Lome, die Hauptstadt der Togokolonie : Ein Kulturbild aus Westafrika

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ScrnrmLung geographischer und kolonialpolitischer Schriften herausgegeben von Uudolf Fitznev.

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Nr. 12.

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Lome, dir Hauptstadt der UzMalame. Ein Aulturbild aus Weslafrika.

Von

Äoidet.

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Wert in.

Verlag von Hermann Paetel. 1898

Preis 80 Pfennig

Au« allen Weltteilen. Deutsch-nationale Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde.

Unabhängige deutsche Aotomalschau.

Rudolf Fjtzner.

^robenummern

Berlin

30,

Hermann Plaetel,

Strrnmkrng geographischer «nd kolonialpolitischer Schriften herausgegeben von

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Ku-olf Fitzner.

Ur. 12. - - - -------. v

Kome, dir H„-"'' drr ToMilme. 2299

Ein Rulturbild aus Westafrika.

Von

K. Seidel.

Merlin. Verlag von Hermann Paetel. 18S8.

I. 6^em Seefahrer, der vor 15 oder 20 Jahren an der Sklavenküste verkehrte, trat damals von der Volta-Mündung bis zum Lagos-Tief stets dasselbe einförmige Bild entgegen. Wenn der Morgennebel sich lichtete, erschien jenseits der ruhe­ los tobenden Brandung — der Kalema — ein flacher, grell schimmernder Strand mit struppigem Buschwerk dahinter, aus dem spärlich verstreut die Schilfdächer ärmlicher Negerhütten hervorlugten. Gelegentlich ward auch die Fahnenstange einer europäischen Faktorei sichtbar oder das Turmkreuz einer Missionskapelle als erste Zeichen weißer Kultur­ arbeit an diesem öden Gestade. Fern am Horizont stieg der Boden leicht hügelig an und bot in den wechselnden Umrissen dieser Höhen dem ermüdeten Auge wenigstens etwas Abwechselung dar. Auch die Kokospalme, die seit Ansang unsers Jahrhunderts nach Oberguinea verpflanzt ist, streckte bereits ihre Fiederkronen gesellig zum Himmel hinaus. Bei dem gleichförmigen Rechtecksbau aller Häuser sah jedoch ein Negerdorf dem andern zum Verwechseln ähnlich. Außerdem lauteten die Angaben der englischen Segelanweisungen meist so nichtssagend und un­ bestimmt, daß aus ihnen nur schwer das Richtige herauszulesen war. Deshalb geschah es nicht selten, daß ein Schiff vor diesem ungastlichen Ufer kostbare Stunden und Tage in nutzlosem Suchen verlor. Noch bei Dr. Nachtigals Besuch der Sklaven­ küste am 5. und 6. Juli 1884 zeigte sich das Ein1'

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Wohnhaus des Laiserl. Landeshauptmanns in Lome

6 sie hier beim Einkauf europäischer Waren nicht die hohen Einfuhrzölle der englischen Goldküstenkolonie zu entrichten hatten, also um vieles billiger in den Besitz der gewünschten Artikel gelangten. Die deutsche Regierung erkannte diese günstigen Ver­ hältnisse sehr bald und führte daher so niedrige Tarifsätze ein, daß Lome den Vorzug vor den bri­ tischen Küstenplätzen behielt. Das hatte zur Folge, daß die Handelszüge die altgewohnten Straßen längs des Volta verließen und bei Kpando abbogen, um über das Gebirge nach Lome zu marschieren. An der Goldküste betrachtete man diesen Umschwung mit dem größten Mißbehagen. Zunächst wurde allen Bewohnern des englischen Gebietes der Ein­ kauf deutscher Waren verboten. Als das noch nicht half, sandte man einen Schwarm von Haussasoldaten und Unterhändlern in das Hinterland der Kittalagune, um mit rücksichtsloser Strenge gegen die „Schmuggler" — so titulierte man unsere Abnehmer — vorzugehen. Es kam wiederholt zu blutigen Zusammenstößen, und mancher Haussasoldat büßte dabei sein Leben ein. Schon in Kpando hielt der frühere Haussa-Unteroffizier Osman Kato, der für diese Bemühungen ein Jahresgehalt von mehr als 1000 Mark bezog, die Lome - Karavanen auf. Da die deutsche Regierung nicht im stände war, gegen solchen Unfug einzuschreiten, so kam es wirk­ lich dahin, daß die Engländer im Jahre 1890 den Verkehr nach Lome ernstlich lahm gelegt hatten. Schädigend für die junge Stadt wirkte auch das deutsch-französische Zollkartel vom 1. Mai 1890, wonach sämtliche Zollsätze in Togo erhöht werden mußten. Sofort erklärte jetzt der Gouverneur der Goldküste den Volta als Zollgrenze und ließ für das englische Gebiet am linken Ufer dieses Flusses

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8 Der größte Vorzug der Stadt besteht jedoch in ihrer geographischen Lage gegenüber den sonstigen Küstenplätzen. Denn Lome besitzt, was Kitta und Klein-Popo und den französischen Strand­ orten abgeht, nämlich eine jederzeit trockene Verbindung mit dem produktiven Hinter­ lande. Die störenden Lagunen mit ihren oft un­ gangbaren, sumpfigen Ufern und den gesundheits­ schädlichen Dünsten fehlen hier gänzlich. Nur hart im Norden der Be-Dörfer zieht sich als flache, etwa 100 Meter breite Thalmulde ein altes La­ gunenbett hin: ..es ist der östlichste Ausläufer des Kitta-Haffes. Über den moorigen Untergrund hat sich längst eine dichte Sandbewehung gelegt, die mit ihrem Anwuchs saurer Gräser — ohne Baum und Strauch — echten Savannencharakter zeigt und nur in der großen Regenzeit knöcheltief mit Wasser überflutet wird. Während der trockenen Monate benutzen die Neger den dürren Lagunen­ boden gern als Fußweg, um den losen, mahlenden Sand am Meere oder den dornigen Uferbusch zu vermeiden. Die von Lome nach Nordwesten füh­ rende Kunststraße hat die Senke ohne besondere Schwierigkeiten überschritten. Dahinter hört plötz­ lich der Saud auf, und man steigt 15 - 20 na bergan zu einem hügeligen Lateritgelände, dessen Südrand einst das alte Meeresufer bildete. Erst allmählich hat die rastlos thätige Brandung den heute V4 Stunden breiten. Alluvialgürtel aufgebaut, wie dies die zahlreichen Überreste von Seetieren, die Muschel­ schalen und Schneckenhäuser, die sich allerorts finden, zur Genüge bezeugen. Der rote, lateritische Lehm der Höhen eignet sich gut zum Ziegelbrennen und wird in Amutive schon zu diesem Zwecke verwandt. Da sich die Baulust in Lome von Jahr zu Jahr

9 steigert, so ist den Backsteinen immer ein schneller Absatz gesichert. Leider sehlt es in Lome und Umgegend gänz­ lich an Bächen und Flüssen. Das Brunnenwasser ist meist etwas salzig, so daß sich die Europäer mit dem unter Dachtraufen gesammelten Regen­ wasser behelfen müssen. In den Be-Dörsern giebt es bereits süßes Wasser, das von den Bewohnern in weilen Thongefäßen aus dem Kops nach Lome zum Verkauf gebracht wird, dort angekommen aber schon recht trüblich und wenig einladend aussieht. Zur Bewässerung der Gärten und Plantagen steht natürlich noch weniger Wasser zur Verfügung; doch bietet dafür der starke Taufall und die feuchte, kühle Seebriese einigermaßen Ersatz. Bei regelrechtem Verlauf der Witterung kann man daher in Lome über schlechtes Wachstum nicht eben klagen. Die Vegetation gedeiht allerorts, wo nur immer gepflanzt wird, selbst auf dem magersten Sandboden, obschon die jährliche Niederschlagsmenge von kaum 700 unu für das ausgesprochene Tropenklima der Stadt viel zu gering ist. Obendrein drängt sich dieser Regen­ fall auf 55—60 Tage zusammen, von denen bei­ nahe zwei Drittel auf die große Regenzeit im April, Mai und Juni und ein Drittel auf die kleine Regenzeit im September und Oktober ent­ fallen. Die übrigen Monate, März und Novem­ ber abgerechnet, gehen fast leer aus. Während des Winters bläst in Togo der staubige Harmattan mit wechselnder Stärke aus der Wüste herab und wirkt bei seiner großen Trockenheit nicht selten schä­ digend auf den Pflanzenwuchs ein. Ist dann noch die wichtige kleine Regenzeit ausgeblieben, wie es z. B. im Jahre 1896 der Fall war, so hält die Dürre 7 bis 8 Monate an, und dadurch verringert

10 sich natürlich der Export der ersten Landesprodukte: Palmöl und Palmkerne ganz bedeutend. Dies hat wieder einen Rückgang in der Einfuhr und damit in den Zollerträgen zur Folge. Aus diesem Zu­ sammenhang erklärt auch der jüngste Bericht der Handelskammer von Klein-Popo und Porto Seguro den schwachen Umsatz für die zweite Hälfte des Ge­ schäftsjahres 1896/97. Dank seiner begünstigten Lage erscheint Lome von vornherein nicht bloß zum ersten Handelsplätze, sondern auch zur Regie­ rungshauptstadt der ganzen Togokolonie be­ rufen. Es hat gegenwärtig die früher vielge­ nannten und lebhaften Strandorte Bagida und Porto Seguro völlig überflügelt und ihren Handel an sich gezogen. Ja es wetteifert schon merklich mit Klein-Popo, dessen räumliche Entwickelung durch seine beengte Lage auf einem schmalen Landstreifen zwischen Meer und Lagune wesentlich beeinträchtigt wird. Lome dagegen besitzt aus allen Seiten freies Feld zu weiterer Ausbreitung. Mit glücklichem, vorschauendem Blick hat schon der Amtsvorfteher Küas die Zukunft Lomes er­ kannt und durch einen vortrefflich entworfenen Be­ bauungsplan das Schicksal der Stadt gleichsam vor­ gezeichnet. Breite, meist rechtwinkelig sich kreuzende Straßen durchziehen das Weichbild und tragen eben­ sowohl zur Förderung der Reinlichkeit und Gesund­ heit, wie zum Schutze wider Feuersgesahr bei, die mit Rücksicht auf die schweren Tropengewitter und die ohnehin leichte Entzündbarkeit der Negerhäuser immer eine sehr große ist. Um das Andenken des verdienstvollen Amts­ vorstehers zu ehren, ist daher im Jahre 1895 eine noch namenlose Straße nach ihm Küasstraße be-

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12 Mutter Gottes" geweiht und dementsprechend bild­ lich geschmückt. Da der Raum nicht mehr genügte, wurde er letzthin durch einen Vorbau vergrößert, so daß jetzt gegen 300 Personen stehend in dem Kirchlein Platz finden; denn Sitzbänke giebt es nicht. Die Mittel- und Kleinschule sür 80—100 Knaben ist in einem Nebengebäude untergebracht, wo außer­ dem die Vorratskammer, die Koch- uno Waschküche, das Bad und die Tischlerei ihre Stätte haben. Im Frühjahr 1897 ist in Lome noch ein Frauenkloster eröffnet und mit süns Schwestern besetzt worden, die sich dem Unterrichte der Negermädchen widmen sollen.*) Ungefähr 300 m westlich der katholischen Mission liegt das deutsche Regierungsgebäude, ein großes, zweistöckiges Haus mit weit vorspringender Veranda im oberen Geschoß. Die Giebelseite schaut zum Meere hin. Der Unterbau hat dunkelgrauen An­ strich; das Dach ist weiß und trägt in der Mitte den hohen Flaggenmast. Außerdem besitzt Lome noch ein neues Beamtenhaus und mehrere ansehn­ liche Privatbauten jüngeren Datums, in denen es sich, wie in dem schmucken Zoll- und Postamts, selbst unter der heißen Sonne Afrikas recht bequem leben und arbeiten läßt. Rechts und links um den Regierungssitz grup­ pieren sich die europäischen Faktoreien, zusammen 12 an der Zahl, darunter 7 deutsche, 3 englische und 2 französische. Die meisten haben in letzter Zeit bei dem erfreulichen Aufblühen des Handels *) Diese Nachrichten Zuschrift, welche der Herr auf meine Bitte eigens für dem Herrn Generalsuperior verpflichtet.

entnehme ich einer sehr ausführlichen Generalsuperior der Steyler Mission mich ausarbeiten ließ. Ich bin daher A. Zanssen zum lebhaftesten Danke

Post- und Zollamt in Lome

14 ihre Warenlager bedeutend vergrößert und die An­ zahl ihrer Verkaufsläden in der Stadt vermehrt. Um die Faktoreien dehnen sich Schmuckanlagen und Gemüsegärten aus, überschattet von hohen, wehenden Palmen oder dichten Laubbäumen. Parallel mit der Strandstraße ziehen sich die Hamburger-, Bremer- und Marktstraße hin, die gleich den übrigen durch Beschüttung mit rotem Lehm «inen festen, jederzeit gangbaren Mitteldamm er­ halten habend Am Schnittpunkte der Amutive-, Be- und Marktstraße liegt der geräumige, zum Teil schon gepflasterte Marktplatz, der — wie die Straßen — reichlich mit Palmen und Feigen bepflanzt ist und voraussichtlich in wenigen Jahren eine Zierde unserer Togohauptstadt sein wird. In der verkehrsreichen Marktstraße haben sich die eingeborenen Kaufleute und die Haussahändler zahlreich niedergelassen und ihre Geschäfte eröffnet. Vor den Läden waren für die Käufer einfache Schutzdächer angebracht, die jedoch vorvoriges Jahr in der ausnahmsweise starken Hauptregenzeit zum größten Teile einfielen. Als Ersatz dafür werden jetzt statt der leichten und dabei gar nicht so billigen Grasdächer weit solidere Vorbauten aus Wellblech aufgestellt, eine Neuerung, die von dem Markt­ publikum mit aufrichtiger Freude begrüßt wird. Inmitten des Marktplatzes erhebt sich ein Pfahl, an dem die auf frischer That ertappten Langfinger nach Landesrecht angebunden und durchgeprügelt werden. Für die vielen auswärtigen Gäste ist solche Prozedur jedenfalls ein recht nützlicher „Anschauungs­ unterricht", um in ihnen etwaige unredliche Gelüste schleunigst zu unterdrücken. Leider find diese bei unseren Schwarzen hervorragend entwickelt und machen weitgehende Schutzmaßregeln nötig. Jede

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sonst^gescheeh^t alles Möglilhe,^ um dl^

16 sorgen, der bei den niedrigen Negerhütten leicht die Glut zu ersticken vermochte. Strenge Vorschriften bestehen sodann über Art und Ort der Begräbnisse. Die alte Unsitte der Schwarzen, ihre Toten im Sterbehause, also mitten in Hof und Dorf, zu beerdigen, wird nicht mehr ge­ stattet. Es ist daher im Osten auf freiem Felde ein großer Kirchhof angelegt und mit der Stadt durch einen guten Weg verbunden. Mindestens ebenso wichtig war die Regelung der öffentlichen Aborte, die zwar in Togo nicht fehlen, in ihrer ursprünglichen Gestalt aber mehr zum Schaden, als zum Nutzen gereichen. Jetzt besteht ferner eine strenge Polizeiaufsicht zum Zwecke der Ordnung und Sauberkeit auf Straßen und Plätzen, die namentlich an den Markttagen leicht verunreinigt werden. Am 6. Mai 1894 erhielt Lome eine Neubestimmung über Lagerung der Vorräte von Pulver und sonstigen Sprengstoffen. Daraufhin wurde 1 km außerhalb, etwa 12 Minuten von der katholischen Mission, an dem Wege nach Bagida ein Pulvermagazin erbaut. Nahe der Seestraße, auf einem Grundstück zwi­ schen Markt- und Bremerstraße, hat sich seit dem Frühjahr 1895 die Norddeutsche Missionsgesellschaft angesiedelt. Einer ihrer eingeborenen Lehrer, Na­ mens Andreas Aku, leitete Schule und Bekeh­ rungswerk und benutzte für fein mühevolles Geschäft ein kleines, selbsterbautes Haus, das anfänglich äußerst primitiv eingerichtet war. Die Wände be­ standen zur Hälfte aus Wellblech, zur Hälfte aus Grasmatten; auch das Dach war aus Wellblech her­ gerichtet. Die beiden Eingänge mußten vorläufig ohne Thüren bleiben; den Fußboden deckte festge­ stampfter und geglätteter Lehm. Es mangelte sogar an Schulbänken und Schultischen; nur ein Glocken-

Markttag in Lome

18 türmchen für die Kirchenglocke war vorhanden. Aber mit Liebe, Eifer und Genügsamkeit hat Mu die erste dornenvolle Zeit überwunden und in Lome eine kleine Gemeinde begründet und Schulkinder um sich versammelt. Mit Rücksicht auf diese gedeihlichen Anfänge erwarb die Norddeutsche Mission bald ein zweites Grundstück und ging an den Bau einer größeren Station, deren Kosten auf 20 000 Mk. ver­ anschlagt wurden. Diese ist inzwischen fertig ge­ stellt und am 28. Februar des vergangenen Jahres feierlich eingeweiht worden. Außer Schule und Kirche ist ein Europäerhaus und eine Wohnung für den einheimischen Lehrer mit den erforderlichen Nebengelassen hergestellt, so daß zwei deutsche Mis­ sionarfamilien und der Gehülfe Aku bequem darin Unterkunft finden. Die Einwohnerschaft Lomes setzt sich aus sehr verschiedenen Elementen zusammen. Neben den weißen Beamten, Offizieren und Missionaren — gegenwärtig etwa 20 an der Zahl — wandeln mohammedanische Haussas geschäftig umher, stets auf Handel und Erwerb bedacht. Zu den orts­ ansässigen Schwarzen, die ursprünglich in dem längst verschwundenen alten Dorf Lome und in den BeDörfern beheimatet waren, kommen noch Anglound Aveno-Leute vom englischen Gebiet, ferner Neger aus Bagida, Popo und Genyi, ja sogar aus Lagos, Accra und Sierra Leone. Dazu treffen fast täglich Fremde im Orte ein, besonders an den Markt­ tagen; denn die Händler aus Gavhe und Game, die Karawanen aus Akposso, Adeli, Gbele, Kebu und Kratschi, die früher bei den sumpfigen und schlech­ ten Wegen lieber in die britische Kolonie trans­ portierten, ziehen jetzt auf der guten, sicheren Kunststraße in stattlicher Zahl zur deutschen Metro-

19 pole hinab, um hier Kauf und Verkauf zu beforgen. Die Umwohner bringen ihren Überschuß an Lebens­ mitteln auf den Lomer Markt, wo sie gute Preise erzielen, vor allem für Mais und Kafsada. Ge­ trocknete und geräucherte Fische werden von Kitta importiert, da auf der deutschen Seite nur wenig Seefischerei betrieben wird. Die Weißen pflegen aber diese präparierten Flossenträger aus leicht er­ klärlichen Gründen „Stinkfische" zu nennen. Von Kitta kommt übrigens auch Salz nach Lome. Doch wird außer diesem grobkörnigen, unreinen Produkt schon seit Jahren europäisches Salz durch die Dampfer hereingebracht. Recht teuer ist in Lome noch immer frisches Fleisch; denn der Viehbestand, vornehmlich an Rin­ dern, hält sich in der ganzen Küstenzone fortgesetzt in zu bescheidenen Grenzen, um der gesteigerten Nach­ frage genügen zu können. Weiter im Innern liegen die Verhältnisse günstiger; allein bei den beschwer­ lichen Märschen durch das wild zerklüftete AgomeGebirge sind Transporte noch nicht an die Küste gelangt. Da obendrein der Viehhandel in Lome — nach einer Notiz der letztjährigen „Denkschriften" — gewissen unberechenbaren Schwankungen zu unter­ liegen scheint, so bringen die Großhändler ihre Be­ stände mit Vorliebe nach dem englischen Accra, wo bei stets regem Begehr die Preise „außerordentlich hoch sind." Da mittlerweile die Straßenverbindung von Lome nach Misahöh nahezu fertig gestellt ist und jetzt ein gangbarer Weg durch die gefürchtete KameSchlucht läuft, so darf man an unserer Küste mit Sicherheit auf einen lebhafteren Zutrieb von Schlacht­ vieh rechnen. Eine lohnende Aufgabe wird es ferner sein, die Ziegen-, Schaf- und Schweinezucht in Togo 2'

Kautschukbällen ist Aufmerksamkeit vonnöten> da der

Handelsleute aus dem Innern der Togokolonie

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Küste, speziell in Lome, 4000 Kauris, in Kete-Kratschi ^ber^ nur^ Kauris, da sich der Preis der

einer fragrmirdchen Marke Hamburger Herkunft/ Es

VerschÄdene^FiMien,^z. B^J. K^Vveto? u^Fr! M. Vietor Söhne in Bremen, Chevalier LCo. in Stuttgart, Chr. Rottmann und R.^ Müller

der Erfolg ist überhäuf nicht M erwarten, wenn stützt, d Denn der Alkohol ruiniert der^ Volkswohl-

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den Verheerungen, die der Schnaps in Westafrika angerichtet hat, schon gelernt haben. Den größten Teil des Kleinverkehrs und be­ sonders das Tauschgeschäft nach dem Innern haben in Lome die Kaussa. an sich gerissen. Sie handeln und schachern mit allem, was vorkommt, und sind dabei im Fordern von ausgesuchter Unverschämtheit. Für Geld geben sie den Hut vom Kopse weg, sofern sich ein Liebhaber findet. Viele laufen von Haus zu Haus und bieten ihre Waren an. Auch in mancherlei Handwerk sind sie geübt; hauptsächlich be­ vorzugen sie das Schmiede- und Schlächtergewerbe. In Lome ist frisches Fleisch nur bei den Moham­ medanern zu haben, die trotz Hitze und Insekten mit ihrem ganzen Kram im Freien ausstehen, kaum von einem primitiven Schutzdach beschattet. Kommt die Gebetsstunde heran, so greifen sie zu ihren langen, schweren Rosenkränzen und lassen Perle um Perle andächtig durch die Finger gleiten. Ihre Feste begehen sie mit großem Pomp und feierlichen Umzügen; doch zeigen sie sich stets maßvoll, ernst und jeder Zügellosigkeit abgeneigt. Sie bewohnen in Lome ein eigenes Viertel, das sich zwischen der Küasstraße im Süden und der Puttkamerstraße im Norden ausdehnt und dem Fremden bald durch die kleinen, bienenkorbähnlichen Hütten auffällt. Für die religiösen Bedürfnisse der Leute sorgt ständig ein Priester, dem nicht selten wandernde Amtsbrüder aus dem Sudan zu Hilfe eilen und den Islam noch weiter ausbreiten. An eine Bekehrung der Haussa ist nicht zu denken; sobald ein Missionar ihre Gehöfte betritt, rennen die Weiber mit den Kindern schreiend davon und verbergen sich im Dunkel der Hütten. Das lebhafte und betriebsame Lome gewährt

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hier, wie in

der Kolonie

1892 besaß die Kokosnuß-Ptantagengesellsc^aft Lome schon damals 27000 Bäume, teils in Saatbeeten, teils ausgepflanzt. Milaiie Olympio hatte

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Zunächst nahm sich I. k! Vietor"^>er Baum36 Ar^dmch Roden des Busses und Aufhacken des

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päischen^Z^osen.

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26 französische mit zusammen 146182 Registertons. Außerdem, ging^ ein deutsches^ Kriegsschiffs de^

27 französische Segler, so daß im ganzen fünf Segler mit 1859 Registertons die Rhede besuchten. Von den drei Dampfern der Wörmann-Linie trifft das am 20. jedes Monats abgehende Schiff erst am 21. des nächsten Monats vor Lome ein. Die beiden folgenden Dampfer vom letzten und 10. jedes Monats berühren Lome nicht, das dafür aber zweimal auf der Heimreise der Schiffe, näm­ lich am 7. und am 25. jedes Monats, angelaufen wird. Die europäische Post erhält die Stadt also nur zum kleinsten Teile direkt; das meiste empfängt sie aus Umwegen, entweder von Klein-Popo oder von Krtta oder von Kotonu. Denn außer den drei deutschen Dampfern bringen auch die drei englischen Schiffe die Postsachen mit und geben sie in Kitta ans Land, und zweimal im Monat besorgen endlich französische Schiffe diesen Dienst und liefern die Post nach Kotonu. Gleich günstig ist die rück­ wärtige Verbindung nach der Heimat. In Lome befindet sich eine der beiden im Schutzgebiet einge­ richteten Postagenturen, für deren Verwaltung der jeweilige Zollbeamte Sorge zu tragen hat. Der Betrieb der Agenturen erstreckt sich auf sämtliche Geschäftszweige der Postanstalten des Mutterlandes; ausgenommen ist nur die Beförderung von Wert­ briefen und Wertpacketen. An jedem Mittwoch und Sonnabend wird mor­ gens 8 Uhr ein uniformierter Postbote von KleinPopo über Porto Seguro und Bagida nach Lome abgefertigt, der die für die Küstenplätze, wie für die englische Überfeepost von Kitta oder Accra nach Liverpool bestimmten Brief- und Kartensendungen mitnimmt und bereits nachmittags 4 Uhr in Lome eintrifft. Er muß also die etwa 40 kna lange Weg­ strecke in 8 Stunden zum großen Teile durch tiefen

28 Sand zurücklegen! Am Donnerstag und Sonntag geht der Bote von Lome mit den dort eingetroffenen Postsachen wieder ab und langt nachmittags in KleinPopo an. Nach dem französischen Aguö wird an jedem Dienstag und Donnerstag eine Post gesandt, die Anschluß an die dort fälligen Dampfer hat; außerdem sendet Aguö einen Postboten nach KleinPopo. Die Beförderung von Lome nach Accra ge­ schieht durch englische Boten. Die Poftagenturen Lome und Klein-Popo sind unter sich, sowie nach Osten mit französisch Dahome und nach Westen mit der englischen Goldküste durch Telegraphenanlagen verbunden, so daß unsere Kolo­ nie und ihre Hauptstadt hinlänglich an das Welttelegraphennetz angeschlossen sind. Überdies besitzt Lome eine Fernsprechleitung nach Klein-Popo und nach Sebbe, die nicht bloß von den Weißen, son­ dern noch mehr von der farbigen Bevölkerung gern und häufig benutzt wird. Das Material für Tele­ phon und Telegraph ist von derselben Art, wie das in Ostafrika verwandte, nämlich ein guter, 4 wurr starker Gußstahldraht für die Leitung und Mannesmannsche Stahlröhren als Leitungsträger. Die mit einem Kostenaufwande von 38675 Mk. hergestellten, mit Morse- und Sprechapparaten ausgerüsteten Tele­ graphenlinien sind heute rund 50 irrn lang. In der Zeit vom 1. Juli 1895 bis 30. Juni 1896 gelangten nach Lome 1314 Depeschen; die Zahl der aufgegeben betrug 1179, und 94 Depeschen wurden im Durchgang bearbeitet. Während dersel­ ben Frist fanden in Lome 668 Ferngespräche statt. Die Post beförderte insgesamt 12023 Briefe, dar­ unter 333 eingeschriebene; 164 Packete kamen in Lome an und 61 gingen hinaus. Endlich wurden

Die katholische Mission in Lome

30 in der Stadt 9 Zeitungen und Zeitschriften mit zu­ sammen 430 Nummern gelesen. Da Lome seit Anfang März vorigen Jahres Hauptstadt der Kolonie geworden ist, so werden wir ohne Frage in den „Denkschriften" für 1896/97 weit höhere Zahlen in allen Rubriken des dortigen Post- und Telegraphenverkehrs entdecken. Was aber der jungen Metropole noch unbedingt fehlt, um sie zu einer dominierenden Stellung in der Kolonie zu erheben, das ist der Bau einer eisernen, weit ins Meer hinausgehenden Lanoungsbrücke! Die hafenarme Küste Oberguineas bietet dem Handel die größten Schwierigkeiten dar; um vor allem die gefürchtete Kalema zu vermeiden, haben deshalb die Franzosen bereits 1894 eine Landungsbrücke bei Kotonu*) erbaut, die sich gut bezahlt macht, so daß man jetzt eine zweite bei Grand-Popo errichten will. Im Westen denken die Engländer stark daran, die Volta-Mündung für größere Fahrzeuge auszutiefen, wodurch sie ohne Zweifel die beste Zugangsstraße nach dem Innern gewinnen würden. Um hinter unseren Nachbarn nicht ganz zurückzubleiben, haben daher Freunde und Kenner Togos schon längst den Plan gefaßt, auch für Lome eine solche Lan­ dungsbrücke ins Dasein zu rufen. Ein Altonaer Unternehmer veranschlagte die Kosten auf 1>/2 Millionen Mark. Diese Mittel wollten Kapitalisten bereitstellen, doch unter der Bedingung, daß sich das Reich zu einer Garantie von 2Vr o/„ oder von ca. 37 000 Mk. jährlich verpflichtete. Aber selbst diesen mäßigen Betrag hat man bereits zweimal aus dem *) Eine Beschreibung der Brücke nach Material, Ausmaßen und Bauart findet der Leser in l^-s