Klimahaftungsklagen. Die Internationale Haftung für die Folgen des Klimawandels: Zugleich eine Untersuchung des Europäischen Zuständigkeitsrechts und des Europäischen Internationalen Privatrechts der Umwelthaftung [1 ed.] 9783428584734, 9783428184736

Die Autorin beleuchtet die internationale privatrechtliche Haftung für die Folgen des Klimawandels und deren gerichtlich

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Klimahaftungsklagen. Die Internationale Haftung für die Folgen des Klimawandels: Zugleich eine Untersuchung des Europäischen Zuständigkeitsrechts und des Europäischen Internationalen Privatrechts der Umwelthaftung [1 ed.]
 9783428584734, 9783428184736

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Schriften zum Internationalen Recht Band 233

Klimahaftungsklagen Die Internationale Haftung für die Folgen des Klimawandels Zugleich eine Untersuchung des Europäischen Zuständigkeitsrechts und des Europäischen Internationalen Privatrechts der Umwelthaftung

Von

Sophie Zeidler

Duncker & Humblot · Berlin

SOPHIE ZEIDLER

Klimahaftungsklagen Die Internationale Haftung für die Folgen des Klimawandels

Schriften zum Internationalen Recht Band 233

Klimahaftungsklagen Die Internationale Haftung für die Folgen des Klimawandels Zugleich eine Untersuchung des Europäischen Zuständigkeitsrechts und des Europäischen Internationalen Privatrechts der Umwelthaftung

Von

Sophie Zeidler

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-18473-6 (Print) ISBN 978-3-428-58473-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2021 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum Sommer 2021 berücksichtigt werden. Mein besonderer und herzlicher Dank gilt meinem verehrten Doktorvater Prof. Dr. Andreas Spickhoff – dafür, dass ich seit nunmehr sechs Jahren einen Platz an seinem Lehrstuhl habe, er zur richtigen Zeit die richtigen Worte gefunden, diese Arbeit gefördert und mich mit Vertrauen und Freiraum ausgestattet hat. Die Zeit an seinem Lehrstuhl war von großer Herzlichkeit, Gemeinschaftlichkeit und Freude geprägt, und ich blicke mit viel Wärme darauf zurück. Prof. Dr. Abbo Junker danke ich für die äußerst zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die kritische Auseinandersetzung mit meiner Arbeit, die mir wertvolle Denkanstöße vermittelt hat. Großer Dank gebührt auch meinen Kollegen und Kolleginnen am Lehrstuhl, vor allem Sarah Göpfert und Theresa Hager – für das schöne Miteinander am und abseits vom Lehrstuhl, die vielen fachlichen und persönlichen Gespräche, die Unterstützung auch in herausfordernden Phasen und dafür, dass aus Kolleginnen Freundinnen wurden. Besonders bedanke ich mich auch bei Jil Windau für die hilfreichen Korrekturen und Anmerkungen, die gemeinsame Zeit im Büro und den bereichernden Gedankenaustausch während der Entstehung dieser Arbeit. Mein herzlicher Dank gilt ferner Azur Coulmas – sie hat diese Arbeit mit wertvollen Anregungen und Verbesserungen inspiriert und bereichert und war mir während des gesamten Entstehungsprozesses eine große Stütze und ein Fels in der Brandung. Vor allem aber war und ist sie immer eine herzensgute und wundervolle Freundin. Von Herzen möchte ich mich auch bei Ann Kathrin Strübing bedanken – für ihre Liebe und Wärme, ihren Humor, Zuspruch und Glauben an mich, die geteilte Freude, die jeden schönen Moment wertvoller gemacht hat, das Mitgefühl und Verständnis, das jeden weniger schönen Moment erträglicher gemacht hat, und dafür, dass sie unser Versprechen zu Beginn des Studiums niemals gebrochen hat. Mein Dank gilt außerdem Clemens Büchner und Julian Dolge, die mit viel Humor die Tiefpunkte in der Entstehungsphase dieser Arbeit als weniger schwerwiegend haben erscheinen lassen. Ein besonderer Dank gilt darüber hinaus Dr. Laura Greimel, die mich in jeder Hinsicht unterstützt und bestärkt hat und von der ich so viel lernen durfte – sie ist nicht nur eine Freundin, sondern auch ein großes Vorbild für mich.

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Vorwort

Schließlich gebührt mehr Dank, als Worte auszudrücken vermögen, meinen Eltern, Andrea Zeidler und Clemens Zeidler, sowie meinem Bruder Maximilian Zeidler – ihre bedingungslose, selbstlose Liebe, Großzügigkeit und Unterstützung sind mein großes Glück. Meine Eltern haben mich stets ermutigt, meinen Weg zu gehen, an mich geglaubt, wenn ich es nicht konnte, gegeben, ohne zu fordern oder aufzurechnen, und alles Erdenkliche möglich gemacht, um die Wünsche und Träume ihrer Kinder zu erfüllen. Ihnen ist diese Arbeit in tiefer Liebe und Dankbarkeit gewidmet. München, im September 2021

Sophie Zeidler

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Richterliche Gewalt als Instrument effektiven Klimaschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gang der Betrachtung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . 28 § 2 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 A. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels nach derzeitigem Stand der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung der wesentlichen Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundlagen der Klimaforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Beobachtete Veränderungen im globalen Klimasystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ursachen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 31 32 34 36 37 45

B. Die Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Staatliche Maßnahmenkonzepte vor dem Hintergrund des Klimawandels . . . 46 II. Allokation klimawandelbedingter Schäden und Verluste . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Rechtliche Einordnung der privatrechtlichen Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . 70 II. Problematik der Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 D. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 § 3 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rolle des Internationalen Zivilprozessrechts im Zusammenhang mit Klimaklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konfligierende Interessen von Klimakläger und -beklagtem . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungsinstrumente des Europäischen Zuständigkeitsrechts . . . . . . . . . . . .

150 150 152 157

B. Die internationale Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel IaVerordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nach Art. 24 Nr. 1 EuGVVO . . . 159 II. Der allgemeine Gerichtsstand nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . 172

8

Inhaltsübersicht III. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO . . . 182 IV. Der Gerichtsstand der Niederlassung nach Art. 7 Nr. 5 EuGVVO . . . . . . . . . . 215 V. Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO . . . . 218 C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

§ 4 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Internationalen Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rolle des Internationalen Privatrechts im Zusammenhang mit Klimahaftung . II. Konfligierende kollisionsrechtliche Interessen der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungsinstrumente des Europäischen Internationalen Privatrechts . . . . . . .

238 238 239 240

B. Das Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . I. Die allgemeine Anknüpfung im Europäischen Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . II. Die Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berücksichtigung von ausländischen Emissionsgrenzwerten und öffentlichrechtlichen Anlagengenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ordre public-Vorbehalt, Art. 26 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 248 254 303 321

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Richterliche Gewalt als Instrument effektiven Klimaschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gang der Betrachtung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . 28 § 2 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 A. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels nach derzeitigem Stand der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Bestimmung der wesentlichen Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Grundlagen der Klimaforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Beobachtete Veränderungen im globalen Klimasystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Ursachen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 V. Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Folgen für Hydrosphäre und Kryosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Der Rückgang der Gletscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Tauen von Permafrostböden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 c) Rückzug des polaren Meereises und Zerfall der Eisschilde . . . . . . . . . . 41 d) Auswirkungen auf die Ozeane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Wetterextreme und deren Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 B. Die Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Staatliche Maßnahmenkonzepte vor dem Hintergrund des Klimawandels . . . 46 1. Bestimmung der wesentlichen Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Rechtliche Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Völkerrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . 48 bb) Das Kyoto-Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 cc) Das Pariser Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Unionsrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 aa) Rechtsquellen des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 bb) Das Europäische Emissionshandelssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

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Inhaltsverzeichnis c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 II. Allokation klimawandelbedingter Schäden und Verluste . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Zuweisung von Lasten an die allgemein vom Klimawandel Begünstigten 2. Zuweisung von Lasten an die von Anpassungsmaßnahmen Begünstigten

55 56

3. Zuweisung der Lasten an die Staatengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Bestandsaufnahme im Völker- und Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4. Zuweisung der Lasten an Großemittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Bestimmung der verantwortlichen Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Emission von Treibhausgasen als sozialadäquate, von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckte Verhaltensweise . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Fehlende Quantifizierbarkeit der auf den Einzelnen entfallenden Emissionsmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Ausschluss von Kleinstemittenten aufgrund von Praktikabilitätserwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 dd) Fokussierung auf Carbon Mayors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Vorteile des Emitters-pay-Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Rechtliche Umsetzung des Emitters-pay-Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Rechtliche Einordnung der privatrechtlichen Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Anspruchsziele der privatrechtlichen Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Grundlegende Differenzierung nach repressiven und präventiven Anspruchszielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Rechtliche Zuordnung der relevanten Gefahr-, Verletzungs- und Schadensszenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Repressives Anspruchsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 cc) Präventives Anspruchsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Exemplarische Klimaklagen zur Verdeutlichung der Anspruchsziele der Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Vorbemerkung zu Besonderheiten von Klimaklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Connecticut v. American Electric Power Co., Inc. . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Native Village of Kivalina v. ExxonMobil, Corp. . . . . . . . . . . . . . . . 76 dd) Comer v. Murphy Oil USA, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 ee) City & Country of Honolulu v. Sunoco LP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 ff) Luciano Lliuya v. RWE AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Rechtsordnungsübergreifende Haftungselemente im Kontext der Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Grundstruktur einer deliktischen Haftungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Inhaltsverzeichnis

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b) Schutzbereich der Haftungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Verschuldenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Gefährdungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 d) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 II. Problematik der Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Justiziabilität von Klimafragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Bewertung der Justiziabilität in den Vereinigten Staaten von Amerika 90 aa) Political-Question-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Sperrwirkung des regulatorischen Klimaschutzrechts . . . . . . . . . . . 92 b) Bewertung der Justiziabilität außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Rechtliche Bewertung und eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Schutzbereich des Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Schutzbereich des US-amerikanischen Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 99 b) Schutzbereich des deutschen Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Schutzbereich des französischen Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 d) Folgen für die internationale Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Bedeutung des regulatorischen Klimaschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Allgemeine Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Interessensphären der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Gesamtgesellschaftlicher Nutzen der emissionsverursachenden Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 cc) Vorhersehbarkeit der (drohenden) Schäden für die Emittenten . . . . 111 (1) Maßgeblicher Zeitpunkt der Kenntnis und Vorhersehbarkeit auf Seiten der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Reichweite der Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 dd) Erheblichkeit und Vermeidbarkeit der Emissionen und (drohenden) Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Erheblichkeit der Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Vermeidbarkeit der klimawandelbedingten Gefahren und Schäden durch die Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Problemkreise im Rahmen der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Vielzahl von Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Anthropogener Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

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Inhaltsverzeichnis (2) Natürliche Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (3) Verstärkungs- und Rückkopplungseffekte sowie Kipppunkte . . . 122 (4) Wiederaufnahme von Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Vielzahl von Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (2) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (a) Kumulative und alternative Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Abschwächung der Anforderungen an die Individualisierung der Kausalitätsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (c) Market-share-liability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Beweisrechtliche Anforderungen an die Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Behauptungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (1) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (2) Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Beweismaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (1) Regelbeweismaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (b) Anwendung auf die Kausalität im Rahmen der Klimahaftung 139 (2) Beweismaßabsenkungen und Beweiserleichterungen . . . . . . . . . 141 (a) Partielle Beweismaßabsenkung für die Kausalität in Klimahaftungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (b) Anscheinsbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Totalreparation und Proportionalhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Gesamt- und Teilschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 D. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

§ 3 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I. Rolle des Internationalen Zivilprozessrechts im Zusammenhang mit Klimaklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Konfligierende Interessen von Klimakläger und -beklagtem . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Interessen des Klimahaftungsklägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Interessen des Klimahaftungsbeklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Gleichgerichtete Interessen der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Inhaltsverzeichnis

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III. Regelungsinstrumente des Europäischen Zuständigkeitsrechts . . . . . . . . . . . . 157 B. Die internationale Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel IaVerordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nach Art. 24 Nr. 1 EuGVVO . . . 159 1. Grundlegung zu Art. 24 Nr. 1 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Immissionsabwehrklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Entscheidung Temelín des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Deliktische Qualifikation der grenzüberschreitenden Immissionsabwehrklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (1) Begründung des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Weitere Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Bedeutung der Entscheidung Temelín für klimawandelbezogene Immissionsabwehrklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Der allgemeine Gerichtsstand nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO als Anwendungs- und Kompetenznorm . . . . . . . . . 172 2. Bestimmung von Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Bedeutung und Konsequenzen der alternativen Anknüpfungsmöglichkeiten der Sitzbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Rechtsträgerprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Relevanz des allgemeinen Gerichtsstands im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Umfassende gerichtliche Kognitionsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Vorhersehbarkeit und Vertrautheit für den Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Darlegungs- und Beweisanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Einschränkung der Klagemöglichkeit am allgemeinen Gerichtsstand? . . . . 179 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Begrenzung der umfassenden Kognitionsbefugnis durch Kausalitätsvorbehalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO . . . 182 1. Normzweck und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Die unerlaubte Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Begriff der unerlaubten Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Darlegungs- und Beweisanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

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Inhaltsverzeichnis 3. Ort des schädigenden Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Ubiquitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Handlungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Naturalistische Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Erweiternde Einbeziehung normativer Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (1) Vergleich mit Pressedelikten als Musterbeispiel für Streudelikte 193 (2) Übertragung auf Klimahaftungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (3) Fehlende Wertungsparallelität zu „klassischen“ Fällen der Menschenrechtsverletzung durch Unternehmen . . . . . . . . . . . . . 196 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Erfolgsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Grundlegung zur Bestimmung des Erfolgsorts . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Bestimmung des Erfolgsorts bei Klimahaftungsklagen . . . . . . . . . . 199 (1) Auslegungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (2) Erfolgsort bei klimawandelbedingten reinen Umweltschädigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (a) Materiellrechtliche Einschränkung auf Ebene der Zuständigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (b) Parallele Auslegung zu dem Erfolgsort nach Art. 7 Rom IIVerordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (3) Erfolgsort bei klimawandelbedingten Individualschädigungen 204 (4) Erfolgsort bei klimawandelbedingten Vermögensschäden . . . . . 206 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 cc) Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung am Erfolgsort? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (1) Mosaikbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (2) Weitere Einschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (a) Kausalitätsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (b) Vorhersehbarkeitsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (c) Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Rechtsgutsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (3) Ablehnung einer weiteren Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 IV. Der Gerichtsstand der Niederlassung nach Art. 7 Nr. 5 EuGVVO . . . . . . . . . . 215 1. Grundlegung zu Art. 7 Nr. 5 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Bedeutung des Art. 7 Nr. 5 EuGVVO im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 V. Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO . . . . 218 1. Grundlegung zu Art. 8 Nr. 1 EuGVVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Inhaltsverzeichnis

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b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 c) Konnexitätserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 d) Ausschluss der rechtsmissbräuchlichen Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . 225 aa) Eigenschaften der Ankerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Allgemeiner Missbrauchsvorbehalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes unter der Brüssel Ia-Verordnung? 227 a) Erweiterung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Einführung einheitlicher kollektiver Klageinstrumente? . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Vorteile des kollektiven Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Rechtliche Bestandsaufnahme auf unions- und mitgliedstaatlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 cc) Einführung eines unionsrechtlichen kollektiven Klageinstruments für Umwelthaftungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 § 4 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Internationalen Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 I. Rolle des Internationalen Privatrechts im Zusammenhang mit Klimahaftung 238 II. Konfligierende kollisionsrechtliche Interessen der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . 239 III. Regelungsinstrumente des Europäischen Internationalen Privatrechts . . . . . . . 240 1. Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 a) Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Auslegung der Art. 31, 32 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 bb) Zeitliche Anwendbarkeit der Rom II-Verordnung auf Klimahaftungsfälle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (1) Auslegung des Begriffs des schädigenden Verhaltens im Zusammenhang mit Klimahaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 (2) Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (3) Faktische Schwierigkeiten im Hinblick auf die Vereinzelung der Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Räumlich-persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 245 2. Autonomes nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

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Inhaltsverzeichnis B. Das Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . 247 I. Die allgemeine Anknüpfung im Europäischen Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Grundsätzliche Möglichkeiten der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Anknüpfung an den Handlungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Anknüpfung an den Erfolgsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 c) Ubiquitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Die allgemeine deliktische Kollisionsnorm des Art. 4 Rom II-Verordnung 251 a) Grundsätzliche Anknüpfung an das Recht des Erfolgsorts nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Möglichkeiten der Auflockerung der Anknüpfung an den Erfolgsort nach Art. 4 Abs. 2, 3 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 aa) Art. 4 Abs. 2 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 bb) Art. 4 Abs. 3 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 II. Die Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Reine Umweltschädigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Verordnungsautonome Definition des Begriffs der Umweltschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 bb) Einfluss der Umwelthaftungsrichtlinie auf die Bestimmung des Begriffs der Umweltschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (1) Konkretisierung anhand von Art. 2 UHRL . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (2) Keine Beschränkung der Umweltschädigung auf berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (3) Ablehnung des Kriteriums der Erheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 260 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Umweltschädigung in Klimahaftungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (1) Klimawandel per se als Umweltschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (2) Sekundäre Umweltschädigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand aufgrund von Umweltschädigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Zivilrechtliche Einordnung von Erstattungsansprüchen der öffentlichen Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 bb) Differenzierung nach Art und Weise des Tätigwerdens der öffentlichen Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Aus einer Umweltschädigung herrührender Personen- oder Sachschaden 268 aa) Erfassung von Vermögensschäden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

Inhaltsverzeichnis

17

bb) Ausgestaltung des Kausalzusammenhangs zwischen Umweltschädigung und Schädigung an Individualrechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (1) Erfordernis eines ökologischen Schadens? . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (2) Anforderungen an die Kausalitätsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . 271 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Ubiquitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 a) Erfolgs- und Handlungsort als maßgebliche Anknüpfungspunkte . . . . . 273 aa) Grundlagen der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 bb) Auslegung von Handlungs- und Erfolgsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (1) Erfolgsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (2) Handlungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 b) Legitimation des Ubiquitätsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 c) Kritik am Ubiquitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 aa) Keine Notwendigkeit einer eigenständigen Kollisionsnorm . . . . . . . 279 bb) Benachteiligung des ausländischen Schädigers gegenüber dem inländischen Schädiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 cc) Ungerechtfertigte Beschränkung des Ubiquitätsprinzips auf den Bereich der Umweltschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 dd) Ubiquitätsprinzip als ungeeignetes Mittel zur Stärkung des Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 ee) Wertungsneutralität des Internationalen Privatrechts? . . . . . . . . . . . 283 ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 3. Optionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 a) Rechtsnatur des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 aa) Streit um die Rechtsnatur des Optionsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 bb) Übertragung des Meinungsstands zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB? 287 cc) Systematische Stellung von Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung . . . . . 288 dd) Wirkungen einer ausgeübten Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 ee) Rechtszersplitterung durch prozessuale Einordnung . . . . . . . . . . . . . 289 ff) Interessen des Schädigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 b) Ausübungsmodalitäten des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 aa) Vornahme des Günstigkeitsvergleichs durch den Geschädigten . . . . 291 bb) Unteilbarkeit des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 cc) Unwiderruflichkeit des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 (1) Grundsatz: Unwiderruflichkeit eines ausgeübten Optionsrechts 293 (2) Konkretisierung der Anforderungen an die Ausübungserklärung 294 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

18

Inhaltsverzeichnis dd) Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (1) Kritische Würdigung der den Mitgliedstaaten eingeräumten Regelungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (2) Umsetzung im deutschen internationalen Privatrecht: Art. 46a EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 (a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 (b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4. Einschränkung der Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts? . . . . . . . . . . 298 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Einschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 aa) Mosaiktheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 bb) Vorhersehbarkeitsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (1) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (2) Vergleichbarkeit der Interessenlagen von Produzenten und Großemittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 cc) Art. 17 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 III. Berücksichtigung von ausländischen Emissionsgrenzwerten und öffentlichrechtlichen Anlagengenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Emissionsgrenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Relevante Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 b) Lösung über Art. 17 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 aa) Sicherheits- und Verhaltensregeln i. S. v. Art. 17 Rom II-Verordnung 305 bb) Faktische und angemessene Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 2. Öffentlich-rechtliche Anlagengenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 aa) Anlagengenehmigungen als Ergebnis exekutiver Interessenabwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 bb) Wirkung von Anlagengenehmigungen vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 cc) Grenzen der Verweisung nach der Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . 309 b) Relevante Sachverhaltskonstellationen und Lösungsansätze . . . . . . . . . . 310 aa) Inländischer Handlungsort und Anwendung des ausländischen Erfolgsortsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 bb) Ausländischer Handlungsort und Anwendung des ausländischen Handlungsortsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 cc) Handlung im Ausland und Anwendung des inländischen Erfolgsortsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 (1) Unbeachtlichkeit ausländischer Genehmigungen aufgrund des Territorialitätsprinzips? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Inhaltsverzeichnis

19

(2) Unionsrechtliche Anerkennungspflicht nach der EuGH-Entscheidung Temelín II? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 (3) Art. 17 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 (a) Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 (b) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 (c) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 (d) Modifizierte Anwendung des Art. 17 Rom II-Verordnung unter Einbeziehung wertender Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 316 (e) Rechtliche Wirkung einer berücksichtigungsfähigen Anlagengenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 IV. Ordre public-Vorbehalt, Art. 26 Rom II-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

Abkürzungsverzeichnis 2nd Cir. 5th Cir. a. A. Abb. ABl. EG ABl. EU Abs. AcP a. E. AEUV a. F. AG AGB Alt. Am. J. Comp. L. Art. Aufl. Az. BB BeckOGK BeckOK Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BImschG Brüssel Ia-VO

United States Court of Appeals for the Second Circuit United States Court of Appeals for the Fifth Circuit anderer Ansicht Abbildung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternative The American Journal of Comparative Law Artikel Auflage Aktenzeichen Betriebs-Berater Beck-Online Großkommentar Beck-Online Kommentar Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundes-Immissionsschutzgesetz Europäische Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen BT-Drucks. Drucksachen des Deutschen Bundestages bzw. beziehungsweise C Celsius CA Court of Appeals CCLR Carbon & Climate Law Review CCZ Corporate Compliance Zeitschrift Cir. Circuit cm Zentimeter Co. Company Colum. J. Envtl. L. Columbia Journal of Environmental Law COM Commission

Abkürzungsverzeichnis Corp. DAR DB ders. d. h. dies. DVBl. DZWIR EG EGBGB endg. EnWZ EPA et al. EU EuErbVO EuGH EuGrCh EuGVVO EUV EuZPR EuZVR EuZW f. FamFG FamRZ Festschr. ff. F. Supp. G GbR Gedächtnisschr. gem. Geo L.J. GG ggf. GPR GRUR GVRZ Harv. Law Rev. h. M. Hrsg. Hs. i. d. F. Inc.

21

Corporation Deutsches Autorecht Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe, dieselben Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch endgültig Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Environmental Protection Agency und andere Europäische Union Europäische Erbrechtsverordnung Europäischer Gerichtshof Grundrechtecharta der Europäischen Union Europäische Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Vertrag über die Europäische Union Europäisches Zivilprozessrecht Europäisches Zivilverfahrensrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht folgende/für Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Festschrift fortfolgende Federal Supplement Gesetz Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gedächtnisschrift gemäß Georgetown Law Journal Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht Harvard Law Review herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz in der Fassung Incorporated

22 Insolvenz-VO IPCC IPR IPRax i. S. d. i. S. v. i. V. m. IZPR IZVR JA JBl JbUmTR JETL J. Land Use & Envtl. L. Kap. KOM KSG LG lit. m. Anm. m. Bespr. MüKo m. w. N. Nat. Geosci. N.D. Cal. n. F. NJ NJOZ NJW NJW-Beil. NJW-RR No. Nr. NVwZ NVZ NZG OLG PA PK RabelsZ Rdnr(n). RIW RL Rom I-VO

Abkürzungsverzeichnis Europäische Verordnung über Insolvenzverfahren Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen der Vereinten Nationen) Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht Juristische Arbeitsblätter Juristische Blätter Jahrbuch für Umwelt- und Technikrecht Journal of European Tort Law UCLA Journal of Land Use & Environmental Law Kapitel Kommission Bundes-Klimaschutzgesetz Landgericht litera, literae mit Anmerkung mit Besprechung Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Nature Geoscience United States District Court for the Northern District of California neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Beilage NJW-Rechtsprechungs-Report Nummer Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Pariser Abkommen Praxiskommentar Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Randnummer(n) Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Europäische Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht

Abkürzungsverzeichnis Rom II-VO

23

Europäische Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung RWE Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke RZ Österreichische Richterzeitung s. siehe S. Ct. Supreme Court S.D. Miss. United States District Court for the Southern District of Mississippi S.D.N.Y. United States District Court for the Southern District of New York Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sog. sogenannte(s) st. Rspr. ständige Rechtsprechung u. a. unter anderem UA. Unterabsatz UCLA J. Envtl. L. UCLA Journal of Environmental Law and Policy & Pol’y UHRL Umwelthaftungsrichtlinie UmweltHG Umwelthaftungsgesetz UN United Nations UNCHE United Nations Conference on the Human Environment (Weltumweltkonferenz) UNEP United Nations Environment Programme UNFCC United Nations Framework Convention on Climate Change (Klimawandelrahmenkonvention der Vereinten Nationen) U. Pa. L. Rev. University of Pennsylvania Law Review Urt. Urteil US United States USA United States of America USchadG Umweltschadensgesetz v. versus/von v. a. vor allem VersR Versicherungsrecht vgl. vergleiche VO Verordnung Vol. Volume WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen WHG Wasserhaushaltsgesetz WuW Wirtschaft und Wettbewerb ZaÖRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht z. B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfRV Zeitschrift für Rechtsvergleichung [IPR und Europarecht] (Wien) ZfU Zeitschrift für Umweltrecht ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

24 ZivilR ZPO ZR ZRP z. T. ZUR ZVglRWiss ZZP

Abkürzungsverzeichnis Zivilrecht Zivilprozessordnung Zivilrecht Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift für Umweltrecht Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

§ 1 Einleitung A. Richterliche Gewalt als Instrument effektiven Klimaschutzes? Der Klimawandel ist allgegenwärtig. Kaum ein Jahr vergeht, in dem die Welt nicht von Naturkatastrophen und Wetterextremen heimgesucht wird;1 man denke in den letzten Jahren nur an die Waldbrände im Regenwald des Amazonas, in Australien und Kalifornien, Überflutungen und Wirbelstürme in Südostasien und in den USA, Hitzewellen und Dürren in Europa. Der Klimawandel wirkt in den Nachrichten mit oft mächtiger Bildersprache und ist Gegenstand der gesellschaftlichen Diskussion, wenn auch – in einer schnelllebigen Welt – meist nur über einen kurzen Zeitraum. Auch Initiativen wie Fridays for Future2, Extinction Rebellion3 und weitere Klimaschutzbewegungen und Großdemonstrationen haben bei einer Vielzahl von Menschen ein ökologisches Bewusstsein geschaffen oder ein schon bestehendes Bewusstsein geschärft.4 Auch die Politik reagiert auf diesen „grünen Aufschwung“ in der Bevölkerung: so hat der Deutsche Bundestag ein zum 18. Dezember 2019 in Kraft getretenes Kli-

1 Ein unmittelbarer, monokausaler Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und auftretenden Extremwetterereignissen ist nicht eindeutig nachweisbar; jedoch begünstigt der Klimawandel die Umweltbedingungen für bestimmte Wetterphänomene und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser, vgl. IPCC, The Physical Science Basis, S. 916 f., 956; siehe dazu ausführlich § 2 A. V. 2. 2 Fridays for Future steht für eine Klimaschutzinitiative ausgehend von vorwiegend SchülerInnen und Studierenden um die schwedische Initiatorin Greta Thunberg, die jeden Freitag, anstatt die Schule oder Universität zu besuchen, für mehr politischen Einsatz gegen den Klimawandel demonstrieren, siehe dazu (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 3 Extinction Rebellion bezeichnet eine Klimaschutzbewegung, die mit Mitteln des zivilen Ungehorsams ein entschlosseneres Handeln der staatlichen Regierungen zur Eindämmung des Klimawandels herbeiführen möchte, siehe dazu (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 4 Siehe dazu etwa die EuropaTrend-Vorwahlumfrage des Ersten Deutschen Fernsehens zur Wahl des Europäischen Parlaments im Jahre 2019, bei welcher 48 Prozent der befragten Deutschen – das entsprach einem Zuwachs von 28 Prozent gegenüber der Vorwahlumfrage 2014 – Umwelt- und Klimaschutz als das wichtigste Thema des Wahlkampfs betrachteten, abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021).

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§ 1 Einleitung

maschutzgesetz5 verabschiedet, mit welchem die Klimaschutzziele Deutschlands, u. a. die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren,6 verbindlich in nationales Recht festgeschrieben wurden. Die Europäische Kommission hat unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 den europäischen Grünen Deal vorgestellt: die Europäische Union soll bis 2050 der erste emissionsneutrale Kontinent werden.7 Über die Exekutive und Legislative hinaus erlangt der Klimawandel zunehmend auch Bedeutung für die Staatsgewalt der Judikative und ist Gegenstand sogenannter Klimaklagen.8 In den Vereinigten Staaten von Amerika schon länger als climate change litigation bekannt, war dieses rechtliche Phänomen im europäischen Rechtsraum bislang nicht allzu oft anzutreffen.9 Mittlerweile sind Klimaklagen weltweit und somit auch in Europa auf dem Vormarsch.10 Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sich auf Klägerseite meist natürliche Personen11, Unternehmen12, Verbände13, oder Staaten14 befinden, welche selbst in besonderer Weise durch negative

5 Gesetz zur Einführung eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften (Bundes-Klimaschutzgesetz – KSG) vom 12. Dezember 2019 i. d. F. der Bekanntmachung vom 17. Dezember 2019, BGBl. I S. 2513; siehe dazu Klinski/Scharlau et al., NVwZ 2020, 1; Saurer, NUR 2020, 433; Ziehm, ZUR 2020, 129. Das Gesetz wurde zwischenzeitlich vom Bundesverfassungsgericht für teilweise verfassungswidrig erklärt; so sei es insoweit mit Grundrechten unvereinbar, als hinreichende Maßgaben für die Emissionsreduktion nach dem Jahr 2030 fehlten, BVerfG, Beschl. v. 24. März 2021, Az. 1 BvR 2656/18, 1 BvR 96/ 20, 1 BvR 78/20, 1 BvR 288/20; siehe dazu auch Faßbender, NJW 2021, 2085; Frenz, EnWZ 2021, 201; Schlacke, NVwZ 2021, 912; Wagner, NJW 2021, 2256, 2257 – 2261. 6 § 3 Abs. 1 KSG. 7 COM(2019) 640 final; siehe weiterführend für einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzrechts auf europäischer Ebene Falke, ZUR 2021, 186. 8 Mit den Begriffen „Klimaklage“, „Klimahaftungsklage“ oder „Klimawandelklage“ wird im Rahmen dieser Untersuchung ein Rechtsstreit bezeichnet, der vor einem staatlichen Gericht ausgetragen wird und ein klimarelevantes Verhalten einer natürlichen oder juristischen Person oder eines Trägers von Hoheitsgewalt zum Verfahrensgegenstand hat. Soweit vereinfachend von dem „Verhalten“ eines Trägers von Hoheitsgewalt oder einer juristischen Person gesprochen wird, ist diese Formulierung als Bezugnahme auf das zurechenbare Verhalten von deren Organen i. S. v. natürlichen Personen zu verstehen. Vgl. zum Ganzen auch die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten von Klimaklagen gegen Staat und Unternehmen in Deutschland vom 3. August 2016, Az. WD 7 – 3000 – 116/16, S. 4 – 7. 9 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9. 10 Siehe vor diesem Hintergrund die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten von Klimaklagen gegen Staat und Unternehmen in Deutschland vom 3. August 2016, Az. WD 7 – 3000 – 116/16. 11 Siehe dazu das Verfahren Luciano Lliuya v. RWE AG. 12 Siehe dazu das Verfahren Pacific Coast Federation of Fishermen’s Associations, Inc. v. Chevron Corp. 13 Siehe dazu das Verfahren De Staat Der Nederlanden v. Stichting Urgenda.

A. Richterliche Gewalt als Instrument effektiven Klimaschutzes?

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Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind oder für die Betroffenen auftreten und deren vermeintliche Rechte wahrnehmen. Auf Beklagtenseite stehen ihnen Träger von Hoheitsgewalt oder Unternehmen gegenüber,15 die sich über den Vorwurf eines klimaschädlichen Verhaltens, d. h. eines Handelns oder Unterlassens, welches in negativer Weise zum Klimawandel beiträgt, vereinen. Ziel der Kläger einer Klimaklage gegen die öffentliche Gewalt ist in der Regel eine Verpflichtung der Verantwortlichen zu einem Handeln in Richtung von mehr Klimaschutz oder Klimaanpassung16, zu einem Unterlassen bestimmter klimaschädlicher Maßnahmen oder zu verstärkter finanzieller Unterstützung stark betroffener Staaten.17 Ein exemplarisches Verfahren aus dem europäischen Rechtsraum ist die Klage der Klimaschutzinitiative Urgenda gegen die Niederlande, durch welche die niederländische Regierung zu einer Reduktion von Treibhausgasemissionen um 25 Prozent bis 2020 verpflichtet wurde.18 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen jedoch diejenigen Klimaklagen näher beleuchtet werden, die sich auf dem Gebiet des Privatrechts bewegen, näher Klimaklagen gegen private Unternehmen.19 Der hierzulande wohl bekannteste klimawandelbezogene Rechtsstreit zwischen Privaten ist die Klage des peruanischen Bauers Saùl Luciano Lliuya gegen den deutschen Energieversorger RWE AG. Der Kläger Luciano Lliuya begehrt von der Beklagten, 0,47 Prozent der Kosten für geeignete Vorrichtungen zum Schutz seines Eigentums vor einer Flut aus dem oberhalb seines Heimatdorfes liegenden Gletschersees, dessen Wasserstand infolge des klimawandelbedingten Abschmelzens des Gletschers stetig ansteigt, zu tragen. Die Angabe von 0,47 Prozent entspricht nach Ansicht des Klägers dem Anteil der RWE AG an den weltweiten Treibhausgasemissionen, welche als Hauptursache für den Klimawandel gelten.20 Die in diesem Kontext auftretenden, noch näher zu 14

Siehe dazu das Verfahren United States of America v. Hercules, LLC; siehe weiterführend zu einer Untersuchung der staatsrechtlichen Verantwortlichkeit von Deutschland und der Europäischen Union für den Klimawandel Böhm, Staatsklimahaftung. 15 Maljean-Dubois, in: Wolfrum, Oxford Public International Law, Climate Change Litigation Rdnr. 5; Simlinger/Mayer, in: Mechler et al., Loss and Damage, S. 179, 180; vgl. zu den verschiedenen Konstellationen von Klimaklagen auch Brunnée/Goldberg/Lord/Rajamani, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 27 – 30; Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 128 – 139 (2007). 16 Siehe zu dieser Terminologie ausführlich § 2 B. I. 1. 17 Maljean-Dubois, in: Wolfrum, Oxford Public International Law, Climate Change Litigation Rdnr. 5. 18 Gerechtshof Den Haag, Urt. v. 9. Oktober 2018, Az. 200.178.245/01, ECLI:NL: GHDHA:2018:2591, siehe dazu auch Van der Veen/De Graaf, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 363, 365 – 371; Graser, ZUR 2019, 271; Saurer/Purnhagen, ZUR 2016, 16; Wagner, NJW 2021, 2256, 2256 – 2258; Wegener, ZUR 2019, 3; Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 589 – 591. 19 Soweit nicht ausdrücklich oder dem Kontext nach auf andere Rechtsgebiete und deren Gerichte rekurriert wird, sind im Fortgang unter den Termini Klimaklage, Klimahaftungsklage und Klimawandelklage allein privatrechtliche Streitigkeiten vor Zivilgerichten zu verstehen. 20 Siehe dazu ausführlich § 2 A. IV.

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§ 1 Einleitung

konkretisierenden Rechtsfragen werden zum Anlass genommen, die internationale Haftung Privater für die Folgen des Klimawandels näher zu betrachten.

B. Gang der Betrachtung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands Die vorliegende Untersuchung soll, auf dem bisherigen wissenschaftlichen Stand der juristischen Erkenntnis aufbauend, die privatrechtliche Klimahaftung anhand rechtsordnungsübergreifender Haftungselemente sowie aus der Perspektive des Europäischen Zuständigkeitsrechts und des Europäischen Internationalen Privatrechts betrachten. Ziel ist zugleich eine induktive Erörterung der Internationalen Umwelthaftung im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit und das anwendbare Recht. Auf Ebene des Sachrechts wird eine bewusst nur kursorische und überblicksartige, rechtsordnungsübergreifende Analyse der Klimahaftung, d. h. eine Fokussierung auf die einer privatrechtlichen Haftung allgemein immanenten Elemente, vorgenommen.21 Soweit erforderlich, ist jedoch auf die Dogmatik des deutschen Rechts zu rekurrieren. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der internationalen Einordnung der Klimahaftung im Rechtsraum der Europäischen Union, nämlich im Europäischen Zuständigkeits- und Internationalen Privatrecht. Diese Darstellung bezweckt zugleich die Gewinnung allgemeiner Erkenntnisse hinsichtlich der Internationalen Umwelthaftung und der Anpassungsfähigkeit der unionalen rechtlichen Instrumente im Falle grenzüberschreitender, innovativer Rechtsphänomene. Begleitet wird die Untersuchung stets von der Frage, inwieweit das private Haftungsrecht überhaupt ein effektives Mittel zur Erreichung von Klimaschutz sein kann. Entsprechend dieser Zielsetzung gliedert sich die vorliegende Arbeit. Zunächst erfolgt eine Analyse der Klimahaftung auf Ebene des Sachrechts (§ 2). Dabei werden die möglichen Anknüpfungspunkte einer Klimahaftung nach naturwissenschaftlicher Erläuterung der Ursachen und Folgen des Klimawandels diskutiert. Es folgt die Untersuchung der Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Klimahaftung unter Vornahme einer rechtlichen Bestandsaufnahme und Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Allokationskonzepte von Klimaschäden und -verlusten. Schließlich wird die privatrechtliche Klimahaftung im nationalen Rechtssystem verortet und es werden die mit einer solchen Haftung verbundenen faktischen und rechtlichen Probleme dargestellt. Im weiteren Verlauf richtet sich der Fokus auf die Internationale Umwelt- und Klimahaftung aus Sicht des Europäischen Zuständigkeitsrechts (§ 3). An dieser Stelle werden die einzelnen in Betracht kommenden 21 Siehe für eine umfassende rechtsvergleichende Analyse der privatrechtlichen Klimahaftung in Deutschland und in den Vereinigten Staaten von Amerika Pöttker, Klimahaftungsrecht.

B. Gang der Betrachtung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands

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Gerichtsstände der Brüssel Ia-Verordnung22 näher beleuchtet und analysiert, ob dem Kläger unter der Brüssel Ia-Verordnung effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem folgt eine Betrachtung der Internationalen Umwelt- und Klimahaftung im Europäischen Internationalen Privatrecht (§ 4), wobei der Schwerpunkt auf der Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung23 liegen wird. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung (§ 5).

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Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012, ABl. EU L 351, S. 1. 23 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 11. Juli 2007, ABl. EU L 199, S. 40.

§ 2 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts Bevor die internationale Dimension der Klimahaftung näher beleuchtet werden kann, soll zunächst die Frage geklärt werden, ob eine privatrechtliche Haftung für den Klimawandel auf Ebene des materiellen Rechts möglich ist und welche rechtlichen Probleme damit verbunden sind. Die Untersuchung dieser Thematik erfolgt vorangestellt, weil sie Voraussetzung für das Verständnis der Bedeutung des Internationalen Zuständigkeits- und des Internationalen Privatrechts in diesem Zusammenhang ist, und bestimmte materiellrechtliche Aspekte, u. a. die Elemente einer unerlaubten Handlung, auf internationaler Ebene wiederkehren. Um mögliche Anknüpfungspunkte einer privatrechtlichen Haftung bestimmen zu können, ist eine kurze Darstellung des Klimawandels und seiner Ursachen und Auswirkungen aus naturwissenschaftlicher Perspektive unerlässlich. Daraufhin werden der rechtliche Rahmen einer Klimahaftung im Völker- und Unionsrecht sowie verschiedene Allokationsmöglichkeiten für klimawandelbedingte Schäden und Verluste untersucht. Die Klimahaftung muss schließlich in dieses Rechtsgefüge eingeordnet werden, bevor eine Betrachtung ihrer rechtlichen und faktischen Probleme vorzunehmen ist.

A. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels nach derzeitigem Stand der Wissenschaft Eine rechtliche Analyse der Klimahaftung kann nur gelingen, wenn im Bereich des Tatsächlichen hinreichende Klarheit besteht. Im Folgenden wird daher der derzeitige Stand der Klimawissenschaft zum Klimawandel verkürzt wiedergegeben. Dem vorangestellt werden eine Definition der wesentlichen Begriffe sowie eine Beschreibung der Methoden der Klimaforschung und der Bezugsquellen. Dadurch soll ein grundlegendes Verständnis dafür geschaffen werden, inwieweit UrsacheWirkungs-Zusammenhänge den Klimawandel betreffend mittlerweile faktisch nachgewiesen werden können, um so eine rechtliche Bewertung und ggf. auch eine gerichtliche Beweisführung zu ermöglichen.

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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I. Bestimmung der wesentlichen Begriffe Die Klimatologie, eine interdisziplinäre Wissenschaft aus Meteorologie, Ozeanographie, Physik, Geografie und Geologie, befasst sich mit der Erforschung des Klimas, der Funktionsbedingungen des Klimasystems, seiner Variationen und Extremausprägungen, sowie den Einflüssen des Klimas auf u. a. Wasserressourcen, menschliche Gesundheit, Sicherheit und Wohlstand. Unter Klima werden gemeinhin die mittleren Wetterbedingungen an einem bestimmten Ort in einem gewissen Zeitintervall verstanden, indem die Variabilität von Temperatur, Luftdruck, Wind und Niederschlag gemessen und statistisch erfasst wird.1 Das Klimasystem der Erde setzt sich aus fünf Komponenten zusammen: die den Erdball umgebende, aus einer Vielzahl von Spurengasen bestehende Hülle (Atmosphäre), Wasser in flüssigem Aggregatzustand in Ozeanen, Seen, Flüssen, unterirdischen Reservoirs und sonstigen Speichern (Hydrosphäre), Wasser in festem Aggregatzustand als Schnee und Eis, so z. B. in Gletschern und Eismeeren (Kryosphäre), die äußersten Schichten des festen Erdkörpers, bestehend aus Gestein an und unter der Oberfläche (Litosphäre), Boden (Pedosphäre) sowie die Gesamtheit der Ökosysteme und der auf der Erde lebenden Organismen (Biosphäre).2 Diese fünf Bestandteile agieren dynamisch miteinander und beeinflussen sich gegenseitig, insbesondere die Atmosphäre spielt hier eine gewichtige Rolle. Die Sphären können aber auch extern durch äußere Kräfte, z. B. Vulkanausbrüche oder menschliches Einwirken, verändert werden.3 Von einem Klimawandel wird dann gesprochen, wenn sich über einen längeren Zeitraum nachweisbare Veränderungen im klimatischen System zeigen, bedingt durch äußere Einflüsse oder interne Dynamik der Komponenten des Klimasystems.4 Gegenstand dieser Abhandlung soll jedoch allein der anthropogene Klimawandel i. S. d. Definition nach Art. 1 Nr. 2 der Klimawandelrahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCC)5 sein. Von diesem Begriffsverständnis sind nur die unmittelbar oder mittelbar auf menschliches Verhalten zurückzuführenden Veränderungen in der Zusammensetzung der Erdatmosphäre umfasst, die zu den oben genannten internen natürlichen Prozessen hinzutreten.

1 WMO, Guide to climatological practices, S. 1; vgl. zu den verschiedenen Definitionen des Begriffs „Klima“ auch Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 17 f. 2 Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 24; WMO, Guide to climatological practices, S. 3. 3 WMO, Guide to climatological practices, S. 3. 4 IPCC, Synthesis Report, S. 120. 5 Siehe dazu § 2 B. I. 2. a) aa).

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

II. Grundlagen der Klimaforschung Die Klimaforschung gewinnt ihre Erkenntnisse im Wesentlichen aus Beobachtungen, Messungen, der statistischen Auswertung von Klimadaten sowie daraus entwickelten Klimamodellen. Durch Messungen an Wetterstationen, zu Wasser oder zu Land, wird eine Vielzahl an Daten zu klimatischen Elementen, etwa Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchtigkeit und Windstärke, generiert.6 Diese werden in Statistiken erfasst und ausgewertet, sodass sich – mit fortschreitender Zeit und zunehmender Menge an Messdaten – immer profundere Aussagen über die klimatischen Verhältnisse an einem bestimmten Ort über einen bestimmten Zeitraum treffen lassen. Anhand statistischer Analysen der erhobenen Klimadaten können Rückschlüsse auf Klimaveränderungen in der Vergangenheit sowie auf die Wahrscheinlichkeit bestimmter zukünftiger Klimaverläufe gezogen werden.7 Darüber hinaus lassen es einige Rekonstruktionstechniken, z. B. Tiefseebohrungen an Sedimenten am Meeresboden, Eiskernbohrungen in den Eismassen von Grönland und der Antarktis, Untersuchungen von Gletschermoränen und daraus abzuleitenden Eisbewegungen sowie von Wachstumsringen in Korallen, zu, Klimadaten bezüglich u. a. Temperatur und Zusammensetzung der Atmosphäre von vor Jahrtausenden zu erlangen und dynamische Entwicklungen des Weltklimas in der Vergangenheit zu bestimmen.8 Daraus konnte bereits geschlossen werden, dass das Klimasystem kein lineares System ist, sondern schon in der Vergangenheit gravierenden Wechseln von Eiszeiten und Hitzeperioden unterlag. Diese gilt es dann auf bestimmte Ursachen zurückzuführen. Durch Schaffung eines grundlegenden Verständnisses der Klimageschichte können Forscher auch heutige Klimaveränderungen und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erklären und Aussagen über mögliche zukünftige Entwicklungen treffen.9 Wichtige Instrumente im Bereich der Klimatologie sind ferner Klimamodelle. Mit diesen soll das Klimasystem der Erde unter Zugrundelegung seiner bekannten physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften simuliert werden, um Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen.10 Über die Einspeisung verschiedener möglicher Szenarien und Veränderung variabler Bedingungen des Modells sollen die Auswirkungen bestimmter Faktoren auf das klimatische System und denkbare Verläufe analysiert werden, so z. B. der Einfluss der Höhe menschlicher Emissionen.11 Ziel ist dabei zum einen, die kausale Attribution eines Faktors per se nachzuweisen, zum anderen dessen Relation im Vergleich zu anderen Faktoren zu

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WMO, Guide to climatological practices, S. 16 f. Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 19 f. 8 Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 22 f. 9 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 9. 10 IPCC, Synthesis Report, S. 120. 11 Verheyen, Climate Change Damage, S. 21 – 23. 7

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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quantifizieren.12 Die Aussagekraft von Klimamodellen ist maßgeblich abhängig von der Kenntnis der naturwissenschaftlichen Gesetze, den zugrunde gelegten Klimadaten und der technischen Rechenleistung.13 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klimaforschung über eine Auswahl von Methoden verfügt, welche mit fortschreitender Zeit, zunehmender Menge an Daten und sich verbessernden technischen Möglichkeiten immer mehr und gesichertere Informationen über das Klima und den Klimawandel liefern. Soweit möglich, können dann feststehende Tatsachenaussagen getroffen und mögliche Kausalbeziehungen ausgemacht werden. In vielen Bereichen der Klimatologie herrscht allerdings nach wie vor Unsicherheit.14 Diese kann aus einer unzureichenden Sammlung an Klimadaten aufgrund der Seltenheit des Auftretens bestimmter klimatischer Ereignisse, aus der noch nicht vollständig vorhandenen Kenntnis des klimatischen Systems und seiner vielschichtigen dynamischen Prozesse bzw. aus der grundsätzlichen Komplexität der Einschätzung zukünftiger Vorgänge im Zusammenhang mit dem Klimawandel resultieren. Somit wird in vielen Fällen nur eine Einschätzung unter Angabe der Höhe des Vertrauensniveaus und des Wahrscheinlichkeitsgrades möglich sein.15 Im Folgenden soll nun der Versuch unternommen werden, den derzeitigen Stand der Klimaforschung in Bezug auf den Klimawandel in verkürzter Form abzubilden. Die vorliegende Untersuchung erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit im Sinne einer abschließenden Beschreibung des Klimawandels mit all seinen Ursachen und Ausprägungen. Dies lassen Umfang und schwerpunktmäßige Themensetzung der vorliegenden Arbeit nicht zu. Ferner kann weder eine eigenständige Überprüfung noch Bewertung der im Folgenden getroffenen Aussagen und Argumentationen aus naturwissenschaftlicher Perspektive erfolgen. Die Darstellung stützt sich als wesentliche Bezugsquelle vielmehr auf die Berichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen der Vereinten Nationen (IPCC). Der IPCC wurde 1988 ins Leben gerufen und setzt sich aus Wissenschaftlern aus aller Welt mit besonderer fachlicher Expertise zusammen. In regelmäßigen Zeitintervallen werden Sachstandsberichte und Spezialberichte veröffentlicht,16 welche den aktuellen Stand der Wissenschaft vollständig, objektiv und transparent zusammenfassend wieder12

IPCC, The Physical Science Basis, S. 872 f.; Weller/Nasser/Nasser, Festschr. f. Kronke, S. 601, 606 f.; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 385 f. 13 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 15. 14 Verheyen, Climate Change Damage, S. 21. 15 IPCC, Synthesis Report, S. 37. 16 Bislang sind fünf Sachstandsberichte veröffentlicht worden, die Publikation des sechsten Sachstandsberichts ist für 2022 angekündigt. Im August 2021 wurde bereits der erste Teil des sechsten Sachstandsberichts zum gegenwärtigen Zustand des Klimas und dem Stand der Forschung im Hinblick auf die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels publiziert, welcher die Erkenntnisse des fünften Sachstandsberichts bestätigt bzw. präzisiert. Zur Zeit der Fertigstellung dieser Arbeit war der erste Teil des sechsten Sachstandsberichts jedoch noch nicht final und zitierfähig.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

geben sollen.17 Sie sind heute als die zuverlässigste Quelle des Wissens über den Klimawandel anerkannt und werden internationalen staatlichen Klimaschutzbemühungen als Faktenbasis zugrunde gelegt,18 sodass sich auch ein Gericht auf diese Informationen beziehen könnte.19 Dabei wird kenntlich gemacht, welche Aussagen zweifelsfrei als Tatsachen feststehen und hinsichtlich welcher noch Unsicherheit besteht, sodass nur eine Wahrscheinlichkeitsangabe20 möglich ist.

III. Beobachtete Veränderungen im globalen Klimasystem Veränderungen des Klimas auf der Erde sind seit langem erkennbar und mithilfe von Messdaten eindeutig zu belegen. Eine Vielzahl der sich seit den 1950er-Jahren zeigenden Veränderungen im klimatischen System war in den vorhergehenden Jahrhunderten und Jahrtausenden noch nie beobachtet worden. Bis zum Jahre 2017 konnte eine durchschnittliche Erwärmung der Erdoberfläche um 1 8C gegenüber dem vorindustriellen Niveau festgestellt werden, wobei pro Jahrzehnt ein Temperaturanstieg um 0,2 8C zu verzeichnen ist.21 Sehr wahrscheinlich waren die Jahre zwischen 1983 und 201222 die wärmste 30-Jahre-Periode der letzten 800 Jahre auf der Nordhalbkugel.23 Über 90 Prozent der zusätzlich im Klimasystem der Erde vorhandenen thermischen Energie wird von den Ozeanen aufgenommen.24 Im Mittel haben sich diese seit 1970 um 0,11 8C je Dekade erwärmt.25 Weil die Ozeane einen großen Anteil (zwischen 2009 und 2018 rund 23 Prozent) der jährlichen Kohlenstoffdioxid-Emissionen absorbieren, ist ferner eine sogenannte Versauerung der 17

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 84 f.; Verheyen, Climate Change Damage, S. 18 f. 18 Siehe nur Protokoll zur 25. Konferenz der Parteien in Madrid vom 2. bis 15. Dezember 2019, Entscheidung 1/CP. 25 Abs. 6. 19 Verheyen, Climate Change Damage, S. 20. 20 Die vorliegende Arbeit folgt der Kommunikation des IPCC. Dieser trifft dort, wo eine Information zweifelsfrei feststeht, Tatsachenaussagen, und vermittelt bei mit Unsicherheiten verbundenen Aussagen ein bestimmtes Vertrauensniveau und, wenn quantifizierbar, eine Wahrscheinlichkeitsangabe. Das Vertrauensniveau einer Aussage ergibt sich aus der Menge an Beweisen und dem Grad der Übereinstimmung dieser Belege. Wahrscheinlichkeiten werden, so im englischen Original, in virtually certain (Wahrscheinlichkeit von 99 – 100 Prozent), extremely likely (Wahrscheinlichkeit von 95 – 100 Prozent), very likely (Wahrscheinlichkeit von 90 – 100 Prozent), likely (Wahrscheinlichkeit von 66 – 100 Prozent), etc. angegeben; vgl. IPCC, Synthesis Report, S. 37. 21 IPCC, Global Warming of 1.5 8C, S. 51. 22 Der letzte Sachstandsbericht des IPCC stammt aus dem Jahre 2013 und berücksichtigt infolgedessen nur Klimadaten bis 2012. In der Folgezeit sind jedoch einige Spezialberichte zu ausgewählten Themenfeldern mit Bezug zum Klimawandel veröffentlicht worden, die auf aktuelle Daten rekurrieren. 23 IPCC, Synthesis Report, S. 40. 24 WMO, Global Climate in 2019, S. 5. 25 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 83.

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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Ozeane zu beobachten.26 Der Meeresspiegel ist zwischen 1901 und 2010 infolge des thermischen Volumenzuwachses von Wasser im Mittel um fast 20 cm gestiegen, wobei der Anstieg von 1850 bis heute größer war als in den vorhergehenden zwei Jahrtausenden.27 Darüber hinaus ist ein starker Rückgang der Gletscher und der Eismassen in Grönland und in der Antarktis zu verzeichnen.28 Schon jetzt erkennbar ist schließlich eine Reaktion der Ökosphäre auf den Klimawandel, indem Tier- und Pflanzenarten ihre geographischen Verbreitungsgebiete verändern, saisonale Aktivitäten anpassen und Migrationsmuster umgestellt werden, sowohl zu Land als auch zu Wasser.29 Alle genannten Veränderungen gehen in erster Linie auf den Einfluss des Menschen und den von ihm in den letzten Jahrzehnten verursachten Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen (z. B. Kohlenstoffdioxid, Methan und Lachgas) in der Atmosphäre zurück.30 So ist die Hälfte der gesamten atmosphärischen Kohlenstoffdioxidmenge zwischen 1750 und 2011 in den letzten 40 Jahren verursacht worden.31 Menschliche Treibhausgasemissionen, insbesondere die Emission von Kohlenstoffdioxid, resultieren v. a. aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Heizöl, der Industrie, dem Transportwesen, der Abholzung von Wäldern und der dadurch verringerten Fotosyntheserate, der Land- und Forstwirtschaft, sowie dem ökonomischen Wachstum und dem allgemeinen Bevölkerungszuwachs.32 Der durch fossile Brennstoffe verursachte Anteil an der CO2-Konzentration hat sich seit 1970 verdreifacht, auch der Anteil aus Land- und Forstwirtschaft ist seitdem um 40 Prozent gestiegen.33 Die atmosphärische Konzentration von Treibhausgasen hat im Jahre 2018 ein Rekordniveau erreicht und stärker zugenommen als in den zehn Jahren zuvor.34 Der historisch größte Einzelemittent sind die Vereinigten Staaten von Amerika (circa 24 Prozent), während Deutschland für nahezu fünf Prozent sämtlicher historischer Emissionen verantwortlich ist.35 Wie diese Entwicklungen im Einzelnen miteinander zusammenhängen, soll im Folgenden näher erläutert werden.

26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

WMO, Global Climate in 2019, S. 5. IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 83. IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 84. IPCC, Synthesis Report, S. 51. IPCC, The Physical Science Basis, S. 121. IPCC, Synthesis Report, S. 45. IPCC, Synthesis Report, S. 46; Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 78 – 81. IPCC, Synthesis Report, S. 45. WMO, Global Climate in 2019, S. 7. BMU, Klimaschutz in Zahlen, S. 14.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

IV. Ursachen des Klimawandels Das durchschnittliche Klima auf der Erde wird im Wesentlichen durch zwei verschiedene Strahlungen, nämlich Sonnen- und Wärmestrahlung, bestimmt. Die Sonnenstrahlung passiert die Atmosphäre und wird von der Erdoberfläche aufgenommen oder z. T. auch sofort reflektiert. Daneben setzt die Erde als massehaltiger Körper selbst Energie in Form von Wärmestrahlung frei. Die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche ergibt sich aus dem Verhältnis von Sonnen- und Wärmestrahlung zueinander. Ist die Energiebilanz ausgeglichen, wird im Ergebnis also genau so viel Wärme abgestrahlt, wie Sonnenstrahlung absorbiert wird, bleibt die Temperatur stabil. Falls mehr Sonnenstrahlung aufgenommen als Wärme abgestrahlt wird, kommt es zu einer Erwärmung der Erdoberfläche; umgekehrt kühlt sich die Erdoberfläche ab, wenn mehr Wärme abgestrahlt wird, als Sonnenstrahlung absorbiert werden kann.36 Eine zusätzlich wichtige Rolle bei der Abgabe von Wärmestrahlung spielen die Treibhausgase in der Atmosphäre, insbesondere Kohlenstoffdioxid. Denn die von der Erde freigesetzte Wärme wird nicht direkt ins All abgestrahlt, sondern vorher durch die atmosphärischen Treibhausgase absorbiert. Sodann strahlen die Treibhausgase die aufgenommene Energie in alle Richtungen ab, sodass ein Teil zurück zur Erdoberfläche wandert und wiederum von dieser aufgenommen wird. In der Bilanz kommt auf der Erde also zunächst mehr Energie an – Sonnenstrahlung und von Treibhausgasen absorbierte und wieder abgegebene Wärmestrahlung – als von dieser abgestrahlt wird. Die Atmosphäre bildet insoweit eine Art Dach, unter welchem sich über der Erdoberfläche Wärme staut – ähnlich wie in einem Treibhaus, sodass von einem natürlichen Treibhauseffekt gesprochen wird. Der natürliche Treibhauseffekt und die zusätzliche Wärme sind Voraussetzung dafür, dass Leben auf der Erde überhaupt möglich ist, weil bei ausgeglichener Energiebilanz nur eine Durchschnittstemperatur von –18 8C herrschen würde.37 Dieser natürliche Effekt wird durch den Menschen jedoch dadurch verstärkt, dass er die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre durch eigene Emissionen um ein Vielfaches ansteigen lässt. Infolge dieser höheren atmosphärischen Konzentration kann mehr Wärmestrahlung durch die Treibhausgase absorbiert werden, sodass auch mehr Wärme zurück zur Erde strahlt und den Raum über der Erdoberfläche stärker „aufheizt“.38 Die atmosphärische Treibhausgaskonzentration ist nicht der einzige Einflussfaktor für das Klima, auch exogene Ereignisse und Sonneneinstrahlung spielen eine Rolle. Die Intensität der Sonneneinstrahlung korreliert mit der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, welche jedoch natürlichen Schwankungen unterliegt und so, je nach Distanz von Erde und Sonne, zu einer höheren oder geringeren Menge an auf der Erde 36

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 12 f. Zum Ganzen Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 13, 30 – 32; Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 35 – 42. 38 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 13, 32 – 34. 37

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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ankommender Strahlung führt. Exogene Ereignisse wie Vulkanausbrüche wirken auf das Klima, indem sie die Luft verschmutzende Partikel freisetzen und eine höhere Aerosolkonzentration bewirken.39 Auch Rückkopplungseffekte sind entscheidend. Durch das Schmelzen von Schneemassen verringert sich der sogenannte AlbedoAnteil, weil weniger Eisfläche weniger Sonnenstrahlung reflektiert und in der Konsequenz die Erwärmung der Erde insgesamt verstärkt (Eis-Albedo-Rückkopplung). Denselben Effekt haben die Ozean-Spurengas-Rückkopplung oder die Permafrost-Rückkopplung: infolge der Erwärmung setzen Ozeane und tauende Permafrostböden mehr Treibhausgase frei, die wiederum zur Erhöhung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration und der Durchschnittstemperatur beitragen.40 Eine Klimaveränderung folgt somit nicht monokausal aus einer bestimmten Ursache, sondern summiert sich mit einer Reihe anderer, natürlicher Ursachen und Rückkopplungen, wobei der jeweilige Verursachungsanteil der einzelnen Faktoren nicht abschließend geklärt ist (sogenanntes attribution problem).41 Es gilt jedoch als gesichert, dass der größte Einfluss auf die gegenwärtige Erderwärmung von der erhöhten Treibhausgaskonzentration ausgeht. Dass der Mensch diese durch eigene Emissionen verursacht hat, kann durch Messdaten eindeutig bestätigt werden.42 Ein Teil der atmosphärischen Treibhausgase kann zwar im Wege von Senken aus der Atmosphäre absorbiert und in natürlichen Reservaten, z. B. Ozean und Vegetation, für eine gewisse Dauer gespeichert werden; etwa 40 Prozent der menschlichen Emissionen seit 1750 sind aber in der Atmosphäre verblieben.43 Infolgedessen ist von einer anthropogenen, d. h. menschlich verursachten Erderwärmung zu sprechen. Fraglich ist allerdings weiterhin, inwieweit die menschlichen Emissionen nicht nur für die erhöhte Treibhausgaskonzentration und den Temperaturanstieg, sondern auch für die dadurch verursachten konkreten Folgewirkungen des Klimawandels kausal sind. Dieser Frage soll im nächsten Abschnitt nachgegangen werden.

V. Folgen des Klimawandels Der durch die erhöhte Treibhausgaskonzentration verursachte Anstieg der mittleren globalen Temperaturen hat weitreichende Auswirkungen. Diese sind teilweise, bedingt durch die Treibhausgasemissionen der Vergangenheit, bereits eingetreten, teilweise aber auch erst noch zu erwarten. Während bestimmte Konsequenzen somit schon jetzt sicher nachweisbar sind, können andere mittels der dargestellten klimatologischen Methoden nur als Risiko prognostiziert werden. Der Begriff des Risikos meint in der Klimaforschung das Potential des Eintritts von Folgen für ein 39

S. 35. 40 41 42 43

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 38; Schönwiese, Klimawandel kompakt, Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 43 f. Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 38. IPCC, The Physical Science Basis, S. 927. IPCC, Synthesis Report, S. 45.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

werthaltiges, gefährdetes Gut bei ungewissem Ausgang. Es bemisst sich nach der Wahrscheinlichkeit des Eintritts bestimmter gefährlicher Ereignisse oder Tendenzen, multipliziert mit dem Ausmaß und den Konsequenzen dieser Ereignisse, wenn diese tatsächlich eintreten. Eine sehr unwahrscheinliche Eintrittsmöglichkeit kann dennoch ein hohes Risiko bedeuten, wenn die mit diesem Eintritt verbundenen Konsequenzen besonders schwerwiegend sind, und umgekehrt. Einflussfaktoren sind der Grad der Gefährdung, die Art der betroffenen Güter (Menschen, Vermögenswerte, Ökosystem) sowie der Vulnerabilität.44 Ob mögliche Folgen des Klimawandels sicher nachweisbar sind oder sich nur ein Risiko, ggf. unter Bemessung einer Wahrscheinlichkeit, ermitteln lässt, hat für die Beweisführung denkbarer Ursache-Wirkungs-Beziehungen im Rahmen von Haftungstatbeständen erhöhte Relevanz.45 Die Folgen des Klimawandels zeigen sich nicht überall in gleicher Weise, sondern sind stark durch regionale klimatische Besonderheiten und die jeweilige ozeanische und atmosphärische Zirkulation geprägt. Aussagen über das globale Klima können mit höherer Sicherheit getroffen werden als über das regionale Klima.46 Gleichzeitig kann aber als gesichert gelten, dass der Klimawandel bestimmte Regionen der Erde stärker treffen wird als andere, und dass vorwiegend solche Regionen die Auswirkungen zu spüren bekommen werden, welche anteilig kaum an der Verursachung von Emissionen beteiligt waren.47 Damit einhergehend stellen sich Fragen der geographischen, intergenerationellen und sozialen Umweltgerechtigkeit in Bezug auf die Verteilung der Lasten des Klimawandels.48 Schließlich ist hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels zu differenzieren. Diese betreffen zunächst das klimatische System der Erde in seinen unterschiedlichen Bestandteilen und beeinflussen die globale Umwelt als Allgemeinrechtsgut. Erst in einem zweiten Schritt können diese Veränderungen der Umwelt dann zu Schäden an Individualrechtsgütern, insbesondere an Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum von Menschen führen. Im Folgenden sollen einige wesentliche Folgen des Klimawandels exemplarisch skizziert werden. Diese Darstellung erfolgt nicht abschließend, vielmehr wurde die Auswahl auf solche Konsequenzen begrenzt, die eine konkrete Relevanz im Rahmen der Klimahaftung besitzen.

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IPCC, Synthesis Report, S. 36. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. 46 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 53. 47 King/Harrington, Geophysical Research Letters 45 (2018), 5030, 5031. 48 Kloepfer, Umweltrecht, § 17 Rdnr. 31; vgl. zu den Dimensionen der Umweltgerechtigkeit Meßerschmidt, Festschr. f. Peine, S. 195, 198 – 203; Kloepfer/Neugärtner, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 21, 28 f. 45

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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1. Folgen für Hydrosphäre und Kryosphäre Massive Auswirkungen des Klimawandels für die Ozeane und Eismassen der Erde zeigen sich bereits jetzt und werden auch in der Zukunft verstärkt auftreten. Hydro- und Kryosphäre haben eine zentrale Bedeutung im klimatischen System der Erde. So sind die Ozeane riesige Wärmespeicher, die Energie absorbieren und wieder in die Atmosphäre abgeben können. Die Eismassen reflektieren ankommende Sonnenstrahlung und beeinflussen dadurch die Energiebilanz der Erde und das Klima über den Albedo-Effekt.49 Hydro- und Kryosphäre sind eng miteinander verknüpft und in ständiger Interaktion. Ozeane speichern große Mengen des auf der Erde befindlichen Kohlenstoffdioxids und verhindern damit eine noch höhere Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre.50 Sie sind für die Menschen auch deshalb besonders wichtig, weil sie Voraussetzung für eine ausreichende Wasser- und Nahrungsversorgung sind und erneuerbare Energiequellen, Gesundheit und Wohlbefinden, kulturelle Werte, Handel und Transport prägen. Die Menschheit ist unmittelbar und mittelbar von einer intakten Hydrosphäre und Kryosphäre abhängig.51 Problematisch ist, dass die Reaktion dieser klimatischen Elemente auf die Klimaerwärmung nicht linear erfolgt, sondern meist verzögert und langsam. Eine zu Beginn gleichförmige Entwicklung kann dann einen Punkt erreichen, ab welchem das gesamte System zum Kippen gebracht wird. Ist eine bestimmte Schwelle erst einmal überschritten, zeigen sich abrupte und schnelle Veränderungen (sogenannte Kippschalter-Prozesse oder auch tipping points). Klimawandelbedingte Reaktionen in Hydro- und Kryosphäre sind langanhaltende Prozesse, die selbst dann fortschreiten, wenn sich Erderwärmung und Emissionen stabilisieren würden, wobei auch Rückkopplungen eine Rolle spielen. Darüber hinaus sind sie irreversibel.52 a) Der Rückgang der Gletscher Eine klimatische Veränderung, die bereits seit vielen Jahren zu beobachten ist, ist der weltweite Rückgang der Gletscher in den meisten Gebirgsregionen infolge Schmelzen des Gletschereises.53 Der Gletscherschwund ist eines der deutlichsten Indizien für die globale Erwärmung, weil Gletscher besonders sensibel und frühzeitig auf klimatische Wechsel und Erwärmungen reagieren. Nachweisbar ist der Rückgang zum einen durch konkrete Messdaten hinsichtlich der Gletschermasse, zum anderen zeigt ein Vergleich der historischen und gegenwärtigen Fotoaufnahmen aus der Vogelperspektive die Veränderungen der Endmoränen der Gletscher im Laufe 49 Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 43 f.; siehe zu der Eis-Albedo-Rückkopplung bereits § 2 A. IV. 50 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 80. 51 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 75. 52 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 76; Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 108 f. 53 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

der Zeit.54 Der Gletscherschwund ist in seinem bisherigen Ausmaß nicht mehr rückgängig zu machen und wird mit fortschreitender Zeit sehr wahrscheinlich nahezu alle Gebirgsgletscher treffen.55 Diese Umweltveränderung hat unmittelbare und mittelbare Auswirkungen auf menschliche Individualrechtsgüter. Circa zehn Prozent der gesamten Weltbevölkerung sind in höheren Gebirgsregionen ansässig.56 Diese können – abhängig von ihrer tatsächlichen räumlichen Nähe zu der Gefahrenquelle – durch sinkende Eismassen sowie Schmelzwasser in Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum betroffen sein, denen Verletzung, Beschädigung oder Zerstörung droht.57 Neben diesen unmittelbaren Gefahren für bestimmte Individualrechtsgüter hat der Gletscherrückgang eine generelle Instabilität und Gefährdung der Infrastruktur der Gebirgspopulationen zur Folge.58 Gletscher sind eine wichtige Wasserquelle, welche die Wasserversorgung der Bevölkerung sicherstellen und Voraussetzung für fruchtbare Landwirtschaft sind. Infolge dieser Gletscherschmelzen kann es somit zu Engpässen bei der Wasserversorgung und Folgen für die landwirtschaftlichen Erträge und Ernährungssicherheit in bestimmten Regionen kommen. Ferner sind durch abnehmende Schneemassen Einbußen im Tourismusbereich, v. a. im Zusammenhang mit Ski- und Bergsportarten, zu verzeichnen und auch weiterhin zu erwarten.59 Diese gefährden wiederum die Existenzgrundlage zahlreicher Menschen und gehen mit potenziell gravierenden Vermögensschäden einher. Zukünftig droht schließlich eine breite Dezimierung einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten bzw. eine zumindest starke Abnahme der jeweiligen Bestände in den Gebirgsregionen. Diese sind an kalte Temperaturen angepasst und in ihren Möglichkeiten zur Wanderung in kältere Höhenlagen durch die absolute Höhe der Berge begrenzt.60 b) Tauen von Permafrostböden Eine weitere Auswirkung des Klimawandels betrifft ebenfalls vorwiegend Gebirgsregionen, aber auch die Gebiete in den polaren Breiten. Dort ist sogenannter Permafrostboden zu finden, ein dauerhaft gefrorener Erdboden, welcher infolge der 54

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 55 f. IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 134 f. 56 Im Jahre 2010 waren absolut circa 670 Millionen Menschen in hohen Gebirgsregionen beheimatet, bis 2050 wird ein Anstieg auf 736 bis 844 Millionen Menschen prognostiziert, IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 77, 136. 57 Siehe dazu die Klage des peruanischen Bauers Saùl Luciano Lliuya gegen die RWE AG, § 1 A. sowie § 2 C. I. 1. b) ff), in welcher sich der Kläger gegen das Herabsinken eines durch Schmelzwasser ansteigenden Gletschersees oberhalb seines Hauses wehrt, das in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört werden würde. 58 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133 f. 59 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133 f. 60 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133 f. 55

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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globalen Erwärmung langsam auftaut, mit Konsequenzen insbesondere für Leben, körperliche Integrität, Gesundheit und Eigentum. Durch das Auftauen bieten diese Böden keinen Halt mehr und werden schlammig, sodass für darin verankerte Gebäude, Infrastruktur und Flora die Gefahr des Abrutschens besteht. In Gebirgsregionen kann es außerdem zu Bergstürzen und Murenabgängen kommen, wodurch die Stabilität der Bebauung und Infrastruktur unterhalb gelegener Ortschaften gravierend getroffen und der Zugang dorthin stark erschwert werden könnte. Folgen zeigen sich auch für die Wasserversorgung, weil Seen, welche in der Regel oberhalb der Permafrostschicht entstehen, aufgrund der höheren Temperaturen versickern.61 Ferner kann das Tauen der Permafrostböden die Erderwärmung durch Rückkopplungseffekte noch beschleunigen. Bedingt durch biologische Abbauvorgänge wird das Treibhausgas Methan freigesetzt, welches die atmosphärische Treibhausgaskonzentration zusätzlich erhöht.62 c) Rückzug des polaren Meereises und Zerfall der Eisschilde Infolge der Erderwärmung hat die am Nordpol liegende Eisschicht des arktischen Ozeans bereits drei Viertel ihrer Masse verloren, wobei der Rückgang sowohl die Ausdehnung der Eismasse in die Breite als auch ihre Dicke betrifft.63 Diesen Rückgang kann die Erderwärmung noch intensivieren, da weniger Eisflächen auch weniger Sonnenlicht reflektieren und so die Energiebilanz verändern können.64 Es ist ferner zu erwarten, dass weniger Eis- und mehr Wassermassen die Zirkulation in Ozeanen und Atmosphäre beeinflussen. Am Nordpol ist v. a. eine Vielzahl von Tieren, wie Eisbären, Walrösser und Seevögel, betroffen, deren Lebensraum nach und nach verschwindet und somit zu einer Dezimierung ganzer Tierarten oder zumindest zu einer deutlichen Verringerung ihres Bestandes führen kann. Auch die dort lebende Kultur der Inuit ist gefährdet, da diese zum einen von der Jagd auf diese Tiere leben und in ihrer Nahrungsversorgung darauf angewiesen sind, zum anderen durch den Rückgang des Eises an den Küsten keinen Schutz mehr gegen die Erosion ihrer Gebiete durch das Meer haben.65 Die zwei großen Eisschilde der Erde in Grönland und in der Antarktis verlieren fortlaufend an Masse. Die Verlustrate hat insbesondere seit 2002 stark gegenüber den Verlustraten der Vorjahre zugenommen.66 Hinsichtlich der weiteren Entwicklungen herrscht in der Klimatologie keine Einigkeit. Allerdings wird vermutet, dass sich der 61 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133 f.; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 58 f. 62 Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 44. 63 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 57. 64 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 57; Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 43 f. 65 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 133 f.; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 57 f. 66 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 206.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Abschmelzprozess des Grönlandeises bei zunehmender Erderwärmung durch negative Rückkopplungseffekte in Zukunft beschleunigen wird. Mit Überschreiten einer bestimmten Schwelle kann das Eisschild seine Stabilität verlieren. Sodann kann der Zerfall des Grönländischen Eisschildes und das vollständige Abschmelzen der Massen in den nächsten Jahrhunderten nicht mehr aufgehalten werden. Bezüglich der Westantarktischen Eismasse wird z. T. angenommen, dass dieser Kipppunkt bereits erreicht sein könnte.67 d) Auswirkungen auf die Ozeane Gravierende Konsequenzen für die Ozeane infolge der globalen Erwärmung sind bereits hinreichend erkennbar. Im Vergleich zum Zeitraum von 1969 bis 1993 hat sich die Erwärmungsrate der Meere im Zeitraum von 1993 bis 2017 nahezu verdoppelt.68 Ferner haben die Ozeane seit den 1980er Jahren sehr wahrscheinlich circa 20 bis 30 Prozent der anthropogenen Kohlenstoffdioxidemissionen aufgenommen. Das führt zu einer zunehmenden Versauerung der Ozeane.69 Damit geht ein großes Risiko für marine Ökosysteme, insbesondere solche in der Polarregion und in Korallenriffen, einher.70 Eine langsam verlaufende, aber umso gravierendere Entwicklung ist die Veränderung des Meeresspiegels. Von Beginn des 20. Jahrhunderts an bis 2015 war ein Anstieg von weit über 20 cm zu verzeichnen,71 für dieses Jahrhundert wird eine Zunahme zwischen 43 und 84 cm prognostiziert.72 Dieser Verlauf ist irreversibel; ein Anstieg kann nicht mehr verhindert, sondern nur noch in der Höhe begrenzt werden. Verursacht wird dieser durch das Schmelzen der Gletscher und Eismassen, insbesondere der Eisschilde in Grönland und in der Antarktis, und die dadurch hinzukommende Menge an Schmelzwasser sowie die thermische Ausdehnung des Wassers.73 Auswirkungen hat der Anstieg auf Inseln und Regionen, die nur knapp oberhalb des Meeresspiegels lokalisiert sind. Sämtlichen dort angesiedelten Menschen drohen auf Dauer Überschwemmungen bzw. vollständige Überflutungen, welche zu gewaltigen Schäden an Individualrechtsgütern führen können und im Voraus kostenintensive Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, z. B. in Form von Deichen, erforderlich machen. Ferner sind gravierende Schäden an Flora und Fauna in Küstenregionen zu erwarten.74 67 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 206 f.; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 59 – 61. 68 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 450. 69 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 450. 70 IPCC, Synthesis Report, S. 67. 71 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 323. 72 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 324. 73 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 323 f. 74 IPCC, The Ocean and Cryosphere, S. 324 f.

A. Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels

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2. Wetterextreme und deren Folgewirkungen Über ein vermehrtes Auftreten von Wetterextremen, etwa Hitzewellen, Dürren, Waldbränden, Stürmen und Extremniederschlägen infolge des Klimawandels lassen sich bislang aufgrund der noch moderaten Erderwärmung und der grundsätzlichen Seltenheit dieser Phänomene per definitionem keine vollständig gesicherten Aussagen auf Grundlage statistischer Messdaten treffen. Dennoch ist eine Häufung extremer Wettereignisse in den letzten Jahrzehnten erkennbar. Der Eintritt eines einzelnen, bestimmten Wetterphänomens kann allerdings nicht monokausal und unmittelbar auf den menschlichen Einfluss zurückgeführt werden, sondern wird durch eine Vielzahl von Faktoren hervorgerufen und geprägt. Neben anthropogenen spielen auch natürliche Ursachen eine Rolle. Nachweisbar ist aber, dass sich mit zunehmender globaler Erwärmung auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Intensität bestimmter Wetterextreme erhöhen.75 Statistisch belegbar ist eine klimawandelbedingte und somit anthropogene Abnahme von Kälteperioden und Zunahme extremer Hitzewellen im globalen Mittel, v. a. in großen Teilen Europas, Asiens und Australiens. Soweit absehbar, hat sich durch den Klimawandel die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hitzeextremen in bestimmten Regionen sogar verdoppelt. Die Zunahme von Hitzeextremen führt zu einem Anstieg der hitzebedingten Krankheiten und Mortalitätsraten, insbesondere in Europa und Nordamerika.76 In sehr trockenen Gebieten können aus der Austrocknung der Böden aufgrund der höheren Verdunstungsrate und geringen Niederschlagsmengen auch gefährliche Dürren resultieren.77 Regional wären davon insbesondere der afrikanische Kontinent, Lateinamerika, Teile Asiens und Südeuropas betroffen. Das verstärkte Auftreten von Dürren hat Auswirkungen auf die Landwirtschaft durch verminderte oder ausbleibende Erträge. Auf Dauer ist die Nahrungsmittel- und Wasserversorgung gefährdet, was v. a. in den ohnehin wirtschaftlich schwachen Regionen der Welt zu Wassernotstand und Hungersnöten in der Bevölkerung führen kann.78 Ferner ist eine Zunahme von Extremniederschlägen in bestimmten europäischen und nordamerikanischen Regionen empirisch belegbar.79 Mit großer Wahrscheinlichkeit ergeben sich aus dem Klimawandel Konsequenzen für die atmosphärische Zirkulation, die mit einer Verlagerung insbesondere von Niederschlägen einhergehen.80 Extremniederschläge werden sehr wahrscheinlich in ohnehin feuchten tropischen Regionen und in mittleren Höhenlagen häufiger und stärker auftreten.81 Die 75

S. 68. 76 77 78 79 80 81

IPCC, The Physical Science Basis, S. 134; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, IPCC, Synthesis Report, S. 53. Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 71. IPCC, Climate Change and Land, S. 439. IPCC, Synthesis Report, S. 53. Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 71. IPCC, Synthesis Report, S. 60.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Intensität von Monsunniederschlägen wird sich verändern und diese werden weitere, neue Gebiete treffen.82 Auch eine Verschärfung der von tropischen Wirbelstürmen ausgehenden zerstörerischen Folgen aufgrund der globalen Erwärmung ist zu befürchten. Die Stärke von Stürmen wird wahrscheinlich zunehmen und diese werden größere Niederschlagsmengen mit sich bringen. So können auch bislang unvorbereitete Regionen von Stürmen betroffen sein.83 Dies wird zu gravierenden Schäden an Leben, Gesundheit und Eigentum von Menschen führen. Schon in den letzten Jahrzehnten waren erhebliche menschliche und ökonomische Einbußen infolge von Extremereignissen zu verzeichnen.84 Zukünftig ist bei vermehrtem Auftreten extremer Wetterphänomene, deren Auswirkungen die Betroffenen rasch und tiefgreifend zu spüren bekommen, eine Vertiefung des Gefälles zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu befürchten. Hoch entwickelte Industriestaaten, wie Deutschland und viele andere europäische Länder, haben eine sehr viel geringere Klimavulnerabilität als Entwicklungsländer in Afrika, Südamerika und Asien. Das liegt zum einen an ihrer geographischen Lage, zum anderen aber auch an der Stärke der Volkswirtschaften, die im Schadensfall über ausreichende wirtschaftliche Ressourcen verfügen, um sich rasch zu erholen. Für Industrienationen wird sich bei klimawandelbedingten Krisensituationen somit v. a. ein wirtschaftlicher Schaden im Rahmen der Außenwirtschaft zeigen, während Menschen in Entwicklungsländern gravierende Schäden an ihren höchstpersönlichen Individualrechtsgütern drohen.85 Dort können extreme Wetterereignisse zu einem Zusammenbruch der Infrastruktur führen; Nahrungsknappheit, Frischwassermangel, fehlende medizinische Versorgung, daraus resultierende Krankheiten wie Diarrhöe, Unterernährung und Todesfälle sowie eine weitere Verbreitung von Krankheitserregern, etwa Malaria, sind zu befürchten.86 Die Diskrepanz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern kann wiederum starke Migrationsbewegungen und soziale Krisen zur Folge haben. So schätzt man, dass ohne rechtzeitige Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen bis 2050 über 143 Millionen Menschen aus Lateinamerika, Südasien und der Subsahara gezwungen sein könnten, innerhalb ihres Landes zu migrieren und Wasserknappheit, Nahrungsmangel, Überflutungen, Bränden und Sturmschäden als Folgen des Klimawandels zu entfliehen.87 Mit einem vermehrten Auftreten von Wetterextremen wie Hitze und Überflutungen ist schließlich, zusätzlich zu den ohnehin mit den klimatischen Verände82

IPCC, The Physical Science Basis, S. 1219. IPCC, The Physical Science Basis, S. 1252 f.; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 70. 84 IPCC, Synthesis Report, S. 53. 85 Peter/Guyer/Füssler, Folgen des globalen Klimawandels für Deutschland, S. 5. 86 IPCC, Climate Change and Land, S. 439; WHO, Climate change and health, abrufbar unter: (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 87 Rigaud et al., Groundswell, S. 19. 83

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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rungen einhergehenden Anpassungsschwierigkeiten, eine erhebliche Belastung der Tier- und Pflanzenwelt verbunden.88

VI. Zwischenergebnis Die globale, menschengemachte Erwärmung hat gravierende Folgen für das gesamte klimatische System der Erde. Die Gletscherschmelzen, das Tauen von Permafrostböden, der Rückgang der globalen Eismassen und der Anstieg des Meeresspiegels haben bereits zu irreversiblen Auswirkungen geführt. Diese werden sich zukünftig steigern, durch Rückkopplungen z. T. noch rascher entwickeln und möglicherweise gefährliche, destabilisierende Kipppunkte erreichen. Schließlich erhöht der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Intensität extremer Wetterereignisse wie Hitzeperioden, Dürren, Extremniederschläge, Überschwemmungen und Stürme. Besonders betroffen sein werden Entwicklungsländer und solche Regionen, die stark an ihr bisheriges Klima angepasst sind. Mit den prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels gehen hohe Verletzungsrisiken für individuelle Rechtsgüter und Interessen zahlreicher Menschen, so etwa Leben, Körper, Gesundheit, Eigentum und Vermögen, sowie für Allgemeinrechtsgüter, z. B. die öffentliche Infrastruktur, Wasserversorgung, Ernährungssicherheit und Umwelt als solche i. S. v. Flora und Fauna, einher. Die Betrachtung des Klimawandels in seinen Ursachen und Auswirkungen bringt auch aus Sicht der Rechtswissenschaft Folgefragen mit sich. Insbesondere erscheint hier die Problemstellung interessant, ob betroffene Personen Ersatz für infolge des Klimawandels erlittene Schäden verlangen bzw. von vornherein Schutz- und Abwehrmaßnahmen zur Verhinderung solcher Schäden begehren können. Aus zivilrechtlicher Perspektive ist dann zu untersuchen, ob derartige Ansprüche auch gegen andere Privatpersonen als Haftungsgegner gerichtet werden können und wie diese zu bestimmen sind. Der Problematik der privatrechtlichen Klimahaftung wird sich im Fortgang der Arbeit gewidmet.

B. Die Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels Der folgende Abschnitt hat zum Ziel, die Frage nach der Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung für klimawandelbedingte Schäden und Verluste zu untersuchen. Zu diesem Zweck erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme der auf staatlicher Ebene unternommenen Anstrengungen in Anbetracht des Klimawandels sowie eine Darstellung der zugehörigen völker- und unionsrechtlichen Grundlagen. 88

IPCC, Synthesis Report, S. 67.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Diese Betrachtung wird zeigen, dass die staatlichen Bemühungen nur einen Teilbereich der Folgen des Klimawandels betreffen und in ihren Wirkungen noch nicht ausreichend sind. Insoweit besteht eine Schutzlücke für die vom Klimawandel konkret durch Schäden und Verluste Betroffenen. Sodann werden verschiedene Möglichkeiten einer gerechten Schadensallokation beleuchtet. Im Grundsatz kann diese über eine privatrechtliche Klimahaftung als Unterfall der allgemeinen Umwelthaftung erreicht werden. Der darauffolgende Abschnitt ergänzt diese Betrachtung um eine konkrete rechtliche Einordnung der privaten Klimahaftung auf Ebene des nationalen Rechts und knüpft an die rechtlichen und tatsächlichen Probleme an, die eine solche mit sich bringt.

I. Staatliche Maßnahmenkonzepte vor dem Hintergrund des Klimawandels Die skizzierten Auswirkungen des Klimawandels für das gesamte globale System89 zwingen unter Zugrundelegung der klimatologischen Fakten zur Reaktion. Die anthropogenen Treibhausgasemissionen haben bereits eine Erwärmung der Erde einschließlich der Ozeane um circa 1 8C verursacht.90 Eine weitere Erwärmung ist nicht mehr aufzuhalten. Bei unverändert hoher atmosphärischer Treibhausgaskonzentration in den folgenden Jahren wird ein Anstieg der mittleren globalen Temperatur um 1,5 8C voraussichtlich bis 2040 erreicht sein.91 Einige Folgen der Erderwärmung, u. a. der bisherige Anstieg des Meeresspiegels sowie die Zunahme und Intensivierung von Hitzewellen, zeigen sich bereits. Diese sind in ihrem Ausmaß z. T. irreversibel. Andere Auswirkungen werden erst zukünftig, teilweise unabhängig von gegensteuernden Maßnahmen in Gegenwart und Zukunft, eintreten.92 Eine Erwärmung um insgesamt 1,5 8C oder mehr wird aber nicht allein durch vergangene, sondern maßgeblich durch gegenwärtige und zukünftige anthropogene Emissionen verursacht. Insoweit ist eine Steuerung im Sinne einer Begrenzung bzw. Stabilisierung der Erderwärmung möglich.93 Zwar werden die oben skizzierten Folgen zum Großteil dennoch eintreten, jedoch können diese in ihrem Ausmaß abgeschwächt oder deutlich verlangsamt werden. Die Möglichkeit der Eindämmung betrifft insbesondere die Häufigkeit des Auftretens und die Intensität von Wetterextremen. Verlangsamt werden könnte u. a. der Anstieg des Meeresspiegels. Je weiter und schneller die Erderwärmung aber voranschreitet, desto gravierender werden die Auswirkungen und rapider die Entwicklung sein.94 Die negativen Ausprägungen des 89 90 91 92 93 94

Siehe hierzu ausführlich § 2 A. V. IPCC, Global Warming of 1.5 8C, S. 51. IPCC, Global Warming of 1.5 8C, S. 81 f. Siehe dazu ausführlich § 2 A. V. Vgl. IPCC, Global warming of 1,5 8C, S. 95 f. Vgl. IPCC, Global warming of 1,5 8C, S. 177 – 181.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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Klimawandels werden sich proportional zu den tatsächlichen Klimaänderungen, darüber hinaus aber auch proportional zur Klimavulnerabilität der regionalen Systeme, d. h. zu deren Anfälligkeit für klimawandelbedingte Folgen, verhalten: je verwundbarer eine betroffene Region in ihrer Infrastruktur, in ihrem Ernährungssystem oder in ihrer Wasserversorgung ist, desto schwerwiegender werden auch die Schäden sein.95 1. Bestimmung der wesentlichen Begriffe In der Konsequenz muss sich die Bekämpfung des Klimawandels an zwei Leitlinien orientieren. Zum einen können durch eine Reduktion von atmosphärischen Treibhausgasen zumindest Ausmaß und Geschwindigkeit der zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels gelenkt und abgeschwächt werden. Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Ziels auf eine Verringerung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre durch Reduktion der Emissionen oder durch Förderung der Absorption von Treibhausgasen in Senken und anschließender Speicherung in natürlichen Reservaten gerichtet sind, werden unter den Begriff des Klimaschutzes (Mitigation) gefasst.96 Parallel dazu muss jedoch anerkannt werden, dass bestimmte klimawandelbedingte Folgen unvermeidbar eintreten werden. Deshalb müssen Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen für besonders durch die Folgen des Klimawandels gefährdete Populationen und deren Güter und Ökosysteme getroffen werden, um z. B. Schäden auf Inseln und in Küstenregionen infolge von Überflutungen einzudämmen. Die Maßnahmen dieser zweiten Gruppe fallen unter den Begriff der Klimaanpassung (Adaption).97 Während das Risikomanagement das Klima durch Reduktionsmaßnahmen vor weiteren anthropogenen Veränderungen schützen will, sollen Anpassungsmaßnahmen das globale System auf die veränderten Lebensbedingungen einstellen und dessen Resilienz und Transformationsfähigkeit stärken.98 2. Rechtliche Bestandsaufnahme Mitigation und Adaption können ihre Ziele effektiv nur dann erreichen, wenn sie Ausprägung einer kohärenten Strategie der internationalen staatlichen Zusammenarbeit sind.99 Das Bedürfnis nach einer solchen Globalisierung des Klimaschutzes folgt schon aus der grenzüberschreitenden Dynamik und den weltweiten Auswirkungen des Klimawandels, sowie aus der Vielzahl der emittierenden, den Klima95

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 88 f. Vgl. IPCC, Global warming of 1,5 8C, S. 96; Kloepfer, Umweltrecht, § 17 Rdnr. 15. 97 Kloepfer, Umweltrecht, § 17 Rdnrn. 15 f.; Kloepfer stellt in Rdnrn. 16 f. zutreffend fest, dass der Begriff „Klimarecht“ nunmehr passender erscheint, da dieser im Gegensatz zum gängigen Begriff „Klimaschutzrecht“ das Recht der Klimaanpassung miteinbezieht. 98 BMU, Klimaschutz in Zahlen, S. 12. 99 Siehe dazu auch Voigt, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 1, 5 – 7. 96

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

wandel verursachenden Akteure.100 Ferner können nur international gebündelte Anstrengungen weiterhin einen freien und störungsfreien Welthandel und Wettbewerb sicherstellen.101 Von besonderer Bedeutung sind infolgedessen die rechtlichen Regelungen betreffend Klimaschutz und Klimaanpassung auf völker- und unionsrechtlicher Ebene. Diese sollen im Folgenden dargestellt werden, wobei die Auswahl auf die für die vorliegende Betrachtung wesentlichen Regelungsinstrumente begrenzt wurde. Ziel ist allein, die Grundzüge von Klimaschutz und Klimaanpassung zu erläutern. a) Völkerrechtliche Ebene aa) Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen Konstitutive Grundlage sämtlicher klimaschutzrechtlicher Bemühungen auf völkerrechtlicher Ebene ist das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 9. Mai 1992102. Das Übereinkommen begründet selbst keine verbindlichen Vorgaben oder Handlungspflichten für die Mitgliedsstaaten, sondern enthält nur einen allgemeinen Appell an diese, gegen den Klimawandel tätig zu werden.103 Gem. Art. 2 UNFCC ist Ziel des Übereinkommens, die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf welchem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert werden kann. Eingeführt wurde in Art. 3 Nr. 1 UNFCC das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und entsprechenden Fähigkeiten, nach welchem den teilnehmenden Staaten zwar eine gemeinsame, aber nach Entwicklungsländern sowie entwickelten Ländern und ihren jeweiligen Möglichkeiten differenzierende Verantwortung für das Klima zukommen soll. So sollen Industrieländer die Führung bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen übernehmen, die speziellen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Entwicklungsländer jedoch ebenfalls volle Berücksichtigung erfahren. Anerkannt wurden damit zum einen die besondere Verantwortung vermögender Industriestaaten, zum anderen die mit dem Klimawandel einhergehende Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit sowie zugleich das Bedürfnis der Entwicklungsländer nach einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung.104 bb) Das Kyoto-Protokoll Die abstrakte Vorgabe des Art. 2 UNFCC, anthropogene Treibhausgase insgesamt zu reduzieren, wurde erstmals durch das 2005 in Kraft getretene Protokoll von Kyoto 100 101 102 103 104

Dazu auch Wagner, NJW 2021, 2256, 2257 f. Koch/Mielke, ZUR 2009, 403. United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCC). Streck, ZUR 2019, 13, 17. Streck, ZUR 2019, 13, 17.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 11. Dezember 1997 im Wege rechtsverbindlicher Emissionsreduktionsziele für die Vertragsstaaten konkretisiert. Diese Ziele gestalteten sich – entsprechend dem Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten – für Industrie- und Entwicklungsländer differenziert unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Möglichkeiten. Das Kyoto-Protokoll konnte sich jedoch aufgrund der von einigen Vertragsstaaten als ungleich erachteten Lastenverteilung in Richtung der Industriestaaten sowie der Berücksichtigung einer Vielzahl an Spezialinteressen nicht als erfolgreiches rechtliches Instrument gegen den Klimawandel erweisen.105 Um einen tatsächlichen rechtlichen Fortschritt im Rahmen der Eindämmung des Klimawandels zu erreichen, bedurfte es eines Folgevertrags zum Kyoto-Protokoll, welcher möglichst viele Länder miteinbezieht, effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel vorsieht sowie diese wirksam durchsetzen kann, und dessen Lastenverteilung von bestenfalls allen Vertragsparteien als gerecht empfunden wird.106 cc) Das Pariser Abkommen Ein solches rechtliches Regelwerk als Instrument gegen den Klimawandel sollte durch das Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015107 geschaffen werden.108 Die derzeit wichtigste Quelle im Recht des multilateralen Klimaschutzes ist am 4. November 2016 nach Ratifikation durch das gem. Art. 21 Abs. 1 PA erforderliche Quorum von Mitgliedsstaaten als Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll in Kraft getreten. Ziel des Pariser Abkommens ist gem. Art. 2 Abs. 1 lit. a PA, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter 2 8C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 8C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Gem. Art. 4 Abs. 1 PA sollen die Mitgliedstaaten in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts Klimaneutralität erreichen, indem nur so viele Treibhausgase emittiert werden, wie gleichzeitig durch Senken abgebaut werden können. Art. 2 Abs. 1 lit. b PA sieht darüber hinaus vor, die Fähigkeit zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen so zu fördern, dass die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird. Das Pariser Abkommen orientiert sich folglich an den Leitlinien Mitigation und Adaption. Nach Art. 3 PA sind von allen Vertragsparteien als national festgelegte Beiträge ehrgeizige Anstrengungen im Rahmen der Mitigation (Art. 4 PA) und Anpassung 105

Streck, ZUR 2019, 13, 17 f. Vgl. Streck, ZUR 2019, 13, 14. 107 Im Folgenden Pariser Abkommen oder PA. 108 Siehe zur Bedeutung des Pariser Abkommens im Kontext rechtlicher Verantwortlichkeit Franzius/Kling, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 197. 106

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

(Art. 7 PA) zu unternehmen und zu übermitteln. Art. 2 Abs. 2 PA spiegelt das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und entsprechenden Fähigkeiten wider, wie sich u. a. bei der Ausgestaltung der jeweiligen Beiträge anhand von Leistungsfähigkeit und nationalen Begebenheiten in Art. 4 Abs. 4 bis 6 PA zeigt. Zwar sind die Vertragsstaaten in der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Beiträge weitgehend frei, dennoch hat jede Partei die individuell bestmögliche Leistung zu erbringen. Art. 9 Abs. 1 PA sieht vor, dass die Industrieländer finanzielle Mittel bereitstellen, um die Entwicklungsländer bei der Minderung und Anpassung zu unterstützen. Zur Finanzierung eines solchen Klimafonds sollten ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden,109 bis zum Jahre 2025 soll über ein neues globales Finanzierungsziel in mindestens dieser Höhe ab 2026 beschlossen werden.110 Die Konferenz der Vertragsparteien führt gem. Art. 14 Abs. 1, 2 PA ab 2023 regelmäßig eine Bestandsaufnahme zur Implementierung des Übereinkommens durch. Positiv hervorzuheben ist, dass mit dem Pariser Abkommen eine rechtliche Grundlage für Klimaschutzbemühungen auf multinationaler Ebene geschaffen wurde, welche eine Vielzahl von Ländern – Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer – integrieren sowie deren unterschiedliche Interessen in Bezug auf nationale Klimaziele zu einem Kompromiss führen konnte.111 Das in Art. 2 Nr. 1 lit. a PA normierte, durchaus ehrgeizige Klimaziel, die Erderwärmung auf 1,5 8C zu begrenzen, soll durch bestmögliche Anstrengungen vieler Länder im Wege der Eigenverantwortung und unter Ausschöpfung der den Staaten eigenen Kapazitäten erreicht werden, nicht durch verbindliche Vorgaben, welche ggf. zu einer von mehreren Staaten nicht als fair empfundenen Lastenverteilung geführt hätten.112 Auch der in Art. 13 PA statuierte Transparenzrahmen ist lobenswert, ermöglicht er doch eine objektive Überprüfung der Einhaltung der national festgelegten Klimaziele und erhöht den Rechtfertigungsdruck der einzelnen Vertragsstaaten.113 Im Übrigen bestehen allerdings keine effektiven Vollzugs- und Sanktionsmechanismen unter dem Pariser Abkommen, über welche im Falle der Nichteinhaltung der vereinbarten Zusagen Druck auf untätige Staaten ausgeübt werden könnte.114 Das Pariser Abkommen setzt stattdessen auf eine kraftvolle eigene Dynamik der gesteckten Ziele, Transparenz und die Zusammenarbeit mit sonstigen privaten und öffentlichen

109 Protokoll zur 21. Konferenz der Parteien in Paris vom 30. November bis zum 13. Dezember 2015, Entscheidung 1/CP. 21 Abs. 53. Diese Zusage wurde in dem Protokoll zur 24. Konferenz der Parteien in Kattowitz vom 2. bis 15. Dezember 2018, Entscheidung 1/CP. 24 Abs. 20 erneuert und bestätigt. 110 Protokoll zur 21. Konferenz der Parteien in Paris vom 30. November bis zum 13. Dezember 2015, Entscheidung 1/CP. 21 Abs. 53. 111 Vgl. Morgenstern/Dehnen, ZUR 2016, 131, 137. 112 Streck, ZUR 2019, 13, 14. 113 Streck, ZUR 2019, 13, 20; vgl. auch Voland/Engel, NVwZ 2019, 1785, 1790. 114 Voland/Engel, NVwZ 2019, 1785, 1789.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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Klimaakteuren, wie z. B. in Art. 6 Abs. 8 lit. b PA zum Ausdruck kommt.115 Im Ergebnis ist das Pariser Abkommen eine ehrgeizige rechtliche Grundlage, die aber nur durch tatsächliches zielgerichtetes Handeln aller beteiligten Akteure Effektivität erlangt.116 Ob das im Übereinkommen gesetzte Ziel, die Erderwärmung langfristig auf 2 8C zu begrenzen und auf 1,5 8C zu halten, erreicht werden kann, ist mehr als fraglich. Nach den Berichten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen aus den Jahren 2019 und 2020 sind die Treibhausgasemissionen in der letzten Dekade um etwa 1,4 Prozent pro Jahr gestiegen; die erforderlichen deutlichen Reduktionen sind nicht in Sicht.117 Vielmehr wurden 2018 und 2019 wiederholt Allzeithochs erreicht.118 Das Reduktionsziel zur Begrenzung des Anstiegs der Erderwärmung um 2 8C könnte nur dann noch zu erfüllen sein, wenn die Emissionen bis 2030 um 25 Prozent im Vergleich zu 2018 gemindert würden. Um die Erwärmung auf einen Anstieg von 1,5 8C zu beschränken, ist sogar eine Reduktion der Emissionen um 55 Prozent verglichen mit 2018 erforderlich.119 Gegenwärtig besteht folglich noch erheblicher Umsetzungsbedarf der Vertragsstaaten zur Erreichung der im Pariser Abkommen gesetzten Ziele sowie insgesamt auf völkerrechtlicher Ebene.120 b) Unionsrechtliche Ebene Maßnahmen vor dem Hintergrund des Klimawandels bedürfen zur Erreichung von Effizienz Antworten auf sämtlichen Stufen des rechtlichen Mehrebenensystems, so auch im Recht der Europäischen Union. aa) Rechtsquellen des Unionsrechts Art. 191 Abs. 1 4. Spiegelstrich a. E. AEUV normiert als ausdrückliches Ziel und Aufgabe der Europäischen Union, dass die Umweltpolitik zur Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bekämpfung des Klimawandels – als globales Umweltproblem – beitragen soll. Zugleich wird in Art. 191 Abs. 1 AEUV eine Pflicht der Union bzw. der beteiligten Organe, die zur Erreichung dessen notwendigen Maßnahmen im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums zu ergreifen, statuiert.121 Auf Grundlage der entsprechenden Kompetenznorm des Art. 192 AEUV kann sich die Europäische Union zur Verwirklichung dieser Ziele 115

Streck, ZUR 2019, 13, 21 f.; Saurer, NVwZ 2017, 1574, 1576. Morgenstern/Dehnen, ZUR 2016, 131, 137. 117 UNEP, Emissions Gap Report 2019, S. 14 f.; UNEP, Emissions Gap Report 2020, S. 14 f. 118 UNEP, Emissions Gap Report 2019, S. 14; UNEP, Emissions Gap Report 2020, S. 14. 119 UNEP, Emissions Gap Report 2019, S. 15. 120 So auch Markus, ZaÖRV 2016, 715, 717; Spier, JETL 2017, 218, 219; Sutherland, JETL 2017, 177, 178; Ziehm, ZUR 2018, 339, 341. 121 Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 191 AEUV Rdnr. 61; Epiney, Umweltrecht der Europäischen Union, Kap. 5 Rdnr. 4. 116

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

sämtlicher in Art. 288 AEUV genannter Handlungsformen bedienen. Zahlreiche Richtlinien122, Verordnungen123 und Entscheidungen124 sind vor diesem Hintergrund im Bereich des Klimaschutzes bereits erlassen worden, welche dann von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen sind (Art. 288 UA. 3 AEUV) oder unmittelbare Geltung beanspruchen (Art. 288 UA. 2 AEUV). Die Union bekannte sich zunächst zum sogenannten 20 – 20 – 20-Ziel, wonach im Jahre 2020 gegenüber 1990 die Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union um mindestens 20 Prozent reduziert werden, eine Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien auf 20 Prozent erfolgen und eine Erhöhung der Energieeffizienz um 20 Prozent bewirkt werden soll.125 Im Oktober 2014126 bzw. Dezember 2020127 wurden diese Vorgaben weiterentwickelt bzw. verschärft; bis 2030 wird eine Verbesserung in allen drei Bereichen durch Erhöhung der einzelnen Prozentanteile angestrebt.128 2018 bekannte sich die Europäische Kommission schließlich zu dem langfristigen Ziel, bis zum Jahre 2050 Klimaneutralität auf dem europäischen Kontinent zu erreichen, sowie zu entsprechenden Umsetzungsstrategien.129 Diese Vision steht mit den im Pariser Abkommen vereinbarten Zielen im Einklang, an welche die Europäische Union als Vertragspartei gebunden ist. Ende 2019 wurde mit dem Europäischen Grünen Deal130 ein Maßnahmenpaket mit zahlreichen Klimaschutzinitiativen vorgestellt, welches zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 führen soll. Mit einem europäischen Klimagesetz soll u. a. diese Vorgabe im Unionsrecht ver122 Siehe in diesem Zusammenhang nur die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl. L 275, S. 32 und die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten, ABl. L 140, S. 63. 123 Siehe dazu nur die Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73,[sic!]/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 328, S. 1. 124 Siehe dazu nur die Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020, ABl. L 140, S. 136. 125 Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009, ABl. L 140, S. 136. 126 COM(2014) 15 final. 127 COM(2020) 80 final. 128 Siehe dazu auch Schlacke/Köster et al., EnWZ 2021, 7. 129 COM(2018) 773 final. 130 COM(2019) 640 final.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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ankert werden.131 Im Februar 2021 wurde darüber hinaus eine neue EU-AdaptionsStrategie132 angenommen. Diese soll Europa resilienter gegen die Auswirkungen des Klimawandels machen, indem Anpassungsmaßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, Versicherungen in klimavulnerablen Sektoren sowie der allgemeine Wissensstand betreffend Anpassungsmaßnahmen weiterhin systemisch und konsequent gefördert werden und die Umsetzung beschleunigt wird.133 Auf Grundlage der UNKlimarahmenkonvention ist die Europäische Union ferner an zahlreichen Fonds und Initiativen zur Unterstützung und Finanzierung von Projekten und Programmen für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern beteiligt, so z. B. an der Globalen Klimaallianz.134 bb) Das Europäische Emissionshandelssystem Eines der wichtigsten Instrumente der Europäischen Union zur kostenwirksamen Reduktion von Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre ist das Europäische Emissionshandelssystem. Dieses gilt für die Treibhausgasemissionen bestimmter Tätigkeiten aus den Sektoren der Industrie und der Energieerzeugung135 in sämtlichen Unionsmitgliedstaaten sowie in Großbritannien, Island, Norwegen und Liechtenstein und deckt damit rund 45 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Europäischen Union ab.136 Der Emissionsrechtehandel basiert auf einem sogenannten cap-and-trade-System. Zu Beginn einer Handelsperiode wird eine zulässige Gesamtmenge an Emissionszertifikaten als Obergrenze (cap) festgelegt. Die Begrenzung nach oben hin bewirkt eine Wertbildung bei den Zertifikaten. Diese werden dann an die am System teilnehmenden Emittenten und Anlagenbetreiber, seit der dritten Handelsperiode im Wege der Versteigerung, ausgegeben. Jeder Emittent ist verpflichtet, Emissionsberechtigungen in dem Umfang vorzulegen, in welchem er Treibhausgase emittiert. Emittiert er mehr als er an Emissionsberechtigungen ausgeben kann, muss er sich Zertifikate, die auf dem Markt frei erworben werden können (trade), hinzukaufen. Emittenten, die aufgrund von Reduktionsbemühungen weniger emittieren, können die nicht benötigten Zertifikate verkaufen. Ziel ist es, marktwirtschaftliche Anreize für die Reduktion von Treibhausgasen zu schaffen und den Unternehmen eine Verringerung der Emissionen dort zu ermöglichen, wo dies die

131

COM(2020) 80 final. COM(2021) 82 final. 133 COM(2021) 82 final, S. 4. 134 Siehe dazu COM(2018) 97 final. 135 Siehe dazu Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl. L 275, S. 32. 136 Europäische Kommission, Emissionshandelssystem (EU-EHS), abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 132

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

geringsten Kosten verursacht.137 Bis 2030 sollen die Emissionen der Europäischen Union so um rund 43 Prozent niedriger als im Jahre 2005 sein.138 Um eine höhere Klimawirksamkeit des Systems zu erreichen und alle Mitgliedstaaten nachhaltig von der Kohlestromversorgung zur Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zu bewegen, muss die zulässige Gesamtmenge der Zertifikate allerdings weiterhin reduziert werden.139 Denn eine Lenkungswirkung kann das Emissionshandelssystem nur dann entfalten, wenn tatsächlich eine Knappheit der Zertifikate herrscht und ein dementsprechend hoher Preis für Emissionsberechtigungen zu zahlen ist.140 Insoweit besteht noch Korrekturbedarf.141 c) Zwischenergebnis Die multinationalen, überstaatlichen Bemühungen mit Blick auf den Klimawandel sind gegenwärtig hauptsächlich auf eine Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre und somit eine Begrenzung der zunehmenden Erderwärmung gerichtet. Die rechtlichen Vereinbarungen können jedoch nur einen Rahmen des Handelns bilden. Tatsächliche Wirkung zeigen sie nur dann, wenn auch faktische Maßnahmen zur Zielerreichung unternommen werden. Insoweit besteht allerdings noch akuter Handlungsbedarf auf nationaler und internationaler Ebene. Daneben wird völker- und unionsrechtlich auch der zweiten Leitlinie im Angesicht der Bedrohung durch den Klimawandel gefolgt. So werden Anpassungsinitiativen und -projekte in der Europäischen Union und in Entwicklungsländern unterstützt und Fonds eingerichtet, die eine Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen sicherstellen sollen. Weil diese Finanzierungsmittel aber den jeweiligen Staaten zugesprochen werden und insoweit eine Verteilung durch zwischengeschaltete Organe oder Organisationen erforderlich ist, ist fraglich, ob im Einzelfall auch der vom Klimawandel individuell Bedrohte die Adaptionsmaßnahmen vornehmen kann, die erforderlich sind, um seine Individualrechtsgüter vor Schäden zu schützen, bzw. ob er bereits getätigte Aufwendungen für Anpassungen ersetzt bekommt.

137 Vgl. zum Ganzen Kreuter-Kirchhoff, EuZW 2017, 412, 413; dies., ZUR 2019, 396, 398 – 400. 138 Europäische Kommission, Emissionshandelssystem (EU-EHS), abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 139 Kreuter-Kirchhof, ZUR 2019, 396, 399 f.; siehe dazu auch (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021) und die Richtlinie (EU) 2018/ 410 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Unterstützung kosteneffizienter Emissionsreduktionen und zur Förderung von Investitionen mit geringem CO2-Ausstoß und des Beschlusses (EU) 2015/1814, ABl. L 76, S. 3. 140 Ziehm, ZUR 2018, 339, 342; Schlacke/Köster et al., EnWZ 2021, 7, 13. 141 Siehe zum gegenwärtigen Entwicklungsstand des CO2-Marktes auch COM(2020) 740 final.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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II. Allokation klimawandelbedingter Schäden und Verluste Mitigation und Adaption sind vorwärtsgerichtet, sie können nur zukünftige Auswirkungen des Klimawandels und daraus resultierende Schäden abzuwenden bzw. einzudämmen suchen. Auch durch bestmögliche Bemühungen in diesen Bereichen werden jedoch nicht sämtliche klimawandelbedingte Schäden und Verluste in der Zukunft verhindert werden können. Bestimmte Auswirkungen des Klimawandels sind unvermeidbar. Diese Folgen verstärken sich noch, wenn Mitigationsund Adaptionsmaßnahmen unzureichend sind, so auch dann, wenn die zur Anpassung erforderlichen Hilfen nicht bei den individuell Bedrohten ankommen. Dann sind die Betroffenen ggf. dazu angehalten, selbst Vorsorgemaßnahmen zu treffen und Aufwendungen zu tätigen, um klimawandelbedingte Verluste zu vermeiden. Ferner können infolge des Klimawandels bei Einzelnen bereits Schäden und Verluste eingetreten sein. Klimaschutz und Klimaanpassung können keine rückwirkende Verbesserung erzielen. In all diesen Fällen stellt sich die mit fortschreitender Zeit immer dringender zu beantwortende Frage, wie hinsichtlich der Schäden und Aufwendungen der Betroffenen des Klimawandels im Einzelfall verfahren und eine gerechte Verteilung vorgenommen werden kann. Im Wesentlichen sind vier verschiedene Allokationsprinzipien denkbar: eine Schadens- und Lastentragung durch die allgemein vom Klimawandel Begünstigten, durch die Begünstigten der jeweiligen Anpassungsmaßnahmen, durch den Staat bzw. die Staatengemeinschaft oder durch die größten Einzelemittenten von Treibhausgasen.142 Welches dieser Prinzipien im Ergebnis als die gerechteste Lösung erscheint, ist Wertungsfrage auf Grundlage der zum Klimawandel existierenden wissenschaftlichen Tatsachenbasis. Entscheidend ist dabei auch, welche Ziele mit der Verteilung von Schäden und Verlusten vorrangig verfolgt werden sollen.143 1. Zuweisung von Lasten an die allgemein vom Klimawandel Begünstigten In einigen Regionen und Staaten der Erde kann sich eine anthropogen verursachte Störung im klimatischen System im Gegensatz zu den meisten Ländern in Afrika und Asien zunächst günstig auswirken. So führt eine voranschreitende Erderwärmung konsequenterweise auch zu einem Anstieg der mittleren Temperaturen in kälteren Gebieten der Welt, z. B. Russland, Kanada oder Skandinavien.144 Diese Klimaveränderung könnte die dortigen Bedingungen für eine fruchtbare Landwirtschaft verbessern und Anbau- und Haltungsmöglichkeiten erweitern. Auch die Rate der 142

Farber, J. Land Use & Envtl. L. 23, 1, 2 f., 26 (2008); Farber, UCLA J. Envtl. L. & Pol’y 26, 21, 29 (2008). 143 Farber, J. Land Use & Envtl. L. 23, 1, 3 (2008). 144 Vgl. Schönwiese, Klimawandel kompakt, S. 72 Abb. 20a (nach Goddard Institut for Space Studies, National Aeronautics and Space Administration [NASA], USA).

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kältebedingten Todesfälle könnte abnehmen.145 Davon ausgehend kommt es in Betracht, diese allgemein vom Klimawandel Begünstigten die gleichzeitig bei Betroffenen in anderen Teilen der Welt anfallenden Schäden und Lasten tragen zu lassen.146 Dafür spricht der Aspekt, dass auf diese Weise ein Ausgleich und eine Verteilung von Gewinnen und Verlusten zwischen den Begünstigten und Betroffenen des Klimawandels erfolgen könnte. In sozialer und global-gesellschaftlicher Hinsicht ist eine derartige Schadensallokation ein Ausdruck der Solidarität der begünstigten Bevölkerungsgruppen.147 Bei näherer Betrachtung kann dieses Konzept aber keinesfalls überzeugen. So ist zunächst nicht klar, ob den möglicherweise durch den Klimawandel Betroffenen auch nur eine annähernd große Zahl an gleichzeitig Begünstigten gegenübersteht, was eine gerechte Verteilung von Gewinnen und Verlusten aber voraussetzen würde.148 Auch ist fraglich, ob in den Regionen, in denen sich der Klimawandel allgemein günstig auswirken würde, auch tatsächlich alle Bewohner eine solche Begünstigung erfahren würden, oder ob diese nicht so marginal wäre, dass sie eine Belastung mit den teilweise gravierenden klimawandelbedingten Verlusten kaum rechtfertigen könnte und somit ungerecht erscheint. Schließlich kann durch diese Lösung weder eine Verhaltensänderung bei großen Emittenten bewirkt noch können moralische Anreize für diese geschaffen werden.149 Eine Zuweisung von Schäden und Verlusten an die allgemein vom Klimawandel Begünstigten ist abzulehnen. 2. Zuweisung von Lasten an die von Anpassungsmaßnahmen Begünstigten Werden zum Zwecke der Adaption an den Klimawandel Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen getroffen, liegt es nahe, eine Kosten- und Lastentragung durch die von diesen Maßnahmen Begünstigten selbst zu erwägen. Sollen also z. B. Deiche errichtet werden, welche Bewohner von Küstenregionen vor Erosionen durch Überflutungen schützen sollen, müssten nach diesem Ansatz die Kosten dafür auch von diesen Begünstigten übernommen werden, weil sie vom Schutz profitieren und sich freiwillig in diesen besonders gefährdeten Regionen angesiedelt haben. Konkret wäre eine Lastenverteilung z. B. auf Grundlage staatlicher Steuererhebungen bei den Bewohnern von durch klimawandelbedingte Überschwemmungen bedrohten Küstenstaaten denkbar.150 Auch dieser Ansatz ist jedoch mit erheblichen Einwänden belastet. Zum einen nimmt die Lösung von vornherein keine Verteilung von Schäden und Verlusten vor, 145 146 147 148 149 150

Stern, Stern Review on the Economics of Climate Change, S. 84. Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 33 f. (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 33 (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 34 (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 34 (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 26 f. (2008).

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sondern belässt sie dort, wo sie entstanden sind.151 Des Weiteren werden die divergierend hohen Anteile bestimmter Emittenten gegenüber anderen an der Verursachung der Gesamtmenge an Emissionen und somit die unterschiedlichen Verantwortlichkeitsbeiträge nicht berücksichtigt. China, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union (bzw. die Gesamtheit der Mitgliedsstaaten) waren im Jahre 2019 die nach Ländern größten Kohlenstoffdioxid-Emittenten der Welt und zusammen für über die Hälfte der weltweiten Kohlenstoffdioxid-Emissionen verantwortlich.152 Diese Emissionen kommen den Ländern in vielerlei Hinsicht, insbesondere wirtschaftlich, zugute. Daraus lässt sich ableiten, dass die Industriestaaten einen weitaus größeren Beitrag zur Klimaveränderung leisten als kleine Inselstaaten oder Küstenregionen, welche die Auswirkungen des Klimawandels aber im Gegensatz dazu sehr viel gravierender zu spüren bekommen. Dieses Verhältnis spiegelt sich über diese zweite Lösung jedoch nicht in der Lastenverteilung wider und begegnet damit auch moralischen Bedenken im Hinblick auf die soziale Verteilungsgerechtigkeit. Auf diesem Wege können weder Anreize zur Verhaltensänderung durch die Emittenten gesetzt noch moralische Appelle an diese gerichtet werden.153 Auch eine Zuweisung der Lasten allein an die von Anpassungsmaßnahmen Begünstigten ist daher im Ergebnis abzulehnen. 3. Zuweisung der Lasten an die Staatengemeinschaft a) Grundlagen Ferner ist denkbar, sämtliche Aufwendungen und Schäden bei der Staatengemeinschaft anzusiedeln und die Kosten entsprechend des Wohlstands und der Einnahmen der einzelnen Staaten zu verteilen. Die Kosten der Adaption und die klimawandelbedingten Schäden und Verluste würden so letztendlich aus öffentlichen Kassen bzw. Steuereinnahmen beglichen werden. Die konkrete Finanzierung und Auszahlung von Schäden und Anpassungsmaßnahmen könnte über die Errichtung einer Kommission bzw. eines Finanzierungsfonds erfolgen.154 Diese Lösung kann für sich beanspruchen, dass sie eine umfassende Verteilung der Schäden und Verluste und der daraus erwachsenden Kosten vornimmt. Sie wird damit am ehesten der Tatsache gerecht, dass der Klimawandel ein globales Problem ist, welches alle Länder der Erde gleichermaßen betrifft, auch wenn nicht in überall gleiche Auswirkungen zu erwarten sind. Schließlich trägt diese Lösung der globalen Solidarität und sozialen Verteilungsgerechtigkeit Rechnung.155

151 152 153 154 155

Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 27 (2008). Crippa/Oreggioni et al., Fossil CO2 and GHG emissions 2020, S. 11. Farber, 23 J. Land Use & Envtl., 1, 27 (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 28 f. (2008). Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 28 f. (2008).

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Dagegen spricht, dass die gesamte Verantwortlichkeit für den Klimawandel auf staatlicher Ebene angesetzt wird, und moralische Effekte beim Einzelnen so kaum erzielt werden können. Infolgedessen werden auch keine Verhaltensanreize für besonders große Emittenten im wirtschaftlichen Bereich gesetzt: diese können aufgrund der von ihnen, z. B. bei der Produktion von Industriegütern, freigesetzten Emissionen Gewinne erzielen, ohne gleichzeitig an den negativen Auswirkungen dieser Emissionen beteiligt zu sein. Kosten und Nutzen von Emissionen sind dann ungleich verteilt.156 Dennoch ist zu vermerken, dass auf überstaatlicher Ebene die effektivsten Ergebnisse für das globale Problem des Klimawandels und die damit einhergehenden Schäden und Verluste erreicht werden können. So lassen sich übergeordnete Lösungen für die Allgemeinheit mit breiter Steuerungs- und Lenkungswirkung, und nicht nur solche für den Einzelfall im Verhältnis individueller Personenbeziehungen schaffen. Ferner ist über die internationale Zusammenarbeit auf Grundlage eines erarbeiteten Konzepts auch am ehesten eine gerechte Verteilung von Hilfs- und Ausgleichsgeldern möglich. b) Bestandsaufnahme im Völker- und Unionsrecht Dementsprechend wird auf staatlicher bzw. überstaatlicher Ebene bislang überwiegend dem Ansatz einer staatlichen Kosten- und Lastentragung hinsichtlich klimawandelbedingter Schäden und Verluste gefolgt. Die Verantwortung führender Industriestaaten als hauptsächliche Verursacher von Treibhausgasemissionen wurde von diesen jedoch über Jahre verkannt. Aufgrund ihres naturgemäß großen diplomatischen und finanziellen Einflusses auf dahingehend schwächere, vom Klimawandel stark betroffene Entwicklungsländer, die ein entsprechend großes Interesse an der Bestimmung des Schadens- und Verlustausgleichs haben, konnte eine rechtliche Auseinandersetzung mit dieser Problematik im Rahmen eines internationalen Regelwerks für lange Zeit vermieden werden.157 Insbesondere soll der Begriff „Verantwortlichkeit“ in Art. 3 UNFCC, welcher das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten aller Vertragsstaaten statuiert, nicht als irgendeine Art von Anerkennung oder Zuweisung von rechtlich bindender Verantwortung verstanden werden, sondern nur die Führungsrolle der entwickelten Länder im Kampf gegen den Klimawandel hervorheben.158 Positiv zu bemerken ist daher, dass das Pariser Abkommen das Problem klimawandelbedingter Schäden und Verluste grundsätzlich erkannt hat. Vorrangig verfolgen die Vertragsstaaten des Pariser Abkommens jedoch gem. Art. 7 Abs. 1 PA die 156

Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 29 (2008). Simlinger/Mayer, in: Mechler et al., Loss and Damage, S. 179, 193. 158 Schriftliche Stellungnahme der Vereinigten Staaten von Amerika zu Prinzip 7 der Deklaration von Rio vom 28. September 1992, Report der Konferenz der Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung, A/CONF.151/26. 157

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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Strategie der Anpassung durch Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, Stärkung der Widerstandsfähigkeit und Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen. Art. 7 Abs. 7 PA sieht eine Intensivierung der Zusammenarbeit und verstärkte Anpassungsbemühungen durch Informationsaustausch und Unterstützung von Entwicklungsländern vor. Konkret werden Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen, insbesondere für Schwellen- und Entwicklungsländer, durch Finanzierungsfonds auf überstaatlicher Ebene, z. B. den Green Climate Fund oder den Adaptation Fund gefördert.159 Diejenigen, die in ihren Individualrechtsgütern durch den Klimawandel aber tatsächlich bedroht sind, sind nur dann vor Schäden und Verlusten geschützt, wenn entsprechende Anpassungsmaßnahmen sie rechtzeitig erreichen und ausreichende Sicherheit gewährleisten. Wer die Aufwendungen zu tragen hat oder wie Ausgleich erlangt werden kann, wenn ein individuell Bedrohter selbst Anpassungsmaßnahmen vornimmt, ist nicht geregelt. Auch Art. 8 Abs. 1 PA betont das vorrangige Ziel des Pariser Abkommens, klimawandelbedingte Schäden und Verluste zu vermeiden und zu verringern. In Art. 8 Abs. 2 PAwird eine Stärkung von entsprechenden Maßnahmen angestrebt, welche in Art. 8 Abs. 4 PA beispielhaft konkretisiert werden. Danach sind für derart gravierende Auswirkungen des Klimawandels, an die keine Anpassung mehr möglich ist, Unterstützungsleistungen wie Frühwarnsysteme, Notfallvorsorge und Klimarisikoversicherungen für besonders betroffene Regionen vorgesehen. Die maßgebliche Umsetzung dieser Vorhaben ist dem Warschau-Mechanismus, gegründet auf Grundlage der Klimarahmenkonvention, vorbehalten. Der Warschau-Mechanismus soll die Zusammenarbeit mit vom Klimawandel besonders betroffenen und klimavulnerablen Regionen stärken und sie technisch und finanziell im Rahmen des Risikomanagements unterstützen. Gesonderte Finanzierungsmittel sind durch die Vertragsstaaten des Pariser Abkommens allerdings nur für Mitigation und Adaption (Art. 9 PA), nicht für eine Kompensation klimawandelbedingter Schäden bereitgestellt worden.160 Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass der WarschauMechanismus gerade kein Instrument für effektiven Schadensausgleich zwischen den Staaten darstellen, sondern vielmehr als beratende Einrichtung für durch den Klimawandel besonders gefährdete Staaten fungieren soll.161 Darüber hinaus wurde von den Vertragsstaaten übereinstimmend entschieden, dass Art. 8 PA keine Grundlage für irgendeine Art von Haftung oder Kompensation darstellen soll.162 Ohnehin ist die Stellung der Betroffenen aber auch dahingehend geschwächt, dass 159

Siehe dazu (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021) sowie das Protokoll zur 16. Konferenz der Parteien in Cancún vom 29. November bis zum 10. Dezember 2010, Entscheidungen 2/CP.16 bis 5/CP.16. 160 Stäsche, EnWZ 2019, 248, 253. 161 Simlinger/Mayer, in: Mechler et al., Loss and Damage, S. 179, 196. 162 Protokoll zur 21. Konferenz der Parteien in Paris vom 30. November bis zum 13. Dezember 2015, Entscheidung 1/CP.21 Abs. 51; vgl. dazu auch Franzius/Kling, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 197, 204 f.

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die vereinbarten Maßnahmen des Pariser Abkommens die Parteien zwar völkerrechtlich binden, im Falle der Nichteinhaltung aber keine Sanktionen drohen.163 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Betroffenen nach aktuellem rechtlichem Stand über staatliche Mittel weder effektiven Ausgleich von getragenen Aufwendungen für Anpassungsmaßnahmen noch Kompensation für klimawandelbedingt erlittene Schäden und Verluste verlangen können. Diese Problematik ist auf überstaatlicher bzw. staatlicher Ebene nicht bzw. nicht zur Genüge geregelt. Somit erfolgt bislang auch keine Zuweisung an bestimmte Staaten im Sinne einer tatsächlichen Schadensallokation. Die Frage muss deshalb – zumindest solange keine wirkungsvolle überstaatliche Lösung existiert – notwendig auf anderer Stufe gelöst werden, wenn nicht allgemein vor dieser Herausforderung kapituliert werden soll.164 4. Zuweisung der Lasten an Großemittenten Als letzte Allokationsmöglichkeit kommt die Inanspruchnahme der unmittelbaren Verursacher von Emissionen (sog. Emitters-pay-Prinzip) in Betracht. Bevor diese Lösung hinsichtlich ihrer Vorzüge und rechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten näher betrachtet werden kann, ist zunächst die Frage zu erörtern, wie weit der Kreis der Verantwortlichen zu ziehen ist. a) Bestimmung der verantwortlichen Emittenten Welche Emittenten als Verursacher von Treibhausgasen im Rahmen der Allokation von Schäden und Verlusten tatsächlich zur Verantwortung gezogen werden sollen, kann nicht ohne Weiteres beantwortet werden.165 Bedenklich ist insoweit, dass grundsätzlich alle auf der Erde lebenden Menschen als Emittenten in Betracht kommen, weil nahezu jedes Verhalten – Atmen, Fortbewegen im Fernverkehr, Beheizen der Wohnung oder Nutzen des Internets – unmittelbar oder mittelbar Treibhausgase produziert, die in die Atmosphäre aufsteigen und dadurch zu einer Erhöhung der Treibhausgaskonzentration beitragen. Die Zahl der Verursacher von Emissionen erscheint auf den ersten Blick ausufernd groß und nahezu unüberschaubar. Jedoch besteht Einigkeit dahingehend, dass nicht auch sämtliche Emittenten für ihr Verhalten rechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollen, sondern Kleinemittenten und damit vorwiegend Privatpersonen aus dem Kreis der Verantwortli-

163 Karimi-Schmidt, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 53, 73. 164 Ähnlich auch Kling, KJ 51 (2018), 213, 224. 165 Siehe dazu auch Rehbinder, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 45, 55 f.

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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chen herauszunehmen sind.166 Zur Begründung werden unterschiedliche Ansätze vorgebracht, von denen allerdings nicht alle vollumfänglich überzeugen können. aa) Emission von Treibhausgasen als sozialadäquate, von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckte Verhaltensweise So wird zum einen angeführt, dass die Emission von Treibhausgasen während des Vorgangs des Atmens schon selbstredend keine Zuweisung rechtlicher Verantwortlichkeit rechtfertige, da es sich um einen lebenserhaltenden Prozess handele und das Rechtsgut Leben in diesem Fall stets Vorrang beanspruche.167 Auch sonstige Emissionen von Kleinemittenten fielen im Rahmen einer gesellschaftlich anerkannten, üblichen Lebensführung an und seien insofern als sozialadäquates Erzeugnis und in Kauf zu nehmendes Risiko zu betrachten, das grundsätzlich von der allgemeinen Handlungsfreiheit des Einzelnen gedeckt sei und von der Gesellschaft gewünscht und gefördert werde.168 Die Begründung einer rechtlichen Verantwortlichkeit erschiene somit schlicht nicht angemessen und unverhältnismäßig. Gegen diese Argumentation ist allerdings einzuwenden, dass sie – um der Erreichung des gewünschten Ergebnisses willen – rechtlich reichlich konstruiert wirkt. Eine Abgrenzung zwischen Verhaltensweisen, die angemessen und von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckt sein sollen sowie solchen, die in diesem Sinne nicht mehr gerechtfertigt werden könnten, erscheint kaum möglich. Insoweit fehlt es an aussagekräftigen konturierenden Kriterien. Zudem hinge eine Entscheidung über die gesellschaftliche Anerkennung einer Tätigkeit und eine damit einhergehende Angemessenheit im Rahmen der Handlungsfreiheit wohl v. a. von der subjektiven Einschätzung eines jeden Einzelnen ab, je nachdem, welche Priorität der Klimaschutz im Wertesystem des jeweiligen Menschen hat. So kann der eine die Flugreise nach Thailand als vollkommen sozialadäquat und in seinem sozialen Umfeld üblich betrachten, während der andere diese in Anbetracht des hohen Emissionsausstoßes als unangemessenen Luxus bewertet, der gesellschaftlich nicht mehr vertretbar ist. Die obenstehende Argumentation kann folglich mangels hinreichender Bestimmbarkeit nicht überzeugen. bb) Fehlende Quantifizierbarkeit der auf den Einzelnen entfallenden Emissionsmenge Darüber hinaus wird zur Begründung der Herausnahme von Kleinemittenten vorgebracht, dass die Bewertung und Differenzierung nach Verhaltensweisen und 166

So Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 203; Hinteregger, JETL 2017, 238, 247; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 137. 167 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 136 f. 168 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 138.

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deren Schädlichkeit bzw. Unschädlichkeit faktisch schlicht nicht machbar und die anfallenden Emissionen für den Einzelnen, etwa mangels genauer Einblicke in Produktionsprozesse und Transportwege der erworbenen Güter, unvorhersehbar seien.169 In der Konsequenz wird die Möglichkeit einer exakten Quantifizierbarkeit der auf eine einzelne Person entfallenden Emissionsmenge abgelehnt.170 Doch ob dieses Argument gegenwärtig noch Bestand hat, ist mehr als fraglich: so kann z. B. bei einer Flugreise über Suchmaschinen im Internet ohne Weiteres ermittelt werden, wie viel Tonnen Emissionen auf die Flugstrecke, das jeweilige Flugzeugmodell und anteilig auf jeden einzelnen Fluggast entfallen.171 Auch hinsichtlich zahlreicher Aktivitäten und Produkte existieren mittlerweile Berechnungen betreffend die anfallende Emissionsmenge,172 Programme im Internet ermöglichen die Bestimmung des eigenen „ökologischen Fußabdrucks“.173 Der öffentliche Fokus auf die Frage der Klimaverträglichkeit des menschlichen Handelns erleichtert auch dem Einzelnen eine Bewertung des eigenen Verhaltens. Sollte die Ermittlung des konkreten Beitrags eines Einzelemittenten an der Gesamtkonzentration von Treibhausgasen also nicht bereits möglich sein, so wird diese mit fortschreitender technischer Entwicklung und zunehmendem öffentlichen Druck, gerichtet auf mehr Transparenz hinsichtlich der etwa im Industrie-, Ernährungs- und Transportsektor anfallenden Emissionen, zukünftig wohl ohne weiteres möglich sein. Zwar wird die exakte Berechnung des Einzelbeitrags ggf. Zeit und Mühe erfordern, was an der grundsätzlichen Quantifizierbarkeit aber nichts ändert. Im Ergebnis ist folglich auch dem Argument der fehlenden Bestimmbarkeit der Emissionen des Einzelnen zu widersprechen. Dieses vermag die Herausnahme der Kleinemittenten aus dem Kreis der rechtlich Verantwortlichen nicht zu rechtfertigen. cc) Ausschluss von Kleinstemittenten aufgrund von Praktikabilitätserwägungen In der Konsequenz kann ein valides, tragfähiges rechtliches Argument für den Ausschluss der Kleinemittenten nicht gefunden werden.174 Die Gruppe der Verantwortlichen ist daher in der Theorie zunächst weit zu ziehen. So sind auch Kleinemittenten grundsätzlich vollumfänglich für die auf sie entfallende Emissionsmenge verantwortlich. Daraus muss aber nicht zwingend eine praktisch relevant werdende rechtliche Verantwortlichkeit erwachsen, welche ohnehin einer näheren Prüfung vorbehalten ist175. Dieses Ergebnis vermag zunächst seltsam anmuten, ist aber bei 169

Hinteregger, JETL 2017, 238, 247; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 137 f. Hinteregger, JETL 2017, 238, 247. 171 Siehe etwa den Emissionsrechner von atmosfair, abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 172 Siehe dazu etwa Umweltbundesamt, Daten zur Umwelt, S. 16. 173 Siehe dazu (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 174 Vgl. dazu auch Marburger, UTR 2, S. 109, 146 im Zusammenhang mit Waldschäden; siehe zu der rechtlichen Problematik bei Waldschäden § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (a). 175 Siehe dazu ausführlich § 2 B. II. 4. c) und § 2 C. II. 170

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näherer Betrachtung die einzig überzeugende Lösung, um Abgrenzungsschwierigkeiten und die Bestimmung der Grenze zwischen sozialadäquaten und sozialinadäquaten Verhaltensweisen zu vermeiden. In der Relation werden der Beitrag eines einzelnen Menschen an der Gesamtmenge an Emissionen sowie dessen konkrete Auswirkungen im Rahmen des Klimawandels nur minimal sein. Stellt man auf Kleinstemittenten ab, so müsste eine rechtliche Nachverfolgung bei mehreren Milliarden Menschen erfolgen. Dieses Vorgehen erscheint abwegig, gerade im Hinblick darauf, dass von jedem einzelnen Emittenten seinem Anteil entsprechend nur ein verschwindend geringer Beitrag zur Kompensation erlangt werden könnte, welcher möglicherweise nicht einmal in Geld quantifizierbar wäre. Kosten und Nutzen stünden in einem unangemessenen Verhältnis. Deshalb ist nicht ersichtlich, warum die rechtliche Verantwortlichkeit von Kleinstemittenten überhaupt relevant werden sollte, wenn der Fokus zielgerichtet auf einige wenige Emittenten, die sogenannten Carbon Mayors, gesetzt werden kann.176 Aus diesen Praktikabilitätserwägungen ist ein Ausschluss von Kleinstemittenten nicht insgesamt aus dem allgemeinen Kreis der Verantwortlichen, wohl aber aus dem rechtlich relevanten Kreis der Verantwortlichen, sowie eine Konzentrierung auf Carbon Mayors zu folgern. dd) Fokussierung auf Carbon Mayors Unter die Bezeichnung Carbon Mayors sind diejenigen Großunternehmen zu fassen, die mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit im Vergleich zur Allgemeinheit übergroße Mengen an Treibhausgasen emittieren und dadurch eine das natürliche Maß übersteigende atmosphärische Treibhausgaskonzentration verursachen, die zu einer anthropogen verursachten Störung des klimatischen Systems führt.177 So entfallen etwa 70 Prozent der globalen Gesamtmenge an Treibhausgasen auf nur 100 große Unternehmen.178 Im Jahre 2016 wurden weltweit insgesamt circa 49 Gigatonnen Treibhausgase emittiert. Eine Aufschlüsselung der Emissionen nach Sektoren ergibt, dass die größten Treibhausgasproduzenten im Bereich der Energieerzeugung, der Agrarkultur sowie Forst- und Landwirtschaft, der Industrie und der Müllverarbeitung zu finden sind. Allein 36 Gigatonnen an Treibhausgasen stammten 2016 aus dem Energiesektor.179 Durch die Unternehmen in den aufgezählten Branchen wird eine derart große Menge an Treibhausgasemissionen produziert, dass ein prozen176

So im Ergebnis auch Frank, NJOZ 2010, 2296, 2300; Hinteregger, JETL 2017, 238, 247; Rumpf, EurUP 2019, 145, 146. 177 Siehe zu Begriff und Bedeutung der Carbon Mayors vor dem Hintergrund des Klimawandels Rumpf, EurUP 2019, 145, 146. 178 Climate Accountability Institute, Summary of CO2 & methane emissions from identified oil & NGL production, abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 179 Climate Watch, Historical GHG Emissions, abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021).

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tualer Anteil eines jeden Unternehmens an den weltweiten Gesamtemissionen messbar ist, der die durchschnittlichen Emissionen eines einzelnen Menschen bei Weitem übersteigt. Im Gegensatz zu einzelnen Emittenten verfügen diese Unternehmen in der Regel auch über die wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen, um den Beitrag ihrer Tätigkeit an den globalen Emissionen erfassen zu können sowie alternative Technologien und Maßnahmen zur Emissionsreduktion und Ausstoßoptimierung einzusetzen bzw. einzuleiten.180 Großemittenten können diese im Rahmen der Emissionsoptimierung anfallenden Kosten in ihre Tätigkeit internalisieren und über Versicherungen und Preisbildung am Markt weitergeben.181 Dies rechtfertigt die Herausnahme der Carbon Mayors aus der Allgemeinheit und ihre Inanspruchnahme als Verantwortliche, während Kleinemittenten sinnvollerweise aus der Betrachtung auszugrenzen sind. b) Vorteile des Emitters-pay-Prinzips Für die Begründung einer Verantwortlichkeit von Großemittenten sprechen noch weitere Erwägungen. Zu nennen ist zum einen der Aspekt der Verhaltenssteuerung. So kann die Inanspruchnahme eines Großemittenten für Emissionen in der Vergangenheit zwar die bereits eingetretenen Schäden nicht mehr beseitigen, jedoch einen Anreiz zur Änderung des schädigenden Verhaltens in der Zukunft geben, und zwar insgesamt in Richtung mehr Information und eines gesteigerten Bewusstseins für die Gefahren des Klimawandels.182 Denn um eine künftige Haftung zu vermeiden, werden die Emittenten bestrebt sein, negative Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Produktionsprozess zu berücksichtigen, in die Preisbildung zu internalisieren und Emissionen langfristig zu reduzieren.183 Dies kann jedoch nur dann effektiv erreicht werden, wenn eine Inanspruchnahme von Emittenten weltweit ähnlich konsequent durchgesetzt wird, damit v. a. große Konzerne nicht versucht sind, sich bewusst in Staaten anzusiedeln, in denen weniger strenge Klimaschutzregelungen, etwa sehr großzügige CO2-Grenzwerte, Geltung beanspruchen.184 Zur Bewirkung einer Verhaltensänderung müsste Klimaschutz für Unternehmen trotz anfänglich kostspieliger Investitionen bei der Emissionsreduktion zukünftig wirtschaftlich günstiger erscheinen als dessen Vermeidung.

180

Hinteregger, JETL 2017, 238, 247. Hinteregger, JETL 2017, 238, 247; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202 f. 182 Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1642 f. (2007); Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 29 f. (2008); Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 140 f. (2007). 183 Hinteregger, JETL 2017, 238, 245 – 247; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202 f. 184 Wagner, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 217, 233. 181

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Wagner führt zwar an, dass eine Präventionswirkung und ein Anreiz zur Emissionsreduktion gerade nicht erreicht werden können, weil die Emissionen, die heute zu klimawandelbedingten Schäden führen, schon weit zurückliegen und eine Reduktion sich nur in ferner Zukunft auswirken würde. Ferner seien die Emittenten ohnehin schon durch den Emissionshandel zur nachhaltigen Reduktion ihrer Emissionen angehalten.185 Dem ist aber zu entgegnen, dass einer Verhaltensänderung, die möglicherweise erst sehr spät Effekte zeigt, nicht von vornherein die Präventionswirkung abgesprochen werden kann. Wie eingangs ausgeführt,186 wird die langfristige Intensität der Entwicklung des Klimawandels maßgeblich durch gegenwärtige und zukünftige Emissionen beeinflusst und gelenkt. Im Rahmen der Bekämpfung des Klimawandels ist allein schon aus moralischen Gesichtspunkten jeder Beitrag entscheidend, der zu einer Minderung der Emissionen führt und den Klimawandel dahingehend zumindest verlangsamen und steuern kann, gerade auch in Bezug auf die Verantwortung für nachfolgende Generationen. Hinsichtlich des Emissionshandels konnte bereits gezeigt werden, dass dieser aufgrund der gegenwärtig noch großen Menge an Emissionszertifikaten keine ausreichenden Wirkungen zeitigt und bessere Effekte erst aufgrund der Reformierung des Systems in der jetzigen Handelsperiode zu erwarten sind. Dann ist auch von den Verhaltensanreizen bei Unternehmen auszugehen, die von Anfang an bezweckt waren.187 Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass durch zusätzliche Maßnahmen nicht auch ein „Mehr-Effekt“ erzielt werden könnte, der zur Bekämpfung des Klimawandels dringend erforderlich ist. Die Verantwortlichkeit von Emittenten für klimaschädliche Folgen von Treibhausgasemissionen könnte auch ein Umdenken in anderen vulnerablen Umweltbereichen bewirken und so eine insgesamt höhere Umweltsensibilität und entsprechendes ressourcenschonendes Handeln zur Folge haben. Zudem würde dadurch der Eindruck gegenüber den Emittenten vermieden werden, dass diese eine Art Freifahrtschein für allgemeines schädigendes Handeln auch in nicht speziell geregelten Umweltsektoren haben.188 Positive Effekte könnten ebenfalls bei politischen Verantwortlichen, auf deren Entscheidungen auch multinationale Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oftmals großen Einfluss haben, zu beobachten sein und die politische Agenda in Richtung mehr Klimaschutz und Klimaanpassung lenken.189 Allgemein dürfte ein öffentliches Bewusstsein für die Betroffenen des Klimawandels und ihre Verluste und Schäden geschaffen werden, welches den öffentlichen Druck auf Politik und Großemittenten zu klimafreundli185

Wagner, Klimahaftung, S. 118 f.; Wagner, NJW 2021, 2256, 2262. Siehe dazu bereits § 2 B. I. 187 Vgl. Kreuter-Kirchhof, ZUR 2019, 396, 399. 188 Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1642 f. (2007); ders., 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 29 (2008); Hinteregger, JETL 2017, 238, 245. 189 Vgl. Ebert, in: Ruppel/Roschmann/Ruppel-Schlichting, Climate Change, S. 859, 860; Rumpf, EurUP 2019, 145, 146. 186

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chem Handeln i. S. v. Schutz und Anpassung verstärkt und so Verhaltensänderungen zumindest begünstigen könnte.190 Eine Inanspruchnahme von Emittenten kann auch einen Beitrag zur Verteilungsgerechtigkeit zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten sowie zur Solidarität mit und fairen Behandlung von Betroffenen des Klimawandels leisten.191 So konnte bereits gezeigt werden, dass die Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundenen Schäden und Verluste v. a. wirtschaftlich schwächere Regionen der Welt treffen werden, welche aufgrund geographischer Lage und gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Risikofaktoren eine höhere Klimavulnerabilität aufweisen. Die größten Emittenten von Treibhausgasemissionen sind dagegen in der Regel in Industriestaaten ansässig. Eine Aufschlüsselung der weltweiten Treibhausgasemissionen nach Ländern beweist, dass mit China, den Vereinigten Staaten und dem Staatenverbund der Europäischen Union insbesondere wirtschaftlich hochentwickelte und über großen Wohlstand verfügende Länder und konkret die dort ansässigen Großemittenten aus verschiedenen wirtschaftlichen Sektoren auch den größten Teil der Treibhausgasemissionen verursachen.192 Auf diesen beruht u. a. der wirtschaftliche Erfolg dieser Industrieländer. So haben die dort ansässigen Großemittenten über Jahrzehnte von niedrigeren Kosten gegenüber solchen, welche bei frühzeitiger Investition in emissionsreduzierende Maßnahmen und Technologien angefallen wären, sowie dem allgemeinen wirtschaftlichen Nutzen von Emissionen profitiert.193 Könnten sie nun für klimawandelbedingte Schäden und Aufwendungen zur Verantwortung gezogen werden, würde zumindest der Versuch einer Verteilung von Verlusten unternommen werden und sich möglicherweise eine Art „korrigierende Gerechtigkeit“ über einen Ausgleichsvorgang zeigen.194 Mit vorgenanntem Aspekt in Zusammenhang steht die Erwägung, dass durch Implementierung des Emitters-pay-Prinzips zur Verwirklichung von gesellschaftlichem und sozialem Frieden in den vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern

190

Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 140 (2007); Hinteregger, JETL 2017, 238, 245; Kling, KJ 51 (2018), 213, 224; Okubo, in: Ruppel/Roschmann et al., S. 741, 743. 191 Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 30 (2008). 192 Europäisches Parlament, Treibhausgasemissionen nach Ländern und Sektoren (Infografik), abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 193 Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1641 (2007); Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L. 1, 29 f. (2008); Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 31 f. (2008). 194 Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 30 – 32 (2008); Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L. 1, 31 (2008); vgl. auch Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev/Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202; zum Ganzen auch Grossmann, 28 Colum. J. Envtl. L., 1, 4 f. (2003); siehe allgemein zu der ökonomischen Internalisierung schädlicher Auswirkungen in die Aktivitäten von Unternehmen aus Industriestaaten in Entwicklungsländern Habersack/Ehrl, AcP 219 (2019), 155, 160 – 162.

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beigetragen werden könnte.195 Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, welche alle Bewohner der Erde betrifft. Während die Emittenten in großen Industriestaaten durch hohe Treibhausgasemissionen den anthropogenen Klimawandel zumindest mitverursachen, bekommen die Menschen in ärmeren, weniger industriell und wirtschaftlich entwickelten Ländern v. a. die Auswirkungen zu spüren, während sie selbst kaum zur erhöhten atmosphärischen Treibhausgaskonzentration beigetragen haben. Die Solidarität der Weltgemeinschaft gebietet es daher, dass diejenigen Regionen, die vom Klimawandel besonders hart getroffen werden, in diesen Krisen nicht allein gelassen und deren Probleme nicht als rein lokale und nationale betrachtet werden. Bedacht werden sollte auch, dass eine Vernachlässigung dieser Verantwortung durch die Industriestaaten zu sozialen Spannungen und Konflikten in den betroffenen Ländern führen und politische und gesellschaftliche Systeme erschüttern kann.196 Vorstehende Erwägungen zeigen, dass das Emitters-pay-Prinzip einige Chancen bietet und unter den vorgestellten Möglichkeiten als eine gerechte Lösung erscheint, gerade dann, wenn Schadenskompensation und Verlustverteilung auf staatlicher Ebene bisher unzureichend sind.197 Weiter untersucht werden muss dann, wie eine rechtliche Umsetzung erfolgen kann. c) Rechtliche Umsetzung des Emitters-pay-Prinzips Die Realisierung der Verantwortlichkeit der Großemittenten kann auf verschiedenen rechtlichen Wegen erfolgen. Zum einen ist eine administrative Umsetzung möglich, also eine Inanspruchnahme in den Formen des Ordnungsrechts, z. B. durch Auflagen, Ge- oder Verbote und damit einhergehende Zahlungsverpflichtungen. Daneben ist die Wahl ökonomischer Instrumente denkbar, so z. B. die Errichtung eines Finanzierungsfonds, in welchen die Großemittenten ihren Emissionsanteilen entsprechend einzahlen müssen oder dies auf freiwilliger Basis als Anerkennung eigener Verantwortlichkeit tun. Auch die Erhebung von Abgaben oder die Errichtung eines Emissionshandelssystems fallen darunter.198 Sowohl die administrative Umsetzung als auch die Verwirklichung über ökonomische Instrumente bedürfen aber der Aktion durch die gesetzgebende Gewalt bzw. durch die Emittenten. Hier soll deshalb einer Lösung gefolgt werden, welche den Betroffenen selbst eine Möglichkeit des Tätigwerdens eröffnet und eine Kompensation für Schäden und Verluste im Einzelfall bietet.199 Untersucht wird im Weiteren die privatrechtliche Haftung von 195 Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1644 (2007); Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 30 f. (2008). 196 Farber, 155 U. Pa. L. Rev. 1605, 1641, 1644 (2008). 197 Ähnlich Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y, 21, 33 (2008). 198 Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1649 f. (2007); Kahl/Gärditz/Schmidt, Umweltrecht, § 4 Rdnr. 2. 199 Vgl. Hinteregger, JETL 2017, 238, 246; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202 f.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Großemittenten für die Folgen des Klimawandels und deren gerichtliche Durchsetzung im Klageverfahren. Freilich ist bei diesem Ansatz zunächst zu bedenken, dass damit ggf. hohe Transaktionskosten einhergehen und gerichtliche Ressourcen in Anspruch genommen werden. Auch ein genereller Ausgleichsmodus für sämtliche von klimawandelbedingten Nachteilen Betroffene kann darüber nicht implementiert werden, es lassen sich nur Lösungen für Einzelfälle herbeiführen.200 Über eine internationale rechtliche Zusammenarbeit verschiedener Staaten und durch den Erlass überstaatlicher Regelungen ließen sich demgegenüber sehr viel breitere Ausgleichskonzepte und allgemeine Maßnahmen zur Klimaanpassung und Restitution Betroffener erreichen. Dennoch könnten durch die Klimahaftung gegenwärtig große Fortschritte erzielt werden.201 Denn der Betroffene kann ein Tätigwerden in Bezug auf seine Nachteile unabhängig von politischer Initiative verlangen. So ist ein Rückgriff auf bereits bestehende Regelungen möglich, ohne dass zunächst in einem langen Legislativprozess neue Instrumente, z. B. internationale Abkommen, geschaffen werden müssten.202 Zudem kann die Haftung grenzüberschreitend geltend gemacht und ggf. auch im Ausland vollstreckt werden, sodass auch ausländische Emittenten, insbesondere die in Staaten ohne striktes Klimaschutzrecht ansässigen, erreicht und hin zu einer Verhaltensänderung geführt werden könnten.203 Darüber hinaus ist ein Prozess geeignet, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit insgesamt auf die mit dem Klimawandel einhergehenden Schäden von Einzelpersonen zu richten und so den politischen Handlungsdruck in Bezug auf Mitigation, Anpassung und Kompensation zu erhöhen.204 Auch die gemeinhin anerkannten Funktionen des Haftungsrechts – Schadensausgleich und Schadensprävention –205 stimmen mit den durch das Emitters-pay-Prinzip verfolgten Zielen überein. Der Geschädigte wird für erlittene Schäden kompensiert und ihm wird ökonomische Restitution gewährt, somit kann im Wege der Schadensinternalisierung Gerechtigkeit zwischen geschädigter und schädigender Partei herbeigeführt werden. Schließlich wird bei Großemittenten ein Bewusstsein für die Problematik geschaffen und ein Anreiz zur Änderung des

200

Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1649 (2007). Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 178 f. (2007). 202 Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202 f. 203 Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 203. 204 Hinteregger, JETL 2017, 238, 245. 205 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 9; Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 139 (2007); für den europäischen Rechtsraum auch Magnus, ZEuP 1998, 602, 610; Schmidt-Salzer, in: v. Bar, Internationales Umwelthaftungsrecht II, Rdnrn. 8 f. 201

B. Erforderlichkeit einer privatrechtlichen Haftung

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Verhaltens gesetzt, der künftig zu einer Reduktion von Emissionen und der Verhütung von Schäden in weiter Zukunft führen könnte.206 Deutlich gemacht werden muss jedoch auch, dass sich zur Eindämmung des Klimawandels über staatliche globale Zusammenarbeit, insbesondere durch globale regulatorische Vorgaben und ökonomische Instrumente, weitaus größere Effekte erzielen lassen.207 Dennoch erscheint eine klageweise Durchsetzung einer privatrechtlichen Haftung im Ergebnis als zusätzliches Instrument der Feinsteuerung im Einzelfall –208 zumindest solange noch kein effektives Ausgleichssystem auf internationaler Ebene für durch den Klimawandel Betroffene existiert – ein gangbarer Weg.209 Entscheidend zur Erreichung der angeführten Zielsetzungen ist jedoch, dass das Haftungssystem wirksam ausgestaltet ist und jeder Emittent tatsächlich auch mit seiner Inanspruchnahme für die Emission großer Mengen an Treibhausgasen rechnen kann.210 Das Emitters-pay-Prinzip, umgesetzt im Wege einer privatrechtlichen Haftung, kann also nur dann praktische Effizienz erreichen, wenn das Verhalten der Emittenten auch nachweislich die Haftungsvoraussetzungen erfüllt und nicht an den Grenzen des rechtlich Machbaren scheitert. Sonst wird die hier vorgestellte Lösung für die Frage der Allokation klimawandelbedingter Schäden und Verluste nur ein theoretisch begrüßenswerter Ansatz bleiben, der sich in der Praxis jedoch nicht durchsetzen kann.211 Davon ausgehend soll im Fortgang der Arbeit untersucht werden, welche Erfolgsaussichten privatrechtliche Klimaklagen haben und welche rechtlichen und tatsächlichen Probleme mit einer privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels verbunden sein können. Dem vorangestellt erfolgt eine rechtssystematische Einordnung der Klimahaftung im Wege einer näheren Untersuchung der Anspruchsziele sowie einer Analyse der relevanten grundlegenden Haftungselemente.

206 Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 202. 207 Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 178 (2007). 208 Hinteregger, JETL 2017, 238, 246. 209 Ähnlich Brunnée/Goldberg/Lord/Rajamani, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 36; auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen spricht sich zur Erreichung einer gerechten Klimapolitik für eine Klagemöglichkeit der vom Klimawandel Geschädigten sowie für eine staatliche Unterstützung besonders aussichtsreicher Rechtsschutzbegehren aus, sofern ein gerichtsfester Nachweis der kausalen Verknüpfung zwischen einzelnen Emissionen und Klimaschäden möglich ist, WBGU, Zeit-gerechte Klimapolitik, S. 4. 210 Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 203. 211 Vgl. auch Wagner, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 217, 233.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung für die Folgen des Klimawandels I. Rechtliche Einordnung der privatrechtlichen Klimahaftung 1. Anspruchsziele der privatrechtlichen Klimahaftung Um die privatrechtliche Haftung für bestimmte Auswirkungen des Klimawandels und die damit einhergehenden rechtlichen Probleme eingehend erörtern zu können, muss zunächst festgestellt werden, welche Anspruchsziele die Betroffenen im Rahmen der Klimahaftung verfolgen und auf welche Haftungsnormen entsprechend abzustellen ist.212 Nach einer ersten theoretischen Differenzierung sollen zur praktischen Veranschaulichung der Anspruchsziele einige ausgewählte Klimaklagen vor Gerichten in den Vereinigten Staaten und in Deutschland kurz skizziert werden.213 a) Grundlegende Differenzierung nach repressiven und präventiven Anspruchszielen aa) Rechtliche Zuordnung der relevanten Gefahr-, Verletzungs- und Schadensszenarien Ein Blick auf die vielfältigen prognostizierten Folgen des Klimawandels offenbart zahlreiche mögliche, rechtlich relevante Verletzungs- und Gefahrenszenarien hinsichtlich verschiedener individueller und allgemeiner Rechtsgüter und Interessen.214 Aus tatsächlich eingetretenen Verletzungen dieser können Schäden resultieren,215 die sich anhand der im europäischen Rechtsraum gängigen Unterteilung nach Vermögens- sowie immateriellen Nichtvermögensschäden kategorisieren lassen.216

212 Siehe überblicksartig zu Rechtsschutzzielen und Anspruchsgrundlagen unter deutschem Recht auch die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten von Klimaklagen gegen Staat und Unternehmen in Deutschland vom 3. August 2016, Az. WD 7 – 3000 – 116/16. 213 Vgl. dazu auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 18 – 22. 214 Siehe hierzu ausführlich § 2 A. V. 215 Siehe zu dieser Differenzierung ausführlich § 2 C. I. 2. b). 216 v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnr. 145. Im anglo-amerikanischen Rechtsraum wird dagegen eine Differenzierung nach general damages und special damages vorgenommen. Während special damages kompensatorische Zahlungen für solche Nachteile bezeichnen, die sich genau quantifizieren lassen, werden general damages für nicht im Einzelnen bezifferbare oder beweisbare Verluste als Pauschalbeträge gewährt, v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II. § 1 Rdnr. 143. Diese unterschiedlichen Einordnungsmöglichkeiten spielen für den Fortgang der vorliegenden Arbeit aber keine bedeutende Rolle. Im Folgenden soll der Einteilung in Vermögens- und Nichtvermögensschäden gefolgt werden, weil so eine deutlichere Unterscheidung, auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Arten von Schadensersatzleistungen, möglich ist.

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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Daraus ergeben sich Einschränkungen in zweierlei Hinsicht. Zum einen spielt sich Klimahaftung in der Regel im Bereich der außervertraglichen Haftung ab; die vertragliche Haftung nimmt im Zusammenhang mit der Haftung für klimawandelbedingte Auswirkungen keine bedeutende Rolle ein. Vertragliche Beziehungen zwischen den Betroffenen und den Großemittenten als Haftungsgegner werden die Ausnahme sein, allein weil die Beteiligten einander in der Regel – aufgrund der großen Distanz zwischen Industrieländern, in denen Großemittenten meist ansässig sind, und den Betroffenen in eher südlichen Entwicklungsländern – unbekannt sein werden. Die vertragliche Haftung kann im Kontext dieser Untersuchung folglich außen vor bleiben und bedarf keiner weiteren Erörterung.217 Zum anderen betreffen der Klimawandel und seine Auswirkungen vorwiegend Integritätsinteressen, woraus sich eine weitgehende Begrenzung der Klimahaftung auf die deliktische Haftung ergibt. Der Begriff des Deliktsrechts soll hier auch die Gefährdungshaftung umfassen.218 Schließlich muss die deliktische Haftung weit verstanden werden und Schadensausgleich wie auch Schadensprävention in ihren Kernbereich einbeziehen.219 Anhand dieser Kategorisierung ergeben sich die beiden Hauptzielrichtungen der deliktischen Haftung im Sinne einer repressiven und präventiven Dimension.220 bb) Repressives Anspruchsziel Im Rahmen der repressiven Zielrichtung der deliktischen Haftung können die Betroffenen für bereits eingetretene, nicht mehr zu verhindernde klimawandelbedingte Schäden Schadensersatz verlangen. Während sich ein Vermögensschaden in einer negativen Vermögensdifferenz widerspiegelt, ist ein Nichtvermögensschaden gerade nicht in diesem Sinne messbar, sondern spiegelt sich als Nachteil in der „Gefühlsbilanz“221 wider.222 Beispielsweise könnte der Eigentümer eines Hauses für den Fall, dass der den Untergrund seines Hauses bildende Permafrostboden infolge der klimawandelbedingten Erwärmung abtaut und aufgrund des Abrutschens des Bodens die Sachsubstanz seines Eigentums zerstört wird, Ersatz für entstehende Reparaturkosten bzw. den untergegangenen Wert als Vermögensschaden begehren; 217 Siehe dazu auch Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 595; die Autoren lehnen eine allgemeine schuldrechtliche Verpflichtung von Unternehmen, im Rahmen ihrer Leistungserbringung möglichst wenig Treibhausgasemissionen auszustoßen, ab; siehe dazu ferner Rumpf, EurUP 2019, 145, 152. 218 v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht I, § 1 Rdnr. 9; siehe auch zum Begriff des Haftungsrechts Koziol, Festschr. f. Magnus, S. 61, 62 f. 219 Ergänzend ist auf v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht I, § 1 Rdnr. 1 (Fn. 3) zu verweisen, wonach „Schadensverhütung nun einmal besser ist als Schadensvergütung“, weshalb „[d]er vorbeugende Rechtsschutz […] ein notwendiger vorgreiflicher Bestandteil einer jeden privatrechtlichen Schadensausgleichsordnung [ist]“. 220 Siehe allgemein zu den Zielrichtungen des Umweltschutzes mit den Mitteln des Privatrechts im deutschen Haftungsrecht Diederichsen, Referat L zum 56. DJT, S. 48, 51. 221 v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnr. 145. 222 v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnr. 145.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

darüber hinaus aber ggf. auch Ersatz für den immateriellen Schaden aufgrund der erlittenen seelischen Beeinträchtigungen durch den Verlust des Zuhauses und des damit verbundenen Erinnerungsschatzes. Schadensersatz richtet sich in den meisten Rechtsordnungen grundsätzlich auf die Zahlung von Geldleistungen, kann jedoch auch in der Vornahme einer tatsächlichen Handlung bestehen. So ist Schadensersatz nach dem in den europäischen Rechtsordnungen anerkannten Prinzip der Naturalrestitution zu leisten, das sich auf eine Wiederherstellung in natura durch Vornahme der dazu erforderlichen Handlungen oder auch auf Ersatz der Kosten für die dazu benötigten Reparaturen in Geld richtet. Daneben kann nach dem Prinzip des Wertersatzes die geschaffene „Lücke gefüllt“ und Geld in Höhe des verlorenen Wertes geleistet werden.223 Für Vermögensschäden kann ohne Weiteres Ersatz in Form von Geldzahlungen für die negative Vermögensdifferenz erbracht werden. Als problematisch erweist sich der Ausgleich von immateriellen Schäden: deren Ersatzfähigkeit sowie die Höhe eines möglichen Ersatzes sind in den verschiedenen Rechtsordnungen sehr umstritten.224 cc) Präventives Anspruchsziel Andererseits sind die Betroffenen nicht gehalten, den Schadenseintritt abzuwarten, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen und Verletzung sowie Schaden jederzeit eintreten können. Unter bestimmten Voraussetzungen könnte dann zukunftsgerichtet in präventiver Zielrichtung Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels und damit einhergehenden drohenden Verletzungen und Schäden i. S. v. Unterlassung und Beseitigung gefordert werden. So könnte der Haftungsgegner zur Reduktion der von ihm verursachten Treibhausgasemissionen und zur Einhaltung gerichtlich festgelegter Emissionsgrenzwerte, d. h. Unterlassung seines schädigenden Verhaltens in einem ihm zumutbaren Maße, oder auch zur Vornahme von Adaptionsmaßnahmen zur Sicherung der Interessen des Klägers bzw. zum Ersatz von zu diesem Zwecke bereits getätigten Aufwendungen verpflichtet werden. Bezogen auf das Beispiel des Hauseigentümers, dessen Haus infolge der klimawandelbedingten Schmelze des Permafrostbodens zerstört wird, könnte dieser folglich schon vor der Zerstörung aufgrund der drohenden Gefahr der Verletzung und des Schadenseintritts von dem vermeintlichen Verursacher Schutz begehren. So könnte er Sicherungsmaßnahmen für sein Eigentum verlangen oder ggf. auch den maßgeblich verantwortlichen Emittenten zur Reduktion seiner Treibhausgasemissionen verpflichten. Inwieweit repressive und präventive Anspruchsziele in der Fallpraxis tatsächlich eine Rolle spielen, soll anhand einiger ausgewählter Klimaklagen im Folgenden 223 Zum Ganzen Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 18; v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnrn. 127, 131 f. 224 v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnr. 145; ausführlich zur Ersatzfähigkeit von Nichtvermögensschäden im europäischen Rechtsraum v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnrn. 150 – 165.

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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einer näheren Betrachtung unterzogen werden.225 Eine vertiefte Analyse der rechtlichen Problematik erfolgt an dieser Stelle noch nicht.226 b) Exemplarische Klimaklagen zur Verdeutlichung der Anspruchsziele der Klimahaftung Insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika hat die climate change litigation schon früh und v. a. in den letzten Jahren große Relevanz erlangt.227 Infolgedessen steht eine umfangreiche Kasuistik zur Verfügung, die im Hinblick auf die Anspruchsziele der Betroffenen untersucht werden kann. aa) Vorbemerkung zu Besonderheiten von Klimaklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika Um den Kontext von Klimaklagen erfassen zu können, sei vorab auf einige gemeinsame Besonderheiten der privatrechtlichen Klimaklagen in den Vereinigten Staaten hingewiesen.228 Klimaklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika werden zumeist gegen große Unternehmen, insbesondere aus den Sektoren der Energieversorgung und Industrie, erhoben, die mittels der Verbrennung fossiler Energieträger eine erhebliche Menge an Treibhausgasen emittieren. Angestrebt werden diese Klagen häufig von einzelnen oder mehreren US-amerikanischen Bundesstaaten, welche aufgrund ihrer geographischen Lage erheblich von Klimawandel und damit einhergehenden Wetterextremen und Überschwemmungen betroffen sind oder sein werden, und somit auch gravierende Schäden und Verluste erwarten können. Die Staaten klagen dann im Namen bzw. als Treuhänder zum Schutz ihrer Bürger (Parens patriae).229 Geltend gemacht wird von diesen, ggf. neben der Beeinträchtigung von Individualinteressen, die Verletzung von geschützten Allgemeininteressen, welche den

225

Siehe hierzu auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 18 – 22. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 227 Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137 bezeichnen die Vereinigten Staaten von Amerika zu Recht als „Mutterland“ der climate change litigation; siehe zu einem älteren, aber nach wie vor relevante Verfahren thematisierenden Überblick Burckhardt/Sommerer, VersR 2013, 1107; Lach/Morbach, VersR 2010, 442; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 73; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129; siehe zu einer gegenwärtigen Umschau Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 578 – 581; Farber, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 237. 228 Siehe vertiefend zu den klimaschutzrechtlichen Grundlagen von Klimaklagen in den USA auch Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 73; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129. 229 Brunée/Goldberg et al., in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 27; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 156; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 73, 76. 226

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Staaten als Quasi-Souveräne (quasi sovereign interests) zustehen, so etwa das öffentliche Interesse am Wohlergehen der Staatsbürger.230 Die Klagen stützen sich auf Haftungsrecht aus common law, dessen Regelungen im Wesentlichen aus gerichtlichen Fallentscheidungen abgeleitet werden.231 Die Bestimmungen sind nicht national einheitlich, da das Haftungsrecht als Bestandteil des bürgerlichen Rechts in der Kompetenz eines jeden US-Bundesstaates liegt.232 Somit existieren potentiell 50 verschiedene Varianten des amerikanischen Haftungsrechts.233 Dazu kommt ein federal common law auf Bundesebene, das bestimmte Sachverhalte und Strukturen regelt, die über das Territorium einzelner Bundesstaaten hinausgehen.234 Gewisse übergreifende haftungsrechtliche Grundsätze und Strukturen werden jedoch in den klassischen Gesetzbüchern ähnelnden Restatements of Torts zusammengetragen,235 auf welche sich die nachfolgenden Erläuterungen beziehen.236 Besondere Bedeutung bei Klimahaftungsklagen hat das richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut der public nuisance. Darunter ist im Grundsatz eine erhebliche Störung eines Allgemeinrechtsguts durch ein schuldhaftes oder besonders gefährdendes Verhalten zu verstehen,237 welche nach Abwägung aller widerstreitenden Interessen, insbesondere unter Einbeziehung der sozialen Nützlichkeit, des Ausmaßes der Beeinträchtigung und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit etwaiger Vermeidungsmaßnahmen,238 unverhältnismäßig erscheint.239 Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung bestimmt sich nach wertender Entscheidung im Einzelfall.240 Zu den Rechtsgütern, welche vor schädlichen Aktivitäten geschützt werden, zählen Allgemeinrechtsgüter, u. a. die öffentliche Gesundheit, Sicherheit, Frieden oder die öffentliche Infrastruktur, die der Öffentlichkeit als Gesamtheit und nicht nur individuellen Personen zustehen.241 Trotz des Bezugs zu Allgemeinrechtsgütern sind nicht 230

Alfred L. Snapp & Son v. Puerto Rico, 485 U.S. 592, 602 (1982); Georgia v. Tenn. Copper Co., 27 S. Ct. 618, 619 (1907); Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 73, 76 Fn. 32; dies., ZUR 2009, 129, 135 f. 231 Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 3 S. 19. 232 In den Vereinigten Staaten von Amerika herrscht auf Grundlage der Verfassung eine strenge föderale Struktur, die zu einer Kompetenzen- und Machtverteilung zwischen der nationalen Regierung und den insgesamt 50 Bundesstaaten führt, Gerrard/Wannier, in: Lord/ Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 557. 233 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 17 S. 245. 234 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 254. 235 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 17 S. 246 f. 236 Siehe weiterführend zu Grundlagen des privaten Umwelthaftungsrechts der Vereinigten Staaten von Amerika Hay, in: v. Bar, Internationales Umwelthaftungsrecht I, S. 129. 237 Restatement (Second) of Torts § 821 A (1979). 238 Restatement (Second) of Torts § 826, 827 f. (1979). 239 Verheyen/Lührs, ZUR 129, 133. 240 Gerrard/Wannier, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 580. 241 Restatement (Second) of Torts § 821 B, 821 F, 822 (1979).

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allein Träger von Hoheitsgewalt, sondern auch Privatpersonen anspruchsberechtigt, wenn sie eine besondere Betroffenheit in Form eines Nachteils, der in Ausmaß und Art über Nachteile der Allgemeinheit hinausgeht, nachweisen können.242 Bei Erfüllung des Tatbestands können die Betroffenen den Erlass einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung begehren (injunctive relief); ist ein Eingriff bereits erfolgt und unterfällt dieser keiner Duldungspflicht, kann Schadensersatz verlangt werden.243 Die public nuisance erscheint gerade aufgrund ihrer Flexibilität und der Erfassung von Allgemeinrechtsgütern als ein geeignetes Instrument im Rahmen der Klimahaftung, um die weitreichenden Folgen des Klimawandels für Mensch und Natur rechtlich zu erfassen.244 Ziel der auf die public nuisance gestützten Klagen ist es, die Rechtsschutzlücken zu schließen, die sich aus einem Fehlen von Bundesregelungen oder staatlichen rechtlichen Regelungen für die im konkreten Fall Betroffenen ergeben.245 bb) Connecticut v. American Electric Power Co., Inc. Im Jahre 2004 erhoben neun US-Bundesstaaten sowie drei private Gesellschaften Klage gegen sechs große amerikanische Energieversorger (Verfahren Connecticut v. American Electric Power Co., Inc.). Nach Angabe der Kläger seien jene für 25 Prozent der Emissionen des Stromsektors und – da zehn Prozent der weltweiten Emissionen im US-amerikanischen Energiesektor generiert werden – für 2,5 Prozent aller anthropogenen Emissionen weltweit verantwortlich. Gestützt wurde die Klage auf das rechtliche Institut der public nuisance, unter Geltendmachung einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung von u. a. öffentlicher Infrastruktur und Gesundheit. Beantragt wurde neben der Feststellung der einzelnen bzw. gemeinsamen Verantwortlichkeit der Energieversorgungsunternehmen die Kappung und anschließende stetige Reduktion der von ihnen verursachten Emissionen für mindestens eine Dekade.246 Die Klage verfolgte somit im Wesentlichen ein präventives Anspruchsziel zur Vorbeugung möglicher schädlicher Folgen. Dieses Begehren war allerdings erfolglos, das Bundesgericht erster Instanz wies die Klage wegen fehlender Justiziabilität247 ab.248 Das Berufungsgericht bejahte dagegen zunächst die Justiziabilität.249 Jedoch entschied schließlich der Supreme Court, das höchste Bundesgericht der Vereinigten Staaten, dass der Clean Air Act 242

Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 90 S. 648. Verheyen/Lührs, ZUR 129, 133. 244 Vgl. Grossmann, 28 Colum. J. Envtl. L., 1, 53 f. (2003). 245 Gerrard/Wannier, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 581. 246 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 406 F.Supp.2d 265, 267 – 270 (S.D.N.Y. 2005). 247 Siehe zu der Justiziabilität, der Political-Question-Doktrin und der Sperrwirkung regulatorischen Klimaschutzrechts ausführlich § 2 C. II. 1. a). 248 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 406 F.Supp.2d 265 (S.D.N.Y. 2005). 249 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 582 F.3d 309, 310 (2nd Cir. 2009). 243

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

eine Sperrwirkung gegenüber einer Klage auf Grundlage der public nuisance entfalte und die Regulation von Treibhausgasemissionen der amerikanischen Umweltbehörde überantwortet sei. Die anhängige Klage musste deshalb abgewiesen werden.250 cc) Native Village of Kivalina v. ExxonMobil, Corp. Eine repressive Zielrichtung verfolgten die Kläger im Verfahren Native Village of Kivalina v. ExxonMobil, Corp. Sie verlangten auf Grundlage von u. a. public nuisance nach federal common law Schadensersatz von einer großen Gruppe von Emittenten, bestehend aus insgesamt 24 Energieversorgern, Unternehmen der Ölindustrie und des Kohleabbaus, in Höhe der den Klägern entstehenden Kosten für die Umsiedlung der Bewohner der Stadt Kivalina. Diese sei erforderlich, weil infolge der durch die erhöhte Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre verursachten Klimaerwärmung die Eisdecke an der Küste Alaskas stark abgenommen hatte und die Region von einer erheblichen Überflutungsgefahr aufgrund der Erosion der Küste betroffen war.251 Auch diese Klage wurde vom Bundesgericht erster Instanz wegen fehlender Justiziabilität der Frage nach der Allokation von Verantwortlichkeit und Kosten des Klimawandels abgewiesen.252 Das Berufungsgericht beanstandete diese Entscheidung nicht.253 Das Urteil wurde schließlich 2013 durch den Supreme Court faktisch bestätigt, indem ein von den Klägern eingelegtes Rechtsmittel ohne weitere Kommentierung abgelehnt wurde. dd) Comer v. Murphy Oil USA, Inc. Im Verfahren Comer v. Murphy Oil USA, Inc. begehrten mehrere Privatpersonen als Kläger einer Sammelklage von zahlreichen Energieversorgern und sonstigen Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe ebenfalls erfolglos Schadensersatz für die aufgrund des Wetterphänomens Hurrikan Katrina erlittenen Sachund Vermögensschäden. Sie beriefen sich u. a. auf Beeinträchtigungen ihres privaten Hauseigentums, das nicht nur äußere Schäden, sondern auch einen erheblichen Wertverlust aufgrund der Lage in einem Hurrikan-Risikogebiet und steigender Versicherungsprämien erlitten habe. Zusätzlich wurde Strafschadensersatz (punitive damages) verlangt. Die Beklagten sahen sich dem Vorwurf ausgesetzt, gegen eine Sorgfaltspflicht, nach der sie ihre geschäftliche Tätigkeit so führen sollten, dass

250

American Electric Power Co., Inc. v. Connecticut, 131 S.Ct. 2527, 2528 (2011); siehe dazu näher § 2 C. II. 1. a) bb). 251 Native Village of Kivalina v. Exxonmobil, Corp., 663 F.Supp.2d 863, 868, 869 (N. D. Cal. 2009). 252 Native Village of Kivalina v. Exxonmobil, Corp., 663 F.Supp.2d 863 (N. D. Cal. 2009). 253 Native Village of Kivalina v. Exxonmobil, Corp., 696 F.3d 849, 850 (9th Cir. 2012).

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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weder Umwelt, öffentliche Gesundheit noch öffentliches oder privates Eigentum unangemessen verletzt werden, verstoßen zu haben.254 Auch diese Klage wurde jedoch wegen fehlender Justiziabilität abgewiesen.255 Die Berufungsinstanz bestätigte diese Entscheidung.256 ee) City & Country of Honolulu v. Sunoco LP Vermögensschäden werden im noch laufenden Verfahren City & Country of Honolulu v. Sunoco LP geltend gemacht. Die Stadt und Region von Honolulu verlangen von einem großen Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Energieerzeugung umfassend Schadensersatz für vorgenommene Anpassungsmaßnahmen sowie für erlittene finanzielle Verluste infolge eines verminderten Steueraufkommens im Tourismus- und Ozeanbereich, ausgelöst durch den anthropogenen Klimawandel, sowie Strafschadensersatz. Dem Großemittenten wird vorgeworfen, bereits seit Dekaden von den zerstörerischen Folgen des Klimawandels, maßgeblich verursacht durch die von diesem geförderten fossilen Energieträgern, gewusst, aber nichts unternommen zu haben, um die Betroffenen zu warnen bzw. zu deren Gunsten Schutzvorkehrungen zu treffen.257 ff) Luciano Lliuya v. RWE AG Die bislang bekannteste privatrechtliche Klimaklage im europäischen Rechtsraum mit präventiver Zielrichtung wurde im Jahre 2015 durch den peruanischen Bauern Luciano Lliuya gegen den deutschen Energieversorger RWE AG erhoben. Der Kläger macht die RWE AG für einen Anteil von 0,47 Prozent an den weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, die zu einem Anstieg der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration und infolgedessen zur globalen Erwärmung geführt haben. Diese hat u. a. das Abschmelzen des Gletschereises in den peruanischen Anden zur Folge. Das Schmelzwasser der Gletscher sammelt sich in einem Gletschersee, der in Richtung Tal durch eine natürliche Moräne begrenzt wird. Bei ungehindertem Anstieg des Schmelzwassers im See ist mit einem Dammbruch und einer Flutwelle in Richtung Tal zu rechnen. Im Tal befindet sich das Dorf Huaraz, in welchem der Kläger Eigentümer eines Hauses ist. Zur Sicherung der Moräne und Abwehr einer drohenden Flutwelle und damit befürchteter Schäden mussten bereits umfangreiche Schutzmaßnahmen vorgenommen werden. In einer Höhe, die dem Anteil der Beklagten an den weltweiten Treibhausgasemissionen entsprechen soll, verlangt der Kläger nun Ersatz der getätigten Aufwendungen auf Grundlage des

254 255 256 257

Comer v. Murphy Oil USA, 839 F.Supp.2d 849, 852, 854 (S.D.Miss. 2012). Comer v. Murphy Oil USA, 839 F.Supp.2d 849 (S.D.Miss. 2012). Comer v. Murphy Oil USA, 585 F.3d 855, 856 (5th Cir. 2009). Siehe dazu die Klageschrift vom 9. März 2020, No. 1CCV-20 – 0000380, S. 2 f.

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deutschen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs gem. § 1004 BGB.258 Das Landgericht Essen hat die Klage u. a. wegen fehlender Kausalität zwischen den Emissionen der Beklagten und den vom Kläger geltend gemachten drohenden Schäden abgewiesen,259 derzeit läuft vor dem OLG Hamm das Berufungsverfahren. c) Zwischenergebnis Die hier nur auszugsweise abgebildete Vielfalt an Klimaklagen offenbart die zunehmende Relevanz der Frage, inwieweit private Großemittenten, insbesondere große Unternehmen aus den Sektoren der fossilen Energieerzeugung und Industrie, im Wege einer zivilrechtlichen Haftung für mit den Auswirkungen des Klimawandels einhergehende, drohende oder bereits eingetretene Verletzungen von allgemeinen oder individuellen Rechtsgütern und Interessen sowie daraus resultierende Schäden zur Verantwortung gezogen werden können. Das Anspruchsziel der durch den Klimawandel Betroffenen wird vor dem Eintritt konkreter Schäden Prävention i. S. v. Unterlassung und Beseitigung sein, näher die Abwehr von Gefahren für die genannten Rechtsgüter und Interessen durch Reduktion von Emissionen oder Ergreifung spezifischer Schutz- und Adaptionsmaßnahmen, ggf. auch Ersatz der bereits für solche Zwecke getätigten Aufwendungen. Ist Prävention nicht mehr möglich, weil Verletzung und Schaden bereits eingetreten oder unvermeidbar sind, verbleibt nur der repressive Weg über Schadensersatz, um den Geschädigten Ausgleich in Form von Geldleistungen oder tatsächlichen Handlungen für erlittene Verluste zu gewähren. Begehrt der Kläger eine finanzielle Entschädigung, käme grundsätzlich auch ein Anspruch aus Aufopferungshaftung in Betracht, wie ihn die deutsche Rechtsordnung unter bestimmten Voraussetzungen in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB,260 und das US-amerikanische Recht über Restatement (Second) of Torts § 821 A (1979) gewähren. In der vorliegenden Arbeit soll die Aufopferungshaftung jedoch außerhalb der Betrachtung bleiben, da diese maßgeblich von der Rechtspolitik der im Einzelfall anwendbaren Rechtsordnung abhängig ist und insoweit keinen rechtsordnungsübergreifenden Erkenntnisgewinn für die privatrechtliche Klimahaftung liefert. Aus den gleichen Gründen werden allgemeine nachbarrechtliche Rechtsinstitute, aus denen sich ggf. Entschädigungs-, Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche ergeben, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht behandelt. 258 Siehe dazu die Klageschrift vom 23. November 2015, Az. 2 O 285/15, S. 2 f.; siehe weiterführend zu einer umfassenden Analyse des Falls aus Sicht des materiellen deutschen Haftungsrechts Ahrens, VersR 2019, 645; Frank, NVwZ 2017, 664; ders., ZUR 2019, 518; Kling, KJ 51 (2018), 213; Wagner, Klimahaftung, S. 17 – 110. 259 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370. 260 St. Rspr., siehe nur BGH, Urt. v. 15. Juni 1967, Az. III ZR 23/65, NJW 1967, 1857; BGH, Urt. v. 25. Januar 1973, Az. III ZR 61/70, NJW 1973, 508; BGH, Urt. v. 26. November 1982, Az. V ZR 314/81, NJW 1983, 872; BGH, Urt. v. 1. Februar 2008, Az. V ZR 47/07, NJW 2008, 992; BGH, Urt. v. 21. Mai 2020, Az. V ZR 10/10, NJW 2010, 2347.

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Sind die Anspruchsziele der Betroffenen festgestellt, stellt sich weitergehend die Frage, welche Voraussetzungen für die Begründung eines Haftungstatbestands und die Auslösung der gewünschten Rechtsfolgen erfüllt sein müssen. Zu diesem Zweck sollen im Folgenden grundlegende, rechtsordnungsübergreifende Haftungselemente bestimmt und konkret in den Kontext der Klimahaftung gestellt werden. Anschließend werden in einem zweiten Schritt die sich daraus ergebenden neuralgischen Punkte der privatrechtlichen Klimahaftung näher beleuchtet. 2. Rechtsordnungsübergreifende Haftungselemente im Kontext der Klimahaftung Da ein einheitliches Haftungsregime für die Auswirkungen des Klimawandels auf internationaler Ebene nicht existiert, müssen in den nationalen Rechtsordnungen der einzelnen Staaten tragfähige Lösungskonzepte gefunden werden. Es versteht sich von selbst, dass verschiedene nationale Haftungsregelungen aufgrund unterschiedlicher Rechtstraditionen und Rechtsentwicklungen weder ihren einzelnen Tatbeständen noch deren inhaltlicher Ausgestaltung nach von Gleichklang geprägt sein können. Vielmehr sind die nationalen Regelungen der außervertraglichen deliktischen Haftung, in welcher die Klimahaftung als spezieller Fall der allgemeinen Umwelthaftung zu verorten ist, durch Disparität gekennzeichnet.261 Dennoch lassen sich in den unterschiedlichen Rechtsordnungen grundlegende Elemente der außervertraglichen Haftung herausarbeiten.262 Die folgende Darstellung beschränkt sich auf eine übergreifende Betrachtung jener Grundstrukturen, ohne innerhalb einer bestimmten Rechtsordnung normenspezifisch ins Detail zu gehen und eine umfassende rechtsvergleichende Analyse vorzunehmen. Ziel ist vielmehr, die im Rahmen einer Klimahaftung auftretenden, wiederkehrenden rechtlichen Probleme in rechtsordnungsübergreifend anerkannten Strukturen verorten zu können und, soweit möglich, allgemeinen Lösungen zuzuführen. Denn Klimahaftung kann – wie in einem späteren Abschnitt der Arbeit noch gezeigt werden wird –263 potenziell unter sämtlichen nationalen Rechtsordnungen der Welt relevant werden, sodass sich über eine Herausarbeitung der allgemeinen Problemstellungen wichtige grundsätzliche Aussagen über die Effizienz der Klimahaftung treffen lassen. Sofern es aber erforderlich und zweckmäßig erscheint und allgemeine Aussagen exemplarisch verdeutlicht, wird auf nationale Regelungen und Probleme im vorwiegend deutschen und US-amerikanischen Recht Bezug genommen. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde durch die dortigen Gerichte bereits eine Reihe von Klimahaftungsklagen entschieden, sodass dieser Kasuistik im Hinblick auf Wertungen und strukturelle Probleme für eine allgemeine Analyse erhöhte Relevanz zukommt. Der Rückgriff auf die deutsche Rechtsordnung erfolgt entsprechend des rechtlichen 261 262 263

Vgl. Jansen, ZEuP 2001, 30 f. Vgl. Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 12. Siehe dazu § 3 und § 4.

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Hintergrundes der vorliegenden Untersuchung und soll dem wohl vorwiegend im deutschen Rechtskreis beheimateten Leser das Verständnis der teils komplexen Fragestellungen der Klimahaftung durch die Erklärung über vertraute Strukturen erleichtern. Zudem ist unter deutschem Recht die erste privatrechtliche Klimaklage im europäischen Rechtsraum gegen einen großen Energieversorger erhoben worden.264 Auf diese wird aufgrund ihrer Pionierstellung ein besonderes Augenmerk zu richten sein. a) Grundstruktur einer deliktischen Haftungsnorm Eine deliktische Haftungsnorm kann ihrem Grundtatbestand nach rechtsordnungs- und rechtskreisübergreifend in drei Elemente unterteilt werden. Zunächst muss der Schutzbereich einer deliktischen Haftungsnorm eröffnet sein. Bei repressivem Anspruchsziel setzt dies voraus, dass ein rechtlich geschütztes Interesse oder Rechtsgut des Anspruchsinhabers verletzt wurde.265 Wird präventiver Rechtsschutz begehrt, bedarf es im Grundsatz einer Gefahr im Sinne einer drohenden Verletzung eines geschützten Interesses. Die bevorstehende oder bereits eingetretene Verletzung muss schließlich kausal durch den Anspruchsgegner verursacht und diesem zurechenbar sein.266 Anders ausgedrückt sind ein jedes Haftungssystem sowie die einzelnen Haftungsnormen anhand von drei Kriterien zu konturieren. So muss ein Schutzbereich bestimmt werden, innerhalb dessen festgelegt ist, welche Interessen vor welchem Risiko oder welcher Verletzung geschützt werden. Ferner bedarf es einer Aussage dazu, ob an die Verletzung oder das Risiko bestimmte zusätzliche Verhaltensanforderungen zu stellen oder die bloße Verletzung bzw. die Verwirklichung des Risikos ausreichend sind. Außerdem sind die Rechtsfolgen der Haftungsnormen zu definieren: Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung.267 Da die Rechtsfolgen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung bereits als Anspruchsziele behandelt wurden,268 bedarf es dahingehend keiner weiteren Erörterung; der Fokus ist auf die beiden anderen Kriterien zu richten. Die meisten rechtlichen Probleme, die bei der außervertraglichen Haftung auftreten können, lassen sich unter die drei Elemente Schutzbereich, Zurechnung und Kausalität subsumieren. Im Folgenden werden diese Haftungselemente anhand ihrer 264

Verfahren Luciano Lliuya v. RWE AG vor dem LG Essen. Vgl. Hager, Strukturen des Privatrechts, S. 11. 266 v. Bar, ZEuP 2001, 515, 520; Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 1; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 18; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 155 f.; ebenso Art. 1 Abs. 1 Principles of European Tort Law, erarbeitet von der European Group on Tort Law im Zuge der Bestrebungen zur Erreichung eines gemeinsamen europäischen Deliktsrechts; vgl. auch Brunnée/Goldberg et al., in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 33 f.; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 40 S. 598. 267 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 12 f. 268 Siehe dazu § 2 C. I. 1. 265

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grundsätzlichen Charakteristika vorgestellt und in den Kontext der Klimahaftung eingeordnet. Im Anschluss daran erfolgt eine Untersuchung der rechtsordnungsübergreifenden Probleme der nationalen Klimahaftung. b) Schutzbereich der Haftungsnorm Im Kontext des Schutzbereichs einer deliktischen Haftungsnorm muss eine terminologische wie auch systematische Differenzierung vorgenommen werden: so gilt es zwischen einer Interessen-, Rechts- oder Rechtsgutsverletzung einerseits sowie einem daraus ggf. resultierenden, ersatzfähigen Schaden andererseits zu unterscheiden. Die Interessen-, Rechts- oder Rechtsgutsverletzung, die ein Betroffener erleidet, ist zunächst nur ein Nachteil, der erst bei Hinzutreten eines zusätzlichen Elements, etwa einer negativen Vermögensdifferenz oder einer negativen Bilanz in den immateriellen Interessen einer Person, zu einem ersatzfähigen Schaden führt.269 Maßgeblich im Rahmen des Tatbestands der deliktischen Haftungsnorm und damit auch für den Schutzbereich ist jedoch allein die tatsächlich eingetretene oder drohende Verletzung eines rechtlich geschützten Interesses bzw. Rechtsguts. Nur wenn der Betroffene ein repressives Anspruchsziel verfolgt und Schadensersatz begehrt, kommt es im Rahmen der Rechtsfolge auf das Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens an.270 Bei der Definition des personalen, gegenständlichen und modalen Schutzbereichs einer deliktischen Haftungsnorm geht es sodann im Einzelnen darum, eine Wertung dahingehend zu treffen, vor welchen Verletzungen und Gefahren in Bezug auf welche Rechtsgüter oder Interessen der Betroffene geschützt werden soll.271 Daraus ergibt sich zugleich eine Festlegung im Hinblick auf die ersatzfähigen Schäden im Rahmen der Rechtsfolge Schadensersatz bei repressivem Anspruchsziel. Aus der Perspektive des Haftenden ist entscheidend, zu erkennen, welche Verhaltensweisen in Bezug auf welche rechtlich geschützten Güter und Interessen mit Rechtsfolgen bewehrt sind.272 Welche Wertungsentscheidungen hinsichtlich der Festlegung des Schutzbereichs getroffen werden können und welche Auswirkungen sich dabei für die Klimahaftung ergeben, soll im Zusammenhang mit der allgemeinen Problematik der Klimahaftung exemplarisch näher betrachtet werden.273

269 270 271 272 273

Siehe dazu bereits § 2 C. I. 1. a) bb). v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht II, § 1 Rdnrn. 1, 3, 5. Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 12. v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht I, § 2 Rdnr. 13. Siehe dazu § 2 C. II. 2.

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c) Zurechenbarkeit Als weitere Voraussetzung einer außervertraglichen Haftung muss die Verletzung oder Gefahr einem Anspruchsgegner zurechenbar sein.274 Der Begriff der Zurechenbarkeit ist bewusst weit gefasst, weil die genaue Konzeption der Haftung in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Im Kern geht es darum, wie eine bestimmte Beeinträchtigung einer Person in Abgrenzung zur Allgemeinheit als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Generell lässt sich zunächst eine Aufteilung nach Verschuldens-275 und Gefährdungshaftung vornehmen.276 Das maßgebliche Verhalten als Anknüpfungspunkt der außervertraglichen Haftung wird regelmäßig die Emission von Treibhausgasen durch die Großemittenten sein,277 etwa durch den Betrieb einer emittierenden Anlage. Weil deren Emissionen jedoch nicht unmittelbar, sondern erst vermittelt durch eine Vielzahl dazwischentretender Vorgänge konkrete Verletzungen und Gefahren hervorrufen, kommt der Frage der Zurechenbarkeit an einen individuellen Emittenten unter Wertungsgesichtspunkten besondere Bedeutung zu. Die Verschuldenshaftung knüpft an die Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens als Zurechnungsgrund an.278 Bei der Gefährdungshaftung geht es dagegen nicht um die Vorwerfbarkeit eines vorangehenden Verhaltens, maßgeblich ist allein die erlaubte Schaffung oder Unterhaltung einer Gefahrenlage, die aus einer Anlage, einer bestimmten Tätigkeit oder einem Stoff resultiert, sich aber auch bei pflichtgemäßem Verhalten nicht voll beherrschen lässt. Der Verantwortliche zieht einen Nutzen aus der Gefahrenlage, im Gegenzug wird ihm das Schadensrisiko zugewiesen.279

274 v. Bar, ZEuP 2001, 515, 520; Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 1; Magnus, ZEuP 1998, 602, 612. 275 Das US-amerikanische Deliktsrecht besteht aus einer Reihe einzelner Deliktstypen, die selbständig nebeneinanderstehen. Auch hier kann jedoch eine generelle Klassifizierung nach Verschuldenshaftung, näher Vorsatzdelikte (intentional torts) sowie Fahrlässigkeitsdelikte (negligent torts) und verschuldensunabhängiger Haftung vorgenommen werden. Siehe dazu Hay, US-Amerikanisches Recht, Rdnr. 353. 276 Vgl. Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 13, 15, 19; Magnus, ZEuP 1998, 602, 610 – 612. 277 In Betracht kommen auch Klagen gegen Großemittenten wegen fehlender oder mangelhafter Information über die Gefahren des Klimawandels (siehe nur das Verfahren City & Country of Honolulu v. Sunoco LP). Dieses Verhalten als Anknüpfungspunkt der privatrechtlichen Klimahaftung soll jedoch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung außerhalb der Betrachtung bleiben. 278 Vgl. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 22 f.; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 158. 279 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 104.

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aa) Verschuldenshaftung Die Verschuldenshaftung setzt anders als die Gefährdungshaftung die Pflichtwidrigkeit des konkreten Verhaltens, d. h. ein Fehlverhalten, voraus.280 Der Terminus des Fehlverhaltens kann dabei nur als Oberbegriff verwendet werden, da die darunter in einem weiten Sinne zu fassenden Problemkonstellationen in den verschiedenen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich bezeichnet und verstanden werden.281 Während die deutsche Rechtsordnung zwischen der Rechtswidrigkeit als objektivem Fehlen von Rechtfertigungsgründen und dem Verschulden als Vorwerfbarkeit des konkreten Verhaltens an den Schädiger differenziert,282 kennen die romanischen Rechtsordnungen den Begriff der Rechtswidrigkeit nicht, sondern fassen das Verschulden weiter.283 Gemeinsamer Kern dieser Zurechenbarkeitskonzepte ist jedoch die Erwägung, dass eine Verantwortlichkeit nur dann begründet werden kann, wenn der Haftungsgegner einem geforderten Verhaltensstandard nicht genügt und gegen eine rechtliche Sorgfaltspflicht verstoßen hat, bei deren Einhaltung die eingetretene bzw. drohende Rechtsfolge hätte vermieden werden können bzw. vermieden werden wird.284 Ferner darf das Verhalten des Haftungsgegners nicht von Rechtfertigungsgründen gedeckt sein. Es gilt, das in Rede stehende Verhalten umfassend auf seine Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen.285 Dies soll im Folgenden unter Berücksichtigung sämtlicher, in einem weiten Sinne darunter zu fassender, in den einzelnen Rechtsordnungen jedoch unterschiedlich bezeichneter Problemkonstellationen rechtsordnungsübergreifend unter dem Terminus der Verletzung rechtlicher Sorgfaltspflichten beleuchtet werden.286 Relevant ist in erster Linie, woraus sich eine entsprechende Verhaltens- bzw. Sorgfaltspflicht ergibt, welcher Maßstab an die Erfüllung dieser angelegt wird und wie der Träger gegen diese verstoßen kann. Dabei stellt sich auch die Frage, ob öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Grenzwerte, sonstige Vorgaben oder Verbote zur Begründung einer Sorgfaltspflicht in das Privatrecht übernommen werden müssen. Zu untersuchen sein wird in diesem Zusammenhang speziell die Bedeutung des regulatorischen Klimaschutzrechts. Welche Kriterien für die Bestimmung und Ausgestaltung von Sorgfaltspflichten bei der privaten Klimahaftung angelegt werden, muss die jeweilige nationale Rechtsordnung entscheiden. Jedoch lassen sich bestimmte allge-

280

Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 13; Koziol, ZEuP 2004, 234, 241; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 158. 281 Burtscher/Spitzer, JETL 2017, 945, 947; Koziol, ZEuP 2004, 234, 239; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 158; vgl. auch Jansen, ZEuP 2001, 30, 31. 282 Siehe nur Jauernig/Teichmann, § 823 BGB Rdnrn. 47 f. 283 Hinteregger, JETL 2017, 238, 251. 284 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 57 – 61; Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 22 f.; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 158. 285 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 23 f. 286 Vgl. dazu ausführlich Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 22 – 24.

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meine Erwägungen treffen, die im Rahmen der rechtlichen Problematik der Klimahaftung näher erläutert werden sollen. Wie vorstehende Bemerkungen zeigen, liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf der objektiven Komponente des Verhaltens. Die subjektive Komponente wird ausgeklammert, weil ihr im Regelfall im Rahmen der Klimahaftung keine Bedeutung zukommt. Selbst dann, wenn das Wissen der Emittenten um die schädigenden Folgen ihrer Emissionen nachgewiesen werden könnte, wird zumindest der Nachweis eines entsprechenden Willens bzw. Bewusstseins bezüglich der vermeintlichen Pflichtwidrigkeit der Emissionen287 erhebliche Schwierigkeiten bereiten und damit kaum möglich sein. Bei der Klimahaftung handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Haftung für Vorsatz, sondern um eine Fahrlässigkeitshaftung nach deutschem dogmatischem Verständnis, bei der die objektive Komponente im Vordergrund steht.288 Hinzuweisen ist abschließend darauf, dass eine klimawandelbedingte Verletzung eines rechtlich geschützten Rechtsguts oder Interesses oder eine Gefahr für jene nicht unmittelbar durch ein Verhalten des Haftungsgegners erfolgt, sondern nur über mehrere Zwischenschritte vermittelt wird. So liegen zwischen der Emission von Treibhausgasen und der endgültigen Verletzung bzw. Gefahr zumindest noch der Vorgang der Erderwärmung als physikalisch-chemischer Prozess, meist auch noch eine konkrete Umwelteinwirkung. Bei mittelbaren Rechtsgutsverletzungen stellt sich sodann in besonderer Weise die Frage der Zurechenbarkeit an den Haftungsgegner, die anhand wertender Kriterien, z. B. der Vorhersehbarkeit und Zumutbarkeit gegensteuernder Maßnahmen, und unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen ist. Hier geht es darum, die Grenzen der Verantwortlichkeit eines nicht unmittelbar Handelnden zu bestimmen. Dogmatisch kann diese Frage im Zusammenhang mit der Bestimmung des Umfangs von Sorgfaltspflichten diskutiert werden, denkbar ist jedoch auch eine Untersuchung bei der Kausalität im Rahmen des Zurechnungszusammenhangs bzw. des Schutzzwecks der Norm.289 Die vorliegende Untersuchung wählt den Weg über eine Prüfung der wertenden Zurechnung im Kontext der Pflichtwidrigkeit und der umfassenden Interessenabwägung bei der Frage des Bestehens und der Reichweite von Sorgfaltspflichten. So kann eine klare Trennung zwischen rechtlich wertenden Kriterien im Rahmen der Pflichtwidrigkeit und der eher naturwissenschaftlich-tatsächlich begründeten Problematik der Ursächlichkeit im Rahmen der Kausalität vorgenommen werden. Diese Aufteilung erleichtert das Verständnis der ohnehin verwobenen Problemkreise in Bezug auf die Haftung für den Klimawandel.290 287 Im deutschen Recht wird der Vorsatz gemeinhin als Wissen und Wollen des pflichtwidrigen Erfolgs definiert, siehe nur BGH, Urt. v. 15. Juli 2008, Az. VI ZR 212/07, NJW 2009, 681 Rdnr. 30; BeckOK-BGB/Lorenz, § 276 BGB Rdnr. 10; BeckOGK-ZivilR/Schaub, § 276 BGB Rdnr. 45. 288 Zum Ganzen Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 98 (Fn. 241), 301 f. 289 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 24 – 27. 290 Ähnlich Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 27.

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bb) Gefährdungshaftung Die Gefährdungshaftung begründet eine strikte Haftung, ohne dass an das Verhalten der Person bestimmte Anforderungen gestellt werden bzw. ein Fehlverhalten gefordert wird. Maßgeblich für deren rechtliche Normierung ist allein ein bestimmter gefährlicher Zustand, ein gefährliches Objekt oder eine besonders gefährliche Aktivität, für welche der Haftungsgegner einzustehen hat. Nicht entscheidend ist, ob dieser die (drohende) Verletzung durch ein pflichtgemäßes Verhalten hätte vorhersehen oder verhindern können. Wesentliche Voraussetzung ist neben dem Vorliegen einer (drohenden) Verletzung allein die Kausalität, woraus sich das Wesen der Gefährdungshaftung als Verursachungshaftung ergibt.291 Den Betroffenen von klimawandelbedingten Verletzungen bzw. Gefahren kommt diese Form der Haftung besonders zugute, weil eine konkrete Verantwortung bzw. ein Verschulden des Emittenten nicht nachgewiesen werden muss. Je nachdem, wie strikt die Haftung konzipiert ist, ist ggf. eine Entlastung des Haftungsgegners durch Rechtfertigungsgründe denkbar.292 Wenn bei der Gefährdungshaftung nur die Kausalität nachzuweisen ist, es auf einen Pflichtenverstoß dagegen nicht ankommt, wird die bei der Verschuldenshaftung im Rahmen der Pflichtwidrigkeit vorgenommene Interessenabwägung nicht durchgeführt, sodass eine wertende Einschränkung – dem Grundgedanken einer strikten Haftung nach – grundsätzlich nicht erfolgt. Nur ausnahmsweise ist der Zurechnungszusammenhang zu versagen, was in diesem Fall innerhalb einer wertungsmäßigen Korrektur der Kausalität zu vollziehen ist.293 Maßgeblich ist allein, ob die nationalen Rechtsordnungen im Umwelt- bzw. allgemeinen Haftungsrecht eine strikte Haftung Privater normiert haben. Speziell für den Klimahaftungsbereich werden im Regelfall keine besonderen Gefährdungshaftungstatbestände bestehen. Vielmehr muss ermittelt werden, ob die allgemeineren Rechtsinstitute die Klimahaftung in ihren Anwendungsbereich miteinbeziehen wollten. Für den umwelthaftungsrechtlichen Gefährdungstatbestand des deutschen Rechts nach § 1 UmweltHG wird dies teilweise verneint.294 Die Ausgestaltung im Einzelnen kann dann sehr unterschiedlich ausfallen. Existiert eine solche Haftungsnorm, wird die Kausalität zwischen Emissionen und Verletzung sowie Schaden bzw. Gefahr nachzuweisen sein. Ist eine strikte Haftung in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung dagegen nicht vorgesehen, bleibt dem Betroffenen nur ein Anspruch aus Verschuldenshaftung. Weil sich die im nächsten Abschnitt erfolgende rechtliche Analyse der Problematik der Klimahaftung auf eine rechtsordnungsübergreifende Darstellung beschränkt, die Gefährdungshaftung aber abgesehen von der Voraus-

291

Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 104 f. Hinteregger, JETL 2017, 238, 248 f.; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 23. 293 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 26 f. 294 Ahrens, VersR 2019, 645, 653; Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 598; a. A. ohne nähere Auseinandersetzung mit der Frage der Anwendbarkeit Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 78 – 84; siehe auch Nitsch, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 429. 292

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setzung der Kausalität keine weiterführenden allgemeinen Problemstellungen liefert, wird auf eine nähere Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Arbeit verzichtet. d) Kausalität Das dritte Erfordernis, das von jeder grundlegenden Haftungsnorm statuiert wird, ist die ursächliche Verbindung zwischen dem rechtlich relevanten Verhalten bzw. Zustand als Anknüpfungspunkt der Haftung und der Verletzung sowie dem Schaden oder der Gefahr des Eintritts einer Interessenverletzung und eines daraus resultierenden Schadens.295 Die meisten Rechtsordnungen, so u. a. die deutsche, differenzieren im Schadensersatzrecht zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität.296 Während die haftungsbegründende Kausalität die Ursächlichkeit zwischen Verhalten und Interessenverletzung beschreibt, geht es bei der haftungsausfüllenden Kausalität um den kausalen Zusammenhang zwischen Interessenverletzung und eingetretenem Schaden.297 Bei präventiven Haftungsansprüchen kommt es mangels bereits eingetretenen Schadens allein auf die haftungsbegründende Kausalität zwischen Verhalten und drohender Interessenverletzung an. Konkret bezogen auf die Klimahaftung bedarf es also einer kausalen Verbindung zwischen den Emissionen der Großemittenten sowie der anschließenden Verletzung und Gefahr, sowie ggf. eines Kausalzusammenhangs zwischen Verletzung und Schaden. Da die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Rechtsgutsverletzung und eingetretenem Schaden im Zusammenhang mit Klimahaftungsfällen aber in der Regel unproblematisch ist, soll der Schwerpunkt der nachfolgenden Betrachtung auf der haftungsbegründenden Kausalität liegen. Ausgangspunkt der Kausalitätsprüfung ist in den meisten Rechtsordnungen einheitlich die conditio-sine-qua-non-Formel, im angloamerikanischen Rechtskreis auch but-for-Test genannt.298 Danach ist ein Handeln im naturwissenschaftlichen Sinne,299 unter Zugrundelegung eines vorrechtlichen, deterministischen Verständnisses,300 dann kausal, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die (drohende) Verletzung in ihrer konkreten Gestalt entfiele.301 Im Falle eines Unterlassens ist entscheidend, dass die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass die (drohende) Verletzung entfiele. Der erste Schritt der Kausali295

Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 154; Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 27; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 33. 296 Soergel/Spickhoff, § 823 Rdnr. 1. 297 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 5, 28; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 34. 298 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 28; Hay, US-Amerikanisches Recht, Rdnr. 382. 299 Soergel/Spickhoff, § 823 Rdnr. 20. 300 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 159; Wiese, ZRP 1998, 27; ausführlich dazu Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 37 – 45. 301 Statt aller BGH, Urt. v. 11. Mai 1951, Az. I ZR 106/50, NJW 1951, 711; Köck, in: Lübbe, Kausalität und Zurechnung, S. 9, 11.

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tätsprüfung wird auch als äquivalente Kausalität bezeichnet – sämtlichen Faktoren wird hierbei eine gleichwertige Bedeutung zugedacht.302 Die Weite der Äquivalenztheorie gebietet zur Vermeidung einer ausufernden Haftung eine Begrenzung nach Wertungsgesichtspunkten und eine Beurteilung des Zurechnungszusammenhangs.303 Entscheidend ist, ob es tatsächlich angemessen erscheint, den Anspruchsgegner für Verletzung und Schaden bzw. Gefahr verantwortlich zu machen.304 Im Einzelnen sind die Theorien zur Begrenzung der Zurechnung umstritten und variieren von Rechtsordnung zu Rechtsordnung.305 Letztendlich geht es stets allein darum, eine wertende Abwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Heranzuziehen ist dabei auch der Schutzzweck der Haftungsnorm. Zu fragen ist danach, ob die jeweilige Norm tatsächlich den individuell Betroffenen vor der konkreten Verletzung und dem Schaden oder dem konkreten Risiko schützen will und ob sich diejenige Gefahr realisiert hat, vor deren Eintritt die Haftungsnorm bewahren wollte.306 Zusammenfassend lässt sich die Kausalitätsprüfung als ein zweistufiger Vorgang verstehen: während in einem ersten Schritt nur darauf abgestellt wird, die Verursachung zwischen Verhalten und (drohender) Interessenverletzung bzw. zwischen Interessenverletzung und Schaden im naturwissenschaftlichen Sinne nachzuweisen, sollen in einem zweiten Schritt im Rahmen einer wertenden Betrachtung die Bedingungen ausgenommen werden, die trotz ihrer Ursächlichkeit nicht zur Haftung führen.307 Ziel der Kausalitätsprüfung ist es, eine individualisierbare Verletzung und einen individualisierbaren Schaden bzw. einen drohenden individualisierbaren Eingriff mit einer bestimmten Ursache zu verknüpfen.308 Die Kausalität ist im Umwelthaftungsrecht damit gleichzeitig Scharnier bzw. Verwirklichung der grundlegenden Maxime des Verursacherprinzips.309 Ein Ausgleich zwischen zwei Parteien kann im Haftungsfall im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit also nur dann stattfinden, wenn der Vorteil, den eine Person erst durch den erlittenen Nachteil einer 302

BeckOK-BGB/Förster, BGB § 823 Rdnr. 256. Vgl. Hager, Strukturen des Privatrechts, S. 91; Soergel/Spickhoff, § 823 Rdnr. 22. 304 Jauernig/Teichmann, BGB § 823 Rdnr. 23. 305 Im angloamerikanischen Rechtskreis wird diese wertende Betrachtung der Kausalität auch unter dem Stichwort der proximate cause geführt. Eine proximate cause liegt vor, wenn die Verbindung zwischen einem Verhalten und einer Verletzung voraussehbar war bzw. wenn der Anspruchsgegner erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass aus seinem Verhalten eine Rechtsguts- bzw. Interessenverletzung resultiert, Restatement (Second) of Torts §§ 431, 433 (1965); Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 302 (1984); siehe dazu ausführlich Prosser/ Keeton et al., Law of Torts, § 42 S. 272 ff. 306 MüKo-BGB/Wagner, BGB § 823 Rdnr. 507. 307 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 159; Köck, in: Lübbe, Kausalität und Zurechnung, S. 9; von der Heide, Zurechnung, S. 125; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 39. 308 Brüning, JbUmTR 2012, S. 139, 157 f. 309 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 154. 303

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anderen Person erreicht hat, klar als Ursache-Wirkungs-Zusammenhang determiniert werden kann.310 Die Frage der wertenden Zurechnung wird in der vorliegenden Untersuchung allerdings bereits bei der umfassenden Interessenabwägung im Rahmen der Bestimmung von Sorgfaltspflichten und Pflichtwidrigkeit geführt, weshalb eine erneute gesonderte Betrachtung im Rahmen der Kausalität hier unterbleiben soll. Der zweiten Stufe der Kausalität kommt jedoch dann gesonderte Bedeutung zu, wenn es um eine Durchbrechung des Zurechnungszusammenhangs bei der Gefährdungshaftung geht, bei der eine Pflichtwidrigkeit nicht vorausgesetzt wird. Jedoch ist hier, wie Pöttker zutreffend anführt, der grundsätzlichen Entscheidung und dem Charakteristikum der strikten Haftung, gerade keine Sorgfaltspflichtverletzung vorauszusetzen, Rechnung zu tragen, sodass eine Einschränkung der Haftung aus Wertungsgründen restriktiv zu handhaben ist.311 Wann der Zurechnungszusammenhang durchbrochen wird, ist Frage der nationalen gesetzgeberischen Vorstellungen hinsichtlich der Reichweite der von der strikten Haftung erfassten Verletzungen und Schäden bzw. Gefahren und kann nicht einheitlich beantwortet werden. In den meisten Rechtsordnungen, so auch im deutschen Recht nach überwiegender Ansicht,312 erfolgt die Begrenzung der Kausalität im Rahmen einer Haftungsnorm nicht nach dem Kriterium der Adäquanz – danach sollen gänzlich unwahrscheinliche und unvorhersehbare Kausalverläufe nicht zugerechnet werden –,313 sondern u. a. über den Schutzzweck der Norm bzw. im Zusammenhang mit der Reichweite einer Sorgfaltspflicht.314 Eine Zurechnung entfällt nur dann, wenn sich im eingetretenen Schaden nicht das tatbestandsspezifische, sondern nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.315 Die Kausalität hat nicht nur materiellrechtliche, sondern v. a. auch prozessuale Bedeutung. Relevant wird in diesem Zusammenhang, wen die Beweislast trifft und welche beweisrechtlichen Anforderungen insbesondere an den Nachweis der Kausalität gestellt werden. Entscheidend wird insoweit auch sein, mit welchem Grad an Sicherheit eine bestimmte Tatsache bewiesen sein muss.

310

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 420 f. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 27. 312 MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rdnr. 73; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rdnr. 126; Huber, JZ 1969, 677, 680; Köck, in: Lübbe, Kausalität und Zurechnung, S. 9, 14 f.; Kötz/ Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 193; in diese Richtung wohl auch BGH, Urt. v. 27. Januar 1981, Az. VI ZR 204/79, NJW 1981, 983. 313 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 162. 314 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 28. 315 BGH, Urt. v. 9. Juli 2009, Az. IX ZR 88/08, NJW 2009, 3025, 3026 f.; MüKo-BGB/ Wagner, § 823 Rdnr. 73; Larenz/Canaris, Schuldrecht, § 76 III. 6. c). 311

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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e) Zwischenergebnis Eine grundlegende außervertragliche Haftungsnorm fordert – je nachdem, ob ein präventives oder repressives Anspruchsziel verfolgt wird und abhängig von den jeweiligen nationalrechtlichen Besonderheiten – zunächst eine bereits eingetretene oder drohende Verletzung eines geschützten Interesses oder Rechtsguts. Die Verletzung mehrerer Interessen ist denkbar. Die jeweilige nationale Rechtsordnung muss entscheiden, welche Interessen vom Schutzbereich der Haftungsnorm umfasst und welche Verletzungen und Schäden ersatzfähig sein bzw. vor welchen Risiken bestimmte Interessen geschützt werden sollen. Ferner muss die Zurechnung von Verletzung oder Gefahr an den Anspruchsgegner möglich sein, wobei die Frage der Zurechenbarkeit je nach Rechtsordnung sehr unterschiedlich aufgefasst und ausgestaltet wird. Für den Bereich der Verschuldenshaftung elementar ist der Verstoß gegen einen geforderten Sorgfaltsstandard. Fraglich sind hier die Maßstäbe von Verhaltenspflichten, deren Grenzen sowie die Bedeutung des regulatorischen Klimaschutzrechts. Schließlich ist eine kausale Verursachung der Verletzung sowie des möglichen Schadens bzw. der Gefahr durch den Anspruchsgegner erforderlich. Relevant in diesem Zusammenhang ist insbesondere, welche Anforderungen an die Feststellung der Kausalität zu richten sind. Die skizzierten grundlegenden Elemente einer außervertraglichen Haftung werden im nächsten Abschnitt konkret in Bezug auf den Klimawandel zu analysieren, problematisieren und, wenn möglich, einer Lösung zuzuführen sein.

II. Problematik der Klimahaftung Die außervertragliche privatrechtliche Haftung von Emittenten für die Folgen des Klimawandels ist eine rechtlich komplexe Materie, die mit einer Vielzahl unbeantworteter und umstrittener Fragen einhergeht. Trotz oder gerade aufgrund dieser Komplexität lohnt sich eine Annäherung an diese rechtliche Problematik; v. a. im Hinblick darauf, dass ihr – wie bereits gezeigt316 – schon jetzt erhebliche Relevanz in den Vereinigten Staaten von Amerika zukommt und auch im europäischen Rechtsraum noch zukommen wird. Die folgende Untersuchung hat den Anspruch, die mit der Klimahaftung verbundenen Probleme rechtsordnungsübergreifend zu kategorisieren und in ihrer Tragweite darzustellen. Dabei wird z. T., soweit aus den bereits erläuterten Gründen erforderlich,317 auf die in den Vereinigten Staaten von Amerika vorhandene Kasuistik zurückgegriffen sowie auf die deutsche Rechtsordnung Bezug genommen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Analyse keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt 316 317

Siehe dazu § 2 C. I. 1. b). Siehe dazu § 2 C. I. 2.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

und eine umfassende rechtliche Darstellung und Bewertung der Klimahaftung aus der Perspektive einer bestimmten nationalen Rechtsordnung nicht erfolgen soll. Vielmehr soll ein Überblick zu der mit der Klimahaftung einhergehenden rechtlichen Problematik gewährt und ein Bewusstsein für die teils sensiblen und weitreichenden Fragestellungen geschaffen werden, ohne diese abschließend für eine jede nationale Rechtsordnung zu erläutern und zu beantworten. 1. Justiziabilität von Klimafragen Die erste, der materiellrechtlichen Prüfung der Haftung in der Regel vorgelagerte rechtliche Hürde stellt die Frage nach der Justiziabilität des rechtlichen Begehrens von Klimaklagen dar. Diese ist insbesondere bei Klimaklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika von erhöhter Relevanz, deren negative Beantwortung einer inhaltlichen Auseinandersetzung der US-Gerichte in der haftungsrechtlichen Sache selbst im Sinne einer Zulässigkeitsschranke318 entgegensteht. Bei der Justiziabilität von Klimafragen geht es im Wesentlichen darum, ob die im Rahmen von Klimaklagen verfolgten Anspruchsziele – nämlich die Reduktion von Treibhausgasemissionen, die Vornahme von Anpassungsmaßnahmen oder Leistung von Schadensersatz für klimawandelbedingte Schäden319 – überhaupt Gegenstand eines zivilgerichtlichen Verfahrens sein können und ob die mit dem komplexen Phänomen des Klimawandels zusammenhängenden Probleme und zu treffenden Gegenmaßnahmen nicht vielmehr abschließend der Politik und damit Exekutive und Legislative zugewiesen sind. In den Vereinigten Staaten von Amerika wird diese Diskussion unter der sogenannten Political-Question-Doktrin geführt.320 In diesem Kontext steht auch die Frage nach einer Sperrwirkung des regulatorischen Klimaschutzrechts gegenüber dem common law. Diesen US-amerikanischen Rechtsfiguren wird sich zunächst zugewendet, bevor die entsprechenden Argumentationsmuster dahingehend untersucht werden, ob ihnen ein übergreifender Bedeutungsgehalt im Hinblick auf die allgemeine Justiziabilität von Klimafragen zukommt. a) Bewertung der Justiziabilität in den Vereinigten Staaten von Amerika aa) Political-Question-Doktrin In den Vereinigten Staaten von Amerika wird die Justiziabilität nach Maßgabe der auf ständiger Rechtsprechung beruhenden Political-Question-Doktrin bestimmt.321 Danach sind gewisse Fragen den sogenannten politischen Gewalten, namentlich Exekutive und Legislative, vorbehalten und einer Entscheidung der Gerichte nach 318 319 320 321

Rau, Selbst entwickelte Grenzen, S. 64. Siehe dazu ausführlich § 2 C. I. 1. Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 130, 132. Siehe dazu erstmals Marbury v. Madison, 5 U.S. 137, 170 (1803).

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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dem Grundsatz der Gewaltenteilung vollständig entzogen.322 Ob ein Fall nach der Political-Question-Doktrin justiziabel ist, richtet sich nach sechs im Verfahren Baker v. Carr323 entwickelten Indikatoren, wovon drei für Klimaklagen relevant sind. Ist nur einer dieser Indikatoren einschlägig, kann das Gericht mangels Justiziabilität keine Entscheidung treffen.324 So darf keine ausdrückliche verfassungsrechtliche Zuweisung an einen politischen Verantwortungsträger erfolgt sein, es müssen hinreichende rechtliche Kriterien für eine Entscheidung des Gerichts vorgegeben sein und der Fall darf keine politische Grundsatzentscheidung erfordern.325 Bezogen auf Klimahaftungsklagen werden insbesondere das Vorliegen hinreichender juristischer Entscheidungskriterien und das Erfordernis einer politischen Grundsatzentscheidung immer wieder diskutiert. Es wird argumentiert, dass die im Mittelpunkt der Klagen stehenden Fragen komplexe Abwägungen unterschiedlichster Interessen betreffen, die mit dem traditionellen Haftungsrecht, z. B. dem Rechtsinstitut der public nuisance326, nicht vollzogen werden können, solange es an einer legislativen Bestimmung oder einer Entscheidung durch die Exekutive fehle.327 Dies zeige sich u. a. dann, wenn die Reduktion von Emissionen begehrt werde, weil dann angesichts der Vielzahl einzubeziehender Interessen nicht bestimmbar sei, wer in welchem Maße und auf wessen Kosten entsprechende Maßnahmen vorzunehmen hätte.328 Auch bei Schadensersatzbegehren fehle es an konkreten Kriterien zur Ermittlung einer gerechten Lastenverteilung zwischen den Emittenten.329 Dagegen wird jedoch eingewendet, dass sich hinreichende Entscheidungskriterien, auch für die public nuisance, aus in den USA rechtlich anerkannten Leitlinien (Restatements), der bisherigen Entscheidungspraxis der Gerichte zu anderen Verfahren sowie allgemeinen rechtlichen Wertungen, etwa der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die Emittenten, im Rahmen einer Abwägung entnehmen ließen.330 Relevant wurde die Frage u. a. in der gegen zahlreiche Automobilkonzerne angestrebten und auf die Kappung und anschließende Reduktion von Treibhausgasemissionen gerichteten Klage People of State of California v. General Motors Corp. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage wegen fehlender Justiziabilität der Klimafrage ab.331 Es verneinte eine gerichtliche Entscheidungsbefugnis mit der 322 323 324 325 326 327

134. 328

Baker v. Carr, 82 S.Ct. 691, 706 (1962); Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 132. Baker v. Carr, 82 S.Ct. 691, 710 (1962). Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 132. Baker v. Carr, 82 S.Ct. 691, 710 (1962). Siehe dazu bereits § 2 C. I. 1. b) aa). Dazu Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 256 f.; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 132 –

Vgl. Berufungserwiderung vom 20. Februar 2006 im Verfahren Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., S. 55 – 57. 329 Gerrard/Wannier, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 591. 330 Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 133 f. 331 People of State of California v. General Motors Corp., 2007 WL 2726871, 1 (N.D.Cal. 2007).

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Begründung, dass es der Judikative an ausreichenden politischen Vorgaben durch die gewählte Regierung für die hochkomplexe Thematik der globalen Erderwärmung fehle und eine tatsächlich spürbare Reduktion von Emissionen nur durch koordinierte nationale und internationale Maßnahmenkonzepte erreicht werden könne. Der erforderliche Interessenausgleich zwischen Umweltschutz, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Faktoren kann initiativ nur durch die politischen Entscheidungsträger erfolgen, namentlich durch den Kongress und den Präsidenten. Dann erst könnten diese politischen Vorgaben durch die Gerichte im Einzelfall angewendet werden.332 Anders entschied das Berufungsgericht im Verfahren Connecticut v. American Electric Power Co., Inc.,333 in welchem mehrere US-Bundesstaaten zahlreiche Unternehmen der fossilen Energieversorgung zu einer Reduktion von Emissionen verpflichten wollten. Das Berufungsgericht bejahte die gerichtliche Entscheidungsbefugnis und führte dazu aus, dass die Justiziabilität einer Rechtsfrage gerade nicht vom vorherigen Erlass eines darauf bezogenen Gesetzes abhängen könne und hier eine Reduktion von Emissionen durch die Beklagten im Einzelfall, nicht aber ein umfassendes Reduktionskonzept vor dem Hintergrund des Klimawandels gefordert werde. Somit sei auch keine umfassende Interessenabwägung erforderlich, sondern nur eine einzelfallbezogene Entscheidung.334 Die der legislativen Determination zugängliche Thematik des Verfahrens führe nicht gleichzeitig zu fehlender Justiziabilität, solange im Fall eine deliktische Grundlage vorläge. Das Deliktsrecht sei insoweit ausreichende Entscheidungsgrundlage.335 Es zeigt sich, dass es an einer einheitlichen Entscheidungspraxis der US-amerikanischen Gerichte betreffend die Justiziabilität von Klimafragen fehlt und für beide Seiten Argumente gefunden werden können. Insoweit besteht für betroffene Kläger ein Prozessrisiko dahingehend, vor Gerichten in den Vereinigten Staaten wegen Annahme fehlender Justiziabilität abgewiesen zu werden. Es handelt sich um eine wertende Entscheidung, in die subjektive Wertungen und Interessen der jeweiligen Entscheidungspersonen miteinfließen werden. Die bisherige Praxis beweist, dass die Abweisung einer Klimaklage auf Grundlage fehlender Justiziabilität nach der Political-Question-Doktrin keinesfalls zwingend ist und unterschiedlich bewertet werden kann. bb) Sperrwirkung des regulatorischen Klimaschutzrechts Ein weiteres Prozessrisiko für privatrechtliche US-Klimaklagen ergibt sich aus der Annahme einer möglichen Sperrwirkung des regulatorischen Bundesrechts ge332 People of State of California v. General Motors Corp., 2007 WL 2726871, 1, 13 f. (N.D.Cal. 2007). 333 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 582 F.3d 309 (2nd Cir. 2009). 334 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 582 F.3d 309, 329 f. (2nd Cir. 2009). 335 Connecticut v. American Electric Power Co., Inc., 582 F.3d 309, 329 (2nd Cir. 2009).

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genüber dem richterrechtlichen common law, in Klimahaftungsfällen häufig in Gestalt des Rechtsinstituts der public nuisance336 relevant. Von einem displacement wird dann gesprochen, wenn ein Akt der Gesetzgebung eine bestimmte Fragestellung, die sonst im federal common law (Bundesrecht) gelöst wird, ausdrücklich adressiert und einer eigenständigen gesetzlichen Regelung unterwirft, welche den Rückgriff auf das Richterrecht auf Bundesebene versperrt. Der Begriff preemption bezeichnet die parallele Sperrwirkung gegenüber state common law (bundesstaatliches Recht).337 Die Sperrwirkung höherrangigen Rechts ist Ausfluss der Gewaltenteilung und steht in engem Zusammenhang mit der Political-Question-Doktrin.338 Die public nuisance hat in der Konsequenz nur die Funktion, diejenigen Rechtsschutzlücken zu schließen, die sich aus einem Fehlen staatlichen Rechts bzw. Bundesrechts für einen konkret zu entscheidenden Fall ergeben; sie darf dann, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, aber keine Anwendung finden.339 Mit dem Clean Air Act existiert seit 1970 ein Bundesgesetz, mit welchem Standards für die Luftqualität vorgegeben werden sollen, um Luftverschmutzung möglichst zu vermeiden und die öffentliche Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung zu schützen. Doch erst seit dem im Jahre 2007 ergangenen Urteil im Verfahren Massachusetts v. EPA sind Treibhausgasemissionen als schädliche Stoffe i. S. d. Clean Air Acts anerkannt und die amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) demzufolge auch zur Regulierung dieser für bestimmte sensitive Sektoren berufen.340 Im Verfahren Connecticut v. American Electric Power Co, Inc. entschied der Supreme Court daraufhin, dass der Clean Air Act nach der Auslegung im Verfahren Massachusetts v. EPA eine Sperrwirkung zu Lasten von Haftungsklagen auf Grundlage der public nuisance entfalte.341 Das Gericht führte dazu aus, dass eine angemessene Regulation von Treibhausgasemissionen, welche auch eine umfassende Abwägung verschiedener involvierter Interessen erfordere, nach der Zuweisung des Clean Air Act nur durch die EPA erfolgen könne. Als fachlich spezialisierte Behörde sei diese für die Entscheidung besser ausgestattet als ein Bundesrichter, der nicht über die erforderliche technische, ökonomische und wissenschaftliche Expertise verfüge und nur aufgrund der Beweislage des Einzelfalls ein Urteil treffen könne. Eine individuelle richterliche Anordnung von Emissionsgrenzwerten und eine Verpflichtung von Unternehmen zur Reduktion ihrer Emissionen sind damit nach dieser Auslegung nicht mehr möglich.342 336

Siehe dazu bereits § 2 C. I. 1. b) aa). Grossmann, 28 Colum. J. Envtl. L., 1, 33 (2003); Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 259. 338 Erie Railroad Co. v. Tompkins, 58 S.Ct. 817, 822 (1938); näher dazu Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 259 Fn. 36. 339 Gerrard/Wannier, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 580 f. 340 Massachusetts v. EPA, 127 S.Ct. 1438 (2007). 341 American Electric Power Co. v. Connecticut, 131 S.Ct. 2527, 2528, 2532 (2011). 342 American Electric Power Co. v. Connecticut, 131 S.Ct. 2527, 2539 f. (2011). 337

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Die Sperrwirkung des Clean Air Act erfasst zunächst nur präventive Schutz- und Abwehransprüche, der Rechtsakt selbst stellt allerdings keine Anspruchsgrundlage für Schadensersatz dar. Zwar findet die displacement- bzw. preemption-Doktrin nur dann Anwendung, wenn ein Statut eine bestimmte Frage unmittelbar anspricht,343 sodass an sich eine umfassende Sperrwirkung durch den Clean Air Act zulasten von Schadensersatzklagen verneint werden müsste. Dennoch wurde eine solche durch die Gerichte auch für Schadensersatzbegehren bejaht.344 Das höchste Gericht hat sich zu dieser Frage inhaltlich nicht explizit geäußert, ein eingelegtes Rechtsmittel gegen eine entsprechende Entscheidung aber ohne nähere Begründung abgelehnt.345 Es bleibt festzuhalten, dass eine Klimaklage auf der Grundlage der public nuisance aufgrund der Sperrwirkung des Clean Air Act bezüglich Unterlassungs- und Schadensersatzbegehren gegenwärtig voraussichtlich keinen Erfolg mehr haben wird, zumindest nicht, solange der Clean Air Act in Kraft ist.346 Davon ausgehend soll im Rahmen der weiteren Ausführungen überprüft werden, ob es sich bei der Frage nach der Justiziabilität im Zusammenhang mit Klimaklagen um eine spezielle US-amerikanische Schranke handelt, welche allein vor Gerichten der Vereinigten Staaten relevant wird, oder ob diese Problematik eine allgemeine Hürde für Klimaklagen weltweit darstellt. b) Bewertung der Justiziabilität außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika Die Auseinandersetzung mit zivilrechtlichen Haftungsklagen vor dem Hintergrund des Klimawandels wird jede nationale Rechtsordnung auch außerhalb der Vereinigten Staaten zur Frage der Grenzen einer privatrechtlichen Haftung und der Entscheidungsgewalt ihrer Zivilgerichte führen.347 Auch wenn die Justiziabilität nicht wie in den Vereinigten Staaten von Amerika der Zulässigkeit einer Klage im Wege stehen muss,348 so wird auf Ebene der materiellrechtlichen Prüfung früher oder später eine Bewertung dahingehend zu treffen sein.349 Relevant wird diese Frage 343 Milwaukee v. Illionois and Michigan, 101 S.Ct. 1784, 1786 (1981); County of Oneida v. Oneida Indian Nation of New York State, 105 S.Ct. 1245, 1252 (1985); American Electric Power Co. v. Connecticut, 131 S.Ct. 2527, 2537 (2011). 344 Native Village of Kivalina v. ExxonMobil, Corp., 663 F.Supp.2d 863, 883 (N.D.Cal. 2009); Comer v. Murphy Oil USA, 839 F.Supp.2d 849, 865 (S.D.Miss. 2012); City of New York v. BP p.l.c., 325 F.Supp.3d 466, 471 – 475 (S.D.N.Y. 2018). 345 Siehe dazu die vom Kläger im Verfahren Native Village of Kivalina v. ExxonMobil Corp. eingereichte Petition for Writ of Certiorari vom 25. Februar 2013, vom Supreme Court am 20. Mai 2013 ohne Kommentar abgelehnt. 346 Gerrard/Wannier, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 556, 586. 347 Siehe zur Legitimation und Funktionalität der Klimahaftung auch Pöttker, Klimahaftung, S. 437 – 444. 348 Ablehnend für das deutsche Recht Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 20 (unter Verweis auf den allgemeinen Justizgewährungsanspruch und Art. 19 Abs. 4 GG); Rau, Selbst entwickelte Grenzen, S. 230; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 134. 349 Vgl. Rau, Selbst entwickelte Grenzen, S. 229 f.; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 134.

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insbesondere dann, wenn das Anspruchsziel des Klimaklägers auf Unterlassung gerichtet ist. In diesem Fall muss das Gericht Vorgaben dahingehend treffen, wer in welchem Umfang und auf wessen Kosten Reduktionsmaßnahmen bezüglich Treibhausgasemissionen vorzunehmen hat. Auch im Falle von Schadensersatzbegehren ist eine Interessenabwägung im Rahmen der Pflichtwidrigkeit von Nöten, um festzustellen, welche Menge an Emissionen in der Vergangenheit angemessen und zumutbar gewesen wäre. aa) Kritik Unter Verweis auf die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung,350 die nur über die Rechtmäßigkeit im konkreten Fall, nicht aber über die abstrakt-generelle Rechtmäßigkeit im Zusammenhang mit Klimaschutz entscheiden könne, wird sich z. T. gegen eine gerichtliche Geltendmachung zivilrechtlicher Klimahaftung ausgesprochen, und stattdessen gefordert, den Klimaschutz vollständig der Politik zu überlassen.351 Erst nach Vorgabe hinreichender Entscheidungskriterien und erkennbarer Wertungen durch die gesetzgebende Gewalt sei eine Anwendung dieser durch die Judikative de lege lata auf den Einzelfall möglich.352 Denn der Schutz des Klimas als unteilbares, öffentliches Allgemeingut, das nicht durch das Verhalten Einzelner, sondern erst durch die gesamte Bevölkerung über Jahrzehnte und Jahrhunderte nennenswert beeinflusst werde, die internationale Dimension der Problematik des Klimawandels sowie das Erfordernis der Herstellung größtmöglicher Transparenz erforderten ein international koordiniertes Vorgehen sowie den Erlass zahlreicher Rechtsakte.353 Die ureigenste Aufgabe der Politik sei gerade die Abwägung sämtlicher gegenläufiger Interessen, welche anders als im Zivilprozess nicht nur das bilaterale Verhältnis der Streitparteien, sondern das gesamtgesellschaftliche und -wirtschaftliche Leben betreffe.354 Das Haftungsrecht, das auf eine Ausbalancierung von Rechtsgüterschutz und Handlungsfreiheit sowie Unrechtskompensation und Schadensausgleich im Einzelfall gerichtet ist, passe schon seiner Funktion nach und mangels ausreichender tatbestandlicher Konturierung nicht.355 Als Vertreter der deutschsprachigen juristischen Literatur sieht Ahrens in einer haftungsrechtlichen 350 In Deutschland werden die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung aus der Bindung der Judikative an Recht und Gesetz, Art. 92 i. V. m. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG abgeleitet, Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Ismer, Klimaschutz, S. 41; Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408. 351 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Ismer, Klimaschutz, S. 41 f.; Wagner, Klimahaftung, S. 133. 352 Vgl. Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Ismer, Klimaschutz, S. 41; Spieth/ Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408. 353 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Ismer, Klimaschutz, S. 43; Wagner, Klimahaftung, S. 112 f.; Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408; Wagner, NJW 2021, 2256, 2257 f., 2261. 354 Wagner, Klimahaftung, S. 113 f.; Wagner, NJW 2021, 2256, 2261. 355 Ismer, Klimaschutz, S. 43 f.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Verlagerung klimawandelbedingter Folgen auf bestimmte Emittenten von Treibhausgasen eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung und verweist auf einen entgegenstehenden Willen des deutschen Gesetzgebers, der die Normen des privaten Umwelthaftungsrechts gerade nicht für klimawandelbedingte Haftungskonstellationen heranziehen will.356 Der Richter dürfe seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung aber nicht an die Stelle der Gerechtigkeitsvorstellung des Gesetzgebers setzen.357 Zudem könne ein kohärentes Regelwerk unter Berücksichtigung einer Vielzahl auch verfahrensfremder Interessen nicht wie vor Gericht ad hoc entworfen werden, sondern erfordere politische Planung und Koordinierung sowie anschließende Implementierung in sämtliche Lebensbereiche. Die Bedeutung dieser Aufgabe verlange zwingend demokratische Rückkopplung und Legitimation, welche nur in der demokratisch gewählten Legislative und der Exekutive gefunden werden könne.358 Ansonsten käme es zu einer Entwertung des demokratischen Prozesses,359 sowie zu einer ungerechten Lastenverteilung.360 Hier wird auch angeführt, dass eine Verurteilung durch die Gerichte einen Eingriff in die politische Entscheidungskompetenz des Gesetzgebers bedeuten würde, der sich bewusst für eine bestimmte Form der Energiegewinnung entschieden hätte. Schließlich sei auf die Gefahr unabsehbarer Haftungsrisiken für Großemittenten hingewiesen, was volkswirtschaftlich nicht gewünscht sein könne.361 Fehlte es in einem Staat außerdem an einer Präjudizienbindung unterer Gerichte gegenüber den Entscheidungen der oberen Gerichte, käme es innerhalb einer Rechtsordnung und international zu einer Disparität der Entscheidungspraxis und zu kaum prognostizierbaren Risiken für Großemittenten.362 Insoweit wird sich für ein Gebot richterlicher Zurückhaltung363 bzw. eine Begrenzung der wertenden Zurechnung der in Rede stehenden Bedingungen364 ausgesprochen. 356

1408. 357

Ahrens, VersR 2019, 645, 652 – 654; ähnlich Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405,

Ahrens, VersR 2019, 645, 654 unter Verweis auf BVerfG, Urt. v. 25. Januar 2011, Az. 1 BvR 918/10, NJW 2011, 836, 837 und BVerfG, Urt. v. 6. Juni 2018, Az. 1 BvR 1375/14, NJW 2018, 2542, 2548. 358 Vgl. Wegener, ZUR 2019, 3, 13; Wagner, NJW 2021, 2256, 2261; sehr drastisch bringt es Wagner, Klimahaftungsrecht, S. 115 zum Ausdruck: „Die demokratisch legitimierte Gewaltenteilung sollte nicht auf dem Altar gesinnungsethisch motivierter Gerichtsentscheidungen geopfert werden.“ 359 Wagner, Klimahaftung, S. 113 – 115; ähnlich Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408. 360 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; ähnlich Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408. 361 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; ähnlich Spieth/Hellermann, NVwZ 2020, 1405, 1408. 362 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Ismer, Klimaschutz, S. 43. 363 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 886; Wagner, Klimahaftung, S. 133. 364 Ismer, Klimaschutz, S. 41, 44.

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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bb) Rechtliche Bewertung und eigene Stellungnahme Gegen die angeführten Kritikpunkte lässt sich zunächst einwenden, dass gerichtliche Entscheidungen im Rahmen von Klimaklagen gerade nicht auf eine umfassende Klimapolitik abzielen und ein gesamtgesellschaftliches Emissionsreduktionskonzept vorgeben wollen, sondern vielmehr ein Ausgleich für den Einzelfall geschaffen werden soll, indem drohende Gefahren abgewendet, Adaptionsmaßnahmen getroffen und Schäden kompensiert werden. Warum die Funktionen des Haftungsrechts – u. a. Herbeiführung eines Schadens-, Interessen- und Güterausgleichs sowie Kompensation von Unrecht –365 für Haftungsfälle mit Bezug zum Klimawandel nicht passen solle, ist nicht ersichtlich, da auch hier der vom Klimawandel Betroffene für seinen Rechtsgüterverlust entschädigt und das Ungleichgewicht zwischen diesen und den Großemittenten im Einzelfall ausbalanciert werden soll. Dass eine Frage auch einen politischen bzw. gesamtgesellschaftlichen Kontext hat sowie übergreifend durch Legislative und Exekutive geregelt werden könnte, schließt einen Anspruch auf zivilrechtlicher Ebene nicht aus, soweit dessen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind.366 Ein Eingriff in die politische Entscheidungskompetenz ist damit nicht verbunden, da hier allein auf die zur Verfügung stehenden Instrumente des zivilen Haftungsrechts zurückgegriffen wird und keine Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Hoheitsakts durch die Zivilgerichte erfolgt.367 Diese maßen sich keine Kompetenzen an, sondern sind an die Voraussetzungen und Grenzen des Tatbestands der Haftungsnormen gebunden. Das Gericht nimmt im Rahmen einer Klimaklage eine umfassende Interessenabwägung vor und berücksichtigt in diesem Zusammenhang gesetzliche Wertungen, Aspekte der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Emittenten sowie die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen. Trotz der Ausrichtung auf das Zwei-Parteien-Verhältnis können sämtliche Interessen, die von dem Rechtsstreit berührt werden, in diese Abwägung miteinfließen. Dass die Gerichte dabei möglicherweise aufgrund der komplexen Tatsachenlage an ihre Grenzen stoßen, schließt die allgemeine Justiziabilität einer Frage nicht aus.368 Schließlich stellt die Möglichkeit, dass für bestimmte Konstellationen ggf. gehaftet werden muss, keinen Widerspruch zur Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer bestimmten Form der Energieerzeugung dar. Ein Verhalten kann erlaubt sein und dennoch für schädigende Auswirkungen eine Haftung nach sich ziehen, wie Gefährdungshaftungstatbestände im Recht des Straßenverkehrs oder im Recht des Betriebs von Anlagen zeigen.

365

Zu den Haftungszwecken aus europäischer Sicht Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 9, zu den Funktionen des deutschen Haftungsrechts Staudinger/Hager, Vorbemerkung zu §§ 823 ff. BGB Rdnrn. 9, 12. 366 Vgl. Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 161 f.; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 133 f. 367 Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 134. 368 Vgl. Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 133.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Auch das Argument, dass die Großemittenten im Falle der Bejahung einer Haftung unabsehbaren wirtschaftlichen Risiken und einer ungleichmäßigen Lastenverteilung ausgesetzt wären, überzeugt nicht als Einwand gegen eine Kompetenz der Zivilgerichte. Aspekte der wirtschaftlichen Zumutbarkeit können im Rahmen der Prüfung Berücksichtigung finden. Zwar erscheint die Herausnahme eines Einzelnen aus der Vielzahl von Emittenten im Wege zivilrechtlicher Haftung zunächst willkürlich, dies jedoch nur dann, wenn die Haftungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen werden können, so nämlich die Kausalität zwischen Emissionsquelle und Schaden. Insoweit bietet das Haftungsrecht selbst einen Schutz vor willkürlicher Inanspruchnahme. Den Zivilgerichten kann die Anwendung gesetzlich bestehender Haftungsinstrumente aber nicht vorgeworfen werden. Die Kritik muss dahingehend eher als eine Frage nach der Effizienz der Klimahaftung als Instrument vor dem Hintergrund des Klimawandels gedeutet werden.369 So ist der These, dass Klimaschutzpolitik weitreichende Abwägungen sämtlicher individueller und gesamtgesellschaftlicher Interessen sowie ein koordiniertes internationales Vorgehen erfordere,370 durchaus zuzustimmen. Wie bereits an vorheriger Stelle gezeigt wurde,371 sind die bislang auf völker- und unionsrechtlicher Ebene vorgenommenen Maßnahmen allerdings nicht ausreichend und regeln insbesondere nicht den Ausgleich klimawandelbedingter Schäden und Aufwendungen im Einzelfall bei den Betroffenen. Diese Lücke könnte durch privatrechtliche Klimahaftung punktuell und im Wege der Feinsteuerung372 geschlossen werden. Klimahaftung sollte jedoch nicht als Alternative zu koordinierter staatlicher Klimaschutzpolitik verstanden werden, sondern vielmehr als Ergänzung,373 solange nicht auf sämtliche rechtliche Fragen, die der Klimawandel mit sich bringt, eine befriedigende Antwort gefunden werden kann. Ohnehin kann diese Funktion des Haftungsrechts aber nur dann erfüllt werden und die Klimahaftung auch nur dann effizient sein, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Haftungsnormen gegeben sind. c) Zwischenergebnis Der Klimakläger sei im Ergebnis auf das nicht unerhebliche Risiko bei einer Klageerhebung vor US-amerikanischen Gerichten hinzuweisen, welches sich aus der Möglichkeit einer Ablehnung infolge der Anwendung der Political-Question-Doktrin bzw. der Annahme einer Sperrwirkung durch regulatorisches Klimaschutzrecht

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In diese Richtung wohl auch Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 712. Ismer, Klimaschutz, S. 43; Wagner, Klimahaftung, S. 113 f. 371 Siehe ausführlich § 2 B. I. 2. und § 2 B. II. 3. b). 372 Vgl. Hinteregger, JETL 2017, 238, 246. 373 Ähnlich Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 19 f.; Carballo, in: Wylie/Winand, Energy and the Environmental Challenge, S. 133, 155. 370

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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auf Bundesebene in Gestalt des Clean Air Act ergibt. Die weitere Entwicklung in den gegenwärtig anhängigen Verfahren in den USA bleibt abzuwarten. Außerhalb des angloamerikanischen Rechtsraums werden Zweifel hinsichtlich der Effizienz der zivilrechtlichen Klimahaftung im Vergleich zu staatlicher Klimaschutzpolitik geäußert. Kritiker befürworten daher eine alleinige Zuweisung der Thematik Klimawandel an politische Entscheidungsträger und die Legislative. Derartige Einwände stehen der Justiziabilität der privatrechtlichen Klimahaftung aber nicht von vornherein im Sinne einer Zulässigkeitsschranke entgegen. Entscheidende Bedeutung wird mit Blick auf die faktische Effizienz der Klimahaftung aber der Frage zukommen, ob die in Rede stehenden Fallkonstellationen die Anspruchsvoraussetzungen der privatrechtlichen außervertraglichen Haftung erfüllen und ob an dieser Stelle ggf. die im Rahmen der Kritik374 angesprochenen Wertungen Berücksichtigung finden müssen. 2. Schutzbereich des Haftungsrechts Zur Vermeidung einer ausufernden deliktischen Haftung sind der Schutzfähigkeit individueller wie auch allgemeiner Rechtsgüter und Interessen, die durch den Klimawandel und seine Auswirkungen gefährdet oder verletzt werden können, generell Grenzen gesetzt. Diese sind abhängig von den Bestimmungen und Wertungen des jeweiligen nationalen deliktischen Haftungsrechts.375 Für die Betroffenen können sich – je nach anwendbarer nationaler Rechtsordnung im konkreten Einzelfall – sehr unterschiedliche Konsequenzen ergeben. Dies soll im Folgenden anhand einer kurzen Skizzierung der Schutzbereiche von drei exemplarischen Rechtsordnungen veranschaulicht werden. a) Schutzbereich des US-amerikanischen Haftungsrechts Das US-amerikanische common law zeichnet sich durch ein System nebeneinanderstehender Einzeldelikte aus, welche jeweils bestimmte Rechtsgüter und Interessen schützen.376 Für den Bereich der Klimahaftung haben insbesondere die Fahrlässigkeitshaftung (action for negligence) sowie das Rechtsinstitut der nuisance Bedeutung. Der Schutzbereich der Fahrlässigkeitshaftung ist von vornherein sehr weit gezogen. Für dessen Eröffnung genügt zunächst jedwede Interessenverletzung,377 auch die Verletzung des Vermögens einer Person. Konkret im Kontext des Klimawandels liegt eine solche Vermögensverletzung z. B. dann vor, wenn ein Skiliftbetreiber in einer von starken Gletscherschmelzen betroffenen Region Umsatzeinbußen erleidet, 374 375 376 377

Siehe dazu § 2 C. II. 1. b) aa). Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 15. Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 14 f. Restatement (Second) of Torts, § 281.

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weil weniger zahlende Skitouristen seinen Skilift aufgrund sinkender Schneemassen nutzen. Begrenzungen zur Vermeidung einer ausufernden Fahrlässigkeitshaftung werden erst an späterer Stelle, nämlich auf den tatbestandlichen Ebenen der Zurechnung und Kausalität, vorgenommen.378 Über die public nuisance sind außerdem Allgemeinrechtsgüter wie die öffentliche Infrastruktur, die öffentliche Gesundheit oder die öffentliche Sicherheit in den Schutzbereich des Haftungsrechts einbezogen. Eine Verletzung derartiger Rechtsgüter kann durch betroffene Staaten geltend gemacht werden; bei Nachweis eines Schadens, der in seiner Art über die Betroffenheit der Allgemeinheit hinausgeht, jedoch auch von Privatpersonen.379 Die private nuisance ist im Zusammenhang mit der Klimahaftung v. a. dann relevant, wenn es um eine unangemessene, erhebliche Beeinträchtigung des Eigentums und bestimmter eigentumsähnlicher Interessen an privaten Grundstücken geht.380 Geschützt wird das Interesse einer Person, das ihr zugewiesene Grundstück zu nutzen sowie die sich daraus ergebenden „Freuden“ zu erfahren.381 Im Kontext des Klimawandels ist die private nuisance etwa dann einschlägig, wenn die Substanz eines Grundstücks an der Küste infolge einer durch den Anstieg des Meeresspiegels verursachten Überschwemmung oder Erosion beschädigt wird. Ein bloßer Wertverlust von Küstengrundstücken wegen ihrer lagebedingten Vulnerabilität für klimawandelbedingte Auswirkungen ist als mittelbare Folge nicht ausreichend, vielmehr muss damit auch eine Beeinträchtigung der üblichen Lebensgewohnheiten verbunden sein, so etwa, wenn die umliegende Infrastruktur durch die Folgen des Klimawandels zerstört wird.382 b) Schutzbereich des deutschen Haftungsrechts Der Schutzbereich der außervertraglichen Haftung in der deutschen Rechtsordnung ist – im Bereich der deliktischen und der negatorischen Haftung – deutlich enger gezogen. So ist – sowohl für die Gewährung von Schadensersatz als Rechtsfolge des § 823 BGB als auch für einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch in (entsprechender) Anwendung des § 1004 BGB –383 stets eine Verletzung bzw. Gefährdung bestimmter Individualrechtsgüter, nämlich der in § 823 Abs. 1 BGB ab378

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 276. Siehe zur public nuisance bereits ausführlich § 2 C. I. 1. b) aa). 380 Restatement (Second) of Torts, § 821F, § 822; Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 87 S. 621. 381 Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 87 S. 622. 382 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 278. 383 § 1004 BGB findet unmittelbar nur auf Störungen des Eigentums Anwendung, darüber hinaus wird für absolute, vom Schutzbereich des § 823 BGB erfasste Rechtsgüter und sonstige Rechte jedoch ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB anerkannt, siehe nur BeckOGK-ZivilR/Spohnheimer, § 1004 BGB Rdnr. 13; Jauernig/Berger, § 1004 BGB Rdnr. 2; MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnr. 40. 379

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schließend aufgezählten Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und Eigentum oder der sonstigen Rechte mit absolutem Charakter sowie Zuweisungs- und Ausschlussfunktion384, erforderlich. Die Anerkennung bestimmter Rechte und Interessen als „sonstige Rechte“ i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB ist an enge Voraussetzungen geknüpft und soll einer uferlosen Ausweitung des Schutzbereichs gerade Einhalt gebieten.385 Grundsätzlich nicht ersatzfähig sind Verletzungen des Vermögens, die infolge des Klimawandels eintreten, es sei denn, es wurde zugleich ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB verletzt, das konkret dem Schutz des Vermögens des Verletzten dient, oder es liegt ein Fall des § 826 BGB vor.386 Im Rahmen des Deliktsrechts ebenfalls nicht als schutzwürdig erachtet werden – mangels Individualisierbarkeit und Zuordnung an eine bestimmte Person – Verletzungen bzw. Gefährdungen von Allgemeinrechtsgütern,387 darunter auch Umweltgütern, soweit diese sich nicht zugleich als Verletzungen bzw. Gefährdungen von Individualrechtsgütern darstellen.388 Verletzungen und Gefährdungen von reinen Umweltgütern, d. h. der Natur als solcher, sind im deutschen Recht dem Umweltschadensgesetz389 und damit einem öffentlich-rechtlichen Haftungsregime unterstellt; mit der Folge, dass rein ökologische Schäden durch den Staat als Anspruchsinhaber geltend gemacht werden.390 Dieses Konzept beruht auf der Umwelthaftungsrichtlinie391: in sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union statuiert diese für Verletzungen und Gefährdungen bestimmter, allen zustehender Umweltgüter die Grundentscheidung zugunsten einer Zuweisung der Aktivlegitimation an den Staat oder ausgewählter Vereinigungen392 als „Vertreter“ der Allgemeinheit.393 384 BGH, Urt. v. 18. Januar 2012, Az. I ZR 187/10, NJW 2012, 234; BeckOGK-ZivilR/ Spindler, § 823 BGB Rdnr. 159; BeckOK-BGB/Förster, § 823 BGB Rdnr. 143; MüKo-BGB/ Wagner, § 823 BGB Rdnr. 303; Palandt/Sprau, § 823 Rdnr. 11; Staudinger/Mansel, § 823 BGB Rdnr. B 124. 385 MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnrn. 301 f.; Hager, Strukturen des Privatrechts, S. 11. 386 BeckOGK-ZivilR/Spindler, § 823 BGB Rdnrn. 3, 8. 387 MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnr. 310. 388 MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnrn. 355, 1046; Soergel/Spickhoff, § 823 BGB Rdnr. 86; Diederichsen, Referat L zum 56. DJT, S. 48, 49; Medicus, JZ 1986, 778, 779 f. 389 Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden vom 10. Mai 2007 (Umweltschadensgesetz – USchadG), BGBl. I S. 666, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021, BGBl. I S. 306. 390 MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnrn. 1047 f. 391 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl. EU L 143, S. 56. 392 Die Aktivlegitimation gewisser Vereinigungen im Zusammenhang mit Umwelthaftung richtet sich nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG in der Fassung

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c) Schutzbereich des französischen Haftungsrechts Wiederum ein anderes deliktisches System ist im französischen Code Civil zu finden: dieses baut auf einer Generalklausel394 auf, unter welcher grundsätzlich jede Verletzung als haftungsrechtlich relevant angesehen wird, ohne dass im Schutzbereich Einschränkungen dahingehend vorgenommen werden, dass nur bestimmte Interessen und Rechtsgüter rechtlich geschützt sind. Auch die Minderung der Einkünfte einer Person als bloße Vermögensverletzung kann eine Ersatzpflicht auslösen.395 Zur Vermeidung einer ausufernden Haftung werden auf anderer Ebene Begrenzungen vorgenommen, welche die Rechtsprechung nach weitem Ermessen bestimmt. Als Kriterien werden dabei etwa die Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen einem Verhalten und einer Verletzung bzw. einem Schaden sowie die Sicherheit, mit welcher eine Verletzung bzw. ein Schaden, ausgelöst durch ein Verhalten, feststeht, herangezogen.396 d) Folgen für die internationale Klimahaftung Der überwiegenden Zahl nationaler Rechtsordnungen ist gemein, dass zentrale individuelle Rechtsgüter, so Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum, im Kontext der privatrechtlichen deliktischen Haftung geschützt werden und Verletzungen bzw. Gefährdungen dieser in den Schutzbereich von repressiven und präventiven Haftungsansprüchen fallen. Verletzungen des Vermögens werden nicht in jeder Rechtsordnung als deliktisch schutzfähig angesehen; ebenso nicht die Verletzung bzw. Gefährdung von Allgemeinrechtsgütern und damit auch der Umwelt als solcher, soweit diese nicht auch einem Privatrechtssubjekt rechtlich zugeordnet sind.397 Ob eine klimawandelbedingte Verletzung oder Gefährdung eines Rechtsguts oder Interesses von dem Betroffenen im Wege der deliktischen Haftung geltend gemacht werden kann, ist Frage des jeweils einschlägigen nationalen Rechtssystems und des konkreten Einzelfalls. Für vom Klimawandel betroffene Personen können sich inder Bekanntmachung vom 23. August 2017 (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG), BGBl. I S. 3290, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021, BGBl. I S. 306). 393 MüKo-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdnr. 355; siehe zur Umwelthaftungsrichtlinie auch Hinteregger, Europe, in: Hinteregger, Environmental Liability, S. 1, 6 – 25. 394 Art. 1240 (Art. 1382 a. F.) Code Civil: „Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé à le réparer.“ (deutsche Übersetzung: „Jeder, der einem anderen einen Schaden zufügt, muss diesen dann, wenn er ihn pflichtwidrig verursacht hat, ersetzen.“). 395 Hager, Strukturen des Privatrechts, S. 11; Hinteregger, Europe, in: Hinteregger, Environmental Liability, S. 579, 630; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 40 S. 620 f. 396 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 40 S. 631. 397 Vgl. zum Ganzen auch Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 208 – 210; Hinteregger, Comparison, in: Hinteregger, Environmental Liability, S. 579, 592; Hinteregger, JETL 2017, 238, 258 f.; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, S. 137, 156 – 158.

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folgedessen Unterschiede ergeben, je nachdem, welches Recht in materieller Hinsicht anwendbar ist und wie dieses den Schutzbereich der außervertraglichen Haftungsnormen definiert. Eine Bewertung hinsichtlich der Ersatzfähigkeit muss schlussendlich von jeder nationalen Rechtsordnung selbst vorgenommen werden. Dem Betroffenen ist in der Konsequenz geraten, vor Erhebung einer Klimaklage und ggf. vor Bestimmung des anwendbaren Rechts eine umfassende materiellrechtliche Prüfung vorzunehmen und sich nach Möglichkeit398 der Rechtsordnung zuzuwenden, die den Schutzbereich des Haftungsrechts weit zieht. Der Schwerpunkt möglicher Klimaklagen in der Zukunft wird jedoch wohl auf der Geltendmachung von Gefahren bzw. Verletzungen von Individualrechtsgütern liegen.399 Weil nahezu jede Rechtsordnung die elementaren Individualrechtsgüter schützt, werden die rechtlichen Hürden nicht zwingend im Rahmen des Schutzbereichs auftreten. Vielmehr muss insoweit Beachtung finden, dass eine Rechtsordnung mit einem weiten Schutzbereichsverständnis Begrenzungen und Einschränkungen zur Vermeidung einer ausufernden Haftung auf Ebene der Pflichtwidrigkeit und Kausalität vornehmen wird. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird dem Betroffenen im Ergebnis auch bei großzügiger Bestimmung des Schutzbereichs sein rechtliches Begehren nicht zugesprochen werden. Richtigerweise muss der Blick daher im Folgenden fort von nationalen Einzelfragen der Schutzbereichsbegrenzung hin zu Pflichtwidrigkeit und Kausalität gerichtet werden. Dort liegen rechtsordnungsübergreifend die eigentlichen neuralgischen Punkte der Klimahaftung. 3. Pflichtwidrigkeit Eines der zentralen Probleme im Rahmen der Verschuldenshaftung für die Auswirkungen des Klimawandels ist die Bestimmung der Pflichtwidrigkeit auf Seiten des Haftungsgegners. Im Vergleich zur Gefährdungshaftung ist der Anspruchsteller hier vor hohe Hürden gestellt, da der Nachweis einer Verletzung bzw. Beeinträchtigung durch den Anspruchsgegner allein nicht ausreichend ist. Der Haftungsgegner muss vielmehr eine Sorgfaltspflicht in der Weise verletzt haben, dass sich daraus eine Verantwortlichkeit begründen lässt. Einigkeit besteht dahingehend, dass an ein bestimmtes Verhalten, d. h. ein Tun oder Unterlassen, anzuknüpfen ist, welches im Hinblick auf seine Recht- bzw. Pflichtmäßigkeit bewertet werden muss.400 Entscheidend wird sein, ob objektiv401 eine Verhaltenspflicht besteht, welcher Standard dieser zugrunde liegt und wie weit die Pflicht reicht, und ob daraus abgeleitet die Feststellung eines Fehlverhaltens402 möglich ist. Kurz gesagt stellt sich die Frage, ob die Emittenten durch die Emission von Treibhausgasen etwas getan 398

Siehe dazu ausführlich § 4. So auch Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947. 400 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 61; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 213. 401 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 59; Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947. 402 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, S. 137, 158. 399

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haben, was eine umsichtige und vernünftige Person nicht tun würde und ob ein anderes Verhalten von ihnen hätte erwartet werden können.403 Ob eine Sorgfaltspflicht besteht, ergibt sich rechtsordnungsübergreifend dem Grunde nach aus einer Interessenabwägung.404 Eine solche kann sich jedoch dann erübrigen, wenn die Rechtsordnung bereits konkrete Verhaltensgebote oder -verbote vorgibt und die Interessenabwägung somit „vorgeschaltet“ für bestimmte Fallgruppen durchgeführt hat.405 a) Bedeutung des regulatorischen Klimaschutzes Derartige Verhaltensgebote oder -verbote können sich bei der Emission von Treibhausgasen aus dem öffentlichen Klimaschutzrecht ergeben. Zum einen können nationale Rechtsordnungen für bestimmte Bereiche, so z. B. für die Automobilbranche, Grenzwerte für die Emission von Treibhausgasen vorsehen, welche von den Herstellern für ein Endprodukt zu beachten oder bei Vornahme einer bestimmten Tätigkeit einzuhalten sind.406 Die Kontrolle des Ausstoßes von Treibhausgasemissionen durch Anlagen erfolgt u. a. über öffentlich-rechtliche Genehmigungen, welche den Anlagenbetreibern vor Aufnahme der Tätigkeit bei Erfüllung entsprechender Voraussetzungen erteilt werden.407 Für den Rechtsraum der Europäischen Union findet die Regulation von Treibhausgasemissionen ferner über eine Ausgabe und Zirkulation von Treibhausgaszertifikaten im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems statt.408 Zu ermitteln ist das Verhältnis dieser öffentlich-rechtlichen Regularien in Form von Grenzwerten, Genehmigungen und Zertifikaten zu zivilrechtlichen Verhaltenspflichten. Eine abschließende, allgemeine Antwort lässt sich hier nicht geben, 403 Brunée/Goldberg et al., in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 34; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 158. 404 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 213; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 114. 405 Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 214. 406 Siehe dazu in Deutschland § 48a Abs. 1, 3 BImSchG (Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013, BGBl. I S. 1274), der eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Rechtsverordnungen über Emissions- und Immissionswerte durch die Bundesregierung zum Zwecke der Umsetzung verbindlicher unionsrechtlicher Vorgaben darstellt. Auf dieser Grundlage wurden zahlreiche Rechtsverordnungen erlassen, zum Beispiel die 28. BImSchV (Verordnung über Emissionsgrenzwerte für Verbrennungsmotoren) vom 20. April 2004. Siehe für weitere Nachweise Landmann/Rohmer/Thiel, § 48a BImSchG Rdnrn. 12 – 20. 407 Für den Rechtsraum der Europäischen Union ergibt sich das Erfordernis einer Genehmigung für bestimmte emissionsträchtige Tätigkeiten aus Art. 4 der Richtlinie 2003/87/EG. 408 Siehe dazu ausführlich § 2 B. I. 2. b) bb).

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vielmehr differieren die Ansichten je nach anwendbarer nationaler Rechtsordnung.409 Jedoch sollen im Folgenden zumindest generelle Wertungen und Positionen benannt werden, die in diesem Zusammenhang vertreten werden können. So ist einerseits denkbar, dass privates und öffentliches Recht im Gleichlauf stehen, und die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben zugleich den entsprechenden Sorgfaltsstandard der privatrechtlichen Verhaltenspflicht wahrt, während ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Regelungen, so etwa bei Überschreiten der Grenzwerte oder bei Emittieren von Treibhausgasen ohne (ausreichende) Genehmigung oder Zertifikate, parallel die Verletzung einer zivilrechtlichen Verhaltenspflicht bedeutet. Andererseits können öffentliches und ziviles Recht im Bereich der Verhaltenspflichten auch unabhängig voneinander sein, sodass weder eine Legalisierungswirkung entfaltet wird noch über einen Verstoß gegen öffentliches Recht zugleich auf die zivilrechtliche Sorgfaltswidrigkeit geschlossen werden kann. Speziell für den Fall einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung wird vermittelnd vertreten, dass es auf die Ausgestaltung der Rechtswirkungen der Genehmigung selbst ankomme und darauf, ob diese privatrechtliche Ansprüche ihrer Zielrichtung nach präkludieren wolle.410 Selbstredend stellt sich die Problematik dann nicht, wenn eine öffentlichrechtliche Norm einer Genehmigung eine Sperrwirkung hinsichtlich privatrechtlicher Haftungsansprüche sowohl ihrem Wortlaut nach als auch nach ihrer eindeutigen gesetzgeberischen Zielrichtung ausdrücklich zugesteht, da dann für die Frage nach etwaigen abweichenden zivilrechtlichen Sorgfaltsstandards im präkludierten Bereich kein Raum bleibt.411 Interessieren sollen hier deshalb nur die Fälle, in denen es mangels einer derartigen gesetzlichen Regelung tatsächlich auf den Einfluss öffentlich-rechtlicher Regularien auf zivilrechtliche Verhaltenspflichten ankommt. Für die erste Ansicht lässt sich der wichtige Aspekt des Vertrauensschutzes anführen. Derjenige, der die Vorgaben einer Anlagengenehmigung einhält, über ausreichend Zertifikate für seine emittierende Tätigkeit verfügt oder sich innerhalb bestimmter Emissionsgrenzwerte bewegt und damit alle Anforderungen erfüllt, die klar erkennbar an ihn gestellt werden, muss darauf vertrauen können, dass im Rahmen privatrechtlicher Sorgfaltspflichten kein wesentlich höherer Standard von ihm verlangt wird.412 Insoweit wird auch das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung

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Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 153 (2007). Vgl. zu den verschiedenen Standpunkten im Einzelnen Wagner, Öffentlich-rechtliche Genehmigung, S. 9 – 19. 411 Vgl. auch Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 406 f. Eine solche privatrechtsgestaltende Präklusions- bzw. Sperrwirkung öffentlichrechtlicher Genehmigungen ist im deutschen Recht etwa in § 14 S. 1 BImSchG für eine behördliche Anlagengenehmigung in Bezug auf zivilrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche oder in § 16 Abs. 1 und 2 WHG (Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009, BGBl. I S. 2585) für die Erlaubnis einer Gewässerbenutzung zulasten zivilrechtlicher Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche ausdrücklich geregelt. 412 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 949; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 164. 410

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angeführt, welches nach einer Harmonisierung der einzelnen Teilbereiche verlange.413 Daneben ist auch der Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu beachten, soweit dieser für den Bereich der Treibhausgasemissionen ein tariertes und ausbalanciertes Regelwerk im öffentlichen Recht geschaffen hat. Speziell in Bezug auf die vom Europäischen Emissionshandelssystem erfassten Sektoren kann der europäische Gesetzgeber so verstanden werden, dass er die Emission von Treibhausgasen durch Unternehmen insoweit ermöglichen möchte, als dies von den Emissionszertifikaten des Emissionshandelssystems gedeckt werden kann.414 Dabei hat er eine Abwägung zwischen Klimaschutz und wirtschaftlichen Aktivitäten vorgenommen und sich für eine langfristige Lösung der Problematik Klimawandel über den Einsatz von Preisinstrumenten entschieden, anstatt den Emittenten verpflichtende Vorgaben und ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen. Vielmehr sollen diese aufgrund der Steuerungs- und Lenkungswirkung bzw. der wirtschaftlichen Anreizfunktion, auf welchen der Emissionshandel beruht, freiwillig zu einer Verhaltensänderung gebracht werden. Sektoren und Emittenten, die nicht unter dieses System fallen, können daraus den Umkehrschluss ziehen, in ihrer gesamten Emissionstätigkeit sorgfaltsgemäß zu handeln.415 Auch die gesetzgeberische Grundentscheidung zu bestimmten Fragen der Energiepolitik kann bei Bestimmung der Pflichtwidrigkeit von Emissionen nicht unberücksichtigt bleiben bzw. umgangen werden: baut die Infrastruktur eines Staates oder Staatenverbunds auf einer Form der Energieerzeugung auf, die zwangsläufig mit der Emission von Treibhausgasen verbunden ist, können gerade Energieversorgungsunternehmen von der fehlenden Pflichtwidrigkeit ihres Handels ausgehen, da ihr Verhalten staatlich gewünscht und gefördert ist und die Bejahung einer zivilrechtliche Sorgfaltswidrigkeit dies ad absurdum führen würde.416 Mit gewichtigen Argumenten wird sich allgemein jedoch auch gegen eine Akzessorietät öffentlich-rechtlicher Standards und Erlaubnisse zu privatrechtlichen Verhaltenspflichten mangels paralleler Wertungen der Rechtsgebiete ausgesprochen.417 Denn während das Zivilrecht primär Verhaltenssteuerung, Interessenausgleich und Schadenskompensation bezweckt, zielt das öffentliche Recht insbesondere auf eine Gefahrenabwehr, welche durch Anordnung von Geboten und Verboten 413 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 885; Diederichsen, Referat L zum 56. DJT, S. 48, 65 f.; dazu auch Versen, Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden, S. 101 f., 104 – 107. 414 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 949; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 885; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 164 f. 415 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 949; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 164 f. 416 Vgl. Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 885; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 711 f. 417 BGHZ 92, 143, 152; BGH, Urt. v. 29. November 1983, Az. VI ZR 137/82, NJW 1984, 801, 802; MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rdnr. 498, 505; Hinteregger, Comparison, in: Hinteregger, Environmental Liability, S. 579, 591; Hinteregger, in: Kirchengast/Schulev-Steindl/ Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 214 f.; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 118.

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erreicht werden soll.418 Das öffentliche Recht bediene anders als das Zivilrecht auch nicht den konkreten Einzelfall, sondern nehme eine politische, gesamtgesellschaftliche Interessenabwägung vor.419 Die Unterschiede zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht seien im Hinblick auf Zielrichtung und Zielgruppe derart wesentlich, dass ein Gleichlauf ausscheide. Dem Einwand des Vertrauensschutzes der jeweiligen Emittenten kann entgegengehalten werden, dass der konkrete Einzelfall eine höhere Sorgfalt erfordern kann, während öffentlich-rechtliche Normen nur generalisierend einen bestimmten Verhaltensstandard vorgeben können.420 Zudem kann die im Einzelfall bei der Erteilung einer Genehmigung handelnde Behörde nicht jeden möglichen Schaden, der durch eine Aktivität verursacht werden kann, von vornherein in den Blick nehmen. Folglich kann die Genehmigung auch nicht jeden denkbaren Schadensfall umfassen und jegliche Haftung dahingehend präkludieren.421 Eine öffentlich-rechtliche Norm kann jedoch im Rahmen der zur Bestimmung einer Verhaltenspflicht erforderlichen Interessenabwägung eine Indizwirkung entfalten. Dabei ist die Norm im Hinblick auf ihren Schutzgehalt auszulegen und zu ermitteln, inwieweit sich daraus Vorgaben für den Standard zivilrechtlicher Sorgfalt ergeben.422 Ähnlich erfolgt die Bewertung im US-amerikanischen Haftungsrecht: dort bejahen die Gerichte in der Regel einen Pflichtenverstoß, wenn regulatorische Vorgaben des Klimaschutzes verletzt werden, zumindest dann, wenn die vom Kläger behauptete Verletzung auch in den Schutzbereich der gesetzlich geschützten Interessen fällt.423 Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben schließt dagegen per se nicht einen privatrechtlichen Pflichtenverstoß aus, weil der regulatorische Klimaschutz insoweit nur einen Mindeststandard darstelle, der ausreichend Raum für darüber hinausgehende zivilrechtliche Sorgfaltspflichten lasse.424 Ähnlich wird auch in den nationalen Rechtsordnungen von Belgien und der Niederlande argumentiert.425 Diese hier exemplarisch beschriebenen Wertungen sind als allgemeine Erwägungen auch in andere Rechtsordnungen übertragbar. Letztlich ist die Beantwortung der Frage, welche Bedeutung dem regulatorischen Klimaschutzrecht für die Fest418

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 119. Wilhelmi, Risikoschutz, S. 37 f. 420 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 949; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 163; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 119 f. 421 Soergel/Spickhoff, § 823 Anh. II Rdnr. 48; Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 949; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 163; Wagner, Betriebsanlage, S. 3 f. 422 BGH, Urt. v. 29. November 1983, Az. VI ZR 137/82, NJW 1984, 801, 802; Staudinger/ Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 60; Versen, Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden, S. 117 f., 158 f.; Wilhelmi, Risikoschutz, S. 274. 423 Restatement (Third) of Torts (Liability for Physical and Emotional Harm), § 16 (a); Restatement (Second) of Torts, § 288C; Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 36 S. 223. 424 Restatement (Third) of Torts (Liability for Physical and Emotional Harm, § 14 comm. F); Restatement (Second) of Torts, § 286 (c); Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 36 S. 233. 425 Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 153 f. (2007). 419

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

stellung einer privatrechtlichen Sorgfaltspflicht zukommt und ob diese durch öffentlich-rechtliche Vorgaben abschließend determiniert ist, jedoch von der im konkreten Fall anwendbaren nationalen Rechtsordnung abhängig. Im Fortgang soll deshalb untersucht werden, ob sich eine Pflichtwidrigkeit der Emittenten von Treibhausgasen anhand einer generellen Interessenabwägung ableiten lässt, in welcher die vorgebrachten Gesichtspunkte, so etwa der durch den Emissionszertifikatehandel vermittelte Vertrauensschutz, Berücksichtigung finden können. Dies hätte zur Folge, dass den Emittenten ggf. trotz Einhaltung sämtlicher öffentlichrechtlicher Klimaschutzvorgaben aus zwingenden allgemeinen Erwägungen eine höhere zivilrechtliche Sorgfalt trifft, die durch die Emission von Treibhausgasen verletzt wird. b) Allgemeine Interessenabwägung Ziel der umfassenden Interessenabwägung ist die Bestimmung eines objektiven Verhaltensstandards, der als genereller Maßstab angelegt werden kann.426 Gegenüber gestellt werden müssen – stets für den konkreten Einzelfall – die Individualinteressen der Freiheits- bzw. Risikosphäre des (potenziellen) Schädigers und des (potenziell) Geschädigten, unter Berücksichtigung ggf. relevanter Allgemeininteressen. Bedeutsam werden können darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit bzw. Vorhersehbarkeit des Schadenseintritts, die Schwere des (drohenden) Schadens, sowie die möglichen präventiven Maßnahmen, die mit wirtschaftlich vertretbarem und vernünftigem Aufwand vorgenommen werden können, um den Schadenseintritt zu verhindern.427 Die folgenden Ausführungen sollen dazu dienen, einen Überblick über die möglichen einzubeziehenden Wertungen zu gewähren, die in Klimahaftungsfällen im Rahmen der Pflichtwidrigkeit eine Rolle spielen können, ohne jedoch den Anspruch der Vollständigkeit zu erheben. Vielmehr geht es um eine Skizzierung der wesentlichen Argumentationslinien. aa) Interessensphären der Beteiligten Wie bereits gezeigt,428 stammen die haftungsrechtlich relevanten Emissionen großer Unternehmen v. a. aus den Sektoren der Industrie, Landwirtschaft und Energieerzeugung. Sie entstehen dabei als Nebenprodukt der unternehmerischen Tätigkeit, z. B. im Zusammenhang mit der Produktion von Gütern oder der Verbrennung fossiler Energiestoffe. Ziel der Großemittenten ist dabei vorwiegend die Generierung 426

Hinteregger, JETL 2017, 238, 251. Zum Ganzen Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 114; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 160; siehe dazu auch Hunter/Salzman, 155 U. Pa. L. Rev., 1769 – 1780 (2006/2007). 428 Siehe dazu § 2 A. IV. und § 2 B. II. 4. a) dd). 427

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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von Gewinn und Rentabilität; sie verfolgen primär wirtschaftliche Interessen.429 Eine Verpflichtung zur Reduktion von oder sogar die Anordnung des vollständigen Verzichts auf Emissionen würde aus unternehmerischer Sicht eine Verletzung von Vermögensinteressen, ggf. auch Eigentumsinteressen, bedeuten. Demgegenüber stehen die Integritätsinteressen der Inhaber von durch den Klimawandel bedrohten oder geschädigten Individualrechtsgütern wie Leben, Gesundheit und Eigentum, ferner auch Vermögensinteressen. Wie schon zu Beginn beschrieben, sind die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels schwerwiegend und reichen von bloßen Beeinträchtigungen bis hin zur vollständigen Zerstörung. Der Klimawandel betrifft damit fundamentale menschliche Rechte, so das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie den Schutz des Eigentums. Diesen wird in nahezu allen demokratischen Rechtsordnungen ein hoher Stellenwert und Schutz durch die nationalen Verfassungen430 sowie internationalen Konventionen, u. a. die Europäische Menschenrechtskonvention431, eingeräumt. Abstrakt haben die befürchteten gravierenden Verluste und Verletzungen von Individualrechtsgütern Vorrang vor der Verfolgung rein wirtschaftlicher Interessen und Vermögensinteressen auf Seiten von Unternehmen. Daneben bedroht der Klimawandel auch die Umwelt als solche und die zugehörige Flora und Fauna. Das Ökosystem der Erde ist die natürliche Existenzgrundlage der Menschen, bietet Lebensraum und sichert die Nahrungsversorgung. Auch dem Schutz der Umwelt ist aufgrund ihrer existenziellen Bedeutung ein hoher Stellenwert einzuräumen, wie z. B. die Verankerung des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung in Art. 20a GG auf deutscher Ebene und die Betonung des Vorsorgeprinzips in Art. 191 Abs. 2 S. 2 AEUV auf europäischer Ebene zeigen. Abstrakt ist hier ebenso von einem Überwiegen des Schutzes der Umwelt gegenüber der Verfolgung rein wirtschaftlicher Vermögensinteressen auszugehen. Die allgemeine Interessenabwägung nach betroffenen Rechtsgütern fällt folglich zu Lasten von Großemittenten und zugunsten der vom Klimawandel Betroffenen und der Umwelt aus. Jedoch müssen in die Interessenabwägung noch weitere Gesichtspunkte einbezogen werden. bb) Gesamtgesellschaftlicher Nutzen der emissionsverursachenden Tätigkeiten So müssen die Emissionen von Großemittenten auch aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive betrachtet werden. Zwar erfolgen die dahinterstehenden geschäftlichen Tätigkeiten aus Sicht der Unternehmen aus wirtschaftlichen Motiven, daneben erfüllen sie aber in der Regel noch zentrale gesellschaftliche Aufgaben. Die 429

Siehe zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Emissionen durch emittierende Unternehmen § 2 C. II. 3. b) bb); vgl. auch Sutherland, JETL 2017, 177, 208. 430 Siehe dazu im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Art. 2 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 1 GG. 431 Siehe dazu Art. 2 Nr. 1, Zusatzprotokoll Art. 1 Nr. 1 EMRK.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Sektoren der Industrie, Landwirtschaft und Energieerzeugung dienen der Produktion sämtlicher Güter für den täglichen Bedarf und für die gesamte Wirtschaft, der Ernährungssicherheit, der Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur sowie dem sozialen und gesellschaftlichen Wohlstand. Darüber hinaus wird durch die großen Energieerzeuger die Versorgung der Gesellschaft mit Elektrizität sichergestellt, auf der die Funktionsfähigkeit des gesamten Systems beruht.432 Müsste innerhalb dieser Sektoren die Gesamtmenge an Emissionen ad hoc deutlich reduziert werden, so z. B. dann, wenn ein Gericht einem Unternehmen Emissionsgrenzwerte vorgibt, wäre zumindest über eine gewisse Zeit u. a. mit einem erheblichen Rückgang der Produktivität und weiteren, im Einzelnen nicht absehbaren Folgen zu rechnen. Dies könnte zu Versorgungsengpässen, Gefährdung der Erhaltung der Infrastruktur und Abnahme der wirtschaftlichen Leistungskraft eines ganzen Landes oder, je nach Vernetzung, ganzer Regionen der Welt führen. Erfüllen diese Unternehmen ihren Auftrag im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht, ist wiederum mit Klagen betroffener Bürger oder Staaten zu rechnen, sodass es im Falle der Annahme einer Sorgfaltspflichtverletzung der Emittenten durch die Produktion von Treibhausgasen schlicht kein rechtmäßiges Alternativerhalten gäbe. Dies erscheint widersprüchlich. Darüber hinaus ist auch den bereits zuvor genannten Erwägungen, nämlich der gesetzgeberischen Grundentscheidung zugunsten einer bestimmten Form der Energiepolitik sowie der Annäherung an die Problematik des Klimawandels durch Einsatz wirtschaftlicher Preisinstrumente,433 hohes Gewicht beizumessen. Die Treibhausgase emittierenden Tätigkeiten können somit als Teil einer sozialadäquaten und legitimierten gesellschaftlichen Praxis betrachtet werden.434 Es bestehen ferner erhebliche Bedenken dahingehend, die klimaschädlichen Auswirkungen von Emissionen, aus denen die gesamte Gesellschaft über die dahinterstehenden Tätigkeiten einen großen Nutzen zieht, einzelnen, wenn auch großen Emittenten zuzurechnen. Vielmehr müsste bei einer Aufgabe von solch gesamtgesellschaftlicher Tragweite auch eine gesamtgesellschaftliche Lösung gefunden werden, welche die Lasten in die Breite verteilt und nicht nur punktuell ansiedelt.435 Teilweise wird vertreten, entsprechende Sorgfalts- und Emissionsreduktionspflichten nur solchen Emittenten aufzuerlegen, deren Aktivitäten keinen sozialen Zweck verfolgen.436 Dieser Ansatz erweist sich aber in der Praxis als untauglich, weil sich kaum feststellen lassen wird, welche Aktivitäten klar sozial nützlich sind, wie weit die Grenzen zu ziehen sind und welche mittelbaren Auswirkungen berücksichtigt werden müssen.437 Fraglich erscheint auch, wie eine konkrete Bemessung sozialer Kosten und sozialen Nutzens erfolgen sollte. Eine 432

Vgl. Sutherland, JETL 2017, 177, 193. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 3. a). 434 Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 711; Wagner, Klimahaftung, S. 61 – 63; Wagner/Arntz, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 405, 418 f. 435 Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 711 f. 436 Dies andenkend, aber im Ergebnis selbst ablehnend Sutherland, JETL 2017, 177, 193 f. 437 Sutherland, JETL 2017, 177, 193 f. 433

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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solche Bewertung müsste von den Gerichten dann aber praktisch vorgenommen werden.438 Richtig ist es, im Rahmen der Abwägung die soziale und gesamtgesellschaftliche Rolle des jeweiligen Emittenten zu beachten und im Hinblick auf die Begründung von Sorgfaltspflichten nach dieser zu differenzieren. Welcher Stellenwert dem gesamtgesellschaftlichen Nutzen der Emissionen schließlich eingeräumt wird, ist wiederum Frage des Einzelfalls und auch von zahlreichen anderen Faktoren, so z. B. der Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Staates, abhängig. Entscheidend wird v. a. sein, welche Möglichkeiten der Vermeidung von Emissionen für die jeweiligen Emittenten in gesellschaftlich unabdingbaren Versorgungspositionen überhaupt bestehen.439 Generell haben die genannten Aspekte jedoch ein hohes Gewicht im Rahmen der Interessenabwägung und begründen erhebliche Einwände gegen die Begründung einer Sorgfaltspflicht. cc) Vorhersehbarkeit der (drohenden) Schäden für die Emittenten Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren zu berücksichtigen, ab welchem Zeitpunkt die hier in Rede stehenden Großemittenten die klimaschädlichen Auswirkungen von Emissionen kennen mussten und damit auch etwaige Gefahren, Verletzungen und Schäden hätten vorhersehen können. Dann stellt sich die Frage, wie weit die Vorhersehung der einzelnen Emittenten reichen muss und ob eine Sorgfaltspflicht zeitlich grenzenlos bestehen kann. Der zeitlichen Dimension kommt im Zusammenhang mit Klimahaftung große Bedeutung zu. (1) Maßgeblicher Zeitpunkt der Kenntnis und Vorhersehbarkeit auf Seiten der Emittenten Bezugspunkt der Vorhersehbarkeit ist stets der konkrete (drohende) Verletzungserfolg, nicht aber der Kausalverlauf.440 Erforderlich ist ein gewisses Maß an Wahrscheinlichkeit, das aus der Perspektive eines objektiven Betrachters den Erfolgseintritt zumindest als ernst zu nehmen erscheinen lässt.441 Gegenwärtig sind die Ursachen und Folgen des Klimawandels sowie die emissionsreichsten Aktivitäten hinlänglich bekannt. Über den Klimawandel sind weitreichende wissenschaftlich anerkannte Publikationen allgemein zugänglich; die globale Erwärmung ist Teil des öffentlichen Diskurses. Dass jeder Großemittent heute wissen und vorhersehen kann, dass sein Handeln Auswirkungen auf das Klima hat, kann ernsthaft nicht mehr

438

Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 948. Vgl. Sutherland, JETL 2017, 177, 193 f.; siehe dazu § 2 C. II. 3. b) dd). 440 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 405; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 130. 441 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 130. 439

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

bestritten werden. Daher ist aus heutiger Perspektive eine Vorhersehbarkeit zu bejahen.442 Jedoch muss das Verhalten des Haftungsgegners nach den Standards beurteilt werden, welche zur Zeit der Vornahme Geltung beanspruchten.443 Denn die meisten Großemittenten sind schon seit Jahren oder Jahrzehnten Verursacher von Emissionen, sodass z. B. das Handeln von vor 50 Jahren mangels vergleichbaren Wissensstandes nicht mit den gleichen Maßstäben wie heutiges Handeln bewertet werden kann und insoweit zwischen verschiedenen Emissionen zu differenzieren wäre. Der anthropogene Klimawandel ist seit Ende des 20. Jahrhunderts breiter wissenschaftlicher Konsens sowie sicherer Bestandteil der öffentlichen Wahrnehmung und politischen Agenda. Als Schwellenpunkt für die Kenntnis der Emittenten könnte auf die Verabschiedung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992 abgestellt werden,444 in welcher die Weltgemeinschaft sich erstmals zu der Gefahr des Klimawandels und ihrer Verantwortung zur Abwendung eines klimatischen Schreckensszenarios bekannte. Auch wenn objektives Erfahrungswissen möglicherweise schon einige Jahre früher bekannt war und die Annahme einer früheren Kenntnis rechtfertigen könnte,445 erscheint das Jahr 1992 als Meilenstein der Klimaschutzbewegung und damit auch als rechtssicherer Anknüpfungspunkt für die Kenntnis der Emittenten. Da bereits der erste Sachstandsbericht des Weltklimarates umfassend und konkret über mögliche klimawandelbedingte Gefahren, Verletzungen und betroffene Regionen informierte, ist die Vorhersehbarkeit auch im Hinblick auf die verschiedenen Arten von Rechtsgutsverletzungen, das Auftreten in bestimmten Teilen der Welt und die Betroffenheit dort lebender Bevölkerungen zumindest in Grundzügen zu bejahen.446 Vor 1992 kann den Emittenten kein Vorwurf gemacht oder eine Verantwortung begründet werden, weil es an einem ausreichenden Wissensstand zu Emissionen und deren klimaschädlichen Folgen fehlte.447 Ob aus der Bejahung der Kenntnis ab 1992 aber zugleich eine Verantwortlichkeit privater Unternehmen im Sinne einer Verpflichtung, Emissionen zu reduzieren, um 442

So auch Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Hinteregger, JETL 2017, 238, 252 f.; Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 408; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 131; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 159; Sutherland, JETL 2017, 177, 187. 443 Vgl. Art. 8 Abs. 4 lit. b Richtlinie 2004/35/EG; Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Faure/Nollkaemper, SJIL 43 (2007), 123, 171 f.; Hinteregger, JETL 2017, 238, 252; Spitzer/ Burtscher, JETL 2017, 137, 159; vgl. auch Wagner, Klimahaftung, S. 56 f. 444 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 947; Farber, 155 U. Pa. L. Rev., 1605, 1647 (2007); Farber, 26 UCLA J. Envtl. L. & Pol’y 21, 32 (2008); Farber, 23 J. Land Use & Envtl. L., 1, 30 (2007); Kysar, 41 Envtl. L., 1, 11 (2011); Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 159; ähnlich auch Brunée/Goldberg et al., in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 34 f.; Hinteregger, JETL 2017, 237, 253. 445 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 131 f. 446 Vgl. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 132. 447 Posner/Sunstein, 96 Geo L.J., 1565, 1598 (2007/2008); Wagner/Arntz, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 405, 417.

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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klimaschädliche Auswirkungen zu vermeiden, zu folgern ist, ist fraglich. Denn die Klimarahmenkonvention stellte zunächst eine nur unverbindliche Erklärung mehrerer Staaten dar, aus der sich noch nicht einmal für diese Hoheitsträger konkrete Handlungspflichten im Hinblick auf die Emissionsreduktion begründen ließen. Einzelne Emittenten hätten folglich allein aus der Kenntnis der Tatsache, dass sie in erheblichem Maße zur Gesamtmenge der Emissionen eines Staates beitragen, konkrete Handlungsimpulse ableiten müssen. Die Betrachtung der gravierenden mit dem Klimawandel verbundenen Auswirkungen für die gesamte Weltgemeinschaft sowie die Rolle als wirtschaftliche und soziale Verantwortungsträger innerhalb einer Gesellschaft lassen es aber zu, von großen geschäftlichen Emittenten eine solche Weitsicht und Sorgfalt sowie erste Änderungen des eigenen Verhaltens im Hinblick auf eine Reduktion von Treibhausgasen zu erwarten, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine expliziten staatlichen Vorgaben existierten.448 In gewissem Maße widersprüchlich dazu erweist sich dann aber im Rechtsraum der Europäischen Union die Etablierung des Europäischen Emissionszertifikatehandelssystems. Mit diesem wird den Emittenten gerade suggeriert, dass die Emission von Treibhausgasen trotz deren schädlichen Folgen für den Planeten sozialadäquat und für elementare Lebensbereiche und die nationalen Systeme sogar erforderlich ist, solange der Ausstoß durch ausreichend Zertifikate gedeckt ist.449 Die Emittenten vertrauen sodann darauf, ihren Beitrag zum Klimaschutz entweder durch die ihnen mögliche und zumutbare Reduktion von Emissionen zu erbringen, um weniger Zertifikate hinzukaufen zu müssen, oder durch finanzielle Leistungen zum Erwerb der benötigten Menge an Zertifikaten. Allerdings ist auch dieses Vertrauen nur bis zu einem bestimmten Maße schützenswert, weil den Emittenten mit fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit bewusst sein musste, dass ihr Handeln trotz Konformität mit den etablierten Preisinstrumenten schädliche Folgen hat, die nicht in ausreichender Weise, auch nicht durch den Besitz von Zertifikaten, kompensiert werden können. Auch wenn man eine Vorhersehbarkeit und damit Verantwortung von Emittenten ab dem Jahre 1992 bejahen würde, stellt sich das Problem, zwischen „frühen“ Emissionen, für welche keine Verantwortung besteht, und „späten“ Emissionen, die nach 1992 ausgestoßen wurden, differenzieren zu müssen. Aufgrund der Vermengung dieser in der Atmosphäre, der teilweisen Wiederaufnahme in Senken sowie der zahlreichen Rückkopplungs- und Verstärkungseffekte wird sich heute nicht mehr feststellen lassen können, von wann welche Emissionen stammen und wozu diese genau beigetragen haben.450 Möglich ist auch, dass Emissionen ab einem bestimmten Zeitpunkt keinerlei Auswirkungen mehr hatten, weil ein gewisser Schwellenpunkt bei einigen natürlichen Ressourcen bereits erreicht war. Somit kann die Vorhersehbarkeit von klimaschädlichen Emissionen ab dem Jahre 1992 bejaht werden, 448 449 450

Vgl. auch Spier, JETL 2017, 218, 234. Vgl. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 103. Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883; vgl. auch Rumpf, EurUP 2019, 145, 153.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

jedoch scheitert eine darauf aufbauende Sorgfaltspflicht v. a. in tatsächlicher Hinsicht. Zwar könnte zwischen verschiedenen Zeitpunkten differenziert werden; für welche Emissionen ein Emittent im Einzelnen verantwortlich ist und welche Auswirkungen diese hatten, ließe sich aber nicht mehr ermitteln.451 (2) Reichweite der Vorhersehbarkeit Die zeitliche Komponente im Zusammenhang mit Emissionen bereitet auch an anderer Stelle Schwierigkeiten. Unter der Menge an Emittenten sind einzelne möglicherweise bereits seit Jahrzehnten an der Emission von Treibhausgasen beteiligt, während andere Großemittenten erst seit einigen Jahren zum Ausstoß von Treibhausgasemissionen beitragen. Der Klimawandel und seine Auswirkungen vollziehen sich über einen kaum abgrenzbaren, langen Zeitraum, sodass sich daraus resultierende Schäden auch erst zu einem viel späteren Zeitpunkt zeigen können, lange nach dem eigentlichen Emissionsvorgang. So führt der Klimawandel zu einem stetigen Anstieg des Meeresspiegels, der aber erst dann, wenn er eine bestimmte Höhe erreicht hat, in einer Region zu einer Überflutung führt und z. B. das Eigentum der dort lebenden Bewohner zerstört. Zwischen dem Zeitpunkt der Emission und dem Zeitpunkt des Schadenseintritts können sehr lange Zeitabstände liegen. Es stellt sich die Frage, wie weit ein Emittent Schäden hätte vorhersehen können und ob es gerechtfertigt ist, für einzelne Emittenten eine Art „Ewigkeitshaftung“ in Bezug auf sämtliche Schäden, die erst Jahre oder Jahrzehnte später eintreten, zu begründen. Im deutschen Haftungsrecht wird eine rückwirkende Ewigkeitshaftung für Schäden, die vor Inkrafttreten des Umwelthaftungsgesetzes verursacht wurden, durch § 23 UmweltHG ausgeschlossen. Diese Wertung könnte auch in den Bereich der Klimahaftung erstreckt werden.452 Richtigerweise ist insgesamt – aus dem Grundsatz folgend, dass ein Verhalten stets nach den zu diesem Zeitpunkt objektiv geltenden Maßstäben bewertet werden muss – auf den Zeitpunkt der Emissionen, nicht der Verletzung und des Schadens abzustellen. Konnte der Emittent zum Zeitpunkt der Emissionen die klimaschädlichen Auswirkungen nicht vorhersehen, kann er für diese auch nicht haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Emissionen vor dem Zeitpunkt, ab dem eine Vorhersehbarkeit bejaht werden kann, können somit auch nicht im Rahmen der Haftung für Spätschäden fruchtbar gemacht werden. Die Klimahaftung ist dann abhängig von der Kausalität zwischen Emissionen, Verletzung und Schaden sowie der Feststellung, wann welche Emissionen welchen Beitrag zu Verletzung und Schaden geleistet haben. Diese Problematik wird in einem späteren Abschnitt der Arbeit noch ausführlicher beleuchtet.453

451

Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Kausalität in § 2 C. II. 4. Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883; vgl. auch Ismer, Klimaschutz, S. 41. 453 Siehe dazu § 2 C. II. 4. a). 452

C. Rechtliche Einordnung und Problematik der privatrechtlichen Haftung

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dd) Erheblichkeit und Vermeidbarkeit der Emissionen und (drohenden) Verletzungen Der (potenzielle) Schädiger muss die Auswirkungen seines Verhaltens nicht nur in den Grundzügen vorhersehen, sondern darüber hinaus ein zumutbares Alternativverhalten an den Tag legen können, um die jeweiligen Folgen abzuwenden.454 Auf die Vermeidbarkeit dieser kommt es aber nur dann an, wenn das Verhalten des Haftungsgegners das Risiko des (drohenden) Schadenseintritts tatsächlich auch spürbar erhöht hat, also eine gewisse Erheblichkeit aufweist. (1) Erheblichkeit der Emissionen Bei der der Vermeidbarkeit vorgeschalteten Frage der Erheblichkeit der Emissionen, teilweise auch bei der Adäquanz im Rahmen der Kausalitätsprüfung diskutiert,455 wird vorgebracht, dass jeder Beitrag, den ein einzelner Emittent erbringt, im Vergleich zur Gesamtmenge immer nur „ein einzelner Tropfen im Ozean“, in der globalen Relation also stets unerheblich sei.456 Um nicht gänzlich abwegige Kausalverläufe zum Auslöser einer Haftung zu machen bzw. zu weitreichende Sorgfaltspflichten zu begründen, muss das Verhalten des Emittenten die objektive Möglichkeit eines Erfolgs der eingetretenen Art in nicht unerheblicher Weise erhöht haben.457 Einzelnen Emissionsbeiträgen wird diese Erheblichkeit teilweise abgesprochen, weil keine Einzelemission derart groß ist, dass sie eine Temperaturerhöhung in nur geringem Umfang begründen könne und der Prozess des Klimawandels auch ohne die jeweilige Emission unverändert fortlaufen würde.458 Dieses Argument ist aber dahingehend problematisch, dass keinerlei Maßstäbe existieren, über welche sich ein maßgebender und bedeutender Beitrag zum Klimawandel und zu seinen Auswirkungen bestimmen ließe und auch nicht klar ist, wann eine erhebliche Risikoerhöhung vorliegt.459 Zwar ist der Aussage zuzustimmen, dass eine einzelne Emission im Vergleich zur Gesamtmenge an Emissionen stets marginal ist, für sich betrachtet ist sie aber erheblich und erhöht mit einer gewissen, wenn auch sehr geringen Wahrscheinlichkeit den Eintritt des schädigenden Erfolgs.460 So sollte dann, wenn ein bestimmter Anteil an Emissionen in der 454

Brunée/Goldberg et al., in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 23, 34. So etwa das LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 373; siehe zu dieser Frage auch § 2 C. I. 2. d) und Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 25 – 27, 230 – 232. 456 Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 598; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708; Peel, 5 CCLR, 15, 18 (2011). 457 BGH, Urt. v. 19. November 1972, Az. V ZR 100/69, NJW 1972, 195, 197; LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 373. 458 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 373; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 882 f.; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708; Wagner, Klimahaftung, S. 57 f.; Wagner/Arntz, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 405, 416 f. 459 Kling, KJ 51 (2018), 213, 219 f.; dies andeutend Ismer, Klimaschutz, S. 41. 460 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate change liability, S. 376, 401. 455

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Atmosphäre tatsächlich messbar und belegbar ist und einem Großemittenten zugeordnet werden kann, dieser für die Begründung der Erheblichkeit ausreichen.461 Erforderlich ist somit allein der Nachweis einer faktischen Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Emissionen, Klimawandel und konkreter Rechtsgutsverletzung bzw. -gefährdung, zu diskutieren im Rahmen der Ausführungen zur Kausalität,462 ohne dass sodann zusätzliche Hürden über unklare, nicht ausreichend konturierende Wertungsgesichtspunkte geschaffen werden sollten. Das hätte auch keine ausufernde Haftungserstreckung auf Kleinstemittenten zu Folge, weil deren Haftung schon aus Praktikabilitätserwägungen ausscheiden muss.463 Dieses Ergebnis ist gerade in Bezug auf den Klimawandel auch mit moralischen Erwägungen zu begründen. So wird angeführt, dass der mit dem Klimawandel verbundene Schaden ein derart großes Ausmaß erreiche und ein Tätigwerden derart dringend gefordert werde, dass die Verweisung auf einen nur minimalen Beitrag eines einzelnen Emittenten die Verantwortlichkeit zur Emissionsreduktion nicht ausschließen könne.464 Der oberste Gerichtshof der Niederlande führte dazu – zwar im Kontext staatlicher Verantwortung, aber in der Bewertung übertragbar – aus, dass Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels globale Aktion erforderten, jeder Emittent zur insgesamt problematischen Gesamtmenge an Emissionen beitrage und Großemittenten insoweit eine Führungsrolle übernehmen müssten.465 Die Emissionen eines Großemittenten können im Ergebnis durchaus als erheblich und damit grundsätzlich haftungsrechtlich relevant betrachtet werden. Die Ablehnung einer Sorgfaltspflicht bzw. die Einschränkung der Kausalität unter Verweis auf eine vermeintlich fehlende Erheblichkeit ist nicht geboten. (2) Vermeidbarkeit der klimawandelbedingten Gefahren und Schäden durch die Emittenten Rechtliche Erheblichkeit bedeutet jedoch nicht, dass der anthropogene Klimawandel sowie die damit zusammenhängenden Auswirkungen durch alternative Maßnahmen der Emittenten auch hätten vermieden werden können. Welche Kriterien an die Vermeidbarkeit angelegt werden, kann nicht einheitlich bestimmt werden. Welche Maßnahmen den Emittenten zugemutet werden können, ist eine Frage der wertenden Betrachtung des Einzelfalls und abhängig u. a. von finanziellen Ressourcen und technischen Möglichkeiten der Emissionsreduktion. Im angloamerikanischen Rechtsraum werden verstärkt ökonomische Aspekte in diese Abwägung eingestellt und die Kosten des Schadens mit den Kosten der Prä461

So auch Kling, KJ 51 (2018), 213, 219 f. Siehe dazu § 2 C. II. 4. 463 Siehe dazu ausführlich § 2 B. II. 4. a) cc). 464 Sutherland, JETL 2017, 177, 192. 465 Gerechtshof Den Haag, Urt. v. 9. Oktober 2018, Az. 200.178.245/01, ECLI:NL: GHDHA:2018:2591. 462

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ventionsmaßnahmen abgewogen (sogenannte Learned-Hand-Formel).466 Ein sorgfaltswidriges Handeln ist danach zu bejahen, wenn die Vorsorgeaufwendungen zur Vermeidung von Schäden, etwa Investitionen in neue, ressourcenschonende Technologie, geringer sind als die Höhe der befürchteten eintretenden Schäden.467 Vor diesem Hintergrund wird angeführt, dass die Kosten einer Emissionsreduktion insgesamt wohl deutlich geringer ausfielen als die Höhe sämtlicher klimawandelbedingter Schäden.468 Dieses Argument trifft aber nur dann zu, wenn jene Kosten auf die gesamte Gesellschaft verteilt werden würden. Aus Sicht eines einzelnen Unternehmens, dessen gesamter Geschäftsbetrieb notwendigerweise mit der Erzeugung von Emissionen einhergeht, könnte die Forderung nach Unterlassen bzw. Reduktion von Emissionen gravierende, existenzbedrohende Auswirkungen haben.469 Individuelle Aspekte kommen im Rahmen der Learned-Hand-Formel somit zu wenig zum Tragen. Eine rein ökonomische Betrachtung überzeugt auch deshalb nicht, weil die gesamtgesellschaftlichen Folgen bzw. der soziale Nutzen von Emissionen für die Gesellschaft völlig außer Acht bleiben. Rein wirtschaftlich kann die Vermeidbarkeit nicht bewertet werden. Zur Beantwortung der Frage, welche Emissionen vermeidbar sind bzw. waren und welche Reduktionsmaßnahmen in Betracht kommen, muss wiederum zwischen verschiedenen Stadien in zeitlicher Hinsicht differenziert werden. Gegenwärtig steht den Unternehmen eine große Bandbreite an klimaschonender Technologie im Bereich der alternativen Energiegewinnung zur Verfügung, in welche zu deutlich günstigeren Kosten als noch vor einigen Jahrzehnten investiert werden kann.470 Auch insgesamt ist ein gesellschaftlicher Konsens pro Klimaschutz wohl festzustellen, sodass ein Unternehmen durch ressourcenschonenden Einsatz bei Abnehmern und Kunden auch in moralischer Hinsicht profitieren könnte. Die politischen Instrumente wie das Emissionszertifikatehandelssystem auf europäischer Ebene verstärken den Druck auf Unternehmen im gesamten Wettbewerb. Während ein Unternehmen noch vor einigen Jahren also bei Investitionen in klimaschonende Maßnahmen ggf. ein erhebliches wirtschaftliches Risiko einging – im äußersten Fall sogar seine wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzte – und Nachteile gegenüber der Konkurrenz zu befürchten hatte,471 muss es eine solche Einzelstellung heute nicht mehr befürchten.472 466 Siehe dazu auch allgemein aus Sicht des deutschen Rechts Soergel/Spickhoff, § 823 Anh. II Rdnrn. 33 f. 467 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 63; Hunter/Salzman, 155 U. Pa. L. Rev., 1741, 1756 f. (2006/2007); Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 160. 468 Hunter/Salzman, 155 U. Pa. L. Rev., 1741, 1757 f. (2006/2007). 469 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 948; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 160 f. 470 Hunter/Salzman, 155 U. Pa. L. Rev., 1764 (2006/2007). 471 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg, Climate Change Liability, S. 376, 408; siehe aber auch Wagner, Klimahaftung, S. 120 f., der auf Wettbewerbsnachteile inländischer Unternehmen gegenüber ausländischen Emittenten hinweist. 472 Zum Ganzen Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 133 – 135.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

Sicher feststehend ist, dass vor dem Zeitpunkt, ab dem eine Vorhersehbarkeit durch die Emittenten erst begründet erscheint, denknotwendig auch eine Vermeidbarkeit ausscheiden muss. Insoweit stellt sich betreffend die Reichweite einer Sorgfaltspflicht dann aber wieder die Frage, wie in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Emissionen aus verschiedenen Zeiten differenziert werden könnte.473 Das ist faktisch kaum möglich. Insgesamt lässt sich eine pauschale Aussage darüber, ab wann klimaschädliche Auswirkungen infolge von Emissionen tatsächlich vermeidbar waren, nicht treffen und muss emittentenspezifisch unter Einbeziehung sämtlicher, unternehmensbezogener Einzelaspekte sowie gesamtgesellschaftlicher Erwägungen erfolgen. Berücksichtigt werden müssen u. a. die Rolle des emittierenden Unternehmens im gesamtgesellschaftlichen Gefüge, der soziale Nutzen von Emissionen, die technischen Möglichkeiten im Hinblick auf die Emissionsreduktion sowie die wirtschaftliche Zumutbarkeit und Größe des Unternehmens.474 Hier können die Gerichte, die einen Schadens- bzw. Lastenausgleich im Einzelfall schaffen sollen, aufgrund der Vielzahl und Komplexität zu berücksichtigender Individual- und Allgemeininteressen durchaus an ihre tatsächlichen Grenzen gelangen.475 c) Zwischenergebnis Im Rahmen der Pflichtwidrigkeit ist die Emissionstätigkeit der Großemittenten daraufhin zu überprüfen, ob durch dieses Verhalten eine Sorgfaltspflicht verletzt wurde. Die Anforderungen an eine zivilrechtliche Sorgfaltspflicht können durch öffentlich-rechtliche Emissionsgrenzwerte, Betriebs- und Anlagegenehmigungen sowie Emissionszertifikate des regulatorischen Klimaschutzrechts mehr oder weniger stark beeinflusst werden, beide Rechtsgebiete können aber auch als voneinander unabhängig betrachtet werden. Hier sind insbesondere der Vertrauensschutz auf Seiten der Emittenten bei Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben, die gesetzgeberischen Entscheidungen in der Klimapolitik sowie die Zielrichtungen des öffentlichen und zivilen Rechts zu berücksichtigt. Eine abschließende Bewertung kann bei einer allgemeinen Analyse der Klimahaftung nicht erfolgen und hängt letztlich von der Entscheidung der jeweiligen nationalen Rechtsordnung ab. Um zu bestimmen, ob sich aus zwingenden allgemeinen Erwägungen eine Sorgfaltspflichtverletzung ergibt, ist eine umfassende Interessenabwägung unter Einbeziehung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, sodass sich eine pauschale Aussage über die Pflichtwidrigkeit des Emissionsausstoßes nicht treffen lassen wird. Dennoch lassen sich zumindest erhebliche Bedenken gegen das Bestehen einer Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit der Emission von Treibhausgasen innerhalb der gesetzlichen Regelungen anführen. So sprechen die einander 473 474 475

Siehe dazu bereits § 2 C. II. 3. b) cc). Vgl. Sutherland, JETL 2017, 177, 193 f., 206, 208. Vgl. Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 161 f.; Verheyen/Lührs, ZUR 2009, 129, 133 f.

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gegenüberstehenden Interessen von potenziellem Schädiger und potenziell Geschädigtem sowie das Allgemeininteresse der Bewahrung der Umwelt für erhöhte Sorgfaltspflichten von Unternehmen, die ein Zurücktreten wirtschaftlicher Interessen und die Forderung nach einer Reduktion von Emissionen zur Vermeidung von Klimaschäden gebieten. Daneben muss aber berücksichtigt werden, dass Treibhausgasemissionen in der Regel mit Tätigkeiten einhergehen, die gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben und bei denen eine Emissionsreduktion gravierende Folgen mit sich bringen könnte. Die Begründung von Sorgfaltspflichten einzelner Großemittenten ohne gesellschaftliche Umverteilung wird dieser weitreichenden Aufgabe dann nicht gerecht. Schließlich ist die Vorhersehbarkeit der Auswirkungen des Klimawandels zwar ab 1992 zu bejahen, führt aber im Ergebnis nicht weiter. Denn eine Differenzierung zwischen „früheren“ und „späteren“ Emissionen, hinsichtlich welcher eine Sorgfaltspflicht besteht bzw. nicht besteht, sowie deren konkreter Beitrag zum Klimawandel und daraus resultierenden Folgen ist faktisch nicht möglich. Die Vermeidbarkeit kann nicht generalisierend beurteilt werden, sondern muss für den jeweiligen Einzelfall unter Einbeziehung sämtlicher Umstände, auch technischer Möglichkeiten und gesamtgesellschaftlicher Faktoren, bestimmt werden. Auch hier ergeben sich Probleme in zeitlicher Hinsicht, da zwischen „früheren“ und „späteren“ Emissionen faktisch nicht unterschieden werden kann. Im Ergebnis wird mit Blick auf die aufgezeigten Schwierigkeiten eine Pflichtwidrigkeit der Großemittenten bei der Emission von Treibhausgasen abzulehnen sein. 4. Kausalität Die Kausalität bereitet in Klimahaftungsfällen gravierende Schwierigkeiten.476 Jedoch hat deren Feststellung erhebliche Bedeutung für den Erfolg einer Klimahaftungsklage, da sie sowohl bei der Verschuldens- als auch bei der Gefährdungshaftung zwingende Voraussetzung der Haftungsbegründung ist.477 Bei Verneinung der Pflichtwidrigkeit kommt es auf das Vorliegen der Kausalität deshalb zumeist entscheidend an, um einen Anspruch aus Gefährdungshaftung bzw. einen ggf. verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch bejahen zu können. Im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung müssen zwei Ebenen unterschieden werden: es muss zum einen geklärt werden, ob die Kausalität aus materiellrechtlicher Perspektive objektiv festgestellt werden kann; zum anderen gilt es die prozessualen Anforderungen an den Nachweis der Kausalität zu ermitteln. Auf der ersten Stufe werden die verschiedenen Problemkreise im Rahmen der Kausalität, die in der Praxis kombiniert auftreten, zunächst vereinzelt und getrennt voneinander untersucht, um 476 Siehe allgemein zur Schwierigkeit der Kausalitätsfeststellung in Umwelthaftungsfällen Hager, NJW 1986, 1961. 477 Siehe dazu bereits § 2 C. I. 2. d).

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die Vielschichtigkeit dieser komplexen Tatbestandsvoraussetzung verständlich zu machen. a) Problemkreise im Rahmen der Kausalität Die bei der Klimahaftung relevant werdenden Kausalitätsketten stellen sich aus naturwissenschaftlicher Perspektive sehr vereinfacht folgendermaßen dar:478 Menschen emittieren im Zusammenhang mit weltweiten Aktivitäten – v. a. in den Sektoren Energieversorgung, Industrie und Landwirtschaft – Treibhausgase, welche in die Atmosphäre aufsteigen und dort zu einer erhöhten Treibhausgaskonzentration führen. Diese verstärkt den natürlichen Treibhauseffekt, aus welcher die gegenwärtige, über das natürliche Maß hinausgehende globale Erwärmung resultiert. Der Klimawandel bringt zahlreiche schwerwiegende Folgen mit sich, z. B. den Anstieg des Meeresspiegels, das Schmelzen der Gletscher oder das vermehrte Auftreten von Wetterextremen wie Dürren und Fluten. Diese ökologischen Beeinträchtigungen und Schäden können schließlich zu Gefährdungen und Verletzungen von Individualrechtsgütern, Allgemeinrechtsgütern und Vermögen führen. Dass der Mensch Treibhausgase emittiert, menschliches Handeln also ursächlich Treibhausgasemissionen hervorbringt, ist heute sicher feststehend.479 Daneben verbleiben aber noch näher zu untersuchende Ursache-Wirkungs-Beziehungen, nämlich die Kausalität zwischen anthropogenen Treibhausgasemissionen und Klimawandel als solchem sowie zwischen Klimawandel, einer ökologischen Auswirkung und der konkreten Verletzung bzw. Gefährdung von Individual- oder Allgemeinrechtsgütern. Die Kausalitätskette vollzieht sich mithin mehrstufig und bedarf einer lückenlosen Feststellung, von den Emissionen eines einzelnen Emittenten bis hin zur konkreten Verletzung oder Gefahr. Entscheidend wird sein, gerade den Beitrag eines Emittenten im Gefüge der rechtlichen Kausalität zu verorten und die Kausalitätsbeziehung zu individualisieren.480 Problematisch gestalten sich insoweit sowohl die Vielzahl der Einflussfaktoren als auch die Vielzahl der Emittenten. aa) Vielzahl von Einflussfaktoren Wie bereits zu Beginn der Arbeit aufgezeigt, bestimmt sich das Klima in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren und unterliegt geohistorisch immer wieder auch natürlichen Schwankungen und Ausschlägen in beide Richtungen.481

478 479 480 481

Siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. IPCC, Synthesis Report, S. 2, 8; IPCC, Global Warming of 1.5 8C, S. 2. Vgl. Wagner, Klimahaftung, S. 53. Siehe dazu ausführlich § 2 A. II.

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(1) Anthropogener Einfluss Dass die Bevölkerung der Welt durch die von ihr produzierte Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen zumindest anteilig zu einer globalen Erwärmung beigetragen hat und sich insoweit von einem anthropogenen Klimawandel sprechen lässt, ist nahezu sicher. So gilt es nach dem letzten IPCC-Report als extrem wahrscheinlich482, dass der menschliche Einfluss für mehr als die Hälfte des Temperaturanstiegs zwischen 1951 und 2010 verantwortlich ist.483 Rechtlich folgt daraus, dass der anthropogene Faktor in seiner Gesamtheit für den Klimawandel als solchen zumindest mitursächlich ist. Diese Kausalität kann sicher festgestellt werden.484 Auch der anthropogene Einfluss untergliedert sich aber in eine Vielzahl von Unterfaktoren, nämlich die Beiträge sämtlicher Emittenten von Treibhausgasen. Auf die Gruppe der Emittenten, die in ihrer Gesamtheit den anthropogenen Einflussfaktor ausmachen, wird sogleich gesondert einzugehen sein.485 (2) Natürliche Einflüsse Neben anthropogenen Emissionen wird das klimatische System auch durch eine Vielzahl anderer, natürlicher Faktoren beeinflusst, u. a. die Sonneneinstrahlung sowie weitere exogene Ereignisse, z. B. Vulkanausbrüche oder zyklische Wetterphänomene. Bestimmte klimatische Auswirkungen beruhen folglich nicht allein auf einem menschengemachten Klimawandel, sondern treten als Auswuchs einer natürlichen Entwicklung auf. Der genaue Anteil der einzelnen Einflussfaktoren auf klimatische Ereignisse kann allerdings nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht sicher bestimmt werden (attribution problem).486 Für die Klimahaftung ergibt sich daraus, dass festgestellt werden muss, dass anthropogene Treibhausgasemissionen nicht nur für die globale Erwärmung per se, sondern ebenso für eine bestimmte klimatische Erscheinung zumindest mitursächlich sind und nicht allein durch einen natürlichen Faktor hervorgerufen werden. Hinsichtlich slow-weather-events, z. B. Gletscherschmelzen487 und des Anstiegs des Meeresspiegels, ist diese Feststellung möglich. Die genannten Phänomene sind nahezu unstreitig Folge einer globalen Erwärmung und damit des menschenge482 Dies entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 95 – 100 Prozent, vgl. IPCC, Synthesis Report, S. 37. 483 IPCC, Synthesis Report, S. 5; siehe dazu ausführlich § 2 A. III. und § 2 A. IV. 484 So auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 47; in den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Ursächlichkeit menschlich verursachter Treibhausgasemissionen für den Klimawandel indirekt auch bereits höchstrichterlich festgestellt worden, siehe Commonwealth of Massachusetts v. EPA, 127 S.Ct. 1438, 1446 (2007). 485 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a) bb). 486 Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 38; siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. 487 So konnte erst kürzlich nachgewiesen werden, dass der Rückzug des Gletschers Palcaraju, welcher im Verfahren Luciano Lliuya v. RWE AG eine entscheidende Rolle spielt, nicht allein durch natürliche Faktoren, sondern maßgeblich auch durch den anthropogenen Einfluss verursacht wurde, Stuart-Smith/Roe et al., Nat. Geosci. 14, 85 – 90 (2021).

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machten Klimawandels.488 Daneben führt der Klimawandel aber auch zu einem vermehrten Auftreten von Wetterextremen wie Hitzewellen, Dürren, Überflutungen und Stürmen.489 Die globale Erwärmung erhöht folglich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Wetterextremen insgesamt, hat also eine generelle Risikosteigerung zur Folge.490 Weil das zeitweise Vorkommen gewisser Wetterphänomene aber der Natur entspricht und der konkrete Beitrag natürlicher Faktoren gerade nicht verlässlich bestimmt werden kann, kann auch keine Aussage darüber getroffen werden, welches Wetterphänomen ebenso ohne den anthropogenen Klimawandel aufgetreten wäre und welches sich allein aufgrund des zusätzlichen menschlichen Einflusses zeigt.491 Die Ermittlung der sich individuell aus dem anthropogenen Faktor ergebenden Risikosteigerung, zum einen in Bezug auf das Auftreten eines bestimmten Wetterphänomens, zum anderen im Hinblick auf die Gefahr der Verletzung konkreter Rechtsgüter, ist jedoch nicht möglich. Steht nicht sicher fest, welche individuellen Wetterphänomene durch den Klimawandel beeinflusst werden, besteht für den in die Haftung genommenen Emittenten auch immer die Möglichkeit zur Entlastung dahingehend, dass gerade jenes vorliegende Wetterereignis nicht Folge des Klimawandels und damit auch nicht Konsequenz menschlicher Emissionen ist. Das Vorbringen Franks, dass in einem bestimmten Wetterereignis der Klimawandel stets als verstärkender Faktor beteiligt wäre,492 trifft aufgrund der vorstehenden Erwägungen gerade nicht zu.493 In rechtlicher Hinsicht ist somit nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen dem anthropogenen Klimawandel und einem konkreten Wetterphänomen gegeben, was einem deterministischen Kausalitätsverständnis nicht genügen kann.494 In der Konsequenz ist die Kausalitätskette von den Emissionen eines einzelnen Verursachers, dessen Beitrag zur klimatischen Erwärmung und schließlich dem Auftreten eines konkreten Wetterphänomens, das sodann zu einer Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung führt, nicht sicher feststellbar.495 (3) Verstärkungs- und Rückkopplungseffekte sowie Kipppunkte Die Multikausalität gestaltet sich aus rechtlicher Sicht auch insofern komplex, als dass nicht jeder der prägenden Faktoren lineare und direkt proportionale Wirkung 488 IPCC, Synthesis Report, S. 5; Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 55, 57, 59, 64; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 12. 489 Siehe dazu ausführlich § 2 A. V. 2. 490 Kling, KJ 51 (2018), 213, 217. 491 Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 596 f.; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 48; Rumpf, EurUP 2019, 145, 156. 492 Frank, NVwZ 2018, 960, 961. 493 Zum Ganzen auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 49 f. 494 Siehe dazu auch § 2 C. I. 2. d); siehe zum probabilistischen Kausalitätsverständnis § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (c). 495 Rumpf, EurUP 2019, 145, 156; Wagner/Arntz, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 405, 414.

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entfaltet. Der Klimawandel ist vielmehr ein hoch komplexer, chemisch-physikalischer Vorgang, bei dem die einzelnen anthropogenen und natürlichen Faktoren sich gegenseitig beeinflussen und verstärken.496 Insoweit folgt der Klimawandel nicht einer vorhersehbaren Linearität, sondern kann durch die Wirkung eines bestimmten teilnehmenden Elements intensiviert und beschleunigt oder wieder abgeschwächt werden.497 Das gilt auch hinsichtlich der konkreten Auswirkungen des Klimawandels. Gerade das Schmelzen der polaren Eisschilder in Grönland und in der Antarktis entspricht nur zeitweise einem linearen Verlauf. Mit Erreichen bestimmter Schwellenwerte ist es denkbar, dass das Eisschild kippt und der gesamte Prozess des Schmelzens gravierend verstärkt und beschleunigt wird, und dann auch nicht mehr aufzuhalten ist.498 Für die Kausalität ergibt sich zum einen, dass die zeitlich nach Erreichen eines Kipppunktes liegenden Emissionen einer Emissionsquelle möglicherweise keinen Einfluss mehr auf eine konkrete ökologische Auswirkung sowie eine daraus resultierende Verletzung oder Gefährdung haben, weil diese nach Überschreiten eines Schwellenwertes ohnehin eingetreten wäre. Wann dies der Fall ist und welche Emissionen infolgedessen möglicherweise nicht mehr kausal sind, lässt sich gegenwärtig jedoch nicht bestimmen.499 Darüber hinaus wird die Feststellung, welchen Beitrag eine Emission zu einer konkreten Verletzung oder Gefahr leistet, kaum möglich sein, wenn den Emissionen infolge der Verstärkungs- und Rückkopplungseffekte unterschiedliches Gewicht zukommen kann.500 So existiert gerade kein linearer Zusammenhang zwischen Emissionsquelle und individueller Verletzung oder Gefahr, nach der jede Emission auch für jede Auswirkung gleichermaßen kausal ist. Denn kann die Wirkung einer Emission in der Atmosphäre durch die genannten klimatologischen Vorgänge aufgehoben, relativiert oder verstärkt werden, folgt daraus auch, dass bestimmte Emissionen möglicherweise mehr beigetragen haben als andere oder auch nicht kausal für eine konkrete klimawandelbedingte Auswirkung sind. Dann sind diese Emittenten jedoch auch als Verursacher auszunehmen. Die genauen Vorgänge lassen sich nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht individuell nachvollziehen.501

496 497

882. 498

LG Essen, ZUR 2017, 370, 372; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 882. Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 598; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881,

Rahmstorf/Schnellnhuber, Der Klimawandel, S. 59 f.; siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 53. 500 Vgl. Adams, ZZP 99 (1986), 129, 158 f. 501 Zum Ganzen LG Essen, ZUR 2017, 370, 372; Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597 f.; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 882; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708 f.; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 53; Wagner, Klimahaftung, S. 53. 499

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(4) Wiederaufnahme von Emissionen Die in die Atmosphäre aufsteigenden emittierten Treibhausgase werden ferner z. T. in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf eingespeist, von Senken auf der Erde aufgenommen oder chemisch umgewandelt.502 Daraus folgt, dass nicht sicher feststellbar ist, ob eine bestimmte Emission in der Atmosphäre verbleibt oder wieder entweicht. Dann kann jedoch auch nicht bestimmt werden, ob eine Emission tatsächlich zum Klimawandel bzw. zu einer konkreten Verletzung bzw. Gefahr beigetragen hat, weil sie sich zu diesem Zeitpunkt möglicherweise schon gar nicht mehr in der Atmosphäre befunden hat.503 (5) Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt, dass der Klimawandel selbst sowie seine globalen Auswirkungen auf Individual- und Allgemeinrechtsgüter und Interessen multikausal und nicht linear verursacht werden. Nur hinsichtlich slow-weather-events ist die Kausalität des anthropogenen Klimawandels in seiner Gesamtheit sicher feststellbar, während sich für Wetterextreme nur eine Risikoerhöhung ausmachen lässt. Die Rückführung einer konkreten klimawandelbedingten Folge auf einen natürlichen oder anthropogenen Einflussfaktor, insbesondere auf eine einzelne Emissionsquelle, ist wegen der potenzierenden bzw. relativierenden Effekte, der Kipppunkte und der Wiederaufnahme von Emissionen mit gegenwärtigen wissenschaftlichen Methoden nicht möglich. Daraus folgt, dass die Kausalitätskette zwischen den Emissionen eines Einzelnen und den konkreten (drohenden) Verletzungen schon allein aufgrund dieser Vielzahl an Einflussfaktoren nicht sicher festgestellt werden kann. Die Kausalitätsprüfung wird sodann noch komplexer, wenn man den anthropogenen Beitrag neben den weiteren Einflussfaktoren isoliert betrachtet. Dieser Problematik widmen sich die nachfolgenden Ausführungen. bb) Vielzahl von Emittenten (1) Problemstellung Der anthropogene Beitrag zum Klimawandel wird von einer unabsehbaren Vielzahl von Emittenten verursacht, da jeder Mensch Treibhausgasemissionen allein durch den Vorgang des Atmens produziert, wenn auch nur in einer geringen Menge. Im Falle einer solchen ubiquitären Verursachung wird auch von Summationsschäden504 gesprochen.505 Diese Emissionen steigen in die Atmosphäre auf und ver502

IPCC, Synthesis Report, S. 45. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 53; Sutherland, JETL 2017, 177, 189 f.; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708. 504 Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597 verwenden den Begriff des erweiterten Summationsschadens in Abgrenzung zu den Waldschadensfällen, über die der Bundesgerichtshof in den 80er-Jahren zu entscheiden hatte; siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (b). 503

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mengen sich dort. Die Rückführung einer Emission auf ihre Quelle ist ab diesem Zeitpunkt kaum mehr möglich. Insoweit kann also bestenfalls der Anteil eines jeden Verursachers an der Gesamtmenge der anthropogenen Emissionen bestimmt werden. Auch dann ließe sich nur sagen, dass die Totalität der anthropogenen Emissionen zum Klimawandel beiträgt. Nicht ermittelt werden kann aber, welche Emissionen aus welcher Quelle zu der konkreten Verletzung oder der konkreten Gefahr führen, aufgrund welcher ein Emittent in die Haftung genommen werden soll, eben weil sich sämtliche Emissionen in der Atmosphäre vermengen.506 Will man aber im Wege einer privatrechtlichen Haftung einen individualisierbaren Schädiger zur Verantwortung ziehen, kann nicht auf die Kausalität der Gesamtmenge menschlicher Treibhausgasemissionen und des Klimawandels abgestellt werden, sondern die konkrete Verletzung oder Gefahr sowie ein ggf. daraus resultierender Schaden müssen individualisierbar einem einzelnen Emissionsbeitrag aus einer bestimmten personalen oder gegenständlichen Emissionsquelle zugerechnet werden können.507 Denn Ziel des privaten Haftungsrechts ist es gerade, in der Allgemeinheit diejenige Person auszumachen, die mit ihrem konkreten Verhalten eine individualisierbare (drohende) Verletzung und ggf. einen Schaden verursacht hat,508 um so einen Ausgleich zwischen dem Haftenden und dem Betroffenen herbeizuführen.509 Weitere Probleme bereitet im Zusammenhang mit der Vielzahl der Emittenten der zeitliche Faktor. Klimawandelbedingte ökologische Auswirkungen sind das Produkt einer Kumulation sämtlicher menschlicher Emissionsbeiträge über einen langen Zeitraum. Während einige Emittenten aber möglicherweise schon seit Jahrzehnten Treibhausgase emittieren, tragen andere erst seit kurzer Zeit dazu bei.510 Die Vermengung „älterer“ und „neuerer“ Emissionen macht eine Vereinzelung im Sinne des Nachweises einer Kausalitätsbeziehung kaum mehr möglich.511 Kann jene nicht erfolgen, würde jedoch zwangsläufig einzelnen Emittenten eine Haftung für Emissionen einer Vielzahl anderer Emittenten aufgebürdet werden, ohne dass dies ihrer realen Verantwortlichkeit entspricht. Dies begründete eine fundamentalen 505 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883; Erling, CCZ 2010, 188, 191; Frank, NVwZ 2017, 664, 667; von der Heide, Zurechnung, S. 52; Schmidt-Salzer, in: v. Bar, Internationales Umwelthaftungsrecht II, Rdnr. 297. 506 Zum Ganzen LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372 f.; Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 950; Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597 f.; Ebert, in: Ruppel/Roschmann/Ruppel-Schlichting, Climate Change, S. 859, 863 f.; Wagner/ Arntz, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 405, 415 f.; vgl. auch Adams, ZZP 99 (1986), 129, 150 f. 507 Vgl. BGH, Urt. v. 10. Dezember 1987, Az. III ZR 220/86, NJW 1988, 478, 478 f.; von der Heide, Zurechnung, S. 52 f. 508 Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481, 485. 509 Staudinger/Hager, Vorbemerkung zu §§ 823 ff. Rdnr. 9. 510 Vgl. Ebert, in: Ruppel/Roschmann/Ruppel-Schlichting, Climate Change, S. 859, 864; Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 165 (2007). 511 Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 709; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 203; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 167 f.

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Gerechtigkeitsvorstellungen widersprechende Ewigkeitshaftung.512 Hier wiederholt sich ferner die bereits angesprochene Problematik der Verstärkungs- und Rückkopplungseffekte sowie Kipppunkte513 : so ist nicht sicher feststellbar, ob alle Emissionen im zeitlichen Verlauf tatsächlich auch kausal sind und welche Emissionen wann genau zu welcher Auswirkung des Klimawandels geführt haben. So kann ein Kipppunkt bei einem bestimmten Naturphänomen bereits vor einigen Jahren erreicht worden sein, sodass nachfolgende Emissionen eventuell gar keinen konkret steigernden Einfluss mehr haben konnten.514 (2) Lösungsansätze Es zeigt sich, dass herkömmliche Kausalitätsüberlegungen und die allgemeine Dogmatik des Zivilrechts dort an ihre Grenzen stoßen, wo die Allgemeinheit Schädiger ist, ohne dass eine konkrete Individualisierung möglich ist.515 Fraglich ist, ob diese tatsächliche Problematik einer rechtlichen Lösung zugeführt werden kann, solange mit den derzeitigen wissenschaftlichen und technischen Methoden die Grenzen der Feststellungsmöglichkeiten erreicht sind. Untersucht werden daher im Folgenden ein Rückgriff auf die Grundsätze der kumulativen und alternativen Kausalität, eine Absenkung der Anforderungen an die Individualisierung von Kausalitätsbeziehungen sowie ein ökonomischer Kausalitätsansatz (market-shareliability). (a) Kumulative und alternative Kausalität In Anbetracht der Vielzahl der Verursacher liegt eine Heranziehung der Grundsätze der kumulativen Kausalität nahe. Danach ist eine Bedingung auch dann für den Erfolg kausal, wenn mehrere, unabhängig voneinander vorgenommene Handlungen kumulativ einen Erfolg herbeiführen und die einzelne Bedingung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.516 Nach diesem Verständnis muss jeder Emittent eine notwendige, wenn auch allein nicht hinreichende Bedingung setzen; das Zusammenwirken der emittierenden Beiträge führt schließlich zu einem Erfolg, der qualitativ oder quantitativ die Summe eines hypothetischen einzelnen Erfolgs übersteigt.517 Im Falle des Zusammenwirkens von Treibhausgasemissionen vieler Emittenten ist nachweisbar, dass diese die Treibhausgaskon512

Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883. Siehe bereits § 2 C. II. 4. a) aa) (3). 514 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 53; Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708. 515 Vgl. Landmann/Rohmer/Rehbinder, § 1 UmweltHG, Rdnr. 29. 516 BGH, Urt. v. 10. Mai 1990, Az. IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882, 2883 f.; BeckOKBGB/Spindler, BGB § 830 Rdnr. 31; MüKo-BGB/Wagner, BGB § 840 Rdnr. 2; Staudinger/ Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 172; Schmidt-Salzer, in: v. Bar, Internationales Umwelthaftungsrecht II, Rdnr. 276. 517 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372; Staudinger/ Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 172; Klimeck, Beweiserleichterungen, S. 147; Schwabe, VersR 1995, 371, 373. 513

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zentration in der Atmosphäre erhöhen, und somit zum anthropogenen Treibhauseffekt und zum Prozess der menschlichen Erderwärmung beitragen. Jedoch entfällt der Klimawandel auch dann nicht, wenn man in der Relation Einzelemissionen bzw. den Beitrag eines einzelnen Emittenten an den Gesamtemissionen hinwegdenkt.518 Hiergegen wird zwar eingewendet, dass es im Rahmen der kumulativen Kausalität im Zusammenhang mit dem Klimawandel ausreichend ist, wenn bei Entfallen der in Rede stehenden Emissionen zumindest von einem weniger stark ausgeprägten Klimawandel ausgegangen werden könnte.519 Jedoch kann klimatologisch bislang nicht nachgewiesen werden, dass dies ohne die Emissionen eines einzelnen Emittenten tatsächlich der Fall wäre,520 so etwa weil eine bestimmte Schwelle bereits überschritten wurde und einen Verstärkungs- oder Rückkopplungseffekt ausgelöst hat. Der Emissionsbeitrag einer individuellen Emissionsquelle ist damit auch nicht sicher feststellbare notwendige Bedingung einer konkreten Verletzung bzw. Gefahr. Die Grundsätze der kumulativen Kausalität führen vorliegend nicht weiter. Darüber hinaus könnte ein Fall der alternativen Kausalität angenommen werden. Danach ist die Ursächlichkeit der Emissionen eines Emittenten für eine individuelle Verletzung bzw. Gefahr auch dann zu bejahen, wenn jeder Emittent allein den Erfolg zur Gänze herbeiführen kann bzw. könnte, im konkreten Fall aber noch weitere Emittenten ein ebenso geeignetes Verhalten zeigen.521 Die Emissionen eines einzelnen Emittenten könnten sich dann als hinreichende, aber eben nicht notwendige Bedingung darstellen, weil der Erfolg auch durch die anderen Beiträge erreicht worden wäre.522 Die deutsche Rechtsordnung ordnet für die alternative Kausalität in § 830 Abs. 1 S. 2 BGB523 als Rechtsfolge eine gesamtschuldnerische Haftung aller Beteiligten an; nach zutreffender herrschender Meinung muss jedoch der Beitrag eines jeden einzelnen Verursachers selbständig geeignet sein, den Schaden allein herbeizuführen.524 Dies ist bei der Klimahaftung aber insoweit nicht zutreffend, als 518 So das LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372, welches die kumulative Kausalität aus diesem Grund ablehnt. 519 Rumpf, EurUP 2019, 145, 151. 520 Den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis für diese These räumt auch Rumpf, EurUP 2019, 145, 151 ein, geht dann jedoch ohne nähere Begründung davon aus, dass dieser Rückschluss „jedenfalls aber auch nicht per se von der Hand zu weisen“ sei. Da die vorliegende Arbeit den Anspruch erhebt, eine rechtliche Analyse allein auf Grundlage der auch naturwissenschaftlich nachweisbaren klimatologischen Tatsachen vorzunehmen, kann die bloße Möglichkeit eines ohne einzelne Emissionen abgeschwächten Klimawandels keine Berücksichtigung finden. 521 Bodewig, AcP 185 (1985), 505, 511; Schmidt-Salzer, in: v. Bar, Internationales Umwelthaftungsrecht II, Rdnr. 272. 522 BeckOK-BGB/Spindler, BGB § 830 Rdnr. 32; MüKo-BGB/Oetker, BGB § 249 Rdnr. 136; Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 171; Ismer, Klimaschutz, S. 40; Klimeck, Beweiserleichterungen, S. 147. 523 Siehe zu den von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB erfassten Fallgruppen auch Bodewig, AcP 185 (1985), 505, 512 f. 524 BGH, Urt. v. 19. Februar 1960, Az. VI ZR 55/59, NJW 1960, 862, 863; BGH, Urt. v. 1. Oktober 1957, Az. VI ZR 215/56, NJW 1957, 1834; BeckOK-BGB/Spindler, § 830 BGB

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keiner der beteiligten Emittenten als alleiniger Verursacher des Klimawandels oder auch nur hinsichtlich eines Teils eines Verletzungserfolgs oder einer Gefahr in Betracht kommt.525 Die Emissionen eines Einzelnen sind in der Relation immer minimal,526 und erst das Zusammenwirken sämtlicher Emissionen in Verbindung mit ggf. weiteren Einflussfaktoren führt zum Klimawandel und daraus resultierenden Rechtsgutsverletzungen bzw. -gefährdungen.527 Es scheint schon aus Gerechtigkeitsgründen nicht vertretbar, einen zufällig ausgewählten Emittenten unter potentiell Milliarden von anderen Emittenten als Verursacher für einen Schaden in die Verantwortung zu nehmen, wenn gerade nicht sicher nachgewiesen werden kann, dass er auch an diesem tatsächlich mitgewirkt hat, also bereits das „Ob“ der Beteiligung in Rede steht. Die Feststellung einer hinreichenden Bedingung gelingt somit ebenfalls nicht, die Grundsätze der alternativen Kausalität sind allein nicht zielführend. Zusammenfassend stellt sich die Kausalitätsproblematik in Anbetracht der Vielzahl der Emittenten also wie folgt dar: sämtliche anthropogene Emissionen sind in dieser Totalität notwendige Bedingung für den Klimawandel in seiner konkreten Gestalt. Diese Gesamtheit kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Klimawandel und bestimmte, sicher auf diesem beruhende Auswirkungen entfielen. Die einzelne Emission ist abstrakt aber gerade weder notwendig noch hinreichend für den Klimawandel und seine Folgen.528 Die Rechtsfiguren der kumulativen wie auch der alternativen Kausalität können jeweils einzeln folglich nicht zur Lösung der Problematik der Kausalität bei einer Vielzahl von Emittenten herangezogen werden. Insoweit kommt nur eine gleichzeitige Anwendung beider Rechtsfiguren in Betracht.529 Über die Addition der Grundsätze von der kumulativen und alternativen Kausalität lässt sich jedoch allein die Kausalität sämtlicher Emissionen für die Rdnrn. 34 f.; BeckOGK-ZivilR/Förster, § 830 BGB Rdnr. 52; MüKo-BGB/Wagner, § 830 BGB Rdnr. 71; Soergel/Krause, § 830 BGB Rdnr. 20; Bodewig, AcP 185 (1985), 505, 527; Köck, in: Lübbe, Kausalität und Zurechnung, S. 9, 32; a. A. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 223. 525 Vgl. auch Marburger, UTR 2, S. 109, 145 zu Waldschäden; siehe zu den Waldschadensfällen § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (b). 526 Die Frage nach dem tatsächlichen Verursachungsbeitrag des Emittenten in Bezug auf die Rechtsgutsverletzung bzw. -gefährdung ist von der zuvor unter § 2 C. II. 3. b) dd) (1) erläuterten Frage nach der Erheblichkeit der Emissionen mit der Folge eines Ausschlusses der Zurechnung der Rechtsgutsverletzung bzw. -gefährdung an den Emittenten aus Wertungsgründen zu unterscheiden. Hier geht es nicht um eine pauschale Ablehnung von Verantwortlichkeit der Emittenten unter Verweis auf das Kriterium der nicht näher bestimmbaren rechtlichen Erheblichkeit der Emissionen, sondern um die Untersuchung des tatsächlichen, messbaren Beitrags der Emissionen. 527 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 950; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 169. 528 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372; Staudinger/ Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 215; vgl. allgemein zu Summationsschäden in der deutschen Rechtsordnung Schwabe, VersR 1995, 371, 373. 529 Dafür Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 882; Ismer, Klimaschutz, S. 40.

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globale Erwärmung und slow-weather-events, nicht aber für Wetterextreme,530 bejahen. Diese Konstruktion hilft außerdem nicht über das Problem der fehlenden Möglichkeit der Individualisierung der Kausalbeziehung, in concreto die Rückführung einer konkreten klimawandelbedingten Verletzung oder Gefahr auf einen individuellen Beitrag eines Emittenten an den weltweiten Treibhausgasemissionen, hinweg. (b) Abschwächung der Anforderungen an die Individualisierung der Kausalitätsbeziehung Davon ausgehend wird eine Abkehr von dem Erfordernis der Individualisierung der Kausalbeziehung diskutiert. So führt Frank aus, dass sich das Problem fehlender Individualisierbarkeit und Zurechenbarkeit einer Emission an einen konkreten Verursacher in Klimahaftungsfällen gerade nicht stelle. Denn die Emissionen steigen in ihrer Gänze in die Atmosphäre auf und tragen dort im Ergebnis alle zum Anstieg der Treibhausgaskonzentration und zur globalen Erwärmung bei. So setze jeder Emittent eine Teilursache für den Klimawandel und seine Folgen und nehme an der Gesamtbelastung teil.531 Einer konkreten Zusammenführung von Emission und Verletzung bzw. Gefahr bedürfe es nicht, solange ein funktionaler Zusammenhang zwischen Ursache und Folge dergestalt bestehe, dass mit der Menge der freigesetzten Emissionen auch die Schwere der darauf zurückzuführenden Beeinträchtigung des Betroffenen steige. In der Folge soll jeder Emittent entsprechend seinem Verursachungsanteil an den Gesamtemissionen für die Verletzung bzw. Gefahr haften.532 Auch wenn es auf den ersten Blick nachvollziehbar erscheint, eine Kausalität zwischen Emissionen und Klimawandel zu begründen und die konkreten Umweltauswirkungen dann nur noch als Folge des sich infolge Emissionen immer weiter verstärkenden Klimawandels zu betrachten, greift diese Sichtweise zu kurz. Wenn eine konkrete Verletzung bzw. Gefahr für ein bestimmtes Rechtsgut oder Interesse individualisiert auf einen Verursacher zurückgeführt werden soll, muss die gesamte Verlaufskette nachweisbar sein. Es genügt nicht, nur den Beitrag einer Emission zum Klimawandel festzustellen, sondern es ist auch erforderlich, zu ermitteln, welche Emission in concreto welchen Schaden verursacht hat.533 Gerade dann, wenn nur für einen bestimmten Ausschnitt des Klimawandels Ersatz begehrt wird, muss bewiesen werden können, welche Emissionsquelle unter der Vielzahl von Akteuren auf welchem Wirkungspfad zu der Beeinträchtigung eines Rechtsguts oder Interesses ge-

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Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a) aa) (2). Frank, NJOZ 2010, 2296, 2298; ders., NVwZ 2017, 664, 667; so auch Koch/Lührs/ Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 401. 532 Frank, NJOZ 2010, 2296, 2298; ders., NVwZ 2017, 664, 667; Rumpf, EurUP 2019, 145, 149 f. 533 Wagner, Klimahaftung, S. 49. 531

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führt hat, und ein individueller Verursacher bestimmt werden können.534 Eine solche lineare Verursachungskette lässt sich aber, wie gezeigt, nicht ausmachen. Erkennbar ist allein eine diffuse Wirkungskette aus der Summe mehrerer Faktoren.535 Die These Franks, dass schon ein funktionaler Zusammenhang zwischen Emission und Schaden genüge, wenn mit der Menge der Emissionen auch die Schwere der Beeinträchtigung steige,536 überzeugt nicht. Zum einen ist nicht nachgewiesen, dass mit jeder einzelnen Emission tatsächlich auch eine höhere Beeinträchtigung des individuell Betroffenen verbunden ist, weil der Klimawandel nicht nur eine, sondern viele Auswirkungen mit sich bringt, die sich aber nicht gleichermaßen überall zeigen.537 Zum anderen ist die Inanspruchnahme eines Verursachers nur dann gerechtfertigt, wenn nachgewiesen werden kann, dass er auch an diesem bestimmten Szenario überhaupt kausal beteiligt war.538 In Anerkennung der Tatsache, dass sich Emissionen in der Atmosphäre ununterscheidbar vermengen, wird darüber hinaus eine Individualisierung und rechtliche Zurechnung über die Ermittlung der Mengen an Treibhausgasemissionen pro Verursacher erwogen.539 Unabhängig davon, wo auf der Welt emittiert werde, tragen alle Emissionen zum globalen Wirken des Treibhauseffekts bei. Insoweit sei jeder Emittent auch Mitverursacher des anthropogenen Klimawandels und seiner Folgen und habe entsprechend zu haften.540 Doch auch hiergegen ist einzuwenden, dass dann, wenn man einen Beitrag jedes einzelnen Emittenten anerkennt, nicht nachgewiesen ist, dass eine bestimmte Auswirkung des Klimawandels gerade durch den menschlichen Einfluss verursacht wurde oder nicht im konkreten Fall auch ein natürlicher Faktor maßgeblich beteiligt war. Die Feststellung, dass der Anstieg der globalen mittleren Temperaturen durch Treibhausgasemissionen verursacht wird, ersetzt nicht den Nachweis der „spezifischen“541 Kausalität einzelner Emissionsbeiträge für konkrete Schadensszenarien.542 Im deutschen Rechtsraum wird in diesem Zusammenhang auch auf die Waldschadensfälle Bezug genommen, die der Bundesgerichtshof in den 1980er-Jahren zu entscheiden hatte.543 Darin ging es um ein weitläufig auftretendes Waldsterben, das auf Luftverunreinigungen durch Schwefeldioxyd und Stickoxyde, verursacht durch 534 Vgl. Ahrens, VersR 2019, 645, 653 allgemein zu der Haftung von Umweltschäden nach dem USchadG, in der Argumentation jedoch allgemein übertragbar; siehe ferner Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481, 485. 535 Ahrens, VersR 2019, 645, 653. 536 Frank, NVwZ 2017, 664, 668 f. 537 Siehe dazu ausführlich § 2 A. III. und § 2 A. V. 538 Vgl. Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883. 539 Frank, NVwZ 2017, 664, 667; Kling, KJ 51 (2018), 213, 221. 540 Kling, KJ 51 (2018), 213, 221 f. 541 Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 167. 542 Wagner, Klimahaftung, S. 48 f. 543 BGH, Urt. v. 10. Dezember 1987, Az. III ZR 220/86, NJW 1988, 478.

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Emissionen aus industriellen und gewerblichen Anlagen, Ölheizungsanlagen sowie dem Transportwesen, zurückging. Der Bundesgerichtshof verneinte hier die Kausalität zwischen Emissionen einzelner Verursacher und den eingetretenen Waldschäden mit der Begründung, dass die spezifischen Emissionsbeiträge keinem einzelnen Emittenten mehr zugerechnet werden könnten, nachdem sie sich in der Luft ununterscheidbar vermischten. Insoweit bleibe unklar, welche Emission unter der Vielzahl der Emissionsbeiträge tatsächlich zu welchem konkreten Waldschaden führe, da der Weg der Emission in der Luft abhängig sei von Luftdruck, Windrichtung und weiterer natürlicher Faktoren.544 Hier wird zwar angeführt, dass der Verursachungszusammenhang beim Klimawandel weitaus gesicherter sei, eben weil jede Emission zum Klimawandel beitrage.545 Allerdings ist, wie bereits oben gezeigt, nicht klar, welche Emission sich aufgrund der Vielzahl der Emittenten, Rückkopplungseffekte, natürlichen Einflussfaktoren und damit der komplexen, mehrpoligen und diffusen Verursachungskette tatsächlich in einem klimawandelbedingten Schaden niederschlägt.546 So hat das Landgericht Essen in der Klage des peruanischen Bauers Luciano Lliuya gegen die RWE AG547 zutreffend festgestellt: „Aus wissenschaftlicher Sicht mag jede Emission kausal für die klimatische Situation sein, wie sie sich heute darstellt, bei der Frage der rechtlichen Zurechnung einzelner Emittenten [sic!] hilft diese Beurteilung aber nicht weiter.“548 Die Etablierung eines neuen Kausalitätsverständnisses für Klimahaftungsfälle würde allein aus Billigkeitsgründen zur Überwindung gegenwärtig bestehender faktischer Grenzen erfolgen. Die Billigkeit kann hier aber nicht leitende Erwägung sein, gerade in Anbetracht dessen, dass generell ausreichende Kausalitätskonzepte existieren, welche jedoch nur bei einem Mindestmaß auf Tatsachenbasis ihre rechtliche Wirkung entfalten können. Auch eine Absenkung der Anforderungen an die Individualisierung der Kausalitätsbeziehung ist in der Konsequenz abzulehnen. (c) Market-share-liability Zur Begründung der Kausalität unter einer Vielzahl von Emittenten wird ferner die Theorie der market-share-liability, speziell in Bezug auf schädliche Emissionen als pollution-share-liability bezeichnet, bemüht. Nach diesem ökonomischen Ansatz soll dann, wenn eine individuelle Zurechnung der Beeinträchtigung an den Verursacher nicht möglich ist, eine Haftung pro rata stattfinden. Jeder einzelne Markt544

BGH, Urt. v. 10. Dezember 1987, Az. III ZR 220/86, NJW 1988, 478, 479. Frank, NJOZ 2010, 2296, 2298; Kling, KJ 51 (2018), 213, 221 f.; Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 401, 404. 546 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372; Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597; Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 882; Koch/ Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 401; Wagner, Klimahaftung, S. 53; vgl. auch Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 708. 547 Siehe dazu ausführlich § 1 A. und § 2 C. I. 1. b) ff). 548 LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 372. 545

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teilnehmer soll unabhängig von seinem Verursachungsbeitrag entsprechend seines Anteils am Markt zur Verantwortung gezogen werden.549 Bei Übertragung des Ansatzes auf die Klimahaftung würde danach jeder Emittent entsprechend seines Anteils an der Gesamtmenge der verursachten Treibhausgasmissionen für eine klimawandelbedingte (drohende) Verletzung und potentielle Schäden haften.550 Daneben wird der deterministische Kausalitätsbegriff,551 der von sicher nachweisbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen ausgeht, durch einen probabilistischen Kausalitätsbegriff ersetzt.552 Es wird bereits für eine bloß wahrscheinliche, nicht sicher nachgewiesene Verursachung und ein erhöhtes Risiko gehaftet.553 Gegen diese Theorie sprechen jedoch gewichtige Argumente. Zum einen zeigt sich darin ein erheblicher Widerspruch zum Verursacherprinzip. So wird hier eine Proportionalhaftung begründet, und die Schätzung einer Verantwortlichkeit mit nachweisbarer Kausalität gleichgesetzt. Der genaue Anteil, welcher bei der Vielzahl an Emittenten und komplexen Vorgängen kaum jemals exakt bestimmt werden könnte, und damit die Kausalität zwischen einer Emissionsquelle und einer individuellen Verletzung oder Gefahr werden nicht nachgewiesen.554 Zudem fehlt es an der Einbeziehung von weiteren Faktoren.555 Nicht erfasst wird etwa die Tatsache, dass der Klimawandel sich in seiner Wirkung gerade aufgrund der Summe der Einzelbeiträge vollzieht, und es weniger auf einen einzelnen Emittenten ankommt. Der Klimawandel ist außerdem durch natürliche Faktoren und insgesamt durch Emissionen über einen sehr langen Zeitraum bedingt, die bei einer alleinigen Verteilung der Verantwortlichkeit nach individuellen Raten an der Gesamtmenge nicht in der Berechnung berücksichtigt werden können.556 Der Anteil eines Emittenten an den globalen Emissionen entspricht nicht proportional dazu seinem Anteil an einem eingetretenen Schaden.557 Es fehlt schlicht an der genauen Individualisierung der Kausalbeziehungen zwischen Emissionsquellen und konkreten Verletzungs- bzw. Gefahrenszenarien.558 Ein probabilistisches Kausalitätsverständnis läuft ferner dem Gedanken der Rechtssicherheit zuwider, weil materiellrechtliche und prozessuale Ebene verschwimmen: die Überzeugung des Gerichts von einer bestimmten Tat549 Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 312 (1984); Hager, NJW 1986, 1961, 1967; Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 165. 550 Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 314 – 319 (1984); siehe zu einer ausführlichen Analyse aus Sicht der deutschen Rechtswissenschaft auch Hager, NJW 1986, 1961, 1966 f. 551 Siehe dazu bereits § 2 C. I. 2. d). 552 Katzenmeier, ZZP 117 (2004), 187, 204. 553 Wiese, ZRP 1998, 27, 28 f. 554 Keller/Kapoor, BB 2019, 706, 711; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 319. 555 Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 313 (1984). 556 Keller/Kapoor, BB 2019, 206, 211; vgl. auch Ebert, in: Ruppel/Roschmann/RuppelSchlichting, Climate Change, S. 859, 864. 557 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 951; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 171 f. 558 Burtscher/Spitzer, ÖJZ 2017, 945, 951; Ebert, in: Ruppel/Roschmann/RuppelSchlichting, Climate Change, S. 859, 864; Spitzer/Burtscher, JETL 2017, 137, 170.

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sache, mithin die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens, wird bereits Teil des Gegenstandes der Entscheidungsfindung selbst. Schon auf materiellrechtlicher Ebene spielte damit die von der subjektiven Beurteilung abhängige Wahrscheinlichkeit die entscheidende Rolle, was die Rechtsfindung unvorhersehbar macht und allgemein im Rahmen der Kausalität abzulehnen ist.559 Die Theorie der market-share-liability bzw. pollution-share-liability, die mit ihr verbundene Proportionalhaftung und das probabilistische Kausalitätsverständnis passen folglich, wenn überhaupt, eher für die restriktiv zu behandelnden Sonderfälle, für welche sie auch ursprünglich konzipiert wurden, nämlich die Haftung für fehlerhafte Produkte. In diesen Konstellationen ist die Bestimmung eines Marktanteils über die Menge der verkauften Produkte und die weitgehende Linearität der Kausalkette ohne weiteres möglich.560 Die Haftung für eine nur wahrscheinliche Schadensverursachung scheint insoweit auch nicht vollkommen unverhältnismäßig, weil nur für einen Teil des Schadens gehaftet wird, der aufgrund der Berechnung anhand des Marktanteils des potentiellen Schädigers zumindest nachvollziehbar ist.561 In der Konsequenz muss diese Theorie hier abgelehnt werden und kann im Falle der Klimahaftung ebenso wenig wie die anderen diskutierten Ansätze eine Kausalität begründen.562 cc) Zwischenergebnis In materiellrechtlicher Hinsicht sind mit der Haftungsvoraussetzung der Kausalität erhebliche Probleme verbunden. Ein Verursachungszusammenhang zwischen Emissionen, Klimawandel, Umwelteinwirkung und Verletzung bzw. Gefahr ist nach dem gegenwärtigen Stand der klimatologischen Wissenschaft aufgrund verschiedener Einflussfaktoren des Klimawandels – natürliche Faktoren, Verstärkungs- und Rückkopplungseffekte, Kipppunkte, Wiederaufnahme von Treibhausgasen – und der Vielzahl von Emittenten über einen langen Zeitraum nicht als lineare Kausalitätskette bestimmbar. Nicht ermittelt werden kann, welche Emissionen sich konkret in welcher Verletzung bzw. welcher Gefahr auswirken. Ferner lässt sich in Bezug auf Wetterphänomene nur feststellen, dass der Klimawandel die Bedingungen für diese begünstigt und somit das Risiko ihres Auftretens erhöht, nicht aber, ob ein jedes Wetterextrem auch tatsächlich auf dem Klimawandel beruht. Rechtliche Behelfsinstitute wie die alternative und kumulative Kausalität oder die market-share-liability bzw. pollution-share-liability mit der Folge einer Proportionalhaftung und eines probabilistischen Kausalitätsverständnisses können diese Schwierigkeiten nicht überbrücken; auch von einer Absenkung der Anforderungen an die Indivi559

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 420. Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 313 (1984). 561 Vgl. Wiese, ZRP 1998, 27, 28. 562 Für eine Anwendung der Theorie der pollution-share-liability und Proportionalhaftung auf Fälle der Klimahaftung aber Hinteregger, JETL 2017, 238, 256 f. 560

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dualisierung der Kausalbeziehungen ist abzusehen. Diese Ansätze würden auf die Etablierung eines neuen Kausalitätsverständnisses aus Billigkeitsgründen hinauslaufen, das mit rechtsstaatlichen Erwägungen und insbesondere dem Verursacherprinzip nicht vereinbar ist. Am deterministischen Kausalitätsbegriff ist festzuhalten.563 b) Beweisrechtliche Anforderungen an die Kausalität Nachdem die vorstehenden Betrachtungen gezeigt haben, dass sich im Hinblick auf die rechtliche Kausalität in Klimahaftungsfällen komplexe Feststellungsprobleme auftun, denen durch alternative Kausalitätsansätze nicht begegnet werden kann, muss nachfolgend untersucht werden, welche Konsequenzen sich aufgrund der materiellrechtlichen Schwierigkeiten für die prozessuale Ebene ergeben und ob diesen beweisrechtlich abgeholfen werden kann. Zwar sind Beweisfragen für sämtliche der Klimahaftung zugrundeliegende Tatsachen von Bedeutung, sie stellen sich aber wegen der aufgezeigten Hürden in besonderer Weise im Rahmen der Kausalität, weshalb die Erörterung in diesem Zusammenhang erfolgen soll. Beweisrechtlich kommt es zum einen darauf an, wen die Behauptungs- und Beweislast trifft,564 zum anderen muss geklärt werden, welches Beweismaß objektiv angelegt wird, d. h. welcher „Grad der Gewissheit“565 bzw. welche Erkenntnis beim Gericht erreicht sein müssen, um einen Beweis positiv führen zu können. Maßgeblich ist, ob eine bestimmte Behauptung sicher feststehen oder eine überwiegende, hohe oder sogar höchste Wahrscheinlichkeit für deren Vorliegen sprechen muss.566 Die Ausgestaltung verfahrensrechtlicher, einschließlich beweisrechtlicher Regelungen ist autonom den nationalen Rechtsordnungen zugewiesen und damit auch Ausdruck individueller staatlicher Rechtspolitik. Im Folgenden soll dennoch der Versuch unternommen werden, die wesentlichen Wertungen verschiedener Rechtskreise bzw. Rechtsordnungen wiederzugeben und die Auswirkungen in Bezug auf die Klimahaftung zu erörtern. Wiederum wird der Fokus im Sinne einer exemplarischen Veranschaulichung grundlegender Aussagen auf die deutsche Prozessordnung sowie das US-amerikanische Beweisrecht gerichtet sein.567 aa) Behauptungs- und Beweislast (1) Grundlagen Die Behauptungs- oder auch Darlegungslast bezieht sich – spiegelbildlich zu der sich anschließenden rechtlichen Würdigung – auf die tatsächliche Grundlage einer 563 564 565 566 567

So auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 420 f. Siehe zu der begrifflichen Differenzierung sogleich unter § 2 C. II. 4. b) aa). BGH, Urt. v. 17. Februar 1970, Az. III ZR 139/67, NJW 1970, 946. Musielak/Voit/Foerste, § 286 ZPO Rdnr. 17. Siehe zu der Auswahl dieser Rechtsordnungen bereits § 2 C. I. 2.

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Rechtsnorm. Sie regelt, welche der Parteien diejenigen Tatsachen vortragen muss, die tatbestandlich vorausgesetzt werden, um eine bestimmte Rechtsfolge auszulösen.568 Parallel dazu verhält sich die Beweislast,569 bei welcher, zumindest im deutschen Recht,570 nach objektiver und subjektiver Beweislast zu differenzieren ist. Die objektive Beweislast gewinnt gegen Ende eines Prozesses Relevanz, wenn nach Erschöpfung sämtlicher gegebener Beweismittel eine bestimmte Tatsache nicht nach dem für die Überzeugung des Gerichts erforderlichen Maße bewiesen werden konnte, also ein non liquet vorliegt.571 Sie entscheidet darüber, wen das Risiko der Beweislosigkeit trifft und zu wessen Nachteil das Fehlen einer nicht nachweisbaren Tatsache gereicht.572 Daraus abgeleitet ergibt sich die subjektive Beweisführungslast: derjenige, der die nachteiligen Auswirkungen einer mangelnden Beweisbarkeit zu tragen hat, hat ein besonderes Interesse an der Beibringung der erforderlichen Beweise und muss dementsprechend tätig werden.573 Wie die Beweislast abstrakt verteilt ist, ergibt sich aus einer wertenden Entscheidung des Gesetzgebers zu bestimmten Normen bzw. Normenkomplexen, in welche insbesondere Billigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen miteinbezogen werden müssen.574 Beweisführungs- und Behauptungslast sind allerdings auch situationsgebunden: legt eine beweisbelastete Partei eine Tatsache zur Überzeugung des Gerichts dar, obliegt es der anderen Partei, den Gegenbeweis anzutreten und diese vorübergehende Vermutung zu ihrem Vorteil zu widerlegen.575 Im Zivilverfahren ist die Beweislast zwischen den Parteien verteilt.576 So wird in Deutschland grundsätzlich, vorbehaltlich spezieller gesetzlicher oder vertraglicher Beweislastregeln,577 der Rosenberg’schen Normentheorie578 gefolgt, wonach der Anspruchsteller die Beweislast für das Vorliegen der ihm günstigen, rechtsbegründenden, der Anspruchsgegner die Beweislast für das Vorliegen der ihn entlastenden, rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Anspruchsnorm trägt.579 Macht ein durch den Klimawandel Betroffener 568

MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 137. MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 138. 570 Vgl. Maassen, Beweismaßprobleme, S. 11 f. 571 MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 96. 572 Saenger, § 286 ZPO Rdnr. 53; Zöller/Greger, Vorbemerkungen zu § 284 Grundzüge des Beweisverfahrens Rdnr. 15. 573 MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 101; Zöller/Greger, Vorbemerkungen zu § 284 Grundzüge des Beweisverfahrens Rdnr. 18. 574 MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 111; Zöller/Greger, Vorbemerkungen zu § 284 Grundzüge des Beweisverfahrens Rdnr. 17. 575 Saenger, § 286 ZPO Rdnr. 56. 576 Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 613. 577 Saenger, § 286 ZPO Rdnr. 58. 578 Rosenberg, Die Beweislast, S. 98, 100 f. 579 H. M., siehe nur BGH, Urt. 13. November 1998, Az. V ZR 386 – 97, NJW 1992, 352, 353; Musielak/Voit/Foerste, § 286 ZPO Rdnr. 34 f. 569

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einen Haftungsanspruch gegen einen Emittenten geltend, hat er in der Konsequenz im Rahmen eines gerichtlichen Prozesses grundsätzlich sämtliche tatsächliche haftungsbegründende Vorgänge, insbesondere die Kausalität zwischen Emissionen, Klimawandel, Umwelteinwirkung, Verletzung bzw. Gefahr und ggf. Schaden darzulegen und zu beweisen.580 Die Beweislage gestaltet sich in den meisten Rechtsordnungen sehr ähnlich,581 so auch im US-amerikanischen Prozessrecht: hier liegt die Beweislast (burden of persuasion) bezüglich der Kausalität im Sinne einer proximate cause bzw. legal cause ebenfalls grundsätzlich beim Kläger.582 Der vom Klimawandel Betroffene, der einen Haftungsanspruch gegen einen Emittenten durchsetzen möchte, befindet sich folglich beweisrechtlich in einer gegenüber dem Emittenten schwächeren Position, die ein aktives Tätigwerden von ihm verlangt. (2) Beweislastumkehr Zugutekommen könnte dem Klimahaftungskläger eine Beweislastumkehr zu Lasten des Emittenten in dem Sinne, dass die Kausalität umfassend vermutet wird und der Beklagte darzulegen und zu beweisen hat, dass diese gerade nicht gegeben ist. Generell gilt es hinsichtlich einer Beweislastumkehr aber zu beachten, dass es sich dabei um eine Abweichung vom Grundsatz handelt, mit dem Ziel, dem Geschädigten einen Vorteil zu gewähren; zugleich wird für den Schädiger eine zweite Verteidigungsstufe geschaffen.583 Sie kann nur aus sachlich nachvollziehbaren Gründen in Betracht kommen, nämlich zur prozessual effektiven Durchsetzung einer materiellrechtlich als richtig erachteten Haftung.584 Insoweit darf eine Beweislastumkehr nicht vorschnell angenommen werden und ist restriktiv unter Berücksichtigung sämtlicher Beteiligteninteressen zu handhaben. Im US-amerikanischen Prozessrecht findet eine Beweislastumkehr im Sinne einer Verlagerung der Beweislast auf den Beklagten nur selten statt, so etwa, wenn bei mehreren Schädigern sicher feststeht, dass eine von diesen gesetzte Ursache beim Opfer zu einer Verletzung und einem Schaden geführt hat, aber nicht nachgewiesen werden kann, wer unter den Schädigern die eigentliche Verursachungsquelle war. In diesen Fällen liegt die Beweislast aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise bei den beklagten Schädigern.585 Diese Konstellation ist jedoch nicht deckungsgleich mit der typischen Situation eines Klimahaftungsfalls, in dem gerade nicht feststeht, ob tatsächlich alle in Betracht kommenden Emittenten von Treibhausgasen auch zu der 580

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 149. Brüggemeier, Haftungsrecht, S. 613 f.; Clermont/Sherwin, 50 Am. J. Comp. L., 243, 247 f. (2002). 582 Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 41 S. 269; Restatement (Third) of Torts (Liability for Physical and Emotional Harm), § 28 (a). 583 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 247. 584 Staudinger/Kohler, Einleitung zum Umwelthaftungsrecht Rdnr. 247. 585 Summers v. Tice, 33 Cal.2d 80, 1, 4 (1948); Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 306 (1984); Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 41 S. 270 f. 581

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konkreten Verletzung beigetragen haben. Gegen eine Anwendung im Rahmen der Klimahaftung sprechen folglich schon Gerechtigkeitserwägungen.586 Für das deutsche Haftungsrecht kann eine Übertragung ausgewählter richterrechtlicher Beweislastregelungen auf die im Zusammenhang mit dem Klimawandel problematische Kausalität erwogen werden. Allgemein kommt eine Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten in Betracht, wenn der Geschädigte sich in einer Beweisnot befindet, weil es ihm an ausreichenden Informationen hinsichtlich des Kausalverlaufs bzw. generell an Aufklärungsmöglichkeiten hinsichtlich des Schadensfalls fehlt.587 Wie Pöttker aber zutreffend feststellt, ist eine für die Übertragung vergleichbare Ähnlichkeit der Konstellation zwischen Schädiger und Geschädigtem im Bereich der Klimahaftung schon nicht gegeben: die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel sind für beide Parteien gleichermaßen zugänglich, weshalb weder von einem Mangel an Aufklärungsmöglichkeiten noch von fehlender Schadensnähe des Geschädigten gesprochen werden kann.588 Eine Abweichung vom Grundsatz der Beweislastverteilung wird auch über die Anwendung der gesetzlichen Beweislastverteilungsregel des § 6 Abs. 1 S. 1 UmweltHG in Klimahaftungsfällen diskutiert.589 Danach wird ein Verursachungszusammenhang zwischen einer Anlage und einem eingetretenen Schaden zu Lasten des Anlagenbetreibers vermutet, wenn die Anlage zur Verursachung des eingetretenen Schadens geeignet ist. Der Geschädigte muss damit nur die Eignung der Anlage für die Verursachung eines Schadens in der Art des eingetretenen, nicht aber die Kausalität der Anlage für den tatsächlich erlittenen Schaden nachweisen; der Anlagenbetreiber trägt in der Folge die Last, darzulegen und zu beweisen, dass der Betrieb der Anlage gerade nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, bleibt es bei der gesetzlichen Vermutung, sodass das Tatbestandsmerkmal der Kausalität im Rahmen eines Anspruchs nach § 1 UmweltHG zu bejahen wäre.590 Für die Klimahaftung würde das bedeuten, dass der Betroffene nachweisen muss, dass die Treibhausgasemissionen eines Anlagebetreibers zur Herbeiführung einer Klimaänderung, eines konkreten daraus resultierenden Umweltphänomens und der individuellen Verletzung ernstlich geeignet waren, nicht aber, dass sie auch tatsächlich ursächlich waren.591 Die Ursachenvermutung nach § 6 Abs. 1 S. 1 UmweltHG ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UmweltHG bei Eignung mehrerer Anlagen auch ein anderer Umstand zur Verursachung des Schadens geeignet ist. Im Zusammenhang mit Klimahaftungsfällen ist die Einschlägigkeit dieses Ausschlusstatbestands insbesondere für Wetterextreme, die ebenso auf 586

Vgl. Friedland, 9 Colum. J. Envtl. L., 297, 307, 309 (1984). Siehe nur BGH, Urt. v. 13. Februar 1976, Az. V ZR 55/74, NJW 1976, 797, 799; BGH, Urt. v. 18. September 1984, Az. VI ZR 223/82, NJW 1985, 47. 588 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 151. 589 Ausführlich dazu, insbesondere auch zum Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 2 S. 1 UmweltHG, Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 164 – 175. 590 Staudinger/Kohler, § 6 UmweltHG Rdnr. 1; Schwabe, VersR 1995, 371, 374. 591 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 169 f. 587

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natürlichen Faktoren beruhen können,592 denkbar. Fraglich und nicht abschließend geklärt ist darüber hinaus, ob das deutsche Umwelthaftungsgesetz und somit auch die Beweislastumkehr nach § 6 UmweltHG überhaupt auf klimawandelbedingte Schäden Anwendung finden.593 Unabhängig davon sollte die Frage nach der Erforderlichkeit einer Beweislastumkehr ohnehin nur dann gestellt werden, wenn sich aus ihrer Beantwortung konkrete Änderungen für die beweisrechtliche Situation der Parteien ergeben. Allein in diesem Fall muss eine Wertungsentscheidung zugunsten des Klimahaftungsklägers oder des Klimahaftungsbeklagten getroffen werden. Eine Beweislastumkehr wirkt sich jedoch in der Praxis nicht aus, wenn der Kläger die nötige Kausalbeziehung zwischen Emissionen, Klimawandel, Umweltphänomen, Verletzung bzw. Gefahr und Schaden ohnehin nicht wird beweisen oder der Beklagte diese bei vermuteter Ursächlichkeit stets wird widerlegen können.594 Die Diskussion im Rahmen der beweisrechtlichen Anforderungen muss sich folglich fort von der Frage nach der Beweislastverteilung und hin zu einer Untersuchung des geforderten Beweismaßes bewegen. bb) Beweismaß Welches Beweismaß erreicht werden muss, d. h. wann der Richter nach umfassender Beweiswürdigung von dem Vorliegen einer Tatsache überzeugt sein darf,595 bestimmt wiederum der jeweilige nationale Gesetzgeber autonom, sodass sich abhängig von den international zuständigen Gerichten Divergenzen in den verschiedenen Prozessordnungen ergeben können. Es gilt jedoch generell, dass der Verursachungszusammenhang zwischen den Emissionen eines einzelnen Emittenten, der Verstärkung des Klimawandels, einer konkreten Rechtsguts- und Interessenverlet592

Siehe dazu ausführlich § 2 A. V. 2. und § 2 C. II. 4. a) aa) (2). Ablehnend Ahrens, VersR 2019, 645, 653; Wagner, Klimahaftung vor Gericht, S. 108 f., beide unter Verweis auf die Regierungsbegründung zum Umwelthaftungsgesetz, § 7 UmweltHG-RegE S. 1, 270; siehe auch die Begründung des Regierungsentwurfs für ein Umwelthaftungsgesetz, BT-Drucks. 11/7104, S. 16: „Durch das vorgeschlagene Umwelthaftungsgesetz werden nicht diejenigen Umweltbeeinträchtigungen erfaßt, die keinem individualisierbaren Schädiger zugeordnet werden können. Diese auf die allgemeine Umweltbelastung zurückgehenden Schäden […] lassen sich mit den Mitteln des individuellen Haftungsrechts nicht regeln. Zwar stellen sie im Gesamtzusammenhang der Umweltschäden einen ganz erheblichen Teilaspekt dar; die zu ihrem Ausgleich erforderlichen Regelungen bedürfen jedoch noch weiterer eingehender Überlegungen, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, mit welchen Instrumenten die Entschädigung durchgeführt werden soll, und wer in welchem Umfang zu den Kosten beizutragen hat. Zu ihrem Ausgleich bedarf es eigenständiger Lösungen.“; so auch Chatzinerantzis/Herz, NJOZ 2010, 594, 597 f. m. w. N.; Erling, CCZ 2010, 188, 191; a. A. Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 414 f.; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 78 ff. 594 Vgl. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 179. 595 MüKo-ZPO/Prütting, § 286 ZPO Rdnr. 28. 593

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zung bzw. Gefahr und ggf. einem Schaden in einem rechtsstaatlichen Verfahren auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein muss. (1) Regelbeweismaß (a) Grundlagen Das Prozessrecht des anglo-amerikanischen Rechtskreises fordert für den Nachweis eines Tatbestandselements eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (more probable than not). Im konkreten Fall muss das Vorliegen des Kausalzusammenhangs zwischen den einzelnen Elementen also wahrscheinlicher sein als das Nichtvorliegen. Die bloße Möglichkeit der Ursächlichkeit genügt nicht, allerdings muss der Beweispflichtige eine Tatsache auch nicht derart beweisen können, dass jeder vernünftige Zweifel in Bezug auf ein Nichtvorliegen ausgeschlossen ist.596 Die meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen halten dagegen grundsätzlich eine hohe bis sehr hohe Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Nachweises einer Tatsache für erforderlich.597 Exemplarisch kann hier auf die deutsche Verfahrensordnung eingegangen werden. Gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO muss der Richter von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache überzeugt sein, um sie seinem Urteil zugrunde legen zu können. Dies erfordert keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, vielmehr muss sich das Gericht in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.598 Maßgeblich ist jedoch nicht die objektive Wahrscheinlichkeit einer Tatsache, sondern die persönliche Gewissheit des Richters im Sinne eines Für-Wahr- oder NichtWahr-Erachtens.599 Bei der Beweiswürdigung ist dieser an die allgemeinen Denkund Naturgesetze sowie Erfahrungswerte gebunden und muss sich umfassend mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt und bestehenden Zweifeln auseinandersetzen sowie eine Abwägung vornehmen.600 (b) Anwendung auf die Kausalität im Rahmen der Klimahaftung Fraglich ist sodann, welche praktischen Konsequenzen sich aus den unterschiedlichen Beweismaßanforderungen für die Kausalität im Rahmen der Klimahaftung ergeben. Während es in den meisten kontinentaleuropäischen Prozessordnungen darauf ankommen wird, dass das Gericht von der Kausalität einer Emissionsquelle für die konkrete Verletzung bzw. Gefahr, vermittelt durch den Klima596

Prosser/Keeton et al., Law of Torts, § 41 S. 269; Maassen, Beweismaßprobleme, S. 145. Clermont/Sherwin, 50 Am. J. Comp. L., 243, 246 (2002); Hinteregger, in: Kirchengast/ Schulev-Steindl/Schnedl, Klimaschutzrecht zwischen Wunsch und Wirklichkeit, S. 197, 211. 598 BGH, Urt. v. 17. Februar 1970, Az. III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948. 599 Saenger/Saenger, § 286 ZPO Rdnr. 13. 600 BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, Az. IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Musielak/ Voit/Foerste, § 286 ZPO Rdnrn. 10a, 17. 597

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wandel und ein daraus resultierendes Umweltphänomen, überzeugt ist,601 wird es im anglo-amerikanischen Beweisrecht genügen, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für diese Ursächlichkeit nachzuweisen.602 Wiederum ist im Rahmen der Haftungsbegründung zwischen den verschiedenen Abschnitten der Kausalitätskette zu differenzieren, nämlich der Kausalität zwischen Emissionen und Klimawandel, Klimawandel und Umweltphänomen sowie Umweltphänomen und Rechtsguts- oder Interessenverletzung bzw. Gefahr.603 Zwar wird die Kausalität zwischen menschlichen Emissionen in ihrer Gesamtheit und dem anthropogenen Klimawandel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellbar sein.604 Hierzu liegen diverse unabhängige naturwissenschaftliche Ausarbeitungen vor, sodass auch das strengste Beweismaß erreicht werden kann.605 Gleiches gilt für die Kausalität zwischen dem Klimawandel und bestimmten slow-weather-events, etwa dem Anstieg des Meeresspiegels oder dem Schmelzen von Gletschern,606 sowie zwischen einem konkreten Umweltphänomen und einer bestimmten Verletzung bzw. Gefahr, z. B. die Zerstörung von Eigentum durch eine aus dem Anstieg des Meeresspiegels resultierende Flutwelle. Problematisch ist allerdings die kausale Verbindung zwischen dem Klimawandel und bestimmten extremen Wetterphänomenen, hinsichtlich derer sich nur eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens aufgrund des Klimawandels feststellen lassen wird. Hier wird der Emittent sich stets darauf berufen können, dass sich das in Rede stehende individuelle Wetterereignis auch ohne den Klimawandel durch natürliche Vorgänge hätte zeigen können.607 Selbst dann, wenn man an dieser Stelle aber noch zu der Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit käme und davon ausgeht, dass es als wahrscheinlicher gelten muss, dass ein Wetterextrem durch den Klimawandel hervorgerufen wurde, als dass es auf natürlichen Vorgängen beruht, wird an anderer Stelle auch das niedrigste Beweismaß nicht erreicht werden können. So lässt sich nämlich wegen der im Rahmen der materiellrechtlichen Erwägungen aufgezeigten Probleme – insbesondere der Vielzahl von Einflussfaktoren und Emittenten – weder eine überwiegende noch eine hohe bis sehr hohe Wahrscheinlichkeit dahingehend ausmachen, dass eine zufällig ausgewählte Emissionsquelle gerade für eine konkrete Verletzung oder Gefahr ursächlich geworden ist; zumindest dann nicht, wenn man eine individualisierte Kausalbeziehung fordert. Hier fehlt es faktisch bislang an ausreichender naturwissenschaftlicher bzw. technischer Präzi601

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 182. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 307. 603 Die Kausalität zwischen einer konkreten Rechtsguts- oder Interessenverletzung und einem daraus resultierenden materiellen oder immateriellem Schaden ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Sie wird in Klimahaftungsfällen aber in der Regel unproblematisch feststellbar sein, weshalb im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine näheren Ausführungen erfolgen sollen. 604 Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 182. 605 Siehe dazu § 2 A. IV. 606 Siehe dazu § 2 C. II. 4. a) aa) (2). 607 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 403; Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 182. 602

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sion, die eine Vereinzelung der Kausalitätskette von einer Emissionsquelle bis zu einer konkreten Verletzung oder Gefahr ermöglicht. (2) Beweismaßabsenkungen und Beweiserleichterungen Hilfreich für den Klimahaftungskläger können eine Absenkung des erforderlichen Beweismaßes sowie bestimmte Beweiserleichterungen hinsichtlich der nicht vollständig nachweisbaren Teile der Kausalitätskette sein. Im Folgenden sollen denkbare Konstruktionen exemplarisch diskutiert werden, um zu ermitteln, ob der Klimahaftung auf diesem Wege generell zum Erfolg verholfen werden kann. (a) Partielle Beweismaßabsenkung für die Kausalität in Klimahaftungsfällen So könnte die teils allgemein für das Umwelthaftungsrecht geforderte Reduktion des Beweismaßes auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“608 auch auf Klimahaftungsfälle, in denen der Nachweis der Kausalität im konkreten Fall an den Grenzen des menschlichen Wissens scheitert,609 erstreckt werden. Zur Begründung wird angeführt, dass ein solcher Vorstoß zur effektiven Durchsetzung fundamentaler menschlicher Rechte geboten sei.610 Dieser Vorschlag gewinnt freilich nur für die Rechtsordnungen Relevanz, in denen nicht ohnehin, wie in den Vereinigten Staaten, von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Regelbeweismaß ausgegangen wird. Wie bereits gezeigt werden konnte, wäre mit einer solchen generellen Beweismaßreduktion in Klimahaftungsfällen aber schlicht kein Zielfortschritt verbunden: während bestimmte Abschnitte der Kausalitätskette ohnehin nahezu sicher feststehen, etwa die Mitursächlichkeit menschlicher Treibhausgasemissionen für den Klimawandel, kann hinsichtlich der Kausalität zwischen Wetterextremen und Klimawandel nur eine Risikosteigerung nachgewiesen werden, die aber nicht das Beweismaß einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit erreicht. Ferner kann das Grundproblem der fehlenden Individualisierbarkeit der Kausalbeziehungen auch über eine Absenkung des Beweismaßes nicht gelöst werden, weil eine Feststellung insoweit nicht möglich ist. Im deutschen Rechtsraum plädiert Frank dafür, das Beweismaß des § 287 ZPO zugrunde zu legen, soweit das Ausmaß der Kausalität einer Emission eines bestimmten Emittenten in der großen Menge der globalen Emittenten nicht nachgewiesen werden kann. Gem. § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO kann das Gericht bezüglich der Frage, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, nach freier Überzeugung entscheiden und somit auch 608 Maassen, Beweismaßprobleme, S. 156 f.; Hager, NJW 1986, 1961, 1968; von der Heide, Zurechnung, S. 195; Soergel/Spickhoff, § 823 Rdnr. 177; dazu auch Köck, in: Lübbe, Kausalität und Zurechnung, S. 9, 29. 609 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 402 f., die allerdings nur ungenau eine Beweismaßreduktion fordern, ohne hierzu konkrete Vorgaben zu machen. 610 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 403.

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Schätzungen zugrunde legen. Nach Frank sei auch eine Entscheidung nach freier Überzeugung für die Bestimmung eines Verursachungsanteils ausreichend, wenn mehrere Ursachen bei der Entstehung eines Schadens zusammenwirken.611 Der These Franks liegen allerdings bereits unzutreffende Annahmen im Bereich der materiellrechtlichen Kausalitätsfeststellung zugrunde.612 Zum anderen geht es bei der Problematik der Vielzahl der Emittenten nicht nur darum, wer welchen Beitrag zum Klimawandel geleistet hat, sondern vorgelagert zunächst um die Feststellung, wer überhaupt zu Verletzung bzw. Gefahr beigetragen hat, d. h. um die Feststellung der Kausalität als solche. Diese fällt jedoch in den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität und unterliegt dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO.613 Die deutsche ständige Rechtsprechung lehnt eine Anwendung des § 287 ZPO im Rahmen der Haftungsbegründung, zu welcher auch die Kausalität zwischen Verhalten und Verletzungserfolg gehört, zu Recht ab.614 Sich mit der bloßen Schätzung einer Ursächlichkeit einer bestimmten Emissionsquelle für einen Verletzungserfolg zu begnügen, erschiene willkürlich und hält rechtsstaatlichen Gerechtigkeitserwägungen nicht stand. (b) Anscheinsbeweis Schließlich wird vertreten, für die Kausalitätsbeziehung zwischen Emissionen und globalem Klimawandel, beruhend auf dem anthropogen verstärkten Treibhauseffekt, einen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) anzunehmen.615 Danach ist für den Beweis der Vortrag ausreichend, dass ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der schon nach allgemeiner Erfahrung stets aufgrund einer bestimmten Ursache auftritt oder auf eine gewisse Folge hinweist und somit derart gewöhnlich ist, dass es auf die individuellen Umstände des Einzelfalls nicht mehr ankomme.616 In Bezug auf Klimahaftungsfälle würde das bedeuten, dass dann, wenn ein bestimmtes Rechtsgut oder Interesse durch ein klimawandelbedingtes Umweltphänomen verletzt oder gefährdet wird, auch davon ausgegangen werden müsste, dass diese Verletzung oder Gefahr durch menschliche Emissionen verursacht wurde. Dieser Vorschlag muss jedoch klar abgelehnt werden. Zum einen existiert für Haftungsfälle in Zusammenhang mit dem Klimawandel kein „typischer“ Geschehensablauf, sondern jedes Ereignis beruht auf einzigartigen Kausalverläufen infolge 611

Frank, NJOZ 2010, 2296, 2297; Frank, NVwZ 2018, 960, 961. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (b). 613 Chatzinerantzis/Appel, NJW 2019, 881, 883 f. 614 BGH, Urt. v. 24. Juni 1986, Az. VI ZR 21/85, NJW 1987, 705, 706; BGH, Urt. v. 21. Juli 1998, Az. VI ZR 15 – 98, NJW 1998, 3417, 3418; BGH, Urt. v. 12. Februar 2008, Az. VI ZR 221/06, NJW 2008, 1381, 1382; so auch LG Essen, Urt. v. 15. Dezember 2016, Az. 2 O 285/15, ZUR 2017, 370, 371; von der Heide, Zurechnung, S. 178; zustimmend für den Bereich der Klimahaftung Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 193. 615 Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 377, 402. 616 BGH, Urt. v. 9. November 1977, Az. IV ZR 160/76, VersR 1978, 74; BGH, Urt. v. 18. März 1987, Az. IVa ZR 205/85, NJW 1987, 1944. 612

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des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Faktoren. Insoweit mangelt es auch an allgemeinen Erfahrungssätzen.617 Zum anderen hilft dieser Anscheinsbeweis nicht darüber hinweg, dass nicht nachgewiesen werden kann, welcher Emittent konkret für welche Verletzung bzw. Gefahr verantwortlich ist. Ebenso unpassend erscheint der Bezugspunkt des Anscheinsbeweises, da die Problematik des Nachweises gerade nicht bei der Kausalität zwischen den anthropogenen Emissionen in ihrer Gesamtheit und dem Klimawandel als solchem liegt, sondern bei der Kausalität zwischen Klimawandel und Wetterextremen bzw. der einzelnen Emissionsquelle. (3) Zwischenergebnis Es bleibt festzuhalten, dass die materiellrechtlichen Hürden in Bezug auf die Kausalität in Klimahaftungsfällen auch über beweisrechtliche Anpassungen nicht überwunden werden können. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei dem durch den Klimawandel Betroffenen, der Haftungsansprüche geltend macht; eine Beweislastumkehr ist nicht weiterführend, solange hinsichtlich bestimmter Abschnitte der Kausalitätskette nicht ausräumbare Zweifel bestehen und nicht einmal das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann. Eine generelle Beweismaßabsenkung oder Beweiserleichterungen für Klimahaftungsfälle sind abzulehnen; wie anhand der vorgestellten Exempel gezeigt werden konnte, würden diese allein aus Billigkeitserwägungen erfolgen, um über faktische Nachweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die gegenwärtig noch zu groß sind. Gegen eine zu weite Anpassung der beweisrechtlichen Anforderungen zugunsten des vom Klimawandel Betroffenen spricht dann schon die rechtsstaatliche Erwägung, dass die Verantwortlichkeit des Haftungsgegners als individuellen Verursachers in Abgrenzung zur Allgemeinheit mit hinreichender Gewissheit und Wahrscheinlichkeit bestimmbar sein muss. Eine wichtige Hilfestellung – gänzlich unabhängig von der nationalen beweisrechtlichen Ausgestaltung – kann dem Geschädigten in der Folge nur die klimatologische Wissenschaft sein. Denn mit zunehmendem technischem und klimatologischem Fortschritt werden Vorgänge und Zusammenhänge des Klimawandels besser erklärbar und somit möglichweise auch konkrete Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Emissionsquellen, Klimawandel, ökologischer Beeinträchtigung und konkreter Verletzung bzw. Gefahr für bestimmte Rechtsgüter und Interessen nachweisbar sein.618 So ließe sich zu gegebener Zeit auch eine individuelle Kausalbeziehung von einem bestimmten Emittenten hin zu einer konkreten Verletzung bzw. Gefahr feststellen. An dieser Stelle lassen sich dahingehend aber schwerlich fundierte Prognosen abgeben, sodass die weitere Entwicklung in der Klimatologie und insbesondere der nächste Sachstandsbericht des Weltklimarates 617

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 196. Vgl. Schwabe, VersR 1995, 371, 379; zutreffend weist Assmann, in: Nicklisch, Prävention im Umweltrecht, S. 155, 158 aber auf die „Ambivalenz des Wissens“ hin, wonach mit technischem und wissenschaftlichem Fortschritt zwar die Beweisführung erleichtert werden kann, gleichzeitig aber neue Unsicherheiten gefördert werden können, wenn weitere komplexe Problemstellungen in Bezug auf die Verursachung offengelegt werden. 618

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abzuwarten sein werden. Gegenwärtig muss die gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Vorliegens der Kausalität von den Gerichten jedoch zu Lasten des Verletzten bzw. Gefährdeten ausfallen. 5. Rechtsfolge Käme man trotz sämtlicher vorher skizzierter Probleme schließlich doch zu einer Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Klimahaftung, setzen sich im Rahmen der Haftungsausfüllung die bei der Kausalität problematisierten Fragestellungen fort,619 speziell in Bezug auf die Rechtsfolgen einer Schadensersatzhaftung. Diese betreffen zum einen den Umfang der Haftung bezüglich der Höhe des zu übernehmenden Schadens – so kann der Schädiger für den gesamten eingetretenen Schaden nach dem Grundsatz der Totalreparation einzustehen oder nur den seinem Beitrag entsprechenden Teil des Schadens im Sinne einer Proportionalhaftung zu übernehmen haben. Zum anderen muss die Zahl der Haftungsgegner im Verhältnis zum Anspruchsinhaber bestimmt werden, wobei eine Gesamt- sowie eine Teilschuld denkbar sind.620 Welches Prinzip der Haftungsausfüllung zugrunde gelegt wird, ist rechtspolitische Entscheidung der jeweiligen nationalen Rechtsordnung und kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Folgenden sollen daher einige allgemeine Wertungen, die sich aus einer konkreten Anwendung der Möglichkeiten der Haftungsausfüllung auf die Klimahaftung ergeben, skizziert werden. a) Totalreparation und Proportionalhaftung Eine Haftung nach dem Grundsatz der Totalreparation hat zur Folge, dass ein Emittent, dessen Verantwortlichkeit begründet wird, für den gesamten entstandenen Schaden aufkommen muss. Im Gegensatz dazu steht die Proportionalhaftung, wonach der Emittent nur für den Schadensanteil haftet, dessen konkretes Eintrittsrisiko er durch sein Verhalten erhöht hat. Die Proportionalhaftung setzt dabei konsequent eine Haftung für eine nur wahrscheinliche Schadensverursachung auf Ebene der Haftungsbegründung im Rahmen der Haftungsausfüllung fort.621 In abstrakter Bewertung lässt sich festhalten, dass der Grundsatz der Totalreparation auch bei der Klimahaftung besonders „geschädigtenfreundlich“ ist, da der Geschädigte in Höhe des gesamten Schadens Ausgleich und Kompensation erlangen kann. Jedoch spiegelt dies nicht das reale Schadensszenario wider. Denn wie gezeigt,622 beruht der Klimawandel auf einer Vielzahl von Ursachen und der anthropogene Einflussfaktor wiederum auf einer Vielzahl von Emittenten, sodass ein 619 620 621 622

Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 59. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 59 – 61. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 59 f. Siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. und § 2 C. II. 4. a).

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klimawandelbedingter Schaden auch nicht das „Werk“ eines einzelnen Emittenten ist und ihm nicht gänzlich zugerechnet werden kann.623 Dieser Problematik wird die Proportionalhaftung gerecht, weil hier nur insoweit gehaftet wird, wie es dem wahrscheinlichen Risikoerhöhungsbeitrag entspricht. Wie bereits ausgeführt,624 ist eine Proportionalhaftung schon deshalb abzulehnen, weil ihr auf Ebene der Kausalität ein probabilistisches Kausalitätsverständnis vorausgeht, dem nicht gefolgt werden kann. Ferner erweist sich die genaue Feststellung des Risikoerhöhungsanteils des Schädigers als ein großes, kaum überwindbares Problem. Schließlich stellt die Proportionalhaftung auch keine effektive Kompensationsform für den Geschädigten dar.625 So müsste dieser Klage gegen jeden Großemittenten auf Haftung in Höhe seines jeweiligen wahrscheinlichen Beitrags erheben. Denn würde nur ein Emittent einen marginalen Anteil am Gesamtschaden übernehmen, wäre der Effekt für den Betroffenen kaum spürbar und die Klage insoweit nicht geeignet, dem Begehren des Klägers tatsächlich abzuhelfen.626 b) Gesamt- und Teilschuld Wenn, wie im konkreten Fall der Klimahaftung, eine Vielzahl von Emittenten eine Rolle spielen, stellt sich darüber hinaus die Frage nach einer gesamtschuldnerischen oder teilschuldnerischen Haftung. Zu bestimmen ist folglich, ob ein Haftungsgegner, dessen Verantwortlichkeit festgestellt wurde, für den gesamten Schaden allein haftet und von den anderen Emittenten Regress im Innenverhältnis verlangt, oder ob er von vornherein auch im Außenverhältnis nur in Höhe seines Schadensanteils in Anspruch genommen wird. Für den haftenden Emittenten wird die gerechteste Lösung eine teilschuldnerische Haftung sein, weil sie der kumulativen Verursachung des Klimawandels und seiner Auswirkungen Rechnung trägt. Des Weiteren erspart diese Haftungsform die für den im Außenverhältnis Haftenden mühsame Regressvornahme im Innenverhältnis mit hohem Risiko. Denn auch dieser müsste eine Reihe von Prozessen anstreben, um die Verantwortlichkeit der übrigen Emittenten feststellen zu lassen und Ausgleich zu erlangen. Kaum überwindbar wird im Rahmen einer teilschuldnerischen Haftung allerdings die Feststellung der genauen Beitragshöhe der einzelnen Emittenten mangels Nachweisbarkeit der Kausalbeziehungen sein.627 Aus Sicht des Betroffenen ist eine gesamtschuldnerische Haftung adäquate Rechtsfolge. So erreicht er umfassende Kompensation, ohne eine womöglich unabsehbare Vielzahl an Emittenten einzeln verklagen und den Ausgang der Gerichtsverfahren abwarten zu müssen. Für den gesamtschuldnerisch Haftenden wird 623 624 625 626 627

Vgl. Sutherland, JETL 2017, 177, 189. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (c). Vgl. Adams, ZZP 99 (1986), 129, 160; Katzenmeier, ZZP 117 (2004), 187, 210. Koch/Lührs/Verheyen, in: Lord/Goldberg et al., Climate Change Liability, S. 376, 411. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 241.

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

sich jedoch, insbesondere, wenn es um die Leistung von Schadensersatz geht, die Frage stellen, warum ausgerechnet jener aus einer Gruppe von Verursachern zufällig herausgenommen wird und Regress bei sämtlichen anderen Verursachern suchen muss, getragen von dem Risiko, am Ende leer auszugehen, wenn die Verantwortlichkeit von Emittenten durch andere Gerichte abweichend bewertet und verneint werden würde.628 Zwar handelt es sich dabei um eine dem Prinzip der Gesamtschuld immanente Schwierigkeit; diese gewinnt im Rahmen der Klimahaftung aber in Anbetracht der Vielzahl an Emittenten und fehlender Individualisierbarkeit von Kausalbeziehungen erhöhte Relevanz.629 Zudem ist in Klimahaftungsfällen offensichtlich, dass der ausgewählte Emittent gerade nicht Verursacher sämtlicher Auswirkungen des Klimawandels sein kann, sondern etwaige Schäden die Konsequenzen einer jahrzehntelangen Summation einer Vielzahl von Faktoren und vielfacher Emissionsbeiträge sind.630 Dagegen ließe sich zwar auch einwenden, dass der Haftende in der Regel ein wirtschaftlich starkes Unternehmen sein wird, welches eher über die entsprechenden personellen, technischen und finanziellen Ressourcen verfügt, um die Mithaftenden auszuwählen und gerichtlich in Anspruch nehmen zu können, als ein vom Klimawandel individuell Betroffener. Die gesamte finanzielle Last, die mit Schadensersatz für klimawandelbedingte Auswirkungen verbunden wäre, kann aber wohl auch das wirtschaftlich stärkste Unternehmen nicht allein tragen. Im Hinblick auf eine gerechte Lastenverteilung und Gleichheitserwägungen bestehen erhebliche Bedenken.631 Insgesamt ergibt diese Betrachtung, dass sich auch auf der Rechtsfolgenseite erhebliche rechtliche Defizite und Probleme zeigen, die kaum zufriedenstellend überwunden bzw. gelöst werden können und eng mit den Schwierigkeiten im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität verknüpft sind. Auch an dieser Stelle treten die Schwachstellen einer privatrechtlichen Klimahaftung deutlich zutage.

D. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Der anthropogene Klimawandel stellt eine Bedrohung für die gesamte Weltbevölkerung und Umwelt sowie eine globale Herausforderung dar, der bislang weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene mit angemessenen Maßnahmen begegnet wird. Insbesondere fehlt es auf völker- und unionsrechtlicher Ebene an effektiven Ausgleichsinstrumenten und Schutzmechanismen für durch den Klimawandel im Einzelfall Betroffene. Um diese Schutzlücke zu schließen, bedarf es der Beantwortung der Frage, wem klimawandelbedingte Verletzungen und Gefahren in 628

Sutherland, JETL 2017, 177, 188 f. Vgl. dazu auch Marburger, UTR 2, S. 109, 146 im Zusammenhang mit Waldschäden; siehe zu den Waldschäden § 2 C. II. 4. a) bb) (2) (b). 630 Vgl. Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 242, 430 f. 631 So auch Pöttker, Klimahaftungsrecht, S. 430 – 432. 629

D. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

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Bezug auf individuelle und allgemeine Rechtsgüter und Interessen sowie daraus resultierende Schäden zuzuweisen sind. Die vorstehende Betrachtung hat ergeben, dass eine Zuordnung an Großemittenten, u. a. bedeutende Unternehmen der fossilen Energieerzeugung, ein theoretisch gangbarer Weg und erforderlich ist, solange die Verteilung nicht auf staatlicher bzw. überstaatlicher Ebene erfolgt und Einzelfalllösungen gefunden werden müssen. Die Implementierung des Emitters-pay-Prinzips im Wege einer privatrechtlichen Haftung muss sich mangels eines internationalen Haftungsregimes in den nationalen Rechtsordnungen vollziehen. Die privatrechtliche Klimahaftung bringt dabei jedoch rechtsordnungsübergreifend erhebliche Folgeprobleme mit sich. Bei Klimahaftungsklagen in den Vereinigten Staaten von Amerika spielt die Frage der Justiziabilität von Klimafragen, konkret in Zusammenhang mit der politicalquestion-Doktrin und der Sperrwirkung des Clean Air Act, eine gewichtige Rolle. An dieser Zulässigkeitshürde scheitert ein Großteil der Klimahaftungsklagen vor USGerichten, sodass hier auch zukünftig ein großes Prozessrisiko liegt. Außerhalb des US-amerikanischen Rechtsraums wird die Justiziabilität ebenfalls diskutiert, muss jedoch eher als eine Aufforderung verstanden werden, eine Bewertung im Hinblick auf die Effizienz privatrechtlicher Klimahaftung gegenüber staatlicher Klimaschutzpolitik vorzunehmen. Klimahaftung soll staatliche Klimaschutzregulation aber nicht ersetzen, sondern ergänzend Ausgleich und Gerechtigkeit im Einzelfall schaffen, solange kein überstaatliches Verteilungsinstrument existiert. Diese Funktion und Effizienz kann sie aber nur dann erreichen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Haftungsnormen erfüllt sind. Das anwendbare nationale Haftungsrecht bestimmt, wie weit es den Schutzbereich einer Haftungsnorm zieht, welche Rechtsgüter und Interessen geschützt und welche Schäden ersetzt werden sollen. Begehrt der Kläger jedoch Schadensersatz oder Unterlassung aufgrund der Verletzung oder Gefährdung personaler Individualrechtsgüter wie Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum, wird sein Verlangen unter jeder nationalen Rechtsordnung auch in den Schutzbereich des Haftungsrechts einbezogen sein. Im Rahmen der Pflichtwidrigkeit bei der Verschuldenshaftung ist zu prüfen, ob die Emission von Treibhausgasen ein haftungsrechtlich relevantes Verhalten darstellt, mit welchem der Großemittent gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt. Relevant wird hier zunächst der Einfluss von regulatorischem Klimaschutzrecht auf privatrechtliche Verhaltenspflichten, das sich nach den jeweiligen nationalen rechtspolitischen Wertungen richtet. Die Einhaltung der Vorgaben des regulatorischen Klimaschutzrechts schließt eine Sorgfaltspflichtverletzung in der Regel nicht per se aus; jedoch müssen Aspekte des Vertrauensschutzes, insbesondere aufgrund zugeteilter oder erworbener Treibhausgasemissionszertifikate, im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung Berücksichtigung finden, nach welcher sich die Pflichtwidrigkeit im Übrigen bestimmt. Hier müssen auch die sich gegenüberstehenden Interessen der Beteiligten, der gesamtgesellschaftliche Nutzen, die Vorhersehbarkeit

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§ 2 Haftung für Folgen des Klimawandels auf Ebene des nationalen Privatrechts

der klimaschädlichen Auswirkungen sowie die Vermeidbarkeit der Emissionen miteinbezogen werden. Danach lassen sich das Bestehen und die Verletzung einer Sorgfaltspflicht von Großemittenten nur schwer begründen, die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der klimaschädlichen Auswirkungen der Emissionen wird erst ab 1992 zu bejahen sein. Kaum realisierbar wird es dann aber sein, zwischen Emissionen und ihren Folgen vor und nach diesem Zeitpunkt zu differenzieren. Im Hinblick auf den gesamtgesellschaftlichen Nutzen, der mit Treibhausgasemissionen durch große Unternehmen verbunden ist, erscheint eine nur punktuelle Lastenverteilung auf einzelne Emittenten gegenüber einer gesamtgesellschaftlichen Lösung außerdem unangemessen. Insoweit muss eine Pflichtwidrigkeit verneint werden. Besonders problematisch ist sowohl bei der Verschuldens- als auch bei der Gefährdungshaftung die Kausalität zwischen bestimmten Emissionsquellen, dem Klimawandel, einzelnen Umweltphänomenen und individuellen Verletzungen oder Gefährdungen von Rechtsgütern bzw. Interessen. Die Kausalitätskette wird aufgrund der Vielzahl von natürlichen und anthropogenen Einflussfaktoren, Verstärkungs- und Rückkopplungseffekten, Wiederaufnahme von Treibhausgasen und der unabsehbaren Menge an einzelnen Emittenten gegenwärtig nicht nachzuvollziehen sein. Auch über alternative materiellrechtliche Rechtsfiguren und eine Absenkung der Anforderungen an die Individualisierung der Kausalbeziehung lässt sich die Kausalität nicht überzeugend begründen. Prozessual wird ein rechtsstaatliches „Mindestbeweismaß“ nicht erreicht werden können. Der Klimakläger kann nur auf die naturwissenschaftlichen Nachweisfortschritte im Hinblick auf eine Individualisierung der einzelnen Kausalketten setzen. Die Problematik der Kausalität setzt sich im Rahmen der Rechtsfolgen fort. Keines der denkbaren Rechtsfolgensysteme wird den Besonderheiten der klimawandelbedingten Schäden sowie einer gerechten Lastenverteilung gerecht. Insgesamt ist die Klimahaftung, unabhängig von der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, bei Zugrundelegung des bisherigen juristischen und naturwissenschaftlichen Wissenstandes erheblichen materiell- und beweisrechtlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Aufgrund der begrenzten faktischen Nachweismöglichkeiten ist eine angemessene und gerechte Behandlung von Großemittenten auf haftungsrechtlicher Ebene nicht möglich. Trotz der Erforderlichkeit zielführender Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels sowie zur Entschädigung der besonders Betroffenen und den mit einer Klimahaftung möglicherweise zu erzielenden positiven Wirkungen kann diese gegenwärtig kein effektives Instrument vor dem Hintergrund jener globalen Herausforderung sein. Die Entscheidung über die materiellen Erfolgsaussichten einer zivilrechtlichen Klimaklage obliegt aber letztendlich den angerufenen Gerichten. Es ist unter Verweis auf die abweichenden Stimmen in der Rechtswissenschaft nicht gänzlich auszuschließen, wenn auch zweifelhaft, dass diese zu anderen Ergebnissen kommen. Generell sollte hier aber Berücksichtigung finden, dass das Recht nicht um jeden Preis Mittel zur Erreichung eines wünschenswerten Ziels wie den Klimaschutz sein

D. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

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darf. Auch der Rechtsanwender muss die Grenzen des rechtlich Machbaren wahren und darf nicht aufgrund einer möglichen Sympathie mit den Betroffenen des Klimawandels ein bestimmtes rechtliches Ergebnis zu erzwingen versuchen. Vielmehr sollte das Scheitern einer materiellrechtlichen Klimahaftung Ansporn sein, den Klimaschutz auf anderer Ebene voranzutreiben und die Allokation von Schäden auf staatlicher Ebene vorzunehmen. Die grundsätzlich festgestellte moralische Verantwortlichkeit von Großemittenten kann durch strikte Reduktionsvorgaben, finanzielle Abgaben und eine stärkere Einbindung in den staatlichen Klimaschutz und die Kompensation und Entschädigung besonders betroffener Regionen in ein tatsächliches Einstehenmüssen gewandelt werden. Aus der Ablehnung eines Mittels, hier der privatrechtlichen Klimahaftung, sollte in der Konsequenz Potential geschöpft werden, um einen anderen Weg unter Beteiligung politischer Akteure zu fokussieren und die Anstrengungen dahingehend zu kanalisieren.

§ 3 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht Auch wenn die privatrechtliche Klimahaftung aus materiellrechtlicher Perspektive nach hier vertretener Ansicht gegenwärtig kein effektives Instrument in Ansehung des Klimawandels darstellt, sind Klimaklagen, die auf eine Durchsetzung der privatrechtlichen Haftung von Großemittenten abzielen, ein rechtliches Phänomen, mit denen sich Zivilgerichte weltweit auseinandersetzen müssen.1 Dies soll zum Anlass genommen werden, die normativen Instrumente des Unionsrechts, mit welchen der Rechtsanwender auf internationale Sachverhalte im Kontext der Umwelthaftung reagiert, daraufhin zu untersuchen, ob sie auch diffizilen und neuartigen Fragestellungen gerecht werden können und sich somit als dynamische und anpassungsfähige Normenkomplexe erweisen. Über eine Betrachtung der speziellen Internationalen Klimahaftung können zugleich Erkenntnisse für die Internationale Umwelthaftung im Allgemeinen gewonnen werden.

A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht I. Rolle des Internationalen Zivilprozessrechts im Zusammenhang mit Klimaklagen Das Internationale Zivilprozessrecht erfüllt selbst keine Steuerungs- und Lenkungsfunktion in Richtung bestimmter materieller Klimaschutzvorgaben, sondern ist ein Instrument der Rechtsgewährung und effektiven Rechtsdurchsetzung. Durch Klimaklagen vor Zivilgerichten bezwecken Betroffene, Großemittenten im Wege des Private Enforcement2 für globale Auswirkungen des Klimawandels als Folge der von ihnen verursachten Emissionen in die Haftung zu nehmen. So ist jedoch Voraussetzung, dass nach dem konkret anwendbaren nationalen außervertraglichen Haftungsrecht auch durchsetzbare Ansprüche bestehen. Dies bereitet bei der Klimahaftung in Bezug auf verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen rechtsordnungs1 Siehe zu einem aktuellen Überblick zu aktuell anhängigen und bereits abgeschlossenen Verfahren die Datenbank des Sabin Law Center an der Columbia University (New York City, Vereinigte Staaten von Amerika), abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 2 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9; vgl. auch Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557; Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 575 f.; siehe zur Rechtsdurchsetzung von objektivem Recht durch Privatpersonen auch Koch, Gedächtnisschr. f. Wolf, S. 459.

A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht

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übergreifend Schwierigkeiten.3 Nichtsdestotrotz wird die Bedeutung von Klimaklagen in naher Zukunft angesichts der wachsenden Dringlichkeit des Klimawandels4 und des bisher nur unzureichenden aktiven Gegensteuerns auf internationaler politischer Ebene5 wohl noch einmal zunehmen.6 Denn zum einen ist ein technischer und naturwissenschaftlicher Fortschritt in Bezug auf den Klimawandel, der den Nachweis bestimmter Kausalzusammenhänge bzw. die Vereinzelung von Emissionen ermöglicht und erleichtert, für die Zukunft nicht auszuschließen. Zum anderen verfolgen Klimaklagen v. a. das Ziel, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen, um den Fokus der Gesellschaft auf den Klimawandel und die von diesem Betroffenen zu richten, sowie den Handlungsdruck auf die politischen Entscheidungsträger zu erhöhen. Das macht sie zu einem vielversprechend erscheinenden Instrument für Aktivisten als Teil ihres Engagements gegen den Klimawandel.7 Dieser Zweck kann auch dann erreicht werden, wenn eine Klimahaftungsklage im Rahmen der Begründetheit scheitert, sodass es nicht zwingend auf ein tatsächliches Obsiegen in dem Rechtsstreit ankommt. Hier muss das Gericht einen Ausgleich herbeiführen und einerseits effektiven Rechtsschutz gewähren, andererseits aber der Gefahr begegnen, einen Schauprozess zur bloßen Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit auszutragen.8 Der Klimawandel ist in seinem Wirkungskreis unbegrenzt und zeitigt globale Folgen für Mensch und Umwelt. Wie bereits gezeigt,9 ist der weit überwiegende Teil der Großemittenten in wirtschaftlich starken Industrieländern, etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika, China und innerhalb der Europäischen Union, so v. a. in Deutschland, Italien, Polen, Frankreich und Spanien, angesiedelt, während eine nur geringe Menge an Treibhausgasen in wirtschaftlich eher schwachen Entwicklungsländern, vorwiegend auf dem asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Kontinent, produziert wird.10 Letztere sind aber diejenigen, die die Auswirkungen des Klimawandels am gravierendsten zu spüren bekommen werden. Auch in Europa sind v. a. die an den Küsten belegenen Länder, z. B. die Niederlande, und Städte, etwa Venedig, durch den klimawandelbedingten Anstieg des Meeresspiegels bedroht.11 Klimaklagen weisen folglich regelmäßig einen grenzüberschreitenden Bezug zu verschiedenen Staaten auf, sodass sich auch aus Sicht des Internationalen Zivilprozessrechts interessante Fragestellungen bieten.

3

Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. Siehe dazu § 2 A. III. und § 2 A. V. 5 Siehe dazu § 2 B. I. 2. 6 Vgl. Ebert, in: Ruppel/Roschmann/Ruppel-Schlichting, Climate Change, S. 859, 865 f. 7 So auch Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 602; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 381 f.; Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 577 f. 8 Vgl. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 82. 9 Siehe dazu § 2 A. IV. und § 2 B. II. 4. a) dd). 10 Vgl. Crippa/Guizzardi et al., Fossil CO2 and GHG emissions 2020, S. 11. 11 Siehe zum Ganzen ausführlich § 2 A. V. 4

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

Ziel des Internationalen Zivilprozessrechts ist es auch in Anbetracht von Klimaklagen, räumliche Grenzen zu überwinden und die Internationalität des in Rede stehenden Sachverhalts zu bewältigen. Danach ist zunächst die Frage nach der internationalen Zuständigkeit zu beantworten, d. h. zu ermitteln, welche staatlichen Gerichte in ihrer Gesamtheit auf internationaler Ebene zur Entscheidung berufen,12 bzw. welchem Staat als solchem Rechtsprechungsaufgaben zuzuweisen sind.13 Abzugrenzen sind die Kompetenzen zwischen den Judikativen verschiedener Länder.14 Weil sich klimawandelbedingte Auswirkungen potentiell überall auf der Welt zeigen können, stellt sich die Frage, bei welchen Gerichten eine internationale Zuständigkeit begründet ist, und ob bei einer denkbaren Vielzahl von Gerichtsständen Möglichkeiten der Einschränkung existieren. Sinn und Zweck des nachfolgenden Abschnitts ist es, die Haftung für den Klimawandel aus Sicht des Europäischen Zuständigkeitsrechts zu beleuchten und zu ermitteln, bei welchen Zivilgerichten eine internationale Zuständigkeit für Klimaklagen im europäischen Rechtsraum generell begründet sein kann und welche zuständigkeitsrechtlichen Auswirkungen sowie Einschränkungserfordernisse sich daraus ergeben könnten. Bevor die vorliegend relevant werdenden Regelungen zur internationalen Zuständigkeit näher betrachtet werden, muss ein kurzer Blick auf die ggf. konfligierenden Interessen der Parteien geworfen werden. Diese Interessenanalyse dient dem Verständnis der hinter den geregelten Gerichtsständen stehenden Wertungen sowie dem möglicherweise notwendigen Erfordernis der Einschränkung einer zu weitläufigen Gerichtspflichtigkeit.

II. Konfligierende Interessen von Klimakläger und -beklagtem Der einer Klimaklage zugrundeliegende grenzüberschreitende Sachverhalt, der aus der Ansässigkeit von Kläger und Beklagtem in verschiedenen Staaten und dem örtlichen Auseinanderfallen von Emissionstätigkeit und Beeinträchtigung bzw. Schaden folgt, führt in der Regel dazu, dass dem Kläger mehr als ein Gerichtsstand zur Verfügung steht, um seinen Anspruch gegen den Beklagten geltend zu machen. Bei konkurrierender internationaler Zuständigkeit kommt dem Kläger ein Wahlrecht zu.15 Die Entscheidung, vor welchem Gericht ein Verfahren angestrengt wird, erfolgt dabei nicht zufällig, sondern in Verwirklichung bestimmter Klägerinteressen, die den Interessen des Beklagten entsprechen oder auch in diametralem Gegensatz dazu stehen können.16

12 13 14 15 16

Junker, IZPR, § 5 Rdnr. 2. Geimer, IZPR, Rdnr. 844. Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.1. Junker, IZPR, § 5 Rdnr. 19; Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.10. Vgl. Geimer, IZPR, Rdnr. 1105.

A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht

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1. Interessen des Klimahaftungsklägers Der Klimakläger wird regelmäßig bestrebt sein, dann, wenn ihm mehrere Gerichtsstände zur Klageerhebung dargeboten sind, ein Forum auszuwählen, an dem er sein rechtliches Begehren möglichst einfach, schnell, kostengünstig und effektiv durchsetzen kann.17 Um vor diesem Hintergrund die bestmögliche Wahl treffen zu können, wird er zuvor eine umfassende Abwägung vornehmen und dabei faktische, verfahrensrechtliche, materiellrechtliche und kollisionsrechtliche Aspekte einbeziehen.18 So ist z. B. die durchschnittliche Verfahrenslänge vor einem Gericht zu beachten und dann, wenn die Sache besonders eilbedürftig ist, etwa weil infolge des steigenden Meeresspiegels der Dammschutz für einen an der Küste gelegenen Ort nachzugeben und das Eigentum des Klägers dadurch überflutet und zerstört zu werden droht, ein besonders zügig arbeitendes Gericht zu wählen, soweit dort ein Gerichtsstand begründet ist. Auch Verfahrensregelungen können relevant werden und der Klimakläger angesichts der aufgezeigten Nachweisschwierigkeiten in Bezug auf die Kausalität bestrebt sein, eine Verfahrensordnung mit möglichst geringen Beweisanforderungen bzw. erleichterten Beweismaßregelungen zu finden. V. a. im US-amerikanischen Prozessrecht können die Parteien großen Einfluss auf die Beweisführung und die dabei zu verwendenden Beweismittel nehmen; sie sind bis zur mündlichen Verhandlung auch maßgeblich für die Sachverhaltsaufklärung zuständig, während dem Richter eine eher passive Rolle zukommt.19 Dies kann den Parteien im Rahmen von Klimahaftungsklagen nützlich sein, weil sie die Darlegung des Sachverhalts etwa im Hinblick auf die Kausalität innerhalb der tatsächlichen Grenzen lenken können. Auch die Einsetzung einer für das US-amerikanische Prozessrecht prägenden Jury, bestehend aus Laienrichtern, kann den Ablauf des Verfahrens ggf. beeinflussen, insbesondere im Hinblick auf die Bemessung der Höhe einer etwaigen Schadensersatzzahlung,20 die oftmals Ziel der Klimahaftungskläger ist. Zudem spielt das Rechtsklima im Forumsstaat eine Rolle, das durch die herrschende Rechtskultur, welche in der Tradition des common law oder des positiven Rechts stehen kann, und der Denkweise der praktizierenden Juristen geprägt wird.21 Das anwendbare Recht ist im Zusammenhang mit Klimahaftung maßgeblich, sodass vor Klageerhebung das Internationale Privatrecht, speziell die Art der Ermittlung des anwendbaren Rechts, die Anknüpfungspunkte sowie die dahingehende

17

Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 168. Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.23; vgl. auch Tribunale di Rimini, Urt. v. 26. November 2002, Rs. 3095 – Al Palazzo S.r.l v. Bernardaud di Limoges S.A., abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021); Ferrari, Festschr. f. Magnus, S. 385, 396 f. 19 Geimer, IZPR, Rdnrn. 84, 88, 97. 20 Geimer, IZPR, Rdnrn. 79, 81. 21 Vgl. Geimer, IZPR, Rdnr. 96. 18

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

Darlegungs- und Beweislast beachtet werden müssen.22 Danach kann der Kläger bereits das anwendbare Recht bestimmen und prüfen, welche Erfolgsaussichten sein Klimahaftungsfall unter der jeweiligen nationalen Rechtsordnung haben wird. Er wird dann versuchen, ein ihm möglichst günstiges Recht durch die Wahl des Gerichtsstands zu präjudizieren und dem Beklagten die Verteidigung prozesstaktisch schwer machen.23 Materiellrechtlich für den Kläger interessant wird außerdem die Frage, ob der Kläger sich im Rahmen einer Schadensersatzklage auch auf die Gewährung von besonders in den Vereinigten Staaten geläufigen und ggf. hohe Geldbeträge nach sich ziehenden punitive damages stützen kann. Speziell bei Klimaklagen kann für den Kläger auch eine Rolle spielen, an welchem Gerichtsstand besonders große öffentliche Aufmerksamkeit auf das Verfahren und sein klimaschützendes Anliegen gerichtet ist.24 Des Weiteren können Gesichtspunkte der Anerkennung sowie der Vollstreckung einer Entscheidung Relevanz erlangen, etwa die Frage, wo der Beklagte vollstreckbares Vermögen besitzt.25 Insbesondere für den Kläger gewinnen schließlich auch Kostenfragen eine gewisse Bedeutung gerade bei Klimaklagen drohen durch grenzüberschreitenden Bezug aufgrund des Erfordernisses von Dolmetschern und Gutachtern hohe, zu Beginn möglicherweise noch nicht absehbare Kosten. Hier kann ein erhebliches Gefälle bestehen: während die Beklagten meist finanzstarke Großemittenten sind, die langjährige Verfahren und schwierige Beweisführungen eher aus Reputationsgründen fürchten müssen, sind die Kläger mit oftmals geringen finanziellen Mitteln ausgestattete Privatpersonen, die sich kostenintensive und langwierige Prozesse schlicht nicht leisten können.26 Für diese kommt es auch auf etwaige Vorschussregelungen, Möglichkeiten staatlicher Unterstützung sowie die allgemeine Gerichtskostenverteilung an, und welche Kostenfolgen bei Unterliegen in der Hauptsache drohen.

22 Geimer, IZPR, Rdnr. 94a; vgl. zum Forum shopping auch Geimer, IZPR, Rdnrn. 1095 – 1125, dessen Bedeutung aber mit zunehmender Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts durch EU-Verordnungen stark abnimmt; siehe ferner Ferrari, Festschr. f. Magnus, S. 385, mit einem Plädoyer zugunsten einer wertneutralen Verwendung des Begriffs Forum shopping. 23 Vgl. Koch, KJ 47 (2014), 432, 441. 24 Vgl. Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.24; zur strategischen Prozessführung allgemein auch Koch, KJ 47 (2014), 432. 25 Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 171; Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.23; Schack, IZVR, Rdnr. 234. 26 In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass die Kläger häufig von gemeinnützigen Organisationen oder Verbänden finanziell und beratend unterstützt werden, weil Klimaklagen zumeist auch das Ziel verfolgen, Aufmerksamkeit auf die allgemeine Thematik Klimawandel zu lenken; siehe etwa das Verfahren Luciano Lliuya v. RWE AG, bei dem der Kläger Luciano Lliuya von der deutschen gemeinnützigen Organisation Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit begleitet wird.

A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht

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2. Interessen des Klimahaftungsbeklagten Haben die Parteien keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen – was im Falle von Klimaklagen nahezu immer vorkommen wird, da die Beteiligten einander regelmäßig allein aufgrund der weiten Distanz unbekannt sein und wegen der konfligierenden Interessenpositionen eher den Blick auf eine bestmögliche Ausnutzung des eigenen Vorteils richten werden –, befindet sich der Beklagte in einer passiven Situation und muss sich vor dem Gericht verteidigen, bei dem der Kläger Klage erhoben hat. Das gilt zumindest dann, wenn das Gericht tatsächlich zuständig ist oder keine rügelose Einlassung bei einem unzuständigen Gericht stattfindet. Dem Beklagten kommt es ebenso wie dem Kläger auf einfache, schnelle, kostengünstige und effektive Rechtsdurchsetzung an.27 Bei einer gegen ihn erhobenen Klage trägt der Beklagte die Verteidigungslast. Er ist konsequenterweise bestrebt, zur Vermeidung von Kosten und Mühen nicht vor einer unbeschränkten Vielzahl von Gerichten verklagt zu werden oder gar weltweit gerichtspflichtig zu sein. Prozesse außerhalb des Heimatstaates gehen für den Beklagten mit einigen Nachteilen einher. So fehlt es dem Beklagten hier in der Regel an den sprachlichen Fähigkeiten und kulturellen Kenntnissen in Bezug auf die Konventionen der Rechtsordnung, was zu Missverständnissen und großer Unsicherheit führen kann.28 Ferner kann der Beklagte meist nicht mehr seinen gewohnten Rechtsbeistand heranziehen, sondern ist auf Experten der jeweiligen Forumsstaaten angewiesen, die die rechtlichen Verhältnisse und prozessualen Besonderheiten vor Ort kennen. Dies kann wiederum hohe Kosten nach sich ziehen.29 Mit einer weltweiten Gerichtspflichtigkeit ginge für den Beklagten auch die Gefahr einher, sich unter einer großen Zahl anwendbarer Rechtsordnungen für sein Handeln rechtfertigen zu müssen. Dies kann er im Vorfeld seines Verhaltens möglicherweise kaum vorhersehen – dann ist fraglich, inwieweit sein Vertrauen auf ein bestimmtes Forum und damit korrelierend auf ein anwendbares Recht schutzwürdig ist und ob eine Beschränkung der Gerichtspflichtigkeit in Betracht kommt.30 3. Gleichgerichtete Interessen der Parteien Daneben sind gemeinsame Interessen, welche allgemein beide Parteien eines Zivilverfahrens berühren und mit dem Interesse an einfacher, schneller, kostengünstiger und effektiver Rechtsgewährung31 korrelieren, anzuführen. So hat jede Partei in der Regel ein Interesse daran, an einem dem Wohnsitz bzw. Sitz des Un-

27 28 29 30 31

Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 169. Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 115. Mankowski, IPRax 2006, 454, 456 f. Zum Ganzen Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 87 f. Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 168 f.

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

ternehmens möglichst nahe gelegenen Gericht zu klagen bzw. verklagt zu werden,32 weil damit zumindest in Bezug auf Sprache und Gepflogenheiten der Rechtspflege eine gewisse Vertrautheit verbunden ist.33 Im Rahmen von Klimaklagen gilt dies aber wohl eher für den Beklagten als für den Kläger, da es für letzteren aufgrund der materiellrechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Klimahaftung primär darum geht, vor welchen Gerichten er überhaupt sein rechtliches Begehren erreichen kann. Er wird dabei gewillt sein, auch weite Distanzen zur Verfolgung des rechtlichen Ziels in Kauf zu nehmen. Mithin spielen als gemeinsame Interessen der Parteien sowie auch als staatliches Ordnungsinteresse die Sach- und Beweisnähe, insbesondere betreffend ein schädigendes Ereignis, die Möglichkeiten der effektiven Informationsbeschaffung sowie ein zügiger Prozessgang eine gewichtige Rolle.34 Kläger, Beklagtem sowie dem zuständigen Gericht wird so die Beweisführung erleichtert, da keine ausländischen Stellen und Gerichte als Vermittler eingeschaltet werden müssen und das Verfahren beschleunigt wird, z. B. weil das Gericht sofort eine Ortsbesichtigung vornehmen kann.35 An einem zügigen Prozessablauf hat der Kläger besonderes Interesse, wenn sein Begehren aufgrund der klimawandelbedingten Bedrohung besonders eilbedürftig ist. Auch dem Beklagten ist im Hinblick auf einen denkbaren Reputationsschaden daran gelegen, ein Verfahren schnell abzuschließen. Im System der internationalen Zuständigkeit müssen die konfligierenden Interessen von Kläger und Beklagtem gemeinsam mit Staats- und Ordnungsinteressen zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.36 Inwieweit den einzelnen Interessen bei der Begründung eines Gerichtsstands Rechnung getragen wird und inwieweit Anpassungs- bzw. Korrekturbedarf im Kontext von Klimaklagen besteht, soll im Rahmen der Analyse der für Klimaklagen in Betracht kommenden internationalen Zuständigkeitsnormen untersucht werden. Vorab ist jedoch der Fokus auf die Rechtsquellen der internationalen Zuständigkeit im europäischen Rechtsraum zu richten.

32

Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 169; Schack, IZVR, Rdnr. 230. Vgl. Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 114 f.; Linke/ Hau, IZVR, Rdnr. 4.23; vgl. auch Faure/Nollkaemper, 43 SJIL, 123, 135 f. (2007), die vorbringen, dass ein Gericht im Heimatstaat des Klimaklägers mehr Wohlwollen bzw. Verständnis für sein rechtliches Begehren hätte. Allerdings taugt diese Argumentation nicht als valides rechtliches Argument, da Gerichte zur Neutralität und Objektivität verpflichtet sind, sodass eine möglicherweise gegebene Sympathie mit dem Opfer aufgrund „Heimatverbundenheit“ an sich keine Rolle spielen sollte; siehe zur Frage der Neutralität der Gerichte auch Geimer, IZPR, Rdnrn. 868 l–868o. 34 Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 169 f.; Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.23; Schack, IZVR, Rdnr. 231 f. 35 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 112 f.; Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S. 169 f. 36 Vgl. Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.22. 33

A. Klimaklagen und Europäisches Zivilprozessrecht

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III. Regelungsinstrumente des Europäischen Zuständigkeitsrechts Das Europäische Zuständigkeitsrecht beruht gegenwärtig im Wesentlichen auf Verordnungen des EU-Sekundärrechts, welche ihre rechtliche Grundlage in Art. 81 AEUV finden. Dieser Kompetenztitel ermöglicht den Erlass von Harmonisierungsakten im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes. Besondere Relevanz soll im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Brüssel Ia-Verordnung37 erfahren, die als Nachfolgerin der Brüssel I-Verordnung38 die gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – mit Ausnahme der in Art. 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 EuGVVO genannten Sachmaterien – zum Gegenstand hat. Der autonom39 und weit40 auszulegende Begriff der Zivil- und Handelssache bestimmt sich in rein negativer Abgrenzung zum öffentlichen Recht:41 eine Zivil- und Handelssache liegt nicht vor, wenn das streitgegenständliche Rechtsverhältnis in Verbindung mit der Ausübung oder Durchsetzung von Hoheitsgewalt bzw. hoheitlichen Funktionen steht.42 Da es sich bei den hier beleuchteten Klimahaftungsfällen um Streitigkeiten zwischen Privatpersonen handelt und keine Befugnisse wahrgenommen werden, die über die für Privatpersonen geltenden Regelungen hinausgehen,43 unterfallen Klimahaftungsklagen unstreitig dem Normenregime der Brüssel Ia-Verordnung. Durch die Brüssel Ia-Verordnung konnten die internationale Entscheidungs- und Anerkennungszuständigkeit im europäischen Rechtsraum harmonisiert und eine einheitliche europäische Zuständigkeitsordnung geschaffen werden.44 Sie verdrängt in ihrem Anwendungsbereich autonomes nationales Zuständigkeitsrecht der Mit37

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU 2012 L 351, S. 1 (im Folgenden: Brüssel Ia-VO oder EuGVVO). 38 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG 2001 L 12, S. 1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1496/2002 der Kommission, ABl. EG 2002 L 225, S. 13 (im Folgenden: Brüssel I-VO). 39 EuGH, Urt. v. 14. Oktober 1976, Rs. 29/76 – Eurocontrol, NJW 1977, 489 m. Anm. Geimer, 492; EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. Cˇ EZ, EuZW 2006, 435. 40 Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.28. 41 BeckOGK-ZivilR/Paulus, Rom I-VO Art. 1 Rdnr. 16. 42 EuGH, Urt. v. 14. Oktober 1976, Rs. 29/76 – Eurocontrol, NJW 1977, 489 m. Anm. Geimer, 492. 43 EuGH, Urt. v. 21. April 1993, Rs. C-172/91 – Sonntag, NJW 1993, 2091, 2092; EuGH, Urt. v. 15. Mai 2003, Rs. C-266/01 – TIARD, BeckRS 2004, 75823 = IPRax 2003, 528 m. Anm. Geimer, 512; EuGH, Urteil vom 15. Februar 2007, Rs. C-292/05 – Lechourito, EuZW 2007, 252; EuGH, Urt. v. 9. März 2017, Rs. C-551/15 – Pula Parking, EuZW 2017, 686. 44 Vgl. Erwägungsgrund 4 der Brüssel Ia-VO; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 4 Rdnrn. 4 f.

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

gliedstaaten,45 und zwar auch dann, wenn es inhaltlich übereinstimmt.46 Seit dem 10. Januar 2015 beanspruchen die Regelungen der Verordnung gem. Art. 81 UA. 2 EuGVVO in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks47 unmittelbare Geltung.48 Voraussetzung in räumlicher Hinsicht ist gem. Art. 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 EuGVVO allein, dass der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Sitz (Art. 63 Abs. 1 EuGVVO) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat. Auf die Staatsangehörigkeit des Beklagten oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt kommt es dagegen nicht an.49 Daneben existiert mit nahezu identischem Regelungsinhalt das Luganer Übereinkommen50, welches für die EU-Mitgliedstaaten nur noch im Verhältnis zu den Nicht-EU-Mitgliedstaaten Norwegen, Schweiz und Island Anwendung findet. Diese Staaten nehmen nicht an der Brüssel Ia-Verordnung teil, sodass das Luganer Übereinkommen für sie als Parallel-Übereinkommen zur Brüssel Ia-Verordnung51 fungiert. Auf das Luganer Übereinkommen soll im Folgenden aufgrund des im Wesentlichen gegebenen inhaltlichen Regelungsgleichlaufs nicht gesondert Bezug genommen werden. Als dritte, subsidiäre Rechtsquelle ist im europäischen Rechtsraum das autonome nationale Zivilverfahrens- und insbesondere Zuständigkeitsrecht der europäischen Staaten zu beachten. Dieses beansprucht für rein nationale Sachverhalte weiterhin Geltung; ferner dann, wenn eine der Bereichsausnahmen in Art. 1 EuGVVO bzw. Art. 1 LugÜ einschlägig ist oder der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Sitz – vorbehaltlich einiger Ausnahmen – nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, Art. 6 Abs. 1 EuGVVO. Eine nähere Betrachtung der autonomen nationalen Zuständigkeitsregelungen muss im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch aufgrund der Vielzahl der Prozessordnungen der Länder, vor deren Gerichten eine Klimaklage erhoben werden kann, unterbleiben. Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen soll vielmehr auf der Behandlung von Klimaklagen auf supranationaler Ebene unter der Brüssel Ia-Verordnung und der danach in Betracht kommenden Zuständigkeiten liegen. Ziel wird sein, die internationale Zuständigkeitsordnung im europäischen Raum in den Kontext des aktuellen Phänomens Klimaklage zu stellen und die Rechtsschutzmöglichkeiten im internationalen Umfeld zu beleuchten. 45

Kropholler/v. Hein, Vor Art. 2 EuGVO [a. F.] Rdnrn. 16 f. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 4 Rdnr. 5. 47 Vgl. dazu Erwägungsgrund 41 der Brüssel Ia-VO. 48 Siehe zum Ganzen auch Rauscher/Staudinger, Einleitung Rdnrn. 1 f. 49 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 4 Vor Rdnr. 1; Kropholler/v. Hein, Vor Art. 2 EuGVO [a. F.] Rdnr. 9. 50 Luganer Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU 2009 L 147, S. 5. 51 Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.8. 46

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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B. Die internationale Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-Verordnung Ein vom Klimawandel Betroffener, der gegen einen Großemittenten eine Klage mit präventivem oder repressivem Anspruchsziel52 erheben möchte, sieht sich vor Klageerhebung mit der Frage konfrontiert, welche Gerichte in welchem Staat für sein Anliegen nach der Brüssel Ia-Verordnung international zuständig sind. Zunächst wird zu klären sein, vor welchen Gerichten ein Gerichtsstand begründet ist, wie der Kläger bei mehreren in Betracht kommenden Gerichtsständen vorgehen kann, welcher Gerichtsstand für den Kläger bzw. für den Beklagten unter Berücksichtigung der vorgestellten Interessenlage am günstigsten ist und wie weit die Gerichtspflichtigkeit des Beklagten und die Kognitionsbefugnis des angerufenen Gerichts reichen. Die bezüglich Klimaklagen relevant werdenden, unmittelbar zuständigkeitsbegründenden Kompetenznormen53 der Brüssel Ia-Verordnung werden im Rahmen der folgenden Ausführungen im Einzelnen erläutert und im Kontext der Klimaklagen betrachtet und bewertet. In Rede stehen zum einen der dingliche Gerichtsstand gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO, der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO, schließlich die besonderen Gerichtsstände der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, der Niederlassung gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO sowie der passiven Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO. Die hier gewählte Anordnung der Behandlung der Zuständigkeitsnormen folgt der von einem Gericht vorzunehmenden Prüfungsreihenfolge bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit: vorrangig sind die ausschließlichen Zuständigkeiten nach Art. 24, 25 EuGVVO zu beachten, sodann ist der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO zu bestimmen und schließlich zu ermitteln, ob ein davon abweichender besonderer Gerichtsstand nach Art. 7 bis 9 EuGVVO gegeben ist. Zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand sowie etwaigen in Betracht kommenden besonderen Gerichtsständen hat der Kläger ein Wahlrecht.54

I. Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nach Art. 24 Nr. 1 EuGVVO Art. 24 Nr. 1 EuGVVO begründet für Verfahren, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen betreffen, eine ausschließliche internationale Zuständigkeit bei den Gerichten des Mitgliedstaats der Belegenheit der Immobilie. Im Zusammenhang mit Klimaklagen kann der dingliche Gerichtsstand des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO Bedeutung erlangen, wenn eine grenzüberschreitende Immissionsabwehr52 53 54

Siehe dazu ausführlich § 2 C. I. 1. Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1. BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 2.

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

klage in Rede steht. Wie diese charakterisiert sowie im Europäischen Zuständigkeitsrecht qualifiziert wird, soll im Anschluss an eine kurze Skizzierung der Grundlagen zu Art. 24 Nr. 1 EuGVVO untersucht werden. 1. Grundlegung zu Art. 24 Nr. 1 EuGVVO Die ausschließlichen Gerichtszuständigkeiten der Brüssel Ia-Verordnung sind in Art. 24 EuGVVO abschließend55 aufgezählt. Ist einer der Tatbestände des Art. 24 EuGVVO erfüllt, sind der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO und die besonderen Gerichtsstände gem. Art. 5 i. V. m. 7 ff. EuGVVO verdrängt.56 Auch Zuständigkeitsvereinbarungen gem. Art. 25 EuGVVO oder die Begründung der Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts gem. Art. 26 EuGVVO sind bei Vorliegen einer ausschließlichen Zuständigkeit nicht möglich. Ein entgegen Art. 24 EuGVVO angerufenes Gericht hat sich gem. Art. 27 EuGVVO für unzuständig zu erklären. Die Ausschließlichkeit wirkt bis auf die Ebene der Anerkennung bzw. Vollstreckung und begründet auf Antrag ein Anerkennungs- bzw. Vollstreckungshindernis gem. Art. 36 Abs. 2, 45 Abs. 1 lit. e ii) EuGVVO.57 Die örtliche Zuständigkeit ist in der Norm nicht geregelt, sondern bestimmt sich nach dem autonomen nationalen Recht der international zuständigen Gerichte.58 Jede nationale Rechtsordnung eines EU-Mitgliedstaats trifft eine Justizgewährungspflicht und damit in concreto auch die Pflicht, die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts zu garantieren; erfolgt dies nicht, ist Art. 24 EuGVVO entsprechend auch auf die örtliche Zuständigkeit zu beziehen.59 Art. 24 EuGVVO stellt allein auf das Vorliegen eines der Anknüpfungspunkte in einem Mitgliedstaat ab, Nr. 1 etwa auf die Belegenheit der Sache; ein weiterer Bezugspunkt zu einem anderen Mitgliedstaat, der Wohnsitz bzw. Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder die Staatsangehörigkeit der Parteien spielen keine Rolle.60 Eine Reflexwirkung zugunsten von Drittstaaten im 55 EuGH, Urt. v. 28. April 2009, Rs. C-420/07, Slg. 2009, I-3571 – 3638; Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 5. 56 BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 2; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 1; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 1; Stein/Jonas/Wagner, Art. 22 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1. 57 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnrn. 1, 3; Stein/Jonas/Wagner, Art. 22 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 3; Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1 greift den von Musger, RZ 1993, 192, 198 verwendeten Begriff der „Zwangszuständigkeiten“ auf und bewertet die ausschließlichen Zuständigkeiten aufgrund ihrer umfassenden Verdrängungswirkung scharf, aber treffend als „teilweise recht imperialistisch“. 58 BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 4. 59 BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 4; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 4 Rdnr. 3; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 2; Schlosser/Hess/Schlosser, Vor Art. 24 EuGVVO Rdnr. 2; Stein/Jonas/Wagner, Art. 22 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 2; a. A. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 22: Gericht der Hauptstadt des jeweiligen, international berufenen Mitgliedstaats. 60 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435; OLG Hamburg, Urt. v. 6. Februar 1998, Az. 12 U 16/96, IPRax 1999, 168; BeckOK-ZPO/

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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Sinne einer Zuweisung der ausschließlichen Zuständigkeit an die Gerichte jener Nicht-EU-Staaten, wenn dort der für Art. 24 Nr. 1 EuGVVO maßgebliche Anknüpfungspunkt belegen ist, ist richtigerweise aus Kompetenz- und Souveränitätsgründen abzulehnen.61 So kann die im Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander geltende Brüssel Ia-Verordnung keine „zwangsweise“ positive Zuweisung an drittstaatliche Gerichte begründen.62 Der Normzweck der ausschließlichen Zuständigkeiten des Art. 24 EuGVVO liegt in der Begründung einer Zuständigkeitskonzentration in einem Forum mit besonderer Sach- und Beweisnähe.63 Diese natürliche Sachnähe soll die Arbeit der Gerichte erleichtern sowie der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen begegnen.64 Insbesondere für Art. 24 Nr. 1 EuGVVO gilt, dass es den Gerichten am Belegenheitsort der Immobilie am ehesten möglich ist, sich aufgrund der geringen räumlichen Distanz zum streitgegenständlichen Objekt tatsächliche Kenntnis zu verschaffen und den Sachverhalt aufzuklären, nationale Gebräuche des Belegenheitsstaats anzuwenden,65 Einsichtnahme in Grundbücher zu nehmen sowie Ortstermine durchzuführen.66 Zudem kann eine mögliche Zwangsvollstreckung in das Objekt bei räumlicher Nähe schneller vonstattengehen.67 Ferner wird dadurch in der Regel ein Gleichlauf mit dem anwendbaren Recht geschaffen. So stellen die meisten autonomen Internationalen Privatrechte der Mitgliedstaaten im Rahmen des Sachenrechtsstatuts, das mangels europäischer Regelung nach wie vor durch nationales Recht zu bestimmen ist, parallel zu Art. 24 Nr. 1 EuGVVO auf das Recht der Belegenheit der Sache ab.68 Der Gleichlauf zwischen Zuständigkeits- und KollisionsVossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 3; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 4; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 24 Rdnr. 1; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 5; Zöller/Geimer, Artikel 24 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1; Geimer, IPRax 1999, 152. 61 BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 3; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 12; Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 9 m. w. N.; Stein/Jonas/Wagner, Art. 22 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 9; Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 24 EuGVVO Rdnr. 2; Zöller/Geimer, Artikel 24 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1b; a. A. Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 24 EuGVVO Rdnr. 1; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.30 7. 62 Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 6. 63 BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 1; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 7; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 24 Rdnr. 1. 64 Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 3 – 5. 65 EuGH, Urt. v. 10. Januar 1990, Rs. 115/88 – Reichert u. Kockler ./. Dresdner Bank AG, EuZW 1990, 134 = IPRax 1991, 29 m. Anm. Schlosser; EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C343/04 – Land Oberösterreich ./. Cˇ EZ, EuZW 2006, 435; EuGH, Urt. v. 3. April 2014, Rs. C438/12 – Weber, NJW 2014, 1871, 1872 = RIW 2014, 448 = IPRax 2015, 150, 152; EuGH, Urt. v. 16. November 2016, Rs. C-417/15 – Schmidt ./. Schmidt, NJW 2017, 315, 316; zu diesem Normzweck ausführlich Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 38. 66 Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 21; Wehdeking, DZWIR 2004, 323, 324; Kümmerle, GPR 2014, 171, 172. 67 Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 21. 68 So auch das deutsche autonome Internationale Privatrecht gem. Art. 43 Abs. 1 EGBGB.

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recht führt dann dazu, dass sich mit der komplexen Materie gerade das Gericht befasst, welches im Regelfall auch am besten mit dem anwendbaren Recht vertraut ist.69 Ob eine zugunsten der Gerichte des Belegenheitsstaates begründete ausschließliche Zuständigkeit gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO auch für Immissionsabwehrklagen Bedeutung erlangt, wird Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung sein. 2. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Immissionsabwehrklagen a) Problemstellung Eine vorbeugende Immissionsabwehrklage zielt auf eine gerichtliche Anordnung gegen den Betreiber einer emittierenden Anlage, die von dieser Anlage ausgehenden schädlichen Emissionen, welche als Immissionen grenzüberschreitend nachteilig auf eine Immobilie einwirken, gegenwärtig abzuwehren und/oder für die Zukunft zu unterlassen. Ob eine unbewegliche Sache vorliegt, richtet sich mangels hinreichender national-übergreifender Kriterien entgegen der grundsätzlich autonomen Auslegung nach dem Recht des Staates, in welchem diese belegen ist, d. h. nach Qualifikationsverweisung.70 Dieses Vorgehen gewinnt hier jedoch keine Relevanz, da Liegenschaften zweifellos als unbewegliche Sachen zu qualifizieren sind,71 und zwar unabhängig davon, nach dem Recht welchen Staates sich dies im Einzelfall bestimmt. Der Kläger einer Immissionsabwehrklage ist Inhaber eines dinglichen Rechts an einer durch Immissionen negativ betroffenen Immobilie. Der Begriff des dinglichen Rechts ist im Kontext des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO im Sinne einer ausgewogenen Zuständigkeitsverteilung72 autonom auszulegen,73 und meint nur absolute Rechte mit 69

Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 3, 4, 20. Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 24 Rdnr. 19; Kropholler/ v. Hein, Art. 22 EuGVO [a. F.] Rdnr. 11; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 24 Rdnr. 3; Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 23; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 24 EuGVVO Rdnr. 2; das Erfordernis autonomer Auslegung aber bejahend BeckOK-ZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 8; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 42; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 8; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 8; Zöller/Geimer, Artikel 24 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1c; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.30 6; auch Stein/Jonas/Wagner, Art. 22 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 12 plädiert dafür, den „Versuch, eine autonome Auslegung zu finden, nicht von vornherein aufzugeben“. 71 Wehdeking, DZWIR 2004, 323, 324. 72 Schack, IPRax 2005, 262, 265. 73 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435; EuGH, Urt. v. 3. April 2014, Rs. C-438/12 – Weber, NJW 2014, 1871, 1872 = RIW 2014, 448 = IPRax 2015, 150, 152; ausführlich dazu auch Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnrn. 49 f.; Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 267; zustimmend BeckOKZPO/Vossler, Brüssel Ia-VO Art. 24 Rdnr. 8; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 24 70

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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Wirkung gegenüber jedermann. Erfasst sind Klagen, welche das Bestehen und die Reichweite einer Immobilie betreffen, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen sonstiger dinglicher Rechte daran bestimmen sowie den Inhabern dinglicher Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsposition verbundenen Vorrechte gewährleisten sollen.74 Insoweit lässt sich auch das klägerische Begehren der vorbeugenden Immissionsabwehrklage unter den Anknüpfungsgegenstand des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO subsumieren: als Eigentümer des betroffenen Grundstücks macht der Kläger die gerade aus seinem dinglichen Recht Eigentum resultierenden Abwehr- und Unterlassungsansprüche geltend, um das Grundstück gegen negative Einwirkungen durch Dritte zu schützen. Konkret bezogen auf die Klimahaftung kann die Immissionsabwehrklage Relevanz gewinnen, wenn es um präventive Ansprüche gegen einen Großemittenten von Treibhausgasen, z. B. einen Betreiber einer fossilen Energieanlage in Deutschland, geht. Hier könnte ein in einem anderen EU-Staat ansässiger Grundstückseigentümer vorbeugend Unterlassung jener von dem Anlagenbetreiber emittierten schädlichen Treibhausgase verlangen, die das Grundstück des Klägers dahingehend beeinträchtigen, dass sie den Klimawandel mitverursachen und dadurch zu einem Abtauen des dortigen Permafrostbodens oder der Auslösung von Umweltphänomenen wie Flutwellen und Stürmen führen, welche dann wiederum das Eigentum an der Immobilie des Klägers beschädigen oder gänzlich zerstören. Aufgrund der fixen Belegenheit des durch Immissionen betroffenen Grundstücks kommt für die Unterlassungsklage die Begründung eines dinglichen Gerichtsstands gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO bei den Gerichten des jeweiligen Mitgliedstaates der Belegenheit in Betracht. Sieht man den zentralen Gegenstand einer Immissionsabwehrklage in der betroffenen Immobilie und den mit ihr verbundenen Befugnissen des Inhabers des dinglichen Rechts zu ihrem Schutz, liegt eine dingliche Qualifikation und damit eine Zuordnung an den ausschließlichen dinglichen Gerichtsstand gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO nahe.75 Darüber hinaus lässt die Immissionsabwehrklage es aber auch zu, den Fokus auf die begehrte Rechtsfolge und das Umfeld der Abwehr- und Unterlassungsansprüche zu richten. Sodann könnten diese Ansprüche unter den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, der entgegen der Vorgängervorschrift nach seinem Wortlaut auch drohende schädigende

Rdnr. 9; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 24 Rdnr. 3; Prütting/Gehrlein/Pfeiffer, Art. 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 4; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 24 EuGVVO Rdnr. 4; Saenger/ Dörner, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 8; Zöller/Geimer, Artikel 24 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1c; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.30 6. 74 EuGH, Urt. v. 10. Januar 1990, Rs. 115/88 – Reichert u. Kockler ./. Dresdner Bank AG, EuZW 1990, 134 = IPRax 1991, 29 m. Anm. Schlosser; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 24 EuGVVO Rdnrn. 51, 54; Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 25 f. 75 So OGH, Urt. v. 1. August 2003, Az. 10 b 221/02 k, siehe dazu die Besprechungen von Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266; Schack, IPRax 2005, 262; Wehdeking, DZWIR 2004, 323.

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

Ereignisse einbezieht,76 subsumiert und damit deliktisch qualifiziert werden. Dies folgt aus dem Gedanken, dass der Kläger als Eigentümer des Grundstücks ebenso Schäden infolge der Immissionen erleiden könnte, daraus resultierende Schadensersatzansprüche aber unstreitig nicht dinglich, sondern aufgrund der untergeordneten Bedeutung des Eigentums deliktisch zu qualifizieren wären.77 Insoweit liegt auch eine einheitliche Behandlung sämtlicher mit dem Schutz des Eigentums zusammenhängender Ansprüche nahe.78 Andere sehen darin wiederum ein Argument gegen eine deliktische und für eine dingliche Qualifikation, weil das Recht des Schadensersatzes und der hier in Rede stehende negatorische Schutz des Eigentums gerade gegenläufige Funktionen verfolgten.79 Die Gretchenfrage bei der Immissionsabwehrklage wird also die nach ihrer Qualifikation sein – hat diese dinglich oder deliktisch zu erfolgen? b) Entscheidung Temelín des Europäischen Gerichtshofs Der Europäische Gerichtshof hat sich in der Entscheidung Temelín mit überzeugenden Argumenten gegen eine dingliche und für eine deliktische Qualifikation der Immissionsabwehrklage ausgesprochen.80 Die Argumentation ist auf sämtliche Fälle transnationaler Immissionsabwehrklagen übertragbar,81 und hat wichtige Klarheit im internationalen Zuständigkeitssystem für grenzüberschreitende Umweltschädigungen im Allgemeinen geschaffen.82 aa) Sachverhalt Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs war eine Klage des Landes Oberösterreich als Eigentümerin zweier Liegenschaften in Österreich gegen die mehrheitlich in Staatseigentum stehende Betreiberin einer atomaren Energieversorgungsanlage in Tschechien, die in etwa 60 Kilometern Entfernung zu den Grundstücken der Klägerin im Grenzgebiet Österreich – Tschechien belegen war. Weil beide Parteien nicht in Ausübung von hoheitlicher Gewalt, sondern im Paritätsverhältnis und erwerbswirtschaftlich tätig wurden, handelte es sich trotz Beteiligung der öffentlichen Hand um eine Zivilsache nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuGVVO; der Ausschluss nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 EuGVVO stand nicht entgegen. Die Klägerin 76

Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 268. Vgl. EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; Bericht Schlosser, ABl. 1979 C 59, S. 71, 120 Nr. 163. 78 Vgl. Wehdeking, DZWIR 2004, 323, 324. 79 Picker, Festschr. f. Bydlinski, S. 269, 308 ff. 80 EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04, IPRax 2006, 591; zustimmend Thole, IPRax 2006 564, 567; a. A. OGH, Urt. v. 1. August 2003, Az. 10 b 221/02 k, dazu Hager/ Hartmann, IPRax 2005, 266: Schack, IPRax 2005, 262; Wehdeking, DZWIR 2004, 323. 81 So auch Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 12. 82 Ganz ähnlich Thole, IPRax 2006, 564. 77

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begehrte die Unterlassung der Emission der von dem Atomkraftwerk ausgehenden ionisierenden Strahlung, die nachteilig auf ihr Grundstück wirke; zumindest insoweit, als dadurch das nach dem Stand der Technik unvermeidliche Maß an Einwirkungen überschritten werde. Die ursprüngliche Klage wurde vor einem österreichischen Gericht erhoben, gestützt auf eine internationale Zuständigkeit nach Art. 22 Nr. 1 EuGVVO a. F. bzw. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO n. F. aufgrund der Belegenheit der von den Immissionen betroffenen Grundstücke in Österreich. Rechtliche Grundlage war der nach österreichischem Nachbarrecht für Immissionen, die das ortsübliche Maß übersteigen und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen, gewährte Abwehranspruch des Eigentümers des Grundstücks. Die Frage, ob Art. 22 Nr. 1 EuGVVO a. F. bzw. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO n. F. dergestalt ausgelegt werden könne, dass auch für grenzüberschreitende Immissionsabwehrklagen eine internationale Zuständigkeit bei den Gerichten des Staates der Belegenheit des negativ betroffenen Grundstücks gegeben sei, wurde schließlich dem Europäischen Gerichtshof durch den Österreichischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV vorgelegt. bb) Deliktische Qualifikation der grenzüberschreitenden Immissionsabwehrklage (1) Begründung des Europäischen Gerichtshofs Bei der Beantwortung dieser Vorlagefrage konnte der Europäische Gerichtshof sich nicht an einer bestimmten übergreifenden und gefestigten Rechtstradition innerhalb der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten orientieren, da eine solche für die Immissionsabwehrklage nicht existiert.83 So ordnen etwa die deutsche, österreichische und schweizerische Rechtsordnung derartige negatorische Abwehr- und Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Eigentum sachenrechtlich bzw. dinglich ein,84 während die Mehrheit der übrigen Rechtsordnungen, so etwa die französische Rechtsordnung, klar eine deliktische Zuordnung präferiert.85 Dieser rechtsvergleichenden Gesamtbetrachtung kann zumindest eine gewisse Indizwir-

83 Die Auslegung von Begriffen der europäischen Verordnungen hat im Grundsatz autonom zu erfolgen, was jedoch zumindest eine Berücksichtigung und Orientierung an verschiedenen oder einheitlichen Rechtsvorstellungen in den europäischen Mitgliedstaaten nicht ausschließt, Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13. Zutreffend weist auch Spickhoff, NJW 2020, 3759, 3760 darauf hin, dass sich in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zuweilen die nationale Vorprägung der Berichterstatter durchzuschlagen vermag. 84 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 24 Rdnr. 76. 85 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13 f.; Schack, IPRax 2005, 262, 264; siehe zur rechtsvergleichenden Auslegung des Wortlauts des Art. 22 EuGVO a. F. auch Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 268; siehe zur unterschiedlichen Qualifikation in verschiedenen Rechtsordnungen und zum Spannungsfeld zwischen dinglichem und deliktischem Rechtsgüterschutz im autonomen deutschen Kollisionsrecht auch Mansel, Festschr. f. Laufs, S. 609, 610 ff.

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kung86 zukommen, die Auslegung hat jedoch maßgeblich anhand teleologischer Erwägungen zu erfolgen.87 In der Entscheidung Temelín88 betont der Europäische Gerichtshof zunächst die zu beachtenden Auslegungsgrundsätze, begründet durch ständige Rechtsprechung. So gelte das Erfordernis einer autonomen89 wie auch restriktiven Auslegung des dinglichen Gerichtsstands, weil die ausschließlichen internationalen Zuständigkeiten des Art. 24 EuGVVO als Ausnahmen zu den allgemeinen Zuständigkeitsregeln nach Art. 4 ff. EuGVVO zu betrachten seien, deren Grenzen in Ansehung des Grundsatzes actor sequitur forum rei und aufgrund der damit verbundenen Wirkungen, etwa des Verlusts der Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, eng und nicht weiter auszulegen seien, als es ihr Ziel erfordere. Ferner sei von der Funktion des dinglichen Gerichtsstands auszugehen, wonach die Belegenheit der Sache zu einer besonderen Sach- und Rechtsnähe führen und diese eine Zuständigkeit der Gerichte dieses Mitgliedstaats begründen könne. Nur bestimmte Klagen könnten dann unter den Anwendungsbereich des dinglichen Gerichtsstands gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO gefasst werden.90 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht der Europäische Gerichtshof in einer Immissionsabwehrklage keine Streitigkeit über ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache, und lehnt eine dingliche Qualifikation in autonomer Auslegung von „Verfahren, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen […] zum Gegenstand haben“, folglich ab. Weder die dingliche Natur des Rechts noch die Beteiligung einer unbeweglichen Sache spielten vorliegend für den in Rede stehenden Abwehranspruch eine entscheidende Rolle; beide seien nur von nachrangiger Bedeutung. Im Mittelpunkt stehe die begehrte Rechtsfolge, nämlich die Beendigung bzw. Unterlassung der Immissionen, die hier nur zufällig ein Grundstück betreffen. Das rechtliche Verlangen des Klägers wäre jedoch identisch, wenn statt des

86 Schack, IPRax 2005, 262, 265 sieht in dieser rechtsvergleichenden Erwägung sogar ein eindeutiges Argument gegen eine dingliche und für eine deliktische Einordnung; a. A. Thole, IPRax 2005, 564, 566, der von einer gefestigten Rechtstradition zugunsten einer dinglichen Einordnung ausgeht. Diese rechtfertigt er aber allein durch die Bezugnahme auf Deutschland, Österreich und Italien, was für eine tatsächliche Rechtstradition in Anbetracht der abweichenden Qualifizierungen in anderen europäischen Rechtsordnungen wohl nicht auszureichen vermag. 87 In diese Richtung auch Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13 f.; Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 268. 88 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435. 89 Die Notwendigkeit der autonomen Qualifikation bejahen auch Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13: Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 267; Schack, IPRax 2005, 262, 265. 90 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435, 436; ausführlich dazu auch Graf-Schimek, Grenzüberschreitende Immissionsabwehrklage, in: Beig/Graf-Schimek et al., Rom II-VO, S. 95, 104 f.

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Grundstücks eine Person oder bewegliche Sache beeinträchtigt werden würde.91 Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch wird im Ergebnis auf unionsrechtlicher Ebene dem deliktisch zu qualifizierenden Schadensersatzanspruch gleichgestellt.92 Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO gebiete kein anderes Ergebnis. Die Zuweisung an ein einziges ausschließlich zuständiges Gericht sei hier nicht erforderlich und auch nicht gerechtfertigt, weil sich das einwirkende Grundstück – das Grundstück, auf dem das Atomkraftwerk emittiert – und das beeinträchtigte Grundstück – im vorliegenden Sachverhalt in Österreich belegen – in weiter räumlicher Distanz zueinander befinden und damit auch unterschiedlichen örtlichen Verhältnissen unterlegen seien.93 Beide Orte können für die Beweiserhebung und Prozessgestaltung jedoch entscheidend sein:94 während an dem einen Grundstück eine Beweisführung bezüglich der Einwirkungen erleichtert wird, können an dem anderen Grundstück das Vorliegen der Voraussetzungen für die erteilte Genehmigung oder die Erfüllung der Standards einer Umweltverträglichkeitsprüfung besser nachvollzogen werden.95 Auch die Prüfung bestimmter verwaltungsrechtlicher Regelungen, die der Emissionsstaat im Rahmen des Verfahrens der Genehmigungserteilung anzuwenden hat, bereitet den Belegenheitsgerichten im Regelfall eher Schwierigkeiten und streitet damit nicht für eine besondere Rechtsnähe des Sachverhalts zum Belegenheitsstaat.96 Ein zwingender Vorrang zugunsten des Grundstücks, auf welches die Immissionen einwirken, gegenüber dem Grundstück der emittierenden Anlage ergibt sich weder aus sachlichen noch rechtlichen Gründen.97 (2) Weitere Begründungsansätze Über die überzeugende Begründung des Europäischen Gerichtshofs hinaus kann eine Reihe weiterer, überwiegend stichhaltiger Argumente gegen die dingliche und

ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435, 436; ähnlich schon Müller, Die internationale Zuständigkeit, S. 62 f. (zum alten autonomen deutschen und schweizerischen Zuständigkeitsrecht, aber in der Begründung übertragbar). 92 Thole, IPRax 2006, 564, 565. 93 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435, 437. 94 ˇ EZ, EuZW 2006, EuGH, Urt. v. 18. Mai 2006, Rs. C-343/04 – Land Oberösterreich ./. C 435, 437, unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; so auch Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 52; vgl. auch Kropholler/v. Hein, Art. 22 EuGVO [a. F.] Rdnr. 22. 95 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 12 f.; ähnlich auch Graf-Schimek, Grenzüberschreitende Immissionsabwehrklage, in: Beig/Graf-Schimek et al., Rom II-VO, S. 95, 107; Hager/Hartmann, IPRax 2006, 266, 269; Wehdeking, DZWIR 2004, 323, 324 f. 96 Hager/Hartmann, IPRax 2006, 266, 268 f. 97 So im Ergebnis auch Thole, IPRax 2005, 564, 566. 91

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für die deliktische Qualifikation der Immissionsabwehrklage ins Feld geführt werden. So droht bei dinglicher Zuordnung die Gefahr einer Zuständigkeitszersplitterung, soweit Unterlassungsansprüche gemeinsam mit Schadensersatzansprüchen geltend gemacht werden.98 Weil Schadensersatzklagen aufgrund eines bereits eingetretenen Schadens eindeutig deliktisch zu qualifizieren sind, mit der Folge, dass gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO wahlweise am Handlungs- oder am Erfolgsort Klage erhoben werden kann, wäre der Kläger im Fall einer dinglichen Qualifikation von Unterlassungsansprüchen daneben dazu gezwungen, für deren Geltendmachung auch Klage im dinglichen Gerichtsstand gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO zu erheben. Bei Auseinanderfallen der jeweiligen lokalen Anknüpfungspunkte steht dies schon dem Ordnungsinteresse an einer umfassenden Klärung des Rechtsstreits entgegen und ist hinsichtlich Erwägungen der Prozessökonomie sowie der Belastung von Parteien und Gerichten, auch mit Blick auf die Gefahr widersprechender Entscheidungen, nicht ratsam.99 Aufgrund der ausschließlichen Zuweisung kann auch der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO seine Reservefunktion nicht erfüllen, wonach er die Erörterung des Rechtsstreits unter allen rechtlichen Gesichtspunkten vor einem Gericht ermöglicht.100 Zudem erscheint diese Aufteilung willkürlich, da sie danach differenziert, welches Objekt – rein zufällig – betroffen ist: während bei der Betroffenheit von Personen und beweglichen Sachen stets der deliktische Gerichtsstand einschlägig ist, wird nur bei Betroffenheit eines Grundstücks einer zwingenden ausschließlichen dinglichen Zuständigkeit zu folgen sein.101 Verwiesen wird außerdem auf die Erschwerung der Vollstreckung bei dinglicher Qualifikation der Immissionsabwehrklage. Denn vollstreckbares Vermögen habe der Betreiber einer emittierenden Anlage nicht im Belegenheitsstaat des betroffenen Grundstücks, sondern in dem Staat, in dem emittiert werde, sodass zwingend in wenig prozessökonomischer Art und Weise eine Auslandsvollstreckung erforderlich wäre.102 Das Erfordernis einer Auslandsvollstreckung kann in einem grenzüber98 Rauscher/Mankowski, Artikel 24 Brüssel Ia-VO Rdnr. 53; Thole, IPRax 2006, 564, 566 f.; Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13 und Schack, IPRax 2005, 262, 265 weisen darauf hin, dass die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche im deutschen Recht systemverwandt seien und deshalb auch zuständigkeitsrechtlich keinem anderen System unterstellt werden sollten; a. A. aber Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 267 f., die von einem funktionellen Gegensatz der Anspruchsarten ausgehen. Das erstgenannte Argument kann jedoch im Rahmen einer verordnungsautonomen Auslegung der Bestimmung des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO nicht überzeugen, da es hierbei gerade nicht auf eine einzelne mitgliedstaatliche Qualifikation, sondern allenfalls auf eine gemeinsame rechtsübergreifende Tradition ankäme, die hier aber nicht gegeben ist. 99 Müller, Die internationale Zuständigkeit, S. 52 (zum alten autonomen deutschen und schweizerischen Zuständigkeitsrecht, aber in der Begründung übertragbar); Schack, IPRax 2005, 262, 265. 100 Thole, IPRax 2006, 564, 566 f. 101 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13; ähnlich Thole, IPRax 2006, 564, 566 f. 102 Hager/Hartmann, IPRax 2005, 266, 269.

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schreitenden Sachverhalt jedoch nicht als Argument überzeugen:103 so war Ziel der Einführung der Brüssel Ia-VO auch eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus Mitgliedstaaten in anderen Mitgliedstaaten unter erleichterten Voraussetzungen,104 was durch die Novellierung der Vorschriften im Wesentlichen erreicht werden konnte. Von einem nennenswerten Mehraufwand für den Kläger kann also nicht mehr ausgegangen werden. Der Einwand erscheint eher als versteckte Sympathie für das „Heimwärtsstreben“. Darüber hinaus gewährt das Ubiquitätsprinzip des deliktischen Gerichtsstands den Parteien die weitaus größere Flexibilität, welche sich bei grenzüberschreitenden Umweltverschmutzungen über das primärrechtlich verankerte Vorsorgeprinzip gem. Art. 191 AEUV mit dem Ziel eines staatenübergreifenden Umweltschutzniveaus rechtfertigt.105 Der Kläger hat in der Folge ein Wahlrecht zwischen dem Forum am Handlungs- oder am Erfolgsort, soweit diese voneinander abweichen, und kann die für ihn günstigere lex fori, etwa im Hinblick auf das anwendbare Verfahrensrecht in Beweisfragen oder in Bezug auf das Kollisionsrecht, zur Anwendung bringen.106 Schließlich kann durch die deliktische Qualifikation ein Gleichlauf mit dem europäischen Kollisionsrecht, welches in Art. 7 Rom II-Verordnung – als für Immissionsabwehransprüche im Zusammenhang mit Umweltschädigungen relevante Norm – ebenfalls das Ubiquitätsprinzip heranzieht, erreicht werden.107 Dies ist insoweit wünschenswert, als es dem zuständigen Gericht die Rechtsanwendung erleichtert und Rechtsanwendungsfehlern vorbeugt, und somit auch der Effektivität der Rechtspflege und der Prozessökonomie dient. c) Bedeutung der Entscheidung Temelín für klimawandelbezogene Immissionsabwehrklagen Die Entscheidung Temelín des Europäischen Gerichtshofs zur deliktischen Qualifikation von Immissionsabwehrklagen überzeugt auch im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen. Sämtliche genannte Argumente gewinnen hier Relevanz, wovon einige besonders hervorzuheben sind.

103

So auch Thole, IPRax 2006, 564, 566. Vgl. Erwägungsgründe 6 und 26 der Brüssel Ia-VO. 105 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13. 106 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13 f. 107 Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 14; Graf-Schimek, Grenzüberschreitende Immissionsabwehrklage, in: Beig/Graf-Schimek et al., Rom II-VO, S. 95, 108 f.; Hager/Hartmann, IPRax 2006, 266, 268; Thole, IPRax 2006, 564, 567; im Fall Temelín ergab sich allerdings die Besonderheit, dass es um die Emissionen eines Atomkraftwerks ging, Ansprüche wegen der Haftung aus Kernenergie aber vom Anwendungsbereich der für außervertragliche Schuldverhältnisse maßgeblichen Rom II-VO gem. Art. 1 Abs. 2 lit. f ausgenommen sind. Relevanz gewinnt dieses Argument jedoch für Immissionsabwehrklagen betreffend sonstige Emissionen. 104

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Gerade bei Klimahaftungsklagen kommt bestehenden dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen keine charakteristische Bedeutung zu, sie sind bloße Nebenerscheinung. Diese sollten folglich keinesfalls bestimmend im Rahmen von zuständigkeitsrechtlichen Fragen sein.108 Das vorrangige Interesse des Klimaklägers ist es, zukünftige Schädigungen an seinen Rechtsgütern, die infolge des durch Treibhausgase verursachten Klimawandels drohen, zu verhindern, sei es an Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum an beweglichen oder unbeweglichen Sachen. Die Begründung einer ausschließlichen Zuständigkeit am Belegenheitsort einer zufällig ebenfalls betroffenen Immobilie bringt jedoch weder den Parteien noch den Gerichten einen Mehrwert i. S. v. Sach- und Rechtsnähe, so etwa zur Förderung einer einheitlichen Streitentscheidung, Schonung von Gerichtsressourcen oder Verursachung geringerer Kosten. Beweis muss genauso am Handlungsort des Emittenten erhoben werden, denn im Rahmen der Klimahaftung kommt es besonders auf Treibhausgasemissionen, ihren Beitrag zur Klimaerwärmung und die dahinterstehende Kausalitätskette, weniger auf Immissionen, an. Das Argument fehlender Sachnähe hat bei Klimahaftungsklagen noch einmal ein deutlich größeres Gewicht als bei der „gewöhnlichen“ Immissionsabwehrklage, bei welcher die Beteiligten meist in Nachbarstaaten ansässig sind und sich der in Rede stehende Sachverhalt im Grenzbereich abspielt. Klimahaftungsklagen zeichnen sich in der Regel durch eine große örtliche Distanz von Kläger und Beklagtem aus, sodass die hervorhebende Bezugnahme auf das Grundstück des Klägers durch Zuweisung eines ausschließlichen Gerichtsstands willkürlich erschiene. Die jeweiligen örtlichen Verhältnisse treten durch die große Entfernung noch weiter in den Hintergrund; eine ausschließliche Anknüpfung an diese würde den Besonderheiten des Haftungsfalls daher nicht gerecht werden. Der Sinn und Zweck einer ausschließlichen Zuweisung wird auch dahingehend nicht erfüllt, als dass die von einem Großemittenten ausgehenden Treibhausgasemissionen potenziell auf eine Vielzahl von unbeweglichen Sachen überall auf der Welt einwirken können und Streuschäden entstehen. Das müsste in der Konsequenz eine Vielzahl ausschließlicher Gerichtsstände begründen, was der eigentlichen Funktion der ausschließlichen Zuweisung zuwiderläuft und der vom Europäischen Gerichtshof postulierten restriktiven und engen Auslegung der ausschließlichen Gerichtsstände widerspricht.109 Eine ausschließliche Zuweisung an Gerichte des Belegenheitsstaates zufällig betroffener Grundstücke würde darüber hinaus nicht nur zu mehreren ausschließlichen Gerichtsständen, sondern auch zu einer noch deutlicheren Zuständigkeitszersplitterung als bei „gewöhnlichen“ Immissionsabwehrklagen führen. Gerade hier würde eine Bündelung der Zuständigkeit am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO oder am Gerichtsstand des Handlungsorts nach 108

Vgl. Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 13. Vgl. EuGH, Urt. v. 10. Januar 1990, Rs. C-115/88, IPRax 1991, 45, m. Anm. Schlosser, IPRax 1991, 29. 109

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Art. 7 Nr. 2 EuGVVO sowohl für die Gerichte als auch für die Parteien eine zuständigkeitsrechtliche Erleichterung bedeuten und die für derartige Fälle notwendige Flexibilität ermöglichen, wenn das nationale Verfahrensrecht der anwendbaren Rechtsordnung eine kollektive Rechtsdurchsetzung gleichartiger Ansprüche durch mehrere Kläger vorsieht.110 Erhebt der Kläger neben Unterlassungsansprüchen außerdem Schadensersatzansprüche, was bei Klimahaftungsfällen der Regelfall sein wird, würde die ausschließliche Zuweisung an das Gericht der Belegenheit einer zügigen Klärung des Rechtsstreits klar im Wege stehen. Dem Kläger wäre der Gang zum allgemeinen Gerichtsstand am Sitz des Emittenten wie auch zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung durch die ausschließliche Zuweisung jedoch versperrt. Zudem muss sich stets vor Augen geführt werden, dass dem Kläger das Forum der Belegenheit einer ggf. betroffenen Immobilie auch bei deliktischer Qualifikation als Erfolgsort im Rahmen der unerlaubten Handlung erhalten bliebe, nur eben nicht als ausschließlicher, sondern als besonderer Gerichtsstand, verbunden mit einer Wahlmöglichkeit zur Einräumung größerer Flexibilität. Die Gewährung eines besonderen Gerichtsstands vermag angesichts der dargelegten zuständigkeitsrechtlichen Vorteile aber sehr viel eher gerechtfertigt zu werden als eine ausschließliche Zuweisung mit weitreichender Derogationswirkung.111 3. Zwischenergebnis Der dingliche Gerichtsstand nach Art. 24 Nr. 1 EuGVVO spielt für Klimahaftungsklagen keine bedeutende Rolle. Dies folgt aus der Ablehnung der dinglichen und Befürwortung der deliktischen Qualifikation von Immissionsabwehrklagen. Die dahingehend vorgebrachten Argumente sind auf klimawandelbezogene Immissionsabwehrklagen uneingeschränkt übertragbar bzw. haben teils ein noch größeres Gewicht. So vollzieht sich die traditionelle Immissionsabwehrklage in der Regel im Grenzbereich zweier Staaten, während im Zusammenhang mit Klimahaftung meist eine große Distanz zwischen den Parteien in Rede steht; dies führt zu zunehmender Streuung der Gefahren, Verletzungen und Schäden und einer zurücktretenden Bedeutung spezieller örtlicher Verhältnisse. Den damit verbundenen Herausforderungen muss in anderer Weise effektiv begegnet werden. Nach Verneinung des Art. 24 Nr. 1 EuGVVO für vorbeugende Immissionsabwehrklagen betreffend klimawandelbedingte Bedrohungen ist der Fokus im Folgenden auf die weiteren in Betracht kommenden Gerichtsstände der Brüssel Ia-Verordnung zu richten.

110

Vgl. Thole, IPRax 2006, 564, 567. Vgl. schon Müller, Die internationale Zuständigkeit, S. 64 f. (zum alten autonomen deutschen und schweizerischen Zuständigkeitsrecht, aber in der Begründung übertragbar). 111

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

II. Der allgemeine Gerichtsstand nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO Die Brüssel Ia-Verordnung bestimmt den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten in Bezug auf sämtliche gegen ihn gerichtete Klagen unabhängig von dem konkreten Streitgegenstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO – nach dem im kontinentaleuropäischen Rechtskreis anerkannten Grundsatz actor sequitur forum rei –112 an dessen Wohnsitz, soweit dieser sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, Art. 6 Abs. 1 EuGVVO.113 1. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO als Anwendungs- und Kompetenznorm Art. 4 Abs. 1 EuGVVO ist die Basis- und Zentralnorm des europäischen Zuständigkeitsregimes:114 sie verfolgt eine doppelte Funktion und fungiert als Anwendungs- sowie Zuständigkeitsnorm.115 So wird durch die Regelung in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EuGVVO zum einen der Anwendungsbereich der unionalen Zuständigkeitsverordnung im Verhältnis zum nationalen Recht begrenzt: vorbehaltlich der Art. 18 Abs. 1, 21 Abs. 2, 24, 25 und 26 EuGVVO richtet sich die internationale Zuständigkeit nur dann nach der Brüssel Ia-Verordnung, wenn der Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats liegt. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz bzw. Sitz in einem Mitgliedstaat, finden die nationalen autonomen Zuständigkeitsvorschriften des angerufenen Forumsstaates Anwendung. Anders als die unionalen Kollisionsrechtsverordnungen hat die Brüssel Ia-Verordnung folglich keinen universellen Geltungsanspruch.116 Auf die Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt117 des Beklagten kommt es für die Anwendbarkeit der Brüssel Ia-Verordnung dagegen nicht an.118

112 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 2; Stein/Jonas/ Wagner, Einleitung vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 12; ders., Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 39; Hess, Festschr. f. Lindacher, S. 53, 54. 113 Stein/Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1 f. 114 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 4 Rdnr. 1; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 559; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1; Stein/Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1. 115 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnrn. 17 – 19; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1. 116 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnr. 16a. 117 Den gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungskriterium des Art. 4 Abs. 1 EuGVVO aus Gründen der Möglichkeit der autonomen Begriffsbestimmung befürwortend Geimer/ Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnrn. 29 f.; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 2; dazu auch MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 21. 118 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 12; Kropholler/v. Hein, Art. 2 EuGVO [a. F.] Rdnr. 1; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 3.

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Darüber hinaus begründet Art. 4 Abs. 1 EuGVVO selbst eine konkrete Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Sitz hat. In der besonderen Vorhersehbarkeit liegt u. a. die Rechtfertigung dieses Anknüpfungspunktes.119 Geregelt wird dabei jedoch nur die internationale Zuständigkeit,120 während sich die örtliche Zuständigkeit wiederum nach den nationalen Zuständigkeitsvorschriften des angerufenen Gerichtsstaats bemisst.121 Auch der Wohnsitz des Klägers ist für die Begründung des allgemeinen Gerichtsstands ohne Bedeutung, es sei denn, die Verordnung nimmt wie in Art. 11 Abs. 1 lit. b, 18 Abs. 1 EuGVVO gesondert auf ein solches Erfordernis Bezug.122 Eine einmal begründete internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats bleibt auch bei nachträglicher Wohnsitz- bzw. Sitzverlegung erhalten (perpetuatio fori).123 Für Klimahaftungsklagen folgt daraus, dass eine Zuständigkeit unter der Brüssel Ia-Verordnung nur bei beklagten Großemittenten mit Wohnsitz bzw. Sitz in einem Mitgliedstaat der europäischen Zuständigkeitsverordnung begründet werden kann. Es stellt sich sodann die Frage nach der Art und Weise der Bestimmung des Wohnsitzes bzw. Sitzes, insbesondere bei Konzernstrukturen mit einer Muttergesellschaft sowie zahlreichen untergliederten Tochtergesellschaften, nach denen Großemittenten als global agierende Unternehmen organisiert sein können.124 2. Bestimmung von Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten Art. 62, 63 EuGVVO regeln als allgemeine Vorschriften die Bestimmung des für den allgemeinen Gerichtsstand maßgeblichen Wohnsitzes bzw. Sitzes des Beklagten. Gem. Art. 62 Abs. 1 EuGVVO richtet sich die Entscheidung darüber, ob eine Partei im Hoheitsgebiet des angerufenen Gerichtsstaates ihren Wohnsitz hat, nach dem 119

Vgl. Erwägungsgrund 15 S. 1 der Brüssel Ia-VO. MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 25; Prütting/Gehrlein/Pfeiffer, Art. 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 4; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 23; Schlosser/ Hess/Schlosser, Art. 4 EuGVVO Rdnr. 1; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 52. 121 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 25; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 23; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 4 Rdnr. 3; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 52. 122 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2000, Rs. C-412/98, NJW 2000, 3121. 123 EuGH, Urt. v. 5. Februar 2004, Rs. C-18/02 – Danmarks Rederiforening, BeckRS 2004, 74722; IPRax 2006, 161; BGH, Urt. v. 1. November 2011, Rs. XI ZR 48/10, NJW 2011, 2515; BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 27; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnr. 137; Kropholler/v. Hein, Vor Art. 2 EuGVO [a. F.] Rdnr. 14; MüKo-ZPO/ Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 4 Rdnr. 24; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 4 Rdnr. 6; Prütting/Gehrlein/Pfeiffer, Art. 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 3; Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 10; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 4 Rdnr. 4; Stein/Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 13; Zöller/Geimer, Artikel 4 (Artikel 2 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 36; Adolphsen, EuZVR, Rdnr. 71. 124 Siehe nur die Konzernstruktur der RWE AG, abrufbar unter (zuletzt abgerufen am 31. Juli 2021). 120

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autonomen nationalen Recht des jeweiligen Forums, etwa in Deutschland nach den §§ 12 ff. ZPO. Für Gesellschaften und juristische Personen125 kommt es für den Wohnsitz gem. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO auf den satzungsmäßigen Sitz, den Sitz der Hauptverwaltung oder den Sitz der Hauptniederlassung an. a) Bedeutung und Konsequenzen der alternativen Anknüpfungsmöglichkeiten der Sitzbestimmung Art. 63 Abs. 1 EuGVVO hilft durch diese nach dem Wortlaut ausdrücklich in einem alternativen und nicht in einem Stufenverhältnis stehenden Anknüpfungsmöglichkeiten126 über die Schwierigkeiten hinweg, die sich früher daraus ergaben, dass einige Länder zur Bestimmung des Sitzes von Gesellschaften bzw. juristischen Personen an den Ort des tatsächlichen Aktionszentrums, andere Länder auf den Ort der Registrierung abstellen.127 Durch die Gewährung verschiedener Varianten der Anknüpfung erübrigt sich eine Entscheidung zwischen den divergierenden mitgliedstaatlichen Rechtstraditionen. Fallen der Sitz nach Gesellschaftsvertrag und das tatsächliche Aktionszentrum eines Unternehmens auseinander, erweitern sich indirekt die Möglichkeiten der Klageerhebung für den Kläger, da ihm insoweit ein Wahlrecht hinsichtlich des Anknüpfungspunktes zur Festlegung des Sitzes und folglich des Forumsstaates zukommt.128 Für den Beklagten ergibt sich im Gegenzug eine erweiterte Gerichtspflichtigkeit, mit der Gefahr des forum shopping durch den Kläger.129 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dieses Risiko nur dann ernsthaft besteht, wenn tatsächlicher Verwaltungssitz und Sitz der Gründung einer Gesellschaft voneinander abweichen. Ist das der Fall, erweitert das Unternehmen seinen Aktionsradius bewusst, und muss im Gegenzug in Kauf nehmen, auch einem größeren gerichtlichen Zuständigkeitskreis zu unterliegen. b) Rechtsträgerprinzip Das Abstellen auf den Satzungs- bzw. Verwaltungssitz einer Gesellschaft bzw. juristischen Person ist Ausprägung des der europäischen Zuständigkeitsordnung 125 Siehe zur autonomen Begriffsdefinition unter der EuGVVO ausführlich Geimer/ Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 24 Rdnrn. 68 – 75. 126 Rauscher/Staudinger, Artikel 63 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1. 127 Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rdnr. 3.44, vgl. auch Erwägungsgrund 15 S. 3 der EuGVVO, wonach durch die autonome Definition des Sitzes die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften gestärkt und Kompetenzkonflikte vermieden werden sollen. 128 Stein/Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 9. 129 Stein/Jonas/Wagner, Art. 60 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 2; Hess, Festschr. f. Lindacher, S. 53, 60 f. bringt den Vorschlag einer entsprechenden restriktiven Auslegung des Art. 60 Abs. 1 EuGVVO, orientiert an der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zur primärrechtlichen Niederlassungsfreiheit.

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zugrundeliegenden Rechtsträgerprinzips: für jede rechtlich selbständige juristische Person bzw. Gesellschaft ist am jeweiligen Sitz auch ein gesonderter eigener allgemeiner Gerichtsstand zu bestimmen.130 Auswirkungen hat dies für Konzerne: durch rechtliche Verselbständigung in Form der Gründung von der Konzernobergesellschaft nachgeschalteten Tochtergesellschaften lassen sich sowohl Gerichtspflichtigkeit als auch materiellrechtliche Risiken weltweiter wirtschaftlicher Aktivitäten für die Muttergesellschaft auf eine Vielzahl von Untergesellschaften mit eigenem Sitz und eigener Verantwortlichkeit verteilen.131 Ein einheitlicher Konzerngerichtsstand für sämtliche Konzerngesellschaften am Sitz der Muttergesellschaft kommt grundsätzlich nicht in Betracht.132 Für das Insolvenzrecht wurde die Ablehnung eines Konzerngerichtsstands am Sitz der Muttergesellschaft durch den Europäischen Gerichtshof ausdrücklich entschieden. Art. 3 Abs. 1 S. 1 Insolvenz-VO133 begründet für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für jeden Schuldner einen Gerichtsstand im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in welchem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen wird an dem Ort, an welchem sich der (satzungsmäßige) Sitz des Schuldners befindet, gem. Art. 3 Abs. 1 S. 2 InsolvenzVO gesetzlich vermutet. Nach dem Europäischen Gerichtshof treffe diese Vermutung auch bei Tochtergesellschaften innerhalb einer Konzerngesellschaft zu. So sei jede Gesellschaft, die rechtlich als selbständige Einheit zu betrachten sei, auch eigens gerichtspflichtig, und für diese sei eine individuelle Zuständigkeit begründet. Eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 Insolvenz-VO und ein Konzerngerichtsstand am Sitz der Muttergesellschaft können nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass dort ggf. sämtliche wirtschaftliche Entscheidungen auch in Bezug auf Tochtergesellschaften getroffen bzw. deren Entscheidungen kontrolliert werden.134 Wagner überträgt diese Erwägungen anhand eines Erst-Recht-Schlusses auf die Brüssel Ia-Verordnung: wenn ein Konzerngerichtsstand schon im Insolvenzrecht, das auf den Mittelpunkt der Interessen abstellt, nicht mit der leitenden Rolle der Muttergesellschaft begründet werden kann, sei dies in der Brüssel IaVerordnung mit drei verschiedenen Anknüpfungsmöglichkeiten in Art. 63 EuGVVO erst recht nicht möglich. So sei der allgemeine Gerichtsstand unter strenger Wahrung des Rechtsträgerprinzips stets in Bezug auf das einzelne Rechtssubjekt unter Außerachtlassung der Konzernierung zu ermitteln.135 Dieser Betrachtung ist zuzustimmen, weil sie logische Konsequenz des Rechtsträgerprinzips ist und v. a. 130

Wagner, RabelsZ 80 (2016), 717, 732 f.; Sakka, Konzern im Kompetenzrecht, S. 79. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. 132 Wagner, RabelsZ 80 (2016), 717, 733; Weller/Thomale, ZGR 2017, 509, 523. 133 Verordnung (EU) Nr. 848/2015 des Europäischen Parlaments und des Rates über Insolvenzverfahren vom 20. Mai 2015, ABl. EU L 141, S. 19. 134 EuGH, Urt. v. 2. Mai 2006, Rs. C-341/04 – Eurofood IFSC Ltd., EuZW 2006, 337 = IPRax 2007, 120 = NJW 2006, 2682 =NZG 2006, 633 = RIW 2006, 619. 135 Stein/Jonas/Wagner, Art. 60 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 11; Wagner, RabelsZ 80 (2016), 717, 733. 131

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Rechtssicherheit über eine strikte Anwendung von Art. 63 EuGVVO in Bezug auf jede einzelne Gesellschaft bzw. juristische Person gewährleistet. Für Klimahaftungsklagen gilt nach Maßgabe des Vorstehenden Folgendes: sowohl die Muttergesellschaft als auch die untergeordneten Tochtergesellschaften sind an ihrem jeweils eigenen allgemeinen Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO – vorbehaltlich der räumlichen Anwendbarkeit der Brüssel Ia-Verordnung – gerichtspflichtig.136 Ein allgemeiner Gerichtsstand für sämtliche Konzerngesellschaften kann am Sitz der Muttergesellschaft nicht begründet werden. Wie noch zu zeigen sein wird, werden Klimahaftungsklagen sinnvollerweise aber ohnehin nicht gegen eine Vielzahl individueller Tochtergesellschaften, sondern nur gegen die Konzernmutter erhoben.137 Somit ist nur die Belegenheit ihres Sitzes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats der Brüssel Ia-Verordnung entscheidend. Maßgeblich ist im Ergebnis das in Rede stehende Verhalten der Muttergesellschaft: die Strategie der Partitionierung von materiellrechtlicher Verantwortlichkeit auf mehrere Untergesellschaften über die Bildung eigener Rechtsträger gewinnt keine Relevanz, wenn – wie bei Klimahaftungsklagen – ein Verhalten im Fokus steht, das seinen Ursprung bei der Muttergesellschaft hat, weltweite Auswirkungen zeitigt und seiner Art nach keine Begrenzung des Wirkungskreises zulässt.138 Im Rahmen von Klimahaftungsklagen kommt es folglich allein auf den allgemeinen Gerichtsstand der Muttergesellschaft gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO an. Die Diskussion um die Rolle der Tochtergesellschaften und das maßgebliche Verhalten wird im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Handlungsort gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO fortgesetzt.139 3. Relevanz des allgemeinen Gerichtsstands im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen Der allgemeine Gerichtsstand bietet insbesondere dem Klimahaftungskläger eine Reihe von Vorteilen, berücksichtigt aber auch die Interessen des Beklagten in günstiger und angemessener Art und Weise. a) Umfassende gerichtliche Kognitionsbefugnis Am allgemeinen Gerichtsstand kann der Kläger sämtliche Ansprüche gegen den Beklagten unabhängig von dem konkreten Streitgegenstand geltend machen, zu136

Vgl. Sakka, Konzern im Kompetenzrecht, S. 79, 83. Siehe dazu § 3 B. III. 3. b). 138 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89 weisen ebenso darauf hin, dass die Strategie der Partitionierung von Verantwortlichkeit über die Gründung von Tochtergesellschaften im Konzern mit jeweils rechtlicher Selbständigkeit hinsichtlich der Gerichtspflichtigkeit und materiellrechtlichen Verantwortung bei Klimahaftungsklagen keinen Erfolg verspricht, da ein Akteur auch bei nur inländischem Handeln für sämtliche weltweit auftretende Schädigungen verantwortlich ist. Eine nähere Begründung hierzu fehlt jedoch. 139 Siehe dazu § 3 B. III. 3. b). 137

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mindest soweit für bestimmte Verfahren keine ausschließliche Zuständigkeit vorgesehen ist und keine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde.140 Auf eine besondere Sachnähe von Gericht und Streitgegenstand sowie auf die Form, in der Rechtsschutz ersucht wird, kommt es nicht an.141 Auch ein Bezug des Forums zu dem Klagegenstand bzw. zu Handlungs- oder Erfolgsort ist für den allgemeinen Gerichtsstand nicht maßgeblich.142 Das Gericht hat vielmehr eine umfassende Kognitionsbefugnis und kann den Rechtsstreit unter sämtlichen in Betracht kommenden Gesichtspunkten beurteilen, was sich im Regelfall als besonders prozessökonomisch erweist.143 Dies vermag auch den möglichen Nachteil für den Kläger zu rechtfertigen, dass er abseits von seinem Heimatstaat ein „prozessuales Auswärtsspiel“144 bestreiten muss. b) Vorhersehbarkeit und Vertrautheit für den Beklagten Ziel des allgemeinen Gerichtsstands am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten ist darüber hinaus, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit betreffend die Gerichtspflichtigkeit des Beklagten und die Möglichkeiten des Klägers zur Klageerhebung zu erreichen.145 So handelt es sich jedenfalls bei dem Kriterium des Sitzes, das bei Klimaklagen von vorrangiger Bedeutung ist, um ein infolge der autonomen Definition relativ leicht zu bestimmendes Anknüpfungsmerkmal. Dieses kann vom Beklagten direkt durch die Wahl des Sitzstaates gesteuert werden.146 Der allgemeine Gerichtsstand ist damit auch ein Zugeständnis an Zuständigkeitsklarheit im europäischen Rechtsraum. Ferner trägt er dem Justizgewährungsanspruch des Klägers Rechnung, dem ein leicht zugänglicher Gerichtsstand dargeboten wird.147 Zum anderen führt eine Klage am Sitz als – im Regelfall – Mittelpunkt des geschäftlichen Wirkens des Unternehmens dazu, dass der Beklagte durch die Klage am wenigsten belastet und ihm die Verteidigung erleichtert wird.148 So ist der Beklagte mit der Gerichtssprache, den prozessualen Gepflogenheiten sowie dem Rechtssystem als solchem generell besser vertraut als andernorts und muss keine weiten Distanzen für die Verteidigung auf sich nehmen. Der (Wohn-)Sitzgerichtsstand ist 140

Vgl. Erwägungsgrund 15 S. 2 der EuGVVO. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnr. 94; Stein/Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 2; Zöller/Geimer, Artikel 4 EuGVVO Rdnr. 11. 142 Vgl. Stürner, Festschr. f. Coester-Waltjen, S. 843, 844. 143 Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 5.2. 144 Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 559. 145 Vgl. Erwägungsgrund 15 S. 1 der EuGVVO. 146 Vgl. Zöller/Geimer, Artikel 4 EuGVVO Rdnr. 3, der, „um den Wohnsitzgerichtsstand auch für natürliche Personen von kollisionsrechtlichen Zufälligkeiten [zu] befreien“, eine verordnungsautonome Definition für den Wohnsitz fordert; siehe dazu auch Geimer/Schütze/ Geimer, EuZVR, Art. 4 EuGVVO Rdnrn. 23 – 25. 147 Vgl. Hess, Festschr. f. Lindacher, S. 53, 55. 148 Schack, IZVR, Rdnr. 222. 141

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damit auch ein Schutzgerichtsstand für den Beklagten.149 Der Kläger, der eine Veränderung des bestehenden Zustands im Wege der Ausübung von Gerichtsgewalt begehrt, muss im Gegenzug die Last tragen, vor einem für ihn fremden Gericht zu klagen.150 c) Darlegungs- und Beweisanforderungen Die beweisrechtlichen Anforderungen für zuständigkeitsbegründende Tatsachen sind nicht umfassend unionsrechtlich geregelt.151 Vielmehr ist hier weitestgehend auf nationales Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten zu rekurrieren,152 getreu dem Grundsatz der institutionellen und verfahrensmäßigen Autonomie der Mitgliedstaaten unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des effet utile. Dieser verbietet solche nationalen Beweisregelungen, die eine Ausübung von Unionsrecht unmöglich machen oder unzulässig erschweren.153 Die Darlegungs- und Beweislast für zuständigkeitsbegründende Tatsachen liegt nach nationalem Prozessrecht grundsätzlich bei demjenigen, der sich auf die Anwendbarkeit der Brüssel Ia-Verordnung und das Bestehen eines bestimmten Gerichtsstands beruft, im Regelfall also beim Kläger.154 Die besondere Attraktivität der Begründung eines allgemeinen Passivgerichtsstands155 am Sitz des Beklagten besteht für den Kläger danach v. a. darin, dass allein dessen Existenz in einem Mitgliedstaat dargelegt bzw. bewiesen werden muss.156 Die Feststellung des Sitzes von Großemittenten wird im Rahmen von Klimahaftungsklagen im Normalfall keine Schwierigkeiten bereiten und leicht möglich sein, sodass der Aufwand für den Kläger vertretbar ist. Der Beklagte wird die Tatsache regel149 Hess, Festschr. f. Lindacher, S. 53, 54 unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 27. September 1988, Rs. 189/87 – Kalfelis ./. Schröder, NJW 1988, 3088; EuGH, Urt. v. 10. März 1992, Rs. C 214/89 – Powell Duffryn ./. Petereit, NJW 1992, 1671; EuGH, Urt. v. 22. März 1983, Rs. 34/ 82 – Peters ./. Zuid Nederlandse Aannemers Vereniging, BeckRS 2004, 70879; so auch Stein/ Jonas/Wagner, Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1. 150 LG Karlsruhe, Urt. v. 3. April 1989, Az. 022/89 KfH III JZ 1989, 690, 693; Schack, IZVR, Rdnr. 222; vgl. auch Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 559. 151 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 4 Rdnr. 22; vgl. auch Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 24. 152 Vgl. EuGH, Urt. v. 28. Januar 2015, Rs. C-375/13 – Kolassa ./. Barclays Bank plc, NJW 2015, 1581; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 4 Rdnr. 22; Rauscher/Mankowski, Vorbemerkung zu Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 9 f.; Schlosser/Hess/ Schlosser, Vor Art. 4 – 35 EuGVVO Rdnr. 8. 153 Rauscher/Mankowski, Vorbemerkung zu Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 8; Mankowski, IPRax 2009, 474, 475 f.; Spickhoff, IPRax 2020, 368, 370. 154 Rauscher/Mankowski, Vorbemerkung zu Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 7, 10; Zöller/ Geimer, Artikel 4 EuGVVO Rdnr. 15; Mankowski, IPRax 2009, 474, 475; siehe hierzu auch § 2 C. II. 4. b) aa) und § 3 B. III. 2. b). 155 Rauscher/Mankowski, Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1. 156 Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 559.

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mäßig auch nicht bestreiten können, sodass eine Begründung des allgemeinen Gerichtsstands selten mit Erschwerungen in Bezug auf die Beweisführung einhergehen wird. Anders als z. B. bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO157 muss der Kläger auch nicht das Vorliegen bestimmter doppelrelevanter Tatsachen, die – wie etwa die unerlaubte Handlung – auch in der Begründetheit einer Klimahaftungsklage eine Rolle spielen, schlüssig behaupten oder gar beweisen,158 weil allein der Sitz des Beklagten zuständigkeitsrechtlicher Anknüpfungspunkt ist. Dies ist gerade bei Klimaklagen von Bedeutung: aufgrund der aufgezeigten materiellrechtlichen Probleme159 ist es für den Kläger besonders hilfreich, nicht bereits im Rahmen der Zulässigkeit bei der Zuständigkeit Ausführungen zu den Kausalbeziehungen zwischen Emissionen des Beklagten und einem konkreten Schaden machen zu müssen,160 gerade dann, wenn davon auszugehen ist, dass das Gericht dieser Frage möglicherweise kritisch gegenübersteht. Der Klimakläger hat somit immerhin die Möglichkeit, in die Beweisaufnahme einzutreten und durch Zulassung der Klage eine gewisse Aufmerksamkeit auf sein Anliegen zu richten. d) Zwischenergebnis Der allgemeine Gerichtsstand am Sitz des beklagten Großemittenten gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO bietet sowohl für den Kläger als auch den Beklagten einige Vorzüge. So kann der Kläger aufgrund der umfassenden gerichtlichen Kognitionsbefugnis sämtliche Ansprüche vor dem Gericht des Sitzstaates geltend machen; mit dem alleinigen Erfordernis des Beweises des Sitzes des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats trifft ihn eine zumutbare Bürde. Der Beklagte sieht sich einer umfassenden Gerichtspflichtigkeit ausgesetzt, kann sich allerdings in einem ihm vertrauten Prozessumfeld gegen die Klage verteidigen. 4. Einschränkung der Klagemöglichkeit am allgemeinen Gerichtsstand? a) Problemstellung Zu bedenken ist allerdings, dass am allgemeinen Gerichtsstand ggf. eine sehr weitreichende Gerichtspflichtigkeit des Beklagten begründet sein kann, da dort wegen der umfassenden gerichtlichen Kognitionsbefugnis sämtliche Klagen unabhängig von dem konkreten Streitgegenstand und dessen lokalem Bezug zum Forum gegen den Beklagten erhoben werden können. Lehmann und Eichel weisen davon ausgehend darauf hin, dass bei Klimahaftungsklagen für den Beklagten das Risiko bestünde, für sämtliche global auftretende Schäden und Auswirkungen des Klimawandels, welche durch menschliche Emissionen verursacht werden, gerichts157 158 159 160

Siehe dazu § 3 B. III. Vgl. Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 4 Rdnr. 4. Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. Vgl. Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 559.

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pflichtig zu sein, weil die bei Konzernen sonst übliche Strategie der Partitionierung von Verantwortlichkeit und Gerichtspflichtigkeit nicht eingreife.161 Bei Klageerhebung gegen die Muttergesellschaft am allgemeinen Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO wird das zuständige Gericht aufgrund seiner umfassenden Kognitionsbefugnis somit über alle in Betracht kommenden Ansprüche entscheiden. Nach Lehmann und Eichel ergebe sich dann für die Muttergesellschaft das Risiko, für sämtliche Schädigungen weltweit zur Verantwortung gezogen zu werden, auch für solche, zu denen auf den ersten Blick ein eher geringer Bezug besteht.162 b) Begrenzung der umfassenden Kognitionsbefugnis durch Kausalitätsvorbehalt? Dahingehend ist fraglich, ob für den allgemeinen Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO eine Einschränkung im Sinne eines Kausalitätsvorbehalts zu fordern ist.163 Das Gericht würde schon im Rahmen der Zuständigkeit prüfen, ob der klägerische Anspruch insoweit begründet ist, als dass insbesondere die Kausalitätskette von einem Schaden im Einzelfall zurück zu der primären Emissionsquelle der Zentrale des Großemittenten nachvollzogen werden kann. Im Grunde fände dadurch eine vorgelagerte materiellrechtliche Prüfung statt, um den Beklagten vor einer ggf. sehr weiten Gerichtspflichtigkeit und Verteidigungslast zu schützen. Erwogen werden könnten auch sonstige Einschränkungen des Streitgegenstands dergestalt, dass es auf bestimmte örtliche Bezugspunkte zum Sitz des Beklagten ankommt und nur die Ansprüche zugelassen werden, welche einen solchen lokalen Bezug aufweisen. Derartige Einschränkungen, sowohl anhand von materiellrechtlichen Kriterien als auch anhand bestimmter örtlicher Bezugspunkte, sind jedoch entschieden abzulehnen.164 Generell gilt es die Zulässigkeitsprüfung nicht zu überfrachten, was die Einfügung eines Kausalitätsvorbehalts gerade erreichen würde.165 Weil sich das Gericht mit dieser zentralen materiellrechtlichen Problematik aber ohnehin auf Ebene der Begründetheit bei der Prüfung von Haftungsansprüchen befassen muss, sollte die Kausalität auch erst an dieser Stelle eine Rolle spielen, um ein Sachurteil und damit eine abschließende inhaltliche Feststellung im Rahmen des Sachverhalts für die Parteien zu erreichen. Art. 4 EuGVVO stellt im Ergebnis eine Norm dar, die die Interessen von Kläger und Beklagtem auch im Fall von Klimaklagen zu einem angemessenen Ausgleich 161

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89; siehe dazu § 3 B. II. 2. b). Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. 163 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. 164 So im Ergebnis auch Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89; Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 609; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 387 f. 165 Vgl. Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 609; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 387 f. 162

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bringen kann. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Annahme, dass das Mutterunternehmen ggf. nur einen sehr entfernten Bezug zu den Schädigungen im Einzelfall hat,166 für den allgemeinen Gerichtsstand keine Bedeutung haben darf. Im allgemeinen Gerichtsstand kommt es allein auf das Vorliegen eines Sitzes in einem Mitgliedstaat als zuständigkeitsrechtlichen Anknüpfungspunkt an. Nicht gefragt wird nach dem Handlungsort, für dessen Begründung eine Auseinandersetzung mit dem vorgeworfenen Verhalten und dem konkreten Bezugspunkt der Klimahaftung erfolgen müsste. Auch bestimmte streitgegenstandsbezogene, etwa lokale, sachliche oder personelle Verbindungen zwischen der Klage und dem allgemeinen Gerichtsstand zu fordern, liefe dem Charakter des Art. 4 EuGVVO als Zentralnorm im Zuständigkeitssystem entgegen. Auf diese bzw. sonstige Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen167 kommt es allein für besondere Zuständigkeiten bzw. bestimmte ausschließliche Gerichtsstände an, wie der Gerichtsstand des Handlungsund Erfolgsortes für die unerlaubte Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO oder der Gerichtsstand der Belegenheit gem. Art. 24 Nr. 1 EuGVVO zeigen. Derartige Einschränkungen würden einem Einwand nach der forum-non-conveniens-Lehre gleichkommen, welche mit der Brüssel Ia-Verordnung wegen des Ziels, die internationale Zuständigkeit vorhersehbar zu machen und Rechtssicherheit zu gewährleisten, klar nicht vereinbar ist.168 In dieser Generalisierung und Abstrahierung von materiellrechtlichen wie auch lokalen Kriterien liegt gerade die Funktion des allgemeinen Gerichtsstands. Die umfassende Kognitionsbefugnis am allgemeinen Gerichtsstand ist ein Zugeständnis an die Rechtsschutzinteressen des Klägers,169 der nicht gezwungen sein soll, bei mehreren Gerichten in unterschiedlichen Ländern Klage zu erheben. Der Beklagte hat demgegenüber am allgemeinen Gerichtsstand eine erleichterte Verteidigungsmöglichkeit,170 weniger prozessualen Aufwand als andernorts, und ist bei Unschlüssigkeit bzw. Unbegründetheit der gegen ihn gerichteten Klage zumindest über das Kostenrecht geschützt, sodass auch eine weitergehende Kognitionsbefugnis der Gerichte für den Beklagten zumutbar ist.171 Keine der Parteien wird ungerechtfertigt privilegiert oder benachteiligt; so wird sogar von einem „überragende[n] Gerechtigkeitsgehalt des allgemeinen Gerichtsstands“172 gesprochen. 166

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 4.16. 168 EuGH, Urt. v. 1. März 2005, Rs. C-281/02 – Owusu ./. Jackson et al., EuZW 2005, 345 = IPRax 2005, 244 = NJW 2005, 2979 = RIW 2005, 292; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 4 Rdnr. 32; Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 39. 169 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. 170 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2000, Rs. C-412/98 – Group Josi Reinsurance, Slg. 2000, I-5925 = NJW 2000, 3121 = IPRax 2000, 520 = VersR 2001, 123. 171 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. 172 Linke/Hau, IZVR, Rdnr. 5.5; nach Ansicht der Verfasser darf dies aber nicht dahingehend verstanden werden, dass gleichzeitig eine restriktive Anwendung besonderer Zuständigkeiten geboten sei. 167

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Ohnehin fehlt es für eine derartige Einschränkung schon an einer dogmatischen Grundlage oder einem gesetzlichen Anker. Die Einfügung eines Kausalitätsvorbehalts speziell für Klimahaftungsklagen liefe damit auf eine zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzung aus Billigkeitsgründen hinaus, als Ausdruck eines fehlenden Vertrauens in die Funktionsfähigkeit eines gerichtlichen Verfahrens. Über die gesetzlich geregelten Voraussetzungen hinaus für Art. 4 Abs. 1 EuGVVO weitere Einschränkungen zu fordern, widerspricht dem Sinn und Zweck des allgemeinen Gerichtsstands und ist folglich auch für Klimahaftungsklagen abzulehnen.173 5. Zwischenergebnis Der Klimahaftungskläger kann im Ergebnis am allgemeinen Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO gegen einen Großemittenten, in der Regel die Muttergesellschaft eines Konzerns, Klage erheben, soweit dessen Sitz sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Brüssel Ia-Verordnung befindet. Das zuständige Gericht hat umfassende Kognitionsbefugnis hinsichtlich sämtlicher gegen den Beklagten in Betracht kommender Haftungsansprüche. Eine Einschränkung dieser prozessualen Weite bedarf es im Sinne effektiven Rechtsschutzes und aufgrund des angemessenen Interessenausgleichs zwischen den Parteien nicht.

III. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO Der Verordnungsgeber hat die Grundentscheidung zugunsten des allgemeinen Gerichtsstands am (Wohn-) Sitz des Beklagten174 durch alternative besondere sowie ausschließliche175 Gerichtsstände ergänzt für Fallkonstellationen, in denen die Zuweisung an Gerichte eines bestimmten Staates aufgrund der vorhersehbaren engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege sinnvoll erscheint.176 Art. 7 EuGVVO enthält einen Katalog fakultativer besonderer Zuständigkeiten, welche neben den allgemeinen Gerichtsstand treten und dem Kläger ein Wahlrecht bei mehreren in Betracht kommenden Gerichtsständen einräumen.177 Verdrängt werden jedoch auch die besonderen Gerichtsstände des Abschnitts 2 der Brüssel Ia-VO durch eine vorrangige ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 24 EuGVVO, die Gerichtsstände für Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitssachen (Abschnitte 3 bis 5 der Brüssel Ia-VO) sowie eine

173 174 175 176 177

So im Ergebnis auch Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. Vgl. Erwägungsgrund 15 S. 1 f. der Brüssel Ia-VO. Siehe ausführlich zu Art. 24 Nr. 1 EuGVVO § 3 B. I. Erwägungsgrund 16 S. 1 f. der Brüssel Ia-VO. BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 5.

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zulässige Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 25 EuGVVO.178 Hintergrund der Regelungen speziell in Art. 7 EuGVVO ist die besondere Sachnähe der berufenen Gerichte in territorialer wie auch prozessualer Hinsicht,179 und die damit verbundene Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit180 für die Parteien.181 Von besonderer Relevanz ist im Zusammenhang mit Klimaklagen der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung, eine dieser gleichgestellte Handlung182 bzw. Ansprüche daraus den Gegenstand des Verfahrens bilden. Erhoben werden kann die Klage sodann vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO soll im Folgenden im Hinblick auf seine Bedeutung im Zusammenhang mit Klimaklagen, die hinter der Regelung stehenden Interessen und ggf. erforderliche Einschränkungsmöglichkeiten analysiert werden. 1. Normzweck und Anwendungsbereich Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gewährt dem Kläger einen zusätzlichen Wahlgerichtsstand an dem Ort, an dem er durch einen anderen rechtswidrig geschädigt wurde.183 Hintergrund dieser fakultativen Zuständigkeit ist das in einigen mitgliedschaftlichen Rechtsordnungen vertretene Grundprinzip, dass der Geschädigte nicht gehalten sein soll, sein Recht am allgemeinen Gerichtsstand des Schädigers geltend machen zu müssen, sondern an dem Ort, an dem das Unrecht begangen wurde, sich ausgewirkt hat oder sich auszuwirken droht.184 Es handelt sich bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO allerdings nicht um einen Schutzgerichtsstand zugunsten des Geschädigten,185 sondern 178

Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1. Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 2; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 7 Rdnr. 2. 180 EuGH, Urt. v. 17. Juni 1992, Rs. C-26/91, RIW 1994, 680 = JZ 1995, 90 m. Anm. Peifer. 181 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 138; Stein/Jonas/ Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 1 f.; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 2. 182 Zum Begriff Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 12. 183 Vgl. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 201 f.; MüKo-ZPO/ Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 45; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 53. 184 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 201 f.; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 16; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103; Stein/ Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 118; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 53. 185 So EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2012, Rs. C-133/11 – Folien Fischer, Fofitec AG ./. Ritrama SpA, NJW 2013, 287 = GRUR 2013, 98 = EuZW 2012, 950; EuGH, Urt. v. 16. Januar 2014, Rs. C-45/13 – Kainz ./. Pantherwerke AG, NJW 2014, 1166 = ZIP 2014, 699 = EuZW 179

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

vielmehr um einen angemessenen Ausgleich der in Rede stehenden Zuständigkeitsinteressen der Parteien. Besondere Berücksichtigung erfährt dabei die Vorhersehbarkeit des Forums sowohl für den Kläger als auch für den Beklagten, die sich beide auf eine Klageerhebung an diesem Ort einstellen können.186 Da der Ort des schädigenden Ereignisses nach dessen Eintritt nicht mehr (nachteilig) verändert werden kann, ist für beide Parteien Rechtssicherheit gegeben.187 Zudem besteht am Ort der unerlaubten Handlung die größte Sachnähe des Gerichts zum Streitgegenstand, sodass auch eine ggf. erforderliche Beweisaufnahme erleichtert wird.188 Hinzu kommt der mögliche Gleichlauf der gerichtlichen Zuständigkeit mit dem anwendbaren Recht über die Anknüpfung an das Recht des Erfolgsorts gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO189 bzw. die Zugrundelegung des Ubiquitätsprinzips nach Art. 7 Rom IIVO190 speziell für den Bereich der Umweltschädigung.191 Das Gericht am Ort der unerlaubten Handlung erscheint insoweit als das zur Lösung des Rechtsstreits am besten geeignete.192 Art. 7 Nr. 2 EuGVVO regelt neben der internationalen Zuständigkeit sogleich die örtliche Zuständigkeit, und verdrängt die autonomen nationalen Zuständigkeitsregelungen dahingehend.193 Der räumliche Anwendungsbereich ist dergestalt beschränkt, als dass der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nur dann gewählt werden kann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines 2014, 232 = BB 2014, 659; die besondere Schutzwürdigkeit des Opfers im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber hervorhebend EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2011, Rs. C509/09 – eDateAdvertising GmbH ./. X und Martinez ./. MGN Limited, EuZW 2011, 962 = IPRax 2013, 247; den Klägergerichtsstand ablehnend auch Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103; ähnlich Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1; a. A. Geimer/ Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 202; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 53; Geimer geht von einem Vorrang der Klägerinteressen aus, dem der Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstands gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO zu weichen habe, weil es dem Geschädigten nicht zuzumuten ist, dem Schädiger an dessen Wohnsitz zu folgen und ihn dort zu verklagen. Gesichtspunkte der Sach-, Beweis- sowie Rechtsnähe spielten nach Geimer für die Rechtfertigung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nur eine untergeordnete Rolle. 186 Kropholler/v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 73; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103. 187 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103. 188 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 45; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 119. 189 Siehe dazu ausführlich § 4 B. I. 2. a). 190 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. a), b). 191 Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 119. 192 EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, NJW 2002, 3617 = EuZW 2002, 657 = IPRax 2003, 341; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103. 193 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 67; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 45; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 105; Stein/Jonas/ Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 109.

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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Mitgliedsstaats hat,194 und der Ort der unerlaubten Handlung in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist.195 Fallen Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten mit dem Ort des schädigenden Ereignisses zusammen, richtet sich die internationale Zuständigkeit allein nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO.196 Für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung kommt es auf die Art der Klage bzw. des Rechtsschutzbegehrens, mit dem die aus der unerlaubten Handlung resultierenden Ansprüche geltend gemacht werden, nicht an, sodass sämtliche Leistungs- und Feststellungsklagen, auch negative Feststellungsklagen,197 erfasst sind.198 Wie sich aus dem Wortlaut „oder einzutreten droht“ ergibt, fallen unter Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch vorbeugende Unterlassungsklagen, gerichtet auf die Abwehr eines hinreichend gewissen drohenden schädigenden Ereignisses.199 Unerheblich ist, ob die Klage durch den Schädiger, den Geschädigten oder einen etwaigen Rechtsnachfolger erhoben wird, solange eine unerlaubte Handlung als Streitgegenstand in Rede steht.200 Das den sachlichen Anwendungsbereich determinierende Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Handlung wird im Rahmen der nachfolgenden Ausführung gesondert einer näheren Betrachtung unterzogen. 2. Die unerlaubte Handlung a) Begriff der unerlaubten Handlung Der Begriff der unerlaubten Handlung ist entsprechend dem Vereinheitlichungsziel der Verordnung autonom auszulegen. Eine Auslegung nach der lex fori 194 Kritisch dazu Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnrn. 4 f., der eine Universalisierung des räumlichen Anwendungsbereichs unter Einbeziehung von Beklagten mit Wohnsitz in Drittstaaten der Brüssel Ia-VO begrüßen würde. 195 Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 115. 196 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnrn. 68 f. 197 EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2012, Rs. C-133/11 – Folien Fischer, Fofitec AG ./. Ritrama SpA, NJW 2013, 287 = GRUR 2013, 98 = EuZW 2012, 950; ausführlich dazu Rauscher/ Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 114. 198 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EUGVVO Rdnr. 235; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 51; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 114. 199 EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, IPRax 2003, 341; EuGH, Urt. v. 5. Februar 2004, Rs. C-18/02 – Danmarks Rederiforening ./. LO Landsorganisationen i Sverige, IPRax 2006, 161 = RIW 2004, 543; so auch MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 52; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 18; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 114; ausführlich dazu Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 136. 200 EuGH, Urt. v. 18. Juli 2013, Rs. C-147/12 – ÖFAB, Östergötlands Fastigheter AB/Koot et al., EuZW 2013, 703 = JZ 2014, 40 = NZG 2013, 1073 = RIW 2013, 617 = ZEuP 2014, 861 = ZIP 2013, 1932; BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 72; Geimer/Schütze/ Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 243; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 72.

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

oder der jeweiligen lex causae ist abzulehnen.201 Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung kann für alle Klagen begründet werden, mit welchen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag i. S. v. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO anknüpft. Die Begriffsbestimmung ist folglich in negativer Abgrenzung zum Vertrag vorzunehmen: Art. 7 Nr. 1 EuGVVO umfasst solche Konstellationen nicht, in denen es an einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung fehlt.202 In den sachlichen Anwendungsbereich des Gerichtsstands fallen sämtliche außervertragliche Haftungsansprüche,203 u. a. Ansprüche aus Verschuldens- und Gefährdungshaftung sowie präventive Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche.204 Unter den Begriff der unerlaubten Handlung sind auch Umweltschädigungen zu subsumieren.205 Im Rahmen von Klimahaftungsfällen stellt sich die Schwierigkeit der Abgrenzung zu Art. 7 Nr. 1 EuGVVO nicht, da es in diesen Fällen an einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung zwischen den Parteien fehlt und von vornherein allein eine außervertragliche Schadenshaftung in Rede steht.206 Sämtliche im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen relevant werdende Ansprüche aus Verschuldens- oder Gefährdungshaftung können allgemein unter den Begriff der unerlaubten Handlung bzw. der daraus resultierenden Ansprüche gefasst werden.

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EuGH, Urt. v. 27. September 1988, Rs. 189/87 – Kalfelis ./. Schröder, NJW 1988, 3088 = WM 1988, 1736; EuGH, Urt. v. 17. September 2002, Rs. C-334/00 – Tacconi, EuZW 2002, 655 = IPRax 2003, 143 = NJW 2002, 3159; EuGH, Urt. v. 13. März 2014, Rs. C-548/12 – Brogsitter, EuZW 2014, 383 = IPRax 2016, 149 = NJW 2014, 1648 = RIW 2014, 305 = ZEuP 2015, 622; EuGH, Urt. v. 10. September 2015, Rs. C-47/14 – Holterman Ferho Exploitatie et al. ./. Spies von Büllesheim, EuZW 2015, 922 = IPRax 2016, 151 = NZG 2015, 1199 = RIW 2015, 816 = ZIP 2015, 2340; EuGH, Urt. v. 21. April 2016, Rs. C-572/14 – AustroMechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte GmbH ./. Amazon EU Sàrl et al., EuZW 2016, 547; IPRax 2016, 586; RIW 2016, 513; Geimer/Schütze/ Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 204 f.; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 13; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 129. 202 EuGH, Urt. v. 17. September 2002, Rs. C-334/00 – Tacconi, EuZW 2002, 655 = IPRax 2003, 143 = NJW 2002, 3159; EuGH, Urt. v. 20. Januar 2005, Rs. C-27/02 – Engler ./. Janus Versand GmbH, BB 2005, 739 = EuZW 2005, 177 = IPRax 2005, 239 = JZ 2005, 782 = NJW 2005, 811 = RIW 2005, 225; EuGH, Urt. v. 27. Oktober 1998, Rs. C-51/97 – Réunion européenne ./. Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV, EuZW 1999, 59 = IPRax 2000, 210 = RIW 1999, 57; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EUGVVO Rdnr. 220. 203 Vgl. EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. 21/76 – Bier ./. Mines de Potasse d’Alsace S. A., NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 130. 204 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 48; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 17; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 7 Rdnrn. 29 f.; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO Rdnr. 135. 205 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 13. 206 Siehe dazu § 2 C. I. 1. a) aa).

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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b) Darlegungs- und Beweisanforderungen Fraglich ist jedoch, welche Anforderungen im konkreten Einzelfall an Darlegung und Beweis des Vorliegens einer unerlaubten Handlung gestellt werden und ob der Klimahaftungskläger diese erfüllen kann. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum allgemeinen Gerichtsstand gezeigt werden konnte, richten sich die beweisrechtlichen Anforderungen an zuständigkeitsbegründende Merkmale überwiegend nach dem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht des Forumsstaates. An einer umfassenden autonomen Regelung auf unionsrechtlicher Ebene fehlt es.207 Die Beweislast liegt auch im Rahmen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO grundsätzlich bei demjenigen, der sich auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung beruft.208 Das zu fordernde Beweismaß gewinnt Relevanz, wenn eine zuständigkeitsbegründende Tatsache zwischen den Parteien streitig ist. Dies kann bei Klimahaftungsklagen dann der Fall sein, wenn der beklagte Großemittent das Vorliegen einer unerlaubten Handlung, etwa aufgrund fehlender Kausalität zwischen Emissionen und Rechtsgutsverletzung, bestreitet. In autonomer Auslegung der Brüssel Ia-Verordnung209 sind als wesentliche Tatbestandsmerkmale einer unerlaubten Handlung i. S. v. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO210 ein relevantes Verhalten, die Verletzung eines Rechtsguts sowie die Kausalität zwischen den ersten beiden Elementen zugrunde zu legen. Die das Vorliegen einer unerlaubten Handlung vermeintlich begründenden Tatsachen sind insoweit doppelrelevant: sowohl im Rahmen der Zulässigkeit auf Ebene der Zuständigkeit als auch in der Begründetheit kommt es darauf an, ob der in Rede stehende Sachverhalt eine unerlaubte Handlung begründet, und damit der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung bzw. materiellrechtlich außervertragliche deliktische Haftungsansprüche in Betracht kommen.211 Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit das Gericht schon bei der Zuständigkeit von bestimmten Gegebenheiten überzeugt sein muss, besteht Einigkeit dahingehend, dass nationale Verfahrensregelungen die Interessen beider Parteien achten und schützen und die beweisrechtlichen Anforderungen weder überspannen noch zu weit herabsetzen dürfen.212 Für das europäische Zuständigkeitssystem ist davon ausgehend die Theorie von den doppelrelevanten Tatsachen verbunden mit der Schlüssigkeitstheorie vorherrschend: danach sind zuständigkeitsbegründende Tatsachen nicht bereits umfassend auf Ebene der Zuständigkeit zu erörtern; grund-

207

Siehe dazu § 3 B. II. 3. c). Vgl. Rauscher/Mankowski, Vorbemerkung zu Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 7. 209 Vgl. dazu Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 27. 210 Siehe dazu auch Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 317 f. 211 Vgl. Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 25. 212 Vgl. Mankowski, IPRax 2009, 474, 476; Rauscher/Mankowski, Vorbemerkung zu Artikel 4 Brüssel Ia-VO Rdnr. 17. 208

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

sätzlich213 ausreichend ist die schlüssige, im Falle des Bestreitens durch die andere Partei genau substantiierte,214 Behauptung von Tatsachen durch eine Partei. Erst in der Begründetheit muss eine Beweisaufnahme erfolgen, in deren Rahmen das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung bewiesen werden muss.215 Zur Begründung lassen sich die Aspekte der Prozessökonomie, wonach das Gericht nicht gehalten sein soll, bereits im Rahmen der Zuständigkeit eine umfassende Beweisaufnahme durchzuführen,216 sowie der Zuständigkeitsgerechtigkeit, wonach bloßes Bestreiten durch die Gegenpartei der anderen Partei nicht den Gerichtsstand entziehen soll, anführen.217 Mit einem in Rechtskraft erwachsenden Sachurteil über die streitige Tatsache ist den Interessen des Beklagten darüber hinaus mehr gedient als mit einem bloßen Prozessurteil, durch welches er vor einer erneuten Klageerhebung nicht geschützt ist.218 Der Europäische Gerichtshof hat dieser beweisrechtlichen Erleichterung für Art. 7 Nr. 2 EUGVVO nicht widersprochen: so sei die Durchführung eines umfassenden Beweisverfahrens im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach unionsrechtlichen Vorgaben nicht erforderlich, und auch eine Verpflichtung bestehe nicht, um einer ausführlichen Begründetheitsprüfung nicht vorzugreifen.219 Jedoch kann die Zuständigkeit durch das Gericht nach autonomer Entscheidung anhand sämtlicher zur Verfügung stehender Informationen, auch der Einwände des Beklagten, überprüft werden.220 Geht man davon aus, dass ein schlüssiger Vortrag hinsichtlich des Vorliegens der Tatsachen zur Begründung einer unerlaubten Handlung genügt, so wird dieses Erfordernis für den Klimahaftungskläger in der Regel keine Probleme bereiten. Denn ein kausaler Zusammenhang zwischen den Emissionen des beklagten Emittenten, dem Klimawandel, einem daraus resultierenden Umweltphänomen und schließlich 213

Beachte aber Art. 28 EuGVVO, wonach zum Schutz des passiven Beklagten der volle Nachweis auch doppelrelevanter Tatsachen erforderlich ist; dazu Rauscher/Mankowski, Vorbemerkungen zu Art. 4 Rdnr. 16; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 28 EuGVVO Rdnr. 1. 214 Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 28 EuGVVO Rdnr. 1. 215 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 4 Rdnr. 25; MüKoZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 63; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 4 Rdnr. 4; Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 26; v. Hein, IPRax 2006, 460, 460 f.; Stürner, IPRax 2006, 450, 451; kritisch zur Lehre von den doppelrelevanten Tatsachen Rauscher/Mankowski, Vorbemerkungen zu Art. 4 Rdnrn. 13 – 16; Mankowski, IPRax 2006, 454; siehe ferner Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 316 f., der für eine Feststellung des äußeren Tatbestands plädiert; siehe auch Spickhoff, IPRax 2020, 368, 370 – 372, zu OGH, Urt. v. 7. Mai 2019, Az. 6 Ob 218/18d, IPRax 2020, 366. 216 So auch Rauscher/Mankowski, Vorbemerkungen zu Art. 4 Rdnr. 12; Stürner, IPRax 2006, 450, 451. 217 Stein/Jonas/Wagner, Einleitung Vor Art. 2 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 26. 218 Vgl. Stürner, IPRax 2006, 450, 451. 219 Vgl. EuGH, Urt. v. 3. Juli 1997, Rs. C-269 – 95 – Benincasa ./. Dentalkit Srl., BeckRS 2004, 75849, JZ 1998, 896 m. Anm. Mankowski; EuGH, Urt. v. 28. Januar 2015, Rs. C-375/13 – Kolassa ./. Barclays Bank plc, NJW 2015, 1581. 220 EuGH, Urt. v. 28. Januar 2015, Rs. C-375/13 – Kolassa ./. Barclays Bank plc, NJW 2015, 1581.

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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einer individuellen Rechtsgutsverletzung erscheint auf den ersten Blick durchaus plausibel, jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Hier greift gerade das Argument der Prozessökonomie: eine umfassende Prüfung im Hinblick darauf, ob die Kausalitätskette wirklich lückenlos nachvollzogen werden kann, würde die Zuständigkeitsprüfung aufgrund der komplexen in Rede stehenden physikalischen Zusammenhänge überfrachten. Weil die Kausalitätsfrage auch auf Ebene der Begründetheit in identischer Art und Weise relevant wird, erscheint es sachgerecht, sie erst dann eingehend zu erörtern. c) Zwischenergebnis Bei Klimahaftungsfällen wird eine unerlaubte Handlung i. S. v. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO im Ergebnis regelmäßig vorliegen und vom Kläger schlüssig behauptet werden können. Der sachliche Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist somit eröffnet. Davon ausgehend ist der Blick auf die zuständigkeitsrechtliche Folge zu richten und das Gericht, vor welchem Klage erhoben werden kann, zu bestimmen. 3. Ort des schädigenden Ereignisses Bilden eine unerlaubte Handlung, eine dieser gleichgestellte Handlung oder aus diesen resultierende Ansprüche den Gegenstand des Verfahrens, hat der Kläger, vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, die Möglichkeit, Klage vor dem Gericht des Ortes zu erheben, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Zu beantworten wird sein, wie der Tatort des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zu bestimmen ist, welche Orte konkret umfasst werden und ob bzw. wenn ja, welche Grenzen dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zu ziehen sind. a) Ubiquitätsprinzip Die Bestimmung des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, bereitet Schwierigkeiten, wenn die Tatbestandsmerkmale einer unerlaubten Handlung nicht an einem Ort, sondern an verschiedenen Orten verwirklicht werden. Dann handelt es sich nicht um ein reines Platzdelikt, vielmehr liegt ein Distanzdelikt vor.221 Der Begriff des Tatorts in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist wegen des vereinheitlichenden Charakters der Verordnung autonom auszulegen.222 Danach 221 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 186; Rauscher/ Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 119; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 142 f.; Schack, IZVR, § 8 Rdnr. 334. 222 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, NJW 2002, 3617; EuGH, Urt. v. 10. Juni 2004, Rs. C-168/02, NJW 2004, 2441 = IPRax 2005, 32 m. Anm. v. Hein, 17; BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO

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muss eine unerlaubte Handlung aufgrund der Gleichwertigkeit sämtlicher Tatbestandsmerkmale überall dort als begangen gelten, wo sich ein wesentlicher Teil des Tatbestandes verwirklicht hat.223 In der Konsequenz bringt Art. 7 Nr. 2 EuGVVO das Ubiquitätsprinzip zur Anwendung und sieht sowohl den Handlungsort, an dem die für die Verletzung kausale Handlung ausgeführt wurde, sowie den Erfolgsort, an dem der Schaden schließlich eingetreten ist, als den Ort des schädigenden Ereignisses an. Hinsichtlich beider Orte hat der Geschädigte ein Wahlrecht dahingehend, an welchem der Orte er Klage erheben möchte, soweit beide in Mitgliedstaaten der Brüssel Ia-VO liegen. Diese Wahlmöglichkeit ist Ausprägung des Günstigkeitsprinzips.224 Hinter der Ubiquitätstheorie steht zum einen die Art. 7 EuGVVO generell stützende Erwägung der Sach- und Beweisnähe.225 Im Interesse einer geordneten Rechtspflege und prozessökonomischen Ausgestaltung des Verfahrens wird dem Kläger ein Wahlrecht eingeräumt, das auf der besonders engen Beziehung zwischen Streitgegenstand und dem zur Entscheidung berufenen Gericht beruht. Sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort können im Rahmen einer Beweisaufnahme bzw. sachlichen Klärung des Rechtsstreits eine entscheidende Rolle spielen und sind somit gleichermaßen relevant.226 Zum anderen geht es darum, dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung seine eigenständige Bedeutung zu verleihen: stellte man nämlich im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO allein auf den Handlungsort ab, fiele dieser ggf. häufig mit dem allgemeinen Gerichtsstand zusammen, sodass der besondere Gerichtsstand leerliefe. Diese Begründung ist Konsequenz der hinter den besonderen Gerichtsständen stehenden Erwägung, den Kläger in Abweichung vom Grundsatz des Beklagtengerichtsstands in beschränktem Rahmen zu privilegieren, Art. 7 Rdnr. 81; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 54; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 117; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 142. 223 So schon RG, Beschl. v. 18. Oktober 1909, Az. II 96/08, RGZ 72, 41, 42, zum autonomen deutschen Recht nach § 32 ZPO. 224 Zum Ganzen EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, NJW 2002, 3617; BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 83; Kropholler/v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 82; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 7 Rdnr. 32. 225 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; EuGH, Urt. v. 16. Juli 2009, Rs. C-189/08 – Zuid-Chemie BV ./. Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA, EuZW 2009, 608 = IPRax 2010, 358 m. Bespr. v. Hein, 330 = NJW 2009, 3501; Musielak/ Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 19; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 144. 226 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; EuGH, Urt. v. 16. Juli 2009, Rs. C-189/08 – Zuid-Chemie BV ./. Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA, EuZW 2009, 608 = IPRax 2010, 358 m. Bespr. v. Hein, 330 = NJW 2009, 3501; Rauscher/ Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 117; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 144.

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ohne dass zugleich ein Klägergerichtsstand geschaffen werden soll.227 Zudem ermutigt die Wahlmöglichkeit den Kläger, sein Recht tatsächlich geltend zu machen.228 Schließlich kann über die Ubiquitätstheorie zumindest im Umwelthaftungsrecht ein Gleichlauf zwischen Zuständigkeitsrecht und Kollisionsrecht geschaffen werden, weil auch Art. 7 Rom II-Verordnung der Ubiquitätstheorie folgt und dem Geschädigten ein Wahlrecht zwischen dem Recht des Handlungs- und dem Recht des Erfolgsorts einräumt.229 Zu Recht weist Schack jedoch auf die Gefahr des forum shopping durch den Kläger hin, der die Klage selbstredend an dem für ihn günstigsten Gerichtsstand erheben will.230 Diese Gefahr droht insbesondere bei sogenannten Streudelikten, bei denen eine Handlung an einer Vielzahl von Orten einen Verletzungserfolg herbeiführt.231 Hier müssen das durch das Wahlrecht realisierte Günstigkeitsprinzip sowie das berechtigte Interesse des Beklagten, sich nicht vor einer Vielzahl von Gerichten gegen möglicherweise unberechtigte Vorwürfe verteidigen zu müssen, zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.232 Diese Erwägung ist der Ansatzpunkt für mögliche Einschränkungen des Tatortgerichtsstands. Im Folgenden ist nun zu erörtern, wie Handlungs- und Erfolgsort bei Distanz- bzw. Streudelikten sowie insbesondere in Klimahaftungsfällen bestimmt werden können und welche Einschränkungen ggf. zu erwägen sind. b) Handlungsort aa) Naturalistische Kriterien Die Ermittlung des Handlungsorts kann, ausgehend von dem Gebot der verordnungsautonomen Auslegung,233 im Regelfall über eine naturalistische234 Betrachtung des in Rede stehenden Sachverhalts erfolgen. Generell ist unter dem Handlungsort 227 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; EuGH, Urt. v. 16. Juli 2009, Rs. C-189/08 – Zuid-Chemie BV ./. Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA, EuZW 2009, 608 = IPRax 2010, 358 m. Bespr. v. Hein, 330 = NJW 2009, 3501; Kropholler/ v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 82; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 144. 228 Schack, IZVR, § 8 Rdnr. 334. 229 Kropholler/v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 82; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 119, 145; Schack, IZVR, § 8 Rdnr. 334. 230 Schack, IZVR, § 8 Rdnr. 334. 231 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 120. 232 Vgl. Schack, IZVR, § 8 Rdnr. 334. 233 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, NJW 2002, 3617; EuGH, Urt. v. 10. Juni 2004, Rs. C-168/02, NJW 2004, 2441 = IPRax 2005, 32 m. Anm. v. Hein, 17. 234 Vgl. Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 147.

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derjenige Ort zu verstehen, von dem aus das schadensstiftende Ereignis ausgelöst wurde,235 d. h. der „Ort des ursächlichen Geschehens“236, an dem eine Handlung ganz oder teilweise ausgeführt worden ist oder deren Ausführung unmittelbar bevorsteht.237 Bei Unterlassungen ist der Ort, an dem zu handeln gewesen wäre, maßgeblich.238 Auf den Ausgangsort des schädigenden Ereignisses kommt es für Distanzdelikte an.239 Bloße Vorbereitungshandlungen bleiben bei der Bestimmung außer Betracht,240 zumindest soweit mehrere Tatbeiträge von einer Person erbracht werden, weil insoweit die letzte kausale Handlung oder Unterlassung entscheiden soll.241 Im Rahmen der Gefährdungshaftung, unter die auch die Haftung des Anlagenbetreibers für etwaige durch Treibhausgasemissionen bedingte Schäden fallen kann, wird pauschal der Ort als maßgeblich erachtet, an welchem der potenzielle Schädiger die Gefahrenquelle gesetzt hat, indem er ein bestimmtes erlaubtes, aber gefährliches Verhalten an den Tag gelegt oder eine emittierende Anlage betrieben hat. Hier soll es folglich auf den aktuellen bzw. dauerhaften Belegenheitsort der emittierenden Anlage ankommen.242 Teilweise wird dieser Ort auch allgemein als der Ort, an dem die gefährliche Sache außer Kontrolle geraten ist, d. h. der Ort der Gefahrenrealisierung, beschrieben.243 Stellt man im Rahmen von Klimahaftungsklagen gegen Unternehmen als Großemittenten auf die Emission von Treibhausgasen als maßgebliche, zu Schädigungen führende Handlung ab, ist für die Bestimmung des Handlungsortes i. S. d. größtmöglichen Nähe zur Rechtsgutsverletzung nach herkömmlichem Ver-

235

EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 56; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 134. 236 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485. 237 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 84; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 258. 238 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 268; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 138; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 146. 239 EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; Geimer/Schütze/Geimer, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 265. 240 So allgemein Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 260; Kropholler/ v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 83a; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 135; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 7 Rdnr. 32; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 146. 241 So einschränkend Habersack/Ehrl, AcP 219 (2019), 155, 188; Mansel, ZGR 2018, 439, 460 f. 242 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 22; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 560. 243 Kropholler/v. Hein, Art 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 83a; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 139.

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ständnis an sich der Ort der Emission von Treibhausgasen bzw. konkret der Ort der emittierenden Anlage heranzuziehen.244 Problematisch erscheint in diesen Fällen aber der Umstand, dass bei einer Klimahaftungsklage gegen einen Großemittenten von Treibhausgasen nicht nur von einer Anlage an einem Ort Emissionen ausgehen, sondern dass der Großemittent von einer Vielzahl von Anlagen an unterschiedlichen Standorten emittiert.245 Die Klimahaftungsklage gegen den Großemittenten wird nicht über die Emissionen einer einzelnen Anlage, sondern über die Gesamtmenge an Treibhausgasen, welche von an verschiedenen Standorten lokalisierten Anlagen emittiert werden und so einen erheblichen Anteil an der schädlichen Totalkonzentration an Treibhausgasen ausmachen, begründet. Insoweit kommen nach dieser naturalistischen Betrachtung grundsätzlich auch entsprechend viele Handlungsorte in Korrelation zu den Standorten der Anlagen in Betracht, die eine Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO begründen und für den Beklagten eine sehr weitreichende Gerichtspflichtigkeit zur Folge haben, den Kläger dagegen über die Wahlmöglichkeit begünstigen können.246 bb) Erweiternde Einbeziehung normativer Kriterien Fraglich ist in der Konsequenz, ob der Handlungsort tatsächlich allein in naturalistischer Weise zu bestimmen oder vielmehr – gerade für Klimahaftungsfälle – eine normative Anschauung zugrunde zu legen ist, die weitere Kriterien in wertender Betrachtung in die Auslegung miteinbezieht.247 (1) Vergleich mit Pressedelikten als Musterbeispiel für Streudelikte Hier lässt sich zunächst ein Vergleich zu den als Streudelikte248 zu qualifizierenden Pressedelikten vornehmen. Gemeint sind die Fälle, in denen ein Presseerzeugnis, etwa ein Artikel in einer publizierten Zeitschrift, das Persönlichkeitsrecht bzw. Ehrgefühl der Person, über welche in dem Printmedium berichtet wird, verletzt. Als Handlungsorte kommen der Sitz der Zentralredaktion oder der Lokalredaktion der in Rede stehenden Publikation, der Dienstort des publizierenden Journalisten, der Herstellungsort des Presseerzeugnisses sowie zahlreiche Orte, von denen aus der Vertrieb des Mediums erfolgt, in Betracht.249 Würde man hier eine rein naturalistische Bestimmung zugrunde legen, würde das Wahlrecht unter den verschiedenen 244 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 189; MüKo-BGB/ Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 22; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 90; Kieninger, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 119, 141. 245 So auch Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 611; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 389. 246 Vgl. Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 147. 247 Vgl. dazu Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnrn. 147 f. 248 Siehe dazu auch § 3 B. III. 3. c) cc) (1). 249 Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 147.

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Handlungsorten den Kläger erheblich begünstigen und führte zu einer Ausuferung des als besonderer Gerichtsstand in Abweichung zum allgemeinen Gerichtsstand konzipierten Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.250 Davon ausgehend entschied der Europäische Gerichtshof, dass der Handlungsort dort zu lokalisieren sei, wo die engste Verbindung zum schadensursächlichen Geschehen bestehe und die Zwecke des besonderen Gerichtsstands des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO – insbesondere die Sach- und Beweisnähe des örtlichen Gerichts – am ehesten gewahrt werden. Bei Pressedelikten sei dies der Ort der Niederlassung des Herausgebers, weil die ehrverletzende Äußerung von dort aus erst in den Umlauf gebracht werde.251 Gefolgert wird aus dieser Entscheidung ein impliziter Ausspruch des Europäischen Gerichtshofs gegen eine rein naturalistische Betrachtung und für eine Bestimmung des Handlungsorts unter Einbeziehung wertender Kriterien, welche auf vergleichbare Fälle, in denen eine ungewisse Mehrzahl an Handlungsorten in Rede steht, bei ähnlicher Interessenlage übertragbar ist.252 Berücksichtigung finden müssen folglich die Eignung des Gerichts zur effizienten Erledigung des Rechtsstreits in Anbetracht der Sach- und Beweisnähe sowie die engste Verbindung des Gerichts zum ursächlichen Geschehen.253 Denn nur so kann der skizzierten Gefahr einer inflationären Erweiterung des Handlungsorts mit der Folge einer eindeutigen Privilegierung des Klägers gegenüber dem Beklagten durch das einseitige Wahlrecht entgegengesteuert werden.254 Im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen brachte der Europäische Gerichtshof ein wertendes Verständnis auch dergestalt zum Ausdruck, als dass es bei mehreren in Betracht kommenden Handlungsorten auf denjenigen ankommen solle, dem unter allen auch die größte Bedeutung zukomme.255 Inwieweit einem Handlungsort aber tatsächlich Bedeutung zukommt, kann nur über eine Gesamtbewertung des Geschehens entschieden werden. Eine rein naturalistische Betrachtung erscheint nur für lineare Konstellationen angemessen, wird der Komplexität der in Rede stehenden Fälle aber im Übrigen nicht gerecht. (2) Übertragung auf Klimahaftungsfälle Auch bei Großemittenten, z. B. einem international agierenden Energiekonzern, wird die maßgebliche Entscheidung über die Energiepolitik des Unternehmens und 250

Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 147. EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295. 252 Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 148. 253 EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EUGVVO [a. F.] Rdnr. 148. 254 Vgl. Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 20. 255 EuGH, Urt. v. 5. Juli 2018, Rs. C-27/17 – flyLAL-Lithunian Airlines ./. Starptautiska¯ lidosta, Rı¯ga et al., BeckRS 2018, 14029 = ZIP 2019, 192. 251

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indirekt die damit einhergehende Menge der produzierten Treibhausgasemissionen an oberster Spitze getroffen, und nicht konkret an jeder einzelnen emittierenden Anlage. Die an unterschiedlichen Orten belegenen Anlagen führen die primäre unternehmerische Entscheidung auf Grundlage bestimmter Vorgaben zwar physisch aus, ihren Ursprung finden die Emissionen aber bereits am Sitz der Unternehmenszentrale des Großemittenten als Verantwortungsträger.256 Definiert man den Handlungsort als den Ort des schadensbegründenden Ereignisses bzw. als den Ort, an welchem die für den Erfolgseintritt maßgebende Ursache gesetzt wurde,257 so kann dieser bei Klimahaftungsklagen nicht unter Außerachtlassung des spezifischen klägerischen Begehrens im Hinblick auf das haftungsbegründende Verhalten bestimmt werden: denn dem Kläger geht es gerade nicht um die Zuordnung seines erlittenen klimawandelbedingten Schadens zu einer konkreten Emissionsquelle in Form einer bestimmten emittierenden Anlage, sondern vielmehr um die Feststellung der Verantwortlichkeit des Großemittenten im Allgemeinen. Schädigende Auswirkungen haben nicht allein die einzelnen Emissionen einer Anlage, sondern die Gesamtmenge, die von einem Großemittenten stammt. Basierend auf einer grundlegenden Entscheidung auf Führungsebene in Bezug auf die Emissionspolitik des Konzerns trägt diese zum Klimawandel bei. In einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Emissionen aller emittierenden Anlagen des Großemittenten ist die zentrale Anweisung die für den eintretenden Erfolg maßgebliche Ursache. Darin liegt auch kein Widerspruch zu der Aussage des Europäischen Gerichtshofs, wonach keine Zurechnung von Tatbeiträgen mehrerer zur Begründung eines Handlungsorts erfolgen darf.258 Denn in Rede steht in Klimahaftungsfällen allein die Entscheidung der Zentrale als einzelner Tatbeitrag und schadensbegründendes Ereignis. Folglich ist der Handlungsort in Klimahaftungsfällen abweichend von einer rein naturalistischen Betrachtung nicht am Ort der Belegenheit jeder einzelnen emittierenden Anlage, sondern am Sitz der Obergesellschaft als dem Ort, an dem die ursächliche unternehmerische Entscheidung über die Emissionspolitik und mittelbar auch zugunsten der Produktion von Treibhausgasen getroffen wird, zu bestimmen.259

256 Vgl. Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 560; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 337; in diese Richtung auch Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 611, 619; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 389, jedoch ohne eindeutige abschließende Stellungnahme zu dieser Lösung. 257 Mansel, ZGR 2018, 439, 461 f. 258 EuGH, Urt. v. 16. Mai 2013, Rs. C-228/11 – Melzer ./. MF Global UK Ltd, NJW 2013, 2099 m. Anm. Müller = EuZW 2013, 544 m. Anm. Wagner = IPRax 2013, 555 = NZG 2013, 949. 259 So auch Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 560 f.; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 337; a. A. MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 22; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 90, allerdings ohne nähere Begründung und vertiefte Auseinandersetzung in der Sache; für ein Wahlrecht unter verschiedenen Handlungsorten BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 38.

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(3) Fehlende Wertungsparallelität zu „klassischen“ Fällen der Menschenrechtsverletzung durch Unternehmen Klimahaftungsfälle unterscheiden sich von anderen Schädigungen, bei welchen eine Konzernobergesellschaft und untergeordnete Tochtergesellschaften relevant werden, so häufig bei Menschenrechtsverletzungen eines Unternehmens im Ausland.260 In Rede steht dann eine eigenständige Verletzungshandlung bzw. ein Unterlassen der Einhaltung des gebotenen Sorgfaltsstandards durch die ausländische Tochtergesellschaft vor Ort sowie die Frage nach der Verantwortung der inländischen Muttergesellschaft im Sinne einer Außerachtlassung von Kontroll-, Überwachungsund Untersuchungspflichten in Bezug auf das Verhalten der Tochtergesellschaften bzw. der Vorgabe übergreifender unternehmerischer Leitlinien. Hier lokalisiert Wagner den Handlungsort bei der ausländischen Tochtergesellschaft, da erst das Verhalten ihrer Organe das unmittelbare Ansetzen zur Tatverwirklichung begründe und die Entscheidungen der Zentrale bloße Vorbereitungshandlungen darstellen. Würden aber bereits Vorbereitungshandlungen zur Begründung des Handlungsortes ausreichen, sieht Wagner die Gefahr einer ausufernden Deliktszuständigkeit am Handlungsort sowie von Rechtsunsicherheit, weil die Zuständigkeit des Gerichts der engsten Verbindung mit der erforderlichen Sach- und Beweisnähe nicht mehr gewährleistet wäre.261 Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, allerdings soll es nicht um eine generelle Begründung eines Handlungsorts am Ort bloßer Vorbereitungshandlungen gehen, sondern um eine einzelfallspezifische Entscheidung für die besondere Konstellation der Klimahaftungsfälle anhand von Wertungsgesichtspunkten. Im Unterschied zu Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen im Ausland fehlt es in Klimahaftungsfällen an einer eigenständigen Verletzungshandlung bzw. -unterlassung durch die Tochtergesellschaft als Betreiberin der emittierenden Anlage. Problematisch ist nicht die von dieser Anlage produzierte Menge an Treibhausgasen, sondern die Gesamtmenge des Konzerns, für welche aber nur die Muttergesellschaft Verantwortung trägt. Die Entscheidung über die Emissionspolitik der Muttergesellschaft ist somit nicht nur bloße Vorbereitungshandlung, da es an einem nennenswerten eigenständigen Beitrag der Tochtergesellschaft bzw. des Anlagenbetreibers fehlt, wenn diese bzw. dieser nur die übergreifende Entscheidung durch Emissionen ohne eigenen Ermessensspielraum umsetzt. In Klimahaftungsfällen würde dieses Verständnis einer ausufernden Handlungsortzuständigkeit auch gerade vorbeugen, weil dann keine Vielzahl von Handlungsorten an verschiedenen Anlagenstandorten, sondern allein der Sitz der Unternehmenszentrale als Handlungsort bestünde. Dies ist dann auch die Lokalität, an dem das Gericht mit der 260 Vgl. weiterführend zur Frage der materiellrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen im Ausland Habersack/Ehrl, AcP 219 (2019), 155, 190 – 203; Hartmann, in: Krajewski/Saage-Maaß, Die Durchsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen, S. 281, 284 – 286; Wagner, RabelsZ 80 (2016), 717, 750 – 779; Weller/Kaller/Schulz, AcP 216 (2016), 387, 398 – 418; Weller/Thomale, ZGR 2017, 509, 515 – 523. 261 Wagner, RabelsZ 80 (2016), 717, 735; differenzierend aber Habersack/Ehrl, AcP 219 (2019), 155, 188 f.; Mansel, ZGR 2018, 439, 460 – 463.

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engsten Sach- und Beweisnähe über den Sachverhalt verhandeln kann, da es um die Bewertung der zentralen Emissionsentscheidung durch den Großemittenten und nicht die Emissionen einer einzelnen Anlage geht. Dadurch wird auch der Rechtssicherheit Rechnung getragen, denn der Sitz der Zentrale des Konzerns wird in der Regel leicht bestimmbar und vorhersehbar sein. Die Argumentation Wagners betreffend die „klassische“ Menschenrechtsverletzung durch Unternehmen im Ausland passt nicht für Klimahaftungsklagen bzw. kann hierfür widerlegt werden. Erforderlich ist stets eine wertende, einzelfallbezogene Betrachtung der in Rede stehenden Haftungskonstellation unter Verzicht auf schematische Lösungen.262 (4) Zwischenergebnis Ausgangspunkt des schädigenden Ereignisses und ursächlichen Geschehens ist bei Klimahaftungsklagen folglich der Ort der obersten Unternehmenszentrale, nicht der Ort der einzelnen emittierenden Einheit. Der Gerichtsstand des Handlungsorts wird dann zwar ggf. häufig mit dem allgemeinen Gerichtsstand zusammenfallen.263 Dies wird jedoch dadurch kompensiert, dass dem Kläger die Wahlmöglichkeit zugunsten des Erfolgsortes zugestanden und Art. 7 Nr. 2 EuGVVO so eigenständige Bedeutung verliehen wird.264 Für die Begründung eines Gerichtsstands nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist der Handlungsort ferner nur dann relevant, wenn er im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats liegt. Diese Voraussetzung wird allein bei den europäischen Carbon Mayors erfüllt sein. c) Erfolgsort Der folgende Abschnitt verfolgt das Ziel, den Modus der Bestimmung und die Bedeutung des Erfolgsorts im Lichte von Klimaklagen herauszuarbeiten. Nach einer Darstellung der allgemein für die Ermittlung des Erfolgsorts zu beachtenden Kriterien wird sich insbesondere der Frage nach einer einheitlichen Auslegung des Begriffs des Erfolgsorts im Internationalen Zuständigkeitsrecht und Internationalen Privatrecht der Umwelthaftung zugewandt. Schließlich gilt es Grenzen festzulegen, um einer möglicherweise ausufernden Gerichtspflichtigkeit des Beklagten nach der Erfolgsortzuständigkeit Einhalt zu gebieten.

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So Habersack/Ehrl, AcP 219 (2019), 155, 188 f.; Mansel, ZGR 2018, 439, 462. Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 560 f. 264 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295. 263

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aa) Grundlegung zur Bestimmung des Erfolgsorts Allgemein wird als Erfolgsort der Ort bezeichnet, an welchem in das primär geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde.265 Ähnlich definiert der Europäische Gerichtshof den Erfolgsort als den Ort, an dem „die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten“266. Entscheidende Kriterien bei der Ermittlung des Erfolgsorts sind im Einzelfall die Art der Schädigung und das betroffene Rechtsgut,267 sodass sich je nach Verletzung und deren Auswirkungen unterschiedliche Erfolgsorte ergeben können. Auch bei der Bestimmung des Erfolgsorts hat damit eine normative Betrachtung zu erfolgen,268 wobei die Funktionen des Art. 7 EuGVVO – nämlich die Begründung eines für beide Parteien vorhersehbaren sowie sach- und beweisnahen Gerichtsstands bei dem Gericht, das zum Streitgegenstand eine besonders enge Beziehung aufweist – im Rahmen der Einzelfallermittlung zu berücksichtigen sind.269 Auf den Ort, an dem nur mittelbare Folgeschäden eintreten oder auf den Ort der Schadensentdeckung kommt es dagegen nicht an.270 Nicht jeder Ort, an dem die nachteiligen Folgen eines Umstands spürbar werden, begründen zugleich einen Erfolgsort, wenn bereits an anderer Stelle eine Schädigung eingetreten ist.271 So ist

265

Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnrn. 269, 277; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 121; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 16; Stein/ Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 158; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 561. 266 EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295. 267 EuGH, Urt. v. 3. Oktober 2013, Rs. C-170/12 – Pinckney ./. KDG Mediatech AG, EuZW 2013, 863 = IPRax 2015, 87 = NJW 2013, 3627 m. Anm. Schack; Geimer/Schütze/ Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 202. 268 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 121; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 154. 269 EuGH, Urt. v. 30. November 1976, Rs. C-21/76 – Bier ./. Mines de Potasse, NJW 1977, 493 = VersR 1977, 485; EuGH, Urt. v. 11. Januar 1990, Rs. C-220/88, EuZW 1990, 34 = NJW 1991, 631; EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer; EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002, Rs. C-167/00 – Verein für Konsumenteninformation ./. Henkel, NJW 2002, 3617 = EuZW 2002, 657 = IPRax 2003, 341; EuGH, Urt. v. 10. Juni 2004, Rs. C168/02 – Kronhofer ./. Maier et al., EuZW 2004, 477 = IPRax 2005, 32 m. Anm. v. Hein, 17 = NJW 2004, 2441 = RIW 2004, 625; EuGH, Urt. v. 16. Juli 2009, Rs. C-189/08 – Zuid-Chemie BV./. Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA, EuZW 2009, 608 = IPRax 2010, 358 m. Bespr. v. Hein, 330 = NJW 2009, 3501; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 154. 270 EuGH, Urt. v. 11. Januar 1990, Rs. C-220/88, EuZW 1990, 34 = NJW 1991, 631; EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer; EuGH, Urt. v. 27. Oktober 1998, Rs. C-51/97 – Réunion européenne SA et al. ./. Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV et al., EuZW 1999, 59 = IPRax 2000, 210 = RIW 1999, 57. 271 Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 19b.

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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zwischen Primärschädigung und dadurch vermittelten Folgeschäden zu differenzieren. bb) Bestimmung des Erfolgsorts bei Klimahaftungsklagen Speziell für Klimaklagen ist Folgendes zu beachten: zum einen sind klimawandelbedingte (drohende)272 Verletzungen Ergebnis eines mehraktigen Prozesses mit weitreichenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen, ausgehend von anthropogenen Emissionen, über die globale Erderwärmung und damit einhergehende Umweltphänomene bis hin zu einer individuellen Verletzung bzw. Gefahr.273 Wie bereits ausführlich behandelt,274 kommen im Zusammenhang mit dem Klimawandel sodann verschiedene Verletzungs- und Schadenskategorien in Betracht: Verletzungen der Umwelt als solche, Verletzungen von Individualrechtsgütern wie Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum sowie Verletzungen des Vermögens, die dann wiederum Vermögens- bzw. Nichtvermögensschäden verursachen. Hinsichtlich der Bestimmung des Erfolgsorts ist insoweit feingliedrig zu differenzieren. Bevor diese Differenzierung im Einzelnen exerziert werden kann, ist der Maßstab festzulegen, an welchem sich die Auslegung des Begriffs des Erfolgsorts auch in Umwelt- bzw. Klimahaftungsfällen zu orientieren hat. (1) Auslegungsgrundsätze Neben der bereits wiederholt relevant gewordenen autonomen Auslegung unionsrechtlicher Begriffe stellt sich die Frage nach einer grundsätzlichen Kohärenz hinsichtlich der unionalen Normenregime für grenzüberschreitende Sachverhalte, welche im Rahmen der Auslegung von sowohl im Kollisionsrecht als auch im Zuständigkeitsrecht wiederkehrenden Begriffen fruchtbar gemacht werden könnte. Rein konzeptionell ist von einem Trennungsprinzip des Internationalen Privatund Verfahrensrechts275 auszugehen: danach handelt es sich bei Kollisions- und Verfahrensrecht um eigenständige und voneinander unabhängige Rechtsmaterien, bei welchen im Grundsatz kein Gleichlauf besteht.276 Würdinger sieht die dieser Trennung zugrundeliegenden Unterschiede zum einen in den divergierenden Zielrichtungen beider Rechtsgebiete.277 Während das Europäische Zuständigkeitsrecht den Beklagten nach dem Grundsatz actor sequitur forum rei vorrangig über einen 272 Siehe zur Einbeziehung vorbeugender Unterlassungsklagen in den Anwendungsbereich von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO § 3 B. III. 1. Im Folgenden wird zum Zwecke der Übersichtlichkeit allein auf Verletzungen bzw. Schäden Bezug genommen, die Ausführungen gelten jedoch entsprechend für drohende Verletzungen bzw. Gefahren. 273 Siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. und § 2 C. II. 4. a). 274 Siehe dazu § 2 C. I. 1. a) aa). 275 So die Bezeichnung von Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 104. 276 Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 104. 277 Ausführlich dazu Köck, Die einheitliche Auslegung, S. 121 – 130.

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Wohnsitzgerichtsstand schützen will, geht es im Internationalen Privatrecht primär um die Ermittlung der einzelfallbezogenen engsten Verbindung278 des Sachverhalts bzw. sachnächsten Rechtsordnung,279 welche ggf. über Ausweichklauseln erreicht werden soll.280 Nach Würdinger folgt aus dem Telos des Internationalen Privatrechts zugleich ein Prinzip der Einheit im Sinne der Bestimmung einer auf den Sachverhalt anwendbaren Rechtsordnung ohne Wahlmöglichkeit des Klägers.281 Dagegen werde dem Kläger im Internationalen Zivilprozessrecht über den allgemeinen Gerichtsstand sowie die konkurrierenden besonderen Gerichtsstände bewusst ein Wahlrecht eingeräumt und damit Vielfalt ermöglicht.282 Konzeptionelle bzw. teleologische Differenzen stehen aber dort nicht entgegen, wo aufgrund paralleler Wertungen eine einheitliche Auslegung geboten sowie rechtspolitisch gewollt ist.283 Über die Methode der Auslegung lässt sich in der Konsequenz bei Wertungsparallelen ein Gleichlauf zwischen den Verordnungen herstellen; daneben kann jedoch auch bestehenden konzeptionellen Unterschieden Rechnung getragen werden, soweit dies aus teleologischen Gründen erforderlich ist.284 Nach Erwägungsgrund 7 der Rom II-Verordnung sollten der materielle Anwendungsbereich sowie die Bestimmungen der Rom II-Verordnung mit der Brüssel IaVerordnung, welche gem. Art. 80 EuGVVO an die Stelle der Brüssel I-VO getreten ist, in Einklang stehen. Aus diesem Konkordanzgebot sowie aus der allgemeinen europäischen Zielsetzung, das Unionsrecht in sämtlichen Mitgliedstaaten effektiv zu verwirklichen (effet utile), wird das Gebot der einheitlichen Auslegung dieser Rechtsinstrumente abgeleitet, das in beide Richtungen zu verstehen ist.285 Dahinter steht die Erwägung, dass durch die Brüssel Ia-Verordnung, die Rom I-Verordnung und die Rom II-Verordnung auf der gemeinsamen Rechtsgrundlage des Art. 81 AEUV eine Gesamtregelung geschaffen werden soll, die das Europäische Internationale Zuständigkeits- und Privatrecht für vertragliche und außervertragliche Zivilund Handelssachen umfassend abdeckt und so ein übergeordnetes System bzw. eine vernetzte Einheit286 bietet.287 Damit ist zugleich eine Pflicht zur einheitlichen Auslegung verordnungsübergreifender Begriffe verbunden, von welcher nur aufgrund

278

Junker, NJW 2007, 3675, 3677. Mankowski, Festschr. f. Heldrich, S. 867, 869 f. 280 Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 106 – 108; Köck, Die einheitliche Auslegung, S. 121 – 123. 281 So auch Köck, Die einheitliche Auslegung, S. 124 f. 282 Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 108 f.; Köck, Die einheitliche Auslegung, S. 123 f. 283 Vgl. Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 112. 284 Vgl. Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 106. 285 BeckOGK-ZivilR/Schmidt, Rom II-VO Art. 1 Rdnr. 9; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 1 Rdnr. 3; MüKo-BGB/Junker, Vorbemerkung (Vor Art. 1 Rom II-VO) Rdnrn. 28, 33; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 1 Rdnr. 2. 286 Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 117. 287 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 1 Rdnr. 2. 279

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teleologischer, dem jeweiligen Rechtsinstrument eigenen Charakteristika abgewichen werden kann.288 Handlungs- und Erfolgsort finden sich im Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung sowohl in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO als auch in den Sonderkollisionsnormen der Art. 5 – 9 Rom II-VO, vorliegend relevant in Form des Art. 7 Rom II-VO für Umweltschädigungen. Im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen wird zu untersuchen sein, ob der grundsätzliche Auslegungsgleichklang hinsichtlich des Erfolgsorts im Kontext der Umweltschädigung für das Internationale Zuständigkeitsrecht und das Internationale Privatrecht eingehalten werden kann, oder ob prozessuale oder kollisionsrechtliche Besonderheiten eine divergierende Auslegung der Begriffe in Brüssel Ia-Verordnung und Rom II-Verordnung gebieten. (2) Erfolgsort bei klimawandelbedingten reinen Umweltschädigungen Bei einer reinen Umweltschädigung wird allein die Umwelt als solche, nicht aber ein bestimmtes personelles Individualrechtsgut oder das Vermögen einer Person verletzt. Soll diese auf dem zivilrechtlichen Klageweg geltend gemacht werden, wäre der Erfolgsort nach naturalistischer Betrachtung dort zu lokalisieren, wo der betroffene Teil des Rechtsguts Umwelt verletzt wurde. Das ist der Ort, an dem die infolge der erhöhten Treibhausgaskonzentration verursachte Erderwärmung zu der Veränderung einer natürlichen Ressource, z. B. einer Gletscherschmelze oder Überflutung einer Küstenregion, geführt hat.289 Definiert man den Erfolgsort jedoch als den Ort, an dem in das primär geschützte Rechtsgut eingegriffen wird,290 erweist sich dieses Verständnis bei reinen Umweltschädigungen ggf. als problematisch. (a) Materiellrechtliche Einschränkung auf Ebene der Zuständigkeit? Da die Umwelt ein Allgemeinrechtsgut und keinem bestimmten Individuum eigens zugewiesen ist, wird die materiellrechtliche Durchsetzung in den meisten nationalen Privatrechtsordnungen und die damit verbundene Erhebung einer Popularklage Schwierigkeiten bereiten und nicht möglich sein. Insoweit könnte es an der Schutzfähigkeit der Umwelt zumindest auf dem Gebiet der außervertraglichen deliktischen Haftung fehlen. Fraglich ist, ob sich daraus auch entsprechende Auswirkungen für die Bestimmung des Erfolgsorts bei der gerichtlichen Zuständigkeit ergeben können. So wäre es denkbar, bei der Auslegung des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO bereits das nach dem Kollisionsrecht anwendbare nationale Recht der außervertraglichen Haftung zu berücksichtigen. Danach wäre dann, wenn das nationale Deliktsrecht die Verletzung bestimmter Individualrechtsgüter zur Voraussetzung 288 EuGH, Urt. v. 16. Januar 2014, Rs. C-45/13 – Kainz ./. Pantherwerke AG, NJW 2014, 1166 = ZIP 2014, 699 = EuZW 2014, 232 = BB 2014, 659; BeckOGK-ZivilR/Schmidt, Rom II-VO Art. 1 Rdnr. 9; Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 118; Köck, Die einheitliche Auslegung, S. 141. 289 Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 561. 290 Siehe dazu bereits § 3 B. III. 3. c) aa).

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eines Schadensersatzanspruchs macht und die Umwelt als solche nicht als privatrechtlich schutzwürdig erachtet, erst der Ort der Verletzung eines individuellen Rechtsguts und nicht bereits der Ort der Umweltschädigung als Erfolgsort anzusehen. Wenn das Deliktsrecht dagegen allein das Erfordernis einer Verletzung bzw. eines Schadens gleich welcher Art aufstellt, könnte auch schon der Ort der reinen Umweltschädigung als Erfolgsort zu betrachten sein.291 Mankowski spricht sich insoweit für eine Beschränkung auf Ebene des Internationalen Zivilprozessrechts und damit der internationalen Zuständigkeit aus, wenn auch das in der Sache anwendbare materielle Recht den Schutzbereich des Haftungsrechts eingrenzt und Popularklagen ausschließen möchte.292 Art. 7 Nr. 2 EuGVVO begrenzt seinen Anwendungsbereich dem Wortlaut nach jedoch nicht, sondern fordert allein ein schädigendes Ereignis aus unerlaubter Handlung. Darunter können per se sämtliche Verletzungen von und Schäden an Rechtsgütern oder Interessen fallen.293 Ferner führte eine derartige Einschränkung zu einer vorweggenommenen materiellrechtlichen Prüfung der Ersatzfähigkeit eines Schadens bzw. zu einer antizipierten Bestimmung des Schutzbereichs des Haftungsrechts im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung der Gerichte. Dies würde die gerichtliche Prüfung der Zuständigkeit wiederum mit zusätzlichen materiellrechtlichen Problemen überfrachten und die klare Trennung zwischen Zuständigkeitsrecht und Sachrecht durchbrechen. In der Konsequenz hat auch der Europäische Gerichtshof diesen Vorschlag in einer Entscheidung zur Vorgängernorm des Art. 5 Nr. 3 EGVÜ a. F. abgelehnt.294 So sei eine solche Auslegung mit dem Ziel der Verordnung295, sichere und voraussehbare Zuständigkeitszuweisungen festzulegen, nicht vereinbar, weil die Bestimmung des zuständigen Gerichts dann von ungewissen Umständen, u. a. dem anwendbaren materiellen Haftungsrecht, abhängen würde.296 Entscheidend ist auf Ebene der Zuständigkeit allein, welche Verletzungen bzw. 291 Vgl. das Vorbringen der deutschen Bundesregierung in EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer. 292 Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 561. 293 Vgl. Prütting/Gehrlein/Pfeiffer, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 11. 294 EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer; zustimmend Rauscher/Leible, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 124; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 16; a. A. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 283, der sich für eine kollisionsrechtliche Komponente ausspricht, weil die lex causae den Umfang der Verhaltenspflichten vorgebe; ebenso Zöller/Geimer, Artikel 7 EuGVVO Rdnrn. 69, 72; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 561. 295 Weil die Entscheidung noch zu Art. 5 Nr. 3 EGVÜ erging, wird im Urteil von „Übereinkommen“ gesprochen, die Argumentation ist aber entsprechend auf die EuGVVO übertragbar. 296 EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer; siehe dazu auch Kropholler/v. Hein, Art. 5 EuGVO [a. F.] Rdnr. 88.

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Schäden der Kläger für sich beansprucht und nicht, welche auch das objektiv anwendbare Recht als ersatzfähig ansieht.297 Eine materiellrechtliche Einschränkung bei der Bestimmung des Erfolgsorts im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO muss folglich ausscheiden. (b) Parallele Auslegung zu dem Erfolgsort nach Art. 7 Rom II-Verordnung Vielmehr sollte eine Parallele zu der Auslegung des Begriffs des Erfolgsorts in der Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung gezogen und dem Erfolgsort bei reinen Umweltschädigungen zumindest zuständigkeitsrechtlich selbständige Bedeutung zugestanden werden.298 Art. 7 Rom II-Verordnung differenziert schon im Rahmen des Anwendungsbereichs zwischen außervertraglichen Schuldverhältnissen aus reinen Umweltschädigungen sowie dem aus einer solchen Schädigung herrührenden Personen- oder Sachschaden, und schafft damit zwei eigenständige Anknüpfungspunkte. Auch in der Kollisionsnorm wird der Erfolgsort als der Ort verstanden, an dem der primäre Verletzungserfolg eingetreten ist. Bei einer reinen Umweltschädigung kommt es folglich auf den Ort an, an dem die nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource stattgefunden hat.299 Dafür, den Erfolgsort in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO parallel zum Erfolgsort in Art. 7 Rom II-Verordnung auszulegen, spricht zum einen die von den Verordnungen bezweckte Unionsrechtsvereinheitlichung,300 und das damit einhergehende Gebot des Auslegungszusammenhangs zwischen Zuständigkeits- und Kollisionsrecht auf unionaler Ebene.301 Ferner ist der mit dem Ubiquitätsprinzip des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ermöglichte Gleichlauf zwischen Zuständigkeits- und Kollisionsrecht302 zu beachten. So findet das Ubiquitätsprinzip in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO seine Entsprechung innerhalb der Rom II-Verordnung allein in Art. 7 Rom II-VO, während die allgemeine deliktische Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO den Grundsatz der Anknüpfung nur an den Erfolgsort zugrunde legt. Besteht das Ubiquitätsprinzip als „Relikt“ im Kollisionsrecht aber zumindest im Bereich des Umwelthaftungs297

Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 16. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 75 f. wies bereits im Jahre 2009 darauf hin, dass die Rom II-Verordnung „wichtige Klärungen und Impulse auch für Fragen der internationalen Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-VO (so Art. 7 für die Umweltschädigung mit der Einbeziehung reiner Umweltschäden) bringe“. 299 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 31; BeckOK-BGB/Spickhoff, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 4; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 20; Saenger/Dörner, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 3; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 45; Thorn, in: Kieninger/ Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 151; siehe ausführlich zu Anwendungsbereich und Erfolgsort im Rahmen von Art. 7 Rom II-VO § 4 B. II. 1. und § 4 B. II. 2. a) bb). 300 Vgl. dazu auch Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 176, 179. 301 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Vor Art. 7 Rdnr. 8; siehe dazu bereits ausführlich § 3 B. III. 3. c) bb) (1). 302 Siehe zum Gleichlauf von Forum und Ius auch Dutta, Festschr. f. Kronke, S. 51. 298

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rechts fort, sollte das Pendant in der Brüssel Ia-VO zum Zwecke der einheitlichen und vorhersehbaren Behandlung umwelthaftungsrechtlicher Fälle auch parallel ausgelegt werden. Der von Würdinger hervorgehobene konzeptionelle Unterschied zwischen Internationalem Verfahrensrecht und Internationalem Privatrecht dahingehend, dass der Kläger im Internationalen Privatrecht anders als im Internationalen Zuständigkeitsrecht kein Wahlrecht hinsichtlich der anwendbaren Rechtsordnung habe,303 besteht aufgrund des Ubiquitätsprinzips hier gerade nicht. Insoweit sollte eine „deliktstyporientierte Konkretisierung“304 des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO erfolgen. Darüber hinaus sind als Argument zugunsten der hier intendierten Auslegung Sinn und Zweck des Art. 7 EuGVVO anzuführen. Auf diese Weise kann am ehesten der Funktion der Sach- und Beweisnähe gedient werden, weil das Gericht des Ortes, an dem die Umweltschädigung eintritt, die engste Verbindung zu dem in Rede stehenden Streitgegenstand hat.305 Inwieweit der Umweltschaden dann nach Bestimmung des in der Sache anwendbaren Rechts tatsächlich ersatzfähig ist, ist eine materiellrechtliche Frage, die im Rahmen der Zuständigkeit aus den dargelegten Gründen und der alleinigen Funktion der Zuständigkeitsprüfung – nämlich das Gericht zu ermitteln, das aufgrund der Sach- und Beweisnähe am ehesten in der Lage ist, angemessen über den Sachverhalt zu entscheiden – keine Rolle spielen kann. Erfolgsort bei der reinen Umweltschädigung, hier speziell bei einer durch den Klimawandel verursachten Umweltschädigung, ist unter Beachtung einer „harmonisierenden Auslegung“306 von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-VO der Ort, an dem diese eingetreten ist. Jedoch wird der Erfolgsort bei reinen Umweltschädigungen wohl nur theoretische Bedeutung haben, ohne praktische Auswirkungen zu zeitigen, und ist allein zur dogmatischen Klarstellung geboten. Denn aufgrund der aufgezeigten fehlenden materiellrechtlichen Möglichkeit zur Geltendmachung eines reinen Umweltschadens, ohne dass damit auch eine individuelle Verletzung verbunden ist, wird ein Kläger nicht wegen derartiger Schädigungen Klage erheben. Vielmehr gewinnt für diesen die Bestimmung des Erfolgsorts aufgrund individuell schädigender Ereignisse Relevanz. Dies soll im Folgenden beleuchtet werden. (3) Erfolgsort bei klimawandelbedingten Individualschädigungen Die durch den Klimawandel bewirkte Schädigung der Umwelt als solche wird meist nicht vereinzelt bleiben, sondern weitere Schäden mit sich bringen, insbesondere Personen- und Sachschäden. Betroffen sind dann Individualrechtsgüter wie Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum. Im Regelfall wird die klimawandelbedingte Umweltschädigung in unmittelbarer räumlicher Nähe auch einen Individualschaden auslösen, sodass beide Orte zusammenfallen und ein einheitlicher Erfolgsort benannt werden kann. Allerdings ist auch denkbar, dass der Ort des Eintritts 303 304 305 306

Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) bb) (1). v. Hein, IPRax 2005, 17, 22. Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 1. Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 179.

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der Umweltschädigung und der Ort des Eintritts der Individualschädigung räumlich auseinanderfallen, etwa dann, wenn das Abschmelzen eines an der Grenze zweier Staaten liegenden Gletschers eine derart große Menge an Schmelzwasser auslöst, dass es zu einer Überflutung eines Dorfes im Nachbarstaat kommt und dabei Eigentum der Bewohner zerstört, Menschen getötet oder schwer an ihrer körperlichen Integrität verletzt werden. Sodann stellt sich die Frage, wo der Erfolgsort zu lokalisieren ist, ob also auf den Ort der Umweltschädigung oder auf den Ort des Eintritts der Individualrechtsgutsverletzung rekurriert werden muss. Genau genommen handelt es sich bei der Individualschädigung um einen mittelbaren Folgeschaden aus der klimawandelbedingten Umweltschädigung, weil sie erst durch jene, an sekundärer Stelle, verursacht wird. Ein mittelbarer Folgeschaden ist jedoch – wie bereits gezeigt –307 nicht zuständigkeitsbegründend, da es entsprechend dem Ziel des Art. 7 EuGVVO, das Gericht zu ermitteln, welches zu dem Rechtsstreit die engste Verbindung aufweist, auf den Ort der primären Verletzung bzw. des primären Schadens ankommt. In der Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung wird im Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich zwischen reinen Umweltschädigungen sowie daraus resultierenden Personen- oder Sachschäden differenziert. Die explizite Nennung beider Schadensgruppen wird hier dahingehend verstanden, dass es sich bei den Personen- und Sachschäden gerade nicht um bloße Folgeschäden, sondern um den eigentlichen Bezugspunkt der Anknüpfung für den Erfolgsort handelt.308 Sinnvoll erscheint es, diese Differenzierung, trotz des tendenziell weiter gefassten Wortlauts in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, im Falle von Umweltschäden auch auf die Ebene der Zuständigkeit zu übertragen und dem Gebot der einheitlichen Auslegung von Unionsrechtsakten zu folgen.309 Diese Erwägung rechtfertigt sich v. a., wie bereits für den Erfolgsort bei reinen Umweltschädigungen ausgeführt,310 dadurch, dass Art. 7 Rom II-Verordnung als einzige Kollisionsnorm der Rom II-Verordnung das Ubiquitätsprinzip, welches im Rahmen der Zuständigkeit Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zugrunde liegt, auch für das Europäische Internationale Privatrecht übernommen hat. Um den dadurch ermöglichten Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht praktisch umzusetzen und eine einheitliche Behandlung grenzüberschreitender Umwelthaftungsfälle zu erreichen, sollte der Erfolgsort in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch in Bezug auf Personen- und Sachschäden bei Umwelthaftungsklagen parallel zum Erfolgsort nach Art. 7 Rom II-Verordnung ausgelegt werden. Für eine harmonisierende Auslegung des Erfolgsorts in Art. 7 Rom II-Verordnung und Art. 7 Nr. 2 EuGVVO spricht auch in Bezug auf Individualschädigungen, 307

Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) aa). BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3; BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 16; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 20; siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. c) aa). 309 Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) bb) (1). 310 Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) bb) (2) (b). 308

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dass die Wertungen der Rom II-Verordnung bezüglich der Anknüpfungspunkte ebenso für die EuGVVO angemessen erscheinen.311 Ziel der Gerichtsstände des Art. 7 EuGVVO ist es, einen Gerichtsstand der Sach- und Beweisnähe zu schaffen und dabei Interessen von Kläger und Beklagtem zu einem adäquaten Ausgleich zu bringen. Ein reiner Klägergerichtsstand soll vermieden werden; vielmehr geht es um einen für beide Parteien vorhersehbaren Gerichtsstand bei dem Gericht, das die engste Verbindung zum Rechtsstreit aufweist.312 Macht der Kläger im Rahmen von Klimahaftungsklagen Ansprüche wegen aus einer Umweltschädigung resultierenden Personen- oder Sachschäden geltend, hat gerade das Gericht die engste Beziehung zum Sachverhalt, das unmittelbar am Ort des Eintritts jener Schäden belegen ist. Kläger und Beklagtem geht es dann darum, Sach- und Beweisnähe zu den Personenund Sachschäden zu erreichen, nicht zu der Umweltschädigung, für welche Ersatz nicht verlangt wird. Welche Einbußen die für die Bestimmung des Erfolgsorts maßgeblichen Primärschäden sind, muss sich danach richten, was der Anspruchsteller als Primärschaden beansprucht,313 in diesem Fall Personen- bzw. Sachschäden. Führt eine Umweltschädigung in einem zweiten Schritt zu Personen- oder Sachschäden, ist der Erfolgsort des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ebenso wie bei der reinen Umweltschädigung entsprechend dem Begriff des Erfolgsorts in Art. 7 Rom IIVerordnung zu bestimmen. Maßgeblicher Erfolgsort ist dann der Ort des Eintritts des (drohenden) Personen- oder Sachschadens, nicht der Ort der vorgelagerten Umweltschädigung.314 (4) Erfolgsort bei klimawandelbedingten Vermögensschäden Vermögensschäden stellen in der Regel für die Begründung des Erfolgsorts unbeachtliche Folgeschäden dar, weil sie als mittelbare Sekundärverletzung auftreten. Resultiert ein Vermögensschaden aus einem Personen- oder Sachschaden, so z. B., wenn eine durch eine Umweltschädigung verursachte Körperverletzung Behandlungskosten an einem anderen Ort verursacht, wirkt der Ort des Eintritts des Vermögensschadens nicht zuständigkeitsbegründend. Maßgeblich ist dann der Ort des zuerst eingetretenen Personen- oder Sachschadens.315 Im Zusammenhang mit Umwelthaftung sind auch Vermögensschäden denkbar, welche nur als Folge einer Umweltschädigung, nicht auch als Konsequenz von Personen- oder Sachschäden existieren. So stelle man sich nur den Fall vor, dass ein Gletscher in den Bergen aufgrund der Klimaerwärmung abschmilzt und dahingehend 311

Vgl. Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 176, 179. Vgl. Erwägungsgrund 16 der Brüssel Ia-VO; siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 1. 313 Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 16. 314 So auch Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 561. 315 EuGH, Urt. v. 19. September 1995, Rs. C-364/93 – Marinari ./. Lloyds Bank, EuZW 1995, 765 m. Anm. Holl = IPRax 1997, 331 = JZ 1995, 1107 m. Anm. Geimer; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 7 Rdnr, 32. 312

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das Tourismusgeschäft eines dort gewerbetreibenden Skitourenführers beeinträchtigt, weil infolge geringerer Schneemassen die Nachfrage sinkt und die Einnahmen zurückgehen. Auch dann sind zwei Einordnungsvarianten denkbar: man könnte den Vermögensschaden als nicht beachtlichen Folgeschaden der Umweltschädigung begreifen und den Ort der Umweltschädigung als Erfolgsort ansehen, oder man nimmt die Vermögensschäden ebenso wie Personen- oder Sachschäden als eigenständigen Anknüpfungspunkt für den Erfolgsort heraus. Hier überzeugt wiederum die parallele Auslegung zu Art. 7 Rom II-Verordnung. Zwar sind nach zutreffender herrschender Meinung reine Vermögensschäden vom Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung mit Blick auf das Regelungsziel der Verordnung umfasst,316 jedoch nicht ausdrücklich zusammen mit Personen- oder Sachschäden genannt. Dies wird als Indiz dafür gedeutet, dass Vermögensschäden gerade kein eigenständiger Bedeutungsgehalt zukommen sollte und bereits der Ort der Umweltschädigung schadensbegründend ist.317 Diese Ansicht passt auch im Bereich der Zuständigkeit: im Rahmen einer etwaigen Beweisaufnahme wird das Gericht am Ort der Umweltschädigung Beweis erheben müssen, um z. B. eine tatsächliche Beeinträchtigung des Erwerbsgeschäfts des Skitourenbetreibers zu überprüfen. Das Vermögen ist insoweit abstrakt und vermag keine besonders enge Verbindung von Sachverhalt und Gericht zu rechtfertigen. Zudem ist die Bestimmung des Erfolgsorts bei Vermögensschäden ohnehin äußerst umstritten,318 sodass der Vorhersehbarkeit für beide Parteien am ehesten dadurch gedient ist, dass auf den Erfolgsort der Umweltschädigung abgestellt wird. (5) Zwischenergebnis Die Bestimmung des Erfolgsorts bereitet bei Klimahaftungsklagen insoweit Schwierigkeiten, als dass hier zwischen verschiedenen Arten von Verletzungen und Schäden differenziert werden muss. Der Wortlaut des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist im Gegensatz zu der speziell für Umweltschädigungen konzipierten Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung weit gefasst und stellt allein auf den Ort des Eintritts des schädigenden Ereignisses ab. Für Klagen, mit denen Ansprüche aus unerlaubter Handlung aufgrund Umweltschädigungen geltend gemacht werden sollen, ist der Wortlaut des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO einschränkend und parallel zu Art. 7 Rom IIVerordnung auszulegen. Für reine Umweltschädigungen ist der Erfolgsort am Ort des Eintritts der Umweltschädigung zu lokalisieren, bei dadurch vermittelten Personenoder Sachschäden kommt es auf den Ort des Eintritts jener Schäden als eigenstän-

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Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. c) aa). BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3; BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 19; siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. a) bb). 318 Siehe dazu nur Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 203; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 7 Rdnr. 19c; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnrn. 159 – 161; Roth, Festschr. f. Kronke, S. 471. 317

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digen Anknüpfungspunkt der Zuständigkeit an. Bei reinen Vermögensschäden bleibt es dagegen bei dem Erfolgsort der Umweltschädigung als primärem Bezugspunkt. cc) Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung am Erfolgsort? Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, kann die Erfolgsortzuständigkeit eine sehr weitreichende Gerichtspflichtigkeit des Beklagten bei Klimahaftungsklagen begründen. So ist jeder Ort, an dem eine klimawandelbedingte nachteilige Veränderung der Umwelt und damit eine Umweltschädigung eintritt, sowie jeder Ort, an dem sich daraus ein Personen- oder Sachschaden ergibt, auch Erfolgsort nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, wenn dieser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats liegt. Der Großemittent kann nicht unbedingt vorhersehen, in welchen Staaten es tatsächlich zu Umwelt-, Personen- und Sachschäden kommen wird und wo in der Folge ein Erfolgsort begründet sein kann. Dies erscheint aus seiner Sicht willkürlich, anders als beim allgemeinen Gerichtsstand, welchen der Beklagte über den Sitz bewusst auswählen und damit auch steuern kann. Weil Ziel des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO die Schaffung möglichst vorhersehbarer, sach- und beweisnaher Gerichtsstände für beide Prozessparteien, nicht aber eines Klägergerichtsstands ist,319 muss der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Erfolgsort ggf. eine Einschränkung erfahren.320 (1) Mosaikbetrachtung Aufgrund der Vielzahl denkbarer Erfolgsorte in unterschiedlichen Staaten lassen sich klimawandelbedingte Schäden als Streuschäden einordnen. Darunter sind in erweiterter Begriffsbestimmung all diejenigen haftungsrechtlich relevanten Schäden zu verstehen, welche sich nicht an nur einem Ort ereignen, sondern räumlich weit ausbreiten. Klimawandelbedingte Schäden sind gleichzeitig diffus, also nicht ohne weiteres einem bestimmten Schädiger zuzuordnen. Systematisch davon abzugrenzen sind Streudelikte, bei welchen Schäden eines einzelnen Geschädigten an verschiedenen Orten zu lokalisieren sind.321 Für die als Streudelikte zu qualifizierenden Pressedelikte322 wurde durch den Europäischen Gerichtshof die sogenannte Mosaikbetrachtung eingeführt.323 Danach kann der Kläger zwar an jedem Erfolgsort Klage erheben, jedoch darf vor dem Gericht des Erfolgsorts durch den Kläger nur der Teil des Schadens liquidiert werden, der im jeweiligen territorialen Zuständigkeitsbezirk des Gerichtsstaats liegt. Das Gericht hat insoweit eine beschränkte Kognitionsbe319

Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 103; siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 1. 320 Zum Ganzen Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91. 321 Zum Ganzen Schaub, JZ 2011, 13. 322 Siehe dazu bereits § 3 B. III. 3. b) bb) (1). 323 EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295.

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fugnis, als dass das geschützte Rechtsgut an jenem Ort auch tatsächlich verletzt sein muss.324 Durch die „Aufteilung“ des Rechtsstreits in kleinteilige „Mosaike“ hat sich das Gericht stets nur mit einem Ausschnitt der Rechtsfolge der in Rede stehenden unerlaubten Handlung zu befassen. Gedient wird auf diese Weise insbesondere der Funktion der möglichst großen Sach- und Beweisnähe und der Betrauung desjenigen Gerichts mit dem Rechtsstreit, das zu diesem eine enge Verbindung aufweist.325 Eine umfassende Beurteilung des gesamten Schadens kann der Kläger nur bei Klageerhebung am allgemeinen Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO oder am Gerichtsstand des Handlungsorts gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO erreichen.326 Trotz der originären Entwicklung für den Bereich der Pressedelikte ist die Mosaikbetrachtung nicht auf jene beschränkt, sondern einer Übertragung auf andere Streudelikte zugänglich.327 Die grundsätzliche Funktion der Doktrin, eine Balance zwischen Kläger- und Beklagteninteressen nicht einseitig zu Gunsten des Klägers und zu Lasten des Beklagten zu verschieben,328 passt auch für weitere Streudelikte. Die Mosaikbetrachtung verhindert damit ein zu weitreichendes forum shopping durch den Kläger, das in Abkehr von der eigentlichen Zwecksetzung des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zu einem Klägergerichtsstand führen würde.329 Das Streben nach möglichst großer Sach- und Beweisnähe wird dem generellen Ziel des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ebenso gerecht. Lehmann und Eichel qualifizieren auch Klimahaftungsfälle als Streudelikte mit der Folge einer Mosaikbetrachtung und Begrenzung der Zuständigkeit des Gerichts des jeweiligen Erfolgsorts auf den dort eingetretenen Schaden.330 Eine Übertragung wird jedoch von anderen Stimmen mit der Begründung abgelehnt, dass in Klimahaftungsfällen gerade eine andere Konstellation als bei Pressedelikten und Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorliege: während bei jenen eine Person in mehreren Staaten geschädigt werde, handele es sich im Zusammenhang mit dem Klimawandel gerade um mehrere Geschädigte in verschiedenen Staaten. In der Konsequenz sei die Mosaikbetrachtung mangels Charakters als Streudelikt nicht anwendbar und es gelte 324

EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 129. 325 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 129. 326 EuGH, Urt. v. 7. März 1995, Rs. C-68/93 – Shevill ./. Press Alliance SA, EuZW 1995, 248 = IPRax 1997, 111 = NJW 1995, 1881 = ZEuP 1996, 295. 327 Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 207; Rauscher/ Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 129; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 172; Kropholler/v. Hein, Art. 5 EuGVVO Rdnr. 85; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 562; a. A. Kreuzer/Klötgen, IPRax 1997, 90, 94 f. 328 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203, 276; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 562. 329 Vgl. Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 129; Mankowski, Gedächtnisschr. f. Schmehl, S. 557, 562. 330 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 90.

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uneingeschränkt das Ubiquitätsprinzip.331 Dieser Einwand kann jedoch nicht vollumfänglich überzeugen bzw. muss in der Begründung konkretisiert werden. Den Autoren ist insoweit zuzustimmen, als dass für eine unerlaubte Handlung, gekennzeichnet durch die Individualbeziehung zwischen Geschädigtem und Schädiger, in der Regel nur ein Erfolgsort in einem Mitgliedstaat gegeben sein wird, etwa bei einer Körper- oder Gesundheitsverletzung. Insoweit liegt regelmäßig kein Streudelikt vor, zumindest nicht im jeweiligen Beteiligtenverhältnis bzw. aus Sicht des Geschädigten, welche für die Qualifizierung als Streudelikt maßgeblich ist.332 Selbstredend ist für diesen Geschädigten nicht auch der Erfolgsort, an dem ein anderer Geschädigter, nicht aber er selbst, eine ähnliche Verletzung durch das identische Verhalten des Schädigers erlitten hat, nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zuständigkeitsbegründend. Sind aber mehrere Personen durch einen Schädiger an verschiedenen Orten geschädigt, handelt es sich um einen Massenschaden, bei welchem sich vielmehr die Frage nach einer etwaigen Zuständigkeitskonzentration und Bündelung gleichartiger Verfahren stellt.333 Darauf soll zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekommen werden.334 Jedenfalls passt die Mosaikbetrachtung bei mehreren Geschädigten, bei denen sich die Streuung von Schäden allein aufgrund der Tätigkeit des Schädigers ergibt, es für den einzelnen Geschädigten aber schon nicht zu einer Zuständigkeitszersplitterung kommt, nicht. In diesen Fällen fehlt es auch nicht an der Sach- und Beweisnähe, wenn der Geschädigte am Gericht des Erfolgsorts klagt und allein seinen dort erlittenen Schaden geltend macht. Jedoch sind Streudelikte in Klimahaftungsfällen auch nicht gänzlich ausgeschlossen, so etwa, wenn ein Betroffener in verschiedenen Mitgliedsstaaten der Brüssel Ia-VO Eigentum hat, welches durch klimawandelbedingte Auswirkungen und damit ggf. mittelbar durch den Beklagten verletzt wird. Dann bestehen für den Geschädigten auch mehrere Erfolgsorte mit der Folge der Anwendbarkeit der Mosaiktheorie und einer Beschränkung der Kognitionsbefugnis des Gerichts des Erfolgsorts auf die im Staat eingetretenen Schäden. Hier passen auch die für die Mosaikbetrachtung vorgebrachten Erwägungen in Bezug auf die Sach- und Beweisnähe, da es in derartigen Fällen gerade im Rahmen der Beweisaufnahme aufgrund der Art der Rechtsgutsverletzungen verstärkt auf ein Gericht in räumlicher Nähe ankommen wird. Im Ergebnis ist der Mosaikbetrachtung für Klimahaftungsfälle nur eingeschränkte Bedeutung zuzugestehen. So wird sie dann Anwendung finden, wenn sich der Charakter als Streudelikt aus einer Vielzahl von Schäden bei einem Betroffenen in vielen Staaten ergibt, nicht aber, wenn allein das Verhalten des Beklagten bzw. 331

Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 612; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 389 f.; Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 594. 332 Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 612; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 389 f.; Schaub, JZ 2011, 13, 17. 333 Vgl. Schaub, JZ 2011, 13, 15, 17. 334 Siehe hierzu ausführlich § 3 B. V. 2.

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Schädigers die Streuung begründet. Insoweit ist ohnehin für jeden Geschädigten allein der Erfolgsort zuständigkeitsbegründend, an dem dieser selbst Betroffener einer unerlaubten Handlung ist. Erleidet aber eine Person in verschiedenen Mitgliedsstaaten der Brüssel Ia-Verordnung Schäden, ist der Beklagte einer Klimahaftungsklage zunächst insofern geschützt, als dass das Gericht des jeweiligen Erfolgsorts, an dem ein klimawandelbedingter Schaden eingetreten ist oder drohend bevorsteht, in seiner Kognitionsbefugnis auf die (drohenden) Schäden innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs beschränkt ist und nicht vor jedem Gericht des Erfolgsorts auch der gesamte Schaden eingeklagt werden kann. Generell führt die Mosaikbetrachtung nicht dazu, dass sich die absolute Zahl der möglichen Gerichte, vor welchen den Beklagten die Verteidigungslast trifft, verringert. Aufgrund dieser Bedenken werden weitere Einschränkungen erwogen.335 (2) Weitere Einschränkungsmöglichkeiten (a) Kausalitätsvorbehalt Eine Restriktionsmöglichkeit könnte die Einführung eines Kausalitätsvorbehalts bereits auf Ebene der Zuständigkeitsprüfung sein. Erforderlich für die Bejahung des Gerichtsstands des Erfolgsorts wäre damit, dass schon bei Klageerhebung nachgewiesen werden muss, dass die Emissionen des Beklagten für den eingetretenen oder drohenden klimawandelbedingten Schaden kausal gewesen sind. Diese Ansicht wurde bereits im Zusammenhang mit dem allgemeinen Gerichtsstand thematisiert,336 und kann auf Grundlage eines prozessökonomischen Verständnisses auch als Schranke der Erfolgsortszuständigkeit nicht überzeugen. So soll im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO allein das Gericht bestimmt werden, welches die engste Beziehung zum Streitgegenstand aufweist und unter den Aspekten der Sach- und Beweisnähe zur Entscheidung berufen ist, nicht aber umfassend über den Anspruch entschieden werden. Wie bereits gezeigt wurde, bereitet die materiellrechtliche Kausalität bei der Klimahaftung erhebliche Schwierigkeiten,337 welche die Zuständigkeitsprüfung vollkommen überfrachten würden.338 Weil die der Kausalität bzw. dem Delikt allgemein zugrundeliegenden Tatsachen doppelrelevante Tatsachen sind, genügt deren schlüssiger Vortrag.339 Die Einführung eines Kausalitätsvorbehalts auf Ebene der Zuständigkeitsprüfung ist mit diesen Argumenten wiederholt entschieden abzulehnen. 335

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 90 f. Siehe dazu ausführlich § 3 B. II. 4. b). 337 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 4. a). 338 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91. 339 EuGH, Urt. v. 28. Januar 2015, Rs. C-375/13 – Kolassa ./. Barclays Bank plc, NJW 2015, 1581; Rauscher/Leible, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 106; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91; siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 2. b). 336

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(b) Vorhersehbarkeitsvorbehalt Darüber hinaus ließe sich eine Restriktion unter einem Vorhersehbarkeitsvorbehalt erwägen. Danach wären nur diejenigen (drohenden) Schäden am Erfolgsort zuständigkeitsbegründend, welche auch für den Beklagten voraussehbar waren.340 Vor Gerichten an Erfolgsorten, mit denen der Beklagte nicht rechnen musste, müsste er sich folglich auch nicht verteidigen. Begründet wird diese Auffassung mit dem Gesichtspunkt der Billigkeit zugunsten des Beklagten.341 Zur näheren Konkretisierung der Vorhersehbarkeit könnte ein Rückgriff auf die Kriterien in Art. 5 Rom IIVerordnung erfolgen, wie es bereits bei der Bestimmung der Zuständigkeit im Rahmen der Produkthaftung geschieht.342 Problematisch erscheint jedoch auch hier die Überfrachtung der Zuständigkeitsprüfung mit materiellrechtlichen Erwägungen: bereits an dieser Stelle des gerichtlichen Verfahrens müsste unter Anstellung von Wertungen und normativen Kriterien untersucht werden, welche Schäden für den Beklagten tatsächlich (nicht) vorhersehbar waren.343 Diese Erwägungen spielen aber ggf. auch auf materiellrechtlicher Ebene, etwa bei der Ermittlung einer etwaigen Sorgfaltspflichtverletzung der Emittenten, eine Rolle.344 Zuständigkeitsrechtliche und sachrechtliche Aspekte würden dadurch vermengt. Zudem würde die Einfügung eines zusätzlichen Kriteriums der Vorhersehbarkeit erhebliche Schwierigkeiten bereiten, weil sich hierzu keine allgemeingültigen Kriterien aufstellen lassen, sondern die Einschränkung unter dem Aspekt der Billigkeit stets anhand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen wäre. Damit einher gehen aber erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Rechtssicherheit. Dies würde wiederum die Voraussehbarkeit der Zuständigkeit für den Kläger erschweren, deren Erreichung aber ebenfalls Ziel des Art. 7 EuGVVO ist. Aufgrund dieser Zweifel ist auch der Vorhersehbarkeitsvorbehalt abzulehnen.345 (c) Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Rechtsgutsverletzungen Schließlich wird zur Vermeidung einer ausufernden Gerichtspflichtigkeit des Beklagten eine Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Rechtsgutsverletzungen zur Restriktion des Gerichtsstands des Erfolgsorts vorgeschlagen.346 Danach seien nur unmittelbare Schädigungen zuständigkeitsbegründend, 340

OLG München, Urt. v. 17. Juni 1993, Az. 29 U 6063/92, NJW-RR 1994, 190; Schlosser/ Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 16d. 341 OLG München, Urt. v. 17. Juni 1993, Az. 29 U 6063/92, NJW-RR 1994, 190, 191. 342 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 123; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91. 343 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 92. 344 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 3. b) cc). 345 So auch Adolphsen, EuZVR, Rdnr. 108; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 45 f. für den Erfolgsort im Rahmen von Art. 7 Rom II-VO. 346 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91.

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nicht aber mittelbare Schädigungen. Mittelbare Schädigungen sind für die hier in Rede stehenden Klimahaftungsklagen klimawandelbedingte Individualschäden, d. h. Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, welche erst nachrangig vermittelt durch eine klimawandelbedingte Umweltschädigung verursacht werden.347 Gestützt wird diese Auffassung auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach drohende oder eingetretene Schädigungen Dritter als nicht direkt durch das schädigende Ereignis geschädigte Personen nicht zuständigkeitsbegründend seien, weil es an einer ausreichenden Nähe zu den Haftungsvoraussetzungen fehle.348 Allerdings kann diese Auffassung nicht überzeugen.349 So widerspricht das Ausscheiden mittelbarer Individualschäden bei der Erfolgsortszuständigkeit gerade der Grundentscheidung des Art. 7 Rom II-Verordnung, Personen- oder Sachschäden als selbständig zuständigkeitsbegründend und nicht als mittelbare Folgeschäden zu betrachten, die nach hier vertretener Ansicht auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO übertragen werden sollte.350 Zudem würde ein wichtiger Teil des Schadensumfangs von Klimahaftungsklagen am Erfolgsort vollständig ausgeklammert werden und in diesem Kontext kaum Bedeutung erlangen, weil die Geltendmachung von reinen Umweltschädigungen auf dem Zivilrechtsweg aufgrund der fehlenden individuellen Zuordnung des Rechtsguts Umwelt wohl nicht vorkommen wird.351 Wenn zusätzlich noch der Handlungsort des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO mit dem allgemeinen Gerichtsstand nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO zusammenfällt, würde der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für Klimahaftungsklagen nicht zur praktischen Relevanz gelangen. Dies kann jedoch für einen Paradefall der unerlaubten Handlung, nämlich die Umweltschädigung, vom Verordnungsgeber so nicht gewollt sein. Ferner müssen auch hier die Funktion des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und das Interesse des Beklagten beachtet werden, seinen Schaden an dem Ort geltend machen zu können, an welchem er wegen der Sach- und Beweisnähe des Gerichts mit einer effektiven Rechtsgewährung und schnellem Prozessieren rechnen kann.352 Die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Rechtsgutsverletzungen als Möglichkeit der Einschränkung einer weiten Gerichtspflichtigkeit des Beklagten am Erfolgsort ist im Ergebnis abzulehnen.

347

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 91 f. EuGH, Urt. v. 11. Januar 1990, Rs. C-220/88, EuZW 1990, 34 = NJW 1991, 631; EuGH, Urt. v. 10. Dezember 2015, Rs. C-350/14, JZ 2016, 308 = NJW 2016, 466 = RIW 2016, 225 = ZEuP 2017, 953. 349 So auch Kieninger, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 119, 130 f.; Weller/ Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 613; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 390 f.; Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 594. 350 Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. c) bb) (2) (b). 351 Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. c) bb) (2). 352 Ähnlich auch Kieninger, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 119, 130, die ferner auf die fehlende Schutzwürdigkeit des Schädigers im Hinblick auf seine finanziellen Ressourcen verweist. 348

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(3) Ablehnung einer weiteren Einschränkung Im Ergebnis kann keine der vorgeschlagenen Einschränkungsmöglichkeiten tatsächlich überzeugen. Bei näherer Betrachtung ist das Erfordernis der Begrenzung allerdings auch zweifelhaft. So beschränkt Art. 7 EuGVVO seinen Anwendungsbereich bereits selbst dahingehend, dass der danach gegebene Gerichtsstand im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Brüssel Ia-Verordnung liegen muss. Dem Klimabeklagten droht insoweit keine weltweite Gerichtspflichtigkeit nach dem Gerichtsstand des Erfolgsorts gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, sondern es findet von vornherein eine Begrenzung auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Brüssel IaVerordnung statt. Des Weiteren bietet die Mosaikbetrachtung, die im Falle einer Streuung von Schäden und Erfolgsorten auch in Umwelthaftungsfällen Anwendung finden kann, eine sinnvolle Einschränkung, da sie die Gerichtspflichtigkeit für den Beklagten zumindest hinsichtlich des Umfangs vorhersehbar macht. Zudem nimmt die Beschränkung der Kognitionsbefugnis der Gerichte dem Gerichtsstand des Erfolgsorts die Attraktivität für den Kläger, der zur Schonung eigener Ressourcen und finanzieller Mittel bestrebt sein wird, möglichst bei einem Gericht den gesamten Schaden geltend zu machen, und somit ohnehin eher am Gerichtsstand des Handlungsorts oder am allgemeinen Gerichtsstand Klage erheben wird. Im Übrigen rechtfertigen die Zwecke der Sach- und Beweisnähe einen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung und die Abweichung vom Heimatgerichtsstand des Klägers. Dass aufgrund der Vielzahl potenzieller Schädiger auch eine Vielzahl potenzieller Erfolgsorte in Betracht kommt, folgt aus der Eigenart des schädigenden Verhaltens und dem weitreichenden Aktionsradius des Beklagten, und ist von diesem im Gegenzug hinzunehmen. Das Erfordernis weitergehender Einschränkung besteht zumindest auf Ebene der Zuständigkeit gegenwärtig nicht. 4. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch auf das neue, gegenüber den traditionellen Umwelthaftungsklagen weitaus komplexer erscheinende rechtliche Phänomen der Klimaklagen in angemessener Weise flexibel reagieren kann. So sind sämtliche im Zusammenhang mit Klimahaftung in Betracht kommenden, repressiven und präventiven Ansprüche unproblematisch vom Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO erfasst. Der Kläger wird in der Regel auch die auf Ebene der Zuständigkeit geforderten Beweis- und Darlegungsanforderungen erfüllen können. Eine umfassende Beweisaufnahme hinsichtlich der Kausalität ist an dieser Stelle noch nicht durchzuführen, regelmäßig reicht die schlüssige Behauptung der Tatsachen zur Begründung einer unerlaubten Handlung. Nach dem Ubiquitätsprinzip spielen sowohl Handlungs- als auch Erfolgsort für den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eine Rolle. Für Klimahaftungsklagen

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ist der Handlungsort abweichend von dem Grundsatz, dass es bei emittierenden Anlagen, die auch von Großemittenten von Treibhausgasen betrieben werden, auf den Ort der Belegenheit der jeweils emittierenden Anlage ankomme, bei der Unternehmenszentrale des Großemittenten zu lokalisieren. Hier liegt das Zentrum der Entscheidungskompetenz und Verantwortlichkeit im Sinne der Steuerung der maßgeblichen Unternehmens- und Emissionspolitik und damit der Ursprung des schädigenden Verhaltens. Für den Erfolgsort ist bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eine parallele Auslegung zu Art. 7 Rom II-Verordnung zu favorisieren, entsprechend dem Ziel des unionalen Auslegungsgleichklangs und des Gleichlaufs von Forum und Ius durch das Ubiquitätsprinzip. Auch die Funktion des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, einen möglichst vorhersehbaren und sachnahen Gerichtsstand mit der engsten Verbindung zum Rechtsstreit zu schaffen, kann so am ehesten verwirklicht werden. Nach Art der verletzten Rechtsgüter bzw. eingetretenen Schäden ist zu differenzieren. Für reine Umweltschädigungen kommt es – ohne Berücksichtigung materiellrechtlicher Schutzbereichsbestimmung oder Ersatzfähigkeit – für den Erfolgsort auf den Ort des Eintritts der Umweltschädigung an, für dadurch vermittelte Personen- und Sachschäden aber wiederum auf den Ort des Eintritts des Individualschadens. Als Erfolgsort für reine Vermögensschäden ist dagegen bereits der Ort der primären Umweltschädigung maßgeblich, da es sich insoweit nur um mittelbare Folgeschäden ohne eigenständige zuständigkeitsrechtliche Bedeutung handelt.

IV. Der Gerichtsstand der Niederlassung nach Art. 7 Nr. 5 EuGVVO Unter den besonderen Zuständigkeiten der Brüssel Ia-Verordnung kommt darüber hinaus der Gerichtsstand der Niederlassung gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO in Betracht. Danach kann der Kläger den Beklagten vor dem Gericht des Ortes der Niederlassung verklagen, wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer solchen handelt. 1. Grundlegung zu Art. 7 Nr. 5 EuGVVO Voraussetzung ist auch hier, dass der Beklagte seinen (Wohn-)Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat und sich der Gerichtsstand der Niederlassung von dem allgemeinen Gerichtsstand unterscheidet. Sind diese Erfordernisse gegeben, hat der Kläger ein Wahlrecht, vor welchem der konkurrierenden Gerichte er Klage erheben möchte.353

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BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnrn. 127 – 129.

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Der Gerichtsstand der Niederlassung dient dem Schutz der Geschäftspartner und Gläubiger, die mit dem Inhaber der Niederlassung kontrahieren oder in sonstiger Weise im Rechtsverkehr mit diesem zu tun haben. Profitiert der Niederlassungsinhaber von den Vorzügen einer ausländischen Niederlassung, soll er im Gegenzug ebenso bei den Gerichten des Niederlassungsstaates gerichtspflichtig sein;354 wohingegen die andere Partei nicht zur Klageerhebung vor ausländischen Gerichten gezwungen werden soll, wenn sie bisher nur mit der Niederlassung im Inland im Austausch stand.355 Hinzu tritt der Aspekt der räumlichen und damit verbundenen Sach- und Beweisnähe des Gerichts zum Streitgegenstand.356 Das zuständige Gericht ist sodann zur Entscheidung über sämtliche aus dem Betrieb der Niederlassung resultierende Streitigkeiten befugt,357 unabhängig von der vertraglichen oder deliktischen Herkunft.358 Da der Inhaber der Niederlassung sich damit gleich einer natürlichen Person am „Wohnsitz“ hinsichtlich aller von der Brüssel Ia-Verordnung umfassten zivil- und handelsrechtlichen Streitigkeiten rechtfertigen muss,359 gilt Art. 7 Nr. 5 EuGVVO als „verkleinerter Wohnsitzgerichtsstand“360 und erweitert den allgemeinen Gerichtsstand für juristische Personen.361 Wesentliches Merkmal der Zuständigkeitsnorm ist das Bestehen einer Niederlassung. Der Begriff ist im Sinne einer einheitlichen europäischen und für beide Parteien vorhersehbaren, gleiche Rechte und Pflichten gewährenden Zuständigkeitsordnung autonom auszulegen.362 Darunter ist eine Außenstelle eines Stammhauses zu verstehen, die auf Dauer geplanter Mittelpunkt geschäftlicher Aktivitäten ist, eine eigene Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass von ihr aus 354 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 357; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 229; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 117. 355 Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 152; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 20. 356 EuGH, Urt. v. 22. November 1978, Rs. 33/78 – Somafer ./. Saar-Ferngas, RIW 1979, 56 (noch zu der Vorgängernorm des Art. 5 Nr. 5 Brüssel I-VO); Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 189. 357 Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 7 Rdnr. 38. 358 EuGH, Urt. v. 22. November 1978, Rs. 33/78 – Somafer ./. Saar-Ferngas, RIW 1979, 56 (noch zu der Vorgängernorm des Art. 5 Nr. 5 Brüssel I-VO); MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel IaVO Art. 7 Rdnr. 83; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 188; a. A. BeckOKZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 122, der den sachlichen Anwendungsbereich des Gerichtsstands auf vertragliche Anspruchsgrundlagen beschränkt. 359 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 74. 360 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 361; Magnus/Mankowski/ Mankowski, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 422; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 74; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 152. 361 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 74. 362 EuGH, Urt. v. 22. November 1978, Rs. 33/78 – Somafer ./. Saar-Ferngas, RIW 1979, 56; Magnus/Mankowski/Mankowski, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 425; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 155; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 20; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 120.

B. Int. Zuständigkeit für Klimahaftungsklagen nach der Brüssel Ia-VO

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Geschäfte mit Dritten betrieben werden können.363 Entscheidend ist die Leitung und Beaufsichtigung der Niederlassung vom Stammhaus aus.364 Nicht unter die Definition einer Niederlassung fallen deshalb rechtlich selbständige Tochtergesellschaften, die grundsätzlich ihre eigene Geschäftsführung betreiben bzw. in eigener Verantwortung tätig werden.365 Jedoch kommt es hierbei nicht primär auf die rechtliche Ausgestaltung, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse an: so kann eine juristische Person, die in einem bestimmten Mitgliedstaat zwar keine Niederlassung betreibt, wohl aber mit einer formal rechtlich selbständig organisierten Außenstelle unter eigener Firma und mit identischer Geschäftsführung im Rechtsverkehr in der Weise auftritt, dass zentrales Stammhaus und auswärtige juristische Person als Einheit erscheinen, trotz ihrer rechtlichen Eigenständigkeit gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO am Ort der Außenstelle gerichtspflichtig sein.366 2. Bedeutung des Art. 7 Nr. 5 EuGVVO im Zusammenhang mit Klimahaftungsklagen Die Klageerhebung gegen eine einzelne Niederlassung eines Großemittenten wird praktisch eher unbedeutend bleiben. Denn das Begehren des Klägers ist auf die Änderung der bzw. Übernahme von Verantwortlichkeit für die Emissionspolitik eines Großemittenten insgesamt gerichtet; nicht bezogen auf den in der Relation zur Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen des Unternehmens eher geringen Anteil einer einzelnen Niederlassung. Dies würde kaum Effekte zeigen, wenn der maßgebliche „Hebel“ in der Unternehmenszentrale liegt. Der Kläger müsste dann gegen jede einzelne Niederlassung klagen, was gegenüber dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO keine nennenswerten Vorzüge bieten wird.367 Zudem scheint es naheliegend, dass der Großemittent selbständige Tochtergesellschaften gründet, um das Risiko des unternehmerischen Handelns auf unabhängige, eigenverantwortliche Rechtsträger auszulagern und somit unter mehreren 363 EuGH, Urt. v. 22. November 1978, Rs. 33/78 – Somafer ./. Saar-Ferngas, RIW 1979, 56 (noch zu der Vorgängernorm des Art. 5 Nr. 5 Brüssel I-VO). 364 EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1976, Rs. 14/76 – Bloos ./. Bouyer, JuS 1977, 614 = NJW 1977, 490 = RIW 77, 42. 365 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rdnr. 81; Rauscher/Leible, Artikel 7 Brüssel Ia-VO Rdnr. 160; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 20; Adolphsen, EuZVR, Rdnrn. 124 f.; a. A. Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, Art. 7 EuGVVO Rdnr. 372; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 123; jedoch bezieht Geimer sich auf die dazu existierende Judikatur des EuGH (Fn. 363), weshalb davon auszugehen ist, dass er nicht jede rechtlich selbständige Tochtergesellschaft auch als Niederlassung qualifizieren will. 366 EuGH, Urt. v. 9. Dezember 1987, Rs. 218/86 – Sar Schotte GmbH ./. Parfums Rothschild Sárl, IPRax 1989, 96 m. Bespr. Kronke, 81 = NJW 1988, 625 = RIW 1988, 136 m. Anm. Geimer, 220. 367 Siehe dazu auch § 3 B. III. 3. b).

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

Gesellschaften zu verteilen.368 Eine Klageerhebung beim Gericht am Sitz der Tochtergesellschaft gestützt auf Art. 7 Nr. 5 EuGVVO scheidet dann aber mangels Vorliegens einer Niederlassung aus. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls und der konkreten Ausgestaltung kommt es in Betracht, eine formal als selbständige Tochtergesellschaft organisierte Außenstelle dennoch faktisch als Niederlassung zu qualifizieren, sodass auch dort ein Gerichtsstand gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO gegeben ist. Dann greift aber wiederum die Überlegung, dass der Klimahaftungskläger aus taktischen Gründen vorzugsweise gegen die übergeordnete Konzernmutter am Sitz der Unternehmenszentrale Klage erheben sollte, um sein eigentliches Rechtsschutzziel zu erreichen. Der Gerichtsstand der Niederlassung gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO hat somit für Klimaklagen nur eine sehr eingeschränkte bzw. nahezu keine Bedeutung.

V. Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO Die bisherigen Ausführungen zu internationalen Klimahaftungsklagen bezogen sich stets auf individuelle Rechtsschutzersuchen einzelner Kläger gegen singuläre Beklagte. Da in Klimahaftungsfällen jedoch im Regelfall eine weltweite individuelle und kollektive Betroffenheit in Rede steht und einem einzelnen Großemittenten stets nur ein Bruchteil der globalen Gesamtkonzentration an emittierten Treibhausgasen zugerechnet werden kann, erscheint es aus Klägersicht im Sinne der Effektuierung der Durchsetzung seines rechtlichen Begehrens sinnvoll, ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Betroffenen gegen mehrere Großemittenten als Beklagte zu erwägen. Die Brüssel Ia-Verordnung geht im Grundsatz von grenzüberschreitenden Individualklagen aus, welche bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen an den jeweiligen Gerichtsständen erhoben werden können. Sieht die lex fori des berufenen Forumsstaats einen Kollektivrechtsbehelf zur Bündelung mehrerer gleichartiger Individualklagen im nationalen Verfahrensrecht vor, bleibt es dem Kläger unbenommen, auf diesen Rechtsbehelf gemeinsam mit anderen Klägern zu rekurrieren, soweit das jeweilige Prozessrecht die Anwendung des Kollektivrechtsbehelfs auch für grenzüberschreitende Fälle gestattet.369 Die Möglichkeit des Rückgriffs auf etwaige Kollektivrechtsbehelfe ist jedoch Frage des nationalen Verfahrensrechts und unabhängig von den Bestimmungen der Brüssel Ia-Verordnung. Die Brüssel Ia-Verordnung beinhaltet selbst nur eine Zuständigkeitsregelung, die einen kollektiven Bezug aufweist und einen Mehrparteien-Gerichtsstand schafft. So wird in Art. 8 Nr. 1 EuGVVO der Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft als weitere besondere Zuständigkeit in Abweichung zum allgemeinen Gerichtsstand normiert. Danach können mehrere Personen mit Wohnsitz in unterschiedlichen 368 369

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 89. Stadler, JZ 2009, 121, 123 f., 126.

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Mitgliedstaaten zusammen vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern eine ausreichend enge Beziehung zwischen den Klagen besteht. Im Folgenden soll Art. 8 Nr. 1 EuGVVO in seinen Grundzügen unter besonderer Berücksichtigung der Relevanz für Klimahaftungsklagen erörtert werden. Im Anschluss gilt der Fokus rechtlichen Verbesserungsmöglichkeiten des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO bzw. des kollektiven Rechtsschutzes allgemein, speziell in Anbetracht internationaler privatrechtlicher Umwelthaftungsfälle. 1. Grundlegung zu Art. 8 Nr. 1 EuGVVO a) Normzweck Hintergrund aller besonderen Gerichtsstände des Art. 8 EuGVVO ist die sachliche Erwägung, dass im Interesse einer geordneten Rechtspflege zugunsten der Prozessökonomie370 ein einheitlicher Gerichtsstand für ausgewählte im Sachzusammenhang stehende Klagen geschaffen werden soll.371 Diese sollen vor einem Gericht verhandelt werden, um gegensätzliche und widersprüchliche Gerichtsentscheidungen bei gleicher Sach- und Rechtslage in getrennten Verfahren zu vermeiden.372 Das berufene Gericht hat eine umfassende Kognitionsbefugnis hinsichtlich sämtlicher gegen die Beklagten geltend gemachter Ansprüche.373 Ferner gilt der Grundsatz der perpetuatio fori, wonach eine einmal begründete Zuständigkeit bei Entfallen zuständigkeitsbegründender Tatsachen nicht mehr nachträglich beseitigt werden kann.374 Weil die Brüssel Ia-Verordnung jedoch nicht von einem allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs ausgeht,375 sind die einzelnen Gerichtsstände des Art. 8 EuGVVO – auch mit Blick auf den Beklagtenschutz und den Gedanken der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit – als Abweichung von der Grundregel des 370

BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 1; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 7 Rdnr. 3. 371 Erwägungsgrund 16 S. 1 der Brüssel Ia-VO. 372 EuGH, Urt. v. 27. September 1988, Rs. 189/87 – Kalfelis ./. Schröder, NJW 1988, 3088 m. Anm. Geimer = IPRax 1989, 272 m. Anm. Gottwald = RIW 1988, 987 m. Anm. Schlosser; EuGH, Urt. v. 1. Dezember 2011, Rs. C-145/10, RIW 2012, 55 = GRUR 2012, 166 = EuZW 2012, 182; kritisch dazu Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnrn. 1 – 4. 373 EuGH, Urt. v. 27. September 2017, Rs. C-24/16, C-25/16 – Nintendo Co. Ltd. ./. BigBen Interactive GmbH et al., IPRax 2019, 233; Zöller/Geimer, Artikel 8 EuGVVO Rdnr. 1. 374 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 7; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 5; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 6; einschränkend Schlosser/Hess/ Schlosser, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 3. 375 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Vor Rdnr. 1; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnrn. 5, 9; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 1; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 1; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 1; Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 1.

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Wohnsitzgerichtsstands restriktiv auszulegen,376 und in der Aufzählung als abschließend zu betrachten.377 Ein allgemeiner Gerichtsstand des Sachzusammenhangs ergibt sich auch nicht aus Art. 30 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 EuGVVO, da beide Normen von bereits zulässig erhobenen Klagen ausgehen und somit keine eigene Zuständigkeit begründen.378 Dahinter steht der der gesamten Brüssel Ia-Verordnung immanente Gedanke des Beklagtenschutzes: dem Beklagten soll nur aus besonderen Gründen und in für ihn vorhersehbarer Art und Weise der Wohnsitzgerichtsstand entzogen werden.379 b) Anwendungsbereich aa) Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich Der räumliche Anwendungsbereich des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO wird seinem Wortlaut nach derart begrenzt, als dass sämtliche Beklagte – zur Zeit der Anrufung des Gerichts – ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben müssen, nicht nur der Ankerbeklagte, an dessen mitgliedstaatlichem Wohnsitz die Klage erhoben wird.380 Der Europäische Gerichtshof hat diese Auslegung, der zufolge Art. 8 Nr. 1 EuGVVO gegenüber Beklagten mit Wohnsitz in Drittstaaten keine Anwendung finden kann, unter Verweis auf das Gebot der restriktiven Auslegung und Begrenzung der besonderen Zuständigkeiten auf die gesetzlich vorgesehenen Fälle, ausdrücklich bestätigt.381 Zu Recht hat diese Auffassung jedoch in der Literatur Kritik erfahren: so sei nicht ersichtlich, warum eine Person mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat in größerem 376

EuGH, Urt. v. 27. September 1988, Rs. 189/87 – Kalfelis ./. Schröder, NJW 1988, 3088 m. Anm. Geimer = IPRax 1989, 272 m. Anm. Gottwald = RIW 1988, 987 m. Anm. Schlosser; EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683; EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-539/03 – Roche Nederland BV et al. ./. Primus und Goldenberg, EuZW 2006, 573 = IPRax 2007, 38 = JZ 2007, 303 m. Anm. Schlosser = RIW 2006, 685. 377 EuGH, Urt. v. 11. April 2013, Rs. C-645/11 – Land Berlin ./. Ellen Mirjam Sapir et al., EuZW 2013, 503 = IPRax 2014, 167 = NJW 2013, 1661; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 5. 378 EuGH, Urt. v. 24. Juni 1981, Rs. 150/80 – Elefanten Schuh GmbH ./. Jacqmain, BeckRS 2004, 71745; IPRax 1982, 23; Geimer/Schütze/Peiffer, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 30 Rdnr. 7; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 1; Zöller/Geimer, Artikel 7 (Artikel 5 LugÜ) EuGVVO Rdnr. 1. 379 Vgl. Erwägungsgründe 15 und 16 der Brüssel Ia-VO; EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683. 380 Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 19; Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 8 Rdnr. 29. 381 EuGH, Urt. v. 11. April 2013, Rs. C-645/11 – Land Berlin ./. Ellen Mirjam Sapir et al., EuZW 2013, 503 = IPRax 2014, 167 = NJW 2013, 1661.

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Umfang gerichtspflichtig sein soll als eine Person mit Wohnsitz in einem Drittstaat. Dies erscheint gerade im Hinblick darauf widersprüchlich, als dass die Art. 4 ff. EuGVVO den Beklagten mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat grundsätzlich privilegieren und schützen, nicht aber, wie es bei einer weitreichenderen Gerichtspflichtigkeit der Fall sei, benachteiligen wollten.382 Ferner lassen sich Erwägungen der Prozessökonomie und Verfahrensbeschleunigung bzw. sachlichen Konzentration ebenfalls bei Prozessen gegenüber Drittstaatenangehörigen vorbringen.383 Auch wenn die Auslegung damit dem eigentlichen Telos der Norm zuwiderläuft, hat der Verordnungsgeber bei Neufassung der Verordnung auf eine Revision und erweiterte Einbeziehung von Drittstaatenangehörigen, abgesehen von den in Art. 6 Abs. 1 EuGVVO genannten Ausnahmen, trotz eines entsprechenden Vorschlags verzichtet, sodass eine abweichende Auffassung zumindest in der Praxis keine Durchsetzung erfahren kann.384 Für den Klimahaftungskläger folgt daraus, dass er sich unter der Brüssel Ia-Verordnung – vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen – nur gegenüber Großemittenten mit Sitz in Mitgliedstaaten der Brüssel Ia-Verordnung auf den Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft berufen können wird. Die Möglichkeit, auch drittstaatliche Unternehmen, die zusammen mit einem europäischen Großemittenten verklagt werden, über Art. 8 Nr. 1 EuGVVO vor europäische Gerichte zu „ziehen“, von welchen er sich ggf. effektiven Rechtsschutz, ein rechtsstaatliches, koordiniertes Verfahren und ein mit ausreichenden personellen, sachlichen und finanziellen Ressourcen ausgestattetes Justizsystem verspricht,385 wird dem Kläger bei Zugrundelegung der gegenwärtigen, praxisrelevanten Auslegung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO genommen. Weitere Voraussetzung in räumlicher Hinsicht ist die Divergenz der Wohnsitze der Beklagten in verschiedenen Mitgliedstaaten, wenngleich diese nicht vollständig bestehen muss.386 Stimmten sämtliche Wohnsitze der Beklagten in einem Mitgliedstaat überein, würde sich für den Kläger allein ein Wahlrecht im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit ergeben, dessen Einräumung die Brüssel Ia-Verordnung jedoch nicht primär bezweckt.387 Ohnehin wäre die internationale Zuständigkeit dann bereits über Art. 4 Abs. 1 EuGVVO begründet,388 sodass nur über das Erfordernis der 382 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnrn. 17 – 21; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 6; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 5; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 9; Zöller/Geimer, Artikel 8 EuGVVO Rdnr. 4; Adolphsen, EuZVR, Rdnr. 138. 383 Stein/Jonas/Wagner, Art. 8 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 22. 384 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 6; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 5; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 9. 385 Vgl. Kieninger, IPRax 2020, 60, 61. 386 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 6; Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 17 f. 387 Vgl. Erwägungsgrund 4 der Brüssel Ia-VO, wonach die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen vereinheitlicht werden soll; Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 17. 388 Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 17.

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Diversität der Wohnsitze ein eigener Anwendungsbereich für den besonderen Gerichtsstand verbleibt. Schließlich verlangt die Berufung auf Art. 8 Nr. 1 EuGVVO – wie auch die übrigen Gerichtsstände in Art. 7 und 8 EuGVVO – einen qualifizierten Auslandsbezug: der besondere Gerichtsstand muss sich in seiner Belegenheit von der Belegenheit des allgemeinen Gerichtsstands unterscheiden.389 In der Norm sind sowohl internationale als auch örtliche Zuständigkeit geregelt,390 sodass es eines Rückgriffs auf nationales Prozessrecht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts nicht mehr bedarf. Da die Zuständigkeit nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO bereits dann begründet ist, wenn nur einer der Beklagten seinen Wohnsitz im Gerichtsstaat hat, eröffnet Art. 8 Nr. 1 EuGVVO die Möglichkeit der Wahl unter den verschiedenen Wohnsitzgerichtsständen der Beklagten nach Maßgabe der für den Kläger relevanten Zuständigkeitsinteressen. Damit ist ggf. ein weitreichendes forum shopping möglich. bb) Sachlicher Anwendungsbereich Der Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft steht für sämtliche Klagearten zur Verfügung.391 Ob eine passive Streitgenossenschaft überhaupt zulässig ist, bestimmt sich nach der lex fori und nicht in autonomer Auslegung. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO setzt den Begriff der Streitgenossenschaft bereits voraus und regelt allein die gerichtliche Zuständigkeit.392 In sachlicher Hinsicht ist im Anwendungsbereich des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO folgende Einschränkung zu beachten: so gewährt die Norm nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur einen Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft gegen mehrere Beklagte, ein Gerichtsstand der Streitgenossenschaft auf Klägerseite ist nicht vorgesehen.393 Das Anliegen der Brüssel Ia-Verordnung ist es danach nicht, mehrere Prozesse von verschiedenen Geschädigten, deren Verluste auf einen beklagten Schädiger zurückgehen, in einem Mitgliedstaat zu konzentrieren.394 Eine Klage in aktiver Streitgenossenschaft kann sich nur nach Maßgabe des nationalen autonomen Rechts unter der Voraussetzung ergeben, dass eine Zuständigkeit aus anderen 389 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 6; Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 4; a. A. BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 5; Geimer/ Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 8 Rdnrn. 13 – 15. 390 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 11; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 10a; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 2; Rauscher/ Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 6. 391 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 13; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 2. 392 BeckOK-ZPO/Thode, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 12; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 2. 393 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 29; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 4; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 2. 394 Stadler, JZ 2009, 121, 130.

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Gründen, etwa wegen des gemeinsamen Wohnsitzes der Beklagten in einem Mitgliedstaat, gegeben ist.395 Ob die sachliche Restriktion in Art. 8 Nr. 1 EuGVVO tatsächlich überzeugend ist oder überdacht werden sollte, soll an einem späteren Punkt der Untersuchung noch einmal vertieft betrachtet werden.396 c) Konnexitätserfordernis Des Weiteren setzt Art. 8 Nr. 1 EuGVVO voraus, dass zwischen den Klagegegenständen ein bestimmter Zusammenhang existiert, der eine einheitliche Gerichtszuständigkeit rechtfertigt. Danach muss eine so enge Beziehung zwischen den Klagen bestehen, dass eine gemeinsame Entscheidung und Verhandlung geboten erscheint, um in getrennten Verfahren ergehende widersprüchliche Entscheidungen der Gerichte zu vermeiden. Die geforderte Konnexität ist wiederum autonom, nicht nach der jeweiligen lex fori zu bestimmen,397 unter Würdigung der gesamten Aktenlage und anhand der Umstände des Einzelfalls.398 Präzise Kriterien seitens des Europäischen Gerichtshofs fehlen bislang, vielmehr stützt dieser sich auf eine negative Bestimmung.399 Besondere Bedeutung ist dem Vergleich der Sach- und Rechtslage der einzelnen Verfahren zuzumessen. Sind bloß negative Auswirkungen eines Verfahrensergebnisses auf die Erfolgschancen eines anderen Verfahrens zu erwarten, reicht dies für die Begründung der Konnexität zur Vermeidung einer ausufernden Gerichtspflichtigkeit am besonderen Gerichtsstand in Abweichung von dem Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstands nicht aus. Eine Abweichung in den Entscheidungsgründen kann vielmehr nur dann eine Konnexität begründen, wenn auch eine Identität der Sach- und Rechtslage bejaht werden kann.400 Für den engen Zusammenhang der Sachlage kann sprechen, dass die Beklagten eine inhaltlich identische Handlung vorgenommen oder auf Grundlage einer gemeinsamen Übereinkunft gehandelt haben.401 In diesen Fällen ist auch die stets erforderliche Vorhersehbarkeit der Gerichtspflichtigkeit im jeweiligen Mitgliedstaat anzuerkennen, weil die Beklagten in 395

Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 29. Siehe dazu ausführlich § 3 B. V. 2. a). 397 EuGH, Urt. v. 27. September 1988, Rs. 189/87 – Kalfelis ./. Schröder, NJW 1988, 3088 m. Anm. Geimer = IPRax 1989, 272 m. Anm. Gottwald = RIW 1988, 987 m. Anm. Schlosser. 398 EuGH, Urt. v. 1. Dezember 2011, Rs. C-145/10 – Painer ./. Standard Verlags GmbH et al., EuZW 2012, 182 m. Anm. Roth. 399 Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 10a. 400 EuGH, Urt. v. 20. April 2016, Rs. C-366/13 – Profit Investment SIM ./. Ossi et al., EuZW 2016, 419 m. Bespr. Müller; MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 9; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 4; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 10a. 401 EuGH, Urt. v. 1. Dezember 2011, Rs. C-145/10 – Painer ./. Standard Verlags GmbH et al., EuZW 2012, 182 m. Anm. Roth. 396

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ihrem Verhalten ersichtlich aufeinander Bezug nehmen.402 Materiellrechtlich sprechen etwa die Existenz einer Gesamtschuld,403 das Bestehen einer Rechtsgemeinschaft oder akzessorischen Haftung für das Vorliegen der Konnexität.404 Dass die Klagen auf unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen beruhen, schließt die Konnexität nicht aus, soweit der Normzweck, divergierende Entscheidungen zu derselben Sach- und Rechtslage zu vermeiden,405 berührt wird.406 Auch bei Anwendbarkeit unterschiedlicher Rechtsordnungen kann die Konnexität zwischen verschiedenen Klagen bestehen, wenn die Rechtsgrundlagen materiellrechtlich im Wesentlichen gleich sind.407 Für Klimahaftungsklagen gegen mehrere Großemittenten kann die Konnexität – vorbehaltlich der konkreten Umstände des Einzelfalls – durchaus begründet werden. So stehen ähnliche Handlungen – nämlich die Emission gravierender Mengen an Treibhausgasen – in Rede. Darauf wird der Schwerpunkt der gerichtlichen Bewertung liegen, weshalb sich eine identische Sachlage konstruieren lässt. Zwar werden sich die klimawandelbedingten, geltend gemachten Verletzungen und Schäden der Betroffenen unterscheiden, dies spielt aber nur auf Rechtsfolgenseite und nicht bereits auf tatbestandlicher und damit für den Gerichtsstand maßgeblicher Ebene eine Rolle. Den Klimaklagen werden ferner in der Regel deliktsrechtliche Rechtsgrundlagen zugrunde liegen, welche auch bei Anwendbarkeit unterschiedlicher Rechtsordnungen in den wesentlichen Elementen übereinstimmen.408 Dies spricht wiederum für eine Identität der Rechtslagen. Da die Auswahl der beklagten Großemittenten durch die Kläger außerdem meist recht zufällig erfolgt, erscheint eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten, weil bei sämtlichen Beklagten die Feststellung der übergreifenden Verantwortlichkeit, ggf. als Gesamtschuldner, relevant wird. Die Beklagten sollten deshalb nicht der Willkür ausgesetzt werden, welche sich durch getrennte Verhandlungen vor verschiedenen Gerichten und daraus resultierenden, möglicherweise widersprüchlichen Entscheidungen ergeben könnten.

402 Vgl. Erwägungsgrund 15 S. 1 der Brüssel Ia-VO; EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 3. 403 Jenard-Bericht, S. 22. 404 Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 11. 405 EuGH, Urt. v. 20. April 2016, Rs. C-366/13 – Profit Investment SIM ./. Ossi et al., EuZW 2016, 419 m. Bespr. Müller. 406 EuGH, Urt. v. 11. Oktober 2007, Rs. C-98/06 – Freeport plc ./. Arnoldsson, IPRax 2008, 253 = NJW 2007, 3702 = RIW 2008, 67 m. Anm. Würdinger. 407 EuGH, Urt. v. 1. Dezember 2011, Rs. C-145/10 – Painer ./. Standard Verlags GmbH et al., EuZW 2012, 182 m. Anm. Roth; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 3; Saenger/Dörner, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 5. 408 Siehe dazu § 2 C. I. 2.

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d) Ausschluss der rechtsmissbräuchlichen Klageerhebung Neben dem gesetzlich verankerten Vorbehalt der Konnexität werden weitere inhaltliche Einschränkungen des Gerichtsstands der passiven Streitgenossenschaft diskutiert. Diese sollen eine ausufernde Gerichtspflichtigkeit des Beklagten nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO und eine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitserschleichung verhindern. aa) Eigenschaften der Ankerklage Zu hinterfragen sind zunächst die Anforderungen an die Ankerklage, näher die Klage, welche am Wohnsitz des Ankerbeklagten erhoben wird und welche die Gerichtspflichtigkeit der übrigen Beklagten vor jenem Gericht begründet. Dies ist insbesondere für den Klimahaftungskläger relevant – denn kommt es auf die Begründetheit der Klage an, sind dem Klimahaftungskläger mit Blick auf die aufgezeigten materiellrechtlichen Probleme eher negative Erfolgsaussichten zu bescheinigen. Damit wäre dem Klimahaftungskläger der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft verwehrt. Jedoch nimmt der Europäische Gerichtshof zutreffend an, dass sogar die Unzulässigkeit der Ankerklage nach nationalem Recht im Zeitpunkt der Erhebung die Anwendbarkeit des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO nicht ausschließt.409 Der Europäische Gerichtshof stützt sich zur Begründung auf das Gebot der autonomen und teleologischen Auslegung, welche mit Blick auf das Ziel der Verordnung, vorhersehbare und rechtssichere Gerichtsstände zu schaffen, erforderlich sei. Deshalb dürfe die Gewährung einer Zuständigkeit nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO nicht von nationalen Verfahrensvorschriften abhängen, welche zur Unzulässigkeit einer Klage führen.410 Mit ähnlichen Argumenten lässt sich begründen, dass es auch nicht auf die Begründetheit der Ankerklage ankomme, solange diese nur schlüssig erscheint.411 Entscheidend ist danach, dass es dem Kläger nicht allein darum gehe, dem Beklagten seinen Wohnsitzgerichtsstand zu entziehen.412 Einer derartigen Willkür des Klä-

409 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683; Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 47; Zöller/Geimer, Artikel 8 EuGVVO Rdnr. 13; a. A. Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in seinem Schlussantrag zum vorgenannten Urteil; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 5; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 23 f. 410 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683. 411 MüKo-ZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 8; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 5; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 22; Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 27. 412 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683.

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gers413 kann jedoch über die Konnexitätsprüfung sowie der Einführung eines allgemeinen Missbrauchsvorbehalts begegnet werden. Für die Klimahaftungsklage folgen daraus keine weiteren Einschränkungen. Die Forderung nach einer Schlüssigkeit der Ankerklage ist in Klimahaftungsfällen in der Regel erfüllt, weil die materiellrechtlich komplexe Kausalität zumindest nicht von vornherein abgelehnt werden kann. bb) Allgemeiner Missbrauchsvorbehalt? Schließlich wird im Kontext von Art. 8 Nr. 1 EuGVVO die Frage relevant, ob der Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft um einen zusätzlichen allgemeinen Missbrauchsvorbehalt für den Ausschluss einer Zuständigkeitserschleichung ergänzt werden sollte. Dies wird teils unter Verweis auf die fehlende Erforderlichkeit verneint, da ohnehin die Konnexität zwingend zu prüfen sei.414 So gelte es zwar Klagen, die allein deshalb erhoben werden, um dem Beklagten den Wohnsitzgerichtsstand zu entziehen, auszuschließen. Dieses Ergebnis könne aber durch Berücksichtigung entsprechender Wertungen im Rahmen der Konnexität erreicht werden:415 so fehlten einer derartigen Klage bereits jegliche, einen engen Zusammenhang begründende Merkmale.416 Richtigerweise ist die Einfügung eines Missbrauchsvorbehalts aber zu bejahen, um sämtliche denkbare missbräuchliche Klägerstrategien auszuschließen und den Beklagten umfassend zu schützen.417 Auch der Europäische Gerichtshof zeigt sich nach anfänglicher Ablehnung418 offen. Während dieser stets betonte, dass eine Berufung auf den Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft nicht nur deshalb in Betracht kommen könne, um dem Beklagten den Wohnsitzgerichtsstand zu entziehen,419 lässt er nun ausdrücklich die Versagung des Gerichtsstands aufgrund 413 So Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnrn. 23 f., der aufgrund der Gefahr einer rein willkürlichen Klageerhebung durch den Kläger zur Erschleichung des Gerichtsstands der passiven Streitgenossenschaft fordert, dass die Ankerklage nicht offensichtlich unzulässig sein dürfe. Wann eine Klage nicht offensichtlich unzulässig sein soll, lässt Leible jedoch offen. 414 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 45; Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 16; Zöller/Geimer, Artikel 8 EuGVVO Rdnr. 6. 415 Geimer/Schütze/Geimer, EuZVR, EuGVVO Art. 8 Rdnr. 45. 416 Rauscher/Leible, Artikel 8 Brüssel Ia-VO Rdnr. 17. 417 So auch Geimer/Schütze/Paulus, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 8 Rdnr. 28; MüKoZPO/Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 8 Rdnr. 17; Musielak/Voit/Stadler, EuGVVO n. F. Art. 8 Rdnr. 4. 418 EuGH, Urt. v. 11. Oktober 2007, Rs. C-98/06 – Freeport plc ./. Arnoldsson, IPRax 2008, 253 = NJW 2007, 3702 = RIW 2008, 67 m. Anm. Würdinger. 419 EuGH, Urt. v. 13. Juli 2006, Rs. C-103/05 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, EuZW 2006, 667 = IPRax 2006, 589 = NJW-RR 2006, 1568 = RIW 2006, 683.

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Missbräuchlichkeit bei Vorliegen beweiskräftiger Indizien zu. So ist die Berufung auf den Gerichtsstand des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO zu verweigern, wenn der Kläger die Klage gegen den einzigen im Gerichtsstaat ansässigen Beklagten zurücknimmt und dabei nachgewiesen werden kann, dass der Kläger und der Ankerbeklagte kollusiv zusammengewirkt haben, um die Voraussetzungen des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO künstlich herbeizuführen.420 Für Klimahaftungsklagen wird der Missbrauchsvorbehalt im Regelfall keine entscheidende Bedeutung spielen, da die Erhebung der Klage grundsätzlich aus sachlichen Gründen und nicht zum Zwecke einer prozesstaktischen „Verschleppung“ bzw. Zuständigkeitserschleichung erfolgt. e) Zwischenergebnis Art. 8 Nr. 1 EuGVVO gewährt einen Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft. Hier hat der Kläger bei Konnexität der Verfahren die Möglichkeit, gegen mehrere Beklagte, die allesamt ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, vor einem Gericht vorzugehen. Aufgrund der mit dem Erfordernis des Wohnsitzes sämtlicher Beklagter in Mitgliedstaaten der Brüssel Ia-Verordnung verbundenen Ungleichbehandlung mitgliedstaatlicher Beklagter gegenüber Drittstaatenbeklagten sollte Art. 8 Nr. 1 EuGVVO auch gegenüber Beklagten mit Wohnsitz in Drittstaaten Anwendung finden. Dies würde insbesondere dem Klimahaftungskläger zugutekommen, welcher Prozesse gegen Großemittenten mit Sitz in Drittstaaten im europäischen Verfahrensraum führen könnte, wenn nur einer der übrigen Beklagten seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat. 2. Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes unter der Brüssel Ia-Verordnung? Nach einer rechtlichen Bestandsaufnahme im gegenwärtigen Zuständigkeitsrecht der Europäischen Union ist der Blick sodann nach vorne zu richten und zu erörtern, ob für den vorliegend beleuchteten Bereich des Umwelthaftungsrechts eine Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes anzustreben ist. a) Erweiterung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO? Die vorstehenden Ausführungen zu den Grundlagen des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO haben gezeigt, dass Personenmehrheiten auf Kläger- oder Beklagtenseite im Europäischen Zuständigkeitsrecht eine nur sehr eingeschränkte Bedeutung haben. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO begrenzt seinen Anwendungsbereich schon dem Wortlaut nach und gewährt einen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft allein für mehrere Personen 420 EuGH, Urt. v. 21. Mai 2005, Rs. C-352/13 – CDC Hydrogen Peroxide ./. Nobel et al., EuZW 2015 m. Bespr. Harms/Schmidt/Sanner, 584 = IPRax 2016, 362 = JZ 2015, 1163.

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auf Beklagtenseite, nicht aber für den Fall einer aktiven Streitgenossenschaft.421 Im Kontext von Klimaschäden existieren jedoch meistens eine Vielzahl von Betroffenen, ggf. verstreut über mehrere Länder, und nur wenige Großemittenten, die potenzielle Beklagte sind. Zur Effektuierung der Durchsetzung des klägerischen Rechtsbegehrens wären somit typischerweise auch die Klimakläger auf einen gemeinsamen Gerichtsstand angewiesen, an welchem die gleichartigen Klimahaftungsklagen aggregiert werden können. Auch auf sonstige Umwelthaftungsfälle, in denen ein Schädiger einer Vielzahl von Opfern gegenübersteht, etwa bei der Verschmutzung eines Flusses oder bestimmter Küstenabschnitte durch ein Industrieunternehmen, sind diese Erwägungen übertragbar. Eine Erweiterung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO auf Klägerseite erscheint zur Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes auf zuständigkeitsrechtlicher Ebene in Anbetracht des bereits beschriebenen Ungleichgewichts zwischen Klägern und Beklagten in Klimahaftungs- wie auch Umwelthaftungsfällen allgemein422 wünschenswert.423 Denkbar wäre es, diesen Gerichtsstand an dem Ort zu schaffen, an welchem die Mehrzahl der Personen, die einen Schaden geltend macht, ihren Wohnsitz hat.424 Dies könnte jedoch Schwierigkeiten bereiten, wenn alle Kläger aus verschiedenen Mitgliedstaaten stammen. Vorzugswürdig wäre insoweit die Anknüpfung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO an den Wohnort von nur einem der Kläger, ebenso wie es die Norm bislang für die passive Streitgenossenschaft vorsieht. Der europäische Verordnungsgeber ist einer Erweiterung des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO zugunsten einer klägerischen Streitgenossenschaft im Zuständigkeitsrecht trotz entsprechender Vorschläge bislang nicht nachgekommen.425 Zu beachten ist allerdings, dass eine Zuständigkeit für sämtliche Klimaklagen auch am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO bzw. am Gerichtsstand des Handlungsorts gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gegeben sein wird, wenn die Klagen gegen denselben Großemittenten gerichtet sind. Insoweit fehlt es – zumindest in Klimahaftungsfällen unter Beteiligung nur eines Großemittenten – an einem Erfordernis für einen weiteren Klägergerichtsstand.426 Gleiches gilt bei ähnlichen Umwelthaftungsklagen gegen nur einen Schädiger. Wollen die Kläger aber gemeinschaftlich an einem einheitlichen Gerichtsstand gegen einen Beklagten vorgehen, sind sie auf die rechtliche Ausgestaltung und Zurverfügungstellung entsprechender prozessualer Instrumente im nationalen Verfahrensrecht bzw. auf supranationaler europäischer Ebene angewiesen, welche eine

421 422 423 424 425 426

Siehe dazu § 3 B. V. 1. b) bb). Siehe dazu § 3 A. II. Vgl. Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 16. Vgl. COM(2013) 401 final, S. 15. Vgl. COM(2010) 748 final. Vgl. zum Ganzen auch Stein/Jonas/Wagner, Art. 6 EuGVVO [a. F.] Rdnr. 14.

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Bündelung ihrer Rechtsansprüche in einer Klage und damit kollektiven Rechtsschutz427 gestatten.428 Im Zuge dessen werden im Folgenden Grundzüge des kollektiven Rechtsschutzes beleuchtet. Ferner gilt es zu erörtern, ob ein kollektives Klageinstrument auch im Zusammenhang mit Umwelthaftungs- bzw. Klimahaftungsklagen implementiert werden könnte. b) Einführung einheitlicher kollektiver Klageinstrumente? aa) Vorteile des kollektiven Rechtsschutzes Allgemein sind mit kollektiven Rechtsschutzersuchen einige Vorzüge verbunden. Vorrangiges Ziel der Bündelung gleichartiger Ansprüche ist die Entlastung der Gerichte bei der Bewältigung von Massenverfahren, die mit Massen- bzw. Streuschäden einhergehen können. Von Massenschäden spricht man, wenn gleichgelagerte Schadensereignisse in einer derart großen Zahl auftreten, dass eine individuelle gerichtliche Durchsetzung vermeintlich gegebener Ersatzansprüche den einzelnen Geschädigten Schwierigkeiten bereitet.429 Bei Streuschäden entfällt auf einen individuellen Geschädigten darüber hinaus ein so geringer Anteil am Schaden, dass der Betroffene ggf. wenig Interesse an der Rechtsverfolgung hat. Dieser Zustand wird auch als rationale Apathie bezeichnet.430 Problematisch ist bei Massen- und Streuschäden, dass die Ersatzansprüche zumeist grenzüberschreitend auftreten, aufgrund unterschiedlicher Handlungs- und Erfolgsorte verschiedenen Sachrechten unterliegen bzw. von den Richtern divergierend beurteilt werden, sowie die große Zahl denkbarer Verfahren die Gerichte stark belasten und finanzielle sowie administrative Ressourcen erschöpfen kann.431 Bei Umwelthaftungsklagen können sämtliche der genannten Problemkreise auftreten; man denke nur an die Verschmutzung eines Flusses mit giftigen Stoffen durch ein großes Industrieunternehmen, welche zur Folge hat, dass eine Vielzahl von Menschen in verschiedenen Ländern aufgrund vergifteten Trinkwassers geschädigt wird. Für Klimahaftungsklagen sind derartige Szenarien z. B. vorstellbar, wenn zahlreiche, an einer sich über mehrere Länder erstreckenden Küste ansässige Personen durch eine aus dem steigenden Meeresspiegel resultierende Überflutung in ihren Rechtsgütern verletzt werden. Oft ist der Schaden des Einzelnen zu gering, um einen mit hohen Prozesskosten und intensivem Zeitaufwand verbundenen Prozess 427 428 429

29, 30. 430

29, 30. 431

Vgl. zur Definition COM(2013) 401 final, S. 4. Vgl. Althammer, Festschr. f. Gottwald, S. 9, 16. Klever/Schwamberger, GVRZ 2019, 4, Rdnrn. 1, 8; Meller-Hanich, NJW-Beil. 2018, Klever/Schwamberger, GVRZ 2019, 4, Rdnrn. 1, 8; Meller-Hanich, NJW-Beil. 2018, Klever/Schwamberger, GVRZ 2019, 4, Rdnrn. 3 f., 6 f.

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gegen ein möglicherweise finanzstarkes Unternehmen zu riskieren.432 Dies zeigt sich bei Klimaschäden dahingehend, als dass auf einen einzelnen Großemittenten regelmäßig nur ein geringer prozentualer Anteil an der weltweiten Treibhausgaskonzentration entfällt. Jeder Betroffene kann gegen diesen somit auch nur jenen Beitrag am erlittenen Schaden geltend machen. Während die Geschädigten häufig in den wirtschaftlich schwächeren Ländern des globalen Südens wohnhaft sind und kaum über für die Prozessführung ausreichende finanzielle Ressourcen verfügen, sind die beklagten Großemittenten in wirtschaftlich starken Industrieländern geschäftlich tätig.433 Kollektiver Rechtsschutz zielt darauf, die Effizienz gleichartiger individueller Rechtsbegehren zu stärken, eine einheitliche rechtliche Behandlung derartiger Fälle im Sinne einer gleichförmigen Entscheidungspraxis herbeizuführen und die Organisation der Verfahren zu erleichtern.434 Über ein gemeinsames Verfahren reduziert sich die Kostenlast des Einzelnen, da Verfahrenskosten geteilt werden können. Dies kann wiederum den Anreiz für Betroffene schaffen, Ansprüche tatsächlich geltend zu machen, und damit den individuellen Zugang zur Justiz verbessern.435 Schließlich wird dadurch der Erreichung von auch general-präventiven, verhaltenssteuernden Effekten und einer Förderung des Gemeinwohls durch Stärkung von Allgemeininteressen Rechnung getragen.436 Hinzuweisen ist jedoch auch auf die Gefahr des Missbrauchs von Kollektivklagen. Derartige Befürchtungen resultieren aus entsprechenden Erfahrungen mit der US-amerikanischen class action: Gruppenklagen werden dort z. T. allein zu dem Zweck erhoben, der Reputation eines großen Unternehmens zu schaden, obwohl diesem in der Sache kein rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann.437 Das Gefahrenpotenzial ist bei Klimahaftungsklagen aufgrund der Polarisierung des Themas Klimawandel in der öffentlichen Meinungsbildung und dem starken Gefälle der Betroffenheit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern besonders hoch. Insoweit bedarf es entsprechender begrenzender Mechanismen, die einen Klagemissbrauch ausschließen können. bb) Rechtliche Bestandsaufnahme auf unions- und mitgliedstaatlicher Ebene In der Europäischen Kommission, im Europäischen Parlament sowie in einigen Mitgliedstaaten zeigt man sich seit längerem offen gegenüber einer Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes durch einheitliche Klageinstrumente.438 So wurde durch 432 433 434 435 436 437 438

Koch, DZWIR 2016, 351, 356. Siehe dazu auch § 3 A. II. Koch, DZWIR 2016, 351, 356 f.; Meller-Hanich, GPR 2014, 92, 93. COM(2013) 401 final, S. 8. Koch, DZWIR 2016, 351, 356 f.; Meller-Hanich, GPR 2014, 92, 93. COM(2013) 401 final, S. 8 f. COM(2013) 401 final.

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die Europäische Union im Zuge der Effektuierung des Verbraucherschutzes im Jahre 2020 eine Richtlinie verabschiedet, wonach in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Klage durch qualifizierte Verbände geschaffen werden muss, mithilfe welcher Unterlassungsanordnungen bei Verbraucherrechts- und AGBRechtsverstößen auf nationaler Ebene erwirkt werden können.439 Mehrere Klimakläger oder allgemein von einem Umweltmassenschaden Betroffene können gegenwärtig auf zivilrechtlicher Ebene440 jedoch nicht auf einen unionsrechtlichen Rechtsbehelf zurückgreifen.441 Umwelthaftungskläger sind auf die Ausgestaltung entsprechender Instrumente in den nationalen Verfahrensordnungen angewiesen, sodass in diesen Bereichen die Gefahr des forum shopping durch potentielle Kläger droht. Generell sind die Klagemöglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes in den europäischen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgestaltet und keinesfalls flächendeckend und einheitlich.442 Allerdings lassen sie sich nach bestimmten Grundzügen beschreiben. Klageberechtigt sind meist Verbände, qualifizierte Einrichtungen oder bestimmte Personengruppen. Diese Verbands- oder Gruppenklagen richten sich in der Regel im kollektiven Interesse auf Feststellung oder Unterlassung eines bestimmten Handelns, auf Leistung von Schadensersatz bzw. Entschädigung oder auf sonstige Geldleistungen.443 Zu unterscheiden ist zwischen Opt-in- und Optout-Instrumenten: im Rahmen des Opt-in sind Personen, die durch gleichartige Verstöße geschädigt wurden, Teil eines Kollektivverfahrens, wenn sie sich dieser Gruppe ausdrücklich anschließen. Das Urteil wirkt dann für sämtliche Beteiligte verbindlich; diejenigen, die sich nicht angeschlossen haben, können ihre Ansprüche aber auch weiterhin individuell verfolgen. Bei einem Opt-out sind von vornherein alle Personen, welche in gleicher Weise geschädigt wurden, Teil einer Klägergruppe, wenn sie sich nicht ausdrücklich von dieser abwenden.444 Bislang finden sich derartige Instrumente in den europäischen nationalen Rechtsordnungen meistens im Verbraucher- und AGB-Recht sowie im Kartell- und Kapitalmarktrecht. Die französische Verfahrensordnung hat mit der Action de groupe 439 Siehe dazu die Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG, ABl. L 409, S. 1; Meller-Hanich/ Krausbeck, DAR-Extra 2018, 721; Prütting, ZIP 2020, 197, 202 f. 440 Auf Grundlage des Aarhus-Übereinkommens wurden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Einführung einer Klagemöglichkeit bei Verstößen gegen Umweltnormen verpflichtet. Dieser Verpflichtung wurde insoweit nachgekommen, als dass nichtstaatliche Organisationen gegen Verwaltungsentscheidungen in Umweltsachen nun Klage erheben können. Diese Klage ist aber im Bereich des öffentlichen Rechts anzusiedeln und ist kein Instrument des Zivilverfahrens. Vgl. dazu COM(2013) 401 final, S. 5. 441 COM(2013) 401 final, S. 5. 442 Vgl. Meller-Hanich/Krausbeck, DAR-Extra 2018, 725, 725 f. 443 Bruns, NJW 2018, 2753, 2755; Koch, WuW 2013, 1059, 1064 – 1066. 444 COM(2013) 401 final, S. 13.

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auch für den umwelthaftungsrechtlichen Bereich445 die Möglichkeit der Klage für Betroffene von Schäden aus ähnlichen oder gleichen Rechtsverstößen eines Schädigers eingeführt, welche durch die jeweiligen Interessenverbände bzw. Gewerkschaften erhoben werden kann.446 Schweden sieht Gruppenklagen mit Opt-in-Option für die Geltendmachung gleichartiger zivil- und umweltrechtlicher Ansprüche vor, wobei auch natürliche und juristische Personen klagebefugt sind.447 Im Bereich des Haftungsrechts relevant ist ferner die Group Litigation Order in England und Wales, die grundsätzlich für Zivilverfahren allgemein anwendbar ist und eine Bündelung mehrerer Einzelklagen nach Ermessen des Gerichts ermöglicht. Das Urteil des vorab bestimmten verfahrensleitenden Verfahrens wird dann für sämtliche in ein Gruppenregister eingetragene verbundene Einzelklagen verbindlich. Jede Einzelklage muss vor Eintragung allerdings selbständig vor Gericht erhoben werden.448 Die Bündelung gemeinsamer Ansprüche und Klagen auf Unterlassung und Schadensersatz ist den europäischen Rechtsordnungen keinesfalls fremd. Auf einen einheitlichen europäischen Rechtsschutzstandard im Sinne eines kohärenten Systems, vorgegeben durch unionale Richtlinie, können sich Kläger im Umwelthaftungsbereich bislang jedoch nicht berufen. cc) Einführung eines unionsrechtlichen kollektiven Klageinstruments für Umwelthaftungsfälle Um den kollektiven Rechtsschutz effektiv zu ermöglichen, wäre den Klima- bzw. Umwelthaftungsklägern durch die Einführung eines kollektiven Instruments in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten, welches eine gemeinsame Klageerhebung unter Bündelung der Ansprüche in gleichartigen Sachverhalten zulässt, möglicherweise mehr geholfen. Zu erwägen ist die Implementierung einer Gruppenklage für den gesamten Bereich des privaten Umwelthaftungsrechts zur koordinierten Geltendmachung von Schadensersatz für Streu- und Massenschäden bzw. Unterlassung eines schädigenden Verhaltens, wenn es eine Vielzahl von Klägern, aber nur einen Beklagten gibt. Die Betroffenen wären damit nicht auf die Ausgestaltung der nationalen Verfahrensrechte angewiesen, was wiederum forum shopping vermeiden würde.449 Eine Gruppenklage sollte, um die Parteiautonomie und Entscheidungsfreiheit bestmöglich zu wahren und eine klar umgrenzte Klägergruppe bestimmen zu können, als Opt-in-Instrument konzipiert sein. Danach könnten sich sämtliche Betroffene freiwillig zur Durchsetzung des rechtlichen Begehrens zusammenschließen.450 In einer etwaigen normativen Regelung sollten ferner bestimmte Vorbehalte vor445 446 447 448 449 450

Siehe Art. 826 – 2 code de procédure civile, Art. L142 – 3 – 1 code de l’environnement. Meller-Hanich/Krausbeck, DAR-Extra 2018, 725, 726. Meller-Hanich/Krausbeck, DAR-Extra 2018, 725, 729. Meller-Hanich/Krausbeck, DAR-Extra 2018, 725, 728. Vgl. COM(2013) 401 final, S. 6. COM(2013) 401 final S. 10, 13 f.; Koch, WuW 2013, 1059, 1067 f.

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gesehen werden, die einen Missbrauch der Kollektivklage verhindern. Hier können Lehren aus den Schwächen der US-amerikanischen class action gezogen werden: so sollte auf erfolgsabhängige Honorare für berufliche Prozessvertreter, häufig verbunden mit einer geschäftsmäßigen Prozessfinanzierung von dritter Seite, sowie etwaige Bezüge zu Strafschadensersatz verzichtet werden. Rechtsmissbrauch sollte bei Kollektivklagen auch dadurch vorgebeugt werden, dass die unterlegene Partei sämtliche Verfahrenskosten zu tragen hat. Um treuwidriges Verhalten durch die Klageerhebung auf Klägerseite auszuschließen, sollten insgesamt keine über den Ersatz eines erlittenen Schadens hinausgehenden wirtschaftlichen Anreize geboten werden.451 Vor dem Hintergrund der Idee des Ausbaus des kollektiven Rechtsschutzes wird kritisch darauf hingewiesen, dass sich im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über eine Kollektivklage bei Klägern aus mehreren Mitgliedstaaten ein kollisionsrechtliches Problem ergeben könne. So würden nach geltendem Internationalem Privatrecht ggf. für eine Vielzahl geltend gemachter Ansprüche unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden. Dies könnte das Verfahren erheblich verkomplizieren, da sich ein Gericht mit sämtlichen anwendbaren Rechtsordnungen auseinandersetzen müsste. Bei Ermöglichung einer Kollektivklage durch Einführung eines entsprechenden Rechtsbehelfs wird sodann vorgeschlagen, auch das Internationale Privatrecht anzupassen und in diesen Fällen nur eine Rechtsordnung zur Anwendung zu bringen.452 Im Bereich der Umwelthaftung stellt sich diese Problematik in besonderer Weise, weil gem. Art. 7 Rom II-Verordnung nach Wahl des Klägers der in Rede stehende Sachverhalt dem Recht des Handlungs- oder des Erfolgsortes unterliegen kann.453 Richten sich sämtliche Klagen gegen einen Umweltschädiger als Beklagten, wird es zumeist mehrere Erfolgsorte geben, mit der Folge, dass auch eine Vielzahl von Rechtsordnungen durch ein Gericht angewendet werden müsste. Für diese Fälle könnte das kollisionsrechtliche Ubiquitätsprinzip in Art. 7 Rom II-Verordnung eine Einschränkung erfahren, so z. B. in der Weise, dass allein zugunsten des für alle Haftungsfälle anwendbaren Rechts des Handlungsorts des Umweltschädigers optiert werden kann. Andererseits würde dies zu einer erheblichen Begrenzung der mit Art. 7 Rom II-Verordnung bezweckten Förderung eines hohen Umweltschutzniveaus führen.454 Insoweit muss eine Abwägung getroffen werden. Das Ziel, gerichtliche Ressourcen zu schonen und Prozesse durch Kollektivklagen zu vereinfachen, kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn die streitgegenständlichen Sachverhalte auch rechtlich in gleicher Weise behandelt werden und das Gericht nicht mit einer Vielzahl von ausländischen Haftungsrechten 451 COM(2013) 401 final, S. 10 f.; siehe weiterführend zum Missbrauchspotenzial bei USamerikanischen class actions COM(2013) 401 final, S. 9; Bruns, NJW 2018, 2753; Koch, WuW 2013, 1059, 1062 – 1064; Koch, DZWIR 2016, 351, 357; Koch/Zekoll, ZEuP 2010, 107, 125 f.; Prütting, ZIP 2020, 197, 198; Stadler, ZHR 182 (2018), 623, 635 – 646. 452 Zum Ganzen COM(2013) 401 final, S. 15 f. 453 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. 454 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. b).

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

konfrontiert wird. Die Begrenzung des kollisionsrechtlichen Ubiquitätsprinzips ist in den Fällen, in denen sich mehrere Kläger für ein gemeinsames Vorgehen entscheiden, folglich ein Zugeständnis an die Effektuierung kollektiver Rechtsschutzersuchen, mit welcher im Gegenzug Vorteile für die Kläger verbunden sind. Die vorstehende Betrachtung zeigt, dass die Implementierung eines kollektiven Klageinstruments, etwa im Wege einer unionsrechtlichen Richtlinie, zur Stärkung der in der Regel schwächeren Position des Umwelthaftungsklägers zumindest vorstellbar ist, obgleich es differenzierter, abschließend zu erörternder Lösungen für die aufgeführten Problemstellungen bedarf. Auch wenn eine derartige Kollektivklage in Anbetracht der bestehenden Möglichkeit des Individualrechtsschutzes nicht unabdingbar ist, so könnte damit doch der Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz für viele Betroffene erleichtert und ein einheitlicher europäischer kollektiver Standard in sämtlichen Mitgliedstaaten geschaffen werden. Mit einem kollektiven Klageinstrument ist den Umwelthaftungsklägern besser gedient als mit einer Erweiterung des Gerichtsstands nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO, da regelmäßig ohnehin ein gemeinsamer Wohnsitzgerichtsstand nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO oder der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gegen den Beklagten gegeben sein wird. Jedoch ist die Einführung einer entsprechenden Klagemöglichkeit in naher Zukunft für den Umwelthaftungsbereich nicht wahrscheinlich und der Fokus der Europäischen Union eher auf das Verbraucher- und Wettbewerbsrecht gerichtet. Die weitere Entwicklung auf unionsrechtlicher Ebene und im Bereich des Europäischen Zuständigkeitsrechts bleibt abzuwarten. 3. Zwischenergebnis Art. 8 Nr. 1 EuGVVO ist die einzige Zuständigkeitsregelung, die in der Brüssel Ia-Verordnung Bezug auf Personenmehrheiten und kollektiven Rechtsschutz nimmt. Normiert wird allein ein Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft mit einer Mehrheit an Beklagten. Eine Erweiterung des Gerichtsstands auf die klägerische Streitgenossenschaft wurde vom europäischen Verordnungsgeber abgelehnt, sodass auch eine erweiternde Auslegung der Norm auf Klägermehrheiten nicht erfolgen kann. In der Regel wird bei mehreren Klägern aber ein einheitlicher Wohnsitzgerichtsstand oder Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gegeben sein, weshalb eine Extension des Art. 8 Nr. 1 EuGVVO auf Klägerseite das Rechtsschutzersuchen der Kläger zwar vereinfachen würde, aber nicht zwingend erforderlich ist. Die Kläger sind für ein gemeinsames Vorgehen gegen einen Beklagten vielmehr auf kollektive Klageinstrumente angewiesen, die auf mitgliedstaatlicher Ebene aber keinesfalls flächendeckend im Sinne eines kohärenten Systems und einheitlichen Rechtsschutzstandards zur Verfügung stehen. Um den Umwelt- und damit auch Klimahaftungsklägern den Zugang zur Justiz und eine effektive Rechtsverfolgung zu erleichtern, wäre eine von Unionsrecht vorgegebene Gruppenklage, nach der mehrere Kläger sich freiwillig zur Geltendmachung der Unterlassung eines schädigenden

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

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Verhaltens oder Schadensersatz gegen einen Beklagten zusammenschließen können, für den Umwelthaftungsbereich wünschenswert.

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Dem Klimahaftungskläger stehen verschiedene Gerichtsstände zur Verfügung, an welchen die Erhebung einer Klimaklage gegen einen Großemittenten möglich ist. Zu beachten ist, dass eine Zuständigkeit unter der Brüssel Ia-Verordnung allein gegenüber europäischen Carbon Mayors mit Sitz in einem Mitgliedstaat begründet werden kann, nicht aber gegenüber Großemittenten mit Sitz in Drittstaaten. Besondere Bedeutung kommen dem Wohnsitzgerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO, dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO sowie dem Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO zu, wenn der Kläger sich gegen mehrere Beklagte wendet. Der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO ist für Kläger und Beklagten mit einigen Vorzügen verbunden. Das Gericht hat eine umfassende Kognitionsbefugnis für sämtliche erhobene Ansprüche und der Kläger muss allein die Existenz des Wohnsitzes des Beklagten in einem Mitgliedstaat nachweisen. Für den Beklagten stellt sich das Forum u. a. aufgrund bekannter Sprache und Gepflogenheiten als vertraut und vorhersehbar dar. Die Bestimmung des Sitzes erfolgt für Gesellschaften und juristische Personen unter strenger Wahrung des Rechtsträgerprinzips. Etwaige Einschränkungen der gerichtlichen Kognitionsbefugnis, z. B. über einen Kausalitätsvorbehalt, laufen der Eigenart des allgemeinen Gerichtsstands zuwider und sind abzulehnen. Raum für divergierende Ansichten existiert in Bezug auf den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. So ist der Handlungsort bei Klimahaftungsfällen abweichend von der herkömmlichen Bestimmung am Ort der Unternehmenszentrale des Großemittenten zu lokalisieren, weil allein dort die schadensursächliche Entscheidung über die Emissionspolitik des Unternehmens getroffen wird und die Verantwortung zu verorten ist. Ferner hat in Umwelthaftungsfällen die Auslegung des Erfolgsorts parallel zu der Auslegung von Art. 7 Rom II-Verordnung zu erfolgen. Dies gebieten die Ziele der Brüssel Ia-Verordnung und der bestehende Wertungsgleichlauf und Auslegungsgleichklang zwischen Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-Verordnung bei Umweltschädigungen. Danach sind sowohl reine Umweltschädigungen als auch Personen- und Sachschäden, nicht aber bloße Vermögensschäden, eigenständige zuständigkeitsrechtliche Anknüpfungspunkte, abhängig vom klägerischen Begehren und dem geltend gemachten Primärschaden. Eine Einschränkung einer ggf. weitreichenden Gerichtspflichtigkeit am Erfolgsort kann nur in wenigen Fällen über eine Mosaikbetrachtung erfolgen, ist aber im Übrigen aufgrund der verordnungsimmanenten

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§ 3 Haftung für Folgen des Klimawandels im Europäischen Zuständigkeitsrecht

Begrenzungen des Anwendungsbereichs und wegen der Rechtfertigung über die Zwecke der Sach- und Beweisnähe auch nicht geboten. Weil eine Klimahaftungsklage regelmäßig nicht gegen eine einzelne Niederlassung, sondern gegen das eigentliche Stammhaus erhoben wird, kommt dem Gerichtsstand der Niederlassung gem. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO eine nur geringe Bedeutung zu. Eine Klageerhebung gegen mehrere Großemittenten als Beklagte ist am Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft gem. Art. 8 Nr. 1 EuGVVO möglich, wenn sämtliche Beklagte ihren (Wohn-)Sitz in einem Mitgliedstaat der Brüssel IaVerordnung haben. Der kollektive Rechtsschutz bedarf einer verfahrensrechtlichen, unionsweiten Extension: insbesondere für den Bereich der Umwelthaftung könnte eine Gruppenklage mehrerer betroffener Kläger die Rechtsdurchsetzung von Haftungsansprüchen effektuieren und das Gefälle zwischen den meist finanzstarken, großen Unternehmen und den geschädigten, mit geringeren finanziellen und sachlichen Ressourcen ausgestatteten Privatpersonen absenken. Das Europäische Zuständigkeitsrecht, näher die normierten Gerichtsstände der Brüssel Ia-Verordnung, reagieren angemessen auf das neuartige Phänomen der Klimahaftungsklagen. Die Regelungen sind einer dynamischen Auslegung sowie Einschränkungen, welche auch bei Klimahaftungsklagen an einigen Stellen erforderlich sind, zugänglich.

§ 4 Die Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Internationalen Privatrecht Die privatrechtliche Haftung von Großemittenten für die Folgen des Klimawandels stellt die Gerichte weltweit v. a. unter allgemeinen materiellrechtlichen Gesichtspunkten vor Herausforderungen.1 Wie bereits gezeigt werden konnte, sind Klimahaftungsklagen dennoch – insbesondere aufgrund ihrer Instrumentalisierung vor dem Hintergrund des Klimawandels – ein rechtliches Phänomen, mit welchem Gerichte weltweit und so auch innerhalb der Europäischen Union schon heute und auch zukünftig konfrontiert werden.2 Das Europäische Zuständigkeitsrecht kann Klimahaftungsklagen angemessen begegnen und bietet für diese eine Reihe von Gerichtsständen, die einer dynamischen Auslegung und etwaigen Einschränkungserfordernissen zugänglich sind.3 Der letzte Teil der vorliegenden Betrachtung widmet sich der Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europäischen Internationalen Privatrecht. Trotz der vorgebrachten Zweifel an der gegenwärtigen Effizienz in materiellrechtlicher Hinsicht ist die Internationale Klimahaftung ein Exempel für die komplexen rechtlichen Fragestellungen, welchen sich der unionale Normenbestand des Kollisionsrechts stellen und für welche er adäquate Lösungen bieten muss. Diese bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit.4 Insoweit dient die nachfolgende Untersuchung auch einer Revision des Europäischen Internationalen Privatrechts im Hinblick auf seine Dynamik und Anpassungsfähigkeit an innovative, teils diffuse rechtliche Phänomene. Über eine Erörterung der Internationalen Klimahaftung im Gefüge des Internationalen Privatrechts können sodann induktiv Erkenntnisse für die allgemeine Internationale Umwelthaftung gewonnen werden. Zu diesen Zwecken erfolgt zunächst eine Beleuchtung des generellen Zusammenhangs von Klimahaftung und Internationalem Privatrecht, näher welche Rolle das Internationale Privatrecht dort spielt, welche konfligierenden Interessen der Parteien in Rede stehen und welche Regelungsinstrumente auf Ebene des Europäischen Internationalen Privatrechts relevant werden. Sodann wird der Fokus auf die Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung zu richten sein, welche das anwendbare Recht für internationale Umwelthaftungs- und damit auch Klimahaftungsfälle vor den Gerichten der Mitgliedstaaten bestimmt. 1 2 3 4

Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. Siehe dazu § 3 A. I. Siehe dazu ausführlich § 3 B. Vgl. Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 109.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht I. Rolle des Internationalen Privatrechts im Zusammenhang mit Klimahaftung Ebenso wie im Internationalen Zuständigkeitsrecht werden im Internationalen Privatrecht keine materiellrechtlichen Vorgaben, etwa in Bezug auf den Umweltbzw. Klimaschutz, getroffen. Aufgabe des Internationalen Privatrechts im engeren Sinne5 ist es vielmehr, unter mehreren in Betracht kommenden Rechtsordnungen diejenige zu ermitteln, nach deren rechtlichen Bestimmungen ein internationaler Sachverhalt zu beurteilen ist. Kollisionsnormen sind damit Alternative zu materiellem Einheitsrecht, dessen Normen in der Sache selbst entscheiden, statt auf eine anwendbare Rechtsordnung und deren Sachnormen zu verweisen.6 Diese Funktion muss das Internationale Privatrecht auch für die materiellrechtliche Klimahaftung als Instrument des Klimaschutzes7 erfüllen: da Umwelt- bzw. Klimahaftungsrecht dem außervertraglichen nationalen Haftungsrecht zu unterstellen ist und umfassendes materiellrechtliches Einheitsrecht nicht existiert, muss im Rahmen von Klimaklagen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, wie sie sich durch den Klimawandel häufig ereignen, zunächst das anwendbare Haftungsrecht ermittelt werden, bevor die materiellrechtliche Prüfung etwaiger Haftungsansprüche erfolgen kann. Nach traditionellem Verständnis nimmt das Internationale Privatrecht methodisch bloße Verweisungen vor. Es zielt auf die Bestimmung derjenigen Rechtsordnung ab, welche die räumlich engste Verbindung zu dem in Rede stehenden Sachverhalt aufweist, ohne dass Aspekte der materiellrechtlichen Begünstigung einer Partei relevant werden sollen.8 Das moderne Internationale Privatrecht, die Rom-Verordnungen eingeschlossen, wird heute jedoch als deutlich differenzierter bzw. flexibler in seinen Anknüpfungsformen sowie als stärker an materiellen Ergebnissen und Wertungen orientiert betrachtet.9 Die Flexibilisierung zeigt sich v. a. an den zahlreichen Auflockerungs- und Durchbrechungsmöglichkeiten, z. B. Art. 4 Abs. 2 und 3 Rom II-Verordnung, welche die Verbindung des Sachverhalts zu der diesem sachlich am nächsten stehenden Rechtsordnung gewährleisten sollen,10 und den Sonderregelungen der Rom II-Verordnung für spezielle unerlaubte Handlungen in Art. 5 – 9 Rom II-Verordnung.11 In Art. 7 Rom II-Verordnung hat der Unions-Gesetzgeber 5

Zum Begriff des Internationalen Privatrechts siehe Staudinger/Looschelders, Einleitung IPR Rdnrn. 7 – 16. 6 Staudinger/Looschelders, Einleitung IPR Rdnrn. 7, 14 f. 7 Siehe dazu § 2 B. II. 4. b) und § 2 B. II. 4. c). 8 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 9; Stoll, Festschr. f. Reischauer, S. 389, 393. 9 Staudinger/Looschelders, Einleitung zum IPR Rdnrn. 49, 137 f.; siehe dazu auch v. Bar, JZ 1985, 961, 968 f.; Wagner, IPRax 2006, 372, 374; v. Hein, VersR 2007, 440, 441 f.; Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 106 – 108. 10 Würdinger, RabelsZ 75 (2011), 102, 107. 11 Staudinger/Looschelders, Einleitung zum IPR Rdnrn. 140, 142 f., 147.

A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht

239

durch die Einführung des Ubiquitäts- bzw. Günstigkeitsprinzips eine wertende, auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtete Entscheidung getroffen.12 So kann nach Wahl des Betroffenen einer Umweltschädigung das Recht des Handlungsorts oder das Recht des Erfolgsorts auf das jeweilige Schuldverhältnis Anwendung finden, je nachdem, welches Haftungsrecht strenger und damit für den Geschädigten günstiger ist. Die „Sympathie mit dem Opfer“13 scheint dort auf den ersten Blick größer zu sein als die Sympathie mit dem Schädiger,14 zudem wird die Erreichung eines hohen Umweltschutzniveaus bezweckt.15 Dem Internationalen Privatrecht kann auf diese Weise, auch wenn es keine ausdrücklichen materiellrechtlichen Vorgaben trifft, durchaus Steuerungs- und Lenkungsfunktion durch die Ausgestaltung von Kollisionsnormen und deren Anknüpfungspunkten anhand spezifischer Wertungen zukommen. Das Internationale Privatrecht spielt insoweit eine mittelbare Rolle im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimaschutz, deren Tragweite im Rahmen der Analyse des Art. 7 Rom II-Verordnung näher zu untersuchen sein wird.

II. Konfligierende kollisionsrechtliche Interessen der Parteien Mangels vereinheitlichten Sachrechts für die Klimahaftung ist die Frage, welches nationale außervertragliche Haftungsrecht für den internationalen Sachverhalt zur Anwendung kommt, für die Parteien von entscheidender Bedeutung. Jede Partei, d. h. Klimahaftungskläger und Klimahaftungsbeklagter, wird ein Interesse daran haben, die für sie günstigste Rechtsordnung, so etwa in Bezug auf das Kausalitätsverständnis, zur Anwendung zu bringen: während der durch den Klimawandel Geschädigte seine vermeintlichen Ansprüche möglichst effektiv und weitreichend zugesprochen bekommen und ggf. auch das Verhalten des Schädigers in Richtung einer Besserung lenken will, kommt es dem Schädiger darauf an, eine Haftung zu vermeiden oder zumindest gering zu halten. Diesen Parteiinteressen wird durch die Ausgestaltung der Anknüpfung im Recht der unerlaubten Handlung in unterschiedlich starker Weise zugunsten der Interessen des Schädigers oder des Geschädigten Rechnung getragen.16 Verkehrsinteressen gebieten ferner die Anwendung einer Rechtsordnung, die vorhersehbar ist, Vertrauensschutz und Rechtssicherheit gewährleistet sowie Einzelfallgerechtigkeit schafft. Daran muss sich die Ausgestaltung der Anknüpfungspunkte der Kollisionsnormen orientieren.17 12

324. 13

Vgl. Staudinger/Looschelders, Einleitung zum IPR Rdnr. 201; Kindler, RIW 2021, 321,

Kegel/Schurig, IPR, § 18 S. 725. Siehe dazu aber § 4 B. II. 2. c) bb). 15 Vgl. Erwägungsgrund 25 S. 1 der Rom II-VO; siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. b). 16 Vgl. etwa das Günstigkeitsprinzip, welches den Interessen des Geschädigten, oder die Anknüpfung an den Handlungsort, die den Interessen des Schädigers besonders zugutekommt. Siehe dazu ausführlich § 4 B. I. 1. und Kegel/Schurig, IPR, § 2 S. 138 f. 17 Vgl. Erwägungsgrund 14 der Rom II-VO; Kegel/Schurig, IPR, § 2 S. 143. 14

240

§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Vor dem Hintergrund der Interessenlagen der Parteien kann die Gefahr des forum bzw. law shopping auf beiden Seiten drohen, mit dem Ziel, das Internationale Privatrecht des Staates zur Anwendung zu bringen, welches auch zur jeweils günstigsten Rechtsordnung führt. Im Wege der Kollisionsrechtsvereinheitlichung können diese Auswirkungen jedoch abgeschwächt werden, da der internationale Sachverhalt bei Verwendung identischer Anknüpfungspunkte für gleichartige Konstellationen vor allen staatlichen Gerichten, welche an das vereinheitlichte Internationale Privatrecht gebunden sind, nach der gleichen Rechtsordnung beurteilt wird.18 Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten muss das Ziel im Hinblick auf staatliche Ordnungsinteressen somit auch äußerer Entscheidungseinklang bzw. Entscheidungsharmonie sein.19

III. Regelungsinstrumente des Europäischen Internationalen Privatrechts 1. Rom II-Verordnung Der europäische Gesetzgeber hat das Ziel der europäischen Kollisionsrechtsvereinheitlichung mit der Einführung der Rom II-Verordnung verwirklicht.20 Der Kodifikation gingen über viele Jahre Anstrengungen einiger europäischen Staaten voraus, die nationalen außervertraglichen Haftungsrechte aufgrund der zunehmenden Bedeutung grenzüberschreitender außervertraglicher Haftungsfälle zu koordinieren.21 Die Konkurrenz divergierender Anknüpfungspunkte innerhalb des Internationalen Deliktsrechts führte zu Rechtsunsicherheit und -zersplitterung, was dem bereits skizzierten forum bzw. law shopping Vorschub leistete und den Ausgang des Rechtsstreits abhängig vom entscheidenden Gericht sowie der anwendbaren Rechtsordnung offen erscheinen ließ.22 Ziel der Rom II-Verordnung sollte in der Folge die Behebung derartiger Schwierigkeiten sein, um das Ergebnis eines Rechtsstreites vorhersehbarer machen.23

18

Vgl. Erwägungsgrund 6 der Rom II-VO; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 140. 19 Kegel/Schurig, IPR, § 2 S. 140. 20 Siehe weiterführend zur Kompetenzgrundlage der europäischen Verordnung Heiss/ Loacker, JBl 129 (2007), 613, 616. 21 Siehe zur Entwicklung der Rom II-VO auch KOM(2003) 427 endg., S. 2 – 5; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnrn. 1.44 – 1.97; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (206), 258, 259 f.; Wagner, IPRax 2006, 372, 372 – 374. 22 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 4. 23 Erwägungsgrund 6 der Rom II-VO; siehe dazu auch Weintraub, in: Ahern/Binchy, The Rome II Regulation, S. 47.

A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht

241

a) Zeitlicher Anwendungsbereich aa) Auslegung der Art. 31, 32 Rom II-Verordnung Die Rom II-Verordnung gilt in allen ihren Teilen in zeitlicher Hinsicht gem. Art. 32 Rom II-Verordnung seit dem 11. Januar 2009. Nach Art. 31 Rom IIVerordnung wird sie auf schadensbegründende Ereignisse angewandt, die nach ihrem Inkrafttreten eintreten. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist in der Verordnung selbst nicht geregelt und nach der allgemeinen Regelung des Art. 297 Abs. 1 UA. 3 AEUV in diesem Fall auf den zwanzigsten Tag nach Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt, hier mithin auf den 20. August 2007, zu datieren. Die Diskrepanz im Wortlaut der Art. 31, 32 Rom II-Verordnung – bei strikter Auslegung müssten die Gerichte die Verordnung zwar erst ab dem 11. Januar 2009 anwenden, jedoch rückwirkend auf schadensbegründende Ereignisse ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens am 20. August 2007 – ist auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen.24 Zwischenzeitlich wurde die Frage nach dem Verhältnis von Art. 31, 32 Rom IIVerordnung durch den Europäischen Gerichtshof dahingehend entschieden, dass die Bestimmungen gemeinsam gelesen werden müssen und die Rom II-Verordnung einheitlich auf schadensbegründende Ereignisse nach Geltungsbeginn am 11. Januar 2009 Anwendung finde. Dies vermeide sowohl Rechtsunsicherheit als auch die Gefahr von Rechtszersplitterung eines einheitlichen Sachverhalts je nach Zeitpunkt der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens.25 bb) Zeitliche Anwendbarkeit der Rom II-Verordnung auf Klimahaftungsfälle? (1) Auslegung des Begriffs des schädigenden Verhaltens im Zusammenhang mit Klimahaftung Unter dem Begriff des schadensbegründenden Ereignisses in Art. 31 Rom IIVerordnung ist, wie sich aus einem Vergleich zum Wortlaut der Art. 4 Abs. 1, 7 Rom II-Verordnung ergibt, die Schädigungshandlung zu verstehen,26 nicht die Rechtsgutsverletzung, der Primärschaden oder weitere Folgeschäden.27 Zwar kann der Begriff dem Wortsinn nach – gleichsam der Verwendung in Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO – sowohl das schadensbegründende Verhalten als auch den schädigenden 24

Calliess/Halfmeier, Article 32 Rome II Rdnr. 3; Bücken, IPRax 2009, 125, 125 f.; Glöckner, IPRax 2009, 121, 123; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 10 f. 25 EuGH, Urt. v. 17. November 2011, Rs. C-412/10 – Deo Antoine Homawoo ./. GMF Assurances SA, EuZW 2012, 35 = NJW 2012, 441. 26 BeckOGK-ZivilR/Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 7; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 4; Calliess/Halfmeier, Article 32 Rome II Rdnr. 4; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 31, Art. 32 Rdnr. 6; Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 1; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 142; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 11. 27 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 31, Art. 32 Rdnrn. 6, 8; Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 1.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Erfolg umfassen; wegen des Erfordernisses einer präzisen Bestimmung des Anwendungsbeginns der Verordnung bedarf es jedoch einer klaren Festlegung auf eines der Ereignisse.28 Hier gebührt einer verordnungseinheitlichen Begriffsauslegung zugunsten der Schädigungshandlung der Vorzug. Bei Klimahaftungsklagen kommt es folglich auf die Emission von Treibhausgasen als in Rede stehendes haftungsbegründendes Verhalten an. Bei Großemittenten gehen die schädigenden Emissionen in der Regel von Anlagen aus, für welche bestimmte Gefährdungshaftungstatbestände existieren. Nach überwiegender Meinung ist das schadensbegründende Ereignis in diesen Fällen nicht die Errichtung der Anlage im Sinne der Eröffnung der Gefahr, sondern erst die tatsächliche Gefahrenrealisierung.29 Unter diese falle dasjenige Verhalten, aufgrund dessen im Anschluss eine bestimmte Rechtsgutsverletzung verursacht wird,30 und die Anlage außer Kontrolle gerät.31 Für Klimahaftungsfälle hilft diese Charakterisierung jedoch nicht weiter: so geht es hier um eine Gesamtmenge an Emissionen, die aufgrund der Totalkonzentration von Treibhausgasen und des dadurch verursachten Klimawandels schädigende Auswirkungen hat. Das schädigende Verhalten ist aber stets allein die Emissionstätigkeit, welche sich im Laufe der Zeit nicht in Richtung eines bestimmten gefahrverursachenden Verhaltens entwickelt, sondern von vornherein und durchgehend ein solches darstellt, wenngleich nur das Zusammenwirken aller Emittenten die schädigende Wirkung entfaltet. Insoweit müsste man ggf. auf den Zeitpunkt abstellen, ab dem ein Emittent trotz Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Gefahr weiterhin Treibhausgase produziert. Weil diese Bestimmung aber schon materiellrechtlich Schwierigkeiten bereitet,32 ist eine derartige Grenzziehung für die Festlegung des Anwendungsbeginns der Verordnung ungeeignet. Vielmehr muss die in Rede stehende Schädigungshandlung bei Klimahaftungsfällen als Dauerdelikt betrachtet werden. Die Emission von Treibhausgasen ist ein andauerndes Verhalten, das von den meisten Großemittenten bereits seit vielen Jahren, auch schon vor Anwendungsbeginn der Verordnung am 11. Januar 2009, in dieser Weise ausgeführt wird. Bei diesen Dauerdelikten muss zusätzlich nach der begehrten Rechtsfolge und damit der Art der in Rede stehenden Ansprüche unterschieden werden – Abwehr- bzw. Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüche. Richtet sich das Begehren des Anspruchstellers auf die Abwehr gegenwärtiger bzw. Unterlassung künftiger Immissionen, sind allein der gegenwärtige Zustand bzw. die künftige Gefahr tatbestandsbegründend, auf die Emissionstätigkeit in der Vergan28

BeckOGK-ZivilR/Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 7. BeckOGK-ZivilR/Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 14; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 4; Calliess/Halfmeier, Article 32 Rome II Rdnr. 5; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 31, Art. 32 Rdnr. 9; Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 2; Junker, JZ 2008, 169, 170. 30 Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 2. 31 BeckOGK-ZivilR/Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 14; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 4. 32 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 3. b) cc). 29

A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht

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genheit über eine bestimmte Dauer kommt es jedoch nicht an. Insoweit sind auch nur der gegenwärtige bzw. künftige Zustand für die Bestimmung des anwendbaren Rechts entscheidend, sodass sämtliche Abwehransprüche, die nach dem 11. Januar 2009 geltend gemacht werden, auch den Kollisionsnormen der Rom II-Verordnung unterliegen.33 Anders verhält es sich bei Schadensersatzansprüchen. Für die Frage nach der zeitlichen Anwendbarkeit der Rom II-Verordnung kann nicht allein auf den Beginn der Emissionstätigkeit als dauerhaft schadensverursachendes Verhalten abgestellt werden,34 mit der Folge, dass sich das anwendbare Recht bei den meisten Emittenten nach dem vor Anwendungsbeginn der Rom II-Verordnung geltenden autonomen Internationalen Privatrecht bestimmen würde. Auch die alleinige Betrachtung gegenwärtiger Emissionen, sodass in der Konsequenz nur auf die Rom II-Verordnung für die Bestimmung des Deliktsstatuts zu rekurrieren wäre, wird dem Sachverhalt nicht gerecht. Denn die gesamte Emissionstätigkeit der Großemittenten ist schadensbegründend und muss in die Bewertung des schadensbegründenden Ereignisses einbezogen werden. Somit muss sich die Ermittlung des anwendbaren Rechts in Klimahaftungsfällen für Emissionen vor dem Zeitpunkt des Anwendungsbeginns der Rom II-Verordnung nach dem autonomen Internationalen Privatrecht, für Emissionen ab dem 11. Januar 2009 dagegen nach der Rom II-Verordnung richten.35 Dies gebietet schon der Vertrauensschutz der Emittenten, welche sich darauf einstellen können müssen, dass ihr Verhalten nach den Standards bewertet und das anwendbare Recht nach den Kollisionsnormen bestimmt wird, die im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung Geltung beanspruchen.36 Andernfalls würde die Rom II-Verordnung eine Rückwirkung entfalten, die ausweislich der Regelung in Art. 32 Rom II-VO gerade nicht vorgesehen war.37 (2) Statutenwechsel Problematisch erscheint der mit dieser Aufspaltung möglicherweise verbundene Statutenwechsel, der zu einer Zersplitterung der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts führen kann. So könnte die Haftung vor dem Anwendungsbeginn der Rom II-Verordnung nach einem anderen materiellen Recht bewertet werden als die Haftung nach Anwendungsbeginn der Rom II-Verordnung. Jedoch ist dies Konsequenz der intertemporalen Regelung und in der Abwägung mit der sonst drohenden

33

Zum Ganzen Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 68. BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 6; Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 2; a. A. BeckOGK-ZivilR/Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 16. 35 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 68 f. 36 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 6. 37 Calliess/Halfmeier, Article 32 Rome II Rdnr. 8. 34

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Verletzung geschützten Vertrauens hinzunehmen.38 Bestimmt sich das anwendbare Sachrecht nach dem autonomen deutschen Kollisionsrecht, genauer Art. 40 Abs. 1 EGBGB, wird sich ein Statutenwechsel nicht zwingend ergeben, weil die Ermittlung des Deliktsstatuts hier ähnlich Art. 7 Rom II-VO wahlweise über die Anknüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort erfolgt.39 (3) Faktische Schwierigkeiten im Hinblick auf die Vereinzelung der Emissionen In Klimahaftungsfällen zeigt sich noch eine weitere Schwierigkeit: so wird theoretisch eine Aufspaltung des Sachverhalts je nach Zeitpunkt der Emissionen möglich sein, es wiederholt sich jedoch die bereits im Rahmen der materiellrechtlichen Untersuchung festgestellte Problematik der Zuordnung der Emissionen zu einem konkreten Schaden.40 Betrachtet man einen klimawandelbedingten Schaden nämlich als das „Gesamtwerk“ der totalen Emissionstätigkeit eines Großemittenten, ist eine Vereinzelung der Emissionen im Hinblick auf ihren Beitrag zu einem jetzt eintretenden Schaden nicht möglich. So könnten die bereits vor Anwendungsbeginn der Verordnung emittierten Treibhausgase für die Verursachung eines nach Anwendungsbeginn der Verordnung eingetretenen Schadens allein verantwortlich sein, oder aber die maßgebliche Schwelle zum Schadenseintritt wurde erst durch die Kumulation der Emissionen nach dem 11. Dezember 2009 erreicht. Will man vor dieser Kausalitäts- und Nachweisproblematik nicht kapitulieren und eine auch in der Praxis gangbare Lösung finden, muss ausnahmsweise unter dem Begriff des schadensbegründenden Ereignisses abweichend vom grundsätzlichen Verständnis nicht das schädigende Verhalten, sondern erst der Schädigungserfolg verstanden werden.41 Nur so kann für diese Fälle eine rechtssichere Antwort gefunden werden. In den meisten Klimahaftungsfällen, in denen ein gegenwärtig eintretender Schaden in Rede steht, muss deshalb einheitlich auf den gesamten Sachverhalt die Rom II-Verordnung Anwendung finden. (4) Zwischenergebnis Die Rom II-Verordnung gilt in zeitlicher Hinsicht in Klimahaftungsfällen für Emissionen nach dem Anwendungsbeginn am 11. Januar 2009. Die Ermittlung des anwendbaren Sachrechts für Emissionen vor diesem Stichtag bestimmt sich dagegen nach dem autonomen Internationalen Privatrecht des angerufenen Forums. Ist eine Vereinzelung der Emissionen in Klimahaftungsfällen faktisch nicht möglich, muss ausnahmsweise unter den Begriff des schädigenden Ereignisses nicht das schadensbegründende Verhalten, sondern erst der schädigende Erfolg subsumiert wer38

Rauscher/Picht, Zeitpunkt des Beginns der Anwendung Rdnr. 2; a. A. BeckOGK-ZivilR/ Schulze/Fervers, Rom II-VO Art. 31 Rdnr. 16. 39 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rdnr. 6; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 31, Art. 32 Rdnr. 10. 40 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 3. b) cc) und § 2 C. II. 4. a). 41 Ähnlich Calliess/Halfmeier, Article 32 Rome II Rdnr. 8.

A. Klimahaftung und Internationales Privatrecht

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den. Dies hat zur Folge, dass für die Bestimmung des auf gegenwärtig eintretende klimawandelbedingte Schädigungen anwendbaren Rechts einheitlich die Rom IIVerordnung heranzuziehen ist. b) Räumlich-persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich Die Rom II-Verordnung gilt gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Rom II-Verordnung in sämtlichen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks42 für alle nach dem Stichtag eintretenden außervertraglichen Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen mit Verbindung zum Recht verschiedener Staaten. Nach Art. 3 Rom II-Verordnung ist sie vor den Gerichten der Mitgliedstaaten universell anwendbar, also auch dann, wenn das nach den Kollisionsnormen anzuwendende Recht das Recht eines Drittstaats ist oder der Sachverhalt nur Bezüge zu Drittstaaten aufweist.43 Ausgenommen sind nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-Verordnung Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Staatshaftung für Handlungen und Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta iure imperii). An dieser Stelle ist autonom zum Begriff der Zivil- und Handelssache über das Merkmal der hoheitlichen Tätigkeit abzugrenzen.44 Nicht vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung erfasst sind ferner die in Art. 1 Abs. 2 Rom II-Verordnung genannten Bereichsausnahmen. Im Zusammenhang mit Umwelthaftung hat die Ausnahme von Schäden durch Kernenergie gem. Art. 1 Abs. 2 lit. f Rom II-Verordnung Bedeutung. Hintergrund des konstitutiven45 Ausschlusses der an sich deliktisch zu qualifizierenden Schäden aus der Verordnung ist das Bestehen bedeutender wirtschaftlicher und staatlicher Interessen sowie die Existenz weitreichender Staatsverträge und internationaler Abkommen auf diesem Gebiet, sodass kein Raum für eine zusätzliche Kollisionsrechtsvereinheitlichung gesehen wurde.46 Dies ist nicht ohne Kritik geblieben, u. a. deshalb, weil der Ausschlusstatbestand unabhängig von der konkreten Anwendbarkeit eines Staatsvertrags in concreto greift.47 Für die Klimahaftung hat die Bereichsausnahme jedoch 42

Vgl. Erwägungsgrund 40 der Rom II-VO. KOM(2003) 427 endg., S. 10 f. 44 EuGH, Urt. v. 21. April 1993, Rs. C-172/91, EuZW 1993, 417 = JZ 1994, 25 = NJW 1993, 2091; siehe dazu bereits § 3 A. III.; siehe zur Einordnung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit Umwelthaftung § 4 B. II. 1. a). 45 Rauscher/Cziupka, Anwendungsbereich Rdnr. 65; Hohloch, IPRax 2012, 110, 113; vgl. auch v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 18. 46 KOM(2003) 427 endg., S. 10; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 42; kritisch dazu Brand, GPR 2008, 298. 47 BeckOGK-ZivilR/Schmidt, Rom II-VO Art. 1 Rdnr. 59; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 1 Rdnr. 16; davon ausgehend für eine teleologische Reduktion des Art. 1 Abs. 2 lit. f Rom II-VO plädierend, wenn kein internationales nukleares Abkommen eingreift, Calliess/Halfmeier, Article 1 Rome II Rdnr. 56; siehe zur rechtspolitischen Kritik an dem Ausnahmetatbestand auch Rauscher/Cziupka, Anwendungsbereich Rdnr. 65; Junker, NJW 2007, 3675, 3677. 43

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

kaum Relevanz, da es bei den klimawandelbedingten Schäden nicht um Schäden aus Kernenergie selbst geht, sondern allenfalls um mittelbare, durch die Emission von Treibhausgasen bestimmter Anlagen verursachte Schäden. Der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist nach den Erwägungsgründen 7 und 11 der Rom II-Verordnung autonom und in Einklang mit der Brüssel Ia-Verordnung auszulegen. In der Brüssel Ia-Verordnung stellt sich die Abgrenzungsproblematik im Rahmen von Art. 7 Nr. 1 und Nr. 2. Unter den Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses sind sämtliche Verpflichtungen zu fassen, die nicht auf einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung einer Partei gegenüber einer anderen beruhen.48 Art. 2 Abs. 1 Rom II-Verordnung präzisiert den Anwendungsbereich der Verordnung dahingehend, dass unter den Begriff des Schadens u. a. sämtliche Folgen einer unerlaubten Handlung zu fassen sind. Art. 2 Abs. 2 und 3 Rom II-Verordnung stellen wahrscheinlich eintretende, zukünftige schadensbegründende Ereignisse sowie Schäden den bereits eingetretenen Ereignissen bzw. Schäden gleich, sodass auch Unterlassungs- und Abwehransprüche des materiellen Rechts unter die Verordnung fallen.49 Neben der Verschuldenshaftung ist auch die verschuldensunabhängige Haftung erfasst.50 Gem. Art. 24 Rom II-Verordnung handelt es sich bei den Verweisungen der Rom II-Verordnung um Sachnormverweisungen, wodurch der renvoi ausgeschlossen wird. Der sachliche Geltungsbereich der Verordnung bestimmt sich nach Art. 15 Rom II-Verordnung und bezieht sämtliche Sachfragen mit ein, die im Rahmen des Deliktsstatuts relevant werden können.51 Die privatrechtliche Klimahaftung ist als spezieller Fall der privatrechtlichen Umwelthaftung eine klassische Materie des außervertraglichen Haftungsrechts und somit auch eine Zivilsache i. S. v. Art. 1 Abs. 1 S. 1 Rom II-Verordnung. Durch die Gleichstellung nach Art. 2 Abs. 2 und 3 Rom II-Verordnung werden auch präventive Abwehr- und Unterlassungsansprüche im Rahmen der Klimahaftung unter die Verordnung gefasst. Innerhalb der Rom II-Verordnung hat die Qualifikation autonom zu erfolgen; die Qualifikation eines Unterlassungsanspruchs als dinglich im nationalen Recht ist folglich nicht ohne Weiteres in die Rom II-Verordnung zu übernehmen. Speziell für die in einigen nationalen Rechtsordnungen sachenrechtlich verorteten Immissionsabwehransprüche ist die bei der Zuständigkeit bereits behandelte deliktische Qualifikation in der Brüssel Ia-Verordnung auch in die Rom IIVerordnung mit den vorgebrachten Argumenten und im Sinne des Auslegungsgleichklangs der europäischen Regelungsinstrumente52 übertragbar.53 48 EuGH, Urt. v. 18. Juli 2013, Rs. C-147/12 – ÖFAB, Östergötlands Fastigheter AB ./. Koot et al., EuZW 2013, 703 = JZ 2014, 40 = NZG 2013, 1073 = RIW 2013, 617 = ZEuP 2014, 861 = ZIP 2013, 1932; EuGH, Urt. v. 21. Januar 2016, Rs. C-359/14, C-475/14 – ERGO Insurance ./. P&C Insurance et al., NJW 2016, 1005 = IPRax 2017, 400. 49 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 64; Wagner, IPRax 2008, 1, 1 f. 50 Erwägungsgrund 11 der Rom II-VO. 51 Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 52 Vgl. Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO; siehe dazu auch § 3 B. III. 3. c) bb) (1).

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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2. Autonomes nationales Recht Neben der Rom II-Verordnung besteht das autonome Internationale Privatrecht der EU-Mitgliedstaaten weiter fort. Es kommt jedoch nur noch in den Bereichen zur Anwendung, welche die Rom II-Verordnung ihrem sachlichen Anwendungsbereich nach nicht umfasst. Nicht-Unionsstaaten wenden selbstredend weiterhin autonomes nationales Kollisionsrecht vorbehaltlich etwaiger vorrangiger Staatsverträge an. In Deutschland ist das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare autonome Internationale Privatrecht in den Art. 40 – 42 EGBGB geregelt. Auch bereits bestehende internationale Übereinkommen der Mitgliedstaaten, für das Umwelthaftungsrecht u. a. das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden, bleiben von den Kollisionsnormen der Rom II-Verordnung unberührt und genießen Anwendungsvorrang, Art. 28 Abs. 1 Rom II-Verordnung. Sowohl das autonome Kollisionsrecht als auch vorrangige Staatsverträge sollen aufgrund ihrer zu vernachlässigenden Relevanz im Rahmen der Klimahaftung und wegen der Vielzahl der bestehenden autonomen Internationalen Privatrechte im europäischen Rechtsraum innerhalb der vorliegenden Untersuchung außer Acht gelassen werden. 3. Zwischenergebnis Welches nationale Sachrecht auf einen grenzüberschreitenden Klimahaftungsfall Anwendung findet, bestimmt sich vor den Gerichten der Mitgliedstaaten überwiegend nach der Rom II-Verordnung, soweit nicht in zeitlicher Hinsicht eine Separierung des Sachverhalts und eine getrennte Betrachtung nach dem autonomen Internationalen Privatrecht und der Rom II-Verordnung vorgenommen werden muss bzw. kann.

B. Das Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung Kapitel II der Rom II-Verordnung beinhaltet die Kollisionsnormen zur Bestimmung des Rechts, welches auf Fälle der unerlaubten Handlung Anwendung findet. Art. 4 Rom II-Verordnung stellt die allgemeine Kollisionsnorm dar, welche für all diejenigen Sachverhalte Geltung beansprucht, bei denen keine vorrangige Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-Verordnung getroffen wurde und die nicht unter eine der Kollisionsregelungen der Art. 5 – 9 Rom II-Verordnung für besondere unerlaubte Handlungen zu subsumieren sind. Für die Bestimmung des Umwelt- und damit auch Klimahaftungsstatuts existiert eine spezielle Kollisionsnorm in Art. 7 Rom II-Ver53 So auch Graf-Schimek, Grenzüberschreitende Immissionsabwehrklage, in: Beig/GrafSchimek et al., Rom II-VO, S. 95, 112; siehe dazu ausführlich § 3 B. I. 2.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

ordnung, worauf im Rahmen der folgenden Betrachtung der Schwerpunkt zu legen sein wird. Relevanz im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimahaftung beansprucht ferner die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit ausländischer Grenzwerte und öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, die mithilfe weiterer Regelungen der Rom II-Verordnung im Anschluss beantwortet werden soll. Bevor der Fokus auf Art. 7 Rom II-Verordnung gerichtet wird, werden jedoch die generellen Anknüpfungsmöglichkeiten im Recht der unerlaubten Handlung sowie die allgemeine Kollisionsnorm des Art. 4 Rom II-Verordnung diskutiert. Ziel dieser Ausführungen ist es, verständlich zu machen, welche Besonderheiten mit der Art der Anknüpfung des Art. 7 Rom II-Verordnung verbunden sind und welche Auswirkungen sich daraus speziell im Zusammenhang mit Klimahaftungsfällen ergeben.

I. Die allgemeine Anknüpfung im Europäischen Deliktsrecht 1. Grundsätzliche Möglichkeiten der Anknüpfung Steht eine grenzüberschreitende unerlaubte Handlung in Rede, bieten sich für die Bestimmung des Deliktsstatuts im Wesentlichen folgende Anknüpfungspunkte: Handlungs-, Erfolgs- sowie Schadensort, ferner der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt oder die gemeinsame Staatsangehörigkeit von Schädiger und Geschädigtem.54 Während der Handlungsort den Ort bezeichnet, an dem das schadensbegründende Verhalten vorgenommen wurde, meint der Erfolgsort den Ort des Eintritts eines Verletzungserfolgs. Der Schadensort ist schließlich der Ort, an dem aus einem Verletzungserfolg ein konkreter Vermögens- oder Nichtvermögensschaden resultiert. Sämtliche Orte können, müssen aber nicht zusammenfallen. So kann ein Fluss in Staat A durch Einführung gefährlicher Stoffe vergiftet werden, dadurch in Staat B eine Gesundheitsschädigung bei einem Individuum verursachen und in Staat C einen Vermögensschaden in Form von Behandlungskosten auslösen, etwa wenn die Gesundheitsverletzung eine Spezialbehandlung in einer Klinik in Staat C erfordert. Das Internationale Deliktsrecht vernachlässigt im Grundsatz die Anknüpfung an den Ort etwaiger aus der unerlaubten Handlung resultierender Schäden und an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien, und folgt der Erfolgsorts- oder Anknüpfung an den Handlungsort.

54

Vgl. v. Bar, JZ 1985, 961, 962; siehe für einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten der deliktischen Anknüpfung Fach Gómez, in: Sarcevic/Volken/Bonomi, YbPIL 6 (2004), S. 291, 296 – 303; siehe ferner für einen rechtsvergleichenden Überblick zu dem autonomen Recht ausgewählter europäischer Staaten vor Inkrafttreten der Rom II-Verordnung Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 1.08 – 1.43.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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a) Anknüpfung an den Handlungsort Die Anknüpfung an den Handlungsort entspricht der früher herrschenden europäischen Rechtstradition in den autonomen Kollisionsrechten vor Inkrafttreten der Rom II-Verordnung.55 Für die singuläre Anknüpfung an den Handlungsort werden seine leichtere Bestimmbarkeit im Verhältnis zum Erfolgsort und damit auch Vorhersehbarkeit angeführt.56 Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen: zum einen trifft es in dieser Pauschalität nicht zu,57 wie schon ein Blick auf die Pressedelikte beweist, bei welchen verschiedene lokale Momente als mögliche Handlungsorte in Betracht kommen;58 ferner sprechen derartige Praktikabilitätserwägungen nicht gegen den Erfolgsort, bei dem eine Bestimmbarkeit in den meisten Fällen ebenso leicht gegeben sein kann, gerade bei der Verletzung der Individualrechtsgüter Leben, Körper oder Gesundheit. Darüber hinaus wird vorgebracht, dass die Anknüpfung an den Handlungsort dem Interesse des Schädigers entspreche, nach den Maßstäben des Staates gemessen zu werden, in welchem er bewusst ein bestimmtes Verhalten gezeigt hat,59 und somit eine Verhaltenssteuerung ermöglicht.60 Dagegen lässt sich wiederum anführen, dass auf der anderen Seite aber die Interessen des Opfers vernachlässigt werden, weil dieses gerade nicht vorhersehen oder beeinflussen kann, nach welcher Rechtsordnung es entschädigt wird.61 Insoweit wird das berechtigte Vertrauen des Geschädigten, nach den Standards der Rechtsordnung seiner Lebensumwelt kompensiert zu werden, enttäuscht.62 Dem Schädiger wird demgegenüber der Spielraum eingeräumt, schon dann, wenn er die Standards seiner nationalen Haftungssphäre, welche weitaus geringer sein können als diejenigen seines Einwirkungsbereichs, achtet, auch Rechtsgüter ausländischer Personen, die sich darauf nicht einstellen können, zu beeinträchtigen.63 Nach richtiger Ansicht ist auch das Argument der Verhaltenssteuerung nicht überzeugend bzw. zumindest nicht zielführend im Hinblick auf eine singuläre Anknüpfung an den Handlungsort: denn auch ein ausländischer Schädiger bzw. ein solcher, der mit seinem Verhalten auf eine andere Rechtsordnung grenzüberschreitend einwirkt, muss sein Handeln denklogisch nach den Maßstäben dieser 55

KOM(2003) 427 endg., S. 6; Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 1. Februar 1999, BT-Drucks. 14/343, S. 11; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 36 (Fn. 111). 56 BT-Drucks. 14/343, S. 11. 57 So auch Sonnentag, ZVglRW 2006, 256, 266. 58 Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. b) bb) (1). 59 Kegel/Schurig, IPR, § 18 S. 723. 60 Spickhoff, IPRax 2000, 1, 3 f. 61 Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 10; Sonnentag, ZVglRW 2006, 256, 267. 62 Fricke, VersR 2005, 726, 733; Wagner, IPRax 2006, 372, 376. 63 Wagner, IPRax 2006, 372, 376.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

ausrichten.64 Anders ausgedrückt: wer an einem ausländischen Markt teilnimmt, muss die dort geltenden Spielregeln beachten, sodass auch durch die Maßgeblichkeit des Erfolgsortsrechts eine Verhaltenssteuerung bewirkt werden kann. Dies ist auch im Hinblick auf den fairen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen für alle Teilnehmer geboten.65 b) Anknüpfung an den Erfolgsort In den jüngeren Kodifikationen des autonomen Internationalen Privatrechts einiger Unionsmitgliedstaaten zeigt sich dagegen eine Favorisierung allein des Erfolgsorts,66 welcher sich u. a. auch im vereinheitlichten Kollisionsrecht der Rom IIVerordnung durchgesetzt hat und dessen Vorzüge sogleich näher beleuchtet werden sollen.67 c) Ubiquitätstheorie Schließlich existiert die Möglichkeit einer alternativen Anknüpfung an den Handlungs- oder Erfolgsort im Sinne der Ubiquitätstheorie.68 Das deutsche autonome Internationale Privatrecht legt in Art. 40 Abs. 1 EGBGB die Anknüpfung an den Handlungsort zugrunde, räumt dem Geschädigten aber eine Optionsmöglichkeit zugunsten des Rechts am Erfolgsort ein, wenn dieses für ihn materiellrechtlich günstiger ist. Diese Lösung wird auch als Günstigkeitsprinzip bezeichnet und löst das Konkurrenzverhältnis von vornherein im Wege einer Grundanknüpfung, von welcher explizit abgewichen werden muss.69 Im Europäischen Zuständigkeitsrecht werden Handlungs- und Erfolgsort im Rahmen des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gleichrangig behandelt und dem Kläger ein Wahlrecht zwischen den zuständigkeitsbegründenden Möglichkeiten zugestanden (Ubiquitätsregel). Inwieweit die Ubiquitätstheorie in die Rom II-Verordnung Einzug gefunden hat und welche Vorzüge bzw. Nachteile damit verbunden sind, wird im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen untersucht.70

64

Sonnentag, ZVglRW 2006, 256, 267. Wagner, IPRax 2006, 372, 376 f. 66 KOM(2003) 427 endg., S. 12; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 114; Matthes, GPR 2011, 146, 148. 67 Siehe dazu ausführlich § 4 B. I. 2. a). 68 Befürwortend Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817, 822 – 824. 69 Vgl. zu der begrifflichen Unterscheidung zwischen Ubiquitätsregel und Günstigkeitsprinzip v. Hein, Günstigkeitsprinzip, S. 6 f. 70 Siehe dazu § 4 B. II. 2. 65

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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2. Die allgemeine deliktische Kollisionsnorm des Art. 4 Rom II-Verordnung Der europäische Verordnungsgeber hat sich bei der allgemeinen deliktischen Kollisionsnorm nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung im Grundsatz für den Erfolgsort als maßgeblichen deliktischen Anknüpfungspunkt entschieden. a) Grundsätzliche Anknüpfung an das Recht des Erfolgsorts nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung So ist gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung vorbehaltlich besonderer Bestimmungen auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Bei Personen- oder Sachschäden kommt es folglich auf den Ort an, an dem eine Verletzung erlitten oder eine Sache beschädigt wurde.71 Die Anknüpfung an den Erfolgsort wurde vom europäischen Gesetzgeber als gangbarer Mittelweg und geeignete Kompromisslösung zwischen den Extremlösungen des Rechts des Handlungsorts und der Wahl des Rechts durch den Geschädigten betrachtet.72 Die allgemeine Regel der lex loci damni wird näher damit begründet, dass auf diese Weise ein angemessener und gerechter Ausgleich zwischen den Interessen der Person des Geschädigten und der des Schädigers geschaffen werde,73 ohne dass der Geschädigte durch die einseitige Rechtwahl privilegiert werde bzw. Rechtsunsicherheit wegen fehlender Vorhersehbarkeit für den Beklagten eintrete.74 Ferner entspreche diese Anknüpfung der zeitgemäßen Konzeption der zivilrechtlichen Haftung:75 danach sei der Fokus des modernen Haftungsrechts nicht mehr auf das schädigende Verhalten gerichtet, welches es zu bestrafen gelte, sondern auf den Rechtsgüterschutz76 und den eingetretenen Verletzungserfolg beim Betroffenen, welcher kompensiert werden soll.77 Dies beweist insbesondere die Entwicklung der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung.78 Zu berücksichtigen ist auch die allgemein anerkannte Verhaltenssteuerungs- und Kompensationsfunktion des Deliktsrechts. Diese müsse auch international bei grenzüberschreitenden 71 72

821 f.

Erwägungsgrund 17 S. 2 Rom II-VO. Erwägungsgrund 18 der Rom II-VO; kritisch dazu Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817,

73 So auch Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 231; Leible/ Engel, EuZW 2004, 7, 10 f. 74 KOM(2003) 427 endg., S. 13. 75 Vgl. auch v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 114. 76 v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 114; Mankowski, Interessenpolitik, S. 66. 77 Stoll, Festschr. f. Reischauer, S. 389, 401 betont, dass der „Schutz des Deliktsopfers […] Vorrang haben [sollte]“. 78 Erwägungsgrund 16 S. 2 der Rom II-VO; KOM(2003) 427 endg., S. 13; Sonnentag, ZVglRW 2006, 256, 266 f.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Sachverhalten verwirklicht werden, und spreche dafür, es dem Schädiger zuzumuten, sein Verhalten an die Sorgfaltsstandards der Rechtsordnung anzupassen, in dessen territorialen Geltungsbereich sein jeweiliges Verhalten hineinwirke, und das Opfer in seinen Erwartungen bezüglich Rechtsgüterschutz und Schadenskompensation zu schützen.79 Dies wird in der Regel auch von beiden Parteien als gerecht empfunden werden. Für die Anknüpfung an den Tatort lässt sich ferner anführen, dass diese leicht und praktikabel zu handhaben und dabei sehr effizient80 ist, und durch ihre Vorhersehbarkeit Rechtssicherheit gewährleistet. Auch der Tatortstaat selbst hat ein Interesse daran, dass die in Rede stehenden Sozialbeziehungen bereits am Tatort geordnet werden.81 Dem Grundsatz der Anknüpfung an den Erfolgsort und der aufgeführten Begründung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Anknüpfung ist vorhersehbar und stellt für die Parteien eine gerechte und ausgeglichene Lösung dar. Denn beide haben sich dafür entschieden, ihr Verhalten bzw. Wirken auf den räumlichen Geltungsbereich einer bestimmten Rechtsordnung zu erstrecken und müssen sich somit auch darauf einstellen, etwaigen Konsequenzen dieser Rechtsordnung zu unterliegen. Klagt der Geschädigte auch beim Gericht des Erfolgsortes, ist darüber hinaus ein Gleichlauf von Forum und Ius gewährleistet. Das kann die Abwicklung des Verfahrens wegen der Vertrautheit des angerufenen Gerichts mit dem anwendbaren Sachrecht beschleunigen.82 b) Möglichkeiten der Auflockerung der Anknüpfung an den Erfolgsort nach Art. 4 Abs. 2, 3 Rom II-Verordnung In Art. 4 Abs. 2 und 3 Rom II-Verordnung sind in Auflockerung bzw. Durchbrechung der allgemeinen Regel des Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung Abweichungen vom Grundsatz der Anknüpfung an den Erfolgsort vorgesehen. aa) Art. 4 Abs. 2 Rom II-Verordnung So erklärt Art. 4 Abs. 2 Rom II-Verordnung für den Fall, dass Schädiger und Geschädigter – im Zeitpunkt des Haftungsereignisses –83 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, das Recht jenes Staates für anwendbar. Diese Ausnahme hat die spezifische Fallgruppe der Straßenverkehrsunfälle im Ausland im 79 v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnrn. 120 f.; Calliess/v. Hein, Article 4 Rome II Rdnr. 5; Mankowski, Interessenpolitik, S. 67 f.; Wagner, IPRax 2006, 372, 374 – 376; Junker, NJW 2007, 3675, 3678; Wagner, IPRax 2008, 1, 5; ähnlich Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 36 f. 80 So auch v. Hein, ZEuP 2009, 6, 16. 81 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 13. 82 Wagner, IPRax 2006, 372, 375. 83 Eine nachträgliche Verlegung des Aufenthalts durch eine der Parteien ist unbeachtlich, BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 4 Rdnr. 11.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Blick, in denen Schädiger und Geschädigter im ausländischen Straßenverkehr, z. B. während eines Urlaubs, deliktisch zusammentreffen, anschließend aber wieder in ihren gemeinsamen Heimatstaat zurückkehren.84 Die Parteien nun dem Recht des Erfolgsorts zu unterwerfen, wäre impraktikabel, unökonomisch und wenig effizient,85 und würde keinem der beiden Unfallbeteiligten dienen; gerade dann, wenn die Parteien nur kurzzeitig im Staat des Unfallorts zugegen sind. Weil beide Parteien die Konsequenzen des Unfalls im Staat des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts tragen, erscheint es geboten, den Unfall haftungsrechtlich auch so zu behandeln, als wäre er ebenfalls in diesem Staat eingetreten, und den dortigen Haftungs- und Entschädigungsstandards zu unterwerfen.86 Die Abwicklung etwaiger Schadensersatzansprüche in dem Staat, in welchem das Fahrzeug in der Regel auch angemeldet und versichert sein wird, wird durch die Anwendung der lex domicilii communis erleichtert, ist kostengünstiger87 und damit interessengerecht.88 Des Weiteren wird der Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeit und Entscheidung für die Parteien89 Rechnung getragen, da die Anknüpfung an einen gemeinsamen Aufenthalt den berechtigten Erwartungen der Parteien entspricht.90 Befindet sich der Wohnsitz des Beklagten im Staat des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts und kommt es zur Klageerhebung, kann außerdem ein Gleichlauf von Forum und Ius hergestellt werden, was wiederum die Abwicklung beschleunigen und erleichtern kann.91 bb) Art. 4 Abs. 3 Rom II-Verordnung In Art. 4 Abs. 3 S. 1 Rom II-Verordnung ist schließlich eine Ausweichklausel normiert, die dann, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Staat aufweist, die Anwendung des Rechts des Staates der offensichtlich engeren Verbindung ermöglicht. Satz 2 bezieht sich exemplarisch auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis, das eine offensichtlich engere Verbindung der unerlaubten Handlung begründen kann, z. B. ein Vertrag zwischen den Parteien. Mit der Ausweichmöglichkeit soll sichergestellt werden, dass die jeweils anwendbare Rechtsordnung dem spezifischen Einzelfall gerecht wird92 und diese auch die engste Verbindung zum Sachverhalt hat.93 An84 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 4 Rdnr. 37; Junker, NJW 2007, 3675, 3678; ders., JZ 2008, 169, 174; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 17. 85 Vgl. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 17. 86 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 18 f. 87 Calliess/v. Hein, Article 4 Rome II Rdnr. 26. 88 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 4 Rdnr. 37; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 81, 84. 89 Vgl. Erwägungsgrund 16 S. 1 der Rom II-VO. 90 KOM(2003) 427 endg., S. 13. 91 BeckOGK-ZivilR/Rühl, Rom II-VO Art. 4 Rdnr. 83; Calliess/v. Hein, Article 4 Rome II Rdnr. 26. 92 KOM(2003) 427 endg., S. 13.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

passungsfähigkeit sowie Flexibilität für nicht vorhersehbare Interessenlagen und Fallkonstellationen sollen möglich bleiben, weil nicht jeder denkbare Sachverhalt typisiert entsprechend Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 5 – 9 Rom II-Verordnung in Kollisionsregelungen erfasst werden kann.94 Die Abweichungen sind jedoch restriktiv zu handhaben,95 was sich schon in der ausdrücklichen Hervorhebung einer „offensichtlich“ engeren Verbindung zeigt.96 So gilt es die Grundsatzanknüpfung an den Erfolgsort, für welche sich der europäische Verordnungsgeber bewusst entschieden hat, zu respektieren. Insbesondere kann durch die Behauptung einer offensichtlich engeren Verbindung des Sachverhalts zu einer bestimmten Rechtsordnung anstelle der an sich berufenen Rechtsordnung keine Abweichung bei besonderen Formen der unerlaubten Handlung nach Art. 5 – 9 Rom II-Verordnung über Art. 4 Abs. 3 Rom II-Verordnung begründet werden, ausgenommen über die spezielle Regelung des Art. 5 Abs. 2 Rom II-Verordnung in Produkthaftungsfällen.97 3. Zwischenergebnis Das Leitprinzip des Internationalen Privatrechts, die Rechtsordnung zu ermitteln, zu welcher der Sachverhalt die (räumlich) engste Verbindung aufweist,98 ist in der Rom II-Verordnung durch formalisierte Regelungen im Sinne der Rechtssicherheit standardisiert.99 Das Europäische Deliktsrecht folgt der Grundsatzanknüpfung an den Erfolgsort und betrachtet diese als den Mittelweg der deliktischen Anknüpfungsmöglichkeiten, welcher die Interessen der Beteiligten zu einem angemessenen Ausgleich bringt. Durchbrechungen bzw. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind restriktiv zu handhaben und nur aus besonderen Sachgründen, etwa einer erleichterten Schadensabwicklung oder bei Bestehen berechtigter Parteierwartungen, zulässig.

II. Die Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung Nach einer Skizzierung der grundlegenden Anknüpfungspunkte im Internationalen Deliktsrecht ist nun auf die Besonderheiten im Bereich der Internationalen Umwelthaftung einzugehen. Für diese Haftungsfälle statuiert die Rom II-Verord-

93

BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 4 Rdnr. 12. Vgl. Stoll, Festschr. f. Reischauer, S. 389, 395. 95 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 4 Rdnr. 12. 96 KOM(2003) 427 endg., S. 13; vgl. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 18. 97 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 19. 98 v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S. 27 f. 99 Magnus/Mankowski/Mankowski, Rome II Regulation, Introduction Rdnr. 127; v. Hein, VersR 2007, 440, 441; ders., ZEuP 2009, 6, 9, 32. 94

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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nung eine eigene Kollisionsnorm, die auch für die Internationale Klimahaftung als Unterfall der allgemeinen Internationalen Umwelthaftung Anwendung findet. Hintergrund der Einführung der Kollisionsnormen der Art. 5 – 9 Rom II-Verordnung war die Erwägung, dass für bestimmte unerlaubte Handlungen, bei welchen die allgemeine Regelung des Art. 4 Rom II-Verordnung nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt, besondere Bestimmungen vorgesehen werden sollten.100 Im Bereich der internationalen Umweltschädigungen hat sich der europäische Gesetzgeber für eine verstärkte Akzentuierung des Umweltschutzes entschieden, die sich gleichzeitig zugunsten des Geschädigten auswirkt. Die Rechtfertigung liegt in Art. 191 AEUV (ehemals Art. 174 EG), wonach ein hohes Schutzniveau in der Europäischen Union auf Basis der Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung, der Bekämpfung von Umweltbeeinträchtigungen vorrangig an ihrem Ursprung sowie des Verursacherprinzips erreicht werden sollte.101 Im Folgenden wird zunächst der Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung dargestellt. Daran schließt eine nähere Beleuchtung der von der Grundsatzanknüpfung abweichenden Anknüpfung nach dem Ubiquitätsprinzip sowie des Optionsrechts als Besonderheit der Internationalen Umwelthaftung. Sodann ist zu untersuchen, ob die Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts ggf. einzuschränken ist. Ziel der Ausführungen ist zum einen eine grundlegende Analyse der Internationalen Umwelthaftung unter der Rom II-Verordnung, ferner die Beantwortung der Frage, ob Art. 7 Rom II-Verordnung auch für den Spezialfall der Klimahaftung passt oder ob Angleichungen und Korrekturen erforderlich sind.102 1. Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung Ausweislich seines Wortlauts erfasst Art. 7 Rom II-Verordnung in seinem sachlichen Anwendungsbereich außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Umweltschädigung oder einem aus einer solchen Schädigung herrührenden Personenoder Sachschaden. Gegenstand des Art. 7 Rom II-Verordnung ist demnach die besondere unerlaubte Handlung der Umweltschädigung, soweit sie zu der bloßen Verletzung eines Umweltguts oder damit verknüpft zu der Verletzung von bestimmten Individualgütern führt. Wie bereits an anderer Stelle der Arbeit behandelt, kommt der Differenzierung zwischen den verschiedenen Begrifflichkeiten Bedeutung zu.103 So geht Art. 7 Rom II-Verordnung von einem Umwelt-, Personen- oder Sachschaden aus, und auch Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung bezeichnet den Ort, an welchem der Schaden eintritt. Gemeint ist damit jedoch der Verletzungserfolg, nicht die daraus resultierende materielle oder immaterielle Schadensfolge. Dies beweist 100

Erwägungsgrund 19 der Rom II-VO; zustimmend v. Hein, VersR 2007, 440, 451. Erwägungsgrund 25 der Rom II-VO. 102 Siehe weiterführend zu Anwendungsfragen des Art. 7 Rom II-VO bei Abgasmanipulationen als Umweltschädigung („Diesel-Fälle“) Kindler, RIW 2021, 321. 103 Siehe dazu bereits § 2 C. I. 2. b). 101

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

schon Art. 4 Abs. 1 letzter Hs. Rom II-Verordnung, wonach es nicht darauf ankommt, in welchem Staat indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.104 Die Bestimmung der Reichweite des Anwendungsbereichs der besonderen Kollisionsnorm wirft Fragen auf, die im Folgenden zu klären sein werden. Problematisch ist zum einen, wie weit der Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung bezüglich reiner Umweltschäden sowie Individualschäden reicht und ob auch Ersatzansprüche aufgrund von Umweltschädigungen durch die öffentliche Hand geltend gemacht werden können. a) Reine Umweltschädigungen Art. 7 Rom II-Verordnung nennt in der ersten Alternative die reine Umweltschädigung als den sachlichen Anwendungsbereich der Kollisionsnorm eröffnenden Verletzungserfolg. Hier stellt sich zunächst die Frage nach der genauen Definition des Terminus der Umweltschädigung. Damit in engem Zusammenhang steht an sekundärer Stelle die Ermittlung der Reichweite der ersten Alternative des Art. 7 Rom II-Verordnung, insbesondere im Hinblick auf die Abgrenzung zu dem Begriff der Umweltschädigung in der Umwelthaftungsrichtlinie105. aa) Verordnungsautonome Definition des Begriffs der Umweltschädigung Bereits im Legislativverfahren bereitete die exakte Bestimmung des Begriffs der Umweltschädigung Schwierigkeiten. Weil hierfür keine gemeinhin bekannte Definition existierte und damit erhebliche Rechtsunsicherheit im Umgang mit Art. 7 Rom II-Verordnung befürchtet wurde, wurde im Vorfeld der Verabschiedung der Verordnung durch das Europäische Parlament sogar die Streichung der Norm aus dem Kommissionsentwurf vorgeschlagen.106 Da dieser Vorstoß von der Europäischen Kommission, die aus noch näher zu erläuternden Gründen auf eine eigenständige Kollisionsnorm für Umweltschäden drängte,107 abgelehnt wurde,108 einigte man sich schließlich auf die Einfügung eines 24. Erwägungsgrundes zu der Rom II-

104

Vgl. Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 76; Sonnentag, ZVglRW 2006, 256, 265 f.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 37. 105 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl. EG Nr. L 143, S. 56. 106 Bericht vom 27. Juni 2005 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), A6 – 0211/2005, S. 25 f.; siehe hierzu auch Huber/Back, IPRax 2005, 73, 84. 107 Siehe dazu § 4 B. II. 2. c) aa). 108 Begründung des geänderten Kommissionsvorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21. Februar 2006, KOM(2006) 83 endg., S. 7.

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Verordnung, der eine eindeutige und eigenständige Begriffsbestimmung enthalten sollte.109 Die deutsche Übersetzung dieses Erwägungsgrundes gilt als nicht geglückt und wirft aufgrund sprachlicher Ungenauigkeiten Fragen auf, deren Erörterung vom Verordnungsgeber an sich nicht intendiert war. So zeigt sich zunächst eine unterschiedliche Terminologie in der deutschen Fassung: Art. 7 Rom II-Verordnung spricht von „Umweltschädigung“, während Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung auf den Begriff „Umweltschaden“ Bezug nimmt. Daraus könnte geschlossen werden, dass Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung nicht den Begriff der Umweltschädigung definieren will, sondern eine weitere, unabhängige Definition einführt. Über diese fehlende sprachliche Präzision hilft jedoch ein Vergleich mit anderen Sprachfassungen der Verordnung hinweg: so wird in der englischen Originalfassung einheitlich der Ausdruck environmental damage verwendet, und auch die französische und die italienische Übersetzung sind insoweit bei Erwägungsgrund 24 und Art. 7 Rom II-Verordnung sprachlich konsistent (dommage environnemental bzw. danno ambientale). Die Abweichung in der deutschen Fassung ist folglich als bloßes Redaktionsversehen zu bewerten und kann unbeachtet bleiben.110 Erwägungsgrund 24 der Verordnung betrachtet als Umweltschaden eine nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource, wie Wasser, Boden oder Luft, eine Beeinträchtigung einer Funktion, die eine natürliche Ressource zum Nutzen einer anderen natürlichen Ressource oder der Öffentlichkeit erfüllt, oder eine Beeinträchtigung der Variabilität unter lebenden Organismen. Hier könnte bei exakter Lesart eingewandt werden, dass die Satzführung nicht auf eine Definition hindeutet, sondern vielmehr eine Aufzählung exemplarischer Konstellationen darstellt, bei denen eine Umweltschädigung angenommen werden kann. Jedoch kann auch an dieser Stelle über eine vergleichende Wortlautauslegung der anderen Sprachfassungen Klarheit geschaffen werden. So bringt die englische Originalfassung mit der Formulierung „,Environmental damage‘ should be understood as meaning“ eindeutig die Intention zum Ausdruck, den Begriff der Umweltschädigung definieren zu wollen. Dies bestätigen die Übersetzungen in weitere Sprachen.111 Der Ausgangspunkt einer verordnungsautonomen Definition des Begriffs der Umweltschädigung ist folglich Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung.

109

Vgl. zum Ganzen auch BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnrn. 7.1 – 7.3. BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 10 f.; MüKo-BGB/Junker, Rom IIVO Art. 7 Rdnr. 10; anders aber Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 156, der davon ausgeht, dass der Begriff der Umweltschädigung gerade nicht mit dem in Erwägungsgrund 24 der Rom II-VO definierten Begriff des Umweltschadens identisch sein soll. Dem ist jedoch die einheitliche Terminologie in der englischen Originalfassung entgegenzuhalten. 111 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 11 f. 110

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

bb) Einfluss der Umwelthaftungsrichtlinie auf die Bestimmung des Begriffs der Umweltschädigung (1) Konkretisierung anhand von Art. 2 UHRL Die verordnungseigene Begriffsbestimmung in Erwägungsgrund 24 wird z. T. als zu unbestimmt und konturenlos kritisiert, weil z. B. nicht erfasst sei, wann eine nachteilige Veränderung oder Beeinträchtigung vorliege.112 Zur Konkretisierung kann auf Art. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie zurückgegriffen werden,113 ohne dass die Definitionen in Art. 2 UHRL für Art. 7 Rom II-Verordnung als abschließend betrachtet werden dürfen.114 Bereits der modifizierte Kommissionsvorschlag115 sowie ein Vorschlag des Europäischen Parlaments116 im Legislativverfahren enthielten eine ausdrückliche Verweisung auf die Umwelthaftungsrichtlinie, von der im endgültigen Verordnungstext zugunsten einer verordnungsautonomen Definition in Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung Abstand genommen wurde. Der fehlende ausdrückliche Verweis schließt eine Bezugnahme auf den weitgehend identischen117, wenn auch ausführlicheren118 Art. 2 UHRL jedoch keinesfalls aus.119 So wurde dieser wohl nur deswegen unterlassen, weil die Aufzählung in Art. 2 UHRL nicht als abschließend verstanden werden sollte und als zu eng angesehen wurde. Denn Art. 7 Rom II-Verordnung sollte auch Luftveränderungen einbeziehen.120 In einer kombinierten Anwendung von Art. 2 Abs. 1 UHRL sowie Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung ist der Begriff des Umweltschadens dahingehend auszulegen, dass sämtliche Schädigungen von geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen sowie von Gewässern, Luft und Boden erfasst sein sollen.121 Zur Bestimmung der Begriffe Gewässer, Boden und Schädigung können die Definitionen von Art. 2 Abs. 1 UHRL übernommen werden. Jedoch ist bei Übertragung der Termini insoweit Vorsicht geboten, als dass die Umwelthaftungsrichtlinie gerade materielles

112

146.

Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 69; Matthes, GPR 2011,

113 Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 7; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 34; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 2; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 8; Wagner, IPRax 2008, 1, 9; Matthes, GPR 2011, 146; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 245. 114 Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 245. 115 KOM(2006) 83 final, S. 10. 116 Siehe dazu den vorgeschlagenen Erwägungsgrund 24 im Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in zweiter Lesung am 18. Januar 2007 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“). 117 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3. 118 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 10. 119 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 13. 120 Vgl. Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 14; Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 68 f. 121 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 8; Wagner, IPRax 2008, 1, 9.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Recht und nicht Kollisionsrecht betrifft.122 Ferner ist sie nicht auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse, sondern auf Prävention und Beseitigung von Umweltschäden durch den Verursacher auf Verlangen der öffentlichen Hand gerichtet, hat folglich eine andere Adressatenrichtung.123 Daher muss ggf. eine Anpassung der Begriffe für den privat- und kollisionsrechtlichen Bereich erfolgen. So klammert Art. 2 Nr. 1 lit. a UHRL bestimmte Umweltschädigungen eines Betreibers aus, die im Vorfeld durch die Behörde genehmigt wurden. Dies erscheint auf Ebene des materiellen Rechts plausibel, wenn die Genehmigung eine Präklusionswirkung entfaltet, überzeugt aber nicht auf kollisionsrechtlicher Ebene, in der ein grenzüberschreitender Sachverhalt mit ausländischen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen in Rede steht. Denn hier ist im Regelfall nicht von vornherein ersichtlich, ob und wenn ja welche Wirkung eine derartige Genehmigung auf den Sachverhalt hat, und dies spielt auch erst bei Anwendung, nicht aber bei Ermittlung des anwendbaren Rechts eine Rolle. Der Begriff der Umweltschädigung in Art. 7 Rom II-Verordnung ist mithin umfassender als der, welcher der Umwelthaftungsrichtlinie zugrunde liegt.124 (2) Keine Beschränkung der Umweltschädigung auf berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten Bei der Konkretisierung des Begriffs der Umweltschädigung mithilfe der Umwelthaftungsrichtlinie sind weitere Eingrenzungen geboten. So reicht der Zusammenhang zwischen Art. 7 Rom II-Verordnung und der Umwelthaftungsrichtlinie nicht so weit, als dass in Art. 7 Rom II-Verordnung eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten im Wege der teleologischen Reduktion hineinzulesen ist.125 Dies wird von Heiss und Loacker unter Verweis auf die Begründung des Verordnungsvorschlags der Europäischen Kommission126 gefordert. Danach beruhe die Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung und die gegenüber der allgemeinen Kollisionsnorm verschärfte Haftung des Umweltschädigers u. a. darauf, dass dieser aus seiner Tätigkeit einen Vorteil ziehe und somit auch die Verantwortung für entstehende Nachteile tragen müsse. Nach Heiss und Loacker sei dies aber nur dann der Fall, wenn der Schädiger wie auch in der Umwelthaftungsrichtlinie beruflich oder gewerblich handle und somit in den Genuss wirtschaftlicher Vorzüge komme.127 122

Bogdan, Festschr. f. Pocar, S. 95, 100. BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 14; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 8; Wagner, IPRax 2008, 1, 9. 124 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 14; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 10. 125 H. M., siehe nur BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 14; Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 7; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 36; Rauscher/ Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 9; Matthes, GPR 2011, 146, 147; a. A. Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613, 632. 126 KOM (2003) 427 endg., S. 21 f. 127 Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613, 632. 123

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Dass dies aber nicht der Fall ist, sondern auch ein Privater wirtschaftliche Vorteile aus einer Umweltschädigung ziehen kann, zeigt bereits das Beispiel einer privat betriebenen, schädliche Stoffe emittierenden Biogasanlage:128 diese kann etwa eine Hausgemeinschaft mit Energie versorgen und Aufwendungen aus dem externen Energienetz ersparen. „Kehrseite“ dieser privatwirtschaftlichen Vorzüge sind aber gerade die durch die Anlage verursachten Umweltschädigungen. Gegen eine Beschränkung der Kollisionsnorm auf berufliche und gewerbliche Tätigkeiten sprechen eindeutig der gegenüber Art. 2 UHRL bewusst weiter gefasste Wortlaut und die fehlende Bezugnahme des Art. 7 Rom II-Verordnung darauf,129 sowie der Normzweck der Vorschrift, ein möglichst hohes Umweltschutzniveau zu erreichen.130 Ein hoher Schutzstandard kann nicht erzielt werden, wenn bestimmte, ggf. sehr relevante Fallgruppen wie privat verursachte Umweltschäden ganz von Art. 7 Rom II-Verordnung ausgespart würden. Auch der Vorschlag der Europäischen Kommission spricht von einer nur allgemein durch menschliches Verhalten, nicht von einer beruflich oder gewerblich verursachten Schädigung.131 Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst somit sämtliche Umweltschäden, unabhängig von der Art der Verursachung. (3) Ablehnung des Kriteriums der Erheblichkeit Auch das Kriterium der Erheblichkeit der Umweltschädigung, welches von Art. 2 Nr. 1 UHRL hinsichtlich der Intensität einer jeden nachteiligen Auswirkung für ein Umweltgut, sei es Boden oder Gewässer, gefordert wird, kann für die kollisionsrechtliche Norm keine Rolle spielen.132 Zum einen gibt Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung eine solche Einschränkung nicht vor, sondern fasst jede nachteilige Veränderung unter den Begriff der Umweltschädigung. Darüber hinaus lässt sich zutreffend anführen, dass die Erheblichkeit ein materiellrechtlicher Gesichtspunkt ist, der auch erst auf dieser Ebene die Haftung des Schädigers einschränken sollte. Mit der Funktion des Kollisionsrechts, für möglichst viele Konstellationen im Rahmen eines weiten Anwendungsbereichs das anwendbare Recht zu bestimmen, ist ein solches Kriterium jedoch nicht vereinbar.133

128

Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 245. Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 245. 130 Erwägungsgrund 25 der Rom II-VO; Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 7; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 9; Matthes, GPR 2011, 146, 147. 131 Vgl. KOM(2003) 427 endg., S. 21. 132 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 14; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 36; Matthes, GPR 2011, 146, 147; a. A. Bogdan, Festschr. f. Pocar, S. 95, 101, danach erfordere schon die Natur des ökologischen Schadens selbst eine gewisse Erheblichkeit hinsichtlich des Ausmaßes bzw. der Intensität. 133 Vgl. BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 14. 129

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(4) Zwischenergebnis Die vorstehenden Betrachtungen zeigen, dass die Umwelthaftungsrichtlinie eine notwendige Stütze zur Konkretisierung der Definition des Erwägungsgrunds 24 der Rom II-Verordnung ist. Dennoch muss der Begriff der Umweltschädigung nach Art. 7 Rom II-Verordnung autonom und weiter verstanden werden als in Art. 2 UHRL, weil er keinen materiell-, sondern kollisionsrechtlichen Ursprung hat, und zudem auf privat-, nicht öffentlich-rechtliche Verhältnisse bezogen wird. Eine Beschränkung auf Umweltschädigungen im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit sowie das Erfordernis der Erheblichkeit einer Umweltschädigung scheiden für Art. 7 Rom II-Verordnung ebenfalls aus. cc) Umweltschädigung in Klimahaftungsfällen Nachdem die vorstehenden Ausführungen zeigen konnten, welche Merkmale den Begriff der Umweltschädigung abstrakt charakterisieren und inwieweit dabei auf unionsrechtliche Regelungsinstrumente zurückgegriffen werden kann, gilt es, die Definition der Umweltschädigung in den Kontext der Klimahaftungsfälle zu stellen. (1) Klimawandel per se als Umweltschädigung Identisch mit Art. 2 Nr. 2, 13 UHRL sieht Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung eine Schädigung u. a. in der nachteiligen Veränderung einer natürlichen Ressource oder einer Beeinträchtigung einer Funktion, die eine natürliche Ressource zum Nutzen einer anderen natürlichen Ressource oder der Öffentlichkeit erfüllt. Weiter als Art. 2 Nr. 1, 12 UHRL fallen unter den Begriff der natürlichen Ressource nicht nur natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden, sondern auch die Luft. Wie bereits ausführlich beschrieben,134 führt die anthropogen verursachte Menge an Treibhausgasemissionen zu einem drastischen Anstieg der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration und verändert damit die Zusammensetzung der in der Atmosphäre befindlichen Gase. Dieser physikalische Vorgang führt wiederum zu einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur und schließlich zu einer Klimaerwärmung. Bereits in der abweichenden atmosphärischen Zusammensetzung und dem damit einhergehenden Temperaturanstieg liegt eine messbare stoffliche Veränderung der natürlichen Ressource Luft im Sinne der Atmosphäre.135 Versteht man die Atmosphäre nicht als Teil der in Erwägungsgrund 24 ausdrücklich genannten natürlichen Ressource Luft in weiter Auslegung, kann man sich über eine Erfassung der Atmosphäre als selbständige natürliche Ressource behelfen.136 Dann liegt in der Veränderung der Atmosphäre durch Veränderung der atmosphärischen Treibhausgas134

Siehe dazu ausführlich § 2 A. IV. Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 615; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 393 f. 136 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 94 f. 135

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

konzentration die Beeinträchtigung einer Funktion, die eine natürliche Ressource zum Nutzen anderer natürlicher Ressourcen erfüllt. Denn die Existenz der Atmosphäre in ihrer bisherigen Form ist wiederum Voraussetzung für den unveränderten Bestand und die Funktionsfähigkeit der natürlichen Ressourcen Wasser und Boden. Anthropogene Treibhausgasemissionen mit Folgen für die Atmosphäre haben in der Konsequenz zugleich Auswirkungen auf Wasser und Boden und stören das bestehende Gleichgewicht zwischen den einzelnen Komponenten.137 Die Klimaerwärmung als solche ist auch bereits nachteilig.138 So steht sie am Beginn einer Kausalkette, die zahlreiche negative Folgewirkungen für Mensch und Natur mit sich bringt.139 Damit kann sie als Auslöser und „Motor“ dieser Negativspirale selbst als nachteilig bewertet werden.140 Als problematisch könnte sich allein die Art und Weise der nachteiligen Veränderung der natürlichen Ressource Luft gestalten, welche, wie gezeigt,141 ein menschliches Verhalten als Ursache der Umweltschädigung voraussetzt. Beim Klimawandel ist ein menschliches Verhalten zwar der Ursprung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen, führt jedoch nicht unmittelbar, sondern erst über eine Reihe komplexer weiterer Naturvorgänge zur nachteiligen Veränderung. Fraglich ist also, ob es auf die Unmittelbarkeit der nachteiligen Veränderung der natürlichen Ressource durch menschliches Verhalten ankommt.142 Schon dem Wortlaut von Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung ist aber kein derartiges Erfordernis der Unmittelbarkeit zu entnehmen. Art. 2 Nr. 2 UHRL sieht in einer Schädigung sowohl die direkt als auch die indirekt eintretende nachteilige Veränderung, woraus geschlossen werden kann, dass etwaige zwischengeschaltete natürliche Vorgänge nichts an dem Charakter als „Schädigung“ ändern. Auch das Telos des Art. 7 Rom IIVO, ein hohes Umweltschutzniveau zu gewährleisten, spricht für eine stets weite Auslegung der Begriffe, um möglichst viele Fälle unter den Anwendungsbereich der Kollisionsnorm zu fassen. Schließlich ist die Voraussetzung einer unmittelbaren Veränderung aufgrund der Eigenart des Regelungsbereichs der Kollisionsnorm abzulehnen – so ist in Umwelthaftungsfällen allgemein nicht auszuschließen, dass die Schädlichkeit der Auswirkung sich erst über initiierte ökologische Vorgänge ergibt. Ist dennoch ein menschliches Verhalten als Ursprung der finalen Schädigung auszumachen, so ist ein ggf. zu sanktionierendes Verhalten mit Haftungsfolge, für welches Art. 7 Rom II-Verordnung das anwendbare Recht bestimmen will, anzu137 Vgl. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 94 f.; siehe dazu auch § 2 A. III. und § 2 A. V. 138 So auch Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 615 f.; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 393 f. 139 Siehe dazu § 2 A. V. 140 Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 615 f.; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 393 f. 141 Siehe dazu § 4 B. II. 1. a) bb) (2). 142 Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 616; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 394.

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nehmen. Auf die Unmittelbarkeit der anthropogenen Verursachung kommt es im Rahmen der Kollisionsnorm folglich nicht an;143 die komplexen Kausalketten des Klimawandels sind für die Qualifikation als Umweltschädigung unschädlich. Auf die diffusen Ursache-Wirkungs-Beziehungen und die Rolle menschlicher Emissionen für den Klimawandel wird jedoch noch einmal im Rahmen des Kausalzusammenhangs bei Individualschäden zurückzukommen sein.144 Die Veränderung der Atmosphäre durch menschlich emittierte Treibhausgase und die damit einhergehende klimatische Erwärmung stellen selbst bereits eine Umweltschädigung i. S. v. Art. 7 Rom II-Verordnung dar.145 (2) Sekundäre Umweltschädigungen Diese übergeordnete Umweltschädigung führt wiederum zu konkreten nachteiligen Veränderungen bzw. Beeinträchtigungen weiterer Umweltressourcen.146 Klimawandelbedingte Folgen für Umweltgüter sind folglich sekundäre Umweltschädigungen, so etwa jede klimawandelbedingte Veränderung des mengenmäßigen Zustands der Weltmeere durch Anstieg des Meeresspiegels im Ganzen, dessen Nachteiligkeit sich aus der Überflutungsgefahr ergibt; das irreversible Abschmelzen der Gletscher durch Verlust von Eismasse; die Versauerung der Meere als nachteilige Veränderung ihres chemischen Zustands; ebenso das Abrutschen von Permafrostböden durch die negative Beeinflussung der Ressource Boden. U. a. Gletscher übernehmen des Weiteren wichtige Funktionen zum Nutzen der Öffentlichkeit, indem sie zur Trinkwasserversorgung der Bevölkerung in bestimmten Regionen beitragen. Durch ihren Rückgang kann diese Aufgabe nicht mehr in gleicher Weise wie ursprünglich erfüllt werden und wird damit beeinträchtigt. Auch die Dezimierung oder das Aussterben ganzer Tier- und Pflanzenarten durch die Klimaerwärmung stellt eine Umweltschädigung dar, weil darin eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt und daher der Variabilität unter lebenden Organismen als letzte Variante von Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung liegt. (3) Zwischenergebnis Der Klimawandel per se sowie sämtliche vorgestellte klimawandelbedingte Folgen lassen sich unter den Begriff der Umweltschädigung nach Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung gemeinsam mit Art. 2 UHRL subsumieren. In Klimahaftungsfällen wird somit regelmäßig der Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung eröffnet sein.

143 So im Ergebnis auch Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 616; Weller/ Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 394. 144 Siehe dazu § 4 B. II. 1. c) bb) (2). 145 So auch MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 12. 146 Siehe dazu § 2 A. V.

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dd) Zwischenergebnis Art. 7 Rom II-Verordnung ist bereits dann anwendbar, wenn ein außervertragliches Schuldverhältnis aus einer Umweltschädigung in Rede steht. Ausreichend ist die bloße Umweltschädigung, ohne dass es einer daraus resultierenden Verletzung eines Individualrechtsguts bedarf. Der Begriff der Umweltschädigung ist anhand des Erwägungsgrunds 24 sowie eines Rückgriffs auf Art. 2 UHRL zu bestimmen. Bei einer Übertragung von Definitionen aus der Umwelthaftungsrichtlinie sind die öffentlich-rechtliche Adressatenrichtung und der materiellrechtliche Ursprung des europäischen Regelungsinstruments zu beachten. Die Umweltschädigung in der Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung muss weiter verstanden werden und erfasst auch öffentlich genehmigte Umweltschädigungen sowie zusätzlich Veränderungen der natürlichen Ressource Luft. Auch die Einschränkungen der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit und Erheblichkeit der nachteiligen Veränderungen aus Art. 2 UHRL sind für Art. 7 Rom II-Verordnung ohne Relevanz. Bei Klimahaftungsfällen liegt eine Umweltschädigung bereits im anthropogen verursachten Klimawandel selbst, sekundäre Umweltschädigungen stellen die klimawandelbedingten nachteiligen Folgewirkungen für Umweltressourcen und Ökosysteme dar. Bejaht man das Vorliegen einer Umweltschädigung und sieht den Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung damit als eröffnet an, stellt sich sodann die Frage nach der Relevanz der reinen Umweltschädigung im System der Rom IIVerordnung. Denn in der Regel ist mangels konkreter Zuordnung natürlicher Ressourcen an ein individuelles Rechtssubjekt im privaten Haftungsrecht auch eine Geltendmachung durch Privatpersonen bei Vorliegen einer reinen Umweltschädigung nicht möglich. Die Rom II-Verordnung hat allerdings nur Zivil- und Handelssachen zum Gegenstand. Es ist also zweifelhaft, welche Bedeutung der Einführung der Umweltschädigung als eigene Schädigungskategorie überhaupt zukommt. Vor diesem Hintergrund ist die folgende Diskussion darüber, ob öffentlichrechtliche Erstattungsansprüche, d. h. Ansprüche, welche die öffentliche Hand aufgrund von Schädigungen am Allgemeinrechtsgut Umwelt geltend macht, vom Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst werden, zu betrachten. b) Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand aufgrund von Umweltschädigungen Tritt der Verletzungserfolg an einem Umweltgut ein bzw. steht der Eintritt eines solchen drohend bevor – wird also ein Umweltgut geschädigt bzw. bedroht, ohne dass zugleich ein individueller Personen- oder Sachschaden gegeben ist – müssen Maßnahmen zur Beseitigung bzw. Prävention der Umweltschädigung getroffen werden. Um zu einer Internalisierung der dadurch entstehenden Kosten zu gelangen, muss die Rechtsordnung die rechtlichen Grundlagen für Erstattungsansprüche gegen den Verursacher schaffen, welche von dem Träger der Aufwendungen, in der Regel dem Staat, geltend gemacht werden können. Auf europäischer Ebene findet die

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Umwelthaftungsrichtlinie Anwendung, die in allen EU-Mitgliedstaaten Umsetzung in nationales Recht, in Deutschland im Umweltschadensgesetz147, erfahren hat, und Ersatzansprüche bezüglich Umweltschädigungen nach Art. 3 Abs. 3 UHRL ausschließlich der öffentlichen Hand vorbehält. Hier stellt sich die Frage, ob derartige Erstattungsansprüche zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich zu qualifizieren sind, und ob sie weiterführend vom Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst werden. Ausgangspunkt zur Beantwortung der Frage ist Art. 1 Abs. 1 S. 1 Rom II-Verordnung. Danach fallen grenzüberschreitende Zivil- und Handelssachen in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung. Zu beachten ist, dass der Begriff der Zivilsache autonom148 und in Einklang mit den materiellen Anwendungsbereichen der Brüssel Ia-Verordnung und der Rom I-Verordnung, die im jeweiligen Art. 1 nahezu identisch formuliert sind, zu bestimmen ist149. Vom Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung ausgenommen sind gem. Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-Verordnung zum einen rein verwaltungsrechtliche Angelegenheiten, zum anderen Steuer- und Zollsachen und die Haftung des Staates für Handlungen und Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Gewalt (acta iure imperii), die sich gegen den Staat, seine Bediensteten und öffentliche Stellen richten. aa) Zivilrechtliche Einordnung von Erstattungsansprüchen der öffentlichen Hand Für eine Einordnung öffentlich-rechtlicher Regressansprüche als Zivilsachen spricht Art. 15 Abs. 3 UHRL. Danach kann die öffentliche Hand Rechte auf Grundlage der Richtlinie auch grenzüberschreitend gegen Parteien im Ausland geltend machen. Eigene Regelungen zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit enthält die Richtlinie allerdings nicht, vielmehr geht der Richtliniengeber in Erwägungsgrund 10 der Umwelthaftungsrichtlinie davon aus, dass die Regelungen der Brüssel Ia-Verordnung unberührt bleiben. Daraus wird geschlossen, dass der europäische Gesetzgeber die Erstattungsansprüche gerade als zivilrechtlich qualifiziert sehen wollte, um eine Ermittlung der internationalen Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-Verordnung zu ermöglichen.150 Andernfalls könnten die Rechte aus der Richtlinie gegenüber Schädigern aus dem Ausland keine effektive Durchsetzung erfahren, da es an einem entsprechenden, die Geltendmachung ermöglichenden,

147 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umweltschadensgesetz – USchadG) vom 10. Mai 2007, BGBl. I S. 666. 148 EuGH, Urt. v. 14. Oktober 1976, Rs. 29/76 – Eurocontrol, NJW 1977, 489 m. Anm. Geimer, 492. 149 Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO. 150 Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 6; Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 83 f.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 53 f.

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öffentlich-rechtlichen Regelungsinstrument fehlt.151 Auch die Tatsache, dass Maßnahmen der Prävention und Schadensbeseitigung für die Umwelt ebenso von Privatpersonen oder Verbänden wahrgenommen werden könnten, welchen dann zivilrechtlich zu qualifizierende Erstattungsansprüche gegen den Verursacher zuzuweisen wären, spreche für eine zivilrechtliche Qualifikation auch öffentlichrechtlicher Ersatzansprüche. Denn das zeige, dass es für entsprechende Schutzmaßnahmen keiner Sonderrechte oder der Ausübung hoheitlicher Gewalt bedürfe, also gerade keine acta iure imperii in Rede stünden.152 Ferner wird darauf verwiesen, dass der Anwendungsbereich des Art. 7 Rom IIVerordnung ausdrücklich zwischen reinen Umweltschäden und dadurch vermittelten Sachschäden differenziere, und auch Erwägungsgrund 24 der Rom II-Verordnung die Umweltschädigung per se ohne Beteiligung verletzter Individualgüter definiert. Die reine Umweltschädigung ist eigenständiger Bezugspunkt des Art. 7 Rom IIVerordnung. Wird die Umweltschädigung selbst zum Anknüpfungsgegenstand der Kollisionsnorm und bringt der Verordnungsgeber damit die Wertigkeit und den besonderen Stellenwert des Verursacherprinzips und des Umweltschutzes im Unionsrecht nach Art. 191 AEUV zum Ausdruck, müssen Erstattungsansprüche, auch wenn sie von der öffentlichen Hand geltend gemacht werden, was aufgrund Art. 3 Abs. 3 UHRL regelmäßig der Fall sein wird, auf dieser Grundlage stets zivilrechtlich eingeordnet werden.153 Gegen dieses Argument ist aber der ausdrückliche Ausschluss von acta iure imperii aus dem Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung gem. Art. 1 Abs. 1 S. 2 anzuführen. Hätte der Verordnungsgeber die Einbeziehung derartiger Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand im Bereich des Umweltrechts in die Verordnung intendiert, so hätte er den Wortlaut dahingehend anpassen müssen. Dass der reinen Umweltschädigung in Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung sonst nur ein geringer Anwendungsbereich verbleibt, folgt aus der materiellrechtlichen Einordnung der Erstattungsansprüche selbst, kann aber kollisionsrechtlich mangels Regelungskompetenz nicht korrigiert werden.154 bb) Differenzierung nach Art und Weise des Tätigwerdens der öffentlichen Hand Richtig ist es, zu differenzieren und auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bezüglich Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-Verordnung zurückzugreifen. So steht die Geltendmachung von Ansprüchen durch die öffentliche Hand einer Ein-

151

Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 83 f.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 53 f. 152 Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 84 f. 153 Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 85 f.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 51 f., 54 f.; vgl. auch Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 6. 154 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 20.

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ordnung als Zivilsache nicht von vornherein entgegen.155 Ein Sachverhalt ist dann als öffentlich-rechtlich anzusehen und vom Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung sowie der Rom-Verordnungen gem. Art. 1 Abs. 1 S. 2 ausgenommen, wenn er seinen Ursprung in der Ausübung hoheitlicher Befugnisse hat, die originär dem Staat zugewiesen sind.156 Dies ist der Fall, wenn er eine Tätigkeit in einer Art und Weise vornimmt, wie sie nicht durch einen Privaten hätte vorgenommen werden können, weil der Staat sich besonderer Rechte bedient.157 Öffentlich-rechtlich einzustufen sind insoweit die sich aus der Umwelthaftungsrichtlinie ergebenden und im nationalen deutschen Recht in §§ 4 ff. USchadG umgesetzten Ansprüche,158 weil die öffentliche Hand hier zum Tätigwerden im Rahmen der Gefahrenabwehr ermächtigt wird und sich klassischen verwaltungsrechtlichen Mitteln bedient. Die öffentliche Rechtsnatur der daraus folgenden Erstattungsansprüche ist damit präjudiziert und es greift der Ausnahmetatbestand nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-Verordnung. Im Übrigen bedarf es dann ohnehin keiner Ermittlung des anwendbaren Rechts nach Art. 7 Rom II-Verordnung.159 Wird die öffentliche Hand dagegen zum Schutz von Eigentum tätig und macht sie einen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch wie eine Privatperson geltend, ist eine Zivil- und Handelssache zu bejahen.160 Wie Junker ausdrücklich hervorhebt, sind Ansprüche aus der Umwelthaftungsrichtlinie damit auch nicht generell dem Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung entzogen, weil den Mitgliedstaaten bei der Implementierung in nationales Recht durchaus Umsetzungsspielraum verbleibt.161 Maßgeblich ist folglich die Umsetzung und Ausgestaltung der Erstattungsansprüche.162 Dieses Ergebnis ist sachgerecht: verfügt der Staat über besondere hoheitliche Befugnisse, ist die effektive Durchsetzung von Umweltschutz sichergestellt und es bedarf nicht der zusätzlichen Begünstigung durch die Wahlmöglichkeit hinsichtlich des anwendbaren Rechts nach Art. 7 Rom II-Verordnung.163 Die öffentliche Hand befindet sich dann ohnehin in einer stärkeren Position als einzelne 155 EuGH, Urt. v. 14. Oktober 1976, Rs. 29/76 – Eurocontrol, NJW 1977, 489 m. Anm. Geimer, 492. 156 EuGH, Urt. v. 16. Dezember 1980, Rs. 814/79, IPRax 1981, 169. 157 EuGH, Urt. v. 21. April 1993, Rs. C-172/91, NJW 1993, 2091. 158 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 2; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 47; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 4; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.06; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 251. 159 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 250 f. 160 So auch BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 2; jurisPK-BGB/ Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 46; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 15; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.06; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 249. 161 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 251; zustimmend jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 48. 162 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnrn. 46 – 48; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 249 – 251. 163 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 251.

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Geschädigte und benötigt den weitergehenden Schutz durch das Wahlrecht nicht.164 Anders ist die Interessenlage zu beurteilen, wenn der Staat sich wie ein Privater auf die Ebene der Gleichordnung mit seinen Bürgern begibt und keine besonderen Befugnisse in Anspruch nimmt. Die Frage nach der Rechtsnatur öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche ist folglich nicht einheitlich, sondern differenziert nach der Art der Umsetzung im nationalen Recht zu beurteilen. c) Aus einer Umweltschädigung herrührender Personenoder Sachschaden Neben der reinen Umweltschädigung zählt Art. 7 Rom II-Verordnung ausdrücklich den aus einer Umweltschädigung herrührenden Personen- oder Sachschaden als in den Anwendungsbereich der Norm fallenden Regelungsgegenstand auf. Die gesonderte Bezugnahme macht deutlich, dass Art. 7 Rom II-Verordnung bestimmte Individualschäden gerade nicht als unbeachtliche indirekte bzw. mittelbare Schadensfolgen der Umweltschädigung betrachtet, die anknüpfungstechnisch als Sekundärfolgen keine Rolle spielen, sondern dass diese einen selbstständigen Anknüpfungsgegenstand darstellen und insoweit beachtlich sind.165 Auch hier gelten die bereits bei der Umweltschädigung diskutierten Beschränkungen auf Schädigungen allein im Rahmen von beruflichen oder gewerblichen Tätigkeiten sowie auf erhebliche Schädigungen aus Art. 2 UHRL nicht. Diskutiert werden im Zusammenhang mit Umweltschädigungen zwei wesentliche Aspekte: zum einen, ob reine Vermögensschäden ebenfalls von der Norm erfasst werden, zum anderen, wie genau der Kausalzusammenhang zwischen der Umweltschädigung und dem Individualschaden ausgestaltet sein muss. aa) Erfassung von Vermögensschäden? Der Wortlaut des Art. 7 Rom II-Verordnung bezieht sich nur auf Personen- oder Sachschäden. Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob in erweiternder Auslegung des Anwendungsbereichs auch reine Vermögensschäden in die Norm miteinzubeziehen sind. Nach überzeugender herrschender Meinung sollen über den Normtext

164 Ähnlich auch Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 4; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 157, der aber generell davon ausgeht, dass Erstattungsansprüche des Staates in den Bereich der Daseinsvorsorge fallen und der Staat insoweit hoheitlich tätig wird; anders Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 6, der Ansprüche aus dem Bereich der Daseinsvorsorge des Staates unionsrechtlich nicht als von der Ausnahme gem. Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO erfasst ansieht. 165 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 16; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 21.

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hinaus auch durch eine Umweltschädigung vermittelte Vermögensschäden von der Kollisionsregelung umfasst sein.166 Zur Begründung ist anzuführen, dass Art. 7 Rom II-Verordnung auch Sachschäden als Individualschäden erfasst und eine Unterscheidung zwischen Eigentums- und Substanzverletzungen, die als Sachschäden zu qualifizieren sind, sowie bloßen Vermögensschäden sinnlos bzw. willkürlich erscheint.167 Dagegen wird zwar vorgebracht, dass der Wortlaut des Art. 7 Rom II-Verordnung bei Zugrundlegung der üblichen Bedeutung von Sachschäden als Integritätsverletzung eine Einbeziehung von Vermögensschäden nicht zulasse und für durch eine Umweltschädigung vermittelte Vermögensschäden die allgemeine Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung Anwendung beanspruche. Sachwidrige Ergebnisse ließen sich dann über die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-Verordnung vermeiden. Schließlich sollte nach der Gegenauffassung aus rechtspolitischer Sicht Vorsicht gegenüber einer zu weiten Ausdehnung des Ubiquitätsprinzips als Ausnahme zur Anknüpfung an den Erfolgsort geboten sein.168 Für eine Einbeziehung von reinen Vermögensschäden in den Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung ist jedoch die nach der Gegenansicht eintretende Aufspaltung des anwendbaren Rechts hinsichtlich Personen- und Sachschäden, die von Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst werden, und Vermögensschäden, die unter Art. 4 Rom II-Verordnung fallen, einzuwenden.169 Dies kann im Sinne der Verfahrensökonomie und Vorhersehbarkeit für die Beteiligten nicht gewollt sein. Ziel des Gesetzebers hinsichtlich Art. 7 Rom II-Verordnung war ausweislich Erwägungsgrund 25 der Rom II-Verordnung gerade auch die Erreichung eines hohen Umweltschutzniveaus, was eine einheitliche Behandlung und eine möglichst weitreichende Fassung des Anwendungsbereichs gebiete, um den Betroffenen umfassend zu schützen. Auch nach der Kommissionsbegründung170 ist ein weiter Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung bezweckt. Die fehlende Nennung des Vermögensschadens ist allein darauf zurückzuführen, dass dieser anders als Personen- oder Sachschäden keinen eigenen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des anwendbaren Rechts darstellen soll.171 166 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3; BeckOGK/Huber, Rom IIVO Art. 7 Rdnr. 19; Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 7; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 37; MüKoBGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 12; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 2; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.13; Kindler, RIW 2021, 321, 327; Matthes, GPR 2011, 146; Thorn, in: Kieninger/Remien, S. 139, 156 f.; a. A. Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 23. 167 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 246. 168 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 23. 169 Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.13. 170 KOM(2003) 427 endg., S. 21. 171 BeckOGK/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnrn. 19, 32; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.13.

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Auch bloße, durch eine Umweltschädigung vermittelte Vermögensschäden sind folglich von Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst. bb) Ausgestaltung des Kausalzusammenhangs zwischen Umweltschädigung und Schädigung an Individualrechtsgut Schließlich stellt sich die Frage, welche Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung des Kausalzusammenhangs zwischen Umweltschädigung sowie Personen- oder Sachschaden zu stellen sind. (1) Erfordernis eines ökologischen Schadens? Zur Beantwortung ist zunächst die Qualität des primären Bezugspunktes des Individualschadens maßgeblich, nämlich ob Art. 7 Alt. 2 Rom II-Verordnung im Vorfeld einen echten ökologischen Schaden fordert172 oder ob eine Einwirkung auf den Umweltpfad ausreichend173 ist. Konkret geht es darum, ob dem Individualschaden vorgelagert – ebenso wie in Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung – eine natürliche Ressource in ihrer Substanz oder Funktion beeinträchtigt werden muss, sei es auch nur für eine kurze Dauer,174 oder ob eine bloße Einwirkung, die an der Ressource selbst nicht einmal eine vorübergehende Auswirkung zeitigt, genügt. Diejenigen, die sich für einen echten ökologischen Schaden im Vorfeld der Individualschädigung und gegen eine Abweichung von der Auslegung in Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung aussprechen, stützen sich auf eine enge Auslegung von Wortlaut und Normzweck des Art. 7 Rom II-Verordnung. So sei die Regelung auf die Haftungskonstellationen zu beschränken, in denen auch tatsächlich eine (vorübergehende) Schädigung der Umwelt in Funktion oder Substanz in Rede stehe, weil nur dann auch das Ziel des grenzüberschreitenden Umweltschutzes verfolgt werden könne. Die Privilegierung des Geschädigten über das Ubiquitätsprinzip des Art. 7 Rom II-Verordnung gegenüber der allgemeinen Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung sei sonst nicht gerechtfertigt.175

172 So BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 18; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 22; Matthes, GPR 2011, 146, 147. 173 So Wagner, IPRax 2008, 1, 9; ebenso Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 2a; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 37; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 2; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 246; Kreuzer/Wagner/Reder, in: Dauses/Ludwig, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdnr. 368; Kindler, RIW 2021, 321, 326, 329 f.; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 95; Kieninger, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 119, 140; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 156; Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 616 f.; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 394 f. 174 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnrn. 17 f. 175 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 18; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 22.

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Richtig ist es, im Einklang mit der herrschenden Meinung, mit Blick auf den Normzweck des Art. 7 Rom II-Verordnung, der die Ausgestaltung der Kollisionsnorm insgesamt beeinflusst, die Forderung nach einem ökologischen Schaden abzulehnen und schon die Einwirkung auf den Umweltpfad, d. h. auf eine Umweltressource wie Luft, Wasser und Boden, genügen zu lassen. Auch eine bloße Umwelteinwirkung kann die Umwelt gefährden,176 weil stets die Gefahr des Umschlagens in eine „echte“ Umweltschädigung besteht. Dem Telos der Regelung, ein hohes Umweltschutzniveau in den Mitgliedstaaten zu schaffen und das Verursacherprinzip auf kollisionsrechtlicher Ebene zu implementieren,177 wird am ehesten durch eine weite Fassung des Anwendungsbereichs und Einbeziehung aller denkbaren Haftungskonstellationen, welche im Zusammenhang mit Gefahren für die Umwelt stehen, genügt. Auch der Wortlaut der Norm, wonach die Individualschädigung nur aus der Umweltschädigung „herrühren“ muss, lässt ein derartiges Verständnis zu. In Klimahaftungsfällen wird in der Regel auch die strengere Voraussetzung des ökologischen Schadens erfüllt sein, weil die globale Erwärmung auf nahezu sämtliche natürliche Ressourcen bleibende Auswirkungen hat. Bereits der Klimawandel selbst stellt eine Umweltschädigung dar,178 aus welcher vielfältige weitere, sekundäre Umweltschädigungen resultieren können, die schließlich in Individualschädigungen münden. Die Frage, ob vor Eintritt des Individualschadens ein ökologischer Schaden Voraussetzung ist oder eine Einwirkung auf den Umweltpfad genügt, wird im Rahmen von Klimahaftungsfällen folglich nicht von Bedeutung sein. (2) Anforderungen an die Kausalitätsbeziehung Speziell für Klimahaftungsfälle ist darüber hinaus die Beantwortung der Frage, wie eng die Kausalbeziehung zwischen Umwelteinwirkung und Individualschaden sein muss, um den Anforderungen des Art. 7 Rom II-Verordnung zu genügen, entscheidend.179 Der Wortlaut des Art. 7 Rom II-Verordnung ist hierzu nicht eindeutig und gibt allein vor, dass Individualschäden aus der Umweltschädigung „herrühren“ müssen. Gemeinhin wird diese Formulierung so verstanden, dass die Umweltschädigung für den Individualschaden ursächlich sein muss, der Individualschaden also

176

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 94. Vgl. Erwägungsgrund 25 S. 1 Rom II-VO. 178 Die Argumentation von Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 616; Weller/ Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 394 f., ist hier nicht vollständig konsistent: so gehen die Autoren zuvor davon aus, dass der Klimawandel per se bereits eine Umweltschädigung i. S. v. Art. 7 Alt. 1 Rom II-VO darstelle, führen dann aber an, dass für den Personen- oder Sachschaden eine Einwirkung auf eine natürliche Ressource und Verursachung auf dem Umweltpfad genüge. Sieht man im Klimawandel selbst aber die Umweltschädigung und damit zugleich einen ökologischen Schaden, resultieren die Personen- und Sachschäden aus einer Umweltschädigung und werden nicht nur über den Umweltpfad verursacht. 179 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 95. 177

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Folge der Umweltschädigung ist.180 Keine Aussage wird aber etwa darüber getroffen, welcher Zusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten als ersten Akt, der bewirkten Umweltauswirkung bzw. -schädigung und einem Individualschaden bestehen muss.181 Im klassischen Umwelthaftungsfall, z. B. bei Verschmutzung eines im Privateigentum stehenden Flussabschnitts sowie bei Tötung sämtlicher Fische eines dort befindlichen Fischereibetriebs durch auslaufendes Öl einer Anlage im Grenzgebiet, wird die Kausalitätsbeziehung zwischen den einzelnen Abschnitten unproblematisch zu bejahen sein. Schädigendes Verhalten, Umweltschädigung in Form der Gewässerverschmutzung und Verletzung individuellen Eigentums reihen sich hier unmittelbar aneinander. Für klimawandelbedingte Schäden ist die Kausalitätsbeziehung jedoch wie gezeigt weitaus komplexer, sodass auch die Anforderungen an die Kausalität im Rahmen von Art. 7 Rom II-Verordnung, der an sich gerade auf die traditionelle Umwelthaftung zugeschnitten ist, konkretisiert werden müssen.182 Es fehlt an einer unmittelbaren Verursachungskette von den Emissionen als dem umweltschädigenden Verhalten, dem Klimawandel als Umweltschädigung bis hin zu der eintretenden individuellen Rechtsgutsverletzung. So stehen bereits zwischen Emissionen und Klimaerwärmung zahlreiche chemische und physikalische Prozesse in Form des Treibhauseffekts.183 Zudem ist nicht sicher feststehend, von welchem Emittenten die den Individualschaden letztlich auslösenden Emissionen stammen. Der Wortlaut des Art. 7 Rom II-Verordnung lässt sich in Richtung eines weiten Kausalitätsverständnisses auslegen, bei dem eine unmittelbare Beziehung zwischen Verhalten, Umwelt- und Individualschädigung nicht zwingend erforderlich ist.184 Dafür spricht wiederum das von Art. 7 Rom II-Verordnung intendierte Ziel der Etablierung eines hohen Umweltschutzniveaus, das nur über eine weite Fassung des Anwendungsbereichs der Kollisionsnorm erreicht werden kann. Mit dem Begriff „herrühren“ sollen folglich allein solche Individualschäden ausgeschlossen werden, die in keinem Kontext zu der Umweltschädigung stehen und der Grundnorm des Art. 4 Rom II-Verordnung unterfallen. Ausreichend ist, dass die Emissionen des vermeintlichen Schädigers zu den Individualschäden beigetragen haben, und damit irgendeine Art von Zusammenhang feststeht.185 Ob die Kausalität dann tatsächlich zu bejahen und ein Haftungstatbestand begründet ist, ist Frage des materiellen Rechts und auch erst auf dieser Ebene festzustellen. Zur Erfüllung der Funktion des Kollisionsrechts, unter mehreren in Betracht kommenden Rechtsordnungen bei einem 180

Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 22. Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 22. 182 Siehe dazu bereits § 4 B. II. 1. a) cc) (1). 183 Vgl. Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 615 f.; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 378, 393 f. 184 Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 616; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 394. 185 Zum Ganzen Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 95. 181

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grenzüberschreitenden Sachverhalt das anwendbare Recht zu ermitteln, bedarf es keiner umfassenden Kausalitätsprüfung, solange ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen feststellbar ist. cc) Zwischenergebnis Art. 7 Alt. 2 Rom II-Verordnung erklärt Personen- und Sachschäden, die aus einer Umweltschädigung herrühren, zum eigenständigen Anknüpfungspunkt neben der reinen Umweltschädigung. Über den Wortlaut hinaus sind auch reine Vermögensschäden vom Anwendungsbereich der Kollisionsnorm umfasst, um eine möglichst einheitliche und umfassende kollisionsrechtliche Behandlung des Sachverhalts zu ermöglichen. Ein ökologischer Schaden ist im Vorfeld einer Individualschädigung mit Blick auf das Ziel eines weitreichenden Umweltschutzes nicht erforderlich, auch die bloße Einwirkung auf eine Umweltressource, die in einen individuellen Verletzungserfolg bei einer Person mündet, genügt. Die Kausalitätsbeziehung zwischen Individualschädigung und vorheriger Umwelteinwirkung ist bei Art. 7 Rom IIVerordnung weit zu verstehen und auch bei den komplexen Wirkungsketten in Klimahaftungsfällen zu bejahen. 2. Ubiquitätsprinzip Art. 7 Rom II-Verordnung verweist für außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Umweltschädigung oder aus einer solchen herrührenden Individualschäden auf das nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung geltende Recht, d. h. das Recht des Staates, in dem der Schaden eintritt. Jedoch hat der Geschädigte gem. Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung die Möglichkeit, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. Dem Geschädigten wird folglich ein Wahlrecht zwischen dem Recht des Erfolgsorts und dem Recht des Handlungsorts zugestanden. Diese umfassende Verweisung ist innerhalb des deliktischen Anknüpfungssystems der Rom II-Verordnung einzigartig. Im Folgenden sollen die Verweisungen im Einzelnen sowie die damit in Zusammenhang stehende Bestimmung von Handlungs- und Erfolgsort diskutiert werden. Im Anschluss daran werden die Legitimation des Ubiquitätsprinzips sowie die gleichwohl bestehende Kritik daran näher beleuchtet. a) Erfolgs- und Handlungsort als maßgebliche Anknüpfungspunkte aa) Grundlagen der Anknüpfung Art. 7 Rom II-Verordnung verweist im Grundsatz auf das nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung anwendbare Recht und damit auf das Recht des Staates, in dem der Schaden eintritt, unabhängig von dem Handlungsort oder dem Ort des Eintritts der indirekten Schadensfolgen. Auch Art. 7 Rom II-Verordnung bekennt sich damit

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explizit zur Regelanwendung des Erfolgsortsrechts. Eine Korrektur dieser Verweisung über die Ausweichklauseln des Art. 4 Abs. 2 und 3 Rom II-Verordnung kann angesichts des klaren Wortlauts des Art. 7 Rom II-Verordnung, der ausdrücklich nur auf Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung verweist, nicht erfolgen.186 Dafür spricht auch das Telos des hohen Umweltschutzniveaus im Sinne eines favor naturae, der verfehlt werden würde, wenn man dem Geschädigten über die Ausweichklausel die Möglichkeit zur Wahl des jeweils strengeren Haftungsrechts nehmen würde. Ferner ist zur Begründung die bei Umweltschädigungen regelmäßig vorliegende, besonders enge Verbindung mit dem Ort, an dem die Umwelt beeinträchtigt wird, anzuführen, welche keine Durchbrechung bzw. Auflockerung gebietet. Wie Huber zutreffend vorbringt, verliert diese Begründung jedoch bei Massenschädigungen infolge des Klimawandels an Bedeutung, weil der Klimawandel als Umweltschädigung per se nahezu global schädigende Wirkungen entfaltet.187 Macht der Betroffene von seinem Wahlrecht nach Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung Gebrauch, kann er seinen Anspruch auf das Recht des Staates stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. Wie sich aus einem Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung ergibt, wird sich dabei nicht auf den Ort der Rechtsgutsverletzung, sondern auf den Ort des haftungsbegründenden Verhaltens bezogen,188 d. h. auf den Handlungsort. Bedeutung kommt der Wahlmöglichkeit zwischen Erfolgs- und Handlungsort jedoch nur bei Distanzdelikten zu, weil nur dann Handlungs- und Erfolgsort überhaupt in unterschiedlichen Staaten liegen und somit unterschiedliche Rechtsordnungen zur Anwendung bringen können.189 bb) Auslegung von Handlungs- und Erfolgsort Die Bestimmung von Handlungs- und Erfolgsort kann im Zusammenhang mit Umweltschädigungen Schwierigkeiten bereiten. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Umwelt- und Individualschädigungen durch den Klimawandel. Die Problematik stellt sich ebenso bei der internationalen Zuständigkeit in der Brüssel Ia-Verordnung, nämlich für den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gezeigt werden konnte, ist für den Bereich der internationalen Umweltschädigungen eine einheitliche Auslegung der in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-Verordnung relevanten Begriffe Handlungs- und Erfolgsort geboten. Dies folgt schon aus dem 186

Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 10; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 6; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 161; Wagner, IPRax 2008, 1, 9; kritisch Mankowski, Festschr. f. Schmehl, S. 557, 565. 187 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 54. 188 juris-PK/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 51; Wagner, IPRax 2008, 1, 9. 189 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 29.

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generellen Konkordanzgebot, auf das Erwägungsgrund 7 für die Rom II-Verordnung ausdrücklich hinweist, und dem Auslegungszusammenhang der EU-Verordnungen. Sowohl Art. 7 Nr. 2 EuGVVO als auch Art. 7 Rom II-VO liegt das Ubiquitätsprinzip zugrunde, was für eine parallele zuständigkeits- und kollisionsrechtliche Behandlung von Umwelthaftungsfällen zugunsten der Verwirklichung des Ziels eines hohen Umweltschutzniveaus nach Art. 191 AEUV spricht.190 Somit kann zur Bestimmung von Erfolgs- und Handlungsort auf die bereits im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO getroffenen Ausführungen verwiesen werden. Auf die für Art. 7 Rom II-Verordnung geltenden Essentialia sowie Besonderheiten hinsichtlich Erfolgs- und Handlungsort soll im Folgenden noch einmal Bezug genommen werden. (1) Erfolgsort Aufgrund der Verweisung des Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung auf das nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung geltende Recht ist auch der Begriff des Erfolgsorts nach den dort geltenden Grundsätzen zu ermitteln.191 Maßgeblich ist danach – ebenso wie bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO – der Ort, an dem der primäre Schaden eingetreten ist oder einzutreten droht. Auf spätere Sekundärfolgen kommt es hierbei nicht an.192 Art. 7 Rom II-Verordnung differenziert zwischen zwei verschiedenen, eigenständigen Schadenskategorien193, zum einen der Umweltschädigung per se194 sowie den aus dieser herrührenden Personen- oder Sachschäden. Nach zutreffender Ansicht ergibt sich aus dieser Unterscheidung auch eine differenzierende Bestimmung des Erfolgsorts: abhängig vom jeweils betroffenen Rechtsgut ist maßgeblich entweder der Ort, an dem die schädigende Emission auf eine Umweltressource trifft, oder der Ort, an dem durch die beeinträchtigte Umweltressource ein Individualschaden verursacht wird.195 Denn mit der ausdrücklichen Differenzierung und Nennung der Individualschäden hat der Verordnungsgeber gezeigt, dass die aus einer Umweltschädigung herrührenden Personen- oder Sachschäden gerade nicht bloße indirekte und zur Bestimmung des Erfolgsorts nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung unbeachtliche Schadensfolgen sein sollen, sondern dass es sich bei diesen Individualschäden um einen relevanten Anknüpfungsge190

Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. c) bb). Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 29. 192 Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 7. 193 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 246 weist jedoch zutreffend darauf hin, dass es sich bei reinen Umweltschädigungen an sich mangels konkreter Rechtsgutseinbuße bzw. Verlust von Vermögenswerten bei einer Person nicht um einen Schaden nach dem traditionellen Verständnis handelt. 194 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 54. 195 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3; BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 31, 33; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.19; jurisPK-BGB/ Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 50; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 20; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 96; a. A. Matthes, GPR 2011, 146,147. 191

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genstand handelt.196 Reine Vermögensschäden werden zwar vom Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-Verordnung erfasst,197 dass diese jedoch nicht explizit im Verordnungstext genannt werden, zeigt, dass der Verordnungsgeber bei ihnen nicht von einem eigenständigen Anknüpfungsgegenstand ausging und es für diese bei dem Erfolgsort am Ort der Umweltschädigung bleibt.198 Weil bereits der Klimawandel selbst im Rahmen des Anwendungsbereichs des Art. 7 Rom II-VO als Umweltschädigung einzuordnen ist,199 kommt es grundsätzlich in Betracht, den Ort, an dem die nachteilige Veränderung der Umwelt,200 beim Klimawandel also den Ort, an dem eine Veränderung von atmosphärischer Treibhausgaskonzentration und Erwärmung des Klimas stattfindet, als Erfolgsort einzustufen. Allerdings scheitert eine derartige Betrachtung schon an der fehlenden Lokalisierbarkeit dieser Veränderung. Denn weil der Vorgang des Klimawandels durch die Gesamtheit der Treibhausgasemissionen, die überall auf der Welt produziert werden, verursacht wird und in den Weiten der Atmosphäre stattfindet, lässt sich ein spezifischer Ort der „Umweltschädigung Klimawandel“ nicht bestimmen. Konkret erfolgsortbegründend können in der Konsequenz nur sekundär durch den Klimawandel ausgelöste Umweltschädigungen sein, welche in einem Staat und an einem näher spezifizierten Ort lokalisiert werden können. Für weitere Betrachtungen und insbesondere die Bedeutung des Erfolgsorts in Klimahaftungsfällen sei auf die Ausführungen zur Bestimmung des Erfolgsorts im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO verwiesen.201 (2) Handlungsort Der Handlungsort wird bei Art. 7 Rom II-Verordnung allgemein als der Ort definiert, an dem die unerlaubte Handlung ausgeführt bzw. die vorzunehmende Handlung unterlassen wird; bei einer Gefährdungshaftung der Ort der Realisierung der Betriebsgefahr.202 Bestimmend muss der Ort sein, an welchem der maßgebliche Tatbeitrag hinsichtlich des Verletzungserfolgs ausgeführt wurde.203 Bloße Vorbereitungshandlungen bleiben außer Betracht, entscheidend ist vielmehr das Vorliegen einer konkreten Gefahr für das jeweilige Rechtsgut.204 Die Kriterien zur Bestimmung des Handlungsorts des Art. 7 Rom II-Verordnung entsprechen jenen zur Ermittlung des Handlungsorts im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, sodass auf die zustän196

BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 33. Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. c) aa). 198 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 3. 199 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. a) cc). 200 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 31. 201 Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) bb). 202 Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 7; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 29; Schulze/Dörner, Rom II Art. 7 Rdnr. 3. 203 Graf-Schimek, Rom II-VO, in: Beig/Graf-Schimek et al., Rom II-VO, S. 17, 22. 204 Stoll, IPRax 1989, 89, 90; Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 12. 197

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digkeitsrechtlichen Ausführungen rekurriert werden kann.205 Für den Handlungsort in Klimahaftungsfällen gilt Folgendes: hier muss es auf den Ort der maßgeblichen, die Unternehmenspolitik leitende Entscheidung in der Unternehmenszentrale ankommen, nicht auf den Ort einer einzelnen emittierenden Anlage. In Rede steht die Verantwortlichkeit des Unternehmens für die gesamte Emissionspolitik und die Totalkonzentration der durch den Großemittenten verursachten Treibhausgasemissionen, die zentral zu verorten ist. Hinsichtlich weiterer Begründungsansätze wird auf die Erläuterungen zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO verwiesen,206 die wertungsgleich für den Handlungsort im Kollisionsrecht Geltung beanspruchen. (3) Zwischenergebnis Die Bestimmung von Handlungs- und Erfolgsort im Rahmen des Art. 7 Rom IIVerordnung hat parallel zur Auslegung jener Anknüpfungspunkte in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zu erfolgen. Auf diesem Wege kann das Ubiquitätsprinzip für den Bereich der Umweltschädigung umfassend auf zuständigkeitsrechtlicher und kollisionsrechtlicher Ebene verwirklicht werden und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung eines hohen Umweltschutzniveaus innerhalb der Europäischen Union. Für Klimahaftungsklagen ist der Handlungsort am Ort der Unternehmenszentrale zu lokalisieren. Der Erfolgsort kann für Umweltschädigungen nur differenziert bestimmt werden, je nachdem, welche Art von Schädigung in Rede steht. Als Erfolgsort der reinen Umweltschädigung ist der Ort des Eintritts dieser maßgeblich. Daraus herrührende Personen- und Sachschäden sind dagegen eigenständig anknüpfungsrelevant; deren Erfolgsort ist dort belegen, wo jener Individualschaden eingetreten ist. Der Erfolgsort für reine Vermögensschäden liegt jedoch bereits am Ort der primären Umweltschädigung. b) Legitimation des Ubiquitätsprinzips Das Ubiquitätsprinzip ist in der Rom II-Verordnung einzigartig und eine klare Durchbrechung des sonst vorherrschenden Grundsatzes der Anknüpfung an den Erfolgsort. So wird die grundlegende Entscheidung zugunsten der lex loci damni vom Verordnungsgeber damit begründet, dass diese einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Schädigers und jenen des Geschädigten darstelle, und die Verweisung der modernen Konzeption der zivilrechtlichen Haftung und der Entwicklung der Gefährdungshaftung entspreche.207 Insoweit ist fraglich, warum man sich trotz dieser durchaus überzeugenden Begründung bei der Umweltschädigung wiederum für die Möglichkeit einer Anknüpfung sowohl an den Handlungs- als auch an den Erfolgsort entschieden hat.

205 206 207

Siehe dazu § 3 B. III. 3. b) aa). Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. b) bb). Erwägungsgrund 16 der Rom II-VO; siehe dazu ausführlich § 4 B. I. 1.

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Die Etablierung einer Sonderkollisionsnorm sowie die Wiedereinführung des Ubiquitätsprinzips im Bereich der Umweltschädigung nach Art. 7 Rom II-Verordnung wird in der Rom II-Verordnung selbst dadurch gerechtfertigt, dass – wie in Art. 191 AEUV auf primärrechtlicher Ebene verankert – ein hohes Umweltschutzniveau erreicht werden solle und die Grundsätze der Vorsorge, Vorbeugung und der Bekämpfung der Umweltbeeinträchtigung vorrangig an ihrem Ursprung sowie das Verursacherprinzip auch im Kollisionsrecht Durchsetzung erfahren sollen.208 Aufgrund der überragenden Bedeutung des Umweltschutzes im Unionsrecht209 soll auf dem kollisionsrechtlichen Weg durch eine alternative Anknüpfung das jeweils strengere Umwelthaftungsrecht Anwendung finden.210 Während bereits die Verweisung auf das Recht des Erfolgsorts dafür Sorge trägt, dass der Schädiger sich auch auf die Haftungsstandards jenes Staates, an dem sein Verhalten Auswirkungen zeitigt, vorbereiten muss, stellt die alternative Verweisung auf das Recht des Handlungsorts sicher, dass der Schädiger sich auch dort nicht entlasten kann und die geltenden Regeln einhalten muss. Dies soll gerade der bewussten Verlagerung von emittierenden Industrieanlagen in Staaten mit „schädigerfreundlichen“ und nur geringen materiellrechtlichen Umweltschutzstandards entgegenwirken;211 zudem zwingt es die Umweltschädiger zur Internalisierung von Schadenskosten in ihre wirtschaftlichen Aktivitäten.212 Die Optionsmöglichkeit zugunsten des Rechts des Handlungsorts kommt insbesondere den Opfern von Massenschädigungen zugute, welche dann eine einheitliche Entschädigung nach einer Rechtsordnung erlangen können.213 Gewährleistet werden sogleich die unbedingte Kompensation des Geschädigten, der bei Ansässigkeit in einem Staat mit niedrigem Schutzstandard in den 208 Vgl. Erwägungsgrund 25 S. 1 der Rom II-VO; KOM(2003) 427 endg., S. 22; Junker, Festschr. f. Salje, S. 81, 90; zu Recht weist Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 30 aber darauf hin, dass die Begründung des Ubiquitätsprinzips mit einer bezweckten Verwirklichung des Verursacherprinzips im Kollisionsrecht nicht gänzlich überzeugt: so könne auch der Produzent, der wirtschaftliche Vorteile aus seiner Tätigkeit zieht, als Verursacher haften, dennoch habe das Ubiquitätsprinzip in Art. 5 Rom II-VO keinen Einzug gefunden; zum anderen stehe an sich erst nach Anwendung des materiellen Rechts fest, wer Verursacher der Umweltschädigung sei. Für die Rechtfertigung des Ubiquitätsprinzips ist damit eher die Realisierung eines hohen Umweltschutzes heranzuziehen. Siehe dazu auch § 4 B. II. 2. c) cc). 209 Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817, 823 spricht von einer „Verbeugung“ vor dem politischen Stellenwert des Umweltschutzes. 210 KOM(2003) 427 endg., S. 21 f.; Fuchs, GPR 2004, 100, 103; v. Hein, VersR 2007, 440, 451; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 81, 90; Wagner, IPRax 2008, 1, 9; es handelt sich bei der Etablierung des Ubiquitätsprinzips im Bereich der Umweltschädigung folglich nicht, wie von Sonnentag generell für das Günstigkeitsprinzip angeführt wird, um eine „Verlegenheitslösung“, worauf er selbst, jedoch nicht ohne Äußerung von Zweifeln, hinweist, ZVglRW 2006, 256, 270, 296. 211 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 1; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 2; Matthes, GPR 2011, 146, 148. 212 Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 2; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 2; Kindler, RIW 2021, 321, 325. 213 Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 160; Kindler, RIW 2021, 321, 326.

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Genuss einer Entschädigung nach dem Recht eines Staates mit hohem Schutzniveau kommen kann, sowie eine Steuerung des Verhaltens des Schädigers zur Verhinderung von Umweltschäden und Ausnutzung eines etwaigen Schutzgefälles im Umwelthaftungsrecht verschiedener Staaten.214 Als kollisionsrechtlicher „Nebeneffekt“ lässt sich ferner ggf. ein Gleichlauf von Forum und Ius erreichen,215 was die Verfahrensführung und Rechtsanwendung für das zuständige Gericht erleichtern kann. Die Legitimation des Ubiquitätsprinzips in Durchbrechung des Grundsatzes der Anknüpfung an den Erfolgsort liegt für den Bereich der Umweltschädigung folglich in der Anerkennung einer, die Interessen des Schädigers teils überragenden Schutzbedürftigkeit der Umwelt im Sinne eines favor naturae. c) Kritik am Ubiquitätsprinzip Das Ubiquitätsprinzip ist nicht auf uneingeschränkte Zustimmung gestoßen und sieht sich mit einigen Einwänden konfrontiert. Bereits vorgelagert wurde teils aber schon die Existenz einer Sonderkollisionsnorm für den Umweltbereich selbst in Zweifel gezogen. aa) Keine Notwendigkeit einer eigenständigen Kollisionsnorm So kritisierte man die Schaffung einer eigenständigen Kollisionsnorm für den Bereich der Umweltschädigung bereits während des Legislativprozesses als überflüssig, weil eine solche neben der allgemeinen deliktischen Anknüpfung nicht erforderlich sei. Das Europäische Parlament sprach sich in der Folge für eine Streichung der Norm aus.216 Dem Anliegen, schädigenden Unternehmen den Anreiz zu nehmen, ihre Vorhaben in Ländern zu verwirklichen, in welchen geringe Umweltschutzstandards gelten, bzw. v. a. in Grenzregionen emittierende Anlagen zu errichten, und dadurch law shopping auf der Suche nach der „schädigerfreundlichsten“ Rechtsordnung zu verhindern, werde schon durch die Grundsatzanknüpfung an das Recht des Erfolgsorts gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung ausreichend Rechnung getragen.217 214 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 2; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 31; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 81, 90; v. Hein, VersR 2007, 440, 451; Kindler, RIW 2021, 321, 325. 215 So auch Matthes, GPR 2011, 146, 148. 216 Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in zweiter Lesung am 18. Januar 2007 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“). 217 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 7; Wagner, IPRax 2006, 372, 380; für die Ausformulierung einer eigenständigen Kollisionsnorm aufgrund der verfolgten rechtspolitischen Zielsetzung aber jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 1; Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 260.

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Die Kommission rechtfertigte den allgemeinen Regelungsbedarf für Umweltschädigungen im Internationalen Privatrecht mit deren regelmäßig grenzüberschreitender Dimension. Materielle Regelungen fänden sich zwar in den meisten Mitgliedstaaten, jedoch fehlte es insoweit an Einheitlichkeit hinsichtlich der erfassten Arten von Umweltschädigungen und der Haftungsvoraussetzungen, sodass der Frage nach dem anwendbaren Recht stets entscheidende Bedeutung zukomme.218 Die Einführung einer eigenständigen Kollisionsnorm und Herausnahme der Umweltschädigung aus der allgemeinen Kollisionsnorm für unerlaubte Handlungen können die besondere Wertung und den Stellenwert zum Ausdruck bringen, den der Umweltschutz zumindest formal im europäischen Primärrecht genießt. Dem Umweltschutz wird auf diesem Wege sehr viel mehr Geltung zugesprochen, als die Umweltschädigung erlangen könnte, wenn sie nur als eine von vielen deliktischen Schädigungen erachtet und unter die allgemeine Anknüpfung für unerlaubte Handlungen subsumiert werden würde. Gleichzeitig werden darüber möglicherweise bestimmte Abschreckungseffekte bei Umweltschädigern erreicht: eine auch kollisionsrechtlich selbständige Erfassung lässt erkennen, dass die Europäische Union Umweltschädigung gerade nicht als „Kavaliersdelikt“ ansieht, sondern die Durchsetzung des Verursacherprinzips auch auf kollisionsrechtlicher Ebene klar auf der Agenda hat. Die Ablehnung der Schaffung einer Sonderregelung für Umweltschädigungen ist im Verhältnis zu den übrigen Kritikpunkten allerdings eher nachrangig. Die eigenständige Anknüpfung der Umweltschädigung wurde als Entscheidung des Verordnungsgebers akzeptiert. Die Anstrengungen wurden vielmehr verstärkt auf eine inhaltliche Missbilligung der Norm in der Sache gebündelt. Von daher soll der Fokus im Folgenden auf die kritische Auseinandersetzung mit dem Ubiquitätsprinzip gerichtet werden. bb) Benachteiligung des ausländischen Schädigers gegenüber dem inländischen Schädiger Zunächst ist mit dem Ubiquitätsprinzip und der damit einhergehenden Wahlmöglichkeit unweigerlich eine Begünstigung des Geschädigten und eine Benachteiligung des Schädigers verbunden, die teilweise als bedenklich219 bzw. nicht gerechtfertigt betrachtet wird.220 Hier wird angeführt, dass der ausländische Schädiger gegenüber dem inländischen Schädiger diskriminiert wird221 – während sich z. B. ein 218

KOM(2003) 427 endg., S. 19; siehe dazu auch § 4 A. I. Brand, GPR 2008, 298, 301; Wagner, IPRax 2006, 372, 380; Wagner, IPRax 2008, 1, 9. 220 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnrn. 29, 31 f.; vgl. Erwägungsgrund 25 S. 1 der Rom II-VO. 221 Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 6, der aber eine Rechtfertigung durch das Ziel der Erreichung eines hohen Umweltschutzniveaus annimmt; a. A. Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 81; Matthes, GPR 2011, 146, 148, die schon das Vorliegen einer Diskriminierung aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der Fälle ablehnt. 219

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inländischer Anlagenbetreiber nur auf die Verhaltensregeln der Rechtsordnung im Staat seiner Tätigkeit einstellen muss, muss der ausländische Anlagenbetreiber die Standards des Handlungsorts sowie sämtlicher möglicher Erfolgsorte beachten und sich ggf. nach all jenen Rechtsordnungen verantworten.222 Beide nehmen aber an sich am gleichen Markt teil.223 Der Geschädigte wird privilegiert und kommt willkürlich in den Genuss einer höheren Kompensationserwartung, wenn er zufällig von einem ausländischen anstelle eines inländischen Anlagenbetreibers geschädigt wird.224 Dieser Einwand kann allerdings nicht überzeugen. So fehlt es schon an einer vergleichbaren Lage zwischen inländischem und ausländischem Anlagenbetreiber, weil der ausländische Anlagenbetreiber seine Tätigkeit gerade auf mehrere Staaten ausrichtet,225 daraus Vorteile zieht, z. B. durch Einfahren höherer Gewinne, und somit auch für etwaige Konsequenzen einstehen muss.226 Diese Gegenüberstellung von Inlands- und grenzüberschreitenden Fällen trägt der Internationalität dieser Sachverhalte gerade nicht Rechnung.227 Selbst wenn man aber formal eine Ungleichbehandlung von inländischem und ausländischem Schädiger bejaht, erfolgt dies aus nachvollziehbaren Gründen und somit gerechtfertigt, nämlich zur Schaffung eines hohen Umweltschutzniveaus und zur Erreichung der Effektivität des Umwelthaftungsrechts.228 Denn dadurch kann die Ausnutzung eines etwaigen Rechtsgefälles durch den Schädiger verhindert werden.229 Die materiellrechtlichen Umweltschutzregelungen blieben wirkungslos, wenn sie kollisionsrechtlich einfach umgangen werden könnten.230 Der hohe Stellenwert des Umweltschutzes auch im Primärrecht der Europäischen Union kann also eine etwaige Ungleichbehandlung rechtfertigen. Dem Einwand, dass das Opfer einer Umweltschädigung privilegiert werden würde (favor laesi), ist zwar zuzustimmen, jedoch ist dies nur Nebeneffekt des Ubiquitätsprinzips, während es in erster Linie um ein hohes Umweltschutzniveau geht. Das Argument der „Sympathie für das Opfer“231 ist insoweit nicht leitend, ansonsten müsste stets die für den Geschädigten

222 Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 74; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 46; Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 159. 223 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 32. 224 Wagner, IPRax 2006, 372, 380. 225 Ähnlich Matthes, GPR 2011, 146, 149. 226 Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 81. 227 So Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817, 823, der gar pointiert von einer „Vergewaltigung“ der Internationalität der Sachverhalte spricht. 228 So auch jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 1; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 6. 229 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 33. 230 Vgl. KOM(2003) 427 endg., S. 22; Matthes, GPR 2011, 146, 149. 231 Kegel/Schurig, IPR, § 18 S. 725; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 1; Spickhoff, IPRax 2000, 1, 3.

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günstigste kollisionsrechtliche Lösung Anwendung finden.232 Dass sich gewisse Privilegierungen jedoch nicht vermeiden lassen, ist im Interesse des Umweltschutzes hinzunehmen.233 cc) Ungerechtfertigte Beschränkung des Ubiquitätsprinzips auf den Bereich der Umweltschädigung Darüber hinaus wird vorgebracht, dass die Beschränkung des Ubiquitätsprinzips allein auf die Umweltschädigung nicht nachvollziehbar sei, und beispielsweise auch der Bereich der Produkthaftung nach einem hohen Schutzstandard verlange.234 Dagegen ist wiederum einzuwenden, dass der Verordnungsgeber dem Umweltschutz eben gerade einen besonderen Stellenwert einräumt,235 und die Umwelt als Allgemeinrechtsgut, welches sich selbst nicht effektiv „verteidigen“ kann, auch einer bevorzugten kollisionsrechtlichen Behandlung bedarf. Dass aber auch bei der Produkthaftung eine Privilegierung des Verbrauchers zur Sicherung eines hohen Schutzniveaus angebracht wäre, weil Art. 37, 38 EuGrCh236 von einem hohen Umweltschutzniveau wie auch einem hohen Verbraucherschutzniveau ausgehen,237 ist nicht von der Hand zu weisen. Dies ist jedoch eine Frage, die für Art. 5 Rom IIVerordnung eigenständig zu klären ist und nicht dafür sprechen muss, das Schutzniveau bei der Umweltschädigung zu reduzieren. dd) Ubiquitätsprinzip als ungeeignetes Mittel zur Stärkung des Umweltschutzes Die Kritiker des Ubiquitätsprinzips führen ferner an, dass dieses seiner eigenen Zwecksetzung zuwiderlaufe und sich ein höheres Umweltschutzniveau durch Schärfung des materiellen Haftungsrechts weitaus effektiver erreichen ließe. Das Ubiquitätsprinzip bremse die Fortbildung des materiellen Rechts aber eher, als dass 232

Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 2; v. Hein, Günstigkeitsprinzip, S. 126; Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 78 – 80; Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 257; eine Anknüpfung nach dem Ubiquitätsprinzip für das gesamte europäische internationale Deliktsrecht fordert Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817, 823. 233 Ähnlich BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 5; Buschbaum, Privatrechtsgestaltende Anspruchspräklusion, S. 76 f. 234 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 34; Leible/Lehmann, RIW 2004, 721, 728; Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613, 632; Brand, GPR 2008, 298, 301; Thorn, in: Kieninger/ Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 159; Kühne, Festschr. f. Deutsch, S. 817, 824 fordert gar eine generelle Zulassung des Ubiquitätsrechts für das Internationale Deliktsrecht. 235 Vgl. Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 2. 236 Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 26. Oktober 2012, ABl. C 326, S. 391. 237 Junker, Festschr. f. Salje, S. 81, 91.

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es ihr nütze, weil der Handlungsdruck auf den Gesetzgeber vermindert würde, wenn der Geschädigte ohnehin immer nach dem strengeren Recht Ersatz verlangen könne.238 Auch dieses Argument ist nicht besonders zielführend.239 So kann stets angeführt werden, dass ein bestimmtes Ziel auf anderem Wege besser zu erreichen wäre, was jedoch nichts daran ändert, dass auch eine Verhaltenssteuerung auf dem kollisionsrechtlichen Wege zumindest zur Verbesserung beitragen kann. Dies ist gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem Umweltschutz besonders wichtig.240 Warum die Fortentwicklung des materiellen Rechts dann gebremst werden soll, ist nicht ersichtlich. Denn durch das Ubiquitätsprinzip wird eher der Anreiz für bestimmte Staaten, „sichere Häfen“ für Umweltschädiger durch ein geringes Niveau an Sorgfaltsstandards zu werden, gesenkt anstatt gefördert.241 ee) Wertungsneutralität des Internationalen Privatrechts? Schließlich wird darauf hingewiesen, dass das Internationale Privatrecht neutral sein müsse und keine materiellrechtlichen Wertungen übernehmen dürfe.242 Zudem sei nicht gesichert, dass tatsächlich eine als gerecht empfundene Rechtsordnung zur Anwendung käme.243 Den Staaten, die eher laxe Umweltschutzstandards vertreten, könnten nicht mithilfe des Internationalen Deliktsrechts schärfere Maßstäbe aufgezwungen werden.244 Hier ist jedoch darauf abzustellen, dass der europäische Verordnungsgeber dem Umweltschutz gerade so eine große Bedeutung zugesteht, dass dies ausnahmsweise eine Durchsetzung materiellrechtlicher Wertungen rechtfertigt. Des Weiteren werden in zahlreichen weiteren Kollisionsnormen der Rom IIVerordnung im Bereich der unerlaubten Handlung materielle Wertungen berücksichtigt, da es stets darauf ankommen soll, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien herbeizuführen.245 Dass dem Internationalen Privatrecht damit eine gewisse Steuerungs- und Lenkungsfunktion durch Materialisierung des Kollisionsrechts246 zukommt, ist Teil einer modernen und insbesondere europäischen Entwicklung, die die verschiedenen Konstruktionsmöglichkeiten des Rechts aus238 Kadner Graziano, Europäisches Internationales Deliktsrecht, S. 62; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 13; Sonnentag, ZVglRWiss. 105 (2006), 256, 296. 239 So im Ergebnis auch Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 259. 240 So auch Fach Gómez, in: Sarcevic/Volken/Bonomi, YbPIL 6 (2004), S. 291, 292. 241 Siehe auch Junker, Festschr. f. Salje, S. 81, 90 f., der darauf verweist, dass der Handlungsdruck allenfalls für den Nachbarstaat des Belegenheitsstaats einer emittierenden Anlage verringert werde, nicht aber für den Belegenheits- und Ursprungsstaat der Emissionen. 242 Das Instrument des Kollisionsrechts für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Anliegen anzweifelnd Fricke, VersR 2005, 726, 736. 243 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 36; vgl. weiterführend zur internationalprivatrechtlichen und materiellrechtlichen Gerechtigkeit Kegel/Schurig, IPR, § 2 S. 145. 244 Wagner, IPRax 2006, 372, 380. 245 Vgl. Erwägungsgrund 16 S. 1 der Rom II-VO. 246 So Junker, IPR, § 5 Rdnr. 37.

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schöpft, um eine bestimmte Rechtspolitik des Verordnungsgebers umzusetzen.247 Kritik an dieser Methode kann grundsätzlich geäußert werden, wird aber einer bereits vonstattengehenden, schleichenden Transformierung des Europäischen Internationalen Privatrechts nicht Einhalt gebieten. ff) Zwischenergebnis Auch wenn bestimmte Kritikpunkte am Ubiquitätsprinzip nicht von der Hand zu weisen sind, handelt es sich bei diesem um ein insgesamt im Interesse eines hohen Umweltschutzes sinnvolles kollisionsrechtliches Instrument. So wird die Ausnutzung eines etwaigen bestehenden Rechtsgefälles vermieden und kein Anreiz zur Schaffung „sicherer Häfen“ für Umweltschädiger gesetzt. Insoweit wird indirekt die unionsrechtliche Einheitlichkeit mit Blick auf ein hohes Umweltschutzniveau gestärkt. d) Zwischenergebnis In Durchbrechung der Grundsatzanknüpfung an den Erfolgsort hat sich der Verordnungsgeber in der Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung aus rechtspolitischen Gründen im Bereich der Umweltschädigungen für eine Normierung des Ubiquitätsprinzips entschieden. Die alternative Anknüpfung an das Recht des Erfolgsorts oder das Recht des Handlungsorts ist innerhalb der Rom II-Verordnung einzigartig und beweist den überragenden Stellenwert, der dem Umweltschutz nach Art. 191 AEUV in der Europäischen Union zugemessen wird. Insoweit bedient man sich der Steuerungs- und Lenkungsfunktion des Kollisionsrechts zur Etablierung materieller Wertungen. Die Auslegung der Begriffe und Bestimmung des Handlungs- und Erfolgsorts erfolgt parallel zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Für den Erfolgsort ist schon nach dem Wortlaut eine differenzierende Betrachtung, je nach Art der betroffenen Güter und relevanten Schädigungen, geboten. 3. Optionsrecht Nach Ermittlung von Handlungs- und Erfolgsort und Darlegung der theoretischen und rechtspolitischen Grundlagen des Ubiquitätsprinzips soll sich im Rahmen der folgenden Ausführungen verstärkt der Betrachtung praktischer und prozessualer Aspekte sowie der Umsetzung des Ubiquitätsprinzips zugewendet werden. Nach dem Wortlaut von Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung kommt grundsätzlich das Recht des Erfolgsorts zur Anwendung, es sei denn der Geschädigte optiert gem. Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung für die Anwendung des Rechts des Hand247 Ähnlich BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 5; siehe dazu ausführlich Weller, IPRax 2011, 429, 433 – 436; siehe auch zur Bedeutung des Kollisionsrechts bei der Durchsetzung von Menschenrechten Stürner, Festschr. f. Coester-Waltjen, S. 843.

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lungsorts. Der Betroffene hat insoweit ein einseitiges Optionsrecht im Sinne eines faktischen248 Günstigkeitsprinzips. Maßgeblich ist für diesen, nach welcher Rechtsordnung er die aus seiner Sicht bestmögliche Rechtsposition erlangt: ist das Recht des Handlungsorts für den Geschädigten am günstigsten, wird er zu dessen Gunsten optieren, ansonsten wird er es bei der Grundsatzanknüpfung an den Erfolgsort belassen. Das Optionsrecht ist selbstredend nur dann von Bedeutung, wenn Handlungs- und Erfolgsort voneinander abweichen, also ein grenzüberschreitendes Distanzdelikt im Gegensatz zu einem Platzdelikt in Rede steht.249 Auch wenn das Optionsrecht den Geschädigten rechtlich privilegiert, ist diese Bevorzugung nur Nebenerscheinung – dem Verordnungsgeber kam es vorrangig auf den Schutz der Umwelt und die Förderung eines europaweiten hohen Umweltschutzniveaus an,250 indem stets die Rechtsordnung mit dem strengeren Umwelthaftungsstandard zur Anwendung kommt. Das Optionsrecht des Art. 7 Rom II-Verordnung bringt einige Folgefragen mit sich, zum einen im Hinblick auf seine Rechtsnatur, zum anderen bezüglich der Art und Weise der Ausübung. Diesen wird im Folgenden nachzugehen sein. a) Rechtsnatur des Optionsrechts Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung ermöglicht dem Geschädigten in engen Grenzen eine Entscheidung über das anzuwendende Recht. Das Optionsrecht darf dabei nicht mit einer Rechtswahl – weder mit einer übereinstimmenden i. S. v. Art. 14 Rom IIVerordnung noch mit einer einseitig zulässigen i. S. v. u. a. Art. 22 EuErbVO251 – verwechselt werden: die Rechtswahl verdrängt die objektive Anknüpfung einer Kollisionsnorm von vornherein und das anzuwendende Recht bestimmt sich fortan allein nach der übereinstimmenden Entscheidung der Parteien; das Optionsrecht betrifft dagegen die objektive Anknüpfung selbst und verändert die grundsätzliche Verweisung.252 Es handelt sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Geschä-

248 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 38 weist zutreffend darauf hin, dass die Anwendung des für den Geschädigten günstigeren Rechts in der Vorschrift des Art. 7 Rom IIVerordnung nicht ausdrücklich verankert ist, es in der Praxis aber darauf hinausläuft, sofern der Geschädigte bzw. seine Prozessvertretung zur Ermittlung des günstigeren Rechts faktisch in der Lage ist. 249 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 54; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 23. 250 Erwägungsgrund 25 S. 1 Rom II-VO. 251 Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl. L 201, S. 107. 252 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 24; Dörner, Festschr. f. Stoll, S. 491, 495 zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 254.

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digten.253 Weil nach Art. 24 Rom II-Verordnung allein auf die Sachnormen einer Rechtsordnung unter Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung verwiesen wird und für die Umweltschädigung unter der Rom II-Verordnung auch keine Ausweichklausel zugunsten des Rechts einer offensichtlich engeren Verbindung vorgesehen ist, kommt Konstellationen, in denen unklar erscheint, ob der Geschädigte zugunsten des Rechts des Handlungsorts optieren und damit nur auf kollisionsrechtlicher Ebene die Art der Anknüpfung und Verweisung beeinflussen, oder aber ein Angebot zum Abschluss eines Rechtswahlvertrags machen will, wonach unmittelbar das anwendbare Sachrecht ausgetauscht wird, wohl praktisch keine nennenswerte Bedeutung mehr zu.254 Während hinsichtlich der Abgrenzung zur Rechtswahl Einigkeit besteht, bedarf die Beantwortung der Frage nach der genauen Rechtsnatur des Optionsrechts der vertieften Auseinandersetzung. aa) Streit um die Rechtsnatur des Optionsrechts? Weder der Wortlaut des Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung noch Erwägungsgrund 25 der Rom II-Verordnung beziehen zur Rechtsnatur Stellung; Erwägungsgrund 25 S. 2 der Rom II-Verordnung überantwortet allein die Regelung der zeitlichen Frist zur Geltendmachung der Option den einzelnen Mitgliedstaaten. Generell lassen sich für die Rechtsnatur eines Optionsrechts im Internationalen Privatrecht zwei Positionen vertreten: der Einordnung als prozessuales Gestaltungsrecht steht die Qualifikation als kollisionsrechtliches Gestaltungsrecht im Sinne einer kollisionsrechtlichen Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) gegenüber. Es ist allerdings Vorsicht geboten: der Streit um die Rechtsnatur des Optionsrechts wurzelt in der Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung ähnlichen, aber deutlich älteren Regelung des Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB im deutschen autonomen Kollisionsrecht. Danach kann der Geschädigte einer unerlaubten Handlung in Abweichung von der Regelanknüpfung an den Handlungsort gem. Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB die Anwendung des Rechts des Erfolgsorts verlangen. Hinsichtlich Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB wurde teils eine prozessrechtliche Qualifikation befürwortet, mit dem Argument, dass die Fristenregelung des Art. 40 Abs. 1 S. 3 EGBGB Bezug auf Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung nehme sowie der Prozessökonomie

253 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 4; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 24; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 55; Rauscher/ Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 38; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 81, 92; Junker, NJW 2007, 3675, 3680. 254 Anders Dörner, Festschr. f. Stoll, S. 491, 496 zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB; nach autonomem deutschen Internationalen Privatrecht findet nach Ausübung des Optionsrechts noch eine Prüfung von renvoi gem. Art. 4 EGBGB und Ausweichklausel gem. Art. 41 EGBGB statt.

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diene.255 Für das Optionsrecht nach Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung wird diese Ansicht jedoch nicht mehr vertreten, sodass sich im Rahmen der unionsrechtlichen Regelung schwerlich von einem „Streit“, eher von einer Unklarheit, sprechen lässt. Es handelt sich bei dem Optionsrecht nach Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung vielmehr eindeutig um ein kollisionsrechtliches Gestaltungsrecht.256 Zur Verdeutlichung dieser Position sollen im Folgenden eine Auseinandersetzung mit den zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB vertretenen Argumenten sowie eine nähere Begründung der kollisionsrechtlichen Qualifikation des Optionsrechts erfolgen. bb) Übertragung des Meinungsstands zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB? Der Meinungsstand zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB darf nicht ungefiltert für Art. 7 Rom II-Verordnung übernommen werden, da es sich bei Art. 7 Rom II-Verordnung um eine unionsrechtliche Regelung handelt, bei der die Begriffsbestimmung autonom zu erfolgen hat.257 Hintergrund einer erforderlichen autonomen Auslegung ist der Zweck der Verordnung, die darauf zielt, den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen, Rechtssicherheit und Entscheidungseinklang zu gewährleisten.258 Diese Ziele können aber nur dann erreicht werden, wenn die Begriffe in den Regelungen der Verordnung auch einheitlich und verordnungsautonom bestimmt werden, nicht aber, indem tradierte Rechtsvorstellungen der einzelnen Mitgliedstaaten zugrunde gelegt werden. Jedoch kann eine Auseinandersetzung mit bzw. Bezugnahme auf den Meinungsstand zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB insoweit erfolgen, als es um die Argumentation und Wertungen betreffend die allgemeine Rechtsnatur eines Optionsrechts im kollisionsrechtlichen Kontext geht. Speziell auf nationalrechtliche Vorschriften Bezug nehmende Argumente, die insbesondere für die prozessrechtliche Einordnung vorgebracht werden, können dagegen für eine Festlegung im Unionsrecht keine Berücksichtigung finden. 255 Lorenz, NJW 1999, 2215, 2216 f.; Spickhoff, IPRax 2000, 1, 6; Spickhoff, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 385, 392 – 394; Vogelsang, NZV 1999, 497, 502; ebenso Erman/Stürner, Art. 40 EGBGB Rdnr. 13; a. A. Dörner, Festschr. f. Stoll, S. 491, 494; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 122. 256 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 5; BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28; BeckOGK-ZivilR/Huber, EGBGB Art. 46a Rdnr. 8; Calliess/ v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 20; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 55; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 24; MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 3; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 8; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 39; Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 251; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 30; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 81, 92; Wagner, IPRax 2008, 314, 318; unklar Brand, GPR 2008, 298, 301, der von einer prozessualen und kollisionsrechtlichen Natur des Optionsrechts spricht, ohne aber klar Stellung zu beziehen; insoweit ist fraglich, ob er sich mit der prozessualen Einordnung nicht eher auf die auch prozessualen Wirkungen des Optionsrechts beziehen will, wofür spricht, dass er das Optionsrecht nicht als Regelungsmaterie des Zivilprozessrechts betrachtet. 257 So auch Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 39. 258 Erwägungsgrund 6 der Rom II-VO.

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Praktische Relevanz hat die Frage nach der Rechtsnatur des Optionsrechts v. a. im Hinblick auf die Bindung der Parteien außerhalb eines zwischen ihnen anhängigen prozessualen Verfahrens. Handelt es sich um ein prozessuales Gestaltungsrecht, sind nach Ausübung der Option durch den Geschädigten allein die Verfahrensbeteiligten für den Fortgang des Prozesses an diese Entscheidung zugunsten des Rechts des Handlungsorts gebunden. Bei einem kollisionsrechtlichen Gestaltungsrecht hat die Ausübung der Option weitreichendere Wirkungen und bindet die Parteien sowie Dritte auch außerhalb des Prozesses, ebenso im Rahmen eines etwaigen Folgeverfahrens.259 cc) Systematische Stellung von Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung Für eine kollisionsrechtliche Einordnung des Optionsrechts spricht zum einen der Blick auf dessen systematischen Kontext.260 Die Entscheidungsmöglichkeit wird dem Geschädigten im Rahmen des Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung eingeräumt. Dabei handelt es sich um eine Bestimmung, die auf unionsrechtlicher Ebene das Kollisionsrecht im Bereich der besonderen unerlaubten Handlung der Umweltschädigung vereinheitlichen will.261 Die Rom II-Verordnung trifft dabei keine prozessualen Regelungen, sondern verweist dann, wenn Berührungspunkte zum Verfahrensrecht auftreten, auf die lex fori der jeweiligen Mitgliedstaaten, vgl. nur Erwägungsgrund 25 Rom II-Verordnung. Schon die systematische Positionierung des Optionsrechts des Art. 7 Rom II-Verordnung spricht damit gegen eine prozessuale Rechtsnatur.262 Auch der deutsche Gesetzgeber hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die Bestimmung des Art. 46a EGBGB nicht in den Kontext der Zivilprozessordnung, sondern in den Anhang der IPR-Vorschriften gestellt hat.263 dd) Wirkungen einer ausgeübten Option Ferner muss die Wirkung der Ausübung des Optionsrechts betrachtet werden: hierdurch wird das anwendbare Recht bestimmt. Allein im Bereich des Europäischen Internationalen Privatrechts ist somit die Möglichkeit der Ausübung maßgeblich, sodass auch für die Rechtsnatur als solche nur eine kollisionsrechtliche Einordnung

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BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 5; BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 38. 260 Vgl. BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28, der für die kollisionsrechtliche Rechtsnatur des Optionsrechts in Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf die systematische Stellung im Internationalen Privatrecht abstellt. 261 Vgl. Erwägungsgrund 6 der Rom II-VO. 262 Ähnlich Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 39. 263 Begründung des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/200, BT-Drucks. 16/9995, S. 8; MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 3.

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in Betracht kommen kann.264 Eine prozessrechtliche Einordnung führte sinnwidrig dazu, dass der Geschädigte seine Option bloß im Rahmen eines Prozesses ausüben kann, wodurch er stets dazu „gezwungen“ wäre, Klage zu erheben.265 Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung will aber eine Bestimmung des anwendbaren Rechts nicht nur für den Prozess, sondern umfassend für den materiellrechtlichen, zwischen den Parteien in Rede stehenden Sachverhalt ermöglichen. ee) Rechtszersplitterung durch prozessuale Einordnung Die Annahme eines prozessualen Gestaltungsrechts würde außerdem dazu führen, dass das Optionsrecht vor jedem angerufenen Gericht anderen Modalitäten unterliegen würde, weil sich prozessuale Fragen stets nach der lex fori bestimmen. Erwägungsgrund 25 S. 2 Rom II-Verordnung eröffnet die Möglichkeit der individuellen Ausgestaltung durch das Recht des jeweils angerufenen mitgliedstaatlichen Gerichts aber allein hinsichtlich des Zeitpunkts der Ausübung, nicht aber betreffend sämtliche mit dem Optionsrecht verbundene Fragen.266 Der Wortlaut des Erwägungsgrunds 25 S. 2 der Rom II-Verordnung lässt insoweit keinen Spielraum. Durch eine prozessuale Einordnung käme es in der Folge eindeutig zu Rechtszersplitterung,267 die durch die Rom II-Verordnung aber gerade verhindert werden sollte. Darüber hinaus ist auch zu bedenken, dass die Einräumung der Regelungskompetenz durch Erwägungsgrund 25 S. 2 Rom II-Verordnung an die Mitgliedstaaten schon auf der Sorge des Verordnungsgebers beruhte, zu weit in die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten einzugreifen.268 Wenn der Verordnungsgeber von diesen Bedenken aber schon bezüglich der an sich nebensächlichen Frage der Regelung des Zeitpunkts getragen wurde, so hätte er erst Recht gegenüber der Normierung eines prozessrechtlich zu qualifizierenden Optionsrechts als Hauptfrage Vorbehalte gehabt.269 ff) Interessen des Schädigers Für die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur müssen auch die Interessen des Schädigers in den Blick genommen werden. Dieser ist im Grundsatz durch die Zuweisung des einseitigen Wahlrechts an den Geschädigten benachteiligt, da er kein Mitspracherecht hat und darauf angewiesen ist, die Entscheidung des Geschädigten abzuwarten. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte spätestens seine Option ausgeübt haben muss, wenn er dies denn möchte, muss der Schädiger zumindest mit 264 Vgl. BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28; v. Hein, NJW 1999, 3174, 3175 zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB. 265 Vgl. MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 40 Rdnr. 36. 266 BeckOGK-ZivilR/Huber, EGBGB Art. 46a Rdnr. 9. 267 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 39. 268 Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 161. 269 Angedeutet von BeckOGK-ZivilR/Huber, EGBGB Art. 46a Rdnr. 8.

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der Möglichkeit einer Option zugunsten des Rechts des Handlungsorts rechnen. Übt der Geschädigte die Option tatsächlich aus, sollte der Schädiger dann zumindest insofern geschützt werden, als dass diese Entscheidung Bindungswirkung hinsichtlich des gesamten zwischen den Parteien in Rede stehenden Sachverhalts, also auch außerprozessual und gegenüber Dritten, entfaltet und ebenso nach einer möglichen Klagerücknahme seine Wirkung behält. Nur so kann der Beklagte seine Verteidigung effektiv unter einer Rechtsordnung gestalten. Denn auch dann, wenn er bzw. seine anwaltliche Vertretung bereits einen Günstigkeitsvergleich der in Betracht kommenden Rechtsordnungen nach dem Handlungs- und dem Erfolgsort angestellt hat, der Rückschluss auf die Entscheidung des Geschädigten geben kann, besteht gerade bei unsicherer materiellrechtlicher Rechtslage und Ungewissheit hinsichtlich der richterlichen Bewertung keine endgültige Sicherheit darüber, ob der Geschädigte optiert oder bei der Grundsatzanknüpfung bleibt. Auch in Bezug auf Dritte entfalten eine kollisionsrechtliche Einordnung und die damit einhergehende Bindungswirkung größere Rechtssicherheit.270 gg) Zwischenergebnis Die Frage nach der Rechtsnatur des Optionsrechts muss in der Konsequenz klar zugunsten einer kollisionsrechtlichen Einordnung unter Annahme der damit verbundenen weitreichenden Bindungswirkung erfolgen. Für die europäische Regelung des Art. 7 Rom II-Verordnung, eingeführt durch ein Normenwerk, das zur Vereinheitlichung des Kollisionsrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse in Zivilund Handelssachen angetreten ist, ist eine andere Ansicht nur noch schwerlich vertretbar.271 Mit der Einführung des Optionsrechts auf unionsrechtlicher Ebene für den Bereich der Umweltschädigung sind weitere Aspekte in den Blick zu nehmen: zu klären sind die konkreten Modalitäten der Ausübung des kollisionsrechtlichen Gestaltungsrechts nach Art. 7 Rom II-Verordnung. b) Ausübungsmodalitäten des Optionsrechts Auch die Bedingungen der Ausübung des Optionsrechts müssen entsprechend der kollisionsrechtlichen Einordnung innerhalb der Rom II-Verordnung autonom bestimmt werden.272 Die Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur eigenständigen Regelung nach Erwägungsgrund 25 S. 2 Rom II-Verordnung bezieht sich nur auf die Bestimmung des Zeitpunkts der Ausübung.

270 271 272

In diese Richtung Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 39. So auch MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 3. MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 4.

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aa) Vornahme des Günstigkeitsvergleichs durch den Geschädigten Ob der Geschädigte von seinem Optionsrecht – außerprozessual oder prozessual – Gebrauch macht, setzt im Vorfeld eine materiellrechtliche Prüfung der in Betracht kommenden Rechtsordnungen voraus. Der Geschädigte bzw. sein rechtlicher Beistand muss selbst ermitteln, ob das Recht des Handlungsorts oder das Recht des Erfolgsorts für den Geschädigten günstiger ist,273 und ob er es dahingehend bei der Grundsatzanknüpfung belässt oder zugunsten des Erfolgsorts optiert. Den Richter trifft keine Pflicht zur Rechtsvergleichung und anschließender Verweisung des Geschädigten auf das ggf. günstigere Handlungsortsrecht.274 Durch das Optionsrecht wird folglich unionsrechtlich kein von Amts wegen zu beachtendes Günstigkeitsprinzip normiert.275 Etwaige Hinweispflichten, z. B. dann, wenn der Eindruck entsteht, dass der Geschädigte sein Optionsrecht vollständig übersehen hat, können sich allenfalls aus der Verfahrensordnung des jeweils angerufenen Gerichtsstaats ergeben.276 Der Geschädigte kann sein Optionsrecht ausdrücklich, aber auch konkludent ausüben. Die konkludente Ausübung muss jedoch entsprechend der damit verbundenen Bedeutung im Hinblick auf die Änderung des anwendbaren Rechts dann den Anforderungen genügen, die an eine Rechtswahl i.S.v. Art. 14 Rom II-Verordnung gestellt werden.277 Hierzu normiert Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-Verordnung, dass sich die Wahl zugunsten einer bestimmten Rechtsordnung mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben muss. Entsprechend gilt für das Optionsrecht nach Art. 7 Rom II-Verordnung die Erkennbarkeit des Willens des Geschädigten zur Optierung zugunsten des Rechts des Handlungsorts. Erforderlich ist mithin ein Gestaltungsbewusstsein des Ausübenden, insbesondere um der Gefahr vorzubeugen, dass das Gericht vorschnell eine Optierung zugunsten des Rechts des Forumsstaates bejaht.278 Von einer konkludenten Optierung zugunsten des Rechts des Handlungsorts ist etwa dann auszugehen, wenn der Geschädigte seine rechtlichen Ausführungen allein auf Grundlage jener Rechtsordnung macht.279 bb) Unteilbarkeit des Optionsrechts Im Zusammenhang mit dem kollisionsrechtlichen Gestaltungsrecht des Art. 7 Rom II-Verordnung wird in der Regel von der Unteilbarkeit und dem Erfordernis der 273 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 25; Palandt/Thorn, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 8. 274 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 57. 275 Vgl. BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 4. 276 Vgl. BeckOGK-ZivilR/Huber, EGBGB Art. 46a Rdnr. 10; Palandt/Thorn, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 8. 277 MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 4. 278 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 47. 279 BeckOGK-ZivilR/Rühl, Rom II-VO Art. 14 Rdnr. 102; Leible, RIW 2008, 257, 261.

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Einheitlichkeit der Ausübung der Optionsmöglichkeit gesprochen. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch ist dabei der genaue Bezugspunkt zu beachten und insoweit Differenzierung geboten. Denn schon der Wortlaut bzw. die Systematik der Anknüpfung in Art. 7 Rom II-Verordnung können eine rechtliche Aufspaltung verursachen und eine Vielzahl von Rechtsordnungen zur Anwendung bringen. Diese ist jedoch gesetzlich vorgesehen und damit rechtspolitisch gewünscht. So unterscheidet Art. 7 Rom II-Verordnung zwischen der Umweltschädigung per se sowie daraus herrührenden Personen- und Sachschäden. Treten diese in verschiedenen Staaten und damit auch unter mehreren Rechtsordnungen auf, folgt schon aus der Herausnahme von Individualschäden als eigenständigem Anknüpfungspunkt auch eine gesonderte kollisionsrechtliche Betrachtung. Wird ein Umweltgut in Staat A verletzt, kommt es daneben aber auch in Staat B und C zur Verletzung weiterer individueller Rechtsgüter, besteht für jede Rechtsgutsverletzung ein selbständiger Erfolgsort. Bezüglich dieses Verletzungssachverhalts wird dann auch ein eigenes Optionsrecht zugunsten des Rechts des Handlungsorts gewährt, soweit Erfolgs- und Handlungsort divergieren.280 Dies gilt jedoch nur für die ausdrücklich in Art. 7 Rom II-Verordnung genannten eigenständigen Anknüpfungspunkte Umweltschädigung, Personen- und Sachschaden, nicht für aus einer Umweltschädigung resultierende reine Vermögensschäden, für welche der Erfolgsort der Umweltschädigung maßgeblich ist.281 Für diese kann auch das Optionsrecht sodann nur einheitlich gemeinsam mit der Umweltschädigung ausgeübt werden. Gleiches gilt für aus einem Personen- oder Sachschaden resultierende Vermögensschäden, die ebenso akzessorisch anzuknüpfen und damit auch optionsrechtlich einheitlich zu behandeln sind.282 Daraus abgeleitet ergibt sich, dass eine Aufspaltung von in Art. 7 Rom IIVerordnung angelegten eigenen Erstschäden möglich ist, nicht aber von aus diesen resultierenden Folgeschäden.283 Hinsichtlich eines gesondert zu betrachtenden Verletzungssachverhalts, d. h. einer Umweltschädigung per se, einem Personen- oder einem Sachschaden, ist das Optionsrecht unteilbar und kann nur einheitlich von dem Geschädigten ausgeübt werden. Der Geschädigte kann also in Bezug auf denselben Schadensposten284 nicht für haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Tatbestand,285 verschiedene Anspruchsarten286 oder Ersatzbegehren wie Heilungskosten und Schmerzensgeld

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BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 41 f.; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 41. 281 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 2. a) bb) (1). 282 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 43; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 41. 283 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 41; Bogdan, Festschr. f. Pocar, S. 95, 98 f. 284 Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 41. 285 Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.24. 286 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 26; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 30; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 48.

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differenzieren.287 Die Unteilbarkeit des Deliktsstatuts soll den Eintritt von Rechtszersplitterung (Dépeçage) hinsichtlich eines sachlich und rechtlich einheitlich zu bewertenden Sachverhalts,288 sowie eine Übervorteilung des Geschädigten durch die Eröffnung der Möglichkeit des „Rosinenpickens“, d. h. der Suche nach der jeweils günstigsten Rechtsordnung für jeden geltend gemachten individuellen Anspruch bzw. Sachverhaltsaspekt, vermeiden.289 Auch im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit ist eine Teilbarkeit abzulehnen. Ferner schützt die Unteilbarkeit der Ausübung des Optionsrechts den Schädiger, der sich auf eine Rechtsordnung einstellen muss und nicht verschiedenen Ansprüchen unter einer Vielzahl von Rechtsordnungen ausgesetzt werden soll. Dies ist im Hinblick darauf, dass die alleinige Entscheidung über das anzuwendende Recht ohnehin schon beim Geschädigten liegt und er dadurch einen Vorteil hat, sachgerecht.290 Mehrere Geschädigte können das Optionsrecht individuell und somit auch unterschiedlich ausüben,291 da jedem Geschädigten ein eigenes Optionsrecht in Bezug auf das anwendbare Recht zukommt. cc) Unwiderruflichkeit des Optionsrechts (1) Grundsatz: Unwiderruflichkeit eines ausgeübten Optionsrechts Entsprechend der kollisionsrechtlichen Rechtsnatur des Optionsrechts im Sinne einer Ersetzungsbefugnis ist die Ausübungsmöglichkeit nach Art. 7 Rom II-Verordnung darüber hinaus unwiderruflich.292 Macht der Geschädigte von seiner Optionsmöglichkeit endgültig Gebrauch, ist diese Ersetzungsbefugnis „verbraucht“ und es tritt das Recht des Handlungsorts an die Stelle des Erfolgsortsrechts.293 Mit Gestaltung der Rechtslage folgt Bindungswirkung,294 die insoweit logische dogmatische Konsequenz der kollisionsrechtlichen Qualifikation ist.

287

Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 20; Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 13b; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 26; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.24; Dörner, Festschr. f. Stoll, S. 491, 495 zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB. 288 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 44; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.24. 289 Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 13b; Bogdan, Festschr. f. Pocar, S. 95, 98; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 30; vgl. auch zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 29; v. Hein, NJW 1999, 3174. 290 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 56; vgl. auch zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB v. Hein, NJW 1999, 3174, 3175. 291 Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 8. 292 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 49; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 56; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 27; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 8. 293 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 27. 294 Vgl. zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB Pfeiffer, NJW 1999, 3674, 3676.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Dieses Ergebnis gebietet auch der Vertrauensschutz auf Seiten des Schädigers, der sich um einer effektiven Verteidigung willen auf den Bestand einer einmal ausgeübten Option verlassen können muss.295 Das ist auch für den Geschädigten nicht unbillig – dieser wird ohnehin durch die Optionsmöglichkeit privilegiert, sodass es nur gerecht erscheint, dann, wenn er von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, auch Rechtsbeständigkeit eintreten zu lassen.296 Beide Parteien haben anschließend immer noch die Möglichkeit, eine bestimmte Rechtsordnung durch übereinstimmende Rechtswahl zur Anwendung zu bringen.297 (2) Konkretisierung der Anforderungen an die Ausübungserklärung Mit Spickhoff muss jedoch eine ursprünglich für Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB vertretene und auf Art. 7 Rom II-Verordnung entsprechend übertragene Einschränkung der pauschalen Unwiderruflichkeit,298 bzw. bei näherer Betrachtung vielmehr eine Konkretisierung der Anforderungen an die Ausübungserklärung vorgenommen werden. Spickhoff geht bei dem Optionsrecht von einer elektiven bzw. alternativen Konkurrenz im Internationalen Privatrecht aus, mit der Folge, dass eine von dem Geschädigten getroffene Wahl zugunsten des Rechts des Handlungsorts zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt widerrufen werden kann. Richtig ist, dass es auf die Option an sich erst dann ankommt, wenn sich die Parteien in einem prozessualen Verfahren gegenüberstehen, weil im Vorfeld im Hinblick auf das anwendbare Recht noch keine Pflicht zur Äußerung besteht, auch wenn eine solche möglich ist. Bereits vor Klageerhebung wird der Geschädigte bzw. sein Rechtsbeistand zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines etwaigen Prozesses zwar einen Günstigkeitsvergleich zwischen dem Recht des Handlungsorts und dem Recht des Erfolgsorts vornehmen, sodass insoweit von beiden Parteien von Ubiquität auszugehen ist.299 Würde man aber bereits zu diesem Zeitpunkt eine möglicherweise unreflektierte, auf unzureichender Tatsachenbasis und fehlender Rechtskundigkeit getroffene Aussage des Geschädigten als Ausübung der Option gelten lassen, führte dies zu vorschnellen und unbilligen Ergebnissen,300 welche somit auch wieder dem Zweck der Norm zur weitreichenden Verwirklichung eines hohen Umweltschutzniveaus durch Kollisionsrecht zuwiderliefen. Zur rechtsgestaltenden Wirkung mit der Folge einer Bindung und Unwiderruflichkeit kommt es also erst dann, wenn der 295

MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 27; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 8; so auch Dörner, Festschr. f. Stoll, S. 491, 494 zu Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB. 296 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 27. 297 BeckOGK-ZivilR/Huber, EGBGB Art. 46a Rdnr. 7; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 57. 298 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 5; BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28. 299 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 5; BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28. 300 Vgl. BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 5; BeckOK-BGB/ Spickhoff, EGBGB Art. 40 Rdnr. 28.

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Geschädigte im Prozess – bei konkludenter Erklärung durch Ausdruck eines hinreichenden Gestaltungsbewusstseins – optiert. Nur ausnahmsweise kann eine außerprozessuale Bindung und rechtsgestaltende Wirkung im Vorfeld des Prozesses eintreten, soweit dies nach Treu und Glauben bzw. unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gerechtfertigt erscheint, so etwa dann, wenn der Geschädigte gegenüber dem Schädiger wiederholt und ausdrücklich zu erkennen gibt, dass er zugunsten des Rechts am Handlungsort optiere oder dies gerade nicht tue. (3) Zwischenergebnis Dogmatisch konsequent sollte das Optionsrecht dann, wenn es ausgeübt wurde, unwiderruflich sein. Die Einschränkung bzw. Konkretisierung ist aber insoweit vorzunehmen, als dass es für die Ausübung des Optionsrechts und die damit einhergehende rechtsgestaltende Bindungswirkung einer qualifizierten Erklärung bedarf, die in der Regel nicht außerprozessual gegeben sein wird. dd) Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts Kritisch ist die den Mitgliedstaaten durch Erwägungsgrund 25 S. 2 der Rom IIVerordnung eingeräumte Regelungskompetenz zu betrachten. Danach sollen diese den Zeitpunkt, bis zu dem das Optionsrecht durch den Geschädigten ausgeübt werden muss, innerhalb der jeweiligen lex fori bestimmen. (1) Kritische Würdigung der den Mitgliedstaaten eingeräumten Regelungskompetenz Dies läuft dem eigentlichen Vereinheitlichungsziel zuwider und kann forum shopping begünstigen.301 Denn hat der Geschädigte vor dem zuständigen Gericht eines Mitgliedstaats den Zeitpunkt versäumt, bis zu dem er ein etwaiges Optionsrecht hätte ausüben müssen, wird er die Klageerhebung möglicherweise gezielt davon abhängig machen, welche Mitgliedstaaten, bei deren Gerichten ebenfalls ein Gerichtsstand begründet ist, in Bezug auf den Zeitpunkt der Ausübung eher großzügige Bestimmungen treffen. Hintergrund des Vorbehalts einer mitgliedstaatlichen Bestimmung war die Sorge des Verordnungsgebers, durch eine verordnungsautonome Regelung zu stark in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Verfahrensrecht einzugreifen.302 Jedoch hätte es sich in Anbetracht der Tatsache, dass der Verordnungsgeber mit dem Optionsrecht des Art. 7 Rom II-Verordnung ein inner301 Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 161; Erman/Hohloch, Art. 46a EGBGB Rdnr. 1 verweist allerdings darauf, dass es sich bei Umweltschädigungen nicht unbedingt um Massenverfahren handele und die Gefahr des forum shopping damit gering sei. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass Umweltschädigungen mit Klimahaftungsklagen durchaus Potenzial hätten, zum „Massenphänomen“ zu werden. 302 Thorn, in: Kieninger/Remien, Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, S. 139, 161.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

halb dieses Regelwerks einzigartiges rechtliches Instrument eingeführt hat, das autonom und einheitlich angewandt werden soll, angeboten, auch den Kontext dieser Ausübungsmöglichkeit umfassend zu regeln. Nur so kann Unsicherheit in der praktischen Anwendung und ein damit möglicherweise verbundener, dem Vereinheitlichungsgedanken aber zuwiderlaufender Rückgriff auf bekannte und bewährte ähnliche mitgliedstaatliche Instrumente, wie in Deutschland Art. 40 Abs. 1 EGBGB, vermieden werden. (2) Umsetzung im deutschen internationalen Privatrecht: Art. 46a EGBGB (a) Grundlagen Für vor deutschen Gerichten anhängige Rechtsstreitigkeiten betreffend grenzüberschreitende Umweltschädigungen bestimmt Art. 46a EGBGB, der durch das IPR-Anpassungsgesetz zum 11. Januar 2009303 neu eingefügt wurde, den Zeitpunkt, bis zu dem der Geschädigte spätestens von seinem Optionsrecht nach Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung Gebrauch gemacht haben muss. Danach kann die Ausübung nur im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens erfolgen. Hat das Gericht einen frühen ersten Termin gem. § 275 ZPO bestimmt, verliert der Geschädigte das Optionsrecht mit Schluss dieser mündlichen Verhandlung. Bei Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens gem. § 276 ZPO geht das Wahlrecht mit Ende der Schriftsatzfrist unter.304 Diese Regelung wurde von Art. 40 Abs. 1 S. 3 EGBGB übernommen, welche den Zeitpunkt der spätestmöglichen Ausübung des parallelen Optionsrechts zugunsten des Erfolgsorts im autonomen deutschen internationalen Recht der unerlaubten Handlung festlegt. Die Bestimmung beruht auf der Erwägung, Waffengleichheit zwischen den Prozessparteien zu schaffen.305 Beide Parteien sowie das Gericht müssen sich folglich ab einem klar festgelegten Zeitpunkt auf die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung verlassen können. (b) Kritik Die Regelung ist im Schrifttum zu Recht nicht auf uneingeschränkte Zustimmung gestoßen. Weil die gewählte Befristung der Ausübung sehr streng und für den Geschädigten äußerst knapp bemessen sei, laufe sie nach Spickhoff306 dem vom Verordnungsgeber mit Art. 7 Rom II-Verordnung bezweckten Ziel, ein hohes Umweltschutzniveau in der Europäischen Union zu gewährleisten und das Verursacherprinzip auf kollisionsrechtlicher Ebene zu etablieren,307 zuwider. Auch wenn der 303

Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 vom 10. Dezember 2008, BGBl. 2008 I S. 2401. 304 MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 8; Palandt/Thorn, EGBGB 46a Rdnr. 2. 305 BT-Drucks. 13/343, S. 11; Brand, GPR 2008, 298, 301 f.; Wagner, IPRax 2008, 314, 318; MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 1. 306 BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 46a Rdnr. 5. 307 Erwägungsgrund 25 S. 1 der Rom II-VO.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Verordnungsgeber den Mitgliedstaaten das Recht zur eigenständigen verfahrensrechtlichen Regelung eingeräumt habe, hätten diese den effet utile nach Art. 4 Abs. 3 UA. 2, 3 EUV zu beachten und dürften die Ausübung der Option durch den Geschädigten nicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht durch restriktive Fristen unangemessen erschweren. Den Rechtsvertretern der Geschädigten drohe bei Versäumung des Zeitpunkts die Gefahr, in die Anwaltshaftung zu geraten, was mit der Intention des Verordnungsgebers nicht vereinbar sein könne.308 Hinsichtlich der Regelung des Art. 46a EGBGB bestehe folglich Verbesserungsbedarf durch Ausweitung des Zeitpunkts der spätestmöglichen Ausübung im Verfahrensrecht. Den vorgebrachten Einwänden ist zuzustimmen: je später der Zeitpunkt der letztmöglichen Ausübung des Optionsrechts liegt, desto eher wird einem hohen Umweltschutzniveau Rechnung getragen. Hier wird allerdings entgegengehalten, dass der Verordnungsgeber durch die Einräumung der Ermächtigung an die Mitgliedstaaten zur Schaffung einer verfahrensrechtlichen Regelung gerade auch die Ermächtigung zur prozessökonomischen Gestaltung gegeben habe. Der Geschädigte hat bereits vor Klageerhebung ausreichend Zeit, sich mit der Rechtslage auseinanderzusetzen und auch einen etwaigen Günstigkeitsvergleich anzustellen, gerade dann, wenn er – wie bei grenzüberschreitenden komplexen Sachverhalten üblich – einen Rechtsbeistand hinzuzieht. Während sich der Geschädigte also bereits vorher mit der Sach- und Rechtslage nach beiden in Betracht kommenden Rechtsordnungen auseinandersetzen kann, ist der Schädiger zunächst im Unklaren darüber, auf welche Rechtsordnung er seine Verteidigung ausrichten muss. Zum Schutz seiner Interessen und im Gegenzug zu dem den Geschädigten privilegierenden Günstigkeitsprinzip müsse er also zu einem möglichst frühen Zeitpunkt wissen, auf welche Rechtsordnung der Geschädigte sich beruft. Dies kann auch für die Beweisaufnahme im Rahmen des Prozesses eine Rolle spielen, auf die der Schädiger sich vorbereiten will. Ferner hat das Gericht ein Interesse daran, für eine effektive Verfahrensgestaltung und zur Vermeidung der überobligatorischen Inanspruchnahme von Gerichtsressourcen nicht mit einer allzu späten Ausübung des Optionsrechts konfrontiert zu werden.309 Mit Eintritt in den Prozess gewinnt das Optionsrecht auch prozessuale Bedeutung, weshalb weitere Interessen in die Abwägung miteingestellt werden müssen. Zur effektiven Vorbereitung der Verteidigung und Durchführung des Prozesses muss die Rechtsordnung ab einem bestimmten Zeitpunkt sicher feststehen. Auch diesen Argumenten ist zuzustimmen, jedoch verfehlen sie den Normzweck des Art. 7 Rom II-Verordnung. Denn das Optionsrecht zielt nicht darauf, den Geschädigten gegenüber dem Schädiger zu privilegieren, sondern das Verursacherprinzip auf kollisionsrechtlicher Ebene zu etablieren und den im konkreten Sach308

BeckOK-BGB/Spickhoff, EGBGB Art. 46a Rdnr. 5. Zum Ganzen Begründung des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007, BTDrucks. 16/9995, S. 8; Erman/Hohloch, Art. 46a EGBGB Rdnr. 1; MüKo-BGB/Junker, EGBGB Art. 46a Rdnr. 9; Saenger/Dörner, Art. 46a EGBGB, Rdnrn. 1 f. 309

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

verhalt höchstmöglichen Umweltschutzstandard zur Anwendung zu bringen. Zutreffend ist, dass im Prozess auch anderen Interessen Gewicht beizumessen ist und die Belange des Geschädigten nicht außen vorgelassen werden können. Doch hat der Verordnungsgeber die Interessenabwägung bereits im Sinne eines favor naturae vorgenommen. Dieser Grundsatzentscheidung muss bei Ausübung der in Erwägungsgrund 25 S. 2 Rom II-Verordnung eingeräumten Regelungskompetenz weitreichend Rechnung getragen werden. Die Interessen des Geschädigten und Aspekte der Prozessökonomie werden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn dem Geschädigten ermöglicht wird, das Optionsrecht bis zu einem späteren Zeitpunkt ausüben zu können, beispielsweise bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Der Kritik an Art. 46a EGBGB und Forderung Spickhoffs nach einer Extension der Möglichkeit zur Ausübung des Optionsrechts ist deshalb zuzustimmen. ee) Zwischenergebnis Der Geschädigte hat gem. Art. 7 Hs. 2 Rom II-VO die Möglichkeit zur Option zugunsten des Rechts des Handlungsorts, wenn dieses nach einem selbständig vorzunehmenden Rechtsvergleich gegenüber der Grundverweisung auf das Recht des Erfolgsorts materiellrechtlich günstiger erscheint. Es kann nicht undifferenziert von einer Unteilbarkeit des Optionsrechts gesprochen werden, vielmehr hat eine Differenzierung nach Art der Schädigung bzw. betroffenen Rechtsgütern und Beteiligten zu erfolgen. Die Unteilbarkeit bezieht sich allein auf das konkrete Rechtsverhältnis. Ist das Optionsrecht einmal ausgeübt worden, ist die Ausübung unwiderruflich. Im Sinne eines hohen Umweltschutzniveaus, welches die Sonderkollisionsnorm bezweckt, sind allerdings gewisse Anforderungen an die Ausübung des Optionsrechts zu stellen; auch insoweit darf nicht vorschnell von der Unwiderruflichkeit ausgegangen werden. Der letztmögliche Zeitpunkt, bis zu welchem zugunsten des Rechts des Handlungsorts optiert werden kann, ist aufgrund der Ermächtigung in Erwägungsgrund 25 S. 2 Rom II-VO in autonomer Regelung durch die Mitgliedstaaten auszugestalten. Die deutsche Umsetzungsvorschrift in Art. 46a EGBGB trägt dem Ziel eines hohen Umweltschutzniveaus aufgrund der weiten Vorverlagerung des Zeitpunkts, bis zu dem eine Geltendmachung prozessuale Beachtung finden kann, nicht in ausreichender Weise Rechnung und ist insoweit unionsrechtswidrig. Art. 46a EGBGB sollte deshalb angepasst werden und als letztmöglichen Zeitpunkt zur Ausübung des Optionsrechts auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abstellen. 4. Einschränkung der Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts? Ähnlich wie bereits im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit am Erfolgsort nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO diskutiert,310 kann auch für die Bestimmung des an310

Siehe dazu § 3 B. III. 3. c) cc).

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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wendbaren Rechts nach dem Erfolgsort gem. Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung eine Einschränkung erwogen werden. a) Problemstellung Aufgrund der weltweiten Auswirkungen des Klimawandels auf die natürliche Umwelt311 und der daraus resultierenden, lokalisierbaren sekundären Umweltschädigungen312 besteht für den Bereich der Internationalen Klimahaftung das Potential für eine große Zahl an Erfolgsorten. Weil die Umwelt als Allgemeingut aber keinem privaten Individuum zugewiesen und somit auch die Geltendmachung von Ansprüchen durch Privatpersonen nicht möglich ist, ergeben sich daraus praktisch noch keine gravierenden Konsequenzen für den Beklagten in dem Sinne, dass er weltweit an jedem Erfolgsort dem jeweiligen nationalen Recht unterworfen wäre. Etwaige Erstattungsansprüche sind regelmäßig, jedenfalls unter der Umwelthaftungsrichtlinie, öffentlich-rechtlich ausgestaltet und dem Staat zugewiesen. Diese unterliegen jedoch mangels Erfüllung der Voraussetzung einer Zivilsache typischerweise nicht der Rom II-Verordnung und damit auch nicht der Kollisionsnorm des Art. 7 Rom IIVerordnung.313 Anders verhält es sich mit aus der Umweltschädigung herrührenden Individualschädigungen: hier kann jede Person, die eine Verletzung ihrer individuellen Rechtsgüter und daraus resultierend einen Schaden erleidet, versuchen, Haftungsansprüche geltend zu machen. Nach Art. 7 Rom II-Verordnung ist der Großemittent – bei universeller Anwendung der Rom II-Verordnung nach Art. 3 Rom II-Verordnung – haftungsrechtlich jeder nationalen Rechtsordnung unterworfen, in deren Hoheitsgebiet ein Erfolgsort begründet ist, d. h. ein klimawandelbedingter Individualschaden erlitten wurde. Dem Emittenten droht folglich eine Haftung nach einer im Vorhinein nicht kalkulierbaren Anzahl an Erfolgsorten, auf welche dieser sein Handeln ggf. nicht bewusst ausgerichtet hat und deren Rechtsunterworfenheit er nicht vorhersehen konnte.314 Es stellt sich insoweit auch an dieser Stelle die Frage, ob und wenn ja, wie die Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts eingegrenzt werden sollte. b) Einschränkungsmöglichkeiten aa) Mosaiktheorie Klimahaftungsfälle sind generell nicht als Streudelikte zu begreifen, mit der Folge, dass im Regelfall auch nicht die Mosaikbetrachtung Anwendung finden 311

Siehe dazu ausführlich § 2 A. V. Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. a) cc) (2); siehe zur Ausgrenzung des Klimawandels per se als Umweltschädigung bei der Bestimmung des Erfolgsorts § 4 B. II. 2. a) bb) (1). 313 Siehe dazu ausführlich § 4 B. II. 1. b). 314 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 96 f. 312

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wird.315 Insoweit gelten die Ausführungen zur internationalen und örtlichen Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts entsprechend.316 Sollte ausnahmsweise auch im Klimahaftungsfall ein Streudelikt vorliegen, so beherrscht die am jeweiligen Erfolgsort Anwendung findende Rechtsordnung nur die innerhalb des Hoheitsgebiets des Staates eingetretenen Schäden.317 Der Geschädigte kann folglich nicht unter einer von ihm gewählten Rechtsordnung an einem Erfolgsort sämtliche Schäden auch außerhalb von deren Territorium geltend machen. Diese Möglichkeit hat er nur dann, wenn er zugunsten des Rechts des Handlungsorts gem. Art. 7 Hs. 2 Rom II-Verordnung optiert. Die Mosaikbetrachtung bringt also nur selten und wenn, auch nur eine gewisse Einschränkung mit sich; sie ändert aber nichts daran, dass der Emittent ggf. einer Vielzahl von Ansprüchen der Geschädigten unter verschiedenen Rechtsordnungen nach der Anknüpfung an den Erfolgsort ausgesetzt ist, deren Anwendbarkeit er im Einzelnen nicht vorhersehen konnte.318 Wegen der universellen Anwendbarkeit der Rom II-Verordnung gem. Art. 3 Rom II-Verordnung beschränkt sich die Rechtsunterworfenheit anders als die Gerichtspflichtigkeit nach der Brüssel Ia-VO nicht auf den Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sodass dem Schädiger im Kollisionsrecht eine potentiell weltweite Rechtsunterworfenheit droht. bb) Vorhersehbarkeitsvorbehalt Lehmann und Eichel befürworten deshalb neben einer Mosaikbetrachtung eine analoge Anwendung des Vorhersehbarkeitsvorbehalts gem. Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom II-Verordnung aus dem Recht der Internationalen Produkthaftung, zumindest außerhalb des Wirkungskreises etwaiger öffentlich-rechtlicher Genehmigungen.319 Bei entsprechender Übertragung auf die Anknüpfung an den Erfolgsort nach Art. 7 Rom II-Verordnung würde das Erfolgsortsrecht eines bestimmten Staates zugunsten des Schädigers dann keine Anwendung finden, wenn dieser den Schadenseintritt in diesem Staat im Rahmen seines Handelns nicht vorhersehen konnte. (1) Planwidrige Regelungslücke Für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke im Bereich von Umweltschädigungen werden die Normhistorie und neuartige, nicht vorhersehbare Entwicklungen nach Inkrafttreten der Rom II-Verordnung angeführt.320 315 Weller/Nasse/Nasse, Festschr. f. Kronke, S. 601, 612; Weller/Nasse/Nasse, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 378, 389 f.; a. A. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 97; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 4. 316 Siehe dazu ausführlich § 3 B. III. 3. c) cc) (1). 317 Schulze/Dörner, Rom II-VO Art. 4 Rdnr. 7. 318 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 97. 319 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 105 f. 320 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 105 f.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Die herrschende Literatur verneint das Erfordernis eines Vorhersehbarkeitsvorbehalts für die Umweltschädigung schon aufgrund der Existenz von Art. 17 Rom IIVerordnung, wonach der fehlenden Vorhersehbarkeit der Haftung an bestimmten Erfolgsorten über die Berücksichtigung am Handlungsort geltender Sicherheits- und Verhaltensregeln Rechnung getragen werden kann.321 So kommt eine Korrektur über Art. 17 Rom II-Verordnung in Betracht, wenn der Schädiger nicht voraussehen konnte, dass sein Verhalten zu einer Rechtsgutsverletzung im Ausland führt und er an den Haftungsstandards jener Rechtsordnung gemessen wird. Die Norm erfülle außerhalb der Produkthaftung die Funktion des Vorhersehbarkeitsvorbehalts nach Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom II-Verordnung.322 Lehmann und Eichel verweisen demgegenüber darauf, dass sich aus der Normentwicklung ergebe, dass ein Vorhersehbarkeitsvorbehalt zusätzlich zu einer Vorschrift wie Art. 17 Rom II-Verordnung bestehen könne. So kenne Art. 7 des Haager Übereinkommens über das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973, an dessen Art. 9 auch Art. 17 Rom II-Verordnung angelehnt ist, einen derartigen Vorhersehbarkeitsvorbehalt.323 Ferner müsse die Entscheidung des Verordnungsgebers, in Art. 7 Rom II-Verordnung keinen expliziten Vorhersehbarkeitsvorbehalt einzuführen, keine bewusste gewesen sein. Sie könne auf einer tradierten Vorstellung der klassischen Umwelthaftungsfälle begründet sein, in denen es zu grenzüberschreitenden, aber vorhersehbaren und damit planbaren Umweltschäden in Nachbarstaaten komme, bei welchen schlicht kein Bedürfnis für eine Einschränkung unter Gesichtspunkten der Vorhersehbarkeit bestand. Aufgrund der Neuartigkeit des Phänomens der Klimahaftung, die zur Zeit der Verabschiedung der Rom II-Verordnung so noch nicht zu erwarten gewesen sei, hätten Aspekte der ausufernden Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts und sich daraus ggf. ergebende Restriktionserfordernisse nicht in die Erwägungen des Verordnungsgebers Einzug gefunden.324 Die vorgenannten Argumente können jedoch nicht überzeugen. Zunächst ist schon der Verweis auf die Normenhistorie und einen etwaigen Willen des Verordnungsgebers nicht eindeutig genug, um einen explizit in einer Norm eingeführten Vorbehalt auf eine andere Norm zu übertragen, deren Wortlaut gerade nicht auf eine solche Einschränkung hindeutet. Des Weiteren ist die Rom II-Verordnung 2009 in Kraft getreten und bereits zu dieser Zeit waren mögliche Streu- und Massenschäden auch im Umweltschädigungsbereich, etwa durch Emissionen aus Reaktorunfällen 321

MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 20; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 7; ders., Rom II 17 Rdnr. 3; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 27; Kieninger, in: Kahl/ Weller, Climate change litigation, S. 119, 144 f.; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 79; Wagner, IPRax 2008, 1, 5; gegen einen Vorhersehbarkeitsvorbehalt auch Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 10; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.17; Junker, Festschr. f. Schurig, S. 243, 254. 322 Wagner, IPRax 2008, 1, 5. 323 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 106. 324 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 106; Wolf, Deliktsstatut, S. 175, 245, 255.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

von Atomkraftwerken, bekannt bzw. zumindest vorstellbar, mit der Folge einer Vielzahl von Erfolgsorten. Selbst wenn Klimahaftung zur Zeit der Verabschiedung noch kein relevantes Phänomen war, war zumindest die allgemeine Gefahr von Massen- und Streuschäden im Umweltsektor existent. Ferner wurden im Jahre 2009 im US-amerikanischen Rechtsraum schon die ersten Klimahaftungsklagen erhoben und auch die naturwissenschaftliche Perspektive hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Klimawandels war Teil des öffentlichen Diskurses. Ein fehlendes Bewusstsein bzw. eine fehlgeleitete Vorstellung von Umwelthaftung beim Verordnungsgeber lassen sich deshalb wohl nur schwer begründen. Es fehlt daher schon an der Planwidrigkeit der Regelungslücke für die Kollisionsnorm der Umweltschädigung. (2) Vergleichbarkeit der Interessenlagen von Produzenten und Großemittenten Die Befürworter der analogen Anwendung des Vorhersehbarkeitsvorbehalts nach Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom II-Verordnung bejahen auch eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen von Produzenten fehlerhafter Produkte und Großemittenten in den Fällen, in welchen letztere unbewusst Emissionsgrenzwerte überschreiten oder auf Grundlage einer unerkannt unwirksamen Anlagengenehmigung handeln. Bei beiden Schädigern seien die Konsequenzen für individuelle Rechtsgüter durch Globalisierung und komplexe Kausalketten unvorhersehbar und nicht steuerbar. So könne der Großemittent ebenso wie der Produzent eines fehlerhaften Produkts zwar damit rechnen, dass infolge der Emissionen bzw. des fehlerhaften Produkts Rechtsgüter verletzt werden, nicht aber vorhersehen, wo und wie diese Verletzungen stattfinden und welche Objekte sie letztendlich betreffen. Aus Sicht des Schädigers erscheint der Eintritt eines schädigenden Ereignisses damit willkürlich bzw. zufällig. Durch den Vorhersehbarkeitsvorbehalt des Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom II-Verordnung (analog) soll für den Produzenten bzw. Großemittenten eine angemessene Abwägung von Risiken ermöglicht werden, die sonst aufgrund der weltweiten Schäden kaum möglich wäre.325 Die Übertragung des Vorhersehbarkeitsvorbehalts auf die Umweltschädigung könnte direkt an der Grundanknüpfung des Erfolgsorts nach Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung ansetzen. Insoweit könnte also unmittelbar die Verweisung beeinflusst werden, ohne dass nachträglich Korrekturen über Eingriffsnormen oder den ordre public vorgenommen werden müssten.326 Eine analoge Anwendung des Vorhersehbarkeitsvorbehalts der Produkthaftung nach Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom II-Verordnung ist jedoch auch unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit der Interessenlagen abzulehnen. Bei Art. 5 Abs. 1 UA. 2 Rom IIVerordnung handelt es sich um eine spezifisch auf das Internationale Produkthaftungsrecht zugeschnittene Regelung, deren Übertragung mit dem Ziel des Art. 7 Rom II-Verordnung, ein hohes Umweltschutzniveau zu fördern und den Verursacher der Umweltschädigung in die Haftung zu nehmen, klar kollidieren würde. Dieses 325 326

Zum Ganzen Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 106 f. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 106.

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Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn auch im Einzelfall unvorhersehbare Schäden einbezogen werden, um den Schädiger zu besonderer Sorgfalt und Achtung auch der denkbar strengsten Haftungsstandards anzuhalten. Gerade im Hinblick auf die Umweltkatastrophen der neueren Zeit, neben dem Klimawandel auch Atomreaktorunfälle, zeigt sich, dass Emissionen weitreichende Auswirkungen haben können, sodass Art. 7 Rom II-Verordnung extensiv ausgelegt werden muss, um effektiv zu sein.327 (3) Zwischenergebnis Eine Einschränkung der Haftung nach dem Recht des Erfolgsorts scheitert somit sowohl am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke als auch an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen von Produzenten und Umweltschädigern. cc) Art. 17 Rom II-Verordnung Anstelle der Konstruktion von nicht gerechtfertigten Analogien sollte für Korrekturen auf den bestehenden und vom Verordnungsgeber zu diesem Zwecke geschaffenen Normenbestand der Rom II-Verordnung zurückgegriffen werden. Einschränkungen zugunsten des Schädigers sollten ferner nur dann vorgenommen werden, wenn dieser tatsächlich schutzwürdig ist. Das ist dann der Fall, wenn ihm eine Genehmigung erteilt wurde oder er die am Handlungsort geltenden Grenzwerte eingehalten hat, wenn er also alles unternommen hat, um sein Handeln in Einklang mit den für ihn vorhersehbaren geltenden rechtlichen Voraussetzungen zu bringen. Begrenzungen könnte die Anwendung des Erfolgsortsrechts sodann möglicherweise über Art. 17 Rom II-Verordnung erfahren, wonach bei der Beurteilung des Verhaltens des Schädigers faktisch und soweit angemessen die am Handlungsort geltenden Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen sind. Ob eine Berücksichtigung von Genehmigungen und Grenzwerten des Rechts des Handlungsortes unter dem Recht des Erfolgsortes möglich ist und welche Voraussetzungen für eine Berücksichtigungsfähigkeit erfüllt sein müssen, soll im Rahmen eines eigenständigen Abschnitts einer näheren Untersuchung unterzogen werden.

III. Berücksichtigung von ausländischen Emissionsgrenzwerten und öffentlich-rechtlichen Anlagengenehmigungen Bereits im Rahmen der Untersuchung der Grundelemente der materiellrechtlichen Klimahaftung wurde der Frage nachgegangen, in welchem Verhältnis zivilrechtliche Umwelthaftungsansprüche – gerichtet auf Unterlassung bzw. Schadens327 Vgl. zum Ganzen Kadner Graziano, in: Bonomi/Volken, YbPIL 9 (2007), S. 71, 73; ders., RabelsZ 73 (2009), 1, 46; Kieninger, in: Kahl/Weller, Climate change litigation, S. 119, 145.

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ersatz – zu den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des regulatorischen Klimaschutzes stehen.328 Diskutiert wurde die Maßgeblichkeit der öffentlich-rechtlichen Vorgaben für das zivilrechtliche Rechts- bzw. Pflichtwidrigkeitsurteil und ob insoweit von Akzessorietät und damit privatrechtsgestaltender Wirkung, indizieller Bedeutung oder vollständiger Unabhängigkeit ausgegangen werden muss. Die Erörterung ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Frage nicht einheitlich beantwortet werden kann, sondern im Wesentlichen von der jeweiligen nationalen Rechtsordnung und deren rechtspolitischer Ausgestaltung abhängig ist. Die materiellrechtliche Problematik hat daneben eine kollisionsrechtliche Dimension – besondere Bedeutung kommt im internationalen, grenzüberschreitenden Kontext der Berücksichtigung ausländischer öffentlich-rechtlicher Emissionsgrenzwerte und Anlagengenehmigungen zu, soweit diese sich an Handlungs- und Erfolgsort der Umweltschädigung unterscheiden bzw. nur an einem der Orte erteilt wurden. Dieser Thematik widmet sich der nachfolgende Abschnitt. 1. Emissionsgrenzwerte Weitgehend unproblematisch ist die Beachtung ausländischer Emissionsgrenzwerte, d. h. der durch den Staat vorgegebenen Ausstoßgrenzen bezüglich Treibhausgasemissionen, die von Privatrechtssubjekten und insbesondere Unternehmen zu beachten sind. Beispielhaft zu nennen sind hier die den Automobilbereich betreffenden Vorgaben aus der EU-Flottenverbrauchs-Regelung329 oder der Verordnung der obersten Umweltbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika zur Festsetzung von Grenzwerten auf Grundlage von § 202 (a) Clean Air Act. a) Relevante Konstellationen Etwaige Konflikte ergeben sich naturgemäß nur, wenn tatsächlich ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt und sich die Emissionsgrenzwerte der beteiligten Staaten unterscheiden, was im Bereich des vereinheitlichten Rechts, etwa im Wege von Verordnungen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nicht der Fall sein wird, wohl aber z. B. in der Konstellation EU- und Nicht-EU-Mitgliedstaaten. Denkbar ist zum einen, dass sich ein Emittent, auf dessen Haftung das Recht des Erfolgsorts gem. Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung Anwendung findet, die am Erfolgsort geltenden niedrigeren Emissionsgrenzwerte überschritten hat, sich aber darauf beruft, dass er die am Handlungsort geltenden höheren Grenzwerte beachtet hat. Darüber hinaus kann der Emittent auch die am Erfolgsort geltenden Grenzwerte gewahrt, dafür aber gegen die Vorgaben seines Handlungsorts verstoßen haben. Der 328

Siehe dazu § 2 C. II. 3. a). Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen, ABl. L 140, S. 1. 329

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Geschädigte könnte dann, auch wenn an sich das Recht des Erfolgsorts auf die Haftung Anwendung findet, die Zugrundelegung der Grenzwerte des Handlungsorts verlangen. Unabhängig von der Problematik der materiellrechtlichen Auswirkung dieser öffentlich-rechtlichen Regulationsvorgaben auf die privatrechtliche Umwelthaftung ist fraglich, inwieweit das für die Klimaklage zuständige Gericht diese ausländischen Grenzwerte beachten kann bzw. muss. b) Lösung über Art. 17 Rom II-Verordnung Die Antwort gibt Art. 17 Rom II-Verordnung: danach sind bei der Beurteilung des Verhaltens der in die Haftung genommenen Person die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses geltenden Sicherheits- und Verhaltensregeln faktisch und angemessen zu berücksichtigen. aa) Sicherheits- und Verhaltensregeln i. S. v. Art. 17 Rom II-Verordnung Hinter Art. 17 Rom II-Verordnung steht die Ratio, dass die an einem außervertraglichen Schuldverhältnis beteiligten Personen ihr Verhalten an die rechtlichen Vorgaben des Ortes anpassen müssen, an dem dieses stattfindet, und gleichermaßen darauf vertrauen können müssen, dass die Einhaltung dieser Standards nicht zu Rechtsnachteilen führt.330 Neben einem angemessenen Ausgleich von Parteiinteressen wird auch dem öffentlichen Interesse des Staates, in welchem das haftungsbegründende Ereignis stattfindet, gedient, weil dessen Sicherheits- und Verhaltensregeln trotz abweichender lex causae Anwendung finden.331 Aus diesen Gründen durchbricht die Norm den Grundsatz der einheitlichen Anknüpfung außervertraglicher Schuldverhältnisse.332 Die Regelung hat insbesondere die Haftung aufgrund einer Schädigung im Straßenverkehr vor Augen;333 jedoch ist der Begriff der Sicherheits- und Verhaltensregeln weit auszulegen und soll sich auf alle Vorschriften beziehen, die im Zusammenhang mit Sicherheit und Verhalten stehen,334 unabhängig von ihrer Herkunft aus dem Privatrecht oder Öffentlichen Recht.335 Die Vorschrift beschränkt sich damit nicht auf den Bereich der Straßenverkehrshaftung, sondern kann auf alle Ansprüche i. S. v. Art. 4 bis 13 Rom II-Verordnung Anwendung fin-

330

Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 1. BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 5. 332 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 2. 333 Junker, NJW 2007, 3675, 3681; siehe zu Art. 17 Rom II-VO im Kontext von Straßenverkehrsunfällen und der Einbeziehung ausländischer Straßenverkehrsregeln Pfeiffer, Festschr. f. Schurig, S. 229. 334 Erwägungsgrund 34 der Rom II-VO; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 17 Rdnr. 3. 335 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 20. 331

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den.336 Dies zeigt auch die systematische Stellung der Vorschrift im Abschnitt „Gemeinsame Vorschriften“.337 Als Sicherheits- und Verhaltensregel kann folglich jede verhaltensleitende Norm verstanden werden, die ein bestimmtes Verhalten vorschreibt, erlaubt oder verbietet.338 Darunter sind auch Grenzwerte zu fassen, die einzelnen Emittenten einen Ausstoß von Treibhausgasemissionen bis zu einer bestimmten Höhe erlauben, eine Überschreitung der Emissionen aber verbieten. bb) Faktische und angemessene Berücksichtigung Ist der Tatbestand des Art. 17 Rom II-Verordnung bei Emissionsgrenzwerten erfüllt, stellt sich die Frage, wie die Rechtsfolge der Norm zu verstehen ist. Danach sind die am Handlungsort geltenden Sicherheits- und Verhaltensregeln bei der Beurteilung des Verhaltens „faktisch und soweit angemessen […] zu berücksichtigen“. Diese einschränkende Formulierung soll zunächst zum Ausdruck bringen, dass sich an der grundsätzlichen Anwendung des berufenen Haftungsrechts, welches über Voraussetzungen und Rechtsfolgen bestimmt, nichts ändert und dieses nicht verdrängt wird. Es ist ferner keine gesonderte Anknüpfung von statutsfremden Sicherheits- und Verhaltensregeln vorzunehmen, sondern es hat allein eine Berücksichtigung in materiell-rechtlicher Hinsicht zu erfolgen.339 Die Eingrenzung durch den Begriff „faktisch“ ist dahingehend einzuordnen, dass die Sicherheits- und Verhaltensregeln als local data nur die Maßstäbe der Bewertung des tatsächlichen Verhaltens verschieben können, nicht aber das Recht des Handlungsorts als Haftungsstatut zur Anwendung bringen.340 Schließlich ermöglicht die Formulierung „soweit angemessen“ dem Gericht eine Einbeziehung von Wertungsgesichtspunkten und die Möglichkeit, die Sicherheits- und Verhaltensregeln des Handlungsorts außen vor zu lassen, wenn die Folgen ihrer Berücksichtigung nicht hinnehmbar sind. So soll Art. 17 Rom II-Verordnung auch einen Interessenausgleich zwischen den Parteien herstellen,341 und darf nicht als reine Günstigkeitsbestimmung zugunsten einer der Beteiligten genutzt werden.342 Ob die Sicherheits- und Verhaltensregeln des Handlungsorts zu berücksichtigen sind, muss folglich von der Ratio der Norm her betrachtet werden: verstößt der Schädiger gegen die am Handlungsort geltenden Standards, etwa Emissionsgrenzwerte, muss er mit einer Inanspruchnahme rechnen und kann sich nicht auf etwaige mildere Grenzwerte am Erfolgsort verlassen, sodass Art. 17 Rom II-Verordnung hier 336 MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnrn. 4, 6; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 9; Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 2. 337 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnrn. 7 f. 338 Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 4. 339 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 60. 340 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 17 Rdnr. 5; Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 10. 341 Erwägungsgrund 34 S. 1 der Rom II-VO. 342 Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 11.

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zu Lasten des Schädigers Anwendung finden dürfte. Hat der Schädiger dagegen die Verhaltensregeln seines Handlungsortes beachtet, muss er auch darauf vertrauen können, nicht wegen Verstoßes gegen ggf. strengere Vorschriften belangt zu werden – in diesem Fall wirkt Art. 17 Rom II-Verordnung zugunsten des Schädigers.343 Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn der Schädiger den Eintritt eines Schadens am Erfolgsort vorhersehen konnte: in diesem Fall kann er sich gerade nicht auf Vertrauensschutz berufen und muss bei erweitertem Wirkungskreis seines Verhaltens auch die Standards anderer Rechtsordnungen beachten. Über die Formulierung „soweit angemessen“ lässt sich hier also auch eine Einbeziehung von Vorhersehbarkeitserwägungen vornehmen.344 Letztlich handelt es sich um eine Entscheidung des Einzelfalls. In Klimahaftungsfällen bereitet die Beurteilung der Vorhersehbarkeit der Reichweite des Wirkungskreises und Folgen emissionsbedingter Schädigungen Schwierigkeiten, wie bereits auf Ebene der materiellrechtlichen Bewertung gezeigt werden konnte.345 c) Zwischenergebnis Die Einbeziehung von gegenüber der lex causae divergierenden Emissionsgrenzwerten des Rechts des Handlungsorts hat nach Maßgabe des Art. 17 Rom IIVerordnung zu erfolgen. Danach ist die faktische Berücksichtigung der Sicherheitsund Verhaltensregeln unter Beachtung von Wertungs- und Angemessenheitserwägungen vorzunehmen. Dies wird regelmäßig die Berücksichtigung strengerer Standards der Rechtsordnung des Handlungsorts zur Folge haben; beruft der Schädiger sich dagegen auf großzügigere Grenzwerte nach dem Recht des Handlungsorts, kommt es für die Berücksichtigungsfähigkeit auf die Vorhersehbarkeit seines Wirkens auf den Erfolgsort an. Das jeweilige Haftungsstatut muss sodann die materiellrechtliche Frage klären, ob die Überschreitung der in concreto anzuwendenden Grenzwerte per se einen Pflichtenverstoß begründet oder aus der Einhaltung der berufenen Grenzwerte zugleich auf die Rechtmäßigkeit des Verhaltens geschlossen werden kann.346 Art. 17 Rom II-Verordnung kann insoweit nur den Beurteilungsmaßstab hinsichtlich der Höhe der Grenzwerte und die Frage, ob diese gewahrt oder überschritten wurden, beeinflussen. 2. Öffentlich-rechtliche Anlagengenehmigungen Neben ausländischen Emissionsgrenzwerten, deren Berücksichtigung über Art. 17 Rom II-Verordnung ermöglicht wird, spielen bei der Internationalen Kli343

Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 12. Wagner, IPRax 2008, 1, 5; BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 76; BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 17 Rdnr. 6; Rauscher/Picht, Sicherheits- und Verhaltensregeln Rdnr. 12, Fn. 49. 345 Siehe dazu § 2 C. II. 3. b) cc). 346 Siehe dazu ausführlich § 2 C. II. 3. a). 344

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mahaftung auch öffentlich-rechtliche Anlagengenehmigungen eine Rolle. Wie eine ausländische Anlagengenehmigung durch die Gerichte Beachtung finden kann, ist eine der zentralen Streitfragen des Internationalen Umwelthaftungshaftungsrechts347 und soll im Folgenden eingehender erörtert und auf die Klimahaftung bezogen werden. a) Problemstellung aa) Anlagengenehmigungen als Ergebnis exekutiver Interessenabwägungen Die Umwelt kann als Allgemeinrechtsgut im Grundsatz von jedermann unentgeltlich in Anspruch genommen werden, bedarf aber gerade deswegen besonderen Schutzes. Ein Anlagenbetreiber, der Umweltressourcen zu wirtschaftlichen Zwecken exploitieren will und diese sowie ggf. auch Individualrechtsgüter Dritter über das gewöhnliche Maß hinaus belastet, ist deshalb in der Regel auf eine staatliche Genehmigung für seine umweltbelastende Tätigkeit angewiesen. Im Bereich der Klimahaftung spielen insbesondere Genehmigungen für emittierende Anlagen im Bereich der Energieversorgung oder Industrie eine entscheidende Rolle. Gemeinsam ist diesen in nahezu allen (rechtsstaatlichen) Rechtsordnungen, dass sie von der staatlichen Exekutive erteilt werden, die zuvor ein verwaltungsrechtliches Verfahren durchführt.348 In dessen Rahmen muss die Behörde die betroffenen Interessen und Rechte miteinander abwägen und zu einem angemessenen Ausgleich führen. Dem Schutz der Umwelt steht die Ausübung der wirtschaftlichen bzw. unternehmerischen Tätigkeit des Anlagenbetreibers gegenüber. Auch betroffene Individualrechtsgüter und Interessen Dritter sind zu beachten und jenen ist entsprechend ihrer Bedeutung im jeweiligen Einzelfall ausreichend Rechnung zu tragen. bb) Wirkung von Anlagengenehmigungen vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes Wird schließlich eine Genehmigung an den Anlagenbetreiber erteilt, muss dieser darauf vertrauen können, dass diese Bestand hat und nicht durch privatrechtliche Ansprüche – gerichtet auf Einstellung des Betriebs, Unterlassung von Emissionen, Vornahme von Schutzmaßnahmen oder Schadensersatz – faktisch ausgehebelt wird. In einigen Rechtsordnungen kommt der Anlagengenehmigung deshalb privatrechtsgestaltende Wirkung zu und führt zu einer Beschränkung oder sogar zum vollständigen Ausschluss möglicher zivilrechtlicher Ansprüche individuell Betroffener, soweit deren Interessen im vorhergehenden verwaltungsrechtlichen Verfahren

347 Siehe für eine umfassende Auseinandersetzung mit der Problematik und dem Streitstand Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 96 ff. 348 Zum Ganzen Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 111.

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bereits adäquate Berücksichtigung gefunden haben.349 Die privatrechtsgestaltende Wirkung erstreckt sich jedoch nur auf den Umfang der konkreten Genehmigung, sodass das Überschreiten etwaiger mit der Genehmigung verbundener Vorgaben ohne Weiteres mit privatrechtlichen Mitteln angegriffen werden kann.350 Ferner müssen nicht sämtliche privatrechtliche Ansprüche eingeschränkt oder ausgeschlossen werden: nach § 14 BImSchG sind zwar Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Delikts- und Nachbarrechts präkludiert, nicht aber Ansprüche auf Schadensersatz oder auf Vornahme von Schutzmaßnahmen. Anders dagegen die deutsche wasserrechtliche Bewilligung, deren privatrechtsgestaltende Wirkung nach §§ 8, 10 Abs. 1 i. V. m. § 16 Abs. 2 WHG nahezu sämtliche zivilrechtliche Ansprüche ausschließt.351 cc) Grenzen der Verweisung nach der Rom II-Verordnung Unter der Rom II-Verordnung stellt sich jedoch folgendes Problem: eine Anlagengenehmigung wird auf Grundlage verwaltungsrechtlicher Vorschriften erteilt, und ist als staatliche Entscheidung dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Das nach Art. 7 Rom II-Verordnung ermittelte Umwelthaftungsstatut verweist in seinem Geltungsbereich nur auf das zivilrechtliche Haftungsrecht, wie sich aus der Beschränkung des Anwendungsbereichs in Art. 1 Abs. 1 Rom II-Verordnung sowie aus Art. 15 Rom II-Verordnung ergibt. Für den Umweltschädiger bestünde dann aber möglicherweise die Konfliktlage, dass seine emittierende Tätigkeit aufgrund einer Genehmigung am Belegenheitsort der Anlage gestattet wurde und nationale zivilrechtliche Ansprüche gegen diese ausgeschlossen sind; er sich vor einem ausländischen Gericht aber dennoch nicht darauf berufen kann, weil die verwaltungsrechtlichen Vorschriften seines Handlungsorts nicht von der Verweisung des Haftungsstatuts umfasst sind. Internationale Anlagengenehmigungen, die im Rahmen eines staatenübergreifenden harmonisierten Verfahrens erteilt werden und damit auch ohne Weiteres in anderen Staaten Geltung beanspruchen, existieren bislang nicht.352 Für das zuständige Gericht stellt sich so stets die Frage, ob und inwieweit eine ausländische nationale Genehmigung Berücksichtigung finden und grenzüberschreitende Wirkung entfalten kann. Die Rom II-Verordnung enthält zur Lösung dieser Frage keine eigene, ausdifferenzierte Lösung,353 auch wenn die Problematik vom Verordnungsgeber erkannt wurde.354 Insoweit müssen eigenständige Lösungsansätze in Literatur und Recht349 Zum Ganzen Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 96 f.; siehe auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 48. 350 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 98. 351 Siehe dazu auch Pfeiffer, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 263, 267 – 269. 352 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 113. 353 So jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 63; Junker, NJW 2007, 3675, 3680; Arif, ZfRV 2011, 258, 264. 354 Vgl. KOM(2003) 427 endg., S. 22.

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sprechung entwickelt werden, welche im Folgenden im Einzelnen vorgestellt und näher erläutert werden. Für das Verständnis relevant ist eine Differenzierung nach den unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen, in denen sich die Problematik der Berücksichtigungsfähigkeit ausländischer Anlagengenehmigungen mit mehr oder weniger großer Bedeutung stellen kann. Zu unterscheiden sind dabei stets der Forumsstaat, d. h. der Staat, vor dessen Gerichten Klage erhoben wird, der Handlungs- sowie der Erfolgsort. Im Folgenden wird vom Regelfall bei Umweltschädigungen durch emittierende Anlagen ausgegangen, dass also namentlich der Handlungsort auch der Ort der Belegenheit der Anlage ist.355 Für die Klimahaftung durch Großemittenten kann aber – wie an anderer Stelle bewiesen –356 auch eine andere Ansicht vertreten und für den Handlungsort auf den Sitz der Unternehmenszentrale, in der über die Emissionspolitik bestimmt wird, abgestellt werden. Auch auf diesen Aspekt soll innerhalb der folgenden Ausführungen eingegangen werden. Zur Erleichterung des Verständnisses ist der Forumsstaat der maßgebliche Bezugspunkt und damit „Inland“, sodass die davon abweichenden Staaten des Handlungs- oder Erfolgsorts in der Relation dazu als „Ausland“ bezeichnet werden. b) Relevante Sachverhaltskonstellationen und Lösungsansätze aa) Inländischer Handlungsort und Anwendung des ausländischen Erfolgsortsrechts Liegt der Handlungsort am Ort der Belegenheit der emittierenden Anlage und wird die Klage auch vor den Gerichten dieses Staates erhoben (Handlungs- und Forumsstaat im Inland), findet bei abweichendem Erfolgsort im Ausland dann, wenn der Geschädigte nicht von seinem Optionsrecht Gebrauch macht, gem. Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung das ausländische Recht des Erfolgsorts Anwendung. Diese Konstellation ist als eher unproblematisch zu betrachten: hier besteht weitgehender Konsens darüber, dass eine inländische Genehmigung auch gegenüber dem inländischen Gericht am Forumsstaat Berücksichtigung erfahren muss, selbst dann, wenn in der Sache ausländisches Erfolgsortsrecht zur Anwendung kommt. Denn nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung darf das angerufene Zivilgericht kein Urteil erlassen, das der Entscheidung eines anderen staatlichen Organs, über das es keine Kontrollbefugnis hat, zuwiderläuft.357 Argumentiert wird auch mit Art. 16 Rom II-Verordnung, wonach die Genehmigung als Eingriffsnorm des Forumsstaates betrachtet werden kann und somit auch zwingend ohne Rücksicht auf das für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht, so zumindest bezüglich

355

Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 256. Siehe dazu § 3 B. III. 3. b) sowie § 4 B. II. 2. a) bb) (2). 357 Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 26; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom IIVO Rdnr. 65; Hager, RabelsZ 53 (1989), 293, 300; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 257 f.; Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 190 f. 356

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eines bestimmten Ausschnitts des Rechtsverhältnisses,358 angewendet werden muss.359 bb) Ausländischer Handlungsort und Anwendung des ausländischen Handlungsortsrechts Auch für den Fall, dass der Handlungsort im Ausland liegt und der Geschädigte zugunsten des Rechts des Handlungsorts optiert, jedoch vor dem Gericht eines anderen Staates Klage erhoben wird, ist anerkannt, dass die ausländische Genehmigung des Staates der Belegenheit der Anlage bei Anwendbarkeit des Rechts dieses Staates auch vor dem Gericht eines anderen Staates Beachtung finden muss. Hierfür gibt es verschiedene Begründungsansätze. Nach einer Ansicht sei die privatrechtsgestaltende Wirkung einer Anlagengenehmigung selbst dem Privatrecht zuzurechnen und somit auch vom Umfang der Verweisung des Art. 7 Rom II-Verordnung umfasst.360 Dagegen spricht aber die bereits zuvor erfolgte öffentlichrechtliche Einordnung der Anlagengenehmigung, die insgesamt aufgrund der engen Verknüpfung von Genehmigung und Wirkung einheitlich erfolgen sollte.361 Andere greifen zur Lösung auf Art. 16 Rom II-Verordnung zurück und behandeln die präkludierenden Rechtsfolgen der Genehmigung als ausländische Eingriffsnormen, die den Sachverhalt zwingend regeln und damit zu beachten sind.362 Dagegen wird wiederum angeführt, dass hinsichtlich der Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen auf tatbestandlicher Ebene zu wenig Erfahrungswerte bestünden, sodass von dieser Lösung im Sinne der Rechtssicherheit abzuraten ist.363 Am überzeugendsten erscheint es deshalb, der Ansicht zuzustimmen, die den Anwendungsbereich des öffentlichen Rechts selbständig und territorial gebunden definieren möchte, sodass eine ausländische Genehmigung bei Anwendbarkeit des Handlungsortsrechts auch bei abweichendem Forumsstaat Durchsetzung erfahren muss.364 Dafür spricht auch, dass die Entscheidung im Erlassstaat der Genehmigung andernfalls kaum anerkennungsfähig sein wird.365 In beiden bereits skizzierten Sachverhaltskonstellationen ist die Berücksichtigung von Anlagengenehmigungen im Ergebnis weitgehend unproblematisch möglich. 358

Vgl. Arif, ZfRV 2011, 258, 261. Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 26; Arif, ZfRV 2011, 258, 264 f.; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 258; Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 190 f. 360 So im Ergebnis Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 49. 361 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 67. 362 Pfeiffer, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 263, 280 ff. 363 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 67. 364 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 67; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 257 f.; Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 190 f. 365 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 49; Mankowski, IPRax 2010, 389. 359

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cc) Handlung im Ausland und Anwendung des inländischen Erfolgsortsrechts Im Mittelpunkt der Diskussion rund um die Berücksichtigungsfähigkeit ausländischer Anlagengenehmigungen steht die nachfolgend zu erläuternde Konstellation: danach ist der Forumsstaat identisch mit dem Staat des Erfolgsorts (inländischer Forums- und Erfolgsort), dessen Recht auch auf die Umweltschädigung gem. Art. 7 Hs. 1 Rom II-Verordnung Anwendung findet; abweichend davon bestimmt sich jedoch der Staat des Handlungsorts, der auch die Anlagengenehmigung erlassen hat (ausländischer Handlungsort). Es stellt sich die Frage, ob das zuständige Gericht, das auch das Recht des Forumsstaates als Erfolgsortsrecht anwendet, die ausländische Genehmigung des Handlungsortes in seiner Entscheidung berücksichtigen muss. In diesem Zusammenhang wird häufig von der Anerkennung einer ausländischen Genehmigung gesprochen. Die Anerkennung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung darf nicht mit der Anerkennung eines ausländischen Urteils gleichgesetzt werden, bei welcher die rechtlichen Wirkungen des maßgeblichen Urteils auf den anerkennenden Staat erstreckt werden. Bei der Anerkennung von Genehmigungen geht es allein um die Bejahung der Entfaltung von Rechtswirkungen im Rahmen einer bestimmten Haftungsnorm.366 Zu dieser Frage bestehen unterschiedliche Lösungsansätze, die im Folgenden kritisch beleuchtet werden sollen. (1) Unbeachtlichkeit ausländischer Genehmigungen aufgrund des Territorialitätsprinzips? Die ältere deutsche Rechtsprechung vertrat hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit ausländischer Genehmigungen im früheren deutschen autonomen Kollisionsrecht die Auffassung, dass diese unter dem Recht des Erfolgsorts keine Rechtswirkungen zeitigen könnten. Die Gerichte bezogen sich dazu auf das Territorialitätsprinzip, wonach Hoheitsakte auch nur im Hoheitsgebiet ihres Erlassstaates Beachtung finden müssen,367 es sei denn, die Berücksichtigung sei durch einen Staatsvertrag des Völkerrechts ausdrücklich vorgeschrieben.368 Diese Ansicht, welche unter der Rom II-Verordnung nicht mehr vertreten wird und damit zu Recht als „überwunden“369 bezeichnet werden kann, überzeugt schon deshalb nicht, weil das Territorialitätsprinzip unrichtig ausgelegt wird: zwar kann keine Pflicht zur Anerkennung ausländischer Hoheitsakte bestehen, dennoch ist es den Gerichten nicht von vornherein untersagt, ausländische öffentlich-rechtliche 366

Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 190. BGH, Urt. v. 10. März 1978, Az. V ZR 73/76, DVBl. 1979, 226, 227; OLG Saarbrücken, Urt. v. 22. Oktober 1957, Az. 2 U 45/57, NJW 1958, 752, 754. 368 So etwa Art. 4 Abs. 3 S. 2 des Deutsch-Österreichischen Vertrags über den Flughafen Salzburg, betreffend die österreichische Betriebserlaubnis, siehe dazu Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 260. 369 Mankowski, IPRax 2010, 389, 390. 367

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Genehmigungen in ihren Rechtswirkungen anzuerkennen, wenn dies sachgerecht erscheint.370 Auch der Vertrauensschutz des Emittenten, der sich auf den Bestand einer ihm erteilten Genehmigung verlässt, muss Berücksichtigung finden.371 Die vollständige Nichtbeachtung stünde der Anerkennung der Entscheidung im Erlassstaat aufgrund des anerkennungsrechtlichen ordre public gem. Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO von vornherein entgegen.372 (2) Unionsrechtliche Anerkennungspflicht nach der EuGH-Entscheidung Temelín II? Eine uneingeschränkte Anerkennung ausländischer Genehmigungen ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen ist grundsätzlich abzulehnen. So würde dadurch bereits das von Art. 7 Rom II-Verordnung bezweckte hohe Umweltschutzniveau konterkariert und der Geschädigte, dessen Rechte und Interessen im Genehmigungsverfahren selbst möglicherweise gar nicht beachtet wurden, zu sehr beeinträchtigt werden.373 Im Verhältnis zwischen EU-Staaten wurde jedoch ein aus dem Primärrecht folgendes allgemeines Anerkennungsgebot für Genehmigungen aus anderen Mitgliedstaaten diskutiert. Hintergrund war die Temelín II-Entscheidung374 des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 2009 zum Europäischen Atomrecht, das gem. Art. 1 Abs. 2 lit. f Rom II-Verordnung vom Anwendungsbereich der Rom IIVerordnung ausgenommen ist. Danach stelle die Nichtbeachtung einer durch die Tschechische Republik erteilten Anlagengenehmigung für ein Atomkraftwerk in Tschechien durch ein Gericht des Landes Österreich eine als Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot gem. Art. 18 AEUV zu bewertende Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar. Weil das Urteil im speziellen Kontext des Atomrechts erging und Besonderheiten dieses Rechtsgebiets eine Rolle spielten, kann aus der Entscheidung jedoch kein allgemeines Anerkennungsgebot von Anlagengenehmigungen in der Europäischen Union gefolgert werden.375 So gab das Gericht auch keine ausreichenden und fassbaren Konturen für eine Anerkennung 370 OLG Linz, Urt. v. 15. Juni 1987, Az. 4 R 93, 84/87, JBl. 1987, 577, 579; Siehr, RabelsZ 45 (1981), 377, 387; Hager, RabelsZ 53 (1989), 293, 302; Pfeiffer, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 263, 270; Spickhoff, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 385, 389; BeckOKBGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007 Art. 7 Rdnr. 6; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 69; Arif, ZfRV 2011, 258, 265. 371 Hüßtege/Mansel//Lehmann, Art. 17 Rom II-VO Rdnr. 78. 372 Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 29; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 49; Matthes, GPR 2011, 146, 150. 373 Hüßtege/Mansel/Lehmann, Art. 17 Rom II-VO Rdnr. 78; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 99. 374 EuGH, Urt. v. 27. Oktober 2009, Rs. C-115/08 – Land Oberösterreich ./. CEZ, Slg. 2009 I-10265. 375 jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 70; MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 35; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 261; Mankowski, IPRax 2010, 389, 392.

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

vor, sondern stellte allein für den spezifischen Fall einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot fest.376 Daher muss eine andere Lösung gefunden werden, die nicht in Diskriminierungstatbeständen zu suchen ist, sondern – zumindest im Verhältnis der EU-Staaten untereinander, für welche die Grundsätze des wechselseitigen Vertrauens und der Gegenseitigkeit gelten – auf einem Prinzip der Anerkennungsfreundlichkeit fußt.377 Damit ist aber noch nichts über den Mechanismus der Anerkennung gesagt. Sowohl die vollständige Ablehnung der Berücksichtigung von ausländischen Genehmigungen aufgrund des Territorialitätsprinzips als auch die uneingeschränkte Anerkennung dieser ohne weitere Voraussetzungen sind Extrempositionen an zwei verschiedenen Polen. Weder der Vertrauensschutz des Emittenten noch die Rechte des Geschädigten dürfen jeweils vollständig ausgeblendet werden. Ziel muss daher eine vermittelnde Lösung sein, welche die beteiligten Interessen zu einem angemessenen Ausgleich bringt, ohne von vornherein zur Bejahung oder Ablehnung zu führen.378 (3) Art. 17 Rom II-Verordnung In der Literatur wird überwiegend eine Berücksichtigung ausländischer öffentlich-rechtlicher Genehmigungen über Art. 17 Rom II-Verordnung vertreten,379 und auch die Kommissionsbegründung lässt sich in diese Richtung verstehen.380 Die jeweilige Genehmigung kann auf diesem Weg auf tatsächlicher Ebene als Sicherheits- und Verhaltensregel des Handlungsorts – soweit angemessen – berücksichtigt werden, ohne dass dies etwas an der grundsätzlichen Anwendbarkeit des ausländischen Erfolgsortsrechts ändert. (a) Wortlautauslegung Hier wird zunächst eingewandt, dass schon der Wortlaut des Art. 17 Rom IIVerordnung von „Regeln“ und nicht von hoheitlichen Akten spreche. Auch vom 376

Mankowski, IPRax 2010, 389, 393. Mankowski, IPRax 2010, 389, 393; ähnlich Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 189. 378 Vgl. Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 99 f. 379 BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 66; Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 24; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnrn. 71 – 74; MüKo-BGB/ Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 36; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 9; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnr. 43; Schulze/Dörner, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 1; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 261; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 50; Arif, ZfRV 2011, 258, 264; Freigang, Grenzüberschreitende Grundstücksimmissionen, S. 268 f.; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 97 – 100; Rüppell, Anlagengenehmigungen S. 168 f., 180; a. A. Mankowski, IPRax 2010, 389, 390 f.; Matthes, GPR 2011, 146, 150 f.; jedenfalls gegen eine unmittelbare Anwendung Erman/Stürner, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 17; Remien, Festschr. f. Schmidt-Preuß, S. 985, 999, sieht in dem Ansatz, „Art. 17 als Auffangbecken für ungelöste Probleme einzusetzen, […] eher einen Ausdruck kollisionsrechtlicher Verzweiflung“. 380 KOM(2003) 427 endg., S. 22. 377

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Anwendungsbereich aus betrachtet ist Art. 17 Rom II-Verordnung auf lokale Verkehrsregeln, wie etwa das englische Linksfahrverbot im Straßenverkehr, zugeschnitten. Die Norm erfasse unter behördlichen Akten nur Untersagungen bzw. Beschränkungen im Sinne der Vorgabe eines bestimmten Verhaltens. Genehmigungen eröffnen aber erst bestimmte Verhaltensmöglichkeiten, von denen fakultativ durch den Adressaten Gebrauch gemacht werden kann.381 Dem wird entgegengehalten, dass es sich bei Genehmigungen um Konkretisierungen von Sicherheits- und Verhaltensregeln für den Einzelfall, damit aber gerade immer noch um „Regeln“ i. S. v. Art. 17 Rom II-Verordnung handele.382 (b) Historische Auslegung Daneben stützt man sich auf eine historische Auslegung, wonach Wortlaut sowie Anwendungsbereich des Art. 17 Rom II-Verordnung tendenziell eher weit zu verstehen sein sollen. Denn Art. 17 Rom II-Verordnung basiert auf Art. 9 des Haager Übereinkommens über das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973,383 der, wie sich aus den travaux préparatoires ergibt, ebenfalls großzügig auszulegen ist und auch Genehmigungen erfassen soll.384 Auch der Wille des Verordnungsgebers der Rom II-Verordnung ist ausweislich der Kommissionsbegründung auf die Einbeziehung von Genehmigungen in Art. 17 Rom II-Verordnung gerichtet.385 Zu Recht weist Mankowski aber darauf hin, dass der historischen Auslegung keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, da diese Methode vom Europäischen Gerichtshof kaum herangezogen werde und teleologischer und systematischer Auslegung ein weitaus größeres Gewicht zukomme. Wäre die Auffassung zu dieser Frage also besonders verbindlich und dürfte nicht von dieser abgerückt werden, hätte der Verordnungsgeber diese Position in einer Norm bzw. in einem Erwägungsgrund des Verordnungstextes zum Ausdruck gebracht.386 (c) Systematische Auslegung Mankowski äußert darüber hinaus systematische Bedenken: so sei Art. 17 Rom II-Verordnung eine Kollisionsnorm, die ihrer Funktion nach auf bestimmte Rechtsnormen, nicht aber auf Verwaltungsakte verweise. Ziel ist die Ermittlung des anwendbaren Rechts, d. h. die „Rechtsnormanerkennung“ im Sinne einer Rechtsanwendung, nicht aber die Anerkennung von Einzelfallentscheidungen, welche über eine Übertragung der Rechtswirkungen auf tatsächlicher Ebene erfolge. Die Differenzierung zwischen Rechtsanwendung und Anerkennung von Entscheidungen 381

Zum Ganzen Mankowski, IPRax 2010, 389. Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 725; Arif, ZfRV 2011, 258, 264; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 174. 383 KOM(2003) 427 endg., S. 22. 384 Reese, Explanatory Report, S. 269. 385 KOM(2003) 427 endg., S. 22. 386 Mankowski, IPRax 2010, 389, 391; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 343. 382

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

werde über die Berücksichtigung von Genehmigungen im Rahmen des Art. 17 Rom II-Verordnung aber praktisch aufgehoben.387 (d) Modifizierte Anwendung des Art. 17 Rom II-Verordnung unter Einbeziehung wertender Kriterien Zur Lösung der Problematik der Berücksichtigungsfähigkeit ausländischer Anlagengenehmigungen fordert Mankowski stattdessen die Schaffung eines eigenständigen Absatzes innerhalb des Art. 7 Rom II-Verordnung, der die Voraussetzungen einer Anerkennung eigenständig formuliert.388 Solange der Verordnungsgeber in diesem Bereich aber nicht tätig wird, muss eine Lösung de lege lata gefunden werden, um Rechtsunsicherheit in der Praxis zu vermeiden. Mit Art. 17 Rom II-Verordnung steht eine Regelung zur Verfügung, die trotz systematischer Bedenken einen adäquaten Modus für die Anerkennung von Genehmigungen bietet. So spricht für eine Anwendung des Art. 17 Rom II-Verordnung, dass er eine flexible und eingeschränkte Anerkennung ausländischer Genehmigungen erlaubt, weil dem Gericht über die Formulierung „soweit angemessen“ ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, ob und inwieweit es Genehmigungen auf Tatbestandsebene berücksichtigt.389 Zur Ausfüllung dieses Beurteilungsspielraums haben sich in der Literatur einige Kriterien herausgebildet – sind diese erfüllt, wird eine ausländische Genehmigung in ihren Wirkungen berücksichtigt. Auf diese Weise kann gerade auch dem Hauptziel von Art. 7 Rom II-Verordnung, nämlich ein übergreifend hohes Umweltschutzniveau zu gewährleisten, ausreichend Rechnung getragen werden.390 Übereinstimmend kommt es auf die Rechtsstaatlichkeit des ausländischen Genehmigungsverfahrens, die völker- und unionsrechtliche Zulässigkeit der genehmigten Umwelteinwirkungen sowie die Vereinbarkeit mit dem ordre public des Forumsstaats an.391 Im Hinblick auf die wesentlichen Voraussetzungen der Erteilung der Genehmigung im ausländischen Staat wird überwiegend auch eine gewisse Äquivalenz zu den Genehmigungsvoraussetzungen im Forumsstaat gefordert.392 Schließlich müsste der Geschädigte im Genehmigungsverfahren rechtlich beteiligt worden sein,393 da nur dann das Vertrauen des Schädigers gerechtfertigt sei, von der

387

Mankowski, IPRax 2010, 389, 390 f. Mankowski, IPRax 2010, 389, 395; v. Bar/Mankowski, IPR, § 2 Rdnr. 344 f. 389 Arif, ZfRV 2011, 258, 265; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 72. 390 BeckOGK/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 66; Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 33; Rauscher/Pabst, Umweltschädigung Rdnrn. 47 f. 391 Calliess/v. Hein, Art. 7 Rom II-VO Rdnr. 72; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 7 Rom IIVO Rdnr. 72; Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 261; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 49; Mankowski, IPRax 2010, 389, 395; Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 193. 392 BeckOK-BGB/Spickhoff, VO (EG) 864/2007, Art. 7 Rdnr. 6; Calliess/v. Hein, Article 7 Rome II Rdnr. 72; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 49; Martiny, Festschr. f. Peine, S. 181, 193; Spickhoff, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 385, 389. 393 Spickhoff, in: Marburger, JbUmTR 2000, S. 385, 389 f. 388

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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Genehmigung auch im Hinblick auf Auswirkungen in anderen Staaten Gebrauch machen zu können.394 Problematisch im Zusammenhang mit Klimawandelklagen ist insbesondere das letzte Kriterium. Das Erfordernis der Partizipation durch die Geschädigten passt zwar für den traditionellen Fall der Umweltschädigung, in dem es um grenzüberschreitende Umweltschäden in Nachbarstaaten geht,395 nicht aber das global immer bedeutsamere Problem der Umweltschäden im Zusammenhang mit dem Klimawandel.396 Klimawandelbedingte Umweltschädigungen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass Handlungs- und Erfolgsort weit auseinanderfallen können und der Schädiger, namentlich der Großemittent, für Schäden überall auf der Welt herangezogen werden könnte. Forderte man aber hinsichtlich all dieser Schäden eine vorherige Partizipationsmöglichkeit der Geschädigten am Genehmigungsverfahren im Erlassstaat, wäre eine Genehmigung durch den Emittenten praktisch kaum einzuholen und das Verwaltungsverfahren nicht umsetzbar. Des Weiteren kann von dem Schädiger nur verlangt werden, die Voraussetzungen des Genehmigungsverfahrens am Handlungsort zu erfüllen und dabei die Konsequenzen in anderen Staaten miteinzubeziehen, die auch tatsächlich vorhersehbar sind. Tut er dies, ist er schutzwürdig in seinem Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung.397 Vorzugswürdig ist also eine Beschränkung des Kriteriums der Partizipationsmöglichkeit auf Staaten, in denen der Eintritt von Schäden vorhersehbar ist. Diese Lösung würde auch der mit Art. 7 Rom II-Verordnung intendierten Schaffung eines hohen Umweltschutzniveaus entsprechen: so soll sich der Emittent nur dann auf die Genehmigung des Handlungsorts berufen können, wenn ihm die Auswirkungen seiner Tätigkeit auf andere Staaten, in denen möglicherweise ein höherer Schutzstandard gilt und in denen er Schäden verursacht, mangels Voraussehbarkeit dieser nicht bewusst sein konnten. Andernfalls ist ihm die Verteidigung über die Genehmigung zu versagen.398 Im Falle von Klimawandelklagen muss die Vorhersehbarkeit der Auswirkungen des Handelns des Emittenten bei der Genehmigungserteilung wie stets eine Frage des Einzelfalls bleiben und hängt insbesondere vom Zeitpunkt der Genehmigungserteilung und dem dort vorhandenen Wissensstand in Bezug auf den Klimawandel und seine Folgen ab.399 Ermittelt werden muss auch, ob die Behörde bei der Genehmigungserteilung die Konsequenzen des Klimawandels erfassen und eine Abwägung sämtlicher betroffener Interessen vornehmen konnte.400 394

BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 65; Palandt/Thorn, Rom II 7 Rdnr. 9; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 160 – 242. 395 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 240 f. 396 So auch Weller/Tran, ZEuP 2021, 573, 596. 397 Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 100; so im Ergebnis auch BeckOGK-ZivilR/ Huber, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 66. 398 Junker, Festschr. f. Salje, S. 243, 254. 399 Siehe dazu § 2 C. II. 3. b) cc). 400 Anders Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 100 f., die generell davon ausgehen, dass die Voraussehbarkeit für den Emittenten beim Klimawandel nicht gegeben sein wird, weil

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

In Bezug auf Klimaklagen wird das Problem noch einmal komplexer, wenn man als Handlungsort nicht – wie in den meisten Fällen aber ganz selbstverständlich zugrunde gelegt – den Belegenheitsort der emittierenden Anlage, sondern die Unternehmenszentrale des Großemittenten annimmt.401 Fraglich ist, wie Genehmigungen hier Berücksichtigung finden können. Wird ein Großemittent für seine Emissionspolitik in die Haftung genommen, kommt es an sich auf die Summe der emittierenden Tätigkeiten sämtlicher Anlagen an. Allerdings wird keine „Gesamtgenehmigung“ erteilt, sondern nur Genehmigungen für die einzelnen emittierenden Anlagen im jeweiligen Belegenheitsstaat. Für eine Genehmigungswirkung müssen dann alle individuell erteilten Genehmigungen vor dem Gericht berücksichtigungsfähig sein, um so eine „Gesamtgenehmigungswirkung“ zu entfalten. Hier gelangt das traditionelle Internationale Umwelthaftungsrecht, zugeschnitten auf Umweltschädigungen in Nachbarstaaten, an seine Grenzen. Können nur bestimmte Genehmigungen für einzelne Anlagen berücksichtigt werden, könnte man zwar einen Teil der Emissionen als genehmigt ansehen, stünde dann aber wiederum vor einer Kausalitätsproblematik, weil fraglich wäre, welche Schäden, für die eine Haftung geltend gemacht wird, durch welche Emissionen verursacht wurden. Für den Großemittenten könnte es insoweit besser sein, wenn der Geschädigte die Haftung nur auf die Tätigkeit einer einzelnen Anlage stützt, weil dann der Handlungsort mit dem Belegenheitsort der Anlage identisch wäre und unter Umständen die Berücksichtigung einer Genehmigung präkludierende Wirkung entfalten könnte. Stellt man dagegen auf die Unternehmenszentrale des Großemittenten als Handlungsort ab, zeigt sich wieder einmal, dass die größten Probleme der Klimahaftung auf internationaler Ebene sowohl die globale Dimension der Emissionstätigkeit und des Klimawandels als auch der Nachweis der Kausalität sind. Eine Berücksichtigung der Genehmigungen kann dann zwar kollisionsrechtlich erfolgen, wenn auch mit gewissem Aufwand im Hinblick auf die Überprüfung der Berücksichtigungsfähigkeit sämtlicher einzelner Genehmigungen, stößt dann aber wiederum auf materiellrechtliche Kausalitätsprobleme sowie faktische Nachweisschwierigkeiten. (e) Rechtliche Wirkung einer berücksichtigungsfähigen Anlagengenehmigung Erkennt man die Möglichkeit der Berücksichtigung ausländischer Anlagengenehmigungen über Art. 17 Rom II-Verordnung an, stellt sich schließlich die Frage, wie sich deren rechtliche Wirkungen im Rahmen des Erfolgsortsrechts entfalten. Denkbar ist eine Wirkungserstreckung, nach der die Genehmigung innerhalb des anwendbaren Erfolgsortsrechts die Wirkung zeitigt, welche ihr auch im Erlassstaat zukommt. Hierfür wird das Argument der internationalen Entscheidungsharmonie angeführt – die Genehmigung eines bestimmten Erlassstaates wird dann sowohl von

dieser darauf vertraut, dass die erteilende Behörde im Verfahren die Vorteile der Tätigkeit des Emittenten für das Gemeinwohl und die Folgen für den Klimawandel gegeneinander abgewogen und zugunsten der Emissionen entschieden hat. 401 Siehe dazu § 3 B. III. 3. b) und § 4 B. II. 2. a) bb) (2).

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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inländischen als auch von ausländischen Gerichten stets gleich behandelt.402 Dadurch wird auch der Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung des ausländischen Gerichts im Erlassstaat gedient.403 Schließlich wahrt eine Wirkungserstreckung die Kongruenz zwischen verfahrensrechtlichen sowie darauf abgestimmten Wirkungen, welche durch Auferlegung der rechtlichen Vorstellungen des Gerichts am Erfolgsort ggf. gestört werden würde.404 Um aber die maßgebliche Anknüpfung an den Erfolgsort und damit auch den Umfang der Verweisung nach Art. 15 lit. a und b Rom II-Verordnung zu achten, wird im Grundsatz vertreten, dass die ausländische Genehmigung die Wirkungen haben soll, die auch eine vergleichbare Genehmigung nach dem Hauptstatut hat.405 Eine Wirkungsverleihung entspricht der konsequenten Anwendung des Art. 17 Rom IIVerordnung, wonach die zu berücksichtigenden Sicherheits- und Verhaltensregeln eine rein tatbestandliche, faktische Wirkung haben sollen, während deren konkrete haftungsrechtliche Beurteilung, einschließlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen, durch die lex causae bestimmt wird.406 Eine ausnahmsweise Wirkungserstreckung kann nur über Art. 16 Rom II-Verordnung erfolgen, wenn die inländischen Vorschriften zu anspruchspräkludierenden rechtlichen Wirkungen als zwingend und damit als Eingriffsnormen zu qualifizieren sind.407 Ließe man eine Wirkungserstreckung aber allgemein zu, so würde die durch Art. 7 Rom II-Verordnung zugunsten des Geschädigten eröffnete Optionsmöglichkeit ausgehebelt; über die Berücksichtigung einer ausländischen Anlagengenehmigung nach Art. 17 Rom IIVerordnung käme das Handlungsortsrecht so praktisch „über die Hintertür“ zur Anwendung und überlagerte die eigentliche lex causae nach der Anknüpfung an den Erfolgsort. Dass die Interessen des Schädigers ggf. eingeschränkt werden, wenn die Genehmigung am Erfolgsort eine geringere Gestaltungswirkung hat als die ihm eigentlich erteilte ausländische Genehmigung im Erlassstaat, wird mit der Erwägung hingenommen, dass der Schädiger sich auf die Anwendung des Erfolgsortsrechts einstellen kann, weil dieses für ihn vorhersehbar ist. Die Benachteiligung des Geschädigten sei dagegen nicht zu rechtfertigen, da dieser sich allenfalls auf die Rechtsfolgen einer Genehmigung nach inländischem Recht einstellen könne.408

402

Bleckmann, JZ 1985, 1072, 1073; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 245. Wandt, VersR 1998, 529, 535. 404 Wandt, VersR 1998, 529, 536. 405 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 25; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 245 f. 406 Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 44; Dickinson, The Rome II Regulation, Rdnr. 7.29; Wagner, IPRax 2008, 1, 5; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 247. 407 BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 25; Arif, ZfRV 2011, 258, 264 f.; Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 246. 408 Rüppell, Anlagengenehmigungen, S. 245 m. w. N.; Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 101. 403

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

Lehmann und Eichel vertreten eine Wirkungserstreckung von Genehmigungen auch für den Fall, dass die Anknüpfung an den Erfolgsort für den Betroffenen nicht vorhersehbar war, da dann die angeführte Interesseneinschränkung zulasten des Schädigers gerade nicht gerechtfertigt sei.409 Diese Ansicht widerspricht jedoch klar der Systematik der Rom II-Verordnung, welche nicht allein aus Billigkeitsgründen, hier zugunsten des Emittenten, überwunden werden kann. So ist in den Art. 4 ff. und 15 lit. a („Grund und Umfang der Haftung“) und lit. b („Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung […] der Haftung“) Rom II-Verordnung explizit angelegt, dass das Haftungsstatut die Rechtsfolgen einer Genehmigung sowie deren Auswirkung auf die Umwelthaftung bestimmen muss. Die Maßgeblichkeit der lex causae wird allein auf faktischer, tatbestandlicher Ebene über Art. 17 Rom II-Verordnung durchbrochen,410 was jedoch vom Verordnungsgeber aufgrund Implementierung der entsprechenden Norm rechtspolitisch gewollt war. Eine Überlagerung des maßgeblichen Haftungsstatuts war gerade nicht intendiert. Des Weiteren wird Vorhersehbarkeitsaspekten im Rahmen grenzüberschreitender Umwelthaftungsfälle, welche sich von traditionellen grenznahen Nachbarstaatenkonstellationen unterscheiden, bereits über die oben genannte Voraussetzung hinsichtlich der Partizipationsmöglichkeit hinreichend Rechnung getragen. Eine Wirkungserstreckung aufgrund fehlender Vorhersehbarkeit vernachlässigt ferner die Interessen des Geschädigten, welcher sich auf die Schädigung sowie die ohnehin schon weitreichende Berücksichtigung der ausländischen Genehmigung ebenfalls nicht einstellen konnte, in nicht mehr hinnehmbarer Art und Weise. Die von Lehmann und Eichel für Klimahaftungsfälle vorgeschlagene Lösung ist in der Folge abzulehnen. c) Zwischenergebnis De lege lata hat die Berücksichtigung ausländischer Anlagengenehmigungen auf Tatbestandsebene über Art. 17 Rom II-Verordnung zu erfolgen. Die Norm eröffnet im Rahmen der Angemessenheit die Möglichkeit zur Einbeziehung dynamischer Wertungsgesichtspunkte. Das Gericht ist in der Konsequenz im Rahmen der lex causae nach Anknüpfung an den Erfolgsort nicht zur Berücksichtigung einer ausländischen Anlagengenehmigung, die nach dem Recht des Handlungsorts erteilt wurde, verpflichtet, sondern entscheidet über die Berücksichtigungsfähigkeit konkret nach den Umständen des Einzelfalls. Eine ausländische Anlagengenehmigung ist jedoch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie in einem rechtsstaatlichen Verfahren nach Maßgabe von Voraussetzungen erteilt wurde, welche eine gewisse Äquivalenz zu den Anforderungen an die Erteilung einer vergleichbaren Genehmigung nach dem Hauptstatut aufweisen, wenn die Genehmigung auch im Übrigen rechtmäßig ist und kein Verstoß gegen den inländischen ordre public vorliegt. Auf die Gelegenheit zur Partizipation ausländischer Betroffener am Verwaltungsverfahren sollte es als Kriterium nur ankommen, wenn die Betroffenheit von Ansässigen 409 410

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 101. BeckOGK-ZivilR/Maultzsch, Rom II-VO Art. 17 Rdnr. 2.

B. Umwelt- und Klimahaftungsstatut nach der Rom II-Verordnung

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in ausländischen Staaten für den die Genehmigung Ersuchenden vorhersehbar war. Das Erfordernis einer derartigen Einschränkung zeigt sich insbesondere in Klimahaftungsfällen, in welchen Umweltschädigungen sowie dadurch vermittelte Individualschädigungen regelmäßig unter nicht vorhersehbaren Rechtsordnungen eintreten können, der Schädiger aber ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend hat, sämtliche Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung erfüllt zu haben. Für Klimahaftungsklagen kann die Berücksichtigung ausländischer Anlagengenehmigungen sehr komplex ausfallen, weil nach hier vertretener Ansicht der übergeordnete maßgebliche Handlungsort am Sitz der Unternehmenszentrale des Großemittenten zu bestimmen ist; die Gesamtkonzentration von Treibhausgasen aber erst durch eine Vielzahl von ggf. weit verstreuten Anlagen verursacht wird, für welche jeweils selbständig eine Genehmigung erteilt wurde. Das Gericht muss sodann sämtliche Genehmigungen als „Gesamtgenehmigung“ für das Handeln des Emittenten auf ihre Berücksichtigungsfähigkeit hin prüfen. Sodann wiederholt sich aber die materiellrechtliche Problematik der Kausalität und der fehlenden Möglichkeit der Vereinzelung von Emissionen. Welche materiellrechtliche Wirkung eine berücksichtigungsfähige ausländische Anlagengenehmigung entfaltet, bestimmt in systematischer Konsequenz das nach Art. 7 Rom II-Verordnung ermittelte Haftungsstatut. 3. Zwischenergebnis Die Rom II-Verordnung gewährt über Art. 17 Rom II-Verordnung selbst die Möglichkeit zur Einschränkung einer weitreichenden Rechtsunterworfenheit nach der Anknüpfung an den Erfolgsort. Speziell im Bereich der Umweltschädigung können ausländische Emissionsgrenzwerte sowie Anlagengenehmigungen nach dem Recht des Handlungsorts im Rahmen der lex causae Berücksichtigung finden. Welche rechtsgestaltenden Auswirkungen sich für die Haftung des Umweltschädigers ergeben, ist jedoch eine Frage des materiellen Rechts, welche der grenzüberschreitenden, kollisionsrechtlichen Problematik der Berücksichtigungsfähigkeit nachgelagert ist.

IV. Ordre public-Vorbehalt, Art. 26 Rom II-Verordnung Wie bereits gezeigt werden konnte, gewähren einige Kollisionsnormen, wie etwa Art. 17 Rom II-Verordnung mit der Formulierung „soweit angemessen“ gewisse Beurteilungsspielräume, über welche Wertungsgesichtspunkte in die Ermittlung des anwendbaren Rechts miteinbezogen werden können. Daneben enthält die Rom IIVerordnung in Art. 26 einen ordre public-Vorbehalt, nach dem die Anwendung einer ausländischen Rechtsnorm versagt werden kann, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung des Forumsstaates offensichtlich unvereinbar ist. Gerade aufgrund der bereits weitreichenden Möglichkeiten der Einbeziehung von Wertungskriterien an früherer Stelle der Prüfung besteht für Art. 26 Rom II-Ver-

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§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

ordnung nur noch ein kleiner Anwendungsbereich.411 Welche fundamentalen Rechtsvorstellungen Teil der öffentlichen Ordnung eines Staates sind, bestimmt sich individuell nach der jeweiligen Rechtsordnung. Aufgrund der übereinstimmenden grundlegenden Haftungselemente in den meisten Rechtsordnungen412 und wegen der aufgezeigten materiellrechtlichen Probleme bei der Erfüllung bzw. bei Nachweis der Tatbestandselemente413 wird wohl kaum eine Rechtsordnung die Haftung des Emittenten tatsächlich bejahen. Sollte dies aber der Fall sein, muss im Einzelfall durch den Forumsstaat geprüft werden, ob die Anwendung dieser Haftungsnormen einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstellt. Pauschale Aussagen können hier nicht getroffen werden. Das gleiche gilt für den anerkennungsrechtlichen ordre public nach Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO: auch hier muss das Gericht für den Einzelfall entscheiden, ob die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung mit der öffentlichen Ordnung des Forumsstaates offensichtlich unvereinbar ist. Wenn ein Gericht entgegen den hier vorgebrachten Erwägungen eine Schadensersatzpflicht eines Großemittenten bejahen sollte, käme ein ordre public-Verstoß allgemein jedoch dann in Betracht, wenn exorbitant hohe Schadensersatzsummen und Schadensersatz zu Zwecken fernab der Kompensation des Geschädigten, so etwa allein zu Strafzwecken, zugesprochen werden würden.414

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Wie relevant die grenzüberschreitende Dimension von Umweltschädigungen werden kann, beweist insbesondere der Klimawandel mit seinen weltweiten Auswirkungen. Weil die privatrechtliche Haftung für die Folgen des Klimawandels weitgehend national geregelt ist, kommt der Frage nach dem anwendbaren Recht hier entscheidende Bedeutung zu. Innerhalb der Europäischen Union wird das Umwelt- und damit auch Klimahaftungsstatut durch die besondere Kollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung bestimmt. Sie betrifft Schadensereignisse nach dem 11. Januar 2009. Da Klimahaftungsfällen eine meist jahrzehntelange Entwicklung vorausgeht, müsste an sich eine getrennte kollisionsrechtliche Betrachtung von schadensbegründendem Verhalten vor und nach Inkrafttreten der Verordnung erfolgen. Aufgrund der kaum umzusetzenden Zuordnung der einzelnen Emission zu einem konkreten Schaden ist jedoch eine einheitliche Behandlung sämtlicher Emissionen eines Großemittenten zu präferieren, sodass alle nach Inkrafttreten der Rom II-Verordnung eintretenden 411

Lehmann/Eichel, RabelsZ 83 (2019), 77, 107 f.; vgl. auch BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 26 Rdnr. 1. 412 Siehe dazu § 2 C. I. 2. 413 Siehe dazu § 2 C. II. 414 Erwägungsgrund 32 der Rom II-VO; BeckOGK-ZivilR/Huber, Rom II-VO Art. 26 Rdnrn. 60 f.; Wagner, IPRax 2008, 1, 16 f.

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

323

Schadensereignisse nach europäischem vereinheitlichten Kollisionsrecht zu behandeln sind. Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung eröffnet nach seinem Anwendungsbereich weitreichendere Möglichkeiten als durch die nationalen materiellrechtlichen Haftungsrechte verwirklicht wird. So fallen unter die Kollisionsnorm auch reine Umweltschädigungen, ohne dass es eines individualrechtlichen Bezugs bedarf. Haftungsrechtlich fehlt es aber regelmäßig an Ansprüchen von Privatpersonen, mit denen ein etwaiger ökologischer Schaden mangels Zuweisung des Allgemeinrechtsguts an bestimmte Personen und individueller Aktivlegitimation geltend gemacht werden könnte. Öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche können das weitgehende Leerlaufen der ersten Alternative nicht verhindern, weil dann, wenn der Staat hoheitliche Befugnisse in Anspruch nimmt, schon keine Zivil- und Handelssache vorliegt und der Ausschlusstatbestand nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-Verordnung eingreift. Der Begriff der Umweltschädigung kann mithilfe von Art. 2 UHRL konkretisiert werden, ohne dass die Voraussetzungen der beruflichen Tätigkeit und der Erheblichkeit zu übernehmen sind. Bereits der Klimawandel als solcher stellt eine Umweltschädigung i. S. v. Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung dar. So verändert die schädigende Menge an Treibhausgasemissionen die atmosphärische Treibhausgaskonzentration nachteilig, die dadurch bewirkte Erderwärmung ist Ursache für zahlreiche weitere sekundäre Umweltschädigungen an Umweltgütern und Beeinträchtigung natürlicher Funktionen innerhalb der Ökosphäre. Deutlich praxisrelevanter als die reine Umweltschädigung sind die ausdrücklich genannten Personen- und Sachschäden gem. Art. 7 Alt. 2 Rom II-Verordnung. Voraussetzung ist die Schädigung eines Individualrechtsguts, welcher nicht ein ökologischer Schaden gem. Art. 7 Alt. 1 Rom II-Verordnung vorausgehen muss. Ausreichend ist – um die Erreichung des Ziels eines hohen Umweltschutzniveaus willen – die Vermittlung über den Umweltpfad im Sinne einer (auch nur vorübergehenden) Einwirkung auf eine natürliche Ressource. Für Klimahaftungsfälle ist dies jedoch ohnehin irrelevant, weil der stets im Vorfeld stehende Klimawandel per se eine Umweltschädigung darstellt. Die Konstellationen der Klimahaftung können trotz ihrer komplexen, mittelbaren und mehrstufigen Verursachungsketten die Kausalitätsanforderungen des Art. 7 Rom II-Verordnung erfüllen, solange ein in irgendeiner Weise erkennbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen Klimawandel und konkretem Individualschaden festgestellt werden kann. An diesem Punkt zeigt sich der Unterschied der Klimahaftungs- zu den traditionellen Umwelthaftungsfällen, in denen die Kausalität in der Regel unproblematisch und linear ermittelt werden kann. Dieser Herausforderung wird Art. 7 Rom II-Verordnung allerdings vollumfänglich gerecht. In Abweichung zu der Grundsatzanknüpfung an den Erfolgsort gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-Verordnung basiert Art. 7 Rom II-Verordnung auf dem Ubiquitätsprinzip. Gerechtfertigt wird dies durch das auch primärrechtlich verankerte Ziel eines hohen Umweltschutzniveaus. Instrumentalisiert durch das Optionsrecht und die damit

324

§ 4 Haftung für die Folgen des Klimawandels im Europ. Int. Privatrecht

einhergehende Privilegierung des Geschädigten soll bei Distanzdelikten das jeweils strengere Haftungsrecht Anwendung finden. Trotz der teils nicht zurückzuweisenden Kritik an der Existenz der Norm und der Art der Anknüpfung ist das Ubiquitätsprinzip im Bereich von Umweltschädigungen begrüßenswert. Die Verwirklichung bestimmter materiellrechtlicher Zielsetzungen durch die Steuerungs- und Lenkungsfunktion des Kollisionsrechts ist eine anzuerkennende Entwicklung des modernen Internationalen Privatrechts. Ebenso wie im Rahmen der internationalen Zuständigkeit bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO sollte der Handlungsort bei internationalen Klimahaftungsfällen auch für Art. 7 Rom II-Verordnung bei der Unternehmenszentrale des Großemittenten liegen, weil dort auch die ursächliche Entscheidung über die Emissionspolitik getroffen wird, die schließlich über den Ausstoß einer großen Menge an Treibhausgasemissionen über den Klimawandel zu konkreten Individualschäden führt. Für den Erfolgsort ist zu differenzieren: dieser liegt abhängig von dem in Rede stehenden Sachverhalt am Ort der reinen Umweltschädigung oder dann, wenn auch eine individuelle Rechtsgutsverletzung haftungsrechtlich relevant wird, am Ort des Personen- oder Sachschadens. Der Geschädigte kann das für ihn günstigere, weil strengere Umwelthaftungsrecht zur Anwendung bringen, wenn er von seinem Optionsrecht bis zu dem nach nationalem Recht zu bestimmenden spätesten Zeitpunkt Gebrauch macht. Der Günstigkeitsvergleich ist durch den Geschädigten selbst vorzunehmen und nicht von Amts wegen durchzuführen. Bei diesem Optionsrecht handelt es sich trotz möglicher prozessualer Relevanz um ein kollisionsrechtliches Gestaltungsrecht. Der Streit um die Rechtsnatur des Optionsrechts wurzelt in der ähnlichen deutschen Regelung des Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB und ist nicht auf die unionsrechtlich-autonom auszulegende Bestimmung des Art. 7 Rom II-Verordnung zu übertragen. Das Optionsrecht ist unwiderruflich, soweit die Ausübungserklärung im Bewusstsein der rechtsgestaltenden und bindenden Wirkung im Hinblick auf das anwendbare Recht abgegeben wird. Das Ziel des hohen Umweltschutzniveaus streitet für eine möglichst lange Eröffnung der Ausübung des Optionsrechts. Art. 46a EGBGB genügt diesen Anforderungen nicht und ist zu revidieren. Bei einer Vielzahl von Erfolgsorten, was insbesondere im Bereich der Klimahaftung regelmäßig gegeben sein wird, ist entsprechend der zuständigkeitsrechtlichen Lösung ebenfalls eine Mosaikbetrachtung anzulegen. Darüber hinaus besteht aber kein Einschränkungserfordernis durch einen Vorhersehbarkeitsvorbehalt. Einer ausufernden Rechtsunterworfenheit des Geschädigten kann vielmehr über Art. 17 Rom II-Verordnung begegnet werden: danach können sowohl ausländische Emissionsgrenzwerte des Handlungsorts sowie ausländische, öffentlich-rechtliche Genehmigungen, die bestimmten rechtsstaatlichen und verfahrensrechtlichen Erteilungsvoraussetzungen genügen, Berücksichtigung finden.

C. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

325

Insgesamt ist Art. 7 Rom II-Verordnung eine gelungene, in Telos und Wertungen fixierte, aber dennoch dynamischen Entwicklungen zugängliche Kollisionsnorm, die auch das moderne Phänomen der Klimahaftung angemessen steuern kann.

§ 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Als existenzielle Bedrohung für die Menschheit stellt der Klimawandel eine globale Herausforderung dar. Um dieser zu begegnen, bedarf es internationaler Anstrengungen hinsichtlich Klimaschutz und Klimaanpassung. 2. Die gegenwärtigen Strategien auf völker- und unionsrechtlicher bzw. auf allgemeiner politischer staatenübergreifender Ebene sind insoweit unzureichend. Insbesondere fehlt es an einem überzeugenden Konzept zur Allokation klimawandelbedingter Schäden und Aufwendungen bei individuell Betroffenen. 3. Davon ausgehend wurde als Lösung für den Einzelfall und Instrument der Feinsteuerung die privatrechtliche Klimahaftung von Großemittenten für individuelle Auswirkungen des Klimawandels und damit verbundene Individualschädigungen rechtsordnungsübergreifend anhand der grundlegenden Haftungselemente Schutzbereich, Zurechenbarkeit und Kausalität untersucht. Die Betrachtung ist zu dem Ergebnis gelangt, dass über die zentralen Merkmale eines zivilen Haftungsrechts den diffusen klimawandelbedingten Verletzungen und Gefahren nicht angemessen begegnet werden kann. 4. Als gegenwärtig zu komplex gestalten sich vorwiegend die Feststellung und der lückenlose Nachweis der haftungsbegründenden Kausalitätskette zwischen den Treibhausgasemissionen eines individuellen Verursachers, dem Klimawandel per se, einer konkreten Umweltauswirkung sowie Individualschädigung. Zur Individualisierung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen dem Betroffenen und dem vermeintlichen Schädiger entsprechend dem Verursacherprinzip bedarf es eines technischen bzw. naturwissenschaftlichen Fortschritts. 5. An einem deterministischen Kausalitätsbegriff ist festzuhalten – im interdisziplinären Zusammenwirken gilt es, naturwissenschaftlich profunde Erkenntnisse in rechtliche Kategorien zu überführen, nicht aber Anpassungen des Kausalitätsverständnisses aus einseitigen Billigkeitsgründen vorzunehmen. 6. Die privatrechtliche Haftung von Großemittenten ist gegenwärtig nur ein theoretisch begrüßenswerter Ansatz, dem es aufgrund der aufgezeigten rechtlichen Probleme jedoch an Effizienz fehlt. 7. Insoweit muss die Frage, auf welcher Ebene Ausgleich stattfinden soll, welcher Instrumente sich dafür bedient wird und welche Regelungen dies erfordert, neu gestellt und beantwortet werden. Angesichts der Dynamik und internationalen Dimension des Klimawandels sollte schnellstmöglich eine Ressourcenbündelung im Handlungsfeld der politischen überstaatlichen Zusammenarbeit erfolgen.

§ 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

327

8. Auch wenn die Klimahaftung in materiellrechtlicher Hinsicht gegenwärtig kein effektives Instrument vor dem Hintergrund des Klimawandels ist, sind Klimahaftungsklagen gegen Großemittenten durch vom Klimawandel Betroffene, gerichtet auf Unterlassung künftiger Emissionen, Ersatz getätigter Aufwendung für Schutzmaßnahmen oder Schadensersatz, ein rechtliches Phänomen, mit welchem sich Gerichte weltweit auseinandersetzen müssen. 9. Angesichts der globalen Auswirkungen des Klimawandels ergibt sich in Klimahaftungsfällen zumeist ein grenzüberschreitender Sachverhalt. Aus diesem resultieren wiederum Fragestellungen, welche das Internationale Zuständigkeitsrecht und das Internationale Privatrecht auf den Plan rufen. Weil die Klimahaftung ein spezieller Anwendungsfall der allgemeinen Internationalen Umwelthaftung ist, konnte über die Untersuchung von Klimahaftungsklagen zugleich eine generelle Bestandsaufnahme von Umweltschädigungen im internationalen Kontext erfolgen. Klimahaftungsklagen sind insoweit auch eine Bewährungsprobe für den für internationale Bezüge geschaffenen Normenbestand in Bezug auf Dynamik, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue rechtliche Herausforderungen. 10. Gerade für Klimahaftungsklagen zeigt sich, dass die Zuständigkeitsinteressen von Kläger und Beklagtem zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen und sich die Auslegung der Bestimmungen zur internationalen Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-Verordnung in einem Spannungsfeld zwischen diesen Polen bewegt. Während der Beklagte nicht bei einer Vielzahl von Gerichten in verschiedenen Mitgliedsstaaten gerichtspflichtig sein will, kommt es dem Kläger auf einen Gerichtsstand an, an welchem er sein rechtliches Begehren überhaupt durchsetzen kann, sowie auf öffentliche Aufmerksamkeit für den Klimawandel und dessen individuelle Auswirkungen. 11. Der allgemeine Gerichtsstand gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO stellt sich für den Klimahaftungskläger als besonders vorteilhaft dar: das Gericht hat eine umfassende Kognitionsbefugnis und der Kläger muss allein das Vorliegen des Wohnsitzes des Beklagten in einem Mitgliedsstaat darlegen und beweisen. Einschränkungen der weitreichenden Gerichtspflichtigkeit zum Schutze des Beklagten sind beim Heimatgerichtsstand aufgrund Vorhersehbarkeit und Vertrautheit für den Beklagten nicht geboten. 12. Dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO kommt in Umwelthaftungsfällen erhöhte Relevanz zu. Die Begriffe Handlungs- und Erfolgsort sind in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO für den Bereich der Umweltschädigung parallel zu der speziellen kollisionsrechtlichen Regelung für Umweltschädigungen in Art. 7 Rom II-Verordnung auszulegen. Diese Auslegung gebieten der allgemeine Auslegungszusammenhang zwischen den europäischen Regelungsinstrumenten und die umfassende Verwirklichung des Ubiquitätsprinzips im Zusammenhang mit Umweltschädigungen. 13. Mit der Einführung des Ubiquitätsprinzips in der Sonderkollisionsnorm des Art. 7 Rom II-Verordnung hat der europäische Verordnungsgeber das Grundprinzip

328

§ 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

im Kollisionsrecht der unerlaubten Handlung zugunsten der Anknüpfung an den Erfolgsort durchbrochen. Dahinter steht eine Wertungsentscheidung: zur Verwirklichung eines hohen Umweltschutzniveaus soll die Anknüpfung an den Erfolgsort mit Möglichkeit zur Option zugunsten der Anknüpfung an den Handlungsort stets das strengste Umwelthaftungsrecht zur Anwendung bringen und damit auch eine Steuerungs- und Lenkungsfunktion entfalten. Diesem Ziel wird zuständigkeitsrechtlich durch das dort ebenfalls geltende Ubiquitätsprinzip und die parallele Auslegung von Handlungs- und Erfolgsort in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-Verordnung Rechnung getragen. 14. Der Handlungsort nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-Verordnung ist in Klimahaftungsfällen für Großemittenten nicht am Ort der Belegenheit einer einzelnen emittierenden Anlage, sondern am Sitz der Zentrale zu sehen, an welchem grundlegend über die Emissionspolitik entschieden wird. Der Kläger richtet sich gegen die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen eines Großemittenten, für welche nur die Unternehmenszentrale die ursächliche Verantwortung trägt. Die einzelnen emittierenden Anlagen führen insoweit nur eine übergeordnete Entscheidung aus. 15. Für die Bestimmung des Erfolgsorts ist in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 7 Rom II-Verordnung nach Art der in Rede stehenden Umweltschädigung zu differenzieren. Erfolgsort einer reinen Umweltschädigung ist am Ort des Eintritts dieser. Weil die reine Umweltschädigung im privaten Umwelthaftungsrecht in materieller Hinsicht aber kaum eine Rolle spielt, ergibt sich für den Erfolgsort im Zuständigkeits- und Kollisionsrecht nur dann praktische Relevanz, wenn ein reiner Vermögensschaden in Rede steht. Während Schäden an individuellen Rechtsgütern selbst zuständigkeitsbegründend sind bzw. einen eigenständigen Anknüpfungspunkt im Rahmen der Bestimmung des anwendbaren Rechts darstellen, ist der Erfolgsort der reinen Vermögensschädigung im Zuständigkeits- und Kollisionsrecht für den Bereich der Internationalen Umwelthaftung am Ort der Umweltschädigung belegen. 16. Begrenzungen kann die Gerichtspflichtigkeit bzw. Rechtsunterworfenheit am Erfolgsort ggf. über die Mosaikbetrachtung erfahren. Dieser kommt bei Klimahaftungsfällen aber eher geringe Bedeutung zu, weil es an einem „klassischen“ Streudelikt fehlt. Im Übrigen ist eine Einschränkung der Zuständigkeit am Erfolgsort nicht geboten. Eine weitreichende Rechtsunterworfenheit nach dem Recht des Erfolgsorts kann über eine faktische Berücksichtigung ausländischer Grenzwerte und öffentlich-rechtlicher Anlagengenehmigungen unter bestimmten Voraussetzungen unter Einbeziehung von Wertungsgesichtspunkten nach Art. 17 Rom II-VO Begrenzungen erfahren. 17. Der kollektive Rechtsschutz und die Möglichkeiten eines prozessualen Zusammenschlusses mehrerer Kläger sind im Internationalen Zuständigkeitsrecht sehr restriktiv. Kollektiven Bezug hat allein Art. 8 Nr. 1 EuGVVO, der einen Gerichtsstand für mehrere Personen auf Beklagtenseite schafft, soweit alle Beklagten ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Brüssel Ia-Verordnung haben. Zur Effektuie-

§ 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

329

rung des Rechtsschutzes bietet sich in Umwelthaftungsfällen, denen eine Massenschädigung vorausgeht, die Einführung eines kollektiven Klageinstruments auf unionaler Ebene an. 18. Insgesamt erweisen sich das Internationale Zuständigkeitsrecht unter der Brüssel Ia-Verordnung sowie das Internationale Privatrecht nach der Rom II-Verordnung als anpassungsfähige und ergiebige Instrumente für die allgemeine Internationale Umwelthaftung und können auch auf neue rechtliche Herausforderungen wie Klimahaftungsklagen angemessen reagieren und deren komplexen Besonderheiten unter Ausgleich divergierender Interessen begegnen. 19. Mit Junker1 lässt sich dazu treffend schließen, dass Klimahaftungsklagen nicht am Internationalen Zuständigkeits- und Privatrecht scheitern, sondern an den gegenwärtig bestehenden materiellrechtlichen Feststellungs- und Nachweisproblemen. Im Hinblick auf die internationalen Herausforderungen von Umwelthaftungsfällen steht ein ergiebiges Normenregime nach Brüssel Ia-Verordnung und Rom II-Verordnung auch für die Zukunft bereit.

1

Vgl. MüKo-BGB/Junker, Rom II-VO Art. 7 Rdnr. 12.

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Stichwortverzeichnis Allokation klimawandelbedingter Schäden 55 ff. Anlagengenehmigungen, öffentlich-rechtliche 104 ff., 303 f., 307 ff. Beweislast 88, 134 ff., 154, 178 f. Beweismaß 88, 134, 138 ff., 148, 153, 187 f. Brüssel Ia-VO 157 ff. Carbon Mayors

63 ff.

Emissionsgrenzwerte 72, 93, 104 ff., 110, 303 ff. Emitters-pay-Prinzip 60 ff. Erfolgsort – Kollisionsrecht 248 ff., 251 ff., 273 ff. – Zuständigkeitsrecht 189, 197 ff., 204 ff., 206 ff., 208 ff. Erheblichkeit 115 f., 260 Erstattungsansprüche, öffentlich-rechtliche 264 ff. EuGVVO siehe Brüssel Ia-VO Europäisches Emissionshandelssystem 53 f., 104 ff., 113 Gerichtsstand – allgemeiner, Art. 4 EuGVVO 172 ff. – der Niederlassung, Art. 7 Nr. 5 EuGVVO 215 ff. – der Streitgenossenschaft, Art. 8 Nr. 1 EuGVVO 218 ff. – der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO 182 ff. – dinglicher, Art. 24 Nr. 1 EuGVVO 159 ff. Gesamtschuld 145 f. Handlungsort – Kollisionsrecht 248 f., 273 ff. – Zuständigkeitsrecht 191 ff.

Immissionsabwehrklagen

162 ff.

Justiziabilität von Klimafragen

90 ff.

Kausalität 86 ff., 119 ff., 134 ff., 178 f., 187 ff., 271 ff. Kausalitätsvorbehalt 180 ff., 211 f. Kleinstemittenten 62 f. Klimaklagen 25 ff., 71 f., 73 ff., 150 ff. Klimarahmenkonvention 48 Klimatologie 31 ff. Klimawandel – Begriff 31 – Folgen 37 ff. – Ursachen 36 f. Kognitionsbefugnis 176 f., 180 ff., 208 ff. Kollektiver Rechtsschutz 218 ff., 227 ff. Kyoto-Protokoll 48 f. Mosaikbetrachtung, Mosaiktheorie 299 f.

208 ff.,

Optionsrecht 284 ff. – Ausübung 290 ff. – Rechtsnatur 285 ff. Ordre public 321 f. Pariser Abkommen 49 ff. Political-Question-Doktrin 90 ff. Proportionalhaftung 144 f. Rom II-VO

240 ff.

Schutzbereich des Haftungsrechts 99 ff. Streitgenossenschaft 218 ff. Streudelikt 208 ff., 299 f. Teilschuld 145 f. Totalreparation 144 f.

81,

Stichwortverzeichnis Ubiquitätsprinzip – Kollisionsrecht 250, 273, 277 ff., 279 ff. – Zuständigkeitsrecht 189 ff. Umwelthaftungsrichtlinie 258 ff. Umweltschädigung – aus einer Umweltschädigung herrührende Personen- oder Sachschäden 268 ff. – reine 256 ff. Unerlaubte Handlung 182 ff.

351

Vermeidbarkeit 116 ff. Vermögensschaden – Anwendungsbereich von Art. 7 Rom IIVO 268 ff. – Erfolgsort 206 f., 275 f. Vorhersehbarkeit 111 ff. Vorhersehbarkeitsvorbehalt 212, 300 ff. Zurechenbarkeit

82 ff., 103 ff.