, Koforidua, Kumasi, Nsawam, Sekondi, Swedru, Takoradi, Tarkwa, Tamale, Tema und Winneba. Ebd.

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Werbe­filme im Angebot. Die Kunden konnten hierfür Werbezeit in unterschied­ lichen Längen zwischen 15 Sekunden und zwei Minuten buchen.87 Die Filme mussten allerdings bis Mitte der 1960er Jahre in Europa hergestellt werden.88 Es ist anzunehmen, dass Dias weiterhin als zusätz­liches, kostengünstiges Werbe­ medium zum Einsatz kamen. Auch bei der Kinowerbung zeigten sich Prozesse der Professionalisierung und Ausdifferenzierung. Im Frühjahr 1962 schloss Afromedia mit dem britischen Werbe­ filmproduzenten Pearl & Dean ein Abkommen, in welchem die beiden Firmen die Aufteilung des westafrikanischen Werbemarkts, insbesondere der Medien­ akquise, der Außenwerbung sowie der Ausstellungsorganisation, vereinbarten.89 Pearl & Dean sicherte Afromedia zu, sich ab dem 1. Januar 1962 aus dem gesamten Außenwerbe- sowie Ausstellungsbereich in Nigeria, Ghana, Gambia und Sierra Leone zurückzuziehen.90 Afromedia versprach im Gegenzug, das Werbegeschäft mit Kinos vollständig zu verlassen.91 Die Agentur verkaufte alle bestehenden Verträge als „goodwill in the Cinema Screen Advertising Contracting“ für insgesamt 12.500 Pfund an Pearl & Dean.92 Dieses Abkommen wurde bei Afromedia streng vertrau­lich gehandhabt – nur die obere Managementebene durfte davon wissen, selbst gegenüber den meisten Mitarbeitern wurde es geheim gehalten. Die Agentur informierte nicht einmal die Kinoinhaber. Sie kündigte die bestehenden Verträge nicht, sondern führte diese im Auftrag für Pearl & Dean fort. Afromedia informierte geheim Pearl & Dean, wenn der Vertrag mit einem Kino auslief, sodass diese dem Inhaber ein neues Angebot machen konnte. Dem Kinoinhaber wurde erst dann mitgeteilt, dass sich ­Afromedia aus dem Kinogeschäft zurückgezogen habe.93

87 Ebd. 88 Siehe dazu den Abschnitt 2 und 3 in diesem Kapitel. 89 Abkommen zwischen Afromedia und Pearl & Dean, S. 1, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.). Vgl. außerdem für Ghana: Brief von Mensah an Harris, 19. März 1962, UARM UAC/2/35/1/AM (377/1) (vl. Rnr.). Vgl. für Nigeria und Sierra Leone: At a Meeting of the Directors of Afromedia (Ghana) Limited, 16. März 1962, UARM UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) (vl. Rnr.). Vgl. zur Geschichte des Unternehmens Pearl & Dean: [http://www. pearlanddean.com] (28. März 2012). 90 Abkommen zwischen Afromedia und Pearl & Dean, S. 7, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.). 91 Ebd., S. 1. 92 Abkommen zwischen Afromedia und Pearl & Dean, S. 7, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.). 93 Brief von McKinnell an Redman und Casey, 5. Februar 1962, UARM UAC/2/35/1/AL (377/6) (vl. Rnr.).

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Die Gründung der Agentur LEAS

Die wirtschaft­lichen Veränderungen in den späten 1950er und frühen 1960er J­ ahren sowie der Wandel in der Unternehmensstruktur der UAC bewirkten einen Bedarf an Full-Service-Agenturen in den westafrikanischen Ländern. Die UAC selbst und die steigende Anzahl von Werbekunden in Westafrika brachten eine Nachfrage nach einer Werbeagentur mit sich, die das gesamte branchenüb­liche Dienstleistungsspektrum vor Ort anbieten konnte.94 Der Manager von EAS McKinnell drängte das UAC-Direktorium, die Agenturen in Westafrika mit dem Ziel aufzubauen, die Kontrolle über die Werbepolitik von London nach Westafrika zu verlagern. Er forderte also den Ausbau von WAP und langfristig die Schließung der Londoner Zentrale EAS.95 Gleichzeitig wuchs das Geschäft der Agenturen. 1960 berichtete McKinnell dem UAC-Direktorium von einer 20-prozentigen Umsatzsteigerung allein innerhalb eines Jahres, die er vor allem auf die wachsende Nachfrage aus der UAC -­ Unternehmensgruppe zurückführte. Er berichtete davon, dass die Kunden „­ greater expertise“ vor Ort verlangten, wofür es eines „higher calibre man“ bedürfe.96 Aus Sicht des UAC-Managements war an dieser Forderung problematisch, dass WAP seit der Ausgliederung von Afromedia trotz der gestiegenen Auftragszahlen vor Ort in den roten Zahlen operierte. Die Personalkosten für die internationalen Agenturen waren sehr hoch und machten etwa 80 Prozent der Gesamtkosten der Agentur aus – Lebensunterhalt und Reisekosten für europäische Ausländer in Westafrika waren teuer. Außerdem finanzierte die UAC ihren Angestellten lange Urlaubsaufenthalte in der britischen Heimat sowie regelmäßig monatelange Fortbildungen in der Werbepraxis in London.97 Eine Vergrößerung und ein Ausbau des Geschäfts der Agenturen würden diese Personalkosten noch mehr in die Höhe treiben. McKinnell bemerkte zwar, er kenne „no agency specialising in overseas agency work which was making a reasonable profit.“ 98 Doch dem UAC-Direktorium waren die Kosten für eine Expansion der Agenturen mit europäischem Personal zu hoch. Die naheliegende Lösung dieses Problems war, die Agenturen in Westafrika nicht mit europäischen, sondern mit afrikanischen Mitarbeitern auszubauen, weil deren Arbeitskraft deut­lich günstiger war. Die UAC entschied sich letzt­lich für die Strategie, die Londoner Zentrale EAS nicht weiter personell zu stärken und langfristig auf eine Vergrößerung der westafrikanischen Filialen vornehm­lich mit 94 Fifty Years Growing, S. 26. 95 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juli 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 96 Ebd. 97 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 98 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juli 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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afrikanischen Mitarbeitern zu setzen.99 Hier stand die Filiale in Lagos als die größte der drei Zweigstellen im Zentrum der Bemühungen.100 Die Afrikanisierung der Agenturen geschah also nicht in erster Linie aufgrund politischer Motive des Mutter­konzerns, sondern basierte auf ökonomischem Kalkül. Dies leitete einen Prozess ein, in dem die Struktur der Abhängigkeit der westafrikanischen Filialen vom Londoner Zentrum an Bedeutung verlor und der letzt­lich zur Lösung der Filialen von der Muttergesellschaft führen sollte. Dies erforderte zunächst einige Investitionen von Seiten der UAC, denn der „process of building up agencies in Africa while maintaining the improved service of E. A. S. in London“ war sehr teuer.101 So war die UAC gezwungen, Verluste der Agenturen zu akzeptieren, bis genügend afrikanische Fachkräfte ausgebildet waren und die Dienstleistung vor Ort durchgeführt werden konnten.102 Aufgrund der hohen Kosten sollte erst Ende der 1960er Jahre die Afrikanisierung der Filialen entschlossen umgesetzt werden. Harris verließ wohl infolge dieses Managementkurses Mitte der 1960er Jahre die Agentur, da er sich einen wesent­lich zügigeren Aufbau der westafrikanischen Agenturen gewünscht hätte.103 Die Diskussionen über den Ausbau der Agenturen waren dem Mutterkonzern Unilever nicht entgangen und so prüften seit Ende 1960 Unilever und UAC eine Integration ihrer beiden Werbeagenturen, die bis dahin in einer Doppelstruktur nebeneinander existiert hatten.104 Für EAS und WAP bot diese Fusion die Aussicht auf die Einbindung in eine große Werbeorganisation mit langjähriger Erfahrung im internationalen Marketing. McKinnell betonte allerdings, für den wirtschaft­lichen Erfolg der Agenturen sei die regionale Expertise von EAS und WAP bei Weitem am bedeutendsten, und warnte vor einer Fusionsstruktur, in der die Agenturen nur noch von Marketingmanagern geleitet werden würden, die keine Kenntnis über West­afrika besäßen. Hier zeigte sich wieder die große Bedeutung, welche die EAS-Manager einer Spezialisierung auf das westafrikanische Gebiet beimaßen, und welch geringe Bedeutung demgegenüber einer Erfahrung im Bereich Marketing zugesprochen wurde.105 Die Modalitäten dieser Fusion diskutierten die Unternehmen einige Jahre.106 Sie beschlossen schließ­lich die Gründung eines neuen Unternehmens mit dem Namen

99 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 100 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 101 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juli 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 102 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 103 Fifty Years Growing, S. 27. 104 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 17. Juli 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 105 Ebd. 106 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee vom 17. Juli 1961, 19. Oktober 1961, 14. Mai 1962, 22. Oktober 1962, 12. November 1962 und 28. Januar 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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Lintas Export Advertising Services Limited (LEAS). Diese Agentur entstand aus einem Zusammenschluss des Overseas & Export Department von Lintas sowie von EAS und WAP. Sie begann ihre Arbeit am 1. Mai 1963.107 Die Agenturen der UAC durften ihre externen Kunden behalten, doch der Schwerpunkt der Agentur sollte auf einem Service für die Unilever- und UAC-Unternehmen liegen.108 LEAS war als Unternehmen dem Vorsitzenden von Lintas verantwort­lich.109 Damit hatte die UAC nach 36 Jahren die direkte Zuständigkeit für die Werbeagentur an ihren Mutterkonzern Unilever abgegeben.110 Die drei Zweigstellen von West Africa Publicity in Nigeria, Ghana und Sierra Leone wurden zum 1. Januar 1964 umbenannt in Lintas West Africa Limited, kurz Lintas W. A. Limited.111 Die Agentur wurde ebenfalls an Unilever angegliedert und wurde zur Zweigstelle der neuen LEAS.112 Zum neuen Unternehmen gehörte nun ebenfalls 107 Bis dahin war das Lintas Overseas Department die Werbeagentur für das Overseas Committee und für Unilever Export Limited gewesen. Export Advertising Service hatte die UAC-Gruppe und assoziierte Unternehmen sowie externe Kunden bedient. Der Fusionsvorgang war im Detail folgender: EAS wurde in Lintas Export Advertising Services Limited umbenannt und seine Aktien an Unilever verkauft. Es verlegte sein Büro in das Lintas House in der New Fetter Lane in London. Dann kaufte dieses Unternehmen wiederum das Overseas & Export Department von Lintas Limited auf, womit der Zusammenschluss vollzogen war. Vgl. dazu: At a Meeting of the Directors of Export Advertising Service Limited, 10. April 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (366/8) (vl. Rnr.); At the Annual General Meeting of the Shareholders of Export Advertising Service Limited, 18. April 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (366/8) (vl. Rnr.); Extract from the Minutes of the Board Meeting, 26. März 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.); UAC Board Memorandum Nr. 1324, 20. März 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.). 108 Brief von Macrory an Keir, 27. Februar 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.). 109 Ebd. Die Direktoren des neuen Unternehmens waren Donald McKinnell and F. A. Lenahan. Siehe auch: At a Meeting of the Directors of Export Advertising Service Limited, 10. April 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (366/8) (vl. Rnr.); UAC Board Memorandum Nr. 1324, 20. März 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.). 110 Brief von Denyer an Ajayi, 14. Januar 1964, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). 111 Brief von McKinnell an Denyer, 30. Juli 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Auch dieses Unternehmen erhielt Einzug ins Lintas House in London: Lintas W. A. Limited. A Short History of the Company, 25. Februar 1972, S. 1, UARM UAC/2/35/1/ LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). Dort wurde es am 7. Oktober 1963 registriert: At a Meeting of the Directors, 16. Oktober 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). 112 At a Meeting of the Directors, 12. November 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (366/3) (vl. Rnr.). WAP wurde demnach an Blackfriars Nominees Limited verkauft, die Unilever gehörten: UAC Board Memorandum Nr. 1324, 20. März 1963, UARM UAC/2/35/1/LH (340/5) (vl. Rnr.); D. S. McKinnell: L. E. A. S./W. A. P./E. A.P, S. 1, Anhang eines Briefs von McKinnell an Denyer, 30. Juli 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.).

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East Africa Publicity Limited.113 Dabei behielt die UAC aber weiterhin Einfluss auf die Werbeagenturen.114 Die UAC stand dem neuen Unternehmen beratend zur Seite, bei den afrikanischen Zweigstellen sollte ein nahes Verhältnis zum territorial chairman der UAC aufrechterhalten werden. Die europäischen sowie mit großer Wahrschein­ lichkeit auch die afrikanischen Mitarbeiter wurden in das neue Unternehmen mit übernommen.115 McKinnell gewährleistete persön­lich die Verbindung zwischen dem UAC-Direktorium und LEAS.116 Finanziell sollten LEAS, WAP und EAP als eine Gruppe behandelt werden. Das Management erwartete, dass die Unternehmen aufgrund ihrer afrikanischen Zweigstellen zunächst Verluste machen würden, und kam darin überein, diese Kosten zwischen UAC und Unilever aufzuteilen.117 Auch personell gab es Veränderungen. Der langjährige Manager der west­ afrikanischen Filialen Philip Harris trat 1963 nach 17 Jahren von seinem Posten in Lagos zurück und wechselte zur Londoner Mirror Group.118 Ihm folgte zunächst ein Brite namens Richard Kendall, der bis dahin bei Lintas gearbeitet hatte. Der Brite Norman Forman wurde commercial manager der Agentur. Er hatte bereits für WAP in Sierra Leone, Gold Coast und seit 1958 in Nigeria gearbeitet.119 In Ghana leitete weiterhin ein Brite namens Fenwick die Filiale.120 Lintas Limited machte schließ­lich am 1. Januar 1965 den commercial manager Norman Forman zum general manager: Der Schwerpunkt der nächsten Jahre sollte darauf liegen, die Agentur als wirtschaft­lich profitables Unternehmen umzugestalten.121

113 114 115 116 117

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Brief von McKinnell an Denyer, 30. Juli 1963, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Record of Meeting of Chairman’s Committee, 22. Juli 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. McKinnell, L. E. A. S./W. A. P./E. A.P, S.  2, UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Ebd., S. 3. Die Unternehmen der UAC-Gruppe hatten bis dahin mit ihren Zahlungen nicht alle Ausgaben der Agentur gedeckt; deren Verluste hatte die UAC als Teil ihrer Marketingkosten akzeptiert. Doch Lintas weigerte sich, eine Agentur zu übernehmen, die ein Minus zu verzeichnen hatte. Die UAC beg­lich daher zunächst an Lintas die Defizite, mit dem Ziel, den UAC-Unternehmen schrittweise mehr Geld für die Dienstleistungen der Agentur abzuverlangen. LEAS musste sich gegenüber der UAC für alle entstandenen Kosten rechtfertigen. McKinnell, L. E. A. S./W. A. P./E. A.P, S.  2 f., UARM UAC/2/35/1/LF (340/1) (vl. Rnr.). Aus diesem Dokument geht zudem hervor, dass die UAC bereits 1963 überlegte, die einzelnen Zweigstellen jeweils vor Ort als Unternehmen eintragen zu lassen und diese Lintas (Ghana) Limited, Lintas (Nigeria) Limited etc. zu nennen. Sie entschied sich aber zu diesem Zeitpunkt letzt­lich vermut­lich aus verwaltungstechnischen Gründen dafür, die Unternehmen in Großbritannien zu registrieren. Fifty Years Growing, S. 27. Ebd., S. 28 f. Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Fifty Years Growing, S. 29.

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Mitte der 1960er Jahre, ab dem 31. März 1965, gab Lintas Export Advertising Services Limited seine Zuständigkeit für die Afromedia-Unternehmen auf. Diese blieben im Gegensatz zu EAS und WAP weiterhin Teil der UAC.122 „Adding The African Touch“: Die Afrikanisierung des Werbedesigns

Die ökonomische Krise Ghanas während der 1960er Jahre machte sich auch in den Werbeagenturen bemerkbar. Vor allem die erste Hälfte der 1960er Jahre bis zum Sturz Nkrumahs war aufgrund von Lizenzvergaben und der Abwendung vom west­lichen Lager im Kalten Krieg für importierende Unternehmen im Besonderen, aber auch generell für west­liche Investoren von großer Unsicherheit geprägt. Für LEAS entstanden somit große Schwierigkeiten, Werbung als profitables Geschäft zu gestalten, was jedoch gerade seit der Fusion mit Lintas das vorrangige Ziel des Mutterkonzerns darstellte.123 Die UAC und Unilever verfolgten für die Filiale in Accra daher die Politik, einen Kernbereich des Geschäfts zu erhalten, um diesen bei Bedarf wieder expandieren zu können. Dies beinhaltete auch eine lokale Abteilung für Werbedesign, allerdings nur im kleinen Stil.124 1964 hatte die ghanaische Filiale etwa 25 Mitarbeiter und wurde von zwei europäischen sowie zwei afrikanischen Managern geleitet.125 Den Großteil der Kosten für die westafrikanischen Filialen verursachten die europäischen Ausländer. Daher diskutierte das UAC-Direktorium bereits Anfang der 1960er Jahre, diese so bald und so weitgehend wie mög­lich mit afrikanischem Personal zu ersetzen. „It was difficult to envisage any alternative in Ghana to full Africanisation“, wie einer der Direktoren des Unternehmens bemerkte.126 Parallel zu den Kürzungsplänen gab es Klagen vor allem von Seiten der Marketingexperten im Unternehmen, dass es an ausgebildetem afrikanischem Personal für das Werbedesign mangele, welche den lokalen Unternehmen den Werbeservice der Agentur anbieten könnten.127 Doch nicht zuletzt aufgrund der politischen Unsicherheit in Ghana konnten sich die Manager von Unilever und UAC nicht auf eine dauerhafte Lösungsstrategie einigen. 1967 konnte die Agentur in Ghana aufgrund der veränderten Wirtschafts­politik der neuen Regierung wieder eine steigende Nachfrage verzeichnen, sowohl von lokalen als auch von internationalen Kunden. Die Agentur expandierte wieder. Die Filialen in Ghana und Nigeria wuchsen auch, weil immer größere Teile des 122 123 124 125 126 127

Brief von McKinnell an Denyer, 18. März 1965, UARM UAC/2/35/1/AM (377/5) (vl. Rnr.). Record of Meeting of Board Committee, 25. Januar 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 13. Mai 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 21. Januar 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 14. Mai 1962, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 9. März 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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Londoner Geschäfts dorthin verlagert wurden.128 Ende der 1960er Jahre war daher der Bedarf an ausgebildeten afrikanischen Werbefachleuten deut­lich gestiegen und die Agentur stellte zunehmend Ghanaer ein.129 So fand in der Filiale in Accra erst Ende der 1960er Jahre ein deut­licher Zuwachs von afrikanischen Angestellten und ein entschiedener Aufbau von lokalen Abteilungen zum Werbe­design statt. Die beiden größten Kunden von LEAS, die Brauereien der UAC und Lever ­Brothers aus dem Unilever-Konzern, übernahmen einen Teil der dafür anfallenden Kosten, um den Service der Agentur weiterhin in Anspruch nehmen zu können.130 Doch die Politik der Afrikanisierung stieß nicht bei allen Kunden der ­Agenturen auf Zustimmung. Vor allem die Ansprechpartner in den europäischen Unter­nehmen empfanden es als problematisch, nicht mehr mit europäischen, sondern mit afrikanischen Managern und Ansprechpartnern die Verhandlungen und Absprachen treffen zu müssen: „The Agency had one or two very good Nigerians coming on and many others were being trained. (…) Difficulty was being encountered in getting them accepted by clients and given the opportunity of being thoroughly informed and allowed to get on with the job.“ 131 Auch innerhalb der UAC gab es gegen die Erweiterung und P ­ rofessionalisierung der afrikanischen Werbeagenturen Widerstand von Managern, welche die während der 1930er und 1940er Jahre praktizierte Werbeherstellung – die im Unter­ nehmensjargon nach der damaligen Agenturadresse ‚Tinubu St. service‘ hieß – für den westafrikanischen Kontext für vollständig ausreichend befanden. Ein EAS-­ Manager berichtete, es gebe „some U. A. C. clients who would not accept that they needed any more than a Tinubu St. service and unless W. A. P. was prepared to give it at the appropriate cost they would go where they could get it. This sort of prejudice took a lot of wearing down.“ 132 Auch der Vorsitzende des UAC -­ Direktoriums A. H. Smith konstatierte, das Unternehmen brauche einen „more professional use of advertising“, und fuhr fort, es gebe „signs of progress in this direction, but the process would be slow because United Africa men were not easy to move in this field (…).“ 133 Das Design der Werbung und die Kampagnenkonzeption fanden während der 1960er Jahre sowohl in London als auch in Westafrika statt. Die UAC und Unilever 128 Minutes of Meeting of Board Committee, 30. September 1969, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 129 Record of Minutes of Board Committee, 23. September 1968, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Record of Meeting of Board Committee, 12. Mai 1969, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 130 Record of Meeting of Board Committee, 22. Mai 1967, 27. September 1967 und 6. ­Februar 1968, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 131 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 9. März 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 132 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 13. Mai 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 133 Ebd.

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nutzen in etwa zu gleichen Anteilen die Dienste der Agenturen. In einem geringeren Umfang bedienten die Agenturen auch externe Kunden in Afrika, die nicht Teil der UAC- oder Unilever-Gruppe waren.134 Die Londoner LEAS-Zentrale stellte weiterhin die Werbung für die großen europäischen Unternehmen her, wie etwa für Unilever Export, die Brauereien der UAC, Guinness oder Raleigh Industries. Hinzu kamen einige kleinere Kunden. Hier überwog der Anteil von Unilever-­Unternehmen, da diese ihre Werbung vornehm­lich für ihr gesamtes Operationsgebiet „on a Pan African basis“ herstellen ließen und in ganz Afrika vertrieben.135 Für diese Werbung lief weiterhin der Prozess der Konzeption und des Designs der Werbung in London ab und sie wurde weiterhin in die Filialen entsandt, um dort platziert zu werden. Dabei sollten die lokalen Filialen eine beratende Funktion einnehmen, was jedoch in der Praxis offensicht­lich selten umgesetzt wurde. ­Obetsebi-Lamptey, einer der ersten einheimischen Werbefachleute bei der ghanaischen Filiale von Lintas W. A. Limited, erinnerte sich, „all the theory said that you were listening to the local company. But they reckoned that they had the expertise, they had people who had worked on the Coast before and therefore they didn’t really need to add that much from here. They did it and then they sent it down to you.“ 136 Doch ein nicht geringer Teil der Werbung entstand nun auch in den westafrikanischen Filialen, wo die Kampagnen und Marketingpläne entworfen wurden und wo die Werbung konzipiert und zumeist auch produziert wurde.137 „[For] those products which were indigenous“, erinnerte sich Jos Anyima Ackah, ebenfalls ein ehemaliger Mitarbeiter bei der ghanaischen Filiale von Lintas W. A. Limited, „we developed the creative concepts.“ 138 Manche Werbematerialien wurden auch zur Produktion nach London entsandt, wo etwa die Entwicklung von Filmen stattfand.139 Mitte der 1960er Jahre gründete Lintas W. A. Limited in Ghana ihre erste Abteilung für die audiovisuelle Herstellung der Werbung, also für Werbespots für Radio, Fernsehen und Kino. Auch Fotos für Kampagnen entstanden in dieser Abteilung. Somit konnte die Fertigstellung der Werbung

134 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 9. Dezember 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 135 Minutes of Meeting of Board Committee, 6. Mai 1970, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 136 Interview mit Jake Obetsebi-Lamptey (1), 23. September 2010, Accra, Ghana, Interviewer Dmitri van den Bersselaar. 137 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 17. September 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Record of Meeting of Chairman’s Committee, 9. Dezember 1963, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 138 Interview Jos Anyima Ackah (1). 139 Interview mit Kwaw Ansah, 21. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V.

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größtenteils vor Ort erfolgen. Farbfilme wurden allerdings weiterhin in London entwickelt.140 Die Abteilungen für das Werbedesign arbeiteten bis zum Übergang der Filialen in afrikanische Eigentümerschaft unter der Aufsicht von europäischen Werbe­experten.141 Entwurf und Herstellung der Werbung in Ghana eröffneten den ghanaischen Werbefachleuten sowie den europäischen Managern die Mög­lichkeit, ghanaische Expertise in diese Prozesse miteinzubeziehen. Einer der ersten Werbedesigner erinnerte sich: „The coordination between my boss and me, you see, he would ask me to create him a thing in the African way, the way that I feel it is suitable for the client. Then I would position the object and then do the finishing.“ 142 Die europäischen Chefs erwarteten von den afrikanischen Mitarbeitern, ‚die afrikanische Art‘ in die Werbegestaltung einfließen zu lassen. Zudem gab es eine Art des Werbedesigns, die gewissermaßen die Hybrid­variante darstellte. Dabei handelte es sich um die Umgestaltung europäischer Kampagnen. Die Werbung der im Ausland produzierten Güter wurde wie die Güter selbst importiert. Diese Werbematerialien kamen in der Form, wie sie auch in Europa verbreitet wurden, in der westafrikanischen Agentur an.143 Der ghanaischen Agentur verblieb dann die Aufgabe „to adapt them“, die Werbung also abzuändern, um sie an den ghanaischen Kontext anzupassen. „The ad from abroad came in, and then we had to modify it. Modify the visual, the picture, modify the copy, to suit the local audience.“ 144 Jos Anyima Ackah erinnerte sich weiter: „[W]hen we had the materials we had to add the Ghanaian touch or the African touch to it (…). A lot of things had to be changed to make it indigenous.“ 145 Bei dieser Form der Werbeherstellung war die in Europa angewandte Marketing­ strategie grundsätz­lich vorgegeben, die Agentur in Ghana hatte zu dieser nur noch Detailarbeit hinzuzufügen. Diese Tatsache ist von zentraler Bedeutung bei der Befragung der Bilder auf Transfer und Lokalität. Das Thema der Kampagnen kam bei solchen Werbeproduktionen aus Europa, wurde von den dortigen Agenturen entwickelt, entweder für ein europäisches Publikum oder für eine internationale Kampagne. Diese Art der Werbeherstellung war gewiss wesent­lich kostengünstiger als der Entwurf einer Kampagne eigens für den ghanaischen Markt. Das machte

140 Ebd. 141 Interview mit Jos Anyima Ackah (2), 8. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V.; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1). 142 Interview Peter Brown Wood. 143 Interview Jos Anyima Ackah (1). 144 Ebd. 145 Interview Jos Anyima Ackah (2).

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

diese Art zu werben wohl zur bevorzugten Variante in Zeiten ökonomischer Krise, weshalb sie während der 1960er und der 1970er Jahre häufig angewandt wurde. In der nigerianischen Filiale war die Abteilung für das Werbedesign sehr viel ­weiter ausgebaut als in Accra und so wurde ein immer größerer Teil der Werbung von dort – und nicht mehr aus London – nach Ghana gesandt. Das Geschäft der Filiale in Lagos war umfangreich genug, um höhere Investitionen in die Ausbildung von Afrikanern zu rechtfertigen.146 Die dortige Filiale war deut­lich größer als die in Ghana: Sie hatte 1962 70 Mitarbeiter, wovon elf europäische Ausländer waren.147 Im Lauf der 1960er Jahre verlagerte Lintas immer größere Teile des Werbedesigns für inter­nationale Unter­nehmen von London nach Nigeria.148 Die Zentrale in London entsandte in regel­mäßigen Abständen „flying teams“ nach Nigeria, um die dortige Arbeit anzuleiten, etwa für die Brauerei Guinness.149 Werbung, die in diesem Kontext entstand, wurde auch in Ghana verbreitet, wo sie an lokale Verhältnisse angepasst oder sch­licht wieder­abgedruckt wurde.150 Es war, wie sich einer der ersten afrikanischen Manager der Agentur erinnerte, eine Kostenfrage, ob die Agentur sich die Anpassung der Reklame leisten konnte oder nur ein paar Wörter des Werbetexts abänderte.151 Eine andere Form der Werbeherstellung, die zur Kolonialzeit, vor allem während der 1930er und 1940er Jahre, sehr beliebt gewesen war, verschwand in den 1960er Jahren dagegen völlig und galt unter afrikanischen wie britischen Werbe­experten als gänz­lich ungeeignet, um afrikanische Konsumenten anzusprechen. Dabei handelte es sich um einen sch­lichten Wiederabdruck von europäischen Anzeigen in westafrikanischen Zeitungen. Ein afrikanischer Werbetexter der 1960er Jahre erinnerte sich: „[I]f you’re showing consumers or customers, you wouldn’t show white people. So, if the ad came, and there was a white man here, it means we had to replace it with a Ghanaian.“ 152 Auch unter britischen Werbefachleuten setzte bereits in der Nachkriegszeit eine Diskussion über die Frage ein, ob Werbung für britische Exportwaren weiterhin

146 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 12. November 1962, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 147 Companies with which the U. A. C. of Nigeria Is or Has Been Associated, Dezember 1962, UARM UAC/1/4/1/16/9. West Africa Publicity wurde ohne Zweigstellen gelistet, also waren die ghanaischen Mitarbeiter in dieser Zahl vermut­lich nicht erfasst. Für ihre Anzahl vgl.: Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 148 Record of Meeting of Board Committee, 27. Juli 1965, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 149 Record of Meeting of Board Committee, 27. Juli 1965 sowie 25. Januar 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 150 Interview Peter Brown Wood. 151 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 152 Interview Jos Anyima Ackah (1).

Professionalisierung und neue Akteure in den Werbeagenturen

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sch­licht ein Wiederabdruck der europäischen Anzeige in der jeweiligen lokalen Presse sein dürfe. Die meisten Werbefachleute verneinten diese Frage nun vehement. „Do Africanise your illustrations. This is golden advice“, riet die ­Advertiser’s Weekly ihrer Leserschaft. „To hold the view“, fuhr der Artikel fort, „that all splendid advertisements in Britain are equally excellent in Africa, is (…) wrong.“ 153 Wenn auf den Bildern Europäer zu sehen seien, entstehe der Eindruck, das Produkt sei speziell für Europäer produziert: „[A]lready it is a by-word here that (…) certain consumer goods are meant and made for ‚White Man‘ constitutions. The ‚White Man‘ background is a fan to these conceptions. Therefore avoid it.“ 154 Damit einher ging auch in der britischen Werbebranche eine Diskussion darüber, dass die Werbung nicht mehr nur von Europäern entworfen werden dürfe. „The advertisement writer,“ konstatierte die Advertiser’s Weekly, „chewing his p ­ encil in a London office, is separated from his native African or Asiatic consumer not so much by miles of sea and land, but by racial and temperamental differences – by the fact that he and the native react in different ways to the same external ­stimuli.“ 155 Daher sei es von großer Bedeutung, Einheimische in das Werbedesign mitein­ zubeziehen. „Natives Should Write Ads. for Foreign Press“, forderte dementsprechend ein weiterer Autor, und erläuterte dies so: „Advertising copy in the foreign Press must be written in the language of the countries, not merely translated. (…) and I do think that any advertisement for a British product should be written by a native of the country, who understands the motive and who is capable of rendering an interesting story which will appeal to the people of his country, rather than supplying to the Press an accurate translation of the English version (…).“ 156

Insgesamt nahm also während der 1960er Jahre der Einfluss von Afrikanern auf die Werbegestaltung in den Agenturen der UAC deut­lich zu und die westafrika­ nischen Filialen erweiterten ihr Dienstleistungsspektrum erheb­lich, auch wenn diese Prozesse nicht konfliktfrei verliefen.

153 Fatogun, How the West African Sees your Advertisements, S. 448. 154 Ebd. Solche Diskussionen führte die Branche auch für die Gestaltung für Werbung in Asien. Vgl. etwa: How The Chinese React to Colour in Advertisements, in: Advertiser’s Weekly, 7. Oktober 1955, S. 32; Barmas, John: The Eskimos Laughed and Laughed; Ders.: Western Artists Don’t Appeal to the Eastern Mind, in: Advertiser’s Weekly, 2. August 1945, S. 258. 155 Fatogun, How the West African Sees your Advertisements, S. 448. 156 Emmett, W. H. F.: Natives Should Write Ads. for Foreign Press, in: Advertiser’s Weekly, 3. April 1947, S. 36.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

3. Ausbau und Etablierung der Werbebranche in Ghana Nach dem ersten Wachstumsschub der Branche in den späten 1950er Jahren eröffneten in den 1960er Jahren weitere internationale Agenturen in Ghana. Damit nahm auch der Konkurrenzdruck untereinander zu.157 Lintas konnte dennoch die Position als größte Agentur zumindest im Importbereich halten, mit der die meisten einführenden Unternehmen die Werbung für ihre Produkte organisierten.158 Größter Konkurrent für Lintas war die Agentur Tropicana. Diese wurde vermut­ lich noch in den späten 1950er Jahren von Ghanaern gegründet, die ehemals bei Afamal Limited gearbeitet hatten oder nach ihrer Ausbildung aus Europa zurückkehrten. Sie war wohl die erste Agentur, die ausschließ­lich von Einheimischen geleitet wurde.159 Tropicana warb nur in Ghana und war nicht in anderen Teilen Afrikas aktiv.160 Aber sie hatte durchaus zu internationalen Agenturen Kontakt, wenn sie Werbung in anderen Nationen schalten wollte.161 Unter der Regierung Nkrumahs wurde die Agentur verstaat­licht und vermut­lich zu diesem Zeitpunkt zunächst in Napado umgenannt.162 Sie vergab als staat­liche Agentur den gesamten Platz für Zeitungswerbung.163 Auch hatte Napado Advertising Service eine eigene Londoner Geschäftsstelle.164 Später wurde sie in Central Advertising Company umbenannt, kurz CADCO.165 Diese Agentur war mit etwa 50 bis 100 Angestellten sehr groß und verfügte über die notwendige Technik sowohl für den Entwurf als auch die Produktion der Werbung in Ghana. Sie war für alle ghanaischen staat­ lichen Unternehmen zuständig, also auch für Ghana Airways, die Black Star Line sowie alle Unternehmen der Ghana Industrial Holding Corporation (GIHC).166 Die Dienste von CADCO beinhalteten auch PR-Kampagnen für staat­liche Abteilungen: 157 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40. 158 Interview mit Torgbor Mensah, 17. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. 159 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 13. August 1962, UARM UAC/1/1/2/1/3/21; Interview Torgbor Mensah; Advertising in Ghana. Growth, Development and Focus, o. S. 160 Interview Torgbor Mensah. 161 Interview mit Silas Mantey, 16. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. 162 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 9. März 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 163 Die UAC äußerte bei der staat­lichen Übernahme der Agentur die Befürchtung, diese könne von nun an eine Zensur über die Zeitungsanzeigen ausüben. Es muss unklar bleiben, ob es jemals so weit kam. Ebd. 164 Vgl. die Werbeanzeigen für die Dienste von Napado in: Advertiser’s Weekly, 12. Februar 1965, S. 44. 165 Interview Torgbor Mensah. 166 Interview Jos Anyima Ackah (1); Interview Silas Mantey; Ackah, Advertising in Ghana, S. 36 f.; Interview Kwame Akatu.

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„CADCO was a mouth piece for the government.“ 167 Sie bewarb außerdem die länd­ lichen Regionen mit Kinobussen. Interessant ist, dass sogar diese Agentur anfäng­ lich einen Europäer angestellt hatte, der sein Fachwissen im Bereich Werbe­design vor Ort anwenden und an die Angestellten weitergeben sollte.168 Neben Napado und später CADCO hatte Lintas in Ghana wenig Konkurrenz. Auf einer UAC-Vorstandssitzung von 1967 wurde neben CADCO ledig­lich auf die Existenz zweier weiterer kleinerer Agenturen in Ghana verwiesen.169 Dies ist auf die Verstaat­lichung der Wirtschaft unter der Regierung Nkrumahs sowie auf deren starke Einschränkung privatwirtschaft­licher Tätigkeiten in Ghana zurückzuführen. Vermut­lich war Graham & Gillies bereits zu Beginn der 1960er Jahre in lokalen Besitz übergegangen und hatte sich in Ghana Advertising and Marketing Limited umbenannt. Die Agentur S. H. Benson schloss ihre ghanaische Filiale.170 Die wirtschaft­liche Situation in Ghana sollte sich in den späten 1960er Jahren ändern, als das NLC und später die Progress Party unter Busia auf eine Förderung lokalen Unternehmertums zu setzen begannen. Dennoch war noch im Jahre 1970 Lintas in Ghana die einzige internationale Werbeagentur.171 1970 verfügte schließ­lich ein Gesetz zum Aufbau der ghanaischen Wirtschaft, dass im Handel und in verschiedenen Branchen des Dienstleistungsgewerbes, wozu auch die Werbebranche gehörte, keine ausländischen Unternehmen mehr in Ghana angesiedelt sein durften. Alle Unternehmen in diesen Bereichen sollten vollständig im Besitz von Ghanaern liegen. Für die Werbebranche trat das Gesetz am 30. Juni 1971 in Kraft.172 Um diese Zeit entstanden eine Reihe von ­Agenturen, welche von Ghanaern gegründet und geleitet wurden. Zu nennen wären hier beispielsweise Aanco Publicity, Target Advertising Services sowie Design Display Publicity und Apple Pie Publicity im Außenwerbebereich. Mobile Film Publicity von Alex Abedi war die erste ghanaische Agentur, welche sich auf Kinowerbung für länd­liche Gebiete spezialisierte.173 167 168 169 170 171 172

Interview Silas Mantey. Interview Torgbor Mensah. Minutes of Board Committee, 16. Januar 1967, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Ackah, Advertising in Ghana, S. 37. Minutes of Meeting of Board Committee, 6. Mai 1970, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Act 334 of the Parliament of the Republic of Ghana, Entitled ‚The Ghanaian Business (Promotion) Act‘, 3. Juli 1970: Public Records and Archives Administration Department Accra (PRAAD/Accra), Acts of Ghana Nr. 6. (Nr. 319 – 387); Advertising in Ghana. Growth, Development and Focus, o. S. 173 Diese Auflistung beansprucht keine Vollständigkeit, da es die mangelhafte Quellenlage nicht mög­lich macht, alle Versuche zur Etablierung von Agenturen vollständig nachzuvollziehen. Ackah, Advertising in Ghana, S. 36 f.; Advertising in Ghana. Growth, Development and Focus, o. S.

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Die Gründer dieser Agenturen gehörten alle zu der ersten Generation ein­ heimischer Werbefachleute, welche in den internationalen Agenturen ausgebildet worden waren. Viele der neuen Agenturen – und manche davon existierten bis ins nächste Jahrtausend – entwickelten sich daher aus Lintas. Mehrere meiner Interview­partner betonten, wie wichtig dieser Professionalisierungprozess der Werbebranche war.174 Vor dem Business Promotion Act gehörten die ­meisten Agenturen europäischen Ausländern und die höchste Managementebene war mit europäischen Ausländern besetzt. Während das Design und die Produktion bereits Ghanaer durchführten, so waren doch zumeist europäische Ausländer zur Anleitung und Kontrolle in den Agenturen angestellt. Die neue Gesetzeslage muss also insofern als Bruch bezeichnet werden, als dass nun Europäer Ghanaern die Leitungspositionen in dieser Branche überlassen mussten. Letztere konnten somit die Werbeindustrie vollständig übernehmen.175 Die ersten selbstständigen ghanaischen Agenturen waren zumeist Full-­ServiceAgenturen und boten Dienstleistungen in den Bereichen Kampagnenplanung, Medienmanagement, Public Relations, Eventmanagement und Außenwerbung an.176 Die jungen Unternehmen suchten allesamt Anbindung an internationale ­Agenturen und assoziierten sich oft mit diesen. Dadurch erhielten sie Unter­stützung bei der Produktion der Werbung sowie den Zugang zu fachmännischem Wissen und Produktionstechniken, welche nicht in Ghana vorhanden waren. Silas M ­ antey berichtete beispielsweise, er konnte die niederländische Fluggesellschaft KLM als Kunden gewinnen. Doch er konnte deren firmeneigenen Schrifttyp mit der in Ghana vorhandenen Drucktechnik nicht darstellen, wobei ihm die europäische Agentur half, mit der er assoziiert war.177 Außerdem bekamen die jungen Agenturen durch die Verbindung nach Europa Kontakte zu international operierenden, zahlungskräftigen Kunden. Dieser Kontakt bedeutete auch, dass weiterhin europäische Ausländer in den ghanaischen A ­ genturen arbeiteten. Doch ihre Funktion war nun nicht mehr die eines Managers oder Eigentümers, sondern die eines Beraters und einer Kontaktperson zu europäischen Kunden oder eines Angestellten im Bereich des Werbedesigns. Vermut­lich boten sich mit solchen Assoziationen auch Finanzierungsmög­lichkeiten für den anfäng­lichen Aufbau des Unternehmens. Einige Agenturen entwickelten sich auch aus Medien heraus, beispielsweise aus einem Radiosender, der zunächst nur zusätz­lich Werbezeit zum Kauf bot.178 174 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2); Interview mit Sil Kuwornu, 3. März 2011, Accra, Ghana, Interviewer: d. V. 175 Interview Jos Anyima Ackah (2). 176 Interview Sil Kuwornu. 177 Interview Silas Mantey. 178 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2).

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Auch Lintas ging in afrikanische Eigentümerschaft über. Bereits 1968 war die Zweigstelle in Nigeria mit dem Namen Lintas Nigeria Limited eigenständig geworden. Lintas W. A. Limited bestand somit noch aus den Zweigstellen in Ghana und Sierra Leone. Ein unternehmensinterner Bericht schlug 1972 vor, so bald wie mög­lich auch in Ghana die Agentur als lokales Unternehmen zu registrieren.179 Am 31. Juli 1973 kauften Ghanaer schließ­lich die Filiale von Lintas W. A. in Ghana.180 Am Kauf beteiligt waren Jake Obetsebi-Lamptey, Peter Hasford und E. N. ­Omaboe.181 Sie nannten ihr Unternehmen Lintas Ghana Limited und blieben weiterhin Teil des SSC&B-Lintas International Advertising Network, kurz Lintas-­ Group.182 1974 wurde auch Afromedia an ghanaische Eigentümer abgeben. Am Kauf beteiligt waren dieselben Männer, die auch Lintas gekauft hatten, außerdem ein Ghanaer namens Anthony Dickson.183 Lintas Nigeria Limited ging aufgrund des Nigerian Enterprises Promotion Decree von 1972 im Jahr 1974 in nigerianische Eigen­tümerschaft über und wurde ebenfalls Teil der Lintas Group.184 Lintas Ghana schrieb zum Zeitpunkt des Verkaufs Verluste. Jake ­Obetsebi-­Lamptey, der zu den Käufern des Unternehmens gehörte, erinnerte sich, dass das neue Management nach dem Kauf des Unternehmens auf eine weitere Anstellung von europäischen Ausländern verzichtet habe. Allein dadurch konnte das Unternehmen wieder in ein profitables Geschäft umgewandelt werden. Dies ist ein weiterer Verweis darauf, von welch großer Bedeutung für Unilever und die UAC die Leitung des Geschäfts durch Europäer war: Die Unternehmen wagten es nicht, ganz auf diese zu verzichten, obwohl es einer wirtschaft­lich profitablen Führung des Unternehmens im Weg stand.185 Bis in die 1970er Jahre konnte Lintas die Position der größten Werbeagentur Westafrikas bewahren.186 Sie blieb, obgleich sie vollständig in ghanaische Eigen­ tümerschaft übergegangen war, mit der Agentur Lintas Overseas in London in enger Verbindung und somit weiterhin Teil eines internationalen Netzwerks. Wie 179 Lintas W. A. Limited. A Short History of the Company, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). 180 Agreement between Lintas Ghana Limited and SSC &B-Lintas Overseas Limited, 9. ­Dezember 1974, S. 3, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). 181 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2); Interview mit Peter Hasford, 16. März 2011, Madina, Ghana, Interviewer d. V. Siehe zu den Biographien der Käufer den Abschnitt 4 in d ­ iesem Kapitel. 182 Agreement between Lintas Ghana Limited and SSC&B-Lintas Overseas Limited, S. 1, UARM UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) (vl. Rnr.). 183 Brief von Roberts an Harrison, 19. März 1974, UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/4) (vl. Rnr). 184 Fifty Years Growing, S. 33. 185 Interview mit Jake Obetsebi-Lamptey (1). 186 So zumindest nach den eigenen Angaben der Agentur: Fifty Years Growing, S. 32.

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viele der neu gegründeten ghanaischen Werbeagenturen blieb Lintas auf technische Unterstützung für die Werbeproduktion sowie auf Kundenkontakte aus Europa ­angewiesen, um mit zahlungskräftigen Kunden das Überleben der Agenturen zu sichern. Die Wirtschaftskrise der 1970er Jahre in Ghana traf auch die Werbebranche.187 Für Lintas Ghana folgte eine schwierige Zeit. Die meisten Unilever- und UAC-­ Unternehmen, welche weiterhin die größten Kunden der Agentur waren, zogen sich krisenbedingt aus dem Werbegeschäft zurück.188 Lintas Ghana expandierte in den 1970er Jahren nach Sierra Leone und Liberia und übernahm für zusätz­liche Einnahmen Auftragsarbeit von der nigerianischen Filiale. 1982 expandierte sie nach Nigeria.189 Die neuen Eigentümer schickten afrikanische Agenturmit­arbeiter zur Ausbildung in internationale Werbeagenturen, vor allem nach Nigeria, wo es auch Ausbildungskurse für Werbefachleute gab, sowie nach Simbabwe, wo die deut­lich größeren Agenturen einen Ort boten, an dem junge Werbefachleute ­Erfahrungen sammeln konnten. Entsprechende Kooperationen mit Londoner Agenturen wurden immer seltener, da den afrikanischen Mitarbeitern dort wenig praktische Verantwortung übertragen wurde und diese so nur eingeschränkt ihre Fertig­keiten entwickeln konnten. In den 1970er Jahren lief der Transfer von Wissen und Methoden also zunehmend innerhalb des afrikanischen Kontinents ab und nicht mehr ausschließ­lich mit Großbritannien oder den USA.190 Während der anhaltenden wirtschaft­lichen Schwierigkeiten Ghanas in den 1970er Jahren verließen viele Werbefachleute der ersten Stunde die Branche und ­wanderten in andere Wirtschaftssektoren oder auch in die Politik ab. Manche ver­ließen Ghana und fanden in nigerianischen Agenturen ein Auskommen.191 Für Lintas wurden staat­liche Programme für Bevölkerungskontrolle zu einem der wichtigsten Auftraggeber, als sie im Rahmen des Ghana National Family Planning Programme beauftragt wurde, Kampagnen zur Familienplanung und zum Gebrauch von Ver­hütungsmitteln durchzuführen.192 Lintas gehörte nach Angaben von ­Obetsebi-Lamptey zu den ersten Agenturen in Afrika, welche in diesem Bereich des social marketing Werbekampagnen gestalteten. Obetsebi-Lamptey avancierte in dieser Rolle in den 1980er Jahren zum Berater der WHO und wirkte an der Gestaltung von Informations­kampagnen zur Gesundheitsaufklärung im Bereich HIV/

187 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40. 188 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1). 189 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 190 Ebd. 191 Interview Jos Anyima Ackah (2). 192 Akatu, Advertising in Ghana, S. 2.

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AIDS mit.193 Es wäre gewiss lohnenswert, diese Übertragung der kommer­ziellen

Methoden, Techniken und Erfahrungen, welche die kommerzielle Werbung über Jahrzehnte hinweg zunächst im kolonialen und später postkolonialen Rahmen entwickelte, auf den Bereich der Sozialtechnologie der Bevölkerungskontrolle zu untersuchen. 1989/90 gründeten ghanaische Werbefachleute schließ­lich die Advertising ­Association of Ghana, welche bis heute Sprachrohr und Lobbyorganisation der Branche ist. Nach innen wirkt sie in Richtung Qualitätssicherung und Ausbildungsförderung. Sie zählt bis heute die Inhaber und Manager der führenden Agenturen der Branche zu ihren Mitgliedern.194

4. Die erste Generation afrikanischer Werbefachleute In den 1960er Jahren formte sich die erste Generation ghanaischer Werbefachleute. Die Filiale von Lintas in Ghana verzeichnete Mitte der 1960er Jahre etwa 35 Mit­arbeiter – von diesen waren nur noch der general manager, der client service manager und der creative manager europäische Ausländer. Die afrikanischen Mitarbeiter waren im Bereich Kundenservice, als Werbe­texter, in der Design­ abteilung sowie im Bereich media management angestellt. Selbstverständ­lich ­wurden die Buchhaltung und anfallende Hilfsarbeiten ebenfalls von afrika­ nischem Personal durchgeführt. Die Agentur war also bereits auf der Mitarbeiter­ ebene mit qualifizierten afrika­nischen Angestellten besetzt, nur die hohen Managementpositionen wurden noch von Europäern ausgefüllt. Zudem waren aus London weiterhin zusätz­liche Dienstleistungen rund um die Werbeher­ stellung verfügbar.195 Wie für viele andere Unternehmen war auch für Lintas die Afrikanisierungs­ politik notwendig, um ihre Personalkosten zu reduzieren. Vor allem für die Wieder­ expansion der ghanaischen Filiale nach dem Sturz Nkrumahs warb sie Ende der 1960er Jahre vermehrt ghanaische Hochschulabsolventen für Management­karrieren an.196 Diese holte sie häufig zur Ausbildung nach London und behielt sogar einen afrikanischen Mitarbeiter bei EAS, um bei der Werbebildproduktion auch afrikanische Expertise miteinzubinden.197 193 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 194 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40. 195 Interview Kwaw Ansah; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1); Interview Jake ­Obetsebi-Lamptey (2). 196 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1). 197 Minutes of Meeting of Chairman’s Committee, 19. Oktober 1961, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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In den 1960er Jahren gründete die UAC zudem das UAC Marketing College in Igbobi bei Lagos. LEAS war in die Konzeption der Ausbildung eingebunden, die zu einem wichtigen Teil des Fortbildungsangebots in der Agentur wurde.198 Die Agentur beteiligt sich also aktiv an einer Formalisierung und Institutionalisierung der Ausbildung von Werbefachleuten in Westafrika. Peter Brown Wood, der erste ghanaischen Werbekünstler bei WAP, stieg in der ghanaischen Filiale während der 1960er Jahre in die Position des assistant studio manager auf und arbeitete unter einem europäischen Manager (Abbildung 5.1). 1970 verließ dieser Ghana und Wood übernahm von ihm die Leitung der Abteilung für Werbedesign, womit das Unternehmen deren Leitung in einheimische Hände übergab. Er blieb auch nach dem Kauf der Agentur durch Jake Obetsebi-Lamptey und Peter Hasford in dieser Position.199 Kwame Akatu, ebenfalls einer der ersten ghanaischen Mitarbeiter der Agentur, arbeitete seit 1954 bei WAP in Accra in der Medienabteilung und wurde danach bei Cecil Turner in media planning ausgebildet. Dort übernahm er später die Leitung der Agentur. Doch bereits 1961 musste die Agentur ihre ghanaische Filiale wieder schließen – vermut­lich aufgrund der Gesetzgebung der Regierung, die Privat­kapital in Ghana einschränkte. Akatu fand jedoch Anstellung bei der eben durch den ghanaischen Staat übernommenen Agentur Napado, wo er client service manager wurde. Dort arbeitete er bis zum Jahr 1966, in dem Nkrumah gestürzt wurde. Als Mitarbeiter einer staat­lichen Werbe- und Presseagentur hatte er dem Regime von Nkrumah so nahe gestanden, dass er von dem NLC für einige inhaftiert wurde. 1973 jedoch gelang ihm der Wiedereinstieg in die Branche bei der ghanaischen Agentur Design Display Publicity Outdoor Limited (DDP), für die er fortan im Bereich der Kundenakquise arbeitete.200 Als die Advertising Association of Ghana 1989/1990 gegründet wurde, übernahm er die Geschäftsleitung. In dieser Position blieb er bis zum Jahr 1998.201 Ebenfalls zu den ersten ghanaischen Mitarbeitern der Werbebranche gehörte Alex Abedi, der allerdings nicht bei West Africa Publicity einstieg. Er arbeitete zunächst bei einem britischen Import-Export-Unternehmen und begann Ende der 1950er Jahre seine Tätigkeit bei Auger & Turner als account executive. Von 1962 bis 1964 war er zu Ausbildungszwecken bei der Londoner Filiale von Auger & Turner tätig. Nach seiner Rückkehr nach Ghana hatte die ghanaische Zweigstelle bereits 198 Fifty Years Growing, S. 29. 199 Ende der 1970er Jahre verließ er die Werbebranche und machte sich als Schreiner selbstständig. Zum Zeitpunkt des Interviews war er mit 79 Jahren im Ruhestand. Interview Peter Brown Wood. 200 Interview Kwame Akatu. 201 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40.

Die erste Generation afrikanischer Werbefachleute

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Abbildung 5.1: Die gha­ naischen Mit­arbeiter der Werbedesign-Abteilung von WAP. In der Mitte sitzend Peter Brown Wood, der assistant studio manager. Accra, o. J. [frühe 1960er Jahre]

geschlossen, doch er baute hier eine eigenständige Agentur auf, die mit Auger & Turner assoziiert war. Die Agentur trug den Namen Aanco Publicity und Club Breweries und Pioneer Tabacco Company gehörten zu ihren Kunden. Abedi wechselte später die Branche und wurde in der Politik aktiv. Er stieg in der Regierung Busias zum stellvertretenden Informations­minister auf und war an der Konzeption der Gesetzesentwürfe zur Ghanaisierung der Wirtschaft beteiligt. Nach dem Putsch von Ignatius Akyeampong im Jahr 1972 wurde er mehrere Jahre ins Gefängnis gesperrt. Nach seiner Entlassung verließ er die Politik und stieg wieder in das Werbegeschäft ein. Er gründete die Werbe­agentur Sapos Publicity, mit der er sich auf audiovisuelle Außenwerbung spezialisierte. Die Agentur organisierte landesweit Kinobusse für Werbung in länd­lichen Regionen: Über Radio und Zeitung kündigte sie beispielsweise die Live-Übertragung eines wichtigen Fußballspiels an und sicherte sich so eine große Zuhörerschaft. In den Pausen spielte sie Werbespots. Nestlé Ghana ­Limited war einer ihrer Kunden.202

202 Interview Alex Abedi.

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Kwaw Ansah gehörte zu den ersten ghanaischen Werbedesignern. Er wurde 1941 in Ghana geboren und arbeitete zunächst als Designer für Stoffe und Textilien bei der UAC. Später studierte er Theaterwissenschaften in Großbritannien an der London Polytechnic und setzte seine Ausbildung in den Vereinigten Staaten fort, wo er 1965 in New York ein Studium in dramatic arts absolvierte. Danach kehrte er nach Ghana zurück und begann, bei dem 1964 gegründeten staat­lichen ­ghanaischen Film­unternehmen Ghana Film Industry Corporation (GFIC) zu arbeiten. Er war dort als Produktionsassistent angestellt, stellte Werbespots für Radio und ­Fernsehen her und war am Aufbau der Werbeabteilung beteiligt. In den späten 1960er Jahren gehörte auch Lintas zu seinen Kunden. Die Agentur testete zu diesem Zeitpunkt die Dienstleistungsqualität der neuen ghanaischen Filmproduzenten. Lintas hatte bis dahin alles audiovisuelle Werbematerial, auch solches, das lokal entworfen worden war, nach London zur Produktion ent­sandt und wieder nach Ghana importieren lassen. Dieser Prozess war aufwendig und teuer, weshalb die Agentur großes Interesse an dem Angebot der jungen ­ghanaischen Filmbranche zeigte. Ansah produzierte im Auftrag von Lintas Spots für das Waschmittel Omo und die Zahnpasta Signal. Lintas warb ihn infolgedessen als Mitarbeiter an. Er bekam die Aufgabe, das erste lokale audiovisual department der Agentur zu gründen und zu leiten. Somit war er für die Produktion der Werbespots für Kino, Radio und Fernsehen zuständig und war an dem Prozess der Verlagerung sowohl der Gestaltung wie auch der technischen Produktion von Bild- und Tonmaterialien nach Ghana beteiligt. Dennoch musste weiterhin ein Teil der technischen Nachbearbeitung in Großbritannien stattfinden, wie beispielsweise die Entwicklung von Farbfilmen. Kwaw Ansah reiste regelmäßig nach London, um diesen Prozess zu überwachen. Seine Abteilung hatte fünf Mitarbeiter, für deren Ausbildung Ansah verantwort­lich war. Ansah selbst durchlief die Management-Ausbildung von Unilever, über die er sich sehr positiv äußerte. Sie habe ihm geholfen, in den frühen 1970er Jahren nach der Gesetzgebung zur Ghanaisierung der Wirtschaft seine eigene Agentur zu gründen. Diese trug den Namen Target Advertising. Später schloss er sich mit dieser Agentur der großen internationalen Werbeagentur Saatchi & Saatchi an.203 Heute ist er Vorsitzender des großen ghanaischen Fernsehsenders TV Africa, den er 1995 gründete.204 Auch für Torgbor Mensah, einer der ersten ghanaischen Werbegestalter, stand der Einstieg in die Werbebranche am Beginn einer beruf­lichen Erfolgsgeschichte. 203 Interview Kwaw Ansah; [http://spot.pcc.edu/~mdembrow/ansah.htm] (27. August 2012). Zur Geschichte der ghanaischen Filmindustrie vgl. Asante, The Press in Ghana, S. 11. Zur Werbung in diesen Medien siehe den Abschnitt 8 in diesem Kapitel. 204 [http://www.tvafricaonline.com] (27. August 2012).

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In deren Verlauf stieg er zum Vorstandsvorsitzenden von mehreren größeren ­ghanaischen Unternehmen im Bereich Werbung und Marketing auf, unter anderem bei DDP Outdoor Limited, einer Agentur mit Spezialisierung auf Dienstleistungen im Außenbereich. Heute gehören ihm außerdem Werbeagenturen in mehreren weiteren afrikanischen Ländern. Mensah begann im Jahr 1963 im Alter von 14 Jahren nach seiner Schulbildung bei der staat­lichen Werbeagentur Tropicana als Auszubildender in der Abteilung für Werbedesign zu arbeiten. Diese Agentur beschäftigte einen Europäer zur Ausbildung der afrikanischen Mitarbeiter, der auch für Mensah zuständig war. Seine Ausbildung bei Tropicana bestand vornehm­lich aus der praktischen Einbindung in die täg­liche Arbeit. Außerdem arbeitete er ein halbes Jahr bei der Zeitung Daily Graphic, um die Abläufe rund um Satz und Druck kennenzulernen. Er bildete sich selbst weiter, indem er viel las. „I just worked my way into professionalism (…) I read a lot, you had to read because advertising is competing the mind.“ Manche Bücher beschaffte er sich selbst, andere stellte ihm sein Vorgesetzter zur Verfügung. Mensah betonte den Transfer und die Aneignung von Wissen aus Großbritannien und den USA in seinen Lehrjahren.205 Torgbor Mensah war fast ein Jahrzehnt bei Tropicana tätig, während die Agentur zunächst in Napado und dann in CADCO umbenannt wurde. 1973 begann er, seine eigene Agentur für Außenwerbung, DDP Outdoor Limited, aufzubauen. Damit wurde er zum Konkurrenten von Afromedia, welche bis dahin die einzige größere, erfolgreiche Agentur darstellte. Der Durchbruch zum Unternehmensaufbau gelang ihm, als er die British American Tobacco Company Limited als Kunde gewinnen konnte. Die Firma zählt bis heute zu den führenden Werbeunternehmen in Ghana. Torgbor Mensah führte im Interview seinen Aufstieg auf seine Ausbildung sowie auf seine persön­liche Leistung zurück.206 Auch der Ghanaer Jake Obetsebi-Lamptey gehörte zur ersten Generation der ghanaischen Werbefachleute. Außerdem war er einer der Käufer von Lintas, als Unilever und UAC die Agentur in afrikanische Eigentümerschaft abgaben. Der in Accra geborene Ghanaer erhielt seine weiterführende Schulbildung in London. Dort kam er erstmals mit Unilever-Managern in persön­lichen Kontakt. Als er 1966 nach Ghana zurückkehrte, fand er bei der Ghana Broadcasting Corporation (GBC) Anstellung.207 Dort arbeitete er im Bereich Film und Fernsehen und war an der Produktion von Wochenschauen und Dokumentationen beteiligt. Als die GBC auf kommerziellen Betrieb umstellte, eröffnete er gemeinsam mit einem Kollegen 205 Interview Torgbor Mensah. 206 Ebd.; [http://www.ddpoutdoor.com] (27. August 2012). 207 Zur GBC siehe Asante, The Press in Ghana, S. 10. Zur Radio- und Fernsehwerbung siehe Abschnitt 8 in diesem Kapitel.

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ein Produktionsunternehmen für Fernsehwerbung, als dessen erster Produktionsort eine umfunktionierte Garage fungierte. Obetsebi-Lamptey schrieb die Skripts für die Werbespots, drehte sie und produzierte den Ton. So lernte er die Werbeagenturen im Land kennen. Lintas war dabei sein wichtigster Kunde. Dieses Unternehmen warb ihn im Jahr 1969 als Mitarbeiter an. Lintas mangelte es zu dieser Zeit an qualifiziertem afrikanischen Personal, daher musste Obetsebi-Lamptey viele verschiedene Funktionen erfüllen. Er war dort zunächst als Produzent für Radio- und Fernsehspots angestellt und zudem im Kundenservice und als Werbetexter tätig. Zur Ausbildung wurde Obetsebi-Lamptey für zehn Monate in die nigerianische Filiale entsandt. Außerdem erhielt er einen mehrwöchigen Kurs bei der nigerianischen Lobby­organisation der Werbebranche, der Advertising Practicioners Association: Diese organisierte den Besuch von international anerkannten Werbeexperten, welche Fortbildungen in den Bereichen Kundendienst, Werbetext und Medienkontakte anboten. Zusätz­lich bildete er sich durch eigenständige Lektüre weiter und absolvierte einen Fernkurs zu Marketing und Werbung. Auch das Training, welches er im Rahmen der Management-Ausbildung bei Unilever erhielt, beinhaltete Marketing und Verkaufsstrategien von Konsumprodukten. Er erinnerte sich, seine Ausbildung bei Unilever sei exzellent gewesen und er habe davon sein Leben lang gezehrt.208 Jake Obetsebi-Lamptey durchlief bei Lintas nicht zuletzt aufgrund der Afrikani­ sierungspolitik der Agentur innerhalb weniger Jahre eine steile K ­ arriere. Er stieg über die Position des client service director zum general manager auf. Beide Positio­nen hatte zuvor noch ein europäischer Ausländer innegehabt. Im Alter von 24 Jahren übernahm er die Leitung der Agentur. Mit 26 Jahren war er einer der Käufer und wurde managing director des Unternehmens. ­Obetsebi-Lamptey setzte seinen beruf­ lichen Aufstieg auch nach dem Kauf der Agentur fort. ­Zwischen 1989 und 1997 war er Präsident der Advertising Association in Ghana.209 Er verließ schließ­lich die Werbebranche, um in der Landespolitik aktiv zu werden. Zum Zeitpunkt des Interviews war er Vorsitzender der New Patriotic Party (NPP), die derzeit gemeinsam mit dem National Democratic Congress die Parteienlandschaft Ghanas dominiert. Die NPP hielt von 2000 bis 2008 die parlamentarische Mehrheit und stellte den Präsidenten John Kufuor. Während dieser Zeit besetzte Obetsebi-Lamptey verschiedene Ministerposten, unter anderem im Tourismusministerium. Jake Obetsebi-Lamptey stieß bei Lintas auch auf Rassismus. Während seiner Ausbildungszeit in Nigeria durfte er beispielsweise nicht in den Apartments des Unternehmens wohnen, weil diese ausschließ­lich für Europäer bestimmt waren,

208 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1); Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 209 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40.

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obwohl es das Unternehmen mehr kostete, ihm eine Unterkunft im Hotel zur Verfügung zu stellen. Er schrieb eine rassistische Einstellung besonders den­jenigen UAC- und Unilever-Managern zu, die zur Zeit der Kolonialherrschaft im Unternehmen aufgestiegen waren und die Glaubensgrundsätze dieser Zeit tief verinner­ licht hatten. Dieses koloniale Erbe der UAC lässt sich auch auf der Ebene der Marketingpolitik beobachten. Die daraus resultierenden Konflikte sollten in dem Unternehmen noch lange andauern.210 Jos Anyima Ackah gehörte zu den Universitätsabsolventen, welche die Agentur Ende der 1960er Jahre einstellte. Er absolvierte ein Studium der Politikwissenschaft an der University of Ghana in Legon und fing nach seinem Abschluss im Jahre 1968 an, als Werbetexter zu arbeiten. Bereits während seines Studiums war er als Journalist tätig gewesen und hatte so Erfahrungen im Schreiben erworben. 1970 wurde er von Lintas in Ghana als Auszubildender im Bereich copywriting eingestellt. Er arbeitete als Werbetexter für Printwerbung und assistierte beim Erstellen von Radio- und Fernsehwerbung, vor allem bei der Konzeption von Storyboards oder beim Komponieren von Radio- oder Fernsehwerbung. Er sagte, er sei zu dieser Zeit der einzige copywriter bei Lintas gewesen. Auch für Ackah bestand seine Ausbildung in erster Linie aus seiner Tätigkeit im Tagesgeschäft. Zudem bildete er sich durch Lektüre von Werbefachbüchern weiter, die ihm die Agentur zur Verfügung stellte. Auch er absolvierte einen Fernkurs zur Werbelehre, der von einer Londoner Schule angeboten wurde. Ackah arbeitete bis Mitte der 1970er Jahre bei Lintas und verließ schließ­lich die Agentur für einen Posten als sales manager bei dem Ölunternehmen Texaco. In den 1980er und 1990er Jahren arbeitete er als Werbetexter in Nigeria und kehrte 1992 wieder nach Accra zurück, wo er seine eigene Agentur mit dem Namen JosSights eröffnete. Zum Zeitpunkt des Interviews hatte er sich gerade in den Ruhestand begeben.211 Silas Mantey gehörte zu den ersten Agenturgründern in den 1970er Jahren. Er hatte Ghana 1961 verlassen, um in London Kunst zu studieren. 1963 begann er dort, für eine Werbeagentur zu arbeiten. Diese bildete ihn zum Werbedesigner aus. Als er 1971 nach Ghana zurückkehrte, begann er für die staat­liche Werbeagentur CADCO zu arbeiten. Dort war er im Kundendienst und als Werbedesigner tätig. Mantey arbeitete dort von 1971 bis 1975 und ist heute Inhaber und Leiter der ghanaischen Werbeagentur Apple Pie Publicity Limited, welche er im Jahr 1975 gründete. Zum Zeitpunkt des Interviews im März 2011 bereitete er eine Expansion der Agentur sowie deren Übergabe an seine Söhne vor.212

210 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1); Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 211 Interview Jos Anyima Ackah (1); Interview Jos Anyima Ackah (2). 212 Interview Silas Mantey.

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Sil Kuwornu war Teil der Generation von Werbefachleuten, die von den ersten ghanaischen Agenturen angestellt wurden. Er begann seine Tätigkeit bei Lintas Ghana im Jahr 1974, als die Agentur von Obetsebi-Lamptey geführt wurde. Seine Mutter handelte mit Stoffen auf dem Makola Market, dem größten Markt Accras, während sein Vater bei einem Gericht als Buchhalter tätig war. Kuwornu besuchte zunächst ein künstlerisches College in Ghana, wo ein Mitarbeiter von Lintas sein Zeichentalent entdeckte. Jake Obetsebi-Lamptey stellte ihn als graphischen Ideen­gestalter ein. Er durchlief die Ausbildung von Lintas, die Weiterbildung durch internationalen Austausch beinhaltete, und arbeitete in Nigeria, Sierra Leone und Liberia. Auch erfuhr er Weiterbildung durch amerikanische und europäische Werbe­experten, die Obetsebi-Lamptey in die Agentur einlud, um seine Mitarbeiter vor Ort auszubilden. Sil Kuwornu betonte, dass er sehr viel von diesen persön­lichen Begegnungen gelernt habe. Nach zehn Jahren Arbeit bei Lintas gründete Kuwornu seine eigene Agentur, die bis heute zu den großen ghanaischen Agenturen zählt. Für ihn wurde, wie für so viele der ersten ghanaischen Werbeexperten, der Einstieg in die Werbebranche zum Beginn einer persön­lichen Erfolgsgeschichte.213 Während also die ersten afrikanischen Mitarbeiter in den 1950er Jahren aufgrund praktischer Kenntnisse und Erfahrungen in die Werbebranche Eingang fanden, hatten die afrikanischen Werbefachleute der 1960er Jahre zumeist weiterführende Schulbildung durchlaufen und einige von ihnen besaßen einen Universitäts­abschluss. Die Ausbildung der ersten Werber war ein einseitiger Transferprozess von Wissen aus Europa – größtenteils aus Großbritannien – und den USA, welcher den einheimischen Mitarbeitern Aufstiegschancen bot. Alle Werber erhielten ihre Ausbildung über europäische Unternehmen von europäischen und US-amerikanischen Werbeexperten. Auch Fernkurse oder Fortbildungen in Eigenregie vermittelten Wissen aus Europa oder den USA. Benötigten Afrikaner in den 1950er und 1960er Jahren noch keine formelle Ausbildung für einen Einstieg in diese Branche, wurde ein höherer Schul- oder Universitätsabschluss in den 1970ern zur Voraussetzung für eine Laufbahn im Managementbereich der Agenturen.214 Bei Lintas wurden im Übrigen ausnahmslos junge Männer angestellt.215 Andere Agenturen hatten vereinzelt auch junge Frauen als Mitarbeiterinnen.216

213 Interview Sil Kuwornu. 214 Interview Kwame Akatu; Interview Jake Obetsebi-Lamptey. 215 Dies zeigen Gruppenfotos der Agenturmitarbeiter der privaten Sammlung von Peter ­Hasford, Madina, Ghana. 216 Ackah, Advertising in Ghana, S. 40.

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Gemeinsam war den Vertretern der ersten Generation der ghanaischen Werbe­ fachleute auch ihre Zugehörigkeit zum urbanen Raum Accra und – vor allem gegen Ende der 1960er Jahre – ihre universitäre Bildung, die sie im Ausland oder in Ghana selbst erworben hatten. Dies kennzeichnete sie selbst als Teil jener urbanen Bildungsschicht, welche die Printwerbung so offensiv als den Prototyp des modernen Konsumenten ansprach. Wenngleich dies sicher nicht für alle Werbefachleute Ghanas in den 1960er Jahren gilt, so wurde doch für manche die Agenturarbeit zum Ausgangspunkt von Karrieren in der Politik oder als Manager und Besitzer von Agenturen. Wie wirkte sich diese Zugehörigkeit zur urbanen Bildungsschicht auf die Selbstbeschreibung ihrer beruf­lichen Rolle aus? Finden sich in dieser Selbstbeschreibung Brüche oder Kontinuitäten zur Identität der europäischen Werber? Die ersten ghanaischen Werbefachleute beschrieben sich selbst in der Rolle der Schüler gegenüber den europäischen und US-amerikanischen Experten. Sie betonten, wie groß das Gefälle an Erfahrung und Können zwischen europäischen und afrika­nischen Werbern in den 1960er Jahren war und beschrieben diese Zeit als einen Lernprozess von afrikanischer Seite, an dessen Ende die Befähigung zur eigenstän­ digen Arbeit stand: „[A]dvertising was more or less brought here by the UAC, we had to start from learning from them. (…) [W]e were learning and studying (…). [L] ater at a stage the Ghanaians were able to take over without any British or European [­people].“ 217 Auch die Phase des Aufbaus der ghanaischen Werbebranche betrachteten viele als einen Transferprozess von Wissen aus Europa und den USA nach Westafrika. Torgbor Mensah sagte, es ging in dieser Zeit darum, „[to] expand the advertising horizon“ in Ghana.218 Für ihn führte dieser Transfer zu großem beruf­lichen Erfolg. „So we’ve learned our lessons along the line (…) for nearly forty years, as a company, growing from nothing (…) to where we are today.“ Bis heute könne und müsse die ghanaische Werbebranche von den weltweiten Spitzen­reitern kontinuier­lich lernen, um ihren Service zu verbessern. „We try to match up. I mean, naturally we cannot be number one, no. Naturally we are learning, it’s a learning process. So, we send our boys to various advertising courses and seminars whenever our group affiliates are operating some, for learning experience. In outdoor, we also do that. We go to all the best sign exhibitions in the world.“ 219

Keiner der Interviewpartner beschrieb seinen beruf­lichen Start als gekennzeichnet von Bevormundung durch Europäer oder den Beginn der 1970er Jahre als einen

217 Interview Jos Anyima Ackah (2). 218 Interview Torgbor Mensah. 219 Ebd.

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großen Befreiungsschlag von den europäischen Eigentümern und Vorgesetzten. Alle skizzierten dies als eine Zeit, in der sie viel lernen durften und mussten. Sie betonten, wie sehr sie sich dafür angestrengt hätten und dass ihnen die dabei erfahrene Ausbildung ein Leben lang nütz­lich gewesen sei. Mancher eignete sich dabei eine ähn­liche Rhetorik und Einstellung an, wie sie unter europäischen Werbeexperten in Westafrika verbreitet war. Das Entstehen von kommerzieller Werbekommunikation wurde darin zum Prozess gesellschaft­ lichen Fortschritts, welcher die ‚Primitivität‘ Afrikas überwinde. „The advertising started with the UAC – United Africa Company, when they bring their goods from Europe to Ghana they had to advertise and Africa then thought primitive. There was nothing. So they had to create their own advertising company.“ 220 Ähn­lich wie in den Diskussionen der britischen Werbebranche kam auch in Ghana die Ansicht auf, dass Afrikaner aufgrund anderer Wahrnehmung und Vorlieben Werbung grundsätz­lich anders als Europäer wahrnehmen würden. „The white person doesn’t like multicolour. (…) [Europeans] like it matt and simple. An African likes complicated things, colour. (…) So, if you’re selling to an African, you’re [selling it another way], if you’re selling to an Egyptian, an Arab (…) you (…) do things differently. You have to.“ 221

In dieser Position sahen sich Werbefachleute selbst als interkulturelle Mittlerfiguren und von großer Bedeutung für die erfolgreiche interkulturelle und interkontinentale Vermarktung und den Verkauf von Produkten: „And if you have to sell it in Ghana, or in Africa, the Germans need me to sell it. And I can sell it in Africa.“ 222 In einer ganz ähn­lichen Position hatten sich zuvor auch die europäischen Werbefachleute beschrieben. Für diese erste Generation der ghanaischen Werber war das Selbstbild eines erfahrenen Professionellen mit dem obersten Ziel, hochqualitative Arbeit zu liefen, von zentraler Bedeutung.223 Dieses Selbstbild war gleichzeitig ein Erklärungsmuster für den eigenen beruf­lichen Aufstieg: „I think the commitment of some of the old people like us, our commitment to the industry, (…) has brought us this far (…)“.224 Die Werber sahen ihren eigenen Professionalisierungsprozess als Teil des Aufbaus der Werbebranche in Ghana und betonten ihren eigenen Beitrag 220 Ebd. 221 Ebd. 222 Ebd. 223 Interview Kwaw Ansah; Interview Silas Mantey; Interview Torgbor Mensah; Interview Jake Obetsebi-Lamptey; Interview Sil Kuwornu. 224 Interview Torgbor Mensah.

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dazu, die Professionalisierung dieser Branche vorangetrieben zu haben.225 Auch in den USA im späten 19. Jahrhundert betonte die junge, im Entstehen begriffene Werbebranche in besonderem Maße ihre eigene Professionalität. Dies diente ihr zur Abgrenzung gegenüber gesellschaft­licher Kritik, die ihr unseriöse Manipulationsversuche vorwarf oder die gesamte Profession sch­licht für überflüssig hielt.226 Vermut­lich musste sich die junge Branche in Ghana ähn­licher Kritik aus der ghanaischen Gesellschaft erwehren. Es ist zudem anzunehmen, dass sie sich in besonderem Maße um das Vertrauen der europäischen Unternehmen als Kunden bemühen musste. Denn der Widerstand europäischer Manager in der UAC dagegen, afrikanische Manager als gleichrangige Geschäftspartner anzuerkennen, trat gewiss in ähn­lichem Maße auch in anderen internationalen Unternehmen auf. Ebenso war ein bedeutender Faktor, dass in den Zeiten von Konsumgüterknappheit in Ghana viele Unter­nehmen Ausgaben für Werbung für unnötig hielten und sich die junge Branche vor dem Hintergrund des drohenden Verlusts der Kundschaft äußerst professionell präsentieren musste.227 Die jungen Männer und Frauen definierten sich also selbst als professionelle, erfolgreiche Werbeexperten, deren oberstes Ziel hochqualitative Werbung war. Sie führten ihren persön­lichen Aufstieg auf ihre eigene Arbeit zurück. Dazu gehörte auch der Stolz, sich das verfügbare Wissen selbst angeeignet zu haben. Damit pflegten sie eine ähn­liche Selbstbeschreibung der self-made men, wie dies auch ihre europäischen und US-amerikanischen Werbekollegen taten. Die Werbebranche wurde zu einem Feld, welches vornehm­lich für junge Männer der Bildungsschicht Aufstiegsmög­lichkeiten bot. Manche setzten ihre Karriere auch in anderen Unternehmen oder in der Politik fort und brachten es zu Wohlstand und einflussreichen Positionen. So lebte ein Teil der jungen Werbeexperten ein Leben, welches dem Idealbild ähn­lich war, das die Konsumgüterwerbung einem breiten Publikum versprach. Für sie realisierten sich viele Hoffnungen, die vor allem städtische S­ chichten in Ghana mit gesellschaft­lichem Fortschritt und Moderne verbanden. Indem die afrika­nischen Werber das Selbstbild ihrer europäischen Kollegen übernahmen, Förderer gesellschaft­lichen Fortschritts zu sein, und sich selbst eine bedeutende Rolle in dem Aufbauprozess der Branche zusprachen, wurden auch sie zu missionaries of modernity.

225 Interview Silas Mantey; Interview Kwaw Ansah. 226 Laird, Advertising Progress, S. 304 – 328. 227 Interview Obetsebi-Lamptey; Interview Torgbor Mensah; Interview Silas Mantey; Interview Sil Kuwornu.

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5. „The Detailed Way Of African Life“: Marktforschung in den 1960er Jahren Im Zusammenhang mit den wirtschaft­lichen Veränderungen und dem Wandel in den Bereichen Produktmarketing und Werbung wurde in der UAC der Ruf nach Marktforschung laut. Diese Forderungen unterschieden sich von der bis­ herigen Praxis des Unternehmens in mehrfacher Hinsicht. Erstens wurde nun unter Marktforschung eine gezielte Kommunikation mit den Konsumenten verstanden, die nicht mehr nur Fragen der Handelsorganisation beantworten sollte. Zweitens war mit diesen Forderungen ein Interesse an Informationen verbunden, welche bis dahin in dem gesamten Marketingapparat der UAC kaum eine Rolle gespielt hatten: Die Frage nach den Bedürfnissen der afrikanischen Konsumenten, danach, wie bestimmte Produkte verwendet wurden und welche Rolle der Konsum in Lebensweise und Alltag der Konsumenten spielte. Damit veränderte sich der Blick auf die afrikanischen Konsumenten grundlegend. Solche Forderungen kamen sowohl von UAC-Managern als auch von Unilever-­ Managern bereits in den 1950er Jahren auf, vor allem bei der Planung der Einführung neuer Produkte. „Further expansion now rests on two things“, notierte ein junger Manager auf einer Reise durch Nigeria, „adequate buildings and facilities and (…) an intensive study of the market requirements.“ 228 Ein Manager von Unilever, der in Nigeria den Absatzmarkt für Seifen beobachtete, empfahl seinen Vorgesetzten dringend, das Mittel der „consumer investigation“ in Westafrika zum Einsatz zu bringen.229 Er argumentierte: „We have (…) little information as to consumers’ tastes in relation to colour, perfume, texture, brands and devices, shapes and sizes of tablets, washing habits, and so on. We do not know with any degree of certainty what the consumer really likes, or what he looks for and expects in the soap he buys. It does not necessarily follow, for example, that the ‚Magnet‘ which had been consumed up to 1942 was in fact what he really wanted. (…) Did the reddish colour appeal to the African consumer? Was he attracted by the perfume? If so, was it the Citronella he liked, or the Cresylic, or the combination of the two? (…) Did he have any real, or even an instinctive, faith in the soap’s ‚health‘ properties, and how was the bulk of it used – for toilet or laundry purposes?“ 230

228 Graham, G. E.: Hardware Department. General Goods, Kano, Oktober 1948, zit. nach: Fieldhouse, Merchant Capital, S. 106. 229 A. W. Walkers Visit to Nigeria, S. 14, UARM UNI/RM/OC (Box 110) OSD/21/7 (vl. Rnr.). 230 Ebd., S. 13 f.

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Auch im UAC-Direktorium begann man Ende der 1950er Jahre, die bisherige Informationsgrundlage für das Marketing als defizitär zu empfinden. Mit der Umstellung des Unternehmens auf industrielle Fertigung von Konsumgütern wurde die bis dahin vorherrschende Praxis, nur das Kaufverhalten der afrikanischen Konsumenten zu beobachten und vornehm­lich Verkaufsschlager zu importieren, unzureichend. Zudem hatte die UAC ihre starke Verankerung im Einzelhandel eingebüßt, da sie sich aus diesem zunehmend zurückgezogen und ihn in afrikanische Hände abgegeben hatte. Damit fehlte es dem Unter­nehmen an einer zentralen Informationsquelle über die regionalen Absatzmärkte.231 ­Nervös bemerkten Unternehmensdirektoren und Werbefachleute ihren Mangel an Wissen über die afrikanischen Konsumenten, an denen sie bislang nur die quantitative Erfassung ihres Kaufverhaltens interessiert hatte. Nun erklärten sie die intensive Begutachtung des afrikanischen Anderen zur ökonomischen Notwendigkeit: „[T]here was an area where we had very little knowledge, i. e. the detailed way of African life. If we did not get this kind of knowledge, we would just continue with a hit and miss policy in the matter of what was produced and how it was marketed.“ 232 Doch wie auch bei den Veränderungen in den Bereichen Werbung und Produktmarketing teilten nicht alle UAC-Manager die neuen Einsichten zur Marktforschung. Protestrufe erhoben sich unter den etablierten Mitarbeitern, welche den Wert solcher Informationen über die afrikanischen Konsumenten nicht erkennen wollten. Ein Marketingspezialist berichtete im Direktorium, „attempts to relate these [criticisms] to fact had not been successful“, und verdeut­lichte damit, wie sehr diese Auseinandersetzung Glaubensgrundsätze der Handels- und Produk­ tionspolitik berührte.233 Es ist anzunehmen, dass jene UAC-Manager einen genaueren Blick auf die afrikanischen Konsumenten für überflüssig hielten, die schon lange die zu Kolo­ nialzeit entwickelten Marketing-Methoden praktizierten. Denn mit ihrem Interesse an Marktforschung gab die UAC zumindest in Teilen ihre zu Kolonialzeiten entwickelte Ansicht über die afrikanischen Konsumenten auf: Sie hatte diese bislang für so grundlegend anders gehalten, dass Untersuchungen ihrer Bedürfnisse und Wahrnehmung mit gleichen Methoden wie bei europäischen Konsumenten außer Frage gestanden hatten. Andererseits verblieben die Diskussionen der Akteure weiterhin in der Rhetorik des Othering. Marketingmanager verkündeten, Marktforschung sei ein Brückenschlag zwischen zwei grundsätz­lich verschiedenen Denkund Verhaltensweisen, und suchten nach „the sort of man who could bridge the 231 Van den Bersselaar, The King of Drinks, S. 212 f. 232 Record of Meeting of Board Committee, 27. Juli 1965, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 233 At a Meeting of the Board of the United Africa Company Limited, 29. September 1964, UAC/1/1/1/12/1563.

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gap between Western ways of thought and African reaction. This would go a long way towards overcoming difficulties of communication.“ Nur wenn der Marktforschung der Brückenschlag zwischen diesen zwei gänz­lich verschiedenen Welten gelinge, könne sie auch erfolgreich sein.234 Infolge dieser neuen Unternehmensstrategie etablierten die UAC und Unilever gemeinsam ein Marktforschungsinstitut in Westafrika. Dieses entstand aus dem britischen Research Bureau Limited (RBL), das ein Marktforschungsunternehmen und Teil der Unilever-Gruppe war. Das RBL hatte eine Overseas Division, welche Marktforschung in „the developing nations and markets“ in Afrika, in Asien, der Karibik und Lateinamerika durchführte.235 1959 eröffnete in Nigeria eine Filiale der Overseas Division des Research Bureaus mit dem Namen Research Bureau ­Limited (West Africa), kurz RBL (West Africa).236 Die Filiale war zunächst in Ibadan angesiedelt und zog im Jahr 1964 nach Lagos um. 1962 wurde das Unternehmen vor Ort als Filiale des britischen Unternehmens registriert.237 Sieben Jahre später, im Jahr 1969, wurde es als nigerianisches Unternehmen eingetragen und in Research Bureau (Nigeria) Limited, kurz RB(N)L, umbenannt.238 Das RBL betonte in ähn­licher Manier wie zuvor die Werbeagenturen seine Spezialisierung auf den afrikanischen Kontinent und legte gleichzeitig Wert auf die fach­liche Expertise im Bereich der Marktforschung. Eine Selbstdarstellung des Büros, die vermut­lich für britische Investoren verfasst worden war, hob hervor: „The London staff includes a Technical Manager who is a sociologist, Africanist and Overseas Research Development Specialist.“ In Nigeria, so fuhr der Text fort, arbeitete ein „experienced marketing research administrator from London“ als Manager und die Rechercheure waren „fluent in English and the principal Nigerian languages, Hausa, Yoruba and Ibo.“ Nigerianische Psychologen und Sozialwissenschaftler würden zur Konsultation hinzugezogen.239

234 Ebd. 235 Research Bureau Limited, The Overseas Division: Co-operation for Social Research in Africa. Overseas Research Development Research Paper Nr. 6, 11. Juli 1965, S. 1, UARM UAC/1/11/4/2/26. 236 Ebd., S. 2. 237 Research Bureau (Nigeria) Limited, o. J. [1969], UARM UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/23) (vl. Rnr.). 238 Research Bureau (Nigeria) Limited. Note on Accounts, o. J. [1969], UARM UAC/2/19/ CH (UAC Sec 5/23) (vl. Rnr.); At the First Meeting of the Directors of Research Bureau (Nigeria) Limited, 18. November 1969, UARM UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/14) (vl. Rnr.). 239 Research Bureau Limited, Co-operation for Social Research in Africa, S. 2, UARM UAC/1/11/4/2/26.

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Die UAC ließ seit der Gründung des RBL (West Africa) von dem Institut Marktforschung in Westafrika betreiben.240 Zudem arbeitete es für Unilever-Unter­nehmen und für externe Kunden.241 Bis 1964 beteiligte sich die UAC an den Kosten, die im Zuge des Aufbaus des RBL (West Africa) entstanden, ab 1964 trugen die einzelnen UAC-Unternehmen die Kosten der Marktforschung selbst. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass sich eine Anerkennung der Bedeutung von Marktforschung unter hohen Managern der UAC eingestellt hatte – sonst wäre diese Politik kaum durchsetzbar gewesen.242 Das RBL führte nicht nur für privatwirtschaft­liche Unternehmen Marktforschung zu Konsumprodukten durch, sondern arbeitete auch mit staat­lichen Insti­tutionen, Hilfsorganisationen und Entwicklungsplanern zusammen. „Recent discussions with financing agencies, administrators, planners and academicians in Nigeria, the United Kingdom and the United States of America suggest the need for research which can assist policy and programme planning for social and economic development“, erklärte die Selbstdarstellung des Instituts.243 „In Africa, market research methods of enquiry, enriched by a behavioural science point of view, can be applied to problems of statecraft, public administration, and social and economic development.“ 244 Das RBL bot neben Forschungen zum Konsumgüter-Marketing auch Untersuchungen beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Stadt­entwicklung oder Import-Export-Handel an.245 Die Arbeitsteilung zwischen der nigerianischen Filiale und dem Londoner Zentrum lief dabei folgendermaßen ab: Die Zentrale übernahm die Vorbereitung und Konzeption der Untersuchungen sowie die Datenverarbeitung und das Schreiben der Berichte. In der Filiale in Lagos wurden die Forschungen durchgeführt und lokale Kunden beraten.246 Bereits 1959 führte das RBL in Ghana erste Untersuchungen im Auftrag der UAC durch. Dabei handelte es sich um Forschungen zu dem Gebrauch von Hautcreme. Die UAC erhoffte sich einen steigenden Anteil an diesem Markt und erwog sogar die Einführung neuer Marken: „A survey would be conducted of the uses to which

240 At a Meeting of the Board of the United Africa Company Limited, 29. September 1964, UAC/1/1/1/12/1563. 241 Research Bureau (Nigeria) Limited, o. J. [1969], UARM UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/23) (vl. Rnr.). 242 At a Meeting of the Board of the United Africa Company Limited, 29. September 1964, UAC/1/1/1/12/1563. 243 Research Bureau Limited, Co-operation for Social Research in Africa, S. 3, UARM UAC/1/11/4/2/26. 244 Ebd., S. 3 f. 245 Ebd., S. 4. 246 Ebd., S. 3.

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emollients were put in Ghana; this was a field in which there was known to be a volume of trade of something over £½million p. a., of which U. A. C. took only a relatively small share. It was hoped the survey would lead to a wider participation in this profitable business, possibly by the creation of new brands.“ 247 Noch im selben Jahr plante das UAC-Direktorium Studien zum Bierkonsum sowie zum Gebrauch von Zucker in Ghana und hoffte, das RBL auch in Ghana bald in einen kommerziellen Betrieb überführen zu können.248 Während der 1960er Jahre stieg das Interesse der Privatwirtschaft an Markt­ forschung an und das RBL vergrößerte sich immer weiter. Wichtige Kunden waren beispielsweise die Kaufhauskette Kingsway, die UAC-Brauereien, die ­irische ­Brauerei Guinness und das Unilever-Unternehmen Lever Brothers.249 Etwa 60 Prozent der Forschungsaufträge kamen von UAC -Unternehmen, 30 Prozent von Unilever-­ Unternehmen und weitere zehn Prozent wurden für externe Kunden durchgeführt.250 Hatte das RBL 1964 insgesamt 14 Mitarbeiter angestellt,251 so waren dort im September 1966 bereits ein ausländischer Manager, zwei nigerianische ­Manager, 27 Rechercheure und Befrager, vier Rechercheleiter und acht Büroangestellte beschäftigt.252 1969 bestand das Unternehmen aus insgesamt 65 Mitarbeitern, darunter ein europäischer Manager.253 Da in den meisten Unternehmen, für die das RBL Marktforschung durchführte, alle inhalt­lichen und konzeptionellen Marketing-Entscheidungen von Europäern getroffen wurden, behielt auch das RBL einen Europäer als Leiter der nigerianischen Filiale. Auch in der Marktforschung blieben, ähn­lich wie in der Werbebranche, die Leitungspositionen damit das gesamte Jahrzehnt hindurch von europäischen Experten besetzt. „Mr. Potts felt some concern in regard to the Africanisation of this post [Manager von RBL, d. V.], in that the people who were making the marketing decisions were all expatriates. 247 At a Meeting of the Board of the United Africa Company, 5. Januar 1959, UARM UAC/1/1/1/2/17. 248 At a Meeting of the Board of the United Africa Company, 26. Oktober 1959, UARM UAC/1/1/1/2/17. 249 At a Meeting of the Board of the United Africa Company Limited, 29. September 1964, UAC/1/1/1/12/1563; Record of Meeting of Board Committee, 25. Januar 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 250 Record of Meeting of Board Committee, 19. September 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 251 Research Bureau (Nigeria) Limited, o. J. [1969], UARM UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/23) (vl. Rnr.). 252 Record of Meeting of Board Committee, 19. September 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 253 Research Bureau (Nigeria) Limited, o. J. [1969], UARM UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/23) (vl. Rnr.).

„The Detailed Way Of African Life“

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Until Africanisation had reached the point where the majority of these people were Nigerians, it would seem to be for the health of a business like R. B. L. for it to be managed by an expatriate. (…) There was (…) the danger that even if we found a satisfactory [African] man, to rush into making him the Manager of the unit might lead to a loss of acceptance of this work amongst the senior Marketing Managers. (…) Nevertheless, R. B. L. should pursue the policy of Africanisation.“ 254

Seit dem Jahr 1964 versuchten UAC und Unilever, die nigerianische RBL-Filiale als profitables Unternehmen zu betreiben. Noch schlossen sie aber die Errichtung einer Filiale in Ghana aus.255 Auch wenn in einer ersten Bilanz Mitte 1965 die nigeria­nische Filiale Verluste verzeichnete, bestand die UAC darauf, den Bereich der Marktforschung weiter auszubauen, weil man sich in diesem Bereich Expansions­ mög­lichkeiten erhoffte: „[M]ore and more people were becoming interested in research.“ 256 1966 gab es erste Pläne, ein eigenständiges RBL-Büro in Ghana aufzubauen. Die Unternehmen Lever Brothers und Kumasi Breweries hatten – offensicht­lich infolge der politischen Veränderungen in Ghana – Druck in diese Richtung ausgeübt, da sie den Marktforschungsservice auch in Ghana zur Verfügung haben wollten.257 Wie zuvor auch bei West Africa Publicity praktiziert, sollte ein europäischer Manager für die Filialen in Nigeria, Ghana und Sierra Leone zuständig sein.258 1967 wurde ein ehemaliger UAC-Angestellter als europäischer Manager in Marktforschung ausgebildet und begann, einen Ableger des RBL in Ghana aufzubauen.259 Die erste Geschäftsbilanz im Jahr 1968 war zunächst positiv.260 Allerdings herrschte zu dieser Zeit ein Mangel an Konsumgütern, aufgrund dessen etwa die Brauerei in Kumasi nicht genügend Bier produzieren konnte, um die Nachfrage zu decken. Das Unternehmen setzte mit der Marktforschung daher auf einen künftigen wirtschaft­lichen Aufschwung.261 1969 war das Interesse der UAC-Unternehmen an Marktforschung merk­lich gestiegen. Auf einer Vorstandsitzung bemerkten die Manager, es sei ein deut­licher Stimmungswandel spürbar.262 In Nigeria begann das RBL nun, eine computergestützte

254 255 256 257 258 259 260 261 262

Record of Meeting of Board Committee, 25. Januar 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 21. Januar 1964, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 13. April 1965, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Board Committee, 26. September 1967, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Board Committee, 19. September 1966, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Chairman’s Committee, 22. Mai 1967, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Board Committee, 27. Mai 1968, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Minutes of Board Committee, 23. September 1968, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. Record of Meeting of Board Committee, 11. Februar 1969, UARM UAC/1/1/2/1/3/21.

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Datenverarbeitung aufzubauen.263 Die Brauereien und Lever Brothers drängten auf eine Full-Service-Agentur in Nigeria, die auch die gesamte Datenverarbeitung selbst durchführen konnte.264 1970 verzeichneten die beiden Filialen des RBL in Ghana und Nigeria eine ökonomisch positive Bilanz, wobei die Filiale in Lagos relativ g­ roßen Gewinn verbuchen konnte.265 Doch diese positive Bilanz war für die ghanaische Filiale nicht von Dauer: Dem RBL in Ghana gelang es in den 1970er Jahren nicht, sich in dem Land zu halten. Erst als in den 1980er Jahren die ghanaische Regierung Kampagnen zur Familien­planung bei Lintas in Auftrag gab, wurde wieder fundierte Marktforschung notwendig und Lintas etablierte dafür eine eigene Abteilung. Dabei ersuchte die Agentur ein Institut für Marktforschung in London um einen Erfahrungs- und Expertise-Transfer für den Aufbau des Unternehmens in Ghana.266 1988 wurde der Bereich Marktforschung aus Lintas ausgegliedert und das neue Unternehmen bekam den Namen Marketing and Social Research Institute Limited. Heute ist es an Market Research International angegliedert und wurde in MS Research International Ghana Limited umbenannt.267 Insgesamt lassen sich für den Aufbau der Marktforschung ähn­liche Prozesse des Transfers von Unternehmensstrukturen und Kompetenzen von London nach Westafrika beobachten. Allerdings fanden diese im Falle des RBL deut­lich schneller statt, als dies bei der noch zu Kolonialzeiten gegründeten WAP der Fall gewesen war. Innerhalb eines Jahrzehnts etablierte sich die Marktforschung als fester Bestandteil in der Marketingpraxis der Unternehmen in Westafrika. Die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Werbepraxis werden im folgenden Abschnitt am Beispiel der Vermarktung des von der UAC produzierten Biers Star analysiert.

6. Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC Die Einführung von Star als lokal gebrautes Flaschenbier

Zu den ersten Industrialisierungsprojekten der United Africa Company in der Nachkriegszeit gehörte der Aufbau einer Brauereikette in Westafrika. Diese war eine der erfolgreichsten Industrien der UAC in Westafrika. Die UAC gründete gemeinsam mit der niederländischen Brauerei Heineken, die zu den führenden 263 Ebd. 264 Record of Meeting of Chairman’s Committee, 22. Mai 1967, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 265 Minutes of a Meeting of the Board Committee, 29. April 1970, UARM UAC/1/1/2/1/3/21. 266 Interview Jake Obetsebi-Lamptey. 267 Seventy Years of Advertising in Ghana.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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Bierimporteuren in Ghana und Nigeria gehörte, eine Brauerei mit dem Namen Nigerian Breweries Limited (NBL) in Lagos, die 1949 ihre Tore eröffnete und mit der Produktion begann. Sie braute ein helles Lagerbier mit dem Namen Star Beer. Heinecken hatte sich dagegen ausgesprochen, dem Produkt seinen Namen zu überlassen, aus Sorge um einen Schaden am Markenimage aufgrund schlechterer Qualität des lokal gebrauten Getränks.268 Mit der Unabhängigkeit Ghanas und der dortigen Politik der Importsubsti­tution schien die Zeit reif für eine Expansion des Betriebs. Im Dezember 1960 eröffnete die Fabrik Kumasi Brewery Limited (KBL) in Kumasi in Ghana. Die Fabrik gehörte zu drei gleichen Teilen der UAC , Heineken sowie einer Reihe ­weiterer großer Handelshäuser wie John Holt und der Union Trading Company. Die ghanaische Regierung war mit zehn Prozent als Eigentümer beteiligt, war aber nicht Teil der Geschäftsführung. Heineken verantwortete die technischen Abläufe des Bierbrauens, die UAC den Verkauf und Vertrieb sowie das Marketing des neuen Produktes. Die Gründung der KBL stellte eines der ersten Industrialisierungsprojekte der UAC im unabhängigen Ghana dar. Sie war gleichzeitig neben der Gründung einer Fabrik für Streichhölzer, welche die UAC bis dahin sehr erfolgreich importiert hatte, die einzige industrielle Anlage, in deren Ausbau die UAC in Ghana auch nach 1960 noch investierte.269 Vor dem Braubeginn, in der Planungsphase des Projekts, arbeitete die UAC sorgfältig Marketingpolitik und Markenimage des neuen Produktes aus. Dies war eines der ersten Projekte, für welche die UAC in Ghana Marktforschung durchführen ließ. Sie fragte nach dem durchschnitt­lichen Konsum von Bier, danach, welche Biersorte bevorzugt getrunken wurde und wie sich der Konsum auf die verschiedenen Regionen Ghanas verteilte. Demnach betrug der jähr­liche Durchschnittskonsum von Bier pro Einwohner etwa 3,2 Liter oder fünf Flaschen à 650 Milliliter, in denen Bier in Ghana üb­licherweise verkauft wurde. Diese Rate war im europäischen Vergleich sehr niedrig, in Gegenüberstellung mit dem Konsum in Nigeria (zwei Flaschen pro Einwohner jähr­lich) hingegen relativ hoch.270 Der Konsum lag seit 1950 in etwa auf diesem Niveau.271 Bier war ein relativ teures Vergnügen: Der Preis pro Flasche lag für das in Ghana produzierte Club zwischen zwei Schilling und sechs Pence bis drei Schilling, für importiertes Bier zwischen 268 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 384 f. und S. 508. 269 Le lancement de la bière Star au Ghana, S. 1, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7; Fieldhouse, Merchant Capital, S. 552 – 559. 270 Le lancement de la bière Star au Ghana, S. 3, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7. Der Bericht gab als europäische Vergleichsländer Belgien mit 216 Flaschen Jahreskonsum pro Einwohner und Frankreich mit 64 Flaschen Jahreskonsum pro Einwohner an. 271 Ebd., Annexe II – Le marché de la bière, Ghana 1950 – 1960.

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zwei Schilling und neun Pence und drei Schilling und vier Pence. Eine Flasche Bier konnte also den halben Tageslohn eines Arbeiters kosten. Daher war der Bier­ konsum in den reicheren Gebieten Ashanti und der süd­lichen Küstenzone deut­lich weiter verbreitet als etwa im Norden des Landes.272 Bei der Gründung der KBL war die UAC bereits mit einer Reihe von Konkurrenten um den ghanaischen Biermarkt konfrontiert. In Accra hatte die Overseas Brewery Limited, ein Schweizer Unternehmen, 1927 eine Brauerei eröffnet und vertrieb ein helles Lagerbier mit dem Namen Club Beer.273 Doch der Großteil des in Ghana konsumierten Biers wurde importiert. Heineken und Beck’s waren die beliebtesten Marken und trotz des deut­lich höheren Preises machten importierte Biere vor allen in den reicheren Gebieten Ghanas den überwiegenden Anteil des Gesamtkonsums aus.274 In Ghana wurde überwiegend helles Lagerbier getrunken, während der Konsum von Stout zwischen 1950 und 1960 zwar eine zunehmende, aber doch relativ geringe Rolle spielte.275 Club Beer wurde vornehm­lich durch afrikanische und libane­sische Großhändler vertrieben, während die importierten Biere in der Distributionsstruktur der ausländischen Handelshäuser verkauft wurden.276 Diese Fakten waren innerhalb der UAC bereits zu Kolonialzeiten zentral für die Planung des Handels. Doch nun ließ das Unternehmen auch eine Markt­forschungsstudie zum Bierkonsum in Ghana durchführen, die Grundlage für die Imageplanung der neuen Biermarke und für die Ausrichtung der Produktion war. Dies maß den ghana­ ischen Konsumenten eine viel größere Bedeutung bei, als es zu Kolonialzeiten üb­lich gewesen war. Zudem erhob die Studie wesent­lich differenziertere Daten, als dies während der ersten Hälfte des Jahrhunderts in der UAC praktiziert worden war. Die Untersuchung wurde zwischen Juli und Oktober 1959 in den süd­lichen Küsten­gebieten und in der Ashantiregion durchgeführt und konzentrierte sich damit auf die kaufkräftigeren Gebiete mit stärker ausgeprägtem Bierkonsum. Demnach konsumierten etwa die Hälfte der Männer, aber nur etwa ein Drittel der Frauen in diesen Regionen Bier. Die Untersuchung stufte Personen als ‚regelmäßige‘ Trinker ein, die mindestens einmal im Monat Bier konsumierten. In dieser Gruppe war der Unterschied zwischen dem Konsum von Frauen und dem von Männern noch stärker ausgeprägt. Während je nach Region 30 bis 33 Prozent der Männer regelmäßig Lagerbier tranken und 22 bis 23 Prozent der Stout-Trinker zu dieser Gruppe 272 Ebd., Annexe VI – Prix de revient et prix de vente bière locale et d‚importation. 273 Ebd., S. 3. Dmitri van den Bersselaar nennt als Eröffnungsjahr das Jahr 1933: Van den Bersselaar, Who Belongs to the Star People, S. 393. 274 Le lancement de la bière Star au Ghana, Annexe III – Vente des principales marques de bière par secteur, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7. 275 Ebd., Annexe II – Le marché de la bière, 1950 – 1960. 276 Ebd., S. 4.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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gehörten, tranken hingegen nur sieben bis zehn Prozent der Frauen regelmäßig Lager und nur drei bis fünf Prozent regelmäßig Stout. Die Marktforschung differenzierte aber nicht nur nach Region und Geschlecht, sondern fragte auch nach Alter, Wohnort, Kaufkraft, Kaufvorgang, Geschmacks­ erwartungen und vorlieben, Konsumgewohnheiten und nach mit dem Produkt verknüpften Eigenschaften und Konsumbedürfnissen. Demnach war der Konsum von Bier in den Städten deut­lich weiter verbreitet als auf dem Land, in der Altersgruppe unter 45 Jahren häufiger und eher eine Angewohnheit von kaufkräftigeren Schichten. Die Konkurrenzmarke Club Beer wurde am häufigsten in Accra konsumiert, wo die Brauerei ihren Sitz hatte und das Bier relativ günstig verfügbar war. Vor allem hob der Bericht hervor, dass Bier vornehm­lich in Gesellschaft konsumiert werde; in Bars, Clubs, Hotels oder zu Hause. Die kaufkräftigeren Schichten tranken tendenziell mehr zu Hause.277 Der Bericht betonte „que la bière, de par sa nature, est fortement associée par les consommateurs à l’idée de plaisirs, sexe, prestige social et la bonne vie.“ 278 Flaschenbier erfreute sich in der Gold Coast in der Zwischenkriegszeit zu­­ nehmender Beliebtheit. Zunächst konsumierten es überwiegend die europäischen Ausländer in der Kolonie. Im Laufe der 1930er und 1940er Jahre wurde das Getränk immer mehr in der lokalen Bevölkerung konsumiert und war vor allem bei den städtischen Bildungsschichten beliebt, „who could afford it, appreciated the ­lighter taste, and were attracted to its image as a ‚modern‘ drink and its association with European lifestyle and values.“ 279 Bier war billiger als importierte Spirituosen, gleichwohl noch immer teurer als lokal gebrannter Alkohol. Der Bierkonsum stieg – unterbrochen zunächst von der Weltwirtschaftskrise und dann vom Zweiten Weltkrieg – seit den 1920er Jahren konstant an.280 Emmanuel Akyeampong hat darauf hingewiesen, dass Alkoholkonsum, vor allem von lokal destilliertem Schnaps, eine wichtige Rolle in der Populärkultur der Städte spielte: Der Zugang zu ihm war nur durch Geld reguliert und musste nicht durch Status und gesellschaft­liche Macht legitimiert werden.281 Die Informationen zum Bierkonsum in Ghana, welche die UAC aus der Marktforschung gewonnen hatte, nutzte sie für die Planung der neuen Brauerei. Auf ihrer Basis entschied die UAC, die Fabrik in Kumasi zu errichten, wo Bierkonsum und Kaufkraft gleichermaßen am höchsten waren. Auch gab es in dieser Stadt noch keine Konkurrenz in Form einer lokalen Brauerei, wie dies in Accra der Fall 277 278 279 280

Ebd., Annexe V – Recherche de marché – résumé des résultats. Ebd., S. 3. Van den Bersselaar, Who Belongs to the Star People, S. 393. Ebd.; Heap, Simon: Before ‚Star‘. The Import Substitution of Western-Style Alcohol in Nigeria, 1870 – 1970, in: African Economic History 24 (1996), S. 69 – 89, hier S. 80 – 83. 281 Akeampong, What’s in a Drink.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Abbildung 5.2: Werbung für Star Bier, o. J. [1960]

gewesen wäre. Sie entschied, in dieser Fabrik, wie auch in Lagos, das helle Lagerbier Star zu produzieren. EAS entwarf eine Kampagne für die Einführung des lokal gebrauten Getränks auf dem ghanaischen Markt. In ihrem Zentrum stand die Vorgabe, Star mit dem Markenimage eines „top quality lager beer“ zu etablieren, welches in „the most modern of West African breweries“ hergestellt werde.282 Lokal gebrautes Bier hatte den Ruf, von minderer Qualität als seine importierten Pendants zu sein und der Großteil der Biertrinker bevorzugte das aus Europa eingeführte Getränk aus einer Mischung aus geschmack­lichen Gründen und einem mit dem Produkt verbun­ denen prestigereichen Lebensgefühl.283 Ziel der Werbekampagne war daher „combatting [sic] the known quality of the imported beers“, indem die hohe Qualität 282 Sierra Leone Brewery Limited. ‚Star‘ Lager Beer Launch Advertising Campaign, o. J. [1962], S. 2, UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Diese und die folgenden Zitate aus dem Dokument beziehen sich zwar auf Sierra Leone, da aber dort das gleiche Material wie in Ghana für die Werbekampagne zur Einführung von Star verwendet wurde und „approach and objectives of ‚Star‘ in Sierra Leone (…) almost identical“ mit denen in Ghana waren, sind diese Zitate für ein Verständnis der ghanaischen Kampagne wichtig. Ebd., S. 5. 283 Le lancement de la bière Star au Ghana, S. 3, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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Abbildung 5.3: Plakatwerbung für Star Bier in Ghana, o. J. [1960]

von Star Beer betont und ein prestigereiches Markenimage etabliert werden sollten. „This we feel can best be achieved (…) by having the advertising material depict the successful and well established African whose assessment of quality of ‚Star‘ constitutes the highest recommendation.“ 284 Die Kampagne war „designed to have an equal appeal to a far wider section of the community which embraces those able to afford the pleasantries of life.“ 285 Sie sollte also nicht nur die afrikanische Elite, sondern einen sehr viel breiteren Teil der Bevölkerung ansprechen, vornehm­lich die Schichten mit gehobener Kaufkraft. Dabei sollten vor allem die „influential and ‚fashion trend setting‘ section of the public“ 286 erreicht werden. Die Marketing- und Werbemanager erhofften sich dabei, dass die dargestellte kaufkräftige Elite eine Vorreiterrolle dabei einnehmen würde, das Produkt in der ghanaischen Gesellschaft zu verbreiten und ihm ein bestimmtes Image zu verleihen.

284 ‚Star‘ Lager Beer Launch Advertising Campaign, S. 2, UARM UAC/2/1/C/8/2/1. 285 Ebd. 286 Ebd., S. 3.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Zur Fabrikeröffnung wurde eine groß angelegte Werbekampagne zur Markteinführung des Produktes durchgeführt. „Ah! Star! Beer at its best!“ wurde zum Slogan der Anzeigen, mit denen das Bier in Ghana als „superb new beer“ ange­ priesen wurde, „on sale in the best Stores, Bars, Hotels and Restaurants“ (Abbildung 5.2).287 Werbeslogan und Werbeillustration kamen auch bei der Posterwerbung zum Einsatz, die allerdings im Gegensatz zur Printwerbung mit einem Minimum an Text auskam (Abbildung 5.3).288 Die Poster sollten den „mass appeal to a wide strata of social and age groups“ gewährleisten: „The visual impact in colour of the poster will to a major degree assist to overcome language and illiteracy barriers and establish at an early date the quality image and product identity for ‚Star‘.“ 289 Auch Kinowerbung war Teil der Kampagne. Dort zeigte die Agentur halbminütige Werbefilme, welche den Werbeslogan, das Produkt und die Protagonisten der Printwerbung in eine einfache kurze Filmszene übersetzten. In dieser war wie auch in der Printwerbung „an African“ – wie die Londoner Agentur bei der Konzeption des Storyboards betonte – beim Trinken von Star zu sehen, wobei abwechselnd Produkt und Protagonisten gezeigt wurden.290 Speziell für die Zeitungen schufen die Werber bei Lintas London eine Kampagne für die Brauereien sowohl in Nigeria als auch in Ghana, welche ganz besonders auf die jungen Männer aus der modernen Elite setzte. Sie zeigte Gruppen von Europäern und Afrikanern in Anzügen, die gemeinsam das Bier Star tranken. Der Hintergrund stellte die Männer schemenhaft bei verschie­denen, äußerst prestigereichen Arbeiten dar. So bildete eine Anzeige der Kampagne die Männer als Universitätsprofessoren ab, eine andere zeigte sie als Chirurgen am Opera­tionstisch (Abbildung 5.4). Im abgedruckten Dialog lobte der Europäer anerkennend den „true lager character“ von Star. So verdeut­lichte die Anzeige im testimonal-Stil die gute Qualität der Marke, welche sich auf einem Niveau mit der Qualität importierter Biere befinde. „Most of us here drink Star“, stimmte der als „doctor“ angesprochene afrikanische Chirurg seinem Gesprächspartner zu.291 Ein Entwurf eines Werbedesigners von EAS in London, der vielleicht als Vorlage für eine Zeitungswerbung oder für ein Werbeposter dienen sollte, zeigte ebenfalls eine gesellige Abendveranstaltung der städtischen modernen Elite (siehe dazu die Abbildung auf dem Titel dieses Buches).292

287 288 289 290 291 292

Werbung für Star Bier, o. J. [1960], UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Plakatwerbung für Star Bier, o. J. [1960], UARM UAC/2/1/C/8/2/1. ‚Star‘ Lager Beer Launch Advertising Campaign, S. 3, UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Storyboard eines Kinowerbefilms für Star Bier, o. J. [1960], UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Werbung für Star Bier, o. J. [1956 – 1961], UARM UAC/2/1/6/2/1. Entwurf einer Werbeillustration für Star Bier, o. J. [1956 – 1961], UARM UAC/2/1/6/2/1.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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Abbildung 5.4: Werbung für Star Bier, o. J. [1956 – 1961]

Die Werbekampagne bediente sich aber nicht nur der Medien des theme advertising. Bereits während der 1950er Jahre hatten es große Importeure Unilever gleich­ getan und begonnen, ihre nach Westafrika importierten Güter selbst vor Ort mit Methoden des scheme advertising zu vermarkten. Vor allem die Methode der Verkaufs- und Kinobusse, die direkt beim Konsumenten den Bekanntheitsgrad der Produkte steigern sollten, kam dabei häufig zum Einsatz. Bei den Bierimpor­ teuren prak­tizierten dies während der 1950er Jahre Heineken, Beck’s, Guinness und ­Carlsberg, allerdings nicht die Brauerei von Club in Accra.293 Für die KBL entwarf EAS in London eine Reihe von Werbegeschenken rund um das Produkt Star Beer, wie beispielsweise Gläser, Untersetzer, Flaschenöffner, Feuer­ zeuge und Tabletts. Außerdem ließ die Agentur Metallplaketten drucken.294 Die

293 Le lancement de la bière Star au Ghana, Annexe X – Équipes de vente, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7. 294 Point-of-Sale and Gifts, o. J. [1962], UARM UAC/2/1/C/8/2/1.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Brauerei schickte Verkaufsteams in Bars, organisierte Tänze und verteilte Material zur Schaufenstergestaltung sowie Geschenke an die Barinhaber. „La prospection de vive voix est un moyen éprouvé d’accroître l’intérêt porté à un produit et se fait sous la forme d’activités telles que: visites au bars, organisation de bals et distribution de matériel d’étalage et de cadeaux aux tenanciers des bars.“ 295 In Nigeria fanden zudem, wie vermut­lich auch in Ghana, auch größere Aktionen zur Produktpromotion statt.296 Die Brauerei öffnete im Dezember 1960 feier­lich ihre Tore. Der Asantehene Prempeh II, der König von Asanti, nahm zeremoniell die Fabrik in Betrieb. Eine Reihe weiterer Chiefs war ebenfalls geladen und nahm aktiv an der Eröffnungszeremonie teil. Die UAC zollte mit dieser Einladung zum einen den regionalen Autoritäten demonstrativ Respekt und nutzte zum anderen die hohe Autorität und prestigereiche Stellung des Königs für ihre Zwecke, indem sie diese mit der neu eröffneten Fabrik verband. In einer zwölfseitigen Werbebeilage im Daily Graphic berichtete das Unternehmen über das Ereignis.297 Sie zeigte zahlreiche Fotos nicht nur vom Inneren, sondern auch vom Äußeren der Fabrik. „World’s most modern brewery opened at Kumasi“ und „New industries are good for Ghana“: So griff die Berichterstattung der Agentur die I­ ndustrialisierungspolitik der jungen Post­kolonie auf, stellte sich hinter die Politik Kwame Nkrumahs und positionierte die KBL gleichzeitig als aktiven Förderer von Wohlstand in der ghanaischen Gesellschaft.298 Eine Seite der Beilage wendete sich unter dem Titel „Women’s point of view!“ explizit an die weib­liche Leserschaft. Die Gestaltung der Seite ähnelte stark den womens’ pages, die sich in den 1950er Jahren als fester Bestandteil der großen Tageszeitungen etabliert hatten. Die Agentur machte sich also dieses Format zunutze, um für ein bestimmtes Produkt zu werben. Der Text sprach jüngere, gut situierte Frauen an und gab Hinweise für die perfekte Organisation eines sozialen Ereignisses der städtischen Elite. Neben einer Reihe von Häppchen-Rezepten wie etwa „Cheese and Onion Cubes“, „Olive and Anchovy canapes [sic]“ oder „Paprika spread (…) on cocktail biscuits“ durfte hier natür­lich der Hinweis auf „plenty of ice-cold ‚STAR‘ Beer in the refrigerator“ nicht fehlen, auch wenn die Autoren der Beilage offensicht­lich der Meinung waren, dass bei Frauen das Getränk in Reinform nicht auf Zustimmung stoßen würde: „Many people prefer this delicious lager to the traditional cocktail. And not only the men! Half a glass of ‚STAR‘ Beer topped-up with lemonade or lime makes a really refreshing thirst-quencher that women love too!“ 299 Zudem versorgte der Bericht Frauen mit einer Reihe von Hinweisen rund 295 296 297 298 299

Le lancement de la bière Star au Ghana, S. 5, Ghana, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7. Fotos von Werbeveranstaltungen für Star Bier, o. J. [1956 – 1961], UARM UAC/2/1/6/2/1. Advertiser’s Announcement, in: Daily Graphic, 6. Dezember 1960, S. 12 f. Ebd., S. 9 f. Ebd., S. 11.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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um die korrekt zelebrierte Genderkultur. „Don’t overdress!“ oder: „[A]rrange a powder room so that your lady guests can freshen-up. Lay out a spare comb, powder, pins and a mirror so that they can make any necessary running repairs!“ 300 Indem die Werbung für Star sich des Formats der womens’ page bediente, partizipierte sie an lokalen Diskursen über weib­liche Rollenbilder und beförderte das Bild der modernen, jungen Upperclass-Lady. Die Werbekampagne für Star verwendete also ein sehr breites Spektrum an Werbemethoden und transportierte das Markenimage mittels vieler verschiedener Werbematerialien. Sie stützte sich von Anfang an auf Marktforschung zum Bier­ konsum. Die Einführung der Biermarke mit dieser Kampagne verlief sehr erfolgreich. Darauf verweist der große finanzielle Erfolg der Brauereien.301 Sowohl in Nigeria als auch in Sierra Leone gelang es den Brauereien innerhalb weniger Jahre, mit Star einen Marktanteil von über 50 Prozent am gesamten Bierkonsum zu e­ r­ringen.302 Auch für die Eröffnung einer neuen Brauerei in Sierra Leone im Jahr 1963 übernahm die Agentur Werbebotschaft und Kampagnenmaterial fast vollständig und betonte dabei, wie erfolgreich die Kampagne in Ghana gewesen sei.303 Bei diesem Transfer der Werbung innerhalb Westafrikas prüfte die Agentur zuvor, ob die Darstellung der Personen, wie sie in der ghanaischen Kampagne zum Einsatz gekommen war, in Sierra Leone auf Zustimmung stoßen würde. „Preliminary enquiries made by the Brewery Department suggested that the illustrations of the Africans shown in the material would be acceptable to Sierra Leoneons [sic] and it was generally agreed to employ the Ghana productions but making adjustments to the wording as necessary.“ 304

Dies verweist zum einen auf die üb­liche Praxis der Werbeagentur, die seit ihrer Gründung sehr oft Kampagnen einheit­lich für das gesamte anglophone West­afrika entwarf. Zum anderen zeigt diese Argumentation auch, dass sich in der Agentur zunehmend ein Bewusstsein für nationale Differenzen innerhalb der Region herausbildete. Dies wurde auch in den nächsten Kampagnen für das Bier Star in Ghana deut­lich, die im Folgenden vorgestellt werden.

300 Ebd., S. 9 f. 301 Fieldhouse, Merchant Capital, S. 384 f. und S. 508. 302 Lintas W. A. Limited: Star Beer Advertising Brief 1956/66, 24. Mai 1965, S. 4, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1; Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 2, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 303 ‚Star‘ Lager Beer Launch Advertising Campaign, S. 2, UARM UAC/2/1/C/8/2/1. 304 Ebd., S. 5.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Bezüge der Werbung auf ghanaische Kultur

Zu Beginn der 1960er Jahre setzte die Werbung für Star in ganz Westafrika auf die Darstellung von jungen Männern in Anzügen. Dies veränderte sich im Laufe der 1960er Jahre in Ghana deut­lich. Wie nun gezeigt werden soll, kann man davon sprechen, dass sich die Repräsentation der erfolgreichen, angesehenen Elite in der Werbung afrikanisierte oder ghanaisierte. (L)EAS begann, auf den ghanaischen Musikstil Highlife zu setzen. Dieser war in den Städten der Gold Coast aus einer Mischung aus lokalen und europäischen Einflüssen entstanden. Highlife spielte eine wichtige Rolle in der Kultur der Unabhängigkeitsbewegung und erfreute sich sehr großer Popularität. Tanzabende stellten eine beliebte Freizeitaktivität im Leben junger, städtischer Ghanaer dar. Gleichzeitig galt die Musik im u ­ nabhängigen Ghana zunehmend als Ausdruck von ghanaischer nationaler Kultur.305 Um das Markenimage als typisch ghanaisches Produkt der städtischen Elite zu unterstreichen, setzte (L)EAS nun auf diese Musik mitsamt der dazugehörigen Tanzkultur. Die Kumasi Brewery richtete ab 1961 regelmäßig landesweite High­ life-Tanzwettbewerbe aus, bei denen als Preise etwa ein neuer PKW, Kühlschränke oder Radios gewonnen werden konnten und berühmte Highlife Bands für Tanzmusik sorgten. In den Publikationen der Mirror-Group wurde ausführ­lich und sehr positiv über diese Ereignisse berichtet – es ist anzunehmen, dass hier hinter den Kulissen Absprachen über diese Form der in der Berichterstattung versteckten Werbung bestanden haben. Unabhängig davon zeugten die Zeitungsberichte von hohen Teilnehmerzahlen und einem großen Interesse aus der ghanaischen Bevölkerung an diesen Wettbewerben.306 Diese öffent­lichkeitswirksamen Aktio­ nen wurden nach dem Vorbild ähn­licher Praktiken in der britischen Medienlandschaft konzipiert.307

305 Plageman, Gender Identities, Dance Band Highlife, and Commercialized Nightlife in Accra; Coplan, David: Go to my Town, Cape Coast! The Social History of Ghanaian Highlife, in: Bruno Nettl (Hg.): Eight Urban Musical Cultures. Tradition and Change, London u. a.1987, S.  96 – 114. 306 Werbung für National Highlife Competition, in: Daily Graphic, 29. September 1962, S. 4; Smart Pairs who Dance on a Stairway to the Stars, in: Sunday Mirror, 16. Dezember 1962, S. 7; Star Highlife 1964. Fourth National Highlife Competition, Werbebroschüre, UARM UAC/2/1/B/8/7/1. 307 „A number of competitions had been run this year of which the most recent was the ‚Win a Car’, and there had been some 60,000 to 70,000 entries to date on this. The next competition would be ‚Find the Ball’, one on the lines of the News of the World competition in the U. K.“ Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 1, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1.

Werbung und Marktforschung für die Brauereien der UAC

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Abbildung 5.5: Bild Nr. 3 und Nr. 4 aus dem Storyboard eines Kino-Werbefilms für Star Bier in Ghana, 1963

Auch in der Print- und Kinowerbung modifizierte die Agentur die Werbebotschaft. „Ah! Star! Beer at its best“ wurde nun in der Werbung mit Bildern des geselligen Vergnügens ergänzt. Der Werbespruch „Star people enjoy life“ fand sich seit 1963 auf den Anzeigen, die nun Szenen von sozialem Amüsement mit Highlife-­Musik in Bars, Clubs oder Restaurant zeigten. „In all visual advertising“, vermerkte (L) EAS zu der Kampagne, „attractive well-dressed people are shown enjoying music, dancing, company, etc. The implication is that they (and the on-looker) achieve this enjoyment through Star.“ 308 Für einen Werbefilm in den Kinos ließ (L)EAS sogar eigens ein High-Life Lied für einen 60-sekündigen Werbespot komponieren, das mit Liedzeilen wie „When the band / sets the beat / and the dance / comes alive / enjoy a glass of Star Beer“ das Produkt in mehrfacher Hinsicht zum Verkaufsschlager zu machen suchte (Abbildung 5.5).309 Auch die Printwerbung zeigte Highlife-Tänzer; die Frauen waren zumeist im farbenfrohen ghanaischen Kostüm und die Männer in Kente-Stoffen gekleidet.310 Der über die Schulter und um den Körper gewickelt getragene Kente-Stoff war ein Kleidungsstil der Akan-Ethnie aus dem Süden Ghanas, der im unabhängigen Ghana 308 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 7, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 309 Storyboard für einen Kino-Werbefilm für Star Bier in Ghana, 11. Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. 310 Entwurf einer Printwerbung für Star Bier, o. J. [1963/64]: UARM UAC/2/1/6/1/1.

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zunehmend zum Ausdruck nationaler Kultur wurde und ein wichtiges Kleidungsstück der neuen Elite des Landes darstellte.311 „The beat, beat, beat of the band, and the sparkle of beer at its best. That is the life – and Star is the beer!“ 312, vermerkte der Werbetext. Eine andere Illustration zeigte eine vergnügte Gesellschaft vor dem Grammophon in einem Wohnzimmer.313 „Guests, gaiety and the sparkle of beer at its best. That is the life – and Star is the beer!“ 314 lautete der Werbetext. Trotz der Darstellung beider Geschlechter forderte die Werbekampagne jedoch ledig­lich die Männer auf: „Pour yourself a glass of Star and be a Star man.“ 315 Die Werbekampagne setzte nun deut­lich auf positive Bezüge zur lokalen Kultur und verlieh dem Produkt ein Markenimage, in dem die lokale Herstellung einen wichtigen, positiven Bezug darstellte – ein deut­licher Unterschied zu der Betonung der britischen Qualität und den Bezügen auf europäische und US-amerikanische Kultur, wie sie in der Werbung der 1950er Jahre so verbreitet gewesen war. Diese neue Werbestrategie brachte auch ein etwa siebenminütiger Film zum Ausdruck, den die UAC 1966 für die KBL drehen ließ.316 Er präsentierte einen Highlife-Wettbewerb, der im Namen von Star Beer ausgerichtet war. Der gesamte Film war mit der Musik Highlife unterlegt und zeigte zunächst fröh­lich tanzende und lachende Ghanaer sowohl in europäischer Kleidung als auch in Kente-Stoffen gekleidet beim gemeinsamen Konsum von Star (Abbildung 5.6). Der Sprecher des Films verband mit dem Getränk gleichzeitig ghanaisches ‚nationales Erbe‘ und wirtschaft­lichen Aufschwung: „Highlife is part of the fabric of Ghana’s national heritage. The Star Highlife trophy is competed for every year by the Nation’s top dancers. (…) Apart from bringing happiness to any occasion, Star Beer plays its part in helping the economy of the country.“ 317 In der nächsten Szene war der Palast des Asantehene in Kumasi zu sehen. „In the ancient kingdom of Ashanti stands the palace of the Asantehene at Kumasi. And just as Ashanti rulers seek to provide the best for their people, so does the modern brewing industry in Kumasi seek to make the finest products for the ­people of Ghana.“ 318 Die Biermarke sollte als lokales Produkt mit engem Bezug auf ghanaische Kultur assoziiert werden, während die Brauerei versuchte, sich dabei als wohltätige, großzügige und moderne Einrichtung zu präsentieren. 311 Allman, Nation, Gender, and the Politics of Clothing in Nkrumah’s Ghana. 312 Werbetext für Star Bier Anzeigen in Ghana, 20. Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. 313 Entwurf einer Printwerbung für Star Bier, Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. 314 Werbetext für Star Bier Anzeigen in Ghana, 16. Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. 315 Werbetext für Star Bier Anzeigen in Ghana, 20. Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. 316 Film: A Way of Life. Ghana Kumasi Brewery Limited, 1966, UARM. 317 Ebd. 318 Ebd.

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Abbildung 5.6: Screenshot aus dem Film: A Way of Life. Ghana Kumasi Brewery Limited, 1966

Im Anschluss daran wurde der industrielle Fertigungsprozess für Bier in der Fabrik präsentiert. Es war zu sehen, wie Bier gebraut, Flaschen gewaschen, abgefüllt und etikettiert wurden. Der Sprecher betonte die hohe Qualität des Produkts aufgrund der industriellen Fertigung nach internationalem Standard.319 Auch diese ­Kampagnen waren weiterhin erfolgreich. Insgesamt gab Lintas im Jahr 1964 über 300.000 Pfund für Werbung aus und berichtete von einem steigenden Konsum von Bier und Stout infolge der Werbung.320 Die Marketingkonferenzen der Brauereien

Seit Mitte der 1960er Jahre hielten die drei Brauereien der UAC aus Nigeria, Ghana und Sierra Leone regelmäßig gemeinsame Marketingkonferenzen ab, auf denen sie Marktforschungsergebnisse diskutieren, Werbepläne besprachen und

319 Ebd. 320 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 10, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1.

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Marketing- und Werbestrategien ihrer Produkte abstimmten.321 Ziel war eine regionale Vereinheit­lichung des Markenimages sowie der verschiedenen Werbestrategien.322 Die Werbung war bereits zuvor häufig einheit­lich für die anglophonen Länder Westafrikas entworfen worden, aber es scheint, dass die Bedeutung der Kommu­nikation mit den Kunden für die Unternehmen so groß geworden war, dass sie sich der Wirkung dieser Strategien nun gemeinsam absichern wollten. Die nigerianische Brauerei verfügte über den größten Absatzmarkt, Umsatz und Gewinn, weshalb sie die Kampagnenkonzeption dominierte.323 Das RBL hatte für die Konferenz eine Reihe verschiedener Marktstudien durchgeführt, was darauf verweist, wie wichtig diese Praxis für die Unternehmen als Informationsgrundlage ihrer Marketingpolitik geworden war. In Nigeria wurden vier Studien durchgeführt: „Beer and Stout Habit Survey“, „Star Beer Attitude Survey“, „Star/ Top Product Test“, „Star Label Design Test“ und für Sierra Leone ein „Consumer Habit and Attitude Survey“.324 Für Ghana führte das RBL keine Untersuchungen durch. Dort herrschte Mitte der 1960er Jahre Konsumgüterknappheit und Bier war begehrt und teuer: Preise betrugen etwa vier Schilling und acht Pence pro Flasche, manchmal sogar fünf bis sechs Schilling.325 Daher gab es keine große Dring­lichkeit, Marketingstrategien zu planen.326 Doch die KBL hoffte auf eine baldige Veränderung der Situation: „The market demand for beer appeared to be expanding and is well above the ability of either Brewery in the country to supply.“ 327 Ein weiteres Problem stellte der Mangel an Flaschen in Ghana dar. Es gab ein „system of fulls for empties“ für den Verkauf von Star, „this meant that every bottle was being kept in circulation“.328 Zwar plante die UAC den Bau einer Ghana Bottle Factory, doch deren Eröffnungsdatum war noch ungewiss.329

321 Brewery’s Second International Marketing Conference, Accra 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 322 Programme for the Accra Advertising Conference, 19.–21. Mai 1965, S. 1, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 323 Interview Jake Obetsebi-Lamptey (1). 324 Programme for the Accra Advertising Conference, S. 2, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 325 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 3, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 326 Brief von Quaranta an Crumbley, 15. April 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 327 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 3, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 328 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 20. Mai 1965, S. 5, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 329 Ebd.

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Die Diskussion der neuen Werbestrategie stützte sich daher hauptsäch­lich auf die nigerianischen Marktstudien.330 Diese evaluierten das Image der Biermarke. Das Ergebnis zeigte, dass die bisherige Werbestrategie erfolgreich den Eindruck hoher Qualität sowie besonderer Taug­lichkeit für geselliges Amüsement etabliert hatte: „Star is regarded as being lighter/milder/less intoxicating than competitive brands – a property looked for by a majority of consumers (…) Star (along with other lagers) is regarded as particularly suitable for a party/celebration or generally social occasion. (…) Star is regarded as having no unpleasant after-effects.“ 331

Besonders die Kampagne ‚Men of Distinction‘ schien sehr erfolgreich gewesen zu sein: „The ‚Man of Distinction‘ theme is still remembered by consumers although it has been discontinued for the last five years.“ 332 Doch die Marktforschung brachte auch ein Problem zum Vorschein: Star hob sich mit keiner besonderen Eigenschaft von der Konkurrenz ab. „The overall impression was that Star had a favourable image but was vulnerable, particularly as no specific product plus emerged in consumers minds.“ 333 Für die neue Kampagne definierte Lintas als Zielgruppe weiterhin männ­liche Stadtbewohner mit regelmäßigem, relativ hohem Einkommen, die jedoch nicht Teil einer Elite waren. „This group includes government officers, junior managers, chief clerks, small business men etc. It is believed that this group accounts for a high proportion of Star sales, and as such is the principle target group.“ 334 Doch der Bericht von Lintas hob auch die Bedeutung einer Elite für den Bierkonsum hervor: „Target Groups for Advertising: (…) The AB class which is very small numerically (probably less than 2% of the urban population) but which may well have a high per capita consumption. This group has an annual income of over £1,000 and includes senior government officials, professional men, senior managers etc. (…) Finally, the D group – clerks, artisans, traders, small farmers, etc., with income of between £150 and £400. Per capita consumption is low.“ 335

330 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference. Advertising Plans for Star, 21. Mai 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 331 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 8, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 332 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 6, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 333 Ebd. 334 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 1, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 335 Ebd., S. 1 f.

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Die Städte wurden aufgrund der höheren Kaufkraft sowie der besseren Verfüg­ barkeit von industriell gefertigten Konsumgütern als hauptsäch­liches Absatzgebiet betrachtet.336 Die Unterteilung der Konsumenten in Gruppen von A bis D ist im Übrigen ein weiterer Verweis auf die Etablierung gängiger west­licher Markt­ forschungsmethoden. Während Lintas weiterhin auf dieselbe Zielgruppe setzte, kamen gleichzeitig Zweifel an dem Fokus der bisherigen Kampagne auf. Unter den Marketingexperten der Brauereien wurde eine Unsicherheit darüber deut­lich, wie genau sie sich die Zielgruppe ihrer Werbebemühungen vorstellen sollten. Die bisherigen Analyse­ ebenen der Marktstudien reichten ihnen nun nicht mehr aus, um darauf aufbauend eine Marketingstrategie zu entwickeln: „It was felt that the importance of regular drinkers should be recognised and that we ought to define this part of the market more exactly. These drinkers could be analysed by occupation; earning power, etc. and a proper consumer profile arrived at.“ 337 Aus welcher gesellschaft­lichen Schicht kamen die regelmäßigen Konsumenten? Könnte man den Terminus ‚regelmäßiger Trinker‘ noch mehr ausdifferenzieren, in schwerer, mittlerer und leichter Trinker? Wie genau verlief der Kaufvorgang, wer kaufte ein und wie oft? Gab es eine Differenzierung nach Regionen im Bierkonsum? Mit welchen geschmack­lichen Eigenschaften und mit welcher körper­lichen Wirkung verknüpften Konsumenten die Biermarke? Solche Fragen wurden an das Research Bureau gerichtet, deren Vertreter baldige Antworten zusagten.338 Auch wurde um eine deut­lichere Differenzierung zwischen den Regionen Stadt und Land gebeten: „It was agreed that it would be helpful if greater definition could be given to such terms as ‚urban‘ and ‚rural‘ in describing the areas where sales were anticipated. RBL had defined ‚urban‘ as being towns with a population of 10,000 or more (…).“ 339 Besonderen Wert legten die Marketingmanager und Werbefachleute auf die Frage des Konsums des Biers Star unter Frauen – dieser hatte in der bisherigen Werbe­strategie nur eine geringe Bedeutung gehabt. „An attempt should be made to quantify the consumption of Star by women in relation to consumption by men“, forderten die Konferenzteilnehmer nun.340 Auch in Sierra Leone stellten die

336 Ebd., S. 10. 337 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 5, UAC/2/1/B/7/2/6/1. 338 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 20. Mai 1965, S. 1 f., UAC/2/1/B/7/2/6/1. 339 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 21. Mai 1965, S. 2, UAC/2/1/B/7/2/6/1. 340 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 20. Mai 1965, S. 1, UAC/2/1/B/7/2/6/1.

UARM UARM UARM UARM

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Marktforscher überrascht fest, dass die Strategie, den männ­lichen Konsumenten ins Zentrum der Kampagne zu stellen, nicht unbedingt die richtige war: „[D]rinking by women was more generalized than had previously been thought.“ 341 Das ­Research Bureau führte außerdem einen Test zum Stout-Konsum unter Frauen durch.342 Somit stellten die Diskussionen unter den Marketingmanagern der ­Brauereien und den Werbefachleuten eine weitere Grundannahme der Werber infrage, die bis dahin mit ihren Kampagnen überwiegend Männer angesprochen hatten. Auch andere Ergebnisse der Studien ließen bisherige Annahmen über den Konsum von Bier in Westafrika frag­lich erscheinen. Zum einen musste die bisherige Überzeugung modifiziert werden, dass Star vornehm­lich von jungen Männern unter 30 Jahren konsumiert wurde. „It was pointed out that research information did not support the contention that the appeal of Star was currently to younger men.“ 343 Zu diesem Schluss kamen die Konferenzteilnehmer, da die Studie hervorhob, dass unter 30-Jährige zwar häufiger tranken, aber in höheren Altersgruppen dafür durchschnitt­lich größere Mengen von Bier konsumiert wurden.344 Außerdem stellte die Marktforschung ein weiteres wichtiges Merkmal der Werbung infrage: Die Annahme, dass Bier in Westafrika vor allem in Gesellschaft getrunken wurde. „Prior to the Attitude Survey, it had been thought that the Nigerian consumer regarded Star (and all lagers) primarily as a social lubricant – i. e. he would drink Star when at parties, in the company of friends and so on. We now have evidence that Star is drunk on a far greater variety of occasions – including when alone at home.“ 345 Es ist unklar, warum die Marketingmanager und Werbefachleute erst Mitte der 1960er Jahre begannen, solch detaillierte Fragen über die Bierkonsumenten in Westafrika aufzuwerfen und die bisherige Werbepraxis infrage zu stellen. Gewiss lag es nicht daran, dass erst zu diesem Zeitpunkt die Praxis der Marktforschung in Westafrika eingeführt worden wäre.346 Das RBL existierte in Nigeria bereits seit 1959 und zumindest für die KBL war in Ghana bereits Marktforschung durchgeführt worden, deren Ergebnisse das Ansprechen von städtischen, männ­lichen Konsumenten, die Bier in Gesellschaft konsumierten, hatte sinnvoll erscheinen lassen. Die Ergebnisse, die 1965 zu einer Modifizierung der Werbestrategie führen sollten, hatten in sehr ähn­licher Weise bereits 1959 vorgelegen. Auch dieser Bericht hatte gezeigt, dass Frauen sowie ältere Personen ebenfalls zu den Biertrinkern gehörten 341 Ebd., S. 4. 342 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 8, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 343 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 20. Mai 1965, S. 3, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 344 Ebd., S. 1. 345 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 10, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 346 So argumentiert van den Bersselaar, Who Belongs to the Star People, S. 401.

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und dass das Getränk nicht nur in Clubs, sondern auch im Eigenheim konsumiert wurde. Dennoch wandten sich die Werber an junge Männer. Es ist also anzu­ nehmen, dass sich im Laufe der 1960er Jahre das Personal und die Erfahrungen in den Unternehmen veränderten, was zur Etablierung einer immer ­detaillierteren Forschungspraxis und vor allem zu einem immer detaillierteren Blick auf die Konsumenten führte. Für die gesamte Ausarbeitung der Werbekampagne existierte folgende Arbeitsteilung innerhalb von Lintas: Die Werbestrategie skizzierten wohl die westafrikanischen Filialen – den Bericht verfasste in jedem Fall Lintas W. A. Limited. Die Werbung wurde jedoch von LEAS in London entworfen, um in Nigeria, Ghana und Sierra Leone verwendet zu werden.347 Der Schwerpunkt der Werbekampagne lag auf theme advertising, also auf den Werbemedien Zeitung, Plakat und Kino, auch wenn weiterhin zusätz­lich scheme advertising, also Verkaufsförderung im direkten Kundenkontakt, betrieben werden sollte.348 Die Werbeexperten wollten die Umsatzsteigerung der Biermarke durch eine Steigerung des generellen Bierkonsums erreichen, an dem Star seinen hohen Anteil von über 50 Prozent halten sollte. Lintas sah die effektivste Steigerungsmög­lichkeit darin, regelmäßige Konsumenten zu noch mehr Konsum anzuregen.349 „The objective of the advertising was seen to be to make light drinkers drink Beer more regularly rather than to attempt to turn non-drinkers into consumers of Star.“ 350 Im Zentrum der Entwicklung einer gemeinsamen Werbestrategie stand das Ziel, dem Produkt besondere, positive Eigenschaften zuzuschreiben. Werbe- und Marketingexperten waren sich einig, dass das Image der Marke „not (…) sufficiently specific or hard hitting“ sei.351 „Its particular weaknesses were that it did not hold out sufficient promise of the beneficial effects of drinking Star, that it did not indicate sufficiently clearly the occasions on which Star should be consumed and that it could have emphasized more strongly the quality of the brand.“ 352 Die Konkurrenz durch Guinness, das sehr erfolgreich auch in Westafrika seinen Slogan „Guinness for Strength“ etablierte, ließ dieses Anliegen umso dringender werden, wenngleich dies dessen Lösung den Werbeexperten nicht einfacher machte:353 „The

347 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference. Advertising Plans for Star, 21. Mai 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 348 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 1, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 349 Ebd., S. 1 und S. 4. 350 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference. Advertising Plans for Star, 21. Mai 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 351 Ebd. 352 Ebd. 353 Star Beer Advertising Brief 1956/66, S. 11, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1.

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difficulty of making specific claims for Star was recognised since the appeal of a Beer was mainly to irrational feelings.“ 354 Die Kampagne, welche Lintas auf Basis dieser Diskussionen für die ­Brauereien entwarf, setzte auf „bright“, um das Thema des Vergnügens zu spezifizieren – ein Wort mit den Bedeutungen strahlend, fröh­lich, freund­lich, aber auch klug, ­intelligent, gescheit. „You’re brighter by far on a Star!“ wurde der Werbespruch der Kampagne. Sie setzte wieder auf die jüngeren, modernen Stadtbewohner und verblieb auch in anderer Hinsicht den vorherigen Kampagnen auffällig ähn­lich, welche in ganz Westafrika geschaltet worden waren. Dies begründeten die Werber mit einer spezifischen Wahrnehmung der Werbebilder in der Region: „Advertising messages filter slowly into the Nigerian consciousness (…).“ 355 Ein zentraler Unterschied jedoch war, dass Frauen in dieser Kampagne zu den Männern gleich­rangigen Konsumentinnen von Bier geworden waren. „It makes me bright – and keeps me bright“, freute sich eine strahlende, junge Frau auf einer ganzseitigen Anzeige im Sunday Graphic: „Star Girls are (…) the bright girls who enjoy life (…) Be a StarGirl – like me!“ 356 In ganz ähn­lichem Stil warben auch fröh­liche Männer auf der Printwerbung für das Produkt.357 Das Ziel von Lintas war die Reputation eines Bieres zu etablieren, dessen Wirkung hinsicht­lich „physical and mental well-being“ alle anderen Marken übertraf.358 Lintas testete den Erfolg der Kampagne in Nigeria acht Wochen nach ihrem Start und urteilte, „memorability [sic] and interpretation were more than promising.“ 359 Die Agentur plante zunächst die Einführung eines neuen Etiketts, verwarf diese Idee nach einer Marktforschungsstudie jedoch wieder, da zu viele Testpersonen das Bier für eine gänz­lich neue Marke gehalten hatten.360 Trotz der gleichrangigen Inkorporierung von Frauen in die Botschaften der Printwerbung verblieb auf Seiten der Werber weiterhin eine große Unsicherheit darüber, wie sehr Frauen als Konsumentinnen von Bier angesprochen werden sollten. Bei der Einführung der Biermarke Samson Stout in Ghana schrieb ein UAC-Manager an einen der Manager im UAC Brewery Department:

354 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference. Advertising Plans for Star, 21. Mai 1965, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1. 355 Lintas Export Advertising Services, Star Beer (N. B. L.). Creative Expression and Press, Film and Radio Copy for 1966/7 Campaign, 15. Juni 1966, UARM UAC/2/1/A/8/5/1. 356 Werbung für Star Bier, abgedruckt in: Sunday Mirror, 24. Juli 1966, S. 4. 357 Werbung für Star Bier, abgedruckt in: Sunday Mirror, 28. August 1966, S. 4. 358 Star Beer (N. B. L.), Creative Expression, UARM UAC/2/1/A/8/5/1. 359 Ebd. 360 Minutes of the Second Annual Breweries’ Conference, 19. Mai 1965, S. 7, UARM UAC/2/1/B/7/2/6/1.

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„I have just been reading the Samson Stout Brand Strategy for 1968/9 and one thing puzzles me. It says that no information is available concerning Stout drinking habits amongst women. While we may have no market research to support our own views and those of the K. B. L. sales force, I think there must be a general concensus [sic] of opinion that Stout is drunk considerably by women in Ghana. I have seen many women drinking it over the years. If this is so, then I wonder if they are right in saying that ‚the consumer aimed at can be described as a man under 35 years of age‘.“ 361

Dies verweist darauf, dass die Werber, wenn die Ergebnisse der Marktforschungsstudien ihren bisherigen Annahmen widersprachen, weitaus länger brauchten, bis sie diese wahrnahmen und für die Planung ihrer Werbestrategien verwendeten. Auch wenn mehrere Marktforschungsberichte den Bierkonsum unter Frauen bestätigten, verblieb manch einer der Marketingexperten bei der Ansicht, nur Männer würden das Getränk regelmäßig zu sich nehmen. Andere Ergebnisse, wie etwa der erhöhte Konsum von Star in den Städten, bestätigten die bis­ herigen Gedanken der Werber und wurden daher auch von Anfang an in die Werbestrategie inkorporiert. In einer erneuten Konferenz 1966 bescheinigten Vertreter aller drei Brauereien, dass die Werbekampagne in ihren Ländern erfolgreich verlief und dass sie eine Fortführung dieser Kampagne wünschten. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre war Marktforschung zu einem wesent­lichen Bestandteil der Unternehmenspolitik geworden und galt als Grundlage der Produktentwicklung, des Marketing und aller Werbestrategien. Auf einem Treffen zwischen Vertreter von Heineken, RBL, Unilever und der UAC im Jahr 1972 hieß es: „[A]dvertising is, in the first place, constructed on the basis of a thorough understanding of the consumer (…). It is essential, therefore, to know and understand the nature of the markets, to explore and measure consumer needs and beliefs (…).“ 362 Die Brauereien gehörten zu den größten Auftraggebern des RBL. Grund­sätz­ lich führten die Werbeagenturen in Ghana überwiegend für große Konzerne ­professionelle Marktforschung durch, da es den ghanaischen Firmen entweder an Geld oder an Zahlungsbereitschaft mangelte. Eine Ausnahme war der in Ghana florierende Verkauf von bedruckten Stoffen, die sogenannten dutch wax prints. Als die UAC versuchte, den Absatzmarkt für diese Stoffe zu vergrößern, gab sie gemeinsam mit LEAS vermut­lich beim RBL eine Studie in Auftrag. Deren Ergebnis war, dass die Motive auf den Stoffen zu groß waren und daher nicht dem modischen Geschmack der Bildungselite entsprachen: „[S]o we had

361 Brief von Hunt an Crumbley, 27. Juni 1968, UARM UAC/2/1/1/3/4. 362 Malt Liquor Research, 7. Februar 1972, S. 3 f., UARM UAC/2/1/5/2/1.

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to design them and reduce them (…) and then they appealed to the educated and they started wearing them.“ 363 Doch in den meisten Fällen waren die Erfahrungen und Eindrücke der nun vornehm­lich afrikanischen Werbefachleute die Grundlage der Werbeentwürfe. Die Werber unterhielten sich mit Personen aus der Zielgruppe der jeweiligen K ­ ampagne über deren Bedürfnisse und Anforderungen an das jeweilige Produkt. So sollte mög­ lichst viel Information über potentielle Konsumenten gesammelt werden. Diese Praxis war für die Kampagnenplanung in Ghana zentral.364 Sowohl für die internationalen als auch für die ghanaischen Unternehmen, die keine Marktforschung betrieben, waren die Werber daher eine zentrale Wissensquelle für die Konzeption der Werbung. Die ersten afrikanischen Werbefachleute verstanden sich dabei als Mittlerfiguren zwischen den europäischen Unternehmen als Kunden der ­Agenturen und den afrikanischen Konsumenten. Einer der ersten ghanaischen Agentureigentümer erinnerte sich an die Praxis seiner Agentur in den frühen 1970er Jahren: „[I]n those days, there was no need [for market research]. You know what their [the people’s] needs are, you know what they like, because you’re one of them. So you know, when you don’t like it, your brother won’t like it, your sister won’t like it, your [family] won’t like it, that’s about eight or ten (…) and you can influence the rest. So you know straight what will work, and what will not work.“ 365

Abschließend soll noch bemerkt werden, dass die Kampagnen für Star Beispiele für Werbung darstellen, die auch in den 1960er Jahren weiterhin überwiegend von europäischen Werbefachleuten konzipiert wurde. Doch es muss betont werden, dass diese Art der internationalen Kampagnenplanung in den 1960er Jahren in Ghana nicht mehr den Regelfall darstellte. Ein bedeutender Teil der Werbung wurde in dieser Zeit bereits von Ghanaern in ghanaischen Agenturen entworfen. Das Erscheinungsbild dieser Werbung in den Printmedien sowie in Radio und F ­ ernsehen soll in den beiden folgenden Abschnitten untersucht werden. Dabei wird auch gefragt, inwiefern das Erscheinungsbild sich von Kampagnen der internationalen Agenturen unterschied. Zudem werden die Veränderungen in der Werbepraxis im Vergleich zum vorangegangenen Jahrzehnt herausgearbeitet.

363 Interview Kwaw Ansah. 364 Interview Silas Mantey; Interview Sil Kuwornu; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2); Interview Jos Anyima Ackah; Interview Torgbor Mensah; Interview Kwaw Ansah. 365 Interview Torgbor Mensah.

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7. Die Printwerbung in den 1960er Jahren Während der 1960er Jahre nahm sowohl die Alphabetisierungsrate als auch die Verbreitung der Zeitungen zu, die so einem noch größeren Publikum zugäng­lich wurden. 1970 lag die durchschnitt­liche Schreib- und Lesefähigkeit von Männern bei 43 Prozent und von Frauen bei 17 Prozent.366 Die Gesamtauflage der Tages­zeitungen stieg zwischen 1959 und 1963 von 162.130 auf 232.000 Stück pro Tag. Der Daily Graphic steigerte seine täg­liche Auflage von 73.855 im Jahr 1957 auf 102.000 Exemplare im Jahr 1963. Die Ghanaian Times lag 1959 noch bei 19.491 täg­lich gedruckten Zeitungen und hatte sich 1963 auf 75.000 gesteigert. Auch die gesamte Auflagenzahl der Wochenzeitungen wuchs zwischen 1957 und 1963 von 62.980 auf 109.000 Stück wöchent­lich. Der Sunday Mirror war dabei die auflagenstärkste Zeitung mit 57.280 Exemplaren jähr­lich 1957 und 75.000 im Jahr 1963.367 Man kann daher von einer Fortsetzung der Popularisierung der Printmedien sprechen. Die meisten Zeitungen, vor allem der Sunday Mirror und die Drum, sprachen mit Fotos und Berichterstattung über Lokalnachrichten, Kurzgeschichten und Ratgeberseiten zu Fragen wie Ehe, Beziehung und Glauben auch ein halb-alphabetisiertes Publikum an. Dabei handelte es sich um einen Transfer des Tabloid-Formats sowohl aus Großbritannien als auch aus Südafrika, der bislang in der Forschung kaum untersucht worden ist. Die großen Zeitungen in Ghana verfügten in den 1960er Jahren über ein eigenes Büro in London als Anlaufstelle für Werbekunden.368 Im Laufe der 1960er Jahre erlangte die Regierung unter Nkrumah die Kontrolle über alle großen Zeitungen. Die Guinea Press gab ab 1963 eine Wochen­ zeitung namens Weekly Spectator heraus.369 1962 kaufte die ghanaische Regierung den Daily Graphic und den Sunday Mirror.370 Damit war sie Eigentümerin der meisten großen Tages- und Wochenzeitungen und übte eine strikte Zensur auf deren Inhalte aus.371 Doch auch wenn somit die Kontrolle über das Platzieren der Werbung beim ghanaischen Staat lag, finden sich keine Hinweise darauf, dass es über die Inhalte von Werbung größere Konflikte zwischen Werbeagenturen und den Herausgebern der Zeitungen gegeben hätte. Für die Zeitungen wird diese Einnahmequelle zu wichtig gewesen sein, um zu riskieren, Kunden aufgrund von 366 Cooper, Africa since 1940, S. 114. 367 Statistical Handbook of the Republic of Ghana 1967, S. 132. 368 Vgl. die Anzeigen der Agenturen und der Zeitungen in: Advertiser’s Weekly, 12. Februar 1965, S. 44. 369 Asante, The Press in Ghana, S. 7. Asante gibt als Gründungsjahr 1958 an. Jones-Quartey hingegen nennt 1956/57: Ders., A Summary History, S. 27. 370 Asante, The Press in Ghana, S. 15; Plageman, Urban Infrastructure, S. 142. 371 Asante, The Press in Ghana, S. 19 – 27.

Die Printwerbung in den 1960er Jahren

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zu strikten Regulierungen zu verlieren. Allerdings bot bereits während der 1950er Jahre die kommerzielle Werbung ganz überwiegend positive Bezüge auf politische Forderungen der afrikanischen Parteien, sodass politische Inhalte kaum ein ­größeres Konfliktfeld dargestellt haben dürften. Es ist anzunehmen, dass die Printwerbung in den 1960er Jahren vornehm­lich von ghanaischen Agenturen gestaltet wurde, auch wenn Lintas W. A. weiterhin eine starke Stellung behielt. Der größte Konkurrent, die staat­liche Agentur Napado, war eine ausschließ­lich mit Ghanaern besetzte Agentur, die die Werbung für die meisten Produkte der jungen ghanaischen Industrien konzipierte. Zudem kon­ trollierte sie die Vergabe von Werbeplatz in den staat­lichen Medien. Die Darstellung von Konsumkultur und Konsumenten sowie die Werte­zu­ schreibungen für die Produkte wandelten sich während der 1960er Jahre. Während die Werbung durchaus weiterhin in der Darstellung der Konsumenten klare Bezüge auf Personen in europäischer Kleidung aufwies, waren in der Werbung für ­ghanaische Produkte und Dienstleistungen immer häufiger im ­Kente-Stoff gekleidete Mitglieder der Elite zu sehen.372 Gerade die Werbung, welche mit g­ roßer Wahrschein­lichkeit ghanaische Werbefachleute erstellt hatten, zeigte immer ­häufiger solche Konsumenten, wie etwa eine Anzeige für die Ghana Commercial Bank, welche gewiss von Napado entworfen worden war, oder eine Reklame für Ghana Airways (Abbildung 5.7).373 Neben diesen Konsumenten im Kente-Stoffgewand waren auch in der von ghanaischen Designern entworfenen Werbung häufig Konsumenten in euro­päischer Kleidung zu sehen und beide wurden als beruf­lich erfolgreich und sozial ange­sehen dargestellt. Das während der 1950er Jahre dominierende Thema der Werbung zeigte sich in den 1960er Jahren also durchaus weiterhin in den ­Anzeigen, aber die Darstellung der afrikanischen Elite veränderte sich. Das Neben­einander dieser beiden Kleidungsstile in der Werbung entsprach durchaus der sozialen P ­ raxis der s­ tädtischen Mittelschicht und Elite Ghanas in den 1960er Jahren. ­Dieser Wandel in den Bilder­ welten der Werbung verlief zudem zeitgleich zu einem ­Wandel in der politischen Kultur Ghanas, in der sich Kwame Nkrumah verstärkt auf eine ghanaische nationale Kultur bezog und diese in seine herrschaftslegitimierende Selbstdarstellung inkorporierte. Nkrumah zeigte sich nun ausschließ­lich im ­Kente-Stoff und gab sich den Beinahmen ‚Osagyefo‘, was in der ghanaischen Sprache Twi ‚Erlöser‘ bedeutet.374 372 So etwa in einer Anzeige für Kingsway: Werbung für Kingsway, abgedruckt in: The Daily Graphic, 3. Juli 1962, S. 4. 373 Werbung für Ghana Commercial Bank, abgedruckt in: The Daily Graphic, 6. Januar 1964; Werbung für Ghana Airways, abgedruckt in: West Africa, 12. Januar 1964, S. 34. 374 Das Verhalten Nkrumahs entsprach der Tendenz zur Selbststilisierung vieler afrikanischer Machthaber seiner Zeit. Vgl. dazu: Marx, Geschichte Afrikas, S. 280 ff.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Abbildung 5.7: Werbung für Ghana Airways, 1964

In Hinblick auf die angewandte Werbetechnik setzten sich zunehmend Illustra­ tionen mit Fotos durch. Dies ist vor allem bei der in Ghana entworfenen Werbung zu konstatieren und ist Ausdruck dessen, dass es oft kostengünstiger war, Werbeanzeigen mit dem Abdruck eines Fotos zu illustrieren, anstatt diese durch aufwendige händische Visualisierungsverfahren aufzubereiten. Die Qualität der Illustrationen solcher Werbung wirkte zumeist geringer als die der Skizzentechnik, die während der 1950er Jahre zum Einsatz kam. Interessant ist aber, dass diese Darstellung der Praxis der lokalen Fotografie ähnelte: Diese visuelle Vertrautheit trug zu einer besseren Akzeptanz dieser Werbetechnik in Ghana bei. Einer der ersten ghanaischen Werbedesigner bei Lintas erinnerte sich an eine Kampagne, welche die Agentur mit geringen finanziellen Mitteln für das Bier ‚Gulder‘ herstellte und für die sie die Fotos in Ghana aufnehmen und entwickeln ließ:

Die Printwerbung in den 1960er Jahren

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„[T]he photography was not the standard that people had seen before, they had always seen the stuff produced from outside, but it was adequate, it told the story, and it was a type of photography that they saw of themselves anyway because they were using local photographers to shoot the portraits that they had in their houses. So the gap was huge, but it was not insurmountable in terms of the capacity and the imagination of people to see and to read into it.“ 375

Eine weitere Veränderung trat im Laufe der 1960er Jahre ein: Die Werbung zeigte die Produkte oft mit konkreten Bezügen auf ihre lokale Verwendung in Ghana, was im Gegensatz zur Praxis während der 1950er Jahre stand, in der die Produkte überwiegend als prestigereicher Konsumgegenstand moderner städtischer Konsumenten dargestellt worden waren. Nun bewarb etwa Barclays Bank ihre Kreditvergabe als Mög­lichkeit, äußerst kostspielige Hochzeiten zu finanzieren.376 Kleinbusse dienten in Ghana vornehm­lich als Transportmittel für Personen und wurden privat von Kleinunternehmern gekauft. Die Werbung in den 1960er Jahren nahm Bezug auf diese Verwendung und präsentierte den PKW als äußerst effizientes und geräu­miges Fortbewegungsmittel.377 Werbung für Schnaps, die in den 1950er ­Jahren ebenfalls auf moderne Konsumkultur gesetzt hatte, bewarb das Produkt nun so, wie es Ghanaer seit langer Zeit verwendeten: als Getränk für traditionelle und religiöse Zeremonien und Riten (Abbildung 5.8).378 Van den Bersselaar hat die Vermarktung dieses Produkts in Ghana und Nigeria untersucht und führt diesen „shift in advertising from the modern to traditional“ darauf zurück, dass die internationalen Hersteller die Vermarktungsstrategien der ghanaischen und nigeria­nischen Hersteller übernahmen.379 Dem muss hinzugefügt werden, dass diese Hersteller durchaus von Werbeagenturen beraten wurden: So wurde die Werbung für den in Ghana produzierten Bramso Schnaps von der staat­lichen Agentur Napado hergestellt.380 Es ist für all diese Produkte anzunehmen, dass die Werbefachleute ihre Kenntnis um deren spezifische Verwendung in die Herstellung der Anzeigen einfließen ließen und darin der Grund für diesen Wandel zu sehen ist. Zudem wurde die Herkunft der Güter in der Werbung ganz anders als noch im vorangegangenen Jahrzehnt gedeutet. Anstatt die britische Herkunft der Güter zu betonen und diese mit Bezügen auf west­liche Kultur zu verknüpfen, wurde nun 375 376 377 378

Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). Werbung für Barclays Bank, abgedruckt in: Daily Graphic, 3. Januar 1966, S. 7. Werbung für Morris Kleinbusse, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. April 1960, S. 4. Van den Bersselaar, The King of Drinks; Werbung für Bramso Schnaps, abgedruckt in: The Daily Graphic, 6. Juli 1968. 379 Van den Bersselaar, Who Belongs to the Star People, S. 405 und S. 408. 380 Interview Kwame Akatu.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Abbildung 5.8: Werbung für Bramso Schnaps, 1968

„Made in Ghana“ zu einem positiv konnotierten Aushängeschild der Waren.381 Diese Verschiebung spiegelte die wirtschaft­lichen Veränderungen, in deren Zentrum die Politik der Importsubstitution und der Aufbau großer ghanaischer Industrien standen. Vielleicht zeigte sich in dieser Betonung der hohen Qualität der in Ghana hergestellten Waren auch ein politischer Auftrag der staat­lichen Agenturen, die staat­liche Politik mit solcher Werbung zu stützen.

8. Radio und Fernsehen als neue Werbemedien Die Anfänge des Radios in Ghana reichen bis in die Kolonialzeit zurück. Der erste Radiosender wurde bereits von der britischen Kolonialregierung 1935 in Betrieb genommen. 1954 wurde das Gold Coast Broadcasting System eingerichtet, w ­ elches unter der Regierung Nkrumahs im September 1962 zu einem eigenständigen

381 Werbung für Tubular Möbel, abgedruckt in: The Daily Graphic, 6. Januar 1962, S. 7.

Radio und Fernsehen als neue Werbemedien

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Unternehmen namens Ghana Broadcasting Corporation (GBC) umgeformt wurde.382 Vermut­lich wurde im Zuge dieser Umwandlung auch kommerzielle Werbung im Radio zugelassen.383 In den Werbeagenturen der UAC übernahm Afromedia die Organisation und das Buchen der Sendezeit im Radio.384 LEAS in London und die westafrikanischen Filialen konzipierten die Werbespots. Produziert wurde das audiovisuelle Material dabei bis weit in die 1960er Jahre in Großbritannien, bevor Lintas in Ghana eine eigene Abteilung dafür aufbaute.385 In Nigeria gab es bereits seit 1960 einen kommerziellen Radiosender, in dem die Agentur beispielsweise Spots für das Lever-Waschmittel Omo sendete. (L)EAS sprach dem Radio bei s­ einer Einführung in Ghana und Nigeria eine hohe Bedeutung als einem Medium zu, mit dem man landesweit auch außerhalb der Städte bei einem analphabetischen Publikum ohne die Verwendung von Schriftsprache Werbebotschaften v­ erbreiten könne.386 Diese Funktion hatten bislang bei Unilever und auch bei Nestlé die Werbebusse übernommen, doch für WAP hatten die klas­sischen Medien des theme advertising eine größere Bedeutung. Lintas setzte im Radio auf kurze, eingängige Spots, in denen die Werbesprüche der Printwerbung melodisch hinterlegt wurden, wie beispielsweise „Malaria not me, Paludrine is my remedy“ oder „Brighter by far on a Star, you are“.387 Dave Carey, ein vermut­lich europäischer Sänger, komponierte die ersten Jingles für Radio-, Fernseh- und Kinowerbung für WAP in Nigeria und nahm diese in Großbritannien auf.388 In den 1960er Jahren sendete Lintas für die in Nigeria produzierte Limonade ‚Tango‘ der UAC beispielsweise folgende Werbemelodie. Eine Frauenstimme sang: „Come on baby, let’s have a Tango. Come on baby have one with me.“ Eine andere Stimme erklärte dem Zuhörer: „Now you can enjoy new Tango – the new orange drink that looks good and tastes even better. Yes, new tango has a fine, new flavour – a flavour you’ll love! Get new Tango today, and enjoy its fine new flavour.“ Eine Männerstimme antwortete: „Come on baby, let’s drink a Tango, Tango is the drink

382 Asante, The Press in Ghana, S. 8 f. 383 Dies wurde zwar bereits 1959 diskutiert, doch noch 1960 war jeg­liche kommerzielle Werbung im Radio verboten: At a Meeting of the Board of the United Africa Company, 23. März 1959, UARM UAC/1/1/1/2/17; Le lancement de la bière Star au Ghana, Annexe XI. Étude sur les Média – Ghana, UARM UAC/2/1/B/7/2/4/7. 384 Brief von McKinnell an Denyer, 23. Februar 1961, UARM UAC/2/35/1/AK (242/1) (vl. Rnr.). 385 Interview Kwaw Ansah. 386 Fifty Years Growing, S. 24. 387 Interview Kwame Akatu. 388 Fifty Years Growing, S. 25.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

for you and me.“ 389 Wie diese Radiowerbung verdeut­licht, setzte die Werbestrategie für die Marken Tango und Krola darauf, diese als Getränke für Freizeitvergnügen zu präsentieren. Die Anzeigenbilder zeigten in gleichem Maße junge Männer wie Frauen und sogar manchmal die ganze Familie beim Konsum. Das Fernsehen begann seinen Betrieb in Ghana am 31. Juli 1965 und wurde von Lintas sowie von anderen Agenturen und Werbekunden auch für kommer­zielle Werbung genutzt.390 Mit der Einführung des Fernsehens verlor das Kino allerdings an Popularität und damit die Kinowerbung für die Agentur an Bedeutung.391 Heute gibt es etwa in Accra nur noch wenige Kinos. In Nigeria, wo bereits fünf Jahre früher als in Ghana der erste kommerzielle Fernsehsender gegründet wurde, zeigte WAP zusammen mit den Nigeria Breweries Limited nach amerikanischem Muster eine Unterhaltungsshow, die voller Werbespots für die Brauereiprodukte Star und Krola war – und transferierte damit Techniken der Schleichwerbung in der kommerziellen Massenunterhaltung nach Westafrika.392 Die Werbespots für das Fernsehen ähnelten insgesamt denen der Kino­werbung: Sie zeigten eingängige, kurze Szenen und waren mit relativ einfachen Mitteln produziert. Die Strategie von Lintas, die Limonade Tango als Getränk, das Spaß und Vergnügen versprach, zu vermarkten, trat auch in einer TV-Reklame deut­lich hervor. Diese zeigte junge fröh­liche Konsumenten und natür­lich das Getränk (Abbildung 5.9).393 Insgesamt wird also deut­lich, dass Radio und Fernsehen als Massenmedien von den Agenturen genutzt wurden, um einfache und eingängige Werbebotschaften an ein mög­lichst breites Publikum zu richten.

9. Zusammenfassung In den 1960er Jahren veränderten sich Orte, Akteure und Methoden der Werbeherstellung sowie die Wahrnehmung der afrikanischen Konsumenten durch die Werbefachleute grundlegend. Konkurrenzdruck durch andere Unternehmen und die Ausrichtung der UAC auf den Aufbau von Industrie sowie ihr Rückzug aus dem Einzelhandel lösten die kolonialen Strukturen und Denkweisen im Unternehmen 389 30-sekündige Radiowerbung für Tango, Melodie Nr. 2, o. J. [1960er Jahre], UARM UAC/2/1/6/10/9. 390 Asante, The Press in Ghana, S. 10; Interview Kwaw Ansah; Interview Jake Obetsebi-Lamptey (2). 391 Interview Jos Anyima Ackah. 392 Fifty Years Growing, S. 24 f. 393 Storyboard für 30-sekündigen Fernsehwerbung für Tango, o. J. [1960er Jahre], UARM UAC/2/1/6/9/3.

Zusammenfassung

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Abbildung 5.9: Szene 1 – 4 des Storyboards für eine 30-sekündige Fernseh­ werbung für Tango, o. J. [1960er Jahre]

tendenziell auf und machten die Kommunikation mit den afrikanischen Konsumenten für das Unternehmen so wichtig wie nie zuvor. Damit einhergehend vergrößerten und differenzierten sich die Werbeagenturen der UAC hinsicht­lich ihrer Funktionen aus, um die Konkurrenzfähigkeit und die führende Position in der Branche zu halten. Die gestiegene Nachfrage nach Werbung führte so zu einer Spezialisierung im Werbe- und Mediengeschäft. Außenwerbung blieb weiterhin der wichtigste Bereich des Werbegeschäfts der Agenturen, während auch die neuen Medien Fernsehen und Radio von Anfang an rege genutzt wurden. Aber auch Zeitungen wurden weiterhin als wichtiges Medium betrachtet. Im Zusammenhang mit den wirtschaft­lichen und strukturellen Veränderungen wandelte sich auch der Blick auf die afrikanischen Konsumenten grundlegend. In den 1960er Jahren nahmen Marketingexperten afrikanische Konsumenten erstmals unter die Lupe und wagten einen deut­lich näheren Blick auf ihr Konsumverhalten und ihre Bedürfnisse, als es bis dahin jemals in der UAC praktiziert worden war. Nun eröffnete das Unternehmen auch ein Marktforschungsinstitut, das seinen Service der Privatwirtschaft sowie Regierungsinstitutionen anbot.

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Die Afrikanisierung der Branche in den 1960er Jahren

Die Ausweitung des Werbegeschäfts in Westafrika führte zu einer Professio­ nalisierung der Unternehmen und zwang diese, ihre Arbeit auf einem hohen qua­ litativen Stand anzubieten. Dies führte gleichzeitig zur Verlagerung der gesamten ­Funktionen der Agentur nach Westafrika, was die Abhängigkeit vom Londoner Zentrum bedeutend abschwächte. Damit einher ging eine immer stärkere Ein­beziehung von Afrikanern in die gestalterische und administrative Arbeit der Agenturen, von der Arbeit an den Werbebildern bis hin zur Tätigkeit auf den hohen Management­ ebenen. Die neuen ghanaischen Angestellten erfuhren in den Agen­turen eine Ausbildung im Werbegeschäft und professionalisierten sich, um schließ­lich zu Beginn der 1970er Jahre die Unternehmen ihren europäischen Eigentümern aus der Hand zu nehmen und sich selbst an die Spitze der gesamten Branche stellten. Manche der ghanaischen Werbefachleute übernahmen die Modernisierungsmission von ihren europäischen Vorgängern, bezogen sich aber in der Werbung konkreter und oft auch korrekter auf eine bestimmte, in der ghanaischen Gesellschaft etablierte Verwendung der Produkte und deren kulturellen Kontext. Damit wandelte sich auch die Repräsentation der Konsumenten. Die Werbung in den 1960er Jahren bezog sich deut­licher auf ein ghanaisches Publikum, indem sie häufig ghanaische Kleidermode sowie lokale Formen der Produktverwendung zeigte. Es afrikanisierten sich also nicht nur die Agenturen, sondern auch die Werbung selbst. Die Anzeigen verbanden Massenkonsum nun weniger mit sozialem Ansehen, das der demonstrative Konsum von importierten Waren mit sich brachte, sondern setzten immer mehr auf positive Bezüge aus einer ghanaischen Kultur. Dies bildet einen deut­lichen Kontrast zu den starken Bezügen auf eine europäische Moderne in der Werbung der 1950er Jahre und spiegelt den kulturellen und politischen Wandel in der jungen Postkolonie Ghana wider.

VI. Schlussbemerkungen Diese Arbeit widmet sich der Geschichte kommerzieller Werbung in Ghana von den 1930er Jahren bis in die 1960er Jahre. Im ersten Teil dieses Fazits werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit entlang ihrer zentralen Fragestellungen zusammen­ fassend dargestellt. Zunächst werden der Aufbau der Werbebranche und ihre politische und gesellschaft­liche Rolle beleuchtet. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Veränderungen im Bereich des Werbedesigns gelegt. Im Zusammenhang damit werden die Biographien, die Identität und die Professionalisierungsprozesse der Werbefachleute nachgezeichnet. Sodann werden die Veränderungen und Kontinuitäten der Werbebotschaften dargestellt. Der Wandel des Ziel­publikums, die Repräsentationen der afrikanischen Konsumenten und die Sichtbarkeit gesellschaft­ licher Wünsche interessieren dabei ebenso wie der Transfer von Werbekonzepten sowie die Kommunikationsversuche mit den Werberezipienten und Konsumenten. Im zweiten Teil der Schlussbemerkungen werden die Ergebnisse dieser Pilotstudie zur afrikanischen Werbegeschichte in den historiographischen Kontext einge­ordnet und nach ihrer Übertragbarkeit auf andere Regionen gefragt. Zuletzt werden weitere wünschenswerte Forschungsrichtungen aufgezeigt.

1. Zusammenfassung der Ergebnisse Aufbau der Werbebranche und Professionalisierungsprozesse

In den 1930er Jahren professionalisierte und institutionalisierte sich kommerzielle Werbung in den britischen Kolonien in Westafrika. Die Gründung von West Africa Publicity im Jahr 1928 markiert den Beginn der Etablierung einer Werbebranche in der Kolonie Gold Coast. Sie erfolgte während der Weltwirtschaftskrise, die zu einer starken Konkurrenzsituation um die Kaufkraft der Konsumenten führte. Es ist anzunehmen, dass in dieser Situation systematische und professionelle Werbe­ bestrebungen aus Sicht der Handelsunternehmen erstmals sinnvoll erschienen. Dies veränderte in den 1930er Jahren die Werbepraxis in der Gold Coast erheb­lich und es kam zu einem ersten Professionalisierungsschub der Werbebranche. Die Initiative für diesen Wandel ging von den großen Handelsunternehmen aus, die bereits zuvor mit Emailleschildern in den Einzelhandelsgeschäften erste Ansätze von Werbung für Markengüter betrieben hatten. West Africa Publicity war, wie ihre Muttergesellschaft United Africa Company, in der Struktur eines kolonialen Unternehmens organisiert. In London war die Zentrale des Unternehmens angesiedelt, während die Filialen in Lagos, Freetown

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Schlussbemerkungen

und Accra ihren Sitz hatten. Die Agentur verfügte über eine klare interne Arbeitsteilung: Die westafrikanischen Filialen waren fast zwei Jahrzehnte lang ledig­lich für die Distribution sowie für das Platzieren der Werbung zuständig und hatten fast keine Beteiligung am Werbedesign. Dieses fand ausschließ­lich in London statt: Die Herstellung der Werbung war in der Metropole angesiedelt und diese wurde in die koloniale Gesellschaft exportiert. Die Filialen wurden durch britische Manager geleitet, stützten sich aber von Beginn an grundlegend auf afrikanische ­Mitarbeiter, welche verschiedene Aufgaben vom Fahrer bis zum Verwaltungsangestellten innehatten. Ihnen kam aber keinerlei Funktion im Werbedesign zu. Über das Netzwerk der UAC-Gruppe war die Agentur in der Kolonie eng an bestimmende Akteure im kolonialen Wirtschaftssystem angebunden und sicherte sich damit auch die Nähe zu wichtigen politischen Entscheidungsträgern. Zweifels­ ohne gehörte sie zu den Profiteuren von Kolonialstaat und Kolonialwirtschaft. Die ersten Werbefachleute waren eng mit dem kolonialen Handelssystem verbunden: Die Initiative zur Gründung einer Werbeagentur entstand in Händlerkreisen und die Leitung der Agentur hatte fast 20 Jahre, bis Mitte der 1940er Jahre, ein Handels­angestellter der UAC inne. Während im Londoner Studio durchaus bri­ tische Werbefachleute arbeiteten, legte das Management der UAC offenbar großen Wert darauf, dass die Leiter der Agentur mit dem kolonialen Handelssystem und der Politik in der Kolonie vertraut waren. Expertise in den Bereichen Werbung und Marketing stand zunächst an zweiter Stelle. Diese Einstellung sollte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg ändern. Während des Krieges reduzierte sich die Arbeit der Agenturen auf ein Minimum, da viele britische Mitarbeiter im Kriegsdienst standen und in der Gold Coast ein sehr starker Mangel an Konsumgütern herrschte. Die wirtschaft­liche Hoch­konjunktur der Nachkriegszeit, die Verschiebungen in den Legitimierungs­ strategien in der Kolonialpolitik und die ‚zweite koloniale Besetzung‘ Afrikas hatten weitreichende Auswirkungen auf die Organisation und die Arbeit der Agenturen. Der enorme Anstieg an Einkünften aus dem Exportgeschäft ließ die Kaufkraft der Bevölkerung der Gold Coast nach oben schnellen und der Wert der Importgüter vervielfachte sich innerhalb weniger Jahre. Damit stieg bei den europäischen Herstellern von Markenprodukten die Bereitschaft, in Werbung in den Kolonien zu investieren. Das Arbeitspensum der Agentur schnellte sprunghaft nach oben. Dies führte zu einer Geschäftsvergrößerung: Die Londoner Zentrale, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Export Advertising Service Limited umbenannt worden war, vergrößerte ihren Aktionsradius, gründete eine neue Filiale für Ostafrika mit Sitz in Kenia und assoziierte sich mit verschiedenen anderen Agenturen im britischen Empire. Die Filialen in Westafrika wuchsen personell und gewannen im Laufe der 1950er einen immer größeren und wichtigeren lokalen Kundenkreis. Die Agentur erwarb zudem eine Druckerei in Lagos.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Nun wurden zunehmend Afrikaner in wichtige Bereiche der Agentur ein­ge­ bunden – zwar zunächst noch nicht in das Design der Bilder oder gar in die Kampagnenplanung, aber etwa in die Gestaltung der Anzeigen bei der Drucklegung. Auch gewannen Bereiche an Bedeutung, in denen ihre Ortskenntnis und personellen Verbindungen wichtig waren, wie etwa im Kontakt zu den Zeitungen und Kinos. Auch höhere administrative Positionen wurden nun von afrikanischen Angestellten bekleidet: Das europäische Management der Filiale in Accra beschränkte sich zeitweise sogar auf die Kontrolle durch den europäischen Agenturleiter in Lagos. Die UAC legte nun verstärkten Wert auf die Expertise des Agenturmanagements in den Bereichen Werbung und Marketing, übergab die Leitung von EAS und WAP in die Hände von professionellen Werbefachleuten und stellte damit erstmals die Erfahrung der Manager im kolonialen Handelssystem an zweite Stelle. Dieser Professionalisierungsprozess des Managements der Agentur korrelierte mit einer Transformation der britischen Kolonialpolitik, die nun ebenfalls der Rolle von Experten eine zentrale Bedeutung zumaß.1 In den 1950er Jahren begann auch der Prozess des Aufbaus von Abtei­lungen für Werbedesign in den westafrikanischen Filialen. Der wachsende lokale Kunden­ stamm rechtfertigte dies, war so doch ein wesent­lich günstigeres Werbeangebot mög­lich. Wichtig waren auch Veränderungen in der Presselandschaft mit der Gründung von Massenzeitungen im Mehrfarbdruck mit hoher Auflage und täg­ lichem Erscheinen. Doch die Londoner Zentrale bremste diesen Prozess aus, auch wenn er ökonomisch sinnvoll gewesen wäre. Denn weiterhin hatten wichtige Kunden der Agentur ihren Sitz in London und das Management wollte die Kontrolle über den Entwurf der Bilder und die Konzeption der Kampagnen behalten. Dies führte in den 1950er Jahren zu Konflikten mit den europäischen Managern der westafrikanischen Filialen. Die Unabhängigkeit Ghanas erzwang letzt­lich ein Ende dieser Auseinandersetzungen, denn sie hatte weitreichende Auswirkungen auf die Werbebranche, in direkter sowie in mittelbarer Hinsicht. Die Aussicht auf industriellen Aufbau in der jungen Postkolonie brachte einige britische sowie eine südafrikanische Agentur nach Ghana. Zwar lebten in diesen Agenturen die kolonialen Organisationsstrukturen in mancher Hinsicht weiter: Britische Manager leiteten ihren Aufbau in Ghana und waren einer europäischen Zentrale verantwort­lich. Entscheidend war aber, dass sich im Zuge von Industrialisierung und der Etablierung lokaler Konkurrenz eine Arbeitsteilung nicht mehr halten ließ, bei der das Werbedesign

1 Van Beusekom, Monica M.: Negotiating Development. African Farmers and Colonial Experts at the Office du Niger, 1920 – 1960, Portsmouth 2002; Hodge, Joseph Morgan: Triumph of the Expert. Agrarian Doctrines of Development and the Legacies of British Colonialism, Athens/Ohio 2007.

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Schlussbemerkungen

in der Kontrolle der Londoner Zentrale blieb. West Africa Publicity setzte nun den Aufbau von Abteilungen zur Werbegestaltung in Westafrika entschlossener um und begann mit der Umstrukturierung der Filialen hin zu Full-Service-Agenturen. Diese Politik verfolgten ebenso die neuen Agenturen in Ghana. Gleichzeitig lagerte die Agentur den Bereich des Verkaufs und der Vermietung von Werbeträgern und Werbeplatz aus und vergrößerte und professionalisierte diese Dienstleistungen durch Zusammenarbeit mit führenden europäischen Spezialisten. Zwischen 1959 und 1961 diversifizierte sich die Branche also erheb­lich und durchlief einen weiteren starken Professionalisierungsschub. Der Beginn der Auflösung des kolonialen Verhältnisses, in dem in der Metropole durch Europäer die Werbung für koloniale Subjekte gestaltet wurde, fiel in Ghana eng mit der poli­ tischen Unabhängigkeit zusammen. WAP blieb in dieser politisch turbulenten Zeit an die UAC-Unternehmensgruppe angebunden, die seit Mitte der 1950er Jahre in den afrikanischen Politikern ihre neuen Kommunikationspartner erkannt hatte. Insgesamt waren die Agenturen der UAC Vorreiter der Werbebranche in Ghana, bauten die Infrastruktur der Branche auf und dominierten sie lange Zeit. In den 1960er Jahren rekrutierten die Agenturen ihr Personal auch für die ­höheren Managementpositionen in wachsenden Teilen aus der lokalen Bevölkerung und boten so Mög­lichkeiten der beruf­lichen Betätigung und des Aufstiegs für Afrikaner, die zumeist aus einem städtischen Milieu kamen. Die ersten Werbefachleute in Ghana kamen aus dem handwerk­lichen und künstlerischen Bereich. Sie bildeten ihre darstellerischen, sprach­lichen und künstlerischen Fähigkeiten während ihrer Tätigkeit in der Agentur und im Selbststudium neben der Arbeit aus. Auch begannen die Agenturen nun mit internationalen Ausbildungsprogrammen, in denen sie die neuen afrikanischen Angestellten nach Nigeria oder sogar nach London zur Ausbildung schickten. Die ersten Werbefachleute in Ghana waren so – ähn­lich wie ihre US-amerikanischen oder britischen Kollegen – Aufsteiger und Quereinsteiger, self-made-men. In der west­lichen Werbebranche etablierte die Branche eine ähn­liche Selbstbeschreibung eines beruf­lichen Bereichs, in dem zunächst jeder sein Glück versuchen konnte.2 Die Politik des Aufbaus staat­licher Industrie in Ghana unter Kwame ­Nkrumah in der jungen Postkolonie brachte der ghanaischen Agentur in den 1960er ­Jahren allerdings nicht nur einen Zuwachs an Kompetenzen, sondern durchaus auch Schwierigkeiten ein. Ihr entstand zum einen Konkurrenz durch Napado, einer Werbeagentur in staat­lichem Besitz, welche die Werbung für alle staat­lichen Unternehmen sowie die Vergabe von Werbeplatz in den zunehmend in staat­licher Hand k­ onzentrierten Printmedien übernahm. Außerdem brachte die Annäherung ­Nkrumahs an die



2 Vgl: Laird, Advertising Progress, S. 304 – 328.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Sowjet­union im Kalten Krieg zeitweise eine starke Beschränkung des Import-­ Export-Handels mit sich, was die ghanaische Filiale von WAP – die nach einer Fusion mit der Werbeagentur von Unilever in Lintas West Africa ­Limited umbenannt worden war – weiter in die Krise trieb. Nach dem Sturz Nkrumahs im Jahr 1966 erholte sich die Agentur wieder, aber der Service aus der Londoner Filiale war endgültig zu teuer geworden. Hinzu kam ein Gesetz der neuen ghanaischen Regierung, welches die Nationalisierung von Teilen der ghanaischen Wirtschaft verfügte, zu denen auch die Dienstleistungen der Werbeindustrie gehörten. Während Marketing- und Unternehmensmanager von UAC und Unilever in den frühen 1960er Jahren noch kontrovers diskutiert hatten, ob sich der Aufbau von Full-Service-Agenturen in Westafrika als wirtschaft­ lich lohnenswert erweisen würde und zwischenzeit­lich sogar einen weiteren Ausbau des Werbedesigns in der Londoner Zentrale betrieben hatten, setzte Lintas in den letzten Jahren dieses Jahrzehnts schließ­lich entschlossen und sehr zügig auf eine Politik der Afrikanisierung und damit zusammenhängend auf den Aufbau einer vollständigen Full-Service-Agentur, welche von den kostspieligen Dienstleistungen der Londoner Zentrale unabhängig sein sollte. Die Afrikanisierungspolitik der Unternehmen und die Nationalisierung der ghanaischen Wirtschaft wirkten also ebenso in Richtung Professionalisierung einer ersten Generation afrikanischer Werber, wie dies letzt­lich ökonomische Kalkulationen taten. Im Gegensatz zu der Personalpolitik der Agentur in den 1950er Jahren waren es nun zumeist Universitätsabgänger, die ihre Karrieren bei Lintas begannen. Diese erste Generation von ghanaischen Werbefachleuten kam zumeist aus der städtischen Mittelschicht oder sogar Elite und der Einstieg in die Werbebranche lag für sie am Beginn einer Karriere. Manch einer der Werber der ersten Stunde stieg sehr erfolgreich auf dieser Karriereleiter auf, wurde etwa selbst Manager einer eigenen Agentur und brachte es zu materiellem Wohlstand und Status. Andere suchten ihr Glück erfolgreich in anderen Branchen oder in den politischen Parteien. Die Ausbildung der Werber begann sich nun zu formalisieren. Die UAC ließ diese Generation von fast ausschließ­lich jungen Männern Management- und Marketing­ kurse durchlaufen und machte die Weiterbildung mit Auslandsaufent­halten zu einem regelmäßigen Bestandteil ihrer Mitarbeiterausbildung. ­Dennoch blieben die wichtigsten Kontrollpositionen über Kampagnengestaltung und Kunden­politik, also die Leitung der Abteilungen für das Werbedesign sowie die der gesamten Agentur, bis Ende der 1960er Jahre in den Händen von Europäern. Die Agentur gehörte außerdem weiterhin dem britischen Unternehmen UAC. Erst zu Beginn der 1970er Jahre übernahm die erste Generation ghanaischer Werber schließ­lich vollständig die Agenturen von den europäischen Managern, indem sie sie den europäischen Unternehmen abkauften und zeitgleich eine Reihe neuer g­ hanaischer Werbe­agen­ turen eröffneten, welche sich teils sehr erfolgreich in der Branche etablierten. Erst

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Schlussbemerkungen

zu diesem Zeitpunkt hatten Ghanaer die volle Kontrolle über die Herstellung der Werbung und die Kampagnenplanung erlangt. Insgesamt folgte der Prozess von Aufbau, Professionalisierung und Afrika­ nisierung der Werbebranche ähn­lichen Entwicklungslinien wie die Expansion der Werbebranche in den USA und Europa. Der Ort der Werbeproduktion war dabei zunächst in den Unternehmen selbst, dann bildete sich langsam eine Agenturlandschaft heraus, die sich allerdings erst mit der politischen Selbstständigkeit Ghanas voll entfaltete. Schließ­lich etablierten sich eine brancheninterne Organisation und ein Prozess von Selbstregulierung innerhalb der Branche kam in Gang, der ebenfalls dem der west­lichen Branche ähn­lich war. In diesen Professionalisierungsprozessen existierte zunächst eine koloniale Auf­gabenverteilung zwischen Zentrum und Filia­ len. Schließ­lich erfolgte der Aufbau von selbstständigen Full-Service-Agenturen, die auch das Werbedesign und damit die Herstellung von Repräsentationen von Konsumenten übernahmen. Die Kontrolle über die Konzeption der Werbung verblieb aber bis zur Übergabe der Eigentümerschaft an Ghanaer in der Hand von Europäern, auch wenn diese immer stärker auf die Kompetenz ihrer ghanaischen Mitarbeiter setzten. Die Akteure der Werbeagenturen waren zunächst Händler der europäischen Unternehmen, die sich selbst zu Fachleuten für Reklame erklärten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen aus Großbritannien professionell ausgebildete Werber nach Westafrika und mit ihnen eine neue Qualität der Anzeigengestaltung. Während der 1950er und 1960er Jahre begannen immer mehr Afrikaner in den Agenturen zu arbeiten, die zunächst ohne formelle Ausbildungsvoraussetzung ebenfalls als self-made men in die Branche einstiegen. Schließ­lich erhöhten die Agenturen die Einstellungsvoraussetzungen und immer mehr Ghanaer mit Hochschulabschluss stiegen in die Branche ein. Die Unternehmen begannen, die Ausbildung zu formalisieren und professionalisieren. Zuletzt geschah dies aufgrund von Initiativen von Vertretern der Werbebranche selbst und vor Ort ausgebildete Ghanaer übernahmen die Führung in der Branche. Die afrikanischen Werbefachleute nahmen dabei eine doppelte Rolle als Mittler ein. Sie vermittelten zwischen kommerziellen Zielen der Unternehmen und lokalem Konsumverhalten. Da die Unternehmen lange Zeit vornehm­lich aus Europa kamen, sahen sie sich dabei zudem als Vermittler zwischen Europäern und afrikanischer Konsumkultur. Für die europäischen Leiter der Werbedesign-Abteilungen waren die ghanaischen Werber eine bedeutende Informationsquelle und gleich­ zeitig eine künstlerische Unterstützung, um eine ‚afrikanische Lebensweise‘ auf den Werbe­bildern darzustellen. Die erste Generation afrikanischer Werber sah sich auch selbst in der Position von Mittelsmännern und pries ihre Dienste für diese Aufgabe an. Die europäischen Werber begriffen sich selbst in einer ähn­lichen Rolle, indem sie sich gegenüber europäischen Kunden als kompetente Kenner afrika­ nischer Lebensweise und Kultur bezeichneten und ihre Dienste zur Vermittlung

Zusammenfassung der Ergebnisse

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ihrer kommerziellen Wünsche an ein afrikanisches Publikum zur Verfügung stellten. Diese Werber pendelten für ihre Mittlertätigkeit zumeist für längere Zeiträume zwischen Ghana und Großbritannien und sahen sich dabei selbst als Akteure des Transfers von ‚weiter fortgeschrittenen‘ Werbemethoden in ‚weniger entwickelte‘ Länder; eine Tätigkeit, die aus ihrer Sicht die regelmäßige Rückkehr in die ‚hochentwickelte‘ Werbebranche Großbritanniens erforder­lich machte. Doch muss bei dieser Personengruppe das hierarchische Verhältnis der spätkolonialen Herrschaft mit in die Analyse einbezogen werden, was eine Beschreibung als Mittler hier nicht ganz zutreffend erscheinen lässt. Die Werber sahen sich selbst, ganz ähn­lich wie auch in Großbritannien oder den USA, als missionaries of modernity. Sie sahen sich als Überbringer einer kommer­ ziellen Konsumkultur aus Europa, welche sie gemeinsam mit den Produkten in Westafrika etablieren wollten. Diese Konsumkultur war nicht nur von dem Gebrauch industriell gefertigter Produkte geprägt – die als Ausdruck zivilisierten Verhaltens auch entsprechend der vom Hersteller vorgesehenen Funktion verwendet werden sollten – sondern auch von der Vertrautheit mit kapitalistischer Geldwirtschaft. Tauschwirtschaft hielten Händler und Werber für rückständig. Damit sahen sie sich als Überbringer von Fortschritt und Moderne nach Westafrika. Afrikaner ließen sich, so die Werber, in ihrem Konsumverhalten zivilisieren: Je mehr die Konsumenten dem von ihnen propagierten Konsumverhalten nahekämen, desto weiter seien sie in ihrer generellen zivilisatorischen Entwicklung vorangeschritten. Mit dieser Auffassung waren die Werber nicht allein. Versuche, Afrikaner zu modernen Konsumenten zu erziehen, zeigten sich auch auf staat­licher und missio­ narischer Ebene. Christ­liche Missionare verbreiteten Vorstellungen von ‚­zivilisierter‘ Kleidung, Essen, Zimmereinrichtung und Freizeitverhalten.3 Zu Beginn der 1940er Jahre begannen koloniale Bürokratien im Rahmen der ersten Entwicklungs­ initiativen, Strategien zur Importsteigerung in staat­lichen Programmen umzu­setzen und koloniale Beamte und Ökonomieexperten maßen afrikanischem Konsum dabei eine steigende Bedeutung bei. Deren Debatten drehten sich auch um den Lebensstandard städtischer Lohnarbeiter, die in ihrer Lebensweise als moderne Menschen gefestigt werden sollten: So sollte ihre Produktivität erhöht und die Welle von Streiks in den Kolonien eingedämmt werden. Diese Verbindung von Konsum und Zivilisation übertrugen die Werber auf eine entsprechende Korrelation von Werbung und Fortschritt. Die Werbefachleute der ersten Werbeagentur WAP wähnten sich etwa als besonders fortschrittliche Pioniere, weil sie ein afrikanisches Publikum mit Werbebildern zum Konsum der importierten Produkte bewegen wollten, während ihre Kollegen von Unilever lange



3 Meyer, Christian Mind and Wordly Matters.

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Schlussbemerkungen

Zeit dagegen hielten, dazu seien die afrikanischen Konsumenten aufgrund ihres Entwicklungsstadiums noch nicht fähig, sie bräuchten die haptische Unterweisung in der Verwendung von Dosenmilch und Handseife. In mancher Hinsicht s­ chlossen die Diskurse und Haltungen der Werbefachleute also relativ nah an kolonialen Ideologien und Legitimationen von Zivilisierungsmission, Entwicklungstheorie und Modernisierungstheorie an. Die Epoche nach 1945 wurde in der Forschung als „imperialism of knowledge“ beschrieben, eine Zeit, in der in steigendem Maße europäische Experten in Afrika den kolonialisierten Subjekten die ‚richtige‘ Landwirtschaft und Lohnarbeit beibringen sollten.4 Man könnte analog dazu von einem Imperialismus des Konsums sprechen, in dem die Werber nach Westafrika kamen, um eine ‚korrekte‘ Form des Konsums zu verbreiten – auch wenn sie damit nicht immer erfolgreich waren. Bezüg­lich der Frage, wie umfassend die Umformung afrikanischer Subjekte zu modernen Konsumenten stattfinden sollte, gehörten die Werber zu besonders entschlossenen Vertretern dieser kolonialen und imperialen Mission. Die Legitimationsstrategie der Zivilisierungsmission war immer von der Ambivalenz der Kolonialherren begleitet, was nun die richtige „‚Dosis‘ von Zivilisierung“ für die Kolonialisierten sei, und ab wann man es mit einer „‚Überdosis‘ Zivilisierung“ zu tun bekommen würde.5 Wie weit die Konstruktion von Differenz in der Mission der Kolonialherren, die eigene Kultur zu verbreiten, zurücktreten durfte, beantworteten beispielsweise britische und franzö­sische Kolonialherren unterschied­lich. Doch die Ambivalenz zwischen einer Betonung von Differenz und gleich­zeitigen Überwindungsversuchen zeigte sich bei beiden gleichermaßen. Wie gingen die Werber mit dieser Ambivalenz um – wollten sie eher „perfected natives“ oder „imitation Europeans“ schaffen?6 Ab Ende der 1930er Jahre wurde vor allem in der Printwerbung ein idealer Konsumententyp sichtbar, der sich in Kleidung, Auftreten, sozialer Rolle und beruf­licher Position tatsäch­lich nur hinsicht­lich Hautfarbe und Gesichtszügen von den Repräsentationen europäischer Konsumenten in denselben Zeitungen oder in zeitgenös­sischer Werbung in Großbritannien unterschied. Die Konsumkultur und der Konsumententypus, welche die Werber an das jeweilige Produkt knüpften, unterschieden sich oft nur wenig davon, wie das Produkt in Europa verkauft wurde. Auch zeigten sich kaum parallele Werbestrategien, mit denen ein Produkt mit verschiedenen Imagestrategien an europäische und afrikanische Konsumenten in der Kolonie verkauft werden sollte.



4 Cooper, Modernizing Bureaucrats, S. 64. 5 Ebd., S. 111. Cooper, Frederick/Stoler, Ann Laura: Between Metropole and Colony. Rethinking a Research Agenda, in: Dies. (Hg.): Tensions of Empire. Colonial Cultures in a Bourgeois World, Berkeley/Los Angeles/London 1997, S. 1 – 56. 6 Ebd., S. 7.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Man kann also sagen, dass für die Werber die Dosis der Zivilisierung nicht hoch genug sein konnte, wenn es darum ging, ihre Produkte zu verkaufen: In der Werbung wurden afrikanische Konsumenten in diesem Sinne durchaus als ‚schwarze Europäer‘ sichtbar. Ähn­lich weit gingen zeitgenös­sische koloniale Bürokraten kaum, eher sozialistische Intellektuelle wie beispielswiese Mitglieder der Fabian Society.7 Letzt­lich zählte für die Werber, ihre Produkte zu verkaufen. Sie waren bereit, dafür alle Ambivalenz gegenüber kolonialen Subjekten fallen zu lassen, wenn sie dies für eine erfolgreiche Werbestrategie für notwendig hielten: Nicht selten ging die Werbung so weit, in den Repräsentationen afrikanischer und europäischer Konsumenten ihre völlige Gleichheit sowie Gleichrangigkeit zu verheißen. Werber und Händler ließen hier kaum Ambivalenzen bezüg­lich einer Tilgung dieser selbstkonstruierten Differenz sichtbar werden. Es zählte, mög­lichst viel zu verkaufen, und je mehr Afrikaner ein Bedürfnis nach importierten Produkten verspürten, desto besser für das Geschäft. Der zivilisatorische Diskurs, der den Handelsimperialismus begleitete und sich um afrikanischen Konsum rankte, war damit flexibler als der Herrschaftsdiskurs, setzte afrikanischen Akteuren weniger Widerstand entgegen und baute tendenziell weniger Hürden auf, als es der zeitgenös­sische politische Diskurs und die politische Herrschaft taten. Im Diskurs der Werber und Händler wurde eine spezifische Ambivalenz gegenüber den afrikanischen Konsumenten sichtbar, die sowohl von der kolonialen ­Situation als auch von Diskursen der west­lichen Werbebranche geprägt war. Es ist eine Diskrepanz enormen Ausmaßes: Während Werber ‚schwarze Europäer‘ ab­­ bildeten, diskutierten sie in imperialistischer und teils rassistischer Rhetorik die angeb­liche Rückständigkeit afrikanischer Konsumenten. Die Marketingexperten hielten Afrikaner als Konsumenten durch diesen Othering-Diskurs auf weitem Abstand, indem sie letztere als kulturell unterlegene ‚Andere‘ brandmarkten. Es läge nahe, diese Ambivalenzen ausschließ­lich kolonialen Dynamiken zuzuschreiben, doch auch in der west­lichen Werbebranche zeigten Werber eine ähn­liche Zwiespältigkeit gegenüber ‚ihren‘ Konsumenten. Einerseits waren diese in der Selbstbeschreibung der Werber ihre höchste Kontrollinstanz, denn der Kunde war König. Sie ­umwarben ihn mit allen Mitteln und suchten dabei seine Wünsche und seine Kultur zu erkennen. Andererseits sahen sich Werber in der elitären Position, Bedürfnisse erkennen, beschreiben und vor allem beeinflussen zu können und selbst Träger von fortschritt­licher Kultur zu sein.8 Afrikanische Konsumenten waren für die Werber ebenso ‚unterentwickelte‘ Objekte von Modernisierungsbestrebungen und nahmen dennoch gleichzeitig in der Werbung eine geradezu könig­liche Position ein. Die



7 Finsterhölzl, The Spirit of True Socialism. 8 Laird, Advertising Progress, besonders S. 370.

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Schlussbemerkungen

Widersprüche eines missionarischen Selbstverständnisses der Werber wurden hier um die Dimension kolonialer und imperialer Legitimationsstrategien erweitert. Afrikanische Werbefachleute übernahmen später das Selbstverständnis der Werber als Modernisierer ihrer Gesellschaften und sahen sich selbst dabei im Verhältnis zu ihrer ‚eigenen‘ Kultur als Träger von Fortschritt. Diesen brachten sie mit west­ lichen Konsumgesellschaften und der west­lichen Werbebranche in Verbindung. Wandel der Werbebotschaften und der Kommunikation mit den Konsumenten

Bei der Analyse der Werbebotschaften lassen sich Brüche, aber auch Kontinuitäten konstatieren. Vor der Etablierung der ersten Werbeagentur in Westafrika beschränkte sich die Werbepraxis auf Metallplaketten direkt bei den Einzelhandelsgeschäften sowie auf wenige kleine Zeitungsannoncen. Die Werbung zeigte zunächst nur das Produkt und pries seine positiven Eigenschaften und seinen günstigen Preis an. Bei diesen Anzeigen handelte es sich um einen Wiederabdruck von Werbe­ kampagnen, welche die europäischen Produzenten zur Verfügung stellten und die bei der ohnehin seltenen Darstellung von Konsumenten selbstverständ­lich Europäer zeigten. Den Handelshäusern kam ledig­lich die Aufgabe zu, die Anzeigen in die jeweilige Landessprache zu übersetzen; kamen sie aus Großbritannien, verblieben sie ohnehin in ihrer Originalsprache. Die Werbung wandte sich von Beginn an überwiegend an ein afrikanisches Publikum – bildeten Afrikaner doch die breite Mehrheit der Konsumenten der Importprodukte in der Gold Coast – auch wenn ein Teil der Printwerbung zunächst für die thin white line der Kolonie bestimmt war. Doch diese Schicht bestand in der Gold Coast aus einer zahlenmäßig sehr kleinen Gruppe von Händlern und Bürokraten, und trotz ihrer im Verhältnis zu den afrikanischen Konsumenten sehr hohen Kaufkraft lohnte es sich kaum, Werbung ausschließ­lich an diese Konsumentengruppe zu richten. Überhaupt wurden nur wenige Produkte beworben: Werbung in den Kolonien empfanden bei Weitem nicht alle Händler oder Unternehmer als sinnvolle Investition. Entsprechend der imperialen und rassistischen Ideologie dieser Zeit waren viele der Ansicht, dass die afrikanische Gesellschaft und die afrikanischen Konsumenten nicht ‚fortgeschritten‘ genug seien, um auf Werbung überhaupt anzusprechen. Insgesamt zeigte die Werbung vor 1930 also kaum Bezüge auf die Gesellschaft der Gold Coast und aus dem Arsenal der gängigen Methoden der west­ lichen Werbebranche kamen nur wenige, kostengünstige Formen zur Anwendung. Mit der Gründung der Werbeagentur WAP während der Wirtschaftskrise wandelte sich die etablierte Werbepraxis in mehrfacher Hinsicht. Die Unternehmen begannen, in der verschärften Konkurrenzsituation zunehmend Reklame für ihre importieren Güter in Betracht zu ziehen. Mit ihrem Vorhaben, Plakatwerbung an

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ein afrikanisches Publikum zu richten, sahen sich die Werbefachleute von WAP gewissermaßen auf einem visuellen Eroberungsfeldzug der Kolonie. Gleichzeitig wurden sie von Seiten anderer Händler belächelt, die das Projekt aufgrund der angeb­lichen ‚Rückständigkeit‘ afrikanischer Konsumenten zum Scheitern ver­ urteilten. Bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg galt unter den meisten Handelsvertretern europäischer Konzerne die Methode der Verkaufsbusse als effektivste Werbeform für den Kontinent. Handelsvertreter bereisten die Kolonie in Klein­ bussen und fuhren vor allem in länd­liche Regionen, wo sie Produktproben verteilten. Dies wurde auch mit Kinovorführungen kombiniert, um das Interesse der lokalen Bevölkerung zu steigern. Diese Methode, die lokale Bevölkerung mit einem bestimmten Markenprodukt in Berührung zu bringen, galt vielen Händlern als die dem ‚Entwicklungsstand‘ der westafrikanischen Kolonien angemessene Form des Brandings und als notwendig, um überhaupt das Interesse der afrikanischen Kundschaft zu wecken. Dieses sogenannte scheme advertising wurde in west­lichen Gesellschaften tendenziell vom Unternehmen selbst durchgeführt und galt auch dort als kostengünstige Methode, den Markt für ein Produkt zu erschließen. WAP hingegen forcierte alle Werbemethoden des theme advertising, also Plakat-, Zeitungs- und Kinowerbung, und beharrte darauf, die westafrikanischen Konsumenten seien ‚fortschritt­lich‘ genug für visuelle Formen der Markenwerbung. Dass diese Annahme die wesent­lich zutreffendere Einschätzung afrikanischen Konsum­ verhaltens war, zeigte nicht nur der Erfolg vieler Werbekampagnen von WAP , sondern auch das Ergebnis jüngerer Forschungsarbeiten: Afrikaner kauften und konsumierten mit einem im jahrhundertelangen Handel mit Europa etabliertem Markenbewusstsein.9 WAP etablierte für das theme advertising ein Monopol und warb zunächst vor allem für Marken, welche die UAC vertrieb. Vor allem kostengünstige Markenprodukte für den Alltagsgebrauch fanden dabei ihren Weg in die Werbung. Die Plakatwerbung wandte sich von Anfang an an afrikanische Konsumenten. Sie war in einer einfachen, eingängigen Bildsprache gehalten, die weiterhin das Produkt ins Zentrum der Werbebotschaft rückte. Die Schrift beschränkte sich meist auf einen großen Abdruck des Markennamens. WAP entwarf diese Werbung explizit mit dem Ziel, ein analphabetisches oder halb-alphabetisiertes Publikum zu erreichen. Plakate wurden in der ganzen Kolonie an den Knotenpunkten kolo­ nialer Infrastruktur aufgestellt. Sie waren somit Teil der Sichtbarkeit kolonialer Herrschaft, die hier die Kolonialisierten als markenbewusste Konsumenten umwarb. Die Printwerbung hingegen sprach eine andere Sprache. Seit der Jahrhundertwende basierte sie in hohem Maße auf Schrift, die Anzeigen bestanden manchmal



9 Van den Bersselaar, The King of Drinks, besonders S. 111 – 153.

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Schlussbemerkungen

nur aus Text und g­lichen damit eher einem Zeitungsartikel als einer Werbeannonce. Damit entsprach sie der Gestaltung der Zeitungen, welche sich an ein alphabe­ tisiertes Publikum der urbanen afrikanischen Elite richteten. WAP veränderte diese Praxis in zweifacher Hinsicht. Zum einen begann die Agentur, Konsumenten und ihre Lebenswelten darzustellen und diese ins Zentrum der Werbebotschaften zu rücken. Dabei beließ sie es zunächst dabei, mit der Printwerbung die europäischen Ausländer in der Kolonie anzusprechen und zeigte europäische Lebenswelten in der Kolonie, in denen Afrikaner höchstens als Bedienstete auftraten. Hier repräsentierte Werbung eine koloniale Konsumkultur und spiegelte imperialistische Träume von kultureller Überlegenheit und politischer Dominanz. Zum anderen veränderte sich bei WAP im Laufe der 1930er Jahre das Ziel­ publikum der Printwerbung und sprach zunehmend afrikanische Konsumenten an. Diese wurden als moderne Konsumenten in bester europäischer Kleidung, in Kleinfamilien mit klarer Rollenteilung und vor allem in beruf­lichen sowie gesellschaft­ lichen Erfolgssituationen gezeigt. Afrikaner erfuhren auf den Bilder­welten so innerhalb weniger Jahre einen enormen visuellen Aufstieg und nahmen die Plätze der Europäer am Esstisch, beim Cricketspiel oder beim Kleinfamilienausflug ein. Nun griff die Printwerbung die Aspirationen der afrikanischen Bildungs­elite auf. Für diese war der Konsum europäischer Produkte Teil ihrer Identität, in der eine Teilhabe an einer west­lichen Moderne eine zentrale Rolle spielte. Gleichzeitig stellte die Werbung, die ja weiterhin ausschließ­lich in London entworfen wurde, eine moderne afrikanische Konsumkultur als eine Art Blaupause der Konsumkultur britischer Mittelschichten dar, was sich nicht zuletzt darin zeigte, dass die A ­ nzeigen kaum lokalspezifische Anwendungen oder modische Trends aufgriffen. Auch Formen von Aneignung europäischer Produkte durch afrikanische Konsumenten fanden keinen Weg auf die Werbebilder. In den Bilderwelten der Werbung war die ‚korrekte‘ Anwendung und der ‚richtige‘ Konsum der Produkte also durchaus sehr wichtig. Dies steht im Widerspruch zur Marketingpraxis der UAC, die beim Import und Verkauf der Waren solchen Fragen kaum Bedeutung zumaß. Die Werbe­methoden wurden in den 1930er Jahren aus Europa in die Gold Coast getragen: Im zeitgenös­ sischen Europa war Werbung mit modernen bri­tischen Konsu­menten und mit der Darstellung von Konsumkultur und Lebenswelt ebenfalls gängige Praxis. Die Bedeutung der Printwerbung für WAP zeigte sich auch im Umgang der Agentur mit der nationalistischen Presse: Obwohl die UAC gerade von afrika­ nischen Intellektuellen und Politikern als Teil und Profiteur des kolonialen Systems angegriffen wurde, scheute sich WAP nicht, diese Presse als Massenmedium für Werbung finanziell so stark zu fördern, dass sie vermut­lich den Start der ersten Tageszeitung der Gold Coast, der African Morning Post, überhaupt erst ermög­ lichte. Diese trat für die Unabhängigkeit der afrikanischen Kolonien ein und lag häufig im Konflikt mit kolonialen Autoritäten.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Es ist anzunehmen, dass West Africa Publicity Hintergrundinformationen für die Kampagnenkonzeption auch über das Marketingsystem der United Africa ­Company erhielt. Diese führte seit ihrer Gründung Marktforschung in der Gold Coast und in allen anderen westafrikanischen Geschäftsgebieten durch. Doch sie benutzte dabei kaum die in west­lichen Gesellschaften gängigen Marktforschungskonzepte, welche Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten bezogen auf den Konsum der Produkte untersuchten. Die UAC ermittelte ledig­lich die Verkaufs­mengen in den jeweiligen Regionen, um den Bedarf für die nächste Saison a­ bschätzen zu können. Marktforschung für neue Produkte wurde durchgeführt, indem diese probeweise in kleineren Mengen zum Verkauf angeboten und der Verkaufserfolg überprüft wurde. Offenbar wurde es Marketingmanagern und Händlern unwohl bei der Vorstellung, ihren afrikanischen Kunden mit Fragen nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu nahe zu kommen. Ein anderer Faktor war wohl auch die mangelnde Konkurrenz um die afrikanische Kaufkraft. Systematische Marktforschung war ein kostspieliges Unterfangen, und so verhallten die Rufe einzelner Manager nach präziserer Information bis weit in die 1950er Jahre hinein ungehört. Für den Einstieg bei WAP in der Londoner Zentrale war außerdem Reiseerfahrung auf dem Kontinent Voraussetzung: Die Agentur brüstete sich mit dem Wissen um die Kultur der umworbenen Gesellschaften, welche ihre Werbefachleute aus erster Hand kennen sollten. Während des Krieges konzentrierte sich die wenige Printwerbung, die überhaupt geschaltet wurde, darauf, Markennamen mit Kriegspropaganda zu verbinden und so in Zeiten des Konsumgütermangels deren Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Hier begann die UAC auch mit ersten Imagekampagnen, ­welche die kriegsbedingte Güterknappheit rechtfertigten. Die wirtschaft­liche Hochkonjunktur der Nachkriegszeit wirkte sich auch auf Werbebotschaften und -methoden aus. Plakatwerbung lebte wieder auf und nahm an Umfang deut­lich zu, aber in deren Werbebotschaften lassen sich kaum Veränderungen verzeichnen. Kinowerbung trat spätestens jetzt als bedeutendes Medium hinzu, um breite städtische Schichten zu erreichen, und der Umfang der Print­ werbung stieg stark an. Insgesamt nahm die Verbreitung von Werbung in der kolonialen Gesellschaft also deut­lich zu: Zur Zeit der zweiten kolonialen Besetzung kamen immer mehr Afrikaner nicht nur mit Bürokraten und staat­lich ­beauftragten Experten in Kontakt, sondern ebenso mit den Visionen europäischer Werber für den Kontinent. Die Massenpresse, welche sich als Ableger des britischen Medienunternehmens Mirror Group und in Form von Parteizeitungen zu Beginn der 1950er Jahre etablierte, verhalf der Printwerbung zu einer bislang nicht da gewesenen Bedeutung. Ohnehin etablierte sich theme advertising, also visuelles Bildmaterial, während der 1950er Jahre unter Händlern als Werbestandard, um ein afrikanisches Zielpublikum zu

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Schlussbemerkungen

erreichen: Die konstruierten Grenzen zwischen ‚afrikanischem‘ und ‚euro­päischem‘ Markt verschoben sich so wieder. Die Repräsentationen von Konsumenten und afrikanischer Konsumkultur in der Werbung nahmen weiterhin deut­lich zu, fast alle Produkte wurden nun ausschließ­lich für den ‚Afrikanischen Markt‘ beworben. Nur noch Anzeigen für Autos und interkontinentale Flug­reisen waren mit Europäern in kolonialen Arbeits- oder Freizeitsituationen illustriert. Die Repräsentationen der Werbung griffen Aspirationen, Hoffnungen und sogar politische Forderungen der städtischen Elite und Mittelschicht auf, wie etwa den Zugang zu höherer Schulbildung, und verhießen gleichzeitig die Teilhabe an den importierten Konsumwelten. Im Zentrum stand das Ideal eines modernen, konsum­freudigen Afrikaners, der sozial angesehen, am Arbeitsplatz erfolgreich und Ernährer einer Kleinfamilie war. Auch politische Forderungen der Unabhängigkeitsbewegungen gereichten zum Ankurbeln des Umsatzes. Gleichzeitig ließen die Werber ihre eigenen Wunschvorstellungen an das Verhalten dieser sozialen Gruppe oder ihre eigenen Wünsche an die politische, soziale und ökonomische Zukunft der Kolonie in die Werbung einfließen. Die Werbung zeigte Visionen der Werber über einen Idealtypus des afrikanischen Konsumenten, der sowohl ein aus­geprägtes Bedürfnis nach den Importwaren verspürte als auch über die dafür notwendige Kaufkraft verfügte und außerdem die europäisch geprägten Vorstellungen eines modernen Menschen verkörperte. Es ist anzunehmen, dass sich diese Werbung auch gegenüber den Kunden der Agenturen, den europäischen Unternehmen, besser verkaufen ließ, da diese in den Konsumentenrepräsentationen ein ihnen vertrautes, positiv konnotiertes Bild wiedererkennen konnten, welches ihnen einen erfolgreichen Absatz ihrer Produkte versprach. Es ist auffällig, wie sehr die moderne, städtische Elite in der Werbung als Träger der Konsumkultur diente, während andere soziale Schichten und Realitäten kaum dargestellt wurden. Es liegt aufgrund des Charakters von Werbung nahe, dass diese die auch während des Wirtschaftsaufschwungs weit verbreitete Armut und Konsumgüterknappheit nicht zeigte; doch selbst unter der Prämisse, dass Werbung zumeist prestige- und erfolgreiche Schichten einer Gesellschaft darstellt, hätte die Reklame der 1950er Jahre durchaus auch etwa die ‚traditionelle‘ Elite der Chiefs darstellen oder den Reichtum von Kakaobauern repräsentieren können. Dies tat sie jedoch äußerst selten. Dennoch reicht es nicht aus, die Bilderwelten als bloße europäische Phantasie über eine afrikanische Moderne zu beschreiben. Denn gleichzeitig waren die jungen Männer im Anzug und die jungen Frauen im europäischen Kleid ein begehrenswertes Ideal der städtischen Populärkultur, welche sich seit den 1930er und 1940er Jahren immer stärker herausbildete: Ein Leitbild, auf das sich vormals nur eine kleine Elite bezogen hatte, popularisierte sich. Der Typus des modernen Konsumenten der Werbung der 1950er Jahre kann so zwei Welten zugeordnet

Zusammenfassung der Ergebnisse

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werden: Den Visionen europäischer Werber sowie den Idealen, Erwartungen und Hoffnungen der städtischen Bevölkerungsschichten. Insofern kann man durchaus auch sagen, dass die Werbung deren soziale Utopien, kollektive Identität und politische Forderungen abbildete, wenngleich sie es weiterhin gewissermaßen als europäischer Zerrspiegel tat. So sprachen die Werber diese soziale Gruppe aufgrund einer Mischung von verschiedenen Faktoren an: Sie wandten sich an sie als prestigereiche, kaufkräftige Gruppe der Gesellschaft der Gold Coast, welche durch ihre städtische Verwurzelung leichten Zugang zu importierten Gütern hatte. Die Werber wussten um die Bedeutung, welche importierte Konsumgüter für diese soziale Gruppe hatten. Gleichzeitig ermög­lichten deren Bezüge auf europäisch-west­liche Elemente es den Werbefachleuten am ehesten, diese als potentielle Konsumenten der ­eingeführten Waren zu sehen. Nicht zuletzt verbanden sie mit der Darstellung moderner Konsumenten ihre Mission von Modernisierung und präsentierten den Kunden der Agenturen damit das Bild eines modernen, kaufkräftigen afrikanischen Marktes, in den es sich lohnte zu investieren. Mit ihrem starken Bezug auf das urbane Afrika setzte die Werbung auf eine soziale Gruppe, die bei vielen Kolonialpolitikern und kolonialen Bürokraten auf große Vorbehalte stieß. Die britische Kolonialpolitik hatte ein ambivalentes Verhältnis zu der städtischen Bildungsschicht, die sie einerseits zwar als Mittler benötigte, andererseits aber ihre politischen Aspirationen und Forderungen fürchtete und auf ihre kulturellen Bezüge auf europäische Kultur mit Rassismus und Ab­wertung reagierte. Die britische Kolonialpolitik setzte erst, als sie von den politischen Ereignisse und sozialen Unruhen der Nachkriegszeit gezwungen wurde, zöger­lich auf die politische Elite in den Städten, doch Zweifel und Vorbehalte blieben stets bestehen. Die Werbung hingegen hatte sich bereits seit den 1930er Jahre stark auf westafrikanische Stadtkultur bezogen und setzte auch in der Nachkriegszeit unumwunden positiv auf diese Schicht. Auch in der Imagewerbung der UAC zeigte sich die Spannung zwischen dem Bewerben afrikanischer Zukunftsvisionen und imperialer Phantasien, hier vor allem in Bezug auf Entwicklungspolitik in den Kolonien. Diese Werbung zeigte eine prosperierende Gold Coast und später ein prosperierendes Ghana, auch wenn die Werbetexte bis zum März 1957 nie explizit die Unabhängigkeitsbewegungen unterstützten. Auch verbanden diese Anzeigen wirtschaft­lichen Aufschwung mit entwicklungspolitischen Vorstellungen von Planungs- und Expertenhilfe aus Großbritannien und suchten alle Kritik über den Abzug von wirtschaft­lichen Profiten aus der Kolonie in die Metropole durch große Unternehmen wie die UAC zu zerstreuen und letzt­lich auch zu rechtfertigen. Die 1950er Jahre markieren insgesamt eine Zeit, in der die Zeitungen täg­lich voller Werbedarstellungen erfolgreicher, aufstrebender Afrikaner waren: Die Konsumenten

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Schlussbemerkungen

erfuhren auf den Bilderwelten beruf­lichen Erfolg, Anerkennung europäischer Vorgesetzter oder europäischer Gesprächspartner, hatten an Wohlstand und prosperierender Wirtschaft teil und lebten das west­liche Sozialmodell einer Kleinfamilie mit zwei oder drei Kindern in monogamer Ehe. Diese visuelle Förderung der Elite in den Massenmedien der Kolonie erfolgte zu genau der Zeit, in der sich aus diesen Schichten die Unabhängigkeitsbewegung rekrutierte, die letzt­lich erfolgreich die Kolonialherren zum Rückzug aufforderte. Man kann nur spekulieren, ob hier Werbung nicht nur als selektiver Zerrspiegel, sondern im Sinne der Theorie zur Wirkmächtigkeit von Repräsentationen auch als Motor kultu­reller und politischer Veränderungen gewirkt hat. Indikatoren dafür sind, dass die Werbe­wirkungsstudien der UAC in den späten 1950er Jahren eine hohe Sicht­barkeit der Anzeigen gerade unter jüngeren Stadtbewohnern nachwiesen. Außerdem e­ rlangten einige der massiv beworbenen Markenprodukte große Beliebtheit. Wenn Werbung so gut sichtbar und mit ihren Botschaften zu den Produkten erfolgreich war, blieben die Rezipienten von ihren politischen und sozialen Inhalten gewiss nicht unberührt. Zuletzt zeigt die Kritik aus der kolonialen Gesellschaft an den Werbebotschaften, wie sie in der Werbewirkungsstudie von EAS sichtbar wurde, dass eine Sensibilität für diese Botschaften bestand und sich die Zeitungsleser mit ihnen auseinandersetzten. Mit dem wirtschaft­lichen Aufschwung und der zunehmenden Konkurrenz der 1950er Jahre brachen auch alte Muster der Marketingpolitik der Handelsunter­ nehmen auf. Es reichte nicht mehr aus, neue Produkte auf Versuchsbasis e­ inzuführen und probeweise zum Verkauf anzubieten, wenn mehrere Firmen gleichzeitig um die Kaufkraft der Kunden für dieses eine Produkt rangen. Langsam setzte in dem großen Marketingapparat der UAC ein Umdenken ein und die dringenden Mahnungen von Marketingmanagern und Werbefachleuten, professionelle Markt­forschung in Westafrika zur Anwendung zu bringen, häuften sich. Vor dem Hinter­grund der massiven politischen Veränderungen, welche auf ein baldiges Ende der Kolonialherrschaft und eine Übernahme der Regierung durch afrikanische Eliten verwiesen, öffnete die UAC die black box des afrikanischen Zielpublikums als erstes für die Frage der Gestaltung von effektiver Imagewerbung und führte eine großangelegte Werbewirkungsstudie in der Gold Coast, Nigeria und Sierra Leone durch. Es ist beacht­lich, dass erst Ende der 1950er Jahre, nach fast 30 Jahren Werbepraxis in der Kolonie, die Agentur zum ersten Mal die Rezipienten danach befragte, wie diese die an sie gerichtete Werbung eigent­lich wahrnahmen: Es war der Druck der Unabhängigkeitsbewegung und der sozialen Unruhen, welcher den Erfolgsdruck auf die Imagewerbung so erhöhte, dass die UAC und ihre Werbeagentur sich erstmals fragten, ob denn die intendierten Botschaften der Reklame von dem afrikanischen Publikum überhaupt verstanden wurden. Doch erst Anfang der 1960er Jahre begann die UAC, ihre Marktforschungs­ praxis für Konsumverhalten und Konsumwünsche grundlegend zu verändern,

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und setzte sich mit der Wahrnehmung der Werbung und der Konsumkultur der Bevölkerung auseinander. Wiederum war für diese Entwicklung das Zusammengehen von steigender Konkurrenz, Industrialisierung und dem politischen Wandel verantwort­lich. Dies markierte den Beginn professioneller Marktforschung in Westafrika. Die UAC transferierte gängige Marktforschungsmethoden nach Westafrika. Es reichte für das Unternehmen nun nicht mehr aus, sich mit der ‚Afrikakompetenz‘ einzelner britischer Werber zu brüsten: Die Konsumenten bekamen so in etwa zeitgleich mit der politischen Unabhängigkeit ihrer Länder auch zum ersten Mal die Autorität zugesprochen, selbst über ihre Wünsche und Bedürfnisse zutreffende Aussagen zu machen. In der Geschichte von Werbebestrebungen gegenüber afrikanischen K ­ onsumenten im 20. Jahrhundert führten so zweimal Situationen verschärfter Konkurrenz zu Veränderungsschüben. Dabei mussten sich in beiden Situationen Vertreter der neuen Ansätze gegenüber Argumenten durchsetzen, die Afrikaner für nicht ‚fortschritt­lich‘ genug oder nicht ‚reif‘ für diese Methoden hielten. Der erste Schub erfolgte in den 1930er Jahren, als sich, wie weiter oben skizziert, in der verschärften Konkurrenz­ situation um afrikanische Konsumenten in der Wirtschaftskrise Werbung in Form von Zeitungsanzeigen, Plakaten und Propaganda-Vans etablierte. Der zweite Veränderungsschub erfolgte in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre: Hier wurde die Verschärfung der Konkurrenz nicht durch eine Verknappung der Kaufkraft, sondern durch einen Anstieg selbiger ausgelöst, die in allen Bereichen Konkurrenz durch neue Unternehmen mit sich brachte. Im Kampf um die Gunst der Kunden setzte sich vor allem unter einer neuen Generation von Managern zunehmend die Ansicht durch, dass man die Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten der afrika­nischen Konsumenten präziser verstehen müsse, um Werbung und Produkt­marketing mög­ lichst effektiv zu gestalten. Dies sollte schließ­lich die in der Kolonialzeit dominante Einstellung ablösen, wonach ledig­lich eine genaue Erfassung des Kaufverhaltens relevant war: Die afrikanischen Konsumenten wurden den europäischen gleich­ rangiger in der Art, wie sie betrachtet wurden. Außerdem unterschieden sich die Herangehensweisen von Handelsunter­nehmen und produzierenden Unternehmen bezüg­lich der Frage, wie ihre Kunden angesprochen werden sollten. Die Handelsunternehmen waren nicht nur in ihrer insti­ tutionellen, wirtschaft­lichen und politischen Praxis, sondern auch hinsicht­lich der Einstellung ihrer Manager sehr viel enger mit dem kolonialen System verbunden und ihr Denken in diesem verwurzelt. Die afrikanischen Konsumenten erschienen diesen Marketingexperten zumeist als zu rückständig für moderne Werbetechniken wie Poster, Zeitungswerbung oder gar für Marktforschung. Die großen Unter­nehmen konnten sich, solange sie sich in der Position starker wirtschaft­licher Dominanz befanden, gewissermaßen auf solchen Positionen ausruhen. Währenddessen experimentierten produzierende Unternehmen wie etwa Nestlé oder Unilever schon

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Schlussbemerkungen

lange und viel entschlossener mit der Anwendung west­licher Produktpromotion in den Kolonien und interessierten sich tendenziell früher für Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten der Konsumenten, weil sie die Abhängigkeit des wirtschaft­ lichen Erfolgs von einigen wenigen Produkten wesent­lich stärker ökonomisch verwundbar machte, als sich die Situation für ein so großes und bezüg­lich der Art der Importprodukte auch sehr flexibles Unternehmen wie die UAC darstellte. Als sich die UAC – wie andere große Handelsunternehmen auch – auf lokale Produktion umzuorientieren begann, veränderten sich ihre Herangehensweisen und Methoden der Werbung und Marketingpolitik sowie ihr Blick auf die afrikanischen Konsumenten grundlegend. Mit der politischen Unabhängigkeit kam in der jungen Postkolonie die erste Generation afrikanischer Werbefachleute zum Zug. Diese veränderte die Repräsentationen von Konsumenten und Konsumkultur in der Werbung, indem sie deut­ lich auf die Darstellung von nationaler ghanaischer Kultur setzte, auf die sich auch die städtische Elite des Landes zunehmend bezog. Man kann hier davon sprechen, dass sich nicht nur die Agenturen afrikanisierten, sondern auch die Werbe­anzeigen selbst einen solchen Wandel durchliefen. Ein weiterer Faktor waren Importsub­ stitution und Industrialisierung. Das Image der lokal produzierten Güter betonte nun nicht mehr ihre europäische Herkunft und Qualität, sondern setzte auf einen positiven Bezug auf einheimische Kultur und darauf, die in Ghana produzierten Waren als Qualitätsgüter zu vermarkten. Die Knappheit von Konsumgütern und die strenge Lizenzvergabe für Importe während der Hinwendung Nkrumahs zum Ostblock brachten Mitte der 1960er Jahre die Werbebranche zum Einbruch. Auch die Qualität der Werbung nahm deut­lich ab. Erst Ende der 1960er Jahre erholte sich die Branche nach dem Sturz Nkrumahs und der erneuten politischen und wirtschaft­lichen Öffnung des Landes zum Westen. Die afrikanischen Werbefachleute wurden für die Agenturen zu einer wichtigen Quelle für Informationen über die Kultur und Gewohnheiten ghanaischer Konsumenten und ersetzten damit professionelle Marktforschung. Deren Nütz­lichkeit wurde zwar nicht mehr grundsätz­lich infrage gestellt, aber nur große Unternehmen wie etwa die UAC-Brauereien investierten in solche Untersuchungen. Zusammenfassend gesagt bezogen sich die europäischen wie afrikanischen Werber auf soziale Hierarchien der kolonialen und postkolonialen Gesellschaft, bildeten diese aus ihrem Blickwinkel ab und suchten sie für sich zu nutzen. Dabei stellten sie solche Hierarchien positiv konnotiert zur Schau und unterstützten sie visuell. Damit bot die Werbung in Zeiten sozialer Verschiebungen und Auseinander­ setzungen zwischen gesellschaft­lichen Gruppen um Teilhabe an Macht und Status einen Entwurf von Teilhabe an, auf dem derjenige Mitglied von elitären Kreisen war, der die Produkte konsumieren konnte: Materieller Wohlstand und ‚richtiger‘ Geschmack wurde damit zur einzigen Zugangskategorie zur Teilhabe an elitären

Einordnung der Studie und Ausblick

361

Kreisen. In der sozialen Realität und in den kulturellen Auseinandersetzungen in den Städten waren gleichzeitig Fragen des sozialen Status Gegenstand heftiger Debatten und Auseinandersetzungen: So kann man die Werbung als ein visuelles Zugehörigkeitsangebot lesen, welches allein auf Kaufkraft basierte.

2. Einordnung der Studie und Ausblick Diese Arbeit hat erstmals die Werbestrategien von europäischen Handelsunternehmen in einer afrikanischen Kolonie und Postkolonie untersucht und hierbei das Design der Werbung, ihre Produktionsbedingungen, die Entwicklungen der Agenturen und die Werbefachleute als Akteure auf vielfältige Weise in der A ­ nalyse einbezogen. Nach der Zusammenfassung der Arbeit soll nun die Frage gestellt werden, welche Ergebnisse für die afrikanische Geschichte sowie für die Werbe­ geschichte verallgemeinert werden können und an welcher Stelle sie stärker auf die spezifischen Gegebenheiten der ghanaischen Geschichte bezogen werden sollten. Die Printwerbung ging Ende der 1930er Jahre und vor allem in den 1950er ­Jahren zur Darstellung von Konsumenten, Konsumkultur und damit verbunden zur Darstellung von persön­licher Veränderung der Konsumenten durch den Konsum der beworbenen Produkte über. Häufig zeigte sie Aussagen von zumeist ­fiktiven Zeugenfiguren als ‚Beweis‘ für solche Veränderungsprozesse. Gerade auf dieser Ebene muss Werbung als Versuch des social engineering beschrieben und im Kontext kolonialer Subjektbildung gelesen werden. Sie versuchte nicht nur, Produkte zu verkaufen, sondern verband dies mit der visuellen Schaffung von modernen afrikanischen Konsumenten. In diesem Sinne müssen die Bestrebungen der Werber auf einer Ebene mit anderen Erziehungs- und Disziplinierungsbestrebungen kolonialer Subjekte gesehen werden, wie sie etwa in Missionsschulen, in staat­lichen Schulen zur Ausbildung afrikanischer Verwaltungsangestellter oder im Bereich der Lohnarbeit und bei Arbeitskämpfen stattfanden. Dies gilt gewiss auch für andere afrikanische Kolonien der europäischen Kolonialmächte, in denen Handelsfirmen und Werbeagenturen aus der Metropole tätig waren. Dabei hat diese Arbeit gezeigt, dass die Werber den afrikanischen Konsum­ gewohnheiten zwar oft in überheb­licher oder missionarischer Haltung ­begegneten, aber kaum die Sorge anderer Akteure des Kolonialstaats oder der christ­lichen ­Mission um das Aufrechterhalten sozialer Distinktion und Differenz zwischen Kolonial­ herren und kolonialen Subjekten teilten. Die Händler der UAC und auch die Werber wussten um die verschiedenen Aneignungsvorgänge von Produkten sowie darum, dass manche Produkte in keiner Weise in der vom Hersteller vorgesehenen Art verwendet wurden, etwa wenn Seife als Fischköder eingesetzt wurde. Die Händler und Werber blickten zwar auf diese Art des Konsums herab, akzeptierten

362

Schlussbemerkungen

es aber als eine Eigenart, die sie einem spezifischen afrikanischen Konsumverhalten ­zuschrieben. Letzt­lich zählte für sie nicht, wie die Waren angewendet wurden, solange sie diese mög­lichst gewinnbringend verkaufen konnten: Die Maxime war der Profit, nicht die korrekte Verwendung der Produkte. Die UAC bezog lokale Aneignung zwar bis Anfang der 1960er Jahre nicht mit in die Werbung ein, unternahm aber auch nichts gegen sie, sondern belieferte stets den Absatzmarkt der Regionen, wo die Produkte benötigt wurden. Die Dynamik um Konsum und Werbung folgte in der Gold Coast als ­Beherrschungskolonie, in der nur eine kleine Anzahl von europäischen Händlern und Bürokraten lebte und deren Etablierungszweck maßgeb­lich wirtschaft­ licher Profit war, anderen Gesetzen als im Falle Südrhodesiens, den Timothy Burke untersucht hat. Dort hat eine Siedlergesellschaft teils massive Widerstände gegen eine zu große Nähe von afrikanischem und europäischem Konsum entwickelt und afrikanischen Konsum als Bedrohung ihrer eigenen zivilisatorischen Errungenschaften erlebt. Afrikaner, die europäisches Konsumverhalten übernahmen, lösten Ängste vor dem Eindringen von Fremden in die Siedlergesellschaft aus: Im Gegensatz zur Gold Coast war hier die Furcht vor dem Verlust kolonialer Differenz stets sehr präsent.10 Die Festschreibung von Differenz in einen ‚Afrikanischen Markt‘ und ‚Europäischen Markt‘ drückte sich in Südrhodesien oft in der Vermarktung von einem Produkt nur für die einheimische Bevölkerung und von einem anderen, ähn­lichen Produkt nur für die Siedlergesellschaft aus. Auch diese Differenzkonstruktion galt für die britischen Kolonien in Westafrika kaum. Zwar bewarben die Agenturen manche Produkte in erster Linie an Europäer, sie bezogen dabei aber immer eine kaufkräftige afrikanische Elite mit ein und hofften vor allem darauf, dass der Konsum dieser Schicht auf die anderen afrikanischen Bevölkerungsgruppen gewissermaßen ausstrahlen würde. Europäische Ausländer in der Gold Coast waren zwar eine kaufkräftige Konsumentengruppe, aber im Gegensatz zu Siedlerkolonien wie Kenia oder Südrhodesien war ihre Anzahl so klein, dass der Import von b­ estimmten Güter allein für diese Gruppe kaum ökonomischen Gewinn versprochen hätte. Selbst die Kingsway-Geschäfte, welche die Konsumenten der kaufkräftigen Elite ansprachen, wurden von Europäern sowie von wohlhabenden Afrikanern aufgesucht, was die UAC, anstelle dies zu unterbinden, sogar forcierte. Die Befunde für den südrhode­sischen Fall müssen deshalb als spezifische Entwicklungen einer Siedlungskolonie betrachtet werden. In Bezug auf die Studien über spätkoloniale und postkoloniale Werbung als imperiale Propaganda müssen hingegen die Annahmen über die engen Verbin­dungen

10 Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, besonders S. 99 – 114.

Einordnung der Studie und Ausblick

363

von staat­licher und wirtschaft­licher Ideologie zurückgewiesen werden.11 Die Werbeagenturen folgten ihren eigenen Vorstellungen von verkaufsfördernden Bildern und werbewirksamer Rhetorik und umwarben seit den späten 1930er Jahren die afrika­nischen Konsumenten, die sie dabei ausgesprochen positiv darstellten. Werbung, die sich an ein Publikum aus der Metropole richtete, wie etwa Imagewerbung für das Gewinnen von Investoren, griff dabei zumeist stärker auf imperialistische Ideologie zurück, unterschied sich darin aber deut­lich von der Werbung, die zeitgleich an das Publikum der Kolonien gerichtet wurde. So konnte die Werbung je nach Medium und Zielgruppe gleichzeitig sehr verschiedene politische Botschaften transportieren. Dieser Befund ist umso bedeutender, da die Studien zur Imagewerbung diese Differenzierung bislang nicht konsequent genug vorgenommen haben. Van den Bersselaar hat in seinen Arbeiten zur Alkoholgeschichte in Westafrika gezeigt, dass sich die Werbung für Schnaps zunächst auf eine städtische Moderne und dann auf seine traditionelle Verwendung in Ghana bezog. Die lokale Bedeutung des Produkts setzte sich so gegenüber den Bedeutungszuschreibungen der inter­nationalen Hersteller in der Werbung durch.12 Van den Bersselaar führt ­diesen Wandel auf die Initiative lokaler, nigerianischer Hersteller zurück und geht dabei davon aus, dass die Werbeagenturen in Westafrika noch Jahrzehnte nach dem ­Zweiten Weltkrieg ihre Werbestrategien fast vollständig in Europa entwarfen.13 In dieser Arbeit konnte jedoch gezeigt werden, dass diese Annahme seit den späten 1950er Jahren tatsäch­lich nur noch für einen Teil der von internationalen Her­stellern vertriebenen Produkte galt. In Ghana wurde in den 1960er Jahren ein großer Teil der Konsumgüter von der staat­lichen Agentur Napado beworben, die fast ausschließ­lich mit ghanaischen Werbe­ designern besetzt war. Auch Lintas stellte viele lokale Kampagnen her und musste sich den Londoner Strategien nur bei der Konzeption von Werbung für die großen, internationalen Hersteller fügen. Diese von Ghanaern hergestellten Kampagnen zeigten oft lokalspezifische Produkt­anwendung und ghanaische Kultur. Diese Arbeit konnte daher zeigen, dass die Veränderungen der Werbung in der Postkolonie Ghana in erster Linie auf Veränderungen in der Agenturlandschaft zurückzuführen sind und keinen Einzelfall einer spezifischen Produktgeschichte darstellen. Diese Befunde zeigen zudem, dass die Entwicklungen der Werbeindustrie zur Zeit der Dekolonisation und politischen Unabhängigkeit stärker als zur Kolonialzeit an die jeweiligen nationalen Bedingungen gebunden waren und damit auch lokale Besonderheiten aufwiesen. Dies gilt nicht nur für Ghana: Burke hat für Südrhodesien/Simbabwe gezeigt, dass die Werbung weiterhin deut­lich rassistische 11 Ramamurthy, Imperial Persuaders, S. 173 – 221. 12 Van den Bersselaar, The King of Drinks, besonders S. 225 – 246; Ders., Who Belongs to the Star People. 13 Ebd., S. 407 f.

364

Schlussbemerkungen

Bezüge aufwies, vor allem in der Werbung für Kosmetika, die Shampoo speziell für afrikanisches Haar herstellte und Hautaufheller anpries.14 Dies weicht deut­lich von den oben skizzierten Ergebnissen dieser Studie für den ghanaischen Fall ab. Die verschiedenen politischen und gesellschaft­lichen Verläufe der Dekolonisation und der Postkolonie spiegelten sich so auch in der Werbung. Mit Bezug auf die Geschichte des Transfers und der Aneignung von Werbe­ methoden lässt sich sagen, dass die Agenturen hier immer einen „process of indigenization“ durchliefen und sich dem neuen Umfeld in begrenztem Rahmen anpassten, wobei sie sogar Bezüge auf die Muttergesellschaft und das Ursprungsland zu verbergen suchten.15 WAP sah sich, wie beispielsweise auch die amerikanischen Agenturen in Europa, ebenfalls mit der Kritik konfrontiert, für ausländische Interessen zu arbeiten.16 Doch für den Transfer von Werbemethoden galten offensicht­lich in der Kolonie andere Regeln als für Transfers zwischen Industrienationen. Werbe­ fachleute in der Kolonie wollten die afrikanischen Konsumenten zunächst nicht als einzelne Individuen betrachten oder sogar deren psycholo­gische Motivationen für Konsumverhalten durchleuchten, wie dies etwa amerikanische Werbeagenturen in Europa von Anfang an praktizierten. Es reichte kolonialen Handelsunter­nehmen und den Werbeagenturen aus, das Kaufverhalten der Konsumenten kollektiv zu quantifizieren, während sie ihre Konsumkultur in ethnographischer Rhetorik beschrieben und somit eine grundlegende Differenz zu europäischem Konsum konstruierten. Kolonialstaaten verhielten sich in dieser Hinsicht ähn­lich, indem auch sie zumeist nicht daran interessiert waren, individuelle Staatsbürger nach bestimmten Merkmalen in Bürokratien zu erfassen und zu überwachen: „[T]hey belonged in tribes and could be governed through the collectivity.“ 17 Auch das fast vollständige Fehlen von lokalen Abteilungen für Werbedesign war ein koloniales Phänomen und wurde bislang in den Transferstudien nicht ­beobachtet – die Agentur J. Walther Thompson etwa bildete bereits in den 1930er Jahren nicht nur in Europa, sondern auch in Mexiko und Lateinamerika ein­ heimische Werbeprofis aus.18 Manche Praktiken hingegen wurden mit nur wenigen Einschränkungen und Adaptionen aus Großbritannien übertragen. Dazu gehören die visuellen Bezüge auf Moderne in der Printwerbung der 1950er Jahre. Zuletzt soll die Frage nach der gesellschaft­lichen Wirkung der kulturellen und politischen Botschaften der Werbung in der ghanaischen Gesellschaft gestellt werden. Diese Fragestellung hängt eng mit Forschungsdesideraten an die afrikanische 14 15 16 17 18

Burke, Lifebuoy Men, Lux Women, S. 166 – 216. Nixon, Apostles of Americanization, S. 477. Schwarzkopf, Transatlantic Invasions, S. 255. Cooper, Colonialism in Question, S. 143. Moreno, Yankee Don’t Go Home, S. 82 f; Woodard, Marketing Modernity, S. 264 f.

Einordnung der Studie und Ausblick

365

Konsumgeschichte des 20. Jahrhunderts zusammen und kann daher nur unter Vorbehalt beantwortet werden. Werbung operiert mit Versprechungen und Verheißungen und bezieht sich dabei auf Wünsche und Hoffnungen ihres Pub­likums. Gleichzeitig ist die Geschichte der afrikanischen Dekolonisierung als eine Geschichte von Versprechungen von Seiten der Kolonialmacht erzählt worden, die bei der afrikanischen Bevölkerung Erwartungen auslösten, deren Erfüllung den europäischen Kolonialmächten als Preis für den Erhalt der Herrschaft letzt­lich zu hoch war.19 Enttäuschte Hoffnungen auf Verbesserung von Lebensbedingungen bildeten den Hintergrund von Arbeitskämpfen und städtischen Protestbewegungen in den Kolonien, vor allem in der Nachkriegszeit.20 Wenngleich aber wieder betont wird, dass Forderungen nach einem höheren Lebensstandard bei den Nachkriegsunruhen einen wichtigen Faktor darstellten, wurden die damit verbundenen Vorstellungen von Konsumkultur und von einem Zugang zu Konsumprodukten bislang kaum untersucht. Angesichts der starken Präsenz und Sichtbarkeit der Werbung gerade in den 1950er Jahren stellt sich daher die Frage, ob die Verheißungen der Bilderwelten auf die Erwartungen der Schicht der städtischen Arbeiter und Angestellten, der Händler, der Intellektuellen und der Politiker gewirkt haben, deren Aspirationen und Hoffnungen die Werbung aufgriff und zu großer Sichtbarkeit verhalf. Gewiss war es diesen Schichten in sehr unterschied­lichem Maße mög­lich, an den importierten Warenwelten teilzuhaben, aber bei den meisten klaffte doch eine weite Lücke zwischen den Repräsentationen der Werbung und ihrer sozialen Realität. Diese Diskrepanz wird sich in der Wahrnehmung der afrikanischen Konsumenten auch dadurch verschärft haben, dass ihnen der gesellschaft­liche Wohlstand der europäischen Industrienationen durchaus bekannt war. Die Bilderwelten verbreiteten ja ganz ähn­liche Szenarien in Europa sowie in den afrikanischen Kolonien, die jedoch dort, im Gegensatz zu den Gesellschaften der Industrienationen, in dieser Form nie eintreten sollten. Man könnte also sagen, dass der Versuch der Implementierung einer Massenkonsumgesellschaft nach west­lichem Vorbild, wie sie sich die Werbefachleute und Marketingexperten imaginierten, in westafrikanischen Gesellschaften durchaus positiv aufgenommen wurde und diese ein attraktives Modell wurde, dass große Erwartungen schürte. Diese Erwartungen wurden zwar in den reichen europäischen Ländern Realität, nicht aber in Westafrika, und die Enttäuschung darüber entlud sich in sozialen Unruhen und speiste die Unabhängigkeitsbewegungen. Ein weiterer Verweis in diese Richtung stellt die Tatsache dar, dass Kwame Nkrumah die UAC bereits 1957 überredete, als Prestigeprojekt ein neues Kingsway-Kaufhaus in Accra zu errichten, das er selbst feier­lich eröffnete. So inszenierte er sich als erfolgreicher

19 Cooper, Decolonization and African Society, S. 20. 20 Hopkins, Economic Aspects of Political Movements; Austin, Politics in Ghana.

366

Schlussbemerkungen

­ olitiker, der dem Land zu langersehntem Wohlstand verhalf – ein Wohlstand, der P an die Teilhabe an europäischen Konsumwelten gebunden war.21 Diese Überlegungen warten bislang auf eine wissenschaft­liche Überprüfung und bilden einen Aspekt einer Geschichte des afrikanischen Konsums im Kontext kultureller, wirtschaft­licher und politischer Entwicklungen des 20. Jahrhunderts, die noch geschrieben werden muss.

21 Murillo, Market Relations, S. 1 – 4.

Abkürzungsverzeichnis A & E AAG AHN BATC

African and Eastern Trade Corporation Advertising Association of Ghana Archives Historiques Nestlé British American Tobacco Company CADCO Central Advertising Company CFAO Compagnie Française de L’Afrique Occidentale CPP Convention People’s Party DDP Outdoor Limited Design Display Publicity Outdoor Limited DD/RN Raleigh Cycle Company Bestand EAP East Africa Publicity Limited EAS Export Advertising Service Limited GBC Ghana Broadcasting Corporation GCARPS Gold Coast Aborigines Rights Protection Society GFIC Ghana Film Industry Corporation GIHC Ghana Industrial Holding Corporation HAT History of the Advertising Trust KBL Kumasi Brewery Limited LEAS Lintas Export Advertising Services Limited LINTAS Lever International Advertising Services Limited Lintas W. A. Limited Lintas West Africa Limited MS Research International Ghana Limited Marketing and Social Research International Ghana Limited NBL Nigerian Breweries Limited NCBWA National Congress of British West Africa NA Nottinghamshire Archives NES Nestlé Bestand NLC National Liberation Council NLM National Liberation Movement NPP Northern People’s Party NPP New Patriotic Party o. J. ohne Jahr o. S. ohne Seitenangabe PP Progress Party PRAAD Public Records and Archives Administration Department RB(N)L Research Bureau (Nigeria) Limited RBL Research Bureau Limited SCOA Société Commerciale de l’Ouest Africaine

368

UAC UARM UGCC UNI

vl. Rnr.

WAP WAYL

Abkürzungsverzeichnis

United Africa Company Limited Unilever Archives and Record Management United Gold Coast Convention Unilever Bestand vorläufige Referenznummer West Africa Publicity Limited West African Youth League

Quellen- und Literaturverzeichnis

Archive 1

Unilever Archives and Record Management, Port Sunlight, Großbritannien UAC Minute Book 14 (1959) UAC Board, Loose Minutes and Memoranda, 27. August 1946 UAC/1/1/1/12/1563 UAC Board, Loose Minutes and Memoranda, 29. September 1964 UAC/1/1/2/1/3/21 UAC Board Committee Minutes, Advertising, 1961 – 1970 UAC/1/5/5/2/3 UAG Legal Department Agency Agreement, British Tobacco Company Limited, 1912 – 1929 UAC/1/11/4/2/26 PR Department, Statistic Reports, 1958 – 1966 UAC/1/11/9/3/35 Photograph of a GB Ollivant Store, o. J. [Gold Coast, späte 1930er Jahre] UAC/1/11/18/2/15 ‚Joseph‘ UAC Recruitment Cartoons, 1956 UAC/1/11/18/2/18 ‚Joseph‘ UAC Recruitment Cartoon Report, 1955 UAC/1/11/20/2 UAC Advertising Guard Book, 1952 – 1953 UAC/1/11/20/3 UAC Advertising Guard Book, 1952 – 1953 UAC/1/11/20/5 UAC Advertising Guard Book, o. J. [späte 1950er Jahre] UAC/1/11/20/6 UAC Advertising Guard Book, o. J. [1957 – 1960] UAC/1/11/20/8 UAC Advertising Guard Book, 1957 – 1972 UAC/2/1/1/3/4 UAC Breweries Division, Breweries Marketing Conference Summary Minutes, 1968 UAC/2/1/5/2/1 UAC Breweries Division, Marketing Report on Malt Liquor Business, 1972 UAC/2/1/6/2/1 UAC Breweries Division, Guard Book of General Advertising, 1956 – 1961 UAC/1/1/1/2/17 UAC/1/1/1/12/734



1 In diesem Abschnitt werden die zitierten Dossiers und Akten mit der Bezeichnung des Archivkatalogs aufgeführt. Einzelne Dokumente sind hier nur dann genannt, wenn ihnen auch im Archivkatalog eine eigene Referenznummer zugeordnet ist.

370

UAC/2/1/6/9/3 UAC/2/1/6/10/9 UAC/2/1/A/8/5/1 UAC/2/1/B/7/2/4/7 UAC/2/1/B/7/2/6/1 UAC/2/1/B/8/6/1 UAC/2/1/B/8/7/1 UAC/2/1/C/8/2/1 UAC/2/10/B1/8/1/10 UAC/2/10/B1/8/1/16 UAC/2/20/3/6/3 UAC/2/20/5/1/1 UAC/2/20/5/1/2 UAC/2/20/5/1/3 UAC/2/34/4/1/3

Nicht katalogisierte Akten2 UAC/2/35/1/AK (242/1) UAC/2/35/1/AK (376/2) UAC/2/35/1/AL (377/6)



Quellen- und Literaturverzeichnis

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Afromedia Limited, Correspondence, 1960 – 1969 Afromedia Limited, Correspondence, 1961 – 1965 Afromedia (Nigeria) Limited, Correspondence, Minutes, and Agreements, 1959 – 1963

2 Die hier aufgeführten Unterlagen waren zum Zeitpunkt der Recherchen für diese Disser­ tation noch nicht im Katalog des Archivs verzeichnet. Die ihnen zugeordneten Referenznummern sind daher vorläufig.

Archive

371

UAC /2/35/1/AM (377/1) Afromedia (Ghana) Limited, Correspondence,

Minutes, and Agreements, 1959 – 1962 UAC /2/35/1/AM (377/5) Afromedia (Ghana) Limited, Correspondence, Minutes, and Agreements, 1965 – 1968 UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/2) Afromedia (Ghana) Limited, Minutes, 1959 – 1974 UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/3 – 4)Afromedia (Ghana) Limited, Correspondence, 1972 – 1974 UAC/2/35/1/AM (UAC Sec 26/7) Afromedia (Ghana) Limited, Memorandum and Articles of Association, 1959 UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/14) Research Bureau (Nigeria) Limited, Minutes (Board and General), 1969 – 1980 UAC/2/19/CH (UAC Sec 5/23) Research Bureau (Nigeria) Limited, Corres pondence, 1969 – 1974 UAC/2/35/1/LE (UAC Sec 7/11) Lintas (Ghana) Limited, 1963 – 1974 UAC/2/35/1/LF (340/1) West Africa Publicity Limited/Lintas W. A. Limited/East Africa Publicity Limited, 1952 – 1981 UAC/2/35/1/LF (366/3)  Lintas W. A. Limited/West Africa Publi city Limited, Minutes (Board and General), 1928 – 1963 UAC/2/35/1/LF (UAC Box 75/3) West Africa Publicity Limited, Correspon dence, 1928 – 1934 UAC/2/35/1/LF (UAE 1/226) West Africa Publicity Limited, Correspon dence, 1930 – 1950 UAC/2/35/1/LF (UYB/1/527) West Africa Publicity Limited, Profit and Loss Accounts, 1958 – 1963 UAC/2/35/1/LH (336/5) Export Advertising Service Limited, Corres pondence, 1937 – 1957 UAC/2/35/1/LH (340/5) Export Advertising Service Limited, Corres pondence, 1957 – 1965 UAC/2/35/1/LH (366/8) Export Advertising Service Limited, Minutes (Board and General), 1937 – 1963 UAC/2/35/1/LH (UAG/1/110) Lintas Export Advertising Services Limited, Memoranda and Articles of Association, 1937 UNI/RM/OC (Box 55) Visit Reports Ghana, 1944 – 67 UNI/RM/OC (Box 56) Visit Reports Ghana, 1968 – 86 UNI/RM/OC (Box 110) Visit Reports Nigeria, 1934 – 57 Mr. A. T. Ball’s Report on his Visit to Nigeria, •• OSD/21/3 Januar – März 1937

372

••

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Interviews

373

Zeitungen und Zeitschriften

Accra Evening News Advertiser’s Weekly African Morning Post Ashanti Pioneer Ashanti Times Daily Graphic Drum Gold Coast Independent Gold Coast Leader Gold Coast Nation Gold Coast Times Ghana Times Gong Gong Raligram Statistical and Economic Review Sunday Mirror Times of West Africa Unicorn Interviews

Alle Interviews wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, von der Autorin geführt. Interview mit Alex Abedi, 31. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Jos Anyima Ackah (1),15. Februar 2010, Accra, Ghana Interview mit Jos Anyima Ackah (2), 8. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Kwame Akatu, 23. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Kwaw Ansah, 21. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Peter Brown Wood, 16. März 2011, Madina, Ghana Interview mit Peter Hasford, 16. März 2011, Madina, Ghana Interview mit Sil Kuwornu, 3. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Silas Mantey, 16. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Torgbor Mensah, 17. März 2011, Accra, Ghana Interview mit Jake Obetsebi-Lamptey (1), 23. September 2010, Accra, Ghana, Interviewer: Dmitri van den Bersselaar Interview mit Jake Obetsebi-Lamptey (2), 15. März 2011, Accra, Ghana

374

Quellen- und Literaturverzeichnis

Privates Material

Fotoalbum von Peter Brown Wood, Madina, Ghana Fotoalbum von Peter Hasford, Madina, Ghana Internetseiten

[http://www.horlicks.co.uk/history] (14. März 2012) [http://www.marmite.com/love/history] (14. März 2011) [http://www.pearlanddean.com] (28. März 2012) [http://spot.pcc.edu/~mdembrow/ansah.htm] (27. August 2012) [http://www.tvafricaonline.com] (27. August 2012) [http://www.ddpoutdoor.com] (27. August 2012) Unveröffent­lichte Literatur

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Adegbija, Efurosibinia Emmanuel: A Speech Act Analysis of Consumer Advertisements, Dissertation, Indiana University, Bloomington 1982.

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Abbildungsnachweis Kapitel I 1.1: Werbung für Gillette Rasierer, abgedruckt in: The Daily Graphic, 6. Januar 1951, S. 4  .. ............................................................................................  1.2: Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958, NA DD/RN/4/2/26. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Nottinghamshire Archives  ..........  Kapitel III 3.1: Foto von einem G. B. Ollivant Einzelhandelsgeschäft, o. J. [Gold Coast, späte 1930er Jahre], UARM UAC/1/11/9/3/35. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ............................................................................ 3.2: Die Londoner Zentrale von West Africa Publicity, o. J. [frühe 1930er Jahre], abgedruckt in: Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 9  .. ....................................................................  3.3: Plakatwerbung für Clark’s Nähgarn, o. J. [1930er Jahre], abgedruckt in: Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 11. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Coats Plc  . . ......................  3.4: Plakatwerbung für Good Year Reifen, o. J. [1930er Jahre], abgedruckt in: Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 11  .. ...  3.5: Werbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Gold Coast Leader, 3.–17. November 1917, S. 8  ............................................................................  3.6: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. Juli 1934, S. 678  ................................................................  3.7: Werbung für Farm Brand Milch, abgedruckt in: African Morning Post, 27. Dezember 1934, S. 6  .......................................................................  3.8: Werbung für Dunlop Fahrradreifen, abgedruckt in: African Morning Post, 7. April 1938, S. 5  . . ................................................................  3.9: Werbung für Kingsway Stores, abgedruckt in: African Morning Post, 8. Oktober 1937, o. S.  ............................................................................  3.10: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: African Morning Post, 4. Januar 1939, S. 3  ...............................................................  3.11: Werbung für Kingsway Stores, abgedruckt in: African Morning Post, 1. Juli 1936, S. 8  .. .....................................................................................  3.12: Werbung für Florida Water Parfüm, abgedruckt in: African Morning Post, 22. Oktober 1937, S. 3  ......................................................... 

14 15

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102 103 129 131 133 137 138 139 140 141

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Abbildungsnachweis

3.13: Werbung für Milkmaid Milch, abgedruckt in: Gold Coast Independent, 21. Juli 1934, S. 677  ..........................................................................................  147 Kapitel IV 4.1: Die Angestellten unter der Leitung von Philip Harris beim 25-jährigen Jubiläum der Agentur, abgedruckt in: Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 23  .. ...................................................  161 4.2: Handgemalte Plakatwerbung für Raleigh Fahrräder an einer Reklamewand von WAP aus dem Jahr 1946, Größe etwa 8 x 2 Meter, UARM UAC/1/1/1/12/734. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  175 4.3: Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, Postergröße 8 sheet, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/3. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ............................................................................................................  177 4.4: Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, abgedruckt in: Fifty Years Growing. A Story of the Development of Lintas Limited, Lagos, on the Occasion of its Golden Jubilee, o. J. [Lagos 1978], S. 26  ..........  180 4.5: Posterwerbung für Raleigh Fahrräder, o. J. [späte 1940er Jahre], NA DD/RN/4/65/1/3. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Nottinghamshire Archives  .............................................................................  181 4.6, 4.7: Werbeplakate für Nestlé-Produkte, 1958, Ordner mit Werbematerial, West Africa, 1947 – 1958, AHN. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Nestlé Historical Archives, Vevey  .....  182 4.8: Storyboard für einen 30-sekündigen Kino-Werbespot zur Eröffnung des neuen Kingsway-Kaufhauses in Accra, 1957, UARM UAC/2/10/ B1/8/1/10. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  ......  187 4.9: Screenshot aus dem Film The New Traders, 1961, UARM. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .........................  190 4.10: Besucherinnen der Modern Living Ausstellung in einem Kingsway-­ Kaufhaus, o. J. [29. Mai – 10. Juni 1958, Accra], UARM UAC/2/10/ B1/8/1/16. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  ......  191 4.11: Foto eines Nido-Trinkwettbewerbs im Bel­gisch-Kongo, 1960, Ordner mit Werbematerial, Congo Belge, 1960 – 1962, AHN. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Nestlé Historical Archives, Vevey  . . ...............................................................................................  194 4.12: Freedom of Choice, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/2. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  200

Abbildungsnachweis

4.13: Doorway to Success, Imagewerbung der UAC, o. J. [1952/53], UARM UAC/1/11/20/2. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  4.14: Men of Tomorrow, Imagewerbung der UAC, o. J. [1957 – 60], UARM UAC/1/11/20/6. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  4.15: Kofi and the Lion, Imagewerbung der UAC, UARM UAC/1/11/18/2/18. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .........................  4.16: Joseph’s Holiday Adventure, Streifen Nr. 1 (Montag), UARM UAC/1/11/18/2/18. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  4.17: Werbung für Dunlopillo Matratzen, abgedruckt in: Ghana Times, 29. September 1958, S. 8  .................................................................................  4.18: Werbung für Horlicks Getränkepulver, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Januar 1951, S. 2. © GSK Unternehmensgruppe, Abdruck mit freund­licher Genehmigung von GSK. Horlicks ist als eingetragene Marke bei der GSK Unternehmensgruppe registiert  ...............................  4.19: Werbung für Colgate Zahnpasta, abgedruckt in: Daily Graphic, 6. Januar 1958, S. 6  ..........................................................................................  4.20: Werbung für Lipton’s Tee, abgedruckt in: Daily Graphic, 1. Juli 1958, S. 2. © Unilever, Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  4.21: Werbung für Raleigh Fahrräder, 1958, NA DD/RN/4/2/26. Abdruck mit freund­licher Genehmigung der Nottinghamshire Archives  . . .........  4.22: Werbung für Ovaltine Malzgetränk, abgedruckt in: Ghana Times, 15. Dezember 1958  ..............................................................................................  4.23: Werbung für Dewar’s White Label Scotch Whisky, abgedruckt in: Ghana Times, 14. Januar 1959, S. 4  .. ............................................................  4.24: Werbung für Palmolive Seife, abgedruckt in: Daily Graphic, 19. Juli 1955, S. 10  .............................................................................................  4.25: Werbung für Hercules Fahrräder, abgedruckt in: Daily Graphic, 10. Januar 1954, S. 4  ..........................................................................................  4.26: Werbung für Ford PKWs, abgedruckt in: Daily Graphic, 17. Juli 1956, S. 6  ..............................................................................................  4.27: Imagewerbung der Barclays Bank, abgedruckt in: West Africa, 2. Februar 1963, S. 122  ....................................................................................... 

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Abbildungsnachweis

Kapitel V 5.1: Die ghanaischen Mitarbeiter der Werbedesign-Abteilung von WAP. Accra, o. J. [frühe 1960er Jahre], aus der privaten Sammlung von Peter Brown Wood, Madina, Ghana  .....................................................................  5.2: Werbung für Star Bier, o. J. [1960], UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .........................  5.3: Plakatwerbung für Star Bier in Ghana, o. J. [1960], UARM UAC/2/1/C/8/2/1. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  5.4: Werbung für Star Bier, o. J. [1956 – 1961], UARM UAC/2/1/6/2/1. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .........................  5.5: Bild Nr. 3 und Nr. 4 aus dem Storyboard eines Kino-Werbefilms für Star Bier in Ghana, 11. Dezember 1963, UARM UAC/2/1/B/8/6/1. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .........................  5.6: Screenshot aus dem Film: A Way of Life. Ghana Kumasi Brewery Limited, 1966, UARM. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  . . ....................................................................................................  5.7: Werbung für Ghana Airways, abgedruckt in: West Africa, 12. Januar 1964, S. 34  .. .....................................................................................  5.8: Werbung für Bramso Schnaps, abgedruckt in: Daily Graphic, 6. Juli 1968  .........................................................................................................  5.9: Szene 1 – 4 des Storyboards für eine 30-sekündige Fernsehwerbung für Tango, o. J. [1960er Jahre], UARM UAC/2/1/6/9/3. Abdruck mit freund­licher Genehmigung von Unilever  .................................................. 

297 316 317 319 323 325 336 338 341

Sachregister A Accra Riots  196, 197, 201, 223, 224 Achimota College  88, 252 African and Eastern Trade Corporation, Handelsunternehmen  60, 87, 90 Afrikanisierung  42, 185, 203, 204, 264, 268, 281, 285, 295, 300, 347, 348 Afromedia, Agentur  273 – 280, 284, 293, 299, 339 Alphabetisierung  53, 218, 219 Aneignung  24, 28, 29, 32, 43, 58, 77, 78, 122, 143, 146, 185, 260, 261, 299, 354, 361, 362, 364 Außenwerbung.  Siehe Werbemedien Ausstellungen  190, 192 B Barclays Bank, Geldinstitut  188, 257, 337 Beck’s, Biermarke  248, 314, 319 Bildungsschicht, afrikanische  117 – 124, 135, 136, 142, 143, 149, 151, 153, 185, 221, 222, 228 – 230, 232, 236, 250 – 252, 259, 261, 262, 303, 305, 315, 357 Biographien von Werbefachleuten  295 – 305 Brauereien  325, 328, 329, 331, 332, 360 C CADCO (Central Advertising Company), Agentur  290, 291, 299, 301 Colgate, Zahnpastamarke  236 D Dekolonisation  15 – 17, 32, 153, 156, 158, 363 E Einzelhandel  29, 42, 59, 68 – 71, 74 – 76, 89, 106, 130, 132, 189, 190, 196, 233, 268, 307, 340, 343, 352 F Ford, Automobilhersteller  256

G G. B. Ollivant, Einzelhandelsunternehmen  64, 102 Gender (in Werbebotschaften)  14, 16, 127, 137, 139, 140, 192, 239 – 248 Gillette, Rasierapparatmarke  13, 14, 178, 238 H Highlife, Musikstil  188, 322 – 324 I Iconic Turn.  Siehe Pictorial Turn Imagewerbung  30, 150, 151, 188, 196 – 216, 247, 257, 258, 357, 358, 363 Importhandel  43 – 50, 66 – 72 K Kaufkraft  50 – 56, 66, 71, 72, 88 Kente-Stoff  54, 57, 231, 244, 323, 324, 335 Kingsway Stores, Kaufhauskette  58, 59, 69, 71, 134, 137, 138, 142, 188, 189, 191, 192, 268, 273, 310, 362, 365 Kolynos, Zahnpastamarke  251 Kriegspropaganda  148 – 151 L Lever Brothers, Hersteller von Drogerieartikeln und Lebensmitteln  30, 49, 61, 62, 77, 105, 285, 310 – 312 Linguistic Turn  38 Lintas Export Advertising Services, Agentur  280 – 284 Lipton’s Tea, Teemarke  239 M Makola Market, Marktplatz  59 Marktforschung  72 – 78, 83, 84, 306 – 315 Marmite, Brotaufstrichmarke  236 Mirror Group, Medienunternehmen  225 – 228, 242, 283, 355 Missionaries of modernity  26, 305, 349

398

Mittelschicht, afrikanische.   Siehe Bildungsschicht, afrikanische Mittler, kulturelle  25, 70, 84, 304, 333, 348, 357 N Napado, Agentur  290, 291, 296, 299, 335, 337, 346, 363 Nestlé, Lebensmittelkonzern  34, 134, 180, 182, 193, 234, 297, 339, 359 Niger Company, Handelsunternehmen  48, 49, 60, 61, 79, 92, 93 O Oral History  37 Othering  83, 85, 98, 100, 248, 307, 351 P Palmolive, Seifenmarke  252 Pictorial Turn  38 Preise (für Importwaren)  56 Printwerbung.  Siehe Werbemedien Produktwerbung für –– Bier  248, 312 – 338 –– Fahrräder  128, 136, 174, 176, 179, 188, 212, 216, 229, 252 – 254 –– Gin  178, 261 –– Kakao und Milchgetränke  107, 126, 127, 131, 132, 134, 135, 145, 146, 181, 193, 232, 258 –– Kühlschränke  150 –– Matratzen  231 –– Nähgarn  103 –– Parfüm  142 –– PKWs  148, 233, 256, 337 –– Rasierer  13, 178, 238 –– Reifen  103 –– Schuhcreme  229, 246 –– Scotch  135, 248 –– Seife  252 –– Zahnpasta  145, 236, 251 R Raleigh Bicycles, Fahrradmarke  15, 128, 136, 173 – 176, 179, 192, 212, 216 – 218, 229, 230, 232, 234, 251

Abbildungsnachweis

Research Bureau, Marktforschungsinstitut  308 – 312 S Star Beer, Brauerei  312 – 333 T Tropicana, Agentur  290, 299 U Unilever, Hersteller von Verbrauchsgütern  34, 62, 80 – 84, 105, 132, 193 – 195, 246, 281 – 286, 299, 306 – 311, 332 United Africa Company, Handelsunternehmen  60 – 78 V Verkaufsbusse  106, 107, 193, 353 Visual History  39 W Werbedesign  96, 97, 166 – 173, 284 – 289 Werbefachleute.  Siehe Biographien Werbemedien –– Fernsehen  338, 340 –– Kino  185 – 188 –– Plakat  31, 94, 101 – 104, 173 – 185 –– Radio  338, 340 –– Zeitung  107 – 117, 124 – 148, 248 – 259, 334 – 338 Werbewirkungsforschung  196 – 216 West Africa Publicity  89 – 96 Z Zeitungen –– Accra Herald  108 –– Advertiser’s Weekly  13, 36, 163, 174, 177, 192, 225, 238, 239, 289 –– African Morning Post  110 – 114, 116, 124, 136, 144, 185, 354 –– Ashanti Times  109, 225, 227, 256 –– Daily Graphic  13, 109, 165, 172, 192, 225 – 228, 243, 256, 299, 320, 334 –– Drum  227, 257, 258, 334

Abbildungsnachweis

–– –– –– –– –– ––

Evening News  225, 227, 256 Ghana Times  227, 243 Gold Coast Independent  124 Gold Coast Leader  110, 124 Gold Coast Spectator  110, 124 Gold Coast Times  109, 124

399

–– Gold Coast Truth  110 –– Times of West Africa  110, 111, 113, 114, 124 –– West Africa  228, 257 Zivilisierungsmission  26, 27, 78, 99, 152, 350

INDUSTRIELLE WELT SCHRIF TENREIHE DES ARBEITSKREISES FÜR MODERNE SOZIALGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON ANDREAS ECKERT UND JOACHIM RÜCKERT

EINE AUSWAHL

BD. 86 | FRANK WOLFF NEUE WELTEN IN DER NEUEN WELT

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