Josephus Und Das Neue Testament: Wechselseitige Wahrnehmungen. II. Internationales Symposium Zum Corpus Judaeo-Hellenisticum. 25.-28. Mai 2006, ... Neuen Testament) 9783161493683, 3161493680

English summary: Flavius Josephus' works are an invaluable source of material for the history of Judaism in the 1st

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Josephus Und Das Neue Testament: Wechselseitige Wahrnehmungen. II. Internationales Symposium Zum Corpus Judaeo-Hellenisticum. 25.-28. Mai 2006, ... Neuen Testament)
 9783161493683, 3161493680

Table of contents :
Cover
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Technische Hinweise und Abkürzungen
EINFÜHRUNG
CHRISTFRIED BÖTTRICH / JENS HERZER: Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus. Wechselseitige Wahrnehmungen
I. STANDORTBESTIMMUNGEN
STEVE MASON: Josephus and the New Testament, the New Testament and Josephus: an Overview
I. Authority and Truth in Josephus: Origins and Character
1. Antiquity and Middle Ages
2. Josephus’ Authority in Modern Scholarship
II. Problems with the Traditional Approach: A Case Study
III. Josephus as Parallel Text for New Testament Studies
1. Comparative Philology
2. Comparing Narratives and Genres
3. Comparative Theology or Ideology
IV. Josephus’ Rhetoricized World and New Testament Rhetoric
1. Architectonic Literary Structure
2. Paraphrastic Freedom
3. Serious Playfulness
4. Patronage and Loyalty
V. Conclusions
KARL-WILHELM NIEBUHR: Tod und Leben bei Josephus und im Neuen Testament. Beobachtungen aus wechselseitiger Wahrnehmung
I. Methodische und sachliche Grundfragen zum Thema
II. Anwendungsfelder der Fragestellung
III. Textbeispiele
1. Tote und Lebende
2. Darstellung und Bewertung von Tod und Leben
VI. Abschließende Erwägungen
II. EXEGETISCHE STUDIEN
1. PAARVORTRÄGE
ALICE WHEALEY: Josephus, Eusebius of Caesarea, and the Testimonium Flavianum
FRIEDRICH-WILHELM HORN: Das Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive
I. Textgeschichtliche und textkritische Probleme
II. John P. Meiers Analyse des Testimonium Flavianum
III. Exegese ausgewählter Passagen des Testimonium Flavianum
IV. Ergebnisse
DANIEL R. SCHWARTZ: Josephus on the Pharisees as Diaspora Jews
ROLAND DEINES: Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus
I. Die öffentliche Präsenz der Pharisäer in Q
II. Das Verhältnis der Pharisäer zum Volk im Markusevangelium
III. Josephus’ Hierarchie der drei jüdischen Parteien im Bellum im Hinblick auf ihr Verhältnis untereinander und zum Volk
JONATHAN J. PRICE: Josephus and the Dialogue on the Destruction of the Temple
MATTHIAS KONRADT: Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Matthäusevangelium
I. Die Konfiguration der Konfliktgeschichte und die Rolle Jerusalems im MtEv
II. Die Zerstörung Jerusalems und das Endgericht
III. Die Zerstörung des Tempels im MtEv
IV. Jeremia als Intertext im Rahmen der mt Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels
V. Die Deutung der Zerstörung Jerusalems bei Matthäus und Josephus
CHRISTOPHER BEGG: Isaiah in Josephus
I. Isaiah and Hezekiah
II. Isaiah and Cyrus
III. Isaiah and the Leontopolis Temple
Conclusion
FLORIAN WILK: Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie. Neutestamentliche Perspektiven
I. Einleitung
II. Darstellung des neutestamentlichen Befundes
1. Jesajabezüge zur Explikation der Eigenart der Christusbotschaft und der Identität Jesu Christi
2. Jesajabezüge zur Darlegung des Selbstverständnisses von Trägern des Heilshandelns Gottes
3. Jesajabezüge zur Definition des Wesens der Christengemeinde und der Grundsätze ihres Lebens
4. Jesajabezüge zur Beschreibung der Stellung Israels zu Christus und Christusbotschaft
5. Jesajabezüge zur Klärung der Endzeiterwartungen
III. Auswertung
IV. Ein Seitenblick auf Josephus
V. Übersichten zur Verteilung der Jesajabezüge im Neuen Testament
1. Verzeichnis der Jesajabezüge in der Ordnung des Jesajabuches
2. Verzeichnis der Jesajabezüge in der Ordnung des Neuen Testaments
JÜRGEN ZANGENBERG: Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie. Tendenzen und Probleme der neueren Forschung
I. Annäherung
II. ‚Augenzeuge‘ und ‚Schriftsteller‘: Grundgegebenheiten der Darstellung Galiläas durch Josephus
III. Das ‚Galiläa der Archäologie‘ – Einige Ergebnisse und Aufgaben neuerer archäologischer Forschung
1. Die ‚Grenzen‘ Galiläas: Geographie und Identität im Licht kulturellen Wandels
2. Galiläische Dorfkultur
3. Romanisierung
IV. Schluss
CHRISTFRIED BÖTTRICH: Was kann aus Nazaret Gutes kommen? Galiläa im Spiegel der Jesusüberlieferung und bei Josephus
I. Problemfelder
1. Daten und ihre Deutung
1.1 Regionale Besonderheiten
1.2 Demographische Wandlungen
1.3 Frühchristliche Anfänge
2. Indizien und ihre Instrumentalisierung
II. Galiläa-Bilder
1. Zuordnungen
1.1 Geographische Bezüge
1.2 Personale Bezüge
2. Wertungen
2.1 Matthäus: „... das heidnische Galiläa“?
2.2 Johannes: „... ein Messias aus Galiläa?“ / „... aus Galiläa steht kein Prophet auf!“
3. Schauplätze
3.1 Zentren der Wirksamkeit Jesu
3.2 Ortswechsel und Reisewege
4. Ereignisse
4.1 Das Blutbad des Pilatus unter den Galiläern Lk 13,1–3
4.2 Der Aufruhr des Judas Galilaios Act 5,37
III. Schluss
CHRISTINE GERBER: Antijudaismus und Apologetik. Eine Lektüre des Titusbriefes vor dem Hintergrund der Apologie Contra Apionem des Flavius Josephus
I. Contra Apionem als Apologie gegen Antijudaismus
1. Contra Apionem als Apologie
2. Strategien zur Verteidigung und zur Werbung in Contra Apionem
Hohes Alter
Religiöse Kategorien und Institutionen
Die Bedeutung der Gesetzeseinhaltung und der Tugenden
Ordnung des Hauses
Kollektive Abwertung anderer Völker
3. Bedeutung und Grenzen der Apologetik des Josephus
II. Distanzierung vom Judentum als Mittel der Apologetik im Titusbrief
1. Antijudaismus im Titusbrief
2. Parallelen in der positiven Topik von Titusbrief und Contra Apionem
Das hohe Alter der Verheißung
Hochschätzung der Ethik
Die patriarchale Ordnung des Hauses und die Hierarchie
Politische Unauffälligkeit
3. Lokalkolorit und historischer Ort
III. Apologie contra Antijudaismus. Zum Schluss
JOHN M. G. BARCLAY: Hostility to Jews as Cultural Construct: Egyptian, Hellenistic, and Early Christian Paradigms
I. The Egyptian Paradigm: Typhonian Impurity
II. Hellenistic Logics: The Sin of Misanthropy
III. An Emerging Christian Paradigm: Enemies of the Church
FOLKER SIEGERT: Verbergen und Bekennen. Ein Gespräch mit Josephus über seine Apologie (Contra Apionem)
I. Einleitung
II. Die Apologie des Josephus und das Problem der Vielfalt
1. Vielfalt in der Bibel
2. Die Wertung des Ägyptischen in der Apologie
3. Die Wertung des Griechischen in der Apologie
III. Jüdische Besonderheiten in der Apologie: Zeigen und Verbergen
1. Der Sabbat
2. Die Speisegesetze
3. Die Sexualbestimmungen
4. Die Beschneidung
IV. Schluss
1. Der Blickwinkel des Josephus
2. Was Josephus übersieht
3. Die Politik der Nichtbeachtung
KNUT BACKHAUS: Mose und der Mos Maiorum. Das Alter des Judentums als Argument für die Attraktivität des Christentums in der Apostelgeschichte
I. Die Gedächtnisstrategie des Lukas
Der römische mos maiorum: Ein heuristischer Musterfall
Herkunftsbehauptung und Geltungsanspruch: Das Problem des Lukas
Das biblische Alter des christlichen ‚Weges‘: Die Lösung des Lukas
II. Geschichtsschreibung als Herkunftsmemoria
III. Die narrative Gewinnung der Vergangenheit
2. EINZELBEITRÄGE
JENS HERZER: Zwischen Loyalität und Machtstreben. Sozialgeschichtliche Aspekte des Pilatusbildes bei Josephus und im Neuen Testament
I. Pilatus zwischen Historie und Literatur
II. Das Bild des Pilatus bei Josephus und im Neuen Testament
1. Vorbemerkung: Zum Verhältnis der Pilatusdarstellung bei Josephus und Philo
2. Das Pilatusbild bei Josephus
3. Pilatus im Neuen Testament
III. Zusammenfassung: Das Bild des Pilatus als Spiegel sozialgeschichtlicher Bedingungen und literarischer Absichten
KARL-HEINRICH OSTMEYER: Die Genealogien in den synoptischen Evangelien und in der Vita des Josephus. Wechselseitige Wahrnehmung ihrer Charakteristika, Intentionen und Probleme
I. Einführung
II. Zahl und Gruppierung der Geschlechter
III. Die Personen und ihre Funktionen
IV. Die Positionierung der Genealogien
V. Makel und Verschwiegenes
VI. Resümee
BIANCA KÜHNEL: Josephus Flavius und die christliche Bildexegese
ERNST HANSACK: Zum Forschungsstand des ‚slavischen Josephus‘
Zusammenfassung der Ergebnisse
Schluss
ANATOLY A. ALEKSEEV: Who is Responsible for the Massacre of the Innocents (Mt 2,16)? An Old Slavonic Apocryphal Tale
III. JOSEPHUS-LEKTÜREN
MICHAEL WEISSENBERGER: Die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ bei Josephus: Variationen eines Themas
DIRK UWE HANSEN: Nomothetes und Politeuma. Josephus’ Präsentation des jüdischen Glaubens in Contra Apionem II 125–189
MANUEL VOGEL: Geschichtsschreibung nach den Regeln von Lob und Tadel. Sterbeszenen bei Josephus und im Neuen Testament
Autorenverzeichnis
Stellenregister
1. Bibel
1.1 Altes Testament einschließlich Apokryphen
1.2 Neues Testament
2. Frühjüdische Literatur
2.1 Philo von Alexandrien
2.2 Josephus
2.3 Jüdisch-hellenistische Literatur
2.4. Qumran
2.5 Rabbinisches Schrifttum
2.6 Jüdische nichtliterarische Quellen
3. Griechische und römische Literatur
4. Apostolische Väter und außerkanonische Schriften neben dem Neuen Testament
5. Antikes Christentum
Autorenregister
Sach- und Namensregister
Griechisches Wortregister

Citation preview

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey Mitherausgeber / Associate Editors Friedrich Avemarie (Marburg) Judith Gundry-Volf (New Haven, CT) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL)

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Josephus und das Neue Testament Wechselseitige Wahrnehmungen II. Internationales Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum 25.– 28. Mai 2006, Greifswald Herausgegeben von

Christfried Böttrich und Jens Herzer unter Mitarbeit von

Torsten Reiprich

Mohr Siebeck

Christfried Böttrich, geboren 1959; Studium der Theologie in Leipzig; seit 2003 Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Jens Herzer, geboren 1963; Studium der Theologie in Berlin; seit 1999 Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Torsten Reiprich, geboren 1970; Studium der Theologie in Leipzig; seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neues Testament in Greifswald.

e-ISBN PDF 978-3-16-151498-2 ISBN 978-3-16-149368-3 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Vom 25. bis 28. Mai 2006 fand in Greifswald das 2. Internationale Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (CJHNT) statt, dessen Beiträge hiermit in überarbeiteter und erweiterter Form der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Damit tritt der vorliegende Band zugleich in die Nachfolge seines Vorgängers ein, der vor drei Jahren erschien und der den Schriften Philos von Alexandrien gewidmet war: Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen. 1. Internationales Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum 1.–4. Mai 2003, Eisenach / Jena, hg. v. R. Deines / K.-W. Niebuhr, WUNT 172, Tübingen 2004. Während das Symposium zu Philo seinerzeit einen Neubeginn der Arbeit am CJHNT markierte und deshalb in den zugehörigen Sammelband von 2004 auch grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich Genese und Profil dieses Projektes einbezogen wurden, kann der Band über Josephus nun bereits eine Tradition aufnehmen. In dem Neuland, das die Organisatoren und Herausgeber damals betraten, beginnen sich inzwischen gangbare Wege abzuzeichnen. Das Modell des 1. Symposiums, das auf der Struktur von Paarvorträgen aufbaute, kombiniert mit Einzelvorträgen und Lektüreeinheiten, hat sich ein weiteres Mal bewährt – mit dem Ergebnis eines fruchtbaren Dialoges zwischen Theologie, Judaistik, Geschichtswissenschaft und Philologie. Die Entstehung dieses Folgebandes verdankt sich erneut der guten Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Mohr-Siebeck in Tübingen, das von Anfang an das Projekt im Ganzen sowie dieses 2. Symposium im Besonderen durch reges Interesse begleitet und gefördert hat. Ein herzlicher Dank gilt in diesem Zusammenhang vor allem Herrn Dr. Henning Ziebritzki, der die Weichen für eine zügige Publikation der Beiträge stellte. Herr Kollege Jörg Frey hat als Herausgeber der „Wissenschaftlichen Untersuchungen zum Neuen Testament“ dafür Sorge getragen, dass dieser Band den Beiträgen zu Philo wie den schon früher erschienenen grundlegenden Studien (Frühjudentum und Neues Testament im Horizont Biblischer Theologie, hg. v. W. Kraus / K.-W. Niebuhr, WUNT 162, Tübingen 2003) in sachlicher Zuordnung zur Seite treten kann. Auch dafür herzlichen Dank! Das Greifswalder Symposium stand im Frühling des Jahres 2006 ganz im Zeichen des großen 550-jährigen Jubiläums der alma mater Gryphiswaldensis. Als Teil eines umfangreichen Programms wissenschaftlicher Tagungen, die im Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg stattfanden, fügte sich die

VI

Vorwort

Arbeit des Symposiums in das breit gefächerte Forschungsspektrum einer altehrwürdigen Universität ein. Die vielfältigen Bezüge von Tradition und Aufbruch, das enge Zusammenspiel der Fakultäten sowie die Offenheit des wissenschaftlichen Diskurses prägten auch die Atmosphäre jener Tage, in denen „Josephus und das Neue Testament“ im Zentrum standen. Für die Ermöglichung solcher Arbeit stellten die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft in großzügiger Weise die finanziellen Mittel zur Verfügung. Der Dank für diese Unterstützung geisteswissenschaftlicher Forschung kommt von Herzen und schließt die langjährig gute, vielfach bewährte Zusammenarbeit ein! Zum Gelingen des Symposiums trugen schließlich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Ihre bei. Auch ihnen ist deshalb ein aufrichtiger Dank auszusprechen, da sie durch Engagement und Offenheit das Anliegen „wechselseitiger Wahrnehmungen“ mit Leben erfüllt haben. Aus ihren profunden Beiträgen speist sich der vorliegende Band. Das entscheidende Verdienst an der Herstellung des Manuskriptes kommt Herrn Dr. Torsten Reiprich zu. Die Mühen des Korrekturlesens teilten sich Frau Michaela Engelmann, Frau Claudia Tost, Herr Thomas Schädlich sowie Frau Marlies Schäfer. Herr Stephan Rehm übernahm die Anfertigung der Register. Ihnen allen ebenso wie Frau Tanja Mix vom Verlag Mohr-Siebeck gebührt ein herzlicher Dank! Ohne ihre Akribie hätte das Manuskript nicht in dieser Weise und in einer angemessenen Zeit entstehen können. Die „Technischen Hinweise und Abkürzungen“, die dem Philo-Band voranstanden, werden hier noch einmal wiederholt, um den für das CJHNT geschaffenen Standard einzuprägen. Der Brauch, „Gutes und Anständiges vor niemandem geheim zu halten“ (Josephus Ant I 11), kann auch die Veröffentlichung der vorliegenden Beiträge motivieren – begleitet von dem Wunsch, die Arbeit des CJHNT über die Grenzen der neutestamentlichen Exegese hinaus weiter zu vernetzen und zu befruchten. Greifswald / Leipzig, den 25. Februar 2007

Christfried Böttrich Jens Herzer

Inhaltsverzeichnis Technische Hinweise und Abkürzungen ........................................................ XI

EINFÜHRUNG CHRISTFRIED BÖTTRICH / JENS HERZER Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus. Wechselseitige Wahrnehmungen.............3

I. STANDORTBESTIMMUNGEN STEVE MASON Josephus and the New Testament, the New Testament and Josephus: an Overview.....................................................................................................15 KARL-WILHELM NIEBUHR Tod und Leben bei Josephus und im Neuen Testament. Beobachtungen aus wechselseitiger Wahrnehmung........................................49

II. EXEGETISCHE STUDIEN 1. PAARVORTRÄGE ALICE WHEALEY Josephus, Eusebius of Caesarea, and the Testimonium Flavianum.................73 FRIEDRICH-WILHELM HORN Das Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive................117 DANIEL R. SCHWARTZ Josephus on the Pharisees as Diaspora Jews .................................................137 ROLAND DEINES Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus ............147

VIII

Inhaltsverzeichnis

JONATHAN J. PRICE Josephus and the Dialogue on the Destruction of the Temple ......................181 MATTHIAS KONRADT Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Matthäusevangelium ................................................................................195 CHRISTOPHER BEGG Isaiah in Josephus ..........................................................................................233 FLORIAN WILK Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie. Neutestamentliche Perspektiven....................................................................245 JÜRGEN ZANGENBERG Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie. Tendenzen und Probleme der neueren Forschung.........................................265 CHRISTFRIED BÖTTRICH Was kann aus Nazaret Gutes kommen? Galiläa im Spiegel der Jesusüberlieferung und bei Josephus ........................295 CHRISTINE GERBER Antijudaismus und Apologetik. Eine Lektüre des Titusbriefes vor dem Hintergrund der Apologie Contra Apionem des Flavius Josephus ...............335 JOHN M. G. BARCLAY Hostility to Jews as Cultural Construct: Egyptian, Hellenistic, and Early Christian Paradigms.......................................................................................365 FOLKER SIEGERT Verbergen und Bekennen. Ein Gespräch mit Josephus über seine Apologie (Contra Apionem) .........................................................387 KNUT BACKHAUS Mose und der Mos Maiorum. Das Alter des Judentums als Argument für die Attraktivität des Christentums in der Apostelgeschichte ..................401

Inhaltsverzeichnis

IX

2. EINZELBEITRÄGE JENS HERZER Zwischen Loyalität und Machtstreben. Sozialgeschichtliche Aspekte des Pilatusbildes bei Josephus und im Neuen Testament..............................429 KARL-HEINRICH OSTMEYER Die Genealogien in den synoptischen Evangelien und in der Vita des Josephus. Wechselseitige Wahrnehmung ihrer Charakteristika, Intentionen und Probleme..............................................................................451 BIANCA KÜHNEL Josephus Flavius und die christliche Bildexegese.........................................469 ERNST HANSACK Zum Forschungsstand des ‚slavischen Josephus‘..........................................495 ANATOLY A. ALEKSEEV Who is Responsible for the Massacre of the Innocents (Mt 2,16)? An Old Slavonic Apocryphal Tale ................................................................513

III. JOSEPHUS-LEKTÜREN MICHAEL WEISSENBERGER Die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ bei Josephus: Variationen eines Themas .............................................................................521 DIRK UWE HANSEN Nomothetes und Politeuma. Josephus’ Präsentation des jüdischen Glaubens in Contra Apionem II 125–189 .....................................527 MANUEL VOGEL Geschichtsschreibung nach den Regeln von Lob und Tadel. Sterbeszenen bei Josephus und im Neuen Testament ...................................535 Autorenverzeichnis........................................................................................547 Stellenregister ................................................................................................549 Autorenregister ..............................................................................................592 Sach- und Personenregister ...........................................................................601 Griechisches Wortregister .............................................................................614

Technische Hinweise und Abkürzungen Die Beiträge wurden formal so weit wie möglich vereinheitlicht, wobei auch die üblichen Differenzen zwischen englischen und deutschen Standards zugunsten eines einheitlichen Schriftbildes aneinander angeglichen wurden. Für die deutschen Beiträge liegt für die Abkürzungen das neue Abkürzungsverzeichnis der 4. Auflage der RGG zugrunde (Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaften nach RGG4, hg. v. der Redaktion der RGG4, Tübingen 2007); für die englischen Beiträge darüber hinaus The SBL-Handbook of Style for Ancient Near Eastern, Biblical, and Early Christian Studies, hg. v. P. H. Alexander u. a., Peabody 1999. Da das Abkürzungsverzeichnis der RGG4 nicht vollständig ist, wurden die Werke der darin nicht enthaltenen antiken Autoren nicht abgekürzt, sondern ausgeschrieben, um eine größere Uneinheitlichkeit, die sich durch die Heranziehung noch weiterer Abkürzungswerke ergeben würde, zu vermeiden. Die Abkürzungen der biblischen Bücher sowie der jüdisch-hellenistischen Literatur richten sich (mit geringfügigen Korrekturen) nach dem Abkürzungsverzeichnis, das für das CJHNT erarbeitet und erstmals in Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen, hg. v. R. Deines / K.-W. Niebuhr, WUNT 172, Tübingen 2004, XI–XVI, vorgelegt worden ist. Es wird hier in einer überarbeiteten und erweiterten Form erneut abgedruckt, um seinen Gebrauch in der Arbeit des CJHNT (und evtl. auch darüber hinaus) allmählich einzubürgern. 1. Biblische Schriften A. Altes Testament (Reihenfolge Rahlfs, LXX, incl. Apokryphen) Gen Ex Lev Num Dtn Jos Jdc Rut

Genesis Exodus Levitikus Numeri Deuteronomium Josua Judices / Richter Buch Rut

XII 1Reg (1Sam) 2Reg (2Sam) 3Reg (1Kön) 4Reg (2Kön) 1Chr 2Chr 1Esra 2Esra (Esra, Neh) Neh Est AddEst A 2–7 B 1–7 C 1–30 D 1–16

E 1–24 F 1–11 Jdt Tob 1Makk 2Makk 3Makk 4Makk Ps Od OrMan (Od 12) Prov Koh Cant Hiob SapSal Sir PsSal Hos Am Mi Joel Obd Jona Nah Hab Zef Hag

Abkürzungsverzeichnis 1. Samuel 2. Samuel 1. Könige 2. Könige 1. Chronik 2. Chronik Apokryphes Buch Esra (LXX, Vulgata = 3Esra) Esra (2Esra 1–10); Nehemia (2Esra 11–23) Nehemia, s. 2Esra Ester Zusätze zu Ester Zusatz vor 1,1 (= Rahlfs 1,1a–r; [diff. Versabtrennung bei A 8f]) Zusatz zwischen 3,13 und 3,14 (= Rahlfs 3,13a–g) Zusatz nach 4,17 (= Rahlfs 4,17a–z; [mehrfach diff. Versabtrennungen]) Zusatz ersetzt 5,1f (= Rahlfs 5,1 = D 1; 5,1 a–f = D 2–11 [diff. Versabtrennungen]; 5,2 = D 12; 5,2a–b = D 13–16 [diff. Abtrennungen]) Zusatz zwischen 8,12 und 8,13 (= Rahlfs 8,12a–x; [diff. Abtrennungen]) Zusatz nach 10,3 (Schlussvers) (= Rahlfs 10,3a–l) Judit Tobit 1. Makkabäer 2. Makkabäer 3. Makkabäer 4. Makkabäer Psalmen Oden Gebet Manasses Sprüche / Proverbien Kohelet / Prediger Salomo / Ecclesiastes Hoheslied Salomos / Canticum Canticorum Hiob Weisheit Salomos / Sapientia Salomonis Jesus Sirach (Zählung nach LXX) Psalmen Salomos Hosea Amos Micha Joel Obadja Jona Nahum Habakuk Zefanja Haggai

Abkürzungsverzeichnis Sach Mal Jes Jer 1Bar Thr EpJer Ez Dan AddDan DanSus 1–64LXX DanSus l–64Th DanBel 1–42LXX DanBel 1–42Th

Sacharja Maleachi Jesaja Jeremia Baruch Klagelieder Jeremias / Threni Epistula / Brief Jeremias oder 1Bar 6 Ezechiel Daniel (LXX-Umfang; Reihenfolge: DanSus, Dan, DanBel) Zusätze zu Daniel Daniel und Susanna in der LXX-Fassung Daniel und Susanna in der Theodotion-Fassung Daniel, Bel und der Drache in der LXX-Fassung Daniel, Bel und der Drache in der Theodotion-Fassung

B. Neues Testament (Reihenfolge Nestle-Aland) Mt Mk Lk Joh Act Röm 1Kor 2Kor Gal Eph Phil Kol 1Thess 2Thess 1Tim 2Tim Tit Phlm Hebr Jak 1Petr 2Petr 1Joh 2Joh 3Joh Jud Apk

XIII

Matthäus Markus Lukas Johannes Acta / Apostelgeschichte Römer 1. Korinther 2. Korinther Galater Epheser Philipper Kolosser 1. Thessalonicher 2. Thessalonicher 1. Timotheus 2. Timotheus Titus Philemon Hebräer Jakobus 1. Petrus 2. Petrus 1. Johannes 2. Johannes 3. Johannes Judas Apokalypse / Offenbarung des Johannes

XIV

Abkürzungsverzeichnis

2. Philo A. Gesetzesauslegung, Expositio legis Opif Abr Jos VitMos Decal SpecLeg Virt Praem

De opificio mundi / Über die Weltschöpfung De Abrahamo / Über Abraham De Josepho / Über Joseph De vita Mosis I–II / Über das Leben Moses De decalogo / Über den Dekalog De specialibus legibus I–IV / Über die Einzelgesetze De virtutibus / Über die Tugenden De praemiis et poenis / Über die Belohnungen und Strafen

B. Allegorischer Kommentar LegAll Cher Sacr Det Post Gig Imm Agr Plant Ebr Sobr Conf Migr Her Congr Fug Mut Deo Somn

Legum allegoriae I–III / Allegorische Erklärung der Gesetze De Cherubim / Über die Cherubim De sacrificiis Abelis et Caini / Über die Opfer Abels und Kains Quod deterius potiori insidiari soleat / Über die Nachstellungen die das Schlechtere dem Besseren bereitet De posteritate Caini / Über die Nachkommen Kains De gigantibus / Über die Riesen Quod deus sit immutabilis / Über die Unveränderlichkeit Gottes De agricultura / Über die Landwirtschaft De plantatione / Über die Pflanzung (Noahs) De ebrietate / Über die Trunkenheit De sobrietate / Über die Nüchternheit De confusione linguarum / Über die Verwirrung der Sprachen De migratione Abrahami / Über die Wanderung Abrahams Quis rerum divinarum heres sit / Über den Erben des Göttlichen De congressu eruditionis gratia / Über das Zusammenleben der Allgemeinbildung wegen De fuga et inventione / Über die Flucht und das Finden De mutatione nominum / Über die Namensänderung De Deo / Über die Gottesbezeichnung „wohltätig verzehrendes Feuer“ (nur arm., Siegert 1980) De somniis I–II / Über die Träume

C. Fragen und Antworten, Quaestiones et solutiones QuaestGen QuaestEx

Quaestiones in Genesim I–IV / Fragen zur Genesis (nur arm.) Quaestiones in Exodum I–II / Fragen zu Exodus (nur arm.)

Abkürzungsverzeichnis

XV

D. Historisches und Philosophisches Flacc LegGai VitCont Hypoth Prob Prov Aet Anim

In Flaccum / Gegen Flaccus Legatio ad Gaium / Gesandtschaft an Gajus De vita contemplativa / Über das betrachtende Leben Hypothetika bzw. Apologia pro Judaeis (fragmentarisch bei Euseb, praep. VIII 6,1–9; 7,1–20; 11,1–18) Quod omnis probus liber sit / Über die Freiheit des Tüchtigen De providentia I–II / Über die Vorsehung De aeternitate / Über die Unvergänglichkeit der Welt De animalibus / Über die Tiere (nur arm.)

3. Josephus Bell I–VII Ant I–XX Vita Ap I–II

De Bello Judaico / Über den Jüdische Krieg Antiquitates Judaicae / Jüdische Altertümer Vita Josephi / Selbstbiographie Contra Apionem / Gegen Apion

4. Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Achik ApkAbr ApkAdam ApkElia koptApkElia hebrApkElia ApkEsra ApkDan grApkDan syrApkDan (ApkMos) ApkSedr ApkZeph (ApkZos) ApokrEz AristExeg AristobExeg Frg. 1 Frg. 2 Frg. 3 Frg. 4 Frg. 5 ArtapHist Frg. 1

Achikar Apokalypse Abrahams Apokalypse Adams Apokalypse Elias Koptische Apokalypse Elias (Steindorff 1899) Hebräische Apokalypse Elias (Jellinek, Bet ha Midrasch) Griechische Apokalypse Esras Apokalypse Daniels Griechische Apokalypse Daniels / Griech. Daniel-Diegese (Berger 1976) Syrische Daniel-Apokalypse (Henze 2001) (Apokalypse des Mose) siehe grLAE Apokalypse Sedrachs Apokalypse Zephanias (Apokalypse des Zosimos) siehe HistRech Apokryphon Ezechiel Aristeas der Exeget (bei Euseb, praep. IX 25,1–4) Aristobulos der Exeget Euseb, h. e. VII 32,16–18 Euseb, praep. VIII 9,38–10,17 Euseb, praep. XIII 12,1–2 Euseb, praep. XIII 13,3–8 Euseb, praep. XIII 12,9–16 Artapanus der Historiker Euseb, praep. IX 18,1

XVI Frg. 2 Frg. 3 (AssMos) 2Bar 3Bar gr3Bar slav3Bar 4Bar DemetrChron Frg. 1 Frg. 2 Frg. 3 Frg. 4 EldMod EpArist 4Esra 5Esra 6Esra EupolHist Frg. 1 Frg. 2 Frg. 3 Frg. 4 Frg. 5 EzTrag 1Hen gr1Hen aram1Hen äth1Hen 2Hen 3Hen HistJoseph HistMelch HistRech JannJamb JosAs Jub KleodMalchHist KlimJak LAB LAE grLAE latLAE

Abkürzungsverzeichnis Euseb, praep. IX 23,1–4 Euseb, praep. IX 27,1–37 siehe TestMos Syrische Baruchapokalypse Griechische Baruchapokalypse Griechische Baruchapokalypse Slavische Baruchapokalypse 4 Baruch (= Paraleipomena Jeremiae bzw. Jeremiou) Demetrius der Chronograph Euseb, praep. IX 19,4 Euseb, praep. IX 21,1–19 Euseb, praep. IX 29,1–3 Euseb, praep. IX 29,15 Eldad und Modad Aristeasbrief Jüdische Apokalypse Esras = 4Esra 3–14 Christliche Apokalypse Esras = 4Esra 1–2 Christliche Apokalypse Esras = 4Esra 15–16 Eupolemos der Historiker Euseb, praep. IX 26,1 Euseb, praep. IX 30,1–34 Euseb, praep. IX 34,20 Euseb, praep. IX 39,2–5 Clemens Alexandrinus, Strom. I 141,4f Ezechiel der Tragiker (Auszüge bei Euseb, praep. IX 28f) Äthiopisches Henochbuch Griechische Fragmente zum 1Hen (Black 1970) Aramäische Fragmente zum 1Hen (Milik 1976) Äthiophisches Henochbuch1 Slavisches Henochbuch Hebräisches Henochbuch Geschichte Josephs Geschichte Melchisedeks Geschichte der Rechabiter (auch: Apokalypse des Zosimos) Jannes und Jambres Joseph und Aseneth Buch der Jubiläen (auch: Leptogenesis) Kleodemos Malchas (Zitat bei Josephus, Ant I 239–241, übernommen von Euseb, praep. IX 20,2–4) Klimax Jakobou / Leiter Jakobs Liber Antiquitatum Biblicarum (auch: Pseudo-Philo) Leben Adams und Evas Griechisches Leben Adams und Evas / Apokalypse des Mose Lateinisches Leben Adams und Evas (Meyer 1878)

––––––––––––– 1 Sprachkürzel nur im Bedarfsfall zur Abgrenzung gegenüber der griechischen oder aramäischen Überlieferung, ansonsten 1Hen.

Abkürzungsverzeichnis armLAE I armLAE II georgLAE slavLAE MartJes OdSal OrJak OrJoseph OrSynag (ParJer) PhiloEpik Frg. 1–2 Frg. 3 Frg. 4–6 PsDav PseudEupolHist Frg. 1 Frg. 2 PseudHekatHist I Frg. 1 Frg. 2 PseudHekatHist II Frg. 1 Frg. 2 Frg. 3 Frg. 4 PseudMenand PseudOrph PseudPhiloJona PseudPhiloSimson PseudPhok PsSal QuaestEsra RevEsra Sib (syrPs) TestXII TestRub TestSim

XVII

Armenisches Buch Adams (Preuschen 1900) Armenische Buße Adams (Stone 1981) Georgisches Leben Adams und Evas (Mahé 1981) Slavisches Leben Adams und Evas (Jagi 1883) Martyrium Jesajas (= Ascensio Jesaiae [AscJes] 1–5) Oden Salomos Gebet Jakobs Gebet Josephs Hellenistische Synagogengebete (aus den Apostolischen Konstitutionen 7–8) (Paralipomena Jeremiae) siehe 4Bar Philo der Epiker Euseb, praep. IX 20,12 Euseb, praep. IX 24,1 Euseb, praep. IX 37,1–3 Apokryphe Psalmen Davids (auch: Apokryphe syrische Psalmen) Pseudo-Eupolemos / Samaritanischer Anonymus Euseb, praep. IX 17,2–9 Euseb, praep. IX 18,2b Pseudo-Hekataios I Josephus, Ap I 183–205 Josephus, Ap II 43 Pseudo-Hekataios II3 Josephus, Ant I 154–157 Josephus, Ant I 161 Josephus, Ant I 165 Clemens Alexandrinus, Strom. V 113,1–2 Sprüche des syrischen Menander Pseudo-Orpheus (Zitierung nach JSHRZ IV/3, 235–243) Über Jona, hellen. Synagogenpredigt (arm., Siegert 1980) Über Simson, hellen. Synagogenpredigt (arm., Siegert 1980) Pseudo-Phokylides Psalmen Salomos Fragen Esras Offenbarung Esras Sibyllinische Orakel (Apokryphe syrische Psalmen) siehe PsDav Testamente der 12 Patriarchen Testament Rubens Testament Simeons

––––––––––––– 2 Abweichende Zählung der Fragmente von N. Walter, JSHRZ IV/3, 148–153, wonach jede Zitateinleitung als Markierung verwendet wird. Frg. 2 ist also der zweite Teil von praep. IX 20,1. Diese Erhöhung der Zahl der Fragmente erlaubt eine präzisere Zitation. 3 Abweichende Zählung der Fragmente von N. Walter, JSHRZ IV/3, 158–161 (s.o. Anm. 2).

XVIII TestLevi TestJuda armTestJuda TestIss TestSeb TestDan TestNaph hebrTestNaph TestGad TestAss TestJos TestBenj TestAdam TestAbr TestHiob TestIsaak TestJak TestMos TestSal TheodEpik Frg. 1 Frg. 2 Frg. 3 Frg. 4 Frg. 5 Frg. 6–7 Frg. 8 TheophHist TrSem VisEsra VitProph

Abkürzungsverzeichnis Testament Levis Testament Judas Testament Judas nach der armen. Überlieferung Testament Issachars Testament Sebulons Testament Dans Testament Naphtalis Testament Naphtalis aus der hebr. Chronik des Jerachmeel Testament Gads Testament Assers Testament Josephs Testament Benjamins Testament Adams Testament Abrahams Testament Hiobs Testament Isaaks Testament Jakobs Testament Moses (auch: Assumptio Mosis) Testament Salomos Theodotus der Epiker Euseb, praep. IX 22,1 Euseb, praep. IX 22,2 Euseb, praep. IX 22,3 Euseb, praep. IX 22,4–64 Euseb, praep. IX 22,7 Euseb, praep. IX 22,8–9 Euseb, praep. IX 22,10–11 Theophilus der Historiker (bei Euseb, praep. IX 34,19) Schrift / Traktat des Sem Vision Esras Vitae Prophetarum

––––––––––––– 4 Ab hier abweichende Zählung der Fragmente von N. Walter, JSHRZ IV/3, 167–171 (s.o. Anm. 2).

Einführung

Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus Wechselseitige Wahrnehmungen von

CHRISTFRIED BÖTTRICH / JENS HERZER Im Herzen der Greifswalder Altstadt, gegenüber dem Ostchor des Domes St. Nikolai und unweit des traditionsreichen Campus am Rubenowplatz, wo das alte Hauptgebäude der Universität von 1750 gerade wieder in neuem Glanz erstrahlt, befindet sich das Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg. Hier fand vom 25. bis zum 28. Mai 2006 das 2. Internationale Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (CJHNT) statt. Die erste Tagung dieser Art hatte 2003 in Eisenach / Jena1 eine Reihe von geplanten vier Symposien eröffnet, deren Ziel es ist, die Arbeit des CJHNT-Projektes zu begleiten und in einem weiteren Expertenkreis zu diskutieren. Nachdem der Anfang mit Philo von Alexandrien gemacht war, folgten nun die Werke des Flavius Josephus. In Aussicht genommen sind in den kommenden Jahren zwei weitere Symposien zu nichtliterarischen Quellen und zur Septuaginta. Da gerade die Schriften des Flavius Josephus im Judentum der hellenistischrömischen Zeit einen der wichtigsten Literaturbereiche darstellen, fiel die Wahl dieser Themenfolge nicht schwer. Für den Tagungsort bot sich Greifswald nicht nur aufgrund des 550. Jubiläums seiner Universität im Jahr 2006 an.2 Von jeher hatte das Studium jüdischer Texte und jüdischen Lebens an der hiesigen Theologischen Fakultät eine Heimat, wenn dabei auch unter den jeweiligen Zeitumständen von „wechselseitiger Wahrnehmung“ noch keine Rede sein konnte. In diese

––––––––––––– 1 Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen. 1. Internationales Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum 1.–4. Mai 2003, Eisenach / Jena, hg. v. R. Deines / K.-W. Niebuhr, WUNT 172, Tübingen 2004. 2 Universität und Gesellschaft. Festschrift zur 550-Jahrfeier der Universität Greifswald, 2 Bde., hg. v. D. Alvermann / K.-H. Spiess; darin Bd. 1, 11–163: I. Garbe / M. Onnasch, Die Theologische Fakultät Greifswald 1815–2004. Die Gründung der Universität erfolgte am 17. Oktober 1456 im Dom St. Nikolai.

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Christfried Böttrich / Jens Herzer

Studien fügt sich die Beschäftigung mit Josephus ein. Julius Wellhausen (1872–1882 in Greifswald) etwa hielt im Wintersemester 1876 / 1877 ein Seminar ab, das der kursorischen Lektüre von Ant XVIII gewidmet war, „da es von Wichtigkeit schien darauf hinzuweisen, daß das Alte Testament nicht unmittelbar in das Neue Testament mündet, sondern daß eine Periode des Judentums dazwischen liegt, welche zu kennen für das Alte sowohl wie für das Neue Testament von nicht geringer Bedeutung ist.“3 Von 1888 bis 1893 wirkte Adolf Schlatter in Greifswald, in dessen exegetischer Arbeit die Auseinandersetzung mit Josephus von Anfang an einen festen Platz hatte.4 Auch Gustaf Dalman (seit 1917 in Greifswald) bereitete auf seine Weise den Boden für weitere Josephusstudien: Für die palästinakundliche Forschung war Josephus zwar nicht unmittelbarer Gegenstand, jedoch ständiger Begleiter.5 Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang schließlich Ernst Lohmeyer, der – 1935 nach Greifswald strafversetzt – eine neue Wahrnehmung jüdischer Glaubens- und Lebenswirklichkeit gegen den Trend der Zeit mit seiner neutestamentlich-exegetischen Arbeit verband.6 Für die Kenntnis des Judentums im 1. Jh. n. Chr. sind die Werke des Flavius Josephus eine Quelle von unschätzbarem Wert. Zum einen liefern sie eine Fülle direkter Bezüge auf Personen, Ereignisse, Orte und Landschaften oder politische Konstellationen, die auch im Neuen Testament, namentlich in der Jesusgeschichte, begegnen. Zum anderen lassen die darin beschriebenen Eigenheiten religions- oder sozialgeschichtlicher Art, literarische Konventionen oder philosophische Überzeugungen ein Bild entstehen, in das sich auch die neutestamentlichen Schriften einfügen. Für das CJHNT-Projekt stellen die Werke des Josephus damit eine der wichtigsten Bezugsgrößen dar. „Wechselseitige Wahrnehmungen“ sind nirgends nötiger und gewinnbringender aufzuspüren als in den vielfältigen Bezügen zwischen dem Neuen Testament und dem Corpus Flavianum. Um dabei der Gefahr zu entgehen, Josephus lediglich aus unterschiedlichen Interessen heraus auszubeuten, übernahm das Symposium erneut die an Philo bereits erprobte Methode des Perspektivenwechsels: Ziel war es, jeweils ein gemeinsames Thema in aufeinander bezogenen Paarvorträgen zu entwickeln – einmal ausgehend vom ––––––––––––– 3 A. Jepsen, Wellhausen in Greifswald. Ein Beitrag zur Biographie Julius Wellhausens,

in: Festschrift zur 500-Jahrfeier der Universität Greifswald, Bd. I, Greifswald 1956, 47–56: 49. 4 A. Schlatter, Die Theologie des Judentums nach dem Bericht des Josephus, BFCTh 26, Gütersloh 1932. Die Anfänge solcher Arbeit reichen viel weiter zurück, wie das Vorwort andeutet. 5 Julia Männchen, Gustaf Dalman als Palästinawissenschaftler in Jerusalem und Greifswald 1902–1941, APV 9 / 2, Wiesbaden 1993. 6 A. Köhn, Der Neutestamentler Ernst Lohmeyer. Studien zu Biographie und Theologie, WUNT II / 180, Tübingen 2004, darin 69–77 zu Lohmeyers Briefwechsel mit Martin Buber.

Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus

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Neuen Testament, ein andermal ausgehend von Josephus. Was lässt sich aus der Josephuslektüre für das Verständnis des Neuen Testamentes gewinnen – und was trägt das Neue Testament zur Interpretation des Josephustextes bei? Im Unterschied zu seinem Zeitgenossen Philo von Alexandrien7 hat Josephus Jesus und die Jesusbewegung offensichtlich wahrgenommen, vor allem aber deren Umfeld beschrieben. Ergeben sich schon von daher nahe liegende Bezüge zur neutestamentlichen Überlieferung, so wird die Notwendigkeit wechselseitiger Wahrnehmungen noch deutlicher durch die Tatsache, dass Josephus für viele Bereiche der neutestamentlichen Geschichte historisches Material bietet, das uns erlaubt, diese Geschichte plausibler zu rekonstruieren, als das allein mit dem neutestamentlichen Datenmaterial möglich wäre. Maßgeblich für die Frage nach dem historischen Wert der Darstellungen des Josephus ist dabei die Einsicht, dass natürlich auch das ‚historische‘ Material des Josephus in literarischer Form vorliegt und dementsprechend unter bestimmten Absichten und Perspektiven präsentiert wird. Dieses Umstandes ist sich der Autor wohl bewusst und gibt seine Reflexionen den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg (vgl. Ant I 1–26; Bell I 1–16). Bereits für Eusebius von Cäsarea (ca. 260 / 264–337 / 340) war Josephus eine Hauptquelle für die Darstellung und die historische Absicherung seiner Kirchengeschichte; ebenso schätzte Hieronymus (347–420) Josephus als Historiker.8 Hieronymus war es wohl auch, der als Erster eine Übersetzung des Josephus ins Lateinische versuchte bzw. deren Notwendigkeit erörterte, das Projekt aber nicht durchführen konnte (Ep. LXXI ad Lucinium); eine erste lateinische Übersetzung wird Rufin (345–410) zugeschrieben, eine weitere Hegesippus (Pseudo-Hegesippus).9 Insbesondere Eusebius, aber auch schon Origenes (ca. 185–253 / 254) ‚benutzten‘ Josephus unter apologetischen und antijüdischen Interessen.10 ––––––––––––– 7 Vgl. Deines / Niebuhr (Hg.), Philo (s. Anm. 1), 4. 8 Vgl. H. Schreckenberg, The Works of Josephus and the Early Christian Church, in: L.

H. Feldman / G. Hata (Hg.), Josephus, Judaism, and Christianity, Leiden 1987, 315–324: 317f. In h. e. III 10 lässt Eusebius bereits Ansätze einer Reflexion der Darstellungsweise des Josephus erkennen, und zwar im Blick auf dessen Rezeption biblischer Schriften. 9 Vgl. A. A. Bell Jr., Josephus and Pseudo-Hegesippus, in: Feldman / Hata, Josephus (s. Anm. 8), 349–361; die älteste bekannte Edition des Pseudo-Hegesippus stammt aus dem Jahr 1510; die erste vollständige lateinische Ausgabe erschien 1470 in Augsburg. 10 Schreckenberg, Works (s. Anm. 8), 317f; vgl. auch W. Mizugaki, Origen and Josephus, in: Feldman / Hata, Josephus (s. Anm. 8), 325–337. Das apologetische Interesse christlicher Autoren spiegelt sich auch in bildlichen Darstellungen von Manuskripten wider, vgl. G. N. Deutsch, The Illustration of Josephus’ Manuscripts, in: Feldman / Hata a. a. O. 398– 410: 399; ders., Iconographie de l’Illustration de Flavius Jos3phe au temps de Jean Fouquet, ALGHJ 12, Leiden 1986. Zum Problem vgl. S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament, Aus dem Amerikanischen von M. Vogel, UTB 2130, Tübingen / Basel 2000, 35–41.

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Christfried Böttrich / Jens Herzer

Bis in neuzeitliche Darstellungen der jüdischen Geschichte sowie der Zeitgeschichte des Neuen Testaments hinein bleibt Josephus die wichtigste Grundlage, angefangen – um nur einige Beispiele zu nennen – bei der zwischen 1886 und 1890 entstandenen „Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi“ von Emil Schürer, über die zeitgleich entstandenen ersten vier Bände der monumentalen und vom kritischen Rationalismus geprägten Darstellung der „Geschichte der Juden“ durch den jüdischen Historiker Heinrich Hirsch Graetz (Ausgabe letzter Hand Leipzig 1902–1908; begonnen 1853; die ersten vier Bände reichen von den „Uranfängen“ bis zur Zerstörung des Zweiten Tempels), bis hin zur populären Verarbeitung des Josephus’schen Werkes in der „Josephus-Trilogie“ von Lion Feuchtwanger (entstanden zwischen 1931 und 1941). Abgesehen von der zugestandenen Freiheit des Romanerzählers erfolgte auch die wissenschaftliche Rezeption des Josephus vielfach eher als Paraphrase denn als kritische Aufarbeitung des Textes und entsprang einem bereits vorhandenen, idealistischen Geschichtsbild – ganz ähnlich der Art und Weise, wie mit den Makkabäerbüchern für die Rekonstruktion der Geschichte Israels bzw. des frühen Judentums ab dem 2. Jh. v. Chr. umgegangen wurde.11 Nach langen Phasen einer eher positivistischen Vereinnahmung der Geschichtsdarstellung des Josephus und der von ihm genannten Daten, Namen und Beziehungen zwischen Personen, Machtkonstellationen und dergleichen ist die gegenwärtige Forschung mehr und mehr geprägt von der methodischen Diskussion um die Einbeziehung der literarischen Voraussetzungen des Josephus und von einer stärkeren Differenzierung innerhalb seiner Schriften.12 Dass damit die Wahrnehmungen nicht mehr nur in eine Richtung, nämlich von Josephus zum Neuen Testament, sondern auch umgekehrt vom Neuen Testament zu Josephus in den Blick kommen, gehört zu den spannenden Aspekten der gegenwärtigen Forschung und lässt die Perspektive des CJHProjektes im Sinne „wechselseitiger Wahrnehmungen“ noch einmal plausibler und deutlicher hervortreten. Damit ist grundsätzlich eine differenziertere Josephusrezeption impliziert, als sie in der Geschichte der Kirche und der Forschung seit Origenes und Eusebius üblich war. ––––––––––––– 11 Vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 10), 44–49. Interessanterweise wird das Bellum des Josephus, das in der Peschitta der Bibliotheca Ambrosiana enthalten ist, das „fünfte Buch der Makkabäer“ genannt, vermutlich wegen der hasmonäischen Abstammung des Josephus. 12 Vgl. dazu z. B. den in Anm. 8 genannten Sammelband von Feldman / Hata; zum Problem insbesondere L. H. Feldman a. a. O. 23–67. Vgl. weiterhin G. E. Sterling, Historiography and Self-Definition. Josephus, Luke-Acts, and Apologetic Historiography, NT.S 64, Leiden 1992; J. S. McLaren, Turbulent Times? Josephus and Scholarship on Judaea in the First Century CE, JSPE.S 29, Sheffield 1998; G. Mader, Josephus and the Politics of Historiography. Apologetic and Impression Management in the Bellum Judaicum, Mn.Suppl. 205, Leiden 2000.

Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus

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Deckblatt des Jüdischen Krieges, 1552 Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: O 48,2° Helmst. (4)

Einer Wiederentdeckung bedurften die Werke des Josephus nie. Durchgängig bewahrten sie ihre Präsenz in der christlichen Theologie. Einer der Gründe lag dabei sicher in dem Bezug auf das sogenannte Testimonium Flavianum sowie in der für apologetische Absichten gut nutzbaren Darstellung vom Untergang des Jerusalemer Tempels. Die Verbreitung des Josephus’schen ªvres erlebte mit Beginn der Neuzeit und dem Aufkommen eines stärker historisch orientierten Interesses einen erneuten Aufschwung, nicht zuletzt befördert – wie in anderen Bereichen auch – durch die Erfindung des Buchdruckes. Wie das Deckblatt einer frühen gedruckten Ausgabe der deutschen Übersetzung des Jüdischen Krieges von 1552 anschaulich macht, war damit häufig ein polemisches und antijüdisches Anliegen verbunden.13 ––––––––––––– 13 Der Titel lautet: „Jüdische Chronic. Von groß mechtiger erhöhung des Judenthumbs Königreich und Fürstenthumb. Zusampt der kläglichen / aller welt anderer Historien jamer

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Christfried Böttrich / Jens Herzer

Die Erarbeitung und Publikation erster deutscher Übersetzungen des Josephus im 16. Jh.14 sind sowohl Ausdruck des ungebrochenen Interesses an diesem jüdischen Historiker als auch seiner Bedeutung für die reformatorischen Aufbrüche, wobei er nicht nur als eine zuverlässige historische Quelle benutzt, sondern – nachweislich bei Martin Luther15 – auch zur Erklärung hebräischer Begriffe herangezogen wurde. Der Rückgriff auf Josephus – neben anderen Historikern – diente dem reformatorischen Anliegen, die biblische Tradition vom Diktat der kirchlichen Lehrautorität und der allegorischen Auslegung abzulösen und statt dessen durch die verstärkte Einbeziehung historischer Aspekte zu interpretieren und zu verstehen.16 Auch hierbei stand die Josephusrezeption unter einem apologetischen Vorzeichen, das aber nicht mehr ‚nur‘ antijüdisch ausgerichtet ist, sondern auch der historischen Begründung und Rechtfertigung reformatorischer Theologie gegenüber ihren Gegnern diente. In diesem Zusammenhang ist das erneute Interesse an einer griechischen editio princeps zu verstehen, die 1544 in Basel erschien. Inzwischen werden die Werke des Josephus nicht mehr vorrangig als ‚historischer Hintergrund‘ der antiken jüdischen und neutestamentlichen Zeitgeschichte untersucht. Sie und ihr Autor sind längst zum Gegenstand eines eigenständigen Forschungsgebietes geworden, dessen Anfänge bis in das 19. Jh. zurückreichen. Nicht zuletzt waren es damals auch jüdische Historiker, durch die das neue Interesse gefördert wurde.18 Die Texteditionen von Wilhelm Dindorf und Benedict Niese sowie die erste vollständige Übersetzung der opera omnia ins Deutsche durch Heinrich Clementz eröffneten einen neuen, breiteren Zugang zu den Schriften des Josephus.19 Josephus

––––––––––––– und not ubertreffenden / Zerstörung des Judischen landts / und undergang der mechtigsten statt Jerusalem / Herzlichen Tempels und Gotsdiensts daselbst. Von wegen irer hartneckigen / auffrürigen unsinnigkeyt und abfall / Mit verachtung aller Göttlicher straff und warnung. In den siben Büchern vom Judenkrieg Flavii Josephi / Judischen Priesters und Kriegsfürsten / inn kürze begriffen. Teutscher vornemlich / unnd allen Nationen / Zum Exempel / vor und nachwarnung / Ein erbärmliche / wundersam und besserliche Histori. Zu Frankfort am Meyn / Bei Chr. Egenolst.“ 14 Die erste deutsche Übersetzung (aus dem Lateinischen) stammt aus dem Jahr 1531. 15 Vgl. B. H. Amaru, Martin Luther and Flavius Josephus, in: Feldman / Hata (Hg.), Josephus (s. Anm. 8), 411–426: 411ff. 16 Amaru, Luther (s. Anm. 15), 413f. 18 Vgl. z. B. P. Grünbaum, Die Priestergesetze bei Flavius Josephus, Berlin 1887; A. Lewinsky, Beiträge zur Kenntniss der Religionsphilosophischen Anschauungen des Flavius Josephus, Breslau 1887; L. Korach, Ueber den Werth des Josephus als Quelle für die Römische Geschichte, Leipzig 1895. 19 W. Dindorf, Flavii Josephi opera graece et latine, 2 Bde., Paris 1864; B. Niese, Flavii Iosephi Opera, 7 Bde., Berlin 1885–1895; Heinrich Clementz, Übersetzung der Werke in 2 Bde., Halle 1900–1901. Dindorf gliederte die einzelnen Bücher nach Kapiteln und Abschnitten, Niese gliederte nach Paragraphen. Clementz, der auf Dindorf basierte, übernahm

Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus

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interessierte nun vor allem als Zeitgenosse des 1. Jh. n. Chr. mit seinen vielfältigen Verbindungen zur griechisch-römischen Geschichte bzw. zur Geschichte des Judentums unter den Bedingungen des Hellenismus und im Imperium Romanum sowie zur Archäologie und Kultur der Antike. Die Vielfalt dieser Verbindungen nötigt heute zu einer verstärkten interdisziplinären Arbeit insbesondere zwischen Geschichtswissenschaft, Archäologie, Judaistik, Philologie und Theologie, wie sie der vorliegende Band als Ergebnis des Greifswalder Symposiums widerspiegelt. Manche der Beitragenden sind eingebunden in größere wissenschaftliche Übersetzungs- und Kommentarprojekte in verschiedenen Sprachen und damit auch unterschiedlichen wissenschaftlichen Traditionen, die die gegenwärtige Josephusforschung maßgeblich vorantreiben und immer wieder Anlass zu Einzelstudien geben. Zu nennen ist an erster Stelle die im Brill-Verlag (Leiden) erscheinende Kommentarreihe zu den Werken des Josephus, das erste Projekt dieser Art, unter editorialer Verantwortung von Steve Mason, in der inzwischen seit 1999 fünf Bände erschienen sind.20 Bedeutsam für die deutschsprachige Josephusforschung ist das 1996 ins Leben gerufene Münsteraner JosephusProjekt unter der Leitung von Folker Siegert, dessen Bände – wie das CJHNT-Projekt – im Verlag Mohr-Siebeck (Tübingen) erscheinen.21 Nicht zuletzt ist auch auf das französische, in der Édition du Cerf (Paris) erscheinende Übersetzungsprojekt von Étienne Nodet hinzuweisen, in dem inzwischen vier Bände mit der Übersetzung von Ant I–IX22 vorliegen. Die in diesem Band versammelten Beiträge basieren zum überwiegenden Teil auf den Vorträgen des Greifswalder Symposiums. Für den Druck sind sie überarbeitet und gelegentlich auch erweitert worden. Einige Beiträge wurden um der Thematik willen noch nachträglich hinzugefügt. Zur Eröffnung des Symposiums nahm Steve Masons Vortrag eine Standortbestimmung vor, bei der die Wechselbeziehungen zwischen Josephus und dem Neuen Testament vor allem in grundlegend methodischer Hinsicht be-

––––––––––––– dessen Zählung. Die jüngste Neuauflage der Clementz’schen Übersetzung, hg. v. M. Tilly, Wiesbaden 2004 / 2005, legt lesefreundlich beide Zählungen an den Text an. 20 Flavius Josephus. Translation and Commentary Vol. 3: Judean Antiquities Books 1–4, Translation and Commentary by L. H. Feldman, Leiden 1999; Vol. 4: Judean Antiquities Books 5–7, Translation and Commentary by C. T. Begg, Leiden 2005; Vol. 5: Judean Antiquities Books 8–10, Translation and Commentary by C. T. Begg / P. Spilsbury, Leiden 2005; Vol. 9: The Life of Josephus, Translation and Commentary by S. Mason, Leiden 2001; Vol. 10: Against Apion, Translation and Commentary by J. M. G. Barclay, Leiden 2006. 21 Flavius Josephus, Aus meinem Leben (Vita). Kritische Ausgabe, Übersetzung und Kommentar von F. Siegert / H. Schreckenberg / M. Vogel, Tübingen 2001. 22 É. Nodet, Les Antiquités juives. Livres I–III, édition bilingue (grec / français), ªuvres de Flavius Jos3phe et études, Les Éditions du Cerf, Paris 1992; Livres IV–V, Paris 1995; Livres VI–VII, Paris 2001; Livres VIII–IX, Paris 2005.

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Christfried Böttrich / Jens Herzer

leuchtet wurden. Sein Beitrag steht deshalb auch am Beginn dieses Bandes. Karl-Wilhelm Niebuhr wiederum zog mit seinem Vortrag ein Resümee, das die wechselseitigen Wahrnehmungen zwischen beiden Literaturbereichen anhand der Thematik von Tod und Leben konkretisierte und damit am Ende der Tagung noch einmal in Korrespondenz zum Eröffnungsvortrag trat. Den Hauptteil des Bandes bilden die sieben Paarvorträge in jener Abfolge, in der sie auch das Programm des Symposiums bestimmten. Den Anfang machen die Beiträge von Alice Whealey und Friedrich Wilhelm Horn, die das sogenannte Testimonium Flavianum im Spannungsfeld zwischen ursprünglicher Gestalt und christlicher Rezeption diskutieren. Das Bild der Pharisäer untersuchen Daniel Schwartz und Roland Deines, wobei vor allem die Frage der Diasporaperspektive des Josephus sowie der theologischen Intentionen bei den Evangelisten eine wichtige Rolle spielen. Jonathan J. Price und Matthias Konradt befassen sich mit den Deutungen der Tempelzerstörung im Jahre 70, die lange Zeit von christlicher Seite aus als wesentlicher Ansatzpunkt antijüdischer Polemik fungierte. Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit der Schrift, bezogen auf den Propheten Jesaja, machen die Beiträge von Christopher Begg und Florian Wilk sichtbar. Galiläa als eine der Kernlandschaften des Josephus und als Schauplatz der Jesusbewegung steht im Zentrum der Untersuchungen von Jürgen Zangenberg und Christfried Böttrich, wobei der Erste über den Befund bei Josephus hinaus auch die Ergebnisse der modernen Archäologie mit einbezieht. Die Problematik des antiken Antijudaismus wird von Christine Gerber aus Sicht von Contra Apionem, von John Barclay aus Sicht der neutestamentlichen Konfliktsituationen behandelt. Schließlich widmen sich Folker Siegert und Knut Backhaus der Frage nach den Begründungszusammenhängen religiöser Identität bei Josephus und Lukas. Über die Paarvorträge hinaus greifen vier weitere Einzelbeiträge wichtige Themen auf. Jens Herzer untersucht das Bild des Pilatus mit Blick auf die Frage, wie die Informationen und Intentionen bei Josephus und in den Evangelien die späteren Rezeptionswege bestimmen. Karl-Heinrich Ostmeyer analysiert die Genealogien der Evangelien im Licht der Vita des Josephus. Beide Beiträge treten erst in diesem Band zum Programm des Symposiums hinzu. Eine neue Dimension eröffnet der Beitrag von Bianca Kühnel, der in Greifswald als öffentlicher Vortrag auch ein breites Publikum aus Universität und Stadt mit der Thematik des Symposiums bekannt machte. Auf dem Feld der Kunstgeschichte rückt sie die ansonsten nur selten berücksichtigte Wechselbeziehung zwischen christlichen ikonographischen Traditionen und der Textüberlieferung des Josephus in den Blick. Einen weiteren wichtigen Bereich behandelt Ernst Hansack, der als Slavist und Kenner der altslavischen Übersetzung des Bellum den Kreis des Symposiums in den aktuellen For-

Josephus und das Neue Testament – Das Neue Testament und Josephus

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schungsstand zum ‚slavischen Josephus‘ einführte. Zusätzlich ist diesem Beitrag hier noch ein Aufsatz von Anatoly A. Alekseev angefügt, der sich in jüngster Zeit ebenfalls ausführlich zum altslavischen Josephus-Text und den darin enthaltenen, viel diskutierten Zusätzen geäußert hat und der die grundsätzliche Problematik anhand der Kindermordgeschichte Mt 2,16 darstellt. Zu den Proprien des Symposiums gehörten auch die drei Lektüregruppen, in denen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren ganz unterschiedlichen Zugängen zu Josephus zur gemeinsamen Textarbeit zusammenfanden. Angeleitet wurden diese Gruppen von den beiden Greifswalder Altphilologen Michael Weißenberger und Dirk Hansen sowie dem Theologen Manuel Vogel. Sie waren auf der Basis eines gemeinsamen Readers drei Textbereichen gewidmet: I. Das jüdische Gesetz als ideale Verfassung (Ap II 145–219), II. Sterbeszenen im Vergleich (Texte aus Bell I und Ant IV, XIV, XV, XIX), III. Die jüdischen Philosophenschulen (Bell II 117–166, Ant XVIII 1–25). Mit den in diesem Band vorliegenden Ausarbeitungen werden Aspekte der jeweiligen Diskussion aufgenommen und weitergeführt. Geschichte, Anliegen und Konzeption des CJHNT müssen hier nicht noch einmal wiederholt werden.23 Die Website des Lehrstuhles für Neues Testament an der Theologischen Fakultät in Jena soll künftig über den aktuellen Stand des Projektes Auskunft geben. Mit dem Pilotband zum Jakobusbrief kann dann in absehbarer Zeit auch die Reihe der bereits in Arbeit befindlichen Kommentare starten. Flavius Josephus, den Eusebius im 4. Jh. n. Chr. den „berühmtesten Geschichtsschreiber der Hebräer“ nannte (h. e. I 5,3), hat sich längst von der Rolle des Lieferanten für passende Zitate gelöst. Für die Arbeit des CJHNT hat er als ein Autor mit eigenständiger Stimme zentrale Bedeutung.

––––––––––––– 23 Frühjudentum und Neues Testament im Horizont Biblischer Theologie, hg. v. W. Kraus / K.-W. Niebuhr, WUNT 162, Tübingen 2003, 303–382; dazu Deines / Niebuhr (Hg.), Philo (s. oben Anm. 1), 12–16.

I. Standortbestimmungen

Josephus and the New Testament, the New Testament and Josephus: an Overview1 by

STEVE MASON Throughout Western history the relationship between Josephus and the New Testament – the two textual corpora that have largely controlled understanding of the seminal events at the turn of the Christian Era – has been mainly one-directional: Josephus provides background to the texts of the New Testament. Even in the critical scholarship represented by Emil Schürer’s „Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi“ (1886–1890) and its considerable progeny, Josephus is employed chiefly as the authority for the historical context of the NT. In the past two or three decades, this accepted relationship has been undermined in principle by the increasingly attentive study of Josephus’ narratives. Once we begin to recognize the complexity and artistry of these texts – their crafted structures, rhetoric, syntax, and diction – we realize that they can no longer be simply co-opted as factual reportage. Yet more serious is the whole notion of ‚authority‘ in historical research; for the discipline of history, whether one looks to its Herodotean-Thucydidean or post-Enlightenment bases, rests upon the rejection of authority. Although the traditional use of Josephus has been thus undermined in principle, his authoritative status is so deeply ingrained that his presence as historical guarantor remains visible everywhere: New Testament and early Jewish studies have not yet caught up with the implications of developments in Josephus studies. Of the many topics, therefore, that one might include in an essay on Josephus and the New Testament, I have chosen to devote the following study to the fundamental problem of method and prospects for future research. The many specific issues associated with our theme – the events, institutions, and

––––––––––––– 1 I presented the heart of this paper in June 2006 at the international Josephus-colloquium sponsored by the Corpus Judaeo-Hellenisticum. I wish to thank all of my colleagues in the conference for stimulating conversations on our theme, in particular our host in Greifswald, Prof. Dr. Christfried Böttrich.

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personalities mentioned by Josephus and the NT, or the connections between Josephus and Luke-Acts – cannot be considered here, except by way of occasional illustration.2 I propose to treat the problem of method in four parts: (a) Josephus as factual authority for New Testament readers – origins and forms of the standard model; (b) Problems with the standard model, illustrated by a case study; (c) Josephus’ works as parallel narratives to the NT texts; and (d) Josephus’ rhetoricized world in relation to NT rhetoric.

I. Authority and Truth in Josephus: Origins and Character 1. Antiquity and Middle Ages It is widely observed that in the Graeco-Roman world the competition for honour (ƹƮưƳƷƮμƤƦ) was a zero-sum game played by members of the elite classes: Each prominent man tried to assert his auctoritas at the expense of his peers.3 The writing of history was but one occupation of the same group that led all aspects of ancient society: as magistrates, councilors or senators, governors, priests, landowners, and military commanders (e. g., Thucydides, Xenophon, Polybius, Fabius Pictor, Cato the Elder, Cicero and Atticus potentially, Sallust, Caesar, Tacitus).4 Works of history, increasingly supplemented by explicit autobiographical notes,5 were an extension of political life. Like other forms of public benefaction and commemoration, but all the more because they sought to teach lessons to future statesmen, they reinforced their author’s claim to recognition as social paragon and moral arbiter. As a branch of literature, history was produced and received according to the ubiquitous values of the rhetorical training in which the elite had been nurtured (Cicero, Orator II 62–64).6 Accordingly, the author’s perceived character (ɻƭƳƵ) was the crucial criterion for acceptance, and the basis for his appeals to reason

––––––––––––– 2 These parallels have been treated extensively. In addition to Schürer and his many successors, see e. g. H. W. Montefiore, Josephus and the New Testament, NT 4, 1960, 139–160.307–318; and S. Mason, Josephus and the New Testament, revised edition, Peabody 2003; idem, Flavius Josephus und das Neue Testament, Tübingen 2000. 3 Cf. T. P. Wiseman, Roman Political Life 90 B. C. – A. D. 69, Exeter 1985, 3–19. 4 For the Roman elite and its values under the early Empire, see S. P. Mattern, Rome and the Enemy. Imperial Strategy in the Principate, Berkeley 1999, 1–23.162–211. 5 Cf. G. Misch, A History of Autobiography in Antiquity, 2 Vols., trans. E. W. Dickes, London 1950, Vol. 1, 231–233. Two relevant cases are Nicolaus of Damascus and Josephus; the latter’s substantial Vita was written as an appendix to the magnum opus, to exhibit the author’s character (Ant XX 266–267; Vita 430). 6 On the passage, and Cicero’s view of historiography in general, see A. J. Woodman, Rhetoric in Classical Historiography. Four Studies, London 1988, 70–216.

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(ȜȩȖȠȢ) or emotion (™ơƭƳƵ).7 Character was considered a product of blood lines, familial and personal achievements (especially military), wealth, offices, powerful friends, and benefactions given and received.8 Such elite competition famously characterized the late Republic in Rome, where powerful men asserted their superior potency and status (potestas, auctoritas, dignitas, virtus, gloria, etc.), until Augustus found a way to achieve monarchical rule while preserving a veneer of republican values, drawing all glory to his own person. Tacitus remarks (Annales I 1; cf. Agricola I 2–3) that the scope for personal assertions of authority has shriveled to nothing, yielding instead to flattery.9 Great men largely stopped writing history or autobiography; even those who dabbled in biography risked danger if they seemed to praise models of dangerous behaviour or implicitly criticize the regime.10 These vicissitudes of history-writing reflect its inextricable bond with the author’s prestige. A historical account, if not for show or entertainment, was a major statement by an auctor. Greek cities did not cultivate the same opportunities for personal power as the Roman Republic did, but there too the writing of history had generally involved a prominent man’s production of an authoritative narrative (e. g., Thucydides, Xenophon, Polybius). We see this in the ‚continuator‘ tradition, according to which each new historian sought to become the authority for his own age, taking up the past from the point at which an established writer had left ended his narrative.11 Each writer aspired to become the accepted authority for his period. A reflection of the underlying assumptions is Polybius’ treatment of the Cleomenic War: Rather than interrogating the two main sources available to him as to their factual correctness, he rejects Phylarchus out of hand, on the basis of repugnant political sympathies, choosing rather „to follow Aratus“; the latter is „true“ and the former, though widely trusted by others, „false“ (II 56,2). The process of continuation often combined a certain deference with selfinterested challenge. Even among the accounts we know about we can identify rival efforts to become the continuator (e. g. Strabo and Posidonius after Polybius), and the extent writers often declare that they are challenging others who deal with overlapping periods (e. g., Polybius I 3,7–10; III 6,1–4, 9,1–5;

––––––––––––– 7 For these three sources of proof see Aristotle, Rhet I–II. 8 On the crucial role of character in history-writing see J. Marincola, Authority and Tradi-

tion in Ancient Historiography, Cambridge 1997, 128–174. 9 C. S. Kraus / A. J. Woodman, Latin Historians, Oxford 1997, 88–97. 10 Tacitus, Ann III 76; IV 43–45; XVI 7,22; Plinius, Epistulae I 17,3. 11 Xenophon’s Hellenica continues Thucydides’ History; Polybius continues both Aratus and Timaeus, and is in turn continued by Posidonius and by Strabo’s lost History, among others. On the continuator tradition, see Marincola, Authority (see n. 8), 237–257.

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12,2; XVI 4,1; Josephus, Bell I 1–8; Vita 336–367). Polybius’ decision to begin where Timaeus had finished (I 5,2) by no means prevents him from savagely attacking the same writer in an extended digression (Book XII), further enhancing his own claim to trustworthiness. When Josephus charges in Bellum’s prologue that his eloquent Greek contemporaries „write the history of the Assyrians and Medes, as though these events had been less finely reported by the ancient historical writers“ (I 13), or „The industrious man is not the one who merely remodels another person’s arrangement and order, but the one who, by speaking of recent things, thereby establishes the body of the history in a distinctive way“ (I 16), he seems to expect applause for scoring a lethal point against his Greek critics. Whereas he is doing what Thucydides and Polybius did, seeking to make himself the trustworthy authority for his contemporary subject, his critics (a different group from those already disparaged in I 2–8 for having written up the war in second-rate sophistic terms) are obsessed with retelling ancient Greek stories. By alternatively doing battle with current rivals and fending off criticism from others, he attempts to secure his place as unrivalled authority for this crucial period of Judaean and Roman history. In Bellum Josephus justifies his beginning point on the Polybian ground that earlier periods have been tolerably well covered by others (I 17). He also acknowledges that others have written about the recent war (I 1–8), but seeks to replace their ‚sophistic‘ ephemera with an authoritative guide based on unique access to both sides of the conflict (I 1–3). In this respect, at least, he succeeded beyond his wildest dreams, to become the sole authority for the period until today. That those other accounts did not survive even to late antiquity, as far as we can tell, seems to reflect their massive prestige deficit: They lacked the authority that he enjoyed by his connections with the Flavian house (Vita 361–367). In the elite circles that produced ancient history we do not find authors inviting their audiences, in any systematic way, to consider a series of specific problems of fact, review the range of available evidence (catalogued and located), and to reach logically probable conclusions. It has been observed that Greek and Latin lacked any term corresponding to our ‚evidence‘ in this sense, their ‚proofs‘ (e. g., ƷƪƯμƬƴƤƦ, ə™ƳƩƪƤƲƪƮƵ) being of a different, rhetorical kind.12 Here too Polybius provides interesting material. On the one hand, he decries the widespread trust of Fabius Pictor on the premise that the Roman historian was a senator and a contemporary of the events he described. Polybius insists that readers test „what is said“ and not simply trust „the one saying it“ (III 9,1–5). This reveals that critiques of authority could be heard,

––––––––––––– 12 C. W. Hedrick, Ancient History. Monuments and Documents, Oxford 2006, 18–19.

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but also that deferring to accounts by prominent figures was the normal reflex. And on the other hand, we have noted Polybius’ own practice in completely trusting one source while discounting another. When he comes to divulge his methods for ascertaining facts, he can be surprisingly quick to invoke character-based criteria and ‚probability‘ arguments based upon them.13 Truthfulness in history-writing was inseparable from moral trustworthiness. It is true that Hellenistic and Roman-period historians liberally used the language of əư˂ƭƪƮƦ, əƯƴ˄ƧƪƮƦ, and əƶƹʾưƪƮƦ, and in ways that sound as though they intend empirical research. Polybius’ critique of Fabius, just mentioned, asks the reader to test the facts (or „circumstances“ – ɩƲ ƦʡƷ̹Ʊ Ʒ̹Ʊ ™ƴƦƨμơƷƼƱ ™ƳƮƪ̝ƶƭƦƮ ƷʽƵ ƩƳƯƮμƦƶƤƦƵ), and not assume the senator’s trustworthiness (III 9,5). Yet the example he provides in critique rests entirely on a matter of judgement concerning Carthaginian motives (III 8,1–11). Even more obviously, Polybius’ attack on Phylarchus’ falsehood (Ʒ˅ ƻƪ̬ƩƳƵ, II 56,2) actually rests on the latter’s alleged bias toward the Spartans, sympathy with the plight of Sparta’s allies, and failure to mention the nobility of Polybius’ own city (II 56–63). Similarly, Polybius justifies his own prefatory account of the first Punic War on the ground that the two existing sources are biased toward either Romans or Carthaginians: His truthfulness will consist in his avoidance of such bias, praising even enemies and chastising even friends (I 14,1–8). We find the same understanding of truth as avoidance of partisanship among Roman authors, and in Lucian of Samosata’s well-known essay.14 It is easy, but surely misguided, to trivialize this preoccupation with frank speech (especially moral assessments) as the heart of truthfulness. To be sure, it was part and parcel of the larger moral-rhetorical context of ancient historiography. But it was also a function of the social context in which histories were ‚published‘ – often orally, before an immediate live audience. In such public contexts, everyone understood, although it was easy to rubbish common enemies not present, it really did take enormous courage not to flatter powerful friends, even more to criticize them. So too, when Josephus speaks about writing the truth (əư˂ƭƪƮƦ) with accuracy (əƯƴ˄ƧƪƮƦ, Bell I 6.9.17.30; VII 454; Ant I 4; Vita 360–361, 364–367; Ap I 6.50), his meaning is clear from the context. Namely, whereas other writers in Rome quite predictably flatter those now in power, and energetically denigrate the defeated Judaeans (Bell I 2.6–8), he will set the record straight and tell the truth. Which is to say: He will not overcompensate by ––––––––––––– 13 Who advised young King Philip to conduct his impious assault on Thermos? Even one who was not present, Polybius avers, may discern from the character of his two advisors that it must have been Demetrius (V 12,5–8). 14 See Woodman, Rhetoric (see n. 6), 70–116, esp. 73–75.

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praising his compatriots too much, but will give due praise and blame to both sides (I 9). The opposite of truth, then, is not simple factual error (where Josephus’ narratives overlap, they abound in small contradictions), but bias.15 The notion of facts in themselves, which impose themselves on all neutral observers, no matter what their status, and deserve to be studied accurately for their intrinsic merit, is a different thing – and still a long way off. Except in his opening claim to eyewitness status (Bell I 2–3), which cannot account for much of the narrative content,16 Josephus’ Bellum and Vita divulge little about the sources of his knowledge.17 Antiquitates is different: Not a war monograph, it begins as a translation of another corpus, the sacred texts of the Judaeans (Ant I 5–10), and cites also many other documents and texts by name. But also there Josephus makes it clear that his priestly status and peerless character are the principal guarantees of his truthful interpretation, the authority behind the artful creation of this „useful“ and „beautiful“ work (I 9).18 No one else could have produced it, he declares, citing his combination of ancestry and achievement (XX 266–267), and that is presumably why he was pressed into doing it (I 10). Throughout his entire corpus, Josephus obviously bends episodes to his narrator’s will, as when the wealthy Maria addresses the infant she is about to eat (inside besieged Jerusalem, the story being known by rumour, Bell VII 214) concerning the evils of „war, famine, and civil strife,“ conveniently reprising themes from the prologue (I 27) and anticipating Titus’ response to the enormity (VII 205–206.215–216). Like his contemporary historians, Josephus is saying in effect: „Trust me – I know what happened and what it should teach us.“ Historical works, then, along with treatises on ethnography and geography, cosmology, physics, biology, and astronomy / astrology, were part of the bulwark of accepted authority. We can only be astonished at the degree to which Roman leaders and authors deferred to such recognized sources for their information about the cosmos, foreign peoples, and distant places. Although more accurate information was often available from merchants and travelers

––––––––––––– 15 See Marincola, Authority (see n. 8), 158–174. 16 That is: He cannot have known by personal observation anything until about 50 C. E.,

when he turned 13, or anything that occurred in the towns where he was not present (including, presumably, the crucial events in Caesarea from 59 to 66, at Bell II 266ff), especially in besieged sites during the war – notably Jerusalem. 17 In Bellum itself, Josephus reveals little about his sources, though he leaves openings when he mentions deserters from besieged sites or the old woman and children who survived Masada (Bell VII 399). Only in Vita (358–367) and Contra Apionem (I 50–56) will he indicate more solid resources: an allegedly extensive correspondence with King Agrippa II and consultation of the Roman generals’ commentarii. 18 Ant I 6–9; XVI 187; XX 266–267.

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with first-hand experience, lacking the prestige of the established authorities those sources were generally ignored.19 Notwithstanding occasional outbreaks of the empirical impulse, chiefly among sub-elite specialists, deference to authority remained the dominant mode of learning throughout the Middle Ages; only a Copernican revolution could overthrow it. Although none of the rivals Josephus mentions in Bellum’s prologue has left any other traces for comparison with his own work, the legacies of Nicolaus of Damascus and Justus of Tiberias help to put this issue of authority in relief. Nicolaus was a highly educated and skillful writer, whose public career had given him unmatched access to the most powerful men alive, and so to the best information of his time.20 Yet, although sections of his 144-volume „Universal History“ have survived in relative plenty (via the 10th-century Excerpta of Constantine Porphyrogenitus), nothing remains of his detailed accounts of Judaea or King Herod; we know these parts only through what Josephus – the new authority on Judaean matters – adapted for his own purposes.21 On the other chronological side of Josephus, Justus of Tiberias was apparently a talented writer, as secretary and protégé of King Agrippa II (Vita 40.336). He too must have had access to precious information, and modern scholars would be delighted if his work had survived. Yet Justus found little or no uptake among the Christian authors who preserved Josephus, and his works, which seem to have treated Judaean affairs almost exclusively, disappeared entirely.22 Among contemporary sources, we know about Justus only through Josephus’ criticism, which would echo through the centuries. Early on, Justus lost the competition for prestige: Once Josephus was regarded as the authority for Judaea, his rival had no chance. Eusebius’ ready endorsement of Josephus’ moral critique of Justus (h. e. III 10,8) shows that the contest had long been settled by the fourth century. The ninth century Patriarch Photius claims still to have read Justus’ work, but he too repeats Josephus’ dismissal with enthusiasm. By the time of the „Suda Lexicon“ in the tenth century, the entry on Justus merely cites Josephus as sufficient repudiation (I 450: „He took it upon himself to compile a Judaean ––––––––––––– 19 On the deference to authority in all spheres of knowledge see Mattern, Rome (see n. 4),

24–80; C. R. Whittaker, Rome and Its Frontiers. The Dynamics of Empire, London 2004, 63– 87. 20 The standard account remains B.-Z. Wacholder, Nicolaus of Damascus, Berkeley 1962. 21 A concise survey of Josephus’ ‚Nachleben‘, including the insightful contrast with Nicolaus and Justus, is in S. Bowman, Josephus in Byzantium, in: L. H. Feldman / G. Hata (eds.), Josephus, Judaism, and Christianity, Detroit 1987, 362–385; for this point: 367. 22 Justus’ history may, however, have provided the basis for Julius Africanus’ historical schema, which furnished a foundation for many later chroniclers: see Bowman, Byzantium (see n. 21), 366.

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history …; but Josephus exposes this fellow as a fraud, for he was writing history in the same period as Josephus“ – əưưʽ ƷƳ̬ƷƳƱ ʍˊƶƬ™ƳƵ ɩưˀƨƺƪƮ ƻƪƸƶʾμƪƱƳƱ. ƯƦ˃ ƨʽƴ ɩƱ ɩƯƪ˄Ʊ̷ Ʒ̺ ƯƦƮƴ̺ ƶƸƱˀƨƴƦƹƪƱ ʚƷƪ ƯƦ˃ ʍˊƶƬ™ƳƵ.).23 Evidently, the evaluation of Josephus and these near contemporaries by the Christian writers whose judgements ensured the survival of his works had little or nothing to do with a critical investigation or verification of their accounts. It had everything to do with a presumed moral compatibility, buttressed by Josephus’ overwhelming prestige. After the initial boost provided by his Flavian social connections, a curious thing happened to Josephus’ legacy. On the one hand, the Judaean community declined utterly to show an interest in their famous son. This is the flip-side of the authority question, for no matter how good his information might have been, he was – like Phylarchus to Polybius – perceived as morally reprehensible and therefore as an untrustworthy guide (see already Bell III 438–442; Vita 416.425). Christian authors took up Josephus’ work with enthusiasm precisely because they found him as congenial as his compatriots found him objectionable. At least a dozen Christian authors of the second and third centuries, from Theophilus of Antioch to Tertullian and Origen, use Josephus as an authority,24 but they do not explain why they credit his works. Eusebius is important because he not only makes extensive use of Josephus25 but also explains why. He introduces him as „the most distinguished of historians (ɩ™ƮƶƬμƿƷƦƷƳƵ ʆƶƷƳƴƮƯ̹Ʊ) among the Hebrews“26 (h. e. I 5,3; cf. I 6,9). After uncritically endorsing Josephus’ claims to comprehensive knowledge (Bell I 3), he elaborates that the historian was: the most renowned (ɩ™ƮƩƳƲƿƷƦƷƳƵ) man of the Judaeans at that time, not only with his compatriots but also among the Romans, such that he indeed was honoured by the erection of a statue in the city of the Romans, and the works composed by him were considered worthy of [deposit in] the library. (h. e. III 9,1–2)

Eusebius reinforces Josephus’ credibility (™ƮƶƷƪǀƪƶƭƦƮ) by endorsing his claims against his rival Justus of Tiberias (h. e. III 9,3), accepting Josephus’ assurance that King Agrippa and his family as well as the imperator

––––––––––––– 23 This language closely matches Josephus at Vita 40.338. 24 Cf. M. E. Hardwick, Josephus as an Historical Source in Patristic Literature through

Eusebius, Atlanta 1989, 10.31.34.49.60. 25 See S. Inowlocki, The Citations of Jewish Greek Authors in Eusebius of Caesarea’s Praeparatio Evangelica and Demonstratio Evangelica, Ph. D. dissertation, Oxford 2001. The tenth-century „Suda Lexicon“ (entry: Jesus [ʍƬƶƳ̬Ƶ], Christ and our God, item 229, line 164) identifies Josephus as the historian to whom Eusebius often referred. 26 For the positive valuation of ‚Hebrew‘ in Eusebius, see Inowlocki, Citations (see n. 25), 52–64.112–121.

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Titus all vouched for the Bellum’s accuracy (III 9,10–11; cf. Vita 361–363). The „Suda“ will reiterate many of the same points: Josephus was a lover of the truth (ƹƮưƦư˂ƭƬƵ), who spoke of both the Baptist and Jesus and James, and whose fame led to his being honoured with a statue (I 503–504). Josephus’ authority sprang ultimately from the esteem in which powerful Romans had first held him.27 Here was a Jerusalemite of impeccable social standing before the war, who had nevertheless castigated the Judaean rebels in the later volumes of the Bellum, also describing in lurid detail the fall of Jerusalem – thereby seeming to demonstrate the fulfillment of Jesus’ predictions (e. g., Origen, Cels. II 13,68–85). Josephus, of course, had made no connection between the fall of Jerusalem and Christian claims, but it seemed possible to use him in this way: a Judaean witness who wrote with unrestrained emotion about the alleged failings and crimes of his contemporaries. His ongoing celebration of Judaean law and culture could either be minimized, as it was by Origen, who famously credited him with being „not far from the truth“ (Cels. I 47; Comm. Mt X 17), and Eusebius, or it could be squarely faced and exploited on historiographical grounds, as it was by the fourth-century Ps.-Hegesippus. This author wrote (De excidio II 12): „However, it was no detriment to the truth that he [Josephus] was not a believer; but this adds more weight to his testimony: that while he was an un-believer, and unwilling that this [the testimonium flavianum] should be true, he has not denied it to be so.“ Hegesippus felt strongly enough about the authority of Josephus’ witness („an outstanding historian“ I 1), yet also about his being too Jewish, that he wrote a new history of Jerusalem’s fall in ‚truthful‘ Christian terms.28 It would take another 1350 years for the heterodox theologian William Whiston to press the adoptionist line of Origen and Eusebius as far as actually making room for Josephus within the Christian fold – as an Ebionite bishop.29 Either way, Josephus’ prestige remained unmatched, even by works such as that of Ps.-Hegesippus, through the Middle Ages and into modernity. 2. Josephus’ Authority in Modern Scholarship Writers of the modern ‚Umwelt‘ manuals in the nineteenth and twentieth centuries would continue to use Josephus as their ‚Companion to the NT‘, but

––––––––––––– 27 Hardwick, Literature (see n. 24), 74. 28 Passages cited here are from the opening paragraph of the work. A concise introduction

to Pseudo-Hegesippus in relation to Josephus is A. Bell, Josephus and Pseudo-Hegesippus, in: Feldman / Hata (eds.), Josephus (see n. 21), 349–361. 29 So Dissertation 1 attached to W. Whiston’s 1737 translation of Josephus.

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their rationale was fundamentally different from that of the church fathers. As the basis for esteem, Josephus’ personal prestige gave way to a conception of raw facts and sources presumed to be embedded in his accounts. If it is possible to speak of the Enlightenment as a coherent movement, its defining trait was the repudiation of all so-called knowledge derived from authorities. Common reasoning applied to repeatable observation became the only acceptable way of knowing, in a world now grown up and free of tradition’s tutelage.30 Like other disciplines, history needed rescuing from accrued sacred tradition. Once the clear-sighted critic had burned away the thick patina of clerical orthodoxy, it was hoped, the plain facts of astronomy, biology, physics, geography, and history – for Deists, these were the very words of God – would impose themselves on honest and neutral thinkers, demanding a new view of the world. Ancient history did not immediately take up the positive ‚scientific‘ logic of the Enlightenment. The ‚philosophers‘ of the eighteenth century, in a striking parallel to their ancient elite counterparts, saw history as but one of their many encyclopaedic pursuits, and they similarly shunned specialization in the field as pedantic. Though sometimes diligent in examining sources, they tended to write sweeping interpretative histories accompanied by vigorous moral assessment based in universal principles. In their animus against Christianity they were hardly objective, though they believed their harsh assessments justifiable in the service of truth.31 The accommodation of history to the new scientific conception of independent facts came chiefly in the nineteenth century. Historians such as Barthold Georg Niebuhr and Leopold von Ranke insisted, against the Enlightenment synthesizers, on studying the details of particular places, states, and individuals without assuming the normativity of a universal ‚natural law‘, as the Enlightenment had done, and therefore also withholding moral judgement. Their prime directive was to get the facts correct and only afterwards, where possible and with great care, to move up to general statements drawn from the particulars. The momentum in history was moving decisively away from the grand narratives preserved from antiquity, driven by universal principles of nature and morality, towards the atoms thought to constitute the surviving evidence, whether these were found in material remains or in non-literary

––––––––––––– 30 Immanuel Kant’s „Was ist Aufklärung?“ (1784) is a classic statement. The opening paragraph declares: „‚Have the courage to use your own understanding‘ is therefore the motto of the Enlightenment.“ 31 An excellent analysis, with vastly more nuance than I can attempt, is in P. Gay, The Enlightenment. An Interpretation, New York 1969, 368–396.

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documents or in underlying sources distilled from the literary texts (a specialty of Niebuhr).32 The scientific turn in history proved its value in the later nineteenth century as thousands of material remains from antiquity were found, catalogued, and interpreted: coins, papyrus documents, funerary and civic inscriptions, and remains of monuments. This gathering of new evidence generated dictionnaries, encyclopaedias, and other reference works of hitherto unimaginable quality, considerably refining our understanding of social, cultural, legal, and linguistic variation in antiquity. A problem, however, was that the new enthusiasm for raw data and particular facts tended to create the expectation that any and all such data, once discovered, could be treated in the same way, no matter where they originated – for a fact was a fact. This mood conditioned also the interpretation of literary texts, including Josephus’. The scholar’s aim was now to get past the subjective, moralizing interpretation of the author to the facts beneath, or, if not the facts, the earliest and less corrupted sources behind the extant writings. Although the presence of two or more overlapping literary sources for an event, or confirmation of certain items by archaeology, made this task of extracting facts appear reasonable, the problem of what to do when only one narrative survived – which is most often the case with Josephus – would take much longer to be recognized as a general problem, with the ‚linguistic turn‘ in historical study since the 1960s. In the meantime, because of his intersections at some points with other texts and material remains, Josephus and his hypothetical sources tended to be accepted by default if there was no specific reason to reject them: If the passage in question did not seem obviously coloured by his ‚biases‘. It was as if Josephus had inscribed or mirrored the realities of life in some kind of neutral, value-free language. It is this distinctively modern adoption of Josephus as preserver of facts that is embodied in Schürer’s „History“. This manual justifiably remains a standard reference work, following extensive revision by the Oxford-based team from the 1970s, for its wealth of references. Its stated purpose is to assist the NT scholar in relating „Jesus and the Gospel“ to „the Jewish world of his time“33 – not to Josephus’ narratives. Given Schürer’s heavy reliance on Josephus, it is remarkable that his introduction fails even to mention the man by name, let alone the credentials or fame – or the statue – that had so im––––––––––––– 32 See G. G. Iggers, The German Conception of History. The National Tradition of Historical Thought from Herder to the Present, Middleton 1968, 3–123 – also with valuable correctives to Ranke’s familiar image in North America. 33 E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B. C. – A. D. 135), G. Vermes / F. Millar / M. Black (eds.), 3 Vols., Edinburgh 1973–1987, Vol. 1, 1.

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pressed his ancient and medieval users. The modern historian implies rather that he is dealing with facts in themselves, and not with the messy problems of human personality and bias. Schürer’s introduction, therefore, already contains a number of statements that he presents as facts, though they merely reword Josephus. This continues throughout the work, as a few random examples will illustrate. „Antipater was now all-powerful at court and enjoyed his father’s absolute confidence. But he was not satisfied. He wanted total power and could hardly wait for his father to die.“34 „But Sabinus, whose conscience was uneasy because of the Temple robberies and other misdeeds, made off as quickly as possible.“35 „His [Philip’s] reign was mild, just, and peaceful.“36 All this is, however, Josephus and not fact. How can we know about such motives and moral qualities, which we would hesitate to ascribe even to living politicians, about whom we have much more independent information? Schürer’s positivist method made it seem acceptable to treat Josephus’ gripping stories as though they provided data. He did not explain how he made this transition, or indeed whether he recognized that a transition was involved. In Schürer, then, we see the quiet transmogrification of an artistic story into fact. Such handling of Josephus as an information portal drove the NTbackgrounds industry through the late nineteenth and twentieth centuries. For example, the many scholarly biographies of King Herod before Peter Richardson’s 1996 study – Schalit is a partial exception – were to a large degree paraphrases of Josephus: Thoughts and motives attributed to the king by Josephus for the sake of a compelling story were assumed by scholars to reflect the monarch’s actual mental world. Two other striking examples are the popular 1964 book by the scholar who translated Josephus’ Bellum for Penguin, G. A. Williamson’s „The World of Josephus“,37 and Cleon Rogers’ 1992 reference work „The Topical Josephus“, with a telling subtitle: „Historical Accounts that Shed Light on the

––––––––––––– 34 Schürer, History 1 (see n. 33), 324. 35 Schürer, History 1 (see n. 33), 332. 36 Schürer, History 1 (see n. 33), 339. 37 G. A. Williamson, The World of Josephus, Boston 1964. Williamson describes the

Judaean-Roman war in ostensibly factual terms: „On the other [Judaean] side was a motley host, torn by dissension and bloody strife, and led by rival self-appointed chieftains lusting for power …“ (17). Yet this merely translates Josephus’ distinctive, thematic lexicon of ƶƷơƶƮƵ, ư̍ƶƷƦƤ, and ƷǀƴƦƱƱƳƮ. Or again: Gessius Florus was „heartless, dishonest, disgusting; he filled Judaea with misery, accepting bribes from bandits“ (145). Williamson is not about to accept everything Josephus says, but his opening critical questions reflect the limits of his skepticism. Are Josephus’ narratives, he asks, „as objectively true as we would wish them to be? … Is it within our power to separate the true from the false, to distinguish the sober statement from the gross exaggeration?“ (21).

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Bible“.38 In each case, the author takes over Josephus’ language bodily, presenting it as though it were a factual record – along with the usual cautions about biases and the need for skepticism. Although many scholars are more cautious, this is usually a quantitative rather than qualitative difference: They doubt more.39 Few hesitate to reproduce as facts those passages they consider unproblematic, overlooking problems such as Josephus’ structures and language. The series „Compendia Rerum Iudaicarum ad Novum Testamentum“ (CRINT) is a partial exception, for it includes expert essays by Attridge40 and Feldman,41 which indicate important aspects of Josephus’ artistry, though these essays have little discernible effect on the rest of the collection.

II. Problems with the Traditional Approach: A Case Study In spite of its evident appeal and ubiquity, this approach to Josephus is fatally flawed by its failure to take account of the atoms that actually constitute his narratives, which is to say: his diction, structures, themes, and literary devices. Rather than descending into the pit of abstract theory here, I invite consideration of a case study, which plainly reveals at least some dimensions of the problem: Josephus’ treatment of Pontius Pilate’s prefecture in Bellum Judaicum. Here we are dealing with material that seems ‚historical‘, both in the sense that there is little in it of the wondrous or paranormal and in the sense that ‚editorial biases‘ have not seemed to obtrude in significant ways; so these episodes have been largely taken over into modern histories on the relevant topics. Pilate is a figure of obvious importance for all students of first-century Judaea and Christian origins. He governed Judaea for at least ten years, for as

––––––––––––– 38 Grand Rapids 1992. Rogers cites Josephus’ assessment of Herod’s military virtue

(Bell I 230) and proceeds to „demonstrate the validity“ of this assessment – by citing examples of Herod’s valour from Josephus (18–20)! Yet this demonstrates only that Josephus’ narrative holds together, not that it reflects reality. The paraphrase of Josephus continues: „When Nero heard the news of Roman losses in Judaea, he was inwardly very much upset, even though he outwardly tried to conceal these concerns (Bell III 1–3).“ (121) 39 An example is the justly influential study by E. P. Sanders, Judaism, Practice and Belief 63 BCE – 66 CE, Philadelphia 1992, which, in spite of its corrective virtues and abundant insights, regularly slides without warning between Josephus’ story and the actual past: 92.140–141.380–385. 40 CRINT 2, 2 (Assen 1984), 185–232. 41 CRINT 2, 1 (Assen 1988), 455–518.

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many as eighteen or nineteen if Daniel Schwartz is correct.42 Either way it was an unusually long tenure, and Pilate’s relationships with the local elite decisively shaped Judaean-Roman relations there in the period before Josephus’ birth in 37. Yet in Bellum Josephus relates only two episodes from Pilate’s long career in Judaea, both of them resulting in huge disturbances. One concerns his introduction of military standards into Jerusalem, the other his appropriation of temple funds to build an aqueduct for the city (II 169– 177). The material is of brief enough compass that I may quote it in full. 169 After being sent to Judaea as procurator (ɩ™ƤƷƴƳ™ƳƵ) by Tiberius, Pilatus introduces into Hierosolyma – by night, concealed (ƯƪƯƦưƸμμƢƱƦƵ) – the images (ƪʅƯƿƱƦƵ) of Caesar, which are called „standards“. 170 After daybreak this stirred up a huge disturbance (μƪƨƤƶƷƬƱ ƷƦƴƦƺˁƱ ɹƨƪƮƴƪƱ) among the Judaeans. For those who were close to the spectacle (ƷˁƱ ʙƻƮƱ) were shocked at their laws’ having been trampled (™ƪ™ƦƷƬμƢƱƼƱ) – for they think it proper to place no representation (ƩƪƤƯƬưƳƱ) in the city. And [in addition] to the indignation (əƨƦƱơƯƷƬƶƮƱ) of those in the city, the people from the countryside streamed together in concert (ɝƭƴƳƸƵ). 171 They rushed to Pilatus in Caesarea and kept pleading for him to take the standards out of Hierosolyma and to preserve their ancestral [customs] (ƷƬƴƪ̝Ʊ ƦʡƷƳ̝Ƶ Ʒʽ ™ơƷƴƮƦ). But when Pilatus refused, they fell down around his residence, prone, (™ƴƬƱƪ̝Ƶ ƯƦƷƦ™ƪƶƿƱƷƪƵ) and held out (ƩƮƪƯƦƴƷƢƴƳƸƱ) motionless for five days and nights alike. 172 On the next [day], Pilatus sat on a tribunal-platform (ɩ™˃ ƧƣμƦƷƳƵ) in the great stadium and, after summoning the rabble (Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ) as though truly intending to answer them, gives the soldiers a signal, according to a scheme (ƩƤƩƼƶƮƱ ƷƳ̝Ƶ ƶƷƴƦƷƮǁƷƦƮƵ ƶƬμƪ̝ƳƱ ɩƯ ƶƸƱƷơƨμƦƷƳƵ), to encircle (ƯƸƯưǁƶƦƶƭƦƮ) the Judaeans with weapons. 173 As the column was positioned around three-deep, the Judaeans were speechless at the unexpectedness of the spectacle (™ƴ˅Ƶ Ʒ˅ əƩƿƯƬƷƳƱ Ʒ̏Ƶ ʙƻƪƼƵ). After saying that he would cut them to pieces if they would not accept Caesar’s images (ƪʅ μˁ ™ƴƳƶƩƢƲƦƮƱƷƳ ƷʽƵ ƐƦƤƶƦƴƳƵ ƪʅƯƿƱƦƵ), Pilatus nodded to the soldiers to bare their swords (ƨƸμƱƳ̬Ʊ Ʒʽ ƲƤƹƬ). 174 The Judaeans, just as if by an agreed signal (ƯƦƭơ™ƪƴ ɩƯ ƶƸƱƭƣμƦƷƳƵ), fell down in concert (əƭƴƿƳƮ ƯƦƷƦ™ƪƶƿƱƷƪƵ), bent their necks to the side (ƷƳˇƵ ƦʡƺƢƱƦƵ ™ƦƴƦƯưƤƱƦƱƷƪƵ) and cried out (ɩƧƿƼƱ) that they were ready to do away with themselves rather than transgress the law. Pilatus, who was overwhelmed by the purity of their superstition (ƩƪƮƶƮƩƦƮμƳƱƤƦƵ ɝƯƴƦƷƳƱ), directs [his men] immediately to carry the standards out of Hierosolyma. 175 After these events he set in motion a different kind of disturbance (ƷƦƴƦƺˁƱ ɪƷƢƴƦƱ ɩƯƤƱƪƮ) by exhausting the sacred treasury – it is called the corbonas – on a water conduit; it conducted [water] from 400 stadia away. At this there was indignation among the rabble (ƷƳ̬ ™ưƣƭƳƸƵ əƨƦƱơƯƷƬƶƮƵ ɻƱ), and when Pilatus was present at Hierosolyma they stood around his tribunal-platform and kept yelling at [him] (™ƪƴƮƶƷơƱƷƪƵ Ʒ˅ Ƨ̏μƦ ƯƦƷƪƧƿƼƱ). 176 But because he had foreseen their disturbance (ƷˁƱ ƷƦƴƦƺƣƱ) he had mixed in amongst the rabble (Ʒ̺ ™ưƣƭƪƮ) armed soldiers (ƷƳˇƵ ƶƷƴƦƷƮǁƷƦƵ ɩƱƿ™ưƳƸƵ ɩƶƭ̏ƶƮƱ) concealed (ƯƪƯƦưƸμμƢƱƳƸƵ) in civilian clothes. Having prohibited them from using the sword, but having enjoined them instead to strike with sticks those who had begun shouting, he gives the agreed signal (ƶǀƱƭƬμƦ) from the tribunal-platform (ə™˅ ƷƳ̬ ƧƣμƦƷƳƵ). 177 Many Judaeans were

––––––––––––– 42 D. R. Schwartz, Studies in the Jewish Background to Christianity, Tübingen 1992, 182–217.

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lost from being hit by the blows, but many others from having been trampled under (ƯƦƷƦ™ƦƷƬƭƢƱƷƪƵ) by their very own [people] in the escape. Given the calamity (ƷˁƱ ƶƸμƹƳƴʾƱ) of those who had been taken, the beaten down rabble (Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ) became silent.

Although these episodes are widely cited for the historical Pilate’s career, consideration of their literary and historical dimensions should give the historian pause. Literary observations: We first notice that the passage is replete with – is indeed made of – Josephus’ characteristic language, themes, and habits of speech. Here we see one of many cases in which the Judaeans actually suffer the calamities (ƶƸμƹƳƴƦƤ) foreseen and established as a major theme in the prologue (I 9.11.22.27; Ant XX 166). Phrases indicating the „baring“ of swords,43 the inclining of necks,44 the „concerted“ movement of the Judaeans, their „holding out“45 and their determination not to transgress the laws,46 are characteristically and even distinctively Josephan. In this case, the „disturbance“ (forms of which appear 184 times in Josephus) is caused by an equestrian „procurator“ who provides the first clear example the type introduced at II 117: The governors dispatched to Judaea were low-level and unworthy equestrians, in contrast to the distinguished senatorial legati who governed Syria (e. g., Varus, Petronius, Quadratus, Cestius). The Judaean leaders had unsuccessfully petitioned Augustus to be attached to the legati in Syria (II 25.91) and they generally appear as trustworthy administrators. More specifically, these episodes illustrate the Judaean virtues outlined in the recent Essene passage – steadfastness and contempt for death (II 151–153) – and prepare for important narrative clusters to follow. The first is the more portentous ‚images of Caesar‘ episode under Gaius Caligula. When the people are similarly threatened with death „if they would not accept“ Caesar’s image, this anticipates the order at II 185. The later passage similarly cites the biblical prohibition of ‚representations‘ – the rare word appears only in these two passages in Josephus – and again has the masses willing to die rather than transgress this law (II 195). There too, the Syrian legate will be won over by the purity of their devotion (II 197–198). Still, Petronius there behaves with much greater wisdom than Pilate, initiating a dialogue with the elite on a separate track from his speeches to the mob (II 199). Like the Pilate episodes, the complex of incidents based in Caesarea that Josephus presents as a main cause of the revolt will be filled with language

––––––––––––– 43 Also at Bell II 213.619; Ant XIV 463, though not attested before Josephus. 44 Also at Bell I 618; VI 224. 45 Josephus uses this verb a noteworthy 15 times (exceeded by Diodorus, but more fre-

quent than in other historians); ƯƦƴƷƪƴ˄Ʀ is a paramount Judaean virtue for him. 46 Although such phrases are found elsewhere, Josephus’ use of them in about 65 cases gives frequency much higher than in other writers (compare 10 occurrences in Philo).

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recalling these episodes: civil strife (ƶƷơƶƮƵ), a disturbance (ƷƦƴƦƺƣ) caused by a governor (II 266.296), and calamity (ƶƸμƹƳƴơ). The same dramatis personae are constantly present: the impulsive rabble, the spirited youths, and the notable, principal, or powerful men. Gessius Florus, the later procurator who allegedly sparked the revolt will, while staying in the Herodian palace in Jerusalem, have a „tribunal platform“ brought in to hear the Judaeans (II 301), from which he will dispense orders for a massacre (II 308). As for historical considerations: The introduction of standards reportedly occurred during a single night in Jerusalem and evoked a massive protest in Caesarea beginning the next day. In Bellum Josephus relates very little of what the historian would need to know about the incident’s context and causes, of Pilate’s aims as governor, or the state of relations between governor and governed. Who introduced the standards into Jerusalem, and for what purpose? If a military unit escorted them, as we would assume, which one? Had they not carried standards bearing images, normally indispensable to military cohorts, before this? Were these particular standards different in form or unusually offensive (because of Caesar’s image)? Did Pilate’s concealment of them, by night, represent an effort to avoid giving offence in a necessary military operation or, on the contrary, a plan to humiliate the Jerusalemites by a fait accompli? Did his removal of the standards at the end of the story entail also a change of cohorts?47 And how can human beings remain motionless, unless in comas, for five days and nights? In Bellum, Josephus implies simply that he should be trusted: This was a scandalous disturbance caused by Pilate, which evoked characteristic Judaean courage in the face of death. The parallel in Ant XVIII 55–59 says more, but it only creates further difficulties: Having resolved upon the dissolution of the Judaean legal system (ɩ™˃ ƯƦƷƦưˈƶƪƮ Ʒ̹Ʊ ƱƳμ˄μƼƱ Ʒ̹Ʊ ʍƳƸƩƦƽƯ̹Ʊ ɩƹƴˆƱƬƶƪ), Pilate moved his auxiliary army to winter quarters in Jerusalem instead of their normal base in Caesarea. Previous governors had avoided the provocation of imperial standards in Jerusalem, but Pilate deliberately ignored this in wintering his army there. But if the auxiliary force normally in Caesarea (three, four, or five cohorts?) was moved to Jerusalem, why did Pilate himself remain in Caesarea, still with a sizeable force? His alleged programme of abolishing the Judaean laws was surely too grand for an equestrian praefectus, inconceivable in the context of Roman-provincial relations,48 and described in language suspiciously reminiscent of the events that provoked the Hasmonean revolt ––––––––––––– 47 Cf. C. H. Kraeling, The Episode of the Roman Standards at Jerusalem, HTR 35, 1942, 263–289, esp. 265.271–273; H. Bond, Pontius Pilate in History and Interpretation, Cambridge 1998, 79. 48 See C. Ando, Imperial Ideology and Provincial Loyalty in the Roman Empire, Berkeley 2000.

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(2Macc 2,22; 4,11; 4Macc 5,33). Such language is used elsewhere in Josephus only of Julius Caesar’s resolve to abolish Roman democracy and law (Ant XIX 173) or Gaius Caligula’s attack on Judaean laws (XIX 301); Pilate was not in this league. If Pilate did have such ambitions, how is it that neither the hostile contemporary writer Philo nor the gospel writers mention such an assault, and Josephus himself passes over it in Bellum? Further, having the cohorts winter in Jerusalem with their standards was a rather subtle and doubtful way of achieving such a purpose. Again, if the icon-bearing standards were the cause of such outrage, how to explain Philo’s contemporary story that Pilate caused popular outrage by his introduction of aniconic shields into Jerusalem (LegGai 299–305) – which Eusebius (d. e. VIII 122–123) and many scholars conflate with this episode? And if Pilate had such a plan to abolish Judaean law, why does he end up calming the masses by removing the images, but not the wintering army (Ant XVIII 59)? Josephus’ narratives are opaque with respect to the underlying realities. However one resolves such problems, the aqueduct project must have been entirely different, in historical terms, from the standards incident. Building such a conduit (Bellum makes it 50 miles long; Ant XVIII 60 halves the length) would have required at least a year, more likely two or more, and imagining the historical realities involved creates further problems. A new aqueduct of any significant length was a mark of prestige and major practical benefit for the fortunate city, but notoriously expensive to build. Financing typically required a combination of imperial grants, community funds, and private donations. In the provinces the Roman governor had the decisive role in arranging finances for such projects: gathering donations and community funds (possibly encouraged by a partial rebate of tribute), seeking the emperor’s approval, commissioning engineers to design and lay out the aqueduct, and possibly requesting help from the imperial fiscus (cf. Plinius, Epistulae X 90).49 Such considerations remind us how very little Josephus has disclosed in his description of Pilate’s aqueduct. Was it in fact Pilate’s initiative to build this conduit, or rather that of the Jerusalem leadership, or of a prominent citizen, or some sort of joint effort? Given that these water systems required professional planning, because of the strict technical requirements concerning elevation and grade, who designed and built the aqueduct? Archaeology reveals that Jerusalem’s aqueduct system was complex, dating from different peri-

––––––––––––– 49 On the usual procedures see P. Leveau, Aqueduct Building. Financing and Costs, in: D. R. Blackman / A. T. Hodge (eds.), Frontinus’ Legacy. Essays on Frontinus’ de Aquis Urbis Romae, Ann Arbor 2001, 85–101, esp. 91.

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ods.50 Which part(s) did Pilate build? Was this, indeed, a completely new structure, an extension of existing structures, or a repair project? Did Pilate or the local leaders also arrange for private donations, in the usual way, aside from his resort to the temple treasury? (Even if the temple treasury was exhausted, as Josephus claims, it may well not have covered the entire cost.) Who if anyone mediated Pilate’s alleged raiding of temple funds? Did he storm the temple with a cohort of soldiers? (Josephus does not say he did, and we might have expected him to do so in such a hostile portrait of Pilate if he had known of such a thing.) It seems more likely that some unnamed temple officials cooperated with Pilate, perhaps also joining in the planning, though we cannot know. Possible scenarios abound, any of which could provide the back story to Josephus’ impressionistic account. Could it be that an intended benefactor died or become insolvent, and the inability to fulfill his commitment forced Pilate to turn to a greater use of community funds, putting pressure on the temple treasury? Was the Roman fiscus involved in any way, even indirectly: by rebating tribute or by contributing technicians, surveyors, auxiliary soldiers, or materials – such as lead? And crucially: At what point in this long process did some groups become disaffected, and why at that point? Was the aqueduct completed, half-finished, or merely in a planning stage? If it was only in the planning or surveying stage, how could the treasury have been exhausted? If it was nearing completion after a couple of years, why did the riots occur only now and reportedly in a single encounter? Josephus gives the occasion as Pilate’s visit to Jerusalem (from his base in Caesarea), but he had to visit several times a year, and if the populace had been enraged, they could always have challenged him in Caesarea (as in the standards episode). What triggered the protest, and who constituted the upset mob? Was this also an internal protest against the temple leadership for authorizing the project? On all these important questions, about which the historian would need to have information in order to develop any responsible hypothesis, Josephus is completely silent. A final problem is the very different nature of these two episodes, if considered historically as above. Indeed, Josephus works hard to help his audience overlook such differences between these two episodes, and the historical problems that one might ponder, by assimilating one episode to the other so as to cite two apparently similar ‚disturbances‘ provoked by this unworthy Roman governor. Notice the deliberateness in the parallel structures: Both epi-

––––––––––––– 50 See D. Amit / J. Patrich / Y. Hirschfeld (eds.), The Aqueducts of Israel, Journal of Roman Archaeology, Portsmouth 2002, esp. A. Mazar, A Survey of the Aqueducts to Jerusalem, 210–242.

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sodes involve life-threatening protests by indignant masses before Pilate and his soldiers, secret plans and signals, encirclements and weapons, a hearing before the governor’s tribunal-platform, and potentially fatal consequences.51 Josephus reinforces the assimilation by repeating key vocabulary from the first episode in the second („disturbance“, „indignation“, „rabble“, „prone“, „tribunal-platform“, „surrounding“, „concealed“, „sword“, „agreed signal“, „trampled“). In part, this repetition creates dramatic irony: The concealed standards anticipate the soldiers’ concealed weapons; the trampling of the laws leads to the physical trampling of Judaeans; and whereas the Roman forces train hard to remain in close order, the indignant Judaean masses move in close order spontaneously. They also instinctively act as if by an agreed signal, whereas the auxiliary soldiers need their secret signals to be carefully planned. Not only has Josephus hammered these two stories into a matching pair: He has also assimilated them to his narrative tendencies, everywhere exploiting his own meaning-charged lexicon. Although such an investigation makes clear the extent to which Josephus controls and constructs his episodes from his language, while neglecting basic historical questions, none of this deterred Schürer or his many followers in the NT-‚Umwelt‘ industry. Schürer has the historical Pilate begin his (10- or 18-year?) tenure in Judaea with the standards episode because it is the first of the two stories in Josephus. He portrays as simply historical the masses besieging Pilate for five days and nights without moving, Pilate’s clever plan and „agreed signal“, the Judaeans’ defiance with „bared necks,“ the shrieking mob protesting the aqueduct, the concealed clubs, and the merciless beating of the people.52 I chose the Pilate episodes for illustrative purposes because they represent a best-case scenario for the historian, because Josephus is not our only source ––––––––––––– 51 K.-S. Krieger, Geschichtsschreibung als Apologetik bei Flavius Josephus, Tübingen / Basel 1994, 67–69, is followed by H. Bond (Pilate [see n. 47], 49–62) in arguing that these two episodes in Bellum support the narrative aims as follows. The first shows the Judaeans peacefully resisting Pilate, with a good outcome; in the second, they respond militantly with fatal consequences. This difference highlights the moral: „Either accept Roman rule peacefully and its governors will show consideration or resort to violence and risk certain annihilation at the hands of Roman troops“ (Bond, ibd. 56). Both scholars note the different number, configurations, and emphases of the Pilate episodes in Antiquitates and argue that those stories likewise serve its different agenda. This explanation is perhaps too mechanical, however. Neither response by the Judaeans is violent: The first creates a „huge disturbance,“ with outraged masses streaming into Jerusalem and then Caesarea to protest; the second explicitly has them yelling at Pilate, but there seems to be no reason in the narrative to exclude such abuse from the first story – not enough of a difference, at any rate, to treat the stories as models of two different kinds of behavior. Most importantly: Josephus appears to have tried hard to assimilate one story to the other (as argued here). 52 Schürer, History 1 (see n. 33), 384–385.

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of contemporary information. We have also Pilate’s contemporary Philo, the trial narratives in the gospels and occasional notices elsewhere in the NT, some coinage from Pilate’s term of office, and the famed tiberieum inscription from Caesarea.53 From all this we can easily confirm a hypothesis that a Pontius Pilatus did govern Judaea under Tiberius, and that his title was ‚prefect‘ rather than Josephus’ ‚procurator‘ (unless both titles were simultaneously operative). We also have enough independent and multiform evidence, it seems to me, to declare it more probable that he took up office in 18 than in the accepted year, 26 C. E.54 But what Pilate did during his long stay in Judaea, and why he did it, the nature of his tenure as governor – the very things that concern historians most of all – seem impossible to recover, even where we have several lines of independent evidence. For the vast majority of cases, where Josephus provides the sole evidence, we simply have no means of recreating the past that he knew from his surviving works of art. Reading his narratives is very much like watching a film on ancient history: Ridley Scott’s Gladiator or the BBC-HBO series Rome. We know that the production was well researched and that it is based on much reliable information. But it is obviously a work of art, with every element calculated to contribute in some way to the whole effect. Knowing that real ancient conditions lie behind the production does not help us to know whether or to what degree any episode or character has a basis in reality: It sometimes happens that the most compelling parts are pure invention, whereas the least appealing elements have historical roots. But we can know that only when we have access to independent evidence. For Josephus’ works, he is in effect the producer, screenwriter, director, set-designer, and lead actor. Where his artistic production is our only surviving testimony to events, we have no way of turning that work of art into real events. How, then, may we profit from reading Josephus’ narratives alongside the NT?

III. Josephus as Parallel Text for New Testament Studies The use of Josephus as authoritative purveyor of facts relevant to the NT is the dominant but not the only relevant scholarly tradition. A distinctly minor tendency, at least a century old, has always recognized, in principle at least,

––––––––––––– 53 A. Frova, L’Iscrizione di Pontio Pilato a Cesarea, Rendiconti Istituto Lombardo 95, 1961, 419–434. 54 Cf. Schwartz, Studies (see n. 42), 182–217; K. Lönnqvist, Pontius Pilate – An Aqueduct Builder? Recent Findings and New Suggestions, Klio 82, 2000, 458–474.

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Josephus’ works as a unique corpus with a distinctive lexicon, which was worth exploring not as a factual basis for NT studies but as a parallel narrative. This approach has at least three dimensions to it: the philological, the literary-generic, and the theological or ideological. 1. Comparative Philology In the philological camp we should put first the largely neglected but farsighted work of B. Brüne in 1913.55 Brüne already saw clearly that Josephus was a real author, who had distinctive themes, a conceptual world, and lexicon. He set about analyzing that lexicon and comparing it with Josephus’ Graeco-Roman, Jewish, and early Christian environments. We should also include here the Kittel-Friedrich „Theological Dictionary of the NT“ from the following decades, the articles of which typically include Josephus as a separate author alongside the Bible and LXX, post-biblical literature, Philo, and Greco-Roman texts. Although it may seem obvious that Josephus should be there, he was so often not regarded as an author worth studying for his own sake that this was a significant breakthrough. But this was still only a foot in the door. The ‚Wortschatz‘ did no more than survey word usage: It still took no notice of Josephus’ narratives as such. 2. Comparing Narratives and Genres As recently as 1988, in his thoroughly researched conspectus of Josephus studies, Per Bilde was unable to cite much if any scholarship concerning the aims, structures, and dominant themes of Josephus’ two major works.56 So much use; so little interpretation! This shocking state of affairs highlighted the prepossessions of both traditional and modern scholarship to the mid-1980s. Bilde himself was a significant catalyst in bringing about a new view of Josephus – as a competent and even sophisticated author. Other important figures were Horst Moehring (1957), Helgo Lindner (1972), Harold Attridge

––––––––––––– 55 Flavius Josephus und seine Schriften in ihrem Verhältnis zum Judentume, zur grie-

chisch-römischen Welt und zum Christentume …, Wiesbaden 1913. H. S.-J. Thackeray also stood back from using Josephus’ sources to explain much in the author, in his famous published lectures (Josephus. The Man and the Historian, New York 1929), perhaps under the influence of R. Laqueur, Der jüdische Historiker Flavius Josephus, Gießen 1920, which is evident throughout. Thackeray still removed the narratives from Josephus’ authorial control, however, with his theory that industrious „literary assistants“ were responsible for Bellum and the last quarter of the Antiquitates (100–124). 56 P. Bilde, Flavius Josephus Between Jerusalem and Rome. His Life, His Works and Their Importance, JSOT, Sheffield 1988, 71.92.102.118.

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(1976), and in some respects Louis Feldman (60s to the present) – in some respects, because Feldman focuses intently on items in the biblical paraphrase, rather than on the whole compositions.57 This understanding of Josephus has inescapable consequences for the project of doing history with Josephus, for if his narratives are crafted compositions, then historical reconstruction must be decoupled from reading and become an entirely separate operation. For NT readers the upshot is that if Josephus is as interesting an author as the gospel writers, then his works take their place alongside the gospels as narratives to be read for mutual illumination. Where they happen to deal with the same underlying phenomena, they both serve as evidence; one can no longer use Josephus as a fact-book for NT study. With the 1990s, after the Josephus Concordance (completed 1983)58 and the appearance of the first electronic textual-analysis tools, came a number of efforts to work out the principle that Josephus and the NT are parallel corpora, which should be read first and foremost for their literary and rhetorical structures. Gregory Sterling’s revised dissertation on historiography and selfdefinition in Josephus and Luke-Acts (1992) explored the parallels of genre – „apologetic historiography“ – between these two important Jewish and Christian authors.59 Sterling was interested much more in the forms and functions of the compositions than in the external referents or underlying events. All the same, his was a truly historical study, with ‚history‘ now including the contexts and conditions of ancient literary production. Also in 1992 came Lester Grabbe’s two-volume reference work, „Judaism from Cyrus to Hadrian“.60 Although he did not write for NT scholars in particular, Grabbe was responding directly to the positivist reference-work tradition embodied by Schürer.61 Rejecting any naïve quest for historical facts in the sources, Grabbe’s work distinguishes itself by taking seriously the particular character of each piece of evidence. For each period he touches upon, like Schürer he first presents a bibliographical guide. But in contrast to Schürer, he describes each kind of primary evidence in its own context: its aims, themes,

––––––––––––– 57 H. R. Moehring, Novelistic Elements in the Writings of Flavius Josephus, Dissertation,

University of Chicago, August 1957; H. Lindner, Die Geschichtsauffassung des Flavius Josephus im Bellum Judaicum, Leiden 1972; H. W. Attridge, The Interpretation of Biblical History in the Antiquitates Judaicae of Flavius Josephus, Missoula 1976; L. H. Feldman, Josephus’s Interpretation of the Bible, Berkeley 1998; idem, Studies in Josephus’s Rewritten Bible, Leiden 1998. 58 K. H. Rengstorff et al. (eds.), Complete Concordance to Flavius Josephus, 4 Vols. and Suppl., Leiden 1968–1983. 59 G. Sterling, Historiography and Self-Definition. Josephos, Luke-Acts, and Apologetic Historiography, Leiden 1992. 60 Minneapolis 1992. 61 L. Grabbe, Judaism from Cyrus to Hadrian, Minneapolis 1992, xxix–xxx.

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and character. With this preliminary understanding of the evidence in hand, he specifies the historical problems that need resolution. Only with these steps completed does Grabbe attempt to work out hypotheses that would solve the problems and explain the evidence. The methodological chasm separating Grabbe’s method from Schürer’s is evident in his willingness to concede, at the end of several attempts at synthesis, that the evidence does not permit us to posit with any confidence what actually happened.62 The message is clear: Historical work is not simply the resulting facts, but the process of historical reasoning itself becomes our goal. If we can reach probable conclusions, all the better. But interpreting texts and material evidence is itself a fundamentally historical exercise – and the only indispensable one. Grabbe’s general approach is itself partly an outgrowth of Jacob Neusner’s work, especially on the Pharisees. Neusner’s great insight on the Pharisees was that historically sound scholarship must be preceded by thorough studies of each text on its own terms. He did this for rabbinic literature and also tried his hand at a conspectus of all the sources in his textbook From Politics to Piety.63 Neusner’s interpretations of the gospels and Josephus did not hold up over the long term (nor did Ellis Rivkin’s later effort at synthesis64), and he has returned recently to put together a book with chapters on each of the sources written by different specialists.65 In the meantime, this approach of beginning with separate interpretations of each narrative on its own has been followed by many others, for the Pharisees66 and for many other historical problems.67 My books on the Pharisees (1991) and on „Josephus and the New Testament“ (1992, 2003)68 were part of the same movement. The historical realities underlying the texts I mainly left untouched. A promising field for such comparison between Josephus and the earliest Christian texts that has not received much attention is his elaborate biblical interpretation. About a third of Josephus’ corpus (Ant I–XI and several sections of Contra Apionem) is given over to biblical paraphrase: the laws or „constitution“ given by Moses and events in ancient Israel / Judah. Although

––––––––––––– 62 E. g., Grabbe, Judaism (see n. 61), 93.98.111.268.281. 63 J. Neusner, Rabbinic Traditions About the Pharisees Before 70 CE, 3 Vols., Leiden

1971; idem, From Politics to Piety. The Emergence of Pharisaic Judaism, Englewood Cliffs 1973. 64 E. Rivkin, A Hidden Revolution, Nashville 1978. 65 J. Neusner / B. Chilton (eds.), In Quest of the Historical Pharisees, Waco 2007. 66 E. g., A. J. Saldarini, Pharisees, Scribes, and Sadducees in Palestinian Society. A Sociological Approach, Wilmington 1988; G. Stemberger, Pharisäer, Sadduzäer, Essener, Stuttgart 1991. 67 E. g., Bond, Pilate (see n. 47). 68 S. Mason, Flavius Josephus on the Pharisees. A Composition-Critical Study, Leiden; idem, New Testament (see n. 2).

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this material has of course been the subject of intense and illuminating analysis over several decades, especially by Louis Feldman and Christopher Begg,69 and although the use of scripture is a basic issue for Christian origins, Josephus’ biblical paraphrase has only rarely been brought to bear on NT interpretation. It seems odd that the often enigmatic and lacunose pesharim of the Dead Sea Scrolls, Philo’s abstruse allegories, and much later rabbinic literature should all be thoroughly exploited for NT exegesis, while Josephus’ contemporary and systematic translation and commentary should be ignored. 3. Comparative Theology or Ideology A different kind of approach to Josephus as parallel resource for NT study is the theological one, trying to define his religion for the purposes of NT backgrounds. A number of authors may be mentioned here, such as J. A. Montgomery in 1920 and F. J. Foakes Jackson in 1930.70 But the most important and systematic approach was taken by Adolf Schlatter in his 1932 study „Die Theologie des Judentums nach dem Bericht des Josefus“. Like virtually all his contemporaries, Schlatter thought that Josephus was a Pharisee and therefore, if we could approach him from this angle and see his entire work as the product of a Pharisee, we would have an astonishingly rich resource for Pharisaism, from an insider. So Schlatter enumerated the ways in which he thought Josephus as Pharisee threw light on NT passages. From my perspective, this approach pursued ‚eine falsche Spur‘. This is partly because there is no reason to believe that Josephus either was a Pharisee or wished to be seen as one. But a more basic problem is the assumption that theology or ideology is determinative of Josephus’ outlook. The more I work on Josephus, the more it seems to me that it is a fundamental part of his self-representation as an urbane aristocrat, a statesman among statesmen, to show his transcendence of ideology. The mandate of the statesman in Polybius’ History, in Plutarch’s famous essay of political advice, and in Dio’s many speeches to cities is in no way driven by ideology, theology, or a particular philosophy. Quite the opposite: Ideology and heartfelt enthusiasm pursued relentlessly to their logical conclusions are the cause of much grief for political entities; a large part of the statesman’s art involves managing, neutralizing, or suppressing such ideological tendencies among the people. This

––––––––––––– 69 Cf. Feldman, Interpretation (see n. 57); idem, Studies (see n. 57); C. T. Begg, Josephus’ Account of the Early Divided Monarchy (AJ 8,212–420). Rewriting the Bible, Leuven 1993. 70 J. A. Montgomery, The Religion of Flavius Josephus, JQR 11, 1920–1921.277–305; F. J. Foakes Jackson, Josephus and the Jews. The Religion and History of the Jews as Explained by Flavius Josephus, London 1930.

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requires above all flexibility in dealing with the circumstances (Ʒʽ ™ƴơƨμƦƷƦ) that cruel fortune brings, steering a course between noble ideals and practical necessity, the ability to craft clever speeches, and even to deceive the people if necessary in order to keep them quiescent. Members of the ruling elite certainly subscribe to a set of political values or virtues (concord, tranquility, prosperity, freedom to pursue the ancestral laws, a certain kind of justice), but since these must be achieved by whatever strategies work, they do not constitute a fixed ideology.71 Such elite pragmatism is just the model we see throughout Josephus’ works, both explicitly in his own character and implicitly in his description of other statesmen. Zeal was fine for adolescents, men without public responsibilities (hence the eternal standoff between philosophers and politicians), and women, but not for statesmen. Josephus himself had been a ȗȘȜȦIJȒȢ in his youth, until the moment he returned to the polis and began to work in public life (Vita 11–12). But that was the end of it. When he portrays the doctrines of the three philosophical schools among the Judaeans, he takes much the same tone as Tacitus or Cicero long before. Of course he knows all about the nation’s philosophies, but he is far beyond any personal commitment, which would be infra dignitatem for someone of his stature and role. The Essenes attract his greatest sympathy, but much more for their Spartan way of life, shared by all Judaeans, than for any beliefs. Incidentally, I think that the same holds true for zeal or enthusiasm in the political sphere. Scholars have tried repeatedly to discover Josephus’ real political ideology, supposing that it lies hidden behind his narratives. From my perspective, what seems like an ideological hodge-podge is in fact nonideological, and just what we expect from a pragmatic aristocrat. Whereas various rebel leaders fight under the banner of eleutheria, for example, Josephus has an unsystematic, accommodationist, and pragmatic view of what this charged word can mean under current political conditions. When he cites Judas the Galilean’s criticism of contemporaries for submitting to Rome, when they have God for their master, he does not need to add an evaluative comment: He and his elite audience share a roll of the eyes at such potentially dangerous naivety. His heroes Ananus and Jesus are cut from the same cloth; it is precisely zeal that kills them (the Zealots appear most often – 39 of 55 occurrences in Bellum – in book IV, the centre of which is the chief priests’ murders). This pragmatic outlook affords Josephus the detachment to portray many of his leading characters in rounded, balanced ways: He writes as a man of the world who knows how crowds and demagogues and kings and young

––––––––––––– 71 See A. M. Eckstein, Moral Vision in the Histories of Polybius, Berkeley 1995; S. Swain, Hellenism and Empire, Oxford 1996.

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men behave, their aspirations and shortcomings. He does not try to describe the bandits or tyrants or enchanters (ƨˆƬƷƪƵ) in such rounded ways, precisely because these figures are beyond the pale of political discourse. The Apion may seem an exception to my proposals about Josephus’ nonideological stance, but even there his enthusiasm for his subject does not take him beyond the statesman’s portfolio: His language is still that of political philosophy: ɭƭƱƬ, Ʒʽ ™ơƷƴƮƦ, ƱƿμƳƮ, ƱƿμƮμƦ, ™ƳưƮƷƪƤƦƮ, əƴƪƷƣ, ʖμƿƱƳƮƦ. Such an approach to Josephus, as a hereditary aristocrat and member of Jerusalem’s elite who has found an audience in Rome, offers us a fruitful but largely unexplored way of using his narratives in relation to the NT. This is because the NT writers were very different kinds of people from him, not statesmen or members of the elite, one or two possibly even women. The NT writers, whether from Judaea or not, were closer in social class, education, and outlook to the folk, the ™ư̏ƭƳƵ, whom Josephus so consistently treats with condescension. Many of Jesus’ followers, and not only Simon, were apparently „zealous“ types, messianists, and apocalyptically inclined – representing many of the things that Josephus finds most troublesome in the body politic. In passages such as his portrait of the Egyptian enchanter and pseudoprophet, who arrayed his followers on the Mount of Olives for a march on Jerusalem, we glimpse the other side of the fence to Luke-Acts’ portrayal of a hostile Jerusalem elite. Luke-Acts holds the chief priests largely responsible for Jesus’ death and for the later harassment of his followers. The world of this temple elite is one of cold and lethal power, devoid of spiritual concern. The sectarian scrolls from Qumran, which are also passionately ideological, overlap with the Christian texts to some extent in their presentation of the priestly authorities in Jerusalem. In Josephus, however, we have a window into the values of a proud and confident member of that very priestly elite, writing in his own voice. This very difference of perspective ought to be of considerable value to us as we try to place Jesus’ followers in Judaean society. Where we find Josephus and NT writers independently agreeing, from such divergent perspectives, for example on the popular influence of the Pharisees, it should be more difficult than some scholars imagine it to be to dismiss the agreement. In brief, I am suggesting that the laudable effort to use Josephus as a philological, literary, and theological text parallel to the NT should also permit a more comprehensive political-cultural comparison.

IV. Josephus’ Rhetoricized World and New Testament Rhetoric We turn finally to the exploration of Josephus’ rhetoric and that of the NT as a productive area for further research. Rhetoric in general has been a growing

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field for students of the NT, but much of that scholarship functions largely at a formal level: identifying the parts of a Pauline letter or particular rhetorical devices, or examining rhetorical exercises (e. g., in the progymnasmata) in order to better understand relationships among the synoptic gospels.72 With all gratitude for such stimulating research, I wish to suggest also that Josephus’ works and the NT corpus both offer vivid examples, to readers primarily of the other collection, of rhetoric’s values and effects in real-life operation. I take these few examples mainly from Josephus’ narratives, omitting the most obviously rhetorical of Josephus’ works, the Contra Apionem, and its fascinating forms of argumentation.73 1. Architectonic Literary Structure Rhetoric was not only the pinnacle of the ancient educational system, but it provided the orientation also for lower-level study; it was grounded in the cultivation of memory, imitation, and mental versatility.74 In a literary culture that was still largely oral and aural, techniques for memorization of large texts had wide currency. A basic principle was to organize one’s mental material as the rooms of a large house, with resources of a similar kind kept in the same mental room or place (locus or IJȩʌȠȢ), to which one could then resort as needed to draw them out for the purpose of persuasive argument.75 This architectural visualization of speaking and writing, coupled with the Greek and Roman taste for symmetry, suggested a technique for patterning literary-rhetorical creations, especially narratives and plays. The text would develop gradually towards a central pivot or fulcrum and then move away

––––––––––––– 72 A few important studies are G. A. Kennedy, New Testament Interpretation Through Rhetorical Criticism, Chapel Hill 1984; B. L. Mack, Decoding the Scripture. Philo and the Rules of Rhetoric, in: F. E. Greenspan / E. Hilgert / B. L. Mack (eds.), Nourished with Peace. Studies in Hellenistic Judaism in Memory of Samuel Sandmel, Chico 1984, 81–115; J. S. Kloppenborg, The Formation of Q. Trajectories in Ancient Wisdom Collections, Philadelphia 1987; R. F. Hock / E. N. O’Neil, The Chreia and Ancient Rhetoric. Classroom Exercises, Atlanta 2002; G. A. Kennedy, Progymnasmata. Greek Textbooks of Prose Composition and Rhetoric, Atlanta 2003. Note now the Claremont-based Journal for the Study of the Rhetorical Criticism of the New Testament. 73 John Barclay’s recent introduction and commentary (S. Mason [ed.], Flavius Josephus. Translation and Commentary, Vol. 10: Against Apion [Leiden: Brill, 2006]) analyzes Josephus’ rhetoric in detail. 74 Excellent recent studies include J. P. Small, Wax Tablets of the Mind. Cognitive Studies of Memory and Literacy in Classical Antiquity, London 1997; R. Cribiore, Gymnastics of the Mind. Greek Education in Hellenistic and Roman Egypt, Princeton et al. 2001; and T. Habinek, Ancient Rhetoric and Oratory, Malden 2005. 75 Small, Tablets (see n. 74), 81–116; Cribiore, Gymnastics (see n. 74), 166f.

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from it, so that the end balanced the beginning. Josephus displays a sensitivity to this principle when he recalls in the prologue to the Antiquitates (I 6–7) that he opted not to include the subject of the current work, the ancient history of the Judaeans, in the Bellum because he wished to balance or measure off proportionately (ƶƸμμƪƷƴˀƼ) the beginnings and end of that work (ƯƦƷ̉ ƦʡƷ˅Ʊ ɩƯƪ̝ƱƳƱ ƺƼƴ˄ƶƦƵ ƷƦ̝Ƶ ʅƩ˄ƦƮƵ əƴƺƦ̝Ƶ ƦʡƷƳ̬ ƯƦ˃ Ʒ̺ ƷˀưƪƮ ƷˁƱ ƨƴƦƹˁƱ ƶƸƱƪμˀƷƴƬƶƦ). Each of his compositions, it turns out, is constructed around a pivotal episode, with matching beginning and end as well as parallel interim stops; thus, with a concentric structure. In Bellum the central panel is the murder of the chief priests Ananus and Jesus in the middle of book 4 (314–333), which Josephus makes the decisive turning point toward tyranny and banditry in the city. In the Antiquitates the centre is the destruction of the first temple at the end of book 10. In Vita, the central panel is the book’s only dream revelation (208f), which persuades Josephus to stay and care for the Galileans in spite of the delegation. In the Apion, the end of book 1 and beginning of book 2 comprise his defence against Egyptian-Alexandrian writers, bounded on either side by the positive celebration of Judaean culture. Although space does not permit a demonstration here, each work reveals also a fuller pattern of concentricity, with the two extremities and various points in between matched correspondingly in the two halves.76 As is well known, each of the gospels reveals comparable structural concerns. This is perhaps most easily noticeable in John, where the raising of Lazarus in chapter 11 is pivotal to the work in many respects, and in the twovolume Luke-Acts, in which the steady movement toward Jerusalem throughout the gospel (since Luke 9,51) is matched by the deliberate move away from that centre in Acts (e. g., 1,8). Peter’s confession in Mark 8,27–30, after which the mood of the narrative sharply changes, more or less bisects that story. And Matthew 13 hosts the third of that gospel’s five concentrically patterned speeches. In none of these cases does the concentric structure necessarily dictate the work’s primary meaning, for other structures too, including the dramatic development to a climax nearer the end, are intertwined with it. Josephus’ works illustrate, nonetheless, the ways in which a Greek-speaking author contemporary with the evangelists could overlay multiple structural patterns. In addition to such macro-structures in his compositions, Josephus frequently uses micro-structures within units, such as the A-B-A pattern. This can have several functions, for example: to introduce or plant the seed for a character, group, or theme, that will become more important later, or just to

––––––––––––– 76 See Mason, New Testament (see n. 2), 53–84.

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build suspense. A striking example of the latter comes in Bell II, where Josephus begins the story of King Herod’s succession hearings before Augustus in Rome, but then abruptly breaks the narrative to describe in detail the revolt of 4 BCE in Judaea, before returning to conclude the succession hearings (Bell II 1–100). Such patterns are also well known in both Paul (e. g., 1Cor 8-9-10) and the gospels – especially in the famous Marcan ‚sandwich‘ technique. 2. Paraphrastic Freedom An axiom of rhetorical training was that one should never tell the same story twice in the same way. One’s most basic obligation was not to bore audiences, and the chief protection against boredom was variety: of voice pitch and volume in speeches; of content, person, location, perspective, diction, and style in writing. The standard preparatory exercises in rhetoric included many forms of manipulating an episode or saying (chreia). One of these was simply called paraphrase (™ƦƴʾƹƴƦƶƮƵ), which the rhetorical handbooks (e. g., Theon, Progymnasmata 62–64, 107–110; Quintilian, Institutionis Oratoriae I 9,2; X 5,4–11) describe as „changing the form of expression while keeping the same thoughts.“ Although „keeping the same thoughts“ might sound a conservative undertaking, we have numerous examples of the ways in which sayings and incidents were actually reused, and these reveal substantial differences of location, date, persons involved, and form. Many examples are conveniently assembled in Vernon Robbins’ „Ancient Quotes and Anecdotes“.77 Even such a historically skilled writer as Plutarch reuses the same material in quite different forms throughout his biographies and moral essays.78 Josephus is useful in this regard for two reasons: First, when we compare Bell I–II with his retelling of the same material in Antiquitates and Vita, we see him rewriting the same material in fascinating ways. Even where he stays close to the earlier version, he usually varies his language in clever ways: using different words, but sometimes using a word from Bellum’s version in a different role. Most often, though, the retelling is significantly different even in major components. A clear example involves the delegation sent from Jerusalem to Galilee: Although this was an important event in his own career, he locates this episode quite differently in Bellum and Vita, and gives the members not only different names but also different and contradictory connections with each other. His lack of concern for such basic changes is truly sobering.

––––––––––––– 77 Sonoma 1978. 78 See C. Pelling, Literary Texts and the Greek Historian, London 2000, 44–60.

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Second, a surprising amount of Josephus’ narrative in many places comprises the same sort of brief and discrete episodes, or pericopae, that make up the synoptic gospels. In the groundbreaking work of Dibelius, Schmidt, and Bultmann from 1919–1921,79 the distinct pericopae that make up much of the synoptics were analyzed in great detail as to their form: Each form was classified (parables, various kinds of pronouncement stories, miracle stories) and then traced to a specific function in the life and preaching of the young church, a ‚Sitz im Leben‘. So these brief episodes were viewed as communal products before they reached the final authors. Much recent gospel scholarship, however, has tended to abandon the hope of recovering specific functions, focusing instead on the general practices of rhetoric in manipulating the chreiai. Josephus can be very useful here for NT study, and the NT for Josephus. He is a single author who retells stories in completely different ways: in different order, with different people involved, and different dramatic elements or amounts and numbers of things – the very same kinds of differences we see among the gospels. He too must have taken much of his material from communal oral tradition, just as the gospel writers did. But in his case we would not be inclined to view these self-contained episodes as the product of streamlining through repeated use in preaching. I have already mentioned the two Pilate stories in Bellum: They furnish a clear case in which Josephus himself has streamlined the accounts to match each other. Whereas form criticism assumed that such form was a vestige of oral tradition, and this was the basis for the form-critical enterprise, the evidence of Josephus challenges that assumption. Thus, Josephus and the gospels can throw light on each other: Josephus revealing how far a single author can go, and the gospels reminding us how much this kind of material might have been shaped before it reached our author. 3. Serious Playfulness The study of Josephus as narrative is only now at a point that was reached by scholarship on many other classical and biblical texts decades ago, namely: taking his compositions seriously enough to look for their structures, ongoing themes, characteristic phrasing, and literary devices. The recognition that Josephus should be read in earnest has been a long time coming. But almost immediately after gaining that summit, we begin to realize that writing in an-

––––––––––––– 79 M. Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums, Tübingen 1919; K. L. Schmidt, Der Rahmen der Geschichte Jesu, Berlin 1919; R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition, Göttingen 1921.

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cient Rome was not entirely earnest, that rhetorical training inculcated, even for the most serious discussions, a sort of playfulness with words. Ancient speakers and their educated audiences were much more attuned than we normally are, in North America at any rate, to the possibilities of language for figures of speech, double meaning, irony, and sarcasm.80 In the case of the NT, although scholars have explored linguistic play and irony in some texts (notably with respect to John), the great burden of the scholarly and theological traditions still predisposes readers to look for earnest ideas and propositions. Perhaps the coming of age in Josephus studies can have a beneficial effect also here for reading the NT. Limited space permits only a few examples of the sort of thing that Josephus can do with language. In Vita as a whole, he establishes an ironic context from the start: The Jerusalem leaders know that Rome cannot be defeated, but they also know that it is dangerous to oppose the masses when they desire war, and so they embark on a deliberate programme of doublespeak: thinking one thing but saying another (Vita 17–22). Some of the ways in which this plays out are humorous for the knowing reader, for example in the interplay between Josephus and the Jerusalem delegation as they exchange diplomatic letters that try to mask their true intentions (Vita 216–231). More abstractly, throughout his works Josephus deploys to great effect the Platonic contrast between what merely seems to be the case (one kind of appearances in the petty grasping after titles by tyrants and pretenders) and what really is the case (e. g., the lack of authority exercised by titled rulers, Bell I 110– 112.209. 561.648; II 2.208; Ant XVII 41; XIX 332; Ap I 18.67). On a different level, Josephus enjoys playing with various meanings of the same word, sometimes picking up a term, reusing it in different ways, and then dropping it.81 Again, he has fun – even in serious contexts – with people’s names. So, the two most disreputable and faithless leaders of Tiberias (Vita 35–36) are Justus and his father Pistus („righteous“ and „faithful“). A crooked viceroy is named Varus („twisted, crooked“), who is replaced by a sort of white knight, Aequus Modius („fair measure“, Vita 61).

––––––––––––– 80 E. g., F. Ahl, The Art of Safe Criticism in Greece and Rome, AJP 105, 1984, 174–208;

S. Bartsch, Actors in the Audience. Theatricality and Doublespeak from Nero to Hadrian, Cambridge 1994; V. Rudich, Political Dissidence under Nero. The Price of Dissimulation, London 1993; idem, Dissidence and Literature under Nero. The Price of Rhetoricization, London 1997; S. Mason, Figured Speech and Irony in the Works of T. Flavius Josephus, in: J. Edmondson / S. Mason / J. Rives (eds.), Flavius Josephus and Flavian Rome, Oxford 2005, 243–88. 81 Just one example: ƩƬμƳƶƮƿƼ appears only twice in Josephus, once meaning publication of a book (Vita 363) and a few sentences later (Vita 370) meaning the confiscation of property – two very different kinds of ‚making public‘ within a few sentences of each other.

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NT scholars are familiar with similar devices in the gospels, from Matthew’s plays on genesis in the birth narratives (Matt 1,1.18) to the ironic situation established by the prologue of John (1,1–18), which exposes many subsequent speakers as foolish or mendacious in their confident ignorance. The seeming / being contrast comes to the fore in many places, not least in Paul’s disparaging description of the Jerusalem leaders as „those who (merely?) appear to be something“ (Gal 2,6) as also throughout Hebrews. As for names: It seems that Paul is having some serious fun at Apollos’s expense when he finds a biblical passage (Isa 29,14LXX) in which God threatens (in Greek translation), „I will destroy (ə™Ƴư̹) the wisdom of the wise“ (1Cor 1,19).82 All this raises the question, whether our authors do not sometimes get carried away with their rhetoric, to the point of absurdity. I give one example of many from Josephus. In Bell II 256 he is describing the escalating chaos of the 50s and 60s, and with each new episode he wants to say that it was even worse than the bad thing he has just described, which seemed already terrible. It is a technique he uses often. In II 256 he has just described the emergence of the sicarii in the city, just when the countryside had been pacified from its bandits. He says: „First, then, Jonathan the high priest had his throat slit by them, but after him many were being done away with every day (ƯƦƭ̉ ɶμˀƴƦƱ); and even more difficult than these calamities was the dread of them, with each [person] expecting death every hour (ƯƦƭ̉ ʲƴƦƱ), just as in war.“ Plainly, Josephus wants to make the rhetorical point that fear of death, because it was present every hour, was even worse than the killings, which happened only on a daily basis. To do so, he conveniently contrasts ‚daily‘ with ‚hourly‘. But of course this is absurd: No one would want to trade their hourly fear for actual death – death that would not be daily for them, but once for all. There are many such manoeuvres in Josephus, and it seems that the NT has its share as well. One of my favourite passages in Paul comes in 1Cor 1,16, where he is criticizing the Corinthians for their factional strife (itself a parallel with Josephus and many ancient authors). Paul asks rhetorically, „Were you baptized into Paul? I thank God that I baptized none of you except Crispus and Gaius, and I did this for a very specific reason: I didn’t want you to be able to say you were baptized by Paul.“ But as he is dictating this letter, a delegate from Corinth is apparently nearby, named Stephanas, and he seems to nudge Paul and say, „Actually, Paul, you did also baptize me and my household.“ So Paul immediately adds, „And I did baptize Stephanas and his household, and actually I can’t remember whether I baptized anyone else. Anyway, the point is, I wasn’t sent to baptize people …“ Here it seems that Paul gets carried away with his rhetoric. But this raises the question, for both

––––––––––––– 82 For Apollos as interloper in Corinth, cf. 1Cor 1,11; 3,10–15; 4,15; 16,12.

Josephus and the New Testament, the New Testament and Josephus: an Overview

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Josephus and the NT authors, about how much weight one should place on any particular statement, and whether the established exegetical tradition in NT studies is rather too earnest. 4. Patronage and Loyalty The last area I shall mention has to do with questions of patronage and loyalty. Nowadays most NT readers know something of how important social networks were in the Roman world, and of the unwritten system of benefactions flowing from the more to the less powerful, to be reciprocated by unswerving loyalty.83 It is one thing to describe the system in theory, another to see it in practice. Roman literature abounds with examples, but the Judaean aristocrat Josephus also provides vivid instances of patron-client relationships in actual life – or in the life-like situations of his narratives. On the one hand, he is the appropriately grateful, indeed boastful recipient of honours from his social betters: Nero’s consort Poppaea Sabina, Vespasian, Titus, Domitian, and Domitian’s wife Domitia (Vita 16.414–430). By ancient standards, these tokens of recognition from the most powerful, along with his putative illustrious ancestry and character (Vita 1–6), were understood to enhance his status immeasurably. On the other hand, he is an exemplary patron himself, the powerful man who freely exercises his authority to assist or even rescue his less fortunate friends in times of need, especially after the Roman conquest of Jerusalem (Vita 418–421). It is a telling sign of our different social assumptions that this story, related by Josephus to illustrate his role as powerful friend, can be read by modern readers in the opposite way: as an indictment of his character for failing to care about the many others, hanging on crosses, whom he did not help.84 Perhaps most interesting for NT readers is Josephus’ palpable sense of grievance when those he thinks should be his grateful clients turn on him to follow other patrons. We see this phenomenon throughout his autobiography. Even though he has treated the Galileans kindly and with restraint, managing their problem with bandits, facilitating travel for family contacts, and providing for their every need (as he says), time and again he finds them defecting to a rival leader who seems momentarily more persuasive: Justus of Tiberias or John of Gischala (Vita 87–103.104–111.122–125). Many of the tactics that Josephus employs to win his people back, as a military commander (e. g., Vita 170–178), were of course not available to Paul, though the traveling preacher does threaten a group in Corinth – who are now favouring another leader –

––––––––––––– 83 E. g., R. P. Saller, Personal Patronage under the Early Empire, Cambridge 1982. 84 So Williamson, World (see n. 37), 303.

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that he might come „with a rod“ (1Cor 4,21). Paul seems keenly aware of a principle that groups established by him belong to him: He is their father and midwife. He will not interlope on the turf of others (Rom 15,20), and he becomes furious when others impose themselves on his followers (1Cor 4,15– 21; 2Cor 10,13–11,23; Gal 1,6–9; 4,10–20). In both Josephus and Paul, one can see similar emotions of offence and outrage at the defection of groups that should belong to the founding patron.

V. Conclusions We may now summarize the main points of this study. Traditional use of Josephus for illumination of the NT began with a trust in his work because of his prestige and connections, which permitted the Church’s preservation of his work as sole authority for the period. In modern times his authority has remained undiminished, but for the very different reason that he was thought to preserve excellent sources or raw data. Recent approaches to Josephus, by contrast, highlight the sophisticated character of his narratives. This shift of perspective has created new possibilities for using Josephus in relation to the NT: Both corpora include carefully crafted narratives that require patient study. Reconstruction of the underlying events and personalities, if it is possible, must await such careful interpretation. I have argued that the greatest value for NT readers in studying Josephus may lie in less obvious places. We may never, without future discoveries, reach much certainty about many of the persons, groups, institutions, and events to which Josephus and the NT both refer, and this is even more the case with those that figure only in Josephus. Yet we do have the rich texts themselves. If we stop looking for a ‚quick historical fix‘ from Josephus, for reliable information at hand, and undertake the more ambitious project of understanding his works in light of their audiences and social situation, we shall rediscover a large corpus of texts produced at one of history’s most portentous moments. Observing how such a prolific writer with connections to Judaea’s history and scriptures expressed himself in Flavian Rome can only enhance the reading of the NT library, and insights from NT studies should provide a valuable counterweight to the Judaean statesman’s perceptions of his world.

Tod und Leben bei Josephus und im Neuen Testament Beobachtungen aus wechselseitiger Wahrnehmung von

KARL-WILHELM NIEBUHR „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.“1 Diesen Satz Jesu dürfte Josephus wohl ohne Mühe haben nachsprechen können, hätte er ihn gekannt, zumal Jesus ihn noch mit der Selbstvorstellung Gottes gegenüber Mose, einem Zitat aus der Tora, eingeleitet hatte: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“2 In diesem Gottesglauben, dem Glauben an den Gott Israels, für den der Tod nicht die Grenze bildet, der vielmehr, wie es ein berühmter Pharisäer seiner Zeit ausgedrückt hatte, „die Toten lebendig macht und ruft das, was nicht ist, dass es sei“3 – in diesem Glauben dürfte Josephus mit Jesus ebenso wie mit den Autoren des Neuen Testaments übereingestimmt haben. Interessanter ist schon die Frage, wie Josephus wohl das Gespräch Jesu mit den Sadduzäern im Jerusalemer Tempel, aus dem dieser Satz stammt,4 verfolgt und beurteilt hätte, wäre er dabei gewesen. Jedenfalls gebraucht Josephus das Wort əƱʾƶƷƦƶƮƵ nicht in dem Sinne, wie es nach den Synoptikern die Sadduzäer meinen und ablehnen.5 Das tut eher der Verfasser der Apostelgeschichte, ein Zeitgenosse des Josephus, der mit Blick auf den Pharisäer und Christus-Missionar Paulus genau an diesem Begriff die Unterscheidungslehre zwischen Sadduzäern und Pharisäern festmacht.6 Nach der Darstellung des

––––––––––––– 1 Mk 12,27: ƳʡƯ ɭƶƷƮƱ ƭƪ˅Ƶ ƱƪƯƴ̹Ʊ əưưʽ ƫǁƱƷƼƱ. 2 Ex 3,6.15. 3 Röm 4,17: ɩ™ƤƶƷƪƸƶƪƱ ƭƪƳ̬ ƷƳ̬ ƫ̷Ƴ™ƳƮƳ̬ƱƷƳƵ ƷƳˇƵ ƱƪƯƴƳˇƵ ƯƦ˃ ƯƦưƳ̬ƱƷƳƵ Ʒʽ μˁ

ʙƱƷƦ ʮƵ ʙƱƷƦ. 4 Vgl. dazu umfassend O. Schwankl, Die Sadduzäerfrage (Mk 12,18–27 parr). Eine exegetisch-theologische Studie zur Auferstehungserwartung, BBB 66, Frankfurt a. M. 1987. 5 Vgl. Mk 12,18: ƳʊƷƮƱƪƵ ưƢƨƳƸƶƮƱ əƱơƶƷƦƶƮƱ μˁ ƪʋƱƦƮ. 6 Vgl. Act 23,8: ƙƦƩƩƳƸƯƦ̝ƳƮ μʿƱ ƨʽƴ ưƢƨƳƸƶƮƱ μˁ ƪʋƱƦƮ əƱơƶƷƦƶƮƱ μƣƷƪ ɝƨƨƪưƳƱ μƣƷƪ ™Ʊƪ̬μƦ, ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ Ʃʿ ʖμƳưƳƨƳ̬ƶƮƱ Ʒʽ əμƹƿƷƪƴƦ.

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Josephus dagegen lehnen die Sadduzäer „die Fortdauer der Seele und die Strafen und Belohnungen im Hades“ ab7 und lehren stattdessen, „dass die Seelen zusammen mit den Leibern verschwinden“.8 Das ist nicht dasselbe! Adolf Schlatter, der große Josephus-Kenner, meinte zur Frage der Sadduzäer an Jesus: „Damit schoben die Saddukäer Jesus die pharisäische Vorstellung von der Auferstehung zu, nach der sie die Rückkehr zur alten Lebensform bedeutet. Sie soll zunächst das wiederherstellen, was durch den Tod zerstört worden ist. Folgerichtig besteht alles, was im Lauf der Geschichte nacheinander entstand, nun gleichzeitig, und das gab der saddukäischen Kritik Stoff in Menge. Es ist kein günstiges Zeichen für die Theologie Gamaliels und seiner Mitarbeiter, daß sie auf diesen Beweis keine Antwort hatten. Diese Geschichte wird Jesus offenbar in der Meinung vorgetragen, diese Beweisführung sei nicht zu widerlegen; denn was geschrieben ist, läßt sich nicht auslöschen.“9 So weit Schlatter. Aber woher kannte Schlatter „die pharisäische Vorstellung von der Auferstehung … nach der sie die Rückkehr zur alten Lebensform bedeutet“? Jedenfalls offenbar nicht von Josephus. Nach dessen Darstellung jedenfalls lehren die Pharisäer vielmehr: „Zwar sei jede Seele unsterblich, es gehen aber nur die der Guten in einen anderen Leib über, die der Schlechten jedoch würden durch ewige Bestrafung gezüchtigt.“10 Die Pharisäer, so Josephus an anderer Stelle, „sind gewiss, dass den Seelen unsterbliche Kraft eignet und dass ihnen unter der Erde Verurteilungen oder Würden zukommen, jeweils entsprechend tugendhafter oder schlechter Lebensweise, wobei den einen immerwährendes Gefängnis, den anderen Behaglichkeit des Wiederauflebens“ blühe.11 Das ist etwas deutlich anderes als die Auffassung, dass „die Auferstehung die sämtlichen gegenwärtigen Zustände wiederbringt“, eine Meinung, die Schlatter zudem als „die Meinung des Rabbinats“ wiedergibt und offenbar auch für die „Theologie Gamaliels“ hält und die er sogleich belegt mit einem Satz aus dem Jerusalemer Talmud und dem Midrasch Tanchuma, den er natürlich auch gleich noch ins Griechische übersetzt.12

––––––––––––– 7 Bell II 165: ƻƸƺ̏Ƶ Ʒƪ ƷˁƱ ƩƮƦμƳƱˁƱ ƯƦ˃ ƷʽƵ ƯƦƭ’ ːƩƳƸ ƷƮμƼƴƤƦƵ ƯƦ˃ ƷƮμʽƵ

əƱƦƮƴƳ̬ƶƮƱ. 8 Ant XVIII 16: ƙƦƩƩƳƸƯƦƤƳƮƵ Ʃʿ ƷʽƵ ƻƸƺʽƵ ʖ ưƿƨƳƵ ƶƸƱƦƹƦƱƤƫƪƮ ƷƳ̝Ƶ ƶǁμƦƶƮ. 9 A. Schlatter, Der Evangelist Matthäus. Seine Sprache, sein Ziel, seine Selbständigkeit. Ein Kommentar zum ersten Evangelium, Stuttgart 1929, 652 (Hervorhebung K.-W. N.). 10 Bell II 163: ƻƸƺƣƱ Ʒƪ ™̀ƶƦƱ μʿƱ ɝƹƭƦƴƷƳƱ, μƪƷƦƧƦƤƱƪƮƱ Ʃʿ ƪʅƵ ɮƷƪƴƳƱ ƶ̹μƦ ƷˁƱ Ʒ̹Ʊ əƨƦƭ̹Ʊ μƿƱƬƱ, ƷʽƵ Ʃʿ Ʒ̹Ʊ ƹƦǀưƼƱ əƽƩƤ̷ ƷƮμƼƴƤ˾ ƯƳươƫƪƶƭƦƮ. 11 Ant XVIII 14: əƭơƱƦƷƿƱ Ʒƪ ʅƶƺˇƱ ƷƦ̝Ƶ ƻƸƺƦ̝Ƶ ™ƤƶƷƮƵ ƦʡƷƳ̝Ƶ ƪʋƱƦƮ ƯƦ˃ ʢ™˅ ƺƭƳƱ˅Ƶ ƩƮƯƦƮǁƶƪƮƵ Ʒƪ ƯƦ˃ ƷƮμʽƵ ƳʌƵ əƴƪƷ̏Ƶ ɷ ƯƦƯƤƦƵ ɩ™ƮƷƣƩƪƸƶƮƵ ɩƱ Ʒ̺ ƧƤ̷ ƨƢƨƳƱƪƱ, ƯƦ˃ ƷƦ̝Ƶ μʿƱ ƪʆƴƨμ˅Ʊ əƇƩƮƳƱ ™ƴƳƷƤƭƪƶƭƦƮ, ƷƦ̝Ƶ Ʃʿ ̫˾ƶƷǁƱƬƱ ƷƳ̬ əƱƦƧƮƳ̬Ʊ. 12 Schlatter, Matthäus (s. Anm. 9), 652: yKet 35c (= Tan 9.208): „Wie ein Mensch vergeht, so kommt er wieder“ (ʮƵ ʖ ɝƱƭƴƼ™ƳƵ ʢ™ʾƨƪƮ, ɭƴƺƪƷƦƮ).

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I. Methodische und sachliche Grundfragen zum Thema Wir sind mit diesem einleitenden Beispiel sofort mitten hinein geführt worden in ein ganzes Bündel von methodischen und sachlichen Problemen, die sich uns in den Weg stellen, wenn wir Josephus und das Neue Testament, das Neue Testament und Josephus in wechselseitiger Wahrnehmung betrachten wollen: Wofür stehen die Aussagen, die wir bei Josephus lesen? Für ein repräsentatives Bild des ‚normativen Judentums‘ zur Zeit Jesu (in der Begrifflichkeit Schlatters: „die Meinung des Rabbinats“)? Für spezifische Anschauungen bestimmter jüdischer Gruppen, die uns auch im Neuen Testament begegnen (in unserem Beispiel: die Pharisäer)? Oder für die ganz persönlichen und konkret zielgerichteten Äußerungen eines sehr individuellen jüdischen ‚Charakters‘ in Rom am Ende des 1. Jh. n. Chr., nämlich des Josephus selbst? Und welche Funktion haben die Aussagen des Neuen Testaments, wenn sie mit solchen bei Josephus in Beziehung gesetzt werden? Stehen sich die beiden Quellenbereiche als Repräsentationen grundsätzlich oder auch nur wesentlich verschiedener Lebens-, Glaubens- und Denkweisen gegenüber, oder tragen sie beide je für sich und in gegenseitiger Ergänzung zum Bild des vielfältigen Judentums in hellenistisch-römischer Zeit bei? Besonders mit Blick auf die neuere Pharisäerforschung tritt diese Frage ja in aller Deutlichkeit hervor und wird in ihrer Komplexität noch verstärkt, wenn die in der rabbinischen Literatur überlieferten Zeugnisse in die Betrachtung mit einbezogen werden.13 ––––––––––––– 13 Vgl. zur neueren Pharisäerforschung R. Deines, The Pharisees Between „Judaisms“ and „Common Judaism“, in: D. A. Carson / P. T. O’Brien / M. A. Seifried (Hg.), Justification and Variegated Nomism. Vol. I: The Complexities of Second Temple Judaism, WUNT II / 140, Tübingen 2001, 443–504; ders., Die Pharisäer. Ihr Verständnis im Spiegel der christlichen und jüdischen Forschung seit Wellhausen und Graetz, WUNT 101, Tübingen 1997; ders., Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmigkeit, WUNT II / 52, Tübingen 1993; J. Schaper, The Pharisees, CHJud 3, 1999, 402–427; S. Mason, Flavius Josephus on the Pharisees. A Composition-Critical Study, StPB 39, Leiden 1991; ders., Revisiting Josephus’s Pharisees, in: J. Neusner / A. J. Avery-Peck (Hg.), Judaism in Late Antiquity. Part Three: Where We Stand. Issues and Debates in Ancient Judaism, 4 Vols., HO 1 / 40.43.53.55, Leiden 1998–2001, Vol. 2, 23–56; E. Rivkin, Who were the Pharisees?, in: Neusner / AveryPeck (Hg.), Judaism (a. a. O.), Vol. 3, 1–33; L. L. Grabbe, Sadducees and Pharisees, in: Neusner / Avery-Peck (Hg.), Judaism (a. a. O.), Vol. 1, 35–62; ders., The Pharisees. A Response to Steve Mason, in: Neusner / Avery-Peck (Hg.), Judaism (a. a. O.), Vol. 3, 35–47; H.-G. Waubke, Die Pharisäer in der protestantischen Bibelwissenschaft des 19. Jahrhunderts, BHTh 107, Tübingen 1998; G. Baumbach, Die Pharisäerdarstellung des Josephus – propharisäisch oder antipharisäisch? (Franz-Delitzsch-Vorlesung 1996), Münster 1997; H.-F. Weiß, Art. Pharisäer, TRE 26, 1996, 473–485; J. Neusner / C. Thoma, Die Pharisäer vor und nach der Tempelzerstörung des Jahres 70 n. Chr., in: Tempelkult und Tempelzerstörung (70 n. Chr.), FS C. Thoma, hg. v. S. Lauer / H. Ernst, JudChr 15, Bern 1995, 189–230; P. Schäfer, Der vorrabbinische Pharisäismus, in: M. Hengel / U. Heckel (Hg.), Paulus und das antike Judentum, WUNT 58, Tübingen 1991, 125–175; G. Stemberger, Pharisäer, Sadduzäer, Es-

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Schließlich lässt sich die Frage nach Josephus und dem Neuen Testament in gegenseitiger Wahrnehmung gar nicht trennen von der nach ihrer beider Einbindung in die und ihrer unlöslichen Verquickung mit den Lebens-, Glaubens- und Denkweisen hellenistisch-römischer Kultur und Zivilisation insgesamt. Im Blick auf diese Einbindung wäre die Frage ‚wechselseitiger Wahrnehmungen‘ noch einmal ebenso sorgfältig zu reflektieren. Ist es denn überhaupt sachgemäß, Josephus und das Neue Testament lediglich für sich zu betrachten, wenn auch in wechselseitiger Wahrnehmung, so doch aber zugleich gewissermaßen aus ihrer Zeit herausgehoben? Ich verstehe meinen folgenden Beitrag als eine Gelegenheit, die Schwierigkeiten und die Komplexität der Fragestellung aufzugreifen und an einem freilich zentralen Themenfeld exemplarisch zu illustrieren: dem Themenfeld von Tod und Leben. Was für ein Thema könnte schlichter und doch zugleich grundlegender, umfassender und doch zugleich diffiziler sein? M. E. lässt sich gerade an einem solch grundlegenden Themenfeld besonders gut zeigen, welchen methodischen und sachlichen Problemen wir begegnen, wenn wir Josephus und das Neue Testament in wechselseitiger Wahrnehmung zu verstehen versuchen. Die Frage nach Tod und Leben im Neuen Testament und bei Josephus eignet sich auch deshalb besonders gut für eine problemorientierte Darstellung, weil auf diesem Gebiet nicht nur zentrale Aussageinteressen und -schwerpunkte in beiden Quellenbereichen auszumachen sind, sondern die entsprechenden z. T. umfangreichen Textfelder auch bereits in einem beeindruckenden Maße von der Forschung aufgegriffen und untersucht worden sind. Gleichwohl sind dabei aber doch nach meinem Eindruck wesentliche Fragestellungen und Themenbereiche noch offen geblieben, und vor allem ist es der Forschung bisher nur unzureichend gelungen, die Querverbindungen zu würdigen, die sich bei einem solchen Thema auf verschiedenen Ebenen ergeben. Dies gilt nicht allein für Josephus und das Neue Testament, sondern auch in einem weiteren Sinn für die Erforschung des Neuen Testaments und des antiken Judentums im Kontext der hellenistisch-römischen Zeit insgesamt. So gibt es auf der einen Seite eine reiche Forschungsliteratur zu Todesund Nachtodvorstellungen im Zusammenhang der frühjüdischen Eschatologie und Apokalyptik,14 die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der ‚Reli-

––––––––––––– sener, SBS 144, Stuttgart 1991; A. J. Saldarini, Pharisees, Scribes and Sadducees. A Sociological Approach, Wilmington 1988 (Neuausgabe mit einem Vorwort von J. C. VanderKam [xi–xxv] Grand Rapids / Cambridge 2001). 14 Vgl. exemplarisch G. Stemberger, Der Leib der Auferstehung. Studien zur Anthropologie und Eschatologie des palästinischen Judentums im neutestamentlichen Zeitalter (ca. 170 v. Chr. – 100 n. Chr.), AnBib 56, Rom 1972; G. W. E. Nickelsburg, Resurrection, Immortality and Eternal Life in Intertestamental Judaism, HThS 26, Cambridge 1972; U. Fischer, Eschato-

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gionsgeschichtlichen Schule‘ einen ersten Höhepunkt erreichte15 und bis in die Gegenwart hinein fortgeschrieben wird.16 Ebenso sind die epigraphischen und archäologischen Quellen des antiken Judentums inzwischen gut erschlossen und zu großen Teilen in handlichen Sammelausgaben ediert worden.17 Einige neuere Monographien widmen sich auch schon der systematischen Erhebung und Auswertung solcher nichtliterarischen Zeugnisse zum Thema.18

––––––––––––– logie und Jenseitserwartung im hellenistischen Diasporajudentum, BZNW 44, Berlin / New York 1978; H. C. Cavallin, Leben nach dem Tode im Spätjudentum und im frühen Christentum. I. Spätjudentum, ANRW II 19,1, 1979, 240–345; D. Hellholm (Hg.), Apocalypticism in the Mediterranean World and the Near East. Proceedings of the International Colloquium on Apocalypticism, Uppsala, August 12–17, 1979, Tübingen 21989; H. E. Lona, Über die Auferstehung des Fleisches. Studien zur frühchristlichen Eschatologie, BZNW 66, Berlin / New York 1993; É. Puech, La Croyance des Esséniens en la Vie Future. Immortalité, Résurrection, Vie Éternelle. Histoire d’une Croyance dans le Judaïsme ancien, 2 Bde., EtB 21 / 22, Paris 1993; H. Sysling, Tehiyyat Ha-Metim. The Resurrection of the Dead in the Palestinian Targum of the Pentateuch and Parallel Traditions in Classical Rabbinic Literature, TSAJ 57, Tübingen 1996; R. Bauckham, The Fate of the Dead. Studies on the Jewish and Christian Apocalypses, NT.S 93, Leiden 1998; F. Hahn, Frühjüdische und urchristliche Apokalyptik. Eine Einführung, BThSt 36, Stuttgart 1998; G. S. Oegema, Zwischen Hoffnung und Gericht. Untersuchungen zur Rezeption der Apokalyptik im frühen Christentum und Judentum, WMANT 82, Neukirchen-Vluyn 1999; A. Bedenbender, Der Gott der Welt tritt auf den Sinai. Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise der frühjüdischen Apokalyptik, ANTZ 8, Berlin 2000. 15 Klassisch zusammengefasst bei P. Volz, Die Eschatologie der jüdischen Gemeinde im neutestamentlichen Zeitalter. Nach den Quellen der rabbinischen, apokalyptischen und apokryphen Literatur, Tübingen 21934 (Nachdruck Hildesheim 1966, zuerst erschienen unter dem Titel: Jüdische Eschatologie von Daniel bis Akiba, Tübingen 1903). 16 C. D. Elledge, Life After Death in Early Judaism. The Evidence of Josephus, WUNT II / 208, Tübingen 2006; N. T. Wright, Christian Origins and the Question of God, Vol. 3: The Resurrection of the Son of God, Minneapolis 2005; C. J. Setzer, Resurrection of the Body in Early Judaism and Early Christianity. Doctrine, Community, and Self-Definition, Boston 2004; S. Burkes, God, Self, and Death. The Shape of Religious Transformation in the Second Temple Period, JSJ.S 79, Leiden / Boston 2003; J. W. van Henten / F. Avemarie (Hg.), Martyrdom and Noble Death. Selected Texts from Graeco-Roman, Jewish and Christian Antiquity, London / New York 2002; F. Avemarie / H. Lichtenberger (Hg.), Auferstehung – Resurrection, The Fourth Durham-Tübingen Research Symposium Resurrection, Transfiguration and Exaltation in Old Testament, Ancient Judaism and Early Christianity (Tübingen, September 1999), WUNT 135, Tübingen 2001; A. J. Avery-Peck / J. Neusner (Hg.), Judaism in Late Antiquity. Part Four: Death, Life-After-Death, Resurrection and the World-to-Come in the Judaisms of Antiquity, HO 1.49, Leiden 2000. 17 W. Ameling / D. Noy / A. Panyatonov / H. Bloedhorn, Inscriptiones Judaicae Orientis, 3 Bde, TSAJ 99.101.102, Tübingen 2004; W. Horbury / D. Noy, Jewish Inscriptions of Graeco-Roman Egypt, Cambridge 1992; D. Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, Cambridge 1993 / 1995; G. Lüderitz, Corpus jüdischer Zeugnisse aus der Cyrenaika, Wiesbaden 1983. 18 J. Zangenberg, Haus der Ewigkeit. Archäologische und literarische Studien zur jüdischen und frühchristlichen Bestattungskultur in Palästina, Habil., Wuppertal 2002 (unveröff.); R. Hachlili, Jewish Funerary Customs, Practices and Rites in the Second Temple Period,

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Dazu kommen noch die zahlreichen Untersuchungen zu eschatologischen Vorstellungen im Neuen Testament, etwa im Rahmen der paulinischen Theologie, die jeweils häufig ausführliche Kapitel zu den entsprechenden frühjüdischen Texten und Vorstellungen bieten.19 Allerdings stehen in den Arbeiten von Neutestamentlern zum Thema in aller Regel einseitig die theologisch relevanten ideellen Konzeptionen und Vorstellungen vom Leben im Angesicht des Todes bzw. über den Tod hinaus im Zentrum des Interesses. Dagegen sind Fragen des alltagspraktischen Umgangs mit Sterben, Tod und Begräbnis bisher nur wenig untersucht worden.20 So sind in den einschlägigen Monographien zwar Zeugnisse zu Auferstehungs- und Endzeitvorstellungen bei Philo, Josephus und in anderen frühjüdischen Schriften gesammelt und ausgewertet worden. Aber Belege zum Umgang mit Leichen, zu Begräbnis- und Trauerpraktiken, zur Graberrichtung und Grabpflege, zu sozialen Problemen und Strategien der Bewältigung von Todesfällen in der Familie, der Gruppe, der Gesellschaft, zur Gegenwart des Todes im Zusammenhang militärischer Auseinandersetzungen usw. sind noch nicht einmal systematisch erfasst, geschweige denn schon interpretierend ausgewertet worden.21

––––––––––––– JSJ.S 94, Leiden / Boston 2005; P. Richardson, Building Jewish in the Roman East, JSJ.S 92, Leiden u. a. 2005; L. Triebel, Jenseitshoffnung in Wort und Stein. Nefesch und pyramidales Grabmal als Phänomene antiken jüdischen Bestattungswesens im Kontext der Nachbarkulturen, AGAJU 56, Leiden / Boston 2004; I. Peres, Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie, WUNT 157, Tübingen 2003; J. S. Park, Conceptions of Afterlife in Jewish Inscriptions. With Special Reference to Pauline Literature, WUNT II / 121, Tübingen 2000. 19 M. Vogel, Commentatio mortis. 2. Kor 5,1–10 auf dem Hintergrund antiker ars moriendi, FRLANT 214, Göttingen 2006; F. Lindgård, Paul’s Line of Thought in 2 Corinthians 4,16–5,10, WUNT II / 189, Tübingen 2005; J. Holleman, Resurrection and Parousia. A Traditio-Historical Study of Paul’s Eschatology in 1 Corinthians 15, NT.S 84, Leiden u. a. 1996; M. C. de Boer, The Defeat of Death. Apocalyptic Eschatology in 1 Corinthians 15 and Romans 5, JSNT.S 22, Sheffield 1988; A. J. M. Wedderburn, Baptism and Resurrection. Studies in Pauline Theology against Its Graeco-Roman Background, WUNT 44, Tübingen 1987; G. Sellin, Der Streit um die Auferstehung der Toten. Eine religionsgeschichtliche und exegetische Untersuchung von 1 Korinther 15, FRLANT 138, Göttingen 1986; H.-J. Klauck, Herrenmahl und hellenistischer Kult. Eine religionsgeschichtliche Untersuchung zum ersten Korintherbrief, NTA 15, Münster 1982; H. C. C. Cavallin, Life After Death. Paul’s Argument for the Resurrection of the Dead in I Cor 15. Part I: An Enquiry into the Jewish Background, CB.NT 7 / 1, Lund 1974. 20 Einen Überblick zum Thema im antiken Judentum, im klassischen Griechenland und in der römischen Republik und frühen Kaiserzeit gibt U. Volp, Tod und Ritual in den christlichen Gemeinden der Antike, SVigChr 65, Leiden 2002, 29–95. 21 Ganz wenig findet sich zu dem ganzen Problemkreis leider auch nur bei K. Erlemann u. a. (Hg.), Neues Testament und Antike Kultur, 4 Bde., Neukirchen-Vluyn 2004ff, vgl. lediglich U. Volp, Tod, in: Erlemann, Kultur (a. a. O.), Bd. 2 (2005), 62–64.

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Eine Interpretation der literarischen Überlieferungen des hellenistischen Frühjudentums im Zusammenhang mit den epigraphischen bzw. archäologischen Zeugnissen fehlt zudem bisher noch weitgehend. In den primär archäologisch oder epigraphisch ausgerichteten Untersuchungen zum Thema werden die literarischen Zeugnisse meist nur unzureichend berücksichtigt.22 In religionsgeschichtlich ausgerichteten Arbeiten von Neutestamentlern, die jüdisch-hellenistische Texte ausführlich berücksichtigen, bleiben dagegen die nichtliterarischen Zeugnisse weitgehend außerhalb des Blickfeldes.23 In Untersuchungen zu Todes- und Jenseitsvorstellungen im Frühjudentum schließlich, speziell bei Philo und Josephus, wurden die jüdisch-hellenistischen Zeugnisse bisher kaum mit nichtjüdischen literarischen oder nichtliterarischen Quellen zum Thema Tod und Todesbewältigung in Beziehung gesetzt.24 Die Untersuchung solcher Querverbindungen sollte somit ein Hauptziel wechselseitiger Wahrnehmungen im Blick auf Josephus und das Neue Testament sein, Querverbindungen nicht bloß zwischen den beiden Textkorpora, sondern zugleich auch zwischen den religiösen Gruppen und kulturellen Milieus, denen sie sich verdanken, und darüber hinaus auch zwischen den jeweiligen Wissenschaftskulturen und Forschungsperspektiven, die sich bei ihrer Erforschung herausgebildet haben und sich heute im günstigsten Falle begegnen. Nicht nur das Josephus-Symposium hat sich, wie das vorangegangene Philo-Symposium,25 solchen Forschungsaufgaben gestellt, sondern auch das Projekt des Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti, aus dem beide Konferenzen erwachsen sind, sieht sich ihnen gegenüber.26

––––––––––––– 22 So etwa bei Hachlili, Customs (s. Anm. 18); Triebel, Jenseitshoffnung (s. Anm. 18); Park, Afterlife (s. Anm. 18). 23 So z. B. bei Wedderburn, Baptism (s. Anm. 19); Sellin, Streit (s. Anm. 19); Klauck, Herrenmahl (s. Anm. 19). 24 Ansätze dazu jetzt mit Blick auf Josephus bei J. Sievers, Aussagen des Josephus zu Unsterblichkeit und Leben nach dem Tod, in: F. Siegert / U. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Münster 1997. Vorträge aus dem Institutum Judaicum Delitzschianum, MJSt 2, Münster 1998, 78–92, und Elledge, Life (s. Anm. 16). 25 Vgl. R. Deines / K.-W. Niebuhr, Philo und das Neue Testament – das Neue Testament und Philo. Wechselseitige Wahrnehmungen, in: dies. (Hg.), Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen. I. Internationales Symposium zum Corpus JudaeoHellenisticum 1.–4. Mai 2003, Eisenach / Jena, WUNT 172, Tübingen 2004. 26 Zu Ansatz und Ziel dieses Projekts vgl. einstweilen R. Deines / K.-W. Niebuhr, Philo und das Neue Testament – das Neue Testament und Philo. Wechselseitige Wahrnehmungen, in: dies. (Hg.), Philo und das Neue Testament (s. Anm. 25), 3–18: 12–16; K.-W. Niebuhr, Das Corpus Hellenisticum. Anmerkungen zur Geschichte eines Problems, in: W. Kraus / K.W. Niebuhr (Hg.), Frühjudentum und Neues Testament im Horizont Biblischer Theologie. Mit einem Anhang zum Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti, WUNT 162, Tübingen 2003, 361–382.

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II. Anwendungsfelder der Fragestellung Mit Blick auf das Thema ‚Tod und Leben bei Josephus und im Neuen Testament‘ sehe ich wenigstens vier Anwendungsfelder für die bisher skizzierte methodische und thematisch-sachliche Fragestellung: Die Thematik kann aufgegriffen und entfaltet werden, indem zunächst nicht nach den Abstraktbegriffen Tod und Leben gefragt wird, sondern sozusagen nach den Personalsubstantiven Tote und Lebende, nach den Menschen also, die sich als Lebende und Tote begegnen. Wie gehen Lebende mit ‚ihren‘ Toten um und was bedeuten sie ihnen? Wie wird es bewertet und gegebenenfalls sanktioniert, wenn Lebende andere Lebende zu Tode bringen, z. B. durch Mord oder durch die Vollstreckung der Todesstrafe, durch Tötung im Krieg oder im Rahmen gewaltsamer Auseinandersetzungen? Welche Bewertung kommt dem Selbstmord zu? Welchen Stellenwert haben Lebensrettung und Lebenserhaltung, z. B. durch Ärzte und Medizin in ihren verschiedensten Ausprägungen bis hin zu Heilungen und Magie? Natürlich fallen in diesen Bereich der Themenstellung auch Fragen des Umgangs mit Leichen, der Totenunreinheit, der Bestattungskultur und des Totengedenkens. Ein zweites Anwendungsfeld der Thematik betrifft die Darstellung und Bewertung von Tod und Leben als Phänomenen der Lebenswirklichkeit. Der Tod ebenso wie das Leben können idealisiert oder perhorresziert werden. Beide können als Anfangs- oder Endzustand menschlicher Wirklichkeit betrachtet und entsprechend beurteilt werden. Ein möglicher Ansatz für solche Fragestellungen könnte z. B. sein, einmal zu untersuchen, ob und in welcher Weise in unseren Texten der Tod und das Leben als Personifikationen begegnen. Welche Vorstellungen sind mit solchen Personifikationen verbunden? Welche Beziehungen lassen sich zwischen ihnen und realen Todeserfahrungen ermitteln? Für manche neutestamentlichen Aussagezusammenhänge scheint jedenfalls das Gegensatzpaar Tod versus Leben sprachlich und sachlich prägende Bedeutung zu haben.27 Lässt sich Vergleichbares bei Josephus ausmachen? Ein drittes Anwendungsfeld unserer Fragestellung betrifft Haltungen von Lebenden gegenüber dem Tod. Hier gibt es ein breites Spektrum möglicher Haltungen, vom Selbstmord als Verzweiflungstat bis hin zum Bekenntnis des Paulus: „Christus ist mir Leben und Sterben Gewinn.“28 Dazwischen stehen so verschiedene Haltungen wie die Todesverachtung und das carpe diem, nicht zuletzt in der Variante bei Paulus: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!“29 Innerhalb dieses weiten Spektrums sind auch Texte

––––––––––––– 27 Vgl. z. B. Mt 7,13f; 18,8f; 25,46; Joh 3,16; Röm 5,21. 28 Vgl. Phil 1,21: ɩμƳ˃ ƨʽƴ Ʒ˅ ƫ̏Ʊ ƝƴƮƶƷ˅Ƶ ƯƦ˃ Ʒ˅ ə™ƳƭƦƱƪ̝Ʊ ƯƢƴƩƳƵ. 29 1Kor 15,32: ƹơƨƼμƪƱ ƯƦ˃ ™ƤƼμƪƱ, ƦʥƴƮƳƱ ƨʽƴ ə™ƳƭƱ̎ƶƯƳμƪƱ, vgl. Jes 22,13.

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wie die berühmte ‚Feldherrenregel‘ aus der Jesus-Überlieferung einzuordnen: „Wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird’s erhalten.“30 Wie weit dieses Spektrum von möglichen Haltungen dem Tod gegenüber reicht, wird deutlich, wenn man von hier ausgehend den ganzen Vorstellungskomplex vom ‚Sterben für die Freunde‘ in die Betrachtung einbezieht und dabei paulinische31 und johanneische32 Gedankengänge zur Deutung des Todes Jesu berücksichtigt. Auch bei Josephus finden sich vergleichbare Gedankengänge von der Lebenshingabe für andere, und zwar bemerkenswerterweise gerade im Munde des römischen Heerführers Titus und seiner Soldaten. So ist es etwa einem römischen Soldaten mit Namen Sabinus vorbehalten, vor der Erstürmung der Burg Antonia seinem Kaiser das folgende Treuebekenntnis auszusprechen: „Für dich, Caesar, gebe ich mich willig hin (ɩ™ƮƩƤƩƼμƤ ƶƳƮ, ƐƦ̝ƶƦƴ, ɭƹƬ, ™ƴƳƭǀμƼƵ ɩμƦƸƷƿƱ). Ich steige zuerst auf die Mauer, und ich wünsche, daß dein Glück meine Stärke und Bereitschaft begleiten möge. Sollte mir aber der erfolgreiche Ausgang des Anschlages vom Schicksal mißgönnt sein, so wisse, daß ich nicht gegen meine Erwartungen untergegangen bin, sondern aus eigenem Entschluß den Tod für dich gewählt habe (ʢ™ʿƴ ƶƳ̬ ƯƴƤƶƪƮ Ʒ˅Ʊ ƭơƱƦƷƳƱ ˜ƴƬμƢƱƳƱ).“33 Offenbar sieht Josephus in solcher Haltung eine vorbildliche Reaktion auf die Ermunterung zum Kampf mit Hilfe der Hoffnung auf Unsterblichkeit, die er zuvor dem Titus höchstpersönlich in den Mund gelegt hat: „Ich will es jetzt auch lassen, ein Loblied auf das Sterben im Kriege zu singen und auf die Unsterblichkeit (əƭƦƱƦƶ˄Ʀ), die denen zuteil wird, die vom kriegerischen Mut erfüllt fallen … Wer von den braven Männern weiß denn nicht, daß die Seelen, die in offener Feldschlacht durch den Stahl vom Fleisch gelöst worden sind, vom reinsten Element, dem Äther, aufgenommen und zu den Gestirnen versetzt werden und als gute Geister und freundliche Heroen ihren Nachfahren erscheinen (ƻƸƺʽƵ ƶƮƩƣƴ̷ Ʒ̹Ʊ ƶƦƴƯ̹Ʊ ə™ƳưƸƭƪƤƶƦƵ Ʒ˅ ƯƦƭƦƴǁƷƦƷƳƱ ƶƷƳƮƺƪ̝ƳƱ Ʀʅƭˁƴ ƲƪƱƳƩƳƺ̹Ʊ ɝƶƷƴƳƮƵ ɩƨƯƦƭƮƩƴǀƪƮ, ƩƦƤμƳƱƪƵ Ʃ’ əƨƦƭƳ˃ ƯƦ˃ ɺƴƼƪƵ ƪʡμƪƱƪ̝Ƶ ʅƩƤƳƮƵ ɩƨƨƿƱƳƮƵ ɩμƹƦƱƤƫƳƱƷƦƮ); daß jene Seelen aber, die in dahinwankenden Leibern sich verzehren, mögen sie auch noch so rein von Flecken und schmutzigen Taten sein, von der unterirdischen Nacht vertilgt und von tiefem

––––––––––––– 30 Mk 8,35, vgl. Joh 12,25. 31 Vgl. Röm 5,7f. 32 Vgl. Joh 15,13. 33 Bell VI 56f. Übersetzungen aus Bell hier und im Folgenden nach Flavius Josephus, De

Bello Judaico. Der Jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch, hg. und mit einer Einleitung sowie mit Anmerkungen versehen von O. Michel und O. Bauernfeind, 3 Bde., Darmstadt 1959–1969.

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Vergessen aufgenommen werden, wobei sie zugleich mit dem Ende von Leben und Leib auch das des Andenkens hinnehmen müssen.“34 Dieselbe Tugend des Sterbens im Kampf für Freunde, Volk und Vaterland schreibt Josephus natürlich ebenso seinen eigenen Volks- und Glaubensgenossen zu, wie es sich exemplarisch an den Makkabäern zeigt.35 Sehr viel häufiger noch stellt er das Sterben für das (jüdische) Gesetz als vorbildlich heraus.36 Schließlich geht es bei der Frage nach Tod und Leben natürlich auch um Vorstellungen und Erwartungen in Bezug auf ein Leben über den Tod hinaus, die wir bereits mit unserem einleitenden Beispiel berührt haben. Auch und vielleicht gerade hier eröffnet sich ein überaus breites Spektrum von Texten und Vorstellungen, bei Josephus ebenso wie im Neuen Testament und über beide hinaus auf dem weiten Feld der biblischen und frühjüdischen Literatur, die zunächst einmal sorgfältig voneinander zu unterscheiden und in ihrer spezifischen Eigenart wahrzunehmen sind.37 Das Spektrum38 reicht von kollektiven Endzeiterwartungen in Israel, wie sie schon für manche alttestamentlichen Schriften charakteristisch sind,39 über Tendenzen hin zu einer stärker individuellen Gerichtserwartung,40 über die verschiedenen Entfaltungen von Auferweckungshoffnungen, sei es in stärker kollektiver41 oder eher individueller Prägung,42 über Vorstellungen von der Entrückung der Gerechten und Märtyrer aus dem irdischen Leiden in die himmlische Welt,43

––––––––––––– 34 Bell VI 46–48. Vgl. zum ganzen Zusammenhang Bell VI 33–67 Elledge, Life (s. Anm. 16), 73f. 35 Vgl. nur Ant XIII 5f. 36 Vgl. Bell I 653; II 174; IV 191; Ant XII 267.281; XIII 199; XV 248.288; XVII 159f; XVIII 59; XX 116; Ap I 42.191. Zum Gedanken des ‚noble death‘ im Frühjudentum und zu dessen Hintergrund in hellenistisch-römischen Traditionen vgl. Elledge, Life (s. Anm. 16), 117–127, und die dort breit herangezogene Literatur. 37 Da dieses Anwendungsfeld in der Josephusforschung bisher schon am weitesten erschlossen worden ist, zuletzt insbesondere durch die Monographie von Elledge, Life (s. Anm. 16), werde ich es in meiner folgenden Darstellung ganz ausklammern. 38 Vgl. zum Folgenden neben der oben (s. Anm. 19) genannten Literatur die umfassende Erschließung des alttestamentlichen und frühjüdischen Materials bei Schwankl, Sadduzäerfrage (s. Anm. 4), 142–292. 39 Vgl. Ez 37; Jes 24–27 (bes. 26,14.19). 40 Vgl. Dan 12,1–3. 41 Vgl. SapSal 2,21–24; 3,10; 4,7–5,23; LibAnt 3,10; TestBen 10,6–11; TestJud 25; 4Esr 7,31–42; 2Bar 30,2–5; 49–51. 42 Vgl. Hiob 42,17aLXX; Dan 12,13LXX; TestSim 6,7; TestHiob 4,9; 40,4; CIJ 476 (ReginaInschrift aus Rom). Zu verweisen wäre in diesem Zusammenhang auch auf die in und um Jerusalem gefundenen zahlreichen Ossuarien mit Namenaufschriften, vgl. dazu Hachlili, Customs (s. Anm. 18), 163–233; R. Deines, Catalogue of the Jewish Ossuaries in the German Protestant Institute of Archaeology, IEJ 49, 1999, 222–241. 43 Vgl. Sir 48,9–11; 40,3; 44,16; 1Hen 70,1–4 (Bilderreden); 4Makk 9,22; 17,18; 2Hen 67f; TestHiob 39,12f.

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über die Himmelsreise der Seele nach dem Tod und ihre Unsterblichkeit44 bis hin zur Vorstellung von dem ‚Seelenwandel‘, also dem Eingehen der Seele eines Verstorbenen in den Leib eines anderen,45 sowie dem Weiterleben der Verstorbenen in der Memoria der Lebenden.46 Damit haben wir vier Anwendungsfelder unseres Themas angesprochen, die je für sich genügend Stoff bieten für weitergehende Untersuchungen zum Verständnis von und zum Umgang mit Tod und Leben bei Josephus und im Neuen Testament. Die methodischen und thematischen Implikationen, die sich bei ihrer Bearbeitung ergeben, sind mit meinen Überlegungen noch längst nicht ausreichend erfasst, und es ist schon gar nicht möglich, hier in eine ausgeführte Darstellung auch nur eines einzigen der skizzierten Themenfelder einzutreten. Im zweiten Teil meines Beitrags muss ich mich darauf beschränken, einige ausgewählte Textbeispiele aus den Werken des Josephus zu den ersten beiden der genannten vier Anwendungsfelder anzuführen, die illustrieren können, dass es sich lohnt, seine Aussagen zum Thema Tod und Leben in wechselseitiger Wahrnehmung mit solchen aus dem Neuen Testament zu betrachten.47

III. Textbeispiele 1. Tote und Lebende Welche Bedeutung Tote für die Lebenden haben, zeigt sich besonders deutlich an Verhaltensweisen und Bräuchen im Zusammenhang mit der Bestattung und der Bewahrung des Andenkens der Verstorbenen. Die neutestamentlichen Schriften sind relativ sparsam mit Zeugnissen und Hinweisen auf solche Umgangsweisen der Lebenden mit den Toten.48 Die Schriften des

––––––––––––– 44 Vgl. 4Makk 18,23; TestHiob 52,10; PseudPhok 103–115; TestAbr A 20 / B 14; Josephus, Bell I 650; II 154–157 (Essener und Griechen); II 163 (Pharisäer); III 372.374; Ap II 203; Philo, VitMos II 288; hellenistische Synagogengebete (Apostolische Konstitutionen) VII 38,5; VIII 41,4. 45 S. o. zu Josephus, Bell II 163. 46 S. u. zu Josephus, Bell I 417.419 u. a.; Ant XV 380. 47 Ich stütze mich im Folgenden auf eine umfassende Materialsammlung, die der Mitarbeiter an meinem Jenaer Lehrstuhl Dr. Titus Nagel als Materialbasis für weitergehende Studien zusammengestellt hat. 48 Vgl. abgesehen vom Begräbnis Jesu nur Lk 9,59f par. Mt 8,21f (vgl. dazu M. Bockmuehl, ‚Let the Dead Bury Their Dead‘. Jesus and the Law Revisited, in: ders., Jewish Law in Gentile Churches. Halakhah and the Beginnings of Christian Public Ethics, Edinburgh 2000, 23–48 [= JThS 49, 1998, 553–581]); Act 5,1–11.

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Josephus bieten uns hier ein sehr viel plastischeres und farbigeres Bild, insbesondere mit Blick auf die herodianische Familie. Mehrfach lässt Josephus erkennen, dass Angehörige der Oberschicht ihre verstorbenen Angehörigen durch Bauwerke ehrten, um so ihr Andenken (μƱ˂μƬ) zu bewahren. Zu den bewundernswürdigen Bauleistungen des Herodes zählt er die Gründung einer ganzen Stadt zum Andenken seines Vaters.49 Um „seinen leidenschaftlichen Gefühlen für Menschen, die ihm besonders nahestanden, Ausdruck (zu) verleihen“, stiftete Herodes „eine Erinnerung (ƷˁƱ μƱ˂μƬƱ əƱˀƭƬƯƪ) an die drei Personen, die er am meisten liebte, indem er nach ihnen Türme benannte: Bruder, Freund und Frau“, wobei Josephus keineswegs unerwähnt lässt, dass Herodes die Frau zuvor „aus eifersüchtiger Liebe umgebracht“ hatte.50 Nicht erst Herodes, sondern schon der Makkabäer Simon hatte die Gebeine seines ermordeten Bruders Jonathan in seinen Heimatort Modeïn überführt und in einer prächtigen Begräbnis- und Gedenkstätte bestatten lassen, die Josephus mit fühlbarer Begeisterung beschreibt: „Simon erbaute jedoch auch für seinen Vater und die Brüder ein großes Grabmal aus poliertem Marmor. Nachdem er dieses auf eine gewaltige und weit sichtbare Höhe gebracht hatte, umgab er es mit einer Halle und stellte monolithische Säulen auf, die einen prächtigen Anblick boten. Des weiteren erbaute er sieben Pyramiden für seine Eltern und Brüder, für jeden eine, die wegen ihrer Größe und Schönheit Bewunderung auslösen und die bis heute überdauert haben. Wir wissen, welchen Eifer man dem Begräbnis des Jonathan und dem Bau der Grabmale der Familie des Simon widmete.“51 Aber auch sein eigenes Andenken über seinen Tod hinaus versuchte Herodes durch Bauwerke zu sichern, so etwa durch den Tempelausbau,52 vor allem aber durch Errichtung des Herodeion als seiner eigenen Grabstätte: „Nachdem er so die Verwandten und Freunde verewigt hatte (ƖƦƴƦƩƳˇƵ Ʃ’ Ʀʅ̹ƱƮ ƷƳǀƵ Ʒƪ ƳʅƯƪƤƳƸƵ ƯƦ˃ ƹƤưƳƸƵ),53 vernachlässigte er auch nicht das Gedächtnis seiner selbst (ƳʡƩʿ Ʒ̏Ƶ ƦʡƷƳ̬ μƱƣμƬƵ ɵμƢưƬƶƪƱ), sondern baute im Gebirge nach Arabien zu eine Festung und nannte sie nach sich Herodeion.“54

––––––––––––– 49 Antipatris, vgl. Bell I 417: Ʒ̺ ™ƦƷƴ˃ μƱƬμƪ̝ƳƱ ƯƦƷƢƭƬƯƪƱ ™ƿưƮƱ. Darüber hinaus nennt Josephus hier noch die Burg über Jericho zu Ehren seiner Mutter und den seinem Bruder Phasael geweihten Turm in Jerusalem (Bell I 417f). 50 Bell V 162; vgl. Ant XVI 142–145. 51 Ant XIII 210–212; vgl. 1Makk 13,27–30. 52 Vgl. Ant XV 380: ™ƴ˅Ƶ ƦʅǁƱƮƳƱ μƱƣμƬƱ əƴƯƢƶƪƮƱ, Ant XV 330: μƱƬμƪ̝Ʀ Ʒ̏Ƶ əƴƺ̏Ƶ. 53 Vgl. Anm. 49 zu Bell I 417f. 54 Bell I 419. Vgl. zu den herodianischen Palastbauten E. Netzer, The Palaces Built by Herod – A Research Update, in: K. Fittschen / G. Foerster (Hg.), Judaea and the GrecoRoman World in the Time of Herod in the Light of Archaeological Evidence. Acts of a Symposium Organized by the Institute of Archaeology, The Hebrew University of Jerusalem and

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Sein Sohn Philippus folgte darin dem Beispiel seines Vaters. Nach seinem Tod in Julias wurde er mit einem prächtigen Begräbnis (ƷƦƹƦ˃ ƨƤƱƳƱƷƦƮ ™ƳưƸƷƪưƪ̝Ƶ) in dem Grab beigesetzt, das er sich schon zu Lebzeiten erbauen ließ.55 Wie man sich ein solches „prächtiges Begräbnis“ in der Königsfamilie vorzustellen hat, schildert Josephus am ausführlichsten mit Blick auf den Leichenzug des Herodes.56 Schon zum Begräbnis seines ermordeten Vaters Antipater hatte jener einen prächtigen Leichenzug (ưƦμ™ƴʽƱ Ʃʿ ™Ƴμ™ƣƱ) ausgerichtet,57 ebenso anlässlich des Todes seines Bruders Pheroras, wohl auch um das Gerücht zu zerstreuen, er habe ihn vergiftet. Jedenfalls schreibt Josephus: „Tatsache ist, daß er den Leichnam nach Jerusalem überführen ließ, allgemeine Trauer im Volk ansetzte (™ƢƱƭƳƵ Ʒƪ μƢƨƮƶƷƳƱ ʚư̷ Ʒ̺ ɭƭƱƪƮ ƯƦƷƣƨƨƪƮưƪȞ) und ihn durch eine besonders feierliche Bestattung ehrte (ƯƬƩƪƤƦƵ ɵƲƤƼƶƪƱ ưƦμ™ƴƳƷơƷƬƵ).“58 Am prächtigsten aber ging es nach Josephus beim Begräbnis des Herodes selbst zu: „Archelaos sah darauf, daß es an äußerem Glanz nicht fehle; er ließ vielmehr die ganze königliche Pracht bei dem Leichenzug mit in Erscheinung treten (™ơƱƷƦ Ʒ˅Ʊ ƧƦƶƮưƮƯ˅Ʊ ƯƿƶμƳƱ ™ƴƳƣƱƪƨƯƪƱ ƶƸμ™Ƴμ™ƪǀƶƳƱƷƦ Ʒ̺ ƱƪƯƴ̺). Die Bahre (ƯưƤƱƬ) war von massivem Gold, mit Edelsteinen besetzt, die Decke (ƶƷƴƼμƱ˂) aus Meerpurpur und bunt bestickt, auch der Leichnam (ƶ̹μƦ) darauf war in Purpur gehüllt; das königliche Stirnband ruhte auf seinem Haupte, darüber die goldene Krone, das Szepter hielt er in seiner Rechten. Die Bahre war von den Söhnen und der großen Schar der Verwandten umgeben (™ƪƴ˃ ƷˁƱ ƯưƤƱƬƱ Ƴʊ Ʒƪ Ƹʆƪ̝Ƶ ƯƦ˃ Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ Ʒ̹Ʊ ƶƸƨƨƪƱ̹Ʊ), ihnen folgten die königlichen Lanzenträger, die thrakische Truppe, die Germanen und die Gallier, alle in voller Kriegsrüstung. Voran zog das übrige Heer in Wehr und Waffen und guter Ordnung (əƯƳưƳƸƭƳ̬ƱƷƪƵ ɩƱ Ưƿƶμ̷), geführt von den Obersten und Hauptleuten; auf sie folgten 500 Sklaven und Freigelassene, die wohlriechende Spezereien trugen (əƴƼμƦƷƳƹƿƴƳƮ). Der Leichnam wurde 70 Stadien weit zum Herodeion geleitet (ɩƯƳμƤƶƭƬ Ʒ˅ ƶ̹μƦ) und dort nach ausdrücklicher Verfügung beigesetzt (ƯƦƷʽ ƷʽƵ ɩƱƷƳưʽƵ ɩƷơƹƬ). So fand die Herrschaft des Herodes ein Ende.“59 Freilich verschweigt Josephus auch hier wieder nicht, dass Herodes selbst schon auf für ihn bezeichnende Weise dafür Sorge getragen hatte, nach

––––––––––––– the Archaeological Institute, Georg-August-University of Göttingen at Jerusalem November 3rd – 4th 1988, AAWG.PH 215, Göttingen 1996, 27–54. 55 Ant XVIII 108. 56 Ant XVII 196–199; Bell I 670–673. 57 Bell I 228. 58 Bell I 581. 59 Bell I 670–673; vgl. Ant XVII 196–199.

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seinem Tod „von anderen betrauert zu werden und dadurch selbst eine prächtige Totenfeier zu erhalten (™ƪƱƭƪ̝ƶƭƦƮ ƩƮ’ ɪƷƢƴƼƱ ƯƦ˃ ưƦμ™ƴ˅Ʊ ɩ™ƮƷơƹƮƳƱ ɭƺƪƮƱ)“; er hatte nämlich beim Herannahen seines Todes veranlasst, dass die Vornehmen aus allen jüdischen Ortschaften im Hippodrom gefangen gesetzt worden waren, um sie im Augenblick seines Todes dort umzubringen, „damit ganz Judäa und jede Familie wider ihren Willen über mich weine“.60 Nachdem Josephus das erste Buch seines Jüdischen Krieges in dieser Weise mit dem Begräbnis des Herodes eindrucksvoll abgeschlossen hat, setzt er zu Beginn des zweiten noch einmal bei der Trauerfeier für den König ein: „Sieben Tage trauerte er (Archelaos) um den Vater, auch veranstaltete er für das Volk einen kostspieligen Leichenschmaus (ƷˁƱ ɩ™ƮƷơƹƮƳƱ ɪƶƷƤƦƶƮƱ ™ƳưƸƷƪư̏); so will es eine jüdische Sitte, die schon viele in Armut gestürzt hat, weil man notwendigerweise das Volk bewirten muß und als ehrfurchtlos gilt, wenn man dies unterläßt.“61 Genau diesen Luxus der Begräbnissitten kritisiert Josephus allerdings an anderer Stelle und bezeichnet ihn geradezu als unjüdisch. Das Gesetz nämlich „sorgte im voraus für die Ehrfurcht den Verstorbenen gegenüber, nicht durch verschwenderische Pracht der Beerdigungsfeier (Ƴʡ ™ƳưƸƷƪưƪƤƦƮƵ ɩƱƷƦƹƤƼƱ) oder durch künstlerische Gestaltung der sichtbaren Grabmäler (Ƴʡ ƯƦƷƦƶƯƪƸƦ̝Ƶ μƱƬμƪƤƼƱ ɩ™ƮƹƦƱ̹Ʊ), sondern verordnete betreffs der Bestattung (™ƪƴ˃ ƷˁƱ ƯƬƩƪƤƦƱ) einerseits den nächsten Angehörigen, sie zu vollziehen, andererseits machte es für alle, die vorbeikommen, während jemand beerdigt wird, zum Gesetz, hinzuzukommen und mitzuklagen (ƶƸƱƦ™ƳƩǀƴƦƶƭƦƮ)“.62 Natürlich kann das Schlaglicht auf Begräbnissitten der herodianischen Familie, wie es Josephus uns darbietet, in keiner Weise verallgemeinert und auf den Umgang mit Verstorbenen im Judentum zur Zeit des Neuen Testaments übertragen werden.63 Freilich bietet das Neue Testament für sich ge-

––––––––––––– 60 Bell I 660. 61 Bell II 1: ɭƭƳƵ Ʃʿ ƷƳ̬ƷƳ ™Ʀƴʽ ʍƳƸƩƦƤƳƮƵ ™ƳưưƳ̝Ƶ ™ƪƱƤƦƵ ƦʉƷƮƳƱ ƩƮʽ Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ

ɪƶƷƮ̀Ʊ ƳʡƯ ɝƱƪƸ əƱơƨƯƬƵ· ƪʅ ƨʽƴ ™ƦƴƦưƪƤ™ƳƮ ƷƮƵ, Ƴʡƺ ʚƶƮƳƵ, vgl. Ant XVII 200. Dies ist die einzige Josephus-Stelle, die Volp, Tod und Ritual (s. Anm. 20), in seinem ansonsten leider ganz unzureichenden Überblick zu „Tod und Trauer im antiken Judentum“ heranzieht (a. a. O. 29–46: 38). 62 Ap II 205 (Übers. C. Gerber, Ein Bild des Judentums für Nichtjuden von Flavius Josephus. Untersuchungen zu seiner Schrift Contra Apionem, AGJU 40, Leiden u. a. 1997, 405). 63 Vgl. dazu die instruktive, wenngleich knappe und stark auf die archäologischen Befunde abhebende Problemanzeige bei L. Triebel / J. Zangenberg, Hinter Fels und unter Erde. Beobachtungen zur Archäologie und zum kulturellen Kontext jüdischer Gräber im hellenistisch-römischen Palästina, in: S. Alkier / J. Zangenberg (Hg.), Zeichen aus Text und Stein. Studien auf dem Weg zu einer Archäologie des Neuen Testaments, TANZ 42, Tübingen / Basel 2003, 447–487 (bes. 450–458.473–478).

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nommen noch sehr viel weniger Anschauungsmaterial für den Umgang der Lebenden mit den Toten. Natürlich gibt es manche Implikationen und einzelne Hinweise wie z. B. den, dass das Begräbnis unmittelbar nach Eintreten des Todes erfolgte, besonders eindrücklich vorausgesetzt in der Geschichte von Hananias und Saphira (Act 5,1–11). An einigen wenigen Stellen können wir auch etwas von Trauerriten erkennen, etwa wenn bei der Auferweckung der Tochter des Jairus die Flötenspieler (Mt 9,23) und Klageweiber (Mk 5,38; Lk 8,52; vgl. Act 9,39) auftauchen. Und einmal wird sogar in Ansätzen ein richtiger Leichenzug geschildert.64 Aber insgesamt erfahren wir über den alltäglichen Umgang mit Toten und mit dem Tod im Neuen Testament nur sehr wenig. Hier verhilft uns der Blick auf Josephus auf jeden Fall zu einer sehr viel deutlicheren Vorstellung. In neueren archäologischen Untersuchungen zu Tod und Begräbnis im antiken Judentum fanden vor allem die Beschreibungen des Makkabäergrabes in Modeïn und die Gedächtnistürme des Herodes besondere Aufmerksamkeit, ohne dass dabei nach meinem Eindruck die Aussagekraft der Texte bei Josephus schon ausgeschöpft worden wäre.65 In einer der ganz wenigen Studien zu unserem Thema hat John Levison z. B. nachweisen können, dass Josephus insbesondere den römischen Charakter der Begräbnisse in der herodianischen Familie herausstellt.66 Auch die Trauerriten und -sitten, zu denen sich bei Josephus weit mehr Hinweise finden als die hier kurz angesprochenen, müssten noch systematisch erhoben und interpretiert werden. Die Materialsammlung von Titus Nagel kann dafür einen guten Ausgangspunkt bilden. Ein ganz auffälliger Befund, der einer Erklärung bedürfte, ist z. B. der, dass offenbar die seit der zweiten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. in Jerusalem und Umgebung archäologisch so breit bezeugte Sekundärbestattung in Ossuarien67 in den literarischen Zeugnissen des Josephus (wie übrigens auch im Neuen Testament!) überhaupt keinen Niederschlag gefunden hat. Darüber hinaus wird man etwa auch fragen können, welches Licht aus der Wahrnehmung des Gedenkens an Verstorbene aus der herodianischen Familie oder bei den Makkabäern in den Schriften des Josephus auf das Gedenken des Todes Jesu nach den Zeugnissen des Neuen Testaments fallen kann. Natürlich kann es auch hier nicht um oberflächliche Textvergleiche gehen und schon gar nicht um implizite oder explizite theologische Wertungen. Wichtiger wäre

––––––––––––– 64 Lk 7,11–15: ɩƲƪƯƳμƤƫƪƷƳ ƷƪƭƱƬƯˉƵ ... ƯƦ˃ ʙƺưƳƵ Ʒ̏Ƶ ™ƿưƪƼƵ ʆƯƦƱ˅Ƶ ɻƱ ƶˇƱ ƦʡƷ̐ ... ƯƦ˃ ™ƴƳƶƪưƭˉƱ ɺƻƦƷƳ Ʒ̏Ƶ ƶƳƴƳ̬. 65 Vgl. Hachlili, Customs (s. Anm. 18), 131.339; Triebel, Jenseitshoffnung (s. Anm. 18), 76f.286f. 66 J. R. Levison, The Roman Funerals in the Writings of Josephus, JSJ 33, 2002, 245–277. 67 Vgl. dazu R. Deines, Art. Ossuar, CBL6 2, 995f.

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die Frage, ob und wie die Wahrnehmung und das Verständnis des Geschehens und der Bedeutung des Todes Jesu bei den Rezipienten der neutestamentlichen Texte durch ihre unbewussten Prägungen aufgrund ihrer Alltagskultur, speziell mit Blick auf den Umgang mit Toten, vorgeprägt war und in welcher Weise dadurch ihre Wahrnehmung der zentralen Botschaft des frühesten Christentums beeinflusst wurde. Immerhin gehört die Erwähnung der Grablegung Jesu zu den zentralen Elementen der Erinnerung an den Tod Jesu.68 Darüber hinaus zeigen Texte wie die Geschichte von der Heilung des Besessenen von Gadara,69 von der Auferweckung des Lazarus70 oder die Weherufe Jesu gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten,71 dass der Umgang mit Toten und die Begegnung mit Gräbern und Grabmählern zu den geradezu unumgänglichen Gegebenheiten des Lebens in der Welt Jesu und des Neuen Testaments gehörten. Für das Verständnis solcher Texte dürfte die möglichst genaue Erschließung der entsprechenden Zeugnisse bei Josephus durchaus hilfreich sein. 2. Darstellung und Bewertung von Tod und Leben „Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“, so jubelt Paulus am Schluss seiner langen Argumentation zur Auferstehung Jesu und der Toten,72 offenbar wenigstens teilweise in Worten der Propheten Jesaja und Hosea.73 An anderen Stellen beschreibt und beklagt Paulus, wie der Tod als Subjekt durch die Sünde Adams in die Welt kam und über den Menschen herrschte.74 Könnte Josephus so oder so ähnlich reden? Und wenn nein, warum nicht? Nach meinem Eindruck fehlen jedenfalls solche personifizierten Todesvorstellungen bei Josephus völlig. Wenn Josephus demgegenüber im Jüdischen Krieg die Grausamkeiten militärischer Auseinandersetzungen beschreibt, dann kann man fragen, welchen Stellenwert für ihn eigentlich der Tod hatte, sei es derjenige der römi––––––––––––– 68 Vgl. nur 1Kor 15,4; Mk 15,42–47 par.; Joh 19,38–42. Vgl. auch mit Blick auf den toten Johannes, den Täufer, Mk 6,29 (ɻƴƦƱ Ʒ˅ ™Ʒ̹μƦ ƦʡƷƳ̬ ƯƦ˃ ɭƭƬƯƦƱ ƦʡƷ˅ ɩƱ μƱƬμƪƤ̷) par. Mt 14,12 (ɻƴƦƱ Ʒ˅ ™Ʒ̹μƦ ƯƦ˃ ɭƭƦƻƦƱ ƦʡƷƿ). 69 Mk 5,1–20 par. 70 Joh 11,1–45; vgl. 12,17. 71 Mt 23,27–33 par. Lk 11,47f. Vgl. dazu die unüberholte Studie von J. Jeremias, Heiligengräber in Jesu Umwelt (Mt. 23,29; Lk. 11,47). Eine Untersuchung zur Volksreligion der Zeit Jesu, Göttingen 1958. 72 1Kor 15,54–56; vgl. 2Kor 5,4. 73 Vgl. Jes 25,8; Hos 13,14. Vgl. zur Exegese von 1Kor 15,54–56 W. Schrage, Der erste Brief an die Korinther. 4. Teilbd.: 1Kor 15,1–16,24, EKK VII / 4, Düsseldorf / NeukirchenVluyn 2001, 363–365.378–383. 74 Vgl. Röm 5,12–21; 6,9; 7,7–13.

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schen Soldaten auf der einen Seite oder derjenige der Aufständischen und der jüdischen Zivilbevölkerung auf der anderen. Mit kaum erträglicher Detailgenauigkeit schildert er jedenfalls immer wieder die Gräuel des Krieges. Außerordentlich brutal ist z. B. seine Darstellung einer Schlacht auf dem See Genezareth bei Tarichea, bei der die römischen Soldaten Tausende von fliehenden jüdischen Aufständischen aufrieben. Unmittelbar auf einen Exkurs über die idyllische Landschaft des Sees und seiner Umgebung75 folgt eine detaillierte Schilderung des Gemetzels, an dessen Ende der ganze See wie von Blut gerötet und wie von Leichen angefüllt aussah.76 „Die ganze Gegend litt an den folgenden Tagen unter einem fürchterlichen Gestank und bot ein gräßliches Bild. Denn die Ufer waren von Schiffstrümmern und außerdem von aufgedunsenen Leichen bedeckt; in der sommerlichen Hitze verpesteten die verwesenden Toten die ganze Luft …“.77 Umgekehrt schildert Josephus nicht weniger plastisch, wie die römischen Soldaten beim Versuch, die Stadt Gamala zu erobern (die übrigens von einem gewissen Josephus verteidigt wurde!), zunächst scheitern, und eine Menge Römer ihr Leben lassen, als die Dächer der Häuser, auf die sie geflohen waren, einstürzten.78 „So fand ein großer Teil unter den Trümmern sein Grab, viele andere wurden auf der Flucht verstümmelt, die meisten erstickten im Staub … Die Trümmer der Häuser lieferten ihnen Wurfsteine in Menge, und die erschlagenen Feinde boten ihnen Waffen. Man zog nämlich den Gefallenen die Schwerter aus der Scheide und gebrauchte sie gegen die mit dem Tode ringenden Römer.“79 Besonders grässlich sind die Schilderungen der Kämpfe in Jerusalem und ihrer Folgen in der Endphase des Krieges. Die in der Stadt wütenden Idumäer (= Zeloten) stellten sich zum Hohn auf die Leichen der ermordeten Oberpriester.80 Sie trieben ihren Frevel damit auf die Spitze, dass sie deren Leichen unbeerdigt hinauswarfen. Selbst die Leichen des Ananos und der übrigen Priester wurden geschändet, indem sie nackt den Hunden und den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen wurden.81 In diesem Frevel und dem grausamen Geschick des Hohenpriesters Ananos sieht Josephus den Anfang vom Ende Jerusalems,82 da doch an sich „die Juden für die Beerdigung der Toten

––––––––––––– 75 Bell III 506–521. 76 Bell III 522–531. 77 Bell III 530f. 78 Bell IV 20–29. 79 Bell IV 25.27. 80 Bell IV 316. 81 Bell IV 324. 82 Vgl. dazu seinen ausführlichen Kommentar zu dem Geschilderten in Bell IV 318–325.

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so sehr besorgt sind, daß sie sogar die Leichen der zum Kreuzestod Verurteilten vor Sonnenuntergang herunternehmen und beerdigen.“83 Es folgt eine Schilderung der Mordorgie der Idumäer (= Zeloten) an den Jerusalemern,84 während derer die Leichen der am Tage Verhafteten nachts auf die Straßen geworfen wurden, um Platz für neue Gefangene zu schaffen. „So sehr war das Volk vom Schrecken gelähmt, daß niemand es wagte, einen ihm nahestehenden Toten öffentlich zu beweinen oder zu begraben; nur hinter verschlossenen Türen vergoß man für sie heimliche Tränen, und wenn man sie beseufzte, sah man sich vorher um, ob keiner der Gegner es höre. Denn wer trauerte, erlitt sofort das gleiche Schicksal wie der Betrauerte selbst. Nachts nahm man mit beiden Händen ein wenig Staub und warf ihn über die Leichen; bei Tag trauten sich dies nur die Verwegenen zu. 12 000 junge Männer gingen auf diese Weise zugrunde.“85 Besonderes Gewicht misst Josephus auch in den folgenden Schilderungen der Verweigerung des Begräbnisses und der Schändung der Leichen zu. So erbittet z. B. der tapfere jüdische Kämpfer Niger von Peräa von den Zeloten wenigstens ein Begräbnis, aber seine Mörder kündigen ihm schon im Voraus an, ihm die so sehnlich begehrte Erde zu verweigern.86 „Die Zeloten aber ließen sich zu einer solchen Grausamkeit hinreißen, daß sie weder den in der Stadt noch den auf den Landstraßen Umgekommenen die Erde gönnten. Im Gegenteil: als hätten sie sich förmlich verschworen, zusammen mit den Gesetzen ihrer Heimat auch die der Natur aufzulösen und abgesehen von ihren Greueln an den Menschen auch die Gottheit zu beflecken, ließen sie die Toten unter Gottes Sonne verwesen.“87 Die Leiche des Dolesos, der Gadara an Vespasian übergeben wollte, wurde im Zorn von seinen Gegnern geschändet.88 Die Belagerten in Jerusalem waren so verzweifelt, dass sie sich nicht einmal mehr um die Bestattung ihrer Toten kümmerten.89 Die Aufständischen traten über die aufeinander gehäuften Leichen, „als ob sie die Kraft der Raserei gleichsam aus den Körpern unter ihren Füßen in sich hineinzogen“.90 Auch während der Belagerung Jerusalems durch Titus wurden die Toten nicht mehr begraben, teils aus Erschöpfung, teils aus Ungewissheit über das eigene Schicksal. „Die Dächer lagen voll von entkräfteten Frauen und Kindern, die Gassen voller toter Greise; Knaben und Jünglinge, unförmig auf-

––––––––––––– 83 Bell IV 317. 84 Bell IV 326–333. 85 Bell IV 331–333. 86 Bell IV 360. 87 Bell IV 381f. 88 Bell IV 416. 89 Bell V 33. 90 Bell V 34.

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gedunsen, wankten Gespenstern gleich über die Straßen und sanken hin, wo sie das Unheil ereilte … Keine Träne wurde bei diesen Todesfällen vergossen, keine Klage erhoben, der Hunger brachte alle anderen Gefühle zum Schweigen. Mit trockenen Augen und schmerzverzerrtem Mund starrten die Sterbenden in ihrem Todeskampf auf die schon Erlösten. Tiefes Schweigen umfing die Stadt wie undurchdringliche Todesnacht, doch entsetzlicher noch als dieses Grauen waren die Räuber, welche gleich wie Grabschänder in die Häuser einbrachen, die Toten ausraubten und sich dann, wenn sie die Hüllen von den Toten gerissen hatten, lachend davonmachten.“91 Anfangs ließen die Aufständischen die Leichen noch wegen des Gestanks auf Staatskosten begraben; als es aber zu viele wurden, ließen sie sie einfach von der Mauer herab in die Schluchten werfen.92 „Als Titus dann auf seinem Rundgang diese Schluchten voller Toten und die tiefen Lachen von fauligen Ausflüssen sehen mußte, die unter den verwesenden Leichen hervorsickerten, seufzte er, hob seine Hände zum Himmel und rief Gott zum Zeugen an, daß dies nicht sein Werk sei.“93 Seinen ganzen Abscheu gegen die Zeloten lässt Josephus schließlich erkennen, wenn er berichtet, dass sie die Verhungerten und die von ihnen Ermordeten den Hunden zum Fraß vorwarfen,94 und behauptet: „Ich glaube fest, daß sie aus übermäßiger Rohheit das Fleisch von Leichen verzehrt hätten, wenn die Stadt nicht vorher eingenommen worden wäre.“95 Man fragt sich, welche Funktion diese Gewaltschilderungen innerhalb des literarischen Werkes des Josephus haben. Handelt es sich bei diesen und vielen weiteren oft nur schwer erträglichen, überaus blutrünstigen und bisweilen bestialischen Schilderungen der Gräuel des Krieges96 bloß um literarische Darstellungsmittel zur Unterstreichung seiner Ambitionen als Geschichtsschreiber? Will er damit seine speziellen Kompetenzen als militärischer Kommandeur und seine Erinnerungen aus seiner Zeit als Aufstandsführer anklingen lassen? Sollen die Schilderungen übermäßiger Grausamkeiten das Pathos seiner theologischen Geschichtsdeutung unterstreichen? Will er durch Beschreibung der Verrohung der Sitten bei den Aufständischen diese moralisch disqualifizieren und als Abtrünnige vom jüdischen Gesetz charakterisieren? ––––––––––––– 91 Bell V 513–516. 92 Bell V 518. 93 Bell V 519. 94 Bell VI 368. 95 Bell VI 373. 96 Vgl. zum Motiv des Kannibalismus aus Hunger bei Josephus auch die grausige Episode

von einer Mutter, die ihren eigenen Sohn verspeiste, Bell VI 193–219. Zur Rezeption dieser Szene in der christlichen Geschichtsdeutung bei Melito von Sardes, Origenes und Euseb vgl. S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament. Aus dem Amerikanischen von Manuel Vogel, Tübingen / Basel 2000, 24–27.

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Mit Blick auf das Neue Testament wäre zu fragen, was es für die sozialgeschichtlichen und kulturellen Hintergründe der neutestamentlichen Autoren bedeutet, wenn wir im ganzen Neuen Testament nichts Vergleichbares an detaillierter Schilderung von militärischer Gewalt finden. Die Bezugnahmen der ‚synoptischen Apokalypse‘ (Mk 13 par.) und der Johannesoffenbarung (vgl. Apk 11) auf die Eroberung und Zerstörung Jerusalems sind unvergleichlich weniger durchsetzt von Gewaltschilderungen, obwohl sie doch im Wesentlichen auf vergleichbaren biblischen Vorlagen und geschichtlichen Voraussetzungen beruhen. Stattdessen scheinen Todeserfahrungen und Todesbegegnungen im Neuen Testament sehr viel öfter in Situationen durch, wo sich das verbale Zeugnis der Boten und Anhänger Jesu und die institutionellen Gewalten über Leben und Tod in einem sehr ungleichen Kräfteverhältnis gegenüberstehen.97 Wenn bei Paulus solche Konfrontationen der Christuszeugen mit Leiden und Tod ausdrücklich in einen Bezug zum Leidens- und Todesgeschick Jesu gesetzt werden, wird die theologische Bedeutung solcher Darstellungen von Tod und Leben im Neuen Testament unmittelbar sichtbar.98

VI. Abschließende Erwägungen Wir haben gesehen, dass bei Josephus in seiner Darstellung von Tod und Begräbnis, militärischer Gewalt und menschenverachtendem Umgang mit deren Opfern darstellerische Intentionen (‚Rhetorik‘), theologische Deutungen und geschichtliche Erfahrungen eng miteinander verknüpft sind. Einseitige Interpretationsansätze, seien es allein auf die historischen Fakten konzentrierte oder ‚rein rhetorische‘, dürften der Komplexität der Texte und ihrer Intentionen nicht gerecht werden. Mit Blick auf das Neue Testament bedeutet das, dass wir auch hier die rhetorischen, die geschichtlichen und die theologischen Aussageintentionen der Aussagen über Tod und Leben in ihren jeweiligen Aussagezusammenhängen sorgfältig zu beachten haben. Der Vergleich mit Josephus kann dazu dienen, die konventionellen Züge solcher Textpassagen ebenso zu erkennen wie die spezifischen, innovativen oder auch kontrastiven Züge. Und beide Quellenbereiche, Josephus ebenso wie die neutestamentlichen Autoren, sind unter derselben doppelten Blickrichtung einzuordnen in die Konventionen hellenistisch-römischen Umgangs mit Tod und Leben, wie wir sie bei den paganen Autoren und in den archäologischen Zeugnissen erkennen können.

––––––––––––– 97 Vgl. nur Mk 13,9–13 par. 98 Vgl. z. B. 1Kor 15,30–32; 2Kor 4,10f; 11,24–27; 13,4.

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Der Blick auf Texte des Josephus zu Tod und Leben lässt nach sozialgeschichtlichen Differenzierungen fragen. Offenbar macht es einen Unterschied aus, ob literarische Texte von einem Militärkommandeur verfasst werden oder von einem pharisäischen Schriftgelehrten! Natürlich bestimmt auch das jeweilige Lesepublikum massiv die Gestaltung der Texte. Der rhetorische Interpretationsansatz kann seine Stärken noch deutlicher entwickeln, wenn er gezielt nach den Rezipienten der Texte fragt und sucht. Das gilt für die JosephusInterpretation ebenso wie für die neutestamentliche Exegese. Hier scheinen mir aufs Ganze gesehen massive Unterschiede zwischen beiden Textbereichen und ihren impliziten Lesern zu bestehen. Interessant und auffällig sind auch die Unterschiede zwischen Josephus und dem Neuen Testament hinsichtlich der Bedeutung und des Gebrauchs der ‚Schriften Israels‘. Gerade angesichts dessen, dass beide doch weitgehend von denselben Quellen ausgehen und ihnen auch in einer grundsätzlich vergleichbaren positiven Haltung gegenüberstehen, fällt umso mehr der unterschiedliche Stellenwert und die grundlegend verschiedene Methodik bei der Heranziehung der Schrift für die jeweils eigenen Aussageintentionen auf. Josephus scheint, das zeigen auch die hier herangezogenen Textbeispiele zu Tod und Leben, ungleich stärker von hellenistisch-römischen Konzeptionen und ‚Leitbildern‘ bestimmt zu sein als die allermeisten Schriften des Neuen Testaments. Mir scheint, dass dies nicht erst auf die Lebensjahrzehnte in Rom zurückgeführt werden kann, in denen er seine Werke verfasst hat, sondern dass auch hier sozialgeschichtliche Hintergründe in Anschlag zu bringen sind. Möglicherweise waren die aristokratischen Kreise Jerusalems in erheblich stärkerem Maße romanisiert als die Gruppen, aus denen das frühe Christentum entstand. Das gilt offenbar auch für solche neutestamentlichen Zeugnisse wie das Markusevangelium oder die Paulusbriefe. Schließlich wäre zu fragen, welchen Stellenwert die Kategorie ‚Israel‘ (als Bezeichnung für das Gottesvolk) für Josephus einerseits und für die neutestamentlichen Autoren andererseits hat. Dass beide Textbereiche eine Art theologischer Geschichtsdeutung mit Blick auf Israel vertreten, scheint mir evident. Aber ebenso deutlich sind die Unterschiede. Während für die meisten neutestamentlichen Konzeptionen doch eine deutlich wahrnehmbare theologisch definierte Grenze zwischen Israel, dem Gottesvolk, und ‚den Völkern‘, eben den ‚Heiden‘, kategorial bestimmend bleibt, gerade wo und weil sie aus theologischen Gründen im Christusgeschehen überschritten wird, so scheint mir bei Josephus die Identität des unaufgebbar an Gott gebundenen und von ihm getragenen Gottesvolkes viel weniger bestimmend zu sein. Anknüpfend an bestimmte biblische Denkmodelle sieht er gerade in heidnischen Völkern und ihren Führern Werkzeuge Gottes in seinem Strafgericht über Israel. Umso klarer erscheint demgegenüber die das Neue Testament

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durchgängig bestimmende Sicht, wonach Gott in der Endzeit an seinem Volk und seiner ganzen Schöpfung durch einen Spross aus Israel eschatologisch gehandelt und so die Herrschaft von Gewalt und Tod besiegt hat.

II. Exegetische Studien

1. Paarvorträge Josephus, Eusebius of Caesarea, and the Testimonium Flavianum by

ALICE WHEALEY This paper examines the argument that the Testimonium Flavianum, a disputed passage about Jesus found in Josephus’ Antiquitates (Ant XVIII 63f),1 was forged by the church writer Eusebius of Caesarea († ca. 339). This idea is not a new one; it dates back to the seventeenth century.2 Not too long ago, Ken Olson attempted to provide some new critical and linguistic support for this argument.3 However, although Olson has a few insightful points, his overall linguistic analysis is based on an insufficient and occasionally inaccurate reading of both Eusebius’ works and Josephus’ works, and a few of his general arguments are logically flawed. Furthermore, Olson’s argument that Josephus’ passage about James the brother of Jesus is a Christian forgery is even weaker than some of his arguments about the Testimonium being forged by Eusebius. To assess whether Eusebius forged the Testimonium requires some comparison between his works, the works of Josephus, and the Testimonium. Before proceeding with this comparison, however, a few remarks about the state of Eusebius’ works in particular should be made. In contrast to the case of Josephus’ works, there exists no complete, critically-edited collection of Eusebius’ works. There is also no complete concordance to Eusebius’ works. One reason for this is that the authenticity and integrity of some works and fragments attributed to Eusebius is, for good reasons, disputed. For this reason, no work attributed to Eusebius about which there is significant dispute as to authenticity or significant concerns about accuracy of transmission will be included in this study. Accuracy of transmission is particularly a problem for

––––––––––––– 1 The literature on the Testimonium Flavianum is enormous. A relatively concise, recent overview is J. Carleton Paget, Some Observations on Josephus and Christianity, JTS 52.2, 2001, 539–624. 2 Alice Whealey, Josephus on Jesus, New York 2003, 129–132. 3 K. Olson, Eusebius and the Testimonium Flavianum, CBQ 61, 1999, 305–322.

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anything transmitted in fragmentary state, such as catenae or florilegia, so these sorts of sources will not be examined.4 Another reason for the poor state of some of Eusebius’ works has been lack of interest in particularly the exegetical works. For example, the middle third of Eusebius’ Commentarium in Psalmos (PG 23,442–1222) is authentic, yet it has not been issued in a modern, critical edition.5 In part because of the poorly edited state of even some of the works indisputably attributed to Eusebius, all observations made in this paper must be considered only preliminary. In addition to these observations, a few general remarks about Eusebius’ use of Josephus’ works are in order. Eusebius is the first person to have quoted the Testimonium in his works, and he quotes it three times. He is also the first writer who used Josephus’ works extensively. For these reasons, he is the only person who could plausibly have forged ex nihilo or substantially rewritten the textus receptus Testimonium, if indeed it was forged or rewritten. No other ancient writer knew Josephus’ works anywhere near well enough to have crafted something so similar to Josephus’ style. Contrary to what is commonly assumed, Josephus’ works generally and Antiquitates in particular were not widely used by Christian writers before Eusebius. Church writers before Origen, if they knew Josephus’ works directly at all, used mainly Contra Apionem and Bellum sparingly to comment on Jewish matters: on Old Testament figures, on Hebrew chronology, or on the Roman-Jewish war. They did not use Josephus’ works to discuss any New Testament figures. Moreover, it is not clear that any church writer before Origen even knew Antiquitates directly, and none shows clear familiarity with

––––––––––––– 4 A partial exception is made for the Greek fragments of Theophania because they can be compared to the intact work that exists in Syriac translation, and for Commentarium in Isaiam (J. Ziegler, Eusebius Werke. Jesaiakommentar, GCS, Berlin 1975) because of the practically intact nature of the catena from which it was reconstructed (on which see M. J. Hollerich, Eusebius of Caesarea’s Commentary on Isaiah, Oxford 1999, 16–17). Nevertheless, readings from these works unsupported by a similar reading in an intact work will not be cited. The edition of Eusebius’ Isaiah commentary in Migne’s Patrologia Graeca is based on pre-critical study of the catenae and should not be consulted, since it is full of lacunae and contaminations. In addition, the extent to which the wording of such fragmentary works as Quaestiones ad Stephanum, Quaestiones ad Marinum (PG 22,877–1016), Epistola (PG 20,1546–1549), and assorted catenae (PG 24,9–605) reflect Eusebius’ original is too uncertain for these works to be used in stylometric studies, even though they may broadly reflect Eusebius’ thought. Quaestiones ad Marinum, for example, uses the term ƭƪƳƷˆƯƳƵ for Mary (PG 22,945b; 22,1012b), which is not used in Eusebius’ intact, authentic works. 5 The first and last thirds of this commentary (PG 23,72d–441c; PG 23,1222–1395) however, are poorly reconstructed from contaminated catenae, and should not be used for stylometric studies (Marie-Josèphe Rondeau / J. Kirchmeyer, Eusèbe de Caesarée, in: Dictionnaire de Spiritualité, ascetique et mystique, 17 vols., Paris 1961), 4,1689–1690.

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the latter half of Antiquitates.6 Origen was the first Christian writer to draw on Josephus’ works to discuss New Testament figures, but this pioneering use of Josephus’ works appears relatively late, in works that date from after his move from Alexandria to Caesarea around A. D. 240.7 Even church writers after Origen but before Eusebius follow the pre-Origen tradition of using Josephus on the Old Testament, and on Jewish practices and chronology rather than as a source of substantive information on New Testament figures.8 It is very doubtful that Origen knew Josephus’ works well enough to have forged the Testimonium. Only once does he quote Josephus literally; instead, he usually paraphrases Josephus, which probably explains why some of his claims about what Josephus said do not exactly match what is in Josephus’ works.9 ––––––––––––– 6 Clement of Alexandria attributes to Josephus a Hebrew chronology that is probably based on Ant VIII 61, but his information may have been known only through an indirect source. One catena fragment dubiously attributed to Irenaeus is based on Ant II 238–253, but its authenticity is far from clear, and in any case Irenaeus certainly was not familiar with Book XVIII of Antiquitates. It is unclear whether Julius Africanus knew Antiquitates at all. Whealey, Josephus (see n. 2), 7–8. The division of Antiquitates into two halves apparently dates to ancient times (R. Marcus, Josephus. Jewish Antiquities, 10 Vols., LCL, Cambridge 1937, vol 6, vii), and this division may have been one factor in the general ignorance of the latter half of Antiquitates before Origen. 7 The first time in his extant works that Origen draws on Josephus to assert something about a figure from the New Testament is a homily on Genesis (PG 12,258), which refers to Josephus’ portrait of King Herod. Origen’s homilies date from after his ordination as a priest in Caesarea around 240 (H. Crouzel, Origen, Edinburgh 1989, 20). Two other citations of Josephus referring to New Testament figures, John the Baptist and James the brother of Jesus, appear in Origen’s latest major works, Contra Celsum, dated around 248, and Commentarium in Matthaeum (M. E. Hardwick, Josephus as an Historical Source in Patristic Literature through Eusebius, BJS 128, Atlanta 1989), 59–64. 8 Examples are Anatolius (apud h. e. VII 32,16), Methodius, who cites Bell VI 435–437 for its chronological information in a work directed against one of Origens early works, and possibly Pseudo-Justin, who vaguely refers to the fact that Josephus wrote about Moses in Antiquitates. However, Pseudo-Justin may post-date rather than pre-date Eusebius. Although Methodius’ citation mentions King Herod in passing as one of several conquerors of Jerusalem, it does not draw on Josephus for substantive information about him. Hardwick, Josephus (see n. 7), 37–46.65–68. 9 Origen’s only direct quotation of Josephus is Bell VI 299 (Fragmenta in Lamentationes, frg. 109). Nevertheless, his reference to ʖ əƩƪưƹ˅Ƶ ̉ƏƬƶƳ̬ ƷƳ̬ ưƪƨƳμˀƱƳƸ ƝƴƮƶƷƳ̬ (Cels. 1,47; Comm. Matt. 10,17) is so close to Ʒ˅Ʊ əƩƪưƹ˅Ʊ ̉ƏƬƶƳ̬ ƷƳ̬ ưƪƨƳμˀƱƳƸ ƝƴƮƶƷƳ̬ (Ant XX 200), and so unparalleled for a Christian like Origen, who did not even believe that Jesus’ brothers were biological relatives (Cels. 1,47; Comm. Matt. 10,17), that there must be some sort of literary dependence on Josephus. Examples where Origen attributes something to Josephus that does not exactly match what Josephus says are the claim that Jerusalem was destroyed because of the murder of James (Cels. 1,47), and that Josephus related how „the hills did not preserve those fleeing“ (Fragmenta in Lamentationes, frg. 115 on Lam 4,19), for which there is no specific parallel in Bellum. Possibly this is an allusion to Bell V 446–450.

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Contrary to what is often assumed, Eusebius did not quote the Testimonium for polemics against Jews. In Demonstratio Evangelica, which has been approximately dated between 303–313, he used part of the Testimonium against pagans who treated Jesus’ miracles dismissively. In Historia Ecclesiastica, which is generally believed to have been completed after Demonstratio but before the Council of Nicaea, he cited the Testimonium to expose the chronological errors of the Acta Pilati, a pagan satire of the gospels promoted by the Emperor Maximin, which had dated Jesus’ death to A. D. 21. In Theophania, a possibly uncompleted work that recycled parts of his own earlier works, Eusebius copied the section of Demonstratio that contained the Testimonium without significant revision.10 One final caveat is in order before turning to the comparison of the Testimonium’s language with Josephus’ and Eusebius’ works. If Eusebius and Josephus were totally independent writers, a comparison of their characteristic language with the Testimonium might lead to relatively conclusive results as to whether the Testimonium were more like Josephus or more like Eusebius in style. However, since Eusebius used Josephus more extensively than any nonBiblical writer except Origen, and since he quoted the Testimonium three times in his works, it would be surprising if Josephus’ language had not generally influenced his own language in some way. In particular, the language of the Testimonium may have influenced how Eusebius described Jesus in his own works, or how he thought non-hostile Jews perceived Jesus. Thus any study of this topic may ultimately leave us with rather inconclusive results. Ɗ˄ƱƪƷƦƮ Ʃʿ ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴ˅ƱƳƱ or in some variants ƯƦƷ’ ɩƯƪ̝ƱƳƱ Ʒ˅Ʊ ƯƦ˄ƴƳƱ. As pointed out long ago, the former term is common in Josephus’ Antiquitates (Ant XIII 179.351; XVI 325; XVII 19; XVIII 90), as is its variant (Ant I 171; V 121; VI 30; IX 28; passim). A free standing ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴˆƱƳƱ does appear in Eusebius’ voluminous works (h. e. VI 19,15; VI 32,1; Comm. Ps. PG 23,784b), as does ƯƦƷ’ ɩƯƪ̝ƱƳƱ Ʒ˅Ʊ ƯƦ˃ƴƳƱ ƯƦƭ’ ʚƱ (Comm. Ps. PG 23,976c), but these free standing accusative forms are quite rare. Eusebius greatly prefers a free standing ƯƦƷ’ ɩƯƪ̝ƱƳ ƯƦƮƴƳ̬ (h. e. II 14,1; III 9,2; IV 7,5; V 10,1; VII 11,26; d. e. I 9,4; VI 18,4; VII 1,43; Contra Hieroclem 26; Comm. Ps. PG 23,976d; Eclogae propheticae 2,2 PG 22,1092d; passim). The alleged parallels to this phrase in Eusebius’ works that Olson points to are not

––––––––––––– (Edition consulted is E. Klostermann, Origenes Werke 3. Jeremiahomilien, Klageliederkommentar, GCS, Leipzig 1901, 274–275. For another possible example of Origen’s vague or confused attributions to Josephus see Whealey, Josephus (see n. 2), 18. 10 Whealey, Josephus (see n. 2), 19–28.

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parallels.11 If we classified as parallels to ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴˆƱƳƱ phrases in Josephus’ works that are only as close as h. e. II 18,9; II 20,4; IV 7,12; V 21,1, cited by Olson, we would have a much larger sample of supposed Josephan parallels to the Testimonium’s ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴˆƱƳƱ. In particular regarding h. e. V 21,1, Eusebius, like Josephus (Bell II 150; passim), sometimes combines variants of ƯƦƷʽ ƺƴˆƱƳƱ with a genitive to mean at the time of something, but this is not a parallel to the free standing phrase of the Testimonium. In addition, while it has long been argued that ƨ˄ƱƪƷƦƮ is not used by Josephus to mean what it is assumed to mean in the Testimonium, it is not clear that ƨ˄ƱƪƷƦƮ is precisely used in this way by Eusebius either. ƏƬƶƳ̬Ƶ ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ. As long ago noted, Josephus calls Solomon and Daniel ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ (Ant VIII 53; X 237). Olson alleges that Eusebius’ use of the term „wise man“ (Contra Hieroclem 4) of both Hebrew prophets and Greek philosophers (d. e. III 5,54), and his statement that he once thought of Apollonius of Tyana as a ƶƳƹˆƵ but now a deceiver (Contra Hieroclem 5) is proof that Eusebius forged the term ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ for Jesus in the Testimonium. But by translating all these passages with the English term „wise man“ Olson exaggerates their similarity to the Testimonium. In all these examples cited by Olson, Eusebius uses ƶƳƹˆƵ in both singular and plural without əƱ˂ƴ. In fact, characterizing a specific individual as ƶƳƹˆƵ without əƱ˂ƴ is more common than ƶƳƹˆƵ with əƱ˂ƴ in Eusebius’ works. Not only does he use the expression ƶƳƹˆƵ without əƱ˂ƴ for Apollonius of Tyana (Contra Hieroclem 5), but also for Euphrates the philosopher (Contra Hieroclem 29 bis), for Porphyry (praep. V 10,13), for Abraham (Eclogae propheticae 1,3 PG 22,1033d) and for David (Comm. Ps. PG 23,1029c). It is difficult to find a clear instance in his voluminous writings where Eusebius chooses to characterize a specific person as ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ, as in the Testimonium. The closest example is a unique manuscript reading12 of praep. VII 13,7, where after quoting Philo of Alexandria Eusebius quotes Aristobulos, possibly referring to him as „another wise man of the Hebrews“ (ɝưưƳƵ ́ƋƧƴƦ˄ƼƱ ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ), although he does not explicitly state earlier that Philo himself was a ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ. However, three manuscripts here read ʖ ́ƋƧƴƦ˄ƳƵ ɝưưƳƵ ƳʨƷƳƵ ƶƳƹˆƵ, which may be correct in light of Eusebius’ preference elsewhere to characterize specific persons as ƶƳƹˆƵ without əƱ˂ƴ.13 ––––––––––––– 11 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 309 n. 9. 12 Edition consulted is K. Mras, Eusebius Werke 8. Die Preparatio Evangelica, 2 Vols.,

GCS, Berlin 1954, Vol. 1, 390. 13 Quite different from this is the statement in d. e. IV 13,7 and repeated in l. C. 14,9 that ƳʡƩʿ ƶƳƹƳ̬ ƷƮƱƳƵ əƱƩƴˆƵ would lose his wisdom simply by being tortured in the body. This

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In Demonstratio Eusebius claims that Porphyry admitted that Jesus is ƶƳƹˆƵ, without əƱ˂ƴ, but this term, like the term ƪʡƶƪƧ˂Ƶ, is used here of Jesus because Porphyry himself approved of an oracle proclaiming Jesus’ wisdom (ƶƳƹ˄ƬƵ) and piety (ƪʡƶƪƧ˄ƬƵ) (d. e. III 7,1–3). We cannot readily claim that this term is one that Eusebius would have chosen if he himself were forging a passage ex nihilo about Jesus. The same phenomenon of influence from a source is also true of Eclogae propheticae 3,5, where Eusebius claims that Jesus is the ™ˀƱƬƵ ƯƦ˃ ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ of KohLXX 9,15 (PG 22,1129a). Eusebius is simply repeating the usage of the LXX here (PG 22,1128c). And Eusebius twice drops the əƱ˂ƴ, speaking only of ™ˀƱƬƵ and ƶƳƹˆƵ while discussing this passage, despite the fact that a form of əƱ˂ƴ is in his source. One can question whether a term like ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ to describe Jesus would have been adequate for Eusebius, for whom a Jewish scholar like Aristobulos may have been ɝưưƳƵ ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ among other learned men, while the biblical Solomon is ʖ ƶƳƹˊƷƦƷƳƵ (praep. XI 4,6; passim), and Moses and God’s Logos are ™ƦƱƶƳƹˆƵ (praep. XI 4,4; XI 23,7; l. C. 14,5). Eusebius never uses the Testimonium’s statement that Jesus was a ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ to argue anything for apologetic reasons, so Olson’s argument that Eusebius must have forged this phrase to refute Hierocles or anyone else is unsupported.14 ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂. This sentence is often regarded as an interpolation on the grounds that it implies that Jesus is God. However, the sentence does not state this explicitly, and it can be read as expressing a possibly ironical attitude towards Christians’ deification of Jesus. If the sentence is an interpolation, it is a very old one, made into widely disseminated copies of Antiquitates itself by the second half of the fourth century, for it was known to Pseudo-Hegesippus15 (De ex-

––––––––––––– is a remark about a hypothetical wise man in the abstract rather than a characterization of someone specific. The statement that Ƴʡ ƶƳƹ˅Ƶ əƱˁƴ, Ƴʡ Ʃ˄ƯƦƮƳƵ, Ƴʡ ™ƴƳƹ˂ƷƬƵ were guarding against evil demons is a similar abstract characterization (PG 23,680c). 14 Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 562; Whealey, Josephus (see n. 2), 23–26. 15 Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 571, wonders how Pseudo-Hegesippus can have concluded based on the Testimonium that „even the leaders of the synagogue acknowledged Jesus to be God.“ If this extreme exaggeration is based on anything specific in the Testimonium at all, it is most likely based on this phrase. This is clearly the part of the Testimonium that prompted Malalas, for example, to claim that Josephus thought that Jesus is God (PG 97,377). Since Pseudo-Hegesippus was unfamiliar with Josephus’ Vita he may well have assumed that Josephus was alive in Jesus’ day and was one of the ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ or „principes synagoguae,“ who by writing „if it is necessary to call him a man“ supposedly acknowledged Jesus’ divinity. The erroneous assumption that Josephus was alive in Jesus’ day was made by other Latin writers (Whealey, Josephus [see n. 2], 64), probably

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cidio Hierosolymitano 2,12), a Latin adaptor of Josephus’ works who wrote around A. D. 370, and who clearly used a copy of Antiquitates directly, rather than through the medium of Eusebius’ works quoting the Testimonium.16 Olson’s claims that both ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ and ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂ were forged by Eusebius himself arguably stand in some mutual tension with one another. If Eusebius himself, rather than a later copyist, for example, found əƱ˂ƴ so offensive that he had to add ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂, why did he simply not call Jesus ƶƳƹˆƵ without əƱ˂ƴ to begin with? As we have seen, Eusebius generally chooses to characterize specific persons as ƶƳƹˆƵ without əƱ˂ƴ. Olson points to h. e. I 2,8 as evidence that Eusebius must have forged this sentence since Eusebius here supposedly adds „a qualifier after a reference to Jesus as a man.“ But this is a case where Olson has simply misunderstood Eusebius. In connection with the appearance of the Lord God in the form of a man to Abraham at Mamre (Gen 18,1–14) Eusebius writes, „inasmuch as no reason would allow that the uncreated and unchangeable substance of the Almighty was converted into the form of a man … who other could be described as God, and as the Lord who judges, appearing in the form of a man, seeing that it is improper to call him the first cause of the universe, than his preexistent Logos alone?“ (h. e. I 2,7–8) Eusebius says this not to qualify a statement that Christ is a man, but rather to argue that it is wrong to say that God, the first cause of the universe, can have appeared in the form of a man, and that therefore the Lord God at Gen 18,1–14 must have been Christ rather than God. In other words, Eusebius’ qualification is the almost the reverse of what Olson argues it is. As is well known by scholars of Eusebius, in Historia Ecclesiastica as in his other early writings Eusebius was a subordinationist, who referred to God as „the first cause“ and Christ as „secondary“ (h. e. I 2,5).17 The oak of Mamre theophany is used elsewhere in Eusebius’

––––––––––––– because Josephus’ Vita was not translated into Latin in the ancient or medieval period. Judging from the ignorance of the Vita by Pseudo-Hegesippus and Cassiodorus, who translated Antiquitates (Institutiones divinarum et saecularium litterarum 1,17), manuscripts of Antiquitates lacking the Vita appendix (Ant XX 266; h. e. III 10,8) may have predominated in Latinspeaking areas. 16 That Pseudo-Hegesippus looked at Book XVIII of Antiquitates directly for his Testimonium is shown by the fact that he uses a passage about the Roman matron Paulina (Ant XVIII 65–80), which immediately follows the Testimonium (De excidio 2,4), while this passage was ignored by Eusebius. He also uses Ant XVIII 85–87 (De excidio 2,5), another passage near the Testimonium that Eusebius had ignored. Also, unlike Eusebius (h. e. I 11,7–9) he follows Antiquitates in treating Josephus’ account of the death of John the Baptist (Ant XVIII 116–118 // De excidio 2,12) after rather than before the Testimonium. 17 On Eusebius’ early subordinationism and later modification after Nicene controversies see Hollerich, Commentary (see n. 4), 24–26.

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early writings in a similarly subordinationist manner, to show that God, the maker of the universe, cannot have appeared in the form of a man at Mamre, so it must rather have been Christ (d. e. V 9,7–8; cf. d. e. I 5,11–18; Eclogae propheticae 1,3 esp. PG 22,1033c–d; PG 23,952c).18 ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ. The expression ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ is used twice by Josephus, once to refer to the miraculous deeds of Elisha,19 and once to refer to the remarkable but not really miraculous deeds of King Ptolemy (Ant IX 182; XII 63). However, Josephus only uses ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean poet rather than the Testimonium’s evident meaning of doer or performer. Eusebius several times refers to Jesus as a ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ, mainly in the section of Demonstratio treating the Testimonium (d. e. III 4,21; III 5,103), but a few times elsewhere (Comm. Ps. PG 23,542d). In late works, such as Vita Constantini, this expression is also used of God (v. C. I 18,2; cf. Comm. Isa. 2,52; 2,57).20 Despite the fact that this part of the Testimonium might seem pertinent to his objective of disputing those who denied the validity of Jesus’ miracles, Eusebius does not explicitly use Testimonium’s straightforward claim that Jesus was a ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ for this purpose, although he seems to allude to this part of the Testimonium indirectly at d. e. III 5,103, just before quoting it in full. Eusebius apparently did not find this phrase per se adequate to use against such critics, possibly because many of them seem to have accepted that Jesus could perform miracles, even while they denigrated them as having been accomplished by magic or deception. Is Eusebius’ use of the phrase ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ evidence that he forged the phrase? Or is it only evidence that Eusebius has been influenced

––––––––––––– 18 The idea that Christ must be the Lord God at Gen 18,1–15 since God the maker of the universe would not appear in the form of a man was not invented by Eusebius. Rather it is a traditional Christian proof text, dating at least as far back as Justin Martyr (dial. 56; 126–128), which is meant to show that the Old Testament is not incompatible with belief in Christ’s divinity. 19 However, in Antiquitates Josephus tones down Elisha’s wonder-working abilities. Although it has been argued that Josephus’ omission of such miracles as Elisha’s resurrection of a child (2Kgs 4,18–37) may be due to a manuscript lacuna at Ant IX 51 corresponding to 2Kgs 4,8–6,8, nevertheless in Antiquitates Josephus also omits miracles related elsewhere in the Bible, such as Elisha’s purification of water (2Kgs 2,19–22) which is, however, referred to at Bell IV 460, and the miraculous punishment of his detractors (2Kgs 2,23–25). Moreover, the fact that Josephus does not repeat the Bible’s reference to Elisha’s resurrection of the child at 2Kgs 8,1–6 suggests that he in fact never earlier referred to this particular miracle (2Kgs 4,18–37), regardless of whether there is a lacuna at Ant IX 51 or not. 20 As pointed out by Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 577.

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by the Testimonium itself to describe Jesus in these terms in his early works, and then to describe God in these terms as he moved away from subordinationism in his later works? Unfortunately, absolute certainty on this point is impossible. An examination of how the term ™ƳƮƬƷ˂Ƶ is elsewhere used by Eusebius himself, and by writers other than Josephus who could have influenced Eusebius may shed light on this question. Arguably, extensive use of the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean performer in general in Eusebius’ own works, particularly in contexts not referring to Jesus or God, might suggest that it is a generally Eusebian mode of expression, rather than an expression deriving from the particular influence of the Testimonium. Less clearly, extensive use of the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean performer by earlier Christians, particularly combined with some form of ™ƦƴʾƩƳƲƦ, might weaken the argument that it was the Testimonium itself rather than Christian literature generally that influenced Eusebius to use this expression. The word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ meaning „creator“, usually referring to God, is common in ante-Nicene patristic works,21 and Eusebius also commonly uses ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean „creator“, usually for God (praep. II 6,12; VI 6,54; passim). The use of ™ƳƮƬƷ˂Ƶ for God to mean „creator“ by patristic writers before Eusebius reflects Platonic influence (Tim. 28c; rep. 597d), as indicated by its use in the works of such writers as Athenagoras (Legatio pro Christianis VIII 1,4.6.8; passim) and Clement of Alexandria (Protreptikos V 65,4), both of whom were familiar with Tim. 28c (Legatio pro Christianis VI 2; Protreptikos VI 68,1). Philo of Alexandria too almost always uses ™ƳƮƬƷ˂Ƶ of God to mean „creator“, and the Platonic expression „creator and father of the world“ is very common in his works (Fug 84; LegGai 115.293; passim).22 By analogy, the use of the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ for human creators as well appears in patristic literature before Eusebius (Clement of Alexandria, Protreptikos IV 45,27) and in Eusebius’ own works (Contra Hieroclem 28), although this sort of usage is much less common than ™ƳƮƬƷ˂Ƶ for God as creator. Likewise, there is also precedence for the use of ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to refer to human creators in classical Greek literature (Plato, Euthydemos 3b; Xenophon, Cyropaedia I 6,38), and in the works of Philo (VitCont 58), who was, of course, strongly influenced by Plato in particular. The use of the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ with the meaning „doer“ or „performer“, however, is quite rare in ante-Nicene patristic literature, even though the LXX (1Macc 2,67) and two New Testament texts (Rom 2,13; Jas 1,22–25; 4,11) use ––––––––––––– 21 G. H. W. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, 1108–1109. 22 In fact, the only instances where Philo does not use ™ƳƮƬƷ˂Ƶ either of God as creator or

to mean poet, is Fug 211, where „™ƳƮƬƷ˂Ƶ of my wishes and offspring“ seems to be used of the angel speaking to Hagar (Gen 16,7–11), and VitCont 58, where ™ƳƮƬƷƦ˃ ƨƪưƳ˄ƼƱ is used of human entertainers, literally ‚fun-makers.‘

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™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean „performer“ of religious law or rules.23 On the other hand, the use of ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean „performer“ in these particular works shows that other Jews besides Josephus who wrote in Greek and who had significant connections to Palestine in the first centuries before and after Christ,24 namely the Greek translator of 1 Maccabees, Paul, and the author of the epistle of James, used ™ƳƮƬƷ˂Ƶ with the connotation of performer or doer rather than creator. ™ƦƴʾƩƳƲƦ to mean „miraculous or remarkable things“ is somewhat more common than ™ƳƮƬƷ˂Ƶ for performer in ante-Nicene literature. Justin Martyr, for example, uses the expression ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ƯƦ˃ ƭƦƸμƦƶƷ̹Ʊ ɭƴƨƼƱ to refer to Christologically-interpreted Old Testament miracles (dial. 133), an expression that may derive from Sir 43,25 (™ƦƴʾƩƳƲƦ ƯƦ˃ ƭƦƸμʾƶƮƦ ɭƴƨƦ). In addition, Clement of Alexandria speaks generally of ™ƦƴʾƩƳƲƦ in Christian accounts (Stromata II 1,1). However, ™ƦƴʾƩƳƲƦ specifically for Jesus’ deeds is seldom used in ante-Nicene patristic literature before Origen, perhaps because the word only appears once in the New Testament for one of Jesus’ miracles (Luke 5,26), and in a context that could mean magic, which had illegitimate connotations. Origen is possibly the first extant Christian writer to use ™ƦƴʾƩƳƲƦ with the verb ™ƳƮƪ̝Ʊ for Jesus’ miracles in his early Commentarium in Iohannem (1,3; 10,12). There is no clear evidence that Origen knew the later books of Antiquitates when he wrote Book I of this early commentary, so any influence of the Testimonium on his vocabulary here cannot be assumed.25 One possible influence on Origen’s use of ™ƦƴʾƩƳƲƦ with the verb ™ƳƮƪ̝Ʊ for Jesus’ miracles at this early stage in his literary career is Celsus, who apparently also used the word ™ƦƴʾƩƳƲƦ with ™ƳƮƪ̝Ʊ for Jesus’ miracles (Cels. 1,6), even while claiming that Jesus used magic to accomplish them. Celsus’ antiChristian tract was known in Alexandrian Christian circles when Origen started his Commentarium in Iohannem. Long before Origen wrote his apology refuting Celsus, he might have used ™ƦƴʾƩƳƲƦ for Jesus’ miracles either consciously or unconsciously in response to Celsus’ characterization of Jesus’ ™ƦƴʾƩƳƲƦ as magic. A closer examination of Origen’s works on this point reveals something interesting. While in his earlier works Origen uses ™ƦƴʾƩƳƲƦ for Jesus’

––––––––––––– 23 While is it clear that the author of 1 Maccabees and Paul refer to the Jewish religious law in these passages, the epistle of James may be referring to church rules. 24 The Greek translation of 1 Maccabees must date sometime between the date of the original Hebrew or Aramaic, approximately 100–90 B. C. (J. A. Goldstein, 1 Maccabees, AncB 41, Garden City 1976, 62–63), and its use by Josephus in Antiquitates around A. D. 93. 25 Hardwick, Josephus (see n. 7), 61–62. Edition consulted is E. Preuschen, Origenes Werke 4. Der Johanneskommentar, GCS, Leipzig 1903, 7.182. On the date of Origen’s Commentarium in Iohannem see Crouzel, Origen (see n. 7), 39.

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works, in his two latest works, Contra Celsum and Commentarium in Matthaeum, works certainly written after he was exposed to Book XVIII of Antiquitates (Cels. 1,47), in addition to the term ™ƦƴʾƩƳƲƦ, Origen also uses the term ™ƦƴʾƩƳƲƦ ɭƴƨƦ for Jesus’ deeds (Cels. 7,54; Comm. Matt. 16,29).26 Arguably, this is one more tantalizing hint that late in life Origen had read a version of the Testimonium in Antiquitates.27 Nevertheless, Origen, who, along with the Bible and Josephus, might be expected to have most influenced Eusebius’ style, did not commonly use ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean performer either when writing of Jesus or in general. Since there is relatively little use of the term ™ƳƮƬƷ˂Ƶ meaning performer in general in patristic literature before Eusebius, or for Jesus being a ™ƳƮƬƷ˂Ƶ or performer of something in such literature, the Testimonium itself may be thought of as the only obvious source of Eusebius’ assertions several times in his works that Jesus was a performer of remarkable or miraculous works, unless of course one believes that Eusebius simply forged this part of the Testimonium. But the fact that Eusebius does not commonly use ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean performer or doer except in connection with Jesus, or, in later works, with God, is some indication that ™ƳƮƬƷ˂Ƶ meaning performer or doer in general was not Eusebius’ typical mode of expression. One passage in his Commentaria in Psalmos, a work generally considered to be later than Demonstratio and Historia Ecclesiastica but earlier than Commentarium in Isaiam or Vita Constantini,28 sheds particular light on how Eusebius may have interpreted the Testimonium’s ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ. When commenting on Ps 85,8–10LXX, „there is none like you among the gods, and none according to your works (ɭƴƨƦ). All the Gentiles that you made will come and worship before you, Lord, and will glorify your name. Because you are great, doing wonders, you alone are God.“ The use of the term ɭƴƨƦ in this line of the Bible prompts Eusebius to write (PG 23,1033d– 1036a): Even though many prophets before our Savior became performers of remarkable works (™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ƨƪƨˆƱƦƶƮ ™ƳƮƬƷƦ˄), it has been written of no one such acts as were

––––––––––––– 26 E. Klostermann, Origenes Werke 10. Matthäuserklärung, GCS, Leipzig 1935, 574. 27 Other pieces of indirect evidence that Origen had been exposed to a version of the Tes-

timonium are his assertion that Josephus did not believe in Jesus as the Messiah, which most likely refers to some version of the Testimonium demurring from the idea that Jesus is the Messiah, and the remark that „the Jews do not connect John with Jesus, nor the punishment of John with that of Jesus“ (Cels. 1,48). It is precisely Book XVIII of Antiquitates that relates the execution of Jesus and John the Baptist (Ant XVIII 116–118) without in any way connecting the two events or figures. 28 This commentary has been dated to around 325–326. Marie-Josèphe Rondeau, Commentaires patristiques du psautier, OCA 219, Rome 1982, 67–69.

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recorded in the gospels of our Savior, and as have been revealed through the conversion of all the Gentiles. And because of this it is said, „there is none according to your works (ɭƴƨƦ).“ And which works (ɭƴƨƦ) it explains, saying „all the Gentiles, as many you made will come and worship before you.“ If it is added, „you alone are God,“ and apply this to the Savior, then, „there is none like you among the gods, Lord.“ For in comparison to the renounced gods, there is no one like you, since compared with them you alone are God. For only our Savior and Lord was in the beginning, and was the Word of God, was with God, and was God.

Here Eusebius characterizes many prophets as ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷƦ˄, and thereby indicates that ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ was not a term that adequately conveyed the full stature of Jesus, since for Eusebius Jesus was God’s preexistent Logos, not just a ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ like many prophets before him. And where could Eusebius have gotten the idea that the term ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ was an appropriate description for a prophet, but was inadequate for Jesus? The obvious answer would be that the Testimonium gave him an idea of how a non-hostile Jew who never joined the church, like Josephus, would have characterized Jesus. ƩƮƩʾƶƯƦưƳƵ əƱƭƴˊ™ƼƱ Ʒ̹Ʊ ɶƩƳƱ̐ ƷəưƬƭ̏ ƩƪƺƳμˀƱƼƱ. ƷəưƬƭ̏ is a word used by both Josephus and Eusebius. There has been some discussion of how positive a connotation the term ƷəưƬƭ̏ carries in Josephus’ works. The fact that Josephus preferred ɶ əưƬƭƪ˄Ʀ over ƷəưƬƭ̏ for his own account of the Roman-Jewish war and his own role in it, about whose veracity and integrity he is adamant, indicates that for Josephus ɶ əưƬƭƪ˄Ʀ had more strongly positive connotations than ƷəưƬƭ̏ (Ant I 5; Vita 41.336–338.361. 364.367; Ap I 50–52). The expression ɶƩƳƱ̐ ... ƩƪƺƳμˀƱƼƱ is used elsewhere in Josephus’ works, occasionally with negative overtones (Ant XVII 329; XVIII 6.59.70.236.333; XIX 127.185). Olson argues that Eusebius’ quotation in his early work Demonstratio of a Testimonium that reads ƶƪƧƳμˀƱƼƱ rather than ɶƩƳƱ̐ ... ƩƪƺƳμˀƱƼƱ is Eusebius’ earliest version of his forgery, and that he later adjusted this word to sound more like Josephus when he quoted the Testimonium later in his other works. But the Testimonium of the Syriac Theophania follows the Greek in reading „receive with pleasure“, and we know that in the section of Theophania where the Testimonium appears (Theophania 5,39–45) Eusebius has simply recycled the same material as d. e. III 5,87–109 without significant revision. 29 Because ƶƪƧƳμˀƱƼƱ is not witnessed in other Testimonia, because it is considerably more positive in meaning than ɶƩƳƱ̐ ... ƩƪƺƳμˀƱƼƱ, and because Demonstratio was transmitted in only one, incomplete, independent ––––––––––––– 29 H. Greßmann, Eusebius Werke 3. Die Theophanie, GCS, Leipzig 1904, 246–251.

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manuscript of the twelfth century30 while the Theophania manuscript, dating to A. D. 411, is of extraordinary antiquity, it is very doubtful that this word should be attributed to Eusebius at all rather than to a later copyist.31 In the great majority of cases in Eusebius’ works, ɶƩƳƱ˂ has the negative meaning of „lust“ or other reprehensible pleasure (praep. I 4,6; II 6,12; VII 8,6; d. e. I 6,67; III 5,75.77; 6,7; IV 9,6.8; Eclogae propheticae 1,2 PG 22,1024c; h. e. II 9,4; IX 3,1; l. C. 5,3.5; 7,4.7; 13,5; passim).32 In contrast to the case of Josephus’ works, the dative of ɶƩƳƱ˂ is rare in Eusebius’ works, and it is particularly rare as an adverb. In one of the few passages where the dative is used, Eusebius writes that pagans who were ignorant of the human soul set up bodily pleasure (Ʒ̐ Ʒ̹Ʊ ƶƼμʾƷƼƱ … ɶƩƳƱ̐) as the only good (praep. VII 2,1), became enslaved to this goddess pleasure (Ʒ̐ ɶƩƳƱ̐ ƭƪ̺), who actually was a shameful, licentious demon (praep. VII 2,3), worshiped pleasure as a goddess (ʮƵ Ʒ̐ ƭƪ̺ ɶƩƳƱ̐, praep. VII 2,4), and became entrenched in error because of their service to this evil demon, the goddess pleasure (ɶƩƳƱ̐ ƭƪ̺ ƯƦ˃ ƯƦƯ̺ ƩƦ˄μƳƱƮ, praep. VII 2,6). In Commentaria in Psalmos, Eusebius commends the prophets for not dedicating themselves to ɶƩƳƱ̐ (PG 23,949a). In other possible cases, Eusebius may have written that „the Sirens enchant human souls with ɶƩƳƱ̐ and demonic song“ (Comm. Isa. 2,25), and that one visits a prostitute for ɶƩƳƱ̐ (Comm. Isa. 1,45). But these uses of dative ɶƩƳƱ̐ with very negative meanings clearly bear little resemblance to the Testimonium. In the few passages from Eusebius’ works where a form of ɶƩƳƱ˂ is used positively to mean „with pleasure“ rather than negatively, Eusebius uses μƪƭ’ ɶƩƳƱ̏Ƶ where Josephus might have written ɶƩƳƱ̐ (l. C. 17,11; Martyribus Palaestinae 6,6). ƯƦ˃ ™ƳưưƳˇƵ μʿƱ ̉ƏƳƸƩƦ˄ƳƸƵ ƯƦ˃ ™ƳưưƳˇƵ Ʃʿ ƯƦ˃ ƷƳ̬ ́ƋưưƬƱƮƯƳ̬ ɩ™ƬƨʾƨƪƷƳ. This is the only part of the Testimonium that Eusebius draws direct attention to in his works.33 He attempts to use this statement to argue that Jesus must

––––––––––––– 30 I. Heikel, Eusebius Werke 6, Die Demonstratio Evangelica, GCS, Leipzig 1913, ix. 31 There is perhaps another reason to be cautious about emphasizing too much the unusual

readings of the Testimonium in Demonstratio. According to one recent scholar, in Demonstratio Eusebius never claims to quote Josephus verbatim, in contrast to the case of Historia Ecclesiastica, and this explains why he paraphrases Josephus and other non-biblical Jewish authors rather than quote them literally more frequently in Demonstratio than in Praeparatio, Eclogae Propheticae and Historia Ecclesiastica. Sabrina Inowlocki, Eusebius and the Jewish Authors, Leiden 2006, 69.191.212. 32 One quite exceptional case is l. C. 6,19, where genitive ɶƩƳƱ̏Ƶ is used in reference to the afterlife, but here is explicitly modified by the words ƶˊƹƴƳƱƳƵ and ™ƦƱƦƨ˄ƦƵ. 33 Whealey, Josephus (see n. 2), 26–28.

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have had extraordinary powers if he could have attracted both many Jews and many Greeks. However, contrary to what Olson suggests, this part of the Testimonium is rather awkward for Eusebius’ apologetic purposes. For the Testimonium’s statement that Jesus attracted „many Jews and many of the Greek population“ evidently did not fit easily with the perception of many of Eusebius’ readers who knew an overwhelmingly Gentile church. Why else does Eusebius feel the need to reassure them after quoting the Testimonium that Acts of the Apostles speaks of „myriads of Jews“ who believed in Christ, and that the Jerusalem church was entirely Jewish until the failure of the Bar Kochba revolt? (d. e. III 5,108–109) The statement also does not fit so well with Eusebius’ tendency elsewhere to generalize about the whole Jewish people’s rejection of Jesus.34 The fact that it is only evidence from after Jesus’ death, from Acts and from the traditions about the Jerusalem church, rather than from the gospels that Eusebius uses to try to convince readers of Jesus’ „many“ Jewish believers also does not support very well the claim that Eusebius simply forged this phrase for the apologetic purposes that he attempts to exploit it for. For the Testimonium places Jesus’ attraction of „many Jews and many Greeks“ before rather than after his death. It also uses an aorist rather than imperfect for this attraction,35 implying that Jesus’ attraction of „many Jews and many Greeks“ did not necessarily continue after his denunciation by Jewish leaders and condemnation by Pilate. Also problematic is the Testimonium’s statement that Jesus attracted „many of the Greeks.“ Even when attempting to use this statement apologetically, Eusebius points to no Biblical or other evidence outside the Testimonium for

––––––––––––– 34 Often one cannot discern whether Eusebius is referring to the rejection of the Jewish ‚people‘ in Jesus’ lifetime or in later times, but d. e. VII 1,18 apparently refers to the ɭƭƱƳƵ ʍƳƸƩƦ˄ƼƱ hearing but not heeding Jesus’ teaching during his ministry, and d. e. VI 23,3f refers to the „outrages“ of Ʒ˅ ưʾƳƵ ʍƳƸƩƦ˄ƼƱ against Jesus during his passion. Along the same lines, when Eusebius says that Jesus led „many out of Israel, as many as believed in him“ in order to bolster his claim that Jesus is the ɶƨƳˈμƪƱƳƵ of Micah 5,1–4 (d. e. VII 2,25), it is not clear that he thought that Jesus had many Jewish followers in his lifetime, as he may be referring to followers after death. Also ambiguous is Eusebius’ argument that the „covenant of many“ (Dan 9,27) refers to the disciples and other believing Jews both before and after Jesus’ passion (d. e. VIII 2,107–112). These rather forced scriptural interpretations are hardly a clear indication that Eusebius thought that Jesus had many Jewish followers in his lifetime. Elsewhere, scriptural interpretation also causes Eusebius to argue that Jesus had very few Jewish followers (d. e. II 3,43–48). 35 Contrast the use of the aorist in the Testimonium with Eusebius’ use of the imperfect (ɩ™ƣƨƪƷƳ, h. e. I 13,1) and present tenses (Contra Hieroclem 4) for Jesus. That the imperfect as well as the present might convey the more positive connotation of continuing powers of attraction to Eusebius compared to the aorist is suggested by his use of the imperfect for Jesus, and the aorist (ɩ™ƬƨʾƨƪƷƳ) for Diogenes the Cynic, whose opinions Eusebius characterizes as „most brute-like“ (praep. XV 13,8).

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Jesus attracting „many of the Greeks.“ Eusebius says several times elsewhere that Jesus’ own ministry was directed at Jews, and that only after Jesus’ resurrection was there a mission to Gentiles (d. e. VII 3,33; X 8,108; h. e. II 1,8; Theophania 4,27–31; cf. Comm. Isa. 1,62–63). To illustrate this point, Jesus’ claim in the gospel of Matthew that he came only for the „lost sheep of Israel,“ and that his disciples should not go to the Gentiles (Matt 10,5) is often quoted by Eusebius (d. e. IX 11,10; V 22,2; Comm. Ps. PG 23,569b–d, 23,800d; Theophania 4,16; Comm. Isa. 1,63). Against this, Olson points to h. e. I 13,1, as evidence that Eusebius believed that Jesus was attracting „myriads of those from outside Judea.“36 However, Eusebius’ statement about „myriads far remote from Judea“ is meant to explain why King Abgar of Edessa sent a letter to Jesus upon hearing of his healing powers, and to Eusebius, Abgar, as a Syrian-speaker (h. e. I 13,5.22), was a barbarian rather than ƷƳ̬ ɰưưƬƱƮƯƳ̬. All throughout his works, Eusebius constantly juxtaposes ɴưưƬƱƪƵ, or occasionally ɰưưƬƱƮƯƳ˄, against ƧʾƴƧƦƴƳƮ as two different groups (d. e. I 1,15; III 6,24; praep. VII 1,2–3; X 3,26; Comm. Ps. PG 23,648d; passim). In fact, Jesus’ apostles are explicitly called ƧʾƴƧƦƴƳƮ by Eusebius because, he assumes, they spoke no language except Syrian (d. e. III 4,44; cf. Theophania, Greek frg. 6), so there can be no question but that Eusebius would have also considered the Syrianspeaking King Abgar a ƧʾƴƧƦƴƳƵ. And Syrians and Syrian-speakers are distinguished by Eusebius from Greeks (d. e. III 7,10.32). Thus Eusebius’ claim that Syrian-speaking ɭƭƱƳƮ „far beyond Judea“ were interested in Jesus’ miracles does not readily explain why the Testimonium claims that Jesus attracted „™ƳưưƳˇƵ ƷƳ̬ ɰưưƬƱƮƯƳ̬.“ And although Eusebius was apparently inclined to believe in the authenticity of Abgar’s request for Jesus to come to Edessa,37 he is careful to maintain the gospels’ portrait of a mission to Gentiles only after Jesus’ death. As he says, „ Jesus did not give heed to his request at the time, yet vouchsafed him a letter of his own, promising to send one of his disciples … After his resurrection from the dead and his return into heaven, Thomas one of the twelve apostles, was divinely moved to send to Edessa Thaddaeus“ (h. e. I 13,3–4). Possibly the only place in his voluminous extant writings where Eusebius clearly alludes to Jesus having contact with Greeks in his lifetime, is d. e. VIII 2,109, which reads, „for it is written that before his passion he showed himself for a space of three and a half years to all, both to his disciples and also to those who were not his disciples, while by marvelous teachings and healings

––––––––––––– 36 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 311. 37 Eusebius’ belief in the authenticity of such forged texts as the correspondence between

King Abgar and Jesus is, of course, no evidence that he himself forged texts.

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he showed the powers of his divinity to all openly whether Greeks or Jews.“ Since Eusebius claims that there is scriptural support for the idea that Jesus showed his powers openly to Greeks as well as to Jews, he must be referring to the Syrophoenician woman, who is explicitly called a Greek by Mark and others of the Tyrian region (Mark 7,24–30), and possibly also to the nonJewish centurion of Luke 7,2–10 // Matt 8,5–10.38 But there is no clear claim in this statement by Eusebius that Jesus attracted „many“ from the Greek population in his lifetime. On a stylistic level, Ʒ˅ ɰưưƬƱƮƯˆƱ to describe a population, while rare in Josephus’ works, does have a parallel in Bell II 268. Ʒ˅ ɰưưƬƱƮƯˆƱ to refer to a Greek population I have not found in Eusebius’ works, except, of course, when he is paraphrasing the Testimonium itself (d. e. III 5,108). Instead, Eusebius uses Ʒ˅ ɰưưƬƱƮƯˆƱ at d. e. V, Proemium 35 and h. e. IV 8,8 to refer to the Greek language rather than to a population. As has been pointed out long ago, the form ™ƳưưƳˇƵ μʿƱ ... ™ƳưưƳˇƵ Ʃˀ has many parallels in the works of Josephus (Bell I 246.322.383; II 49.177.341; IV 643; V 562; VI 257.365; VII 193; Ant VII 193; XX 98; Ap I 51.278). Comparably constructed phrases in Eusebius’ works are rare or non-existent.39 ʖ ƝƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ. Olson claims that this statement is taken „directly from the New Testament.“40 However, the texts he cites, Luke 23,35; John 7,26 and Acts 9,22, all use the present tense rather than the past tense as does the textus receptus Testimonium.41 Moreover, contrary to what is suggested by Olson, and what has

––––––––––––– 38 However, Fragment 5 of the Greek Theophania refers to this centurion as ̲ƼμƦ̝ƳƵ rather than ɴưưƬƱ. Greßmann, Theophanie (see n. 29), 16. The centurion of the Synoptic crucifixion accounts is excluded since Eusebius specifies „before his passion“. An unlikely additional possibility is the ɴưưƬƱƪƵ of John 12,20, although these Passover worshipers would probably not be assumed to be pagans rather than Greek-speaking Diaspora Jews (cf. John 7,35) by Eusebius. 39 praep. IV 1,9; Comm. Ps. PG 23,946c; and l. C. 12,14 are not parallels; they are not μʿƱ ... Ʃˀ constructions. 40 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 311. 41 And it is far from clear that an ancient Christian forging ex nihilo who wanted to assert Jesus’ Messianic status would not have preferred the present tense rather than the textus receptus’ past tense. Justin Martyr and Hegesippus, who wrote the few extant early Greek works explicitly asserting that Jesus is the Messiah against most Jews’ objections, both use the present tense or present participle, even in passages otherwise put in the past tense (dial. 39.47–48.67.113; apud h. e. II 23,9.18). Eusebius uses ɻƱ with ƝƴƮƶƷˆƵ only in reference to Christ as pre-existent Logos (cf. John 1,1), i. e. when arguing that a specific Old Testament theophany or prophecy does indeed refer to this pre-existent Christ (h. e. I 4,11–12 on Gen 12,1–3; d. e. I 10,15–17 on Is 53,7; cf. Comm. Isa. 2,14 on Is 38,11; 2,38 on Is 51,5). In con-

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been assumed by many others, Eusebius himself never draws attention to the Testimonium’s statement about Jesus’ Messianic status or uses it in any way in his works. One scholar has characterized this as odd if Eusebius was its fons et origo.42 In any case, because Jerome’s De viris illustribus and the Syriac chronicle of Michael the Syrian both contain a literal translation43 of the Testimonium which independently read „(and)44 he was believed to be the Christ“ it is almost certain that the original Testimonium read something like this, for it is ––––––––––––– trast, at d. e. I 1,10 and h. e. I 3,12, when generalizing about the Christian dogma that Jesus is the Messiah and when asserting that Jesus is the only true Messiah, Eusebius uses a present participle. The textus receptus Testimonium’s ɻƱ most likely reflects the alteration of an originally past tense Greek verb such as ɩƱƳμ˄ƫƪƷƳ, for a past tense form of „believe“ or „suppose“ is independently attested by Jerome (credebatur), Michael the Syrian (mstbr’ ’twhy hw’) and Pseudo-Hegesippus (crediderunt). 42 Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 563. 43 The significance of Michael’s Testimonium as a literal translation is still under appreciated, probably because it was introduced to a wide public by Shlomo Pines only in conjunction with Agapius of Hierapolis’ Arabic paraphrase of the Testimonium, which Pines thought was more authentic simply because it is less laudatory than Michael’s Testimonium. But Agapius and Michael used the same Syriac source for their chronicles, so Michael’s Syriac Testimonium, must be closer to this Syriac source than Agapius’ Arabic paraphrase. Whealey, Josephus (see n. 2), 189. Moreover, the close match between the vocabulary of Michael’s Testimonium and that of the Syriac translation of Eusebius’ Historia Ecclesiastica, particularly as compared to the vocabulary of the independent translation of the Testimonium found in the Syriac Theophania, indicates that the Syriac Historia Ecclesiastica was the exemplar for Michael’s Testimonium. The most important aspect of Agapius’ Testimonium is that it also qualifies Jesus’ Messianic status, which lends weight to the view that Michael’s reading of „he was supposed to be the Christ“ is based on an older Syriac version of the Testimonium. Carleton Paget reinforces the misleading impression that Michael’s Testimonium is significantly different from other versions by emphasizing that it makes Pilate solely responsible for Jesus’ death. Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 559–560. But this is based on reading in Michael’s text lw (not) instead of lh (him / ƦʡƷˆƱ), an error that is orthographically understandable in Syriac, and that is attested in one manuscript of the Syriac Historia Ecclesiastica (S. Pines, An Arabic Version of the Testimonium Flavianum and Its Implications, Jerusalem 1971, 24 n. 103, and 27 n. 110), which, as already mentioned, must have been the ultimate exemplar for Michael’s Testimonium. 44 Jerome’s text reads „et credebatur esse Christus.“ Evidence for „and“ in Michael’s text is the w between tlmd and mstbr’. The copyist of Michael’s text seems to have assumed that this w was the third person plural ending to tlmd, rather than an „and“ between tlmd and mstbr’. But this requires a plural subject for the verb rather than Jesus, which fits poorly with Michael’s exemplar, the Syriac Historia Ecclesiastica, where Jesus is the subject of tlmd, meaning „made disciples.“ As it stands, there is no plural subject in the sentence: It cannot be the „many Jews and many Gentiles“ since the l on sgy’’ makes them an object rather than a subject. Thus the original may have read tlmd w mstbr’ instead of tlmdw mstbr’. An original reading of „and“ here, as in Jerome’s text, would make Jesus’ reputed Messiahship an implicit conclusion to the preceding sentence about Jesus attracting many Jews and many Greeks.

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hardly credible that both a Latin and Syriac church writer independently modified this part of the Testimonium in precisely this same way. Moreover, the connotation of Michael’s mstbr’ is unusually skeptical to have been forged by a Christian, as brought out by comparison with the Syriac New Testament, which uses this third person singular passive participle of the verbal root sbr at Luke 3,23, where the Greek reads ɩƱƳμ˄ƫƪƷƳ, and at Heb 12,11, where the Greek reads ƩƳƯƪ̝.45 The connotation of the first passage is that Joseph was supposed to be Jesus’ father, but that this is not necessarily true; in the second passage it is stated more openly that appearances are deceiving. A reading like ɩƱƳμ˄ƫƪƷƳ rather than ɻƱ would also explain why Origen says that Josephus did not believe in Jesus as the Christ, and why Pseudo-Hegesippus, who tends to amplify the positive connotations of other parts of the Testimonium, does not translate anything corresponding to the textus receptus ʖ ƝƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ, and stridently characterizes Josephus as an unbeliever.46 Moreover Pseudo-Hegesippus’ statement „plerique tamen Iudaeorum, gentilium plurimi crediderunt in eum“ very much looks like a more positive-sounding paraphrase of the sentence that Jerome translated more literally as „plurimos quoque tamen de Iudaeis quam de gentilibus sui habuit sectores et credebatur esse Christus.“ Since ancient Latin and Syriac church writers only knew one another’s works through the medium of Greek this reading must reflect a Greek original, although both Jerome’s and Michael’s Testimonia were most likely taken from a version of Eusebius’ Historia Ecclesiastica rather than directly from Antiquitates.47 That this reading is older than that of the textus receptus Testimonium is indicated by the fact that some manuscripts of Jerome’s De viris illlustribus date back to the sixth or seventh century, much earlier than the extant Greek manuscripts of Antiquitates or Historia Ecclesiastica. Evidence

––––––––––––– 45 G. A. Kiraz, A Computer Generated Concordance to the Syriac New Testament, 6 Vols., Leiden 1993, Vol. 3, 1923–1924. Along the same lines, Eusebius seems to have used the aorist of ƱƳμ˄ƫƼ about Simon Magus when writing that some had supposed that he was the Messiah: ƦʡƷ˅Ʊ ƪʋƱƦƮ ƱƳμ˄ƶƦƱƷƪƵ Ʒ˅Ʊ ƝƴƮƶƷˆƱ (Theophania, Greek frg.15). 46 One other fairly early writer dependent on Historia Ecclesiastica who also omits the reference to Jesus’ Messianic status, even while exaggerating other parts of the Testimonium is Malalas (PG 97,377), as pointed out by Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 568. PseudoHegesippus’ omission and Origen’s indirect evidence is significant because, unlike Jerome and Michael, both certainly used Book XVIII of Antiquitates directly rather than through the medium of Eusebius. Regarding Carleton Paget’s suggestion as to why Pseudo-Hegesippus might have omitted the Testimonium’s Messianic statement, Pseudo-Hegesippus cannot have read „in his Latin version of the Testimonium the sentence ‚hic erat Christus‘“ because there was no Latin version of either Antiquitates or Historia Ecclesiastica when PseudoHegesippus wrote around A. D. 370. Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 571. 47 Whealey, Josephus (see n. 2), 30.40.

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concerning the transmission of the Syriac sources in Michael’s chronicle indicates that the section containing the Testimonium dates at least as far back as the eighth century.48 Although one scholar has expressed reservation about the fact that Greek manuscripts of Eusebius’ and Josephus’ works do not reflect Jerome’s and Michael’s reading,49 this can be countered by the observation that Eusebius’ and Josephus’ histories, like many other ancient Greek historical works, and in contrast to a significant number of Latin Christian and Syriac works, are transmitted in relatively late manuscripts. The broadest reason for this is that the Arab Muslim conquests of the formerly Byzantine Middle East had a much more negative impact on Greek scholarship in the seventh and eighth centuries than on Latin and Syriac scholarship. These conquests precipitated a collapse of Greek history writing – no Greek histories are extant between the Chronicon Paschale (ca. 630) and the chronicle of Theophanes (ca. 818) – and a reduction in Greek manuscript copying.50 Caesarea, where so much of Origen’s and Eusebius’ engagement with Josephus’ works took place, never recovered as an important center of Greek Christian scholarship after its conquest by Muslims. When the study of Greek historical works revived in ninth century Byzantium, Greek scholars must have drawn on manuscripts of Antiquitates and Historia Ecclesiastica that were still extant in the Byzantine Empire. There is no evidence that they found Greek manuscripts of Josephus’ or Eusebius’ works in the Islamic Middle East.51 The implication of this is that Jerome’s and Michael’s Testimonia could well reflect older versions deriving from the pre-Islamic Middle East since De viris illustribus was written when Jerome was resident in Palestine, and the sources of Michael the Syrian’s chronicle are known to derive from Edessa.

––––––––––––– 48 Whealey, Josephus (see n. 2), 38–39. 49 Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 571–572. 50 M. Whitby, Greek Historical Writing After Procopius, in: A. Cameron (ed.), Byzantine

and Early Islamic Near East, Princeton 1992, 66–74; L. D. Reynolds / N. G. Wilson, Scribes and Scholars, Oxford 1974, 47–48. Notably, the one Greek Christian who probably cited Josephus in this period, Pseudo(?)-Anastasius of Sinai (PG 89,1248), did not draw on either Josephus’ or Eusebius’ histories directly for the version of the Testimonium that he used in his anti-Jewish apology. Rather he drew on a pre-existing religious apology set in the Sassanid court (E. Bratke, Das sogenannte Religionsgespräch am Hof der Sasaniden, TU 19, Leipzig 1899, 36). This exemplifies the known implosion in Greek history writing and increase of Christian anti-Jewish apologia during the seventh and eighth century Muslim conquest period. R. Hoyland, Seeing Islam as Others Saw It, Princeton 1997, 538–541. 51 Contrary to what is often assumed on the basis of Arab Muslim interest in Greek science, philosophy and medicine after A. D. 750, Arab Muslims did not preserve or translate any major Greek historical works, and they did not know the works of Josephus. In the High Middle Ages, Arab Muslims only knew an Arabic translation of a late version of the Josippon, a medieval Hebrew adaptation of Josephus’ works. Whealey, Josephus (see n. 2), 59–60.

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ƯƦ˃ ƦʡƷ˅Ʊ ɩƱƩƪ˄ƲƪƮ Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ ƶƷƦƸƴ̺ ɩ™ƮƷƪƷƮμƬƯˆƷƳƵ ƖƮưʾƷƳƸ ƳʡƯ ɩ™ƦˈƶƦƱƷƳ Ƴʆ Ʒ˅ ™ƴ̹ƷƳƱ əƨƦ™˂ƶƦƱƷƪƵ. The use of ™ƴ̹ƷƳƮ ɝƱƩƴƪƵ to mean „leading men“ in Josephus’ works is very common. The sole example of ™ƴ̹ƷƳƮ ɝƱƩƴƪƵ found in Eusebius’ works (d. e. I 10,1) means chronologically earliest men rather than leading men. ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ to mean „among us Jews“ is common in Antiquitates and Contra Apionem (Ant XX 71.198.264; passim), and ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ to mean „among us Christians“ is common in Eusebius’ works. Olson claims that Josephus only uses the first person plural to refer to Jews „in the context of their common history and traditions. It is unlikely that Josephus would have attached a national significance to Jesus’ execution.“ Building on this assumption, he argues that the Testimonium puts „considerable emphasis on the responsibility of the Jewish nation,“ and „making the leaders of the Jewish nation as a whole the instigators of the crucifixion is the device of a later Christian apologist.“52 But here Olson presumes to know more than we can actually know about what Josephus thought about Jesus. Moreover, he has sliced semantic distinctions in Josephus’ use of the first person plural to refer to Jews a bit too finely. Josephus does use the first person plural for Jews in reference to more recent persons and events than those associated with Jesus’ death (Ant XX 198.257.264; passim). And the Testimonium’s reference to „the leading men among us“ is certainly not a claim that the Jewish ‚nation‘ as a whole had anything to do with Jesus’ death, just as Josephus’ claim that he sold copies of his works to ™ƳưưƳ̝Ƶ Ʃʿ Ʒ̹Ʊ ɶμˀƷƪƴƼƱ (Ap I 51) is not a claim that he sold copies of his works to the Jewish ‚nation‘ as a whole, nor does it necessarily mean that he thought that his sale had ‚national significance‘. Language like Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ is not the „device of a later Christian apologist.“ Like many other Christian ancient writers, when Eusebius wants to polemicize in an overly broad fashion about the alleged responsibility of the whole Jewish people for Jesus’ death, he does not hesitate to do so, but he does so by using words like ưʾƳƵ or ƨˀƱƳƵ or ɭƭƱƳƵ,53 not by using language like that of the Testimonium, which only refers to a role by Jewish leaders. Similarly, when Josephus wants to make a clear statement about the whole Jewish people he uses terms such as ƨˀƱƳƵ or ɭƭƱƳƵ, which are lacking in the Testimonium (Vita 24; Ap I 1–5; passim) ɩ™ƮƷƮμʾƼ is used several times to mean legal condemnation or punishment in Josephus’ works. It has long been pointed out that with this word Josephus usually puts the person punished in the dative and the punishment in the accu-

––––––––––––– 52 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 311. 53 For example, d. e. VI 23,3–4; d. e. VII 1,18; h. e. I 3,6.

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sative, although Bell II 183 is an example where the punishment is in the dative, as in the Testimonium. In contrast, ɩ™ƮƷƮμʾƼ to mean legal punishment is used by Eusebius rarely, who, not surprisingly, occasionally follows the New Testament in using ɩ™ƮƷƮμʾƼ with a dative to refer to Jesus’ verbal rebukes (d. e. III 5,89 // Mark 8,30; d. e. III 2,19; III 4,25 // Mark 4,39). The one example cited by Olson where Eusebius does use ɩ™ƮƷƮμʾƼ for legal punishment (d. e. III 5,61) is even more remote from the usage of the Testimonium than the usage of Josephus.54 In this passage, which refers to the disciples’ being punished for teaching about Jesus and which reads ɩ™ƮƷƮμˊƱƷƪƵ ɩ™˃ Ʒ̐ ƩƮƩƦƶƯƦư˄˾, it is the reason for the subject being punished, namely for their teaching, that is put in a dative, and it follows the preposition ɩ™˄. The use of ɭƱƩƪƮƲƮƵ to mean legal charge appears at Ant XIX 133; it is unclear whether Eusebius ever uses ɭƱƩƪƮƲƮƵ with this meaning. The noun ɭƱƩƪƮƲƮƵ is usually used by Eusebius, often in the accusative with the preposition ƪʅƵ, to mean proof or evidence, both of negative and positive qualities: proof of credulity (Contra Hieroclem 26); proof of miraculous power (Comm. Ps. PG 23,922a; cf. Theophania Greek frg. 3); proof of one’s own nature (Comm. Ps. PG 23,1184c), proof of piety (d. e. III 7,36; cf. Comm. Isa. 1,232). Olson claims that d. e. III 5,102 is an example of Eusebius using ɭƱƩƪƮƲƮƵ to mean legal charge.55 In fact, Eusebius’ characterization of Judas’ kissing Jesus as ɩƱƩƪ˄ƲƦƶƭƦƮ Ʒ̏Ƶ ™ƴƳƩƦƶ˄ƦƵ, roughly translated „to give evidence of betrayal,“ where a verb rather than a noun is used, and where the genitive refers not to the agent who brings a charge, as in the Testimonium, but to what is evidenced, does not much resemble the usage of the Testimonium either in form or meaning. The Testimonium’s use of Ʒ˅ ™ƴ̹ƷƳƱ as an adverbial phrase is quite common elsewhere in the works of Josephus (Ant XVIII 30.40.82.278.33.344; passim) but relatively rare in the works of Eusebius, who generally prefers ™ƴ̹ƷƳƱ without the article or occasionally Ʒ˅ ™ƴ˄Ʊ as adverbs. It has long been argued that Testimonium’s use of ™ƦˈƳμƦƮ is not in the style of Josephus since he almost always uses this verb with a genitive noun referring to what the subject ceased from (Ant VII 144; passim), or with a verbal complement, either a participle (Ant XII 101; passim) or an infinitive (Ant II 156; passim). But this does not differ significantly from the works of Eusebius where ™ƦˈƳμƦƮ is also usually combined with a genitive noun (d. e. I 3,40; Martyribus Palaestinae 9,4; Comm. Ps. PG 23,884d; passim), or occasionally with a participle as a verbal complement (h. e. X 4,61). However, both Josephus and Eusebius do occasionally use this verb without either a genitive noun or a verbal

––––––––––––– 54 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 309 n. 9. 55 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 309 n. 9.

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complement (Ant XI 43; XVIII 62; Bell I 18; passim; d. e. VIII 1,25 // Eclogae propheticae 1,8 PG 22,1045d; cf. Theophania, Greek frg. 15). Moreover, Bell VI 407 (Ƴʆ μʿƱ ƯƷƪ˄ƱƳƱƷƪƵ ɩ™ƦˈƶƦƱƷƳ ™ƴ˅Ƶ ɮƶ™ƪƴƦƱ) resembles the Testimonium insofar as both passages use ™ƦˈƳμƦƮ with a nominal participle rather than a participle as a verbal complement, the former reading „those slaughtering ceased towards evening“ and the latter reading „those who at first loved did not cease.“ In both cases, the activity from which the subjects cease or do not cease is represented by a nominal participle rather than by a complementary verbal participle. Moreover, Bell VI 407 more closely resembles the usage of the Testimonium than anything found in Eusebius’ works. Although it has been argued that the Testimonium’s use of əƨƦ™˂ƶƦƱƷƪƵ is Christian in tone, Eusebius, perhaps surprisingly for a Christian, uses this verb form relatively rarely, and he almost never uses this verb for the love of Jesus by Jesus’ followers unless he is prompted by a specific biblical text. For example, the present participle and the noun əƨʾ™Ƭ plus the preposition ™ƪƴ˄ are used in Commentaria in Psalmos for the disciples’ love of, and, apparently, concern for Jesus (ʚƵ əƨƦ™̹ƱƷƪƵ ... əƨʾ™ƬƱ ™ƪƴ˃ ƦʡƷƳ̬, PG 23,772a– c). However, the choice of əƨƦ™̹ƱƷƪƵ here is prompted in part by the use of əƨƦ™̹ƱƷƪƵ in Ps 69,5LXX. In contrast, at d. e. III 5,39–45, where he refers at length to the disciples’ loyalty to Jesus after death while eschewing Biblical proof texts (d. e. III 2,78), Eusebius speaks of the disciples’ honoring (ƷƮμ̀Ʊ) rather than loving Jesus (d. e. III 5,40). A present verbal participle is also used for Jesus’ love of his betrayers (Comm. Ps. PG 23,486b), but the present tense and present participles at v. C. II 20,4; III 21,3; Comm. Ps. PG 23,504d; and h. e. I 1,4 likely mean something more akin to „be content with“ or „choose“ than „love“. The aorist participle is more commonly used by Eusebius for abstract concepts or for God than for people (praep. I 5,6; IV 4,2; X 4,32; 14,19; Comm. Ps. PG 23,525d)56 in contrast to Bell I 581 and, presumably, to the Testimonium. Eusebius’ use of the simple aorist and simple imperfect seems largely to derive from the Bible: e. th. III 18,3 // John 3,16, referring to God’s love for humankind; PG 23,533d; 536c) // 1Sam 18,14, referring to the Hebrews’ love of David; d. e. III 5,88 // John 13,23; 19,26; 21,7, referring to Jesus’ love for John. Past assertions that Josephus only uses forms of the verb əƨƦ™ʾƼ to mean „be content with“ or in a way markedly different from a supposedly specifically Christian use of this verb seem exaggerated.57 In general, it is very de––––––––––––– 56 Nevertheless, the choice of a form of əƨƦ™ʾƼ at PG 23,525d for the love of God, although not the choice of the aorist participle form per se, is prompted by the Bible (Rom 8,28), as is the case at PG 23,525c as well. 57 Arguably, this view exemplifies an exaggerated, even stereotypical contrast between an early Christianity centered on love and a first century Judaism allegedly not centered on love,

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batable that „be content with“ or some other weaker meaning rather than „love“ best captures the intense emotional drama that Josephus is setting up in such passages as Ant I 258 or Ant II 10.58 Indeed, one could argue that Josephus actually has a greater predilection for əƨƦ™ʾƼ than Eusebius, insofar as he appears to choose to use a form of this verb to describe affection towards people or God even when it is not in his presumed source more often than Eusebius, whose use of this verb for affection towards people or God is very often prompted by biblical influence. For example, Ant I 75.99.323; V 350; VI 317; VIII 198.201 are cases where Josephus chooses to use a form of the verb əƨƦ™ʾƼ to express the idea of affection for people or God, even though the LXX does not contain a form of əƨƦ™ʾƼ in the corresponding passages. ɩƹʾƱƬ ƨʽƴ ƦʡƷƳ̝Ƶ Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ Ʒ̹Ʊ ƭƪ˄ƼƱ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ ƷƦ̬Ʒʾ Ʒƪ ƯƦ˃ ɝưưƦ μƸƴ˄Ʀ ™ƪƴ˃ ƦʡƷƳ̬ ƭƦƸμʾƶƮƦ ƪʅƴƬƯˆƷƼƱ. This whole sentence is often argued to be an interpolation on the assumption that it must indicate Josephus’ own belief in the prophets foretelling about Jesus. But this is not a necessary connotation of Ʒ̹Ʊ ƭƪ˄ƼƱ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ … ƪʅƴƬƯˆƷƼƱ, which, as a genitive absolute conveys many different meanings, not necessarily a meaning that the writer agrees with. Moreover, the inclusion of the word ƦʡƷƳ̝Ƶ gives ɩƹʾƱƬ a subjective cast. Therefore even the a priori argument that this sentence is an interpolation is considerably weaker than the argument that ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂ is an interpolation. If it is an interpolation, it is a very old one, since a version of it was known to PseudoHegesippus. Although two phrases in this sentence, ƭƪ˄ƼƱ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ (Ant VIII 243; X 35; d. e. I 1,13), and ɝưưƦ μƸƴ˄Ʀ (Ant XIII 382; Bell II 361; passim; d. e. I 7,4; passim), are typical of both Josephus and Eusebius, other parts of this sentence resemble Josephus’ language more than Eusebius’ language. For example, the construction Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ is more closely paralleled in Josephus’ works (Ant VII 1; X 1.57.84) than in Eusebius’ works. At h. e. IV 5,5, which is the closest parallel found in Eusebius’ works, ɭƺƼ does not agree with the subject but rather with a genitive object. And Eusebius does not use the expression ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ for Christ’s resurrection, which he usually calls əƱƦƶƷʾƶƮƵ, or occasionally əƱƦƧƮ̹ƶƮƵ

––––––––––––– as if early Christians had not at least partly been influenced in their ideas about əƨƦ™ʾƼ by the LXX. 58 Translations such as „the father was content with his older son Esau … while Jacob the younger was the favorite of his mother“ (Ant I 258), and „Jacob was content with Joseph above all his other sons because of his beauty and nobility of soul … his father’s affection aroused the envy and hatred of his brothers“ (Ant II 10) miss the affective dimension of these narratives about intense family jealousies.

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(d. e. I 1,6). Josephus does not elsewhere use the exact combination ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ either, for the obvious reason that he does not elsewhere discuss an analogous case of someone who, after having been killed, appears to be alive again to a group of people, but he does use this participle often, including for cases where suppositions about whether someone is alive or dead differ from reality: for example, where someone is dead but will be resurrected (Ant VIII 326); where someone actually is dead but is treated as if alive (Ant XV 242); where someone is found to be alive although it was assumed that he had died (Bell III 438; Ant II 105); and where someone is dead but is falsely rumored to be alive (Ant XIX 134). Where we can assume that Josephus himself believed that actual resurrection had occurred or will occur, such as the miraculous resuscitation of Elijah and Pharasaic views on the afterlife, he included stronger terms than ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ, such as the verb əƱƦƧƮˆƼ (Ant VIII 327; XVIII 14). ɩƹʾƱƬ is rare in Eusebius’ works for Jesus’ post-resurrection appearance, although it is used at least once, presumably under the influence of Mark 16,9 (Comm. Ps. PG 23,696c). Josephus usually uses aorist ɩƹʾƱƬ or ɩƹʾƱƬƶƦƱ of various non-miraculous human appearances (Bell V 100.475; VI 54; Ant XV 201; XVI 21; XIX 313). The one or two times where Josephus uses aorist ɩƹʾƱƬ of reputedly divine appearances are cases where he questions the validity of the appearance. In Ap I 289 Josephus writes that Chaeremon said that Isis appeared to Amenophis in his sleep, a claim that he scornfully dismisses. In another possible case, within a composed speech that he attributes to himself, Josephus says that it is madness to suppose that God appeared alike to the just and unjust (Bell V 407).59 When Josephus recounts divine appearances that he himself presumably believed in he prefers a participle (Ant I 279; VII 92.147; VIII 22.196.333; IX 20; X 177; XIII 322), while he uses a simple present tense for an angelic appearance that he presumably believed in (Ant V 280). These distinctions in Josephus’ use of ƹƦ˄ƱƼ might strengthen the view that it is not necessary to read the Testimonium’s ɩƹʾƱƬ ƨʽƴ ƦʡƷƳ̝Ƶ as some sort of creedal statement on the part of Josephus. ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ə™˅ ƷƳ̬Ʃƪ ʭƱƳμƦƶμˀƱƳƱ ƳʡƯ ɩ™ƪư˄™ƪ Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ. Olson cites the use of h. e. VI 9,2 as a case where Eusebius uses the word ɩ™Ʈưƪ˄™Ƽ, as in this final sentence of the Testimonium. However, because of ––––––––––––– 59 Presumably because of its use of ɩ™˃ with ɩƹʾƱƬ, Bell V 407 was translated by H. S. J. Thackeray in the Loeb Classical Library series as, „it is madness to expect God to show the same treatment to the just as to the unjust.“ However, a parallel to the word „treatment“ is missing in the Greek.

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his inclusion of a dative indirect object with the verb, Eusebius’ usage here, „to fail the deacons,“ actually resembles the Testimonium’s usage of this verb less than some other passages of Josephus’ works, for example Ant II 210 or Ant III 296. Another case where this verb is similarly used with an indirect object by Eusebius is h. e. VII 32,8: „The wheat having failed those under siege.“ Also rather different from the usage of the Testimonium is Eusebius’ use of ɩ™Ʈưƪ˄™Ƽ with an accusative object: „Time will fail me“ (ɩ™Ʈưƪ˄ƻƪƮ μƪ ʖ ƺƴˆƱƳƵ) at l. C. 13,14, although in any case in this latter passage Eusebius must surely have been influenced by Heb 11,32. The use of ƹ̬ưƳƱ in early Christian literature in general is rare, and the use of ƹ̬ưƳƱ by Christians to refer to themselves is even more rare in the anteNicene period. Lampe cites only one patristic use of ƹ̬ưƳƱ used in reference to Christians, and it is found in works of the late eighth century Theodore the Studite.60 Defenders of this part of the Testimonium’s authenticity have argued that the rarity of the term ƹ̬ưƳƱ for Christians in the ante-Nicene period makes it unlikely that a Christian forged the Testimonium’s Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ … Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ.61 In addition, some have also argued that the term ƹ̬ưƳƱ had potentially negative overtones. Certainly in classical Greek literature ƹ̬ưƳƱ is sometimes used as a collective for animals, like „flock“ or „swarm.“62 On the other hand, Olson claims that because „tribe of Christians“ is not known in the works of any Christian writer earlier than Eusebius, and because the phrase appears at h. e. III 33,2 Eusebius must have forged the Testimonium.63 The claim that h. e. III 33,2’s use of ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ supposedly betrays Eusebius’ forgery of the Testimonium is not new; it was made some time ago.64 This particular argument has always been a very weak one, since even a cursory glance at the context of this passage reveals that Eusebius uses the expression Ʒ˅ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ at h. e. III 33,2 at least in part because the phrase ƹ̬ưƳƱ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ appears at h. e. III 33,3 in the text that he is discussing: namely a direct quotation from the Greek translation of Tertullian’s apol. 2,6–7.65 In fact, on close inspection it is clear that the whole para-

––––––––––––– 60 Lampe, Lexicon (see n. 21), 1493. 61 John P. Meier, A Marginal Jew, New York 1991, 85 n. 50. 62 H. C. Liddell / R. Scott, A Greek-English Lexicon, Oxford 1996, 1962. Likewise,

Josephus uses ƹ̬ưƳƱ for „swarm of locusts“ (Ant II 306), a word not found in the parallel LXX narrative. 63 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 312. 64 S. Zeitlin, The Christ Passage in Josephus, JQR 18, 1928, 251–255. 65 The Greek translation of Tertullian’s Apologeticum is believed to date to the third century as shown by A. Harnack, Die griechische Übersetzung des Apologeticus Tertullians, TU 8.4; Leipzig 1892, 30–36. No scholar has ever cogently argued that Eusebius himself, whose Latin abilities were rather limited (h. e. IV 8,8), translated Tertullian’s highly rhetorical apology.

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graph h. e. III 33,1–2 is simply a paraphrase of the Greek Apologeticum passage that Eusebius directly quotes at h. e. III 33,3. That Eusebius is directly quoting from Tertullian’s Greek Apologeticum at h. e. III 33,3 is clear from the phrase that he employs right before the quotation, ɶ ɶƴμƪƱƪ˄Ʀ ƷƳ̬ƷƳƱ ɭƺƪƮ Ʒ˅Ʊ Ʒƴˆ™ƳƱ, and from a comparison of Tertullian’s original Latin apol. 2,6–7 to h. e. III 33,3. That h. e. III 33,1–2 is simply a paraphrase of the Greek Apologeticum passage that Eusebius directly quotes at h. e. III 33,3 is revealed by the following comparison of the texts with the passages quoting or paraphrasing the vocabulary of the Greek Apologeticum italicized. h. e. III 33,1–2. Ɩư˄ƱƮƳƱ ƙƪƯƳ̬ƱƩƳƱ, ɩ™ƮƶƬμˆƷƦƷƳƱ ɶƨƪ߈ƱƼƱ, ɩ™˃ Ʒ̺ ™ư˂ƭƪƮ Ʒ̹Ʊ μƦƴƷˈƴƼƱ ƯƮƱƬƭˀƱƷƦ, ƧƦƶƮưƪ̝ ƯƳƮƱˊƶƦƶƭƦƮ ™ƪƴ˃ ƷƳ̬ ™ư˂ƭƳƸƵ Ʒ̹Ʊ ʢ™ʿƴ Ʒ̏Ƶ ™˄ƶƷƪƼƵ əƱƦƮƴƳƸμˀƱƼƱ, ɞμƦ Ʃ’ ɩƱ ƷƦʡƷ̺ ßƬƱ̬ƶƦƮ ßƬƩʿƱ əƱˆƶƮƳƱ μƬƩʿ ™Ʀƴʽ ƷƳˇƵ ƱˆμƳƸƵ ™ƴʾƷƷƪƮƱ ƦʡƷƳƸƵ ƯƦƷƪƮưƬƹˀƱƦƮ ™ưˁƱ Ʒˆ ƨƪ ɞμƦ Ʒ̐ ɮ̷ ƩƮƪƨƪƮƴƳμˀƱƳƸƵ Ʒ˅Ʊ ƝƴƮƶƷ˅Ʊ ƭƪƳ̬ Ʃ˄ƯƬƱ ʢßƱƪ̝Ʊ, Ʒ˅ Ʃʿ ßƳƮƺƪˈƪƮƱ ƯƦ˃ ƹƳƱƪˈƪƮƱ ƯƦ˃ Ʒʽ ƶƸƨƨƪƱ̏ ƷƳˈƷƳƮƵ əƭˀμƮƷƦ ™ưƬμμƪư˂μƦƷƦ ƯƦ˃ ƦʡƷƳˇƵ ə™ƦƨƳƴƪˈƪƮƱ ™ʾƱƷƦ Ʒƪ ™ƴʾƷƷƪƮƱ əƯƳưƳˈƭƼƵ ƷƳ̝Ƶ ƱˆμƳƮƵž ™ƴ˅Ƶ ɜ Ʒ˅Ʊ ƚƴƦƽƦƱ˅Ʊ ƩˆƨμƦ ƷƳƮˆƱƩƪ ƷƪƭƪƮƯˀƱƦƮ, Ʒ˅ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ ßˁ ɩƯƫƬƷƪ̝ƶƭƦƮ ßʿƱ ɩߙƪƶ˅Ʊ Ʃʿ ƯƳưʾƫƪƶƭƦƮ. h. e. III 33,3. Ɩư˄ƱƮƳƵ ƨʽƴ ƙƪƯƳ̬ƱƩƳƵ ɶƨˆƸßƪƱƳƵ, ɩ™Ʀƴƺ˄ƳƸ ƯƦƷƦƯƴ˄ƱƦƵ ƝƴƮƶƷƮƦƱƳˈƵ ƷƮƱƦƵ ƯƦ˃ Ʒ̏Ƶ əƲ˄ƦƵ ɩƯƧƦưˊƱ, ƷƦƴƦƺƭƪ˃Ƶ Ʒ̺ ™ư˂ƭƪƮ, ƩƮ˅ ɵƨƱˆƪƮ Ʒ˄ ƦʡƷ̺ ưƳƮ™˅Ʊ ƪʉƬ ™ƴƦƯƷˀƳƱ, ƚƴƦƽƦƱ̺ Ʒ̺ ƧƦƶƮưƪ̝ əƱƪƯƳƮƱˊƶƦƷƳ ưˀƨƼƱ ɭƲƼ ƷƳ̬ μˁ ƧƳˈưƪƶƭƦƮ ƦʡƷƳˇƵ ƪʅƩƼưƳưƦƷƴƪ̝Ʊ ƳʡƩʿƱ əƱˆƶƮƳƱ ɩƱ ƦʡƷƳ̝Ƶ ƪʢƴƬƯˀƱƦƮž ɩß˂ƱƸƪƱ Ʃʿ ƯƦ˃ ƷƳ̬ƷƳ, əƱ˄ƶƷƦƶƭƦƮ ɮƼƭƪƱ ƷƳˇƵ ƝƴƮƶƷƮƦƱƳˇƵ ƯƦ˃ Ʒ˅Ʊ ƝƴƮƶƷ˅Ʊ ƭƪƳ̬ Ʃ˄ƯƬƱ ʢßƱƪ̝Ʊ ƯƦ˃ ™ƴ˅Ƶ Ʒ˅ ƷˁƱ ɩ™ƮƶƷ˂μƬƱ ƦʡƷ̹Ʊ ƩƮƦƹƸưʾƶƶƪƮƱ ƯƼưˈƪƶƭƦƮ ƹƳƱƪˈƪƮƱ, ßƳƮƺƪˈƪƮƱ, ™ưƪƳƱƪƯƷƪ̝Ʊ, ə™ƳƶƷƪƴƪ̝Ʊ ƯƦ˃ Ʒʽ ƷƳˈƷƳƮƵ ʚμƳƮƦ. ™ƴ˅Ƶ ƷƦ̬ƷƦ əƱƷˀƨƴƦƻƪƱ ƚƴƦƽƦƱ˅Ƶ Ʒ˅ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ ßˁ ɩƯƫƬƷƪ̝ƶƭƦƮ ßʿƱ ɩߙƪƶ˅Ʊ Ʃʿ ƯƳưʾƫƪƶƭƦƮ.

Moreover, the specific phrase where Eusebius writes ƹ̬ưƳƱ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ is a quotation, not even just a paraphrase, of the Greek Apologeticum, the former reading Ʒ˅ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ μˁ ɩƯƫƬƷƪ̝ƶƭƦƮ μʿƱ ɩμ™ƪƶ˅Ʊ Ʃʿ ƯƳưʾƫƪƶƭƦƮ and the latter reading Ʒ˅ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ μˁ ɩƯƫƬƷƪ̝ƶƭƦƮ μʿƱ ɩμ™ƪƶ˅Ʊ Ʃʿ ƯƳưʾƫƪƶƭƦƮ.66 Thus Eusebius did not write ƹ̬ưƳƱ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ because it was his natural way to refer to Christians, but because he was, as is so often the case elsewhere in his works, repeating some of vocabulary used by the source that he is discussing or quoting. That ƹ̬ưƳƱ was not a natural way for Eusebius to refer to Christians is confirmed by the very different way he uses the term ƹ̬ưƳƱ elsewhere in his writings. When not quoting from or paraphrasing a written source, as at

––––––––––––– 66 There is a very minor difference between Eusebius’ phrase Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ and the Greek Apologeticum, which reads Ʒ˅ Ʒ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ, but this is hardly significant, and Eusebius’ phrase is actually slightly less like the Testimonium than the Apologeticum’ phrase because it does not include the genitive plural Ʒ̹Ʊ found in both the Testimonium and the Greek Apologeticum.

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h. e. III 33,2, Eusebius uses the term ƹ̬ưƳƱ for groups that he disliked or even hated. In his early work Against Hierocles, which was written against a pagan proponent of Philostratus’ Vita Apollonii Tyanae, Eusebius sarcastically remarks that the Brahman philosophers whom Philostratus admired must have done their own spinning and weaving because no „female tribe“ (ƨƸƱƦƮƯƪ̝ƳƱ ƹ̬ưƳƱ) was known to have been introduced among them (Contra Hieroclem 22). In his other works, Eusebius uses ƹ̬ưƳƱ for groups that he disliked even more than the hypothetical female companions of Philostratus’ Brahmans, namely demons and heretics. In these later texts, Eusebius uses the genitive plural in combination with ƹ̬ưƳƱ to characterize a group, as does the Testimonium. In Praeparatio, for example, he characterizes the demons that pagans consider to be divinities as Ʒ˅ ƩƦƮμˆƱƼƱ ƹ̬ưƳƱ (praep. XIII 15,5).67 And in Demonstratio, the same work in which he quotes the Testimonium with its reference to „the ƹ̬ưƳƱ of Christians,“ Eusebius writes of „the whole ƹ̬ưƳƱ of impure demons“ (d. e. IV 9,12), and he claims that demons are shown to be „a vile and an impure ƹ̬ưƳƱ from their delight in shameful and lustful odes sung about them“ (d. e. V, Proem. 7). In later works, too, Eusebius continued to use the word ƹ̬ưƳƱ about the hated demons. In l. C. 16,9 Eusebius asks rhetorically about Christ „who else at any time chased away from the flock of men with an invisible and irresistible hand the mischievous and destructive ƹ̬ưƳƱ of demons, which formerly infected all human nature and performed much chicanery through the action of the idols?“68 And in Vita Constantini Eusebius uses the word ƹ̬ưƳƱ for detested Novatian, Valentinian, Marcionite, Paulinian and Montanist heretics, writing that Constantine „decided that another kind of godless men ought to be eliminated like a poison from humanity. There existed certain corrupt men, under guise of piety, infecting the cities: false prophets, called by the Savior ‚ravening wolves‘ (Matt 7,15), as he prophetically warned … An order to the provincial governors expelled the whole ƹ̬ưƳƱ of such men“ (v. C. III 63,1–3).69 The use of ƹ̬ưƳƱ by Eusebius in such disparaging ways indicates that the Testimonium’s phrase Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ … Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ is more likely to have come from Josephus, who uses ƹ̬ưƳƱ in a more neutral way, than from Eu-

––––––––––––– 67 Mras, Preparatio Evangelica (see n. 12), Vol. 2, 232. 68 Here I am following the English translation of H. A. Drake, In Praise of Constantine,

Berkeley 1975, 122. The Greek text is in I. A. Heikel, Eusebius Werke 1. Über das Leben Constantins. Tricennatsrede an Constantin, GCS, Leipzig 1902, 252. 69 I have partly followed the translation of A. Cameron / S. G. Hall, Life of Constantine, Oxford 1999, 151. The Greek text is in F. Winkelmann, Eusebius Werke. Über das Leben des Kaisers Konstantin, GCS, Berlin 21991, 117. Eusebius commonly uses the plural ƹ̬ưƦ for barbarians and uncivilized peoples (l. C. 7,13; 9,12; v. C. IV 5,1; Comm. Isa. 2,19)

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sebius himself. Josephus, in contrast to Eusebius, several times uses ƹ̬ưƳƱ as a gentilic for religious and ethnic groups that he was not necessarily hostile to, such as Jews (Bell III 354; VII 327) and Taurians (Bell III 366). The use of ƹ̬ưƳƱ by Eusebius for groups that he disliked or despised, and the general lack of ƹ̬ưƳƱ in early Christian literature to refer to Christians lend support to those who have argued that ƹ̬ưƳƱ had negative overtones to many Christians of the second to fourth centuries, and that it is unlikely that they would have chosen to forge a passage characterizing Christians as a ƹ̬ưƳƱ.70 It also suggests that Tertullian’s translator may have chosen to translate the „hoc genus“ of the Latin Apologeticum with the term Ʒ˅ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ and put it into the mouth of Emperor Trajan in order to convey Trajan’s generally cold attitude to Christians (apol. 2,7; h. e. III 33,3; Plinius, Epistulae X 97).71 According to Olson, the Testimonium’s phrase ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ is typical of Eusebius and unknown elsewhere in Josephus’ works, and this is a clear indication that Eusebius forged the Testimonium. Moreover, according to Olson, the Testimonium’s statement that the ƹ̬ưƳƱ of Christians „has not failed to this day“ is not, as some defenders of this part of Testimonium’s authenticity have suggested, an indication that Josephus had hoped that Christianity would die out. Rather, according to Olson, Eusebius wrote ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ to convey „the continuity of the Christian tradition.“72 It is true that ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ and ƪʅƵ ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ are written very commonly by Eusebius, and, although it is rare in his voluminous works, one can even find ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ as in the textus receptus Testimonium, for example in most manuscripts of praep. I 3,10. In contrast, ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ is not in the works of Josephus outside the Testimonium. Josephus usually uses ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ, ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ or μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ to convey the same idea of continuity between past and present as Eusebius typically conveys with ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ. Eusebius sometimes also uses some of the same forms as Josephus, namely ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ or ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ rather than ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ (Contra Hieroclem 35; h. e. I 1,4; II 1,12; III 37,4; VI 20,1; VI 46,5). However, as Carleton Paget has already pointed out, Eusebius does not use ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ or ƪʅƵ ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ or ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ with the simple aorist, as does the Testimo-

––––––––––––– 70 Along similar lines, Justin Martyr pointedly denies that Christians are a barbarous ƹ̬ưƳƱ. Instead, Christians are a ưʾƳƵ (dial. 119), while it is Jews and Samaritans who are a ƹ̬ưƳƱ (1 apol. 53). In contrast to his avoidance of ƹ̬ưƳƱ for Christians, Eusebius readily refers to Christians as a ưʾƳƵ (d. e. I 1,8), a ƨˀƱƳƵ (d. e. III 6,7), and an ɭƭƱƳƵ (h. e. I 4,2; IV 7,1). However, for these terms for Christians, Eusebius had both Biblical sanction (1Pet 2,9–10) and patristic precedents in, respectively, Justin Martyr (dial. 119), Martyrdom of Polycarp 3, and Hippolytus, Commentarium in Danielem IV 9,2–3. 71 Possibly related is the fact that the earliest extant pagan literary author to use the Latin word „genus“ for Christians characterizes them in a hostile way (Suetonius, De Vita Caesarum. Nero 6,16). 72 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 312.

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nium.73 Rather, Eusebius almost always uses the simple present tense, present participle or present infinitive with these phrases.74 A few times he uses forms of the perfect (Contra Hieroclem 40; praep. III 4,3), and at least once he uses the imperfect (h. e. V 12,1) and at least once the future (praep. I 5,13). Also, Eusebius does not use a negated verb with ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ. And it is the unusual combination of the aorist and the negative (ƳʡƯ ɩ™ƪư˄™ƪ) with ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ, not ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ by itself that has caused some to argue that the Testimonium connotes Josephus’ unenthusiastic attitude about the continued existence of Christians. The use of the negative aorist does cast some doubt on Olson’s claim that the sentence is necessarily intended to convey the message of „the continuity of Christianity.“ A message of continuity is certainly more clearly conveyed by combining ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ with a positive present tense than with a negative aorist. Carleton Paget has also pointed out that Josephus, like Eusebius, almost always uses phrases like ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ or μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ with forms of the present tense. There is, however, at least one case of μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ combined with a simple aorist in Josephus’ works (Ant VII 387), one case of μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ with an aorist participle (Ant IV 185), and one ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ with an aorist infinitive (Ant VIII 281). As in Eusebius’ works, Josephus’ phrases meaning ‚until now‘ are not used with a negative so there is no easy way to assess what the Testimonium’s ƳʡƯ ɩ™ƪư˄™ƪ combined with a phrase meaning ‚up until now‘ connotes. However, the one clear case of a simple aorist with μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ in Antiquitates is consistent with the hypothesis that Josephus combines a simple aorist with „until now“ to connote a wish to the contrary by the speaker. Josephus has David tell Solomon on his deathbed to avenge Joab’s crimes because Joab, „until now has escaped punishment (μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ ƷˁƱ Ʃ˄ƯƬƱ ƩƮˀƹƸƨƪ)“ (Ant VII 387). In the context of the speech it is clear that David wishes Joab had not escaped punishment. Perhaps then this does lend support to the hypothesis that Josephus was less than enthusiastic about the fact that the ƹ̬ưƳƱ of Christians had not died out. As for the expression ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ being the tell-tale hand of Eusebius’ forgery of the Testimonium, other readings in the direct and indirect traditions suggest otherwise. The two oldest manuscripts containing Book XVIII of Antiquitates, A and W, read ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ instead of ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ.75 And when one

––––––––––––– 73 Carleton Paget, Josephus (see n. 1), 578. At least once, however, Eusebius uses an aorist participle with ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ for those Jews who even now have come to believe in Christ ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ ɩƲ ʍƳƸƩƦ˄ƼƱ ƪʅƵ Ʒ˅ ƝƴƮƶƷ˅Ʊ ™ƮƶƷƪˈƶƦƱƷƦƵ, d. e. II 3,47. 74 Although the expression ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ with the present is common in Eusebius’ works, it is not particularly unique to Eusebius: see Clement of Alexandria (Protreptikos I 7,4; 9,5; II 20,1), and Sozomen (h. e. II 4,2). 75 B. Niese, Flavii Iosephi Opera, 7 Vols., Berlin 1890, Vol. 4, 152.

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examines the quotations of the Testimonium by several relatively early sources that are known to have used Josephus’ works directly rather than quote the Testimonium through the medium of Eusebius’ works one also finds a striking common absence of ɭƷƮ. For example, we find in Isidore of Pelusium’s letters ƪʅƵ Ʃʿ Ʒ˅ Ʊ̬Ʊ without an ɭƷƮ (Epistolae 1259). Writing in the early fifth century, Isidore certainly knew Josephus’ Antiquitates first hand rather than through Eusebius, because he cites passages from it that were not cited by Eusebius.76 In Excerpta de virtutibus et vitiis, a tenth century compendium of extracts from Greek historians made by the scholarly circle of the Emperor Constantine VII Porphyrogenitus (913–959) we find a Testimonium reading ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ and lacking an ɭƷƮ, as in the manuscripts of A and W. The evidence of the Excerpta is particularly important because there is no doubt that they were taken from Josephus’ works rather than Eusebius’ works.77 In addition to A, W, and the Excerpta, ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ also independently appears in the Greek translation of Jerome’s De viris illustribus. This latter work, which was dubiously ascribed to an associate of Jerome’s named Sophronius (vir. ill. 134), originated in a western Greek-speaking community, most likely southern Italy, between the fifth and ninth centuries.78 Its Greek translator did not retranslate Jerome’s Latin version of the Testimonium into Greek; rather he simply inserted the textus receptus Greek Testimonium into Jerome’s biography of Josephus. Scholars have concluded that this textus receptus Testimonium was almost certainly taken directly from Antiquitates rather than Eusebius’ works.79 The tenth century Suda lexicon is known to have used the Greek De viris illustribus,80 so it is hardly surprising that it also reads ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ. Nevertheless, its reading confirms that the ƪʅƵ Ʒƪ

––––––––––––– 76 Isidore cites Ant I 24 (Ep 3,19), Ant VIII 186 (Ep 2,66) and Ant XVIII 136 (Ep 4,96), where the letters are numbered according to Migne’s edition. For the Greek, I am following the recent critical edition of P. Evieux, who has renumbered the letters. Isidore de Peluse. Lettres, SC 422, Paris 1997, Vol. 1, 258. According to Evieux’s apparatus, one inferior manuscript reads ʉƩƪ ƷƳ˄ƱƸƱ. Nevertheless, even this corrupt reading illustrates the point that ɭƷƮ is often missing in the Testimonia transmitted at an early date directly from Antiquitates rather than from Historia Ecclesiastica. 77 H. Schreckenberg notes of the Excerpta that because the manuscripts from which they were taken are older than the extant manuscripts of Josephus’ works, they occasionally offer what is probably the original wording (Die Flavius-Josephus-Tradition in Antike und Mittelalter, Leiden 1972, 125–127). 78 That it is a western Greek work is indicated by its reference to Greece as being in the east. For its dating between the fifth and ninth centuries see O. Gebhardt, Der sogenannte Sophronius, in: Hieronymus liber de viris illustribus, TU 14.1, Leipzig 1896, vii–xii, x n. 2. 79 Rather than copy Eusebius’ original Greek, it literally retranslates Jerome’s other quotations taken from the first half of Historia Ecclesiastica. Gebhardt, Sophronius (see n. 78), xii–xiii. 80 Gebhardt, Sophronius (see n. 78), vii n. 4.

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Ʊ̬Ʊ of the Greek De viris illustribus is not merely a case of random variation.81 Finally, among the other Greek texts that quote the final sentence of the Testimonium without ɭƷƮ is Oecumenius’ Commentarium in Apocalypsim, believed to date to the late sixth or early seventh century. His Testimonium reads ƪʅ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ.82 Of course a sigma could easily have been left off the ƪʅ, which would increase the independent indirect witnesses to the reading ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ from two to three. Like Isidore of Pelusium and the authors of the Greek De viris illustribus and the Excerpta, Oecumenius knew Antiquitates first hand; he did not know it simply through Eusebius’ works, for he cites Ant IV 126–140, a part that Eusebius ignored.83 So we have at least four independent indirect witnesses who directly used Antiquitates, Isidore, the Excerpta, the Greek De viris illustribus, and Oecumenius, indicating that the Testimonium originally lacked an ɭƷƮ. But is ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ any more typical of Josephus than ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ? In fact, the unusual combination ƪʅƵ Ʊ̬Ʊ to mean ‚until now‘ appears twice in Book XVIII of Antiquitates, the book where the Testimonium appears. Once it is used in association with an aorist participle (Ant XVIII 345), even though an aorist verb form is rarely combined with phrases like ‚until now‘ in Josephus’ works, and once ƪʅƵ Ʊ̬Ʊ is combined with a perfect participle (Ant XVIII 266). This adds plausibility to the hypothesis of an original reading without ɭƷƮ. In contrast, in the indirect as well as direct traditions of Eusebius’ works, an ɭƷƮ consistently appears, although there is variation regarding the presence of Ʒƪ or ƯƦ˄. Demonstratio reads ʚƭƪƱ ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ, without a Ʒƪ or ƯƦ˄, while Historia Ecclesiastica matches the textus receptus’ ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ. The ninth century chronicler George Harmartolus, who clearly took his quotation of the Testimonium from Historia Ecclesiastica rather than from Josephus’ works directly, writes ƪʅƵ ɭƷƮ ƯƦ˃ Ʊ̬Ʊ.84

––––––––––––– 81 Ada Adler, Suidae Lexicon, 4 Vols., München 2004, Vol. 2, 655. 82 H. C. Hoskier, A Complete Commentary of Oecumenius on the Apocalypse, Ann Ar-

bor 1928, 88 n. 11–12. Hoskier found this ƪʅ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ so surprising that he inserted the textus receptus ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ into the body of his text, but emphasized in a footnote that the manuscript itself reads ƪʅ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ. Two manuscripts of Oecumenius’ commentary leave off this final sentence of the Testimonium altogether. Other sources also occasionally leave off the last sentence of the Testimonium, perhaps in part because it is more about Christians than about Jesus. 83 Hoskier, Oecumenius (see n. 82), 53. 84 This is shown by the fact that George quotes Josephus’ passage on John the Baptist immediately before the Testimonium, as in Historia Ecclesiastica; that he repeats verbatim Eusebius’ phrase immediately after quoting the Testimonium ƷƦ̬ƷƦ ɩƲ ɰƧƴƦ˄ƼƱ ƶƸƨƨƴƦƹˀƼƵ əƼˀƯƦƭƪƱ, and that he quotes the John the Baptist passage in a form closer to Historia Ecclesiastica. C. de Boor, Georgius Monachus, 2 Vols., Leipzig 1904, Vol. 1, 324f.

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How might we explain why the Eusebian tradition consistently transmits an ɭƷƮ, while the Josephan tradition does not consistently transmit an ɭƷƮ? It is entirely possible that either Eusebius himself, or his copyists, unconsciously or consciously added an ɭƷƮ when copying Josephus’ original Testimonium into Historia Ecclesiastica and Demonstratio Evangelica. Presumably this was done because combining ɭƷƮ with Ʊ̬Ʊ, particularly in the form ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ, was Eusebius’ usual way of expressing himself, while combining ƪʅƵ with Ʒƪ Ʊ̬Ʊ or with just Ʊ̬Ʊ without an ɭƷƮ was an unusual way for Eusebius to express the idea of ‚until now‘. In fact, we do have evidence elsewhere that either Eusebius himself or his copyists unconsciously or consciously rephrased Josephus’ own way of saying ‚until now‘ with Eusebius’ preferred ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ. In Onomasticon 140,13 Eusebius writes that, according to Josephus, Haran’s grave is still shown at Ur: Ƴʨ ƯƦ˃ ʖ ƷʾƹƳƵ ƪʅƵ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ Ʃƪ˄ƯƱƸƷƦƮ, while Josephus himself writes ƯƦ˃ ƷʾƹƳƵ ƦʡƷƳ̬ μˀƺƴƮ Ʊ̬Ʊ Ʃƪ˄ƯƱƸƷƦƮ (Ant I 151).85 If Eusebius or his copyists changed an ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ into an ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ this would suggest that many extant manuscripts of Antiquitates read ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ rather than ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ because they have been contaminated by the reading of the Testimonium from Historia Ecclesiastica.86 In any case, there is so much minor variation in this particular phrase in the direct and indirect traditions that it would be rash to a base a case for forgery on one particular variant. Copyists may have added or dropped an ɭƷƮ or ƪʅƵ unconsciously or consciously depending on stylistic preferences. Since the variants in this particular phrase have generally assumed to be of little relevance, there is some doubt that all the variants in the phrase have been accurately noted. A re-examination of manuscript evidence of the various direct and indirect traditions might turn up more variants, which might tell us more

––––––––––––– George’s citations of Antiquitates are often made through Eusebius’ works. Schreckenberg, Flavius-Josephus-Tradition (see n. 77), 118–120. 85 Edition consulted is E. Klostermann, Eusebius Werke. Das Onomasticon, GCS, Leipzig 1904. 86 There are perhaps other grounds for suspecting that the Testimonium in some manuscripts of Antiquitates has been contaminated by the textus receptus Testimonium from Historia Ecclesiastica. The Testimonium of Historia Ecclesiastica was even more widely circulated by later Greek writers than the Testimonium of Antiquitates, which may have elevated its received status above that of the original itself, causing copyists to correct the former against the latter. Those writers who most likely quote or paraphrase a Testimonium derived from Historia Ecclesiastica rather than from Antiquitates include Jerome, Sozomen, the author of Acta S. Donati et sociorum, Malalas, George Harmartolus, Cedrenus, Agapius, and Michael the Syrian. In contrast, those writers who certainly or probably took a Testimonium directly from Antiquitates rather than from Historia Ecclesiastica are Pseudo-Hegesippus, Isidore of Pelusium, the author of the Greek De viris illustribus, Oecumenius, and Constantine VII Porphyrogenitus. Schreckenberg, Flavius-Josephus-Tradition (see n. 77), 104.118. 134.152; Whealey, Josephus (see n. 2), 30–32.36–40.

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about their genesis.87 However, at this stage, it appears that the variants in the indirect tradition that include ɭƷƮ are more typical of Testimonia transmitted through Eusebius’ works rather than through Josephus’ own works, while those lacking ɭƷƮ are more often found in the few relatively early commentators who are known to have used Antiquitates directly.88 To sum up, there is only one word in the Testimonium that is clearly more Eusebian than Josephan, and this is the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ used to mean „doer“ or „performer“. While ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ is indeed more typical of Eusebius than Josephus, it is far from clear that ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ was the original reading of the Testimonium as there is also good evidence for ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ. At this preliminary stage it appears that several expressions in the Testimonium appear to be either somewhat more or considerably more typical of Josephus than Eusebius: a free standing ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴˆƱƳƱ, ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ, ɶƩƳƱ̐ ... ƩƪƺƳμˀƱƼƱ, ™ƳưưƳˇƵ μʿƱ ... ™ƳưưƳˇƵ Ʃˀ, Ʒ˅ ́ƋưưƬƱƮƯˆƱ to mean a Greek population, ɩ™ƮƷƮμʾƼ with dative of punishment, ɭƱƩƪƮƲƮƵ to mean legal sentence, Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ, ƹ̬ưƳƱ plus a genitive used neutrally, and a simple aorist with an expression meaning ‚until now‘. A closer study of Eusebius’ works might alter this conclusion. Moreover, Eusebius’ use of such words as ɩ™ƮƷƮμʾƼ, ɩƱƩƪ˄ƲƮƵ, əƨƦ™ʾƼ or ™ƦˈƳμƦƮ has suggested that some distinctions made between the language of the Testimonium and that of other passages in Josephus’ works have been exaggerated; for Eusebius’ usage regarding these words arguably resembles even less the usage of the Testimonium than Josephus’ usage. Not surprisingly, several words and expressions in the

––––––––––––– 87 The Testimonium interpolated into the Codex Vossius of Bellum, also reads ƪʅƵ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ rather than ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ. On this point, and the lack of a Ʒƪ after ƷƦ̬ƷƦ, it seems to resemble most the Testimonium of Codex W (R. Eisler, Əƍƙƕƛƙ ƉƈƙƏƑƋƛƙ ƕƛ ƉƈƙƏƑƋƛƙƈƙ, 2 Vols., Heidelberg 1929, Vol. 1, Plate 17; 86 n. 9). 88 Another variant of the Testimonium apparently containing ɭƷƮ that used Eusebius rather than Josephus is the possibly fifth century Acta S. Donati et sociorum. The author must have used Historia Ecclesiastica because he cites the fact that Josephus’ works were kept in the public library (Acta S. Donati 3,1; Acta Sanctorum Maii V, Venice 1741, 150), information that derives from Eusebius rather than from Josephus (h. e. III 9,3). Also, part of the Acta’s concluding remark after quoting the Testimonium, ƷƦ̬ƷƦ ƳʧƱ ƷƳ̬ Ʒ̹Ʊ ɰƧƴƦ˄ƼƱ ƨƴƦμμƦƷˀƼƵ, is based on h. e. I 11,9. This martyrology’s very old printed text reads ƳʡƯ ɭƷƮ Ʊ̬Ʊ Ʒ˅ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ... ƳʡƯ ɩ™ƪư˄™ƪ ƹ̬ưƳƱ, but the manuscript, which may read something other than the unusual reduplicated ƳʡƯ, should be reexamined. One aspect of this text that probably indicates its relative antiquity is that it follows Eusebius in using the Testimonium for anti-pagan rather than for anti-Jewish apologetics. The author has a martyr quote the Testimonium to convince the Emperor Diocletian that Jesus is „true God“. In contrast, in an earlier part of the text where Donatus is portrayed as disputing with Jews only the biblical figure of Elisha, not Josephus, is cited as authoritative (Acta S. Donati 1,3–4.146–147). On the fact that Eusebius and some other early writers cited the Testimonium for anti-pagan rather than anti-Jewish apologetics, as often assumed, see Whealey, Josephus (see n. 2), 20–29.

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Testimonium are typical of both Josephus and Eusebius: ƷəưƬƭ̏, Ʒ̹Ʊ ƭƪ˄ƼƱ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ and ɝưưƦ μƸƴ˄Ʀ, for example. And there appears to be no exact parallel for some expressions in the Testimonium in either the works of Josephus or Eusebius, such as ƨ˄ƱƪƷƦƮ as it seems to be used in the Testimonium, or a negative aorist combined with an expression meaning ‚until now‘. But these sorts of possibly idiosyncratic expressions might be expected of any ancient text. Olson’s general approach to Eusebius, exemplified by his argument that „it is perhaps incredible that Josephus should have written a passage so useful to Eusebius’ apologetics“89 founders on a logical fallacy. Eusebius quotes verbatim many different sources throughout his works, and he very often tries to use them in some sort of apologetic way. The attempt to use texts apologetically does not indicate that the texts were forged. Eusebius quotes numerous passages of Plato in Books XI–XIV of Praeparatio Evangelica in order to illustrate Christianity’s similarity to Platonic ideas, but no scholar would argue that Eusebius created these passages of Plato ex nihilo simply because he tried to use them apologetically. Some modern commentators have been so irritated by Eusebius’ very unmodern apologetic approach to Constantine and other emperors that they charged Eusebius with forging the official documents quoted in Historia Ecclesiastica and Vita Constantini. But then part of the official document quoted at v. C. II 24–42 turned up in an early fourth century papyrus manuscript.90 And part of an official document quoted at h. e. IX 7,3–14 turned up on an inscription in Asia Minor.91 Clearly, Eusebius was not in the habit of simply forging ex nihilo every source of a sensitive nature that he quoted to support his apologetic interests. In sum, the stylistic evidence, his overall track record of neither simply inventing sources out of whole cloth nor substantially rewriting them, and the fact that the Testimonium was such an awkward vehicle for the quite modest apologetic uses that he put it to, make it very doubtful that Eusebius either totally rewrote or forged the Testimonium ex nihilo. Of course, as is the case with many ancient texts, there are significant variants in some of the many texts that Eusebius quotes when compared to both their direct and indirect transmissions, and there is evidence that a few words were altered in some of them.92 It is hardly credible that the two significantly

––––––––––––– 89 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 309. 90 On post-Enlightenment hostility to Eusebius’ political views, the related charge of for-

gery, and the Papyrus Londiniensis 878 see Cameron / Hall, Life (see n. 69), 16–19. 91 S. Mitchell, Maximinus and the Christians in A. D. 312, JRS 78, 1988, 105–124. 92 A detailed analysis of Eusebius’ citations of Josephus and other non-Biblical Jewish authors, particularly in Praeparatio and Demonstratio, including the extent to which he may have altered quotations, is made by Inowlocki, Eusebius (see n. 31), 48–57.153–156.206–

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different readings of the Testimonium that we have textual evidence for, namely „he was the Christ“ and „he was thought to be the Christ“ could be the result of anything but a deliberate alteration at some point, unless perhaps they derive from two different editions of either Antiquitates or Historia Ecclesiastica.93 However, although the semantic difference between these two variants is very significant, the number of words actually altered is still few.94 This is a reason to keep proposed emendations to the Testimonium at a mini-

––––––––––––– 220, passim. Inowlocki rejects Olson’s thesis that Eusebius fabricated the Testimonium on the grounds that outright fabrication does not match Eusebius’ known practice regarding other passages of Josephus. It is significant that Inowlocki can conclude this even though she treats almost every significant variant in Eusebius’ quotations as a case of deliberate change made by Eusebius himself rather than a case of deliberate change or error on the part of later copyists. In the case of the significant variants that she discusses in Demonstratio in particular, this approach seems too maximalist, since this work is poorly represented by manuscript witnesses: All copies derive from a single, incomplete twelfth century exemplar. Moreover, as already pointed out (see n. 30.31), the most semantically unusual variant of Demonstratio’s Testimonium, the word ƶƪƧƳμˀƱƼƱ, is contradicted by the much older manuscript of the Syriac Theophania, which agrees with the textus receptus Testimonium in reading „receive with pleasure“. This is all the more significant in that it was either Eusebius himself or his own scribes who inserted the entire passage d. e. III 5,87–109, which happens to contain the Testimonium, into Theophania 5,39–45 without significant revision. Greßmann, Demonstratio (= Theophanie, see n. 29), 246–251. This wholesale recycling of d. e. III 5,87–109 does not readily support Inowlocki’s argument that ƶƪƧƳμˀƱƼƱ was deliberately altered by Eusebius because it illustrated his point „that both Greeks and Jews followed Jesus“ (ibd., 211). For Theophania 5,44–45 repeats the exact same argument about Jesus attracting both many Greeks and many Jews as does d. e. III 5,105–108, yet its Testimonium lacks ƶƪƧƳμˀƱƼƱ. 93 The idea of two editions of Antiquitates is speculative; that there were two editions of Eusebius’ Historia Ecclesiastica seems more certain. E. Schwartz, Eusebius Werke 2. Kirchengeschichte, 3 Vols., GCS, Leipzig 1909, Vol. 3, lxi–cxlvii. 94 The same can be asserted of the difference between Ant XIX 343–351 and most manuscripts of h. e. II 10,3–9. In the latter, Josephus’ reference to an owl involved in an obscure earlier incident at Ant XVIII 200 that is not reported elsewhere by Eusebius is eliminated. Although the semantic difference is significant, the number of words altered relative to the size of the quoted passage is small: five words, Ʒ˅Ʊ ƧƳƸƧ̹ƱƦ and ɩ™˃ ƷƳ̬ ƶƺƳƮƱ˄ƳƸ ƷƮƱˆƵ, have been removed. The alteration is concentrated in one small section of the whole passage. As in the case of conjectured alterations in the Testimonium, there is no clear evidence that this alteration was made by Eusebius himself rather than a copyist. Eusebius himself alludes to dispute over the discrepancy between Josephus’ use of the name Agrippa compared to Acts 12,21, where the same king is named Herod (h. e. II 10,10), but not to dispute about whether an owl as an ɝƨƨƪưƳƵ or an ɝƨƨƪưƳƵ itself appeared to the king. Notably, manuscripts of Antiquitates show no change of the name Agrippa to Herod nor elimination of the reference to the owl. Moreover, at least two manuscripts of Historia Ecclesiastica from the family that Schwartz considered to be the older contain the reference to the owl, although he assumed that they must have been corrected against manuscripts of Antiquitates, rather than that they reflect an older version of Historia Ecclesiastica (Schwartz, Kirchengeschichte [see n. 93], Vol. 3, clxxxi).

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mum, relying on textual evidence rather than conjecture or a priori assumptions about what Josephus’ attitude towards Jesus must have been. Olson’s arguments about Josephus’ passage about James the brother of Jesus (Ant XX 200) are considerably weaker than some of his arguments about the Testimonium. Citing Origen’s misattribution to Josephus of the opinion that Jerusalem was destroyed because of the murder of James (Cels. 1,47), and Eusebius’ repetition of this misattribution (h. e. II 23,20), Olson reiterates Emil Schürer’s claim that Origen knew a passage about James in Antiquitates „completely different“ from that in our extant copies, and he cites with approval the language of another commentator who writes that Eusebius „manufactured“ the missing passage of Josephus, as if Eusebius’ repetition of Origen’s misrepresentation were a case of deliberate deception rather than simple error. Then Olson adds his own speculative claim that „different interpolations circulated in the texts of Josephus“ on the grounds that the seventh century Chronicon Paschale cites Josephus as writing in the fifth book of the Halosis („siege“) that James was thrown from the temple.95 Here Olson dubiously assumes that the Chronicon Paschale used Josephus’ works directly for this passage, which is highly unlikely.96 The Chronicon Paschale, like many later Greek chronicles, is dependent here on Eusebius’ Historia Ecclesiastica rather than on Antiquitates, and its author or a copyist97 has almost certainly mistaken Josephus for Hegesippus. It is Hegesippus, as quoted by Eusebius, who relates that James was thrown from the temple (h. e. II 23,12; II 23,14–15) in the fifth book (h. e. II 23,3) of his work treating the siege of Jerusalem (h. e. II 23,5). Confusion between Hegesippus and Josephus, presumably because of the orthographic similarity of the names and the fact that both wrote about the death of James and the siege of Jerusalem, is also known in the early medieval Latin tradition.98 We can see how the attribution of Hegesippus’ account to Josephus would have arisen by looking at another later chronicler who excerpted Eusebius’ Historia Ecclesiastica for an account of James’ death, rather than look independently in Josephus’ works. George Harmartolus paraphrases Hegesippus’ account of James’ death, taken from Historia Ecclesiastica (h. e. II 23,4–18), but does not attrib––––––––––––– 95 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 318. 96 Schreckenberg, Flavius-Josephus-Tradition (see n. 77), 106. Other treatments of first

century events that the Chronicon Paschale attributes to Josephus but that are dependent on one of Eusebius’ works, namely his Chronicon, are PG 92,579 and PG 92,593. 97 According to Migne, one manuscript of the Chronicon Paschale is missing this passage about James (PG 92,596 n. 42). 98 Pseudo-Hegesippus’ late antique Latin adaptation of Bellum known as De excidio Hierosolymitano was misascribed to Hegesippus probably in part because, like Hegesippus’ work, it was written in five books and treated the conquest of Jerusalem. Whealey, Josephus (see n. 2), 30–31.49 n. 61.

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ute it to Hegesippus. Instead, he concludes this paraphrase of Hegesippus with, „for Josephus says that these things happened to the Jews for their punishing James the Just …“ (PG 110,444–445). Because Hegesippus is never named by George but Josephus is, it would be natural for a chronicler who used George to infer that the preceding paraphrase of Hegesippus should be attributed to Josephus. In fact, Cedrenus, who clearly used George’s chronicle for this passage, mimics his approach exactly by paraphrasing Hegesippus without attribution but then concluding with a comment about what Josephus says (PG 121,400–401). Indeed, Cedrenus may well have thought that the Hegesippan passage was written by Josephus. In contrast, when one looks at one of the few later writers who, unlike the author of the Chronicon Paschale, George Harmartolus, and Cedrenus, clearly had read Ant XX 199–203 independently of Historia Ecclesiastica, namely Photius, one finds no evidence for the interpolated copy or „completely different“ version of Antiquitates proposed by Olson and other commentators. Photius does not confuse Josephus’ account of James’ death with Hegesippus’ account of James’ death, and he does not repeat Origen’s and Eusebius’ error that Josephus attributed the destruction of Jerusalem to James’ execution (Bibliotheca 238). Olson is indeed correct to point out that Eusebius, especially when paraphrasing rather than quoting Josephus, occasionally misrepresents what Josephus said.99 But from these sorts of errors of Eusebius, Olson jumps to the overstated conclusion that Eusebius had „no qualms about rewriting Josephus“. He even proposes that Eusebius learned that Josephus recorded the

––––––––––––– 99 But the specific examples that Olson cites from Steve Mason are debatable. Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 319; S. Mason, Josephus and the New Testament, Peabody 1992, 16. H. e. II 6,3 is more a general remark about the chaos in Palestine that Josephus describes from the time of Pilate onward than a claim that Josephus made an explicit statement that the misfortunes of the Jews began with the times of Pilate. H. e. III 5,5–6 is not necessarily a claim about the date of the fall of Jerusalem itself; Eusebius has naturally assumed that the Passover of A. D. 70 referred to in Bell VI 421–423 was the time when many Jews were „shut up as in a prison“ Bell VI 428 // h. e. III 5,5. Indeed, it is not perfectly clear whether Bell VI 428 is a reference to the overcrowded conditions of Palestine at Passover in A. D. 70 (Bell VI 421), or to the period right before the fall of Jerusalem. A more clear misrepresentation or misunderstanding of something that Josephus wrote is Eusebius’ erroneous dating in his Chronicon of the voice from the temple (Bell VI 299) to the time of Jesus’ crucifixion. However, this unambiguous chronological error was corrected by Eusebius in his later works (h. e. III 8,1–9; d. e. VIII 2,121; Eclogae propheticae 3,46 PG 22,1189b–d). Although Eusebius found Bell VI 299 more apologetically useful than the Testimonium – judging from the fact that he cites it more often than the Testimonium – and although he makes an erroneous assertion about it in his earliest citation, this passage has not been declared a Christian forgery. Eusebius’ use of this passage of Josephus derived in part from Origen’s Fragmenta in Lamentationes (frg. 109).

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death of James from Origen’s works, deduced that a different James named at Ant XX 200 must be Jesus’ brother, and changed that James to „James the brother of Jesus called the Christ“. Then he hypothesizes that „the version of the passage about James found in our texts of Antiquitates Judaicae, along with the Testimonium was then carried over from the Historia ecclesiastica by Christian scribes who accepted it on Eusebius’ authority“.100 Among the general problems with this hypothesis is that it begs the question why Eusebius or later Christian redactors tampered with the passage in such a limited way, and in a way that contradicted their received traditions about James’ death. If Eusebius could fabricate or rewrite an entire passage in Josephan style, as Olson claims in the case of the Testimonium, why not also fabricate or rewrite a passage about James that fit the received Christian tradition that James died right before Vespasian besieged Jerusalem and insert it into Josephus’ works, rather than insert the words „James the brother of Jesus called the Christ“ into a preexisting passage that places James’ death at the wrong time in A. D. 62? And if Christian scribes carried over from Historia Ecclesiastica into Antiquitates the passage about James, why did they also not carry over into manuscripts of Antiquitates Eusebius’ claim, which fit their assumptions, and which so many later Christians continued to repeat, that Josephus attributed the fall of Jerusalem to the murder of James? Moreover, it is a logical fallacy to jump from the fact that Eusebius occasionally misrepresented what Josephus said through paraphrase or occasionally failing to indicate exactly where quotations begin, or through uncritical repetition of Origen’s claims, to an accusation of manufacturing or tampering with Ant XX 200 itself or any other passage in the manuscripts of Josephus’ works. This sort of leap in logic is rarely made about other passages in ancient works. There are no grounds for concluding that a passage in ancient literature that has been inaccurately cited or misrepresented by some later writer or secondary source – and there are many such inaccurate citations and misrepresentations of ancient writers – is necessarily a fabrication.101 There are other cases besides h. e. II 23,20 where Eusebius fails to carefully distinguish when the actual quotation of Josephus’ words begins, leaving the impression that he ––––––––––––– 100 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 319. 101 Christians such as Eusebius and Origen were not the only ancient authors who occa-

sionally made erroneous or confused claims about Josephus’ works. Porphyry, for example, claims that Josephus wrote about the three Jewish sects in Contra Apionem (De abstinentia 4,11), but in fact Josephus does not explicitly write about the three sects in this particular work. Porphyry’s error has not led to serious claims that „entirely different“ versions of Contra Apionem were circulating in antiquity, or that Porphyry’s quotations from Bell II 119–133; II 137–144, which follow right after his erroneous claim about Josephus’ treatment of the three sects in Contra Apionem, must have been interpolated into Bellum from his De abstinentia.

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has attributed words to Josephus that Josephus did not say, such as at d. e. VI 18,36. And there are other cases where Eusebius attributes to Josephus something not actually in Josephus’ works on the basis of Origen’s claims. In Chronicon 175,11–25 and d. e. VIII 2,122, Eusebius claims that according to Josephus, Pilate brought images of the emperor into the temple, following Origen’s claim that historians of Tiberius’ time said that Pilate brought images of the emperor into the temple (Comm. Matt. 17,24–25). In fact, Josephus mentions that Pilate attempted to bring images of the emperor into Jerusalem, but not into the temple (Bell II 169; Ant XVIII 55). 102 Few, if any, commentators have concluded that the entire passages Bell II 169–174 or Ant XVIII 55–59 were fabricated by Eusebius, or that „completely different“ or interpolated versions of Bell II 169–174 or Ant XVIII 55–59 were circulating in antiquity because of Eusebius’ erroneous claim.103 Olson’s arguments about how post-biblical Christians such as Hegesippus, Origen and Eusebius referred to James are perhaps his weakest argument about Ant XX 200. As has been pointed out by many, Josephus’ precise wording, „James the brother of Jesus the so-called Christ,“ is unknown in early Christian texts. Most commentators have pointed out that ƷƳ̬ ưƪƨƳμˀƱƳƸ ƝƴƮƶƷƳ̬ indicates a certain distance from the Christian insistence that Jesus is the Messiah. Olson misses this because he ignores the contexts of Matt 1,16, Matt 27,17, and John 4,25, which he cites as counterexamples. In these passages, the term ʖ ưƪƨˆμƪƱƳƵ ƝƴƮƶƷˆƵ also implies distance: It is used to introduce readers to Jesus for the first time; it is put in the mouth of the nonChristian Pilate; or it is used to clarify to Greek readers that Messiah means Christ. Olson also ignores the context of Justin Martyr’s 1 apol. 30, also cited as a counterexample, where Justin imagines the objection of a hypothetical skeptic who distances himself from Christian beliefs by characterizing them as no more than what Christians say about Jesus, „what if he whom we call Christ, being a man born of men, performed what we call his mighty works by magical art, and by this appeared to be Son of God.“ While Josephus’ way of distancing himself from the Christian belief that Jesus is the Messiah in Ant XX 200 has often been discussed, most commentators, including Olson, have ignored the fact that Josephus, unlike a presumed Christian forger, singularly fails to distance himself from the idea that Jesus had a biological brother. Olson cites the fact that Paul and Luke referred to Jesus’ brothers in various ways as evidence that Christians referred to Jesus’ brothers in „no one canonical way“. Of course New Testament writers ––––––––––––– 102 By quoting Bell II 169–170 literally at h. e. II 6,4 rather than paraphrasing, as earlier in Demonstratio and Chronicon, Eusebius eventually corrected this error. 103 As can be ascertained from L. Feldman, Josephus and Modern Scholarship, Berlin 1984, 316–317.

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could refer to Jesus having brothers. Paul, writing thirty to forty years before Josephus, was personally acquainted with Jesus’ brothers, so he certainly knew that Jesus had biological brothers, although he uses a more reverential expression than Josephus, namely „brother(s) of the Lord“ (1Cor 9,5; Gal 1,19). The gospel writers, who were contemporaries of Josephus, could, like Josephus, refer to Jesus’ brothers without qualification. But by the midsecond century both proto-orthodox and non-orthodox Christians were distancing themselves, sometimes quite dramatically, from the idea that Jesus had even had half brothers. The Protevangelium of James and the Gospel of Peter were composed in this period, and both insist that Jesus’ New Testament brothers were only step brothers so they can promote or preserve the idea that Mary was a perpetual virgin without contradicting Luke 2,7 that Jesus was her first-born. The Protevangelium’s influence on early Christian ideas about Mary and Jesus’ brothers was very strong, even though it was never canonized.104 Hegesippus, writing in the second half of the second century, was concerned to pass on traditional information about Jesus’ relatives rather than ignore them like most of his Christian contemporaries. Yet even he refers to Jesus’ brothers in a circumspect way. He calls James either „the brother of the Lord,“ (apud h. e. II 23,4) which, as a biblical expression (Gal 1,19), was theologically safe, or he calls him James the Just (apud h. e. II 23,16) or simply James. About Judas, another one of Jesus’ brothers, Hegesippus writes that he is „said to have been his brother according to flesh“ (apud h. e. III 20,1). There is some indication that Hegesippus thought that James was Jesus’ paternal cousin rather than even a half brother, which would explain his circumspect language. For he writes, „after James the Just was martyred like the Lord for the same reason, again a son from his uncle, Symeon son of Clopas (™ʾưƮƱ ʖ ɩƯ ƭƪ˄ƳƸ ƦʡƷƳ̬ ƙƸμƪˉƱ ʖ ƷƳ̬ ƐưƼ™̀) was seated as bishop, whom all proposed to be second [bishop], being a cousin of the Lord“ (apud h. e. IV 22,4).105 From h. e. III 11,1 it is evident that Hegesippus thought that Clopas was the brother of Joseph rather than Mary. Clement of Alexandria, who used Hegesippus’ account of James’ death for his own work Hypotyposeis, follows Hegesippus in only using the Biblically-sanctioned

––––––––––––– 104 By the second half of the fourth century, the idea that Jesus’ brothers were half brothers rather than step brothers was classified as heretical by Epiphanius (Panarion VII 58,1–23) in the East, while in the West Jerome insisted in Contra Helvidium that Jesus’ New Testament brothers were not even step brothers but rather maternal cousins, a view that prevailed in the Western church. Only in the last two hundred years have some Protestants moved towards the view that Jesus’ New Testament brothers must be at least half brothers. 105 H. e. VI 22,4 could even be translated as „whom all proposed as being another cousin of the Lord“.

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„brother of the Lord,“ James the Just, or just James (apud h. e. II 1,3–5). Furthermore, the fact that Clement disputes those who thought that Mary had ever been in a „in birthing state,“ and that he approves of the tradition that she was found a virgin even after giving birth, a tradition that ultimately derives from the Protev 19,19–20,2, is an indication that his attitude towards Jesus’ family, like that of many of his Christian contemporaries and unlike that of Josephus, was more pious than naturalistic (Stromata VII 16). Hippolytus of Rome, writing in the early third century, explicitly says that Jesus’ brothers are not biological brothers, claiming, „those who, according to the flesh, were considered his brothers, the Savior did not recognize, because they were not truly brothers. They were born of the seed of Joseph, but he was born of a virgin and the Holy Spirit“ (De benedictione Moisis 10).106 Hippolytus’ distinction between Jesus being born of a virgin and his brothers being born of the seed of Joseph, but apparently not of a virgin, suggests that he has probably been influenced by the idea of Mary’s perpetual virginity. Origen, the first Christian to cite Josephus’ passage on James, clearly felt the need to assure even Contra Celsum’s target readership of lapsed Christians and pagans when citing this passage that James was called „the Lord’s brother, not referring so much to their blood relationship or common upbringing as to morality and understanding“ (Cels. 1,47). In his Commentarium in Matthaeum, right before citing Josephus’ passage on James, Origen explicitly endorses for his Christian readers the idea that Mary was a perpetual virgin, and that Jesus’ New Testament brothers are only step brothers (Comm. Matt. 10,17). Eusebius, whom Olson accuses of fabricating the reference to James at Ant XX 200, may not have openly endorsed the idea of Mary’s perpetual virginity, but he too calls him simply James, James the Just, or the biblicallysanctioned „brother of the Lord“ (h. e. II 23,1; d. e. III 5,64; passim). In almost every other instance in his voluminous works Eusebius distances himself from the idea that James and the other brothers of Jesus were actual brothers through his language. Olson has obscured Eusebius’ own reluctance to openly affirm that Jesus had brothers by truncating citations from Historia Ecclesiastica. For example, at h. e. III 32,5 Eusebius, not Hegesippus as Olson incorrectly claims,107 writes „one of the so-called brothers (Ʒ̹Ʊ ƹƪƴƳμˀƱƼƱ əƩƪưƹ̹Ʊ) of the Savior named Judas“, and at h. e. VII 19,1, cited in truncated form by Olson, he writes of James „whom the divine scriptures call the brother of Christ“ (ʚƱ ƯƦ˃ əƩƪưƹ˅Ʊ ƷƳ̬ ƝƴƮƶƷƳ̬ ƺƴƬμƦƷ˄ƶƦƮ). Other ex-

––––––––––––– 106 The translation consulted is M. Brière / L. Mariès / B.-C. Mercier, Hippolyte de Rome. Sur les bénédictions d’Isaac, de Jacob et de Moise, PO 27, Paris 1954, 149–151. 107 Olson, Testimonium Flavianum (see n. 3), 317.

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amples of this sort of usage by Eusebius can be adduced: h. e. I 12,5 (Ʒ̹Ʊ ƹƪƴƳßˀƱƼƱ ƷƳ̬ ƶƼƷ̏ƴƳƵ əƩƪưƹ̹Ʊ); h. e. II, Table of contents (̉ƏʾƯƼƧƳƵ ʖ ƷƳ̬ ƯƸƴ˄ƳƸ ƺƴƬßƦƷ˄ƶƦƵ əƩƪưƹˆƵ); h. e. III 7,8 (ƷƳ̬ ƯƸƴ˄ƳƸ ƺƴƬßƦƷ˄ƫƼƱ əƩƪưƹˆƵ); h. e. IV 5,3 (ʖ ƷƳ̬ ƯƸƴ˄ƳƸ ưƪƨˆßƪƱƳƵ əƩƪưƹˆƵ); Comm. Ps. PG 23,737d (ʍʾƯƼƧƳƵ ʖ ƺƴƬßƦƷ˄ƶƦƵ ƦʡƷƳ̬ əƩƪưƹˆƵ); Chronicon (Jacobus, qui et habitus est frater Domini). Even about Jesus’ cousin, whom he believed to be related only to Joseph rather than to Mary, Eusebius writes, „he was, so they say, a cousin of the Savior“ (h. e. III 11,1). And in Commentaria in Psalmos he insinuates that one should not consider Jesus’ brothers to be the sons of Mary (ʮƵ μƬƯˀƷƮ ƷƳˇƵ ™ƴƳưƪƺƭˀƱƷƦƵ ƦʡƷƳ̬ əƩƪưƹƳˇƵ ƸʆƳˇƵ ƪʋƱƦƮ Ʒ̏Ƶ ƒƦƴ˄ƦƵ ɶƨƪ̝ƶƭƦƮ, PG 23,740a), an indirect hint that he may have viewed them as step brothers. 108 The fact that so many Christians of the mid-second to fourth century, including Eusebius, either avoided language, other than the biblicallysanctioned „brothers of the Lord“, that openly affirmed that Jesus had brothers, or explicitly argued that one should not think that Jesus’ New Testament brothers were biological brothers, or, most commonly, maintained silence about the problem of Jesus’ New Testament brothers altogether, shows how improbable is Olson’s assumption that some early Christians felt the pressing need to insert a passage about one of Jesus’ brothers into Josephus’ works anywhere, let alone into a location that was chronologically problematic from the point of view of church tradition. Moreover, as already stressed earlier, no Christian before Eusebius exhibits very extensive knowledge of the later books of Antiquitates. And no Christian writers before Eusebius exhibits much general interest in the workings of Palestinian high politics in the New Testament period such as Josephus writes about in Ant XVIII–XX, and includes in his passage on James. In contrast to the martyrological accounts preserved by second and third century Christians about James’ death,109 Ant XX 197–203 is intensely focused on specific figures from this world of high level politics, such as the high priests Ananus and Jesus the son of Damnaeus,

––––––––––––– 108 This remark is made in the context of Eusebius’ denial that the words „I became … an

alien to the sons of my mother“ of Ps 68,9LXX can refer to Jesus’ brothers, and his affirmation that instead they refer to the unbelieving Jews of synagogue. Eusebius is not explicit why one should not consider Jesus’ brothers to be the sons of Mary. But he is explicit that „the sons of my mother“ cannot refer to Jesus’ brothers because, like the disciples, they belonged to the group of „brothers“ or church members who, though alienated during the Passion, came to believe in Jesus after his resurrection (PG 23,737a–740a). 109 In addition to Hegesippus and Clement of Alexandria, the Gnostic Second Apocalypse of James preserves a martyrological account. This text, like those by more orthodox contemporaries, also avoids portraying James as an actual brother of Jesus, for it calls James’ father Theuda rather than Joseph. Its relative, the First Apocalypse of James, explicitly denies that James is the biological brother of Jesus.

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King Herod Agrippa II, the governors Albinus and Festus, and the emperor. Just who was the Christian forger of Ant XX 200 who, unlike his Christian cohorts, was intimately familiar with the later books of Antiquitates, intensely interested in its portrait of prominent political figures and their machinations, and who had no theological qualms about composing a passage that both distances itself from the idea that Jesus is the Messiah, and affirms without qualification that Jesus had a brother? No known early Christian writers readily fit this profile. In conclusion, only one expression in the Testimonium Flavianum is unambiguously more typical of Eusebius than Josephus, and this is the use of the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean „doer“ or „performer“, as in performer of remarkable deeds. Because Eusebius used Josephus extensively in his works, and quoted the Testimonium three times, it is impossible to be certain whether the term went from Eusebius to the Testimonium by way of fabrication, or went from the Testimonium to Eusebius’ works by way of influence. But since Eusebius almost always uses this expression in connection with Jesus, or in his later works, God, but rarely uses ™ƳƮƬƷ˂Ƶ to mean performer about other figures, the latter case is certainly plausible. It is interesting to observe that the word ™ƳƮƬƷ˂Ƶ meaning performer, unlike other individual words in the Testimonium, has seldom been fingered as an obvious forgery because of supposedly Christian connotations, and the sentence in which it occurs has been less often considered a forgery than three others: ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂, ʖ ƝƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ, and the statement about Jesus appearing alive again to his followers, the prophets having foretold this and myriad other things about him. Reasons for doubting that the Testimonium was fabricated ex nihilo or substantially rewritten by Eusebius have already been illuminated, and no other ancient Christian comes close to being a plausible candidate for forging ex nihilo or substantially rewriting the text. Although there has been some tampering with one part of the Testimonium, the textual evidence from both the direct and indirect traditions suggests that this tampering has been minimal: The change of „thought to be“ to „was“ is by far the most significant change, and must have been made in some texts of Eusebius’ works by the beginning of the fifth century, although not before Jerome’s De viris illustribus dating to A. D. 392, because both the Syriac Theophania, whose manuscript dates to A. D. 411, and Rufinus’ Latin translation of Historia Ecclesiastica, dated ca. A. D. 403, independently read „was the Christ.“ Other changes for which there is some actual textual evidence, the addition of an ɭƷƮ after ƪʅƵ, and the dropping of ƷƮƵ after ʍƬƶƳ̧Ƶ,110 are se-

––––––––––––– 110 This „certain“ appears in one manuscript of Eusebius’ Historia Ecclesiastica, and in the Slavonic Bellum’s reading of muzh nekii in its adaptation of the Testimonium.

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mantically minor or insignificant, and likely occurred unintentionally through copying errors. On the other hand, the idea that Ant XX 200 is an interpolation, is for a variety of reasons, much weaker than the idea that the Testimonium is a forgery or has been significantly altered in some way.

Das Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive von

FRIEDRICH WILHELM HORN Flavius Josephus vollendet die Antiquitates etwa im Jahr 94 n. Chr.; vgl. Ant XX 267. Er mag in Galiläa Kenntnis der Jesusbewegung erhalten haben, auch wenn er dies nicht anspricht. Er mag stadtrömische Christen kennen gelernt haben, obwohl er auch dies nicht erwähnt. Bekanntschaft mit frühchristlichen Schriften, gar noch den Evangelien, kann nicht ausgeschlossen werden. Doch ist dies eher unwahrscheinlich, zumal Josephus in dieser Richtung nichts andeutet. Wir müssen folglich davon ausgehen, dass Josephus, wenn er auf Jesus zu sprechen kommt, sich nicht auf eine literarische Grundlage beziehen kann, sondern allenfalls aus seiner galiläischen Zeit Erinnerungen an die Jesusbewegung und aus der römischen Zeit das Wissen um stadtrömische Christen, möglicherweise auch Kenntnis der ihnen gegenüber vorgebrachten Unterstellungen, einbringen kann. Aufgrund dieser Voraussetzungen würde das Testimonium Flavianum ein von christlichen Quellen unabhängiges nichtchristliches Zeugnis über Jesus und die Jesusbewegung sein. Meine Darstellung richtet sich auf den Inhalt des Testimonium Flavianum, aber doch so, dass die Abfassungssituation dieses Textes nicht aus dem Blick gerät und der Text des Testimonium Flavianum nicht, wie so oft in der Forschungsgeschichte, ausschließlich apologetisch als sekundierende Bestätigung christlicher Überzeugungen missbraucht wird. Eine Betrachtung des Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive, so der an mich gerichtete Wunsch, steht vor methodischen Problemen. Nach dem Gesagten beschreiben sowohl das Testimonium Flavianum, dessen Grundgestalt auch ich auf Josephus zurückführe, als auch die etwa zeitgleich verfassten Evangelien bestimmte Sachverhalte aus dem Leben Jesu, der Jesusbewegung und der Christen. Es handelt sich um voneinander unabhängige Zeugen, die aus ihrer Zeit heraus darstellen. Das Testimonium Flavianum kann folglich nicht aus neutestamentlicher Perspektive dargestellt werden, sondern es kann allenfalls ein Vergleich seiner Darstellung mit derjenigen der Evangelien erfolgen. In

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ihm würde also sorgsam zu erarbeiten und anzusprechen sein, was möglicherweise eine spezifisch flavianische Perspektive darstellt, insofern sie mit keiner frühchristlichen Perspektive konform geht. Um sie zu erheben, kann ein Differenzkriterium angewendet werden, allerdings nicht sklavisch: Spezifisch flavianisch im Testimonium ist, was keiner frühchristlichen, durch neutestamentliche Schriften belegbaren Sicht entspricht. Gemeinsame Schnittmengen sind jedoch wahrscheinlich, da der Gegenstand der Betrachtung im Testimonium Flavianum und in neutestamentlichen Quellen, nämlich Jesus, die Jesusbewegung und die Christen, identisch ist. Methodisch sind die Probleme jedoch noch weitaus diffiziler. Da die Forschungsmehrheit gegenwärtig davon ausgeht, dass eine Grundgestalt des Testimonium Flavianum auf Josephus zurückgeht, sodann aber in voreusebianischer Zeit oder auch durch Euseb mit christlichen Zusätzen versehen worden ist, wäre zu fragen, auf welchen christlichen Theologie- oder Schriftenkreis sich diese Zusätze gedanklich beziehen. Hier ist vor allem die Arbeit von Ken Olson zu nennen, der den Nachweis zu erbringen versucht hat, dass diese Interpolationen nicht von dem Gedankengut neutestamentlicher Schriften gespeist sind, sondern ihre nächsten Parallelen im Werk des Euseb haben.1 Für Olson ist das Testimonium Flavianum eine Schöpfung des Euseb, christliche Kopisten haben den Text von hier aus genommen und ungeschickt – das Testimonium Flavianum thematisiert anders als der Kontext nicht das Thema der Aufstände in der Zeit des Pilatus – in das Werk des Josephus eingefügt.

I. Textgeschichtliche und textkritische Probleme Eine erste nähere Beschäftigung mit dem sog. Testimonium Flavianum (Josephus, Ant XVIII 63–64)2 eröffnet schnell sehr unterschiedliche Kontexte, in

––––––––––––– 1 K. A. Olson, Eusebius and the Testimonium Flavianum, CBQ 61, 1999, 305–322. 2 Textgrundlage sind die Ausgaben Flavii Iosephi Opera IV. Antiquitatum Iudaicarum

Libri XVI–XX et Vita, hg. v. B. Niese, Berlin 1955 (Nachdruck); Josephus with an English Translation by L. H. Feldman in Nine Volumes IX (LCL). Jewish Antiquities, Books XVIII– XX, London 1965. Die wohl umfassendste und alle Fragen thematisierende Untersuchung aus jüngerer Zeit stammt von S. Bardet, Le Testimonium Flavianum. Examen historique. Considérations historiographiques, Paris 22002. Vgl. ferner: Z. Baras, Testimonium Flavianum. The State of Recent Scholarship, in: M. Avi-Yonak / Z. Baras, Society and Religion in the Second Temple Period (= The World History of the Jewish People VIII), Jerusalem 1977, 303–313.378–385; W. Bauer, Das angebliche Zeugnis des Josephus, in: E. Henneke, Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung I. Evangelien, hg. v. W. Schneemelcher, Tübingen 41959, 324f; C. A. Evans, Jesus in Non-Christian Sources, in: Studying the Historical Jesus. Evaluations of the State of Current Research, hg. v. B. Chilton / C. A. Evans, New Testament Tools and Studies XIX, Leiden 1994, 443–478; L. H. Feldman, Appendix K. Se-

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denen dieser kurze Text aufgenommen und besprochen werden kann. Drei möchte ich einleitend vorstellen und denjenigen, der forschungsgeschichtlich nach wie vor am umstrittensten ist, etwas ausführlicher. Zwei weitere Kontexte werden nur kurz thematisch angezeigt. a) Es sind zunächst Textgeschichtler und Textkritiker gefragt. Ich habe den Eindruck, dass etliche Forschungsmeinungen zum Testimonium Flavianum die textgeschichtlichen Probleme nicht reflektiert haben und daher in ihrem Urteil vorschnell und unbedacht sind. Josephus, Ant XVIII und hier wiederum der genannte Abschnitt, das sog. Testimonium Flavianum, findet sich in sämtlichen, insgesamt aber nur drei alten Handschriften der Antiquitates, die jedoch alle nicht älter als aus dem 11. Jh. sind.3 Weiter zurück reicht die Zitierung des Testimonium Flavianum durch Euseb von Caesarea, der sich in h. e. I 11,7–8 (und in d. e. III 5,105; Theophania ƙ 202,24–203,5 = Buch V, Kap. XLIV)4, jeweils mit kleinen Textvarianten, explizit durch Verweis auf Josephus, d. h. auf ihm vorliegende Abschriften der Antiquitates bezieht.5 Dies ist – denkwürdig genug – mehr als zwei Jahrhunderte nach der Abfassung der Antiquitates die erste christliche Erwähnung des Testimonium

––––––––––––– lected Literature on the Testimonium Flavianum (Ant. XVIII 63–64), in: Josephus in Nine Volumes IX. Jewish Antiquities Books XVIII–XX, LCL, London 1965; G. Vermes, The Jesus Notice of Josephus Re-Examined, JJS XXXVIII, 1987, 1–10; R. E. van Voorst, Jesus Outside the New Testament, Grand Rapids 2001. 3 Die älteste Handschrift, Codex A (Ambr. F 128) stammt aus dem 11. Jh.; vgl. E. Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I, Leipzig 51920, 99; W. Bienert, Der älteste nichtchristliche Jesusbericht. Josephus über Jesus. Unter besonderer Berücksichtigung des altrussischen ‚Josephus‘, TABG IX, Halle 1936, 10. Nach S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament. Aus dem Amerikanischen von M. Vogel, UTB 2130, Tübingen / Basel 2000, 250, stammen die ältesten Abschriften aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Dies ist jedoch nicht belegbar. G. C. Hansen, Textkritisches zu Josephus, in: F. Siegert / J. U. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Münster 1997. Vorträge aus dem Institutum Judaicum Delitzschianum, MJSt 2, Münster 1998, 144–158, erwähnt mit Athous Vatopedi 386 aus dem 13. Jh. eine einzige weitere Handschrift, die über den bei Niese verzeichneten Bestand hinausgeht. 4 Sowohl W. A. Bienert, Das Zeugnis des Josephus (Testimonium Flavianum), in: W. Schneemelcher (Hg.), Neutestamentliche Apokryphen I. Evangelien, Tübingen 61990, 387–389: 388, als auch Mason, Josephus (s. Anm. 3), 251, geben falsche Textangaben aus Euseb an. 5 Vgl. die textgeschichtlichen Ausführungen von E. Schwartz (Hg.), Eusebius Werke II. Die Kirchengeschichte, GCS II / 3, Leipzig 1909, CLXXXVI. E. Bammel, Zum Testimonium Flavianum (Josephus Ant 18,63–64), in: Josephus – Studien. Untersuchungen zu Josephus, dem antiken Judentum und dem Neuen Testament, FS Otto Michel, hg. v. O. Betz / K. Haacker / M. Hengel, Göttingen 1974, 9–22: 21, spricht angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen zwischen den griechischen Codices des Mittelalters und dem Text des Euseb sogar von einem ‚Reichstext‘.

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Flavianum 6 und es wundert daher nicht, dass sogar die Verfasserschaft des Testimonium Flavianum gänzlich von Josephus fern gehalten und vollständig auf Euseb übertragen worden ist.7 Es ist somit älter als etwa 300 n. Chr., aber ist es bereits Bestandteil des ursprünglichen und von Josephus verfassten Werks? Ob Origenes, der den Text des Josephus gekannt hat, auch das Testimonium Flavianum gelesen hat, ist fraglich, da er in Cels. I 47; II 13 (ƯƦ˄ƷƳƮ ƨƪ ə™ƮƶƷ̹Ʊ) und in Commentarius in Evangelium secundum Matthaeum 10,16f Josephus den christlichen Glauben abspricht, was wiederum schwer mit der Aussage des Testimonium Flavianum – ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ (dieser war der Christus) – aus der Feder des Josephus vereinbar ist, jedenfalls nicht mit derjenigen, die in den griechischen Handschriften zu Wort kommt. Die forschungsgeschichtlich ausgerichtete Arbeit von Alice Whealey zeigt, dass die Authentizität des Testimonium Flavianum seit dem 16. Jh. in Frage gestellt worden ist. Sie verweist gleichzeitig darauf, dass die Korrektur-, Interpolations- oder Überarbeitungshypothesen aus zeitgeschichtlich bedingten und die Erkenntnis leitenden Interessen vollzogen wurden.8 Dies ist unbestreitbar, und Whealeys Darstellung liest sich wie eine Theologiegeschichte im Spiegel der Auseinandersetzung mit dem Testimonium Flavianum. Doch stellen die genannten textkritischen Befunde vor solche Probleme, dass Lösungen in unterschiedlichen Richtungen gesucht werden müssen. Unter den Versuchen, einen Text zu rekonstruieren, der im Munde des jüdischen Apologeten Josephus nachvollziehbar ist, sei bereits kurz auf Ernst Bammels Vorschlag verwiesen. Bammel nimmt Konjekturalüberlegungen auf, die seit dem 18. Jh. vorgetragen wurden, um durch minimale Textkorrekturen einen in sich stimmigen und zum näheren Kontext passenden Text zu gewinnen, in dem Josephus das Christentum, wie es sich zu seiner Zeit darstellte, in Blick nahm und als betrügerische Sekte denunzierte.9

––––––––––––– 6 Denkwürdig ist diese Beobachtung auch deshalb, weil viele der christlichen Schriftsteller vor Euseb auf Josephus Bezug nehmen und sein Werk kennen. Olson, Eusebius (s. Anm. 1), 307, nennt zwölf christliche Schriftsteller vor Euseb, die Josephus zitieren, ohne das Testimonium Flavianum zu erwähnen. Der früheste christliche Zeuge ist Hieronymus ca. 100 Jahre nach Euseb. Wenn allerdings das Testimonium in voreusebianischer Zeit eine Textgestalt hatte, in der die spezifisch christlichen Aussagen noch nicht eingetragen waren, dann bestand für die christlichen Schriftsteller vor Euseb auch kein überzeugender Anlass, auf das Testimonium Flavianum einzugehen. Denn im Sinne christlicher Apologetik ist der Text erst dann interessant, sobald in ihm christliche Aussagen vorliegen, so dass mit Josephus gegen Juden argumentiert werden kann. 7 Olson, Eusebius (s. Anm. 1). 8 A. Whealey, Josephus on Jesus. The Testimonium Flavianum Controversy from Late Antiquity to Modern Times, Studies in Biblical Literature 36, New York 2003; dies., Josephus on Jesus. Evidence from the First Millenium, ThZ 51, 1995, 285–304. 9 Bammel, Testimonium (s. Anm. 5).

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Doch sind zumindest zwei textgeschichtliche Arbeiten jüngeren Datums von dieser und weiteren Interpolations- oder Überarbeitungshypothesen abzuheben, da sie streng textkritisch ausgerichtet sind und sich auf zwischenzeitlich edierte neue Textfunde beziehen können. Walther Bienert10 postulierte bereits 1936 in einem höchst gelehrten Werk aus dem Befund, dass Euseb der erste christliche Zeuge des Testimonium Flavianum ist, einen voreusebianischen Text, der keinerlei christlichen Einfluss zeige. Dieser Text müsse auch Origenes vorgelegen haben. Die spätere Textüberlieferung habe jedoch die eusebianische Form des Testimonium in den Josephus-Text eingefügt. Zur Gewinnung des voreusebianischen Textes bezieht sich Bienert auf den sog. slavischen Josephus, d. h. auf insgesamt 20 Codices, welche die altrussische Übersetzung des Josephus enthalten. Diese Codices reichen bis ins 15. Jh. zurück, beziehen sich in dem Fall eines Codexes auf eine Vorlage, die bereits 1261 existierte. Ich verweise vor allem auf das Einlegeblatt (128f) in Bienerts Arbeit, auf dem in synoptischer Darstellung die verschiedenen Versionen einsehbar sind. Bienert rückübersetzt den altrussischen Text ins Griechische, streicht sodann die unstrittig deutlichen christlichen Interpolationen. Es bleibt ein schmaler Rumpftext, der Übereinstimmungen mit dem Testimonium Flavianum der griechischen Textüberlieferung hat, der an den vermuteten Archetyp heranführen soll. Das Verfahren ist methodisch bedenklich. Mit gewisser Willkür entsteht ein Rumpftext, der vielleicht einen Textanteil von 10% der altrussischen Fassung umfasst und nicht einmal durchgehend sprachliche Übereinstimmungen mit der griechischen Fassung aufweist.11 Ein weiterer Vorstoß zur Gewinnung des ursprünglichen Textes bezog sich auf die christlich-arabische Überlieferung. Shlomo Pines von der Hebrew University of Jerusalem hatte auf eine Passage in der christlich-arabischen

––––––––––––– 10 S. Pines, An Arabic Version of the Testimonium Flavianum and Its Implications. Publications of the Israel Academy of Sciences and Humanities, Section of Humanities, Jerusalem 1971. Der Text der arabischen Version findet sich in deutscher Übersetzung bei J. Maier, Jesus von Nazareth in der talmudischen Überlieferung, EdF 82, Darmstadt 1978, 42f: „... daß zu der Zeit ein weiser Mann war, der Jesus genannt wurde, einen guten Lebenswandel aufwies und als tugendhaft (oder: gelehrt) bekannt war und viele Leute von den Juden und von anderen Völkern als Jünger hatte. Pilatus hatte ihn zur Kreuzigung und zum Tode verurteilt, aber diejenigen, die seine Jünger geworden waren, gaben seine Jüngerschaft (oder: Lehre) nicht auf und erzählten, daß er ihnen drei Tage nach seiner Kreuzigung erschienen sei und lebe und daher vielleicht der Messias sei, in bezug auf den die Propheten Wunderbares gesagt haben.“ Eine deutsche Übersetzung auch bei Mason, Josephus (s. Anm. 3), 251, und D. Flusser, Die letzten Tage Jesu in Jerusalem, Stuttgart 1982, 155–163 (Exkurs II: Das Testimonium Flavianum. Die Neuentdeckung der Worte des Josephus über Jesus), der die Thesen Pines geradezu enthusiastisch begrüßt. 11 Umfassend informiert über die textgeschichtlichen Fragen jetzt E. Hansack, Die altrussische Version des „Jüdischen Krieges“. Untersuchungen zur Integration der Namen, Slavica 1, Heidelberg 1999. Vgl. auch seinen Beitrag in diesem Band.

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Universalgeschichte des melkitischen Bischofs Agapius von Hierapolis aus dem 10. Jh. hingewiesen. Agapius zitiert Josephus in einer Lesart, die keine eindeutige christliche Stellungnahme enthält und in der zwar nicht alle, aber doch zumindest zwei von drei Textaussagen fehlen, die als christliche Interpolation ausgeschieden werden. Dieser arabische Text spricht aber doch gleichzeitig wohlwollend bis positiv über Jesus und die Christen. Nach Pines bezieht sich Agapius auf eine syrische Vorlage, die zurückgreift auf den Text der Erstauflage der Kirchengeschichte Eusebs aus dem Jahr 311 n. Chr. Erst in der späteren Fassung von 325 n. Chr. habe Euseb dem Testimonium Flavianum eine eindeutig christliche Überarbeitung gegeben. Auch Michael der Syrer, Patriarch der Kirche von Antiochien, folgt in seiner im Ausgang des 12. Jh. verfassten syrischen Chronik einem Text, der demjenigen des Agapius nahe steht. Dies bedeutet, dass es in der östlichen Kirche eine eigenständige Textgestalt gegeben haben muss, die sich unabhängig von Euseb gehalten hat. Mason schätzt diese Variante relativ hoch ein, da eine in ihr enthaltene Textpassage – „er war vielleicht der Messias“ bzw. in Masons Übersetzung: „er war möglicherweise der Messias“ – zwei Parallelen innerhalb der christlichen Textüberlieferung des Testimonium Flavianum hat. Zum einen bezeugt Hieronymus, vir. ill. 13, zeitlich also nach Euseb, eine Textgestalt, die liest: … plurimos quoque tam de Iudeis quam de gentilibus sui habuit sectatores et credebatur esse Christus (so auch im 12. Jh. Michael, der Patriarch von Antiochien). Mason folgert daher: „... deshalb ist anzunehmen, dass die bei Hieronymus, Agapius und Michael überlieferten Versionen einem eigenen Zweig der Textüberlieferung zuzurechnen sind, der die klaren Aussagen der mittelalterlichen Antiquitates-Handschriften und des Eusebius nicht enthält.“12 Mason möchte daher die Frage nach einer ursprünglichen Textgestalt des Testimonium Flavianum offen halten. Neuere Erkenntnisse seien nur durch textgeschichtliche Beobachtungen aus der Zeit vor dem vierten Jahrhundert, etwa durch neue Textfunde, zu erreichen. Auch Theißen schließt seine Behandlung des Agapius-Textes mit Fragen ab: Es sei undeutlich, auf welche Quelle sich Agapius beziehe und wann diese Quelle entstanden sei, ob er eine Vor- oder Nebenform des Testimonium Flavianum biete oder ob er gar den ursprünglichen Text bezeuge.13 Alice Whealey hingegen kommt nach einer ausführlichen Darstellung und Besprechung des textgeschichtlichen Be-

––––––––––––– 12 Mason, Josephus (s. Anm. 3), 252. Deutlich abgesetzt von jeglicher Hochschätzung des Agapius-Zitats hatte sich E. Bammel, A New Variant Form of the Testimonium Flavianum, in: ders., Judaica, WUNT 37, Tübingen 1986, 190–193. Nach seiner Sicht ist der bei Agapius überlieferte Text in islamischer Umgebung entstanden und hat keinesfalls eine weiter zurückreichende Vorgeschichte. 13 G. Theißen / A. Merz, Der historische Jesus, Göttingen 1996, 81.

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fundes14 zu dem klaren Urteil, dass sowohl die griechische Fassung Eusebs als auch die syrische Fassung des Agapius und des Patriarchen Michael Varianten einer Fassung sind, die letztlich auf Josephus zurückgeht. Sie legt großen Wert auf die Feststellung, dass der Satz ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ keinesfalls eine vollständige Interpolation darstellt. Im Gegenteil weise gerade der Gebrauch des Präteritums, der ungewöhnlich im Munde eines Christen ist, der ein Christusbekenntnis einfügen möchte, auf die wahrscheinliche Grundlage einer Textform hin, die in der syrischen Variante und bei Hieronymus wohl gegeben ist, und zwar ebenfalls im Präteritum: et credebatur esse Christus.15 Wie immer man sich also entscheidet, so oder so muss man vorweg Auskunft darüber geben, welche Textform oder welche Textformen des Testimonium Flavianum man zugrunde legt. b) Der zweite Kontext, den ich kurz ansprechen möchte, ist eher apologetisch. Im Blick auf die Frage, ob Jesus wirklich gelebt habe, ob es denn neben den christlichen Quellen auch außerchristliche Berichte gebe, spielt das Zeugnis des Josephus eine erhebliche Rolle. Walther Bienert sprach daher durchaus programmatisch von dem ältesten nichtchristlichen Jesusbericht, der bei Josephus zu lesen sei. Und die neueren Publikationen von Mason und Meier schließen ihre Abhandlungen mit der Feststellung, dass „es statthaft [ist], Josephus als Beleg dafür zu nehmen, dass Jesus gelebt hat – wenn ein solcher Beleg denn nötig“ sei.16 Eduard Nordens Hoffnung, „daß nunmehr das Zeugnis des Juden über Jesus Christus dauernd in der Versenkung verschwinde“17, scheint jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt trügerisch gewesen zu sein. c) Der dritte Kontext ist derjenige der Forschungsgeschichte. Man vergegenwärtige sich den Stellenwert des Testimonium Flavianum innerhalb der christ––––––––––––– 14 Whealey, Josephus on Jesus (s. Anm. 8), 1–43. 15 Allerdings enthält der zitierte Text des Agapius die Aussage zur Erscheinung Jesu am

dritten Tag in Verbindung mit dem Schriftbeweis. Dieser Textteil gehört jedoch zu den mit hoher Wahrscheinlichkeit christlich interpolierten Textteilen (s. u.) in das ursprüngliche Testimonium Flavianum, so dass doch die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass die arabische Fassung des Agapius nicht zurückgreift auf den Text des Josephus, sondern auf eine Textgestalt, die der eusebianischen sehr nahe kommt; so auch J. H. Charlesworth, Jesus within Judaism. New Light from Exciting Archaeological Discoveries, AncB.RL, New York 1988, 96; J. P. Meier, Jesus in Josephus. A Modest Proposal, CBQ 52, 1990, 76–103: 89 Anm. 36. 16 Mason, Josephus (s. Anm. 3), 259. J. P. Meier, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, Vol. I: The Roots of the Problem and the Person, ABRL, New York 1991, 68, spricht im Blick auf die Frage der Bedeutung des Testimonium Flavianum für die Historizität Jesu von einem „passage of monumental importance“. 17 E. Norden, Josephus und Tacitus über Jesus Christus und eine messianische Prophetie, NJKA 16, 1913, 637–666; wieder abgedruckt in: A. Schalit (Hg.), Zur Josephus-Forschung, WdF LXXXIV, Darmstadt 1973, 27–69: 46.

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lichen Theologie, hier wiederum differenziert in lutherische und reformierte, sodann auch katholische Stellungnahmen, und man denke an die Bedeutung dieser Diskussion in den christlich-jüdischen Auseinandersetzungen. Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was Alice Whealey und Serge Bardet in ihren Studien sorgsam zusammengetragen haben.18 Aber ihr Verweis auf Louis Feldmans Einschätzung, dass dieser Abschnitt der am meisten diskutierte der gesamten antiken Literatur sei, soll doch wenigstens genannt werden.19

II. John P. Meiers Analyse des Testimonium Flavianum Wenngleich nach wie vor unterschiedliche Interpolations- und Überarbeitungshypothesen vorgetragen werden, scheint gegenwärtig ein relativer Konsensus die neutestamentliche Wissenschaft zu bestimmen. Noch vor wenigen Jahrzehnten stellte sich in Lehrbüchern und Lexika-Artikeln der Diskussionsstand zum Testimonium Flavianum völlig disparat dar, was hier aber nicht nochmals dokumentiert werden soll. James D. G. Dunn erklärt im Zusammenhang seiner Behandlung der ‚External Sources‘ zur Jesusfrage im Blick auf das Testimonium Flavianum: „The first passage has clearly been subject to Christian redaction, but there is a broad consensus that Josephus wrote something like the following: At this time there appeared Jesus, a wise man. For he was a doer of startling deeds, a teacher of people who received the truth with pleasure. And he gained a following both among many Jews and many of Greek origin. And when Pilate, because of an accusation made by leading men among us, condemned him to the cross, those who had loved him previously did not cease to do so. And up until this very day the tribe of Christians (named after him) has not died out (Ant. 18,63–64).“20 Diese Textrekonstruktion stellt sozusagen auch in der gegenwärtigen Forschung so etwas wie den ‚common sense‘ dar und sie findet sich in vielen Abhandlungen zur Sache. In einer zusätzlichen Anmerkung verweist Dunn auf John P. Meiers Ausführungen im ersten Band von „A Marginal Jew“21 zum Testimonium Flavianum und urteilt: „Meier … has provided a full and discriminating discussion of these passages, and nothing more need be added

––––––––––––– 18 Whealey, Josephus (s. Anm. 8); Bardet, Testimonium (s. Anm. 2). 19 L. H. Feldman, Josephus, Judaism and Christianity, Wayne State University 1987, 55. 20 J. D. G. Dunn, Jesus Remembered, Christianity in the Making Vol. I, Grand

Rapids / Cambridge 2003, 141. 21 Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16). J. P. Meier hat sich mehrfach zum Testimonium Flavianum geäußert: ders., Jesus in Josephus (s. Anm. 15); ders., The Testimonium. Evidence for Jesus outside the Bible, BiRe 7, 1991, 20–25.45.

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at this point.“22 Da die Initiatoren der Tagung mich gebeten haben, zum Testimonium Flavianum zu referieren, werde ich mir erlauben, auch über Dunns abschließendes Urteil hinaus ein paar Bemerkungen vorzutragen. Ich orientiere mich im Folgenden zunächst an Meiers Ausführungen und gebe ihren Inhalt knapp wieder. Im Wesentlichen stehen sich nach seiner Sicht vier Forschungsmeinungen zum Charakter des Testimonium Flavianum gegenüber: a) der Text stellt insgesamt eine christliche Interpolation dar; b) der Text verdankt sich einer christlichen Redaktion, aber es finden sich Spuren einer Vorlage, d. h. eines von Josephus verfassten Textes; c) der Text geht im Wesentlichen auf Josephus zurück, enthält aber zwei oder drei christliche Interpolationen; d) der Text geht insgesamt auf Josephus zurück. Forschungsgeschichtlich haben die zuerst genannte und die zuletzt genannte Position keine Mehrheit mehr, wenngleich sie bis in die jüngste Gegenwart immer wieder vorgetragen werden.23 Vielmehr votieren die meisten Forscher für eine Lösung, die sich zwischen den beiden mittleren Positionen ansiedelt oder der dritten Theorie nahe kommt.24 Drei Textpassagen unterbrechen den Duktus der Ausführungen und die eher ‚neutrale‘ Beschreibung der Person Jesu. Sie gelten als christliche Interpolationen oder als Überarbeitungen eines von Josephus verfassten Textes: a) ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂ b) ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ c) ɩƹʾƱƬ ƨʽƴ ƦʡƷƳ̝Ƶ Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ Es bleibt unter Absehung dieser Textteile ein eher ‚neutraler‘, d. h. frei von christlichen Aussagen zu lesender Text, der im Blick auf Jesus zunächst zwei Aspekte betont, die in der griechisch-römischen Welt Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Jesus war ein Wundertäter und viele Menschen aus Juden und Heiden anziehender Lehrer. Das eigentliche Interesse des Testimonium Flavianum liegt jedoch nach meiner Sicht bei der Gruppe der Christen. Obwohl Jesus vor Pilatus angeklagt und verurteilt wurde, haben diejenigen, die von Jesu Lehre und Wundertaten überwältigt waren und ihn liebten, trotz seiner Hinrichtung am Kreuz weiter zu ihm gehalten und sie existieren noch heute als Stamm der Christen. Die von Meier genannten christlichen Einträge

––––––––––––– 22 Dunn, Jesus Remembered (s. Anm. 20), 141 Anm. 2. 23 Olson, Eusebius (s. Anm. 1), ist gegenwärtig wohl derjenige, der die erstgenannte Posi-

tion mit beachtlichen Argumenten und Beobachtungen zu neuer Anerkennung führen kann. 24 Nach meiner Sicht hat L. H. Feldman in seiner Josephusausgabe (s. Anm. 2), 49, also bereits zutreffend geurteilt: „The most probable view seems to be that our text represents substantially what Josephus wrote, but that some alterations have been made by a Christian interpolator.“

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füllen diesen Textbestand mit zusätzlichen Aussagen auf, die für die Aussageabsicht des Testimonium Flavianum völlig unerheblich, ja geradezu entbehrlich sind. Sie tragen ausschließlich christologische Präzisierungen nach, die christliche Leser des Testimonium Flavianum wohl auf dem Hintergrund ihres Christusbekenntnisses vermissten. Dieser Text, befreit von den wahrscheinlichen Interpolationen, geht nach John P. Meier auf Josephus zurück: a) Der Text findet sich in allen griechischen Handschriften und in zahlreichen Handschriften der lateinischen Übersetzung sowie in arabischen und syrischen Varianten. Die Kirchenväter vor Euseb erwähnen allerdings das Testimonium Flavianum nicht, obwohl sie Josephus zitieren. b) In Ant XX 200 wird Jesus (… Ʒ˅Ʊ əƩƪưƹ˅Ʊ ʍƬƶƳ̬ ƷƳ̬ ưƪƨƳμˀƱƳƸ ƝƴƮƶƷƳ̬ ʍʾƯƼƧƳƵ ʙƱƳμƦ ƦʡƷ̺ …) erwähnt. Diese Aussage ist unstrittig Bestand des ursprünglichen Textes. Dieser kurze Verweis auf Jesus, der Christus genannt wird, ist eher verständlich, wenn schon zuvor im Werk einmal auf diesen Jesus verwiesen wurde. Dies spräche für die Authentizität des Testimonium Flavianum in Ant XVIII. c) Vokabular und Grammatik innerhalb des Testimonium Flavianum sind kohärent mit dem Sprachgebrauch des Josephus, unterscheiden sich aber absolut von demjenigen des NT.25 d) Unter Absehung der christlichen Interpolationen ist das Testimonium Flavianum gut im Munde eines Juden nachvollziehbar, der Jesus nicht feind––––––––––––– 25 Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 80–83 Anm. 41, hat in bewundernswerter Akribie den Sprachgebrauch des Josephus mit dem Sprachgebrauch des Testimonium verglichen und gleichzeitig die sich mit der Thematik beschäftigende Sekundärliteratur besprochen und schließt mit dem Ergebnis: „The upshot of all this is that, apart from Christianǀn, not one word of what I identify as the original text of the Testimonium fails to occur elsewhere in Josephus, usually with the same meaning and / or construction. As indicated in the first part of this note, the same cannot be said of the NT.“ Mason, Josephus (s. Anm. 3), 252f, schränkt allerdings ein und benennt Ausdrücke, die mit dem üblichen Sprachgebrauch des Josephus nicht kohärent sind. Es sind dies die Verwendung von ™ƳƮƬƷ˂Ƶ, der für Josephus ungewöhnliche Satzabbruch nach ƳʡƯ ɩ™ƦˈƶƦƱƷƳ und die unübliche Verwendung von ƹ̬ưƳƱ auf die Gruppe der Christen. Mason a. a. O. 253, schreibt: „Wenn jedoch ein Schriftsteller in einer kurzen Passage ungewöhnliche Ausdrücke in hoher Dichte verwendet, und wenn andere Faktoren Zweifel an der Authentizität des Textes aufkommen lassen, dann erhalten stilistische Argumente Gewicht.“ Die angesprochenen Fragen zu diesen Textpassagen werden unten in der Exegese des Testimonium aufgenommen. Die von Olson gegenüber Meier vorgebrachte Kritik ist berechtigt. Meier vergleicht den Sprachgebrauch des Josephus mit demjenigen der Evangelien und kommt daher zu dem vorschnellen Ergebnis, das Testimonium sei nichtchristlichen Ursprungs. Da Olson jedoch von der These ausgeht, das Testimonium Flavianum sei in der vorliegenden Form von Euseb verfasst worden, gelte es, seinen Sprachgebrauch mit demjenigen Eusebs zu vergleichen. Olson erkennt hier weitgehende Parallelen; vgl. aber die kritische Besprechung von Olson, Eusebius and the Testimonium Flavianum durch Stephen C. Carlson in Hypotyposeis 20, Oktober 2003.

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lich gegenübersteht. Der Verfasser des Testimonium Flavianum ignoriert hingegen wesentliche Aussagen, die für die kanonischen Evangelien grundlegend sind und die bei einer vollständigen Interpolation hätten erwartet werden können: Dass Jesus viele Juden und viele Heiden an sich gezogen hat, entspricht nicht der Aussage der Evangelien, ist weitaus wahrscheinlicher eine Rückprojektion des Josephus aus der Erfahrung seiner Zeit. Josephus spricht ja auch verwundert über die große Anzahl des ƹ̬ưƳƱ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ. Das Testimonium Flavianum äußert sich, anders als die Evangelien, in keiner Weise zu den Anklagepunkten oder zu dem Rechtsgrund der Kreuzigung Jesu. Vor allem geht das Testimonium Flavianum nicht auf die Absichten der jüdischen Autoritäten ein. Das Testimonium Flavianum verbindet nicht die Aussage über Johannes den Täufer (Ant XVIII 116–119) mit denjenigen über Jesus, wie dies üblicherweise in den Evangelien vollzogen wird. Woher hatte Josephus seine Informationen? Es ist denkbar, aber doch nicht wahrscheinlich, dass Josephus auf direkte mündliche Informationen von Christen zurückgriff. „My sense is that, paradoxically, Josephus seems to have known more about Jesus than he did about the Christians who came after him.“26 Möglicherweise hatte Josephus noch in Palästina Informationen über Jesus erhalten. Kritisch ist gegenüber Meier unter anderem vorzubringen, dass er die von Norden (s. u.) aufgeworfenen kompositionskritischen Fragen bezüglich der Stellung des Testimonium Flavianum im engeren Kontext nicht aufnimmt.

III. Exegese ausgewählter Passagen des Testimonium Flavianum Das Testimonium Flavianum befindet sich im Kontext des Berichts über Vorgänge während der Amtszeit des Pontius Pilatus (Ant XVIII 35–89): 35 55–59 60–62 63f 65–80 81–84 85–87 88f

Ankunft des Pontius Pilatus in Judäa Pilatus lässt Kaiserbilder in die Stadt Jerusalem bringen Pilatus baut aus Geldmitteln des Jerusalemer Tempelschatzes ein Aquädukt Testimonium Flavianum: Pilatus verurteilt Jesus zum Kreuz Kreuzigung ägyptischer Priester und Zerstörung des Isistempels in Rom Vertreibung der Juden aus Rom Niederschlagung eines Volksaufstands in Samarien Ablösung des Pilatus aus dem Amt

––––––––––––– 26 Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 67.

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Der gemeinsame Nenner der geschilderten Ereignisse ist ein doppelter: Pilatus behandelt Juden mit unnachgiebiger Härte, obwohl diese sich mehrheitlich nichts haben zu Schulden kommen lassen. Um dieses aufzeigen zu können, reiht Josephus Konfliktsituationen aneinander und nimmt dabei sogar in Kauf, zwei in Rom stattfindende Ereignisse einzureihen, obwohl Pilatus an ihnen nicht beteiligt war. Vermutlich griff er auf unterschiedliche Quellen palästinischer und römischer Herkunft zurück und reihte sie in seinem Kompositionsplan in Anlehnung an gängige Verfahren römischer Annalistik aneinander. Die geschilderten Vorgänge sind verknüpft durch die Stichworte ƭˆƴƸƧƳƵ / ƭƳƴƸƧˀƼ (XVIII 58.62.65.85) und ƶƷʾƶƮƵ (XVIII 62), so dass die Amtszeit des Pilatus als Folge von Unruhen dargestellt wird.27 Innerhalb des Testimonium Flavianum fehlt diese Thematik bzw. die Kreuzigung Jesu wird nicht mit Aspekten aufständischen Verhaltens verknüpft. Mehr noch: Der sachliche Anschluss des Abschnitts XVIII 65 mit ƯƦ˃ ʢ™˅ ƷƳˇƵ ƦʡƷƳˇƵ ƺƴˆƱƳƸƵ ɮƷƪƴˆƱ ƷƮ ƩƪƮƱ˅Ʊ ɩƭƳƴˈƧƪƮ ƷƳˇƵ ʍƳƸƩƦ˄ƳƸƵ an den Schluss von XVIII 62 ƯƦ˃ ƳʦƷƼ ™ƦˈƪƷƦƮ ɶ ƶƷʾƶƮƵ wird durch das zwischengeschaltete Testimonium Flavianum aufgehoben. Die Beachtung der kompositionstechnischen Regeln bzw. ihre Nichteinhaltung durch Einfügung des Testimonium Flavianum in diesen Kontext hat Norden28 zum Anlass genommen, die Authentizität in Frage zu stellen.29 Nicht weiter äußern wollte er sich zu den ebenfalls häufig vorgetragenen Vermutungen, denen zufolge Josephus nach den beiden Vorfällen um die Kaiserbilder und das Aquädukt hier eine dritte von der Sache her entsprechende Begebenheit in Jerusalem geschildert habe, die wiederum von christlichen Kopisten entfernt worden sei, um an ihrer Stelle das Testimonium Flavianum einzufügen. Schürer seinerseits referiert solche Erwägungen und vermutet, dass der ursprüngliche Text des Josephus über Jesus an dieser Stelle umfangreicher war, jedoch nicht mehr rekonstruiert werden kann.30

––––––––––––– 27 Bammel, Testimonium (s. Anm. 5), 15f, in Aufnahme der ausführlichen Abhandlung zur Sache von Norden, Josephus (s. Anm. 17). 28 Norden, Josephus (s. Anm. 17), 29–46. Aber auch Feldman, Josephus (s. Anm. 2), 49, und Mason, Josephus (s. Anm. 3), 247: „Als erstes fällt auf, daß die Passage nicht sonderlich gut in den Zusammenhang von Antiquitates 18 paßt.“ 29 Man sollte freilich auch bedenken, dass das Testimonium Flavianum Sachparallelen zum direkt nachfolgenden Kontext hat, insofern in beiden Episoden eine Kreuzigung erwähnt wird. 30 Vgl. hierzu die Erwägungen von E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ, Vol. I, hg. v. G. Vermes / F. Millar / M. Black, Edinburgh 1973, 439f. Wie bereits erwähnt, hat E. Bammel diese Überlegungen aufgenommen und aus dem vorliegenden Text eine ursprüngliche Lesart rekonstruiert, die in Entsprechung zu den in Rom erwähnten Ereignissen (Ant XVIII 65–84) auch Jesus als Betrüger anspricht.

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Ɗ˄ƱƪƷƦƮ Ʃʿ ƯƦƷʽ ƷƳ̬ƷƳƱ Ʒ˅Ʊ ƺƴˆƱƳƱ ʍƬƶƳ̬Ƶ ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ, ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂ Die erste Zeile legt Wert auf die Charakterisierung Jesu als eines weisen (Mannes), die zweite Zeile relativiert das Stichwort əƱ˂ƴ, das allerdings in der ersten Zeile keine Bedeutung trägt. Im Verbund mit den folgenden Prädikaten ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ und ƩƮƩʾƶƯƦưƳƵ wird ein durchgehend positives Bild von Jesus gezeichnet. Dieses wiederum kann nur relativiert werden, wenn man für den genannten Text mehrfache Abänderungen der ursprünglichen Textaussagen durch christliche Redaktoren postuliert. So haben etwa Eisler und sodann abermals Bammel gemeint, anstelle des ƶƳƹˆƵ sei ursprünglich ƶƳƹƮƶƷ˂Ƶ (im Sinne etwa eines schriftgelehrten Volksverführers), anstelle von ɩ™ƬƨʾƨƪƷƳ sodann ə™ƬƨʾƨƪƷƳ (er verführte) und anstelle von ƷəưƬƭ̏ sei Ʒʽ ə˂ƭƬ (sonderbare Dinge) zu lesen gewesen.31 Diese Überlegungen haben zugestandenermaßen eine Faszination, auch weil sie eine Textgestalt vorschlagen, die sich besser in den Kontext, vor allem in den nachfolgenden Kontext einfügt: „The emendation has much in its favour, but remains conjectural.“32 Wenn wir jedoch dem vorliegenden Text folgen, stoßen wir auf eine Charakterisierung des erwachsenen Mannes Jesus, die einer frühchristlichen Perspektive zwar nicht völlig fremd ist (Mk 6,2; Mt 13,54; bereits vom Kind: Lk 2,40.52), aber doch eher randständig bleibt. Sie ist ja auch zu unterscheiden von einer frühchristlichen Sophia-Christologie (1Kor 1,30; Kol 2,3), da es im Testimonium nicht um eine Hypostasenspekulation geht, sondern um die Charakterisierung des Mannes Jesus. Josephus verwendet die Bezeichnung ƶƳƹ˅Ƶ əƱ˂ƴ auch für Salomo (Ant VIII 53) und Daniel (Ant X 237), was wiederum ihren hohen Stellenwert unterstreicht und die Absicht einer positiven Kennzeichnung Jesu bestätigt. Der Nachsatz allerdings, ob man Jesus überhaupt einen Mann nennen dürfe, setzt nach meiner Einschätzung unzweifelhaft christliche Überlegungen zur Frage der Natur Jesu voraus. ɻƱ ƨʽƴ ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ƶ Das Adjektiv ™ƦƴʾƩƳƲƳƵ begegnet ca. 50-mal bei Josephus, zudem gelegentlich in Verbindung mit ɭƴƨƳƱ im Blick auf Wundertaten (von Elisa in

––––––––––––– 31 Nach Schürer, History (s. Anm. 30), 436, ist diese Überlegung erstmals 1749 vorgetragen worden. R. Eisler, Əƍƙƕƛƙ ƉƈƙƏƑƋƛƙ ƕƛ ƉƈƙƏƑƋƛƙƈƙ, 2 Bde., Heidelberg 1929 / 1930 hat die These vertreten, Josephus zeichne Jesus in Analogie zu jüdischen Volksverführern oder Widerstandskämpfern. So werden etwa in Josephus, Bell II 118 und 433 Judas und Matthias ƶƳƹƮƶƷ˂Ƶ genannt. Gleichfalls gehört es zur Charakterisierung der Aufrührer, Wunder zu tun, prophetische Rede auszuüben und Anhänger um sich zu sammeln. 32 Schürer, History (s. Anm. 30), 436. Theißen / Merz, Jesus (s. Anm. 13), 79f, stellen Eislers Rekonstruktion ausführlich dar, enthalten sich jedoch ihrerseits jeglicher Wertung.

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Ant IX 182; sodann Ant XII 63) und auch mit einer Form von ™ƳƮƪ̝Ʊ (Ant XII 87). Eine entsprechende Beschreibung des wundertätigen Wirkens Jesu ist dem Neuen Testament völlig fremd. Die Aussagerichtung des Testimonium ist undifferenziert und sicher nicht auf Heilungs- und Naturwunder einzugrenzen. Der Begriff ™ƳƮƬƷ˂Ƶ wird hier abweichend vom üblichen Sprachgebrauch des Josephus verwendet. Bezeichnet es in seinem Werk ansonsten stets den Künstler, vor allem den Dichter, so hier einen Täter von Handlungen.33 Für Schürer hat die Zusammenstellung von ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ mit Ʒ̹Ʊ ɶƩƳƱ̐ ƷəưƬƭ̏ ƩƪƺƳμˀƱƼƱ „a slightly ironical undertone“.34 Olson verweist auf die Parallele in Euseb, h. e. I 2,23, wo über den Logos gesagt ist, er sei ™ƦƴƦƩˆƲƼƱ ɭƴƨƼƱ ™ƳƮƬƷ˂Ʊ (ebenso in d. e. III 5,114f.123.125). Dies ist eine weitgehende Parallele und sie wird in diesem Textteil ja auch noch weiterhin durch Übereinstimmungen abgestützt, insofern vom Logos gesagt wird, es sei ein əƴƪƷ̹Ʊ ƩƮƩʾƶƯƦưƳƵ. Ich blicke voraus und erwähne bereits die weiteren Parallelen, dass Jesus als Lehrer aller Völker angesprochen wird, so dass der Text des Euseb mit dem Hinweis darauf schließt, dass Propheten auch auf die ƭƦˈμƦƷƦ Ʒ̹Ʊ ɭƴƨƼƱ (s. u.) hingewiesen haben. Schließlich legt Euseb an dieser Stelle größtes Gewicht auf das Verhältnis der Göttlichkeit des Logos zu seiner körperlichen Gestalt. Differenzen müssen ebenfalls im Blick bleiben. So wird im Testimonium Flavianum nicht der Zusammenhang von Tod, Auferstehung und Himmelfahrt in der Gestalt aufgenommen, wie er in Euseb, h. e. I 2,23 belegt ist. ƩƮƩʾƶƯƦưƳƵ əƱƭƴˊ™ƼƱ ƷˊƱ ɶƩƳƱ̐ ƷəưƬƭ̏ ƩƪƺƳμˀƱƼƱ Die Bezeichnung Jesu als Lehrer begegnet häufig in den Evangelien, die nähere Eingrenzung der Lehrtätigkeit auf einen Kreis solcher Menschen, die mit Lust die Wahrheit suchen, hat allerdings keine Entsprechung. Sprachlich befremdet bereits die positiv besetzte Verwendung von ɶƩƳƱ˂, da ɶƩƳƱ˂ im Neuen Testament überwiegend negativ konnotiert ist (Lk 8,14; Tit 3,3; Jak 4,1.3; 2Petr 2,13). Auffälliger noch ist freilich die Bestimmung des Schülerkreises in doppelter Weise: a) Sie ist durch keinerlei Begrenzung religiöser (Mt 10,6) oder sozialer Art (Mt 11,28) disponiert (so tendenziell doch in den Evangelien), sondern schränkt b) eher in intellektueller Hinsicht ein. Jesus wird nicht gezeichnet als überragender Lehrer, vielmehr liegt der Schwerpunkt auf der Bestimmung des Schülerkreises als eines solchen, der sich der Wahrheitssuche – vergleichbar einem der Philosophie ergebenen Kreis – widmet und hingibt. ––––––––––––– 33 Mason, Josephus (s. Anm. 3), 253; Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 81, versucht den Sachverhalt zu entkräften und verweist auf weitere im Werk des Josephus begegnende Ableitungen des Verbs ™ƳƮƪ̝Ʊ. 34 Schürer, History (s. Anm. 30), 436.

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ƯƦ˃ ™ƳưưƳˇƵ μʿƱ ʍƳƸƩƦ˄ƳƸƵ ™ƳưưƳˇƵ Ʃʿ ƯƦ˃ ƷƳ̬ ɰưưƬƱƮƯƳ̬ ɩ™ƬƨʾƨƪƷƳ Man kann das Auftreten Jesu als Sammlungsbewegung innerhalb von Israel interpretieren. Der Jüngerkreis der Zwölf wird einen inneren Kreis dieser Sympathisanten darstellen, dem gleichzeitig eine Symbolfunktion mit Blick auf ganz Israel zukommt. Das Testimonium Flavianum spricht nun aber von vielen aus dem Judentum und aus dem Griechentum, d. h. aus jüdischer Perspektive aus dem Heidentum, die Jesus „für sich gewann“ (ɩ™ʾƨƼ Medium). Es fällt zunächst auf, dass von vielen aus dem Judentum gesprochen wird, nicht aber von vielen in oder aus Israel. Verständlich wird diese Lesart, wenn man die vielen aus dem Heidentum hinzunimmt. Da die Sammlungsbewegung Jesu sich nicht (oder allenfalls peripher) an Heiden wandte, sondern als innerisraelitische Sammlungs- und Erneuerungsbewegung auftrat, repräsentiert das Testimonium Flavianum eine spätere Perspektive. Zur Zeit der Abfassung der Antiquitates im Ausgang des 1. Jh. n. Chr. ist das Christentum bereits im gesamten Mittelmeerraum präsent, und zwar als eine gemischte Religionsgemeinschaft aus (ehemaligen) Juden und Heiden. Im stadtrömischen Bereich ist man bereits mehrfach auf Christen aufmerksam geworden, wenn auch genauere Differenzierungen dieser neuen Gruppe noch nicht möglich sind. Ich vermute also, dass Josephus hier zwar eine Aussage über Jesus macht, in Wahrheit aber die gegenwärtigen Erfahrungen rückprojiziert.35 Freilich bringt das Testimonium auch zum Ausdruck, dass diese neue Gruppe aus Juden und Heiden in diesem Jesus die entscheidende Zentralgestalt hat, da es ihm gelungen ist, diese Anhängerschaft ‚für sich zu gewinnen‘. ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƼƵ ɻƱ Wenn von christlichen Interpolationen im Testimonium Flavianum die Rede war, dann galt dieser kurze Satz stets als eindeutiges Zeugnis für einen christlichen Redaktor, möglicherweise in direkter Anlehnung an Lk 23,35; Joh 7,26; Act 9,22. Josephus gibt an keiner Stelle zu erkennen, den christlichen Glauben übernommen zu haben, und Origenes notiert aus seiner Perspektive, dass dieser Satz schwer mit dem ‚Unglauben‘ des Josephus vereinbart werden kann.36 Darüber hinaus weist Mason darauf hin, dass dieser Satz nur für Christen oder Juden verständlich sei, nicht aber für Heiden, die Josephus als Leser im Blick hat und für die er Fachtermini erläutert. Denn der jüdische Terminus ƺƴƮƶƷˆƵ, wörtlich ins Griechische zu übersetzen mit „der Befeuchtete“, wird von Josephus nicht erklärt.37 In Ant XX 200 hingegen

––––––––––––– 35 So auch Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 65. 36 Ausführlich dazu Mason, Josephus (s. Anm. 3), 249–251. 37 Mason, Josephus (s. Anm. 3), 248f.

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wird ƺƴƮƶƷˆƵ als Beiname eingeführt und bedarf hier keiner Erklärung. Die Interpolationsgegner haben allerdings vorgebracht, dass ein christlicher Redaktor nicht ɻƱ, sondern ɩƶƷ˄Ʊ geschrieben hätte, da er von der Auferstehung am dritten Tag und der gegenwärtigen Existenz Christi ausgehe. Whealey hat hingegen aufgrund des Präteritums gefordert, dass diese Aussage insgesamt nicht eine Interpolation sein könne, die sozusagen ex nihilo gebildet worden sei. Vielmehr setze sie einen Text voraus, möglicherweise eine Vorform der lateinischen Fassung, die im Präteritum et credebatur esse Christus liest.38 In milderer Form fragt auch Schürer nach einer Vorlage, die ein christlicher Kopist im Text des Josephus gelesen und in eine eindeutige Fassung gebracht habe. Immerhin sei durch Ant XX 200 ja belegt, dass Josephus das Wort ƺƴƮƶƷˆƵ verwende. Allerdings gibt Schürer näheren Spekulationen über die mögliche Textgrundlage für den Kopisten keinen Raum.39 ƯƦ˃ ƦʡƷ˅Ʊ ɩƱƩƪ˄ƲƪƮ Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ™Ʀƴ’ ɶμ̝Ʊ ƶƷƦƸƴ̺ ɩ™ƮƷƪƷƮμƬƯˆƷƳƵ ƖƮưʾƷƳƸ Die Verurteilung Jesu durch Pilatus zum Kreuz und die vorhergehende Anzeige durch die ersten Männer des jüdischen Volkes wird ohne Angabe eines Rechtsgrundes vorgetragen. Die Verteilung der Zuständigkeiten oder Verantwortlichkeiten hält den Anteil der jüdischen Autoritäten gering.40 Immerhin ist deutlich, dass die Initiative zur Beseitigung Jesu von ihrer Seite ausging. Es ist problematisch, diesen kurzen Satz zum Tod Jesu im Testimonium Flavianum mit den ausgeführten Passionsgeschichten der vier Evangelien zu vergleichen. Auf der Ebene eines reinen Textvergleichs scheint mir Meiers Folgerung, „this description of Jesus’ condemnation cannot stem from the Four Gospels“41, unangebracht. Zumindest die Hinrichtungsart der Kreuzigung und die Abfolge der Instanzen von jüdischen zu römischen Amtsträgern unter besonderer Betonung der Verantwortlichkeit des Pilatus entsprechen mehrheitlich der Darstellung der Evangelien. Allerdings wird die Verantwortlichkeit der jüdischen Seite nicht präzise mit Namen (etwa Kaiphas oder Hannas) oder Funktionsträgern (Synhedrium, Hohepriester) benannt. Auch wird weder ein Rechtsgrund für die Überstellung an Pilatus noch für den Kreuzestod angegeben. Der Text lässt seitens des Verfassers keine Partei-

––––––––––––– 38 Whealey, Josephus (s. Anm. 8), 41f. 39 Schürer, History (s. Anm. 30), 435. 40 Schürer, History (s. Anm. 30), 434, geht ausführlich auf die inklusive Redeweise (™Ʀƴ’

ɶμ̝Ʊ) ein. Die nachgeordnete Wortstellung zum Beziehungsbegriff Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ist für Josephus unüblich. Es hätte Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ ɩƱ ɶμ̝Ʊ əƱƩƴ̹Ʊ erwartet werden können. Wohl aber bezieht Josephus seine Person in Ant oftmals bewusst in die Darstellung ein, während er Entsprechendes in Bell noch vermeidet. 41 Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 66.

Das Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive

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nahme für den Angeklagten Jesus oder für die Obersten des jüdischen Volkes erkennen. Die Aussage ist vielmehr eingeordnet in die Verwunderung darüber, dass selbst die Kreuzigung Jesu dessen Nachfolger nicht davon abgehalten hat, diesem Jesus weiter anzuhängen. ƳʡƯ ɩ™ƦˈƶƦƱƷƳ Ƴʆ Ʒ˅ ™ƴ̹ƷƳƱ əƨƦ™˂ƶƦƱƷƪƵ Der Satz ist unvollständig, da Ƴʡ ™ƦˈƼ einer näheren Bestimmung bedarf. Euseb und weitere Codices lesen ɩƯ™ƦˈƼ (gänzlich aufhören), was den Aussagegehalt wohl sekundär deutlich machen möchte. Feldman (LCL) ergänzt: „… did not give up their affection to him.“ Für das Subjekt Ƴʆ Ʒ˅ ™ƴ̹ƷƳƱ əƨƦ™˂ƶƦƱƷƪƵ mag gelten, was bereits zu den ‚vielen aus dem Judentum und den vielen aus dem Heidentum‘ gesagt worden ist. Josephus zeichnet ein Charakterbild der Christen seiner Zeit, welches durch Liebe (zu Jesus) gekennzeichnet ist. Das Thema der ersten Liebe und das des Festhaltens an ihr wird in neutestamentlichen Spätschriften gelegentlich thematisiert (vor allem Apk 2,4; vgl. auch die Vorstellung der Vervollkommnung der Liebe in 1Joh 4,12.17f). Dieses Thema ist freilich kein Spezifikum frühchristlicher Terminologie. ɩƹʾƱƬ ƨʽƴ ƦʡƷƳ̝Ƶ Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ Ʒ̹Ʊ ƭƪ˄ƼƱ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ ƷƦ̬Ʒʾ Ʒƪ ƯƦ˃ ɝưưƦ μƸƴ˄Ʀ ™ƪƴ˃ ƦʡƷƳ̬ ƭƦƸμʾƶƮƦ ƪʅƴƬƯˆƷƼƱ Diese Aussage unterbricht die Beschreibung der Anhänger Jesu und sie gilt mehrheitlich als christliche Interpolation oder als christliche Überarbeitung.42 Man sollte festhalten, dass ausschließlich von einer Erscheinung am dritten Tag nach einer Wiederbelebung vor denen, die (ihn) zuerst geliebt hatten, gesprochen wird, nicht aber von einer Auferstehung oder Auferweckung, auch wird nicht auf eine Grabesüberlieferung eingegangen. Da ɩ™ƦˈƶƦƱƷƳ eigentlich nach einer näheren Bestimmung verlangt, die jetzt im Text allerdings nicht gegeben wird, kann man sogar erwägen, dass mit der Einfügung des Textes von ɩƹʾƱƬ bis ƪʅƴƬƯˆƷƼƱ ein Textteil weggebrochen ist. Auf jeden Fall wird die Beschreibung des Verhaltens der Anhänger Jesu von damals (nach der Kreuzigung) bis in die Gegenwart ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ organisch durchgeführt. Die Ostererscheinungsaussage bemüht einen Schriftbeweis durch Rekurs auf die göttlichen Propheten. Er steht möglicherweise unter direktem Einfluss von 1Kor 15,3f (vgl. das doppelte ƯƦƷʽ ƷʽƵ ƨƴƦƹʾƵ); aber auch im weiteren frühchristlichen Schrifttum ist die Verbindung von Ostererscheinung und Schriftbeweis belegt. Der Schriftbeweis wird über die Ostererscheinung hinaus gleichzeitig auch auf weitere 1000 wundersame Ereignisse über Jesus bezogen, was wiederum deutlich steigernd über den Befund des NT hinausgeht.

––––––––––––– 42 Schürer, History (s. Anm. 30), 437.

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ƪʅƵ ɭƷƮ Ʒƪ Ʊ̬Ʊ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ə™˅ ƷƳ̬Ʃƪ ʭƱƳμƦƶμˀƱƳƱ ƳʡƯ ɩ™ˀưƮ™ƪ Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ Die Bezeichnung Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Der Begriff ƝƴƮƶƷƮƦƱƳƤ hat bereits eine schmale neutestamentliche Vorgeschichte (Act 11,26; 26,28; 1Petr 4,16). Er gewinnt zum Ausgang des 1. Jh. innerhalb des christlichen Sprachgebrauchs deutlich an Bedeutung (vgl. die häufige Verwendung bei Ign), wird aber auch in römischen Quellen aufgenommen (Plinius, Epistulae X 96; Tacitus, Annales XV 44,2: chrestiani). Im Neuen Testament wird ƹ̬ưƳƱ nicht verwendet, wohl aber ƹƸưƣ, und zwar im Blick auf die zwölf Stämme Israels oder auf die Völker bzw. Nationen der Erde. Bei Josephus bezeichnet ƹ̬ưƳƱ überwiegend das Volk der Juden (Bell III 354; VII 327) bzw. der Taurer (Bell II 366) oder Parther (Bell II 379). Es wäre mit Mason in der Tat „sehr merkwürdig, wenn Josephus von den Christen als besonderer ethnischer Gruppe gesprochen haben sollte, da er doch gerade erst geäußert hat, daß Jesus ein Jude war …“43 Die nächste Parallele zu Ʒ˅ ƹ̬ưƳƱ Ʒ̹Ʊ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ stellt wohl Euseb, h. e. III 33,2 dar. Euseb spricht über den Briefwechsel zwischen Plinius und Trajan und erwähnt die Anordnung des Kaisers: Ʒ˅ ƝƴƮƶƷƮƦƱ̹Ʊ ƹ̬ưƳƱ μˁ ɩƯƫƬƷƪ̝ƶƭƦƮ.44 Doch ist von diesem Befund ausgehend nicht notwendig auf eine christliche Interpolation oder Überarbeitung zu schließen.45 Es kann kein überzeugendes Motiv für die These einer christlichen Interpolation gefunden werden. Denn der Gedankengang des Testimonium Flavianum zielt ja gerade darauf hinaus, dass Jesus aus Juden und Heiden bereits viele gesammelt hat und dass diese, obwohl Jesus gekreuzigt wurde, nicht von ihrer Liebe (zu ihm) abließen und daher noch bis heute, also bis in die Gegenwart der Abfassung der Antiquitates in Rom und im Imperium Romanum als Stamm der Christen existieren. Dieser übergreifende Gedankengang stellt sozusagen den Rumpf des Testimonium Flavianum dar.

––––––––––––– 43 Mason, Josephus (s. Anm. 3), 253. 44 S. Zeitlin, The Christian Passage in Josephus, JQR 18, 1927 / 1928, 231–253, hat daher

mit Verweis auf Euseb hier den christlichen Interpolator erkannt (vgl. ebd. 238f). Olson, Eusebius (s. Anm. 1), hat konsequenterweise Euseb zum Verfasser des Testimonium Flavianum erklärt. Ich erinnere hier auch nochmals an die These Pines’, dass Euseb erst in einer zweiten, späteren Fassung die christlichen Interpolationen eingetragen habe. 45 Schürer, History (s. Anm. 30), 434; Meier, Marginal Jew I (s. Anm. 16), 66, sprechen sich dezidiert dafür aus, diesen Schlusssatz des Testimonium Flavianum zum ursprünglichen Textbestand zu rechnen.

Das Testimonium Flavianum aus neutestamentlicher Perspektive

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IV. Ergebnisse Die textgeschichtlichen und textkritischen Probleme sind höchst diffizil und widersetzen sich einer klaren und einfachen Lösung. Mit einem gewissen Recht fordern etliche Forscher einen Verzicht auf auch nur vorläufige Antworten. Eine voreusebianische Textgestalt erschließen zu können, erscheint auch bei sorgsamer Aufarbeitung der bekannten Textüberlieferung gegenwärtig nicht möglich. Wir beziehen uns also stets auf einen Text, der durch die großen Antiquitates-Codices des hohen Mittelalters belegt und durch das Zitat Eusebs für das frühe 4. Jh. bezeugt ist. Als recht eindeutig hat sich ergeben, dass dieser Text in dieser Textgestalt weder von Josephus noch von einem christlichen Interpolator verfasst wurde. Vielmehr deuten starke Argumente darauf hin, dass Josephus an dieser Stelle etwas zu den Christen seiner Zeit und zu ihrem ‚Religionsgründer‘ Jesus sagen wollte. Jedenfalls entsprechen Sprache und Phraseologie weitgehend derjenigen des Josephus, unterscheiden sich aber von einer durch Vorgaben des Neuen Testaments bestimmten Sprache. Wenn wir die oftmals genannten drei Einsprengsel ƪʉƨƪ ɝƱƩƴƦ ƦʡƷ˅Ʊ ưˀƨƪƮƱ ƺƴ˂ – ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ɻƱ – ɩƹʾƱƬ ƨʽƴ ƦʡƷƳ̝Ƶ Ʒƴ˄ƷƬƱ ɭƺƼƱ ɶμˀƴƦƱ ™ʾưƮƱ ƫ̹Ʊ als Zusätze eines christlichen Kopisten in eusebianischer Zeit streichen, dann erhalten wir einen in sich stimmigen und kohärenten Text. Die christlichen Zusätze haben wohl die nächsten Parallelen im Werk des Euseb, müssen deshalb aber nicht notwendig erstmals von Euseb in das Testimonium eingetragen worden sein. Das Testimonium in seiner ursprünglichen Textgestalt will über die gegenwärtig existierende Gruppe der Christen berichten, die sich aus Juden und Heiden zusammensetzt, und mit gewisser Verwunderung zum Ausdruck bringen, dass Jesus seinerzeit bereits aus Juden und Heiden viele gesammelt hatte und dass diese, obwohl Jesus gekreuzigt wurde, nicht von ihrer Liebe (zu ihm) abließen und daher noch bis heute als Stamm der Christen existieren. Diese Aussage stellt, wie bereits erwähnt, sozusagen den Rumpf des Testimonium Flavianum dar. Die Stellung dieses Abschnitts im näheren Kontext bleibt für eine streng gattungskonforme Betrachtung problematisch und man sollte Nordens diesbezügliches Votum für eine vollständige Interpolation nicht leichtfertig überspielen. Josephus stellt Aufruhrereignisse aus der Zeit der Herrschaft des Pontius Pilatus in Judäa zusammen. Allein im Testimonium Flavianum wird nicht über einen Aufruhr berichtet. Letztlich geht es um ein Abwägen aller Argumente. Da die Sprache des Testimonium Flavianum nicht christlich ist, sondern mit derjenigen des Josephus konform geht, ist die Reichweite der Gattungskritik wiederum begrenzt. Das Testimonium Flavianum ist zweifelsfrei ein nichtchristlicher Zeuge für die Existenz Jesu Christi. Während im Blick auf seine Wirksamkeit mit Wunder- und Lehrtätigkeit eher allgemeine Topoi angesprochen werden

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und die Bestimmung des Jüngerkreises als aus Juden und Heiden bestehend aus späterer Perspektive gestaltet zu sein scheint, stellen die Aussagen zur Kreuzesstrafe unter Pilatus in Verbindung mit dem Verweis auf die Anschuldigung durch die Obersten des jüdischen Volkes einen wichtigen außerchristlichen Beleg für die Todesstrafe Jesu dar.

Josephus on the Pharisees as Diaspora Jews by

DANIEL R. SCHWARTZ As a review of recent scholarly literature shows, there are many ways to study Josephus’ statements about the Pharisees. One can, first of all, study Josephus’ statements about the Pharisees as historical testimony about the Pharisees, juxtaposing them with other evidence in an attempt to build a picture of the Pharisees as they really were.1 Or, turning rather to Josephus himself, one can study whether he was a Pharisee, focusing either upon his own direct statement on the matter at Vita 12,2 or upon comparison of his beliefs and statements about Jewish law with those thought, with more or less certainty, to have characterized the Pharisees.3 Again, one can study Josephus’ statements about the Pharisees source-critically, attempting to assess how much he took over from this or that predecessor,4 or, at the other pole, one can study how Josephus’ statements about the Pharisees functioned for Josephus – whether within his narratives,5 or within his times and society.6 What follows

––––––––––––– 1 See, for some examples, J. Neusner, From Politics to Piety. The Emergence of Pharisaic Judaism, New York 21979; D. Goodblatt, The Place of the Pharisees in First-Century Judaism. The State of the Debate, JSJ 20, 1989, 12–30; D. R. Schwartz, MMT, Josephus and the Pharisees, in: Reading 4QMMT, J. Kampen / M. J. Bernstein (eds.), Atlanta 1996, 67–80; R. Deines, The Pharisees Between „Judaisms“ and „Common Judaism“, in: Justification and Variegated Nomism, I: The Complexities of Second Temple Judaism, D. A. Carson / P. T. O’Brien / M. A. Seifrid (eds.), Tübingen / Grand Rapids 2001, 443–504. 2 See esp. S. Mason, Was Josephus a Pharisee? A Re-Examination of Life 10–12, JJS 40, 1989, 31–45, or idem, Flavius Josephus and the Pharisees. A Composition-Critical Study, Leiden 1991, 342–356. 3 For reviews of such scholarship, see Mason, Josephus and the Pharisees (see n. 2), 325–341, and H. W. Attridge, The Interpretation of Biblical History in the Antiquitates Judaicae of Flavius Josephus, Missoula 1976, 6–16. 4 See my: Josephus and Nicolaus on the Pharisees, JSJ 14, 1983, 157–171. 5 See esp. Mason, Josephus and the Pharisees (see n. 2), also G. Baumbach, Die Pharisäerdarstellung des Josephus: propharisäisch oder antipharisäisch? Franz-DelitzschVorlesung 6, Münster 1997. 6 This was where the current wave of modern study of Josephus’ Pharisees began, with M. Smith, Palestinian Judaism in the First Century, in: Israel. Its Role in Civilization,

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is a variety of the last-named approach, that will attempt to contextualize Josephus’ statements in light of what we know of his own situation and also in light of what we know of the fundamental characteristics of Pharisaism. A summary of Josephus’ reports about the Pharisees’ religion will, I believe, consist of three main statements, all of which are set off by contrast to the Sadducees: 1) Pharisees are involved in law, and are thought to be – or think themselves to be – those who expound the ancestral legal tradition most accurately; the Sadducees, in contrast, deny the authority of extra-biblical legal tradition (Bell I 110; II 162; XIII 296f, 408; XVII 41). 2) Pharisees believe in divine providence, as opposed to the Sadducees, who do not (Bell II 162f; Ant XIII 171–173; XVIII 13). 3) Pharisees believe in the eternity of the soul, as opposed to the Sadducees, who think all life ends with death (Bell II 163; Ant XVIII 14). And what did Josephus think about these points? One could gather material from various parts of his writings, such as his pride at Vita 9 about his own erudition and proficiency in the ancestral laws; his attack, prominent at the end of Ant X (277–280), upon Epicureans and others who don’t believe in divine providence; and his references in the Jodefat and Masada speeches (Bell III 374; VII 341–350) to the relationship of body to soul. All of those examples tend to indicate that Josephus was ascribing to the Pharisees views he himself held – and are, indeed, standard fare in the dossiers of those who argue that Josephus was himself a Pharisee. However, various factors – such as the difficulty of defining Josephus’ own views; Josephan texts that apparently denigrate the Pharisees (Bell I 111; Ant XIII 288.401f; XVII 41); and doubts about the Pharisees’ views – make that type of dossier problematic; see n. 3. Moreover, as scholars have noted, the references to the Pharisees are so few and far between in Josephus’ oeuvre that it may be doubted that he was very concerned about the way he portrayed them, or about the way he portrayed his own relationship with them or attitude toward them.7 Nevertheless, he did write about them, and we should like to know how to understand the way he portrays them. In what follows, I would like to propose, mainly on the basis of a single but eloquent example,

––––––––––––– M. Davis (ed.), New York 1956, esp. 74–78. See also J. Neusner, Josephus’ Pharisees. A Complete Repertoire, in: Josephus, Judaism, and Christianity, L. H. Feldman / G. Hata (eds.), Detroit 1987, 274–292; S. Mason, Josephus on the Pharisees Reconsidered. A Critique of Smith / Neusner, SR 17, 1988, 455–469; S. Schwartz, Josephus and Judaean Politics, Leiden 1990, 170–208; D. S. Williams, Morton Smith on the Pharisees in Josephus, JQR 84, 1993 / 1994, 29–41. 7 See Williams, Morton Smith (see n. 6) 39f, following others mentioned in his n. 43.

Josephus on the Pharisees as Diaspora Jews

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another method of addressing this – a method based upon putting Josephus’ statements on the Pharisees into a broader, and, I believe, more fundamental context. The method is an attempt to understand what Josephus’ own values were, and to make sense out of the fact that his different works bespeak, at times, different values. The example upon which we shall focus is provided by a relatively wellknown episode toward the end of Herod’s reign.8 The episode is easily summarized. Josephus reports that towards the end of Herod’s life some popular teachers incited their disciples to dismantle an eagle Herod had hung above one of the gates of the Temple. Apparently, the eagle was meant to symbolize Rome, Herod had put it there to symbolize that even in this center of Jewish national memories and aspirations Roman rule was recognized, and the teachers had urged their followers to tear it down. Some did, and Herod responded by burning the culprits alive. Josephus narrates this episode in both of his parallel works: Bell I

Ant XVII

(648) ƩˈƳ ɻƶƦƱ ƶƳƹƮƶƷƦ˃ ƯƦƷʽ ƷˁƱ ™ˆưƮƱ μʾưƮƶƷƦ ƩƳƯƳ̬ƱƷƪƵ əƯƴƮƧƳ̬Ʊ Ʒʽ ™ʾƷƴƮƦ ƯƦ˃ ƩƮʽ ƷƳ̬ƷƳ ɩƱ ™ƦƱƷ˃ Ʒ̺ ɭƭƱƪƮ μƪƨ˄ƶƷƬƵ ɵƲƮƼμˀƱƳƮ ƩˆƲƬƵ … (650) əƭˀßƮƷƳƱ ƨʽƴ ƪʋƱƦƮ ƯƦƷʽ Ʒ˅Ʊ ƱƦ˅Ʊ ɷ ƪʅƯˆƱƦƵ ɷ ™ƴƳƷƳμʽƵ ɷ ƫ̸ƳƸ ƷƮƱ˅Ƶ ɩ™ˊƱƸμƳƱ ɭƴƨƳƱ ƪʋƱƦƮ

(149) ʃƱ … ʍƳƸƩƦ˄ƼƱ ưƳƨƮˊƷƦƷƳƮ ƯƦ˃ ™Ʀƴ̉ ƳʦƶƷƮƱƦƵ ɩƲƬƨƬƷƦ˃ Ʒ̹Ʊ ™ƦƷƴ˄ƼƱ ƱˆßƼƱ ɝƱƩƴƪƵ ƯƦ˃ Ʃ˂μ̷ ™ƴƳƶƹƮưƪ̝Ƶ ƩƮʽ ™ƦƮƩƪ˄ƦƱ ƷƳ̬ ƱƪƼƷˀƴƳƸ … (151) ƯƼưˈƪƮ Ʃʿ ʖ ƱˆßƳƵ ƪʅƯˆƱƼƱ Ʒƪ əƱƦƶƷʾƶƪƮƵ ɩ™ƮƱƳƪ̝Ʊ ƯƦ˄ ƷƮƱƼƱ ƫ̸ƼƱ əƱƦƭˀƶƪƮƵ ɩ™ƮƷƬƩƪˈƪƶƭƦƮ ƷƳ̝Ƶ ƧƮƳ̬Ʊ ƯƦƷ̉ ƦʡƷ˅Ʊ ™ƴƳ̍ƴƬßˀƱƳƮƵ

(648) There were in the city two wise men who were thought to be especially accurate concerning the ancestral (customs), and for that reason they enjoyed the highest respect in the entire nation … (650) For it is (they said) not allowed that there be in the Temple any image or bust or any work representing a living being.

(149) There were … the most learned of the Jews and unparalleled expounders of the ancestral laws, men who were loved by the people due to the education (which they supplied) the youth … (151) For the law forbids those who choose to live according to it to imagine setting up images and to prepare dedications of any living beings.

Comparison of these two accounts will discover three significant differences which point, I believe, to three separate but interrelated points: Practice vs. Law: Whereas Bellum speaks of things which are normally done, Antiquitates speaks of law. This is very clear in the first comparison, where

––––––––––––– 8 For a recent study of this episode, see: J. W. van Henten, Ruler or God? The Demolition of Herod’s Eagle, in: The New Testament and Early Christian Literature in Greco-Roman Context. Studies in Honor of D. E. Aune, J. Fotopoulos (ed.), Leiden / Boston 2006, 257-286.

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Bellum introduces the two teachers as experts concerning Ʒʽ ™ʾƷƴƮƦ while Antiquitates refers instead to Ƴʆ ™ƦƷƴ˄ƳƮ ƱˆμƳƮ. But it is also clear in the second case, for although Thackeray’s Loeb translation of Bellum rendered əƭˀμƮƷƳƵ as „unlawful“, in fact it seems better to use something less legal (such as our ‚not allowed‘), for „this term refers primarily not to what is forbidden by ordinance but to violation of tradition or common recognition of what is seemly or proper.“9 That is, to summarize this first point, Josephus’ version in Antiquitates reflects, in comparison to Bellum, a tendency to view what Jews do as a matter of law. This is a tendency that has been observed elsewhere as well. Three examples: a) When Pompey’s troops besieged and attacked the Temple in 63 B. C., Jewish priests there continued unperturbed in their performance of the sacrificial cult (ƭƴƬƶƯƪ˄Ʀ, ƭƪƴƦ™ƪ˄Ʀ), according to Bell I 148.150 – but the parallels at Ant XIV 65.67 have them continuing unperturbed in their observance of the laws (ƱˆμƳƮ, ƱˆμƮμƦ). b) When a Roman soldier wantonly destroyed a scroll of the Torah, Cumanus, the Roman governor of Judaea executed him; while both Bell II 231 and Ant XX 117 say he did so to assuage the Jews, only the latter notes that the soldier had „outraged the laws“ (ɩƱƸƧƴ˄ƶƦƱƷƦ ƷƳ̝Ƶ ƱˆμƳƮƵ).10 c) Although Josephus’ biblical ‚Vorlage‘ in 2Chr 13,4–12 has King Abijah giving a long speech detailing (in v. 8–12) the priesthood and sacrificial cult properly preserved and observed by the Jews of the southern kingdom, but makes no mention of law, Josephus’ version of the speech, in Ant VIII 276– 281, refers to cultic matters only summarily but adds in three references to Jewish law (277.280.281 – ƱˆμƳƮ, ƱˆμƮμƦ, ™ʾƷƴƮƦ). Now, as for how to interpret this, we may note that S. J. D. Cohen, who observed this growing emphasis upon the law in Josephus’ later works, saw it as an aspect of his latter-day Pharisaism.11 However, we may note that Josephus does not say the sages of the law who figured in the eagle incident, and whom he obviously praises, were Pharisees,12 just as he is willing to speak about

––––––––––––– 9 F. W. Danker (ed.), A Greek-English Lexicon of the New Testament and Other Early Christian Literature, Chicago 2003, 24. 10 This case is particularly interesting because the very topic was the mistreatment of the Jewish law(-book). Typically, just before the passages quoted, Bell II 230 refers to it as „their (= the Jews’) law“ while Ant XX 116 speaks of God’s laws – God’s and plural. So too, in the preceding incident: Ant XX 108 refers to God and XX 112 refers to prayers and sacrifices, while the parallel in Bell II 224–227 refers to neither. 11 S. J. D. Cohen, Josephus in Galilee and Rome. His Vita and Development as a Historian, Leiden 1979, 87–89.144–151. 12 Although scholars sometimes assume Josephus meant such an equation. Thus, for example, Schalit refers to them without argument as „zwei pharisäische Gelehrte“ and Schürer

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others who are exacting about the law without calling them Pharisees13 – and so it could well be that we should understand that it is that value which is important for Josephus, while attributing it to the Pharisees is only one case of it, mentioned as the occasion, or his sources, might warrant it. The value itself, however, need not be understood as a Pharisaic one; and it could be that its growth, in the move from Josephus’ early work to his later ones, reflects his getting used to the values of diasporan Judaism. For when territory is no longer available to impart identity, observance of law is – alongside of pedigree – an obvious alternative. We shall return to this below. Prohibitions vs. Choice to Obey Them: Whereas Bellum says in a very uncomplicated way that it is simply not done, əƭˀμƮƷƳƵ, to have images of living beings in the Temple, Antiquitates does not only say (as just noted) that it is illegal to do. Being illegal is not enough; rather, what Josephus notes in the above-cited passage from Antiquitates is that one must also choose to live according to Jewish law. Those who do not do so are not bound by it; being Jewish is a matter of choice. But that is the epitome of diasporan existence, where it is not the nature of things that makes Jews Jews, but, rather, their choice to be Jews. Roman Jews are Romans according to their natural givens; if they were Jewish, and remained Jewish, it is because they chose to do so. That is, this difference too bespeaks Josephus’ diasporan orientation. Place vs. People: Whereas Bellum says the prohibition of images applies to a particular place, namely the Temple, Antiquitates says it applies to particular people, namely those who choose to live according to Jewish law. Such devaluation of a particular place, which has precise Josephan parallels in two other episodes,14 and which results in all Jews in the world being of equal

––––––––––––– called them „rabbis;“ see A. Schalit, König Herodes. Der Mann und sein Werk, Berlin 22002, 638, and E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B. C. – A. D. 135), I; G. Vermes et al. (eds.), Edinburgh 1973, 325. Again, A. I. Baumgarten (The Name of the Pharisees, JBL 102, 1983, 414), although carefully writing only that when Josephus describes people this way (including the two sages of the eagle incident) „some of these individuals may have been Pharisees“ and noting that „definite conclusions concerning the affiliations of these individuals are impossible,“ nevertheless goes on to observe that, „as suggested by Cohen, Josephus is clearly trying to don the mantle of the Pharisees …“. 13 Although, again, some modern scholars do; so, for example, Schürer, History (see n. 12), 447, used „Simon the Pharisee“ of the unaffiliated legalist mentioned at Ant XIX 332. 14 According to Bell II 195 the Jews told Petronius that it was against the law for any image to be placed not only in the Temple, but in any unconsecrated place in the country, with no distinctions made as to who did it (pace Thackeray, whose Loeb translation [„they were forbidden“] wrongly limits it to Jews), but the parallel at Ant XVIII 264 has them saying it is forbidden „us“ (ɶμ̝Ʊ) to set up such an image – with no reference to any particular place. So too Bell II 170 says, with regard to an episode in the days of Pontius Pilate, that Jewish laws forbid the erection of an image in Jerusalem – but the parallel at Ant XVIII 55 says the law

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status no matter where they live, is of course to be expected of diasporan Jews; for some eloquent statements of this, see the rise of the use of the divine name „God of Heaven“ concomitant with the appearance of the Jewish diaspora;15 2Macc 5,19; and Stephen’s speech in Acts 7.16 So, to summarize so far, the comparison of our two passages, Ant XVII in contrast to Bell I, leads us to see Josephus becoming a diasporan Jew. This is indicated clearly by the latter two of the three differences noted, which show Josephus assuming that being Jewish is more a matter of choice than something to be taken for granted, and that Jewish law is equally applicable no matter where one is. But it is also indicated by the first of the three differences, which shows the Josephus of Antiquitates understood doing Jewish as a matter of law rather than one of local custom or cult. As noted, Josephus’ increasing focus on law, in his later books, was noted by S. J. D. Cohen, who viewed it as a sign of Josephus’ becoming a Pharisee. However, it seems that putting this focus upon law alongside the other two points we noted, which brought us to see here a process of Josephus becoming a diasporan Jew, should suggest to us that becoming a Pharisee goes hand in hand with becoming a diasporan Jew. Indeed, I would urge that we see – and recognize that Josephus saw – Pharisaic Judaism as a diasporan phenomenon, and that we understand the transformation of Josephus into a Pharisee as an aspect of his becoming a diasporan Jew – what we might term his becoming a ‚Jew‘ instead of a ‚Judaean‘.17 To address this fully would require a broad front, far beyond the present framework. And I am also aware of the fact that we have no evidence for Pharisaism, per se, outside of Palestine; nowhere, apart from the polemical and difficult-to-assess remark at Matt 23,15, do we read of Pharisees in Alexandria, Rome, Antioch, or elsewhere. Nevertheless, I would insist that diaspora is not a matter of geography; it is a matter of sovereignty or the lack of it, and Jews of the Second Temple period lacked sovereignty in Judaea just as ––––––––––––– forbids „us“ (ɶμ̝Ʊ) to make such images and does not say this prohibition applies to any particular place. 15 See D. R. Schwartz, Studies in the Jewish Background of Christianity, Tübingen 1992, 7, also my: Wo wohnt Gott? Die Juden und ihr Gott zwischen Judenstaat, Diaspora und Himmel, in: Gottesstaat oder Staat ohne Gott. Politische Theologie in Judentum, Christentum und Islam, S. J. Lederhilger (ed.), Frankfurt a. M. 2002, 58–73. 16 For my interpretation of the latter’s repeated emphasis upon God’s accessibility in the Diaspora, that complements the claim that He does not live in the Temple, see my: Studies (see n. 15), 117–127. 17 For this topic, with special reference to Josephus, see my: „Judean“ or „Jew“. How Should We Translate Ioudaios in Josephus?, in: Jewish Identity in the Greco-Roman World – Jüdische Identität in der griechisch-römischen Welt, J. Frey / D. R. Schwartz (eds.), Leiden (forthcoming).

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much as they lacked it abroad.18 On that background, I would suggest that the basic difference between Pharisaic Judaism and priestly Judaism, such as that of the Sadducees or of the Dead Sea Sect, was in the former’s willingness to accept that fact and, accordingly, to prescind from territory as that which grants identity. Such an understanding of the fundamental root of Pharisaism will allow us to understand the more traditional way of understanding the difference between Pharisees and Sadducees, viz., as one between lay leadership and the priesthood,19 as a corollary. For since the axis and anchor of Jewish territorialism was the Temple, and the priesthood that ran the Temple was defined by its common pedigree, any devaluing of the Temple of necessity devalued both territory and pedigree at the same time. Indeed, we see that the Pharisees took pride in the fact that among their leaders there were Jews of foreign descent – just as well as we can see that the notion of conversion to Judaism was something quite hard for priestly Jews to accept.20 To see the embedment of the anti-priestly impulse in a broader framework recognizing the diaspora as a given, let us look aside for a moment to a prime document of early rabbinic Judaism, which we may equate, in general, with Pharisaism. I refer to three paragraphs from the beginning, middle, and end of the first chapter of the Mishnaic tractate Avot, where one finds what might be called the movement’s curriculum vitae: a generation by generation chain of tradition. mAv 1,2: Simeon the Just was one of the last of the Men of the Great Congregation. He used to say: The world stands on three things: on the Torah, on the Temple service, and on works of loving-kindness. mAv 1,12: Hillel says: Be of the disciples of Aaron – love peace, pursue peace, love people and bring them near to the Torah. mAv 1,18: Rabban Simeon ben Gamaliel says: The world stands on three things: judgment, truth, and peace, as it is written (Zechariah 8,16): „You shall seek truth and judgment of peace in your gates.“

––––––––––––– 18 See my: Agrippa I. The Last King of Judaea, Tübingen 1990, 82 n. 59, on the debate between two translators of Philo’s Legatio concerning its story (§§201f) about the Jews of Jabneh: Where E. M. Smallwood had assessed the Jews’ behavior according to diasporan standards, A. Kasher insisted Jabneh was part of the Holy Land. That was what the war of 66–73 was about. 19 See, for example, L. Baeck, The Pharisees and Other Essays, New York 1966, 3–50; R. Deines, Die Pharisäer. Ihr Verständnis im Spiegel der christlichen und jüdischen Forschung seit Wellhausen und Graetz, Tübingen 1997, esp. 145f (on Geiger); 494–497 (on Baeck). For my understanding of the basic clash between Sadducees and Pharisees as one between priests and non-priests, see: Law and Truth. On Qumran-Sadducean and Rabbinic Views of Law, in: The Dead Sea Scrolls. Forty Years of Research, D. Dimant / U. Rappaport (eds.), Leiden / Jerusalem 1992, 229–240. 20 See Schwartz, Agrippa I (see n. 18), 124–130.

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As one can easily see, the first and last paragraphs, that bracket this chapter, indicate very demonstratively that the passage of time from the days of Simeon the Just, who was a high priest in the early second century B. C. E., to those of Simeon ben Gamaliel, who was (as Josephus reports – Vita 190–192) a Pharisaic sage of the mid-first century, 21 saw the transformation of Judaism from a Temple-centered religion to one that can exist anywhere, wherever truth, judgment and peace may be found. So much for the importance of place. And as for the correlated importance of pedigree: Hillel’s statement, that one should strive to be a disciple of Aaron must be read as flying in the face of all biblical and post-biblical Jewish tradition, where the ever-present term is ‚sons of Aaron‘ – Aaron’s descendants and heirs, the priests. Here then we see, in a very demonstrative way in a prominent text, that Pharisaism is distinguished by its focus upon what one does, i. e. law, rather than upon one’s place or descent.22 If we now revert to the three main ways Josephus characterizes the Pharisees’ religion, what we will see is that, basically, he is characterizing them as good examples of diaspora Jews, such as what he himself was becoming: 1) They are characterized as experts in law – which, in the absence of homeland, and in the absence of a Temple that could lend importance to priestly pedigree, is what come to characterize Jews. When Josephus portrays the Pharisees as focusing upon Jewish law, and being its best interpreters, he is saying that they excel at that way of being Jewish which is available to diasporan Jews. 2) They are characterized as believers in divine providence. To put things somewhat bluntly: Belief in divine providence is a hallmark of people who can’t solve their problems themselves. As anyone who compares 1 Maccabees to 2 Maccabees will see, or as anyone who reads Dtn 8,11–17 might suspect, Jews who have an army tend not to have much use for divine providence, but diasporan Jews put great stock into it.23 Similarly, anyone who compares Josephus’ Bellum to his Antiquitates will see that whereas the former chalks up various things to Tyche, or daimonic forces, or the like, or even comments

––––––––––––– 21 Son of Gamaliel of Acts 5,34. However, it may be that Av 1,18 is in fact to be ascribed

to the second-century grandson of the Simeon ben Gamaliel Josephus mentioned. The point is not important in the present context. 22 For a polemical application of this text in a rabbinic text, see bJoma 71b, where Shemaya and Abtalion, Hillel’s teachers who are said to be descended from proselytes, are contrasted with a snooty high priest who does not do „the work of Aaron“. 23 See my: On Something Biblical About 2 Maccabees, in: Biblical Perspectives. Early Use and Interpretation of the Bible in Light of the Dead Sea Scrolls, M. E. Stone / E. G. Chazon (eds.), Leiden 1998, 223–232. On 1 Maccabees, see already C. L. W. Grimm, Das erste Buch der Maccabäer, Leipzig 1853, xvii–xviii.

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that things happened ‚as if‘ due to divine providence, Josephus just about never commits himself to saying that things happened due to divine providence.24 But in Antiquitates he does so more than thirty times, just as in general it plays a central role in that work.25 Thus, when Josephus attributes to the Pharisees a belief in providence, he’s saying they share a belief typical of diasporan Jews. 3) They are characterized as believing in immortality of the soul. That, of course, amounts to a belief that the soul exists separate from the body; although we see that bodies die and decay, we can believe in immortality if we believe the soul is separate. Positing this makes the facts of the body – its pedigree, for example – quite insignificant, and that is a position abhorrent to Jewish priests but quite welcome and useful for Pharisaic sages who (as ‚disciples of Aaron‘ rather than his sons) did not need to meet any standards of pedigree. But it is also the case that separation of spirit from body is what the diaspora is all about. For Jewish existence in the diaspora is predicated upon the notion that one’s physical surroundings do not dictate one’s identity; Roman Jews are not simply Romans. Thus, this way as well, Josephus is portraying the Pharisees as exemplary diasporan Jews. *** Our conclusion is that instead of, or at least alongside of, debating whether Josephus recommended the Pharisees or disliked them, or whether or not he himself was a Pharisee, we should realize that the elements that he uses to characterize their religion are ones very much at home in his own world – that of diasporan Judaism. If, as Steve Mason has shown so well, it was Roman / Spartan values and motifs that Josephus applied when characterizing the Essenes,26 it seems that when it came to the Pharisees, and Pharisaism, Josephus portrayed them as exemplars of the type of Jews and Judaism he

––––––––––––– 24 He does so only at IV 219, where a hypocritical villain makes the assertion, and at

VII 453 – which, for that reason among others, I have argued is a late addition to Bellum, reflecting the style characteristic of Josephus’ later works. See my: Josephus, Catullus, Divine Providence and the Date of the Judaean War, in: Flavius Josephus. Interpretation and History, J. Pastor / M. Mor / P. Stern (Hg.), Leiden (forthcoming). For Josephus’ usual hedging about this in Bellum, saying at most that things happened ‚as if‘ by divine providence, see I 593; III 28.144.391 and IV 366. Cf. II 457; IV 622; VII 82.318 – things happening ‚as if‘ due to daimonic providence. 25 On providence in Antiquitates, see esp. Attridge, Interpretation (see n. 3), 71–107. 26 See S. Mason, Essenes and Lurking Spartans in Josephus’ Judean War. From Story to History, in: Making History. Josephus and Historical Method, Z. Rodgers (ed.), Leiden 2007, 219–261.

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came to know during his decades in Rome.27 While this may have engendered some anachronism in his portrayal of them, it nevertheless seems to me that, in portraying the Pharisees as exemplary diasporan Jews (whether or not he liked them) Josephus in fact hit upon something of the basic essence of their religion.

––––––––––––– 27 Josephus’ growing acquaintance with Hellenistic Judaism during his years in Rome may be taken for granted, but also documented to some extent. See Schwartz, Josephus and Judaean Politics (see n. 6), 45–57, and my: Josephus on His Jewish Forerunners (Contra Apionem 1.218), in: Studies in Josephus and the Varieties of Ancient Judaism, Louis H. Feldman Jubilee Volume, S. J. D. Cohen / J. J. Schwartz (eds.), Leiden 2007, esp. 204–206.

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus von

ROLAND DEINES Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die Frage nach dem Verhältnis der Pharisäer zum Volk in der Perspektive der neutestamentlichen Autoren bzw. des Josephus. Wie beschreiben die verschiedenen Quellen die Stellung der Pharisäer in der sozialen Hierarchie und welche Hinweise geben sie auf die Interaktion zwischen einzelnen Pharisäern bzw. den Pharisäern als einer klar erkennbaren Gruppe und anderen Angehörigen der jüdischen Gesellschaft? „Volk“ ist dabei ein eher ungenauer Ausdruck für die in den Quellen unter verschiedenen Begriffen agierenden namenlosen Mengen innerhalb des jüdischen Volkes,1 deren ‚Macht‘ in erster Linie in ihrer Anzahl liegt. Angeregt wurde diese Frage durch Anthony Saldarinis einflussreiche Arbeiten über die Stellung der Pharisäer innerhalb der jüdischen Gesellschaft des 1. Jahrhunderts. Ich zitiere eine seiner zusammenfassenden Bemerkungen, die als Ausgangspunkt meiner eigenen Fragestellung diente: „They [the Pharisees] were members of a literate, corporate, voluntary association which constantly sought influence with the governing class. As such they were above the peasants

––––––––––––– 1 U. a. ưƦƿƵ, ʙƺưƳƵ, ™ư̏ƭƳƵ, die im Singular oder Plural, mit oder ohne Artikel vorkommen. Im rabbinischen Sprachgebrauch entspricht dem ʯʥʮʤ (vgl. A. Kovelman, ʯʥʮʤʤ ʬʿʦʧ ʺʥʸʴʱʡ, Jewish Studies 36, 1996, 111–132), in 4QMMT ʭʲʤ ʡʥʸ. Damit ist „a casual non-membership group of people“ bezeichnet, „fairly large in size and assembled for whatever purpose“, so im Greek-English Lexicon of the New Testament Based on Semantic Domains, 2 Bde., hg. v. J. P. Louw / E. A. Nida, New York 21989, Bd. 1, 121, vgl. auch ebd. 740, über die in diesen Bezeichnungen gelegentlich mitschwingende soziale Qualifizierung („the common people, in contrast with those who are rich, leaders, and / or authorities in the society) bzw. Diskriminierung („often with the implication of disdain and low esteem“). Zur literarischen Funktion (was historische Aussagen nicht ausschließt) vgl. J. R. C. Cousland, The Crowds in the Gospel of Matthew, NT.S 102, Leiden u. a. 2002, außerdem E. E. Urbach, The Sages. Their Concepts and Beliefs, 2 Bde., Jerusalem 1975– 1979 (21979, Nachdr. in einem Bd., Cambridge / London 1987), 524–648: „The People of Israel and Its Sages“.

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and other lower classes but dependent on the governing class and ruler for their place in society.“2

Saldarinis Analysen sehen die Pharisäer in einem konstanten Kampf um Macht und Einfluss, wobei Einfluss bei ihm fast ausschließlich über den Anschluss an die „governing class and ruler“ definiert ist. Dabei wird zu wenig beachtet, dass die Quellen die Pharisäer häufig in ihrer Orientierung auf das Volk hin darstellen. Meine These ist darum, dass sich das gesellschaftliche Interesse der Pharisäer als Gruppe in erster Linie an den breiten Volksschichten orientiert, die in den Städten und Dörfern des Landes Israel als Bauern, Handwerker, Kaufleute und Händler lebten. Auf deren religiöses Verhalten versuchten sie einzuwirken. Zwar kann ‚religiös‘ und ‚politisch‘ nicht getrennt, aber doch dahingehend unterschieden werden, dass die politischen Ziele den religiösen untergeordnet sind.3 Das pharisäische Ideal ist die Verwirklichung der Gottesherrschaft im Volk Israel durch die Heiligung des Alltags eben dieses Volkes. Mittel der Heiligung ist die Tora.4 Das ist das religiöse Ziel, dem auch die Politik zu dienen hat. Um ihr Ziel zu erreichen, sind ––––––––––––– 2 A. Saldarini, Art. Pharisees, ABD 5, 1992, 289–303: 301, vgl. ders., The Social Class of the Pharisees in Mark, in: The Social World of Formative Christianity and Judaism, FS H. C. Kee, hg. v. J Neusner u. a., Philadelphia 1988, 69–77: 70, und seine große Arbeit: Pharisees, Scribes, and Sadducees in Palestinian Society. A Sociological Approach, Edinburgh 1988. S. a. die Neuausgabe mit einem ausführlichen Vorwort von J. VanderKam, das auch auf kritische Stimmen eingeht: The Biblical Resource Series, Grand Rapids 2001, xi– xxv. Zur Kritik an dieser vorrangig politischen Einordnung der Pharisäer s. R. Deines, The Pharisees Between „Judaisms“ and „Common Judaism“, in: Justification and Variegated Nomism. A Fresh Appraisal of Paul and Second Temple Judaism, Bd. 1: The Complexities of Second Temple Judaism, hg. v. D. A. Carson u. a., WUNT II / 140, Tübingen 2001, 443–504: 446–449 u. ö., s. a. meinen Aufsatz: The Social Profile of the Pharisees, in: P. Tomson (Hg.), The New Testament and Rabbinic Literature, erscheint voraussichtlich 2007. Die Vorträge für das CJH-Symposium und für die von P. Tomson veranstaltete Leuvener Konferenz sind gleichzeitig entstanden und gehören inhaltlich zusammen. Dinge, die dort im Detail belegt sind, führe ich hier nur knapp an, um Überschneidungen zu vermeiden. 3 Das hat bereits J. Wellhausen in seiner nach wie vor (trotz des Einwandes von D. C. Stoutenburg, Rez. J. Wellhausen, The Pharisees and Sadducees. An Examination of Internal Jewish History. Translated by M. E. Biddle, Mercer Library of Biblical Studies, Macon 2001, JBL 122, 2003, 376–379) lesenswerten Studie gezeigt: Die Pharisäer und die Sadducäer. Eine Untersuchung zur inneren jüdischen Geschichte, Greifswald 1874 (Nachdrucke: Hannover 1924; Göttingen 1967), vgl. R. Deines, Die Pharisäer. Ihr Verständnis im Spiegel der christlichen und jüdischen Forschung seit Wellhausen und Graetz, WUNT 101, Tübingen 1997, 40–67. Ein vergleichbarer Ansatz wie der Wellhausens findet sich auch bei J. Schaper, The Pharisees, in: The Cambridge History of Judaism, Bd. III: The Early Roman Period, hg. v. W. Horbury / W. D. Davies / J. Sturdy, Cambridge 1999, 402–427. 4 So auch H.-F. Weiß, Art. Pharisäer I. Judentum, TRE 26, 1996, 473–481: 476, vgl. D. R. Schwartz, „Kingdom of Priests“ – a Pharisaic Slogan?, in: ders., Studies in the Jewish Background of Christianity, WUNT 60, Tübingen 1992, 57–80, bes. 63–65 (urspr. hebr. in: Zion 45, 1979 / 1980, 96–117).

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus

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die Pharisäer jedoch nicht ausschließlich, m. E. nicht einmal primär, auf die „ruling class“ fixiert oder angewiesen, sondern auf die Akzeptanz ihres Anliegens bei der Mehrheit des Volkes. Die Überprüfung dieser These kann nur aufgrund der Quellen erfolgen, die unstrittig unsere wichtigsten Informationslieferanten bezüglich der Pharisäer sind: das Neue Testament und Josephus bzw. Josephus und das Neue Testament. Welche Quelle jeweils im Vordergrund stehen sollte, lässt sich nicht pauschal festlegen, sondern ist von Stelle zu Stelle und von Schrift zu Schrift neu zu bestimmen. Legt man dafür zunächst einmal die üblichen und weithin akzeptierten Datierungen der Evangelien und der Schriften des Josephus zu Grunde, dann ergibt sich ein interessantes Wechselspiel zwischen diesen beiden Quellencorpora. Am Anfang stehen zwei neutestamentliche Quellen, nämlich Q und Markus, die beide in die Zeit vor 70 oder spätestens um 70 gehören, wobei ich mich der Meinung anschließe, die Q für älter als Mk hält, so dass wir mit Q in die Zeit um 50–60 wenn nicht sogar früher kommen.5 Entscheidend ist jedoch, dass es für eine historische Darstellung der Pharisäer – anders als im Hinblick auf den historischen Jesus – relativ egal ist, ob Q im Jahr 50 oder erst um 70 fixiert wurde, desgleichen, ob nun das Markusevangelium zwei Jahre vor oder drei Jahre nach 70 geschrieben wurde: In jedem Fall spiegelt sich in diesen Quellen eine Sicht der Pharisäer wider, in der der Tempel noch stand, die Hohenpriester über den Tempel bestimmten und das jüdische Volk noch in weiten Teilen seine inneren Angelegenheiten selbst regeln konnte.6 Die Entwicklung, die in der Zeit nach 70 eingetreten ist und die zu einer radikalen Neubestimmung dessen führte, was jüdische Identität ausmacht, ist für die Autoren dieser Quellen noch nicht erkennbar. Ebenso ist die zunehmend

––––––––––––– 5 Vgl. G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien, NTOA 8, Göttingen / Freiburg 1989, 238–245: Die Beschreibung der Pharisäer als Verfolger der ersten Christen weist für ihn in die Zeit der 40-er und frühen 50-er Jahre des 1. Jh., s. a. ders. / Annette Merz, Der historische Jesus, Göttingen 32001, 44f. Auch Maurice Casey vertritt für Q, welches für ihn ein schriftliches aramäisches Dokument war, das in zwei verschiedenen griechischen Übersetzungen bei Mt und Lk bewahrt wurde, eine sehr frühe Ansetzung und eine große Nähe zu Jesu Verkündigung selbst, vgl.: M. Casey, An Aramaic Approach to Q. Sources for the Gospels of Matthew and Luke, MSSNTS 122, Cambridge 2002 (ausführliche Forschungsgeschichte zu Q ebd. 1–50). Dagegen nennt J. S. Kloppenborg Verbin, Excavating Q. The History and Setting of the Sayings Gospel, Minneapolis 2000, 80–87, ein Datum kurz nach 70 für die Endredaktion von Q, doch die ersten beiden von ihm postulierten Strata – zu denen auch die Aussagen über die Pharisäer gehören – waren schon in die Zeit vor 70 fixiert (87), wobei er Q im Hinblick auf die Pharisäer („Q’s woes may be seen as local resistance to Pharisaic presence in the Galilee“ [175]) als recht gut informiert beurteilt (174f). Als Forschungsüberblick s. ferner P. M. Head / P. J. Williams, Q Review, TynB 34, 2003, 119–144. 6 So auch D. Lührmann, Die Pharisäer und die Schriftgelehrten im Markusevangelium, ZNW 78, 1987, 169–185: 172; Saldarini, Pharisees (s. Anm. 2), 145f.156.

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eigenständige Identität der christlichen Gemeinde als einer Bewegung, die weder ausschließlich im jüdischen und noch viel weniger im paganen Kontext verstanden werden kann, zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Das Markusevangelium ist hier jedoch wohl schon einen Schritt weiter als Q. Zeitlich als nächstes kommt Josephus’ Bellum, das etwa zeitgleich oder sogar noch etwas früher als das Lukasevangelium verfasst worden ist (ca. 75–79 n. Chr., vgl. Bell I 3–6, Ap I 50f). In diesem Werk konzentriert sich Josephus auf die Zeit ab 66 (ab Buch II 405),7 die ersten anderthalb Bücher geben einleitend lediglich einen eher knappen Überblick über die Hasmonäergeschichte bis zum Tod des Herodes (I 31–673), die Nachfolgeregelung unter seinen Söhnen (II 1–116) und schließlich die Verwaltung Judäas durch die Prokuratoren einschließlich der kurzen Regierungszeit Agrippas I. (II 117–404). In diesen chronologischen Rahmen sind verschiedene Stoffe integriert, wobei die Beschreibung der drei bzw. vier jüdischen Parteien das größte selbstständige Stück darstellt (Bell II 119–166). Lukasevangelium und Apostelgeschichte gehören zeitlich am ehesten zwischen die beiden Hauptwerke des Josephus, aber näher am Bellum als an den Antiquitates. Die lk Schriften geben eine geographische und ethnisch-religiöse Außenperspektive der jüdischen Verhältnisse wieder, während das Bellum eine Innenperspektive mit – trotz Abfassung in Rom – großer geographischer Nähe einnimmt. Das Matthäus- und das Johannesevangelium sind dagegen ungefähr zeitgleich mit den Antiquitates des Josephus entstanden, wobei Matthäus wohl etwas älter ist als die Antiquitates und Johannes. Die geographische Nähe zu Eretz Israel ist im Matthäusevangelium größer als in den Antiquitates. Als Autor kommt m. E. nur ein Judenchrist mit guten schriftgelehrten Kenntnissen in Frage, der in enger Fühlung zu den Entwicklungen in Palästina nach

––––––––––––– 7 Vgl. Bell I 18, wo Josephus ausdrücklich erklärt, dass er die Geschehnisse vor seiner aktiven Teilnahme nur „zusammengefasst durcheilt“ (ɩ™ƮƩƴƦμ̹ ƶƸƱƷƿμƼƵ). Die Kürze dieser Vorgeschichte wird schon aus der Inhaltsangabe ersichtlich, die er seinem Werk voranstellt (I 19–30): Die Zeit von den Makkabäern bis zum Jahr 66 ist in I 19f, die Geschehnisse der Jahre 66–73 dagegen in I 21–29 zusammengefasst. Es ist erstaunlich, wie wenig diese Aussagen in der Analyse der Pharisäerbelege des Josephus berücksichtigt werden. Da finden sich regelmäßig Hinweise auf die Unterschiede zwischen Bellum und Antiquitates und es wird darüber spekuliert, warum Josephus in den Antiquitates ausführlicher über die Pharisäer berichtet als in seinem ersten Werk, vgl. u. a. L. L. Grabbe, Sadducees and Pharisees, in: Judaism in Late Antiquity. Part Three: Where We Stand. Issues and Debates in Ancient Judaism, Bd. 1, hg. v. J. Neusner / A. J. Avery-Peck, HO I / 40, Leiden 1999, 35–61: 45. Der Unterschied dürfte schlicht darin liegen, dass Josephus im ersten Fall eine Geschichte des Jüdischen Krieges mit knapper Vorgeschichte schreibt (und darin, bei aller Kürze, den Pharisäern recht viel Platz einräumt), während er in seinem zweiten Werk eine ausführliche Geschichte des jüdischen Volkes und seiner inneren Verfassung bietet.

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus

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70 stand. Für das Johannesevangelium ergibt sich mit den Antiquitates als weitere Parallele, dass hier von einem aus Palästina stammenden Juden aus relativ großem zeitlichen und geographischen Abstand (Rom bzw. Ephesus) auf die Vorgänge um das Jahr 30 bzw. bis zum Jahr 70 zurückgeblickt wird. Ähnlich wie für Josephus lässt sich auch im Johannesevangelium einerseits eine z. T. erstaunlich präzise Kenntnis von historischen und geographischen Details beobachten,8 andererseits aber auch eine große Freiheit in der Gestaltung des ‚ideologischen‘ Anliegens.9 Diese Freiheit markiert den Abstand, der sich aus den rund dreißig Jahren Abwesenheit ergibt.10 Damit bietet sich eine eindrucksvolle Quellenlage für die Zeit von ca. 50–100 n. Chr. aus ganz verschiedenen Perspektiven, was den geographischen und ethnisch-religiösen Hintergrund der Autoren anbelangt. Eingewandt werden kann nun allerdings, dass zwar im Bereich der Evangelienforschung eine nur erschlossene, aber nicht erhaltene Quelle (eben Q) aufgeführt wird, gleiches jedoch nicht für die Quellen des Josephus gilt. Insbesondere seine Stoffübernahme aus dem Werk des Nikolaos von Damaskus, des Hofhistorikers von Herodes dem Großen, ist hier zu nennen, den Josephus allerdings häufiger nennt als direkt zitiert.11 Es ist nun jedoch in der JosephusForschung umstritten, ob es möglich ist, aus dem vorliegenden Text des Josephus mit ausreichender Wahrscheinlichkeit die Texte zu isolieren, die auf Nikolaos zurückgehen. Unstrittig ist nur, dass Josephus ihn als Quelle zur Verfügung hatte.12 Es ist jedenfalls m. E. nicht unmöglich, die Stellen zu be––––––––––––– 8 Zu Johannes s. M. Hengel, Das Johannesevangelium als Quelle für die Geschichte des antiken Judentums, in: Jüdische Geschichte in hellenistisch-römischer Zeit. Wege der Forschung: Vom alten zum neuen Schürer, hg. v. A. Oppenheimer, Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien 44, München 1999, 41–74. 9 Vgl. J. Frey, Das Vierte Evangelium auf dem Hintergrund der älteren Evangelientradition. Zum Problem: Johannes und die Synoptiker, in: Johannesevangelium – Mitte oder Rand des Kanons? Neue Standortbestimmungen, QD 203, Freiburg u. a. 2003, 60–118, bes. 109–115. 10 Wobei die Frage zu stellen ist, ob man von regelmäßigen oder zumindest gelegentlichen Besuchen etwa des Josephus in Eretz Israel ausgehen muss. Gleiches kann natürlich auch im Hinblick auf den Autor des JohEv gefragt werden. 11 Die wenigen wörtlichen Zitate und namentlichen Nennungen des Nikolaos im Werk des Josephus sind zusammengestellt bei M. Stern, GLAJJ I, 227–260, zur Quellenfrage s. ebd. 229–231. Als Hauptquelle für die Darstellung des Bellum von Antiochus IV. Epiphanes bis zu Archelaos wurde in der älteren Forschung vielfach Nikolaos als Hauptquelle angenommen, ebenso für Buch XIV–XVII der Antiquitates (allerdings stark bearbeitet). Den klassischen Beitrag dazu lieferte G. Hölscher, Art. Josephus, PRE 18, 1916, 1934–2000: 1943–1996, vgl. S. Mason, Flavius Josephus on the Pharisees. A Composition-Critical Study, StPB 39, Leiden 1991, 21–25. Zum Bellum s. ferner S. J. D. Cohen, Josephus in Galilee and Rome. His Vita and Development as a Historian, CSCT 8, Leiden 1979, 24–83. 12 Vgl. D. R. Schwartz, Josephus and Nicolaus on the Pharisees, JSJ 14, 1983, 151–171; für ihn lassen sich Ant XIII 171–173.288.401f; XVII 41–45 auf Nikolaos zurückführen (162),

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nennen, bei denen Josephus weitgehend von Nikolaos abhängig ist. Schwieriger ist dagegen seine Quellentreue zu beurteilen, aber auch da bietet ein Vergleich seines Umgangs mit anderen Quellen reichlich Material. Eine Rekonstruktion des Pharisäerbildes von Nikolaos wäre darum allemal einen Versuch wert. Das könnte unser Wissen über die Pharisäer um einen wichtigen Mosaikstein ergänzen, kämen wir damit doch an das Ende des 1. Jahrhunderts vor der Zeitenwende und unmittelbar nach Jerusalem. Im Gegensatz dazu steht die relative Gewissheit im Hinblick auf Q und die Akzeptanz dieser Quelle in weiten Teilen der wissenschaftlichen Diskussion, die es erlauben, diese gleichwohl hypothetische, im Hinblick auf Umfang, Form und Ursprache durchaus kontrovers diskutierte Quelle hier heranzuziehen.13 Noch ein weiterer wichtiger Punkt auf dieser Zeitlinie ist ausgelassen, nämlich das Wirken Jesu in der Zeit um 30. Dennoch ist im Auge zu behalten, dass zumindest ein Teil der Kontakte und Konflikte zwischen Jesus und den Pharisäern historisch wahrscheinlich gemacht werden kann.14 Da jedoch diese Überlieferung in Q bzw. Mk vorliegt, ist eine weitere Differenzierung für eine an den Pharisäern und nicht an Jesus orientierte Fragestellung nicht nötig. Es bleibt nur festzuhalten, dass im Rahmen der Jesusüberlieferung der Zeitraum von 30 bis 70 n. Chr. abgedeckt ist. Im vorliegenden Beitrag sollen einige dieser frühen Belege untersucht werden, in denen das Neue Testament und Josephus die Orientierung der Pharisäer auf das Volk darstellen, d. h. ich konzentriere mich auf die erste Phase von Q bis zum Bellum. ––––––––––––– während Bell II 162f; Ant XVIII 12–15 auf Josephus selbst zurückgehen (163). Die Unterscheidung bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Inhalt (negative bzw. positive Haltung gegenüber den Pharisäern), was als Kriterium allein wohl kaum ausreichen dürfte, vgl. weiter Saldarini, Pharisees (s. Anm. 2), 83; Mason, Pharisees (s. Anm. 11), 45–48; D. S. Williams, Josephus or Nicolaus on the Pharisees?, REJ 156, 1997, 43–58. 13 Zu Q vgl. The Critical Edition of Q. Synopsis Including the Gospels of Matthew and Luke, Mark and Thomas with English, German, and French Translations of Q and Thomas. Hg. v. J. M. Robinson / P. Hoffmann / J. S. Kloppenborg, Hermeneia, Minneapolis, 2000; Die Spruchquelle Q. Studienausgabe Griechisch und Deutsch, hg. u. eingeleitet v. P. Hoffmann / C. Heil, Darmstadt 2002, und s. Anm. 5 bzw. Anm. 16. 14 Vgl. u. a. J. D. G. Dunn, Pharisees, Sinners, and Jesus, in: Social World, hg. v. J. Neusner (s. Anm. 2), 264–289; ders., Jesus Remembered. Christianity in the Making, Bd. 1, Grand Rapids / Cambridge 2003, 306–308; R. A. Horsley, The Pharisees and Jesus in Galilee and Q, in: When Judaism and Christianity Began. Essays in Memory of A. J. Saldarini. Bd. 1: Christianity in the Beginning, hg. v. A. J. Avery-Peck / D. Harrington / J. Neusner, Supplements JSJ 85 / 1, Leiden 2004, 117–145; K. Löning, Die Auseinandersetzung mit dem Pharisäismus in den Weherufen bei Matthäus (Mt 23) und Lukas (Lk 11,37–53), in: „Dies ist das Buch ...“. Das Matthäusevangelium. Interpretation – Rezeption – Rezeptionsgeschichte, FS H. Frankemölle, hg. v. R. Kampling, Paderborn 2004, 217–234; Lührmann, Pharisäer (s. Anm. 6), 177f; J. P. Meier, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, Bd. 3: Companions and Competitors, ABRL, Doubleday 2001, 289–387, bes. 332–340 (umfangreiche Darstellung der Pharisäer mit detaillierten Literaturangaben).

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I. Die öffentliche Präsenz der Pharisäer in Q Im üblicherweise zu Q gerechneten Stoff sind die Pharisäer nur in den Weheworten genannt, wobei die ursprüngliche Zahl der gegen die Pharisäer gerichteten Weheworte nicht eindeutig zu bestimmen ist. Lukas überliefert jeweils 2 + 1 Weheworte15 gegen die Pharisäer und die ƱƳμƮƯƳƤ, wozu noch ein weiteres Wort gegen die Reinheitshalacha der Pharisäer kommt (11,38–41), das bei Matthäus ebenfalls als Wehewort überliefert (23,25f) und in Rekonstruktionen von Q oft entsprechend dargeboten wird.16 Bei Matthäus sind es 6 + 1 Weheworte, die sich gegen die „Schriftgelehrten und Pharisäer“ richten.17 Dass die Verbindung beider Reihen von Weheworten schon auf Q zurückgeht, ist weitgehend akzeptiert und wird von den beiden Evangelisten Matthäus und Lukas je unterschiedlich redaktionell unterstrichen.18 Nach Maurice Casey ist sogar das mt „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer“ die ursprüngliche Q-Formulierung.19 Das erlaubt die Einbeziehung

––––––––––––– 15 Jeweils zwei Weheworte sind direkt adressiert (ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ ƷƳ̝Ƶ ƜƦƴƮƶƦƤƳƮƵ 11,42f),

während das dritte die Form ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ (11,44) aufweist. In anderer Form begegnet der Vorwurf gegen die Pharisäer in 11,39–41. Die Weheworte gegen die ƱƳμƮƯƳƤ sind dagegen nicht so geordnet, vgl. 11,46.52 (direkte Anrede) und 11,47 (ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ). 16 In Q-Rekonstruktionen als Wehewort präsentiert u. a. bei B. L. Mack, The Lost Gospel. The Book of Q and Christian Origins, New York 1993, 92f, vgl. 134f (als Bestandteil von Q2); J. S. Kloppenborg, The Formation of Q, Studies in Antiquity and Christianity, Philadelphia 1987, 139f; P. Vassiliadis, ƑƕƊƕƏ Əƍƙƕƛ. Studies in Q, USF International Studies in Formative Christianity and Judaism 8, Atlanta 1999, 55.58.101–103 (Textrekonstruktion); Hoffmann / Heil, Spruchquelle (s. Anm. 13), 70f; Casey, Approach (s. Anm. 5), 64f.77–83. Es ist allgemein akzeptiert, dass die mt Fassung dem ursprünglichen Aussagegehalt näher steht, während Lukas daraus eine moralische Disqualifizierung der Pharisäer macht (Lk 11,39b–41). 17 6-mal ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ, ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ ʢ™ƳƯƴƮƷƦ˄ (23,13.15.23.25.27.29) und einmal ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ, ʖƩƬƨƳ˃ ƷƸƹưƳ˃ (23,16; in 23,24 sind die ʖƩƬƨƳ˃ ƷƸƹưƳ˄ ohne einleitendes Wehe noch einmal direkt angesprochen). Nicht berücksichtigt ist der textkritisch unsichere Vers 14. 18 Vgl. die Gastmahlszene, in die Lukas die Weheworte integriert. Durch 11,45 verbindet er die Reihen, indem der ƱƳμƮƯƿƵ, bei dem Jesus zu Gast ist, dessen Angriffe auf die Pharisäer auch auf seine Gruppe der ƱƳμƮƯƳƤ bezieht. 19 Vgl. Casey, Approach (s. Anm. 5), 64–104 (zu Mt 23,23–36 par. Lk 11,39–51): Er rekonstruiert eine aramäische Vorlage, die näher bei Mt als bei Lk steht und insgesamt fünf Weheworte gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer enthält. Dieser Text (64f) „is a very old source, containing authentic material from the historic ministry of Jesus. This reconstructed source contains very fierce polemic directed by Jesus at his orthodox opponents [zur Definition dieser funktionalen Gruppenbezeichnung s. ebd. 65–70]. The conflict to which this polemic belonged was an important element in the situation which led to Jesus’ death, and subsequently to the origins of Christianity“ (186). Wenig überzeugend ist dagegen der Versuch von Kloppenborg, die Weheworte gegen die Pharisäer als eine Burleske abzutun (ähnlich die genuin jüdisch-halachischen Elemente abwertend auch Horsley, Pharisees [s. Anm. 14],

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auch der Q-Weheworte gegen die ƱƳμƮƯƳƤ unter die hier behandelte Fragestellung. Dabei lässt sich allerdings weder die ursprüngliche Reihenfolge der einzelnen Weheworte (falls es eine solche gab) noch ihre genaue Anzahl mit Gewissheit bestimmen. Beides weicht daher in den einzelnen QRekonstruktionen auch stark voneinander ab, zudem gestalten Lk und Mt jeweils unterschiedliche Anklagen in der Form des Weheworts.20 Die nachfolgende Ordnung orientiert sich darum eher an sachlichen Zusammenhängen und der Frage, was die Weheworte über das Verhältnis der Pharisäer zum Volk aussagen. 1. Die Pharisäer als Vertreter einer besonderen Halacha: Insgesamt drei Weheworte verweisen auf das halachische Interesse der Pharisäer, wobei der redaktionelle Kontext bei Matthäus und Lukas keinen Zweifel daran lässt, dass sie für ihre besondere Halacha öffentliche Anerkennung erwarteten und wohl auch bekamen. a) Die Reinheit von Gefäßen (Lk 11,39–41 par. Mt 23,25f; vgl. auch EvThom 89,1; Mk 7,4b): Im Hintergrund dieser Verse steht die halachische Entscheidung, wonach bei Gefäßen die Außen- und Innenseite in Bezug auf ihre Unreinheit unterschieden werden können. Das bedeutet, dass etwa ein Tongefäß nur dann als verunreinigt gilt (und entsprechend zerbrochen werden muss, Lev 11,33; mKel 1,1), wenn das verunreinigende Element in sein Inneres gelangt, nicht jedoch, wenn nur die Außenseite berührt wird.21 ––––––––––––– 136.139–144), die eine Form des Widerstands darstellen „to the pressures (probably via the periodic presence of Pharisees) to extend Judaean forms of Temple-oriented practices to the Galilee“ (Kloppenborg Verbin, Excavating Q [s. Anm. 5], 256f). Im Hintergrund dieser Annahme steht das sozialgeschichtliche Modell von Saldarini und Horsley (s. a. a. O. 205.208), wonach die Pharisäer Mitglieder der „retainer class“ waren und als solche von den Galiläern als Vertreter einer imperialistischen Politik angesehen wurden. Zur Kritik daran s. meinen in Anm. 2 genannten Aufsatz, außerdem meinen Beitrag: Galiläa und Jesus – Anfragen zur Funktion der Herkunftsbezeichnung „Galiläa“ in der neueren Jesusforschung, erscheint in: Galiläa, hg. v. C. Claussen / J. Frey, BThSt, Neukirchen-Vluyn 2007. 20 Der Auftakt zu den Weheworten ist bei Lukas als Überleitung zwischen Gastmahlszene (Jesus zu Gast bei einem Pharisäer) und den eigentlichen Weheworten gestaltet (11,37–41). In dieser Überleitung wird die pharisäische Halacha in Bezug auf Gefäßreinheit (kongruent zum pharisäischen Vorwurf des Nichtbeachtens der rituellen Händewaschung vor dem Mahl durch Jesus, 11,38) angegriffen, die dann zu den eigentlichen Weheworten (ab 11,42) überleitet. Matthäus dagegen hat als Vorspann zu den Weheworten die Auseinandersetzung mit dem Prestigestreben der Jünger bzw. Pharisäer (23,2–12) und bringt das Thema der Gefäßreinheit erst relativ spät als Teil der Wehereihe (23,25f). Das zeigt, dass die Form des Weheworts relativ frei variiert werden konnte. 21 Zu den halachischen Bestimmungen s. mKel 2–4; 25,1–9. Die anzuwendende Regel lautet: „Ein Gefäß, dessen Außenseite verunreinigt wird, verunreinigt nicht die Innenseite.“ Für besondere Arten von galiläischen Tongefäßen hat Rabban Jochanan ben Zakkai als Halacha festgelegt, dass ihre Wände nicht verunreinigungsfähig sind (mKel 2,2).

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Sachgemäß muss darum ƯƦƭƦƴƤƫƪƷƪ mit „(im halachischen Sinn) für rein erklären“ übersetzt werden.22 Der Vers bezeugt damit – ganz ungeachtet seiner polemischen Verwendung23 und der halachischen Details – ein Interesse auf Seiten der Pharisäer, halachische Regeln aufzustellen, die es erlauben, biblische Reinheitsgebote im Alltag ‚einfacher‘ praktizieren zu können.24 Die allgemein anerkannte Zugehörigkeit zu Q und damit die Einordnung in den zeitlichen Rahmen zwischen 30 und 70 ermöglichen es, diesen Vers als einen sicheren Beleg für das pharisäische Interesse an einer besonderen Halacha zu werten, die nicht nur für ihre eigenen Kreise bestimmt war, sondern deren Einhaltung von ganz Israel erwartet wurde. Letzteres wird zwar von E. P. Sanders bestritten, indem er die pharisäische Halacha als ein innerpharisäisches, ausschließlich gruppenspezifisches Phänomen verstehen will, aber das widerspricht allen Texten, die Aussagen über die besondere pharisäische ™ƦƴơƩƳƶƮƵ machen.25 b) Die Pharisäer als besonders genau beim Verzehnten (Mt 23,23f par. Lk 11,42, vgl. Justin, dial. 17,4): Auch dieses Wehewort richtet sich gegen ein bestimmtes Detail der pharisäischen Halacha, in diesem Fall bezogen auf eine Präzisierung im Hinblick auf den Zehnten. Analog zur Bedeutung von ƯƦƭƦƴƤƫƪƮƱ ist es m. E. notwendig und möglich, ə™ƳƩƪƯƦƷƳ̬Ʊ26 im Sinne

––––––––––––– 22 Zu dieser Bedeutung s. W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments, 6. völlig neu bearb. Aufl., hg. v. K. Aland und Barbara Aland, Berlin u. a. 1988, 786, s. v. ƯƦƭƦƴƤƫƼ 2. a. Für die Bedeutung „für rein erklären“ verweist der Eintrag auf Lev 13,6.23; Act 10,15; 11,9 und – in der Auslegung kontrovers – Mk 7,19. Mt 23,25f ist dagegen unter Bedeutung 1. „reinigen, säubern … v. physischem Schmutz“ aufgeführt, was völlig verfehlt ist, da es in diesen halachischen Bestimmungen nicht um Sauberkeit geht. Im Sinne von „für rein erklären“ interpretiert auch M. Vahrenhorst, „Ihr sollt überhaupt nicht schwören.“ Matthäus im halachischen Diskurs, WMANT 95, Neukirchen-Vluyn 2002, 344f. Damit erübrigen sich auch alle bei Vahrenhorst genannten Überlegungen, wie eine Reinigung nur der Außenseite eines Gefäßes bewerkstelligt werden konnte. 23 Vgl. dazu U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 18–25), EKK I / 3, NeukirchenVluyn u. a. 1997, 335–339. 24 Dazu gehören m. E. auch die von der Halacha begünstigten Steingefäße, vgl. R. Deines, Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmigkeit, WUNT II / 52, Tübingen 1993. 25 Vgl. M. Hengel / R. Deines, E. P. Sanders’ Common Judaism, Jesus und die Pharisäer, in: M. Hengel, Judaica et Hellenistica I. Studien zum antiken Judentum und seiner griechischen Umwelt, WUNT 90, Tübingen 1996, 392–479: 411–436. 26 So in Mt 23,23 par. Lk 11,42; in Lk 18,12 ist neben ə™ƳƩƪƯƦƷƳ̬Ʊ als varia lectio auch noch die attische Form ə™ƳƩƪƯƦƷƪƸƪ̝Ʊ bezeugt. An diesen Stellen nach Bauer, Wörterbuch (s. Anm. 22) in der Bedeutung „den Zehnten entrichten bzw. geben“ (mit Verweis auf Gen 28,22; TestLevi 9,4; Justin, dial. 17,4; 112,4), in Hebr 7,5 dagegen: „den Zehnten nehmen, auferlegen“ (mit Verweis auf 3Reg 8,15–17). Das Wort ist nur in der jüdisch-hellenistischen Literatur bezeugt, nicht im sonstigen Griechisch. Vgl. auch ƩƪƯƦƷƳ̬Ʊ in Hebr 7,6.9.

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von „für zehntpflichtig erklären“ zu übersetzen.27 Im Kontext von Q bzw. der beiden Evangelien liegt die eigentliche Kritik nicht so sehr auf der pharisäischen Inanspruchnahme von halachischer Kompetenz und Autorität, die vielmehr vorausgesetzt ist (vgl. Mt 23,2f), sondern auf der Anwendung auf die – aus der Sicht Jesu bzw. seiner Tradenten – falschen Gebiete bzw. der Vernachlässigung der wichtigeren Bereiche. c) Die pharisäische Schwurhalacha (Mt 23,16–22, vgl. 5,34–37; Jak 4,12): Nur bei Mt ist dieser ausgedehnte und mit Beispielen versehene Weheruf gegen die pharisäische Schwurhalacha Bestandteil der Weherufe gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten, der mit den erwähnten beiden Stellen 23,23f und 23,25f eine der häufigen mt Triaden bildet. Da lk Parallelen fehlen, wird der Text nicht zu Q gerechnet, und die vermeintlichen Differenzen zu Mt 5,34–37 (besonders 23,20–22) dienen häufig als Hinweis darauf, dass diese Verse nur schwerlich auf Jesus selbst zurückgeführt werden können, zumal nach den Analysen von Jacob Neusner „debates about oaths and vows were prominent only after AD 70“28. Von

––––––––––––– 27 Der rabbinische Ausdruck dafür ist

ʺʥʸʹʲʮʡ ʡʩʩʧ (vgl. mMaas 1,1). Casey, Approach (s. Anm. 5), 64, verwendet in seiner aramäischen Rekonstruktion das hebräische / aramäische Standardverb ʸʹʲ „verzehnten“, geht aber ansonsten auf das Verb und seine Bedeutung nicht ein. Louw / Nida, Domains (s. Anm. 1), Bd. 1, 571, geben für ə™ƳƩƪƯƦƷƿƼ bzw. ƩƪƯƦƷƿƼ als Grundbedeutung an: „to cause someone to pay a tenth“. Die rabbinische Abgaben-Halacha nimmt für den ersten Zehnt als Grundlage Num 18,21–24, während Lev 27,30–33; Dtn 12,17 und 14,22ff auf den zweiten Zehnt bezogen werden. Eine ausdrückliche Zehntpflicht für Gewürze findet sich nur vereinzelt in der rabbinischen Literatur, doch gilt der Grundsatz eingangs des entsprechenden Mischna-Traktats (mMaas 1,1): „Alles, was zu Beginn und am Ende seines Wachsens als Speise dient, ist, auch wenn man es stehen lässt, um den Ertrag zu mehren, klein und groß zehntpflichtig. Alles aber, was zu Beginn nicht als Speise dient, wohl aber am Ende, wird erst zehntpflichtig, wenn es zur Speise geworden ist.“ Vgl. dazu P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, 6 Bde., München 1922– 1961, Bd. 4 / 2, Exkurs „Die Abgaben von den Bodenerzeugnissen“ 640–697: 650–653. S. außerdem ebd. Bd. 1, 932f. Zur Zehntpflicht bei Dill (ɝƱƬƭƳƱ) s. mMaas 4,5 (R. Eliezer b. Hyrkanos, vgl. bAS 7b, wo diese Meinung schon von Nahum dem Meder [um 70] vertreten wird). Zur Zehntpflicht für Kümmel (ƯǀμƮƱƳƱ) s. mDemai 2,1. Ausführlich dazu und zu den Unterschieden zwischen Lukas und Matthäus, s. Casey a. a. O. 72–76. 28 W. D. Davies / D. C. Allison, The Gospel According to Saint Matthew, Bd. 3: Commentary on Matthew XIX–XXVIII, ICC, Edinburgh 1997, 290; gegen eine Zuschreibung an Jesus s. a. Vahrenhorst, Diskurs (s. Anm. 22), 360 (zur ganzen Stelle s. a. a. O. 357–367). Das von Vahrenhorst in seinem 2. Hauptteil vorgestellte Material über „Schwur und Eid im antiken Judentum“ (43–214) belegt jedoch eindrücklich, dass es außerhalb der rabbinischen Überlieferung in der Zeit vor 70 sehr wohl eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Fragen gab. Er sieht den Ansatzpunkt „im Kontakt mit der hellenisierten Welt“ (213), wie er erstmals in den Texten bei Sirach deutlich wird. Vahrenhorst sieht zudem in Mt 5,34aƧ.37 eine ursprünglich jesuanische Aussage, die vor der mt Redaktion mit 5,35f verschmolzen wurde. Auch V. 36 ist für ihn noch vor der mt Endredaktion dazugekommen (a. a. O. 259f). Das aber legt nahe (wenn man dieser Analyse Glauben schenken möchte), dass solche halachischen Präzisierungen schon in der Zeit vor 70 im Umlauf waren und damit auch Mt 23,16– 22 auf pharisäischer Halacha vor 70 basiert. Dass eine spezielle Halacha bezüglich des Schwörens überhaupt erst nach 70 entstanden sein soll (dann aber zwischen 70 und 90 so

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diesen, m. E. nicht überzeugenden Bedenken abgesehen, sind auch diese Verse, lässt man ihre zeitlich nicht eindeutig festlegbare Herkunft beiseite, Hinweise auf eine besondere, pharisäisch-halachische Praxis, deren Reichweite eindeutig als über ihre eigene Gruppe hinausgehend verstanden werden muss. Hätten die Pharisäer nur im Umgang miteinander diese besonderen Formulierungen angewandt, wäre die intensive Auseinandersetzung damit, wie sie das Matthäusevangelium (und weniger stark der Jakobusbrief) bezeugt, kaum verständlich.

Die drei genannten halachischen Fallbeispiele lassen, isoliert vom Kontext, nicht eindeutig erkennen, inwieweit sie über die eigenen pharisäischen Kreise hinaus Anwendung fanden bzw. finden sollten. Aber schon im unmittelbaren Kontext der Spruchgruppe selbst, die älter sein mag als ihre Einbindung in Q und auf Jesus selbst zurückgehen kann, spätestens jedoch als Bestandteil von Q sowie in der literarischen Verarbeitung bei Lukas und Matthäus ist ihr Charakter als normative Handlungsanweisung für die Öffentlichkeit unverkennbar. Der darin beanspruchten Autorität setzten die Evangelisten die Autorität Jesus ‚ihres‘ Lehrers entgegen. Damit bestätigen sie, was Josephus – wenn auch nur in den Antiquitates – von den Pharisäern schreibt (XIII 297): Sie „überlieferten dem Volk gewisse Satzungen aus der väterlichen Tradition, welche nicht aufgeschrieben waren in den Gesetzen des Mose“ (ƱƿμƮμơ ƷƮƱƦ ™ƦƴƢƩƳƶƦƱ Ʒ̺ Ʃƣμ̷ Ƴʆ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ ɩƯ ™ƦƷƢƴƼƱ ƩƮƦƩƳƺ̏Ƶ, ɞ™ƪƴ ƳʡƯ əƱƦƨƢƨƴƦ™ƷƦƮ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ ƒƼƸƶƢƼƵ ƱƿμƳƮƵ). Und diese Gebote waren nach pharisäischer Auffassung „zu halten“ (ƷƬƴƪ̝Ʊ, Ant XIII 297) und „zu beachten“ (ƹƸươƶƶƪƮƱ, Ant XIII 296). 2. Das Streben nach öffentlichem Ansehen: Eine zweite Gruppe von Weheworten richtet sich gegen das pharisäische Streben nach öffentlicher Anerkennung. Dieses Streben ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob es ihnen um persönliches Geltungsbedürfnis gegangen sei. Die Weheworte lassen vielmehr erkennen, dass die Kritik sich gegen den damit verbundenen religiösen Deutungsanspruch richtete, den die Pharisäer in Bezug auf das Volk erfolgreich gegen Jesus verteidigten.29 a) Ehrenplätze in den Synagogen: Der Kern des Wehewortes über den Vorsitz in den Synagogen und das Gegrüßtwerden in der Öffentlichkeit besitzt ein so hohes Maß an Übereinstimmung (Lk 11,43 par. Mt 23,6f), dass

––––––––––––– dringlich und vorrangig gewesen sein muss, dass sich Matthäus genötigt sah, ausführlich dagegen zu polemisieren und sich davon abzugrenzen), entbehrt jeglicher Plausibilität, ganz unabhängig davon, wie man die mt Aussagen dazu datieren will. 29 Vgl. Cousland, Crowds (s. Anm. 1), 136–140.143f; R. Deines, Die Gerechtigkeit der Tora im Reich des Messias. Mt 5,13–20 als Schlüsseltext der matthäischen Theologie, WUNT 177, Tübingen 2004, 479f; G. Garbe, Der Hirte Israels. Eine Untersuchung zur Israeltheologie des Matthäusevangeliums, WMANT 106, Neukirchen-Vluyn 2005, 57–60.

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kein Zweifel an der Zugehörigkeit zu Q bestehen kann. Maurice Casey hält zudem die Erwähnung der Tefillin und Zizith, die nur Mt in diesem Zusammenhang überliefert (23,5b), für einen Teil von Q.30 Eine direkte Parallele hat auch Mk, die von Lk an einer anderen Stelle wiederholt wird (Mk 12,38b– 40a par. Lk 20,46–47a), nur dass hier von Schriftgelehrten die Rede ist. Dass Lukas denselben Vorwurf über den Vorsitz in den Synagogen und das Gegrüßtwerden auf den Plätzen einmal an die Pharisäer und einmal an die Schriftgelehrten gerichtet überliefert, verweist ebenso wie die mt Kombination der Weheworte an „Schriftgelehrte und Pharisäer“ auf die große Nähe beider Gruppenbezeichnungen bereits in den vorlk Quellen. Die folgende Tabelle zeigt die hohe Übereinstimmung zwischen den beiden Logien. Dabei lassen sich insgesamt vier Vorwürfe gegen die Pharisäer (und Schriftgelehrten) erkennen, die in der Tabelle mit (a) – (d) markiert sind.31 Lk 11,43 —

ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ ƷƳ̝Ƶ ƜƦƴƮƶƦ˄ƳƮƵ,

Mk 12,38b–40a Ƨưˀ™ƪƷƪ ə™˅ Ʒ̹Ʊ ƨƴƦßßƦƷˀƼƱ Ʒ̹Ʊ ƭƪưˆƱƷƼƱ ɩƱ ƶƷƳưƦ̝Ƶ ™ƪƴƮ™ƦƷƪ̝Ʊ —

Lk 20,46–47a ™ƴƳƶˀƺƪƷƪ ə™˅ Ʒ̹Ʊ ƨƴƦßßƦƷˀƼƱ Ʒ̹Ʊ ƭƪưˆƱƷƼƱ ™ƪƴƮ™ƦƷƪ̝Ʊ ɩƱ ƶƷƳưƦ̝Ƶ —

Mt 23,2.5–7 —

ɩ™˃ Ʒ̏Ƶ ƒƼƾƶˀƼƵ ƯƦƭˀƩƴƦƵ ɩƯʾƭƮƶƦƱ Ƴʆ ƨƴƦßßƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ Ƴʆ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ. (…)

––––––––––––– 30 „Woe to you, scribes and Pharisees, who broaden your tefillin and lengthen (the tas-

sels), and love the important seats in the synagogues and greetings in the streets“ (Casey, Approach [s. Anm. 5], 65, zur Detailanalyse s. a. a. O. 83–89). Dass Lukas diesen Teil ausließ, erklärt Casey damit, dass diese Verse „are culturally so Jewish that Luke is likely to have omitted them“ (83). 31 Lediglich (d), der Wunsch als „Rabbi“ angeredet zu werden, hat keine Parallele und gilt deshalb häufig als mt Redaktion bzw. als Reflex auf die Situation nach 70 und die damit verbundenen Veränderungen im Hinblick auf den Titel „Rabbi“ (z. B. J. Gnilka, Das Matthäus-Evangelium, HThK I / 2, Freiburg u. a. 1988, 272). Das ist zwar möglich, aber nicht wirklich überzeugend. Der eindeutig in die Zeit vor 70 gehörende Kontext, in dem es um die halachische Autorität der Pharisäer geht, erhebt auch implizit den Anspruch, als Lehrer und d. h. als „Rabbi“ anerkannt zu werden; wiederholt weisen die Evangelien auf Konflikte zwischen der Lehre Jesu und denen der Schriftgelehrten hin (Mk 1,22; Mt 7,28f). Zudem ist inzwischen deutlich, dass der Titel „Rabbi“ nicht als chronologisches Argument für redaktionelle Tätigkeit dienen kann, da die erste Generation rabbinischer Gelehrter nach 70 die Selbstbezeichnung Chakhamim bevorzugte und „Rabbi“ erst für die amoräische Zeit als fester Titel gelten kann, vgl. H.-J. Becker, Auf der Kathedra des Mose. Rabbinisch-theologisches Denken und antirabbinische Polemik in Matthäus 23,1–12, ANTZ 4, Berlin 1990, 17f; C. Hezser, The Social Structure of the Rabbinic Movement in Roman Palestine, TSAJ 66, Tübingen 1997, 55–68.111–142; s. auch Vahrenhorst, Diskurs (s. Anm. 22), 314f.

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus —





(b) ƯƦ˃ əƶ™ƦƶμƳˇƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ əƨƳƴƦ̝Ƶ [39] (a) ƯƦ˃ ™ƴƼƷƳƯƦƭƪƩƴ˄ƦƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ ƶƸƱƦƨƼƨƦ̝Ƶ (c) ƯƦ˃ ™ƴƼƷƳƯưƮƶ˄ƦƵ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ Ʃƪ˄™ƱƳƮƵ,

ƯƦ˃ ƹƮưƳˈƱƷƼƱ (b) əƶ™ƦƶμƳˇƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ əƨƳƴƦ̝Ƶ (a) ƯƦ˃ ™ƴƼƷƳƯƦƭƪƩƴ˄ƦƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ ƶƸƱƦƨƼƨƦ̝Ƶ (c) ƯƦ˃ ™ƴƼƷƳƯưƮƶ˄ƦƵ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ Ʃƪ˄™ƱƳƮƵ,

[40a] Ƴʆ ƯƦƷƪƶƭ˄ƳƱƷƪƵ ƷʽƵ ƳʅƯ˄ƦƵ Ʒ̹Ʊ ƺƬƴ̹Ʊ ƯƦ˃ ™ƴƳƹʾƶƪƮ μƦƯƴʽ ™ƴƳƶƪƸƺˆμƪƱƳƮ·

[47a] Ƴʆ ƯƦƷƪƶƭ˄ƳƸƶƮƱ ƷʽƵ ƳʅƯ˄ƦƵ Ʒ̹Ʊ ƺƬƴ̹Ʊ ƯƦ˃ ™ƴƳƹʾƶƪƮ μƦƯƴʽ ™ƴƳƶƪˈƺƳƱƷƦƮ·32

ʚƷƮ əƨƦ™̀Ʒƪ

(a) ƷˁƱ ™ƴƼƷƳƯƦƭƪƩƴ˄ƦƱ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ ƶƸƱƦƨƼƨƦ̝Ƶ (b) ƯƦ˃ ƷƳˇƵ əƶ™ƦƶμƳˇƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ əƨƳƴƦ̝Ƶ.



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[5] ™ʾƱƷƦ Ʃʿ Ʒʽ ɭƴƨƦ ƦʡƷ̹Ʊ ™ƳƮƳ̬ƶƮƱ ™ƴ˅Ƶ Ʒ˅ ƭƪƦƭ̏ƱƦƮ ƷƳ̝Ƶ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ· ™ưƦƷˈƱƳƸƶƮƱ ƨʽƴ Ʒʽ ƹƸưƦƯƷ˂ƴƮƦ ƦʡƷ̹Ʊ ƯƦ˃ μƪƨƦưˈƱƳƸƶƮƱ Ʒʽ Ưƴʾƶ™ƪƩƦ, [6] ƹƮưƳ̬ƶƮƱ Ʃʿ (c) ƷˁƱ ™ƴƼƷƳƯưƮƶ˄ƦƱ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ Ʃƪ˄™ƱƳƮƵ (a) ƯƦ˃ ƷʽƵ ™ƴƼƷƳƯƦƭƪƩƴ˄ƦƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ ƶƸƱƦƨƼƨƦ̝Ƶ [7] (b) ƯƦ˃ ƷƳˇƵ əƶ™ƦƶμƳˇƵ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ əƨƳƴƦ̝Ƶ (d) ƯƦ˃ ƯƦưƪ̝ƶƭƦƮ ʢ™˅ Ʒ̹Ʊ əƱƭƴˊ™ƼƱ ̫ƦƧƧ˄. —

Im NT ist diese Logientradition der älteste eindeutige Beleg für ein pharisäisches Interesse an öffentlicher Wahrnehmung und Akzeptanz, womit im Kontext der übrigen Weheworte über die besondere Halacha der Pharisäer deren Bemühungen gemeint sein dürften, ihrer spezifische Gebotsauslegung Anerkennung und Geltung in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Zu beachten ist dabei, dass in diesem Zusammenhang auf die Institution der Synagoge verwiesen wird, über die der entsprechende Einfluss ausgeübt wurde. Von untergeordneter Bedeutung ist dabei, ob mit Synagoge in erster Linie ein Gebäude oder eine Versammlung in der Art eines besonderen lokalen Vereins oder einer Ortsversammlung gemeint ist, wenngleich das Neue Testament doch relativ eindeutig von einem besonderen baulichen Ort für die Lehre und öffentliche Schriftauslegung ausgeht.33 Zu beachten ist ferner, dass die Syn-

––––––––––––– 32 Vgl. dazu als Parallele auch den späteren Zuwachs in Mt 23,14, wo dieser letzte Vers als Wehewort gestaltet ist. 33 Vgl. Mt 4,23; 9,35; 12,9f; 13,54; Mk 1,21f.39; 3,1f; 6,2; Lk 4,15.16–22.31–33.44; 6,6; 13,10; Joh 6,59; 18,20; Act 9,20; 13,5.14f.44f; 14,1; 15,21; 17,1f.10f.17; 18,4–8.19.24–26; 19,8f; Jak 2,2. Zum Gebet in den Synagogen s. Mt 6,5, zur Einsammlung von Almosen

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agoge nicht als pharisäische Institution geschildert wird, sondern als etwas Vorgegebenes, das sie jedoch zu ihren Zwecken zu gebrauchen suchten. In der neueren Literatur wird dagegen der Zusammenhang zwischen Pharisäern und Synagogeninstitut sehr skeptisch bis hin zur völligen Verneinung jeglicher Beziehung zwischen beiden beurteilt.34 So schreibt L. I. Levine in der wohl gründlichsten aktuellen Arbeit über die Synagogen: „… the Pharisees had little or nothing to do with the early synagogue, and there is not one shred of evidence pointing to such a connection.“35 Den Aussagen des Neuen Testaments wird dies in keiner Weise gerecht. Das zeigt der umständliche und

––––––––––––– Mt 6,2; zum Ort von (religiösen) Gerichtsverfahren Mt 10,17; 23,34; Mk 13,9; Lk 12,10; 21,12 (vgl. 2Kor 11,24; auch das in 1Kor 6,1–6 angemahnte Verfahren vor der Gemeinde könnte auf die Praxis jüdischer Synagogengemeinden zurückgehen); Act 22,19; 24,12; 26,11. Vgl. dazu Casey, Approach (s. Anm. 5), 88; Dunn, Jesus Remembered (s. Anm. 14), 302–306. 34 Vgl. u. a. S. J. D. Cohen, Were Pharisees and Rabbis the Leaders of Communal Prayer and Torah Study in Antiquity? The Evidence of the New Testament, Josephus, and the Early Church Fathers, in: Evolution of the Synagogue. Problems and Progress, hg. v. H. C. Kee / Lynn H. Cohick, Harrisburg 1999, 89–105 (vgl. im selben Band auch die Aufsätze von H. C. Kee u. R. A. Horsley); G. Stemberger, The Pre-Christian Paul, in: The Beginnings of Christianity. A Collection of Articles, Proceedings of the Conference The Beginnings of Christianity Held at Tel Aviv University and Yad Izhak Ben-Zvi, Jerusalem 6–8 January 1997, hg. v. J. Pastor / M. Mor, Jerusalem 2005, 65–81: 74–81. Eine priesterliche Prägung der Synagogen vor 70 vertritt u. a. E. P. Sanders, der zugleich einen bestimmenden pharisäischen Einfluss bei der Entwicklung des Synagogeninstituts im Mutterland bestreitet (Judaism. Practice and Belief 63 BCE–66 CE, London / Philadelphia 1992, 450, vgl. ders., Jewish Law from Jesus to the Mishnah, London / Philadelphia, 1990, 79f): „It is likely, however, that in the first century priests retained their traditional role as teachers, especially in Palestine, and they doubtless were often leaders of synagogues“ (Law, 79). Zur Kritik daran s. Hengel / Deines, Common Judaism (s. Anm. 25), 428–430; N. S. Rabbinowitz, Matthew 23:2–4. Does Jesus Recognize the Authority of the Pharisees and Does He Endorse Their Halakha?, JETS 46, 2003, 423–447. 35 L. I. Levine, The Ancient Synagogue. The First Thousand Years, New Haven / London 2000, 38f. Eine Art Kompromissvorschlag ließe sich aus der These von D. R. Schwartz ableiten, wonach mit den Schriftgelehrten im Neuen Testament die Leviten gemeint wären, so dass sich die mt Weheworte gegen zwei konkurrierende Richtungen wenden würden, nämlich die priesterliche (vertreten durch die „Schriftgelehrten“) und pharisäische: „As Matthew’s Jesus says (23:2), both the scribes and the Pharisees sat on Moses’ seat. But they were neither identical nor partners. They were competitors, representatives of two opposing schools: the Pharisees claimed to inherit Moses’ role due to their excellence as lawyers, while the scribes, who certainly claimed legal excellence, also argued that the fact that they shared Moses’ Levitic pedigree made them the true heirs to his authority. It thus appears that the Gospels, just as the Nahum pesher from Qumran, confirm Josephus’ basic picture of Judaean Judaism being divided into two main strands: Sadducees (a priestly party) and Pharisees (‚sages,‘ protorabbis),“ so in: „Scribes and Pharisees, Hypocrites“. Who Are the „Scribes“ in the New Testament?, in: ders., Jewish Background (s. Anm. 4), 89–101 (urspr. hebr. in Zion 50, 1984 / 1985, 121–132): 100f.

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wenig überzeugende Differenzierungsversuch von J. D. G. Dunn, der sich die Trennung von Pharisäern und Synagoge zu Eigen macht, in Bezug auf Mk 12,38f par. Lk 20,46; Mt 23,6 par. Lk 11,43. Demnach belegen diese Verse zwar „desire for respect and honour“ in der Synagoge, aber damit sei „no recognized status in the organisation of the assembly“ verbunden gewesen.36 Sowohl Josephus als auch das Neue Testament bezeugen jedoch, dass die Pharisäer (von den genannten Stellen her ist am ehesten an pharisäische Schriftgelehrte zu denken) in den Synagogen Einfluss hatten37 und diesen auch ausüben wollten. Das geht auch aus Mt 23,34 hervor, wo „ihre Synagogen“ Ausgangspunkt der Verfolgung der Boten der göttlichen Weisheit sind (so Lk 11,49; bei Matthäus ist es Jesus selbst, der „Propheten, Weise und Schriftgelehrte“ aussendet). Im Kontext bezieht sich das Possessivpronomen bei „ihre Synagogen“ auf die Pharisäer und Schriftgelehrten, wenngleich die Ankündigung von Todesurteilen und Kreuzigungen daneben eher an römische als an innerjüdische Verfolgungen denken lässt.38 Die Christenverfolgung des Pharisäers Saulus / Paulus, die ebenfalls zum Bild des Pharisäismus und seinem Streben nach öffentlicher Durchsetzung gehört, kann dazu gleichwohl als Beispiel dienen (in Act 9,2; 22,19; 16,11 sind die ––––––––––––– 36 Dunn, Jesus Remembered (s. Anm. 14), 307. Auch Sanders, Law (s. Anm. 34), 80, versucht Mt 23,2 ohne Erfolg zu entschärfen. Der Synagogenvorsteher in Lk 13,14 ist von Lukas ebenfalls in ‚pharisäischen‘ Farben geschildert, denn das gegen ihn vorgebrachte Argument taucht in 14,5 noch einmal in einem Gespräch zwischen Jesus und Pharisäern und Schriftgelehrten auf. In der Parallele Mt 12,9–14 fehlt die Intervention des Synagogenvorstehers, dafür sind die Pharisäer ausdrücklich genannt. 37 Bei Josephus ist an die Zusammenstellung der Gesandtschaft zu denken, die von Jerusalem nach Galiläa gesandt wurde, um Josephus abzulösen, vgl. Vita 196–198. Sie setzte sich aus drei Pharisäern zusammen, von denen einer zudem einer priesterlichen Familie entstammte, und einem hohenpriesterlichen Vertreter. Ihre Qualifikationen wurden gewählt, um die des Josephus auszugleichen. Entscheidend ist, dass seine pharisäische Kompetenz in der „Kenntnis der Gesetze“ (ɩμ™ƪƮƴƤƦ Ʒ̹Ʊ ƱƿμƼƱ) beruht, der die Gesandtschaft ihre eigene Vertrautheit „mit den väterlichen Sitten“ (ɭƭƬ Ʒʽ ™ơƷƴƮƦ) entgegenhalten sollte (198). Während die Jerusalemer Herkunft und die priesterliche Abstammung offenkundig Standesqualifikationen sind, ist es die erworbene Erfahrung im Umgang mit dem Gesetz, die für das pharisäische Element kennzeichnend ist. Die in Vita 198 erkennbare Doppelung von Tora und Ethos ist m. E. typisch für die pharisäische Einheit von Tora und Halacha; anders D. R. Schwartz in seinem Beitrag in diesem Band, in dem er zu zeigen versucht, dass die Betonung der Tora, ƱˆμƳƵ, erst für den ‚späten‘ Josephus als Diaspora-Pharisäer, für seine frühere Haltung jedoch das nationale Ethos kennzeichnend sei; die Vita-Stelle gebraucht jedoch beide Ausdrücke synonym. Dagegen stimme ich mit Schwartz darin überein, dass die Hochschätzung der erworbenen Qualifikationen im Unterschied zu den ererbten pharisäisches Charakteristikum ist und wohl auch Teil ihres Erfolges ausmacht. Das damit verbundene Prestige ist aber in den Synagogen vorausgesetzt, denn der Versammlungsort, in dem gegen Josephus Stimmung gemacht werden soll, ist die Synagoge zu Tiberias (vgl. Vita 277 u. ö., vgl. auch die galiläischen Volksversammlungen, die in Vita 198.311 erwähnt sind). 38 Luz, Mt (s. Anm. 23), Bd. 3, 371f.

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Synagogen ausdrücklich genannt, vgl. auch 6,9).39 Und so wie es Paulus als Verfolger nicht um persönliche Motive, sondern um die durch die judenchristliche Verkündigung bedrohten „Heilsgüter Israels“ ging,40 so ist auch den von Jesus bzw. Matthäus gescholtenen Pharisäern zuzubilligen, dass es ihnen nicht um das eigene Geltenwollen ging (das gehört zur polemischen Situation, aber darüber sollte der historische Referenzpunkt nicht übersehen werden), sondern um das der von ihnen vertretenen Lehre, der sie Respekt und Anerkennung zu verschaffen suchten. Denn für die Pharisäer galt, was Paulus selbst in Röm 2,13 anmahnt: „Gerecht vor Gott sind nicht die Hörer des Gesetzes, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt sein.“41 Zu der öffentlichen Wahrnehmbarkeit gehört auch die besondere Kleidung, wie sie nach Mk 12,38f par. Lk 20,46 die Schriftgelehrten auszeichnet bzw. die besonderen religiös konnotierten Abzeichen an der Kleidung, die Matthäus als Einziger erwähnt (23,5). Dass Kleider Leute machen bzw. eine soziale Stellung widerspiegeln sollen, gilt auch hier. Eine wichtige Parallele dazu ist der von Josephus berichtete Streit zwischen den Leviten und Priestern um die Amtskleidung (Ant XX 216–218), der dazu führte, den Leviten im öffentlichen Aussehen und damit zugleich im öffentlichen Ansehen denselben Status zu verleihen wie den Priestern. M. E. diente auch die besondere Kleidung der pharisäischen Schriftgelehrten (und es scheint sich hier in erster Linie um nichtpriesterliche Schriftgelehrte zu handeln) dazu, der priesterlichen Standeskleidung ein Äquivalent entgegenzusetzen.42 Die intendierte ––––––––––––– 39 Vgl. M. Hengel (unter Mitarbeit von R. Deines), Der vorchristliche Paulus, in: Paulus und das antike Judentum, hg. v. M. Hengel / U. Heckel, WUNT 58, Tübingen 1991, 177–291: 265–291, auch in: M. Hengel, Paulus und Jakobus, Kleine Schriften III, WUNT 141, Tübingen 2002, 68–192: 156–182, außerdem K.-W. Niebuhr, Heidenapostel aus Israel. Die jüdische Identität des Paulus nach ihrer Darstellung in seinen Briefen, WUNT 62, Tübingen 1992, 57–78; Saldarini, Pharisees (s. Anm. 2), 134–143 („Paul the Pharisee“), der die Verfolgertätigkeit allerdings stark einschränkt (142); A. Lindemann, Paulus – Pharisäer und Apostel, in: Paulus und Johannes. Exegetische Studien zur paulinischen und johanneischen Theologie und Literatur, hg. v. D. Sänger / U. Mell, WUNT 198, Tübingen 2006, 311–351: 321–328. 40 Hengel, Paulus (s. Anm. 39), 285 (= 176 in: Kleine Schriften); ähnlich Niebuhr, Heidenapostel (s. Anm. 39), 65; Lindemann, Paulus (s. Anm. 39), 326f: „Die von Paulus Verfolgten standen vermutlich nicht nur dem spezifisch pharisäischen, sondern überhaupt dem traditionellen Verständnis der Tora kritisch gegenüber“, d. h. auch Lindemann sieht in den Pharisäern zu Recht eine auf das Volk bezogene Bewegung. 41 Auch Röm 1,5, die Aufrichtung des „Gehorsams des Glaubens unter allen Völkern“ erinnert an pharisäisches Erbe, wenn man für „Glaube“ ein Leben nach der Tora einsetzt. Die pharisäische Entsprechung wäre dann in Mt 23,15 zu finden. 42 Vgl. dazu Deines, Steingefäße (s. Anm. 24), 11–15. Dort habe ich dafür plädiert, die Stellen im Sinne einer besonderen Sabbatkleidung zu verstehen, die die Würde dieses Tages unterstreicht. Beide Interpretationen schließen sich nicht aus. Dass in Markus und Lukas in erster Linie die Schriftgelehrten als Träger dieser besonderen stolai beschrieben sind, gibt

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Wirkung dieser Konkurrenzkleidung richtete sich jedoch nicht auf die priesterliche Aristokratie, die davon gewiss nicht beeindruckt oder als Unterstützer gewonnen wurde, wie es die Sicht Saldarinis verlangen würde, sondern auf das Volk. Vor dessen Augen sollte die Autorität der genealogisch nicht legitimierten Religionsexperten demonstriert werden.43 b) Pharisäische Deutungsansprüche der religiösen Tradition im öffentlichen Raum: Sowohl bei Lukas als auch in der erweiterten Fassung bei Matthäus sind die beiden an sich ganz unterschiedlichen Scheltworte über die Pharisäer als täuschende Gräber44 und als Hüter der prophetischen Tradition durch Errichtung von monumentalen Prophetengräbern miteinander verbunden.45 Für Q lässt sich streng genommen lediglich der erste Teil als Quelle für eine Wahrnehmung des Pharisäismus in Anspruch nehmen, da die Verklammerung der Pharisäer mit den ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ bzw. ƱƳμƮƯƳƤ erst auf der Ebene von Mt und Lk sicher nachweisbar ist. Die enge Zuordnung beider Begriffe ist jedoch auch von Mk bezeugt (2,16; 7,1.5), so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Parallelisierung von ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ und ƱƳμƮƯƳƤ in Q ebenfalls auf eine eng miteinander verbundene Richtung weist.46

––––––––––––– jedoch der hier vorgebrachten Deutung zumindest chronologisch den Vorrang. Denkbar ist, dass sich aus der schriftgelehrten Sonderkleidung auch bei den Pharisäern ein vergleichbares Bedürfnis äußerte, das besonders mit dem Sabbat verbunden war. Vgl. außerdem Casey, Approach (s. Anm. 5), 91. 43 Zum Legitimationskonflikt zwischen Priestern und Pharisäern vgl. den schon erwähnten Beitrag von D. R. Schwartz in diesem Band, außerdem ders., Law and Truth. On Qumran-Sadducean and Rabbinic Views of Law, in: The Dead Sea Scrolls. Forty Years of Research, hg. v. D. Dimant / U. Rappaport, STDJ 10, Leiden / Jerusalem 1992, 229–240. 44 Gemeinsam ist beiden Fassungen, dass die Unreinheit, die von einem Grab ausgeht, nicht erkannt wird. Während Lukas von einem unmarkierten (ɝƩƬưƳƵ) Grab spricht, über das man unwissentlich hinweggeht und sich dabei, ohne es zu bemerken, verunreinigt, geht es bei Matthäus um das Gegenteil: Die Gräber sind deutlich markiert und in einer Weise geschmückt, dass man vergisst, dass sie in ihrem Innern gleichwohl Unreinheit bergen. 45 Bei Matthäus und Lukas geschieht dies jeweils durch Wiederholung des Hauptbegriffs (μƱƬμƪ̝Ʀ bzw. ƷơƹƳƮ) und durch die unmittelbare Fortsetzung. Bei Lukas ist die Wendung von den Pharisäern zu den Gesetzeslehrern (11,45) mit diesem Schmähwort verbunden (vgl. 11,44 mit 11,46), zudem verklammert auch das zweimalige ƳʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ in 11,44 (adressiert an die Pharisäer) und 11,47 (adressiert an die Gesetzeslehrer) beide Teile miteinander. 46 Man kann zudem davon ausgehen, dass Lukas und Matthäus ihre aus Q stammenden Überlieferungen verstanden haben und damit sachgemäß umzugehen wussten. Besonders Lk 11,53 zeigt ein beiden Evangelisten gemeinsames Verständnis, indem Lukas in dieser redaktionellen Zusammenfassung und Überleitung die in der Spruchgruppe genannten Pharisäer und Gesetzeslehrer in der sozusagen typisch matthäischen Wendung Ƴʆ ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ Ƴʆ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ zusammenfasst.

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Lk 11,44.47f (44) ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ [ƷƳ̝Ƶ ƜƦƴƮƶƦƤƳƮƵ], ʚƷƮ ɩƶƷʿ ʮƵ Ʒʽ ßƱƬßƪ̝Ʀ Ʒʽ ɝƩƬưƦ,

ƯƦ˃ Ƴʆ ɝƱƭƴƼ™ƳƮ [Ƴʆ] ™ƪƴƮ™ƦƷƳ̬ƱƷƪƵ ɩ™ʾƱƼ ƳʡƯ ƳʉƩƦƶƮƱ. (V. 45f: Übergang der Anklage gegen die Pharisäer zu der gegen die ƱƳμƮƯƳƤ) (47) ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ [ƷƳ̝Ƶ ƱƳμƮƯƳ̝Ƶ], ʚƷƮ ƳʅƯƳƩƳμƪ̝Ʒƪ Ʒʽ ßƱƬßƪ̝Ʀ Ʒ̹Ʊ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ,

Ƴʆ Ʃʿ ™ƦƷˀƴƪƵ ʢμ̹Ʊ ə™ˀƯƷƪƮƱƦƱ ƦʡƷƳˈƵ. (48) ɝƴƦ μʾƴƷƸƴˀƵ ɩƶƷƪ ƯƦ˃ ƶƸƱƪƸƩƳƯƪ̝Ʒƪ ƷƳ̝Ƶ ɭƴƨƳƮƵ Ʒ̹Ʊ ™ƦƷˀƴƼƱ ʢμ̹Ʊ, ʚƷƮ ƦʡƷƳ˃ μʿƱ ə™ˀƯƷƪƮƱƦƱ ƦʡƷƳˈƵ, ʢμƪ̝Ƶ Ʃʿ ƳʅƯƳƩƳμƪ̝Ʒƪ.

Mt 23,27–31 (27) ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ, ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ ʢ™ƳƯƴƮƷƦ˄, ʚƷƮ ™ƦƴƳμƳƮʾƫƪƷƪ ƷʾƹƳƮƵ ƯƪƯƳƱƮƦμˀƱƳƮƵ, ƳʊƷƮƱƪƵ ɭƲƼƭƪƱ μʿƱ ƹƦ˄ƱƳƱƷƦƮ ʮƴƦ̝ƳƮ, ɭƶƼƭƪƱ Ʃʿ ƨˀμƳƸƶƮƱ ʕƶƷˀƼƱ ƱƪƯƴ̹Ʊ ƯƦ˃ ™ʾƶƬƵ əƯƦƭƦƴƶ˄ƦƵ. (28) ƳʦƷƼƵ ƯƦ˃ ʢμƪ̝Ƶ ɭƲƼƭƪƱ μʿƱ ƹƦ˄Ʊƪƶƭƪ ƷƳ̝Ƶ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ Ʃ˄ƯƦƮƳƮ, ɭƶƼƭƪƱ Ʃˀ ɩƶƷƪ μƪƶƷƳ˃ ʢ™ƳƯƴ˄ƶƪƼƵ ƯƦ˃ əƱƳμ˄ƦƵ. (29) ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ, ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ ʢ™ƳƯƴƮƷƦ˄, ʚƷƮ ƳʅƯƳƩƳμƪ̝Ʒƪ ƷƳˇƵ ƷʾƹƳƸƵ Ʒ̹Ʊ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ ƯƦ˃ ƯƳƶμƪ̝Ʒƪ Ʒʽ ßƱƬßƪ̝Ʀ Ʒ̹Ʊ ƩƮƯƦ˄ƼƱ, (30) ƯƦ˃ ưˀƨƪƷƪ· ƪʅ ɹμƪƭƦ ɩƱ ƷƦ̝Ƶ ɶμˀƴƦƮƵ Ʒ̹Ʊ ™ƦƷˀƴƼƱ ɶμ̹Ʊ, ƳʡƯ ɛƱ ɹμƪƭƦ ƦʡƷ̹Ʊ ƯƳƮƱƼƱƳ˃ ɩƱ Ʒ̺ ƦʊμƦƷƮ Ʒ̹Ʊ ™ƴƳƹƬƷ̹Ʊ. (31) ʲƶƷƪ μƦƴƷƸƴƪ̝Ʒƪ ɪƦƸƷƳ̝Ƶ, ʚƷƮ ƸʆƳ˄ ɩƶƷƪ Ʒ̹Ʊ ƹƳƱƪƸƶʾƱƷƼƱ ƷƳˇƵ ™ƴƳƹ˂ƷƦƵ.

Das Wehewort über die Pharisäer als „täuschende Gräber“ weist bei allen Unterschieden auf die öffentliche Wahrnehmung hin, die die Pharisäer für sich und ihre Anliegen beanspruchten. Bei Matthäus ist der Vergleichspunkt, dass sie wie weiß gestrichene Gräber leuchten47 und so deutlich erkennbar sind, damit aber gerade verbergen, dass ihr Inneres voller Unreinheit ist (vgl. Mt 15,18–20). Zugleich kann damit auf eine pharisäische Praxis Bezug genommen sein, wie sie allerdings erst in der rabbinischen Literatur als Halacha beschrieben ist. Demnach sollen Gräber deutlich markiert werden, um an ihnen nicht versehentlich unrein zu werden.48 Die mt Fassung ist in ihrer Pointe schärfer, indem sie die Pharisäer gleichsam als wandelnde Warnschilder darstellt: „Vorsicht Unreinheit“, wobei sie ihre eigene (moralische) Unreinheit ständig mit sich herumtragen (ein ähnliches Bild bietet auch Mt 7,15). Bei Lukas sind sie dagegen gerade nicht markiert und deshalb gefährlich. Aber nicht nur die Vermeidung von Totenunreinheit durch versehentlichen Kontakt mit Gräbern ist hier als pharisäisches Anliegen vorausgesetzt, sondern auch die damit verbundene Visualisierung des halachischen Anliegens für eine breitere Öffentlichkeit. Die geweißelten Gräber sind im Alltag

––––––––––––– 47 Vgl. Casey, Approach (s. Anm. 5), 89–92, der die mt Fassung mit der von ihm angenommenen weißen Kleidung der Pharisäer in Verbindung bringen will (91). 48 Vgl. Billerbeck, Kommentar (s. Anm. 27), Bd. 1, 936f.

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sichtbare Zeichen halachischer Praxis und das ist es, was dieses Wehewort mit dem über das Errichten von Grabmälern für die Propheten verbindet. Dahinter stand offenbar das Bestreben, der prophetischen Tradition in der öffentlichen Wahrnehmung und im öffentlichen Raum sichtbaren Ausdruck und damit Geltung zu verleihen.49 Dass diese Monumentalisierung in die Zeit vor 70 zurückgeht, wird durch die vielfältigen jüdischen Prophetengräbertraditionen bestätigt.50 Diese Wertschätzung der Propheten ist gewiss kein exklusiv pharisäisches Interesse, aber doch zumindest auch Teil der pharisäischen Tradition. M. E. verbirgt sich hinter diesem Bemühen um die Prophetengräber eine Rivalität mit der priesterlichen Inszenierung ihrer Abstammung in der Öffentlichkeit. Denn dass Grabanlagen in Jerusalem ein Mittel waren, um den Status ––––––––––––– 49 Stellen, die Interesse an den Grabstätten biblischer Gestalten in hell.-röm. Zeit bezeugen, sind: Jub 19,5f; 34,16; TestRub 7,2; Sir 46,20 (Samuel); LAB 40,8; Bell IV 532; Ant I 151; V 119; VI 56; VII 392; XIII 249; XVI 179–183 (die versuchte Beraubung des Davidsgrabes durch Herodes); im NT: Mt 2,18 (Rahel, s. dazu Christine Ritter, Rachels Klage im antiken Judentum und frühen Christentum. Eine auslegungsgeschichtliche Studie, AGJU 52, Leiden / Boston 2003, 28–33 u. ö.); Act 2,29 (David); 7,15f; Hebr 11,22; zu rabbinischen Parallelen s. P. W. v. d. Horst, Die Prophetengräber im antiken Judentum, Franz-DelitzschVorlesung 2000, hg. v. H. Lichtenberger, Münster 2001, 25 Anm. 74; zu den Makkabäergräbern in Modein s. 1Makk 13,25–30; Ant XIII 211; zur Fürbitte der verstorbenen Patriarchen (wobei zu prüfen ist, ob diese Tradition mit der Grabtradition verbunden ist; die Fürbitte kann auch unabhängig davon verstanden worden sein): VitJes 8; VitJer 3; 2Makk 15,12–16; 1Hen 39,5; Philo, Praem 166; 3Hen 44 (= § 66); ablehnend dazu LAB 33,4f. Zu den rabbinischen Parallelen s. v. d. Horst a. a. O. 13f.17.10; zu paganen Grabkultpraktiken bzw. Totenmahlen im jüdischen Kontext s. Tob 4,17; Sir 7,32f; 30,18; vgl. außerdem die jüdischen Grabanlagen in Bet Shearim, wo Baulichkeiten für Versammlungen bei den Gräbern (genauer: über den Gräbern) nachweisbar sind (dass sie der „Totenspeisung“ dienten [so B. Ego, Buch Tobit, JSHRZ II / 6, Gütersloh 1999], lässt sich m. E. aufgrund der Archäologie allein nicht zeigen); zu den rabbinischen Parallelen s. v. d. Horst a. a. O. 21f. Archäologisch bedeutsam ist die prachtvolle Ausstattung der Patriarchengräber in Hebron in Anlehnung an die Jerusalemer Tempelarchitektur, vgl. dazu O. Keel / M. Küchler, Orte und Landschaften der Bibel, Bd. 2: Der Süden, Zürich / Göttingen 1982, 680–686.688–696 (s. a. 606–611 zum Rahelgrab). 50 Vgl. (chronologisch) J. Jeremias, Heiligengräber in Jesu Umwelt. Eine Untersuchung zur Volksreligion der Zeit Jesu, Göttingen 1958; ders., Drei weitere spätjüdische Heiligengräber, ZNW 52, 1961, 95–101; D. Satran, Biblical Prophets in Byzantine Palestine. Reassessing the Lives of the Prophets, Leiden 1995; J. Wilkinson, Visits to Jewish Tombs by Early Christians, Akten des XII. Internationalen Kongresses für christliche Archäologie, JAC.E 20, 2 Bde., Münster 1995, Bd. 1, 452–465; Anna Maria Schwemer, Studien zu den frühjüdischen Prophetenlegenden Vitae Prophetarum, TSAJ 49, 2 Bde., Tübingen 1995 / 1996; dies., Vitae Prophetarum, JSHRZ I / 7, Gütersloh 1997; W. Horbury, The Cult of Christ and the Cult of the Saints, NTS 44, 1998, 444–469: 449–454; als weitere Elemente einer anhaltenden Traditionspflege benennt er „Commemoration“ (455–459); „The Assembly of the Saints“ (459–463; gemeint ist das Bewusstsein, mit den verstorbenen Propheten und Gerechten in einer fortdauernden geistlichen Gemeinschaft zu sein); sowie „Legend“ (463– 465); v. d. Horst, Prophetengräber (s. Anm. 49).

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der eigenen Familie zu demonstrieren, wird sowohl durch die literarische wie durch die archäologische Überlieferung breit bezeugt, wobei archäologisch neben Herrschergräbern insbesondere für priesterliche Familien monumentale Grabanlagen seit den Hasmonäern nachweisbar sind.51 Auf diese öffentliche Wahrnehmung und Demonstration priesterlicher Legitimation reagierten die Pharisäer offenbar durch die monumentale Visualisierung der prophetischen Tradition, in der die Berufung durch Gott das genealogische Vorrecht des Priesters überbot.52 Für unsere Fragestellung entscheidend ist das sich darin bezeugende pharisäische Interesse an einer Wahrnehmung im öffentlichen Raum, und der dahinter erkennbare Wille zur Beeinflussung der sichtbaren Seite der nationalen religiösen Tradition.53 Dem korrespondiert das Ringen um Einfluss in den Synagogen sowie das Gegrüßtwerden auf der Agora, denn auch da geht es um Wahrnehmung und Akzeptanz im öffentlichen Raum. c) Die (pharisäischen) Gesetzeskundigen als öffentliche Lehrer und ‚Mittler‘: Unter dem oben angesprochenen Vorbehalt, dass die Parallelisierung von Pharisäern und Gesetzeskundigen in Q nicht völlig zweifelsfrei, aber doch sehr wahrscheinlich ist, können darum auch die beiden noch verbliebenen Weheworte gegen die ƱƳμƮƯƳƤ für die Frage nach der pharisäischen Stellung zum Volk und im Volk herangezogen werden.54

––––––––––––– 51 Die bekanntesten Grabmonumente aus Jerusalem sind (abgesehen vom Grab des Herodes und der Königin Helena von Adiabene) priesterliche Grabanlagen: Jasonsgrab (s. M. Küchler, Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt, OLB IV.2, Göttingen 2007, 1029–1036); Grab der Bene Chezir im Kidrontal (vgl. 1Chr 24,15; Küchler a. a. O. 715–724); sog. Hannas- bzw. Ananosgrab im Hinnomtal (Bell V 506; Küchler a. a. O. 757.761–765); zur Identifikation s. auch Leen und Kathleen Ritmeyer, Jerusalem in the Year 30 A. D., Jerusalem 2004, 24–26; vgl. weiter M. Küchler, Die hellenistischrömischen Felsengräber im Kedrontal. Priesterlich-aristokratische Grabpracht im Angesicht des Zweiten Tempels, in: Texte – Fakten – Artefakte. Beiträge zur Bedeutung der Archäologie für die neutestamentliche Forschung, hg. v. ders. / K. M. Schmidt, NTOA 59, Fribourg / Göttingen 2006, 103–141; ders., Jerusalem (a. a. O.), 698–730. Zu den sog. Gräbern der Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi am Ölberg s. a. a. O. 844–852; zum Grab der Prophetin Hulda a. a. O. 875; Jeremias, Heiligengräber 51–53. 52 Zwar gibt es unter den bekannten Propheten auch solche priesterlicher Herkunft (Jeremia, Ezechiel), aber das ist für die Legitimation des Propheten ohne Bedeutung. Daneben stehen bereits im Alten Testament die Konflikte zwischen Prophet und Priester. 53 Vgl. dazu allgemein P. Zanker, The Power of Images in the Age of Augustus, Ann Arbor 1983 (deutsch: Augustus und die Macht der Bilder, München 1987); Annette Weissenrieder / Friederike Wendt, Images as Communication. The Methods of Iconography, in: Picturing the New Testament. Studies in Ancient Visual Images, hg. v. dens. / Petra von Gemünden, WUNT II / 193, Tübingen 2005, 3–49. 54 Diese Verse werden von M. Casey offenbar nicht zu Q gerechnet, anders jedoch Kloppenborg, Formation (s. Anm. 16), 140; Mack, Gospel (s. Anm. 16), 93; Hoffmann / Heil, Spruchquelle (s. Anm. 13), 70–73. Zur Diskussion s. Luz, Mt (s. Anm. 23), Bd. 3, 297.

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Lk 11,46 (46) ʖ Ʃʿ ƪʋ™ƪƱ· ƯƦ˃ ʢμ̝Ʊ ƷƳ̝Ƶ ƱƳßƮƯƳ̝Ƶ ƳʡƦ˄,

Mt 23,2–5a (2) ưˀƨƼƱ· ɩ™˃ Ʒ̏Ƶ ƒƼƾƶˀƼƵ ƯƦƭˀƩƴƦƵ ɩƯʾƭƮƶƦƱ Ƴʆ ƨƴƦßßƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ Ƴʆ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ. (3) ™ʾƱƷƦ ƳʧƱ ʚƶƦ ɩʽƱ ƪʉ™ƼƶƮƱ ʢμ̝Ʊ ™ƳƮ˂ƶƦƷƪ ƯƦ˃ ƷƬƴƪ̝Ʒƪ, ƯƦƷʽ Ʃʿ Ʒʽ ɭƴƨƦ ƦʡƷ̹Ʊ μˁ ™ƳƮƪ̝Ʒƪ· ưˀƨƳƸƶƮƱ ƨʽƴ ƯƦ˃ Ƴʡ ™ƳƮƳ̬ƶƮƱ. (4) ƩƪƶμƪˈƳƸƶƮƱ Ʃʿ ʚƷƮ ƹƳƴƷ˄ƫƪƷƪ ƷƳˇƵ əƱƭƴˊ™ƳƸƵ ƹƳƴƷ˄Ʀ ƧƦƴˀƦ [ƯƦ˃ ƩƸƶƧʾƶƷƦƯƷƦ] ƹƳƴƷ˄Ʀ ƩƸƶƧʾƶƷƦƯƷƦ, ƯƦ˃ ɩ™ƮƷƮƭˀƦƶƮƱ ɩ™˃ ƷƳˇƵ ʱμƳƸƵ Ʒ̹Ʊ əƱƭƴˊ™ƼƱ, ƯƦ˃ ƦʡƷƳ˃ ɪƱ˃ Ʒ̹Ʊ ƩƦƯƷˈưƼƱ ʢμ̹Ʊ ƦʡƷƳ˃ Ʃʿ Ʒ̺ ƩƦƯƷˈư̷ ƦʡƷ̹Ʊ Ƴʡ ƭˀưƳƸƶƮƱ ƯƮƱ̏ƶƦƮ ƦʡƷʾ. Ƴʡ ™ƴƳƶƻƦˈƪƷƪ ƷƳ̝Ƶ ƹƳƴƷ˄ƳƮƵ. (5) ™ʾƱƷƦ Ʃʿ Ʒʽ ɭƴƨƦ ƦʡƷ̹Ʊ ™ƳƮƳ̬ƶƮƱ ™ƴ˅Ƶ Ʒ˅ ƭƪƦƭ̏ƱƦƮ ƷƳ̝Ƶ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ·

In dem gemeinsamen Kern dieses Wortes (Lk 11,46 par. Mt 23,4) interessieren hier vor allem die Adressaten: Die Gesetzeslehrer bzw. die Pharisäer und Schriftgelehrten wenden sich mit ihrer Gesetzesinterpretation und Halacha, denn das dürfte sich hinter den ƹƳƴƷ˄Ʀ ƩƸƶƧʾƶƷƦƯƷƦ bzw. ƧƦƴˀƦ verbergen, an die Menschen. Das wird bei Matthäus noch verstärkt (V. 5), aber auch bei Lukas ist dieses Bestreben nach Öffentlichkeit unverkennbar: V. 43 kritisierte die Pharisäer wegen ihrem Streben nach der ™ƴƼƷƳƯƦƭƪƩƴƤƦ und dem Gegrüßtwerdenwollen auf dem Markt, V. 44 denunzierte sie als Gräber, die „die Menschen“ verunreinigen, ohne dass diese es merken. V. 45 brachte den Einwand des ƱƳμƮƯƿƵ, dass Jesus damit auch seinen eigenen Stand an den Pranger stellt. Daraufhin erfolgt mit V. 46 der Angriff auf den Einfluss der Schriftgelehrten auf die Bevölkerung, ehe ihnen in V. 47ff ihre auf die Propheten zurückgeführte Traditionslinie bestritten wird. Sie stehen nicht auf der Seite und in der Sukzession der Propheten, sondern auf der Seite der Prophetenmörder. Sieht man von den polemischen Verzeichnungen einmal ab, erkennt man m. E. sehr deutlich das gesellschaftliche Profil dieser pharisäischen Schriftgelehrten.

Die Kritik an der pharisäischen ‚Seelsorge‘ gipfelt in der Aussage, dass sie die ‚heilsnotwendige‘ Erkenntnis nicht nur selbst ausgeschlagen,55 sondern den Zugang dazu auch denen verunmöglicht haben, die hinein wollten. Bei Lukas bildet dieses Wehewort den Abschluss der Reihe, bei Matthäus den Auftakt, d. h. in beiden Fällen steht es an einer herausgehobenen Stelle (vgl. außerdem

––––––––––––– 55 Besonders deutlich in Lk 7,29f: Das ganze Volk ist bereit auf den Täufer zu hören, sogar die Zöllner geben Gott Recht und lassen sich taufen. Das wird besonders hervorgehoben, da sie den verachteten Teil des Volkes repräsentieren, denen nun die Elite gegenübergestellt wird: Im Unterschied zu den Zöllnern verachteten (ɵƭƢƷƬƶƦƱ) die Pharisäer und Schriftgelehrten den Ratschluss Gottes und ließen sich nicht taufen. Die Parallele zu dieser Stelle bei Mt macht den „Hohenpriestern und Schriftgelehrten des Volkes“ (21,23) diesen Vorwurf (21,31f), wobei die Opponenten Jesu im Abschluss dieser Einheit als „die Hohenpriester und die Pharisäer“ bezeichnet werden (21,45, der mit 21,23 eine inclusio bildet). Matthäus identifiziert demnach die „Schriftgelehrten des Volkes“ mit den Pharisäern.

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EvThom 39,1f).56 Gemeinsam ist beiden Versionen der vierteilige Aufbau, der damit auf eine gemeinsame Vorlage zurückgeführt werden kann: (a) Das Wehe am Anfang, (b) der Missbrauch der Schlüsselgewalt als Grund für das Wehe, der eine zweifache Folge hat: (c) Die Schlüsselverwahrer selbst erreichen nicht das Ziel, und sie verunmöglichen es auch den anderen (d), die offenbar in irgendeiner Weise auf sie angewiesen sind. Lk 11,52 (a) ƕʡƦ˃ ʢμ̝Ʊ ƷƳ̝Ƶ ƱƳμƮƯƳ̝Ƶ, (b) ʚƷƮ ɹƴƦƷƪ ƷˁƱ Ưưƪ̝ƩƦ Ʒ̏Ƶ ƨƱˊƶƪƼƵ· (c) ƦʡƷƳ˃ ƳʡƯ ƪʅƶ˂ưƭƦƷƪ (d) ƯƦ˃ ƷƳˇƵ ƪʅƶƪƴƺƳμˀƱƳƸƵ ɩƯƼưˈƶƦƷƪ.

Mt 23,13 (a) ƕʡƦ˃ Ʃʿ ʢμ̝Ʊ, ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ ʢ™ƳƯƴƮƷƦ˄, (b) ʚƷƮ Ưưƪ˄ƪƷƪ ƷˁƱ ƧƦƶƮưƪ˄ƦƱ Ʒ̹Ʊ ƳʡƴƦƱ̹Ʊ ɭμ™ƴƳƶƭƪƱ Ʒ̹Ʊ əƱƭƴˊ™ƼƱ· (c) ʢμƪ̝Ƶ ƨʽƴ ƳʡƯ ƪʅƶˀƴƺƪƶƭƪ (d) ƳʡƩʿ ƷƳˇƵ ƪʅƶƪƴƺƳμˀƱƳƸƵ əƹ˄ƪƷƪ ƪʅƶƪưƭƪ̝Ʊ.

Die entscheidende Aussage hier, die m. E. auch den so scharfen Ton in diesen beiden Kapiteln begründet, ist die Fähigkeit der attackierten Gruppe, anderen den Zugang zum ‚Heil‘ zu verschließen. Sie sind als ‚Mittler‘ beschrieben (vgl. J. D. Crossan57), die ihrer Aufgabe nicht gerecht werden und darum insbesondere an denen schuldig werden, die auf ihre Mittlerdienste angewiesen sind. Aus der Perspektive von Q, die von Matthäus und Lukas geteilt und noch verstärkt wurde, sind es die mit den Pharisäern in enger Beziehung stehenden Schriftgelehrten, die diesen entscheidenden Einfluss auf das Volk und seine religiöse Orientierung haben. Diesen üben sie zum einen durch ihre halachische Kompetenz aus, der auf Seiten des Volkes offenbar eine entsprechende Akzeptanz korrespondiert, und zum anderen durch die Inszenierung ihrer Anliegen in der Öffentlichkeit durch die in den Texten genannten Huldigungsmechanismen. Diese Strategien gehören damit zum Repertoire einer zu––––––––––––– 56 Der Aufbau von Matthäus ist eine beeindruckende Komposition: Den Auftakt bilden die Aussagen über das öffentliche Prestige bzw. Geltenwollen der Pharisäer (23,2–7), dem die Mahnung an die Jünger gegenüber steht (8–12). Dann folgt das erste Wehewort über die missbrauchte Schlüsselgewalt, dem indirekt im Evangelium die Petrus verliehene Schlüsselgewalt kontrastiert wird (16,19, vgl. 18,18). Der pharisäischen ‚Mission‘ in 13,15 steht ebenfalls der jesuanische Missionsbefehl an seine Jünger gegenüber, der sowohl Israel (10,6ff) als auch die Völker der Welt umfasst (28,18–20). Dann folgen die drei halachisch strukturierten Weheworte, die über die beiden Gräbersprüche zum abschließenden Urteil über die Pharisäer überleiten. Es ist ein Gang von Mose (23,2) zu den Propheten (23,29); aber nicht die Pharisäer sind die wahren Sachwalter dieses Erbes, sondern die Jünger Jesu, die als „Propheten, Weise und Schriftgelehrte“ (23,34) die von den Pharisäern beanspruchten Kompetenzen und Vollmachten usurpieren. 57 J. D. Crossan, Der historische Jesus, München 1984: Der erste Teil über die Grundstrukturen der mittelmeerischen Kultur ist überschrieben mit: „Reich der Mittler“, dem Jesus (so sein Ansatz) ein „Reich ohne Mittler“ (Titel des dritten Teiles über Jesus und seine Botschaft) gegenübergestellt habe. Vgl. auch Saldarini, Pharisees in Mark (s. Anm. 2), 72f.

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mindest auch auf dem Antagonismus von ‚Honor and Shame‘ aufgebauten Kultur. In der Rivalität zwischen dem genealogisch privilegierten Priestertum und der neuen schriftgelehrten Elite, die ohne Abstammungsausweis auskommen muss, können gerade Letztere auf die Unterstützung des Volkes nicht verzichten. Ihre öffentliche ‚Ehre‘ erhalten sie allein durch die Unterstützung und Akzeptanz derer, die sich von ihnen vertreten lassen.58 Für das Neue Testament lässt sich m. E. sogar behaupten, dass nur den Pharisäern diese Fähigkeit zur religiösen Beeinflussung des Volkes zugeschrieben wird. Die nächste Parallele dazu ist – abgesehen von Josephus – der Nahumpescher aus Qumran, wo die als „Ephraim“ bezeichnete Gruppe in ganz ähnlicher Weise die „Einfältigen des Volkes“ (ʩʠʺʴ ʭʩʸʴʠ) so zu beeinflussen vermag, dass die konkurrierende Gruppe, die hinter dem Nahumpescher steht, sich im Kampf um das Volk als Verlierer sieht.59 Eine vergleichbare Erfahrung machte wohl auch Jesus,60 ganz gewiss jedoch seine ersten nachösterlichen Anhänger innerhalb des jüdischen Volkes. Sie vermochten sich mit ihrer Botschaft nicht gegen die religiösen Meinungsführer durchzusetzen, die sie ausschließlich unter den Pharisäern und Schriftgelehrten fanden. Die Priester sind für die Beeinflussung des Volkes in Q dagegen nicht erkennbar, und das gilt mit einer Ausnahme auch für das Markusevangelium (15,8.11.15) und damit für die beiden wichtigsten Quellen, die noch eindeutig die sozialen Bedingungen der Zeit vor 70 widerspiegeln.61

––––––––––––– 58 Vgl. dazu auch den Beitrag von Steve Mason in diesem Band. 59 Vgl. 4QpNah II 8–10 (Verführung des Volkes, seiner Führer und der Fremden, die sich

angeschlossen haben [vgl. Mt 23,15], durch – aus Qumranperspektive – falsche Lehre); III 3– 8 u. dazu Deines, Pharisees (s. Anm. 2), 473.476f (dort auch die Literatur). Seither ist erschienen: I. R. Tantlevskij, The Historical Background of the Qumran Commentary on Nahum (4QpNah), in: Hellenismus. Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters, Akten des Internationalen HellenismusKolloquiums 9.–14. März 1994 in Berlin, hg. v. B. Funck, Tübingen 1997, 329–338; L. H. Schiffman, The Pharisees and Their Legal Traditions According to the Dead Sea Scrolls, DSD 8, 2001, 262–277, bes. 265–267; J. C. VanderKam, Those Who Look for Smooth Things, Pharisees, and Oral Law, in: Emanuel. Studies in Hebrew Bible, Septuagint and Dead Sea Scrolls in Honor of Emanuel Tov, hg. v. S. M. Paul u. a., VT.S 94, Leiden / Boston 2003, 465–477 (vgl. auch ders., Vorwort zur Neuausgabe von: Saldarini, Pharisees [s. Anm. 2], xxi–xxv). 60 Vgl. Saldarini, Pharisees in Mark (s. Anm. 2), 71f. 61 In der Szene vor dem Palast des Pontius Pilatus in Jerusalem: Hier sind es die Hohenpriester, die die Menge anstacheln, anstelle der Freilassung Jesu die von Barnabbas zu fordern (Mk 15,8.11.15 par. Mt 27,15.20; bei Matthäus sind es die „Hohenpriester und die Ältesten“, wobei Letztere bei Matthäus textpragmatisch die Pharisäer vertreten, vgl. 21,23.45 u. Anm. 55; s. außerdem Lk 23,4.18).

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II. Das Verhältnis der Pharisäer zum Volk im Markusevangelium Eine Besonderheit des Markusevangeliums ist, dass im Unterschied zu den übrigen Synoptikern die Belege für die Schriftgelehrten (21-mal) deutlich zahlreicher sind als die der Pharisäer (12-mal). Wo beide gemeinsam auftreten, werden einzelne Schriftgelehrte mit den Pharisäern verbunden, ohne dass beide Gruppen in der Weise miteinander verschmolzen werden, wie dies bei Matthäus der Fall ist. Die Stellen, in denen beide Bezeichnungen vorkommen, gelten häufig als mk Verklammerungen seiner Galiläatradition, in der hauptsächlich die Pharisäer als Jesu Widersacher auftreten, mit seiner Jerusalemtradition, in der die Schriftgelehrten mit den Hohenpriestern und Ältesten zusammen als Gegner Jesu geschildert sind, während die Pharisäer in Jerusalem nur einmal in 12,13 genannt werden. Für Saldarini präsentiert das Markusevangelium die Pharisäer darum als „recognized leaders in the Galilean community“.62 Dieter Lührmann wertet in ganz ähnlicher Weise die redaktionelle Verklammerung von Schriftgelehrten und Pharisäern als Hinweis darauf, dass für den Evangelisten nur noch die Schriftgelehrten die aktuellen Konfliktgegner der christlichen Gemeinden sind. Darum setzte der Evangelist sich mit diesen intensiver auseinander als mit den Pharisäern, die für ihn nur noch die historischen Gegner bildeten: „Für Mk jedoch sind aktuelle Konfliktpartner nicht mehr und noch nicht wieder die Pharisäer, sondern die Schriftgelehrten“ (184). Lührmann weist ferner darauf hin, dass der Konflikt Jesu mit den Pharisäern bei Markus primär um halachische Fragen in Bezug auf das ‚erlaubte‘ Verhalten geht, während im Mittelpunkt des Konflikts mit den Schriftgelehrten Jesu Exousia als Begründung seines Handelns steht (vgl. 2,1–12; 11,27–3363). D. h. die mehr theologische oder christologische Auseinandersetzung wird mit den Schriftgelehrten geführt.64

Vor allem diese letzte Beobachtung ist weiterführend. Sie kann mit der Differenzierung zwischen Pharisäern und Schriftgelehrten in Q verglichen werden, während die geographische oder zeitliche Differenzierung m. E. nicht weiterführt. Wie in Q besteht auch bei Markus zwischen Pharisäern und Schriftgelehrten ein hohes Maß an Übereinstimmung, so dass eine Gruppe die andere vertreten kann. Dass Markus auf die „Schriftgelehrten der Pharisäer“ verweist (2,16; vgl. 7,1), hängt m. E. mit dem Umstand zusammen, dass er zwischen den Schriftgelehrten differenzieren will: Nicht alle gehören zu den ––––––––––––– 62 Saldarini, Pharisees in Mark (s. Anm. 2), 72, vgl. auch ders., Pharisees (s. Anm. 2),

144–157. Eine wenig überzeugende quellenkritische Lösung hat M. J. Cook, Mark’s Treatment of the Jewish Leaders, NT.S 51, Leiden 1978, vorgelegt, die zu Recht keine Unterstützung gefunden hat. 63 Parr. Mt 21,23–27; Lk 20,1–8 (vgl. auch 7,29f). Die von Jesus Gefragten verweigern die Antwort übereinstimmend in allen drei Evangelien aus Angst vor dem Volk, das den Täufer für einen Propheten hält. Dies lässt etwas von dem Einfluss erkennen, den diese anonyme Menge besaß. 64 So auch E. Struthers Malbon, The Jewish Leaders in the Gospel of Mark. A Literary Study of Marcan Characterization, JBL 108, 1989, 259–281: 266.

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Pharisäern,65 und nicht alle Pharisäer sind Schriftgelehrte. Die Konflikte um Sabbat, Reinheit, Scheidungsrecht und „die Traditionen der Ältesten“ gehören jedoch eindeutig in den Bereich der pharisäischen Schriftgelehrsamkeit, von der, über den engen Kreis der eigentlichen Schriftgelehrten hinaus, alle betroffen waren, die sich in ihrem praktischen Verhalten an der pharisäischen Halacha orientierten und d. h. die Pharisäer als ‚Mittler‘ akzeptierten. Diese Differenzierung innerhalb des Gesamtphänomens Pharisäismus gibt darum sehr präzise das Verhältnis innerhalb desselben wieder: Lehrer, aktive Anhänger und Sympathisanten mit wechselnden und differenzierten Loyalitäten, die es immer wieder neu zu gewinnen und zu motivieren galt. Das vielfältige Beziehungsgeflecht lässt sich gleich zu Beginn am Aufbau der Heilungs- und Konfliktgeschichten in 1,21–3,6 erkennen und wiederholt sich im weiteren Verlauf des Evangeliums mehrfach (vgl. 3,20–30; 7,1–23; 11,15–12,40). Die Einleitung in 1,21f gibt einen ersten Überblick über die Beteiligten, der dann zwar variiert, aber nicht grundsätzlich verändert wird. Besonders auffällig ist dabei die Gruppe, die nur durch die 3. Person Plural gekennzeichnet wird, im weiteren Erzählgang aber klarer erkennbar wird als „(das) Volk“66 bzw. „die Menge“. Das heißt, es ist jene namenlose Gruppe der Bevölkerung, die religiös auf die Dienste anderer angewiesen ist. Ihre ‚religiöse‘ Definition erhält sie bei Markus in 1,21f dadurch, dass sie sich in

––––––––––––– 65 Besonders die mit der Passionsgeschichte (und damit mit Jerusalem) verbundene Trias „Älteste und Hohepriester und Schriftgelehrte“ ist m. E. der Grund für diese Differenzierung (erstmals Mk 8,31 in Jesu erster Leidensankündigung; in der dritten 10,33 sind nur „die Hohenpriester und die Schriftgelehrten“ genannt, so auch in 11,18; 14,1; 15,31; in der Reihenfolge „die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Ältesten“ in 11,27; 14,43; als „die Hohenpriester und die Ältesten und die Schriftgelehrten“ in 14,53; 15,1). In dem durch die Trias abgedeckten Kreis sind die Schriftgelehrten nicht einfach mit den Pharisäern identisch, wenngleich es darunter wohl auch welche gegeben hat, wie insbesondere 7,1 erkennen lässt (vgl. Anm. 61). Die erste Nennung der Schriftgelehrten in Mk 1,22 schildert sie als Lehrer des ‚Volkes‘ (das nur durch eine anonyme Pluralform des Verbs und ein davon abhängiges Pronomen als anwesend vorgestellt wird, vgl. auch 1,27), ohne dass damit ihre Anwesenheit zu diesem Zeitpunkt in der Synagoge von Kapernaum vorausgesetzt ist. Erst bei der nächsten Nennung in 2,6 sind sie ausdrücklich als anwesend geschildert. An der dritten Stelle 2,16 sind sie mit den Pharisäern verbunden und das ist zugleich die erste Erwähnung derselben. Im Unterschied zu 1,22 und 2,6 geht es nun erstmals um Fragen der religiösen Praxis (Essen mit Sündern und Zöllnern) und damit um das eigentliche Thema der Pharisäer (was in 2,18.24; 3,6 seine unmittelbare Fortsetzung findet). 66 Zum besonderen mk Sprachgebrauch (außer in 10,1 benützt er ʙƺưƳƵ ausschließlich im Singular und nur dann mit Artikel, wenn damit auf eine unmittelbar zuvor genannte „Menge“ Bezug genommen wird) s. C. H. Turner, The Movements of Jesus and His Disciples and the Crowd, in: J. K. Elliott, The Language and Style of the Gospel of Mark. An Edition of C. H. Turner’s „Notes on Marcan Usage“ Together with Other Comparable Studies, NT.S 71, Leiden u. a. 1993, 36–52: 38 Anm. 3 (urspr. JThS 26, 1925, 225–240).

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der Synagoge befindet, konkret in der von Kapernaum.67 In 2,18 fragt wohl ebenfalls diese namenlose Gruppe (wieder nur markiert als 3. Person Plural), warum die Pharisäer und die Johannesjünger fasten, aber nicht die von Jesus. Hinter der Frage verbirgt sich das Angewiesensein auf religiöse Vorbilder und Lehrer. Dieser anonymen Menge stehen erzählerisch auf der einen Seite Jesus und seine Jünger und auf der anderen die Pharisäer und Schriftgelehrten gegenüber und rivalisieren miteinander um die religiöse Deutungsautorität (vgl. 2,15f). Wer auch hier fehlt, sind die Priester. Zumindest aus der Perspektive von Q und Markus ist deren religiöse Deutungsautorität im Hinblick auf das Volk ohne erkennbares Gewicht (dasselbe gilt auch für die Sadduzäer). In Mk 7,1–5 ist die pharisäische Prägekraft auf die jüdische religiöse Praxis am deutlichsten ausgedrückt. Hier sind die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten aus Jerusalem bei Jesus und seinen Jüngern zusammengekommen. Es ist eine Art öffentliche Disputation, die hier stattfindet, wobei der Bezugsrahmen auch hier „das Volk“ ist (7,14, vgl. 6,54, wo wieder nur die 3. Person Plural des Verbs das Volk vertritt). In den erzählten Ablauf hinein, zwischen die Verse 2 und 5, schiebt der Evangelist eine erklärende Bemerkung, die mit Recht in den Textausgaben und Übersetzungen als eine Art Klammerbemerkung markiert ist. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie die Meinung des Evangelisten am deutlichsten wiedergibt, da er hier nicht an eine ihm vorgegebene Tradition gebunden ist. Konkret will Markus seinen Lesern erklären, warum das Essen der Jünger mit (rituell) ungewaschenen Händen anstößig auf die Pharisäer und die anwesenden Schriftgelehrten wirkte (V. 2). Das sei so, weil „die Pharisäer und alle Juden“ nicht essen, ohne bestimmte Reinigungsriten vollzogen zu haben, von denen er dann noch einige weitere – m. E. sachkundig68 – aufzählt. Dass „alle Juden“ eine rhetorische Übertreibung darstellt, ist offenkundig, denn gerade eben hatte er ja berichtet, dass die Jünger Jesu sich nicht an diese angeblich allen Juden gemeinsame Praxis hielten. Dass er den Vorgang dennoch so und nicht anders erläutert, zeigt, wie selbstverständlich für ihn die pharisäische Reinheitshalacha (denn darum geht

––––––––––––– 67 Zwar wird in der neueren Synagogenliteratur immer wieder deren Charakter als

„Community center“ hervorgehoben und ihre religiöse Funktion bestenfalls als eine unter anderen genannt, aber das ist nicht das Bild, das das Neue Testament von der Synagoge zeichnet. Dort ist sie der Versammlungsort am Sabbat, in dem gelehrt (Mk 1,22) und die Heiligen Schriften gelesen und ausgelegt wurden (vgl. auch Mk 1,39; 6,2; Mt 4,23; 6,5 [Gebet]; 9,35; 13,54; Lk 4,15–27.31–33.44; 6,6; 13,10; Joh 6,59; 18,20; Act 6,9; 9,20; 13,5.14ff; 14,1; 15,21; 17,1–3.10f.17; 18,4.26; 19,8). 68 Gegen Lührmann, Pharisäer (s. Anm. 6), 173. Für ihn überliefert der Evangelist in dem ihm aus der Tradition vorliegenden Stoff „gute Information über die Pharisäer (…); muß er jedoch selber Informationslücken auffüllen, geschieht das pauschal und ungenau“ (mit Verweis auf 7,2.3f). Zu der handschriftlich unsicheren Erwähnung der ƯưƤƱƦƮ in 7,4 s. J. G. Crossley, Halakah and Mark 7.4: „… and Beds“, JSNT 25, 2003, 433–447.

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es in seinen Beispielen, wenngleich der weitere Kontext auch noch andere halachische Felder einschließt) das ist, was jüdische religiöse Praxis bestimmt. Und dies, wohlgemerkt, nicht erst aus einer Perspektive nach der Tempelzerstörung, sondern aus der Zeit spätestens kurz vor oder um das Jahr 70.69 Für diese Gleichsetzung von pharisäisch-schriftgelehrtem Traditionsbewusstsein und Judentum ist als nächste Parallele auf Gal 1,13f zu verweisen, wo Paulus seinen „Eifer“ für die „väterlichen Traditionen“ mit einem Fortschreiten ɩƱ Ʒ̺ ʍƳƸƩƦƽƶμ̺ parallelisiert.70 Diesem Beleg, der in die 50-Jahre zu datieren ist, korrespondiert aus späterer Zeit Ant XVIII 14f, wo der pharisäische Einfluss genau in derselben Weise beschrieben ist: Sie praktizieren eine dem Volk (ƷƳ̝Ƶ ƩƣμƳƮƵ) eindrückliche Lebensweise und vertreten eine ‚attraktive‘ Anthropologie und Theologie, die ein verantwortliches religiöses Engagement ermöglicht. Deswegen richten sich „alle göttlichen Verrichtungen“ (ʖ™ƿƶƦ ƭƪ̝Ʀ ... ™ƴƦƶƶƿμƪƱƦ) nach ihrer Schriftauslegung (ɩƲƬƨƣƶƪƮ Ʒ̐ ɩƯƪƤƱƼƱ). Und daran mussten sich nach Josephus auch die Sadduzäer halten, wenn sie ein öffentliches Amt bekleideten, „denn anders wären sie der Menge nicht erträglich gewesen“ (ƩƮʽ Ʒ˅ μˁ ɝưưƼƵ əƱƪƯƷƳˇƵ ƷƳ̝Ƶ ™ưƣƭƪƶƮƱ). Die Zuverlässigkeit dieser Angabe ist bekanntlich sehr umstritten, wobei vor allem das Argument vorgebracht wird, dass Josephus die (realen oder als anzustrebendes Ziel imaginierten) Verhältnisse aus der Zeit um 90 in die Zeit vor 70 projizierte, um bei den römischen Autoritäten Lobbyismus für

––––––––––––– 69 Die Einschränkung auf Galiläa, wie sie auch bei Saldarini vorliegt („The Pharisees

were recognized leaders in the Galilean community“, so Pharisees [s. Anm. 2], 151, vgl. 147f) ist gerade von 7,1f her nicht begründbar. Ebenso trennt er m. E. zu stark zwischen den Pharisäern und Schriftgelehrten (155f). Saldarini betont weiter wiederholt, dass die Pharisäer einen starken Einfluss auf das Volk hatten (150f.155), und doch legt er Wert darauf, dass sie keine „dominant group“ waren (157). Das hängt damit zusammen, dass er die Pharisäer als „religious interest group with political goals“ (157) versteht, die aber keine politische Macht besaßen. Zudem beschreibt er das pharisäische Interesse durchgängig als Streben „for control over the community“ (151, s. a. 150.157). Beides, politische Ziele und gesellschaftliche Kontrolle, sind m. E. für die Pharisäer unangemessene Kategorien. Dass sie gemessen an diesem Anspruch keine „dominant group“ waren, ist mit Einschränkungen richtig. Aber ihr primäres Streben nach religiösem Einfluss durch Lehre und Vorbild ist damit nicht erfasst. 70 Vgl. dazu R. Deines, Jakobus und Josephus. Der (mögliche) Beitrag der Vita zum geplanten Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti, in: Internationales JosephusKolloquium Dortmund 2002, hg. v. J. U. Kalms / F. Siegert, MJSt 14, Münster 2003, 34–61: 56f; Niebuhr, Heidenapostel (s. Anm. 39), 21–35; Lindemann, Paulus (s. Anm. 39), 325f. Die in Gal 1,15 genannte „Aus-“ oder „Absonderung“ des Paulus (əƹƳƴƤƫƪƮƱ) kann als Hinweis auf seine frühere pharisäische „Absonderung“ verstanden werden, die angesichts der neuen Absonderung durch Gott selbst nun nicht mehr zählt. Auch Gal 3,23–25 enthält autobiographische Elemente, die Einblicke in pharisäisches Gesetzesverständnis geben. Zu Paulus als Pharisäer s. o. Anm. 39.

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die sich formierenden rabbinischen Nachfolger der Pharisäer zu betreiben. Als Hauptargument dienen dabei die Unterschiede in der Darstellung der Pharisäer in Bellum und Antiquitates.71 Ich möchte darum abschließend auf einen Text hinweisen, der eine mögliche Brücke zwischen Bellum und Antiquitates bildet und in Übereinstimmung steht mit dem aus Q und Markus gewonnenen Bild.

III. Josephus’ Hierarchie der drei jüdischen Parteien im Bellum im Hinblick auf ihr Verhältnis untereinander und zum Volk Wie stellt Josephus das Verhältnis der Pharisäer zum Volk in seinem ersten großen Werk, dem Jüdischen Krieg, dar? Ausdrückliche Belegstellen für die Pharisäer gibt es im Bellum im Vergleich zu den Antiquitates relativ wenige, da verschiedene Stellen erst durch die Paralleldarstellung in den Antiquitates oder der Vita eine mögliche pharisäische Beteiligung erkennen lassen. Ich beschränke mich darum auf die Stellen, wo Pharisäer ausdrücklich genannt sind, möchte aber betonen, dass ich die Inanspruchnahme auch der Stellen, die nur aufgrund der Parallelen in den späteren Schriften eine pharisäische Beteiligung erkennen lassen, für methodisch korrekt halte.72 1. Die Pharisäer unter Salome Alexandra: Die erste Erwähnung der Pharisäer erfolgt im Rahmen des Berichts über die Regierungszeit der hasmonäischen Königin Salome Alexandra (76–67 v. Chr.). In den voranstehenden Paragraphen über die bürgerkriegsähnlichen Zustände zu Lebzeiten von Alexander Jannai nennt Josephus weder im Bellum noch den Antiquitates die Pharisäer als treibende Kraft des gegen diesen gerichteten Widerstands. Es ist das Volk selbst, das ihn wegen seiner „Gesetzesübertretungen“ (I 107: ™ƦƴƦƱƳμƤƦƮ) ablehnte.73 Die Pharisäer führt Josephus erst zu Beginn der Charakterisierung

––––––––––––– 71 Am Anfang steht der Aufsatz von M. Smith, Palestinian Judaism in the First Century, in: Israel. Its Role in Civilization, hg. v. M. David, New York 1956, 67–81; auch in: Essays in Greco-Roman and Related Talmudic Literature, hg. v. H. A. Fishel, New York 1977, 193– 197, dessen These dann vor allem von J. Neusner übernommen wurde, vgl. Deines, Pharisäer (s. Anm. 3), 32f. 72 Zu diesem Problem s. Hengel / Deines, Common Judaism (s. Anm. 25), 431f mit Anm. 105, sowie 475; vgl. zu den Problemen der Unterschiede bei der Beschreibung der Gesandtschaft zwischen Bell II 628 und Vita 197 auch T. Ilan / J. J. Price, Seven Onomastic Problems in Josephus’ Bellum Judaicum, JQR 84, 1993 / 1994, 189–208: 191–195. Eine gute Paralleldarstellung der Belege findet sich bei P. Schäfer, Der vorrabbinische Pharisäismus, in: Hengel / Heckel (Hg.), Paulus (s. Anm. 39), 125–172: 132–165; Grabbe, Pharisees (s. Anm. 7), 36–44. 73 Vgl. Bell I 88: Nach ersten militärischen Erfolgen erhob sich erstmals der Widerstand des Volkes (ɩ™ƦƱƤƶƷƦƷƦƮ Ʒ˅ ʍƳƸƩƦƽƯƿƱ) gegen Alexander Jannai bei einem der jüdischen

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus

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von Salome Alexandras regierungspolitischen Erfolgen mit den Worten ein (Bell I 110): „Mit ihr nahmen an Macht zu (die) Pharisäer, eine Gruppe unter den Juden, von der man glaubte / die das Ansehen hatte (vgl. Gal 2,6), dass sie frömmer als die anderen seien und die Gesetze genauer auslegten.“

Josephus, oder wie manche annehmen, Nikolaos von Damaskus,74 fährt dann fort, dass Salome Alexandra ihnen aufgrund ihrer eigenen Frömmigkeit, die in Bell I 108 mit genau denselben Formulierungen charakterisiert worden war wie die der Pharisäer, zu viel Macht einräumte. In Kürze (ƯƦƷʽ μƮƯƴƿƱ) wurden sie so zu den „Verwaltern des ganzen (Staates)“ (ƩƮƳƮƯƬƷƦ˃ Ʒ̹Ʊ ʚưƼƱ). Die Pharisäer starteten nach diesem Bericht einen Rachefeldzug gegen diejenigen, die unter Alexander Jannai die gegnerische Bürgerkriegspartei bekämpft hatten und ihm den Rat gegeben hatten, 800 Gefangene zu kreuzigen. Das lässt keinen Zweifel zu, dass Josephus auch schon im Bellum davon ausgeht, dass die hauptsächlichen Gegner Alexander Jannais entweder

––––––––––––– Feste, was auf ein religiöses Motiv hindeutet (detaillierter und genauer dann in Ant XIII 372f; als eine Maßnahme in Folge dieses Protestes errichtete er im Tempel eine Schranke, um das Volk vom Geschehen um den Altar auszuschließen; dahinter stand wohl das Interesse, die priesterliche Exklusivität gegenüber dem Volk zu bewahren [XIII 373]). In I 90f kehrte er nach einer Niederlage gegen die Nabatäer zurück nach Jerusalem, wo ihn „das Volk längst hasste“ (™ơưƦƮ μƮƶƳ̬Ʊ Ʒ˅ ɭƭƱƳƵ). Als er „sie“ fragte (ein ähnlich anonymer Plural wie bei Markus), was er tun müsse, um sich mit ihnen zu versöhnen, erhielt er zur Antwort: „Sterben“ (I 92). Die nachfolgende Begründung, dass es selbst mit einem Toten nur schwerlich zur Versöhnung komme nach solchen Taten, wie er sie begangen habe, lässt als Sprecher des Volkes am ehesten an Pharisäer denken, denen Josephus auch in Bell II 163 eine postmortale Scheidung zwischen Gerechten und selbstverantwortlichen Sündern zuschreibt. Dieselbe anonyme „sie“-Gruppe ist es dann auch, die den Seleukiden Demetrius III. ins Land rief (Bell I 92, vgl. Ant XIII 376). Weder im Bellum noch in den Antiquitates werden jedoch die politisch-militärischen Widerständler gegen Alexander Jannai als Pharisäer bezeichnet, aber in beiden Texten ist deutlich, dass es zu einer Befriedung und Versöhnung des Volkes mit dem Hasmonäerhaus ihrer Vermittlung bedarf. Das weist darauf hin, dass für Josephus hinter dem Widerstand gegen Alexander Jannai pharisäischer Einfluss auf das Volk stand, ohne dass damit die Pharisäer zu einer nach eigener politischer Macht strebenden Gruppe gemacht werden (anders Saldarini, Pharisees [s. Anm. 2], 89: „… the Pharisees continued to seek influence and power and to act as a political interest group …“, vgl. aber 94: Unter Salome Alexandra seien die Pharisäer dann als „religio-political interest group“ zu beschreiben, d. h. auch Saldarini anerkennt den stark religiösen Charakter in dieser Auseinandersetzung). 74 So u. a. in: Flavius Josephus, De Bello Judaico – Der jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch, hg. v. O. Michel / O. Bauernfeind, 3 Bde. in 4 Teilen, Darmstadt 1959–1969, Bd. 1, 408 Anm. 63; E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B. C.–A. D. 135), Bd. I–III / 2, überarbeitet und hg. v. G. Vermes u. a., Edinburgh 1973– 1987, Bd. 2, 383 Anm. 1; R. Bergmeier, Die Essener-Berichte des Flavius Josephus. Quellenstudien zu den Essenertexten im Werk des jüdischen Historiographen, Kampen 1993, 22 (gegen Mason, Pharisees [s. Anm. 11], 354, wonach hier Josephus selbst spricht).

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Pharisäer waren oder doch zumindest von denselben ‚ideologisch‘ unterstützt wurden. Die Pharisäer sind damit im Bellum (und den Antiquitates) als beim Volk einflussreiche religiöse Gruppe vorausgesetzt, deren Beteiligung an der Macht den religiösen Konflikt zwischen den Hasmonäern und dem Volk hätte heilen können. Das eigentlich Tragische in dieser Situation ist jedoch, dass sie die ihnen eingeräumte Macht dazu missbrauchten, ihre persönliche Rachsucht zu befriedigen. Das erklärt m. E. auch den scheinbar schwankenden Ton des Josephus in seiner Schilderung der Pharisäer. Er ist da kritisch und scharf, wo sie ihr Prestige und ihren Einfluss auf das Volk für politische Ziele einsetzen, positiv jedoch bezüglich ihres religiösen Engagements.75 2. Das ‚Sektenreferat‘ des Bellum: Die wichtigste Stelle über die Pharisäer im Bellum ist zweifellos das große Referat über die drei verschiedenen Schulrichtungen innerhalb des Judentums (II 119–166), das Josephus chronologisch nach der Absetzung des Archelaus und der Verwandlung Judäas in eine römische Provinz einfügt.76 Anlass ist die Erwähnung von Judas Galiläus (II 118.167), der unter dem ersten Prokurator Coponius einen Aufstand anstachelte, der seine Energie aus der Ablehnung direkter Steuern an Rom bezog. Auch bei diesem Text gibt es gute Gründe dafür, dass Josephus hier Quellen in sein Werk übernahm.77 Die folgende Übersicht zeigt sehr deutlich, dass

––––––––––––– 75 Die sehr kritische Darstellung der Pheroras-Episode (Bell I 571; Ant XVII 40f) bestätigt dies. Auch da scheinen einige Pharisäer am Hofe ihr religiöses Prestige zu Gunsten von politischen Ränkespielen eingesetzt zu haben. Vgl. dazu auch G. Baumbach, Die Pharisäerdarstellung des Josephus – propharisäisch oder antipharisäisch?, Franz-DelitzschVorlesung 1996, Münster 1997, 12f.41. 76 Die mehrfach vorkommende Einteilung jüdischer Lebens- und Glaubensweise in drei Schulen, bei denen unabhängig vom Kontext und dem unterschiedlichen Umfang weiteren Materials immer die Pharisäer an erster, die Sadduzäer an zweiter und die Essener an dritter Position kommen (außer Bell II 119–166 noch Ant XIII 171–173; XVIII 11–22 [durch XVIII 4–10.23–25 wird wie in Bell II 118.167 das traditionelle Drei-Gruppen-Modell durch die „vierte Philosophie“ ergänzt]), wird ebenfalls häufig als Folge einer Quellenbenutzung verstanden, so schon G. F. Moore, Fate and Free Will in the Jewish Philosophies According to Josephus, HThR 22, 1929, 371–389 (deutsch: Schicksal und freier Wille in der jüdischen Philosophie, in: Zur Josephus-Forschung, hg. v. A. Schalit, WdF 84, Darmstadt 1973, 167– 189: 182f); Bergmeier, Essener-Berichte (s. Anm. 74), 58–64.114f. Nach Bergmeier bestand diese Quelle aus drei mal drei Abschnitten: die drei Schulen über die Heimarmene, über die Seele und der hier zu behandelnde Abschnitt ™ƪƴ˃ ɹƭƪƳƵ (a. a. O. 61f). Zur Zuverlässigkeit dieser Quelle s. a. a. O. 64–66. Zur methodischen Abgrenzung der Quellenstücke aufgrund sprachlicher Besonderheiten s. 108–113. Vgl. weiter ders., Die drei jüdischen Schulrichtungen nach Josephus und Hippolyt von Rom. Zu den Paralleltexten Josephus, B.J. 2,119–166 und Hippolyt, Haer. IX 18,2–29,4, JSJ 34, 2003, 443–470; Mason, Pharisees (s. Anm. 11), 120–177; J. S. McLaren, Josephus’ Summary Statements Regarding the Essenes, Pharisees and Sadducees, Australian Biblical Review 48, 2000, 31–46. 77 Vgl. detailliert Bergmeier, Essener-Berichte (s. Anm. 74).

Die Pharisäer und das Volk im Neuen Testament und bei Josephus

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Josephus, klammert man den langen Essener-Exkurs aus, die drei hauptsächlichen religiösen Richtungen seines Volkes sehr schematisch miteinander vergleicht, indem er jeweils ihre Lehren darstellt (sehr knapp bei Pharisäern und Sadduzäern, s. II 162–165) und zusätzlich auf die Binnen- und Außenkontakte verweist (unten stehend als a und b markiert). Die Umkehrung der Reihenfolge bei den Essenern ist möglicherweise dem Einschub des langen Exkurses geschuldet, der die besondere Binnenorientierung dieser Gruppe unterstreicht: Essener II 119: ƚƴ˄Ʀ ƨʽƴ ™Ʀƴʽ ʍƳƸƩƦ˄ƳƮƵ ƪʉƩƬ ƹƮưƳƶƳƹƪ̝ƷƦƮ,

Pharisäer

Sadduzäer

ƯƦ˃ ƷƳ̬ μʿƱ ƦʆƴƪƷƮƶƷƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ, ƷƳ̬ Ʃʿ ƙƦƩƩƳƸƯƦ̝ƳƮ, Ʒƴ˄ƷƳƱ Ʃˀ, ʘ Ʃˁ ƯƦ˃ ƩƳƯƪ̝ ƶƪμƱˆƷƬƷƦ əƶƯƪ̝Ʊ, ɯƶƶƬƱƳ˃ ƯƦưƳ̬ƱƷƦƮ, … Essener-Exkurs II 120–161 (II 162, Wiederaufnahme von II 119) ¥ˈƳ Ʃʿ Ʒ̹Ʊ ™ƴƳƷˀƴƼƱ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ μʿƱ Ƴʆ μƪƷʽ əƯƴƮƧƪ˄ƦƵ ƩƳƯƳ̬ƱƷƪƵ ɩƲƬƨƪ̝ƶƭƦƮ Ʒʽ ƱˆμƮμƦ ƯƦ˃ ƷˁƱ ™ƴˊƷƬƱ ə™ʾƨƳƱƷƪƵ ƦʊƴƪƶƮƱ … (Schicksalslehre) (II 119) ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ μʿƱ ƨˀƱƳƵ ʙƱƷƪƵ (b), ƹƮưʾưưƬưƳƮ Ʃʿ ƯƦ˃ Ʒ̹Ʊ (II 166) ƯƦ˃ ƜƦƴƮƶƦ̝ƳƮ μʿƱ ɝưưƼƱ ™ưˀƳƱ (a). ƹƮưʾưưƬưƳ˄ Ʒƪ (a) ƯƦ˃ ƷˁƱ ƪʅƵ Ʒ˅ ƯƳƮƱ˅Ʊ ʖμˆƱƳƮƦƱ əƶƯƳ̬ƱƷƪƵ (b),

(II 164) … ƙƦƩƩƳƸƯƦ̝ƳƮ Ʃˀ,

Ʒ˅ ƩƪˈƷƪƴƳƱ ƷʾƨμƦ, … (Schicksalslehre)

ƙƦƩƩƳƸƯƦ˄ƼƱ Ʃʿ ƯƦ˃ ™ƴ˅Ƶ əưư˂ưƳƸƵ Ʒ˅ ɻƭƳƵ əƨƴƮˊƷƪƴƳƱ (a) Ʀʊ Ʒƪ ɩ™ƮμƮƲ˄ƦƮ ™ƴ˅Ƶ ƷƳˇƵ ʖμƳ˄ƳƸƵ ə™ƬƱƪ̝Ƶ ʮƵ ™ƴ˅Ƶ əưưƳƷƴ˄ƳƸƵ (b).

Die Essener sind sich nach dieser Paralleldarstellung untereinander mehr zugetan als „die Übrigen“, obwohl sie doch Juden sind und als die ehrwürdigste Schule gelten (ƩƳƯƪ̝ ƶƪμƱˆƷƬƷƦ əƶƯƪ̝Ʊ). Üblicherweise wird dies so verstanden, dass ihr Binnenverhalten stärker ausgeprägt ist als bei den anderen Gruppen. Mein Vorschlag ist, unter Aufnahme des μʿƱ … ƩƢ-Gegensatzes unter Ʒ̹Ʊ ɝưưƼƱ die nichtessenischen Juden allgemein zu verstehen, so dass der Satz zu übersetzen wäre: „… die dritte aber, welche angesehen ist in ihrem Streben nach Erhabenheit (oder: dem Erhabenen), ist einander mehr zugetan als zu den anderen (Juden).“ Im nachfolgenden Essener-Referat wird entsprechend dieser Vorgabe die Binnenorientierung dann auch ausführlich beschrieben:

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Sie bilden geschlossene Gruppen, zu deren Versammlungen „keiner der Andersgesinnten“ (μƬƩƪƱ˃ Ʒ̹Ʊ ɪƷƪƴƳƩˆƲƼƱ) – worunter ebenfalls andere Juden zu verstehen sind – Zutritt hat (Bell II 129; vgl. Ant XVIII 19). Einzig bei ihnen erwähnt Josephus besondere Aufnahmeund Verstoßungsriten (Bell II 137–144). Von Zielen und Absichten nach außen berichtet er nichts (vgl. aber Bell II 139), dagegen wird ausführlich das Binnenverhalten beschrieben. Außenkontakte beschränken sich auf das allernötigste, lediglich ɩ™ƮƯƳƸƴƤƦ ƯƦ˃ ɭưƪƳƵ („Hilfeleistung und Erbarmung“) sind spontan für „die Würdigen“ (ƷƳ̝Ƶ əƲƤƳƮƵ) möglich, „Geschenke“ (womit wohl ebenfalls Unterstützungsleistungen gemeint sind) für Verwandte sind jedoch ohne vorherige Genehmigung „nicht erlaubt“ (Bell II 134). Ihre Lehre ist Geheimwissen, das sie nur denen weitergeben, die als Vollmitglieder eingetreten und eine dreijährige Probezeit durchlaufen haben (Bell II 142) bzw. Kindern, die von der Sekte aufgenommen wurden (Bell II 120). Auch über die sekteninterne Gesetzgebung (Bell II 122.143) und Reinheitspraxis (Bell II 123.129.138.147.150.159.161) berichtet Josephus ohne jeden Hinweis darauf, dass diese Position auch nach außen vermittelt wurde. Desgleichen ist eine priesterliche Orientierung erkennbar (Bell II 131).

Obwohl also Josephus die Essener am ausführlichsten von allen Gruppen darstellt, spricht er nirgends von ihrem Anhang im Volk bzw. von ihrem Interesse am Volk. Von daher verstehe ich diese Charakteristik in II 119 als eine implizite Kritik: Sie sind zwar füreinander da, aber sie haben das den Juden Gemeinsame nicht im Blick.78 Die Aussage über die Pharisäer ist dann analog so zu verstehen, dass auch sie sich untereinander unterstützen, aber sich darüber hinaus auch nach außen um Eintracht (ʖμƿƱƳƮƦ79) „für das Gemeinwesen“ bemühen (ƪʅƵ Ʒ˅ ƯƳƮƱ˅Ʊ ʖμƿƱƳƮƦƱ əƶƯƳ̬ƱƷƪƵ). Entscheidend ist, was mit Ʒ˅ ƯƳƮƱˆƱ gemeint ist. Versteht man unter den Pharisäern eine Gruppe mit starker Binnenstruktur, dann geht es auch hier um gruppeninterne Verhaltensweisen.80 Da Josephus an anderen Stellen jedoch ausschließlich den öffentlichen Charakter der Pharisäer hervorhebt, halte ich es für plausibler, Ʒ˅ ƯƳƮƱˆƱ auf das ganze Gemeinwesen zu beziehen.81 Denn im Unterschied zu den Essenern berichtet Josephus überhaupt nichts über eine pharisäische Binnenstruktur, dafür sehr viel über das Auftreten der Pharisäer im öffentlichen Raum und ihren populären Anhang. In Bell II 162 ist es ihr Ansehen in der Auslegung des Gesetzes (womit, auch ohne dass es ausdrücklich gesagt ist, nur um ein solches beim

––––––––––––– 78 Im Allgemeinen wird aus der Länge des Essener-Exkurses auf eine besondere Vorliebe

des Josephus für dieselben geschlossen (etwa Mason, Pharisees [s. Anm. 11], 173, McLaren, Summary Statements [s. Anm. 76], 20), aber gerade sein Interesse für das gesamte jüdische Gemeinwesen sollte davor bewahren, in den Essenern sein gesellschaftliches Ideal zu sehen. 79 Zu ʖμƿƱƳƮƦ als gesellschaftlichem Leitbegriff für Josephus s. Mason, Pharisees (s. Anm. 11), 171–173. 80 So u. a. Baumbach, Pharisäerdarstellung (s. Anm. 75), 10f; Mason, Pharisees (s. Anm. 11), 170–173. 81 Das legt auch der Vergleich mit den Stoikern nahe (vgl. Vita 12), vgl. dazu F. Hauck, Art. ƯƳƮƱƿƱ ƯƷư, ThWNT 3, 1938, 789–810: 795f.

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Volk gehen kann), das diesen Text mit der in den Q-Texten erkennbaren halachischen Kompetenz und den damit einhergehenden Prestige verbindet. Explizit stellt Josephus pharisäische Popularität zwar nur in den Antiquitates und der Vita dar, aber implizit ist sie auch schon im Bellum vorausgesetzt (besonders in ihren Bemühungen zum Eindämmen des Aufstandes im Jahr 66).82 In diese Interpretation einer Binnen- und Außenorientierung fügt sich auch die Aussage über die Sadduzäer: Bei ihnen „herrscht auch untereinander eine rauere Umgangsform und die Beziehungen zu den Gleichartigen sind unfreundlich wie zu Fremden“ (… Ʀʊ Ʒƪ ɩ™ƮμƮƲ˄ƦƱ ™ƴ˅Ƶ ƷƳˇƵ ʖμƳ˄ƳƸƵ ə™ƬƱƪ̝Ƶ ʮƵ ™ƴ˅Ƶ əưưƳƷƴ˄ƳƸƵ). Hier kann gefolgert werden: Wenn sie sich schon ihren Standesgenossen gegenüber abweisend verhalten und diese wie Fremdstämmige behandeln, dann ist ihr Interesse an ihren jüdischen Nichtstandesgenossen noch viel geringer. Dieses Gruppenreferat steht im Bellum an der Stelle, wo Josephus über die Gründung einer weiteren ƦʊƴƪƶƮƵ durch Judas Galiläus spricht, die dann zum Untergang des jüdischen Gemeinwesens führen sollte. Von allen vier Gruppen, das wird hier deutlich, sind es nur die Pharisäer, die Ʒ˅ ƯƳƮƱƿƵ im Blick haben. Das erklärt dann auch am ungezwungensten, weshalb Josephus selbst in der Vita seine Zugehörigkeit zu dieser Richtung offen legt (Vita 12) – und es erklärt auch seine Kritik an dieser Gruppe, wenn sie in ihrem Bestreben nicht dem gemeinsamen Besten dient. In der Paralleltradition in den Antiquitates fasst er zusammen, was dazu gehört: Ein einfaches Leben ohne Luxus, ein Leben, das nach kritischer Überlegung der Überlieferung folgt (d. h. kein kompromissloser Extremismus, wie ihn die Zeloten und Essener vertraten) und die Alten respektiert (gegen die Neuerungen der vierten Partei und vielleicht auch der Christen), ein ausgewogenes Verhältnis zwischen menschlicher Verantwortung und göttlicher Lenkung (gegen jede Form des Fatalismus, die den Menschen aus seiner Verantwortung entlässt) und eine damit korrespondierende Jenseitsvorstellung. In diesem Sinne, als gleichsam vernünftige Religion für das ganze Volk, präsentiert Josephus den Pharisäismus als Ideal und ganz gewiss auch als Modell für die zukünftige Gestalt des Judentums. Es ist aber weniger eine Empfehlung an ––––––––––––– 82 Bell II 408–411; Vita 189–191. Zu Beginn des jüdischen Aufstandes sind es in Jeru-

salem „die angesehensten der Pharisäer“ (ƷƳ̝Ƶ Ʒ̹Ʊ ƜƦƴƮƶƦƤƼƱ ƨƱƼƴƤμƳƮƵ), die Josephus als Teil der Vermittlungs- oder Friedenspartei schildert, und die zusammen mit den einflussreichen Bürgern (Ƴʆ ƩƸƱƦƷƳƤ) und den Hohenpriestern den Tempelhauptmann Eleazar – wenn auch vergeblich – dazu bringen wollten, das Kaiseropfer im Tempel wieder aufzunehmen (Bell II 411), vgl. dazu Schäfer, Pharisäismus (s. Anm. 72), 164f; Hengel / Deines, Common Judaism (s. Anm. 25), 473–475. Die bei Josephus erkennbare Trias (vornehme Pharisäer, bürgerlicher Adel und Hohepriester) gehört mit Recht zu den nächsten Parallelen der in den synoptischen Passionsberichten genannten, die aus „Hohenpriestern, Ältesten und Schriftgelehrten“ besteht (mit wechselnder Reihenfolge, s. Anm. 65).

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die römischen Machthaber, als an sein eigenes Volk und seine religiöse Führungsschicht, sich die Pharisäer als Vorbild (und als Warnung) zu nehmen, denn: „Infolge dieser Lehren gelten sie beim Volk am überzeugendsten, so dass sämtliche gottesdienstliche Verrichtungen, Gebete wie Opfer, nur nach ihrer ‚Exegese‘ dargebracht werden. Ein so herrliches Zeugnis der Tugend gaben ihnen die (Bewohner der Städte), weil man glaubte, dass sie in Wort und Tat nur das Beste wollten.“83 Die Idealisierung des Josephus ist das helle Gegenbild gegen die polemische Überzeichnung, die sich im Neuen Testament findet. Gemeinsam ist beiden, dass die Pharisäer aufgrund ihres religiösen Prestiges und nicht ihres politischen Einflusses die eigentliche Partei des Volkes sind. Wer sie auf seiner Seite hat, der hat das Volk. Darum also etwas provokativ zum Abschluss: Als am Volk interessierte und vom Volk als religiöses Modell akzeptierte Bewegung war der Pharisäismus nach Ausweis der uns zur Verfügung stehenden Quellen vor 70 die im Volk religiös dominierende, wenngleich nicht unumstrittene Strömung im jüdischen Land.84 Pharisäischer Einfluss ist dabei nicht am sozialen Status einzelner Pharisäer und noch weniger an der aktiven Beteiligung an institutionalisierter politischer Machtausübung ablesbar, auch wenn sie beides für ihre Ziele nutzen konnten. Es sind vielmehr die vielfältigen Kanäle der primär religiösen, verbalen wie nichtverbalen Kommunikation, die sie virtuos für ihre Ziele einsetzten. Das Neue Testament und die Aussagen des Josephus ergänzen sich dabei in vielfacher Weise und zwar gerade dann, wenn man die besonderen Interessen und Absichten der unterschiedlichen Verfasser berücksichtigt. Würde man das Matthäus- und Johannesevangelium als nächsten Schritt mit den Antiquitates vergleichen, dann ergäbe sich eine noch höhere Übereinstimmung. Das mag daran liegen, dass für die Darstellung der historischen Pharisäer in ähnlicher Weise wie für die Darstellung des historischen Jesus gilt, dass ihr eigentlicher Platz in der Geschichte sich erst aus der Rückschau und mit einem gewissen Abstand deutlich erschließt.

––––––––––––– 83 Ant XVIII 15, Übersetzung des schwierigen Satzes nach Schäfer, Pharisäismus (s. Anm. 72), 159. 84 Vgl. die Zusammenfassung bei Schäfer, Pharisäismus (s. Anm. 72), 166–170.

Josephus and the Dialogue on the Destruction of the Temple* by

JONATHAN J. PRICE The depth and power of the catastrophe of the destruction of the Temple in 70 C. E. is difficult to feel or understand today. Perhaps – and I use this powerful comparison cautiously and hesitantly – it caused a trauma as deep as that caused by the Holocaust in our time. By this I mean to compare not the two events, but merely the earth-shattering nature of the trauma in each case, the extent of the Jews’ perplexity, the depth of their anguish, the urgency of their theological questions: How could God have done this, why did He do it, and most pressingly: What are we supposed to do now? The key difference between first- and second-century reactions to the Destruction and twentieth-century reactions to the Holocaust, of course, is that Jews of the Destruction generations – at least so far as we know – did not question the existence of God; the farthest they would go was to question His presence and the nature of His presence and of His justice as the Temple burned. That the Temple was burnt in accordance with His will was never questioned. The earliest Jewish reactions to the Destruction can be found in three different places. First the rabbinic sources. There is naturally no single, methodical rabbinic treatment of the subject, particularly not one written in the early phases right after 70 C. E.; rather, pronouncements and reflections are scattered over different tannaitic and amoraic tractates and midrashim, the richest depository of traditions being the very late compilation Lamentations Rabba, which however is not systematic or necessarily representative of all streams of rabbinic thought. The varied sources present not one unified view, but as is their nature, especially when dealing with questions of theology and abstract

––––––––––––– * The form of this paper has not been significantly altered from that of the lecture, except for some additions at the end. My thanks to Christfried Böttrich for his invitation and generous hosting at the event, and to the conference participants for valuable comments and suggestions.

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philosophical matters, different and even contradictory views. Further, one may imagine that the rabbis’ views developed in conjunction with historical developments – or the lack of expected historical developments – as time went on, and later views were influenced by earlier ones. All relevant sources have not yet been gathered and analyzed in one place.1 It is questionable, however, when this desideratum is filled, whether a clear picture of the historical development of interpretations of the Destruction would emerge. Nevertheless, there are certain basic shared themes or theological assumptions which emerge from the rabbinical writings. It is not doubted that both the first and second destructions were brought by God as punishment for Israel’s sin.2 Although the Romans themselves may be portrayed as wicked, God is not blamed for perpetrating injustice through them, although His righteous anger is sometimes mitigated by sorrow; He is even sometimes pictured as going into exile with His people Israel. Moreover, the two destructions, occurring on the same date, inform each other. Yet while the rabbis often conflated the first and the second destruction, they also drew significant distinctions. The Second Temple generation was thought not to have sinned as a nation to the same degree as the First Temple generation, but were punished for comparatively trivial sins, even individual sins, and especially offenses which can be categorized as social-moral rather than legal-moral; for example, the idea that the contentiousness of the generation of the second destruction – their untranslatable ʭʰʩʧ ʺʠʰʹ (something like „groundless hatred“) – was their greatest sin. Sometimes we find the frank confession that the real reason for the second destruction is not known. Two other factors distinguished the second destruction from the first: The just suffered with the unjust to a much greater degree, and the last generations of the Second Temple had no prophetic guidance as the First Temple generations had; linked to this is the distinct rejection of messianic urgency (this is especially true in the later strata reflecting the generations of rabbis hundreds of years after the Destruction). To repeat, one important feature of this rabbinic material is the variety

––––––––––––– 1 Preliminary and basic work done by: M. Kister, Legends of the Destruction of the Sec-

ond Temple in Avot de-Rabbi Natan, Tarbiz 67, 1998, 483–529 (Hebr.); R. Goldenberg, Early Rabbinic Explanations of the Destruction of Jerusalem, JJS 33, 1982, 517–525; R. Kirschner, Apocalyptic and Rabbinic Responses to the Destruction of 70, HTR 78, 1985, 27–46; S. J. D. Cohen, The Destruction. From Scripture to Midrash, Prooftexts 2, 1982, 18– 39; A. Saldarini, Varieties of Rabbinic Response to the Destruction of the Temple, SBL Seminar Papers 21, 1982, 437–458; A. Mintz, The Rhetoric of Lamentations and the Representation of Catastrophe, Prooftexts 2, 1982, 1–17; M. Stone, Reactions to the Destruction of the Second Temple. Theology, Perception and Conversion, JSJ 12, 1981, 193–204. Kirschner and Stone deal substantially with pseudepigraphical texts. 2 As Cohen (Destruction [see n. 1]) points out, 14 of the 36 proems to Lam.R. end with „since they sinned, they were exiled“ (26).

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of views: The anguished discussion about the proper understanding of the great trauma continued throughout the tannaitic and amoraic periods. No dogma – of course! – or unified interpretation emerged. The second set of sources in which Jews tried to work out the deeper and more immediate meanings of the Destruction is the apocalyptic literature written in Palestine and elsewhere, in different languages, fairly close after the event.3 These include, above all, Fourth Ezra and Second Baruch. The first of those texts, composed in Greek, Hebrew or Aramaic within a generation after the Destruction (it survives in a Latin translation), struggles with questions of theodicy, and in seven visions vouchsafed to the author he is assured of the imminent end of time; God’s ways are presented as mysterious and unknowable, the sufferings of Israel as punishment for sin. Second Baruch (surviving in a Syriac rendering of a Greek translation from the original Hebrew) was also written soon after the Destruction and is similarly preoccupied with the rapidly approaching end; this work, by contrast, shows no doubt whatsoever about God’s justice, or the ultimate vindication of the righteous. Another work which was probably contemporary with the first two is the Apocalypse of Abraham (written in Hebrew probably in Palestine), in which Abraham sees seven visions ending with the destruction of the Temple and God’s revelation that the Gentiles will be punished and the righteous rewarded with victory; the author blames the catastrophe of the Destruction on Israel’s violation of the Covenant and the self-serving political policies of the Jewish leaders – but ultimately Israel will be triumphant. Fourth Baruch (Hebrew or Aramaic), dating from the same time, struggles with understanding the catastrophe of the Destruction by expanding on the biblical book of Jeremiah; never breaking this pretense, it finds that Israel’s sins were unmistakably the cause of the disaster then, but it is clear that the author is agonizing over the catastrophe in his time, and he expresses the ardent hope and belief in the return of the exiles to Israel. A different attitude is assumed by the Fifth Sibylline Oracle, written in Greek in Egypt some time before the Bar Kochba revolt, bitterly denouncing Rome for immorality and its destruction of Jerusalem, and anticipating the restoration of Jerusalem and ultimate victory. The survey of these apocalyptic texts is sufficient to demonstrate that, like rabbinic texts, apocalypses – which can be considered a ‚corpus‘ even less so than the rabbinic literature – do not represent one single theory or point of view, but present varied reactions, which vary according to the individual outlook of each author, his historical context, his place of writing, and so forth. It could be said in general terms that the compositions written closer to

––––––––––––– 3 The major collection of translated texts is J. H. Charlesworth, The Old Testament Pseudepigrapha, Garden City 31988.

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the Destruction pinned greater hope on the imminent arrival of the messiah, as a relief of the unbearable sorrow of the present, whereas the later works dealt with vindication and redemption more as an eventual certainty. There is also sharp disagreement as to the nature and extent of the sin which brought the severest of punishments on the nation, as well as about the nature of God’s justice. As in rabbinic texts, the variety of opinions reflects an active debate or dialogue which began in Judaism – I would say, all Judaism – immediately after the Temple was burned. The third and final source4 is of course Josephus, who occupies a category by himself simply because his writings are the only ones of that kind to have survived the bottleneck of transmission from antiquity. Although he had no rivals of quality and quantity, he was not the only Jewish historian to be writing about Jewish affairs during the first and second centuries. From his first work, the Bellum Judaicum, to his last, the Contra Apionem, he grappled with the problem of the significance, on both a theological and a practical level, of the great trauma. As a pious Jew who was eyewitness to the catastrophe, he felt deeply, and suffered no less profoundly than the authors of the other works – the rabbis and the apocalyptists; like them, although he was a single author, his reaction was not completely worked out in a systematic fashion. He was even inconsistent in his views: The enormity of the event caused confusion and uncertainty, and Josephus’ own thought may even have developed over time.5 Different literary genres do not necessarily indicate separate discussions.6 It is true that none of the three source-groups responds directly to any of the others; they should not be expected to. But the intended readership of each of

––––––––––––– 4 Many of the issues to be dealt with in what follows – repentance, apocalypse, God’s historical plan, etc. – occupy certain of the Dead Sea scrolls, which I have not considered here because they were naturally not written in response to the Destruction. I shall also exclude consideration of the New Testament and later Christian traditions, for in my opinion, the Christians’ search for the meaning of the Destruction, and their standard answer, having to do with Jesus’ prophecy, has no direct importance to the internal Jewish dialogue; see the paper by Matthias Konradt in this volume. 5 A good example of this development in Josephus’ thought about an existential question, which has some relevance to the present topic, was pointed out by D. Schwartz, From Punishment to Program, from Program to Punishment. Josephus and the Rabbis on Exile, in: For Uriel. Studies in the History of Israel in Antiquity Presented to Uriel Rappaport, M. Mor et al. (eds.), Jerusalem 2005, 205*–226*; there he describes the development of Josephus’ views regarding the diaspora, from Bellum where it is depicted as a punishment, to Antiquitates where it is a good and positive development – although I do not agree with Schwartz that Josephus envisioned no end to the Diaspora. 6 Good intertextual reading in Kister, Legends (see n. 1); Kirschner, Responses (see n. 1), the latter citing earlier attempts (Alon, Davies) to connect apocalyptic and rabbinic sources; see also Saldarini, Response (see n. 1).

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the sources – at least in this matter – is not so different, if we imagine that the same questions about the meaning of the Destruction occupied the entire Jewish world. When one looks at all these diverse sources as a group, one sees that they are really responding to the same list of questions, in different ways, namely: – For what sins were the Jews being punished? This was an unshakable assumption: The Destruction happened as a result of Israel’s sin. – Was the sin a national sin, as enunciated by the Old Testament prophets about the previous destruction, or an individual or more limited sin, for which the nation paid the price: To what extent does the first destruction inform the second? – Can in fact the reason(s) for the Destruction ever be known? – Could repentance have canceled or delayed the divine decree against the Temple? What role does repentance have in the future restoration, and what form should it take? – Were the Temple’s (Roman) destroyers themselves wicked, were they partly to blame, will they be punished? – When and under what circumstances will the Temple be restored? It was not debated whether the Temple would be restored; but extrapolation of future events from current events and reading yielded different calculations as to when that would happen. – How should Jews behave now? Should they actively work toward restoration of Jewish sovereignty and restoration of the Temple, or wait passively for events, i. e. God, to bring this about? – Generally, what does the fact of the Destruction imply about the present status of the Covenant, about Israel’s election? These are the questions which occupied all those Jewish writers who dealt with the Destruction in their separate genres, as well as their audiences. The present paper will attempt to clarify how Josephus addressed those questions. First of all, it is clear even to the casual reader of Josephus that in his conception God not only brought about the destruction of the Temple Himself, but was present when it happened.7 A good example of this is Josephus’ account of how the fire in the Temple was ignited: After issuing an order to spare the Temple from fire, Titus withdrew to Antonia, whereupon the Jews again attacked the Romans, and in this clash the Roman soldiers gained the upper hand and were pursuing the Jews to the sanctuary itself.

––––––––––––– 7 He was also present after the Destruction and actively helped defeat the holdouts in the Upper City, e. g. Bell VI 399.401.411, etc.

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At this moment one of the soldiers, awaiting no orders and with no horror of so dread a deed, but moved by some divine impulse (ƩƦƮμƳƱ˄̷ ʖƴμ̐ ƷƮƱƮ), snatched a brand from the burning timber and, hoisted up by one of his comrades, flung the fiery missile through a low golden door, which gave access to the north side to the chambers surrounding the sanctuary. A flame shot up ... (VI 252–253, Thackeray trans. modified)

We shall leave aside here the questions of whether Titus really did intend to save the Temple, or whether such a solidly built stone edifice could really have caught fire in the manner described. These questions have generated a massive secondary literature, of only peripheral relevance here.8 The spontaneous combustion of the Temple would seem impossible even to a novice arsonist, but that is perhaps Josephus’ point: The Destruction was brought about by an agent greater than human, just as the soldier was inspired by some divine, greater-than-human force. It is also obvious to the first reader of Bellum that Josephus had no doubt as to God’s motives for allowing, or even participating in, the Destruction – not for him theological perplexity, or mystical contemplation of God’s mysterious ways. We may cite three statements: – After Cestius’ unexpected lifting of the siege from Jerusalem in 66 C. E., for reasons understood by none of our sources, including Josephus, and his disastrous retreat through the pass at Beth Horon: „But I think that God, because of those criminals, had already turned away from His sanctuary and prevented the end of the war from being realized on that day“ (Bell II 539). – In the encomium on the murdered leaders of Jerusalem, the high priests Ananus b. Ananus and Jesus b. Gamla, in the winter of 66–67 C. E.: „But in my opinion God, having already condemned the city because of its pollution, and desiring to purify the sanctuary by fire, cut off those who adhered to it and loved it sincerely“ (Bell IV 323). – In Josephus’ own speech to besieged Jerusalem, which is his most elaborate statement on the theological meaning of the war: „As for me, I believe that God has fled His sanctuary and stands on the side of those with whom you are now fighting … You parade your crimes and daily contend over who will be worse, and you display your villainy as if it were virtue“ (Bell V 412.414). This last statement seems to say that God abandoned the sanctuary because of the unspeakable crimes of the militant revolutionaries, but from the first two ––––––––––––– 8 The majority opinion holds that Josephus fabricated Titus’ order to spare the structure. Recent bibliography in T. Leoni, Tito e l’incendo del tempio di Gerusalemme. Repressione o clemenza disubbidita?, Ostraka 2, 2000, 456–470; Leoni is himself a strongly dissenting voice from the near-consensus.

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statements we learn that Josephus believed that God condemned the Temple long before the pollutions actually took place. This is apparent in two more authorial statements which Josephus offers in the narrative on the eve of the Destruction, 9 Av: – „God had indeed long since (™ʾưƦƮ) condemned the Temple to the flames, and the fated day arrived in the cycle of time ...“ (ɶ ƪʆμƦƴμˀƱƬ ƺƴˆƱƼƱ ™ƪƴƮˆƩƳƮƵ ɶμˀƴƦ, Bell VI 250) – „We may draw very great consolation from the thought that there is no escape from Fate ... and one may well marvel at the exactness of the cycle of Destiny ...“ (Ʒ̏Ƶ ™ƪƴƮˆƩƳƸ ƷˁƱ əƯƴ˄ƧƪƮƦƱ, Bell VI 267–268) Thus the presentation of Bellum seems based on the conviction that the awful decree of the Temple’s destruction was sealed long before the rebels committed their crimes in the Sanctuary – even before the outbreak of the war. This implies the belief that God decreed the Destruction in foreknowledge of the rebels’ crimes, not in immediate reaction to them in real time; the theological implications of foreknowledge and anticipatory decrees are not worked out by Josephus, but even the exact point at which the decree was irreversibly made is never made explicitly clear. It is true that, twenty years after the publication of Bellum, towards the end of his life, Josephus wrote: In my opinion this [the political assassinations committed by the Sicarii in the temple before the outbreak of the Jewish rebellion] was the reason why God, in abhorrence of their sacrilege, turned His face from the city, and judging that the holy place, being no longer pure, was no longer inhabitable by Him, brought the Romans against us and a purifying fire upon the city, and He inflicted slavery upon us together with our wives and our children, for He wished to chasten us through these disasters. (Ant XX 166)

Taken at face value, this statement links the divine decision to destroy the Temple to incidents occurring about 20 years before the war – a more or less precise moment. But not only is there no indication of this in Bellum, but offenses mentioned in the Antiquitates passage were committed by factions who were not even present in Jerusalem during the Roman siege, when according to Bellum the worst abominations in the Temple took place, abominations which Bellum indicates were the real reason for the Destruction. This late statement in Antiquitates should not be regarded as a change of mind or sharpening of focus, but merely as rhetorical opportunism, exploiting an immediate context of association to make a strong point – a very Josephan practice! The same underlying view is that God used the Romans to purge by fire the Temple, the edifice representing the entire nation, which had been polluted by the extreme criminality of a small group. If there is a more general

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offense, it is stasis, internal conflict.9 In fact Josephus’ presentations in Bellum of the three attacks on the Temple before 70 C. E. – Antiochus, Pompey and Herod with the aid of Sossius – emphasize the Jewish factionalism and personal interests which induced each attack.10 Thus the final destruction of the Temple, brought on by Jewish factionalists in their fanatical pursuit of their own narrow interests and vision, fits in with a well-established historical pattern, even if it involved unfairness or injustice to the larger population of all Jews. Sins of omission, i. e., the people’s failure to stop the extremists, are not brought into account to any appreciable extent (on the contrary, the people are said to have been led astray, see below). Let us note in passing that we find herein an answer to one of the common questions about the Destruction, whether the Romans were perceived in themselves as wicked or merely neutral – or even positive? – tools of God. There is no need here for elaborate proofs of the obvious point that Josephus saw little evil in the Romans’ suppression of the rebellion, or that he thought that the rebellion, or rather the expropriation of the uprising by the Jewish extremists and their refusal to surrender or compromise, to be the real crime, which violated God’s will.11 But I will add here that the Roman military operations, as well as the Roman Empire as a whole, even in its peaceful state, are not presented as something inherently good, but merely as a God-mandated necessity (this point will be developed below). Thus in describing the Romans’ suppression of the rebellion – which did, to be sure, involve cruelty and excess – Josephus does not paint the Romans as great humanitarians, but repeatedly emphasizes that they did less harm than the extremists, their commander wished to spare the Temple and innocent lives, and in fact the Romans were God’s unwilling tool used to purge the sanctuary polluted by the Jewish revolutionaries (stated already at the outset, Bell I 10). Josephus makes this point melodramatically in his unusual lament for the casualties in the Jews’ civil war in Jerusalem, in which even people sacrificing at the Temple fell: What misery to equal that, most wretched city, hast thou suffered at the hands of the Romans, who entered to purge with fire thy internal pollutions? For thou wert no longer God’s place, nor couldest thou survive, after becoming a sepulchre for the bodies of thine own children

––––––––––––– 9 Note Josephus’ famous proclamation: „For I maintain that stasis subdued the city, the Romans the stasis, which proved far stronger than the city-walls“ (V 257); and see J. J. Price, Jerusalem Under Siege. The Collapse of the Jewish State 66–70 C. E., Leiden 1992. 10 Bell I 31.34.131.142.150f.345ff. esp. 358. 11 Contrast one minority approach in the midrash, attributing the Destruction to Rome’s wicked hatred of the Jews, see Cohen, Destruction (see n. 1), 25–26; generally the midrashic approach assumes that the empires were God’s tools, and will be punished in turn because of their own wickedness, Cohen, loc. cit., 30–33.

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and converting the sanctuary into a charnel-house of civil war. (Bell V 19, purple prose by Thackeray)

Could repentance have averted the Destruction at any point? On this topic, Josephus has surprisingly little to say, and his belief that the Destruction was foreordained before the war seems to rule it out. In fact, the possibility of God’s changing His mind through Jewish repentance is mentioned twice, maybe three times in the Bellum. First, in the peroratio of Josephus’ great speech before the walls of Jerusalem, he exhorts to the rebels to stop, to preserve the city and Temple, and he asserts: But a way of salvation is open, if you would only wish it, and God is easily pacified / reconciled to those who confess and repent (Bell V 415: ƯƦƷƦưƪ˄™ƪƷƦƮ Ʃ’ ʚμƼƵ ɭƷƮ ƶƼƷƬƴ˄ƦƵ ʖƩˆƵ, ɩʽƱ ƭˀưƬƷƪ, ƯƦ˃ Ʒ˅ ƭƪ̝ƳƱ ƪʡƩƮʾưưƦƯƷƳƱ ɩƲƳμƳưƳƨƳƸμˀƱƳƮƵ ƯƦ˃ μƪƷƦƱƳƳ̬ƶƮƱ).

There follows an emotional appeal to the rebels to repent and save the Temple, the city, their wives and children. Similarly, in his speech of outrage against John of Gischala and the rebels just before the destruction, Josephus declares, „there is nothing ignoble in repenting of crimes“ (VI 103). These appeals should be read as Josephus intended. It contradicts all his other authorial statements – from Bell II and following, even before the outbreak of the war – that the Temple’s doom was already foretold, decreed from Heaven. The reader who remembers this disparity sees that Josephus’ speeches on the eve of the Destruction have a dramatic function. Josephus appears as emotionally distraught, desperate – although as a self-styled prophet he knew of God’s intentions, he still held out hope, before the actual fall, that the awful decree could be reversed. The speech constitutes one of the most intense selfidentifications of the historian with the prophet Jeremiah. There are differences between the two, of course, above all the different manner in which God communicated to the prophet and the historian, and the conditional threat (allowing repentance) which Jeremiah delivered in God’s name, as opposed to Josephus’ mere foreknowledge of God’s intention and plan; but these differences should not tarnish the dramatic moment of Josephus’ lament and urgent speeches. That his appeal to the power of repentance was mistaken, or in vain, the reader knows from the statements already made by the omniscient historian Josephus, and everything he had written in the four previous books. Thus the call for repentance in his speeches is supposed to reflect rather Josephus’ mental state before he saw the Temple burn than a real theological possibility. It also reveals his skill as a historian, his ability to represent himself in a previous state of mind reflecting the desperate situation at hand – not an unequivocal interpretation of events.

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Third, after relating the string of signs which preceded the war – astronomical phenomena, lights, voices and miraculous happenings in the Temple, and so forth – which foretold the Destruction but were misread by false prophets, Josephus comments: Anyone pondering these phenomena will find that, while God cares for men, and in manifold ways shows His people the path to salvation (Ʒʽ ƶƼƷ˂ƴƮƦ), they destroy themselves through folly and evils of their own choosing. (Bell VI 310)12

This is not an unequivocal statement of belief in the power of repentance. At the beginning of the passage, Josephus related how Roman soldiers had destroyed 6.000 (!) Jews who had sought refuge in the Temple after being gravely misled by a false prophet (ƻƪƸƩƳ™ƴƳƹ˂ƷƬƵ); he had commanded them to go up to the Temple in order to receive there the „signs of their salvation“ (Ʒʽ ƶƪμƪ̝Ʀ Ʒ̏Ƶ ƶƼƷƬƴ˄ƦƵ, VI 285), and they were not the only ones so fatefully deluded: Numerous prophets, indeed, were at this period suborned by the tyrants to delude the people (Ʒ˅Ʊ Ʃ̏μƳƱ), by bidding them await help from God (ƷˁƱ ə™˅ ƷƳ̬ ƭƪƳ̬ ƧƳ˂ƭƪƮƦƱ), in order that desertions might be checked and that those who were above fear and precaution might be encouraged by hope. In adversity man is quickly persuaded; but when the deceiver actually pictures release from prevailing horrors, then the sufferer wholly abandons himself to expectations. (Bell VI 287)

Then follows the string of portents which were misread or ignored by „deceivers and false messengers of God“ (ə™ƦƷƪ̹ƱƷƪƵ ƯƦ˃ ƯƦƷƦƻƪƸƩˆμƪƱƳƮ ƷƳ̬ ƭƪƳ̬), who led the „wretched people“ (Ʒ˅Ʊ ɝƭưƮƳƱ Ʃ̏μƳƱ) astray into the belief that God was signaling His intention to save the Temple and (presumably) bring about the apocalypse, whereas in truth the heavenly signs foretold „the coming desolation“ (ƷˁƱ μˀưưƳƸƶƦƱ ɩƴƬμ˄ƦƱ). Obviously, then, the „signs of salvation“ which according to Josephus in Bell VI 310 God shows to His people, were supposed illuminate the way to personal salvation, an escape from the inevitable destruction which the Jewish criminals brought upon themselves and the Temple: The common people did not have to share that fate. But Josephus is certainly not saying, in this pathetic passage, that repentance could have averted what had already been decreed. Indeed, in the next sentence, the historian relates that the destruction of the Antonia fortress had rendered the Temple Mount a tetragon, which event, according to ancient logoi (writings or oral traditions, the source no longer known), signaled the imminent capture of the Temple and the city (VI 311).

––––––––––––– 12 Compare the similar statement at Ant X 142, accompanying the fall of the First Temple.

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Josephus emphasizes not the condign punishment of all Jews but the infallibility of God and His historical plan. This left little or no room for repentance, since God’s decree was sealed long before the Destruction, even apparently before the outbreak of the war in 66. As a postlude to the Destruction, Josephus wrote: „It is impossible for men to escape Ʒ˅ ƺƴƪˊƱ even if foreseen“ (VI 314). Thus in Josephus’ interpretation of the events leading up the Destruction, God destroyed the Second Temple because of Jewish sin before and during the war against the Romans. The sin was not of the whole nation, but rather of an isolated group; the decree against the Temple had been sealed before the fatal offenses had been committed. The whole nation, in Josephus’ view, emerges as victims of extremism, made to pay the awful price. This in itself raises further theological questions about God’s justice and mercy – collective punishment for individual sin, and the absence of the power of repentance to overturn a divine decree – but that is a question which Josephus does not address in any detail.13 His only answer is that the people were given multiple signs of the impending disaster and failed, through their own stupidity (ɝƱƳƮƦ) and their deception by false prophets, to recognize the true meaning of the signs. It should be noted that, unlike the biblical prophets of the First Temple, who spoke directly with God and delivered conditional warnings to Israel to repent lest disaster befall them, the role of the ™ƴƳƹ˂ƷƬƵ in Bellum (in fact in all of Josephus’ writings) is much more limited. Generally speaking, the prophets interpret signs from heaven. These signs include not only the highprofile ones like celestial armies, but also those delivered to individuals in dreams, foretelling the future: Even Josephus, the central ‚prophetic‘ figure of Bellum, is merely vouchsafed visions and knowledge of the future; God’s plan is revealed to him in a declarative, not conditional sentence.14 He may at critical moments offer private prayers (e. g., Bell III 353–354), but it is not a dialogue, a negotiation, or even the role of a go-between between the people and God. Josephus does not – cannot – argue or negotiate. Thus while Josephus apparently did not subscribe to the rabbinic view, prevalent in his time, that prophecy had ended many generations previously – ʤʠʥʡʰʤ ʤʷʱʴ – the nature

––––––––––––– 13 Note his statement at Bell VI 408 that Jerusalem was wholly undeserving of its fate except that it produced such an awful generation (ƨƪƱƪʽ ƷƳƮƦˈƷƬ). 14 Of the massive bibliography on Josephus as prophet, see esp. R. Gray, Prophetic Figures in Late Second Temple Jewish Palestine. The Evidence from Josephus, New York / Oxford 1993, with bibliography; and of the previous literature, esp. G. Delling, Die biblische Prophetie bei Josephus, in: Josephus-Studien, O. Betz et al. (eds.), Göttingen 1974, 109–121; G. L. Johnson, Josephus. Heir Apparent to the Prophetic Tradition?, SBL Seminar Papers 119, 1983, 337–346.

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of prophecy and role of what he terms „prophet“, as he describes it, had certainly changed.15 Now the Josephus’ reader may feel caught in an existential trap: God granted the generation of the Destruction nothing but a bleak absence of choice. But Josephus was not without hope – and here I relate to the last three interconnected questions on the list of questions common to the different sources (above): the present status of the Covenant, how and when the Temple would be restored, and what the prescribed behavior for the present should be. In fact, as has been long recognized, Josephus did have a notion of the end of time, of historical cycles determined by God, in which, in the end, Israel will emerge triumphant; and he conveyed this idea by very indirect means in the Bellum, a bit more openly in the Antiquitates, but never – for understandable reasons, given where and under what circumstances he was living – expounded it in detail or explicitly. Josephus’ attitude toward the apocalypse, and his belief in the future redemption of Israel, are conveyed in the manner suited only to the initiated. This is not the place to enter into a detailed analysis of Josephus’ apocalyptic views; the fundamental work has already been done.16 I would like, however, to draw attention to some elemental points relevant to the present discussion. So far as Bellum is concerned, despite Josephus’ absolute abhorrence of messianic leaders spouting false promises of the imminent end, an idea that the apocalypse is real – but still distant – is latent in the speech which Josephus wrote for Agrippa II in Book II (345–401), just before the outbreak of the war. Agrippa argues that all of the nations of the oikoumene, peoples much stronger than the small Jewish nation, had submitted to Rome’s power, and that there was no hope of the Jews’ rebellion succeeding without God’s help, which there was no sign they possessed. On the contrary, „even this [God’s favor] has been assigned to the Romans, for without God such a great empire would never have been able to be put together“ (II 390). Yet as M. Stern recognized long ago, in his fundamental articles analyzing Josephus’ attitude towards the Roman Empire,17 it is important to notice what Agrippa does not say: He does not say that the Jews should submit to the Roman Empire because it is intrinsically good (the theme of panegyrists), but because there is no other possible counsel, given the Romans’ overwhelming strength,

––––––––––––– 15 On this topic, C. Milikovsky, The End of Prophecy and the Closure of the Bible in Judaism of Late Antiquity, Sidra 10, 1994, 83–94 (Hebr.); R. Gray, Figures (see n. 14), ch. 1. 16 See M. Stern, Joseph Son of Matthias, the Historian of the Jewish War; and: The Jewish War of Joseph Son of Matthias and the Roman Emperors, in: Studies in Jewish History. The Second Temple Period, M. Amit et al. (eds.), Jerusalem 1991, 378–392.393–401 (Hebr.). and on what follows, Kister, Legends of the Destruction (see n. 1), 524–529. 17 Stern, Joseph (see n. 16).

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and furthermore, this is what God wants them to do as well, seeing that He has favored the Romans with such immense wealth and power – at least for now (Ʊ̬Ʊ, 358.367.370). This one small word contains a huge idea, namely that Rome’s empire will also some day yield to a greater power. And what power could be greater than an earthly empire embracing the entire oikoumene? The implication in Agrippa’s speech – which the Jews would understand but a typical Roman reader would not – is that the Jews’ turn has not yet come. Nothing in Agrippa’s words negates the idea that eventually, according to biblical prophecies and especially that of Daniel, Jewish redemption and restoration would indeed arrive. As we have seen above, Josephus saw in the timing of the Destruction the workings of „the cycle of Destiny“ (ɶ ™ƪƴ˄ƳƩƳƵ Ʒ̏Ƶ ƪʆμƦƴμˀƱƬƵ, Bell VI 268). There was no compulsion for a Jew to believe that this cycle had stopped with the fall of the Temple. Josephus was willing to express his belief in the eventual fall of the Roman Empire, leading to Jewish redemption, more explicitly in the Antiquitates, especially in his treatment of Daniel’s prophecies. He could very well have avoided or rewritten the Daniel story, just as he omitted other biblical episodes with uncomfortable implications.18 It could be that he suspected that no Greek or Roman reader would have had the patience to read all the way to the end of the tenth scroll of the Antiquitates, where Daniel appears. Or it could be that he felt special urgency during Domitian’s reign to provide Jews comfort and hope. Or it could be that he simply didn’t worry that any Roman would take offense at the idea that the Empire was not eternal. However that may be, Josephus changes a few details of Nebuchadnezzar’s dream of the statue in order to represent Daniel’s interpretation of it as predicting the eventual fall of Rome and triumph of Israel:19 The Babylonian, Median-Persian and Greek kingdoms have already fallen, the last kingdom, of sturdy bronze – obviously Rome – will be smashed by the enigmatic stone – but here Josephus hesitates as to the hidden meaning. Of course, in his day the stone was viewed as the Messiah; Josephus is coy: Daniel also revealed to the king the meaning of the stone, but I have not thought it proper to relate this, since I am expected to write of what is past and done and not of what is to be; if

––––––––––––– 18 See L. Feldman, Flavius Josephus, Translation and Commentary III. Judean Antiquities 1–4, Leiden et al. 2000, 7 n. 22; in general, idem, Josephus’ Interpretation of the Bible, Berkeley 1998. 19 For a compelling interpretation of Josephus’ use of Daniel, on which I rely here, see S. Mason, Josephus, Daniel and the Flavian House, in: F. Parente / J. Sievers (eds.), Josephus and the History of the Greco-Roman Period. Essays in Memory of Morton Smith, SPB 41, Brill 1994, 161–191. See also C. T. Begg / P. Spilsbury, Flavius Josephus, Translation and Commentary V. Judean Antiquities Books 8–10, Leiden / Boston 2005, 283 n. 896 and bibliography cited there.

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however there is anyone who has so keen a desire for exact information that he will not stop short of inquiring more closely but wishes to learn about the hidden things that are to come, let him take the trouble to read the Book of Daniel, which he will find among the sacred writings (Ant X 210, trans. Marcus).

An explicit statement is thus avoided, in order to let each reader understand according to his own terms: A Roman reader would have had no trouble agreeing that one day indeed the Roman Empire could fall, while the Jewish reader would instantly grasp the messianic reference (which of course a Roman reader would not even guess without some initiation into Jewish beliefs). Rome’s rise and fall is also predicted in the animal images at the end of the book,20 and the overall theological lesson is something which we have already seen in the Bellum: „God governs human affairs“ and „the universe is directed by a blessed and immortal Being, to the end that the whole of it may endure“ (Ant X 278). This is as close as Josephus would come to revealing his belief about Israel’s selection in the future, and these ideas would probably not have been made clearer had Josephus written his promised work „on the beliefs of the Jews concerning God and his nature“ (Ant XX 268). In both Bellum and Antiquitates, Josephus presents with utter loathing the messianic figures and movements which haunted Judaea during the sixty years leading up to the war. But the reason why he hated them so intensely was not that he hated the idea of a Messiah or disbelieved in the apocalypse, but that he was certain that the time and place were not yet right, not ripe. Thus Josephus’ reaction to the Destruction was to counsel his fellow Jews: Wait patiently, our time will come, as our prophetic books have foretold. His interpretation of the Destruction can be seen also as having immediate political ramifications. For what seems to have really bothered him was the immediate problem of continued Jewish extremism, even after the loss of the Temple, which for some only confirmed God’s purpose as they insisted on seeing it: „Men destroy themselves through folly and evils of their own choosing“ (Bell VI 310, see above). Thus his excoriation of the extremist rebels was a continuing warning and admonishment against those who he knew were still contemplating taking up arms against Rome. This would be, in his view, a violation of God’s plan, the fulfillment of which had to be awaited, passively. The last words Josephus published, at the end of the Contra Apionem, were in praise of the laws, „which teach the truest form of religious devotion“ (ƪʡƶˀƧƪƮƦƱ əưƬƭƪƷʾƷƬƱ ƩƮƩʾƶƯƳƱƷƪƵ, Ap II 291), improve the individual, regulate society – in short, are necessary for civil life in the historical age. „What can be more just than to obey the laws?“

––––––––––––– 20 See Mason, Josephus (see n. 19).

Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Matthäusevangelium* von

MATTHIAS KONRADT Im Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl in Mt 22,1–14 sendet der König, nachdem seine Knechte von den Geladenen verhöhnt und getötet wurden, seine Heere aus, lässt die Mörder umbringen und deren Stadt zerstören. Geht es hier, wie zumeist und m. E. mit Recht angenommen wird, um die Zerstörung Jerusalems,1 erscheint diese als Strafe für die Feindseligkeit, die die Boten Jesu im Rahmen ihrer Mission erfahren haben. 27,25, wo Matthäus das vor Pilatus versammelte Volk mit den Worten: „Sein Blut über uns und unsere Kinder“ die Verantwortung für den Tod Jesu übernehmen lässt, bindet die Schuld am Tode Jesu in den Zusammenhang der Deutung der Zerstörung Jerusalems ein. Weil zwischen Tod Jesu und Zerstörung Jerusalems vierzig Jahre liegen, sind die Kinder in den Blutruf eingefügt.2 Bildet der geschichtstheologische Ansatz, die Zerstörung Jerusalems als Strafgericht Gottes zu verstehen, für Matthäus wie überhaupt in seiner jüdi-

––––––––––––– * Für Rat und Hilfe danke ich Christine Rosin und Dr. René Bloch. 1 Vgl. für viele W. D. Davies / D. C. Allison, A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew, 3 Bde., ICC, Edinburgh 1988 / 1991 / 1997, Bd. 3, 201; U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, 4 Bde., EKK I / 1–4, Zürich u. a. 5 2002 / 52002 / 1997 / 2002, Bd. 3, 242; W. G. Olmstead, Matthew’s Trilogy of Parables. The Nation, the Nations and the Reader in Matthew 21.28–22.14, MSSNTS 127, Cambridge 2003, 120–122. Anders aber K. H. Rengstorf, Die Stadt der Mörder (Mt 22,7), in: Judentum, Urchristentum, Kirche, FS Joachim Jeremias, hg. v. W. Eltester, BZNW 26, Berlin 1960, 106–129, bes. 125f; B. Reicke, Synoptic Prophecies on the Destruction of Jerusalem, in: Studies in New Testament and Early Christian Literature, FS A. P. Wikgren, hg. v. D. E. Aune, Leiden 1972, 121–134: 123. 2 ƷˀƯƱƦ meint entsprechend ‚die nächste Generation‘, nicht ‚alle folgenden Geschlechter‘. Ebenso z. B. Davies / Allison, Mt, (s. Anm. 1), Bd. 3, 592; K. Haacker, „Sein Blut über uns“. Erwägungen zu Matthäus 27,25, KuI 1, 1986, 47–50: 48; G. Garbe, Der Hirte Israels. Eine Untersuchung zur Israeltheologie des Matthäusevangeliums, WMANT 106, NeukirchenVluyn 2005, 113.117.120. Anders W. Trilling, Das wahre Israel. Studien zur Theologie des Matthäus-Evangeliums, StANT X, Leipzig 31964, 71.

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schen Umwelt im Gefolge der deuteronomistischen Deutung der Zerstörung des ersten Tempels die selbstverständliche und unhinterfragte Grundvoraussetzung für die Deutung des Geschehens und geben die eben zitierten Texte exemplarisch zu erkennen, worin Matthäus die Schuld gesehen hat, die zur Zerstörung Jerusalems3 geführt hat, so sind damit die genauen Konturen der mt Deutung freilich noch in keiner Weise hinreichend in den Blick genommen. Eine Reihe von Aspekten bedarf der Analyse. Zu fragen ist an erster Stelle, was die Zerstörung der Stadt samt ihrem Tempel im Blick auf Rolle und Geschick Israels genau bedeutet. Die Antwort hängt von der – in der gegenwärtigen Forschung umstrittenen – Interpretation der Konfliktkonfiguration der mt Jesusgeschichte und der Rolle Jerusalems in ihr sowie von der sozialen Verortung der mt Gemeinde(n) ab. Ist Mt 27,25 „eine von Mt in Szene gesetzte Ätiologie für das Ende ‚Israels‘“4? Ist es zum definitiven Bruch zwischen der Gemeinde und, wie es häufig pauschal heißt, dem Judentum gekommen und versteht Matthäus die Zerstörung Jerusalems als Beleg für das Nein Gottes zu Israel? Oder dient die Zerstörung Jerusalems dem als Judenchristen zu identifizierenden Evangelisten in einem zumindest von ihm selbst noch als innerjüdisch wahrgenommenen Konflikt5 zur Delegitimation seines pharisäischen Gegenübers? Zu fragen ist sodann, ob Matthäus die Zerstörung Jerusalems allein als ein innergeschichtliches Strafhandeln Gottes versteht, mit dem die Schuld abgetan ist,6 oder aber ob das historische Geschehen über sich hinaus auf das Ergehen im Endgericht verweist. Einer eigenen Betrachtung bedarf ferner im Zusammenhang des Schicksals Jerusalems die Rolle des Tempels. Zu beachten ist schließlich die intertextuelle Dimension der mt Deutung, wobei sich hier eine Konzentration auf die Beziehungen zum Jeremiabuch empfiehlt. Die Schritte der folgenden Untersuchung sind damit vorgezeichnet. Am Ende soll ferner der Versuch unternommen werden, die mt Deutung mit Josephus’ Verständnis der Zerstörung Jerusalems in Beziehung zu setzen.7

––––––––––––– 3 Zur historischen Rekonstruktion s. H. Schwier, Tempel und Tempelzerstörung. Untersuchungen zu den theologischen und ideologischen Faktoren im ersten jüdisch-römischen Krieg (66–74 n. Chr.), NTOA 11, Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1989, 4–54. 4 So H. Frankemölle, Jahwe-Bund und Kirche Christi. Studien zur Form- und Traditionsgeschichte des „Evangeliums“ nach Matthäus, NTA.NF 10, Münster 21984, 210. 5 Zu dieser Einordnung des MtEv s. vor allem J. A. Overman, Matthew’s Gospel and Formative Judaism. The Social World of the Matthean Community, Minneapolis (MN) 1990; A. J. Saldarini, Matthew’s Christian-Jewish Community, Chicago Studies in the History of Judaism, Chicago / London 1994. 6 So zuletzt mit Nachdruck Garbe, Hirte (s. Anm. 2), 120.206.212. 7 Zitate aus dem Bellum in deutscher Übersetzung folgen: Flavius Josephus, De Bello Judaico. Der Jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch, hg. und mit einer Einl. sowie mit Anm. versehen von O. Michel und O. Bauernfeind, 3 Bde., Darmstadt 1959–1969.

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I. Die Konfiguration der Konfliktgeschichte und die Rolle Jerusalems im MtEv8 Die mt Jesusgeschichte ist durch die deutliche Tendenz gekennzeichnet, zwischen den Reaktionen auf Jesu Wirken bei den Volksmengen, die bei Matthäus stärker als in seinen Quellen als eigene Größe der Erzählung hervortreten,9 und den Autoritäten, die Jesus von Anfang an feindselig gegenüberstehen, zu differenzieren, wie exemplarisch die von Matthäus duplizierte Beelzebulperikope deutlich macht, die der Evangelist zum einen in 9,32–34 als Abschluss des Zyklus von Kap. 8–9 eingestellt und zum anderen in 12,22–24 inmitten seiner Darstellung der unterschiedlichen Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel wieder aufgenommen hat. Matthäus’ Proprium ist dabei, dass in beiden Fällen zwei einander entgegengesetzte Reaktionen auf Jesu heilendes Handeln geschildert werden, die jeweils auf die Volksmengen und die Pharisäer verteilt sind: Während der Vorwurf, Jesus treibe die Dämonen durch ihren Obersten aus (9,34; 12,24), durch die Schriftgelehrten aus Mk 3,22 inspiriert jeweils den Pharisäern zugeschrieben wird (diff. Lk 11,15), ist den Volksmengen im Kontrast dazu jeweils eine positive Reaktion in den Mund gelegt.10 Äußern sie in 9,33 erstaunt, dass so etwas in Israel noch nie geschehen sei, so zeigt 12,23 sie auf dem Weg, die messianische Identität Jesu zu erkennen.11 In 21,9 lässt Matthäus dann die Volksmengen den in Jerusalem einziehenden Jesus als Davidssohn akklamieren. Entsprechend sind auch ‚kritische‘ Worte wie die Gerichtspredigt des Täufers im MtEv an die Autoritäten umadressiert (vgl. auch Mt 12,25ff mit Lk 11,16ff, Mt 12,38–42 mit Lk 11,29–32). Dieser Differenzierung korrespondiert ferner, dass Matthäus die Sendung Jesu (und seiner Jünger) von vornherein allein auf die Volks––––––––––––– 8 Ich muss mich im Folgenden auf eine Skizze beschränken. Für eine ausführliche Darstellung s. M. Konradt, Israel, Kirche und die Völker im Matthäusevangelium, WUNT, Tübingen 2007, 97–181. Siehe ferner vor allem J. D. Kingsbury, The Developing Conflict Between Jesus and the Jewish Leaders in Matthew’s Gospel. A Literary-Critical Study, CBQ 49, 1987, 57–73; M. Gielen, Der Konflikt Jesu mit den religiösen und politischen Autoritäten seines Volkes im Spiegel der matthäischen Jesusgeschichte, BBB 115, Bodenheim 1998; B. Repschinski, The Controversy Stories in the Gospel of Matthew. Their Redaction, Form und [sic!] Relevance for the Relationship Between the Matthean Community and Formative Judaism, FRLANT 189, Göttingen 2000. 9 Siehe zu den Volksmengen im MtEv vor allem P. S. Minear, The Disciples and the Crowds in the Gospel of Matthew, in: Gospel Studies in Honor of S. E. Johnson, hg. v. M. H. Shepherd / E. C. Hobbs, AThR.SS 3, New York 1974, 28–44, sowie J. R. C. Cousland, The Crowds in the Gospel of Matthew, NT.S 102, Leiden u. a. 2002. 10 In 9,33 wie 12,23 erweitert Matthäus seine Vorlage um eine direkte Rede der Volksmengen. 11 Die Fragepartikel μ˂ƷƮ weist hier nicht auf eine negative Antwort hin, sondern kennzeichnet die Überlegung der Volksmengen als mit Zweifeln behaftet (vgl. Joh 4,29).

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mengen hin ausrichtet, denn die „verlorenen Schafe des Hauses Israel“, denen die Sendung Jesu (15,24) und seiner Jünger (10,6) gilt, werden durch die Verankerung von 10,6 im Erbarmen Jesu über die „Schafe“ in 9,36 als die Volksmengen identifiziert. Zugleich schwingt in der Charakterisierung der Schafe in 9,36; 10,6 als „abgemattet“, „daniederliegend“, „ohne Hirten“ und „verloren“ Kritik an den Autoritäten mit:12 Die Not des Volkes liegt an ihrem Versagen. Die Sendung des messianischen Hirten Jesus13 bedeutet, dass die alten ‚Hirten‘ durch Jesus und die von ihm zur Fortsetzung seines Dienstes bevollmächtigten Jünger (9,36ff) abgelöst werden.14 Dem steht zur Seite, dass Matthäus den Versuch der eigenmächtigen Selbstbehauptung der Autoritäten gegenüber dem Messiaskönig als ein Grundmotiv des Konflikts zu erkennen gibt. Bereits in der Exposition der Konfliktthematik in der Magierperikope in Mt 2,1–12 wird dies sichtbar, denn durch das Nebeneinander der Rede vom „geborenen König der Juden“ im Munde der Magier (2,2) und der gleichzeitigen Bezeichnung des Herodes als König (2,1.3.9)15 deutet Matthäus an, dass (der Idumäer!) Herodes die Geburt des davidischen Messias, wie dieser die Frage der Magier richtig auslegt (2,4), als Gefährdung seiner Herrscherposition begreift.16 Dieses Grundmotiv lässt sich an weiteren Texten illustrieren. So weist Matthäus in der bereits erwähnten Wiederholung des Beelzebulvorwurfs in 12,24 durch die Einfügung des Partizips əƯƳˈƶƦƱƷƪƵ darauf hin, dass die Pharisäer auf die vorangehende Überlegung der Volksmengen reagieren,17 d. h. die Pharisäer suchen mit ihrer Diffamierung Jesu der keimenden Erkenntnis der ʙƺưƳƮ entgegenzuwirken.18 Genau dies wiederholt sich in Mt 21,1–17. Matthäus lässt den Einzug Jesu in Jerusalem gleich im Tempel enden. Hier schon kommt es zur Vertreibung der Händler und anschließend – wieder ein mt Proprium – zu Heilungen im Tempel, worauf Kinder das ––––––––––––– 12 Vgl. M. Konradt, Die Sendung zu Israel und zu den Völkern im Matthäusevangelium im Lichte seiner narrativen Christologie, ZThK 101, 2004, 397–425: 410f. 13 Siehe neben Mt 9,36; 10,6; 15,24 vor allem noch 2,6 und 26,31. 14 Matthäus dürfte hier inspiriert sein durch Texte wie Jer 23,1–6 und Ez 34. Siehe dazu D. J. Verseput, The Davidic Messiah and Matthew’s Jewish Christianity, SBL.SP 34, 1995, 102–116: 112, speziell zu Ez 34 J. P. Heil, Ezekiel 34 and the Narrative Strategy of the Shepherd and the Sheep Metaphor in Matthew, CBQ 55, 1993, 698–708, und zuletzt Y. S. Chae, Jesus as the Eschatological Davidic Shepherd. Studies in the Old Testament, Second Temple Judaism, and in the Gospel of Matthew, WUNT II / 216, Tübingen 2006, 215–219. 15 Vgl. für viele D. R. Bauer, The Kingship of Jesus in the Matthean Infancy Narrative. A Literary Analysis, CBQ 57, 1995, 306–323: 308–313. 16 Vgl. Bauer, Kingship (s. Anm. 15), 314; Gielen, Konflikt (s. Anm. 8), 30. 17 Vgl. exemplarisch Repschinski, Stories (s. Anm. 8), 122. 18 M. Meiser, Die Reaktion des Volkes auf Jesus. Eine redaktionskritische Untersuchung zu den synoptischen Evangelien, BZNW 96, Berlin / New York 1998, 241, spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von den Autoritäten als „Träger[n] aktiver Gegenpropaganda“.

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jubelnde „Hosanna dem Sohn Davids“ der Volksmengen aus 21,9 aufnehmen. Die Szenerie spitzt sich jetzt zu, denn nun werden die Hohenpriester und Schriftgelehrten aktiv, also genau die Gruppen, die schon in Mt 2 auftraten und Herodes sekundierten. Auffallend ist nun, dass sich ihr Protest anders als bei Markus (Mk 11,15–18) nicht gegen Jesu Aktion gegen die Händler wendet, sondern auf die Davidssohnakklamation bezieht.19 Angesichts der Analogie zu 12,23f ist darin zweifelsohne eine bewusste Gestaltung des Evangelisten zu sehen. Für Matthäus artikuliert sich hier der Versuch der Autoritäten, sich gegen den Messiaskönig zu behaupten, indem sie seiner Verehrung im Volk entgegentreten. Welche Rolle spielt nun Jerusalem in dieser Konfliktkonfiguration mit ihrer Differenzierung zwischen Volksmengen und Autoritäten? In 3,5 erwähnt Matthäus die Stadt Jerusalem in der Reihe derer, die zu Johannes dem Täufer hinausziehen, um sich taufen zu lassen, wobei Matthäus hier das mk Ƴʆ ʎƪƴƳƶƳưƸμ̝ƷƦƮ ™ʾƱƷƪƵ zu ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ ändert und damit wohl abschwächt.20 Mt 4,25 führt Jerusalem ferner unter den Gebieten an, aus denen ʙƺưƳƮ ™ƳưưƳ˄ zu Jesus strömen. Diesen beiden auf der Markusvorlage (Mk 1,5; 3,8) basierenden Stellen stehen mehrere Matthäus eigene Passagen gegenüber, mit denen der erste Evangelist die Rolle Jerusalems in der Passionsgeschichte vorbereitet. So wird Jerusalem ebenfalls schon im Rahmen der Exposition der Konfliktthematik in Mt 2 eingeführt: Auf die Frage der Magier nach dem Ort der Geburt des geborenen Königs der Juden erschrickt nicht nur Herodes, sondern auch „ganz Jerusalem mit ihm“ (2,3). Eine aktive Rolle spielt „ganz Jerusalem“ hier freilich (noch) nicht. Es bleibt zunächst bei dieser Notiz. Der „geborene König der Juden“ (2,2) befindet sich in Betlehem; nach Jerusalem, der „Stadt des großen Königs“ (5,35) und des Thrones Davids, wird er noch nicht geführt. Dort herrschen die alten Autoritäten, vor denen Jesus in Sicherheit gebracht werden muss, wie dies die Schrift nach Mt 2,15 vorhergesehen hat. Sein Wirkungsfeld wird der Messias – nach 4,12–16 ebenfalls in Übereinstimmung mit der Schrift – in Galiläa finden. Die hier ansichtig werdende Tendenz, die ‚Geographie‘ der Jesusgeschichte theologisch zu profilieren,21 findet darin ihre Fortsetzung, dass Mat-

––––––––––––– 19 Vgl. C. Burger, Jesus als Davidssohn. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung, FRLANT 98, Göttingen 1970, 87; Gielen, Konflikt (s. Anm. 8), 34. 20 Anders als in 2,3; 21,10 ist hier bei ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ kein ™̀ƶƦ hinzugesetzt. 21 Siehe neben der Geburt in Betlehem (2,1–12), der Flucht und Rückkehr aus Ägypten in das „Land Israel“ (2,13–15.19–21) und dem Wirken Jesu in Galiläa (4,12–16) auch noch die Übersiedlung nach Nazareth in 2,22f. Zu der sich hier dokumentierenden ‚theologischen Geographie‘ s. H. Giesen, Galiläa – mehr als eine Landschaft. Bibeltheologischer Stellenwert Galiläas im Matthäusevangelium, EThL 77, 2001, 23–45.

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thäus Jerusalem nicht erst wie Markus in der dritten Leidensankündigung (s. Mk 10,33 par. Mt 20,18), sondern bereits in der ersten Leidensweissagung als Ort der Hinrichtung Jesu explizit nennt (Mt 16,21). Weitere geographische Angaben spinnen diesen Faden weiter. So ist in der Einleitung zur zweiten Leidensankündigung in 17,22 das geographische Motiv von 16,21 aufgenommen, denn ƶƸƶƷƴƪƹƳμˀƱƼƱ Ʃʿ ƦʡƷ̹Ʊ ɩƱ Ʒ̐ ƊƦưƮưƦ˄˾ dürfte auf die Sammlung zur Wallfahrt zu beziehen sein,22 so dass in allen drei Leidensankündigungen auf Jerusalem hingewiesen wird. In 19,1 verlässt Jesus dann Galiläa. Matthäus hat dabei an der markinischen Vorlage eine kleine, aber wohl nicht belanglose Änderung vorgenommen, indem er in ƪʅƵ Ʒʽ ʚƴƮƦ Ʒ̏Ƶ ʍƳƸƩƦ˄ƦƵ ƯƦ˃ ™ˀƴƦƱ ƷƳ̬ ʍƳƴƩʾƱƳƸ (Mk 10,1) das ƯƦ˄ gestrichen hat, so dass stärker der Eindruck einer linearen, auf Jerusalem zugehenden Bewegung entsteht.23 Die Perspektive ist von 16,21 an auf Jerusalem gerichtet. Beachtung verdient im Blick auf die Rolle Jerusalems sodann und vor allem die matthäische Gestaltung der Einzugsperikope. Mit dem „Hosanna dem Sohn Davids“ der Volksmengen (21,9) erfüllt sich in der matthäischen Komposition das in V. 5 eingefügte Reflexionszitat aus Sach 9,9, dem Matthäus, um der Szenerie zu entsprechen, eine Zeile aus Jes 62,11 vorangestellt hat: Jerusalem wird von den Volksmengen das Kommen des sanftmütigen Königs angesagt.24 Die ganze Stadt aber erbebt daraufhin (Mt 21,10). Die beiden Matthäus eigentümlichen Erwähnungen Jerusalems in Kap. 2 und Kap. 21 sind deutlich aufeinander bezogen, und zwar, wie die nachstehende Synopse illustriert, über die Entsprechung von ɩƷƦƴʾƺƭƬ ... ™̀ƶƦ ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ (2,3) und ɩƶƪ˄ƶƭƬ ™̀ƶƦ ɶ ™ˆưƮƵ (21,10) hinaus, denn in beiden Fällen ist es die Konfrontation mit der Kunde von der Ankunft des messianischen Königs, welche die gesamte Stadt in Unruhe versetzt.

––––––––––––– 22 Mit D. J. Verseput, Jesus’ Pilgrimage to Jerusalem and Encounter in the Temple. A Geographical Motif in Matthew’s Gospel, NT 36, 1994, 105–121: 109–111. Die Platzierung der Einsammlung der Tempelsteuer in Mt 17,24–27 macht dann chronologisch guten Sinn (s. a. a. O. 111f). 23 Vgl. Verseput, Pilgrimage (s. Anm. 22), 114, der darauf verweist, dass man den markinischen Text im Sinne eines Übergangs „to a new field of ministry preceding the final ascent to Jerusalem“ verstehen kann. 24 Vgl. N. Lohfink, Der Messiaskönig und seine Armen kommen zum Zion. Beobachtungen zu Mt 21,1–17, in: Studien zum Matthäusevangelium, FS W. Pesch, hg. v. L. Schenke, Stuttgart 1988, 179–200: 188f; W. Weren, Jesus’ Entry into Jerusalem. Mt 21,1–17 in the Light of the Hebrew Bible and the Septuagint, in: The Scriptures in the Gospels, hg. v. C. M. Tuckett, BEThL 131, Leuven 1997, 117–141: 125; L. Novakovic, Messiah, the Healer of the Sick. A Study of Jesus as the Son of David in the Gospel of Matthew, WUNT II / 170, Tübingen 2003, 87 u. a.

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Synopse von Mt 2,1–12; 21,1–17 Mt 2

Mt 21 Jesus als davidisch-messianischer König

V. 2: Frage der Magier: ™Ƴ̬ ɩƶƷƮƱ ʖ Ʒƪƺƭƪ˃Ƶ ƧƦƶƮưƪˇƵ Ʒ̹Ʊ ʍƳƸƩƦ˄ƼƱź V. 4: Herodes erkundigt sich bei den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, ™Ƴ̬ ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƨƪƱƱ̀ƷƦƮ. V. 5f: In der Antwort der Hohenpriester und Schriftgelehrten wird 2Sam 5,2 (Einsetzung Davids!) mit Mi 5,1 verbunden: ... ɩƯ ƶƳ̬ ƨʽƴ ɩƲƪưƪˈƶƪƷƦƮ ɶƨƳˈμƪƱƳƵ, ʚƶƷƮƵ ™ƳƮμƦƱƪ̝ Ʒ˅Ʊ ưƦˆƱ μƳƸ Ʒ˅Ʊ ʍƶƴƦ˂ư.

V. 4f: 4 ƷƳ̬ƷƳ Ʃʿ ƨˀƨƳƱƪƱ ʊƱƦ ™ưƬƴƼƭ̐ Ʒ˅ ̫ƬƭʿƱ ƩƮʽ ƷƳ̬ ™ƴƳƹ˂ƷƳƸ ưˀƨƳƱƷƳƵž 5 ƪʉ™ƦƷƪ Ʒ̐ ƭƸƨƦƷƴ˃ ƙƮˊƱž ʅƩƳˇ ʖ ƧƦƶƮưƪˈƵ ƶƳƸ ɭƴƺƪƷƦ˄ ƶƳƮ ™ƴƦ̨Ƶ ƯƦ˃ ɩ™ƮƧƪƧƬƯˉƵ ɩ™˃ ʙƱƳƱ ƯƦ˃ ɩ™˃ ™̹ưƳƱ Ƹʆ˅Ʊ ʢ™ƳƫƸƨ˄ƳƸ. V. 9: Ƴʆ Ʃʿ ʙƺưƳƮ Ƴʆ ™ƴƳʾƨƳƱƷƪƵ ƦʡƷ˅Ʊ ƯƦ˃ Ƴʆ əƯƳưƳƸƭƳ̬ƱƷƪƵ ɭƯƴƦƫƳƱ ưˀƨƳƱƷƪƵž ʮƶƦƱƱʽ Ʒ̺ Ƹʆ̺ ¥ƦƸ˄Ʃž ƪʡưƳƨƬμˀƱƳƵ ʖ ɩƴƺˆμƪƱƳƵ ɩƱ ʕƱˆμƦƷƮ ƯƸƴ˄ƳƸž ʮƶƦƱƱʽ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ ʢƻ˄ƶƷƳƮƵ. (vgl. V. 15: ... ƯƦ˃ ƷƳˇƵ ™Ʀ̝ƩƦƵ ƷƳˇƵ ƯƴʾƫƳƱƷƦƵ ɩƱ Ʒ̺ ʆƪƴ̺ ƯƦ˃ ưˀƨƳƱƷƦƵž ʮƶƦƱƱʽ Ʒ̺ Ƹʆ̺ ¥ƦƸ˄Ʃ ...)

Reaktion Jerusalems V. 3: əƯƳˈƶƦƵ Ʃʿ ʖ ƧƦƶƮưƪˇƵ ɾƴ̸ƩƬƵ ɩƷƦƴʾƺƭƬ ƯƦ˃ ™̀ƶƦ ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ μƪƷ̉ ƦʡƷƳ̬

V. 10: ƐƦ˃ ƪʅƶƪưƭˆƱƷƳƵ ƦʡƷƳ̬ ƪʅƵ ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ ɩƶƪ˄ƶƭƬ ™̀ƶƦ ɶ ™ˆưƮƵ ưˀƨƳƸƶƦž Ʒ˄Ƶ ɩƶƷƮƱ ƳʨƷƳƵź

Verhalten der Hohenpriester und Schriftgelehrten V. 4–6: 4 ƯƦ˃ ƶƸƱƦƨƦƨˉƱ ™ʾƱƷƦƵ ƷƳˇƵ əƴƺƮƪƴƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ ƷƳ̬ ưƦƳ̬ ɩ™ƸƱƭʾƱƪƷƳ ™Ʀƴ̉ ƦʡƷ̹Ʊ ™Ƴ̬ ʖ ƺƴƮƶƷ˅Ƶ ƨƪƱƱ̀ƷƦƮ. 5 Ƴʆ Ʃʿ ƪʋ™ƦƱ ƦʡƷ̺ž ɩƱ ƉƬƭưˀƪμ Ʒ̏Ƶ ʍƳƸƩƦ˄ƦƵž ...

V. 15–16a: 15 ʅƩˆƱƷƪƵ Ʃʿ Ƴʆ əƴƺƮƪƴƪ̝Ƶ ƯƦ˃ Ƴʆ ƨƴƦμμƦƷƪ̝Ƶ Ʒʽ ƭƦƸμʾƶƮƦ ɜ ɩ™Ƴ˄ƬƶƪƱ ƯƦ˃ ƷƳˇƵ ™Ʀ̝ƩƦƵ ƷƳˇƵ ƯƴʾƫƳƱƷƦƵ ɩƱ Ʒ̺ ʆƪƴ̺ ƯƦ˃ ưˀƨƳƱƷƦƵž ʮƶƦƱƱʽ Ʒ̺ Ƹʆ̺ ¥ƦƸ˄Ʃ, ɵƨƦƱʾƯƷƬƶƦƱ 16 ƯƦ˃ ƪʋ™ƦƱ ƦʡƷ̺ž əƯƳˈƪƮƵ Ʒ˄ ƳʨƷƳƮ ưˀƨƳƸƶƮƱź

Die Antwort der Volksmengen auf die Frage Jerusalems nach der Identität des von ihnen als Davidssohn Akklamierten in 21,11, dass dieser „der Prophet Jesus, der von Nazareth in Galiläa“ sei, dient entgegen einer verbreiteten Deutung weder der Relativierung der Erkenntnis der Volksmengen noch der Definition ihres Davidssohnverständnisses,25 sondern sie erschließt sich von

––––––––––––– 25 Anders z. B. A. Suhl, Der Davidssohn im Matthäus-Evangelium, ZNW 59, 1968, 57–81: 79; J. D. Kingsbury, The Title „Son of David“ in Matthew’s Gospel, JBL 95, 1976, 591–602: 600; D. J. Verseput, The Rejection of the Humble Messianic King. A Study of the

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der Tradition vom gewaltsamen Geschick der Propheten26 her. Intratextuell wird diese Assoziation dann durch die Klage Jesu über Jerusalem als prophetenmordende Stadt in 23,37 bestätigt. 21,11 gibt also schon einen Hinweis, worin die durch die Ansage der Volksmengen entstandene Unruhe der Stadt einmünden wird. Wichtig ist dabei, dass das Gegenüber von jüdischen Volksmengen und Jerusalem in Mt 21,9–11 einen deutlichen Hinweis darauf gibt, dass Matthäus Jerusalem keineswegs als Repräsentantin Israels auffasst.27 Vergleicht man die Szenen in 21,9–11 mit 21,15f, also die Reaktionen Jerusalems einerseits und der Autoritäten andererseits miteinander, tritt eine nicht unwichtige Differenz zutage: Während die Stadt als Ganze nach der Auskunft der Volksmengen (zunächst) nicht weiter in Erscheinung tritt, es hier also bei dem Ausdruck der durch die Ansage der Volksmengen entstandenen Beunruhigung bleibt, ohne dass feindliche Schritte gegen Jesus unternommen werden, sind es die Autoritäten, die sich als Gegner positionieren. Auch dies harmoniert mit der Konfliktexposition in Mt 2,3–6: Während es Matthäus im Blick auf Jerusalem dort bei der Notiz belassen hat, dass die ganze Stadt zusammen mit Herodes erschrak, werden die Autoritäten an Herodes’ Seite aktiv.28 In Mt 21,23–22,46 kommt es am zweiten Tag des Auftretens Jesu im Tempel, nun nach V. 23 in der Rolle des Lehrers, zur großen Auseinandersetzung, die sich an der Frage der Hohenpriester und Ältesten, also der Vertreter des Synhedriums, nach der Vollmacht Jesu entzündet. An die Parabeltrilogie, mit der Jesus die Autoritäten mit der Konsequenz ihrer Ablehnung des Täufers im Gleichnis von den ungleichen Söhnen (21,28–32), seiner selbst im Winzergleichnis (21,33–46) und schließlich auch seiner Jünger im Gleichnis

––––––––––––– Composition of Matthew 11–12, Frankfurt a. M. u. a. 1986, 25; J. A. Gibbs, Jerusalem and Parousia. Jesus’ Eschatological Discourse in Matthew’s Gospel, Saint Louis (MO) 2000, 117f; Cousland, Crowds (s. Anm. 9), 224. 26 Vgl. im Matthäusevangelium dazu Mt 5,12; 21,35f; 23,30f.34–36.37. Zur Analyse der Tradition s. O. H. Steck, Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten. Untersuchungen zur Überlieferung des deuteronomistischen Geschichtsbildes im Alten Testament, Spätjudentum und Urchristentum, WMANT 23, Neukirchen-Vluyn 1967. 27 Vgl. Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 1, 238: „Jerusalem does not stand for the entire Jewish community. Instead she represents those in charge, the Jewish leadership“. Dies unterstreicht, dass man mit Generalisierungen und Repräsentanzhypothesen, wie sie zu Mt 2,3f; 21,10 etwa Frankemölle, Jahwe-Bund (s. Anm. 4), 204, mit seiner Rede von der matthäischen „Tendenz zur Totalität und solidarischen Uniformität im Komplex ‚Israel‘“ vorgetragen hat, vorsichtig sein muss. 28 Entgegen der Deutung von M. A. Powell, The Plot to Kill Jesus from Three Different Perspectives. Point of View in Matthew, SBL.SP 29, 1990, 603–613: 605, weist dabei nichts darauf hin, dass die Hohenpriester und Schriftgelehrten über die feindliche Absicht des Herodes gegen den „geborenen König der Juden“ im Unklaren waren.

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vom königlichen Hochzeitsmahl (22,1–14) konfrontiert,29 schließt sich der ebenfalls dreifache Gegenangriff der Autoritäten an, Jesus, wie es in 22,15 heißt, in einem Wort zu fangen, um etwas gegen ihn in der Hand zu haben, doch misslingt dieser Versuch. Jesus hingegen bringt seine Gegner mit einer einzigen Gegenattacke, mit der Problematisierung der Sohnschaft des Messias in 22,41–46, zum Verstummen und erweist so eindrücklich seine auf seiner göttlichen Vollmacht basierende Überlegenheit. Damit ist die Bühne bereitet für die Abrechnung mit den Schriftgelehrten und Pharisäern in Mt 23, deren Hörer nicht von ungefähr neben den Jüngern auch die Volksmengen sind: Sie werden darüber belehrt, was von jenen zu halten ist. Die Weherede kulminiert in einer solennen Gerichtsansage im siebten Weheruf (V. 29–36) und in der im hier verfolgten Zusammenhang bedeutsamen Klage über Jerusalem (V. 37–39). Beide Abschnitte sind durch den Vorwurf des Prophetenmordes miteinander verbunden. Wird Jerusalem in 23,37, wie gesehen, als prophetenmordende Stadt prädiziert, so werden die Schriftgelehrten und Pharisäer in dem Sendungswort in V. 34 mit dem – sich hier auf die Verfolgung der Jesusboten beziehenden – Vorwurf des Prophetenmordes30 belastet. Durch die Einfügung von V. 32f erscheint in der mt Komposition als Grund31 für die Sendung der Propheten etc., dass damit das Sündenmaß der „Väter“ der Schriftgelehrten und Pharisäer voll wird (V. 32)32 und so das Gericht über sie hereinbrechen kann (V. 33). Die Verfolger der Jesusboten bilden also mit den Mördern der (alttestamentlichen) Propheten ein die Zeiten übergreifendes Schuldkollektiv. V. 35f führt dann die in V. 33 hervorgetretene Gerichtsperspektive weiter, wobei Matthäus eine enge Verknüpfung mit der nachfolgenden Passionsgeschichte hergestellt hat, denn die von ihm gewählte Formulierung ɭưƭ̍ ɩƹ̉ ʢμ̀Ƶ ™̀Ʊ ƦʌμƦ Ʃ˄ƯƦƮƳƱ ... (V. 35) klingt in mehreren Passagen in Mt 27 ––––––––––––– 29 Entgegen einem verbreiteten Deutungstyp thematisiert die Parabeltrilogie nicht die heilsgeschichtliche Ablösung Israels. Die Gleichnisse beziehen sich vielmehr auf die Rolle der Autoritäten. Dies ist für das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (21,28–32) mit seiner innerjüdischen Differenzierung zwischen den angeredeten Hohenpriestern und Ältesten auf der einen Seite und den Zöllnern und Huren auf der anderen Seite evident, gilt aber auch und gerade für das Winzergleichnis, in dem der Weinberg für Israel steht. Nicht wird hier Israel abgelöst, sondern der Weinberg Israel bekommt neue Winzer. Auch 21,43 ist auf dieser Linie zu lesen (vgl. Saldarini, Community [s. Anm. 5], 58–63; Gielen, Konflikt [s. Anm. 8], 210–231). Für eine ausführliche Begründung der Auslegung der Parabeltrilogie s. Konradt, Israel (s. Anm. 8), 184–220. 30 Zur Einstellung der Jesusboten in die Reihe der Propheten s. auch die Rede von „den Propheten vor euch“ in Mt 5,12 (s. dazu M. Knowles, Jeremiah in Matthew’s Gospel. The Rejected Prophet Motif in Matthean Redaction, JSNT.S 68, Sheffield 1993, 120). 31 Siehe den Anschluss des Sendungswortes in 23,34 mit ƩƮʽ ƷƳ̬ƷƳ. 32 Vgl. Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 372; Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 315. Anders J. Gnilka, Das Matthäusevangelium, HThK 1 / 2, Freiburg u. a. 21992, 300.

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nach, so in dem Bekenntnis des Judas, unschuldiges Blut33 ausgeliefert zu haben in 27,4, in der Warnung der Frau des Pilatus an ihren Mann, er solle nichts mit jenem Gerechten zu schaffen haben in 27,19, in Pilatus’ Worten in 27,24, er sei unschuldig an diesem Blut, und insbesondere in dem Ruf des Volkes in 27,25 (Ʒ˅ ƦʌμƦ ƦʡƷƳ̬ ɩƹ̉ ɶμ̀Ƶ ƯƦ˃ ɩ™˃ Ʒʽ ƷˀƯƱƦ ɶμ̹Ʊ). Durch diesen Kontextbezug wird unterstrichen, dass die Tötung Jesu, wie dies auch in der Parabeltrilogie (21,28–22,14) deutlich wird, kein trauriger Einzelfall ist, sondern in eine lange Reihe des Widerstandes gegen Gottes Gesandte gehört, der sich nachösterlich an den Jesusboten noch fortsetzt (vgl. 10,24f). Zugleich wird in 23,29–36 deutlich, dass das Gericht nicht in Jesu Tod allein begründet liegt; vielmehr ist – neben der Verfolgung der alttestamentlichen Propheten – die auch nachösterlich ausgebliebene Umkehr (vgl. 27,62–66; 28,11–15!) und die damit einhergehende Ablehnung und Verfolgung der Jesusboten einbezogen (vgl. 22,2–7).34 In Mt 23,35f wird der Wechsel von ɩƹ̉ ʢμ̀Ƶ, womit im Kontext eindeutig die apostrophierten Schriftgelehrten und Pharisäer gemeint sind, zu ɩ™˃ ƷˁƱ ƨƪƱƪʽƱ ƷƦˈƷƬƱ häufig als eine Ausweitung der Schuldigen von den Autoritäten auf die ganze gegenwärtige Generation Israels interpretiert.35 Lexikalisch zwingend ist das nicht, denn ƨƪƱƪʾ bezeichnet keineswegs immer die Gesamtheit einer Sippe bzw. alle Zeitgenossen, sondern kann im positiven wie im negativen Sinne auch eine bestimmte Menschengruppe meinen – Liddell / Scott36 geben als Bedeutung neben „race, family“ und „generation“ auch „class, kind“ an, und dafür lassen sich auch LXX-Belege beibringen. So gibt es in Ps 23,6LXX die ƨƪƱƪʾ derer, die Gott suchen (ɶ ƨƪƱƪʽ ƫƬƷƳˈƱƷƼƱ ƦʡƷˆƱ) als Bezeichnung derer, die reinen Herzens sind und auf den Berg des Herrn gehen dürfen (V. 3–5); und in negativem Sinn wie im MtEv bezieht sich z. B. in Ps 11,8LXX die Rede von diesem Geschlecht auf die Gruppe der Gottlosen, die die Armen und Elenden bedrängen.37 Besonders instruktiv ist

––––––––––––– 33 Zum alttestamentlichen Hintergrund des Motivs des unschuldig vergossenen Blutes im Kontext der Zerstörung Jerusalems s. unten in Abschnitt IV. 34 Zur Einbeziehung der Jesusboten vgl. H.-M. Döpp, Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Zweiten Tempels im Jahre 70 in den ersten drei Jahrhunderten n. Chr., TANZ 24, Tübingen / Basel 1998, 22–24. 35 Siehe nur D. R. A. Hare, The Theme of Jewish Persecution of Christians in the Gospel According to St Matthew, MSSNTS 6, Cambridge 1967, 151f; H.-J. Becker, Die Zerstörung Jerusalems bei Matthäus und den Rabbinen, NTS 44, 1998, 59–73: 60. 36 H. G. Liddell / R. Scott, (A) Greek – English Lexicon (revised and augmented throughout by H. S. Jones), 5. Nachdr. der 9. Aufl., Oxford 1961, s. v. 37 Die Belege lassen sich erweitern. Positiv ist zu nennen: Ps 13,5LXX (... ʚƷƮ ʖ ƭƪ˅Ƶ ɩƱ ƨƪƱƪ́ ƩƮƯƦ˄˾); 111,2LXX (ƨƪƱƪʽ ƪʡƭƪ˄ƼƱ); PsSal 18,9, negativ noch Sap 3,19, im MT ferner Prov 30,11–14. Siehe zudem noch Dtn 2,14 (™̀ƶƦ ƨƪƱƪʽ əƱƩƴ̹Ʊ ™ƳưƪμƮƶƷ̹Ʊ) und Lk 16,8, wo sich ɶ ƨƪƱƪʽ ɶ ɪƦƸƷ̹Ʊ auf die Gruppe der „Söhne dieses Äons“ bezieht.

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hier freilich eine Textpassage bei Josephus, nämlich Bell V 566, wo die ƨƪƱƪʾ, die sogar gottloser als Sodom war, den ‚Räuberhauptmann‘ Johannes und seine Leute meint, die dort vom ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ (ebd.), womit hier die Jerusalemer Bevölkerung, nicht ‚ganz Israel‘, gemeint ist,38 unterschieden sind.39 Entsprechend muss ɩ™˃ ƷˁƱ ƨƪƱƪʽƱ ƷƦˈƷƬƱ in Mt 23,36 keineswegs einen weiteren Personenkreis in den Blick nehmen als ɩƹ̉ ʢμ̀Ƶ in V. 35. Vielmehr lässt sich umgekehrt die wohl redaktionelle Variation von ɩ™˃ ƷˁƱ ƨƪƱƪʽƱ ƷƦˈƷƬƱ zu ɩƹ̉ ʢμ̀Ƶ in V. 3540 als Indiz werten, dass Matthäus ɩ™˃ ƷˁƱ ƨƪƱƪʽƱ ƷƦˈƷƬƱ allein auf die apostrophierten Schriftgelehrten und Pharisäer bezogen sehen möchte. Sie können dem Höllengericht nicht entfliehen (V. 33),41 da sie das Maß ihrer Väter anfüllen (V. 32), so dass das gerechte Blut von Abel bis Secharja über sie kommt (V. 35). Kurzum: Im matthäischen Duktus erscheint ɩ™˃ ƷˁƱ ƨƪƱƪʽƱ ƷƦˈƷƬƱ in 23,36 als nichts anderes denn als Substitut für ɩƹ̉ ʢμ̀Ƶ. Dem steht zur Seite, dass sich die Rede von diesem bösen und ehebrecherischen Geschlecht im Rahmen der Zeichenforderungen in 12,38–45 und 16,1–4 eindeutig auf die Pharisäer bzw. die Pharisäer und Sadduzäer bezieht.42 Eine Ausweitung der Gerichtsperspektive auf ganz Israel ist schließlich auch nicht durch die Anfügung der Klage über Jerusalem in 23,37–3943 zu registrieren, da Jerusalem, wie gesehen, in der matthäischen Konzeption keineswegs pars pro toto für Israel steht.44 Vielmehr gibt umgekehrt die Anfügung der Klage über Jerusalem an die gegen die Schriftgelehrten und Phari-

––––––––––––– 38 Vgl. z. B. Josephus, Bell II 425; IV 326.363.582; V 251.335.345.547; VI 259, auch V 355. 39 Siehe auch Josephus, Bell V 442; VI 408. 40 In der Logienquelle war ausweislich der lk Version vermutlich an beiden Stellen von „diesem Geschlecht“ die Rede. 41 Der Bezug allein auf die Autoritäten wird für 23,33 noch dadurch untermauert, dass ihre Anrede als ƨƪƱƱ˂μƦƷƦ ɩƺƮƩƱ̹Ʊ auf Mt 3,7 und 12,34 zurückgreift, wo ebenfalls die Pharisäer (in 3,7 zusammen mit den Sadduzäern) anvisiert sind; zudem lässt die rhetorische Frage ™̹Ƶ ƹˈƨƬƷƪ ə™˅ Ʒ̏Ƶ Ưƴ˄ƶƪƼƵ Ʒ̏Ƶ ƨƪˀƱƱƬƵ; in 23,33 an die ähnliche Frage des Täufers an die Pharisäer und Sadduzäer in 3,7 (Ʒ˄Ƶ ʢ™ˀƩƪƮƲƪƱ ʢμ̝Ʊ ƹƸƨƪ̝Ʊ ə™˅ Ʒ̏Ƶ μƪưưƳˈƶƬƵ ʕƴƨ̏Ƶ;) zurückdenken. 42 Ausführlich zu den Worten gegen „dieses Geschlecht“ im MtEv vgl. Konradt, Israel (s. Anm. 8), 226–265. 43 Lukas bringt den Q-Text bekanntlich in einem anderen Zusammenhang. Die Anfügung an die Weherede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer geht auf die Hand des ersten Evangelisten zurück (ebenso Hare, Theme [s. Anm. 35], 94f; D. E. Garland, The Intention of Matthew 23, NT.S 52, Leiden 1979, 187–197; Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 3, 377, anders Davies / Allison, Mt [s. Anm. 1], Bd. 3, 312). 44 Anders Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 141; Becker, Zerstörung (s. Anm. 35), 60; Garbe, Hirte (s. Anm. 2), 104.

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säer gerichtete Weherede zu erkennen, dass Matthäus die Verantwortung für die Zerstörung der Stadt den Autoritäten zuweist.45 Einzubeziehen ist schließlich die Verurteilungsszene in 27,11–26, allem voran der Blutruf des Volkes in V. 25. Der Wechsel von ʙƺưƳƵ (27,15.20.24) zu ưƦˆƵ in V. 25 ist häufig so interpretiert worden, dass entgegen der vorangegangenen Darstellung am entscheidenden Kulminationspunkt der das Evangelium durchziehenden Konfliktlinie die Differenz zwischen den Autoritäten und dem Volk aufgehoben werde und ganz Israel die Verantwortung für den Tod Jesu übernehme.46 Andere sehen in ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ hingegen bloß einen Wechselbegriff zu ʙƺưƳƵ47 (vgl. Lk 9,12f!). Im Ansatz geht Letzteres m. E. in die richtige Richtung: Durch den Kontext und den vorangehenden Gebrauch von ʙƺưƳƵ ist der ưƦˆƵ eindeutig als der vor Pilatus versammelte Volkshaufen denotiert.48 Gleichwohl dürfte die Aufeinanderfolge des Gebrauchs von ʙƺưƳƵ und ưƦˆƵ in 27,24f nicht einfach austauschbar sein; vielmehr wird durch den Wechsel zu ưƦˆƵ ein neuer Akzent gesetzt, allerdings nicht der, dass die Volksmenge ganz Israel repräsentieren soll, sondern durch ưƦˆƵ wird angezeigt, dass es um ein Geschehen in Israel geht.49 ––––––––––––– 45 Hare, Theme (s. Anm. 35), 96, verweist mit Recht darauf, dass das Jerusalemwort durch seine kompositionelle Stellung im MtEv eine ihm ursprünglich fremde antipharisäische Stoßrichtung erhält. 46 S. neben vielen anderen Frankemölle, Jahwe-Bund (s. Anm. 4), 204–211; D. P. Senior, The Passion Narrative According to Matthew. A Redactional Study, BEThL 39, Louvain 1982 (Neudruck), 258f; U. Luz, Der Antijudaismus im Matthäusevangelium als historisches und theologisches Problem. Eine Skizze, EvTh 53, 1993, 310–327: 314; W. Kraus, Die Passion des Gottessohnes. Zur Bedeutung des Todes Jesu im Matthäusevangelium, EvTh 57, 1997, 409–427: 416. 47 S. z. B. H. Strathmann / R. Meyer, ưƦˆƵ, ThWNT 4, Stuttgart u. a. 1942, 29–57: 50; F. Lovsky, Comment comprendre „Son sang sur nous et nos enfants“?, ETR 62, 1987, 343– 362: 350f; A.-J. Levine, The Social and Ethnic Dimensions of Matthean Salvation History, Studies in the Bible and Early Christianity 14, Lewiston-Queenston 1988, 266ff; Saldarini, Community (s. Anm. 5), 32f; Gielen, Konflikt (s. Anm. 8), 383–386. 48 Vgl. z. B. H. Kosmala, „His Blood on Us and on Our Children“. The Background of Mat. 27,24–25, ASTI 7, 1970, 94–126: 96; P. Fiedler, Das Matthäusevangelium, Theologischer Kommentar zum Neuen Testament 1, Stuttgart 2006, 411, sowie auch Haacker, Blut (s. Anm. 2), 50. 49 Das hier vorgeschlagene Verständnis von ưƦˆƵ lässt sich exemplarisch durch den Sprachgebrauch im lk Doppelwerk illustrieren, wo ưƦˆƵ verschiedentlich betont das Gottesvolk meint (im ausdrücklichen Gegenüber zu den ɭƭƱƬ Lk 2,32; Act 26,17.23, s. ferner z. B. Lk 1,68.77; 7,16; Act 3,23; 13,17.24), häufig aber auch bloß einen Volkshaufen (Lk 6,17; 7,1.29; 9,13; 18,43; 20,1.9; Act 3,12; 4,1 u. ö.), aber ưƦˆƵ nie zur Bezeichnung nichtjüdischer Volksmengen verwendet wird. Mit ưƦˆƵ werden gewissermaßen Volksmengen als zum Gottesvolk gehörig ausgewiesen. Eben dieser Sprachgebrauch liegt auch in Mt 27,25 vor – wie ebenfalls in den, von der Wendung „Älteste des Volkes“ (26,3.47; 27,1) abgesehen, beiden weiteren Vorkommen von ưƦˆƵ in der mt Passionsgeschichte (Mt 26,5; 27,64). Ein Oszillieren zwischen den Polen ‚Gottesvolk‘ und ‚Volkshaufen‘ lässt sich im Übrigen auch in

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Die Identifizierung des Volkshaufens in Mt 27,15–26 dürfte dabei noch dahin gehend zu präzisieren sein, dass Matthäus die Jerusalemer Bevölkerung im Blick hat.50 Daran lässt jedenfalls die vorangehende Leserlenkung denken. Denn zum einen ist die Tötung des „Propheten“ Jesus (21,11.46) durch Jerusalem mit ihrer Bezeichnung als prophetenmordende Stadt (23,37) vorbereitet. Dass Matthäus das Ergehen Jesu in Jerusalem im Lichte des gewaltsamen Geschicks der Propheten deutet, wird dabei nicht nur durch das Winzergleichnis in 21,33–46 unterstrichen, wo Jesus als der Sohn von den Propheten als den Knechten zwar abgehoben, gleichwohl aber in ihr Geschick eingereiht wird. Auch 27,52f bietet ein in diese Richtung weisendes Indiz, da unter den auferweckten Heiligen, die aus den Gräbern kommen, im Lichte von 23,29–36 zumindest primär an die getöteten Propheten zu denken sein dürfte.51 Ihr Erscheinen in Jerusalem (!) ist für die prophetenmordende Stadt Zeichen des über sie kommenden Gerichts52 und bindet zugleich wiederum Jesus und die Propheten als von den jüdischen Autoritäten verfolgte Boten Gottes zusammen.53 Zum anderen nimmt ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ in 27,25 nicht nur im engeren Kontext ™ʾƱƷƪƵ aus 27,22 auf, sondern knüpft zugleich an 2,3 (™̀ƶƦ ʎƪƴƳƶˆưƸμƦ) und 21,10 (™̀ƶƦ ɶ ™ˆưƮƵ) an.54 Der mit 2,3ff signalhaft eröffnete Spannungsbogen gelangt mit 27,25 ans Ziel. Die beiden Textzusammenhänge sind nicht nur dadurch miteinander verbunden, dass sich das Bestreben der Gegner hier wie dort gegen Jesus als den „König der Juden“ (2,2; 27,11, vgl. 27,29.37) richtet, sondern Exposition und Zielpunkt der Konfliktgeschichte entsprechen sich auch darin, dass mit der Stadt Jerusalem und ihrer Führungsspitze dieselbe Konfiguration der Gegnerschaft Jesu begegnet. Anders gesagt:

––––––––––––– LXX und anderen frühjüdischen Texten beobachten (s. dazu Konradt, Israel [s. Anm. 8], 172–174). 50 Für eine ausführliche Begründung s. Konradt, Israel (s. Anm. 8), 174–181. 51 In diesem Sinne auch P. Hoffmann, Die Auferweckung Jesu als Zeichen für Israel. Mt 12,39f und die matthäische Ostergeschichte, in: Christus bezeugen, FS W. Trilling, hg. v. K. Kertelge u. a., Freiburg u. a. 1990, 110–123: 122; Gnilka, Mt II (s. Anm. 32), 477. 52 Vgl. exemplarisch Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 4, 366. 53 Einzubeziehen ist in diesem Zusammenhang ferner noch Mt 13,57, denn mit dem Logion, dass ein Prophet nirgends verachtet ist außer in seiner Heimat, bezieht Jesus sich auf seine eigene Zurückweisung. Auch hier steht das Motiv des Widerstands gegen die Propheten Gottes Pate (vgl. Repschinski, Stories [s. Anm. 8], 151). Schließlich ist noch einmal auf Mt 23,34 zu verweisen, wo die Anfügung von ƯƦ˃ ƶƷƦƸƴˊƶƪƷƪ an ə™ƳƯƷƪƱƪ̝Ʒƪ die Kreuzigung Jesu assoziieren lässt. – Zu Jesus als „rejected prophet“ im MtEv vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 152–161. 54 Vgl. Olmstead, Trilogy (s. Anm. 1), 62: „‚All the people‘ recalls both ‚the whole city‘ (21.10) and ‚all Jerusalem‘ (2.3).“ Vgl. auch Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 594.

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Mt 2,3–6 fungiert auch hinsichtlich des ‚Figurenbestands‘ des Konflikts als Signal im Blick auf die Passionsgeschichte.55 Wurde oben darauf verwiesen, dass Jerusalem in 2,3 noch keine aktive Rolle im Vorgehen gegen Jesus zugewiesen ist, so verdient in 27,15–26 Beachtung, dass das Volk hier keineswegs von Anfang an gegen Jesus eingenommen ist. Anders als bei Markus geht die Initiative zur Passaamnestie bei Matthäus von Pilatus aus, der nach 27,18 erkannt hat, dass die Hohenpriester und Ältesten Jesus aus Neid, also deshalb, weil Jesus beim Volk großen Anklang gefunden hat, ausgeliefert haben,56 und der daher in der Passaamnestie eine Möglichkeit sieht, das Bestreben der jüdischen Autoritäten ins Leere laufen zu lassen. Die durch die Botschaft der Frau des Pilatus (V. 19) bedingte Unterbrechung bietet den Autoritäten dann die Gelegenheit, auf den Schachzug des Pilatus zu reagieren und das Volk zu überreden. Erst jetzt wendet sich das Volk gegen Jesus. Die Ersetzung des mk əƱˀƶƪƮƶƦƱ (Mk 15,11) durch ɭ™ƪƮƶƦƱ (Mt 27,20) dient dabei schwerlich dazu, die tumultuarischen Züge der mk Szenerie zu vermeiden,57 sondern fügt einen neuen Akzent hinzu, der darauf zielt, die Szenerie für die Gegenwart des Evangelisten transparent werden zu lassen: Es geht um die Gefahr der Verführung des Volkes durch die Jesus ablehnenden Autoritäten. In seiner Gegenwart sieht Matthäus diese Gefahr vornehmlich von den Pharisäern ausgehen, die, wie ihr Hervortreten als Hauptgegner Jesu im Evangelium58 nahe legt, in der jüdischen Umwelt der matthäischen Gemeinde offenbar eine führende Position in den Synagogen gewinnen konnten.59 Anhand des Beispiels von Jerusalem ist für Matthäus zu studieren, zu

––––––––––––– 55 Zu den Querverbindungen zwischen Mt 2 und der Passionsgeschichte vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 77–81; Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 594. 56 Als Subjekt von ™ƦƴˀƩƼƯƦƱ in 27,18 können dem Kontext nach (s. 27,1f) nur die Hohenpriester und Ältesten eingedacht werden. Vgl. R. H. Gundry, Matthew. A Commentary on His Handbook for a Mixed Church under Persecution, Grand Rapids 21994, 562; Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 4, 272 u. a. Anders aber I. Broer, Der Prozeß gegen Jesus nach Matthäus, in: Der Prozeß gegen Jesus. Historische Rückfrage und theologische Deutung, hg. v. K. Kertelge, QD 112, Freiburg u. a. 1988, 84–110: 103; A. Suhl, Beobachtungen zu den Passionsgeschichten der synoptischen Evangelien, in: Von Jesus zum Christus. Christologische Studien, FS P. Hoffmann, hg. v. R. Hoppe und U. Busse, BZNW 93, Berlin / New York 1998, 321–377: 348. 57 Matthäus spricht vielmehr in 27,24 ausdrücklich von einem ƭˆƴƸƧƳƵ, s. ferner ™ƪƴƮƶƶ̹Ƶ ɭƯƴƦƫƳƱ in V. 23. 58 Instruktiv sind vor allem die redaktionellen Erwähnungen der Pharisäer (s. Mt 3,7; 5,20; 9,34; 12,24; 15,12[–14]; [16,11f;] 21,45; 22,34.41; 27,62 sowie den konzentrierten Angriff auf die Schriftgelehrten und Pharisäer in Mt 23). Zu den Pharisäern als den bedeutendsten Opponenten vgl. R. Hummel, Die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Judentum im Matthäusevangelium, BEvTh 33, München 1963, 12–14; Repschinski, Stories (s. Anm. 8), 322f.325f. 59 S. dazu exemplarisch Repschinski, Stories (s. Anm. 8), 343–349.

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welchen Konsequenzen es führt, sich den Gegnern Jesu anzuvertrauen. Dass die Pharisäer im Kontext des – von Jerusalem ausgehenden60 und „bis heute“, also offenbar auch im Umkreis des Evangelisten „unter Juden“ umlaufenden – Gerüchts vom Diebstahl der Leiche Jesu (27,62–66; 28,11–15) noch einmal ausdrücklich genannt werden (27,62), fügt sich diesem Bild nahtlos ein. Als Zwischenfazit ist damit festzuhalten: Matthäus belastet nicht pauschalisierend ‚ganz Israel‘ mit der Schuld am Tod Jesu und / oder an der Bedrängnis der Jünger. Entsprechend ist die Zerstörung Jerusalems für Matthäus auch nicht Zeichen für die Verwerfung Israels bzw. Gottes Strafgericht an Israel.61 Nach 10,23 ist im Übrigen der Zeithorizont der Israelmission bei Matthäus kein anderer als der der Völkermission: Beide enden erst mit der Parusie des Herrn.62 Matthäus fokussiert die Schuldzuweisung auf die Jesus von Anfang an feindlich gesonnenen Autoritäten, die wie Herodes bei der Geburt Jesu um ihre Stellung besorgt sind und auch nach der Kreuzigung besorgt bleiben (27,62–66; 28,11–15). Sie sind es, die Jesus nach 27,18 aus Neid ausgeliefert und den vor Pilatus versammelten Volkshaufen nach 27,20 überredet haben, die Kreuzigung Jesu zu fordern. Sie lassen nach der Kreuzigung das Grab Jesu bewachen, damit „nicht etwa seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volk (ưƦˆƵ) sagen: Er ist von den Toten auferstanden“ (27,64). Sie bestechen nach der Auferstehung die Grabwächter, um einen weiteren Einfluss der Jesusjünger zu unterbinden; und von ihnen geht die Verfolgung der Jünger aus. Sie sind es daher, die letztlich die Verantwortung für das Schicksal Jerusalems tragen.63 Das Volk der Stadt ist das Opfer derer geworden, die in ihr das Sagen hatten.

––––––––––––– 60 Vgl. dazu Verseput, Pilgrimage (s. Anm. 22), 120. 61 Ebenso Döpp, Deutung (s. Anm. 34), 24. Anders z. B. Garland, Intention (s. Anm. 43),

210; Gibbs, Jerusalem (s. Anm. 25), 124; D. Paul, „Untypische“ Texte im Matthäusevangelium? Studien zu Charakter, Funktion und Bedeutung einer Textgruppe des matthäischen Sondergutes, NTA NF 50, Münster 2005, 311. 62 Vgl. J. M. McDermott, Mt. 10:23 in Context, BZ.NF 28, 1984, 230–240: 235; S. McKnight, Jesus and the End-Time. Matthew 10:23, SBL.SP 25, 1986, 501–520: 519; K.-C. Wong, Interkulturelle Theologie und multikulturelle Gemeinde im Matthäusevangelium. Zum Verhältnis von Juden- und Heidenchristen im ersten Evangelium, NTOA 22, Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1992, 89f; M. Lohmeyer, Der Apostelbegriff im Neuen Testament. Eine Untersuchung auf dem Hintergrund der synoptischen Aussendungsreden, SBB 29, Stuttgart 1995, 384; H. Giesen, Jesu Sendung zu Israel und die Heiden im Matthäusevangelium, in: Forschungen zum Neuen Testament und seiner Umwelt, FS A. Fuchs, hg. v. C. Niemand, LPTR 7, Frankfurt a. M. u. a. 2002, 123–156: 131; Garbe, Hirte (s. Anm. 2), 145–147, u. a. Anders z. B. E. C. Park, The Mission Discourse in Matthew’s Interpretation, WUNT II / 81, Tübingen 1995, 141. 63 Die nahtlose Anknüpfung des Wortes gegen Jerusalem in 23,37–39 an die Weherede sowie vor allem die von Mt in 23,35 als Parallele zu 27,25 gestaltete Wendung, dass alles gerechte Blut über sie kommt, spiegeln diesen Zusammenhang wider.

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II. Die Zerstörung Jerusalems und das Endgericht Verweist die Zerstörung Jerusalems nicht auf die Verwerfung Israels, so gilt gleichwohl, dass die Bestrafung der prophetenmordenden Stadt, mit der sie für das in ihr und durch sie geschehene Unrecht zur Verantwortung gezogen wird, paradigmatische Bedeutung hat: Wer unter der Ägide der böswilligen Autoritäten die Jünger Jesu schmäht und verfolgt, wird ebenfalls seine Strafe finden. Dies lässt sich profilieren, wenn man hinzuzieht, dass sich in Mt 23,29–39 ein doppelter Gerichtshorizont beobachten lässt. Blickt 23,37f wie 22,7 und auch 27,25 auf die Zerstörung Jerusalems, so steht die Ankündigung in 23,34–36, dass alles gerechte Blut über sie kommen wird, durch V. 33 zugleich unter dem Vorzeichen des eschatologischen Gerichts: „Schlangen! Otternbrut! Wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?“64 Dieser doppelte Gerichtshorizont verweist schwerlich auf eine konzeptionelle Unausgeglichenheit, sondern beide Perspektiven bilden einen Zusammenhang: Matthäus instrumentalisiert das innergeschichtliche Gericht der Zerstörung Jerusalems als Beleg dafür, dass die Gegner Jesu und deren Gefolge dem eschatologischen Strafgericht Gottes anheim fallen,65 d. h. an der Zerstörung Jerusalems ist für Matthäus abzulesen, dass die in 23,33 an die Schriftgelehrten und Pharisäer adressierte Frage, wie sie dem Gericht der Hölle entfliehen wollen, keine leere Drohung ausspricht. Die Zerstörung der Stadt wird damit, textpragmatisch betrachtet, im Konflikt der Gemeinde mit der pharisäisch dominierten Synagoge zur Delegitimation des Gegenübers und zur Legitimation der eigenen Position funktionalisiert, denn an ihr wird ansichtig, wer auf Gottes Seite steht und wer nicht. Oder anders: Die Zerstörung Jerusalems wird zur Warnung, dass die, die sich ––––––––––––– 64 Die Verbindung zwischen dem innergeschichtlichen Gericht an Jerusalem und dem Endgericht wird durch die Analogie zwischen 23,29–36 und 22,2–7 und die Querverbindung von 23,35f zu 27,25 über das Blutmotiv untermauert. 65 Dagegen hat Gernot Garbe einen Zusammenhang zwischen der Zerstörung Jerusalems und dem Endgericht bestritten. Er geht dabei von der unzutreffenden Voraussetzung aus, dass die Zerstörung Jerusalems als Gericht an Israel zu verstehen sei (Garbe, Hirte [s. Anm. 2], 104f.115). Wenn nun die Zerstörung Jerusalems als Kollektivstrafe an Israel gedeutet wird, wird eine Verweisfunktion der Zerstörung der Stadt im Blick auf das Endgericht allerdings problematisch, weil dem dann andere explizite Aussagen des Evangeliums wie die fortbestehende Aufgabe der Sendung zu Israel oder auch Mt 19,28 entgegenstehen. Anders gesagt: Wenn man die Zerstörung Jerusalems als Gericht an Israel deutet, ist es geradezu notwendig, einen Zusammenhang mit dem Endgericht abzustreiten und zu postulieren, dass die durch die Tötung Jesu und seiner Boten aufgeladene Schuld durch Gottes Gerichtshandeln an Jerusalem abgetan ist (Garbe, Hirte [s. Anm. 2], 120.206.212). Schon im Duktus von Mt 23,29–39 ist dieser Ansatz aber, wie gesehen, nicht haltbar. Umgekehrt findet die Ablehnung einer pauschalisierenden Deutung von 23,34–39 auf ganz Israel Bestätigung, wenn man den doppelten Gerichtshorizont beachtet.

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gegen Jesus und seine ecclesia stellen, dem eschatologischen Gericht entgegengehen. Von einem kollektiv Israel treffenden Strafgericht ist aber weder in 23,35f noch in 23,37–39 die Rede.

III. Die Zerstörung des Tempels im MtEv Nach Mt 23,38 manifestiert sich Gottes Gerichtshandeln näherhin darin, dass „euer Haus verödet zurückgelassen wird“. Im Lichte von 24,1f dürfte bei Matthäus nicht allgemein die Stadt, sondern speziell der Tempel66 im Blick sein (s. auch Mt 21,13).67 In 21,1–17 ist der Tempel, wie gesehen, das Ziel des Einzugs Jesu in Jerusalem. Im Tempel beginnt Jesus nach der Vertreibung der Händler sein heilendes Wirken, das ihn als Sohn Davids ausweist, doch stellen sich die Autoritäten diesem Anspruch entgegen (21,14–17). Als Jesus am nächsten Tag im Tempel lehrt, erfährt er wiederum die Feindschaft der Autoritäten (21,23–22,46). Der Tempel ist ihre ‚Domäne‘ und wird dies bis zu seiner Zerstörung auch bleiben. In 24,1f verlässt Jesus den Tempel und kündigt dessen Zerstörung an. Da Jesus der Immanuel ist (1,23), symbolisiert sein Weggang zugleich, dass Gott sich aus dem Tempel68 zurückgezogen hat,69 womit der Tempel der Zerstörung preisgegeben ist.70 Durch die – wohl redaktionelle – Einfügung von ɭƴƬμƳƵ71 in 23,38 hat Matthäus eine Querverbindung zur Rede vom durch den Propheten Daniel angekündigten ƧƩˀưƸƨμƦ Ʒ̏Ƶ ɩƴƬμˊƶƪƼƵ ... ɪƶƷ˅Ƶ ɩƱ Ʒˆ™̷ ɚƨ˄̷ in 24,15 geschaffen. Matthäus bezieht den „Gräuel der Verwüstung“72 offenbar auf

––––––––––––– 66 Zur Bezeichnung des Tempels als ƳʋƯƳƵ vgl. 3Reg (1Kön) 9,1.3.8; Jes 56,7 (zit. in Mt 21,13); 60,7; 64,10; Jer 7,11; 33,6LXX. 67 Auf den Tempel deuten z. B. auch Gundry, Mt (s. Anm. 56), 473; Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 382. Die These, dass ʖ ƳʋƯƳƵ ʢμ̹Ʊ im Sinn von ‚Haus Israel‘ (vgl. Mt 10,6; 15,24) aufzufassen sei (so Hare, Theme [s. Anm. 35], 154), wird hingegen im Kontext durch nichts nahe gelegt. 68 Zum Tempel als Wohnort Gottes s. Mt 23,21. 69 Matthäus nimmt damit ein in Ez 9–11 (s. besonders 11,22f) verankertes Motiv auf, das frühjüdisch verschiedentlich rezipiert wurde (s. 1Hen 89,56; 2Bar 8,2; 64,6; Josephus, Bell II 539; V 412; VI 299; Ant XX 166, vgl. ferner Tacitus, Historiae V 13,1f). 70 Vgl. Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 382.387; Garbe, Hirte (s. Anm. 2), 107 u. a. Döpp, Deutung (s. Anm. 34), 21, spricht im Blick auf Mt 24,1 von „einer prophetischen Zeichenhandlung“. 71 Die lk Version ohne ɭƴƬμƳƵ (in Lk 13,35 ist ɭƴƬμƳƵ textkritisch als Hinzufügung zu werten) dürfte dem Q-Wortlaut entsprechen. Vgl. z. B. F. D. Weinert, Luke, the Temple and Jesus’ Saying about Jerusalem’s Abandoned House (Luke 13:34–35), CBQ 44, 1982, 68–76: 73; J. M. Robinson u. a. (Hg.), The Critical Edition of Q, Minneapolis / Leuven 2000, 422f. 72 Ursprünglicher Bezugspunkt und zugleich Entstehungskontext der vormarkinischen Apokalypse könnte die Caligulakrise gewesen sein (vgl. G. Theißen, Lokalkolorit und Zeit-

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Vorgänge im Tempel während bzw. zu Beginn73 des jüdisch-römischen Krieges,74 in die Josephus’ Bellum Einblick gewährt, ohne dass sich ein bestimmtes Ereignis identifizieren ließe.75 Diese Vorgänge sind dabei nicht Ursache der folgenden Zerstörung – diese sieht Matthäus ja vielmehr in der Tötung Jesu und seiner Boten begründet –, sondern das ƧƩˀưƸƨμƦ Ʒ̏Ƶ ɩƴƬμˊƶƪƼƵ ist Ausdruck der mit dem Weggang Jesu aus dem Tempel anhebenden Preisgabe des Tempels, die sich schließlich als letzte Stufe in dessen Zerstörung manifestiert.76 Die Gegenwart Gottes unter den Menschen ––––––––––––– geschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition, NTOA 8, Freiburg [Schweiz] / Göttingen 1989, 161–176). Matthäus hat dies aber nicht mehr im Blick. 73 Nach Mt 24,16–20 ist die Flucht noch möglich. Dies lässt an eine Zeit denken, zu der Jerusalem noch nicht von den Römern eingeschlossen war. 74 Ebenso z. B. V. Balabanski, Eschatology in the Making. Mark, Matthew and the Didache, MSSNTS 97, Cambridge 1997, 154.156.160; Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 426f (vorausgesetzt ist dabei, dass es sich in Mt 24,6–14 und 24,15–31 um parallele Sequenzen handelt, s. dazu Balabanski a. a. O. 153–162). Anders z. B. Hare, Theme (s. Anm. 35), 163: „[T]he ‚desolating sacrilege‘ of verse 15 is not for him an allusion to the profanation of the Temple by Titus but rather a supernatural prodigy which will appear shortly before the final coming of the Son of man on the clouds of heaven (24: 29 f.)“. 75 Die Optionen sind mannigfaltig, s. z. B. Bell II 422ff (der Bürgerkrieg zwischen den Aufständischen, die das Heiligtum besetzt hielten, und den Vornehmen, darunter den Hohenpriestern); Bell II 443ff (im Zuge des Konflikts zwischen Menachem und Eleazar, dem Tempelhauptmann und Sohn des von Menachem ermordeten Hohenpriesters Ananias [II 441], wird Menachem im Tempel angegriffen; Menachem flieht, wird am Ophel gestellt und ermordet); Bell IV 138–157 (die Gräueltaten der ư̍ƶƷƦ˄ in Jerusalem, die darin gipfeln, dass sie „mit befleckten Füßen das Heiligtum betraten“ [150], „den Tempel zu einer Festung für sich selbst verkehrten“ [151] und per Los einen gewissen Phanni zum Hohenpriester bestimmten [155–157]); s. auch die Kennzeichnung der Taten der „Räuber“ in der Rede des Oberpriesters Ananos vor dem Volk in IV 162–192, vor allem 163–172.181–183, und in der Rede des Oberpriesters Jesus (IV 238–269) während des Bürgerkriegs zwischen den „Zeloten“ und dem von Ananos angeführten „Volksheer“ (IV 193–365) vor den angerückten Idumäern in IV 242.261f, s. auch Josephus’ Darstellung der Folgen des Bürgerkriegs in IV 313 („Der äußere Vorhof des Tempels war völlig mit Blut überschwemmt, und das Licht des kommenden Tages legte das Bild von 8500 Toten frei.“); Bell V 5–38 (im Zuge der Kämpfe der verschiedenen Gruppen der Aufständischen gegeneinander „wurde das Heiligtum überall durch Leichen befleckt“ [10], selbst Opfernde und Priester wurden durch die von Wurfmaschinen geschleuderten Geschosse getroffen und getötet, so dass der Tempel zum Massengrab wurde [14–19]; eine Flucht aus der Stadt war für die Bevölkerung schon längst kaum mehr möglich [29f, vgl. bereits IV 312.378f.564f]). – Fiedler, Mt (s. Anm. 48), 364, und G. W. H. Lampe, A. D. 70 in Christian Reflection, in: Jesus and the Politics of His Days, hg. v. E. Bammel / C. F. D. Moule, Cambridge u. a. 1984, 153–171: 162, denken hingegen an die Opfer, die die Römer nach Bell VI 316 ihren Feldzeichen, also der Göttin Roma, darbrachten, nachdem sie diese in den Tempel gebracht hatten. Das passt gut zu dem expliziten Verweis auf das Danielbuch in Mt 24,15, aber schlecht zur nachfolgenden Aufforderung zur Flucht (vgl. oben Anm. 73). 76 Gibbs, Jerusalem (s. Anm. 25), 188–201, bezieht im Duktus der eschatologischen Rede Mt 24,29f auf die Zerstörung Jerusalems (ebenso zuvor L. Gaston, No Stone on Another.

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ereignet sich fortan im Mitsein des erhöhten Jesus mit den Seinen (18,20; 28,20).77 Beachtung verdient in diesem Zusammenhang das Zerreißen des Tempelvorhangs in 27,51 bei Jesu Tod. Im Kontext der matthäischen Passionsgeschichte ist dieses insbesondere mit Jesu Ankündigung vor den Mitgliedern des Synhedriums in Mt 26,64 im Zusammenhang zu sehen, sie würden „von jetzt an den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Macht“. Das Zerreißen des Vorhangs ist ein erstes Zeichen dafür, dass der Versuch der Autoritäten, Jesus aus dem Weg zu räumen, zum Scheitern verurteilt ist, weil der Tod Jesu nicht sein Ende, sondern der Zeitpunkt seiner Erhöhung zum Weltenherrn ist. Das Zerreißen des Vorhangs ist damit zugleich ein erstes Zeichen für die Entmachtung der Autoritäten bei Gott und für das auf sie zukommende Strafgericht.78 Mit dem Winzergleichnis gesprochen: Der verworfene Stein ist zum Eckstein geworden (21,42); die, die ihn verworfen haben, erwartet das Gericht. Mit dem Zerreißen des Vorhangs ist zugleich das Ende des Tempels selbst im Blick. Da Jesu Tod „zur Vergebung der Sünden“ geschieht (26,28), ergibt sich hier ein hintergründiger Zusammenhang: Die Autoritäten, die sich durch die Tötung Jesu in Jerusalem bzw. näherhin im Tempel als ihrem Machtzentrum zu behaupten suchen, ziehen damit nicht nur das Strafgericht auf sich selbst herab, sondern sie besiegeln zugleich das Ende des Tempels, weil der Tempel, der unter der Leitung der (alten) Autoritäten ohnehin zu einer „Räuberhöhle“ verkommen war (21,13), durch Jesu Sühnetod (Mt 26,28) obsolet geworden ist. Von daher ist zugleich zu verstehen, dass Matthäus in 21,13 das Zitat von Jes 56,7 gegenüber der Markusvorlage (Mk 11,17: ʖ ƳʋƯˆƵ μƳƸ ƳʋƯƳƵ ™ƴƳƶƪƸƺ̏Ƶ ƯưƬƭ˂ƶƪƷƦƮ ™̀ƶƮƱ ƷƳ̝Ƶ ɭƭƱƪƶƮƱ) um ™̀ƶƮƱ ƷƳ̝Ƶ ɭƭƱƪƶƮƱ gekürzt hat.79 Anders gesagt: Die Auslassung ist nicht allein

––––––––––––– Studies in the Significance of the Fall of Jerusalem in the Synoptic Gospels, NT.S 23, Leiden 1970, 483–485). Die ƹƸưƦ˄ seien die Stämme Israels, das Genitivattribut Ʒ̏Ƶ ƨ̏Ƶ meine das Land Israel (Gibbs a. a. O. 199f). 24,31 soll sich dann auf die Aussendung zu den Völkern beziehen (201–204). Plausibel ist das nicht. Wenn Matthäus das Land Israel meint, schreibt er explizit ƨ̏ ʍƶƴƦ˂ư (2,20.21); daneben begegnen auch andere Näherbestimmungen, unter anderem auch „das Land der Sodomer (und Gomorrer)“ (10,15; 11,24). In 24,30 meint ɶ ƨ̏ eindeutig die Erde (wie auch im direkt nachfolgenden Kontext in 24,35). Zudem kann man 24,31 nicht anders als auf die Parusie Jesu beziehen (vgl. exemplarisch Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 3, 432–436). Ginge es in 24,31 um die Mission der Jünger, sammelten diese im Lichte von 22,(8–)14 im Übrigen schwerlich die ɩƯưƪƯƷƳ˄ (24,31), sondern die ƯưƬƷƳ˄. 77 Vgl. D. D. Kupp, Matthew’s Emmanuel. Divine Presence and God’s People in the First Gospel, MSSNTS 90, Cambridge 1996, 240. 78 Vgl. dazu Gibbs, Jerusalem (s. Anm. 25), 145. 79 Vgl. Gnilka, Mt II (s. Anm. 32), 208; D. A. Hagner, Matthew 14–28, WBC 33B, Dallas (TX) 1995, 601. Anders Fiedler, Mt (s. Anm. 48), 325.

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dem historischen Faktum geschuldet, dass der Tempel in der Gegenwart des Evangelisten als mögliches Gebetshaus für die Völker nicht mehr zur Verfügung steht,80 sondern darüber ist eine theologische Deutung gelegt, der das historische Geschehen als Bestätigung dienen konnte. „It is through Jesus not the temple that all the nations will come to worship God.“81 Matthäus spricht in 21,12 davon, dass Jesus alle Händler aus dem Tempel ausgetrieben hat (diff. Mk 11,15), worin man das Ende des Tempels bereits zeichenhaft angedeutet sehen kann.82 Der an Jer 7,11 anknüpfende Vorwurf, der Tempel sei zu einer „Höhle der Räuber“ verkommen, lässt erkennen, dass sich die Austreibung der Händler gegen „die Verfilzung von Gottesdienst und finanziellem Vorteil“83 richtet. Eigentliche Zielscheibe der Kritik sind für Matthäus zweifelsohne die für den Tempelbetrieb verantwortlichen Autoritäten, die sich auch durch den Tempelbetrieb als die schlechten ‚Hirten‘ erweisen, die sich um die „verlorenen Schafe des Hauses Israel“ (10,6; 15,24) nicht kümmern,84 sondern nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Dem steht Jesu Zuwendung zu den Kranken gegenüber (21,14), die im Gesamtzusammenhang des Evangeliums als Ausdruck des Erbarmens Jesu zu verstehen ist.85 Ordnet Jesus in Mt 12,6f die Barmherzigkeit dem Tempelkult vor,86 so findet dies auf eigene Weise in 21,12–14 seine Entfaltung. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang ferner darauf, dass dem Obsoletwerden des Tempelkultes durch den Tod Jesu im MtEv die Relativierung seiner Bedeutung in der Lehre Jesu vorangeht, wie dies nicht nur aus der zweifachen Zitation von Hos 6,6 hervorgeht (Mt 9,13; 12,7), sondern auch in Mt 5,23f angelegt ist, wo die zwischenmenschliche Versöhnung dem Vollzug des Opfers im Tempel übergeordnet wird.87 Matthäus verfolgt nicht prinzipiell eine dezidiert tempelkritische Linie. Der matthäische Jesus kann vielmehr vom Tempel auch selbstverständlich als „heiligem Ort“ (24,15 diff. Mk 13,14)88 oder als Wohnort Gottes (23,21) reden, wenngleich Letzteres

––––––––––––– 80 Vgl. dazu z. B. D. J. Harrington, The Gospel of Matthew, Sacra Pagina, Collegeville (MN) 1991, 294; Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 133. 81 J. Y.-H. Yieh, One Teacher. Jesus’ Teaching Role in Matthew’s Gospel Report, BZNW 124, Berlin / New York 2004, 54. 82 Vgl. Gnilka, Mt II (s. Anm. 32), 207; Weren, Entry (s. Anm. 24), 141. 83 Gnilka, Mt II (s. Anm. 32), 207. 84 Vgl. oben in Abschnitt 1 bei Anm. 12. 85 S. vor allem Mt 14,14; 20,34 sowie 9,27; 15,22; 17,15; 20,30f. 86 Zur Deutung von μƪ̝ƫƳƱ in 12,6 auf Ʒ˅ ɭưƪƳƵ in 12,7 s. Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 2, 231. 87 Vgl. Gaston, Stone (s. Anm. 76), 95: Mt 5,23f „does not say anything different from the Hosea word ‚I desire mercy and not sacrifice‘ quoted in Mt 9:13 and 12:6.“ 88 Markus will in 13,14 mit seiner vagen Angabe ʚ™ƳƸ Ƴʡ Ʃƪ̝ im Verbund mit der Personalisierung des ƧƩˀưƸƨμƦ Ʒ̏Ƶ ɩƴƬμˊƶƪƼƵ durch die maskuline Form des Partizips ɪƶƷƬƯˆƷƦ einen Bezug auf den Jerusalemer Tempel offenbar gerade meiden – wohl gegen

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eingebettet ist in eine Argumentation gegen die Schwurpraxis der Pharisäer; auch in 21,12f wendet sich Jesus nicht prinzipiell gegen den Tempel, sondern gegen den aktuellen Tempelbetrieb, und Hos 6,6 wird von ihm komparativisch, nicht antithetisch verstanden.89 Dennoch ist schon durch die Lehre Jesu ein Zurücktreten der Bedeutung des Opfers eingeleitet, während den Gegnern eine Haltung zugeschrieben wird, die auf Kosten der Barmherzigkeit gegenüber den Mitmenschen um den Opferkult kreist. Das durch das Zerreißen des Vorhangs in 27,51 signalisierte Ende des Tempels liest sich in diesem Zusammenhang zugleich als Bestätigung der Lehre Jesu und umgekehrt als Nein Gottes zur Position der Gegner Jesu. Von Gewicht ist schließlich, dass der Tempel auch im Prozess gegen Jesus eine bedeutende Rolle spielt. Matthäus lässt den Hohen Rat von Anfang an falsches Zeugnis gegen Jesus suchen (26,59), wiederholt dies aber nicht in V. 60b.61 in der Einleitung zur Aussage der beiden Zeugen, die Jesus das Wort zuschreiben, er könne den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen. Aus dem Fehlen des erneuten Vorwurfs des Falschzeugnisses wird häufig geschlossen, dass die Aussage als ein wahres Zeugnis zu verstehen sei,90 doch wird man hier differenziert urteilen müssen. Die Aussage ist einerseits insofern ‚wahr‘, als Jesus dem Tempelbetrieb entgegengetreten ist und tatsächlich die Zerstörung des Tempels angekündigt hat; zudem geht es in der matthäischen Version des Tempellogions um die Vollmacht, den Tempel zu zerstören und wieder zu errichten, und diese Vollmacht besitzt Jesus nach Matthäus allerdings. Andererseits weiß der Leser, dass in der Ankündigung der Tempelzerstörung in 23,38 nicht Jesus selbst als Subjekt erscheint, und vor allem hat Jesus nirgends mit der Vollmacht ‚geprahlt‘, den Tempel niederreißen und neu errichten zu können. Insofern handelt es sich auch in V. 61 um ein Falschzeugnis. ––––––––––––– seine Vorlage (vgl. N. Walter, Tempelzerstörung und synoptische Apokalypse, ZNW 57, 1966, 38–49: 43 u. a., anders z. B. N. H. Taylor, The Destruction of Jerusalem and the Transmission of the Synoptic Eschatological Discourse, HTS 59, 2003, 283–311: 292). Matthäus stellt diesen Bezug wieder her (vgl. Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 3, 426; Fiedler, Mt [s. Anm. 48], 364, anders Walter a. a. O. 48). 89 Mit anderen Worten: Hos 6,6 bedeutet für ihn, dass Gott mehr Wert auf Barmherzigkeit als auf Opfer legt (in diesem Sinne z. B. auch Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 2, 44). 90 Siehe Senior, Passion Narrative (s. Anm. 46), 163f.166–168; P. Fiedler, Die Passion des Christus, in: Salz der Erde – Licht der Welt. Exegetische Studien zum Matthäusevangelium, FS A. Vögtle, hg. v. L. Oberlinner / P. Fiedler, Stuttgart 1991, 299–319: 306f; Gundry, Mt (s. Anm. 56), 542; Gnilka, Mt II (s. Anm. 32), 427; Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 525; Hagner, Mt II (s. Anm. 79), 798; Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 4, 176 u. a. Anders J. D. Kingsbury, Matthew as Story, Philadelphia 71996, 87; Gielen, Konflikt (s. Anm. 8), 358f.362f; F. Siegert, „Zerstört diesen Tempel ...!“ Jesus als „Tempel“ in den Passionsüberlieferungen, in: Zerstörungen des Jerusalemer Tempels. Geschehen – Wahrnehmung – Bewältigung, hg. v. J. Hahn, WUNT 147, Tübingen 2002, 108–139: 115.

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Im Unterschied zu den vorangehenden Falschzeugnissen ist dieses aber, wie der Fortgang zeigt, für den Hohen Rat verwertbar. Dies liegt wohl nicht daran, dass erst jetzt zwei Zeugen übereinstimmen,91 sondern daran, dass die Vorwürfe zuvor nicht substantiell genug waren.92 Anders gesagt: Erst jetzt bringen zwei Zeugen einen Anklagepunkt vor, der Gewicht hat. Es geht um das kultische Zentrum, und wer behauptet, über dieses Vollmacht zu besitzen, erhebt einen einzigartigen Anspruch. Entsprechend sucht der Hohepriester in V. 63 auf Jesus einzuwirken, auf den im Tempellogion implizierten Anspruch zu reagieren. Jesu Verhältnis zum Tempel erhält also für den Fortgang und ‚Erfolg‘ des Prozesses vor dem Hohen Rat eine zentrale Bedeutung. Indem die Hohenpriester und Ältesten Jesus dann verurteilen, an Pilatus ausliefern und ihn durch die Überredung des Volkes zu Tode bringen, führen aber gerade sie, die Hüter des Tempels, das Ende des Tempels herbei.

IV. Jeremia als Intertext im Rahmen der mt Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels Das Matthäusevangelium durchzieht ein dichtes Netz von Bezügen und Anspielungen auf die Schrift. Die dem Matthäusevangelium eigenen Erfüllungszitate93 sind dafür nur ein exemplarischer Ausdruck. Geben die sorgfältig gestalteten intratextuellen Verknüpfungen in der mt Jesusgeschichte zu erkennen, dass diese sich einer längeren konzentrierten Reflexion der überkommenen schriftlichen Quellen und mündlichen Überlieferungen der Jesustradition verdankt,94 so wurde dieser Prozess offenkundig durch die intensive Rezeption der Schrift, sei es in Gestalt gottesdienstlicher Lesung

––––––––––––– 91 Matthäus hat nicht nur Mk 14,59 (ƯƦ˃ ƳʡƩʿ ƳʦƷƼƵ ʉƶƬ ɻƱ ɶ μƦƴƷƸƴ˄Ʀ ƦʡƷ̹Ʊ) übergangen, sondern auch bereits die erste markinische Notiz, dass die Aussagen der Zeugen nicht übereinstimmten (Mk 14,56), was darauf hindeutet, dass Matthäus das entscheidende Moment schon in 26,60a nicht in der mangelnden Absprache der Zeugen gesehen hat. Vgl. K. Paesler, Das Tempelwort Jesu. Die Traditionen von Tempelzerstörung und Tempelerneuerung im Neuen Testament, FRLANT 184, Göttingen 1999, 40: „Daß die Erfolglosigkeit der gedungenen Zeugen durch das Vorliegen ungleicher Aussagen bedingt ist, wird bei Mt – gegen Mk 14,56 – nicht gesagt.“ 92 So Gundry, Mt (s. Anm. 56), 542. 93 Siehe Mt 1,22f; 2,15.17f.23; 4,14–16; 8,17; 12,17–21; 13,35; 21,4f; 27,9f. 94 Dem korrespondiert, dass das Matthäusevangelium offenbar „für wiederholte Lektüre geschrieben“ ist (Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 1, 32 [Hervorhebung von mir], s. auch D. C. Allison, Anticipating the Passion. The Literary Reach of Mt 26:47–27:56, CBQ 56, 1994, 701–714: 703: „I assume that our gospel was composed for repeated use in an oral setting which also featured scriptural readings from the LXX.“).

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und Erläuterung oder des privaten Schriftstudiums, wesentlich mitgeprägt.95 Dieses Charakteristikum ist nun auch im Blick auf die matthäische Deutung der Zerstörung Jerusalems zu beobachten. Ich konzentriere mich dabei im Folgenden auf die in diesem Zusammenhang besonders gewichtigen Beziehungen zum Jeremiabuch.96 Das Matthäusevangelium ist die einzige neutestamentliche Schrift, die mit Jeremia den Propheten, der in der alttestamentlich-frühjüdischen Tradition aufs Engste mit der Zerstörung des ersten Tempels verbunden ist,97 explizit erwähnt – und dies gleich an drei Stellen (2,17; 16,14; 27,9). Besonders auffällig ist 16,14: Matthäus hat hier die in Mk 8,28 vorgefundene Meinung der Leute über Jesus, er sei einer der Propheten, durch eine gesonderte Erwähnung Jeremias erweitert. Diese Einfügung geschah zweifelsohne nicht unüberlegt und grundlos. Offenbar verbindet Matthäus mit Jeremia bestimmte Aspekte, die eine Assoziierung mit Jesus erlauben und auf die unter anderem durch 16,14 hingewiesen

––––––––––––– 95 Ich gehe dabei davon aus, dass Texte, die zitiert werden oder auf die angespielt wird,

nicht eo ipso von ihrem ursprünglichen Kontext isoliert, also gewissermaßen ‚atomistisch‘ zu betrachten sind, sondern jeweils geprüft werden muss, inwiefern ihr ursprünglicher Kontext beim Zitat bzw. bei der Anspielung eine Rolle spielt. Vgl. R. B. Hays, The Gospel of Matthew. Reconfigured Torah, HTS 61, 2005, 165–190. 96 Monographisch sind diese Beziehungen bis jetzt allein in der Studie von Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30) untersucht worden. Siehe ferner R. E. Winkle, The Jeremiah Model for Jesus in the Temple, AUSS 24, 1986, 155–172. Zu den – in der jüdischen Tradition Jeremia zugeschriebenen (s. unten Anm. 97) – Klageliedern s. D. M. Moffitt, Righteous Bloodshed, Matthew’s Passion Narrative, and the Temple’s Destruction. Lamentations as a Matthean Intertext, JBL 125, 2006, 299–320. 97 Neben dem Jeremiabuch selbst verdient Beachtung, dass bereits in 2Chr 36,19–21 im Blick auf die Zerstörung Jerusalems und die Exilierung auf die Erfüllung der Prophetie Jeremias (s. auch 2Chr 36,12) verwiesen wird. In Sir 49,6f wird die Zerstörung Jerusalems sogar auf die Demütigung Jeremias zurückgeführt (vgl. Jer 26,15). Eupolemos (bei Euseb, praep. IX 39,2–5) erwähnt in seiner Notiz über Jojakim nicht nur, dass Jeremia das bevorstehende Unheil offenbart hat, sondern er weiß auch davon zu berichten, dass Nebukadnezar eben durch die Unheilsankündigungen Jeremias zum Feldzug gegen Juda motiviert wurde. Josephus (dazu unten in Abschn. V), 2Bar und 4Bar illustrieren die Bedeutung der Rezeption von Jeremia bzw. des Jeremiabuchs im Kontext der Auseinandersetzung mit der Zerstörung des zweiten Tempels. Und schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Klagelieder in der LXX in einer Einleitung zu ihnen (ƯƦ˃ ɩƨˀƱƪƷƳ μƪƷʽ Ʒ˅ ƦʅƺμƦưƼƷƮƶƭ̏ƱƦƮ Ʒ˅Ʊ ƏƶƴƦƬư ƯƦ˃ ƏƪƴƳƸƶƦưƬμ ɩƴƬμƼƭ̏ƱƦƮ ɩƯʾƭƮƶƪƱ ƏƪƴƪμƮƦƵ ƯưƦ˄ƼƱ ƯƦ˃ ɩƭƴ˂ƱƬƶƪƱ Ʒ˅Ʊ ƭƴ̏ƱƳƱ ƷƳ̬ƷƳƱ ɩ™˃ ƏƪƴƳƸƶƦưƬμ ƯƦ˃ ƪʋ™ƪƱ) Jeremia zugeschrieben werden (vgl. auch 2Chr 35,25 [dazu C. Wolff, Jeremia im Frühjudentum und Urchristentum, TU 118, Berlin 1976, 2–4]; 1Esra 1,30; Josephus, Ant X 78 sowie 2Bar 9,1f und 4QApocrJerC[385b] 16 2,4f [dazu L. Doering, Jeremia in Babylonien und Ägypten. Mündliche und schriftliche Toraparänese für Exil und Diaspora nach 4QApocryphon of Jeremiah C, in: Frühjudentum und Neues Testament im Horizont Biblischer Theologie, hg. v. W. Kraus / K.-W. Niebuhr, WUNT 162, Tübingen 2003, 50–79: 64). – Vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 247–256.288.

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werden soll. Die folgenden Ausführungen werden dazu Ansatzpunkte liefern.98 In 2,17 und 27,9 handelt es sich jeweils um die in beiden Fällen genau gleich lautende Einleitung eines Reflexionszitats. Die beiden Verse heben sich von den übrigen Belegen dadurch ab, dass sie im Kontext der Opposition gegen Jesus und ihrer Folgen stehen und Matthäus hier nicht wie sonst final formuliert, sondern lediglich, durch ƷˆƷƪ eingeleitet, das Eintreffen des prophetischen Wortes konstatiert.99 Nicht nur gelangen in Jesus die Heilsverheißungen der Schrift zur Erfüllung; die Schrift hat auch vorausgesehen, dass sich Widerstand gegen den Messias erheben wird. Schon deshalb kann Anfeindung für die Gemeinde kein Grund zum Zweifel sein. Wer die Schrift kennt, kann vielmehr von solcher Opposition nicht überrascht sein, sondern darin nur Bestätigung finden.100 Das erste Zitat steht im weiteren Zusammenhang der oben angesprochenen Exposition der Konfliktthematik in Mt 2: In dem Kindermord in Betlehem (2,16) sieht Matthäus das in Jer 31(38),15 vorhergesagte Weinen Rahels zur Erfüllung kommen. Der Versuch der Autoritäten, ihre Macht zu behaupten, geht damit einher, dass dem Volk schweres Leid zugefügt wird. Auffallend ist, dass Rahel in der von Matthäus gebotenen Textform abweichend vom alttestamentlichen Wortlaut nicht über ihre Söhne (MT: ʤʕ ʩʓʰˎʕ ʚʬʔʲ, LXX: ɩ™˃ ƷƳ̝Ƶ ƸʆƳ̝Ƶ ƦʡƷ̏Ƶ), sondern über ihre Kinder weint. Matthäus intendiert damit offenbar eine intratextuelle Verbindung zum Blutruf des Volkes in 27,25.101 Andeutungsweise wird schon mit diesem ersten Jeremiazitat der Horizont des sich in der Zerstörung Jerusalems manifestierenden Strafgerichts über die Gegner Jesu aufgespannt.

––––––––––––– 98 Die Palette der Vorschläge ist breit (s. die Übersicht bei Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 2, 618f, und vor allem Knowles, Jeremiah [s. Anm. 30], 82–94). Dass Matthäus eine Tradition gekannt haben soll, die eine Wiederkehr Jeremias erwartete (s. z. B. Wolff, Jeremia [s. Anm. 97], 28f), reicht zumindest als alleiniges Motiv nicht aus (kritisch zu diesem Ansatz z. B. auch M. J. J. Menken, The References to Jeremiah in the Gospel According to Matthew [Mt 2,17; 16,14; 27,9], EThL 60, 1984, 5–24: 13–17). Es ist vielmehr nach inhaltlichen Entsprechungen zu fragen. Vgl. unten (bei) Anm. 130. 99 Durch die differierende Einleitung vermeidet Matthäus, die Gegnerschaft wie den Weg Jesu selbst als von Gott intendiert darzustellen. „Das Unheil ist von Gott nicht beabsichtigt, aber vorausgewußt“ (Gnilka, Mt II [s. Anm. 32], 448). Die Menschen tragen die volle Verantwortung. 100 Vgl. D. P. Senior, The Lure of the Formula Quotations. Re-assessing Matthew’s Use of the Old Testament with the Passion Narrative as Test Case, in: The Scriptures in the Gospels, hg. v. C. M. Tuckett, BEThL 131, Leuven 1997, 89–115: 114: „The backdrop of scriptural fulfillment certifies that such opposition is, however paradoxically, within the scope of God’s plan of salvation revealed in the Scriptures. Thus neither Jesus’ messianic authority nor the legitimacy of the Christian community are diminished by such opposition.“ 101 Vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 37; Garbe, Hirte (s. Anm. 2), 32f.

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In 27,9f weist Matthäus Jeremia ein Zitat zu, dessen primärer Bezugstext gar nicht im Jeremiabuch, sondern in Sach 11,13 zu finden ist, das freilich Anklänge an Jeremia enthält. So erinnert die Rede vom Töpfer an Jer 18,1– 12; 19,1–13, die vom Acker ferner an 32(39),7–9, wobei 19,1–13, wie sich gleich zeigen wird, besondere Bedeutung zukommt.102 Die Zuschreibung an Jeremia103 ist dabei kein Versehen,104 aber auch nicht allein mit dem Verweis auf den eher peripheren Einfluss von Jeremia im Zitat selbst schon hinreichend erklärt. Sie erschließt sich vielmehr zum einen als Textsignal auf dem Hintergrund der Beziehungen, die Matthäus zwischen Mt 2 und der Passionsgeschichte gesetzt hat.105 Zum anderen und vor allem aber fungiert die Nennung Jeremias in Mt 27,9 „as a means of drawing attention to an important allusion that could otherwise easily be overlooked“.106 Anders gesagt: Matthäus selbst hat Sach 11,13 sowie die vorangehende Erzählung im Lichte der genannten Jeremiastellen reflektiert und weist die Leser durch die Nennung Jeremias darauf hin, das Geschehen in Mt 27,3–8 im Lichte des Jeremiabuches bzw. der Jeremiastellen, auf die mit der Erwähnung des Töpfers und des Ackers angespielt wird, zu betrachten.107 Dabei ist zum einen zu beachten, dass in Jer 19 die Zerstörung Jerusalems mit dem Vergießen unschuldigen Blutes begründet wird (V. 4, vgl. Mt 27,4. 24f). Zwar kann man darauf verweisen, dass Matthäus mit diesem Gedanken,

––––––––––––– 102 Zu möglichen Bezügen s. die Übersicht bei Davies / Allison, Mt (s. Anm. 1), Bd. 3, 558f, speziell zu Jer 19,1–13 R. H. Gundry, The Use of the Old Testament in St. Matthew’s Gospel with Special Reference to the Messianic Hope, NT.S 18, Leiden 1967, 124f; D. P. Senior, The Fate of the Betrayer. A Redactional Study of Matthew XXVII,3–10, in: ders., Passion Narrative (s. Anm. 46), 343–397: 359–361; D. J. Moo, Tradition and Old Testament in Matt 27:3–10, in: Gospel Perspectives. Studies in Midrash and Historiography, Bd. 3, hg. v. R. T. France / D. Wenham, Sheffield 1983, 157–175: 159f; Menken, References (s. Anm. 98), 10f, und vor allem Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 69–76. 103 Eine Übersicht über Erklärungsversuche bietet Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 60–77. 104 Anders zuletzt wieder Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 4, 240. Luz zieht aus der seines Erachtens „fälschlichen Zuschreibung von 27,9 an Jeremia durch Mt“ (Mt [s. Anm. 1], Bd. 15, 191) ferner die Konsequenz, dass die mt Gemeinde wohl keine Jeremiarolle besessen habe (ebd.). M. E. ist vom Gegenteil auszugehen. 105 Siehe dazu Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 78–80. 106 Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 77. In diesem Sinne auch Gundry, Use (s. Anm. 102), 125; Senior, Fate (s. Anm. 102), 369; Moo, Tradition (s. Anm. 102), 161; S. van Tilborg, Matthew 27.3–10. An Intertextual Reading, in: Intertextuality in Biblical Writings, FS B. van Iersel, hg. v. S. Draisma, Kampen 1989, 159–174: 168. 107 Instruktiv ist in diesem Zusammenhang Mt 24,15, denn durch die Einfügung von Ʒ˅ ̫ƬƭʿƱ ƩƮʽ ¥ƦƱƮˁư ƷƳ̬ ™ƴƳƹ˂ƷƳƸ ist der Appell ʖ əƱƦƨƮƱˊƶƯƼƱ ƱƳƪ˄ƷƼ als Aufforderung zum Studium der Passagen des Danielbuches über den „Gräuel der Verwüstung“ (Dan [9,27;] 11,31; 12,11) zu verstehen (mit Luz, Mt [s. Anm. 1], Bd. 3, 425). Eine analoge Absicht dürfte in 27,9 mit dem Verweis auf Jeremia intendiert sein.

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wie er in 23,30.35f; 27,4.24f hervortritt, ein Motiv aufgenommen hat, das alttestamentlich auch abseits des Jeremiabuches geläufig ist,108 doch begegnet es bei Jeremia nicht nur besonders dicht, sondern ferner auch direkt im Zusammenhang der Begründung der Zerstörung Jerusalems.109 Dem steht zur Seite, dass Matthäus’ Rede vom ƦʌμƦ Ʃ˄ƯƦƮƳƱ in 23,35 durch einen Vers der in der LXX Jeremia zugeschriebenen110 Klagelieder, nämlich durch Thr 4,13, mit inspiriert sein dürfte,111 wo die Zerstörung Jerusalems unter anderem darauf zurückgeführt wird, dass die Priester in der Stadt ƦʌμƦ Ʃ˄ƯƦƮƳƱ vergossen haben. Zu verweisen ist ferner auch auf Jer 26(33),15,112 worauf unten näher einzugehen sein wird. Dieser Befund legt die Annahme nahe, dass die dem ersten Evangelisten eigene Fokussierung der Begründung der Zerstörung Jerusalems auf den Gedanken des unschuldig vergossenen bzw. gerechten Blutes durch die Lektüre des Jeremiabuches (und der Klagelieder) mit inspiriert ist, ja sich überhaupt der Reflexion der vorgegebenen Traditionen im Licht des Jeremiabuches verdankt. Dazu passt, dass die durch das Blutmotiv geprägte Ankündigung des Strafgerichts in Mt 23,29–39 mit dem Motiv der fortwährenden Zurückweisung der Propheten verbunden113 und auch dieses im Jeremiabuch breit verankert ist.114 Wenn die Nennung Jeremias in 27,9 ––––––––––––– 108 Siehe Dtn 27,25; 1Reg (1Sam) 19,5; 25,26.31; 3Reg (1Kön) 2,5; 4Reg (2Kön) 21,16; 24,4; 2Chr 36,5d; 1Makk 1,37; 2Makk 1,8; Ps 93,21LXX; 105,38LXX; Jer 7,6; 19,4; 22,3.17; 33,15LXX [= 26,15MT], vgl. TestLevi 16,3; TestSeb 2,2; Philo, SpecLeg I 204. 109 Jer 7,6; 19,4; 22,3.17; 33,15LXX, vgl. noch Thr 4,13. Siehe ansonsten noch 4Reg (2Kön) 21,16; 24,4; 2Chr 36,5d. 110 Siehe dazu oben Anm. 97. 111 Siehe Gundry, Mt (s. Anm. 56), 470f. – Siehe aber auch Ps 94(93),21; Prov 6,17LXX; Joel 4,19LXX; Jona 1,14LXX. 112 Vgl. Winkle, Model (s. Anm. 96), 168. 113 Eine große Affinität zur mt Interpretation weist die christliche Redaktion von TestLevi 16,2–4 auf: Erstens sind auch hier die Missachtung der Propheten und die Tötung Jesu (auf ihn bezieht sich V. 3) zusammengebunden. Zweitens begegnet im Rahmen der Rede von der Tötung Jesu das Motiv des ‚unschuldigen Bluts‘, ja es heißt: „ihr nehmt unschuldiges Blut in Bosheit auf eure Häupter“ (vgl. Mt 27,25!). Und drittens wird die folgende Strafe in mit Mt 23,38 verwandter Weise formuliert: ƩƮ̉ ƦʡƷ˅Ʊ ɭƶƷƦƮ Ʒʽ ɞƨƮƦ ʢμ̹Ʊ ɭƴƬμƦ (TestLevi 16,4). TestLevi ‚weiß‘ im Übrigen auch vom Zerreißen des Vorhangs des Tempels (10,3). 114 Siehe Jer 2,30; 7,25f; 25,4; 26,5; 29,19; 35,15; 44,4f, s. ferner 11,7. – Möglicherweise steht ferner in Mt 23,38 Jer 12,7; 22,5 im Hintergrund (so Gundry, Mt [s. Anm. 56], 473, s. auch Döpp, Deutung [s. Anm. 34], 24), doch lassen sich hier – abgesehen davon, dass ɭƴƬμƳƵ insgesamt ein geläufiges Wort ist – mit Hag 1,9 (əƱƭ̉ ʴƱ ʖ ƳʋƯˆƵ μƳˈ ɩƶƷƮƱ ɭƴƬμƳƵ, ʢμƪ̝Ƶ Ʃʿ ƩƮˊƯƪƷƪ ɮƯƦƶƷƳƵ ƪʅƵ Ʒ˅Ʊ ƳʋƯƳƱ ƦʡƷƳ̬) und Tob 14,4 (... ƯƦ˃ ƏƪƴƳƶˆưƸμƦ ɭƶƷƦƮ ɭƴƬμƳƵ, ƯƦ˃ ʖ ƳʋƯƳƵ ƷƳ̬ ƭƪƳ̬ ɩƱ ƦʡƷ̐ ƯƦƷƦƯƦ˂ƶƪƷƦƮ ƯƦ˃ ɭƴƬμƳƵ ɭƶƷƦƮ μˀƺƴƮ ƺƴˆƱƳƸ) andere eng verwandte Texte benennen. Für einen Einfluss der Jeremiabelege spricht freilich die durch andere Stellen nachgewiesene Jeremiarezeption. Man müsste dann allerdings im Blick auf Jer 22,5 von einer recht freien Rezeption sprechen, denn in Jer 22,5 meint „dieses Haus“ dem Kontext nach „das Haus des Königs von Juda“ (22,1), also den Königspalast (in Jer 12,7 hingegen kann man „mein Haus“ auf den Tempel beziehen [in diesem Sinne z. B. G. Wanke,

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wie skizziert zu explizieren ist, bedeutet dies, dass Matthäus für den schriftkundigen Leser / Hörer durch diesen Verweis in 27,3–10 das Thema der Zerstörung Jerusalems präsent sein lässt. Dies macht exemplarisch deutlich, wie im MtEv durch die intertextuelle Dimension des Textes dessen Sinn mit generiert wird. Zum anderen dürfte für den Evangelisten eine wichtige Rolle gespielt haben, dass in Jer 19 die Ältesten des Volkes und die Ältesten der Priester adressiert sind (V. 1, vgl. Mt 27,3). Auch anderorts richtet sich die Kritik im Jeremiabuch vorrangig an die führenden Schichten.115 In der Erzählkonzeption der mt Jesusgeschichte ist dies, wie gesehen, ein zentrales Moment. Oben wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in der Kennzeichnung der Schafe des Hauses Israel als „verloren“ (Mt 10,6; 15,24), „abgemattet“ und „daniederliegend“ (9,36) eine implizite Kritik an den schlechten Hirten mitschwingt. Durch die Sendung Jesu als des messianischen Hirten seines Volkes und der von ihm in den Dienst gestellten Jünger führt Gott die soteriologische Wende herbei. Außer durch Ez 34 dürfte Matthäus auch hier durch das Jeremiabuch beeinflusst sein.116 So hat das Syntagma Ʒʽ ™ƴˆƧƦƷƦ Ʒʽ ə™ƳưƼưˆƷƦ in Jer 27,6LXX (=50,6MT), wo das Volk Gottes mit einer verlorenen Herde verglichen wird, die ihre Hirten in die Irre haben

––––––––––––– Jeremia, Teilbd. 1: Jeremia 1,1–25,14, ZBK.AT 20 / 1, Zürich 1995, 129], d. h. in den drei Gliedern von Jer 12,7 kann man Tempel, Land und Volk nacheinander angeführt sehen). 115 Pauschale Anklagen des Volkes sind dem Jeremiabuch keineswegs fremd (s. nur 2,13; 5,1–14; 32,23), doch treten die führenden Schichten immer wieder als konkrete Adressaten der Kritik hervor (s. Jer 2,8; 4,9; 5,5.13; 8,8–13; 10,21; 12,10f; 14,13–15; 21–23 [s. bes. 23,1f.15. 32]; 29,24–32, 36,21–24.30f u. ö., s. auch Thr 2,14; 4,13f). Zugleich spielen die Führungsschichten im Jeremiabuch in der Verfolgung des Propheten zwar nicht durchgehend die alleinige (s. Jer 26, dazu gleich), aber jedenfalls eine prominente Rolle. So ist es in Jer 20,1–6 der Tempelvorsteher Paschhur, der Jeremia gefangen setzt. In Jer 37,15 wird Jeremia von den ‚Oberen‘ ins Gefängnis geworfen. In Jeremia 38,1–6 intervenieren diese bei Zedekia, er solle Jeremia töten lassen; nachdem Zedekia ihnen den Propheten überlassen hat, werfen sie ihn in eine schlammige Zisterne, aus der er durch Ebed-Melech gerettet wird (38,7–13, s. ferner 36,26). Natürlich lassen sich auch gegenläufige Textpassagen anführen. In Jer 26(33),7–19.24 ist es – neben den Priestern (vgl. Jer 2,8.26f; 5,31; 6,13; 8,10; 23,11f u. ö.) und (falschen) Propheten (vgl. Jer 5,31; 6,13f; 8,10; 14,13–15.18; 23,9ff; 27,9f.14–18; 29,8f u. ö.) gerade der ưƦˆƵ, der Jeremia zu töten trachtet, während die Oberen und Ältesten dies verhindern (zum ‚Volk‘ s. aber auch V. 16 [dazu unten]). Dies ändert aber nichts daran, dass Matthäus im Jeremiabuch, besonders in Jer 21–23, spezifisch autoritätskritische Texte finden konnte. Und wie frei die biblischen Texte verarbeitet, d. h. durch die eigenen Interessen und Konzepte überformt werden konnten, erhellt exemplarisch Josephus’ Rezeption von Jer 26 in Ant X 90– 92: Hier sind die Priester und Propheten als Gegner ganz verschwunden, d. h. aus „Priestern, (Falsch-[LXX])Propheten und dem ganzen Volk (™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ)“ (Jer 26[33],8) als Gegnern sind bei Josephus Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ ƯƦ˃ Ƴʆ əƴƺˆƱƷƪƵ (Ant X 90) geworden (s. dagegen die Archonten in Jer 33,10.16LXX, wobei in V. 16 auch ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ auf Seiten der Archonten erscheint). 116 Zu Ez 34 s. oben Anm. 14.

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gehen lassen, eine Entsprechung.117 Auch sonst werden die Autoritäten im Jeremiabuch metaphorisch als Hirten angesprochen und scharf kritisiert,118 ja 23,3–6 verheißt die Sammlung der zerstreuten Herde unter neuen Hirten (V. 3f) bzw. durch den Spross Davids (V. 5f).119 Für Mt 27,9 legt dies nahe, dass bei der Nennung Jeremias – ganz auf der Linie der matthäischen Intention in 27,3–8 und des das Verhalten eben der Autoritäten thematisierenden Zitats selbst – das Moment der Autoritätskritik mitschwingt.120 Schließlich konnte Matthäus sein eigenes Jerusalemkonzept, wie es in Abschnitt I skizziert wurde, in der stark auf Jerusalem bezogenen Gerichtsprophetie Jeremias121 angelegt finden.122 In Jer 19 symbolisiert das Zerbrechen des Gefäßes des Töpfers die Zerstörung der Stadt und die Vernichtung ihres Volkes, durch welche das Tofet zum Begräbnisort (vgl. Jer 7,32) werden soll (19,11f).123 Im Blick auf Mt 27,25 ist dabei anzumerken, dass sich in Jer 19,11 ʖ ưƦ˅Ƶ ƳʨƷƳƵ ausweislich der Entsprechung zu Ƴʆ ƯƦƷƳƮƯƳ̬ƱƷƪƵ ɩƱ ƦʡƷ̺124 (V. 12, vgl. 26[33],15) auf die Jerusalemer Bevölkerung bezieht.125

––––––––––––– 117 Vgl. Gundry, Mt (s. Anm. 56), 184. – S. aber auch Ez 34,4.16. 118 S. Jer 2,8; 10,21; 12,10f; 22,22; 23,1f, ferner auch 25,34–36. 119 Vgl. Jer 30,9(.21); 33,15. 120 Vgl. Paul, Texte (s. Anm. 61), 80. Das oben Ausgeführte ließe sich untermauern, wenn

in Mt 15,13 eine Anspielung auf Jer 1,10 vorliegen sollte (so Knowles, Jeremiah [s. Anm. 30], 189–192). Dann hätte Matthäus das ‚Ausreißen‘ konkret auf die Autoritäten bezogen. 121 S. z. B. Jer 4,9–14; 6,1–8; 8,1–3; 15,5f; 19,3ff; 23,14. 122 Das Jeremiabuch weist im Übrigen insofern keine pauschale Gerichtsbotschaft gegen das gesamte Gottesvolk auf, als, wie Jer 24 – veranschaulicht durch das Bild der guten und der schlechten Feigen – eindrücklich illustriert, zwischen den nach Babylon Exilierten (V. 6) auf der einen Seite und „Zedekia ... samt seinen Großen und allen, die übrig geblieben sind in Jerusalem und in diesem Lande und die in Ägyptenland wohnen“ (V. 8) auf der anderen Seite unterschieden wird (vgl. Jer 29,7–23, s. ferner auch die Heilszusage an die Rechabiter im Kontrast zum Ergehen Judäas und Jerusalems in Jer 35,17–19 und die Aussonderung EbedMelechs und Baruchs aus dem Unheil für Jerusalem in 39,15–18 bzw. 45,2–5). 123 Ob Matthäus dies bei der Zweckbestimmung des Töpferackers in Mt 27,7 – er soll ƪʅƵ ƷƦƹˁƱ ƷƳ̝Ƶ ƲˀƱƳƮƵ dienen – im Blick hatte, ist nicht auszuschließen, aber auch nicht mit hinreichender Plausibilität zu bejahen. In der Septuaginta fehlt in 19,11 der Verweis auf das Begräbnis im Tofet. Matthäus müsste also entweder den hebräischen Text gelesen oder aber zugleich Jer 7,32 vor Augen gehabt haben. Im letzteren Fall könnte man darauf hinweisen, dass die Umbenennung des Töpferackers in Blutacker in Mt 27,8 in Jer 7,32 ein Pendant hat, doch bleibt es spekulativ, ob Matthäus dies im Blick hatte. 124 ɩƱ ƦʡƷ̺ = ɩƱ Ʒ̺ Ʒˆ™̷ ƷƳˈƷ̷ (V. 12) als sprachliche Variation zu „dieser Stadt“ in V. 11. 125 Auch in 4Bar 2,2f.5.7; 3,6 u. ö. ist ưƦˆƵ äquivalent gebraucht zu Ƴʆ ƯƦƷƳƮƯƳ̬ƱƷƪƵ ɩƱ ƦʡƷ̐ (4Bar 1,1.7), wie die Wendung ™̀Ƶ ʖ ưƦ˅Ƶ Ʒ̏Ƶ ™ˆưƪƼƵ ƷƦˈƷƬƵ (4Bar 5,18) unterstreicht. Zu ưƦˆƵ mit Bezug auf die Bewohner Jerusalems s. ferner 2Chr 31,4 (ƯƦ˃ ƪʋ™ƪƱ Ʒ̺ ưƦ̺ ƷƳ̝Ƶ ƯƦƷƳƮƯƳ̬ƶƮƱ ɩƱ ƏƪƴƳƸƶƦưƬμ); 32,18; 1Makk 10,7 (ƯƦ˃ ɻưƭƪƱ ƏƼƱƦƭƦƱ ƪʅƵ ƏƪƴƳƸƶƦưƬμ ƯƦ˃ əƱˀƨƱƼ ƷʽƵ ɩ™ƮƶƷƳưʽƵ ƪʅƵ Ʒʽ ʳƷƦ ™ƦƱƷ˅Ƶ ƷƳ̬ ưƦƳ̬ ƯƦ˃ Ʒ̹Ʊ ɩƯ Ʒ̏Ƶ ɝƯƴƦƵ); s. auch Sach 14,2; Jes 28,14; 30,19; 33,24; Jer 14,16; 21,7; 43(36),9; 45(38),4;

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Die zu Mt 27,9 beobachtete Evokation des Themas der Zerstörung Jerusalems durch die intertextuelle Referenz auf Jeremia lässt sich anhand der bereits erwähnten Anspielung in Mt 21,13 auf die Tempelrede Jeremias in Jer 7, genauer: auf Jer 7,11,126 weiter illustrieren. Jeremias Tempelrede stellt zwei Optionen einander gegenüber: Entweder ändern die Judäer, statt sich auf die Lügenworte zu verlassen, dass sie sicher seien (V. 10), weil „hier des Herrn Tempel ist“ (V. 4), ihr Leben; dann wird Gott an diesem Ort bei ihnen wohnen bleiben. Oder aber sie bleiben bei ihrem Wandel; dann kommt Gottes Strafgericht auf sie zu. In Mt 21,13 ist nun die Frage des Bezugstextes, ob sie denn das Haus Gottes für eine Räuberhöhle halten (Jer 7,11), zu dem Urteil transformiert ʢμƪ̝Ƶ Ʃʿ ƦʡƷ˅Ʊ ™ƳƮƪ̝Ʒƪ ƶ™˂ưƦƮƳƱ ư̍ƶƷ̹Ʊ. Im Lichte des Kontextes in Jer 7 betrachtet heißt dies, dass damit die Zerstörung des Tempels bevorsteht. Setzt Matthäus bei seinen Adressaten die Kenntnis des Textzusammenhangs von Jer 7 voraus, auf den durch ƶ™˂ưƦƮƳƱ ư̍ƶƷ̹Ʊ angespielt wird, ergibt sich ein schlüssiger Zusammenhang mit der vorangehenden Notiz von der Austreibung aller Händler, der die obige Interpretation untermauert: Sie ist symbolhafte Antizipation des Endes des Tempels.127 Beachtung verdient im Blick auf Jer 7 ferner, dass auch hier sowohl das Motiv des unschuldig vergossenen Blutes (7,6) begegnet als auch der Gedanke ausgeführt wird, dass Gott vom Exodus bis zur Gegenwart des Propheten immer wieder seine „Knechte, die Propheten“ (vgl. Mt 21,35) gesandt hat (Jer 7,25), ja die Zeitgenossen des Propheten es noch ärger als ihre Väter treiben (7,26). Das kommende Strafgericht (7,32–34) erscheint also auch hier – wie in Mt 23,29–36 – als Konsequenz des fortwährenden, die Generationen übergreifenden Widerstandes.

––––––––––––– Thr 1,7.11. Ebenso meint in Josephus, Bell V 566 oder auch in VI 301 ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ – wie ưƦˆƵ häufig im Bellum – die Jerusalemer Bevölkerung (und dies im Unterschied zu den Aufständischen, s. Bell II 425; IV 326[.363]; V 101.251.335.345.547.566; VI 259.273). 126 Wolff, Jeremia (s. Anm. 97), 157, verneint im Blick auf Mk 11,17 (zu Mt 21,13 s. a. a. O. 165) eine bewusste Bezugnahme auf Jer 7,11. Seine Gegenthese beruht freilich auf reiner Spekulation: „Der Begriff ‚Räuberhöhle‘ war vermutlich damals in bestimmten Kreisen eine bekannte Bezeichnung für den Jerusalemer Tempel“ (157). Auch dann allerdings, wenn Wolffs Vermutung das Richtige treffen würde, liegt jedenfalls für Matthäus angesichts seiner insgesamt zu beobachtenden schriftgelehrten Kompetenz die Annahme nahe, dass er den Ursprung der Wendung zu identifizieren wusste. 127 T. Zahn, Das Evangelium des Matthäus, KNT, Leipzig / Erlangen 41922, 623f, sieht eine Analogie zwischen Mt 21 und Jer 7 ferner darin, dass sich die Angeredeten „im Vertrauen auf die Unverletzlichkeit des Tempels, dessen Kultus sie in ihrer Weise fördern, vor den Strafgerichten Gottes für ihre Sünden sicher zu sein wähnen“ (624). Zum falschen Vertrauen auf den Kult im Jeremiabuch s. auch Jer 11,15, s. ferner die kultkritische Tendenz in Jer 6,20; 7,21–23. Zum Befund im MtEv s. oben in Abschnitt 3.

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Erwägen kann man ferner, ob die Parallele zur Tempelrede von Jer 7 in Jer 26 Matthäus beeinflusst hat.128 Spielt der Tempel im Prozess gegen Jesus, wie gesehen, eine bedeutende Rolle, so schildert Jer 26, dass Jeremia nach seiner Androhung der Tempelzerstörung (V. 6) von den Priestern, Propheten und dem ganzen Volk (™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ) ergriffen wird und sie ihn zum Tode verurteilt sehen möchten (V. 7–9). Im Verfahren vor den Oberen Judas verweist Jeremia dann nicht nur darauf, dass er im Namen Gottes geredet hat, sondern auch darauf, dass sie im Falle seiner Tötung unschuldiges Blut auf sich, auf diese Stadt und ihre Einwohner laden würden (26,15). Jeremia wird darauf freigelassen. Vergleicht man dies mit Mt 23,29–39; 26,59–66; 27,25, liegen die Berührungspunkte und zugleich die Differenz, die im Sinne einer Überbietung Jeremias durch Jesus zu interpretieren ist, auf der Hand: Auch Jesus redet im Tempel (Mt 21,23–23,39, vgl. Jer 26,2f); er verweist auf den notorischen Widerstand gegen die Propheten (Mt [21,35f;] 23,29–31.34, vgl. Jer 26,5) und kündigt die Zerstörung des Tempels an (Mt 23,38, vgl. Jer 26,6); wie Jeremia wird Jesus daraufhin der Prozess gemacht (Mt 26,3ff, vgl. Jer 26,7ff). Nur wurde Jesus tatsächlich zum Tode verurteilt, und damit ist unschuldiges Blut über die Autoritäten (Mt 23,35) und die Einwohner Jerusalems (Mt 27,25) gekommen (vgl. Jer 26,15). Zieht man noch einmal Mt 16,14 hinzu und beachtet man, dass mit den Voten in Mt 16,14 zwar keine suffizienten Positionen zur Identität Jesu formuliert werden, gleichwohl aber Aussagen angeführt werden, die sich der Identität Jesu von verschiedenen Seiten annähern,129 so gewinnt die Annahme an Plausibilität, dass Matthäus die genannten Bezüge zwischen Jesus und Jeremia gesehen hat und in seiner Darstellung durch verschiedene Anspielungen zur Geltung zu bringen suchte.130 Das Bild wird ergänzt, wenn man einbezieht, dass die Verbindung von Bund und Sündenvergebung, wie sie im Kelchwort in Mt 26,28 begegnet, den neuen Bund von Jer 31,31–34 assoziieren lässt. Matthäus redet zwar nicht expressis verbis vom neuen Bund und das Syntagma „Blut des Bundes“ weist auf Ex 24,8 als Bezugspunkt (s. auch Sach 9,11); ferner kann man angesichts

––––––––––––– 128 Bejahend Winkle, Model (s. Anm. 96), 163–171; Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 199–203.220.245. 129 Vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 91. – Der Täufer ist der Vorläufer Jesu und als solcher der Elia redivivus. Als Prophet bezeichnet Jesus sich sogar selbst (Mt 13,57, s. auch 23,37), wenngleich er, wie auch der Täufer (s. 11,9), natürlich mehr ist als ein Prophet. 130 Im Blick auf den Grund für die Nennung Jeremias in Mt 16,14 bedeuten die obigen Ausführungen, dass keineswegs bloß von einem Einzelaspekt auszugehen, sondern ein ‚Cluster‘ von zusammengehörigen Motiven zu beachten ist, nämlich a) Verfolgung und Leiden des Propheten (s. z. B. Menken, References [s. Anm. 98], 17–23), b) sein Bezug zur Zerstörung Jerusalems und näherhin des Tempels (s. Winkle, Model [s. Anm. 96], 157.172), aber auch c) seine Kritik an und Auseinandersetzung mit den Autoritäten (vgl. oben Anm. 115).

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der Rede von den „Vielen“ im Blick auf das Motiv der Sündenvergebung auch Einfluss von Jes 53,11 vermuten. Es besteht aber keine Notwendigkeit, hier sich ausschließende Alternativen zu sehen, und da der Bezug auf Ex 24,8 ein typologischer ist, geht es sachlich auch in Mt 26,28 um den neuen Bund131 bzw. besser: den erneuerten Bund. Hatte Matthäus Jer 31,31–34 mit im Blick,132 war Jeremia für ihn keineswegs bloß der Unheilsprophet.133 Dem steht zur Seite, dass, wie gesehen, Jer 23,5f im Kontext der Hirtenkritik und der Verheißung neuer Hirten auf den Spross Davids ausblickt. Festzuhalten ist: Matthäus konnte tragende Pfeiler seiner Erzählkonzeption vom Jeremiabuch her beleuchten bzw. profilieren und damit das für ihn wichtige Moment, die Geschichte Jesu als Erfüllung der Schrift darzustellen, vertiefen. Das Jeremiabuch steht nicht nur Pate bei der Darstellung der Ablehnung Jesu, die zu seinem Tod führt, und bei dem daraus folgenden Strafgericht über Jerusalem,134 sondern auch bei der Darstellung des von Jesus (durch seinen Tod) gebrachten Heils. Kurzum: Die Beziehungen zum Jeremiabuch sind nicht auf das Moment des Strafgerichts engzuführen, sondern

––––––––––––– 131 Vgl. Luz, Mt (s. Anm. 1), Bd. 4, 115. 132 Bejahend Gundry, Use (s. Anm. 102), 58; Senior, Lure (s. Anm. 100), 110; Knowles,

Jeremiah (s. Anm. 30), 208f. Anders Wolff, Jeremia (s. Anm. 97), 131f. – Für die Rezeption von Jer 31(38),31–34 lässt sich im Übrigen noch darauf verweisen, dass Matthäus mit dem in 2,18 zitierten Vers Jer 31(38),15 und dem Passus Jer 32(39), der in Mt 27,9f mit zu den Bezugstexten gehören dürfte, Texte aufgenommen hat, die Jer 31(38),31–34 umschließen (M. F. Whitters, Jesus in the Footsteps of Jeremiah, CBQ 68, 2006, 229–247: 247, postuliert Jer 31–32 als Matthäus’ „favorite chapters“). 133 Vgl. Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 245f.264.306f. – Dass Jeremia im biblischen Jeremiabuch nicht nur der Prophet der Zerstörung Jerusalems, sondern auch des darauf folgenden Heils ist (s. auch Josephus, Ant X 112f), findet sich in der frühjüdischen JeremiaRezeption durchaus kreativ ausgebaut. Zum einen begegnet verschiedentlich und im Detail unterschiedlich ausgeführt das Motiv, dass Jeremia Tempelgeräte verborgen habe. 2Makk 2,4–8 zufolge hat Jeremia das Zelt, die Lade und den Rauchopferaltar in einer Höhle verborgen. Nach VitProph 2,9 entrückte Jeremia „vor der Zerstörung des Tempels die Lade des Gesetzes und die Dinge drinnen und er vollbrachte, daß diese verschlungen wurden in einem Felsen“ (Übers. A. M. Schwemer, Vitae Prophetarum, JSHRZ I.7, Gütersloh 1997, 579). 4Bar 3,7f.18 lässt Jeremia und Baruch (anders 2Bar 6,7–10: die Engel) die Geräte des Tempeldienstes der Erde übergeben, von der sie sogleich verschlungen werden (s. zu diesem Motiv Wolff, Jeremia [s. Anm. 97], 61–79; Döpp, Deutung [s. Anm. 34], 112–118). Zum anderen geht Jeremia nach 4Bar – entgegen dem biblischen Jeremiabuch (s. Jer 40,1–6) – nicht nur mit dem Volk nach Babylon (3,11; 5,21, vgl. 4QApocrJerC[385b] 16 1,5ff [dazu Doering, Jeremia {s. Anm. 97}, 58]; 2Bar 10,2; 33,2), sondern der Prophet selbst leitet das Volk auch wieder aus Babylon heraus (4Bar 8,1ff) und übernimmt damit in typologischer Entsprechung die Rolle des Mose beim Exodus (vgl. zu Jeremia und Mose Wolff a. a. O. 79–83). 134 Ergänzend kann man auf einen weiteren Aspekt verweisen: Hat nach Jeremia Gott selbst Nebukadnezar herbeikommen lassen (Jer 25,9; 27,6f u. ö.), so ist in Mt 22,7 im Grunde impliziert, dass das römische Heer Gott als Werkzeug diente, doch führt Matthäus dies nicht weiter aus.

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umgreifen die durch die Sendung Jesu herbeigeführte soteriologische Wende im Ganzen. Zwar erleidet auch Jesus das Geschick der Propheten vor ihm, aber nun ist die Zeit gekommen, dass die Widersacher dafür bestraft werden und zugleich Gott sein Heil durchsetzt. Im Lichte des Winzergleichnisses formuliert: Konnten die Autoritäten bei der Sendung der Knechte (= Propheten) ihre Stellung noch behaupten (Mt 21,35f), so gilt im Blick auf den von den Winzern getöteten Sohn, dass der verworfene Stein zum Eckstein geworden ist (21,42). Dabei bilden bei Matthäus Verderben und Heil – anders als im Jeremiabuch – nicht zwei aufeinander folgende Phasen, sondern es geht um zwei Seiten eines Geschehenszusammenhangs.135 Für die Zeitgenossen des Evangelisten stehen zwei Optionen nebeneinander, zwischen denen sie sich entscheiden müssen: Sie können entweder den alten, bei Gott entmachteten Autoritäten anhängen und werden dann, wie die Zerstörung Jerusalems belegt, das Verderben ernten; oder sie können Jünger Jesu werden.

V. Die Deutung der Zerstörung Jerusalems bei Matthäus und Josephus Wenn nun abschließend Matthäus’ Deutung mit Josephus in Beziehung gesetzt werden soll, kann es nicht darum gehen, im religionsgeschichtlichgenetischen Sinn nach direkten Abhängigkeiten zu fragen.136 Der Sinn kann in diesem Fall nur sein, Josephus als einen Zeugen des frühen Judentums nach 70 n. Chr. heranzuziehen, der den geistesgeschichtlichen Kontext mit zu erhellen vermag, in dem auch Matthäus eingebettet ist. Vergleicht man nun Matthäus’ und Josephus’ Deutungen der Zerstörung Jerusalems miteinander, so ist zunächst auf die grundlegend verschiedenen

––––––––––––– 135 Man kann dies gut an dem Zitat von Jer 31(38),15 in Mt 2,17f illustrieren, wenn auch hier gilt, dass man den Kontext des zitierten Verses einbeziehen muss (vgl. Hays, Gospel [s. Anm. 95], 175–177, s. auch C. Ritter, Rachels Klage im antiken Judentum und frühen Christentum. Eine auslegungsgeschichtliche Studie, AGJU 52, Leiden / Boston 2003, 122f). In Jer 31(38) geht es nämlich um die erneute Zuwendung Gottes zu Israel. In diesen Zusammenhang eingebettet nimmt 31(38),15 das Unheil des Volkes in der Perspektive auf, dass dieses nun gewendet werden soll (V. 16ff). Transformiert in den mt Kontext bedeutet das: Rahels Klage verweist auf das Leid, das durch die Opposition der Autoritäten gegen den Messias über das Volk gebracht wird; die Zerstörung Jerusalems ist der sichtbare (und schreckliche) Beleg dafür. Zugleich aber – und hier kommt der Kontext von Jer 31(38),15 ins Spiel – hat Gottes Zuwendung zu Israel mit der Geburt Jesu bereits ihren Anfang genommen. 136 Zu methodischen Aspekten s. die Untersuchung von G. Seelig, Religionsgeschichtliche Methode in Vergangenheit und Gegenwart. Studien zur Geschichte und Methode des religionsgeschichtlichen Vergleichs in der neutestamentlichen Wissenschaft, Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 7, Leipzig 2001.

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rhetorischen Herausforderungen zu verweisen. Matthäus’ Deutung ist geprägt durch den Konflikt zwischen der ecclesia und der pharisäisch dominierten Synagoge, in dem es darum geht, wer legitimer Sachwalter des theologischen Erbes Israels ist.137 Matthäus sucht nicht gegenüber einem nicht-jüdischen Publikum darzulegen, dass das Verhalten der Aufständischen keine verallgemeinernden Rückschlüsse über den Charakter des jüdischen Volkes im Ganzen zulässt und ferner aus der Zerstörung der Stadt samt Tempel nicht die Unterlegenheit des jüdischen Gottes zu folgern ist.138 Und dem Gedanken des aus priesterlichem Geschlecht (!) stammenden Josephus, dass der Tempel wegen der durch die Gräueltaten der Aufständischen entstandenen Befleckung durch Feuer gereinigt werden musste (Bell IV 323; V 19, s. auch Ant XX 166), steht bei Matthäus das Urteil gegenüber, dass der Tempel obsolet geworden ist.139 Zudem: Während Matthäus die Zerstörung Jerusalems theologisch einlinig auf die Verfolgung und Tötung der Propheten, Jesu und seiner Boten zurückführt, hat der Historiker und Apologet Josephus verschiedene Motive und Erklärungen zu einem komplexen Gewebe verbunden.140 Man kann aber auch Konvergenzpunkte verzeichnen. Deutet Matthäus das in Ez 9–11 grundgelegte Motiv, dass Gott den Tempel vor dessen Zerstörung verlassen hat, mit dem Weggang des Immanuel aus dem Tempel an, so hat Josephus dieses Motiv mehrmals aufgenommen (Bell II 539; V 412; VI 299; Ant XX 166).141 Im Blick auf den Schriftbezug zur Deutung des Geschehens ist aber vor allem auf die jeweilige Rezeption von Jeremia zu verweisen, denn auch bei Josephus ist Jeremia im hier verfolgten Zusammenhang von großer Bedeutung. Josephus hat keinem anderen der späteren Propheten in den Antiquitates so viel Aufmerksamkeit gewidmet wie Jeremia.142 In Ant X 79 stellt Josephus Jeremia dabei nicht nur als den Propheten vor, der die schrecklichen Ereignisse, die auf Jerusalem zukommen sollten, im Voraus ange-

––––––––––––– 137 Vgl. neben den in Anm. 5 Genannten P. Luomanen, Entering the Kingdom of Heaven. A Study on the Structure of Matthew’s View of Salvation, WUNT II / 101, Tübingen 1998, 88. 138 Zu diesen Leitmotiven im Bellum s. S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament, Übers. v. M. Vogel, Tübingen / Basel 2000, 89–93. 139 Zur Tradition der Bewahrung der Tempelgeräte s. Anm. 133. 140 Dies ist hier nicht im Einzelnen zu entfalten. S. dazu P. Bilde, The Causes of the Jewish War According to Josephus, JSJ 10, 1979, 179–202: 191–194, zu Josephus’ theologischen Erwägungen. 141 Für weitere Belege s. oben Anm. 69. 142 Siehe C. T. Begg, The „Classical Prophets“ in Josephus’ Antiquities, in: „The Place is too Small for Us“. The Israelite Prophets in Recent Scholarship, hg. v. R. P. Gordon, Winona Lake (IN) 1995, 547–562: 549.557. Die relevanten Passagen sind: Ant X 79f.89–96.(104– 107.)112–130.(141f.)156–158.176–180. Zur Rezeption bzw. Verarbeitung des Jeremiabuches in diesen Passagen s. C. T. Begg, Josephus’ Story of the Later Monarchy (AJ 9,1–10,185), BEThL 145, Leuven 2000, 508–519.(536–542.)542–574.(584f.)599–603.613–622.

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kündigt hat. Nach Josephus hat Jeremia auch die Zerstörung unter Titus geweissagt.143 Inwiefern dabei exegetisch die Gleichung Babylon = Rom144 von Bedeutung ist145, kann hier offen bleiben. Von Gewicht ist im Blick auf das MtEv, dass die Notiz exemplarisch beleuchtet, dass nach den Ereignissen des Jahres 70 das Jeremiabuch auf die eigene Gegenwart hin gelesen und interpretiert wurde. Schriften wie 2Bar und vor allem 4Bar unterstreichen dies und verweisen dadurch auf den frühjüdischen Kontext der Jeremiarezeption im ersten Evangelium: Matthäus’ Rückgriff auf Jeremia ist eingebettet in die verstärkte Aufmerksamkeit, die dieser Prophet nach 70 n. Chr. im Frühjudentum gefunden hat.146 Umgekehrt gesagt: Es ist zeitgeschichtlich plausibel, dass das Jeremiabuch in der biblischen ‚Enzyklopädie‘ des Evangelisten (und seiner Gemeinde) eine prominente Rolle spielte. Bei Josephus ist in diesem Zusammenhang ferner darauf zu verweisen, dass nicht nur die Darstellung des Unheilspropheten Jesus ben Ananias (Bell VI 301–309) vom Jeremiabuch, näherhin speziell von Jer 7, beeinflusst ist,147 sondern Josephus auch sich selbst im Bellum „as the Jeremiah of his time“148 stilisiert149 – die deutlichen Differenzen zu Jeremia, der in Jerusalem Opfer ––––––––––––– 143 Vgl. die Ankündigung des Baruch in 2Bar 32,2f: „Denn Zions Bau wird kurze Zeit danach bewegt, um wiederaufgebaut zu werden. Doch dies Gebäude wird nicht bleiben, vielmehr wird es nach einiger Zeit entwurzelt werden und dann verlassen sein bis auf die (vorbestimmte) Zeit.“ (Übers. A. F. J. Klijn, Die syrische Baruch-Apokalypse, JSHRZ V.2, Gütersloh 1976, 105–191: 143.) 144 Vgl. 1Petr 5,13; Apk 14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21; 2Bar 67,7; Sib 5,143 u. ö. (vgl. C.H. Hunzinger, Babylon als Deckname für Rom und die Datierung des 1. Petrusbriefes, in: Gottes Wort und Gottes Land, FS H.-W. Hertzberg, hg. v. H. Graf Reventlow, Göttingen 1965, 67–77). 145 S. zu dieser Erwägung Wolff, Jeremia (s. Anm. 97), 11. 146 Vgl. Wolff, Jeremia (s. Anm. 97), 11f.190f. 147 S. dazu C. A. Evans, Predictions of the Destruction of the Herodian Temple in the Pseudepigrapha, Qumran Scrolls, and Related Texts, JSPE 10, 1992, 89–147: 119f; Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 253f. 148 Siehe S. Cohen, Josephus, Jeremiah, and Polybius, HTh 21, 1982, 366–381: 368. Ferner H. Lindner, Die Geschichtsauffassung des Flavius Josephus im Bellum Judaicum. Gleichzeitig ein Beitrag zur Quellenfrage, AGJU 12, Leiden 1972, 32f; D. Daube, Typology in Josephus, JJS 30, 1979, 18–36: 26f.33; Tilborg, Matthew 27.3–10 (s. Anm. 106), 170f; Knowles, Jeremiah (s. Anm. 30), 251–253; Begg, Story (s. Anm. 142), 550.573f. 149 Im Rahmen seiner Rede vor der belagerten Stadt in Bell V 362–419 verweist Josephus, nachdem er von der Stadtmauer herab nicht nur geschmäht, sondern auch beschossen wurde, explizit in einem Vergleich auf Jeremia: „Als der König der Babylonier diese Stadt belagerte, ließ sich unser König Sedekias gegen die Weissagungen des Jeremia auf einen Kampf ein; dabei wurde er selbst gefangengenommen und mußte es mit ansehen, wie die Stadt samt dem Tempel der Zerstörung anheimfiel. Und doch – wieviel gemäßigter als eure Anführer war jener König und das ihm unterstellte Volk als ihr! Als Jeremia laut ausrief, das Volk mache sich Gott durch seine Verfehlungen gegen ihn zum Feinde und werde in Gefangenschaft geraten, wenn es die Stadt nicht übergäbe, da hat weder der König noch das

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von Verfolgung geworden ist, stören ihn dabei offenbar nicht.150 Umgekehrt fließen im Zuge dieser Analogisierung durch die biblischen Texte nicht gedeckte Züge in die Darstellung der ersten Zerstörung ein,151 und dabei zeigt sich – auch dies ist im Blick auf Matthäus’ Rezeption ausdrücklich festzuhalten – eine gewisse Freiheit, die eigene Konstellation bei der Verarbeitung des Jeremiabuches einzutragen. So prägt Josephus die differenzierte Reaktion, die seine Reden vor der belagerten Stadt gefunden haben, analog auch seiner Darstellung Jeremias auf.152 Auch abseits konkreter inhaltlicher Entsprechungen ist die Beachtung solcher hermeneutischer Aspekte im Umgang mit

––––––––––––– Volk das Leben des Jeremia angetastet. Aber wie verhaltet denn ihr euch? Ich will nicht von dem reden, was bei euch drinnen in der Stadt geschieht, denn ich wäre nicht imstande, eure Verstöße gegen das Gesetz gebührend wiederzugeben; ihr schmäht und schießt auf mich, der ich euch Ratschläge zu eurer Rettung gebe ...“ (V 391–393). 150 Zu weiteren Differenzen s. Cohen, Josephus (s. Anm. 148), 371f. 151 Hat Josephus von Titus erfolgreich die Freilassung seines Bruders samt fünfzig Freunden erbeten (Vita 419), so trägt er in seine Darstellung Jeremias ein, dass dieser die Freilassung von Baruch erbat und erreichte (Ant X 158). Nach Bell V 362–419 hat Josephus die belagerte Stadt in einer längeren Rede vor der Stadtmauer zur Übergabe aufgefordert (s. auch V 541–546, ferner dann VI 93–110.365); dabei wird wiederholt das Schicksal des Tempels eigens in den Blick genommen (V 362f.391.406.411.416f, vgl. auch VI 95.104). Dem korrespondiert, dass auch Jeremia in seiner Begegnung mit Zedekia den Tempel eigens nennt (Ant X 126.128), während im alttestamentlichen Bezugstext Jer 38,17f nur von der Stadt die Rede ist. Siehe die nachfolgende Anmerkung. 152 Vgl. Anm. 149 zu Bell V 362–419; s. auch V 542. Im Anschluss an die Rede hält Josephus dann fest, dass die Aufständischen bei ihrer unnachgiebigen und uneinsichtigen Haltung blieben, das Volk (ʖ Ʃ̏μƳƵ) sich aber zum Überlaufen bewegen ließ. Unterschiedliche Reaktionen auf Josephus treten ebenso in V 541–547 zutage, und dies wiederholt sich noch einmal bei einem weiteren Versuch des Josephus auf Geheiß von Titus, als sich das römische Heer bereits der Antonia bemächtigt hatte (Bell VI 93–110): Josephus solle Johannes ausrichten, „es stände ihm frei, mit so vielen er wolle zum Streit herauszukommen, um nicht beide, die Stadt und den Tempel, mit sich ins Verderben zu ziehen“ (VI 95). Wieder notiert Josephus eine doppelte Reaktion: „Das Volk nahm diese Worte mit Niedergeschlagenheit und Stille auf, der Tyrann aber erging sich in einer Fülle von Schmähungen und Verwünschungen gegen Josephus ...“ (VI 98, s. auch VI 111–116). Eine zu diesen Szenen analoge Konstellation trägt Josephus in seiner Verarbeitung von Jer 37,5–10 in Ant X 110–114 ein (vgl. zu dieser Analogie Begg, Story [s. Anm. 142], 549f): Während das Jeremiabuch keine direkte Reaktion auf Jeremias Ankündigung schildert, die Babylonier würden zurückkehren, die Stadt erneut belagern und sie mit Feuer verbrennen, führt Josephus in Ant X 114 aus, dass dem Propheten ʢ™˅ Ʒ̹Ʊ ™ưƪƮˆƱƼƱ Glauben geschenkt wurde, während ihn Ƴʆ ɶƨƪμˆƱƪƵ ƯƦ˃ Ƴʆ əƶƪƧƪ̝Ƶ schmähten (anders stellt sich noch die Konstellation in Ant X 90 im Gefolge von Jer 26 dar: ƯƦ˃ ƨʽƴ Ʒ˅ ™ư̏ƭƳƵ ƯƦ˃ Ƴʆ ɝƴƺƳƱƷƪƵ əƯƳˈƳƱƷƪƵ ™ƦƴƬμˀưƳƸƱ). Josephus hat hier also eine differenzierte Reaktion auf die Botschaft Jeremias eingetragen, wie er sie im Bellum auch den von den Römern Belagerten zugeschrieben hat. Man wird ferner kaum fehlgehen, dass es mit Josephus’ Herkunft und seiner Perspektive der Wahrnehmung des Krieges von 66–70 n. Chr. zu tun hat, dass er in Ant X 90–92 die Gegnerschaft der Priester gegen Jeremia verschweigt (vgl. dazu oben Anm. 115).

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der Schrift in der jüdischen Umwelt des Matthäus von Bedeutung, um im Sinne eines historisch adäquaten Zugangs zum Thema der Schriftrezeption des ersten Evangelisten die in der Umwelt möglichen Gestaltungsspielräume ausloten zu können.153 Kann man im Blick auf die Jeremiarezeption bei Josephus dank der Antiquitates direkt nachvollziehen, wie sich das Verständnis der Geschehnisse der eigenen Gegenwart bei der Rezeption und Interpretation des biblischen Textes bemerkbar macht, so lässt sich dies für Matthäus aus dem Kontext von 27,9 indirekt erschließen.154 Einen weiteren Konvergenzpunkt von Matthäus und Josephus kann man darin sehen, dass die Römer für Josephus – wie für Jeremia die Babylonier – das Werkzeug Gottes sind (vgl. z. B. Bell V 39; VI 110);155 Matthäus deutet eine solche Sichtweise in 22,7 an.156 Zugleich ist freilich die signifikant unterschiedliche Relevanz dieses Aspekts bei Josephus und Matthäus zu betonen.157 Eine formale Analogie ist ferner darin zu sehen, dass dem Zerreißen des Tempelvorhangs in Mt 27,51 als Vorzeichen für die Zerstörung bei Josephus verschiedene Prodigien entsprechen (Bell VI 288–299). Zu beachten ist darüber hinaus noch ein anderer Aspekt: Matthäus und Josephus sind der Meinung, dass die für die Zerstörung verantwortlichen Kreise in ihrem eigenmächtigen Handeln theologisch versagt haben, weil sie sich in ihrer Verblendung gegen den von Gott legitimierten Herrscher gestellt haben. Nur ist dies für Matthäus der messianische Davidssohn Jesus, dessen Darstellung im Sinne eines sanftmütigen Königs (11,29; 21,5), der zur Feindesliebe auffordert (5,43–48), man dabei zeitgeschichtlich als implizite Kritik an der im jüdisch-römischen Krieg gescheiterten Erwartung eines

––––––––––––– 153 Ein instruktives Beispiel aus dem MtEv selbst kann man bekanntlich in Mt 2,6 finden, denn dass Matthäus in das Zitat von Mi 5,1 ƳʡƩƦμ̹Ƶ eingefügt und damit dem Vers eine neue Wendung gegeben hat, zeigt exemplarisch die kreative Freiheit in der Adaptation der Schrift. 154 Vgl. zur Analogie zwischen Josephus und Matthäus im Blick auf die Rezeption Jeremias das Urteil von Tilborg, Matthew 27.3–10 (s. Anm. 106), 171: „Taking into consideration the different narrative situations, Josephus built up a narrative structure around the prophet Jeremiah which is fairly similar to that of Matthew’s gospel.“ 155 Zur Darstellung der Römer im Bellum im Kontext der Zerstörung Jerusalems s. Döpp, Deutung (s. Anm. 34), 221–226, bes. 225f. Nach Bell V 566 verhinderten die Römer durch ihr Eingreifen gar ein noch schlimmeres Schicksal der Stadt: „Wenn die Römer gezaudert hätten, gegen dieses verworfene Gesindel einzuschreiten, die Stadt hätte, davon bin ich überzeugt, vom Abgrund verschlungen oder durch eine Flut hinweggespült oder wie Sodom vom Blitz getroffen werden müssen ...“. 156 Vgl. oben Anm. 134. 157 Zur Darstellung der Römer bei Matthäus s. D. J. Weaver, „Thus You Will Know Them by Their Fruits“. The Roman Characters of the Gospel of Matthew, in: The Gospel of Matthew in Its Roman Imperial Context, hg. v. J. Riches / D. C. Sim, JSNT.S 276, London / New York 2005, 107–127.

Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Matthäusevangelium

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kriegerischen davidischen Messias lesen kann.158 Für Josephus ist der von Gott legitimierte Herrscher hingegen Vespasian, auf den er die zweideutige Weissagung eines Herrschers aus dem Osten bezieht, welche die Aufständischen, so Bell V 312, am meisten zum Krieg angestachelt hatte.159 Vertritt Josephus mit der Deutung auf Vespasian eine Neuinterpretation der Weissagung, so kann man Matthäus am Werk sehen, die Gestalt des davidischen Messias neu zu kolorieren.160 So unterschiedlich, ja entgegengesetzt die beiden Ansätze inhaltlich ausfallen, stimmen sie doch insofern zusammen, als sie – je auf ihre Weise – als kritische Reaktionen auf die Herausforderung des Judentums nach 70 zu lesen sind, angesichts der Geschehnisse, die in der Zerstörung Jerusalems eskalierten, die überkommenen messianischen Traditionen neu zu kanalisieren. Mit ihrer jeweiligen Deutung der Zerstörung der Stadt suchen Matthäus und Josephus dabei die eigene, von anderen kritisierte Position zu legitimieren.161 Festzuhalten ist schließlich, dass weder Matthäus noch Josephus eine Kollektivschuldthese entwickeln, sondern in einer innerjüdisch differenzierten Sicht jeweils bestimmte – wenn auch aus der jeweiligen Perspektive162 unterschiedliche – Kräfte belastet werden.163 Und nicht nur für Josephus, sondern

––––––––––––– 158 Vgl. G. Theißen, Vom Davidssohn zum Weltenherrscher. Pagane und jüdische Endzeiterwartungen im Spiegel des Matthäusevangeliums, in: Das Ende der Tage und die Gegenwart des Heils. Begegnungen mit dem Neuen Testament und seiner Umwelt, FS H.-W. Kuhn, hg. v. M. Becker / W. Fenske, AGJU 44, Leiden u. a. 1999, 145–164: 158.161–164. 159 Vgl. Tacitus, Historiae V 13,2; Sueton, Vespasian 4,5. Vgl. dazu Schwier, Tempel (s. Anm. 3), 238–244; zum Verhältnis zwischen Josephus, Bell VI 288–315, und der genannten Passage bei Tacitus s. auch U. Fischer, Eschatologie und Jenseitserwartung im hellenistischen Diasporajudentum, BZNW 44, Berlin / New York 1978, 161–166, der sich gegen die literarische Abhängigkeit des Tacitus von Josephus und für eine gemeinsame Abhängigkeit von einer „heidnischen“ Quelle ausspricht (164f). 160 Es ist dabei durchaus möglich, dass bei der zweideutigen Weissagung Num 24,17 eine Rolle spielte (s. Theißen, Davidssohn [s. Anm. 158], 153; Fischer, Eschatologie [s. Anm. 159], 160f, präferiert hingegen Num 24,7), und dieser Text auch in Mt 2 im Hintergrund steht (vgl. nur Davies / Allison, Mt [s. Anm. 1], Bd. 1, 231.234f). 161 Vgl. zu Josephus die Ausführungen bei Döpp, Deutung (s. Anm. 34), 228–231. 162 Siehe o. bei Anm. 137 den Hinweis auf die grundlegend verschiedenen rhetorischen Herausforderungen von Josephus und Matthäus. Dass Josephus zwischen den Aufständischen und dem Volk zu differenzieren sucht, ist Teil seiner Apologie des Judentums. 163 Zu Josephus’ Fokussierung auf die Aufständischen s. Döpp, Deutung (s. Anm. 34), 226–231 mit dem Fazit 237: „Josephus hat ... nicht ganz Israel, sondern v. a. die zelotischen Anführer im Blick.“ Siehe auch Bilde, Causes (s. Anm. 140), 202: „[I]t is a chief concern of him to acquit the Jewish people as a whole of responsibility for the rebellion.“ – Zur Unterscheidung zwischen Aufständischen und Volk s. z. B. IV 158ff (s. dazu oben Anm. 75); V 335.345 und V 355: „Zudem war es auch vom Schicksal so verhängt, daß die Unschuldigen mit samt den Schuldigen zugrunde gehen sollten, und mit den Aufrührern die ganze Stadt.“

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Matthias Konradt

auch für Matthäus bedeutet die Zerstörung Jerusalems in keiner Weise das Ende Israels.

Isaiah in Josephus by

CHRISTOPHER BEGG From Matthew through Revelation Isaiah is the Old Testament prophet. The New Testament authors cite or allude to many different words of Isaiah and do so in many distinct connections.1 Isaiah, by contrast, does not enjoy the same preeminent status in the Josephan corpus. Relatively speaking, Josephus devotes more sustained attention to the (writing) prophets Jeremiah and Daniel and indeed, to the minor prophet Jonah when one takes into account the vast disparity in length between the book of Jonah and that of Isaiah. Also absolutely, however, Josephus does not make anywhere as extensive a use of the Isaian repertoire as does the New Testament. In fact, the historian adduces the person and words of Isaiah in only three contexts, i. e. the prophet’s interactions with King Hezekiah (Ant IX 260–X 35), Cyrus’ permission for the rebuilding of the Jerusalem temple (Ant XI 5–6) and the erection of Jewish temple in Leontopolis by a refugee high priest named Onias (Bell VII 422– 432 and Ant XIII 62–73).2 In what follows I shall briefly consider these three segments in turn with special attention to their handling of the biblical prophet’s words and the image of Isaiah they present.

––––––––––––– 1 J. A. Sanders, Isaiah in Luke, Interpretation 36, 1982, 144–155: 144, calculates that „five hundred and ninety references, explicit or otherwise, from sixty-six chapters of Isaiah are found in twenty-three New Testament books ...“. On the New Testament’s use of the Book of Isaiah, see further: Y. H. Sanger, Isaiah and the New Testament, RevExp 65, 1968, 459–470; J. Flamming, The New Testament Use of Isaiah, SwJT 11, 1968, 89–103; S. Moyise / M. J. J. Menken (eds.), Isaiah and the New Testament, The New Testament and the Scriptures of Israel, London / New York, 2005. See also F. Wilk in this volume. 2 Previous treatments of the figure of Isaiah in this material include: C. T. Begg, The Classical Prophets in Josephus’ Antiquities, LS 13, 1988, 341–357: 348–351; L. H. Feldman, Studies in Josephus’ Rewritten Bible, JSJ.Suppl 58, Leiden, 1998, 376–392; P. Höffken, Hiskija und Jesaja bei Josephus, JSJ 29, 1998, 37–48; idem, Zur Rolle Jesajas und seines Buches bei Josephus in den Antiquitates, ThZ 60, 2004, 308–318. On Josephus’ overall treatment of prophecy, see L. H. Feldman, Prophets and Prophecy in Josephus, JThS 41, 1990, 386–422; P. Höffken, Josephus Flavius und das prophetische Erbe Israels, Lüneburger Theologische Beiträge 4; Münster 2005 (where Höffken’s two above-mentioned articles are reprinted).

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Christopher Begg

I. Isaiah and Hezekiah The figure of Isaiah recurs throughout the extended segment Ant IX 276– X 35,3 that corresponds to the biblical parallel passages 2Kgs 18,14– 20,19 // Isa 36,1–39,7 // 2Chr 32,1–31 and deals with the interactions between Isaiah and Hezekiah at a series of critical junctures for king and people. The first of Josephus’ mentions of Isaiah within Ant IX 276–X 35 comes in IX 276. Here, in an expansion of the Chronicler’s notice of 2Chr 32,1 about the Assyrian menace that emerged immediately after Hezekiah’s great cultic reform (see 2Chr 29–31 // Ant IX 260–274), Josephus states: „But Hezekiah gave no thought to these threats, for he had confidence in ... the prophet Isaiah, by whom he was accurately informed of future events.“4 Already with this first mention of him in Antiquities, Josephus highlights the all-dominate feature of his portrait of Isaiah, i. e. Isaiah as the conveyer of reliable announcements about what will happen. This initial presentation is picked up at the very end of the above segment in Ant X 35a. In this closing notice, a creation of Josephus himself, he declares: As for the prophet, he was acknowledged to be a man of God (literally: divine, Greek: ƭƪ̝ƳƵ)5 and marvellously possessed of truth (ƭƦƸμʾƶƮƳƵ ƷˁƱ əư˂ƭƪƮƦƱ),6 and, as he was confident of never having spoken what was false, he wrote down in books all that he had prophesied and left them to be recognized as true from the event by men of future ages.

The notice adds several further elements to Josephus’ earlier presentation of Isaiah as a veracious predictor: the high („divine“) reputation he enjoyed, his writing down all his words „in books“,7 and the intention behind this, i. e. that his message should be available to later generations who would recognize the truth of Isaiah’s words in virtue of their fulfillment in the events of their time. By means of this notice on the prophet’s „book(s)“ and their intended future ––––––––––––– 3 For a detailed study of this segment, see C. T. Begg, Josephus’ Story of the Later Monarchy, BEThL 145, Leuven 2000, 362–363, 387–440. 4 All translations of Josephus are taken from H. S. J. Thackeray, R. Marcus, et al., Josephus, 10 Vols., LCL, Cambridge / London 1926–1965. 5 Josephus uses this term also of Moses (Ant III 180), the prophet of 1Kgs 13 (called „Jadon“ by him; see Ant VIII 243 [where the epithet is applied to the figure by King Jeroboam]); and Daniel (Ant X 250). On this usage, see D. S. du Toit, Die Verwendung von ƭƪ̝ƳƵ als Attribut für Menschen in den Schriften des Josephus, in: Internationales JosephusKolloquium Brüssel 1998, MJSt 3, J. U. Kalms / F. Siegert (ed.), Münster 1999, 53–93. 6 This phrase occurs only here in Josephus. 7 On the association of Isaiah with writing / a book, see: Isa 8,16; 29,11; 30,8; 2Chr 32,32; Luke 4,4. Perhaps in having Isaiah personally put the whole of his words into writing Josephus was influenced by Jeremiah 36 where (v. 2) Jeremiah is instructed by God to write down all his words „from the days of Josiah until today“.

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use, Josephus further prepares his two later accounts of the influence of Isaiah’s words centuries after his own time; see below. Between the framework notices of Ant IX 276 and X 35 stands a segment, X 1–34, in which Josephus relates, on the basis of 2Kgs 18,14–20,19 // Isa 36,1–39,8 (cf. 2Chr 32,1–31), a fourfold interaction between Isaiah and King Hezekiah. In each of these instances, Isaiah makes announcements to Hezekiah that do come about, in the short or long run, and so prove him to be the true predictor spoken of in IX 276 and X 35. In my remarks on the four instances, I focus on those features that distinguish them from the biblical Vorlage(n). The first of the king-prophet interactions comes in Ant X 12–14, Josephus’ parallel to 2Kgs 19,2–7 // Isa 37,2–7. In the biblical accounts (see 2Kgs 19,4b // Isa 37,4b), Hezekiah, in the face of the Rabshakeh’s threats, requests Isaiah to „offer up a prayer on behalf of the remnant that is left.“ Josephus (X 12) has the king ask Isaiah to „offer sacrifices for the common safety“8 as well; he likewise adds mention (X 13a) of Isaiah’s „receiving an oracle from God“ once he complies with Hezekiah’s request. The historian does reproduce (X 14 in fine) Isaiah’s concluding announcement (2Kgs 19,7aƧb // Isa 37,7aƧb) about Sennacherib’s returning to his own land and dying by the sword there. Conversely, however, he substitutes a content of his own for the prophet’s words of 19,6–7aƦ // 37,6–7aƦ (exhortation not to fear the Assyrian „blasphemy“ against the Lord, reference to the „spirit“ Yhwh will „put“9 in Sennacherib). Specifically, in his version (X 13–14ab) Isaiah first announces that the Assyrians will be defeated „without a battle“ and „retire ignominiously“, „destroyed“ by God,10 and then mentions a prior defeat Sennacherib is to undergo, i. e. the failure of his campaign against Egypt.11

––––––––––––– 8 Hezekiah’s request of the prophet here is in line with Josephus’ tendency to assimilate the priestly and the prophetic roles in way that goes beyond the Bible itself. On the phenomenon, see J. Blenkinsopp, Prophecy and Priesthood in Josephus, JJS 25, 1974, 239–262; Begg, Classical Prophets (see n. 2), 349 n. 19; Feldman, Prophets and Prophecy (see n. 2), 419–421. 9 On Josephus’ tendency to avoid biblical references to the divine „spirit“ (Greek: ™Ʊƪ̬μƦ), see E. Best, The Use and Non-Use of Pneuma by Josephus, NT 3, 1959, 218–225; J. R. Levison, Josephus’ Interpretation of the Divine Spirit, JJS 47, 1996, 234–255: 252–254. 10 This part of Isaiah’s response announces the event spoken of in 2Kgs 19,35–36a // Isa 37,36–36a // Ant X 21, i. e. the plague that befalls the Assyrian camp, killing 185.000 men and prompting Sennacherib’s precipitous withdrawal. In having the prophet announce this happening as well, Josephus enhances his predictive capacities. The announcement echoes Josephus own words to the defenders of Jerusalem in Bell V 388 where he attributes Sennacherib’s overthrow to a divine initiative that excluded any military role by the city’s inhabitants. 11 Josephus relates the realization of this prediction in X 17–21 where he draws on Herodotus, Historiae II 141. The biblical accounts do not relate a campaign by Sennacherib against Egypt. Here again (see previous note), Josephus accentuates Isaiah’s stature as one whose predictions encompass a whole range of upcoming events.

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Isaiah’s second exchange with Hezekiah comes in response to the threatening „letter(s)“ Sennacherib sends to the king and the latter’s prayer regarding these; see 2Kgs 19,8–19 // Isa 37,8–20 // Ant X 15–16a. The biblical accounts report (2Kgs 19,20–34 // Isa 37,21–35) a lengthy word that Isaiah conveys to Hezekiah on this occasion. Josephus makes very selective use of the content of this word in X 16b. Leaving aside its extended denunciation of Sennacherib for his insulting of Yhwh (see 19,21b–28 // 37,22b–29), he begins by reproducing the assurance of 19,20bƧ that Hezekiah’s prayer has been heard. He then proceeds to cite, in reverse order (and in shortened form) the prophet’s announcements that Jerusalem will not be besieged (see 19,32–34 // 37,33–35) and its people will enjoy agricultural bounty and security (see 19,29– 30 // 37,30–31).12 The third interaction between king and prophet revolves around the royal illness as reported in 2Kgs 20,1–11 // Isa 38,1–22. Josephus’ rendering of this episode in Ant X 24–29 features noteworthy modifications of the sources’ presentation of both figures. Thus in his portrayal of Isaiah’s role, he passes over the prophet’s initial announcement that Hezekiah is going to die (20,1 // 38,1) as well as the Lord’s entrusting Isaiah with a new, ‚revised‘ word for the king, informing him, inter alia, that he will be given fifteen additional years of life (see 20,4–6 // 38,4–6). The motivation behind these omissions is not difficult to ascertain: The biblical accounts depict a prophet whose opening prediction made in Yhwh’s name is almost immediately countermanded by Yhwh in response to Hezekiah’s tearful appeal of 20,2–3 // 38,2–3. Such a portrayal is clearly not in accord with Josephus’ insistence on the absolute veracity / reliability of Isaiah’s announcements (see X 35) and so is simply eliminated by him. The historian likewise omits the notice of 2Kgs 20,713 about Isaiah’s directing that a „poultice of figs“ be applied to Hezekiah’s „boil“ with the result that the king „recovers“. Perhaps, Josephus viewed – and supposed his sophisticated Gentile readers would view – this procedure as an act of magic unworthy of a figure of Isaiah’s stature.14 In addition to these two omissions, Josephus modifies the biblical presentation of Isaiah’s role in Hezekiah’s illness in still other respects. In citing (X 27b) the prophet’s various assurances for the sick king, he leaves aside the promise of delivery from the Assyrian threat of 20,6 // 38,6 which seems out

––––––––––––– 12 Josephus’ reversal of the biblical order of the two announcements makes for a more chronologically senseful sequence: Jerusalem’s escape from an Assyrian siege is the presupposition for its undisturbed enjoyment of agricultural plenty. 13 This notice has a seemingly displaced parallel in Isa 38,21. 14 Thus Feldman, Studies (see n. 2), 390. In fact, this is the only such initiative attributed to one of the ‚writing prophets‘ in the Bible. In Josephus’ presentation Hezekiah’s cure is linked rather with God’s giving, at Isaiah’s request, the king the „sign“ he asks for (see X 29b).

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of place at this point, given that the overthrow of Sennacherib’s army has already been recorded (see 2Kgs 19,35–36 // Isa 37,36–37 // Ant X 21).15 Conversely, he introduces a promise that addresses Hezekiah’s concern about dying without offspring that permeates his version of the episode, i. e. „... sons would be born to him“. Finally, Josephus also reworks the biblical presentation of Hezekiah’s request for a „sign“ and Isaiah’s response to this (2Kgs 20,8–11)16 in several ways: He supplies a motivation for Hezekiah’s asking for the sign (i. e. his disbelief in what has been told, X 28) and represents the prophet as telling the king to ask for whatever he wishes as that sign (X 29a).17 Finally, as in the biblical accounts and in line with an recurrent emphasis in his own depiction of the prophet, he concludes the ‚sign scene‘ with a reference to Isaiah’s efficacious appeal to God that results in the sign’s coming about (X 29b). The last of the four biblical interactions between Hezekiah and Isaiah (see 2Kgs 20,12–19 // Isa 39,1–7) deals with the visit of the Babylonian envoys to the king. At the center of this episode king and prophet engage in a double question and answer sequence about the visit (see 20,14–15 // 39,3–4). Josephus’ version (X 30–34) compresses this exchange. His Isaiah asks (X 32) only the second of his two initial biblical questions, i. e. where have the envoys come from, leaving aside the previous one which Hezekiah does not answer as such, i. e. what did the envoys say. He likewise passes over Isaiah’s follow-up question („what did they see in your house?“ 20,15 // 39,4), having Hezekiah volunteer this information without waiting to be asked. Josephus further compresses Isaiah’s climatic announcement to Hezekiah of 20,17–18 // 39,6–7, even while rendering its wording more specific: Hezekiah’s wealth will be carried away „in a short time“ rather than in the „days

––––––––––––– 15 In common with Isaiah 38, Josephus also has no equivalent to the announcement with which 2Kgs 20,5 concludes: „On the third day, you [Hezekiah] shall go up to the house of the Lord.“ (On the other hand, his biblically unparalleled notice in X 29 that, following his cure, Hezekiah „went up to the temple and did obeisance to God and offered prayers to Him“ seems to be inspired by this announcement.) 16 In Isaiah 38, the components of 2Kgs 20,8–11 appear in a seemingly displaced order with Isaiah first announcing the sign in vv. 7–8, and Hezekiah asking for this only much later in v. 22. 17 By contrast in 2Kgs 20,9 Isaiah offers Hezekiah a much more limited option, i. e. does he wish the shadow to recede ten paces, while in Isa 38,7–8 he simply informs him that the sign will involve the shadow’s regressing the ten paces. Josephus thus depicts a more selfassured prophet who leaves it up to Hezekiah to specify what the sign is to be, confident that he will have no difficulty in obtaining this from God – whatever it might be. In so doing, Josephus was perhaps inspired by another king-prophetic exchange recorded in the book of Isaiah, see chap. 7 (a passage not otherwise utilized by him), where (v. 11) the Lord speaking through Isaiah urges King Ahaz „ask a sign of the Lord your God; let it be deep as Sheol or high as heaven“.

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that are coming,“18 and it is made clear that the ‚eunuch status‘ of Hezekiah’s offspring to which 20,18 // 39,7 refer will involve their actual castration.19

II. Isaiah and Cyrus The second context in which Josephus refers to Isaiah is his account of Cyrus’ initiatives on behalf of the exiled Jews. The historian begins his account of this happening with an expanded rendition (see Ant XI 1–4)20 of Ezra 1,1–4 // 1Esdras 2,1–7 which relate that the Persian king was inspired by God to issue an edict in which Cyrus declares that he had been appointed king by God and commissioned by God to build a temple in Jerusalem. Into his version (XI 3b–4) of Cyrus’ first-person edict as quoted in Ezra 1,2–4 and 1Esdras 2,3–7, Josephus interjects a phrase in XI 4 that serves to prepare the reference to Isaiah he is about to introduce, i. e. the statement „He [God] foretold my name through the prophets.“ This formulation prompts one to ask: Which „prophets“ is Cyrus referring to here and how would the pagan king know what they said? Josephus supplies answers to these questions in the notice he appends to the royal edict in XI 5a: „These things Cyrus knew from reading the book (ƧƮƧư˄ƳƱ) of the prophecy which Isaiah had left beyond (ƯƦƷˀưƮ™ƪƱ)21 two hundred and ten years earlier.“22 He then proceeds to ad––––––––––––– 18 Josephus’ specification concerning the imminent fulfillment of Isaiah’s initial announcement here seems to have in view the seizure of Hezekiah’s successor Manasseh by the Babylonians that he will relate in Ant X 40 on the basis of 2Chr 33,11 (although neither of these texts mentions an accompanying despoliation of the royal treasures). See Höffken, Rolle (see n. 2), 313. 19 See Josephus’ inserted reference to the princes’ „losing their manhood“ in X 33. The biblical texts leave the matter ambiguous in that both the Hebrew and Greek terms that are translated as „eunuch“ in 2Kgs 20,18 // 39,7 can have a wider sense, i. e. „official“. In any case, Isaiah’s announcement about the men’s fate looks forward to Ant X 186 where there is mention of Nebuchadnezzar’s „making eunuchs“ out of some of the captive Jewish nobles and relatives of King Zedekiah. Somewhat surprisingly, Josephus fails to call attention to the realization of Isaiah’s prophecy when mentioning this happening via an explicit ‚fulfillment notice‘ – contrary to his procedure in many other such cases. 20 On this passage, see Höffken, Josephus (see n. 2), 65–77. 21 Josephus’ wording here recalls that of Ant X 35: „(Isaiah) wrote down in books (Ƨ˄ƧưƳƮƵ) all that he had prophesied and left them (ƯƦƷˀưƮ™ƪƱ) to be recognized as true from the event by men of future ages.“ Isaiah’s intention in writing his book(s) is now being realized as Cyrus reads that book and realizes that the long-ago prophet had foreseen his own kingship and divinely intended role. 22 This figure represents the total of two other datings Josephus cites in the context of XI 1–6, i. e. the 140 years that elapsed from the time Isaiah uttered his prophecy about Cyrus to the exile (see XI 6) and the 70-year duration of the exile itself (see XI 1–2; cf. Jer 25,11–12; 29,10). Also elsewhere Josephus introduces ‚precise‘ figures for the interlude between the

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duce (XI 5b) the particular portion of Isaiah’s book that Cyrus would have read, i. e. (an expanded form of) Isa 44,28: „For this prophet had said that God had told him in secret,23 ‚It is my will that Cyrus, whom I shall have appointed king of many great nations,24 shall send my people to their own land25 and build my temple.‘“26 Having cited the Isaiah word read by Cyrus in XI 5b, Josephus first appends (XI 6a) a further (see XI 5a) chronological indication concerning this, i. e. its having been pronounced 140 years before the destruction of the temple.27 Thereafter, he highlights (XI 6b) the effects of Cyrus’ reading upon him „... he wondered at the divine power (ƭƦƸμʾƶƦƱƷƦ Ʒ˅ ƭƪ̝ƳƱ)28 and was seized by a strong desire and ambition to do what had been written ...“ That desire, in turn, according to XI 6c–7, prompted the king to convene the Jewish notables and inform them of the beneficent decisions he had taken in their regard.29

––––––––––––– delivery of a prophecy and its realization; see, e. g., Ant X 67 where he avers that the prediction of the Judean man of God about the overthrow of Jeroboam’s altar by Josiah (see 1Kgs 13,2 // Ant VIII 232) found fulfillment 361 years later. On the assumption that the ‚Cyrus word‘ was pronounced by Isaiah towards the end of his career (ca. 700 B. C.), the time between this and Cyrus’ proclamation (538 B. C.) would actually amount to about 160 years. 23 With this introductory affirmation concerning the divine origin of the following word, compare the opening formula „thus says the Lord ...“ (that Josephus consistently avoids) used in the context of Isa 44,28 in 44,24 and 45,1. 24 Josephus could have drawn on several sources of inspiration for this element of his expanded version of Isa 44,28; see 45,1 (where the Lord refers to his having grasped Cyrus’ right hand „to subdue nations before him“) as well as Ezra 1,2a // 1Esdras 2,2a (Cyrus avers that „the Lord ... has given me all the kingdoms of the earth“; cf. Ant XI 3: „... the Most High God has appointed me [Cyrus] king of the inhabitable world ...“). 25 With this component of Isaiah’s word as cited by Josephus, compare the divine statement concerning Cyrus in the context of Isa 44,28, i. e. „he shall set my exiles free“ of 45,13. 26 Compare the concluding words of Isa 44,28, „(the Lord who says) of the temple, ‚your foundations shall be laid.‘“ In the formulation of 44,28 Cyrus (mentioned by name at the start of the verse as Yhwh’s „shepherd“ and fulfiller of God’s purpose) is not explicitly designated as the one to build the temple. Josephus’ clarification of the matter reflects Cyrus’ own claim about his God-given task of temple-building in Ezra 1,2 // 1Esdras 2,2 // Ant XI 4. 27 On this figure and its discrepancy with chronological indications given elsewhere by Josephus for the period between the end of the reign of Hezekiah and the temple’s destruction in Zedekiah’s 11th year, see Marcus, Josephus VI (see n. 4), 316–317, n. a. Such discrepancies between one context and another are not uncommon in Josephus’ vast work. 28 This phrase recalls Josephus’ formulation in Ant X 35: „(Isaiah) was acknowledged to be a man of God (ƭƪ̝ƳƵ) and marvellously (ƭƦƸμʾƶƮƳƵ) possessed of truth.“ 29 This address by Cyrus to the assembled leaders of the Jewish community lacks a basis in the accounts of Ezra 1 and 1Esdras 2. For the content of the address (permission for the Jews to return to Judea and rebuild the temple, the contributions to the project by non-Jews

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The accounts of Cyrus’ edict in Ezra 1 and 1Esdras 2 allude to Jeremiah (see 1,1 // 2,1), but nowhere mention Isaiah. Josephus’ (XI 5–7) version not only introduces such a mention, but also develops a whole narrative about the king’s reading Isaiah’s word and the effect this had upon him (XI 5–7). His doing this attests to Josephus’ interest in the figure of Isaiah and the farreaching historical efficacy he attributes to his words.

III. Isaiah and the Leontopolis Temple Josephus’ third and final mention of Isaiah figures within his account of the establishment of a Jewish temple at Leontopolis in Egypt during the reign of Ptolemy V Philometor (182–146 B. C.). In fact, the historian offers two distinct accounts of this event, the earlier in Bell VII 422–432, the later in Ant XIII 62–73.30 While these two versions differ in many details,31 they both make an explicit connection between the temple’s construction and a word of Isaiah, i. e. Isa 19,19 („On that day there will be an altar to the Lord in the center of the land of Egypt and a pillar to the Lord at its border“) (purportedly) predicting the event. In the Bell account of the Leontopolis temple the reference to Isaiah comes at the very end (VII 432) as a kind of afterthought or appendix. This reads: „There had, moreover, been an ancient prediction made some six hundred years before32 by one named Esaias, who had

––––––––––––– that Cyrus will call for), Josephus makes renewed use of the wording of the royal edict of Ezra 1,2–4 // 1Esdras 2,2–4 that he had previously (partially) cited in Ant XI 3–4. 30 Josephus makes additional, passing allusions to the Leontopolis temple in Bell I 33; Ant XII 387–388; XIII 258; XX 236–237. On the many questions surrounding the Leontopolis temple and Josephus’ accounts of it, see J. E. Taylor, A Second Temple in Egypt. The Evidence for the Zadokite Temple of Onias, JSJ 29, 1998, 297–321; J. Frey, Temple and Rival Temple – The Case of Elephantine, Mt. Garizim, and Leontopolis, in: Gemeinde ohne Tempel / Community without Temple, ed. B. Ego / A. Lange / P. Pilhofer, WUNT 118, Tübingen 1999, 171–203: 186–195; E. Nodet, La crise maccabéenne. Historiographie juive et traditions bibliques, Paris 2005, 277–289. 31 One such difference concerns the identity of the ‚Onias‘, the Jewish refugee priest and advocate of the building of the Leontopolis temple. In Bell VII 423 this is Onias III, while in Ant VII 62 (and XII 387) it is his son Onias IV. To complicate matters still further, Ant XX 236 identifies the figure as a nephew of Onias III, whose own father would also have been called Onias. 32 Assuming a ca. 700 B. C. date for Isaiah’s word in Isa 19,19 and given the first half of the second century B. C. as the time when the Leontopolis temple was constructed (see above), the interlude between prediction and fulfillment would come to somewhere between 500 and 550 years. As he did with the Isaiah word read by Cyrus (see Ant XI 5), so also in the case of the Leontopolis temple, Josephus shows an interest in specifying how long an interval supervened between the prophet’s announcement and its realization.

Isaiah in Josephus

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foretold the erection of this temple in Egypt by a man of Jewish birth.“33 The text of Isa 19,19 is more integral to the later, fuller account of the Leontopolis temple in Ant XIII 62–73 where it is invoked no less than three times. The first of these allusions appears towards the beginning of the narrative in XIII 64 where Josephus states, in wording quite similar to that used by him in Bell VII 432, that the refugee Jewish priest Onias (see n. 31) „was encouraged“ in his scheme of building a temple in Egypt „chiefly by the words of the prophet Isaiah, who had lived more than six hundred years before and had foretold that a temple to the Most High God was surely to be built in Egypt by a Jew.“ He then continues: „Being, therefore, excited by these words, Onias wrote the following letter to [King] Ptolemy and [Queen] Cleopatra.“ That letter itself concludes (XIII 68) with a citation of Isaiah’s word as its final clincher-argument: „For this [i. e. Onias’ preceding petition for permission to build a temple in Leontopolis] indeed is what the prophet Isaiah foretold, ‚There shall be an altar34 in Egypt to the Lord God‘ and many other such things did he prophesy concerning this place.“35 Finally, in their response to Onias’ letter, the Egyptian royal pair itself alludes (XIII 71) to the Isaiah passage as the rationale for their approval of the project, notwithstanding their misgivings36 concerning it: „But since you [Onias] say that the prophet Isaiah foretold this long ago, we grant your request if this be in accordance with the Law, so that we may not seem to have sinned against God in any way.“ As P. Höffken points out,37 in both his accounts concerning it Josephus portrays Onias’ temple-building initiative in largely negative terms. According to Bell VII 431 the project was motivated by Onias’ resentment towards the Jews of Jerusalem who had exiled him, while in Ant XIII 69 Josephus

––––––––––––– 33 Josephus’ allusion to Isa 19,19 here is quite approximate; that text (see above) does not speak of a temple, but of an „altar“ and a „pillar“, and there is no indication concerning the identity of the builder. His adaptation of the Isaiah text reflects the fact that an actual temple was built at Leontopolis at the instigation of Jewish refugee priest named Onias (on this figure, see n. 31). Josephus will proceed similarly in his handling of the Isaiah word in Ant XIII 62–73. 34 Here Onias uses a term (ƭƸƶƮƦƶƷ˂ƴƮƳƱ) drawn from Isa 19,19LXX itself, whereas in the quotation of Bell VII 432 (see also Ant XIII 64) the reference is to building a „temple“. 35 This concluding generalization of Isaiah’s prediction in 19,19 likely has in view the verse’s context in Isa 19,18.20–25 which speaks of the Egyptians’ future turning to the Lord. 36 The Egyptian rulers articulate their doubts about Onias’ project in the immediately preceding portion of their response in Ant XIII 70c as follows: „We wonder, therefore, whether it will be pleasing to God that a temple be built in a place so wild and full of sacred animals.“ 37 Rolle (see n. 2), 317.

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speaks of the „sin and transgression against the Law“38 the initiative involved and for which the Egyptian rulers make Onias solely responsible, even as they approve his request. On the other hand, the existence of Isaiah’s ancient „prediction“ does seem to lend a certain legitimacy to the temple’s construction in the eyes of the Egyptian monarchs (see XIII 71) – and of Josephus himself (see Bell VII 432).

Conclusion Josephus, as we have seen, makes only very selective use of the biblical material concerning Isaiah.39 At the same time, in several instances, he goes beyond the Bible itself in his positive portrayal of the prophet: He refers to Isaiah’s „divine“ reputation and his absolute confidence in his own veracity in Ant X 35, eliminates any suggestion that Isaiah was the bearer of a misleading message to Hezekiah (see X 24–29; compare 2Kgs 20,1–11 // Isa 38,1–22), and relates two ‚non-biblical‘ episodes (Cyrus’ reading of the prophetic book and the building of the Leontopolis temple) that feature the long-term influence of Isaiah’s words on the course of events. In Josephus’ presentation Isaiah likewise exercises a variety of roles: He sacrifices (Ant X 12), makes efficacious intercession with God for the needs of people and king (X 12.29), writes down his own words (X 35), and is above all a reliable predictor of (and indeed catalyst for) coming events, both proximate (Sennacherib’s defeat, Hezekiah’s recovery) and more distant (the exile and emasculation of Hezekiah’s descendants, Cyrus’ urge to rebuild the Jerusalem temple and the erection of the Leontopolis temple). Strikingly, in all three of Josephus’ ‚Isaiah segments‘ royal figures – whether Jewish (Hezekiah) or pagan (Sennacherib, Cyrus, Ptolemy and Cleopatra) – have a central role as the (immediate or indirect) addressee of the prophet’s words. In all three complexes as well a Jewish temple (the existing Solomonic edifice,

––––––––––––– 38 It is not immediately clear to what this phrase is referring: Is it the violation of the cen-

tralization commandment of Dtn 12 or rather the fact of the intended site’s housing a ruined pagan temple and being full of Egyptian sacred animals (see Ant XIII 67,70 and cf. n. 36)? On the point, see Marcus, Josephus VII (see n. 4), 261, n. a. 39 At a maximum, Josephus would use seven of Isaiah’s 66 chapters, i. e. 19.36–39 (but here he appears to depend rather on the parallel text 2Kgs 18–20), and 44–45*. On Josephus’ various possible reasons for passing over so much of the material of the book of Isaiah, see Feldman, Studies (see n. 2), 391–392. It might also be noted that Josephus makes no use of postbiblical traditions concerning the prophet as found, e. g., in the Martyrdom and Ascension of Isaiah.

Isaiah in Josephus

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its successor structure whose erection Cyrus authorizes, the Leontopolis sanctuary) has a part to play. With the writers of the New Testament Josephus has in common a conception of Isaiah as a prophet who predicted long in advance events of great historical significance, just as he shares their interest in highlighting the moment of a prediction’s final realization by means of ‚fulfillment formulas‘. With them too he presupposes the existence of an extended book of Isaiah, encompassing both chaps. 1–39 and 40ff. It might further be noted that neither Josephus nor the New Testament show much interest in the book’s recurrent social criticism. Where he and they differ above all concerns the kinds of persons and events they represent Isaiah as having predicted. In Josephus’ case these are primarily cultic developments involving Gentile rulers, while for the New Testament writers Isaiah was primarily the predictor of the Christ event in all its many dimensions, especially the mystery of his suffering, rejection by his own people, the opportunity for the Gentiles this afforded, and Israel’s own ultimate destiny. In accordance with these differing approaches to Isaiah, Josephus and New Testament go their separate ways with regard to those portions of the prophetic book they opt to cite.40

––––––––––––– 40 It is noteworthy that Josephus does not use any of the „Isaiah Quotations and Main Allusions“ cited in the index of these found in the book edited by Moyise and Menken (see n. 1), 213–214, just as conversely, none of the three portions of Isaiah featured by the historian himself (chaps. 36–39; 44,28–45,7; 19,19) appears in that list. It is further of interest to note that Josephus does not utilize the three Isaiah segments that D. D. Hannah, Isaiah within Judaism of the Second Temple Period, in: Moyise / Menken ibid. 7–34, presents as the object of special attention in the wider corpus of turn of the era Jewish writings, i. e. the ‚messianic‘ passage Isa 10,33–11,10; the vision account of Isaiah 6, and the Servant Songs.

Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie Neutestamentliche Perspektiven von

FLORIAN WILK I. Einleitung Das Jesajabuch ist neben dem Psalter das im Neuen Testament meistzitierte Buch der Heiligen Schriften Israels; unter den Prophetenbüchern ist es aus neutestamentlicher Sicht mit Abstand das bedeutendste.1

––––––––––––– 1 Einen Überblick zum Thema bietet der Sammelband Isaiah in the New Testament, hg. v. S. Moyise und M. J. J. Menken, London / New York 2005 (mit Beiträgen zu allen relevanten neutestamentlichen Schriften). Vgl. ferner W. C. Hofheinz, An Analysis of the Usage and Influence of Isaiah Chapters 40–66 in the New Testament, Diss. Columbia University 1964; J. Flamming, The New Testament Use of Isaiah, SWJT 11, 1968, 89–103; J. F. A. Sawyer, The Fifth Gospel. Isaiah in the History of Christianity, Cambridge 1996; C. A. Evans, From Gospel to Gospel. The Function of Isaiah in the New Testament, in: Writing and Reading the Scroll of Isaiah, hg. v. C. C. Broyles / C. A. Evans, VT.S 70, Leiden 1997, II, 651–691; B. S. Childs, The Struggle to Understand Isaiah as Christian Scripture, Grand Rapids / Cambridge 2004 (besonders 1–31). Der frühchristlichen Verwendung einzelner Jesajatexte gewidmet sind z. B. C. A. Evans, To See and Not Perceive. Isaiah 6.9–10 in Early Jewish and Christian Interpretation, JSOT.S 64, Sheffield 1989; K. Snodgrass, Streams of Tradition Emerging from Isaiah 40.1–5 and Their Adaptation in the New Testament, JSNT 8, 1980, 24–45; H. W. Wolff, Jesaja 53 im Urchristentum, Berlin ³1952; M. D. Hooker, Jesus and the Servant. The Influence of the Servant Concept of Deutero-Isaiah in the New Testament, London 1959; Jesus and the Suffering Servant. Isaiah 53 and Christian Origins, hg. v. W. H. Bellinger / W. R. Farmer, Harrisburg 1998. Die Jesajarezeption in bestimmten neutestamentlichen Schriften untersuchen R. Beaton, Isaiah’s Christ in Matthew’s Gospel, MSSNTS 123, Cambridge 2002; R. Schneck, Isaiah in the Gospel of Mark I–VIII, Berkeley 1994; R. E. Watts, Isaiah’s New Exodus and Mark, WUNT II / 88, Tübingen 1997; J. A. Sanders, Isaiah in Luke, in: C. A. Evans / J. A. Sanders, Luke and Scripture. The Function of Sacred Tradition in Luke-Acts, Minneapolis 1993, 14–25; D. W. Pao, Acts and the Isaianic New Exodus, WUNT II / 130, Tübingen 2000; F. W. Young, A Study of the Relation of Isaiah to the Fourth Gospel, ZNW 46, 1955,

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Florian Wilk

Diese intensive Nutzung entspricht der verbreiteten Hochschätzung des Jesajabuches im Judentum der hellenistisch-römischen Zeit. Diese Hochschätzung tritt z. B. im Buch Jesus Sirach zutage:2 Im Rahmen des so genannten Lobs der Väter (Sir 44–50) wird dem Propheten Jesaja im Zusammenhang mit König Hiskija (48,17–23) fast ebenso viel Raum gewidmet (vgl. 48,20b.22b–25)3 wie später allen übrigen Schriftpropheten gemeinsam (49,6–10). Dabei lässt das ‚Lob‘ des Jesaja auch erkennen, wie Juden in dieser Zeit Jesaja und seine Prophetie gelesen und verstanden haben. Zunächst wird der Prophet in seinen biblisch bezeugten Geschichtsbezügen gewürdigt: Er agierte als Mittler der Rettung Jerusalems vor Sanherib (48,20) und der mit einem Naturwunder verbundenen Genesung Hiskijas (48,23).4 Überdies wird in V. 22 betont, Jesaja habe Hiskija dazu angehalten, auf den Wegen Davids zu gehen und zu tun, was Gott gefiel. Hier zeigt sich eine spezifische Deutung des jesajanischen Wirkens. Die Rede von Davids Wegen ist nämlich ihren biblischen Parallelen gemäß5 auf die Bewahrung des rechten

––––––––––––– 215–233; D. R. Denny, The Significance of Isaiah in the Writings of Paul, Diss. Baptist Theological Seminary New Orleans 1985; D. A. Oss, Paul’s Use of Isaiah and Its Place in His Theology with Special Reference to Romans 9–11, Diss. Westminster Theological Seminary 1992; F. Wilk, Die Bedeutung des Jesajabuches für Paulus, FRLANT 179, Göttingen 1998; ders., Paulus als Interpret der prophetischen Schriften, KuD 45, 1999, 284–306; J. R. Wagner, Heralds of the Good News. Isaiah and Paul „In Concert“ in the Letter to the Romans, NT.S 101, Leiden 2002; S.-L. Shum, Paul’s Use of Isaiah in Romans. A Comparative Study of Paul’s Letter to the Romans and the Sibylline and Qumran Sectarian Texts, WUNT II / 156, Tübingen 2002; R. B. Hays, „Who Has Believed Our Message?“ Paul’s Reading of Isaiah, in: ders., The Conversion of the Imagination. Paul as Interpreter of Israel’s Scripture, Grand Rapids / Cambridge 2005, 25–49; F. Wilk, Paulus als Nutzer, Interpret und Leser des Jesajabuches, in: Die Bibel im Dialog der Schriften. Konzepte intertextueller Bibellektüre, hg. v. S. Alkier / R. B. Hays, NET 10, Tübingen / Basel 2005, 93–116; J. Fekkes, Isaiah and Prophetic Traditions in the Book of Revelation. Visionary Antecedents and Their Development, JSNT.S 93, Sheffield 1993. Vgl. ferner diverse Beiträge zum Schriftgebrauch im NT sowie zu einzelnen Jesajabezügen im NT, u. a. in: Studies in the Book of Isaiah. FS W. A. M. Beuken, hg. v. J. van Ruiten / M. Vervenne, BEThL 132, Leuven 1997; Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, hg. v. B. Janowski / P. Stuhlmacher, FAT 14, Tübingen 1996. 2 Einen weiteren prominenten Beleg bilden die Texte vom Toten Meer: Unter den rund 200 biblischen Manuskripten, die in Qumran gefunden wurden, sind nach dem Psalter die Bücher Dtn und Jes am häufigsten vertreten; und von den knapp 20 Pescharim sind die allermeisten dem Dodekapropheton und dem Jesajabuch gewidmet (vgl. J. C. VanderKam, Einführung in die Qumranforschung, UTB 1998, Göttingen 1998, 50–52.66f). 3 Vgl. dazu P. C. Beentjes, Hezekiah and Isaiah. A Study on Ben Sira xlviii 15–25, in: New Avenues in the Study of the Old Testament. FS M. Mulder, hg. v. A. S. van der Woude, OTS 25, Leiden 1989, 77–88. 4 Vgl. einerseits Jes 36–37 (par. 4Reg [2Kön] 18,13; 18,17–19,37), andererseits Jes 38 (par. 4Reg [2Kön] 20,1–11). 5 Vgl. 4Reg (2Kön) 18,3(–7); 2Chr 29,2(–31,21).

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Gottesdienstes in Israel zu beziehen – so, wie ihn David nach 47,9f eingeführt hatte.6 Die Reinheit dieses Gottesdienstes galt also als zentrales Anliegen Jesajas. Solche geschichtlichen Bezüge verbinden sich nun mit einer eschatologischen Deutung seiner Prophetie: Die Tröstung der Trauernden in Zion7 bestand nach 48,24 gerade darin, dass er mit gewaltigem Geist die letzten Dinge sah – Dinge, deren Kenntnis und Kundgabe einschlägigen Jesajatexten zufolge Gott vorbehalten ist.8 Daher wird „der Prophet“ Jesaja grundsätzlich als „groß und zuverlässig in seiner Schauung“ charakterisiert (48,22b); und das heißt nach V. 25: „Bis in die fernste Zukunft zeigte er an, was sein würde, und die verborgenen Dinge, bevor sie eintrafen.“ Die Präsentation Jesajas in Sir 48 zielt also darauf, dass ihre Leser die Geschicke des Gottesvolkes im Licht der jesajanischen Prophetie wahrnehmen. In der Tat vollzieht sich solche Wahrnehmung auf je eigene Weise in etlichen jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Offenbar waren Jesajatexte in besonderer Weise geeignet, Juden in diesen Jahrhunderten bei der Deutung ihrer geschichtlichen Erfahrungen, bei der Klärung ihrer Identität und bei der Formulierung ihrer Hoffnungen zu helfen.9 Im Prinzip gilt dies für die neutestamentlichen Schriften in gleicher Weise. Ich habe sie deshalb daraufhin untersucht, unter welchen thematischen Gesichtspunkten sie die Geschichte des Gottesvolkes mit der Prophetie Jesajas verknüpfen. Aus methodologischen Gründen und infolge der engen Grenzen, die meinem Beitrag gesetzt sind, habe ich nur solche Bezugnahmen auf das Jesajabuch berücksichtigt, die durch eine Zitationsformel ausgewiesen sind (Zitate) oder zumindest einen vollständigen Satz umfassen (zitatähnliche Anspielungen). Die Ergebnisse dieser Untersuchung seien im Folgenden vorgestellt.

––––––––––––– 6 Vgl. ferner die Verweise auf seinen regelmäßigen Lobpreis Gottes in Sir 47,8. 7 Vgl. Jes 61,1–3. 8 Vgl. Jes 41,22f; 46,10; 47,7 sowie 41,26; 42,9; 44,7f; 46,10; 48,5f, ferner Dan 2,22Th. 9 Vgl. D. D. Hannah, Isaiah within Judaism of the Second Temple Period, in: Moyise /

Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 7–33: 33: „The texts we have examined … illustrate the importance of the prophecies of Isaiah for Second Temple Jewish messianism, apocalyptic visionary texts, the liturgy and Jewish self-identity in the context of opposition.“ Vgl. ferner M. A. Knibb, Isaianic Traditions in the Apocrypha and Pseudepigrapha, in: Broyles / Evans (Hg.), Writing (s. Anm. 1), II, 633–650.

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II. Darstellung des neutestamentlichen Befundes Nach meiner Zählung liegen im Neuen Testament insgesamt 46 explizite Zitate und 36 zitatähnliche Anspielungen vor.10 Diese 82 Jesajabezüge verteilen sich wie folgt auf 14 Schriften des Neuen Testaments:

Zitate Ansp.

Mt Mk Lk Joh Act Röm 1Kor 2Kor Gal Phil Hebr 1Petr 2Petr Apk 9 3 4 4 4 14 3 1 1 2 1 3 3 1 1 1 2 4 2 1 1 5 1 11

Sortiert man diese Bezüge nach thematischen Gesichtspunkten, so lassen sich fünf Gruppen bilden: Die Verweise auf das Jesajabuch dienen im Neuen Testament a) b) c) d) e)

zur Explikation der Eigenart der Christusbotschaft und der Identität Jesu Christi, zur Darlegung des Selbstverständnisses von Trägern des Heilshandelns Gottes, zur Definition des Wesens der Christengemeinde und der Grundsätze ihres Lebens, zur Beschreibung der Stellung Israels zu Christus und Christusbotschaft, zur Klärung der Endzeiterwartungen.

Einige Belege liegen auf der Grenze zwischen je zwei dieser fünf Themen. Gleichwohl ist die gebotene Einteilung aus meiner Sicht am besten geeignet, die Eigenart der Rezeption des Jesajabuches in den Schriften des Neuen Testaments widerzuspiegeln. Eine entsprechend gegliederte Übersicht über alle Belegstellen soll diese These bestätigen. 1. Jesajabezüge zur Explikation der Eigenart der Christusbotschaft und der Identität Jesu Christi In den Briefen des Paulus an die Korinther werden Jesajaworte gelegentlich dazu herangezogen, die Eigenart der Christusbotschaft zu definieren: In ihr vollzieht sich die Ausschaltung menschlicher Weisheit aus der Beziehung zwischen Gott und Mensch (1Kor 1,19f), wie sie in Jes 29,14 sowie 19,11f

––––––––––––– 10 Nicht gezählt sind dabei a) die Verwendung von Jes 59,7f innerhalb der Katene in Röm 3,10–18, da Paulus diese als solche Ps 13LXX entlehnt haben dürfte (vgl. Wilk, Bedeutung [s. Anm. 1], 9f), sowie b) die Zitate unsicherer Herkunft in 1Kor 2,9 und 9,10 (vgl. dazu D.-A. Koch, Die Schrift als Zeuge des Evangeliums. Untersuchungen zur Verwendung und zum Verständnis der Schrift bei Paulus, BHTh 69, Tübingen 1986, 36–42).

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und 33,18 angekündigt ist; in ihr wirkt Gottes Geist, der das Geheimnis der Weisheit Gottes gemäß Jes 40,13 offenbar macht (1Kor 2,16); sie bringt den Christusgläubigen das in Jes 9,1[2] verheißene Licht Gottes, mit dem das Licht der Schöpfung (vgl. Gen 1,3) eschatologisch erneuert wird (2Kor 4,6).11 Daneben ist die Anführung von Jes 40,6–8 in 1Petr 1,24f zu nennen, die unterstreicht, dass Gottes Wort, so gewiss es selbst unvergänglich ist, den Christusgläubigen Anteil an der Ewigkeit Gottes vermittelt.12 Sehr viel öfter aber dienen Jesajaworte im Neuen Testament zur Explikation der Identität Jesu Christi selbst. Das gilt erstens für alle Reflexionszitate aus dem Jesajabuch im Evangelium nach Matthäus: Schon in Mt 1,22f weist der Evangelist mit dem Zitat aus Jes 7,14 und der zugehörigen Anspielung auf 8,8 grundlegend darauf hin, dass geistgewirkte Geburt und Benennung Jesu ihn als den dem Haus Davids verheißenen „Sohn“ ausweisen, in welchem sich Gottes „Mit-Sein“ mit Israel realisiert.13 Gemäß Jes 8,23–9,1 [9,1f] (Mt 4,14–16) leuchtet ja im Auftreten Jesu das eschatologische Licht Gottes für dieses in Finsternis versunkene Volk auf – und zwar so, dass auch Nichtjuden es wahrnehmen.14 Gerade in Exorzismen und Heilungen erweist er sich als der messianische Retter Israels, wie das Zitat aus Jes 53,4 in Mt 8,17 belegt;15 sie sind Jes 42,1–4 (Mt 12,17–21) zufolge Ausweis seiner Gottessohnschaft, rufen Israeliten zur Umkehr und bereiten auf diese Weise der nachösterlichen Verkündigung seiner Lehre an die Weltvölker den Boden.16 Jesus ist deshalb der in Sach 9,9 angekündigte Friedenskönig, dessen heilvolles Kommen Zion nach Jes 62,11 im Namen Gottes angesagt wird (Mt 21,4f).17 Einem spezifischen Anliegen sind die beiden ‚christologisch‘ geprägten Jesajazitate in Act 8,32f (Jes 53,7f) und Act 13,34 (Jes 55,3, verknüpft mit Zitaten aus Ps 2,7; 16[15],10 in Act 13,33.35) verpflichtet: Mit ihnen präsentiert Lukas die Erhöhung bzw. Auferweckung des am Kreuz getöteten Jesus als die Basis der Predigt des Evangeliums und damit der Vergebung der Sünden an Juden und Gottesfürchtige.18

––––––––––––– 11 Vgl. F. Wilk, Isaiah in 1 and 2 Corinthians, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 133–158: 135–141.147–149. 12 Vgl. S. Moyise, Isaiah in 1 Peter, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 175–188: 176. 13 Vgl. F. Wilk, Jesus und die Völker in der Sicht der Synoptiker, BZNW 109, Berlin / New York 2002, 83. 14 Vgl. Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 147. 15 Vgl. U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, EKK I / 2: Mt 8–17, Zürich / Neukirchen-Vluyn 1990, 19. 16 Vgl. Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 98f.138. 17 Man beachte die Rezeption des Kontextes (Jes 62,10–12) in Mt 21,1–11. 18 Vgl. Act 8,27.35f (samt 2,38) sowie 13,16.26.38f und dazu J. Roloff, Die Apostelgeschichte, NTD 5, Göttingen 1981, 141.207f.

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Auf ähnliche Weise sind im Brief an die Römer diejenigen Jesajazitate, die die Identität Jesu Christi explizieren, auf die heilvolle Bedeutung der Auferweckung des Gekreuzigten für die Glaubenden aus Israel und den Weltvölkern bezogen. Allerdings setzt Paulus jeweils eigene Akzente: Das Zitat aus Jes 28,16 in Röm 10,11 bezeugt – zusammen mit der Anspielung auf Joel 3,5 [2,32] in Röm 10,13 – die Universalität der rechtfertigenden Kraft des Christusglaubens; das Mischzitat aus Jes 28,16 und 8,14 in Röm 9,33 macht deutlich, dass sich an Christus in einer für Israel anstößigen Weise Heil und Unheil ent-scheiden; das Zitat aus Jes 11,10 am Ende der Zitatenkette in Röm 15,9–12 unterstreicht, dass Gott Jesus als Davidssohn zum Herrn über die Weltvölker gemacht hat, dass also Gottes Erbarmen über Nichtjuden untrennbar mit Gottes Treue zu Israel verbunden ist.19 Auch in 1Petr 2,6–8 sind Jes 28,16 und 8,14 als Schriftworte über Christus zitiert bzw. angeführt – freilich durch den Rekurs auf Ps 118[117],22 voneinander getrennt und ganz auf die Scheidung von Gläubigen und Ungläubigen ausgerichtet. In 1Petr 2,22–25 wird demgegenüber die Heilsbedeutung des stellvertretenden Leidens und Sterbens Christi in Anlehnung an Jes 53,4–6.9.12 entfaltet, um es den Lesern als Vorbild für ihr eigenes Leben zu empfehlen.20 Wieder anders ausgerichtet sind die beiden Jesajazitate im Brief an die Hebräer: Indem – nach dem Zitat aus Ps 22[21],23 in Hebr 2,12 – in 2,13 Aussprüche aus Jes 8,17.18 als Worte des präexistenten Gottessohns angeführt werden, erscheint dieser als Mittler, der die Gläubigen als die ihm von Gott geschenkten Kinder zum Vertrauen auf das Sühnehandeln Gottes im Tod Jesu anleitet.21 In der Apokalypse des Johannes endlich stellt sich der im Himmel thronende Jesus dem Seher zweimal (Apk 1,17; 22,13) mit dem Satz vor, der in Jes 44,6; 48,12 als Selbstvorstellung Gottes dient: „Ich bin der Erste und der Letzte!“ Ferner nimmt er in Apk 3,7 das Messiasprädikat aus Jes 22,22 in Anspruch, mit dem Schlüssel Davids die Macht zu haben, Menschen die Tür zum Tempel im neuen Jerusalem zu öffnen oder zu verschließen.22

––––––––––––– 19 Vgl. a) Röm 10,4.12f, b) 9,31f; 10,2–4 und c) 15,8–11 (mit Zitaten aus Ps 18[17],50; Dtn 32,43LXX und Ps 117[116],1) sowie Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 61f.88f und 157f.169f. 20 Vgl. L. Goppelt, Der erste Petrusbrief, KEK 12 / 1, Göttingen 1978, 147f.207–212. 21 Vgl. Hebr 1,2–14; 2,14–18 sowie M. Karrer, Der Brief an die Hebräer. Kapitel 1,1–5,10, ÖTK 20 / 1, Gütersloh / Würzburg 2002, 177. 22 Vgl. Apk 3,8.12 sowie Fekkes, Isaiah (s. Anm. 1), 132. Zur Deutung von Jes 22,20–23 auf einen Hohenpriester vgl. die LXX z. St. und dazu A. van der Kooij, Wie heißt der Messias? Zu Jes 9,5 in den alten griechischen Versionen, in: Vergegenwärtigung des Alten Testaments. Beiträge zur biblischen Hermeneutik. FS R. Smend, hg. v. C. Bultmann / W. Dietrich / C. Levin, Göttingen 2002, 156–169: 161f. Eine ähnliche Interpretation bietet auch das Jesajatargum.

Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie

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Überblickt man den Befund, so dienen Worte aus dem Jesajabuch im Neuen Testament dazu, den ganzen Weg des Gottessohnes Jesus als Vollzug des eschatologischen Heilshandelns Gottes zu identifizieren: von der Präexistenz (Hebr) über Geburt und irdisches Wirken in Israel (Mt), Kreuz und Auferweckung bzw. Erhöhung (Act, Röm, 1Petr) bis hin zur himmlischen Herrschaft des Erhöhten (Apk). Ergänzt wird dieses Bild durch die Zitate aus Jes 40,3(–5) in den synoptischen Evangelien; indem jene Zitate die Predigt (Mt 3,1–3; Mk 1,2–4) oder die Berufung des Täufers (Lk 3,1–6) der bei Jesaja verheißenen „Stimme in der Wüste“ zuschreiben,23 identifizieren sie ja zugleich Jesus mit dem „Herrn“, dessen Weg der Täufer bereiten soll. Nun ist dieses Prophetenwort bei Lukas Teil eines Berufungsberichtes;24 daher ließe es sich dort auch als Zitat auffassen, das das Selbstverständnis des Täufers zum Ausdruck bringt. Es schlägt somit eine Brücke zu der zweiten Gruppe von Jesajaworten im Neuen Testament. 2. Jesajabezüge zur Darlegung des Selbstverständnisses von Trägern des Heilshandelns Gottes Was für Lk 3,4(–6) erwogen werden kann, das liegt bei Joh 1,23 auf der Hand; denn hier ist es Johannes selbst, der Jes 40,3 zitiert und sich Priestern und Leviten aus Jerusalem, die nach seiner Identität fragen, als jene den Weg des Herrn bereitende Stimme vorstellt.25 Auch Jesus führt gelegentlich Jesajaworte an, um verschiedenen Gesprächspartnern das Geheimnis seiner Identität nahe zu bringen. In Mt 11,5 par. Lk 7,22 antwortet er auf die Täuferfrage „Bist du der Kommende …?“ mit einem Mosaik von Jesajaworten, das die durch ihn inaugurierten Vorgänge – Heilungen, Totenerweckung, Verkündigung an die Armen – als Er-

––––––––––––– 23 Während Mt (in 3,1) und Mk (in 1,4) die Wendung „in der Wüste“ aus dem Jesajazitat

auf das Verkündigungswirken des Täufers beziehen, verknüpft Lk sie (in 3,2) mit dem dieses Wirken initiierenden Ergehen des Wortes Gottes an Johannes; vgl. E. Schweizer, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, Göttingen 1982, 46. – In Mk 1,2f ist Jes 40,3 mit einem Mischzitat aus Ex 23,20 und Mal 3,1 kombiniert, das Johannes als den eschatologischen Wegbereiter des Gottessohnes Jesus präsentiert; vgl. dazu M. D. Hooker, Isaiah in Mark’s Gospel, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 35–49: 37f. 24 Dem dreiteiligen Aufbau des Jesajazitats in Lk 3,4.5.6 gemäß wird mit Lk 3,7–9.10–14.15–17 in drei Schritten geschildert, wie der Täufer seinem Auftrag nachkommt; vgl. Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 181f. 25 Vgl. C. H. Williams, Isaiah in John’s Gospel, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 101–116: 102f.

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füllung der Hoffnungen Israels für die Endzeit deutet.26 Dabei werden jene Vorgänge bei Matthäus explizit als „die Werke des Christus“ bezeichnet (Mt 11,2). Im Evangelium nach Lukas weist Jesu Antwort stattdessen auf seine erste Predigt in der Synagoge zu Nazaret zurück; schon dort (Lk 4,17–21) hat er ja gesagt, dass sein Auftreten die Prophetie vom Geistgesalbten aus Jes 61,1f (vermischt mit einer Wendung aus 58,6) zur Erfüllung bringe, hat er sich selbst also als Mittler des eschatologischen Heils für Israel präsentiert.27 Demgemäß rückt Jesus Lukas zufolge auch das Ende seines Weges in das Licht jesajanischer Prophetie: Beim Abschiedsmahl mit seinen Jüngern stellt er klar, dass sogar die Umstände seiner Verhaftung nach Jes 53,12 dem Ratschluss Gottes entsprechen (Lk 22,37).28 Vor allem aber ist es Paulus, der sein Selbstverständnis als Apostel Jesu Christi für die Weltvölker mehrfach aus dem Jesajabuch legitimiert. So zitiert er Jes 49,8 in 2Kor 6,2 als prophetischen Hinweis auf Gottes Hilfe, die ihm mit seiner Berufung zum Apostel zuteil wurde.29 In Röm 10,15 identifiziert er dann sich selbst samt anderen Predigern des Evangeliums als die Freudenboten, deren Auftreten in Jes 52,7 angekündigt ist; und in Röm 15,20f stellt er seine Praxis, mit seiner Verkündigung jeweils neue Gemeinden zu gründen, als Erfüllung der Weissagung aus Jes 52,15 dar.30 Anklänge an diesen jesajanischen Wurzelgrund seiner apostolischen Identität verbinden sich auch mit den bereits erwähnten Anführungen zum Wesen der Christusbotschaft des Paulus in 1Kor 2,16 und 2Kor 4,6.31 Schließlich gehört Act 13,47 in diesen Zusammenhang; denn dort erzählt Lukas, wie Paulus und Barnabas in Antiochien ihre Hinwendung zu Nichtjuden auf den ‚Befehl des Herrn‘ zurückführen, der in Jes 49,6 niedergelegt ist:32 „Ich habe dich zum

––––––––––––– 26 Vgl. Jes 29,18(f); 35,5f; 26,19; 61,1 (nur der Verweis auf die Reinigung von Aussätzigen hat keine Basis in der Prophetie Jesajas). Zum Charakter der jesuanischen Verwendung dieser Weissagungen vgl. K.-W. Niebuhr, Die Werke des eschatologischen Freudenboten. 4Q521 und die Jesusüberlieferung, in: The Scriptures in the Gospels, hg. v. C. M. Tuckett, BEThL 131, Leuven 1997, 637–646, sowie (mit anderen Akzenten) J. J. Collins, The Works of the Messiah, DSD 1, 1994, 98–112. 27 Vgl. Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 220f. 28 Vgl. die Beschreibung der Verhaftung Jesu in Lk 22,49–52 sowie B. J. Koet, Isaiah in Luke-Acts, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 79–100: 87f. 29 Vgl. die Deutung seiner Berufung als „Gnade“ (1Kor 3,10; 15,10 u. ö.) und „Erbarmen“ (2Kor 4,1) sowie Wilk, Paulus als Nutzer (s. Anm. 1), 110f. 30 Vgl. Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 173–176. 31 Sowohl in 1Kor 2,6–16 als auch in 2Kor 4,1–6 thematisiert Paulus die Würde seines Verkündigungsdienstes, der mit dem Evangelium als dem Wort Gottes die Wahrheit und die verborgene Weisheit Gottes offenbar werden lässt. 32 In Act 14,3 wird dieser Befehl übrigens ebenfalls als „das Wort seiner [sc. Gottes] Gnade“ gekennzeichnet; vgl. dazu die entsprechende Kennzeichnung von ‚EinsetzungsWorten‘ in Act 20,(28.)32 und Lk 4,(17–)22 sowie Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 222 Anm. 465.

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Licht der Weltvölker eingesetzt, auf dass du zum Heil dienst bis an das Ende der Erde.“ Im Neuen Testament erscheinen somit Johannes der Täufer, Jesus und Paulus als Personen, die ihre eigene Identität als Gesandte Gottes mit verschiedenen Worten aus dem Jesajabuch zur Sprache bringen – und zwar nicht zuletzt in der Absicht, die jeweilige Eigenart ihres Auftretens und Wirkens im Gespräch mit anderen zu plausibilisieren. 3. Jesajabezüge zur Definition des Wesens der Christengemeinde und der Grundsätze ihres Lebens Auch die dritte Gruppe umfasst Jesajazitate und -anspielungen, die der Klärung von Identität dienen; hier aber geht es jeweils um die Gemeinschaft der Christusgläubigen. Implizit wird dieses Thema mit der Anspielung auf Jes 6,9f im Rahmen von Mk 4,11f angeschlagen; denn damit warnt Jesus seine Begleiter, es nicht denen gleich zu tun, die „draußen“ stehen und sich der zur Vergebung führenden Umkehr verschließen, sondern seine Gleichnisse als Hinweise auf die Präsenz der Gottesherrschaft in seinem Wirken und damit als Ruf zur Umkehr (vgl. Mk 1,15) zu verstehen.33 Deutlich tritt das Wesen der Christengemeinde bei zwei Jesajabezügen im Evangelium nach Johannes in den Blick. Wenn Jesus in seiner Brotrede an die Juden aus Jes 54,13 zitiert: „Und es werden alle von Gott belehrt sein“ (Joh 6,45), dann macht er deutlich, dass diejenigen, die zu ihm kommen und glauben, von Gott selbst ‚gezogen‘ werden (6,44) – nämlich durch Gottes Lehre in der Rede Jesu;34 auf diese Weise identifiziert er die Christusgläubigen als die Gemeinschaft, in der sich die prophetische Verheißung, Gott selbst werde als Lehrer tätig, erfüllt. In Joh 16,22 wiederum spielt er im Rahmen seiner Abschiedsrede auf Jes 66,14 an, um anzuzeigen, dass die Ver––––––––––––– 33 Warnend-appellative Funktion hat die Antwort Jesu auf die Jüngerfrage in Mk 4,10 nicht erst in textpragmatischer Sicht (so V. A. Lehnert, Die Provokation Israels. Die paradoxe Funktion von Jes 6,9–10 bei Markus und Lukas. Ein textpragmatischer Versuch im Kontext gegenwärtiger Rezeptionsästhetik und Lesetheorie, NTDH 25, Neukirchen-Vluyn 1999, 161–163), sondern bereits auf intratextueller Ebene, sofern jene Antwort besagt: Wer sich mit den Zwölfen ‚in der Umgebung‘ Jesu aufhält (vgl. Mk 3,34), dem begegnet in seinem Wirken auf geheimnisvolle Weise die Königsherrschaft Gottes – so, wie es Jesu Gleichnisse zur Sprache bringen; wer aber „draußen“ bleibt (vgl. 3,31) und sich dieser Begegnung entzieht, der hat nichts anderes als die Gleichnisse, die außerhalb des Zusammenhangs mit Jesu Wirken unverständlich bleiben. 34 Implizit erweist sich Jesus damit selbst als Mittler der Gotteserkenntnis, vgl. Joh 6,46 und K. Wengst, Das Johannesevangelium, 1. Teilbd.: Kapitel 1–10, ThKNT 4,1, Stuttgart u. a. 2000, 244f.

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heißung des ein für alle Mal Freude stiftenden Heilshandelns Gottes in der Begegnung der Jünger mit dem Auferstandenen erfüllt wird. Vergleichbare Bezugnahmen auf das Jesajabuch finden sich in den Briefen des Paulus. In Gal 4,26–28 bringt er mit dem Zitat aus Jes 54,1 das typologische Entsprechungsverhältnis zwischen Sara und dem oberen Jerusalem zum Ausdruck; so kann er die galatischen Gemeinden als Kinder dieser „Mutter“ kennzeichnen und damit ihre Freiheit von der Sklaverei unter dem Gesetz begründen.35 In 1Kor 14,25 dient die Anspielung auf (Dan 2,46f und) Jes 45,14 dazu, die Bekehrung von Ungläubigen aufgrund unisono geübten Prophezeiens in Gemeindeversammlungen als Kennzeichen der von Jesaja angekündigten Heilszeit zu erweisen, in der ‚Heiden‘ die Präsenz Gottes im Gottesvolk preisend anerkennen werden.36 Paulus identifiziert seine Gemeinden demnach als Teil des eschatologischen Gottesvolkes. Daher kann er auch Aspekte ihres Lebensvollzugs aus der Prophetie Jesajas heraus begründen. Das geschieht zum einen mit der Aufnahme von Jes 22,13 zur Abweisung einer hedonistischen Lebensweise in 1Kor 15,32,37 zum anderen bei der Forderung der Absonderung von Götzen, wie sie die Anführung von Jes 52,11 (nebst Lev 26,11f / Ez 37,27; 20,34; 2Sam 7,14) in 2Kor 6,16–18 impliziert.38 Auch im ersten Petrusbrief ist je eine Anspielung auf das Wesen und die Lebenspraxis der Gemeinde bezogen: In 1Petr 4,14 wird ihr – auf der Basis der Verbundenheit mit dem Leiden und der Herrlichkeit Christi39 – die Ausstattung mit Gottes Geist zugesprochen, der nach Jes 11,2 auf dem Messias ruhen soll; in 1Petr 3,14f erscheint die unter Anfeindungen bewährte Ausrichtung ihrer Existenz auf den Herrn Christus als Vollzug dessen, was nach Jes 8,12f vom Gottesvolk gefordert ist.40 Sechs neutestamentliche Schriften verankern also die Identität der Christengemeinde in der Prophetie Jesajas. Indirekt gehören freilich in diese Rubrik

––––––––––––– 35 Vgl. Gal 4,21.31 sowie Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 94–96. 36 Vgl. Wilk, Isaiah (s. Anm. 11), 143f. 37 Vgl. Wilk, Isaiah (s. Anm. 11), 144f. 38 Da das Schriftwort in 2Kor 6,16c die Identifikation der Gemeinde als Tempel Gottes in

V. 16b aufgreift, ist die Wendung „aus ihrer Mitte“ in V. 17 am besten auf die Abgrenzung von den Götzen in V. 16a zu beziehen. – Anders als früher (vgl. Wilk, Bedeutung [s. Anm. 1], 11; ders., Isaiah [s. Anm. 11], 134) bin ich inzwischen überzeugt, dass sich der Abschnitt 6,14–7,1 auf plausible Weise als integrierender Bestandteil des 2Kor verstehen lässt. Die Gründe dafür hoffe ich bald in einer weiteren Publikation darlegen zu können. 39 Vgl. 1Petr 4,13 und dazu R. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, ThHK NT 15 / 1, Leipzig 2005, 150. 40 Vgl. K. H. Jobes, The Septuagint Textual Tradition in 1 Peter, in: Septuagint Research. Issues and Challenges in the Study of the Greek Jewish Scriptures, SBL.SCS 53, Atlanta 2006, 311–333: 329.

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noch weitere Jesajabezüge, die den Tempel als Ort des Gotteslobs betreffen. So zitiert Jesus nach allen synoptischen Evangelien bei der Tempelaustreibung aus Jes 56,7 die Zusage „Mein Haus wird Haus des Gebetes heißen“ als Verheißung, die sich im Gefolge seines Wirkens erfüllt (Mt 21,13; Mk 11,17, ähnlich Lk 19,46) – und kontrastiert sie mit dem Jer 7,11 entsprechenden Verhalten derer, die am Kult mitwirken; nach Markus spricht Jesus dabei von dem nicht mit Händen gebauten Gebetshaus „für alle Völker“, das durch seinen Tod begründet wird.41 In der Apostelgeschichte zitiert Stephanus am Ende seiner Rede vor dem Hohen Rat Jes 66,1f (Act 7,48–50), um nachzuweisen, dass der für Israel erbaute Tempel keinesfalls als Wohnort Gottes aufgefasst werden darf – den wahren, Vergebung bewirkenden Priesterdienst versehe ja der Auferstandene zur Rechten Gottes im Himmel.42 Vom himmlischen Gottesdienst ist dann auch in Apk 4,8 die Rede; demnach loben die vier Wesen, die Gottes Thron umgeben, Gott als den Herrn der Geschichte mit Worten aus Jes 6,3.43 Die meisten dieser Aussagen zur Identität der christlichen Gemeinde erfolgen im Zuge von Auseinandersetzungen um die Wahrheit der Christusbotschaft. Da solche Auseinandersetzungen gerade auch mit nicht christusgläubigen Juden geführt wurden, ist es nicht verwunderlich, dass eine vierte Gruppe von Jesajabezügen speziell dem theologischen Verständnis der Stellung Israels zu Christus und dem Evangelium gewidmet ist. 4. Jesajabezüge zur Beschreibung der Stellung Israels zu Christus und Christusbotschaft Zuerst sind zwei Jesajazitate im Munde Jesu dieser Gruppe zuzuordnen: In Mk 7,6f par. Mt 15,7–9 charakterisiert er Pharisäer und Schriftgelehrte, die an seinem Verzicht auf das in der Überlieferung der Ältesten gebotene Händewaschen vor dem Essen Anstoß nehmen, mit einem Zitat aus Jes 29,13 – sie seien Repräsentanten des Volkes, das Gott nach menschlichen Satzungen, nur mit den Lippen statt mit dem Herzen und daher vergeblich verehre.44 Nach Matthäus kennzeichnet er im Gespräch mit den Jüngern die Haltung der jüdi-

––––––––––––– 41 Vgl. Mk 12,10f; 14,57–59; 15,29f sowie Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 43–46 bzw. 43–50. 42 Vgl. Act 7,55f sowie M. Bachmann, Die Stephanusepisode (Apg 6,1–8,3). Ihre Be-

deutung für die lukanische Sicht des Jerusalemer Tempels und des Judentums; in: The Unity of Luke-Acts, hg. v. J. Verheyden, BEThL 142, Leuven 1999, 545–562: 552–561. 43 Vgl. D. Mathewson, Isaiah in Revelation, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 189–210: 190f. – Der Wortlaut des Gotteslobs ist mittels einer LXX-Wendung aus Am 3,13 u. ö. modifiziert. 44 Vgl. R. Beaton, Isaiah in Matthew’s Gospel, in: Moyise / Menken (Hg.), Isaiah (s. Anm. 1), 63–78: 73f.

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schen Volksmenge ihm gegenüber sogar mit dem Verstockungswort Jes 6,9f (Mt 13,14f)45 und begründet so, warum er ihr fortan (fast) nur noch unkommentierte Gleichnisse darbietet und auf öffentliche Verkündigung verzichtet.46 Auch von Lukas wird ein Zitat aus Jes 6,9f tradiert, freilich erst am Ende der Apostelgeschichte (Act 28,25–27). Dort beendet Paulus mit diesem Zitat und dem folgenden Hinweis, Gottes Heilsbotschaft sei den Weltvölkern gesandt und werde dort auch Gehör finden, seine Predigt vor den Juden in Rom – mit dem Ergebnis, dass diese ihn in Uneinigkeit verlassen: die einen von seinen Worten überzeugt, die anderen weiterhin ungläubig.47 Im Evangelium nach Johannes wiederum dient das Zitat aus Jes 6,10 dazu, die Unfähigkeit vieler jüdischer Zeitgenossen, angesichts der „Zeichen“ Jesu an ihn zu glauben, als Erfüllung jesajanischer Prophetie zu erweisen; dazu wird diese Prophetie einer Vision der Herrlichkeit Jesu zugeordnet (Joh 12,39–41).48 Auch in Jes 53,1, so wird in Joh 12,37f festgestellt, sei dieser Unglaube vom Propheten geweissagt worden.49 Eine ähnliche Deutung von Jes 53,1 findet sich im Brief an die Römer: In Röm 10,16 erscheint das Wort als prophetische Klage über den geringen Erfolg des Evangeliums in Israel.50 Bereits in 1Kor 14,21 hat Paulus ja Jes 28,11f darauf gedeutet, dass selbst das Pfingstwunder nicht imstande war, Israeliten aus der Ablehnung der Christusbotschaft herauszuführen.51 Allerdings ist das Zitat im Römerbrief eingebettet in eine lange Kette von ––––––––––––– 45 Evans, To See (s. Anm. 1), 110, betont zu Recht den beschreibenden Charakter des Zitats. 46 Vgl. Mt 13,(24–)34f; 15,10f.15; anders nur 23,1–39. – Vom ‚Verkündigen‘ Jesu wird zuletzt in 11,1(–19) berichtet. Nach dem negativen Resümee seines öffentlichen Wirkens in 11,20–24 spitzt Jesus es auf den Ruf Einzelner in die Nachfolge zu (11,28–30); vgl. Wilk, Jesus (s. Anm. 13), 91 (samt Anm. 61) und 95f. 47 Zur neueren Diskussion um das Verständnis von Act 28,26f vgl. V. A. Lehnert, Die „Verstockung Israels“ und biblische Hermeneutik. Ein exegetisches Kabinettstückchen zur Methodenfrage, ZNT 16, 2005, 13–19. In narrativer Sicht ist m. E. entscheidend, dass V. 24–25a das Ergebnis des erst anschließend an-, aber mit vorzeitigem Ptz. („als er gesagt hatte“) eingeführten Pauluswortes V. 25b–28 nennt. Demnach ist die Verstockungsaussage nur für einen Teil der römischen Juden zum Urteil über ihre Ablehnung des Evangeliums, für die anderen hingegen zum Umkehrruf geworden. 48 Joh 12,41 weist auf 12,37 zurück; zum Bezug des Satzes auf das Erdenwirken Jesu vgl. 8,56; 1,14 sowie Williams, Isaiah (s. Anm. 25), 112f. 49 Vgl. Hooker, Jesus (s. Anm. 1), 106. 50 Vgl. Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 182f. 51 Da Paulus das Zitat nicht unmittelbar auf die Korinther anwendet, sondern in 1Kor 14,22 einen Schluss vom Besonderen aufs Allgemeine zieht und die korinthische Glossolalie in 14,10–12 mit fremden Sprachen vergleicht, dürfte er im Jesajawort das in Act 2,4.9–13 geschilderte Sprachenwunder angekündigt gesehen haben; vgl. Wilk, Isaiah (s. Anm. 11), 142f.

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Jesajabezügen, die die Frage nach Gottes Treue zu Israel angesichts der mehrheitlich negativen Haltung dieses Volkes zum Evangelium einer umfassenden Antwort zuführt: Bestätigt sich in dieser Haltung die schon in Jes 52,5 beanstandete Verfehlung Israels, seine Aufgabe als Licht der Weltvölker zu erfüllen (Röm 2,23f), so ist sie gemäß Jes 29,16; 45,9 zugleich Ausdruck eines verhärtenden, d. h. im Unverstand behaftenden Handelns Gottes, das die betroffenen Israeliten aus der Vollmacht des Schöpfers heraus in einen augenscheinlich unehrenhaften Dienst nimmt (Röm 9,20f).52 Gewiss erhalten gegenwärtig neben den ‚Heiden‘-Christen (vgl. 9,24–26) nur die christusgläubigen Juden Anteil an dem in Christus beschlossenen Heil – so, wie es mit der Rede vom Rest in Jes 10,22f (und Hos 2,1.25) angekündigt ist (Röm 9,27f); das aber geschieht Israel zugute, da die Judenchristen zugleich nach Jes 1,9 als Same und Verheißungsträger fungieren, der die Gesamtheit Israels vor dem Untergang bewahrt und ihr die Aussicht auf Rettung offen hält (Röm 9,29).53 Das zeigt sich gegenwärtig darin, dass Gottes Zuwendung zu den ‚Heiden‘ gemäß (Dtn 32,21 und) Jes 65,1f dazu dient, die nicht christusgläubigen Juden eifersüchtig werden zu lassen und so doch für das Evangelium zu gewinnen (Röm 10,19–21);54 es wird sich künftig darin zeigen, dass ihre Verstockung nach Dtn 29,3 und Jes 29,10 (Röm 11,7f) Nichtjuden den Zugang zum Heil ermöglicht55 und demzufolge im Zuge der Völkerwallfahrt zum Zion bei der Parusie aufgehoben wird, sodass dann ganz Israel in Erfüllung von Jes 59,20f; 27,9 Rettung erfährt (Röm 11,25–27).56 Dieser Heilsratschluss Gottes ist, wie Paulus mit Jes 40,13 und Hiob 41,3 feststellt (Röm 11,33–35), unbegreiflich; Menschen können ihn daher nur im Lobpreis anerkennen.57 Die mehrfach belegte polemische Verwendung von Jesajaworten gegenüber nicht christusgläubigen Israeliten wird demnach durch den Römerbrief integriert in eine Jesajadeutung, deren Horizont sich bis zur Parusie erstreckt. So ergibt sich von hier der Übergang zur fünften und letzten Gruppe von Jesajabezügen im Neuen Testament.

––––––––––––– 52 Vgl. dazu Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 177f und 305f. 53 Vgl. Wilk, Paulus als Nutzer (s. Anm. 1), 102–104. 54 Vgl. Wilk, Paulus als Nutzer (s. Anm. 1), 105f. 55 Vgl. Röm 11,9f (Ps 69[68],23f) samt V. 11f und dazu Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1),

142–145, ferner V. 15.17–19.30f. 56 Vgl. Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 199–201.203. 57 Vgl. Röm 11,36 sowie Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 307–309. – Vielleicht fand Paulus das in 11,35 angeführte Wort auch schon in der ihm vor Augen stehenden JesLXX-Handschrift vor; die Majuskeln S* und A sowie etliche Minuskeln bezeugen es am Ende von Jes 40,14.

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5. Jesajabezüge zur Klärung der Endzeiterwartungen Schon für Jesus selbst ist die Rezeption von Jesajaworten zur Klärung der Endzeiterwartungen seiner Jünger bezeugt. Nach Mk 13,24f par. Mt 24,29 schildert er in seiner Endzeitrede die kosmischen Vorzeichen der Parusie des Menschensohns in Aufnahme von Jes 13,10 und 34,4; nach Mk 9,48 beschreibt er überdies das Gericht an denen, die von Gott abfallen, mit einem Bildwort aus Jes 66,24.58 In den Briefen des Paulus sind – abgesehen von dem Mischzitat in Röm 11,26f – zwei Zitate auf die Endzeitereignisse bezogen: In 1Kor 15,54f begründet die Zitatkombination aus Jes 25,8 und Hos 13,14 die Gewissheit, dass Gott in Jesus Christus den Tod, dessen Herrschaft durch die Sünde jetzt schon gebrochen ist (vgl. 1Kor 15,56f), im Zuge der Parusie gänzlich vernichten werde; in Röm 14,10–12 bringt er mit Jes 45,23 zum Ausdruck, dass einst alle Menschen die in der Auferstehung begründete Herrschaft Jesu Christi im Gotteslob anerkennen werden – sodass die Christusgläubigen mit einem Gericht über ihre Werke rechnen müssen.59 Ein ähnliches Verständnis des letztgenannten Jesajawortes kommt in Phil 2,10f zum Ausdruck, wo der Akzent aber auf der Herrschaft Christi über alle Geschöpfe liegt.60 Auch der Brief an die Hebräer bezieht ein Jesajawort auf die Parusie; dabei wird in Hebr 10,36–38 mit Jes 26,20 die unmittelbare Nähe dessen unterstrichen, der mit Hab 2,3f als „der Kommende“ präsentiert wird.61 In 2Petr 3,13 ist demgegenüber die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde aus Jes 65,17 bzw. 66,22 rezipiert. Diese Verheißung wird auch in Apk 21,1 aufgegriffen – und ihre Erfüllung dann im weiteren Text visionär entfaltet: In der neuen Welt wird Gott gemäß Jes 25,8 alle Tränen abwischen (Apk 21,4) – eine Erwartung, die bereits in Apk 7,16f zur Sprache kommt und dort Abwesenheit von Hunger, Durst und Überhitzung nach Jes 49,10 einschließt.62 Doch auch die geschichtlichen und kosmischen Schrecken, die der Heilsvollendung vorangehen, werden mit Hilfe von Jesajaworten geschildert: Zumal bei der Öffnung des sechsten Siegels entspricht die Darstellung der Ereignisse am Himmel Jes 34,4 (Apk 6,13f), die der Reaktion der Menschen auf Erden Jes 2,10.19 und Hos 10,8 (Apk 6,15f); ferner wird der Untergang Babylons in Apk 18,23 und 19,3 mit Worten aus Jes 23,8 (und 34,12) sowie 34,10 begründet bzw. geschildert.63

––––––––––––– 58 Vgl. Hooker, Isaiah (s. Anm. 23), 43f und 41. 59 Vgl. Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 118f und 63f. 60 Vgl. Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 324f. 61 Vgl. A. Strobel, Der Brief an die Hebräer, NTD 9, Göttingen 1975, 79–256: 205f. 62 Vgl. Fekkes, Isaiah (s. Anm. 1), 227f.253–255.170–174. 63 Vgl. Mathewson, Isaiah (s. Anm. 43), 196f.199.198.

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Im Neuen Testament dienen also etliche Jesajaworte dazu, die Erwartung sowohl des Gerichts als auch der vollendeten Gemeinschaft mit Gott zu begründen und in Worte zu fassen.

III. Auswertung Die Zitate und zitatähnlichen Anspielungen, durch die im Neuen Testament das Jesajabuch rezipiert wird, lassen sich – bei aller erkennbaren methodischen Vielfalt – auf plausible Weise den fünf von mir genannten Themenfeldern zuordnen. Diese Themenfelder sind ihrerseits eng miteinander verknüpft; insgesamt markieren sie die wesentlichen Etappen des Christusgeschehens, das sich von der Menschwerdung des Präexistenten bis zur Parusie des Erhöhten erstreckt. Demnach erfolgt die Wahrnehmung der Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie ganz und gar in der Perspektive dieses Christusgeschehens. Daraus lassen sich drei Schlüsse ziehen: Die erste Schlussfolgerung betrifft das Verhältnis von Geschichte und Prophetie: In der Perspektive des Christusgeschehens wird die Geschichte des Gottesvolkes nur insoweit durch die Prophetie Jesajas erhellt, als in dieser Geschichte die Beziehung zwischen Gottesvolk und Christus zutage tritt oder Folgen hat. Mag damit im Sinne der neutestamentlichen Schriften Entscheidendes geleistet sein, so sind sie doch weit davon entfernt, eine Entschlüsselung der gesamten Geschichte durch jene Prophetie zu behaupten. Ein zweiter Schluss lässt sich im Blick auf das Verhältnis von Gottesvolk und Christusgeschehen ziehen: Bekennt das Neue Testament Christus als den Mittler des eschatologischen Heilshandelns Gottes, so bezeugt es zugleich die Neukonstituierung des Gottesvolkes durch das Christusgeschehen. Das Licht jesajanischer Prophetie aber lässt erkennen, dass damit die Erwählung Israels zum Gottesvolk nicht revoziert, sondern bestätigt und ihrer Vollendung zugeführt wird. Die dritte Schlussfolgerung ergibt sich im Blick auf das Verhältnis von Prophetie und Christusgeschehen. Im Neuen Testament wird das Jesajabuch als Zeugnis und als Interpretament des Christusgeschehens verwendet: Einerseits lässt erst das Christusgeschehen Sinn und Intention vieler Jesajaworte zutage treten; andererseits macht erst die Prophetie Jesajas etliche Aspekte und Implikationen des Christusgeschehens verständlich.64 Der Bezug dieser Jesajadeutung auf die durch Christus ihrem Ziel zugeführte Geschichte des

––––––––––––– 64 Der Gesamtbefund im Neuen Testament ist diesbezüglich kein anderer als der Befund in den Briefen des Paulus; vgl. dazu Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 378–380.

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Gottesvolkes stellt dabei klar, dass es sich hier um eine ‚Erfüllungsinterpretation‘ handelt:65 Angesichts dieser Geschichte wird der ursprüngliche Sinn der Prophetie Jesajas offenbar. Deshalb kann die Jesajarezeption im Neuen Testament kaum anders als in (zumindest impliziter) Kontroverse mit anderen Lesarten dieses Buches erfolgen. Das heißt freilich nicht, dass es für jedes Jesajawort nur eine Deutung geben kann; vielmehr eignet etlichen Worten im Neuen Testament eine Sinnfülle mit beachtlicher Variationsbreite.66 Konstituiert und begrenzt wird diese Sinnfülle aber durch die Geschichte Jesu Christi. Für alle drei Verhältnisse ist schließlich ein Doppeltes festzustellen: Im Neuen Testament erscheint die Prophetie Jesajas als Einheit; dies zeigt sich insbesondere daran, dass des Öfteren verschiedene Jesajazitate und -anspielungen aneinander gereiht, miteinander kombiniert oder gar vermischt sind.67 Zugleich aber werden Jesajaworte auf vielfältige Weise mit anderen Schriftworten verknüpft, sodass diese und jene sich gegenseitig interpretieren.68 Die neutestamentlichen Zeugen nehmen demnach die Prophetie Jesajas im Zusammenklang mit vielen anderen Stimmen der Heiligen Schriften Israels wahr. Im ‚Chor‘ jener Stimmen aber kommt Jesaja – wie die Fülle der Zitate und Anspielungen zeigt – eine führende Rolle zu.

IV. Ein Seitenblick auf Josephus Blickt man vom Neuen Testament aus auf die Werke des Josephus, so mag die vergleichsweise spärliche Zahl von Bezügen auf Jesaja und seine Pro-

––––––––––––– 65 Diese Interpretationsweise entspricht weitgehend dem Grundsatz der Pescher-Exegese von Qumran, wie er in 1QpHab 7,1–5 formuliert ist. – Selbst wenn gelegentlich (wie z. B. in Röm 2,24) ein Jesajawort nicht als gegenwärtig erfüllte Vorhersage erscheint, wird es doch auf die durch das Christusgeschehen gekennzeichnete Zeit der neutestamentlichen Schriften bezogen. 66 Vgl. die im Neuen Testament wiederholt angeführten Worte Jes 6,9f; 8,14 und 28,16; 25,8; 34,4; 40,3.13; 53,1.4; 61,1; 65,17 / 66,22 und die mehrfach genutzten Abschnitte 8,11– 9,7[6]; 29,9–24; 40,1–20; 49,1–13; 52–54 u. a. – Auch in dieser Hinsicht entspricht der Befund im Neuen Testament dem bei Paulus; vgl. dazu Wilk, Bedeutung (s. Anm. 1), 352–363. 67 Vgl. a) Joh 12,38–40; Röm 9,27–29; 10,20f sowie Mt 1,22f; 1Kor 1,19f, b) Mt 11,5 par. Lk 7,22; Mk 13,24f par. Mt 24,29; 1Petr 2,22–25; Apk 7,16f und c) Lk 4,18f; Röm 9,20.33; 11,26f; Apk 18,23. 68 Vgl. die Mischzitate in Röm 9,27f; 11,8, die Zitatkombinationen in Mt 21,4f; Mk 1,2f; 1Kor 15,54f, die Zitatreihen in Act 13,33–35; Röm 9,25–29; 10,19–21; 11,8–10; 15,9–12; Hebr 2,12f, die Kombinationen von Zitat und Anspielung in Mk 11,17 par. Mt 21,13 par. Lk 19,46; Röm 10,11–13; 1Petr 2,6–8, die florilegienartige Zusammenstellung von Schriftworten in 2Kor 6,16–18 (zu Röm 3,10–18 s. o. Anm. 10), die vermischten bzw. kombinierten Anspielungen in 1Kor 14,25; 2Kor 4,6; Apk 6,15f und Röm 11,34f; Hebr 10,37f; 1Petr 2,7f; Apk 21,3f.

Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie

261

phetie zunächst überraschen; beide werden hier nur im Zusammenhang mit Hiskija sowie Kyrus und Onias IV. erwähnt,69 also in Verbindung mit königlichen Akteuren oder dem Tempelkult. Dabei erscheint der Prophet als Vertrauter und Bote Gottes,70 der aufgrund göttlicher Eingebung zukünftige Ereignisse vorhergesagt71 und seine Vorhersagen wegen ihrer unbedingten Zuverlässigkeit aufgeschrieben hat, auf dass sie in späterer Zeit angesichts ihres Eintreffens als wahr erkannt würden.72 Zudem wird dieser Niederschrift die Funktion zugeschrieben, Regenten zur Verwirklichung bestimmter Vorhersagen anzuleiten; in diesem Sinn wirken jesajanische Prophetien auf Kyrus hinsichtlich der Rückkehr der nach Babylon deportierten Juden und des Wiederaufbaus des Jerusalemer Tempels, auf Onias IV. und Ptolemaios VI. hinsichtlich des Baus eines Tempels in Leontopolis.73 Freilich kennzeichnet Josephus diesen zweiten Tempel in Ant XIII 69–73 als illegitim und signalisiert damit, dass Jesajas (wie alle) Prophetie mit ihrer Verschriftlichung der Gefahr der Fehldeutung ausgesetzt ist. Besonders deutlich wird das nach Bell VI 312f an einem „undeutlichen Gottesspruch“ in den Heiligen Schriften, „dass in jener Zeit jemand aus ihrem Gebiet über die bewohnte Welt herrschen werde“, den Juden zur Zeit des Jüdischen Krieges fälschlicherweise auf einen der Ihren deuten. Solche Inanspruchnahme biblischer Prophetie für die Deutung der Gegenwart als (messianischer) Heilszeit lehnt Josephus auf dem Hintergrund seines eigenen Geschichtsverständnisses und im Rahmen seiner Geschichtsdarstellung strikt ab. Demnach stellt vielleicht gerade sein weitgehender Verzicht auf Jesajabezüge ein indirektes Zeugnis dafür dar, dass er ebenso wie der Autor von Sir 48 und die neutestamentlichen Zeugen das Jesajabuch in großen Teilen als Weissagung der letzten Dinge auffasst – denn genau davon handelt das Werk des Josephus nicht.74

––––––––––––– 69 Vgl. Ant IX 276; X 12–16.27–29.32–35, Ant XI 5f und Bell VII 423–432; Ant XIII 62–73. 70 Vgl. Ant X 12.35 und 27f. 71 Vgl. Ant X 13f.27f.33; XI 5 und IX 276; X 16; XI 6; XIII 64.68.71; Bell VII 432. 72 Vgl. Ant X 35. 73 Vgl. einerseits Ant XI 6, andererseits XIII 64.68 und 71. In Bell VII 432 wird nur notiert, dass der Tempel in Leontopolis der Tempel sei, dessen Bau Jesaja einst vorausgesagt habe. 74 Freilich lässt Josephus in seinen Werken nichts über seine etwaigen Endzeitvorstellungen verlauten. – Für Rat und Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts danke ich meiner Mitarbeiterin Birke Siggelkow-Berner.

262

Florian Wilk

V. Übersichten zur Verteilung der Jesajabezüge im Neuen Testament75 1. Verzeichnis der Jesajabezüge in der Ordnung des Jesajabuches JesLXX

Mt

Mk

Lk

1,9

Joh

Act

Röm 1Kor 2Kor Gal

Phil Hebr 1Petr Apk

9,29 6,15f

2,10.19

4,8

6,3 6,9f

13,14f 4,12

7,14

1,22f

8,8

1,23

12,39f 28,25ff

3,14f

8,12f 8,14

2,8

9,33

8,17.18 9,1f

2,13 4,14ff 4,6

9,2 10,22f

9,27f 4,14

11,2 11,10 13,10

15,12 24,29 13,24

19,11f

1,20

22,13

15,32

22,22

3,7

23,8

18,23

25,8 26,19

11,5

7,22 10,37

26,20 27,9

11,27

28,11f

14,21 9,33 10,11

28,16 29,10 29,13

2,6

11,8 15,7ff 7,6f

29,14

1,19 9,20

29,16 29,18(f)

7,17 21,4

15,54

11,5

33,18

7,22 1,20

––––––––––––– 75 In den folgenden Übersichten sind zitatähnliche Anspielungen kursiv gesetzt.

263

Die Geschichte des Gottesvolkes im Licht jesajanischer Prophetie JesLXX

Mt

34,4

24,29 13,25

Mk

Lk

Joh

Act

Röm 1Kor 2Kor Gal

Phil Hebr 1Petr Apk 6,13f 19,3

34,10

18,23

34,12 35,5f

11,5

40,3(ff)

3,3

7,22 1,2f

3,4ff

1,23 1,24f

40,6ff 11,34 2,16

40,13 42,1–4

12,17–21 1,17 22,13

44,6 / 48,12 9,20

45,9

14,25

45,14 45,23

2,10f

14,11 13,47

49,6 49,8

6,2 7,16f

49,10 52,5

2,24

52,7

10,15 6,17

52,11 52,15

15,21

53,1 53,4(ff)

12,38

10,16 2,24f

8,17

53,7f

8,32f 2,22

53,9 53,12

2,24

22,37

54,1

4,27

54,13

6,45

55,3 56,7

13,34 21,13 11,17 19,46

58,6

4,18

59,20f

11,26f

61,1(f)

11,5

62,11

21,4f

7,22 4,17ff

65,1.2

10,20f 2Petr 21,1 3,13

65,17 / 66,22 66,1f

7,48ff 16,22

66,14 66,24

9,48

264

Florian Wilk

2. Verzeichnis der Jesajabezüge in der Ordnung des Neuen Testaments Mt 1,22f Mt 1,23 Mt 3,3 Mt 4,14ff Mt 8,17 Mt 11,5

Jes 7,14 Jes 8,8 Jes 40,3 Jes 8,23–9,1 [9,1f] Jes 53,4 Jes 29,18; 35,5f; 26,19; 61,1 Jes 42,1–4 Jes 6,9f Jes 29,13 Jes 62,11; Sach 9,9 Jes 56,7 Jes 13,10; 34,4

Röm 10,21 Röm 11,8 Röm 11,26f Röm 11,34f Röm 14,11 Röm 15,12 Röm 15,21

Jes 65,2 Dtn 29,3 / Jes 29,10 Jes 59,20f / 27,9 Jes 40,13; Hi 41,3 Jes 45,23 Jes 11,10 Jes 52,15

1Kor 1,19 1Kor 1,20 1Kor 2,16 1Kor 14,21 1Kor 14,25 1Kor 15,32 1Kor 15,54f

Jes 29,14 Jes 19,11f / 33,18 Jes 40,13 Jes 28,11f Dan 2,46f / Jes 45,14 Jes 22,13 Jes 25,8; Hos 13,14

2 Kor 4,6 2Kor 6,2 2Kor 6,16ff

Gen 1,3 / Jes 9,1[2] Jes 49,8 Lev 26,11f / Ez 37,27 Jes 52,11; Ez 20,34 2Sam 7,14

Gal 4,27

Jes 54,1

Phil 2,10f

Jes 45,23

Lk 19,46 Lk 22,37

Jes 40,3ff Jes 61,1f / 58,6 Jes 29,18; 35,5f; 26,19; 61,1 Jes 56,7 Jes 53,12

Hebr 2,13a Hebr 2,13b Hebr 10,37f

Jes 8,17 Jes 8,18 Jes 26,20; Hab 2,3f

Joh 1,23 Joh 6,45 Joh 12,38 Joh 12,39f Joh 16,22

Jes 40,3 Jes 54,13 Jes 53,1 Jes 6,10 Jes 66,14

1Petr 1,24f 1Petr 2,6 1Petr 2,7f

Act 7,48ff Act 8,32f Act 13,34 Act 13,47 Act 28,25ff Röm 2,24 Röm 9,20 Röm 9,27f Röm 9,29 Röm 9,33 Röm 10,11 Röm 10,15 Röm 10,16 Röm 10,20

Jes 66,1f Jes 53,7f Jes 55,3 Jes 49,6 Jes 6,9f Jes 52,5 Jes 29,16 / 45,9 Jes 10,22f / Hos 2,1.25 Jes 1,9 Jes 28,16 / 8,14 Jes 28,16 Jes 52,7 Jes 53,1 Jes 65,1

1Petr 2,22–25 1Petr 3,14f 1Petr 4,14

Jes 40,6ff Jes 28,16 Ps 118[117],22; Jes 8,14 Jes 53,9.4+12.5f Jes 8,12f Jes 11,2

2Petr 3,13

Jes 65,17 bzw. 66,22

Apk 1,17 Apk 3,7 Apk 4,8 Apk 6,13f Apk 6,15f Apk 7,16f Apk 18,23 Apk 19,3 Apk 21,1 Apk 21,4 Apk 22,13

Jes 44,6 bzw. 48,12 Jes 22,22 Jes 6,3 Jes 34,4 Jes 2,10.19 / Hos 10,8 Jes 49,10; 25,8 Jes 23,8 / 34,12 Jes 34,10 Jes 65,17 bzw. 66,22 Jes 25,8 Jes 44,6 b

Mt 12,17–21 Mt 13,14f Mt 15,7ff Mt 21,4f Mt 21,13 Mt 24,29 Mk 1,2f Mk 4,12 Mk 7,6f Mk 9,48 Mk 11,17 Mk 13,24f Lk 3,4ff Lk 4,17ff Lk 7,22

Ex 23,20 / Mal 3,1; Jes 40,3 Jes 6,9f Jes 29,13 Jes 66,24 Jes 56,7 Jes 13,10; 34,4

Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie Tendenzen und Probleme der neueren Forschung1 von

JÜRGEN ZANGENBERG „If you seriously desire me to come to you, there are two hundred and four cities and villages in the Galilee. I will come to whichever of these you may select“ (Josephus, Vita 235).

I. Annäherung Das umfangreiche literarische Werk des Flavius Josephus stellt zweifellos eine unserer wichtigsten Quellen zur Kultur und Geschichte Galiläas in späthellenistisch-frührömischer Zeit dar. Abgesehen von den Evangelien stehen uns keine weiteren schriftlichen Quellen aus dieser Periode zur Verfügung, die auch nur annähernd so inhaltsreich und vielschichtig wären wie Josephus. Die übrige uns erhaltene lateinische und griechische Literatur ist an Galiläa kaum interessiert und selten aus erster Hand informiert.2 Zeitgenössische jüdische Autoren erwähnen Galiläa zwar, doch oft nur am Rande – zudem hat Josephus zahlreiche Nachrichten aus diesen Texten, etwa aus 1Makk, bearbeitet und in seine Werke aufgenommen. Die rabbinische Literatur besitzt bekanntlich ihre ganz eigenen literarischen und überlieferungsgeschichtlichen Probleme, sodass die eigentlich recht zahlreichen verstreuten Nachrichten über Galiläa nur mit großer Vorsicht für die ‚Zeit des Neuen Testaments‘

––––––––––––– 1 Der diesem Aufsatz zugrunde liegende Vortrag ist während meiner Forschungstätigkeit an der Theologischen Fakultät der Universität Tilburg (Niederlande) entstanden. Ich danke Wim Weren für die Möglichkeit, der Konferenz beizuwohnen, sowie ihm und Huub van de Sandt für anregende Gespräche. Die vorliegende Ausarbeitung erfolgte in Leiden. Hier danke ich insbesondere Johannes Tromp und Roelien Smit für wertvolle Hinweise. 2 S. Cappelletti, Non-Jewish Authors in Galilee, in: J. Zangenberg / H. W. Attridge / D. B. Martin (Hg.), Religion, Ethnicity and Identity in Ancient Galilee. A Region in Transition, WUNT, Tübingen 2007 (im Druck).

266

Jürgen Zangenberg

herangezogen werden können. Der oft anekdotische, an bedeutenden Lehrpersonen oder gewünschten Verhaltensweisen orientierte Charakter vieler rabbinischer Traditionen über Galiläa unterscheidet sich zudem stark von der eher ereignisorientierten, nach Hintergründen und Voraussetzungen geschichtlichen Ergehens fragenden Darstellung des Josephus. Unter den Landschaften der palästinischen Landbrücke, die in Josephus’ Geschichtsdarstellung eine Rolle spielen, kommt Galiläa eine besonders herausragende Bedeutung zu. Neben Jerusalem, wo Josephus als Angehöriger des Priesteradels der Herkunft nach und hinsichtlich seiner religiös-kulturellen Prägung zu Hause war, kommt Galiläa nicht nur die Rolle als Schauplatz zahlreicher, für die Geschichte seines Volkes insgesamt bedeutsamer Ereignisse zu (Antiquitates, Bellum), sondern die Region fungierte zugleich als Bühne für Josephus’ eigene Leistungen, Handlungen und Erfahrungen – bis hin zum persönlichen Scheitern als Befehlshaber (Bellum, Vita).3 Dementsprechend vielfältig und vielschichtig sind auch die Bezugnahmen auf diese Region im Werk des Josephus. Von besonderer Bedeutung ist sicherlich zunächst der berühmte ‚landeskundliche Exkurs‘ über Galiläa in Bell III 35–43 und die Beschreibung des Sees Gennesaret und des fruchtbaren Uferstreifens bei Magdala in Bell III 506–521. Darüber hinaus begegnen in Josephus’ Werken galiläische Orte und Regionen, von denen viele sonst nirgends in der Literatur auftauchen.4 Einige werden so detailliert behandelt, dass man oft genug versucht hat, die Siedlungen oder darin beschriebene Bauten mit Josephus in der einen Hand und dem Spaten in der anderen im Feld wiederzufinden. Der Erfolg solch ‚naiven Umgangs‘ mit einem literarischen Werk der Antike lässt über manche methodische Bedenken hinwegsehen und hat seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch Lokalisation und Kartierung einzelner bei Josephus erwähnter Orte die Grundlagen für unsere moderne, zu Recht mittlerweile freilich viel kritischere Landeskunde gelegt. Mit Yigael Yadins Ausgrabungen auf Masada zwischen 1963 und 1965 und deren fesselnder Darstellung ist das ‚kreative joint ven-

––––––––––––– 3 Über Josephus’ Selbststilisierung als Befehlshaber der Aufständischen siehe die kriti-

schen Bemerkungen von U. Rappaport, Josephus’ Personality and the Credibility of His Narrative, in: Z. Rodgers (Hg.), Making History. Josephus and Historical Method, JSJ.Suppl 110, Leiden 2007, 68–81, bes. 71–77. 4 Hier eine Liste all dieser Orte zusammenzutragen, würde zu weit führen, man vergleiche dazu etwa die Zusammenstellungen bei G. Boettger, Topographisch-historisches Lexicon zu den Schriften des Flavius Josephus, Leipzig 1878 (Nachdruck Amsterdam 1966); F. Siegert / H. Schreckenberg / M. Vogel, Flavius Josephus: Aus meinem Leben (Vita), Tübingen 2001, 208–218 („Register der geographischen Namen“); M. Aviam / P. Richardson, Josephus’ Galilee in Archaeological Perspective, in: S. Mason, Life of Josephus. Translation and Commentary, Flavius Josephus. Translation and Commentary 9, Leiden 2001, 177–209 (Appendix A).

Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie

267

ture‘ zwischen Josephus und der Archäologie auf eine weit intensivere, selbst durch noch so berechtigte methodische Bedenken kaum zu erschütternde Basis gestellt worden.5 In Galiläa stehen diesem Mythos aus Tinte, Blut und Steinen Orte wie Gamla6 (Bell IV 4–83) oder Jotapata7 (Bell III 158–306), aber auch Sepphoris oder Tiberias hinsichtlich der Dramatik in nichts nach. Ein ähnlich fesselndes populäres Buch Shemaryahu Gutmans, des Entdeckers und Ausgräbers von Gamla, ist bisher von einem breiteren Publikum im Westen allein deshalb kaum wahrgenommen worden, weil es nur auf Hebräisch erschienen ist. Gutman rühmt sich dessen, dass ihn die aufmerksame Lektüre des langen topographischen Berichts zu Gamla in Bell IV 4–83 davon überzeugt hat, den berühmten Ort auf einer Kuppe des südwestlichen Golan mit dem arabischen Namen es-Salam zu suchen.8 Und so war es dann auch ––––––––––––– 5 Y. Yadin, Masada. Der letzte Kampf um die Festung des Herodes, Hamburg 1967. Freilich gab es immer wieder kritische Stimmen, zu den wichtigsten zählt S. J. D. Cohen, Masada, Literary Tradition, Archaeological Remains and the Credibility of Josephus, JJS 33, Essays in Honor of Yigael Yadin, 1982, 385–405, vgl. auch die ausgewogene Studie von D. J. Ladouceur, Josephus and Masada, in: J. H. Feldman / G. Hata (Hg.), Josephus, Judaism and Christianity, Detroit 1987, 95–113. Immerhin konnte die archäologische Forschung manch allzu spekulativen Schluss etwas dämpfen (zur Frage, ob die berühmten Ostraka der letzten Verteidiger gefunden wurden, vgl. Y. Yadin / J. Naveh, The Aramaic and Hebrew Ostraca and Jar Inscriptions, in: J. Aviram / G. Foerster / E. Netzer [Hg.], Masada I. The Yigael Yadin Excavations 1963–1965. Final Reports, Jerusalem 1989, 1–68: 28–31) oder manch zuerst vorsichtigere Interpretation des Ausgräbers im Nachhinein in ihrem Recht bestätigen, so bei den menschlichen Überresten in der Südkaverne s. J. Zias, Human Skeletal Remains from the Southern Cave at Masada and the Question of Ethnicity, in: L. H. Schiffman / E. Tov / J. C. VanderKam (Hg.), The Dead Sea Scrolls Fifty Years after Their Discovery. Proceedings of the Jerusalem Congress, July 20–25, 1997, Jerusalem 2000, 732–738; M. Hadas-Lebel, Massada. Der Untergang des jüdischem Königreichs oder die andere Geschichte von Herodes, Berlin 1995; grundlegend nun N. Ben-Yehuda, The MasadaMyth. Collective Memory and Mythmaking in Israel, Madison 1995; H. H. Chapman, Masada in the 1st and 21st Centuries, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 82–102; K. Atkinson, Noble Deaths at Gamla and Masada? A Critical Assessment of Josephus’ Account of Jewish Resistance in Light of Archaeological Discoveries, in: Rodgers a. a. O. 349–370. 6 Zu Gamla vgl. B. Bar-Kokhva, Gamla in Gaulanitis, ZDPV 92, 1976, 54–71; S. Gutman, Gamala, NEAEHL 2, 1993, 459–463; ders., Gamla. A Town in Revolt, Jerusalem 1994 (Hebr.); D. Syon, Gamla. City of Refuge, in: A. M. Berlin / J. A. Overman (Hg.), The First Jewish Revolt. Archaeology, History and Ideology, London / New York 2002, 134–154; Atkinson, Noble Deaths (s. Anm. 5); M. Aviam, The Archaeological Illumination of Josephus’ Narrative of the Battles at Yodefat and Gamla, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 372–384. 7 Zu Jotapata / Yodefat s. D. Adan-Bayewitz / M. Aviam, Iotapata, Josephus, and the Siege of 67. Preliminary Report on the 1992–94 Seasons, JRA 10, 1997, 131–165; M. Aviam, Yodefat / Iotapata. The Archaeology of the First Battle, in: Berlin / Overman, Revolt (s. Anm. 6), 121–133; Aviam, Illumination (s. Anm. 6). 8 Gutman, Town in Revolt (s. Anm. 6). Ein recht markiger, sehr emotionaler Film, der im für Gamla maßgeblichen archäologischen Museum von Qatzrin den Besuchern gezeigt wird, strickt an diesem Mythos weiter.

268

Jürgen Zangenberg

hier der Spaten, der das beharrliche Zutrauen des modernen Lesers und Ausgräbers Gutman ebenso triumphal bestätigte, wie er die Glaubwürdigkeit seiner antiken Inspirationsquelle Josephus stützte. Nicht umsonst gilt Gamla als das ‚Masada des Nordens‘ – selbst dieser Slogan ist eine ferne Frucht des Josephus.9 Einige aktuelle Entwicklungen wie die überraschende Auffindung eines vermutlichen Palastes aus dem frühen 1. Jh. n. Chr. oder eines Hippodroms in Tiberias lassen vermuten, dass diese Erfolgsgeschichte noch lange nicht zu ihrem Ende gekommen ist.10 Noch sind ja beispielsweise das Hippodrom von Magdala (Vita 138)11 oder substantielle Bauten des Antipas in Sepphoris nicht gefunden worden.12 An derartige Darstellungen könnte man nun leicht eine Erörterung der alten, aber offensichtlich immer noch brennenden Frage nach der ‚Glaubwürdigkeit‘ des Josephus anschließen, in der man Aussagen, die – gemessen an dem, was wir heute wissen – ‚stimmen‘, mit denjenigen kontrastieren oder harmonisieren könnte, bei denen er sich augenscheinlich ‚irrt‘.13 Bei allem Respekt glaube ich nicht, dass man damit den Eigenheiten und dem Werk des Josephus näher kommt. Meist enden diese Studien auch ohne rechtes Ergebnis. Man würde Josephus so – um ein Diktum Steve Masons aufzugreifen – ––––––––––––– 9 Dazu etwa A. Rottloff, Gamla – Das Masada des Nordens?, in: G. Faßbeck / S. Fortner / A. Rottloff / J. Zangenberg (Hg.), Leben am See Gennesaret. Kulturgeschichtliche Entdeckungen in einer biblischen Region, Sonderband Antike Welt, Mainz 2003, 110–116: 116. 10 Zu Tiberias vgl. Y. Hirschfeld / K. Galor, New Excavations in Roman, Byzantine, and Early Islamic Tiberias, in: Attridge / Martin / Zangenberg, Religion (s. Anm. 2); J. Zangenberg, Neue Grabungen in Tiberias, WUB 35, 2005, 68f; ders., Palast des Herodes Antipas in Tiberias gefunden?, WUB 37, 2005, 70; Z. Weiss, Josephus and Archaeology on the Cities of the Galilee, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 385–414, hier bes. 387–392. 11 Zu Magdala vgl. J. Zangenberg, Magdala am See Genezaret. Überlegungen zur sog. „mini-sinagoga“ und einige andere Beobachtungen zum kulturellen Profil des Ortes in „neutestamentlicher Zeit“, KAANT 2, Waltrop 2001; ders., Magdala. Reich an Fisch und reich durch Fisch, in: Faßbeck / Fortner / Rottloff / Zangenberg, Leben (s. Anm. 9), 93–98. 12 Zum Problem der Bauten des Antipas in Sepphoris vgl. M. Hørning Jensen, Herod Antipas in Galilee. The Literary and Archaeological Sources on the Reign of Herod Antipas and Its Socio-Economic Impact on Galilee, WUNT II / 215, Tübingen 2006, 149–162; ders., Josephus and Antipas. A Case Study of Josephus’ Narratives on Herod Antipas, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 289–312. 13 Besondere Zielscheibe der Kritik sind begreiflicherweise immer wieder auftretende Irrtümer bei Entfernungsangaben und Übertreibungen bei Bevölkerungszahlen oder anderen Mengenangaben, vgl. Z. Safrai, The Description of the Land of Israel in Josephus’ Works, in: L.H. Feldman / G. Hata (Hg.), Josephus, the Bible and History, Detroit 1989, 295–324: 305.320f. Zum Thema insgesamt vgl. etwa M. Broshi, The Credibility of Josephus, JJS 33, 1982, 379–384; E. D. Huntsman, The Reliability of Josephus. Can He Be Trusted?, in: J. F. Hall / J. W. Welch (Hg.), Masada and the World of the New Testament, Provo 1997, 392–402; sehr abgewogen J. Jeska, Josephus und die Archäologie, in: S. Alkier / J. Zangenberg (Hg.), Zeichen aus Text und Stein. Studien auf dem Weg zu einer Archäologie des Neuen Testaments, TANZ 42, Tübingen 2003, 110–134.

Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie

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„gebrauchen“, aber nicht interpretieren.14 Jegliche Interpretation, gerade auch der vermeintlich nur ‚sachbezogenen‘ Passagen, hat aber mit der Tatsache zu beginnen, dass Josephus zuallererst antiker Historiker ist.

II. ‚Augenzeuge‘ und ‚Schriftsteller‘: Grundgegebenheiten der Darstellung Galiläas durch Josephus Für viele Forscher besitzt die Darstellung des Josephus vor allem deshalb ein besonders hohes Maß an Glaubwürdigkeit, weil er die Region aus eigener Anschauung kennt.15 Gerade im Falle Galiläas, das für viele andere Zeitgenossen unbedeutend und entlegen war, erscheint dies als ein unschätzbarer Vorteil. Josephus’ zahlreiche Quellen, allen voran die hebräische Bibel,16 jüdische Literatur (hier besonders 1Makk) sowie eine große Anzahl heute allermeist verlorener Werke griechischer Geschichtsschreibung,17 konnten ihm wenig Informationen über das zeitgenössische Galiläa bieten. Die Bibel nimmt zwar immer wieder auf die Region Bezug, doch dienen diese Nachrichten Josephus eher zur Einordnung der Region in das religiös geprägte, den historischen Ereignissen enthobene Gefüge des Zwölfstämmevolks (bezeichnenderweise mit deutlicher Aktualisierung wie etwa bei der Zuweisung Galiläas an die Stämme Sebulon und Naftali in Ant V 84f im Gefolge von Jos 19,10–16.24–31), als dass er aus ihr konkrete Nachrichten über tatsächliche, noch andauernde Zustände hätte schöpfen können. Im Unterschied dazu reichten die Auswirkungen der vor allem in 1Makk berichteten Ereignisse, wie etwa den Eroberungszügen der Makkabäer in Galiläa, noch tief bis in die Zeit des Josephus hinein (Ant XII und XIII). Auch war die in 1Makk entgegentretende prohasmonäische und jüdisch-nationalistische Ideologie Josephus sicher nicht fremd.18 Damit trugen 1Makk ebenso wie die globaleren

––––––––––––– 14 S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament. Übers. v. M. Vogel, UTB 2130, Tübingen / Basel 2000, 19–52, bes. 44–49. 15 Das Thema wurde zuletzt ausführlich behandelt von Y. Shahar, Josephus Geographicus. The Classical Context of Geography in Josephus, TSAJ 98, Tübingen 2004, 192–227. 16 Über Josephus’ Gebrauch der Bibel s. L. H. Feldman, Josephus’ Interpretation of the Bible, 2 Bde., Berkeley 1998; C. T. Begg, Studies in Josephus’ Rewritten Bible, JSJ.Suppl 58, Leiden 1998; H. W. Attridge, The Interpretation of Biblical History in the Antiquitates Judaicae of Flavius Josephus, HDR 7, Missoula 1976. 17 Über das Problem des ‚Verschwindens‘ von Josephus’ paganen Quellen s. D. Mendels, The Formation of a Historical Canon of the Greco-Roman Period. From the Beginnings to Josephus, in: J. Sievers / G. Lembi (Hg.), Josephus and Jewish History in Flavian Rome and Beyond, JSJ.Suppl 104, Leiden / Boston 2005, 3–19. 18 Zu Grundlagen und Spielarten des jüdischen Nationalismus s. D. Mendels, The Rise and Fall of Jewish Nationalism, New York u. a. 1992; zur nationalistischen Sicht der Geo-

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Interpretationsmodelle der Bibel viel zur Art und Weise bei, wie Josephus die Region Galiläa und ihre Bewohner begriff.19 Weit geringer war jedoch der Beitrag, den die von Josephus in anderen Kontexten so oft benutzten paganen Autoren liefern konnten. Kaum ein anderer griechisch oder lateinisch schreibender Autor kannte Galiläa aus persönlicher Anschauung, alle – angefangen bei Strabo (Ende 1. Jh. v. Chr.), den Josephus in der Tat in Antiquitates und Bellum benutzt und in dieser Beziehung immer wieder korrigiert hat, über Plinius den Älteren (Mitte 1. Jh. n. Chr.) bis zu Claudius Ptolemäus (2. Jh. n. Chr.) – waren bei ihrer Darstellung ihrerseits gezwungen, sich mehr oder minder guten Quellen anzuvertrauen. Dies hatte freilich erwartbare Folgen: Neben einer Reihe zutreffender, aber meist recht allgemeiner Sachangaben stehen ungenaue Einzelheiten und zuweilen auch schlicht – Unsinn.20 All diese Mängel lassen sich, so scheint es, durch das unbestechliche Urteil des Augenzeugen Josephus auffüllen, dessen Anschauung wir die konkurrenzlose Fülle an landeskundlichen, topographischen und baugeschichtlichen Details in rebus Galilaeicis verdanken. Der Autor war vor Ort, hat nicht nur Land und Leute beobachtet und darüber berichtet, sondern manches von dem, was er in seiner Darstellung beschreibt, selbst angeregt und umgesetzt (wie etwa Befestigungswerke galiläischer Städte) oder selbst erlebt und erlitten (wie etwa die Kämpfe um Tiberias oder den Fall von Jotapata). Allein der Bericht des Justus von Tiberias, Josephus’ Kontrahenten in Galiläa und Konkurrenten um die Deutungshoheit des Krieges, könnte mit ähnlichem Anspruch auftreten, doch ist dessen Werk „Über die jüdischen Könige in ihren Stammbäumen“ bis auf eine äußerst knappe Zusammenfassung bei Photius (Bibliotheke cod. 33) sowie einige polemische Anspielungen in Josephus’ Vita heute verloren.21 Justus’ Darstellung unterschied sich – in aller Vorsicht,

––––––––––––– graphie des Josephus vgl. auch B.-Z. Rosenfeld, Flavius Josephus and His Portrayal of the Coast (Paralia) of Contemporary Roman Palestine. Geography and Ideology, JQR 91, 2000, 143–183. 19 Dazu s. T. Luckritz Marquis, Re-Presenting Galilean Identity. Josephus’s Use of 1 Maccabees 10:25–45 and the Term Ioudaios, in: Zangenberg / Attridge / Martin, Religion (s. Anm. 2). 20 Dazu Cappelletti, Authors (s. Anm. 2). Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 239–241, legt überzeugend dar, wie Josephus seine Vorlage Strabo (Geographica XVI 2,16.45) bei der Darstellung des Sees Gennesaret und der Jordanquellen vorsichtig korrigiert; zu Josephus und Strabo vgl. nun auch A. Galimberti, Josephus and Strabo. The Reasons for a Choice, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 147–167. 21 Siehe Mason, Life of Josephus (s. Anm. 4), 225 (Appendix E). Zu Justus von Tiberias vgl. auch E. Schürer / G. Vermes / F. Millar / M. Black, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B. C. E. – 135 C. E.), Vol. I, Edinburgh 1987, 34–37; T. Rajak, Justus of Tiberias as a Jewish Historian, in: dies., The Jewish Dialogue with Greece and Rome. Studies in Cultural and Social Interaction, Boston / Leiden 2002, 161–176; sowie dies., Josephus and Justus of Tiberias, in: ebd., 177–193.

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um die dürren Zeugnisse nicht überzuinterpretieren – wohl eher in ihrer politischen Tendenz als in der historischen Substanz des Berichteten von dem, was wir bei Josephus lesen können.22 Josephus war aber nicht der Einzige, der für eine griechischsprachige Leserschaft über Galiläa schrieb. Wenn die Augenzeugenschaft des Josephus noch bis heute entscheidend zur Glaubwürdigkeit des Autors beiträgt, muss uns das nicht verwundern: Josephus setzt sie selbst als Argument gegen seinen politischen und literarischen Konkurrenten Justus von Tiberias ein und stellt so die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Darstellung bei seinen Lesern heraus (Vita 358, vgl. Bell I 14: Die Anwesenheit bei den Ereignissen macht den Bericht anschaulich).23 Für Josephus garantiert die Augenzeugenschaft geradezu die Wahrhaftigkeit seiner Darstellung (Ap I 46f. 55).24 Dennoch kann die Detailgenauigkeit des Josephus nicht über einige fundamentale Tatsachen hinwegtäuschen, die für die rechte Einordnung seiner Passagen über Galiläa im Blick zu behalten sind. Freilich variiert die Intensität der im Folgenden angesprochenen Aspekte in den einzelnen Werken des Josephus. Die Unterschiede in Intention und Darstellung zwischen Contra Apionem als apologetischem Werk, Vita als ‚Autobiographie‘ und den enger miteinander verwandten, historiographischen Werken Bellum und Antiquitates sind evident und sollen hier auch nicht nivelliert werden. Doch ist Contra Apionem für unsere Fragestellung weniger von Belang, da Galiläa darin kaum eine Rolle spielt (vgl. etwa Ap I 48.110), während Vita mit Bellum und Antiquitates gerade im Hinblick auf ihre Bezüge zu Galiläa ein beträchtliches historisches und landeskundliches Interesse teilt.25

––––––––––––– 22 Dies natürlich auf der Basis einer auffälligen „similarity of cultural attitudes and goals“, Rajak, Josephus and Justus (s. Anm. 21), 191. 23 Vgl. F. Parente, The Impotence of Titus, or Flavius Josephus’s Bellum Iudaicum as an Example of „Pathetic Historiography“, in: Sievers / Lembi, Josephus and Jewish History (s. Anm. 17), 45–69: 48f. 24 Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 192f; Jeska, Archäologie (s. Anm. 13), 114. Für Justus dürfte dies freilich kaum anders gegolten haben. Zur ‚Authentizität‘ bei Josephus vgl. D. R. Schwartz, On Drama and Authenticity in Philo and Josephus, SCI 10, 1989 / 1990, 113–129. 25 Zudem sind Biographie und Historiographie ohnehin eng miteinander verwandt, vgl. H. Sonnabend, Geschichte der antiken Biographie. Von Isokrates bis zur Historia Augusta, Darmstadt 2003, bes. 4–8. Die von mir genannten Unterschiede berühren auch nicht die von Barclay zu Recht hervorgehobenen „rhetorical and cultural strategies“, die in Contra Apionem besonders hervortreten, aber auch für die übrigen Werke des Josephus prägend sind: J. M. G. Barclay, Judean Historiography in Rome. Josephus and History in Contra Apionem Book 1, in: Sievers / Lembi, Josephus and Jewish History (s. Anm. 17), 29–43, bes. 36–40. Freilich ebnet dies nicht die Unterschiede in der Darstellung Galiläas in Bellum und Antiquitates ein, s. dazu T. Rajak, Josephus. The Historian and His Society, London 1983, 144–173.

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a) Josephus bleibt auch und gerade als ‚Augenzeuge‘ stets den darstellerischen Grundsätzen und Grundformen antiker Geschichtsschreibung verpflichtet. Diesen Regeln verdanken wir beides, sowohl die für die Archäologie so interessanten und daher besonders oft ausgewerteten exkursartigen Summarien zu Orten und Landschaften, als auch beispielsweise die zumeist ganz selbstverständlich als ‚unhistorisch‘ und gattungsbedingt angesehenen Reden. Insofern müsste man in der Tat mit beiden Stoffen gleichermaßen kritisch umgehen. Der oft genug vor allem von landeskundlich orientierter Literatur praktizierte unterschiedliche Zugriff zeigt freilich, dass auch wir unsere Vorlieben beim Umgang mit unserem ‚Stoff Josephus‘ haben. ‚Sachinhalte‘ lassen sich jedoch nicht von ‚rhetorischer Einkleidung‘ trennen. Das Argument der Augenzeugenschaft besitzt für unsere Bewertung des Josephus letztlich auch nur relativen Wert. Trotz des polemischen Beharrens auf ihrem Wert, wie es in Vita 358 zutage tritt, unterlässt es Josephus keinesfalls Dinge zu berichten, bei denen er nicht anwesend war – im Gegenteil! Besonders offensichtlich ist die Fiktion einer Augenzeugenschaft in Josephus’ Bericht der Belagerung und Eroberung Masadas (Bell VII 252–406), in der er wechselweise die Perspektive der Römer und der belagerten Zeloten einnimmt. Dass er Eleazars Rede nicht gehört haben kann (wenn es eine solche denn überhaupt gegeben hat), hält ihn nicht davon ab, sie in eindrucksvoller Pracht und Länge zu ‚referieren‘.26 Natürlich ist das für einen hellenistischen Historiker kein Problem und widerspricht auch nicht der Maxime des Strebens nach Genauigkeit (bes. Bell I 30; vgl. auch Thukydides I 22; Lukian, Historia 58). Ebenso sind Zweifel an Josephus’ Augenzeugenschaft am Triumphzug der Flavier in Rom angebracht, der breiten Raum am Ende des Bellum einnimmt (Bell VII 123–162).27 Wenn Josephus in der Tradition zeitgenössischer Geschichtsschreibung immer wieder in die Perspektive des fiktiven Augenzeugen schlüpfen kann, ohne es gewesen zu sein, dann kann es nicht überraschen, dass er auch dort, wo er Material aus eigener Anschauung bietet, umformt, auswählt und stilisiert. Er ist eben auch dort auctor im eigentlichen Sinne. Dies widerspricht auch nicht seinem Bekenntnis, stets allein der Wahrheit verpflichtet zu sein (Bell I 14f.30). ––––––––––––– 26 Selbst wenn man Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 204–207, zustimmen

würde, dass Josephus bei der Belagerung Masadas im Lager Silvas anwesend war, wäre es ihm nicht möglich gewesen, die Rede Eleazars zu hören. Als einzige Zeugin käme dann eine der Frauen infrage, die die Römer nach der Belagerung aufgegriffen haben (Bell VII 404), doch sieht dies zumindest nach einem literarischen Kunstgriff aus, der nur wenig über die historischen Ereignisse aussagt, vgl. Cohen, Masada (s. Anm. 5), bes. 386–392, mit anderem Akzent s. nun J. W. van Henten, Noble Death in Josephus. Just Rhetoric?, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 195–218, bes. 212–218, oder Atkinson, Noble Deaths (s. Anm. 5), bes. 365. 27 O. Michel / O. Bauernfeind, Flavius Josephus. De Bello Iudaico – Der Jüdische Krieg Griechisch und Deutsch. Band II / 2: Buch VI–VII, Darmstadt 1969, 242, Exkurs 20.

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Man kann dieses Dickicht aus Fakten, allgemeinen Gattungsmerkmalen antiker Geschichtsschreibung, persönlichen Darstellungsmotiven und dem Wunsch nach Leserbeeinflussung durchaus als ‚rhetorisch‘ oder ‚pathetisch‘ bezeichnen, wie dies in der Josephusforschung zu Recht bereits lange geschieht.28 Dabei geht es gar nicht um die platte Gleichsetzung von ‚rhetorisch durchformt‘ mit ‚fiktiv‘, sondern um die Einsicht, dass Josephus’ kreativer Umgang mit den ‚Fakten‘ durchaus nicht allein steht, man erinnere sich nur daran, dass Cicero Rhetoren zugesteht ementiri in historiis, ut aliquid dicere possint argutius (Brutus 11 [42]). Vor allem Caesars Commentariorum belli Gallici libri („Kriegsberichte aus Gallien“, Buch I–VII) scheinen mir Josephus’ Bellum besonders nahe zu stehen: Beide Werke sind von Augenzeugen verfasst, die maßgeblich an dem Zustandekommen der geschilderten Ereignisse beteiligt waren, beide verteidigen die eigene, zu Hause umstrittene Rolle, beide arbeiten mit ethnologischen und topographischen Angaben und beide befassen sich mehr oder weniger direkt mit dem Thema Macht und Ohnmacht.29 Methodisch hängen beide – wie auch der von Josephus benutzte Geograph Strabo – von der Historiographie des Polybios ab.30 Der Beobachter und Augenzeuge Josephus ist also zugleich auch Leser anderer Autoren und Schreiber seiner eigenen Version der Dinge. Selbst der Augenzeuge benötigt also literarische Gewährsleute, um seine Aufgabe zu erfüllen, und hat eine Leserschaft zu überzeugen, die unter widerstreitenden Einflüssen steht (so etwa im Konflikt mit Justus von Tiberias über die Verwendung und Rolle der Commentarii des Vespasian in Vita 342 und 35831). b) Für Josephus sind die Orte und Landschaften Galiläas nie nur neutrale Kulisse ferner Ereignisse oder Kuriositäten für ein vielfältiges, an Exotischem ebenso wie an „elite discourse about politics and constitutions“ interessiertem und unterhaltungsbedürftigem Publikum.32 Vielmehr fungieren sie stets als ––––––––––––– 28 Parente, Impotence (s. Anm. 23); Jeska, Archäologie (s. Anm. 13), 113f; Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 185f; K.-S. Krieger, Geschichtsschreibung als Apologetik bei Flavius Josephus, TANZ 9, Tübingen 1994. 29 Zur Rolle der Geographie in Caesars Bellum Gallicum vgl. A.M. Riggsby, Caesar in Gaul and Rome. War in Words, Austin 2006, bes. 21–45. Es würde sich durchaus lohnen, Josephus und Caesar unter diesen Gesichtspunkten zu vergleichen und auch die Wirkung zu untersuchen, die beide Werke auf die regionale und nationale Archäologie ausgeübt haben. 30 Dazu vgl. Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 175–177.179–184. 31 Dazu s. die Anmerkung bei Mason, Life of Josephus (s. Anm. 4), 140 Anm. 1402. 32 So S. Mason, Of Audience and Meaning. Reading Josephus’ Bellum Iudaicum in the Content of a Flavian Audience, in: Sievers / Lembi, Josephus and Jewish History (s. Anm. 17), 71–100: 99. Im darauf folgenden Aufsatz schreibt J. Price, The Provincial Historian in Rome, in: Sievers / Lembi, Josephus and Jewish History (s. Anm. 17), 101–118: 102: „Josephus’s books address multiple audiences – the Greek-educated Roman upper class in and the cities of the empire, the Greek-speaking intelligentsia of the eastern provinces and the Greek reading Jewish inhabitants of the eastern provinces.“ Eine andere Frage ist natürlich,

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Schauplätze einschneidender, noch zu Lebzeiten des Josephus höchst umstrittener und zudem politisch wie religiös äußerst sensibler Ereignisse. Und – so zeigt uns vor allem die Vita – sie sind nicht zuletzt auch Stationen seines eigenen Lebens, das gerade bei den Menschen, die Josephus besonders nahe standen, nicht unumstritten war. Die Region wird so oft genug zum Akteur, indem sie die Bedingungen menschlichen Handelns bestimmt, sie fördert oder hemmt. In ihrer grundlegenden Studie über antike Geographie hat Katherine Clark zudem mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass man Ortsangaben und -beschreibungen am besten durch die darin ablaufenden Handlungen begreifen kann: Die Beschreibung der Geographie wird so zu einem „active agent of meaning in the historical narrative“.33 Orte und Aktivitäten sind also nicht voneinander zu trennen. Josephus schreibt über Galiläa stets mit unterschiedlicher Perspektive und Intention: Als Augenzeuge der gewaltigen Katastrophe seines Volks, als Chronist der jüngsten Zeitgeschichte, als Vermittler jüdischer Kultur an gebildete Römer, als General eines verlorenen Feldzugs und nicht zuletzt auch als Apologet in eigener Sache. All diese Rollen prägen seinen Blick und seine Darstellung, und zwar auch dort, wo man glaubt, auf derart festem Boden zu stehen, dass man getrost den Lackmustest der Archäologie riskieren kann. Insofern kommt durchaus ein tragisches Moment zum Ausdruck, wenn Josephus sein Lob der Fruchtbarkeit des fast schon paradiesischen Uferstreifens von Ginnosar als Einleitung (Bell III 516–521) für eine blutige Seeschlacht auf dem Meer von Galiläa gestaltet (Bell III 522–531). Natürlich ist dies auch ein Stück antiker, auf Polybios aufbauender Historiographie, die die Leser über die geographischen Umstände in Kenntnis setzt, unter denen sich die im Folgenden beschriebene Schlacht abspielt.34 Bei Josephus kommt

––––––––––––– ob Josephus seine intendierte Leserschaft auch tatsächlich gefunden hat. H. M. Cotton und W. Eck kommen in ihrer Suche nach denjenigen Angehörigen der römischen Elite, zu denen Josephus nachweislich Kontakte hatte, zu einem recht ernüchternden Ergebnis: H. M. Cotton / W. Eck, Josephus’ Roman Audience. Josephus and the Roman Elites, in: Sievers / Lembi, Josephus and Jewish History (s. Anm. 17), 37–52. 33 K. J. Clark, Between Geography and History. Hellenistic Constructions of the Roman World, Oxford 1999, 36f. Vgl. zum Thema J. Zangenberg, Pharisees, Villages and Synagogues. Observations on the Theological Significance of Matthew’s Geography of Galilee, das in der Festschrift für Klaus Haacker (hg. v. V. Lehnert) erscheinen wird. Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 3, sieht den Zusammenhang zwischen Ort und Handlung bei Josephus als Erbe des Polybios und Strabo: „Space is one of the major players in history and has a far-reaching influence on the events and their consequences.“ 34 Dazu Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 202. Shahar sieht ebd. einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen deskriptiv-geographischer Passagen und der persönlichen Anwesenheit des Josephus (hier als Gefangener im Lager der Römer): „[T]he descriptive passages which accompany the battles described can be used as kind of litmus paper to test whether Josephus was witness to a particular battle.“

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jedoch eine deutlich emotionale Komponente hinzu: Der Kontrast durch die Schilderung der fast schon ins Utopische gesteigerten Landschaft und der folgenden blutigen Schlacht soll den Leser angesichts der Zerstörung und des Leids bewegen, das sich in einem solchen Paradies abspielt. So überrascht es auch nicht, dass die Passage gezielte Anleihen bei biblischen Reminiszenzen des von Gott gesegneten Landes (Dtn 8,7–10; 11,9–14; 33) macht.35 Die „focalization“, von der Clark spricht,36 gelingt Josephus gerade durch seine geographischen Exkurse. Aber die Fokussierung ist nicht allein sach- oder ereignisorientiert. Die geographischen Exkurse dienen nicht nur der topographischen und landeskundlichen Information der Leser, sondern wollen auch ihre Emotionen wecken und sie für Josephus’ Anliegen einnehmen. c) Insofern kann meine letzte These nicht überraschen: Josephus hat kein Interesse an Galiläa an sich. Auch dies ist eine Konsequenz der von Clark betonten „focalization“ antiker Historiographen. Vor allem in Bellum und Vita ist Josephus’ Blick auf archäologisch relevante Sachverhalte Galiläas durch die Maßnahmen und Ereignisse des Krieges bestimmt.37 Zeitlich zurückliegende Ereignisse werden oft nur durch diese Brille prismatisch wahrgenommen und auch in der synchronen Perspektive gibt es Verengungen. So finden wir zwar ausführliche Beschreibungen der Topographie vergleichsweise zweitrangiger Orte wie Jotapata und Gamla, nicht aber eine ähnlich zusammenhängende Charakterisierung der politisch und geographisch eigentlich wichtigeren Städte Tiberias und Sepphoris. Diesbezügliche Nachrichten finden sich nur punktuell verstreut über die Erzählung. Die Fokussierung des Geographen Josephus wird vollends deutlich, wenn man sich mit Josephus in der Hand solchen Ortslagen Galiläas nähert, die im NT eine besondere Rolle spielen: Hier herrscht weitgehende Fehlanzeige! Nazaret wird bei Josephus überhaupt nicht erwähnt (was durchaus der tatsächlichen Bedeutung des Ortes entspricht), ebenso wenig Chorazin, Kana (vgl. höchstens Vita 86, falls es mit dem ntl. Kana identisch sein sollte) oder Nain, sogar Kapernaum taucht bei Josephus nur im Vorübergehen auf (Bell III 519; Vita 403), und Magdala mit beträchtlichen Lücken (Vita 156.188). Umgekehrt fehlen im NT Orte, die bei Josephus genannt werden, weil sie in seiner politisch geprägten Geographie Galiläas eine Rolle spielen, nicht aber in der an den maßgeblichen Personen und Orten der Jesusbewegung orientierten Geographie der Evangelien und ihrer Quellen (Tiberias, Sepphoris). So zeigt

––––––––––––– 35 Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 5f, weist hier auf die Ähnlichkeit der josephischen Darstellung zu frühen rabbinischen Midraschim hin. 36 Clark, Geography and History (s. Anm. 33), 24.35f. 37 Über den Zusammenhang zwischen geographischer Beschreibung und Schlachtenverlauf bei Josephus und seine diesbezügliche Abhängigkeit von Polybios und Strabo vgl. Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 207–212.

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sich die Positionalität und Intentionalität jeglicher literarischen Geographie, auch der des Josephus.38 Sowohl Josephus als auch das NT entwerfen ihre je eigene, in diesem Sinn selbstverständlich auch ‚fiktionale‘, weil eklektische und interessengeleitete Geographie Galiläas. Sie zeichnen ihre je eigenen narrativen Karten, bestehend aus nach ihrer Sicht signifikanten Orten, Ereignissen und Personen. Keine dieser ‚Karten‘ ist mit dem ‚tatsächlichen‘ damaligen Territorium Galiläas, seinem geographischen und strukturellen Gefüge einfach identisch, aber jede ist mit diesem untrennbar verwoben. Diese Grundeinsichten im Umgang mit antiker Geographie hat man sich zu vergegenwärtigen, wenn man Orte aus der ‚Karte‘ des Josephus herauspickt, um sie auf einer anderen, modernen, historisch-kritischen Karte einzutragen.39 Zwischenfazit Nicht die einzigartige Rolle also, die Josephus als Quelle über Galiläa besitzt, auch nicht sein Anspruch, „der Wahrheit gemäß und akribisch Bericht zu geben“,40 sollten unseren Blick leiten, sondern die durchaus konventionelle Art und Weise, wie er das Material darbietet. Gerade die Augenzeugenschaft des Josephus ist also nicht unbedingt ein Garant für besondere Objektivität, die ihn aus dem Kreis der antiken Historiographie herausrückt, sondern Anlass zu derjenigen pragmatischen Gelassenheit und sorgfältig-kritischen Lektüre, wie wir sie auch bei anderen antiken Historikern pflegen. Josephus liefert – allen modernen handbuchartigen Zusammenstellungen seiner zahlreichen Aussagen zum Trotz – keine systematische Darstellung Galiläas. Diese kann vielmehr erst das Ergebnis einer kritischen Lektüre aller vorhandenen textlichen wie materiellen Quellen sein. So misslich und auf den ersten Blick ernüchternd diese Einsicht auch sein mag, sie eröffnet der Archäologie doch ganz neue Möglichkeiten, ihre eigenen Fragen zu stellen und ihre eigene Sprache zu sprechen.

––––––––––––– 38 Zur Fiktionalität und Intentionalität antiker Geographien vgl. neben der bereits erwähnten Studie von Clark, Geography and History (s. Anm. 33) auch K. Brodersen, Terra Cognita. Studien zur römischen Raumerfassung, Hildesheim u. a. 1995; C. Nicolet, Space, Geography, and Politics in the Early Roman Empire, Ann Arbor 1991; R. Talbert / K. Brodersen (Hg.), Space in the Roman World. Its Perception and Presentation, AKG 5, Münster 2004. Zu Josephus als Geograph nun besonders Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15). 39 Vgl. Zangenberg, Pharisees (s. Anm. 33). 40 So mit gebotener Vorsicht Jeska, Archäologie (s. Anm. 13), 114.

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III. Das ‚Galiläa der Archäologie‘ – Einige Ergebnisse und Aufgaben neuerer archäologischer Forschung Auch von Seiten der Archäologie ist eine Besinnung hinsichtlich des Ertrags der Galiläa-Berichte des Josephus notwendig. Sicherlich hat die Feldforschung in vielen Bereichen während der letzten Jahre erhebliche Fortschritte gemacht. Doch heißt das nicht, dass sich daraus notwendig eine engere Verflechtung von Information aus materieller Kultur und aus den Schriften des Josephus ergeben hätte. Im Gegenteil: Verfeinerte Forschungsmethoden und veränderte Fragestellungen haben zu einer gewissen Emanzipation der Archäologie des hellenistisch-römischen Palästina von der Dominanz des Kronzeugen Josephus geführt, die durchaus heilsam war und sich in der Zukunft wohl eher noch verstärken wird. War man bisher vor allem an Ereignisgeschichte oder an Lokalisierung, Geschichte und Aussehen einzelner Orte interessiert, wo Josephus zweifellos unschätzbare Hilfe leisten konnte (siehe oben unter Punkt I), treten nun verstärkt regionale Prozesse kulturellen Wandels in den Vordergrund, die den Wert literarischer Quellen bei der Bildung von Deutungsmodellen relativieren, da diese zumeist punktuelle Informationen bieten. So wird eine neue Lektüre der einschlägigen Texte erforderlich. Ereignisse und Orte, wie sie zumeist in Texten thematisiert werden, sind dann nicht mehr aus sich selbst heraus wichtig (oder gar weil sie im NT erwähnt werden), sondern dienen als Schauplätze und Indikatoren langfristiger, meist anonymer Entwicklungen. Dies können sie aber nur, wenn sie in Modelle solch langfristiger Prozesse eingespeist werden, die in der Regel aus Sozial- und Naturwissenschaften entlehnt werden.41 Archäologische Methoden zur Analyse von Siedlungsgeographie und -geschichte sowie längerfristiger Veränderungen eines von Menschen bewohnten geographischen Raumes fungieren ebenfalls als textunabhängige, methodisch eigenständige Erkenntnisquellen. Archäologie tut sich jedoch gewöhnlich schwer mit Ereignisgeschichte. Nicht zuletzt deshalb relativiert sich die ‚josephische Auswahl aus der Realität‘. Statt einzelner Ereignisse und Personen treten dank wachsender archäologischer Daten ganze bisher nur kaum bekannte Epochen in das Blickfeld, wie z. B. die vorhasmonäische Periode, über die Josephus

––––––––––––– 41 Auch hier bestehen durchaus Parallelen mit Caesars Bellum Gallicum: Während dieser Text fundamental bedeutsam für die Wiederentdeckung des ‚gallischen Frankreich‘ v. a. unter Napoleon III. war und die spektakulären Ausgrabungen in Alesia und zahlreichen anderen Orten ermöglichte, tritt dessen Bedeutung unter den heutigen Fragestellungen eher zurück. Zur Bedeutung des Josephus bei der Lokalisierung von Ortslagen vgl. Jeska, Archäologie (s. Anm. 13), 116–122; zur modernen Bedeutung Masadas vgl. Hadas-Lebel, Massada (s. Anm. 5); Ben-Yehuda, The Masada-Myth (s. Anm. 5); sowie Sonstiges in Anm. 5; zu Alesia siehe z. B. M. Reddé, Alesia. Vom nationalen Mythos zur Archäologie, Mainz 2006.

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recht wenig berichtet, sowie Fragen kultureller Veränderungen und nach Formen menschlichen Zusammenlebens.42 Statt im Folgenden eine analytische Aufzählung von Übereinstimmungen bzw. Divergenzen zwischen Josephus und der Archäologie zu präsentieren oder eine archäologische ‚Orts-‘ bzw. ‚Ereignisgeschichte‘ Galiläas zu bieten,43 möchte ich eine Reihe von Themenkomplexen herausgreifen, die in der Forschung derzeit diskutiert werden, und dabei nach dem spezifischen Beitrag des Josephus fragen. 1. Die ‚Grenzen‘ Galiläas: Geographie und Identität im Licht kulturellen Wandels Die Frage nach dem Charakter galiläischer Identität und nach Kontakten mit Regionen und Kulturen außerhalb Galiläas ist in letzter Zeit ein vieldiskutiertes Thema. a) Grundlegend für die Beschäftigung mit dem Galiläa-Bild des Josephus ist der Exkurs Bell III 35–44.44 Sowohl in der strukturellen Systematik als auch hinsichtlich der inhaltlichen Aspekte unterscheidet sich Josephus kaum von anderen zeitgenössischen Historikern. Der Vorgehensweise Strabos folgend (vgl. Geographica II 1,30; 5,17) beschreibt Josephus die Lage Galiläas, indem er – nach einem kurzen Hinweis auf dessen Unterteilung in ein „Oberes“ und „Unteres“ Galiläa45 – wie in einer imaginären Rundwanderung von Westen über Süden und Osten nach Norden schreitend, die äußeren Grenzen der Region umreißt, genauer: diejenigen Landstriche und Orte aufzählt, die nicht mehr zu Galiläa gehören (III 35–38a). Dann – gleichsam als Gegenprobe – wird das Gebiet innerhalb dieser Grenzen wieder nach seinen zwei Teilen gesondert jeweils der Länge und Breite nach durchschritten (III 38b–40). Daran schließt sich eine allgemeine Charakterisierung der innerhalb dieses Gebietes siedelnden Bevölkerung an („kriegerisch und seit je her ––––––––––––– 42 Vor ähnlich großen Lücken in den Quellen und vergleichbaren methodischen Problemen steht man auch, wenn man Josephus als Quelle für Wirtschaftsgeschichte verwenden möchte, dazu J. Pastor, Josephus as a Source for Economic History. Problems and Approaches, in: Rodgers, Making (s. Anm. 3), 334–346. 43 Siehe dazu J. Zangenberg, Jesus – Galiläa – Archäologie. Neuere Forschungen in einer Region im Wandel, in: J. Frey / C. Claussen (Hg.), Jesus von Nazareth und die Archäologie Galiläas, BThSt, Neukirchen-Vluyn 2007 (im Druck). Dort finden sich eine kritische Zusammenschau des Materials sowie ausführliche Literaturangaben. 44 Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 234–238, weist wiederum auf besondere Affinitäten zu Strabo hin. 45 Vgl. die jedem Lateinschüler bekannte, berühmte Einleitungspassage Gallia est omnis divisa in partes tres in Caesar, Bellum Gallicum I 1,1; dazu Shahar, Josephus Geographicus (s. Anm. 15), 180.

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zahlreich“), deren Hauptmerkmal („zahlreich“) auf die besondere Fruchtbarkeit des Landes zurückgeführt wird („völlig bebaut und durchgehend ertragreich“, III 41–44). Als Klimax der Charakterisierung Galiläas kann die Beschreibung der Ebene Ginnosar gelten (III 506–521). Obwohl der Exkurs primär geographischen Gegebenheiten folgt, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die räumlichen Grenzen für Josephus zugleich auch kulturelle Bedeutung besitzen. Doch muss man hier sehr sorgfältig hinsehen, um nichts hineinzulesen, was nicht im Text steht. Denn das, was wir unter ‚Kultur‘ verstehen, spielt im Exkurs III 35–58 keine explizite Rolle. Zwar sieht Josephus Galiläa „eingeschlossen von Phönizien und Syrien“ (III 35) und „von vielen fremden Völkern umgeben“ (III 41), er zählt sogar gleich zu Beginn die umliegenden Gebiete auf, darunter allein drei Dekapolisstädte (Skythopolis, Hippos und Gadara), doch klassifiziert er die Galiläer nicht nach kulturellen Kriterien. Die Einwohner der Region sind schlicht „Galiläer“ und werden nach der Region benannt, in der sie wohnen.46 Hinweise auf den für Josephus sonst nahezu paradigmatischen Antagonismus von „Griechen“ und „Juden“47 fehlen hier bezeichnenderweise. Allein am Ende des geographischen Gesamtexkurses (III 58) erwähnt Josephus, dass in Julias im Norden des Landes „Juden und Syrer“ zusammenwohnen, wobei „Juden“ hier nicht im Sinne der Herkunftsbezeichnung ‚aus Judäa stammend‘, sondern klar als ‚der Religion und Kultur der Juden zugehörig‘ zu interpretieren und auf Galiläer jüdischen Glaubens zu beziehen ist.48 Mit „Syrern“ kann – wie Tessa Rajak vermutet hat – die semitische, ländliche und nicht-

––––––––––––– 46 S. Freyne, The Galileans in the Light of Josephus’ Life, in: ders., Galilee and Gospel. Collected Essays, WUNT 125, Tübingen 2000, 27–44, betont zu Recht, dass ‚Galiläer‘ nicht per se ‚Revolutionär‘ bedeutet, sondern in erster Linie die glühenden Unterstützer des Josephus bezeichnet, der zur Bewahrung des Friedens nach Galiläa gekommen ist (ebd., 28). Der geographische Gebrauch in Bellum ist die Grundlage für diese Verwendung in Vita (ebd., 43f), denn Josephus kommt es ja gerade darauf an zu zeigen, dass die Bewohner der Region geeint auf Seiten des Josephus stehen (ʖμˆƹƸưƳƵ Vita 55.376f u. ö.), mit Ausnahme einiger weniger, die ihren eigenen Vorteil suchen. Insofern werden allein die Einwohner von Tiberias, Sepphoris, Gischala und Gabara von den ‚Galiläern‘ unterschieden, da Josephus dort mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Vita setzt sonst die Geographie Galiläas voraus, wie sie in Bellum entfaltet wird. „[T]he primary meaning of the term ‚the Galileans‘ is ... geographical: it refers to the inhabitants of Galilee without any distinction of town or country and giving no indication of loyalities or attitudes other than the fact that they are adherents of the Jewish way of life“ (ebd., 43). In Bell III 35–39 fehlt selbst letzterer Punkt. 47 T. Rajak, Ethnic Identities in Josephus, in: dies., Jewish Dialogue (s. Anm. 21), 137–146: 139. 48 Dazu vgl. S. Freyne, Behind the Names. Galileans, Samaritans, Ioudaioi, in: ders., Galilee and Gospel (s. Anm. 46), 114–131, bes. 125–131. Zu beachten ist, dass bereits Strabo die Bevölkerung als „gemischt“ (XVI 2,34) bezeichnet.

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jüdische Bevölkerung der Region gemeint sein (etwa im Gegensatz zu urbanen „Griechen“).49 Insgesamt fällt auf, dass auch in den Exkursen zu Peräa, Samarien und Judäa das Thema religiöser oder kultureller Identität keine Rolle spielt: Sogar Jerusalem wird ohne Hinweis auf den Tempel allein als „Königsstadt“ bezeichnet, und nicht einmal die Existenz der Samaritaner wird erwähnt. Politischen und sozialen Eigenheiten wird größerer Raum gewährt als kulturellen und religiösen Themen. Offensichtlich spielten Fragen der kulturellen Identität im Rahmen der generellen Charakteristik Galiläas und der Galiläer für Josephus nur eine höchst untergeordnete Rolle, ebenso das Verhältnis der Völkergruppen untereinander sowie Wege zur Schaffung und Bewahrung der eigenen Identität. Überhaupt scheint die Konzeptualisierung von ‚Ethnizität‘ und ‚Kultur‘ bei Josephus sehr rudimentär entwickelt.50 Es ist aufschlussreich zu sehen, dass Josephus Vorstellungen von ‚Entfernung‘ und ‚Nähe‘ durchaus unterschiedlich benutzt. Während er in Bell III 35–44 Galiläa dadurch beschreibt, dass er seine Grenzen auflistet und die Region so von ihrer Umgebung distanziert, folgt er an anderer Stelle einem völlig anderen Zugang. So kann Josephus in Vita 349 sogar die Nähe von Tiberias zu Städten außerhalb Galiläas betonen. ‚Distanz‘ und ‚Nähe‘ wie auch ‚Ähnlichkeit‘ und ‚Unterschied‘ erweisen sich als relative, rhetorische Konstrukte, die von Josephus’ Erleben ebenso abhängig sind wie von den Interessen der modernen Autoren, die sie benutzen. So verbietet es sich, den Katalog der geographisch ‚begrenzenden Regionen‘ als Aussage über Galiläa als kulturell ‚eingegrenzte‘ oder abgeschlossene Region zu lesen. Die geographische Geschlossenheit Galiläas schließt für Josephus nicht aus, dass mannigfache Faktoren von außen auf die Bewohner der Region einwirken und dass die Bewohnerschaft insgesamt nicht homogen ist. Erst in der Mischna wird geographische Grenzziehung mit kultureller Grenzsetzung in normativer Absicht verknüpft.51 Bei Josephus fehlt eine vergleichbar grundsätzliche Be-

––––––––––––– 49 Rajak, Ethnic Identities (s. Anm. 47), 140f. 50 Rajak, Ethnic Identities (s. Anm. 47). Freyne, Galileans (s. Anm. 46), 35, bestätigt dies

und unterstreicht, dass der Begriff ‚Galiläer‘ nach Organisation (Bewohner der ländlichen Gebiete Galiläas) und Loyalität (Unterstützung des Josephus) definiert ist, kaum nach religiösen Kriterien. Die Betonung der ländlichen Herkunft bedeutet nicht, dass für Josephus die Städte etwa nicht zu Galiläa gehörten, sondern verdankt sich der Tatsache, dass ihm aus der Landbevölkerung die größte Unterstützung zuwächst. 51 Zur theologisch qualifizierenden Mischna vgl. W. D. Davies, The Territorial Dimension of Judaism. With a Symposium and Further Reflections, Berkeley 1982 (repr. Minneapolis 1991), 67–73; für Josephus hingegen spielt die religiöse Dimension des Landes eine geringere Rolle, siehe B. Halpern Amaru, Land Theology in Philo and Jose-phus, in: L. A. Hoffman (Hg.), The Land of Israel. Jewish Perspectives, Notre Dame 1986, 65–93.

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schreibung und vor allem theologische Bewertung eventueller Kontakte zwischen Galiläern und Nichtgaliläern.52 Natürlich weiß auch Josephus von Spannungen und Gegensätzen, doch werden solche eher an konkreten Beispielen im Rahmen der Ereignisschilderung vorgeführt (z. B. antijüdische Pogrome zu Beginn des Jüdischen Kriegs in Caesarea, Bell II 457–460; in Syrien, Bell II 461–465 sowie in Gadara und Hippos, Bell II 477–480). Solche Episoden sind jedoch punktuell formuliert und abhängig von der Dramaturgie der geschilderten Ereignisse im Kontext. Daher eignen sie sich schlecht für kulturgeschichtliche Generalisierungen, die ja zur Beantwortung moderner Fragen nach der kulturellen Einbindung Galiläas in den weiteren Raum, nach Handelskontakten oder Kommunikationshemmnissen nötig sind. Oft ist es ja gerade so, dass Gewaltausbrüche im Gegensatz stehen zu einer gewöhnlich bereits lang andauernden Symbiose (Skythopolis, Bell II 466–476; anders ständige Kämpfe zwischen dem ɭƭƱƳƵ der Galiläer und den Bewohnern von Qedesh, Bell IV 105). b) Zur Beantwortung der Frage nach dem kulturellen Profil Galiläas und nach möglichen Kontakten mit der Außenwelt wird in den letzten drei Jahrzehnten verstärkt die Archäologie herangezogen. Seit Eric Meyers den Weg bereitet hat, Galiläa auf der Basis der materiellen Kultur als ‚Region‘ zu beschreiben, die durch eine dynamische Mischung aus erkennbaren Eigenheiten und Elementen kultureller Einbindung in die umgebenden Kulturen gekennzeichnet ist, kommt der Archäologie die Schlüsselrolle bei der Rekonstruktion dessen zu, was als ‚galiläisch‘ gelten kann.53 Meyers konnte zeigen, dass Galiläa in den beiden Jahrhunderten um die Zeitenwende durchaus jüdisch geprägt war und in enger Beziehung zu Jerusalem stand, sich aber gleichzeitig in einem Prozess innerer Transformation befand, in deren Verlauf sich unter maßgeblichem römischem Einfluss eine eigenständige jüdische Kultur herausbildete. Die Forschung ist ihm zu Recht trotz zahlreicher Verfeinerungen und Modifikationen im Detail im Wesentlichen gefolgt, sodass uns heute ein höchst differenziertes Bild des jüdischen Galiläa in neutestamentlicher Zeit zur Verfügung steht. Auch über das Ver-

––––––––––––– 52 Rajak, Ethnic Identities (s. Anm. 47), 141, betont zu Recht, dass „non-Jews“ zwar in der Tat als „the other“ dargestellt werden, aber keineswegs immer feindlich. əưưˆƹƸưƳƵ besitzt bei Josephus nicht die negative Bedeutung wie in 2Makk; in Bell I 16 bezeichnet er sich gar selbst als əưưˆƹƸưƳƵ. Mein Josephus-Verständnis unterscheidet sich daher von demjenigen Mordechai Aviams. 53 E. M. Meyers, Galilean Regionalism as a Factor in Historical Reconstruction, BASOR 220 / 221, 1975, 93–101; ders., The Cultural Setting of Galilee. A Case of Regionalism and Early Judaism, ANRW II 19.1, 1977, 687–702; ders., Galilean Regionalism. A Reappraisal, in: W. S. Green (Hg.), Approaches to Ancient Judaism, Vol. V: Studies in Judaism and Its Greco-Roman Context, BJSt 32, Atlanta 1985, 115–132; vgl. auch J. L. Reed, Archaeology and the Galilean Jesus. A Re-Examination of the Evidence, Harrisburg 2000.

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hältnis jüdisch-galiläischer Kultur zur Kultur des jüdischen Judäa stehen wir heute auf viel sichererem Boden als noch vor 30 Jahren. So verbietet die enge Verwandtschaft von Elementen materieller Kultur die früher oft propagierte Hypothese eines (wie auch immer motivierten) religiösen, sozialen oder kulturellen Gegensatzes zwischen ‚Galiläa‘ und ‚Jerusalem‘,54 ohne freilich zu implizieren, dass die Verhältnisse in Galiläa eine bloße Kopie derjenigen in Jerusalem gewesen wären. Galiläa war kein Raum sui generis,55 sondern eine regionale Spielart jüdisch-palästinischer Kultur. In den letzten Jahren haben verschiedene Archäologen – allen voran Mordechai Aviam und Andrea Berlin – Materialien zur kulturellen Identität verschiedener in Galiläa lebender Volksgruppen im 1. Jh. v. und n. Chr. vorgelegt und Modelle zur Deutung des Materials zur Diskussion gestellt, die mir im Hinblick auf den Umgang mit den Quellen und die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse paradigmatisch erscheinen. Aviam kommt aufgrund zahlreicher Surveys und Grabungen zu dem Ergebnis, dass sofort nach der hasmonäischen Eroberung Galiläas am Ende des 2. Jh. v. Chr. die Etablierung ethnischer Grenzen zwischen Juden und Nichtjuden in Galiläa eingesetzt habe und auch schnell abgeschlossen gewesen sei.56 Aviam folgert aus dieser „determination of boundaries“, dass „no mixed communities existed in rural areas“.57 Zur Stützung dieser Hypothese dient Aviam die Kongruenz zwischen literarischen Quellen wie der sog. ‚Baraita der Grenzen von Eretz-Israel‘ in tShevi 4,11 (vgl. jDemai 2,22c–d; jShevi 6,36c; tShevi 3; Rechov-Inschrift)58 oder der sog. ‚Liste der befestigten Städte aus der Zeit Josuas‘ aus mAr 9,6 (vgl. Bell II 572–575) mit einer Reihe archäologischer Kriterien wie der regionalen Verteilung von Kfar HananyahKeramik im Unterschied zu Galilean Coarse Ware, von Synagogen im Unterschied zu Tempeln oder Kirchen, von Mikwen und Steingefäßen, Ossuaren bzw. bildlichen Darstellungen. Aviam kann so in der Tat eine recht stabile jüdische Präsenz in Untergaliläa und im östlichen Obergaliläa nachweisen.

––––––––––––– 54 Vgl. etwa G. Vermes, Jesus the Jew, London ²1983, 42–57. 55 Vermes, Jesus (s. Anm. 54), 43. 56 Aviam / Richardson, Galilee (s. Anm. 4), 177–180; deutlicher noch in M. Aviam, In-

troduction. Borders Between Jews and Gentiles in the Galilee, in: ders., Jews, Pagans and Christians in the Galilee. 25 Years of Archaeological Excavations and Surveys Hellenistic to Byzantine Periods, Land of Galilee 1, Rochester 2004, bes. 11; ders., Distribution Maps of Archaeological Data from the Galilee. An Attempt to Establish Zones Indicative of Ethnicity and Religious Affiliation, in: Attridge / Martin / Zangenberg, Religion (s. Anm. 2). 57 Aviam, Borders (s. Anm. 56), 20. 58 Siehe auch A. M. Berlin, Romanization and Anti-Romanization in Pre-Revolt Galilee, in: dies. / J. A. Overman (Hg.), The First Jewish Revolt. Archaeology, History, and Ideology, London u. a. 2002, 57–73: 65. Nach Berlin sind diese Texte zwar spät, bewahren aber Regularien aus der Zeit des 1. Jh. n. Chr. Daran kann man jedoch durchaus zweifeln.

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Forscher wie etwa Jonathan Reed, Mark Chancey und Milton Moreland haben das Material aufgegriffen.59 Die Diskussion ist jedoch alles andere als abgeschlossen. Besonders Mark Chancey, der zu Recht die Rede vom ‚heidnischen Galiläa‘ in ntl. Zeit als ‚Mythos‘ herausgestellt hat, folgt Aviam und betont die kulturelle Eigenständigkeit Galiläas und die Unberührtheit von äußeren Einflüssen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die entsprechenden Regionen Galiläas im 1. Jh. v. Chr. und n. Chr. durchaus überwiegend jüdisch waren, habe aber durchaus Probleme mit Aviams allzu kategorischer Rede von einer „formation of ethnographic borders“.60 Momentan scheint es so, als dass das an sich korrekte Bild des ‚jüdischen Galiläas‘ einer sachgemäßen Suche nach Spuren nichtjüdischer Präsenz im Wege steht und notwendige Differenzierungen verhindert. Das Pendel schlägt ins andere Extrem aus. Gerade aber die Josephuslektüre hat deutlich gemacht, dass man nicht zu forsch kulturelle Trennlinien in die Texte hineinlesen sollte. Vielmehr scheint mir gerade eine Aufweichung allzu starrer und fixer Definitionen von ‚Grenzen‘ und kultureller ‚Trennung‘ notwendig, um die Eigenheit Galiläas – wie auch des gesamten syrisch-nordpalästinischen Raums – zu verstehen. Dazu ist die regionale und soziale Differenzierung und die chronologische Dynamisierung dessen nötig, was Aviam zusammengetragen hat. Dazu nur Folgendes: Wie jede andere Region war auch Galiläa innerem Wandel und äußeren Einflüssen ausgesetzt, sodass man Aussagen über Bevölkerungsverteilung immer chronologisch zu qualifizieren hat. Insofern ist fraglich, was uns z. B. das massenhafte Vorhandensein von Synagogen des 4.–6. Jh. n. Chr. über die Zustände im 1. Jh. verrät. Aviam betont selbst, dass sich das jüdische Territorium zwischen dem 1. Jh. v. Chr. und 1. Jh. n. Chr. verringert hat. Wie aber muss man sich dann die Wirkung von ‚Grenzen‘ vorstellen? Revidiert man sie und gibt Territorium auf oder bleiben sie zumindest im Kopf bestehen, wodurch man dann schlimmstenfalls den ‚anderen‘ im eigenen Haus hat? Vielleicht wird aber gar nicht das angeblich homogen bewohnte Gebiet kleiner, sondern die Vielfalt der Bevölkerung im Inneren größer, wodurch die Bedeutung von ‚Grenzen‘ als Demarkationslinien von innen nach außen relativiert wird. Können Bevölkerungsverschiebungen so nicht eher zur Ver––––––––––––– 59 Reed, Archaeology (s. Anm. 53); M. A. Chancey, The Myth of a Gentile Galilee,

MSSNTS 118, Cambridge 2002; ders., Greco-Roman Culture and the Galilee of Jesus, MSSNTS 134, Cambridge 2005. Kritisch dazu M. C. Moreland, The Inhabitants of Galilee in the Hellenistic and Early Roman Periods. Probes into the Archaeological and Literary Evidence, in: Attridge / Martin / Zangenberg, Religion (s. Anm. 2). Wichtig auch Hørning Jensen, Herod Antipas (s. Anm. 12), 179–185. 60 Ich stimme Moreland, Inhabitants (s. Anm. 59), 6f (MS.) ausdrücklich darin zu, dass diese Einschätzung für sich noch wenig Konsequenzen hat; entscheidend ist, was die Begriffe ‚jüdisch‘ und ‚Galiläa‘ im betreffenden Zeitraum bedeuten. Genau dies kann aber nur in einem Prozess sorgfältiger Analyse des vorhandenen Datenmaterials eruiert werden.

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schränkung von Bevölkerungszonen geführt haben als zu deren Trennung? Immerhin kennt die von Aviam bemühte rabbinische Grenzliste eine ganze Reihe von Orten innerhalb und in der unmittelbaren Umgebung von Galiläa (mehr als in allen anderen Regionen Israels zusammen), die aufgrund von Mischbevölkerung von bestimmten Abgaben und Verpflichtungen befreit waren.61 Andrea Berlin schließt daraus – ganz im Unterschied zu Aviam und m. E. viel zutreffender –, dass „Jewish legal analyses recognized that this region was fundamentally mixed, religiously and culturally“.62 Auch hat es nicht nur Flüchtlingswanderungen aus einzelnen Regionen nach Galiläa gegeben (siehe z. B. Bell II 588f), sondern auch – übrigens von Josephus weitgehend unkommentiert – eine jüdische Expansion in die griechisch bzw. pagan-semitischen Städte im Umkreis Galiläas hinein (Skythopolis, Caesarea, Gadara, Hippos), wo es seit dem 1. Jh. v. Chr. bis zur Auslöschung zu Beginn des Krieges lebendige jüdische Gemeinden gab. Nur deswegen sind die oben erwähnten Feindseligkeiten ja erst denkbar. Obwohl sich Josephus’ Berichte zumeist auf das gewaltsame Ende dieser Gemeinden beschränken, sind sie besonders wertvoll, da die Existenz dieser Gemeinden bisher nicht unabhängig von Josephus durch archäologische Funde bestätigt wird. Weder aus Caesarea noch den Dekapolisstädten Skythopolis, Gadara und Hippos kennen wir Synagogen, Ossuare, Mikwen oder jüdische Inschriften des 1. Jh. v. oder n. Chr., die sonst als Indikatoren des jüdischen Charakters Galiläas angeführt werden. Und doch kann an der Existenz jüdischer Gemeinden kein Zweifel bestehen. Nicht nur relativiert dies den Wert solcher ‚jüdischer Leitfossilien‘ in gewissem Maße, es sollte auch zur Vorsicht mahnen, aus dem Fehlen paganer Spuren auf das Fehlen von Nichtjuden in Galiläa zu schließen: The absence of evidence is not the evidence of absence!63 Kulturelle Grenzen sind besonders an den Rändern fließend, da das geographisch oder ideologisch definierte ‚Territorium‘ dort von Angehörigen unterschiedlicher Identitäten besetzt ist und Konkurrenz um Ressourcen und Präsenz dort am größten ist. Grenzräume sind Kontaktzonen.64 Sicher finden wir bei Josephus zahlreiche Hinweise darauf, dass die Städte Galiläas ein kulturell und sozial deutlich differenzierteres Bild abgeben als ––––––––––––– 61 Berlin, Romanization (s. Anm. 58), 65. 62 Berlin, Romanization (s. Anm. 58), 65. 63 Dies ist mein Hauptkritikpunkt etwa an der Vorgehensweise von Chancey, Myth

(s. Anm. 59). 64 Moreland, Inhabitants (s. Anm. 59), 2 (MS.), fragt zu Recht, ob man Galiläa überhaupt als Gebiet mit „unambiguous (mapped) borders“ darstellen sollte: „Rather than having clear geo-political or ethno-religious borders (a proposal that has been used to argue that Galilee was an isolated Jewish region during the Hasmonean and early Herodian administrations), our evidence suggests that Galilee, as a hinterland area, had the same characteristic crosscultural ties that we find in most small Roman territories of the period.“

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Dörfer. So lesen wir von „Griechen“ als Bewohnern von Tiberias (Vita 67), Magdala hat einen semitischen und griechischen Doppelnamen (wie auch Hippos!) und Sepphoris ist im Gegensatz zu den „Galiläern“ und Josephus eigenen Interessen gefolgt und lehnt eine Beteiligung am Aufstand gegen Rom ab. Auf der dörflichen Ebene stehen uns zwar weniger Quellen zur Verfügung, doch scheint mir das Bild dort kaum weniger komplex zu sein. So wohnten in den ländlichen Gebieten des Königreichs Agrippas (Gaulanitis, Trachonitis, Batanäa) Juden und Syrer miteinander (μƮƨʾƩƪƵ, Bell III 57f, vgl. Strabo, Geographica XVI 2,34 in Hinblick auf ganz Palästina unter Betonung einer jüdischen Majorität). All dies spricht auch innerhalb Galiläas nicht für eine klare Grenzziehung zwischen „Juden“ und „Griechen“, wenn auch v. a. im Hinblick auf den ländlichen Raum Galiläas noch weitere Forschungen nötig sind. 2. Galiläische Dorfkultur Im Exkurs Bell III 35–43 schneidet Josephus ein zweites Thema an, das in letzter Zeit verstärkt ins Blickfeld der Forschung getreten ist: die ländliche Kultur und den agrarischen Reichtum Galiläas (III 44: „völlig bebaut und durchgehend ertragreich“).65 Doch auch hier lohnt ein genauer Blick. a) Josephus schreibt, die Städte seien „zahlreich“ (™ƸƯƱƦ˄) und die Bevölkerung der Dörfer „überall beträchtlich“ (™ƳưƸʾƱƭƴƼ™ƳƵ). In typisch enkomischer Übertreibung spricht er sogar davon, dass „auch das kleinste Dorf mindestens 15.000 Einwohner hatte“, was wohl im 1. Jh. v. oder n. Chr. eher der Bewohnerschaft von Sepphoris und Tiberias zusammen entsprach. Andere Stellen klingen schon etwas bescheidener: In Vita 123 werden Tiberias, Sepphoris und Gabara als die drei wichtigsten Städte Galiläas bezeichnet, in Vita 188 tritt noch Tarichäa hinzu, und in Vita 235 spricht Josephus von „204 Städten und Dörfern“. Ohne Zweifel trifft Josephus hiermit ein ganz wesentliches Element galiläischer Kultur. Andererseits unterscheidet sich Galiläa durch seinen dörflichen Charakter in keiner Weise von anderen Regionen im östlichen Mittelmeerbereich (Kleinasien, Syrien), die in weiten Teilen ebenso dörflich geprägt waren wie Nordpalästina.66 Dies zwingt natür-

––––––––––––– 65 Die rabbinische Literatur ergänzt das Bild noch. Sie listet über 500 Arten landwirtschaftlicher Produkte auf, darunter ca. 150 Feldfrüchte, acht Sorten Getreide, 20 Sorten Hülsenfrüchte, 24 Gemüsearten, 24 Fruchtsorten und 20 unterschiedliche Gewürzpflanzen, siehe D. R. Edwards, Identity and Social Location in Roman Galilean Villages, in: Attridge / Martin / Zangenberg, Religion (s. Anm. 2), 8 (MS.); Z. Safrai, The Economy of Roman Palestine, London / New York 1994, 104. 66 M. Leutzsch, Jesus der Galiläer, WUB 24, 2002, 7–13; F. Millar, The Roman Near East 31 BC – AD 337, Cambridge / London 1993, 250–256; M. Sartre, The Middle East Under Rome, Cambridge / London 2005, 206–239.

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lich zur Vorsicht bei der Einschätzung des typisch ‚Galiläischen‘ am Lokalkolorit neutestamentlicher Texte, die agrarische Vorstellungen oder Sachverhalte zum Thema haben. Trotz aller Betonung des agrarischen Charakters von Galiläa teilt Josephus letztlich das generell geringe Interesse an Dörfern und ihren Bewohnern in der antiken Geschichtsschreibung. Abgesehen vom bekannt ungenauen Gebrauch politisch-administrativer Termini (ƯˊμƬ, ™ˆưƮƵ etc.),67 die Josephus z. B. mit dem NT teilt, nennt er Dörfer nur selten mit Namen. Auch erfahren wir kaum etwas über rechtliche und territoriale Zugehörigkeiten, was die Beantwortung der intensiv und kontrovers diskutierten Frage nach dem Verhältnis von Stadt und Land verkompliziert. Ganz im Unterschied zu Städten wird kein einziges wirkliches Dorf im Hinblick auf seine Bauten beschrieben, kaum finden sich Angaben über Verwaltung oder Sozialstruktur eines solchen Dorfes. Alles muss mühsam aus punktuellen, und daher in ihrem repräsentativen Wert zweifelhaften Aussagen erschlossen werden. Während die Dorfbevölkerung im Ereignisablauf meist passiv bleibt und oft genug nur als anonyme Gruppe (die „Galiläer“, Flüchtlinge, Bauern etc.) und Spielball der Ereignisse beschrieben wird, sind Josephus’ Angaben über Städte weitaus differenzierter, sowohl was Bauten als auch die Formen des Zusammenlebens, Kultur, Wirtschaft und Regierung angeht: In Städten wie Sepphoris, Tiberias oder Tarichaeae treffen wirkliche Menschen unterschiedlicher Meinung aufeinander, hier werden Entscheidungen getroffen und Ressourcen für den Widerstand zur Verfügung gestellt (oder auch nicht, wie im Falle von Sepphoris). Gerade das Thema ‚Dorf‘ bei Josephus zeigt, dass er trotz seiner Augenzeugenschaft eben nicht anders mit zentralen Themen umgeht als vergleichbare zeitgenössische Historiker. b) Auch das archäologische Interesse an der Kultur des ländlichen Galiläa hat in den letzten Jahren erfreulicherweise zugenommen. Während man lange Zeit Dörfer vornehmlich unter dem Gesichtspunkt ihres Verhältnisses zu Städten unter die Lupe genommen hat, treten sie nun aus eigenem Recht ins Blickfeld.68 Nicht ohne Grund, bleibt doch das 1. Jh. v. und n. Chr. bis zum Ausbruch des Krieges nicht nur eine Epoche, in der Städte gegründet (Tibe-

––––––––––––– 67 Safrai, Description (s. Anm. 13), 307f. 68 Zu Dörfern siehe z. B. Hørning Jensen, Herod Antipas (s. Anm. 12), 162–178 (wobei

zu fragen ist, ob die von Hørning Jensen diskutierten Orte Jotapata, Gamla und Kapernaum tatsächlich als ‚Dörfer‘ gelten können); M. C. Moreland, The Jesus Movement in the Villages of Roman Galilee. Archaeology, Q and Modern Anthropological Theory, in: R. A. Horsley (Hg.), Oral Performance, Popular Tradition and Hidden Transcripts in Q, SemeiaSt 60, Atlanta 2006, 161–182; Edwards, Identity (s. Anm. 65). Zu Khirbet Qana vgl. ders., Khirbet Qana. From Jewish Village to Christian Pilgrim Site, in: J. H. Humphrey (Hg.), The Roman and Byzantine Near East. Bd. 3, JRA.Sup 49, Portsmouth 2002, 101–132.

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rias) und unter wachsendem hellenistischen Einfluss ausgebaut wurden (Sepphoris), es war auch die Zeit mit der größten Anzahl ländlicher Siedlungen insgesamt. Surveys in Obergaliläa69 und im nördlichen Teil des östlichen Untergaliläa70 demonstrierten, dass Regionen, die zuvor nicht oder nur sporadisch genutzt waren (Hügelland, wasserarme oder wenig fruchtbare Landstriche), intensiv mit Dörfern, Weilern und Gehöften aufgesiedelt wurden. Douglas Edwards betont daher zu Recht, dass die von Josephus überlieferte Anzahl von rund 200 Dörfern durchaus plausibel ist.71 Freilich lassen sich all diese Siedlungen nicht allein auf die jüdische Kolonisation im Zuge der hasmonäischen Eroberung zurückführen. Vielmehr legt die hohe Anzahl an Siedlungen nahe, dass die Landbevölkerung im späten 1. Jh. v. und frühen 1. Jh. n. Chr. stetig wuchs, was zur Gründung immer neuer Siedlungen zwang. All dies würde dann voraussetzen, dass die Menschen auf dem Lande trotz der hohen Steuerlast und zahlreicher Erschwernisse genügend Ressourcen besaßen, um sich und ihre steigende Nachkommenschaft zu ernähren. Auch setzt das voraus, dass die politischen Verhältnisse unter den Herodianern im Wesentlichen stabil und auf Sicherung des Bestehenden aus waren (besonders unter Antipas). Morten Hørning Jensen hat überzeugend herausgearbeitet, dass sich der Modernisierungs- und Hellenisierungsschub unter Antipas gut mit dieser Intention verbinden lässt, weil er sich nicht nur für die galiläische Oberschicht positiv auswirkte, sondern auch Arbeit und Einkommen für die Landbevölkerung brachte.72 Solche langfristigen Entwicklungen schließen momentane Katastrophen keinesfalls aus, sie relativieren jedoch ihre potentielle Wirkung auf die langfristigen Lebensbedingungen der Menschen. Für den Charakter der Berichterstattung des Josephus ist bezeichnend, dass er von punktuellen Ereignissen wie Missernten oder Unruhen bei Herrscherwechseln durchaus berichtet, die langfristigen Trends aber kaum thematisiert oder gar nicht wahrnimmt. Leider lässt sich das lückenhafte Bild des Josephus zur Zeit nur selten durch materielle Daten auffüllen, da bisher nur wenige Kleinsiedlungen archäologisch untersucht worden sind. Auch die Galiläa-Archäologie ist lange Zeit ‚stadtlastig‘ gewesen. Fortschritte sind in letzter Zeit vor allem bei der

––––––––––––– 69 R. Frankel / N. Getzov / M. Aviam / A. Degani, Settlement Dynamics and Regional Diversity in Ancient Upper Galilee. Archaeological Survey of Upper Galilee, IAA Reports 14, Jerusalem 2001. 70 U. Leibner, History of Settlement in the Eastern Galilee During the Hellenistic, Roman and Byzantine Periods in Light of an Archaeological Survey, Ph. D. Thesis Bar Ilan University, Ramat Gan 2004 (Hebr.); Edwards, Identity (s. Anm. 65). 71 Edwards, Identity (s. Anm. 65), 3 (MS.). 72 Hørning Jensen, Herod Antipas (s. Anm. 12), 242–251; Edwards, Identity (s. Anm. 65), 4f (MS.).

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Erforschung der ländlichen Siedlungsstruktur und Siedlungsgeschichte erreicht worden, wo Surveys eine höchst willkommene Differenzierung und Detaillierung des Bildes ermöglicht haben. An groß angelegten, systematischen Grabungen fehlt es jedoch noch. Die einzigen wirklichen Dörfer der späthellenistisch-frührömischen Zeit, die in Galiläa archäologisch untersucht worden sind, sind Nazaret, Tell Anafa II und et-Tell (Betsaida). Möglicherweise ist Khirbet Qana dazu zu zählen, doch existieren noch zu wenige Hinweise auf die Ausdehnung in späthellenistisch-frührömischer Zeit. Die Publikationslage ist durchaus unterschiedlich. Kapernaum, Magdala, Gamla, Jotapata oder Gischala, die in der Literatur immer wieder in einem Atemzug mit ‚Dörfern‘ genannt werden, sind zu groß, in sich zu differenziert oder besitzen zu deutliche administrative Funktionen, als dass sie als ‚Dörfer‘ angesprochen werden könnten.73 In jedem Fall ist mehr Differenzierungsarbeit nötig, nicht nur hinsichtlich der Terminologie (Wo liegt die Trennlinie zwischen Stadt und Dorf?), sondern vor allem durch neue Daten, die nur durch Ausgrabungen und Feldforschung gewonnen werden können. Trotz der lückenhaften Datengrundlage gibt es einige interessante Ansatzpunkte für intensivere Forschungen. So erscheint mir im Gegensatz zu Mordechai Aviam, der Dörfer als „closed communities“ ansieht,74 das Bild einer traditionell orientierten, ruhig dahinfließenden und passiven Dorfwelt im Unterschied zur pulsierenden und aktiven Bevölkerung der Städte höchst trügerisch.75 Untersuchungen in anderen Regionen des römischen Reiches haben gezeigt, dass Dorfbewohner ihre durchaus ganz eigene Weise der Bewältigung von Transformation und Adaptation entwickelt haben.76 Insofern scheint mir Aviams Betonung des Gegensatzes zwischen multikultureller Stadt und traditionell-stabilem Dorf allzu vereinfachend zu sein.

––––––––––––– 73 Zu Nazaret vgl. J. Zangenberg, Art. Nazareth, RGG4 6, 163; J. D. Crossan / J. L. Reed, Excavating Jesus. Beneath the Stones, Behind the Texts, San Francisco 2001, 23–37; zu Qanah Edwards, Khirbet Qana (s. Anm. 68), 101–132; P. Richardson, Khirbet Qana (and Other Villages) as a Context for Jesus, in: ders., Building Jewish in the Roman World, Waco 2004, 55–71. Nazaret ist nicht systematisch ergraben worden und die Interpretation der Funde von et-Tell leidet mitunter darunter, dass man den Ort mit Bethsaida / Julias gleichsetzt, aber offensichtlich nicht das gefunden hat, was man erhofft hat, dazu vgl. J. Zangenberg, Reassessing the Bethsaida Identification, BAR 26 / 3, 2000, 10.12. 74 Aviam, Borders (s. Anm. 56), 20. 75 Siehe die berechtigte Kritik an R. A. Horsley, Galilee. History, Politics, People, Valley Forge 1995, in Edwards, Identity (s. Anm. 65); vgl. auch J. L. Reed, Galileans, Israelite Village Communities and the Sayings Gospel Q, in: E. M. Meyers (Hg.), Galilee Through the Centuries. Confluence of Cultures, Winona Lake 1999, 87–108: 90–95; P. Horden / N. Purcell, The Corrupting Sea. A Study of Mediterranean History, Oxford 2000, 380–387. 76 Vgl. etwa Sartre, Middle East (s. Anm. 66), 206–239, zur ländlichen Kultur im frühkaiserzeitlichen Syrien.

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Vermutlich übte die städtische Oberschicht in der Tat eine Vorreiterfunktion bei der flächendeckenden Einführung neuer kultureller Moden aus, doch sollte man sich vor Generalisierungen hüten. Zum einen führen Straßen, die Haupteinfallstore ‚westlicher‘ Güter, von der Küste ins Inland nicht nur durch Städte, sondern eben auch durch Dörfer wie et-Tell oder Kleinstädte wie Kapernaum, sodass deren Bewohner Zugang zu einer ähnlich großen Auswahl an Gütern hatten wie Städter. Die Befunde von et-Tell bestätigen das.77 Sie vermitteln einen hervorragenden Eindruck davon, wie vielfältig dörfliches Leben war und wie intensiv überregionale Handelskontakte bis in die kleinen Siedlungen am See Gennesaret hineingewirkt haben. Besonders das auffällige Nebeneinander der traditionellen Siedlungsform (Haufendorf mit Hofhäusern), mit vielfältigem, spezialisiertem Inventar und zahlreichen importierten Waren wie Feinkeramik und Glas sollte vor allzu schnellen Pauschalisierungen hinsichtlich der Rückständigkeit des ländlichen Raums warnen. Sofern der Besitz solcher Waren nicht nur ein Zeichen für einen gewissen Wohlstand ist, sondern auch Indiz für bestimmte Ess- und Lebensgewohnheiten, dann sind die Befunde aus et-Tell durchaus gewichtige Zeugen dafür, dass sich soziale und kulturelle Umwälzungen in Stadt und Land in ähnlicher Weise abspielten. Douglas Edwards zählt weitere Beispiele wirtschaftlichen Austauschs auf (frührömische Basaltmühlsteine aus Kapernaum in Zypern, Öl) und schließt daraus auf einen „diverse market of producers and consumers in city and village alike“.78 Alles andere wäre angesichts der Kleinräumigkeit Galiläas auch verwunderlich. Die Annahme, dass das Land per se traditionell und konservativ war, die Stadt aber innovativ und multikulturell, sollte man ebenso aufgeben wie die Vorstellung, aller Fortschritt auf dem Land sei allein durch die Stadt vermittelt worden. Das Verhältnis von der Stadt zum Land war ebenso komplex, an lokale Bedürfnisse und Faktoren angepasst und Veränderungen unterworfen wie die Städte und Dörfer selbst.79

––––––––––––– 77 Vgl. etwa S. Fortner, Hellenistic and Roman Fineware from Betsaida, in: R. Arav / R. A. Freund (Hg.), Bethsaida. A City by the North Sea Shore of the Sea of Galilee. Bd. 1, Kirksville 1995, 99–126; S. Fortner / A. Rottloff, Fisch, Flachs und Öl. Wirtschaftliches Leben und Handel rund um den See Gennesaret in hellenistisch-römischer Zeit, in: Faßbeck / Fortner / Rottloff / Zangenberg, Leben (s. Anm. 9), 130–137: 135. 78 Edwards, Identity (s. Anm. 65), 10 (MS.). 79 J. Zangenberg / G. Faßbeck, „Jesus am See von Galiläa“ (Mt 4,18). Eine Skizze zur archäologischen Forschung am See Gennesaret und zur regionalen Verankerung der frühen Jesusbewegung, in: C. G. den Hertog / U. Hübner / S. Münger (Hg.), Saxa Loquentur. Studien zur Archäologie Palästinas / Israels, FS Volkmar Fritz, AOAT 302, Münster 2003, 291–310: 291–299, sprechen daher auch von einer „schiefen Symbiose“ (297); S. Freyne, Urban-Rural Relations in First Century Galilee. Some Suggestions from the Literary Sources, in: ders., Galilee and Gospel (s. Anm. 46), 45–58; ders., Herodian Economics in Galilee. Searching for

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Weitere intensive Forschungen sind nötig, um wirklich zu begreifen, wie der ländliche Raum Galiläas konkret funktioniert hat, wie weit Dörfer voneinander entfernt waren, wie groß und von welcher Art die jeweils bewirtschafteten Ländereien waren, wie Dörfer regiert und Sozialkontakte strukturiert waren, wie die physischen Verbindungen in die Stadt und zurück ausgesehen haben, mit welchen Gegenständen die Menschen in den Dörfern umgingen und wo diese Gegenstände herkamen. War eventuell gerade das Wachstum der herodianischen Zeit ein Grund für den Ausbruch des Aufstands, als die Bevölkerung zu groß wurde und die Ernten nicht mehr ausreichten?80 Verfeinerte naturwissenschaftliche und sozialgeschichtliche Methoden können helfen, die Nutzung natürlicher Ressourcen, Veränderungen der Umwelt, Nutzung von privatem und öffentlichem Raum besser zu verstehen. Nur so ließen sich Fragen nach der ‚Hellenisierung auf dem Lande‘, dem Verhältnis von Dorf und Stadt, nach Kulturkontakten und ländlicher Vielfalt wirklich klären, was nicht zuletzt wesentlich dazu beitragen kann, die Allerweltsaussage, Jesus sei Galiläer und daher mit dem Leben auf dem Land verbunden gewesen, mit konkretem Inhalt zu füllen. 3. Romanisierung Andrea Berlin hat jüngst in einem beachtenswerten Aufsatz über Romanisierung und Anti-Romanisierung im vorrevolutionären Galiläa einen Teil der notwendigen chronologischen, lokalen und sozialen Differenzierung vorgenommen.81 a) Berlin wendet sich darin gegen den Trend, archäologisches Material aus Galiläa in toto in den Blick zu nehmen und gegen das gesamte Fundspektrum anderer Regionen abzusetzen. Allein die Details sind wichtig, Veränderungen in individuellen Fundspektren und vor allem Verzahnungen. Sie geht von der Beobachtung aus, dass weder lokale Topographie noch Siedlungsgröße den Geschmack der Menschen und ihren Warenkonsum beeinflussen, wohl aber das sie umgebende kulturelle Milieu. Darauf aufbauend untersucht Berlin Hausform, Innendekoration und Keramikensembles von heidnischen, gemischten und jüdischen Orten. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass heidnische wie auch jüdische Bewohner bis ins spätere 1. Jh. v. Chr. praktisch dieselbe Haushaltskeramik ohne Rücksicht auf ihren Ursprung benutzten

––––––––––––– a Suitable Model, in: ders., Galilee and Gospel (s. Anm. 46), 86–113; Edwards, Identity (s. Anm. 65), 3f (MS.). 80 Die Gründung von Ptolemais zog weitere Ressourcen aus Galiläa ab, das im Prinzip das agrarische Hinterland der neuen Metropole war. 81 Berlin, Romanization (s. Anm. 58).

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(incl. red slip table ware und mold made lamps, griechisch inspirierte Kasserollen neben Kochtöpfen mit enger Öffnung), was auf gemeinsame Traditionen der Essenszubereitung und des Verzehrs hindeutet. Ohne regelmäßige Kontakte zwischen Juden und Nichtjuden und gegenseitige Beeinflussung ist diese weitgehende Gleichförmigkeit nicht verständlich. Aus der folgenden Periode (späteres 1. Jh. v. Chr. / Beginn 1. Jh. n. Chr.) sind ausreichend Beispiele von Innendekoration (Malerei, Stuck) vorhanden, um festzustellen, dass in heidnischen wie auch in jüdischen Siedlungen (Gamla, Jotapata) ohne Unterschied römisch-italische Dekorationsformen imitiert werden. Auch tauchen nun niedrige Kochgefäße mit flachem Boden auf, wie sie in Italien im Gebrauch sind, ohne aber direkt von dort importiert zu werden. Alle diese Gefäße sind lokale Produkte, stammen aus Manufakturen in Galiläa (Kfar Hananyah), dem zentralen Golan oder dem Hule-Tal und dokumentieren die große heimische Nachfrage. Für Berlin ist dies ein deutliches Zeichen für eine beginnende Romanisierung der gesamten Region, auch scheinen Kontakte zwischen Juden und Nichtjuden weiter bestanden zu haben. Freilich deutet sich in dieser Zeit zum ersten Mal auch eine Differenzierung zwischen jüdischen und nichtjüdischen Bewohnern der Region an: Während Heiden weiterhin rotes Tafelgeschirr und in Modeln hergestellte Diskuslampen verwenden, hört der Gebrauch in jüdischen Siedlungen auf. Stattdessen tauchen nun lokal produzierte unverzierte Teller und Schalen sowie Kalksteingefäße und Lampen des sog. ‚herodianischen Typs‘ auf. Für Berlin ist dies nicht auf eine veränderte Angebotssituation zurückzuführen, sondern auf veränderte Nachfrage der Kunden. Da der Rückgang von östlichen Sigillata (i. e. Glanztonware) und Diskuslampen mit dem Auftauchen von Steingefäßen und Mikwen in Galiläa zeitlich in etwa zusammenfällt, könnte man sehr schnell versucht sein, das veränderte Konsumverhalten als Auswirkung ein und desselben Phänomens zu sehen und auf religiöse Gründe zurückzuführen (etwa die Popularisierung strengerer Reinheitsvorstellungen oder wachsender Einfluss bestimmter religiöser Gruppen). Dies ist aber ausdrücklich nicht der Fall. Berlin weist darauf hin, dass andere ‚heidnisch inspirierte‘ Elemente materieller Kultur durchaus weiter gebraucht werden (Dekoration) und dass z. B. in Gamla östliche Sigillata mehrere Jahrzehnte in Häusern verwendet wurden, die über Mikwen verfügten. Beides vertrug sich also gut miteinander, bis man diese Verbindung auflöste – freilich nicht überall, wie das Beispiel der aristokratischen Residenzen in Jerusalem zeigt. Offensichtlich gab es keine Regeln, „people will make a statement with whatever they can, when they feel the need to do so“.82

––––––––––––– 82 Berlin, Romanization (s. Anm. 58), 66.

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Insofern kann man durchaus nach dem Nutzen von archäologischen Kriterien wie der Keramikverteilung für die Bestimmung antiker Gruppen fragen.83 Zumindest aber sieht es – folgt man Berlin – so aus, als ob die eigene Identität weniger als klar überlegte, widerspruchsfreie und regulierte Kombination von Maßnahmen geformt und nach außen demonstriert wurde, als punktuell und selektiv. Auch ist es nicht immer einfach zu sagen, gegen wen sich die Botschaft richtete und was der Inhalt der vermeintlichen Botschaft eigentlich ist, mit der die Identität verteidigt werden sollte. Auf den ersten Blick läge nahe, den Verzicht auf östliche Sigillata und Diskuslampen als antiphönizische Maßnahme zu deuten (phönizische Häfen waren Einfallstore für Importware), da seit der hasmonäischen Eroberung während des gesamten 1. Jh. v. Chr. Galiläer in ständigen Spannungen mit ihren phönizischen Nachbarn lagen. Berlin weist dies zurück, da ausgerechnet während des spannungsreichen 1. Jh. v. Chr. jüdische Siedlungen (wie auch heidnische) massenweise mit Importwaren aus dem phönizischen Raum versorgt wurden. Spannungen und ein wechselseitiges Gefühl von Fremdheit verhinderte offensichtlich nicht, dauerhafte regionale Handelsbeziehungen aufzubauen.84 Und genau diese bestanden bis ungefähr ans Ende der Herrschaft des Herodes fort. Was aber war dann der Grund für den Verzicht? Berlin verweist auf eine Neuerung, deren Tragweite für die Galiläa-Forschung bisher noch viel zu wenig bedacht wurde: die Gründung von Veteranensiedlungen (coloniae) mit italischem Rechtsstatus und überwiegend lateinischsprachiger Bevölkerung in Berytos (15 v. Chr.) und Ptolemais (54 n. Chr.). Nach Berlin hatten solche Ansiedlungen „as profound and long-lasting an effect on the natives living in and around them as a meteor, striking earth, has on the local topography“.85 Zuzug

––––––––––––– 83 Siehe Moreland, Inhabitants (s. Anm. 59), 4 (MS.): „Considering what we know about the complexity and variability of ancient groups and societies, usually it is unjustifiable to assume that specific types of ceramic production, public building remains, architectural features of domestic space, or other material culture can be used in a one-to-one correlation to identify ancient groups (religious, ethnic, socio-political, etc.).“ 84 S. auch die Überlegungen zur Keramikverteilung bei Edwards, Identity (s. Anm. 65), 5–7.14f (MS.), der ebenso ein Überlappen ‚heidnischer‘ und ‚jüdischer‘ Keramik feststellt und vor einer allzu strikten Trennung der Siedlungsbereiche aufgrund der angeblich so strikt abgegrenzten Keramikverteilung warnt. Im Unterschied zur Interpretation Berlins führen I. Shaked / D. Avshalom-Gorni, Jewish Settlement in the Southeastern Hula Valley in the First Century C. E., in: D. R. Edwards (Hg.), Religion and Society in Roman Palestine. Old Questions, New Approaches, London / New York 2004, 28–36, das Verschwinden östlicher Sigillata auf intensivierte Reinheitsvorstellungen zurück. 85 Berlin, Romanization (s. Anm. 58), 68; zu Koloniegründungen im Osten des Reiches siehe K. Butcher, Roman Syria and the Near East, London 2003, 229–231; R. MacMullen, Romanization in the Time of Augustus, New Haven / London 2000, 1–29 (Zeit des Augustus); speziell zu Berytos s. Millar, Near East (s. Anm. 66), 279–285; zu Ptolemais und der phönizischen Südküste ebd., 267–270.

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und Ansiedlung fremder Bevölkerungselemente, weitgehende Enteignungen von Land, neue Großbauten und Veränderungen der Verkehrswege brachten manche Probleme für die indigene Bevölkerung mit sich. Der Vergleich mit anderen Koloniegründungen zeigt, dass die lokale Bevölkerung jeweils ganz unterschiedlich auf solch einschneidende Ereignisse reagierte. Folgt man Berlin, dann scheint die galiläische Bevölkerung durch den Verzicht auf teure Rotglanzware und Diskuslampen ihre wachsenden antirömischen Sentiments ausgedrückt zu haben, während andere Elemente griechisch-römischer Kultur ungebrochen weiter rezipiert wurden (Innenstuck und Kochpfannen). Besonders machtvoll scheint dieses Statement freilich nicht gewesen zu sein. Berlin kommentiert das mit folgenden Worten: „It is clear that ‚Romanization‘ is a single word for what was, in reality, a series of individual choices on whether and how to affiliate or reject a new cultural paradigm. Evidence for Romanization is a mixed bag, and suggests that the new cultural paradigm was taken up in some ways and rejected in others. The local interpretation clearly did not proceed according to a single, panMediterranean, script.“86 So richtig diese Einschätzung auch sein mag, weitere Untersuchungen zur Wirkung der Ereignisse an der Küste auf das galiläische Binnenland scheinen mir erforderlich. Selbst wenn man Berlins Interpretation des Verzichts auf bestimmte Elemente materieller Kultur als antirömisches Statement nicht zustimmt, zeigen ihre Überlegungen doch, wie notwendig es ist, Galiläa gerade nicht als regio sui generis zu verstehen, sondern nach der Art und den Veränderungen von Kontakten und Kommunikation zu fragen. Galiläa war nie das, was übrig bleibt, wenn man all das abgezogen und ausgegrenzt hat, was ‚draußen‘ liegt, sondern Galiläa existierte als eigenständige Größe gerade nur im Verbund mit der Region insgesamt und allen seinen Kulturen. So ist zu hoffen, dass Berlins Forschungen zum Verhältnis von Galiläa zur Küste weitergeführt und durch systematische Untersuchungen des Verhältnisses zwischen Galiläa und der Dekapolis ergänzt werden.

IV. Schluss Die Galiläaforschung ist durch die Archäologie und die Werke des Josephus heute in der privilegierten Lage, über zwei voneinander unabhängige und immer besser erforschte Quellen zu verfügen. Insofern sind die Berichte des Josephus auch heute noch, im Zeitalter sozialanthropologisch orientierter Archäologie bemerkenswert erhellend – wenn man es versteht, sie ohne ideo-

––––––––––––– 86 Berlin, Romanization (s. Anm. 58), 68f.

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logische Vorbehalte zu lesen. Die Archäologie ist jedoch mehr als nur das „textexterne Kriterium, mit dessen Hilfe man kontrollieren kann, ob Josephus seinem Anspruch gerecht wird“.87 Zu einem wirklichen Dialog wird es nur dann kommen, wenn wir die persönlich motivierte Darstellungsabsicht des Josephus und die eigenständige Erkenntnisabsicht der Archäologie beachten. Nur wenn wir den je eigenen Charakter der beiden Quellen mit ihren jeweiligen Potentialen und Beschränkungen wahrnehmen, werden wir sie ‚interpretieren‘ lernen, statt sie nur zu ‚gebrauchen‘. Davon aber profitieren wir nicht zuletzt dann, wenn wir daran gehen, unsere eigene Karte Galiläas zu entwerfen.

––––––––––––– 87 Jeska, Archäologie (s. Anm. 13), 114.

Was kann aus Nazaret Gutes kommen? Galiläa im Spiegel der Jesusüberlieferung und bei Josephus von

CHRISTFRIED BÖTTRICH Galiläa, ein kleines und abgelegenes, fruchtbares Gebiet an der östlichen Levante, ist in den letzten Jahrzehnten Gegenstand intensiver Diskussionen geworden.1 Auf diese Weise tritt eine Region erneut in das Blickfeld von Theologen, Judaisten und Historikern, deren Bedeutung über viele Jahrhunderte in Vergessenheit geraten zu sein schien. Schon die Geographen der Antike nahmen Galiläa kaum wahr2 – allein der Historiker Flavius Josephus widmete dieser „Landschaft von wunderbarer Natur und Schönheit“ (Bell III 516) am See Gennesaret eine ausführliche Beschreibung. Die Lage und die Beschaffenheit Galiläas dienten ihm dabei vor allem als Hintergrund für die Schilderung jener Kampfhandlungen in der Geschichte des Jüdischen Krieges, die sich eng mit seinem persönlichen Geschick verbanden.3 Ansonsten aber galt alles Interesse der antiken Autoren, wenn sie das Land zwischen Syrien und Ägypten erwähnten, Jerusalem und Judäa. Die erstaunliche Karriere Galiläas von einem vergessenen Winkel der Weltgeschichte zu einem Brennpunkt wissenschaftlicher Forschung verdankt sich dabei wesentlich der Tatsache, dass hier der Hauptschauplatz der Jesusgeschichte liegt – oder genauer: einer ihrer Hauptschauplätze. Damit ist aber auch schon das entscheidende Problem benannt. Das Galiläabild der Evangelien begegnet als Teil einer narrativen Konzeption, die von zwei geographischen Spannungs-

––––––––––––– 1 Eine gute Übersicht bietet W. Bösen, Galiläa, Lebensraum und Wirkungsfeld Jesu, Frei-

burg / Basel / Wien 21998; zum jüngsten Stand vgl. M. A. Chancey, Greco-Roman Culture and the Galilee of Jesus, MSSNTS 134, Cambridge 2005. 2 Tacitus etwa hält in Historiae V bei der Schilderung des jüdischen Krieges Galiläa keiner Erwähnung wert (vgl. indessen die Andeutung in Annales XII 54); M. A. Chancey, The Myth of a Gentile Galilee, MSSNTS 118, Cambridge 2002, 171 Anm. 11, hat immerhin einige wenige pagane Erwähnungen Galiläas zusammengestellt (Alexander Polyhistor, Poseidonios, Strabo, Plinius d. Ä., Aelius Herodianus, Claudios Ptolemaios). 3 S. Freyne, The Galileans in the Light of Josephus’ Life, in: ders., Galilee and Gospel. Collected Essays, WUNT 125, Tübingen 2000, 27–44.

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polen lebt – Galiläa und Jerusalem. Zwischen beiden Polen hat der Evangelist Markus die Wirksamkeit Jesu angelegt. Die galiläische und die Jerusalemer Phase der Wirksamkeit Jesu haben ihre jeweils eigenen theologischen Schwerpunkte.4 Und was dabei zunächst nur als schlichte Vorgabe lokaler Traditionen erscheint, gewinnt im Verlauf der Überlieferung sowie in der Verarbeitung durch die Evangelisten zunehmend an theologischer Bedeutung. Für die Beurteilung jenes Galiläabildes, das die Evangelien entwerfen, stellt Josephus nach wie vor die wichtigste Bezugsgröße dar. Während die moderne Archäologie inzwischen eine Überprüfung vieler literarischer Aussagen anhand neuer Daten aus der materialen Kultur ermöglicht,5 bleibt die Frage nach der Bedeutung Galiläas als Kontext der Jesusbewegung in den Evangelien auf die Suche nach literarischen Analogien angewiesen. Auch Josephus entwirft ein Bild Galiläas, das einer bestimmten Tendenz folgt. Ihm geht es darum, die Ursachen und Hintergründe des Jüdischen Krieges für ein breit gefächertes Publikum plausibel zu machen. Seine Darstellung, aus eigener Anschauung und eigener Beteiligung an den Ereignissen gewonnen, dient gleichzeitig der Selbstrechtfertigung bzw. einer Apologie der jüdischen Geschichte nach der Katastrophe.6 Insofern gestattet ein Vergleich der Galiläabilder in den Evangelien und bei Josephus Aufschluss über die jeweiligen Interessen ihrer Autoren. Da die Interpretation literarischer und archäologischer Sachverhalte ihrerseits stets forschungsgeschichtlich bedingt ist, sollen zunächst einige Problemfelder in der Diskussion um die Eigenart Galiläas skizziert werden.

I. Problemfelder 1. Daten und ihre Deutung Über Galiläa ist bis in die jüngste Zeit sehr kontrovers diskutiert worden, veranlasst durch die fragmentarische Gestalt des literarischen und archäologischen Befundes. Vor allem drei Problemfelder lassen sich dabei ausmachen.

––––––––––––– 4 Am deutlichsten bei Lukas: Grundlegungen in Galiläa (4,14–9,50), Polarisierungen in Jerusalem (19,41–21,38), dazwischen Entscheidungen auf dem Weg. Seit H. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, BHTh 17, Tübingen 51964, 12–86, sind geographische Signale als fester Bestandteil der theologischen Konzeption des Lukas erkannt. 5 Vgl. etwa E. M. Meyers, Jesus and his Galilean Context, in: Archeology and the Galilee. Texts and Contexts in the Greco-Roman and Byzantine Periods, hg. v. D. R. Edwards / C. T. McCollough, Atlanta 1977, 57–66; R. A. Horsley, Archeology, History, and Society in Galilee. The Social Context of Jesus and the Rabbies, Harrisburg 1996; J. L. Reed, Archeology and the Galilean Jesus. A Re-examination of the Evidence, Harrisburg 2000. 6 Vgl. dazu S. J. D. Cohen, Josephus in Galilee and Rome. His Vita and Development as a Historian, Leiden 1979, 181.

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1.1 Regionale Besonderheiten Im Mittelpunkt des Interesses an Galiläa steht von jeher die Frage nach einem galiläischen ‚Regionalismus‘. Inwiefern unterscheidet sich dieses Territorium von Jerusalem und Judäa, wo das Zentralheiligtum und die Konzentration politischer Macht das jüdische Leben im Land formen?7 Prägend ist hier seit der umfassenden Darstellung Emil Schürers8 jenes Bild geworden, das, vor allem auf Josephus gestützt, die Besonderheiten Galiläas zuerst in politischer Hinsicht skizzierte. Die wechselvolle Geschichte der Region führte demnach zur Ausprägung eines von Jerusalem unterscheidbaren kulturellen und religiösen Profils. Im Bereich der alttestamentlichen Wissenschaft zog Albrecht Alt die Linien noch weiter aus und verfolgte die Entwicklung Galiläas in lokalgeschichtlicher Perspektive von der Landnahmezeit bis in die Zeit Jesu.9 Dabei sah er, ähnlich Schürer, vor allem die Herrschaftsstrukturen als Ursachen für die unterschiedliche Gestaltung jüdischen Lebens. Reiches Material zur Besonderheit Galiläas lieferten auch die Arbeiten Gustaf Dalmans, der in seinem großen Werk über „Arbeit und Sitte in Palästina“ die Topographie, das Klima, die landwirtschaftlichen Verhältnisse sowie verkehrstechnische Fragen behandelte.10 Bei ihm tritt der Charakter Galiläas auf anschauliche Weise aus den landschaftlichen Eigenheiten und den Realien alltäglichen Lebens zu Tage.11 In diesem Zusammenhang studierte er auch die Sprache der Galiläer und versuchte, von da aus den Hintergrund für die in den Evangelien und in der rabbinischen Tradition überlieferten Dialektunterschiede zu erhellen.12 Spätere Forschungen haben auf dieser Grundlage weitergebaut und das Bild Galiläas als einer Region, die durch natur- und landschafts––––––––––––– 7 E. M. Meyers, The Cultural Setting of Galilee. The Case of Regionalism and Early Judaism, ANRW II 19.1, 1979, 686–702; K.-H. Ostmeyer, Armenhaus und Räuberhöhle? Galiläa zur Zeit Jesu, ZNW 96, 2005, 147–170. 8 E. Schürer, Geschichte des Jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, Leipzig I 51920, II 41907, III 41909; vgl. besonders I 185f.275f, II 9–12. 9 A. Alt, Galiläische Probleme, PJ 33, 1937, 52–92; Nachdr. in: ders., Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel 2, München 1953, 363–435. 10 G. Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina I. Jahreslauf und Tageslauf 1. Herbst und Winter, 2. Frühling und Sommer, Gütersloh 1928; II. Der Ackerbau, Gütersloh 1932; III. Von der Ernte zum Mehl. Ernten, Dreschen, Worfeln, Sieben, Verwahren, Mahlen, Gütersloh 1933; IV. Brot, Öl und Wein, Gütersloh 1935; V. Webstoff, Spinnen, Weben, Kleidung, Gütersloh 1937; VI. Zeltleben, Vieh- und Milchwirtschaft, Jagd, Fischfang, Gütersloh 1939; VII. Das Haus, Hühnerzucht, Taubenzucht, Bienenzucht, Gütersloh 1942; VIII. Das häusliche Leben, Geburt, Heirat, Tod (Fragment) sowie Gesamtregister für die Bände I–VIII; hg. v. Julia Männchen, Berlin / New York 2001. 11 Vgl. auch G. Dalman, Orte und Wege Jesu, Gütersloh 21921; die Orte Galiläas nehmen hier breiten Raum ein. Viel benutzt wurde in dieser Phase der Palästinakunde auch E. W. G. Masterman, Studies in Galilee, Chicago 1909. 12 G. Dalman, Jesus-Jeschua. Die drei Sprachen Jesu, Leipzig 1922.

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bedingte Spezifika geprägt ist, weiter verfeinert,13 was auch kulturelle Besonderheiten einschließt.14 Unter dem Eindruck sozialgeschichtlicher Fragestellungen richtete sich das Interesse schließlich auf die ökonomischen Verhältnisse in Galiläa. Das führte zu einer neuen Aufmerksamkeit für die Spannungen zwischen urbaner und ländlicher Kultur.15 Städte wie Tiberias oder Sepphoris bzw. kleinere Ortschaften wie Kafarnaum, Nazaret oder Betsaida rückten in den Blick.16 Hier hat sich vor allem die jüngere Archäologie große Verdienste erworben.17 ‚Jesus und die urbane Kultur Galiläas‘ erscheint als ein neues Thema,18 wie überhaupt auch die Art und Weise, in der das Land seine Leute prägt, sehr viel sensibler wahrgenommen wird. Über die vom Standpunkt christlicher Exegese aus motivierte Frage nach dem Kontext der Jesusbewegung und den Anfängen der Urchristenheit hinaus ist Galiläa durch die archäologische Arbeit in Israel inzwischen längst auch zu einem eigenständigen Thema in der Erforschung des frühen Judentums geworden.19

––––––––––––– 13 Horsley, Archeology (s. Anm. 5), 154–175 (Languages and Cultural Traditions), liefert einen Überblick über den jüngeren Forschungsstand zur Dialektfrage. Einen methodisch neuen Impuls bietet G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition, Fribourg / Göttingen 21992; auf dieser Linie liegen aus jüngerer Zeit etwa J. Habbe, Palästina zur Zeit Jesu. Die Landwirtschaft in Galiläa als Hintergrund der synoptischen Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1996; H. Moxnes, Putting Jesus in His Place. A Radical Vision of Household and Kingdom, Louisville / London 2003; S. Freyne, Jesus, a Jewish Galilean. A New Reading of the Jesus-Story, London / New York 2004 (jeweils mit reicher Literatur). 14 M. Aviam, Jews, Pagans and Christians in the Galilee. 25 Years of Archaeological Excavations and Surveys. Hellenistic to Byzantine Periods, Land of Galilee 1, Rochester / Woodbridge 2004, 257–313 (= Regionalism of Tombs and Burial Customs in the Galilee During the Hellenistic, Roman and Byzantine Periods). 15 Grundlegende methodische Überlegungen finden sich bei G. Theißen, Die Tempelweissagung Jesu. Prophetie im Spannungsfeld von Stadt und Land, ThZ 32, 1976, 144–158; Nachdr. in: ders., Studien zur Soziologie des Urchristentums, WUNT 19, Tübingen 31989, 142–159; weiterhin S. Freyne, Urban-Rural Relations in First-Century Galilee. Some Suggestions from the Literary Sources, in: The Galilee in Late Antiquity, hg. v. L. I. Levine, New York / Jerusalem 1992, 75–91. 16 Zusammenfassende Darstellungen etwa bei Horsley, Archeology (s. Anm. 5), 43–87 (Sepphoris and Tiberias: Monuments of Urbanization); 88–106 (Villages of Upper Galilee); 107–130 (Villages of Lower Galilee); Reed, Archeology (s. Anm. 5), 100–138 (Jesus and Sepphoris Revisited: Judaism and Hellenism); 139–169 (Jesus and Capernaum: Archaeological and Gospel Stratigraphy). 17 Vgl. die Arbeiten von Meyers, Horsley, Reed (s. Anm. 5). 18 So etwa Freyne, Relations (s. Anm. 15); ders., Jesus and the Urban Culture of Galilee, in: Levine (Hg.), Galilee (s. Anm. 15), 183–207. 19 Einen instruktiven Forschungsüberblick liefert S. Freyne, Galilean Studies. Problems and Prospects, in: ders., Galilee (s. Anm. 3), 1–26.

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1.2 Demographische Wandlungen Die demographische Situation Galiläas war in der Zeit zwischen dem 8. Jh. v. Chr. und dem 1. Jh. n. Chr. verschiedenen geschichtlich bedingten Wandlungen unterworfen.20 Ursprünglich als Stammesgebiet Naftalis von der Auseinandersetzung zwischen Israel und seinen kanaanäischen Nachbarn bestimmt, stellte die Deportation der jüdischen Oberschicht durch die Assyrer den tiefsten bevölkerungspolitischen Einschnitt dar. Kontinuität, Entvölkerung und Neuansiedlung lassen sich in der Folge auf differenzierte Weise beobachten. Ein Schlaglicht auf die Lage im 2. Jh. v. Chr. wirft 1Makk 5,14– 23.55: Bedrängt von den „Fremdstämmigen / əưưˆƹƸưƳƮ“, die im oberen Galiläa leben und sich mit den Bewohnern der Küstenstädte verbünden, bitten die „Brüder“ Judas Makkabäus um Hilfe; in einer entschlossenen Rettungsaktion stellt Simon die Bedrängten unter seinen Schutz und führt sie nach Judäa. Eine solche Schilderung lässt keine allzu großen Zahlen erwarten. Später berichtet Josephus dann von der Eroberung Galiläas durch Aristobulos I. (104–103 v. Chr.), der – bei Zwangsbeschneidung der ansässigen nichtjüdischen Bevölkerung – auch ein großer Schub von Neusiedlern und Kolonisten aus Judäa folgte.21 Zur Zeit Jesu steht die Bevölkerung Galiläas also in einer engen Verbindung mit derjenigen von Judäa, wenngleich hier die Zahl von Proselyten und Nichtjuden größer sein mochte als dort.22 Diese Sachverhalte sind in der Forschung von jeher sehr unterschiedlich bewertet worden. Während der ersten Hälfte des 20. Jh. diente die demographische Situation Galiläas vor allem als Argument, um einen Gegensatz zwischen Judäa und Galiläa nachzuweisen. Maßgebliche Unterstützung lieferte dabei die Notiz vom ‚heidnischen Galiläa‘ in Mt 4,15 (Jes 8,23). Noch im Jahr 1967 entwarf Walter Bauer ein Bild Galiläas, das von einer kleinen jüdischen Minderheit inmitten einer heidnisch dominierten Umwelt ausgeht; diese jüdische Minderheit wiederum sei von Zwangsproselyten durchsetzt und überhaupt nur auf dem Land stärker vertreten gewesen.23 Daraus schlussfolgerte Bauer auch eine größere Offenheit für hellenistische Religiosität: „Der Galiläer wuchs außerhalb des Bannkreises von Schriftgelehrsamkeit und Pharisäismus auf, in ziemlicher Freiheit vom Gesetz und ohne die quälende

––––––––––––– 20 Vgl. die gründliche Studie von Alt, Probleme (s. Anm. 9); eine Nachzeichnung der „political and demographic history“ aufgrund des jüngsten Forschungsstandes unternimmt Chancey, Myth (s. Anm. 2), 28–62. 21 Josephus, Bell I 76 / Ant XIII 319; vgl. M. Sasse, Geschichte Israels in der Zeit des Zweiten Tempels, Neukirchen-Vluyn 2004, 214–216, dort weitere Literatur. 22 Zu verschiedenen demographischen Schätzungen vgl. Bösen, Galiläa (s. Anm. 1), 67f. 23 W. Bauer, Jesus der Galiläer, in: ders., Aufsätze und kleine Schriften, hg. v. G. Strecker, Tübingen 1967, 91–108.

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Angst, daß die Nähe des Heiden beflecken müsse.“24 Deshalb habe auch der Galiläer Jesus das Judentum in einer „synkretistisch erweichten Form“ vertreten – „etwa auf die Art, wie Paulus sein Heidenapostolat auffaßte.“25 Diese lange Zeit verbreitete Sicht hat sich spätestens mit der Untersuchung Mark A. Chanceys über den ‚Mythos‘ eines heidnischen Galiläas erledigt.26 Unter Einbeziehung des archäologischen Befundes entwarf er ein neues, vielschichtiges Bild der Bevölkerungsentwicklung Galiläas über den gesamten geschichtlich relevanten Zeitraum und gelangte schließlich für das 1. Jh. n. Chr. zu dem Ergebnis: „Galilee’s historical development does not demonstrate that Early Roman Galilee had a mixed population; in fact, it suggests the opposite case. In the first century CE, its inhabitants seem to have been primarily Jewish, with only a few pagans.“27 Vor diesem Hintergrund erscheint die Diskussion um eine religiöse Sonderentwicklung Galiläas – eben aufgrund seiner Bevölkerungssituation – in einem neuen Licht. Unbestreitbar ist die enge Anbindung an Judäa durch die Siedlungspolitik seit der Makkabäerzeit sowie an Jerusalem durch die selbstverständliche Teilnahme am Tempelkult. Dem korrespondiert der Ausbau von Synagogen in Galiläa, über die heute dank intensiver Ausgrabungen sehr viel detailliertere Kenntnisse vorliegen.28 Andererseits bot Galiläa, da sich die pharisäische Bewegung weitgehend auf Judäa konzentrierte,29 Freiräume für alternative Formen der Frömmigkeit. Interesse verdient in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass die Henochtradition ursprünglich in Galiläa ihre Heimat hatte.30 Apokalyptische Traditionen könnten deshalb zur Zeit Jesu gerade hier in besonderer Weise lebendig gewesen sein.31 Doch auch die Diskussion um eine Affinität der Gestalt Jesu zum Typos des

––––––––––––– 24 Bauer, Jesus (s. Anm. 23), 102. 25 Bauer, Jesus (s. Anm. 23), 104. 26 Chancey, Myth (s. Anm. 2); vgl. bereits Meyers, Jesus (s. Anm. 5), 57–66. 27 Chancey, Myth (s. Anm. 2), 61. 28 Vgl. z. B. E. M. Meyers, Ancient Synagogues in Galilee. Their Religious and Cultural

Setting, BA 43, 1980, 97–108; G. Foerster, The Ancient Synagogues of the Galilee, in: Levine (Hg.), Galilee (s. Anm. 15), 289–319; L. I. Levine, The Sages and the Synagogue in Late Antiquity. The Evidence of the Galilee, in: Levine a. a. O. 201–222; Horsley, Archeology (s. Anm. 5), 131–153 (= Before Synagogues Were Buildings); D. D. Binder, Into the Temple Courts. The Place of the Synagogues in the Second Temple Period, SBL.DS 169, Atlanta 1999. 29 Das schließt ihre Präsenz in Galiläa nicht grundsätzlich aus, reduziert sie aber deutlich; die gern zitierten Beinamen früher pharisäischer Gelehrter (z. B. „Jose der Galiläer“) deuten den Sachverhalt als etwas besonders Bemerkenswertes an. 30 G. W. E. Nickelsburg, Enoch, Levi, and Peter. Recipients of Revelation in Upper Galilee, JBL 100, 1981, 575–600; D. W. Suter, Why Galilee? Galilean Regionalism in the Interpretation of 1 Enoch 6–16, Henoch 25, 2003, 167–212. 31 So Nickelsburg, Enoch (s. Anm. 30); aufgenommen bei Freyne, Jesus (s. Anm. 13).

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kynischen Wanderphilosophen,32 die eng mit den jüngeren Forschungen zur Logienquelle verbunden ist,33 beruft sich vorzugsweise auf die weltoffenere Situation Galiläas oder auf die Anwesenheit kynischer Philosophen etwa in Gadara.34 Alles in allem stellt sich die Situation der Bevölkerung und ihre religiöse Prägung heute sehr viel differenzierter dar. Zu Recht urteilt Sean Freyne: „It would seem that the situation of Galilean Judaism is more complex than might appear at first sight.“35 Die Vielfalt jüdischer Theologie im 1. Jh. n. Chr. wird für Galiläa nicht weniger als für Jerusalem und Judäa in Rechnung zu stellen sein. 1.3 Frühchristliche Anfänge Auch für die (Re-)Konstruktion einer Geschichte der frühen Christenheit war Galiläa stets von Interesse. Kaum zu überschätzen ist in dieser Hinsicht der Beitrag Ernst Lohmeyers, der 1936 in seiner Studie über „Galiläa und Jerusalem“36 die frühchristliche Sicht Galiläas aus der Osterüberlieferung der Evangelien ableitete. Ausgangspunkt waren für ihn die Hinweise bei Markus und Matthäus, nach denen der Auferstandene seinen Jüngern „nach Galiläa vorangehen“ werde.37 Lohmeyer interpretierte diese Worte nicht als eine Ankündigung von Erscheinungen, sondern als Voraussagen der Parusie in Galiläa.38 Deshalb sei hier auch das Zentrum der frühen Christenheit zu suchen – Galiläa wird dadurch zum „heiligen Land“ der frühen Christenheit bzw. zur „Geburtsstätte der eschatologischen Gottesgemeinde“; die Galiläer gelten im

––––––––––––– 32 So z. B. G. F. Downing, Christ and the Cynics. Jesus and other Radical Preachers in

First-Century Tradition, JSOT Manuals 4, Sheffield 1988; B. L. Mack, A Myth of Innocence, Philadelphia 1988, spez. 67–69; J. D. Crossan, The Historical Jesus. The Life of a Mediterrean Jewish Peasant, San Francisco 1991 (421: Jesus „a peasant Jewish Cynic“); kritisch C. M. Tuckett, A Cynic Q? Bib. 70, 1989, 349–376; H. D. Betz, Jesus and the Cynics. Survey and Analysis of a Hypothesis, in: ders., Antike und Christentum. Gesammelte Aufsätze IV, Tübingen 1998, 32–56. 33 Besonders prägnant etwa L. E. Vaage, Galilean Upstarts. Jesus’ First Followers According to Q, Valley Forge 1994. 34 Bekannt sind Menippos (350–270) und Oinomaos (2. Jh. n. Chr.) als Vertreter einer kynischen Tradition; vgl. J. Hammerstaedt, Der Kyniker Oenomaus von Gadara, ANRW II 36.4, 1990, 2834–2865. 35 Freyne, Galileans (s. Anm. 3), 44. 36 E. Lohmeyer, Galiläa und Jerusalem, Göttingen 1936; die Studie ging aus der Kommentierung des Markusevangeliums hervor. Lohmeyer stützt seine Argumentation allein auf die Exegese der kanonischen Texte. Vergleichbare Überlegungen finden sich unabhängig bei R. H. Lightfoot, Locality and Doctrine in the Gospels, New York / London 1938. 37 Mk 14,28; 16,7; Mt 26,32; 28,10. 38 Diese Sicht basiert auf der These, „daß der Zug Jesu nach Galiläa die Überleitung von der Auferstehung zur Parusie ist. In Galiläa wird sie sich ereignen; dort ist das heilige Land, wo er mit den Seinen ewiglich wohnen wird.“ Lohmeyer, Galiläa (s. Anm. 36), 13.

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Urteil ihrer Zeitgenossen „gleichsam als ein populus christianus“.39 Von diesem Ansatz aus fragte Lohmeyer dann auch nach dem Bild Galiläas in der erzählten Welt der Jesusgeschichte zurück.40 Weil er jedoch nicht von der geographischen Polarität des Markusaufrisses, sondern von den Osterüberlieferungen ausging, musste er beide Pole auch nicht gegeneinander ausspielen. Das bedeutete für seine Sicht der Anfänge, „daß die Urgemeinde zwei Mittelpunkte hat; Galiläa ist es durch die Herkunft und das Wirken Jesu und seiner Verwandten, Jerusalem ist es durch das Wirken seiner Jünger. ... Beide Stätten schließen sich also nicht aus, sondern sind aufeinander bezogen.“41 Lohmeyer hat mit diesen Überlegungen manches vorweggenommen, was in der späteren Diskussion dann unter veränderten Vorzeichen wiederkehrt.42 Für die Wahrnehmung Galiläas als einer Region, die aufgrund eigenständiger Jesusüberlieferungen auch eine eigenständige Rolle unter den vielfältigen Anfängen der Christenheit spielte, hat das Modell der „Entwicklungslinien“ von Helmut Köster und James M. Robinson einen wichtigen Impuls vermittelt.43 Auch wenn Galiläa selbst bei beiden Autoren nicht eigens behandelt wird, lenken sie doch die Aufmerksamkeit gerade auf solche Traditionsbereiche, die eine unmittelbare Anknüpfung an Jesus unabhängig von der Jerusalemer Ostererfahrung repräsentieren könnten.44 Dass dabei vor allem apokryphe Überlieferungen eine große Rolle spielen, hat die seither geführte Diskussion kritisch hinterfragt. Die Annahme von Entwicklungslinien, die neben dem normativ gewordenen Jerusalemer Bekenntnis zu der Heilsbedeutung von Tod und Auferstehung Jesu andere Akzente setzen, bleibt indessen weiter zu bedenken.45 J. Schröter hat diesen Gedanken mit Blick auf die

––––––––––––– 39 Lohmeyer, Galiläa (s. Anm. 36), 16.17.28. 40 S. E. Johnson, Jesus and First-Century Galilee, in: In Memoriam Ernst Lohmeyer, hg.

v. W. Schmauch, Stuttgart 1951, 73–88, hat diese Frage aufgenommen und spezifisch galiläische („alte“) Episoden in der synoptischen Überlieferung zu ermitteln versucht – noch lange bevor die Q-Forschung nach Indizien einer galiläischen Lokalisierung der Logienquelle suchte. 41 Lohmeyer, Galiläa (s. Anm. 36), 58. Die vor allem bei Lukas auf Jerusalem konzentrierten Ostererscheinungen bieten damit ein theologisch gleichgewichtiges Pendant zu der in Galiläa lokalisierten Parusieerwartung. 42 Eine kritische Auseinandersetzung mit Lohmeyer, die auch das weitere forschungsgeschichtliche Umfeld einbezieht, unternimmt G. Stemberger, Galilee – Land of Salvation?, in: The Gospel and the Land. Early Christian and Jewish Territorial Doctrine, hg. v. W. D. Davies, Berkeley 1974, 409–438. 43 H. Köster / J. M. Robinson, Entwicklungslinien durch die Welt des frühen Christentums, Tübingen 1971. 44 Das unterscheidet sie von Lohmeyers Ansatz, der gerade die Ostererfahrung für die alternative Bedeutung Galiläas gegenüber Jerusalem in Anspruch nimmt. 45 Weitere Quellenbereiche ziehen die folgenden Beiträge heran: H. C. Kee, Early Christianity in the Galilee. Reassessing the Evidence from the Gospel, in: Levine (Hg.), Galilee

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jüngere Christologiediskussion noch einmal aufgenommen und konkretisiert.46 Pluralität schlägt sich in dem Nebeneinander von Traditionen nieder, die sich auch aufgrund ihrer Lokalisierung voneinander unterscheiden; die Kohärenz bleibt hingegen in der gemeinsamen Überzeugung gewahrt, „daß sich im Auftreten des Menschensohnes Jesus das Gottesreich Bahn gebrochen hat und in naher Zukunft vollenden wird.“47 In dieser Diskussion hat Galiläa als möglicher Ort für den Traditionsprozess der Logienquelle Q zunehmend an Bedeutung gewonnen. Schon in soziologischer Hinsicht lag es nahe, den Trägerkreis der Logienquelle unter jenen Wandermissionaren zu suchen, die nach Ostern Ethos und Lebensform der galiläischen Jesusbewegung wieder aufnahmen und fortführten.48 Einen anderen Zugang bietet die Analyse des Lokalkolorits in der Logienquelle.49 Aus zahlreichen Einzelheiten tritt dabei der Bezug auf eine Alltags- und Lebenswirklichkeit, wie sie für Galiläa charakteristisch ist, deutlich hervor.50 Selbst das auffällige Schweigen über die städtischen Zentren könnte in der eher negativen Sicht von Örtlichkeiten wie etwa der Agora, den breiten Straßen oder dem Gerichtshof durchbrochen sein.51 Hier wird man demnach auch den Traditionsprozess der Logienquelle, wenn nicht gar ihre Abfassung, am ehesten vermuten. Diese Auffassung ist in jüngster Zeit jedoch wieder entschieden in Frage gestellt worden.52 Eine Entscheidung hängt u. a. auch davon ab, wie man das Verhältnis von Eigenständigkeit und gegenseitiger

––––––––––––– (s. Anm. 15), 3–22; A. J. Saldarini, The Gospel of Matthew and Jewish-Christian Conflict in the Galilee, in: Levine a. a. O. 23–38; A. I. Baumgarten, Literary Evidence for Jewish Christianity in the Galilee, in: Levine a. a. O. 39–50. 46 J. Schröter, Jerusalem und Galiläa. Überlegungen zur Verhältnisbestimmung von Pluralität und Kohärenz für die Konstruktion einer Geschichte des frühen Christentums, NT 42, 2000, 127–159. 47 Schröter, Jerusalem (s. Anm. 46), 157. 48 Vaage, Galilean Upstarts (s. Anm. 33). 49 Vgl. die Zusammenfassung der Diskussion bei John S. Kloppenborg Verbin, Excavating Q. The History and Setting of the Saying Gospel, Minneapolis 2000 (5. Reading Q in Galilee, 214–261). 50 Vgl. dazu auch Reed, Archeology (s. Anm. 5), 170–196 (= 6. The Saying Source Q in Galilee); 197–220 (= The Sign of Jonah. Q 11:29–32 in Its Galilean Setting). 51 Vgl. Q 7,31; 11,43 (Agora); 12,58–59 (Gerichtshof); 10,10; 13,26; 14,21 („Plateia“); Kloppenborg Verbin, Excavating Q (s. Anm. 49), 256. 52 M. Frenschkowski, Galiläa oder Jerusalem? Die topographischen und politischen Hintergründe der Logienquelle, in: The Sayings Source Q and the Historical Jesus, hg. v. A. Lindemann, BEThL 158, Leuven 2001, 535–559. Frenschkowski destruiert alle Argumente, die zur Lokalisierung von Q in Galiläa angeführt worden sind. Seine Kernthese lautet: „Q ist ein, vielleicht sogar das entscheidende Dokument der Jerusalemer Urgemeinde. Anders gesagt: Q wurde in Jerusalem gesammelt und zusammengestellt – wenn auch aus galiläischem Traditionsgut“ (459). Das führt ihn schließlich zu der Folgerung: „Einen eigenen Typ galiläischen Christentums hat es nicht gegeben“ (557).

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Vernetzung der frühen christlichen Gemeinden überhaupt beurteilt.53 Galiläa im Schatten oder an der Seite von Jerusalem – diese bereits von Lohmeyer aufgeworfene Frage hat inzwischen neue Nahrung gefunden. 2. Indizien und ihre Instrumentalisierung Alle Debatten über die regionale Besonderheit Galiläas oder über die Zusammensetzung seiner Bevölkerung gehen von Indizien aus, die der Text der Evangelien oder des Josephus vorgibt. Ihre Interpretation geriet jedoch immer wieder in den Sog bestimmter Interessen bis hin zu einer gezielten, unverblümten Instrumentalisierung. Besonders problematisch ist die Vereinnahmung von Jesu galiläischer Herkunft für das Anliegen geworden, einen Gegensatz zwischen Jesus und dem Judentum seiner Zeit zu konstruieren. Den Boden dafür hatte schon die Leben-Jesu-Forschung des 19. Jh. bereitet, die das theologische Profil Jesu aus dem Kontrast zu seinen Jerusalemer Kontrahenten zu gewinnen suchte. Repräsentativ erscheinen dafür etwa die Ausführungen Ernest Renans: „Der Norden hat der Welt die naive Sulamith, die demütige Kananäerin, die leidenschaftliche Magdalena, den guten Pflegevater Joseph, die Jungfrau Maria gegeben. Der Norden allein hat das Christentum geschaffen. Jerusalem ist dagegen das wahre Vaterland des eigensinnigen Iudaismus, welcher von den Pharisäern gegründet, vom Talmud befestigt, durch das Mittelalter bis zu uns gelangt ist.“54 Aus dieser romantischen Verzerrung – „Die Jerusalem benachbarte Gegend ist vielleicht das traurigste Land der Welt. Galiläa dagegen war ein sehr grünes, sehr schattiges, sehr lachendes Land ...“55 – wurde schnell eines der gängigsten Argumente, mit denen der moderne Antisemitismus Jesus aus dem Judentum herauszulösen versuchte. Unberührt von aller wissenschaftlichen Methodik lieferte Houston Stewart Chamberlain dafür die konkrete Vorlage, indem er unter Berufung auf galiläische Besonderheiten behauptete, weder Jesu Eltern noch Jesus selbst hätten Juden sein können. Die Stoßrichtung solcher Thesen ist unverkennbar: „Diese

––––––––––––– 53 Kritisch in dieser Hinsicht auch B. A. Pearson, A Q Community in Galilee?, NTS 50,

2004, 476–494, der vor allem betont, dass die religiösen Differenzen zwischen Galiläa und Jerusalem bei weitem nicht so groß gewesen seien, wie früher angenommen – und was für Juden gelte, träfe ebenso auch auf die christlichen Gemeinden zu. Wenn es Gemeinden in Galiläa gegeben habe, so dürfe man sie nicht als isolierte Gruppen betrachten, die sich ausschließlich auf die Q-Überlieferung bezogen und von den Jerusalemer Traditionen keine Kenntnis gehabt hätten. 54 E. Renan, Das Leben Jesu. Vom Verfasser autorisierte Übertragung aus dem Französischen. Mit einem Nachwort von Stefan Zweig, Zürich 1981, 39. 55 Renan, Leben (s. Anm. 54), 40.

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Erscheinung (Christus) ist nicht die Vollendung der jüdischen Religion, sondern ihre Verneinung.“56 Es brauchte nicht lange, um solche Thesen in der deutschen Exegese salonfähig zu machen. Drei Beispiele mögen genügen: Noch moderat im Ton, doch schon auf derselben Argumentationslinie wurde der Gegensatz des Galiläers Jesus gegenüber dem Jerusalemer Judentum von Johannes Leipoldt vertreten.57 Vehement und einflussreich verfocht ihn Emanuel Hirsch.58 Monographische Ausmaße nahm diese Position schließlich in Walter Grundmanns programmatischer Schrift an.59 Der populär gehaltene Stil war auf Breitenwirkung aus und verfehlte sein Ziel nicht.60 Widerspruch meldete sich nur verhalten.61

––––––––––––– 56 H. S. Chamberlain, Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts 1. Ungekürzte Volksausgabe, München 161932 (11899), 266. 57 J. Leipoldt, War Jesus Jude?, Leipzig / Erlangen 1923. Unter Abschnitt III. (Die Galiläaer) bemerkt er bei manchen Einwänden: „Aber die Rassereinheit derer, die sich in Galiläa zum Judentum bekennen, ist eine zweifelhafte Sache“ (12). Immerhin räumt er ein: „... über die Behauptung bloßer Möglichkeiten kommen wir nicht hinaus, wenn wir das Volkstum der Galiläer betrachten“ (16). Schließlich: „So haben wir kaum Veranlassung, die Wurzeln des Evangeliums außerhalb des jüdischen Volkstums zu suchen“ (73). – Allerdings: „Damit wird zugleich ein Ton angeschlagen, der die Seele der Griechen und anderer Völker arischer Zunge im Innersten berühren muß“ (74). 58 E. Hirsch, Das Wesen des Christentums, Weimar 1939, 158–165 (Die Abstammung Jesu). Dieser Abschnitt ist abgedruckt als Anhang zur dritten Vorlesung unter dem Thema: „Der Kampf Jesu gegen die pharisäische Gesetzesreligion“ (19–28). Im gängigen Rassenvokabular fabuliert Hirsch über den „blutsmäßigen Ursprung“ Jesu, der nicht im Judentum zu suchen sei; weiß zu behaupten, ein Galiläer sei damals in neun von zehn Fällen nichtjüdischen Ursprungs gewesen; versteigt sich zu dem „wissenschaftlichen Beweis“, Jesu Familie habe dem Kreis zwangsbeschnittener Heiden angehört; phantasiert schließlich die PantheraLegende um zu einem Beleg für den griechischen Großvater Jesu (in dem er „gefühlsmäßig“ den deutschen Namen Wolf oder Wulf anklingen hört); alles in allem ein trauriges Beispiel verwirrten Scharfsinns. 59 W. Grundmann, Jesus der Galiläer und das Judentum, Leipzig 1940. Die Schrift eröffnete die Publikationsreihe des von Grundmann geleiteten Eisenacher „Institutes zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Unter II.2. (Das religiöse Problem Galiläas, 82–90) versucht er den Nachweis zu führen, dass sich die „kleine Schicht“ eines „radikalisierten Judentums“ auf die zelotische Bewegung beschränkt habe, während der am-ha-arez bzw. der Kreis der anawim als Träger der apokalyptischen Henochtradition fungiert habe, die – persische Einflüsse verratend – dazu im Gegensatz stünde. Unter V.1. (Das galiläische Problem, 166–175) greift er dann die Volkszugehörigkeit Jesu direkt auf, beschreibt die Galiläer als Juden „ihrer konfessionellen, nicht aber ihrer völkischen Zugehörigkeit nach“ (170), zieht ihre semitische Herkunft aufgrund ihres Dialektes in Zweifel (172), und folgert, „... daß er (Jesus) mit größter Wahrscheinlichkeit kein Jude gewesen ist“, vielmehr habe er die jüdische Konfession seiner Familie „restlos durchstoßen“ (175); selbst die Panthera-Legende scheut er sich nicht zu bemühen (196–199, in Anlehnung an E. Hirsch), um auch die Eltern Jesu vom Judentum abzulösen. 60 Eine detaillierte kritische Aufarbeitung bietet der Band Das mißbrauchte Evangelium. Studien zu Theologie und Praxis der Thüringer Deutschen Christen, hg. v. P. von der Osten-

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Erst seit dem Erschrecken über die Shoa begann allmählich die Auseinandersetzung mit diesem verhängnisvollen Erbe.62 Dass die Herkunft Jesu aus Galiläa Ausdruck gerade seiner jüdischen Identität ist – darüber besteht heute ein breiter Konsens.63 Dabei hätte es noch nicht einmal der modernen Archäologie bedurft, um die Annahme eines ‚heidnischen‘ Galiläas als Mythos zu entlarven.64 Bereits die literarischen Quellen reichen aus, um den jüdischen Charakter Galiläas zur Zeit Jesu nachzuweisen.65

––––––––––––– Sacken, SKI 20, Berlin 2002; darin vor allem W. Schenk, Der Jenaer Jesus. Zu Werk und Wirken des völkischen Theologen Walter Grundmann und seiner Kollegen, 167–279; Rez. durch O. Merk, ThLZ 130, 2005, 106–120. 61 Der Alttestamentler Eduard König etwa wandte sich mehrfach, auch gemeinsam mit Hermann Gunkel, gegen die populistischen Thesen T. Fritschs von einem arischen Jesus, vgl. C. Wiese, Jahwe – ein Gott nur für Juden? Der Disput um das Gottesverständnis zwischen Wissenschaft des Judentums und protestantischer alttestamentlicher Wissenschaft im Kaiserreich, in: Christlicher Antijudaismus und Antisemitismus. Theologische und kirchliche Programme Deutscher Christen, hg. v. Leonore Siegele-Wenschkewitz, ArTe 85, Frankfurt a. M. 1994, 27–94: 91 Anm. 151. Keinen Wert hat A. Schlatters Absage an die These vom arischen Jesus, weil sie im Rahmen einer Schrift erschien, in der Schlatter eine Bedrohung der Kirche durch das Judentum konstruierte und das Muster einer Gegnerschaft Jesu gegen das Judentum mit der ganzen Autorität seines hohen Alters vertrat; vgl. dazu Leonore Siegele-Wenschkewitz, Adolf Schlatters Sicht des Judentums im politischen Kontext. Die Schrift ‚Wird der Jude über uns siegen?‘ von 1935, in: dies. (Hg.), Antijudaismus 95–110. 62 Klar formuliert H. Gollwitzer, Das Judentum als Problem der christlichen Theologie, in: P. von der Osten-Sacken (Hg.), Treue zur Thora. FS G. Harder, Berlin 1977, 165: Ein theologisches Denken, das von der Überwindung des Judentums als etwas nicht mehr sein Sollendem ausgeht, gibt das Judentum letztlich zur Liquidierung frei. Vgl. auch R. T. Osborn, The Christian Blasphemie. A Non-Jewish Jesus, in: Jews and Christians. Exploring the Past, Present and Future, hg. v. J. H. Charlesworth, New York 1990, 211–239. 63 Diese Erkenntnis hat ihren Niederschlag inzwischen in verbindlichen Verlautbarungen der Kirche gefunden, vgl. z. B. Christen und Juden II. Zur theologischen Neuorientierung im Verhältnis zum Judentum. Eine Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 1991, 30f (= Jesus, der Jude). Das lässt sich auch in der modernen Jesusforschung beobachten, die dem galiläischen Kontext große Bedeutung zumisst, vgl. z. B. G. Vermes, Jesus der Jude. Ein Historiker liest die Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1993, 29–44 (= II Jesus und Galiläa); J. Schröter, Jesus von Nazaret. Jude aus Galiläa – Retter der Welt, Biblische Gestalten 15, Leipzig 2006, 69–133 (= Ein Jude aus Galiläa – der historische Kontext Jesu). Methodologische Überlegungen bei E. P. Sanders, Jesus’ Galilee, in: Fair Play. Diversity and Conflict in Early Christianity. FS H. Räisänen, hg. v. K. Syreeni, Leiden / Boston / Köln 2002, 3–41. 64 Chancey, Myth (s. Anm. 2). 65 Alt, Probleme (s. Anm. 9), bemerkt nach detaillierter Darstellung aller historischen Umbrüche zum Umfeld des römischen Zugriffes auf Galiläa (429): „In alledem bekundet sich eine zähe Treue der Galiläer zu der hasmonäischen Ordnung und eine Kraft des Widerstandes gegen die Eingriffe der Römer und der von ihnen eingesetzten Machthaber, die nicht zu verstehen wäre, wenn unter ihnen das hellenistische Element überwogen hätte.“ Allein die von Alt behauptete Kontinuität zwischen vor- und nachassyrischer Zeit ist durch die inzwischen nachgewiesene Siedlungslücke zwischen dem 7. und 6. Jh. hinfällig geworden.

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Was dies für die Christologie bedeutet, bleibt noch einmal ganz neu zu durchdenken.66

II. Galiläa-Bilder Sowohl in der Jesusgeschichte der Evangelien als auch in den Werken des Josephus ruht in geographischer Hinsicht alles Interesse auf Galiläa und Jerusalem. Diese Dominanz resultiert zunächst aus der schlichten Vorgabe durch die Ereignisse selbst. In Galiläa nimmt die Jesusbewegung ihren Anfang; in Jerusalem wird Jesus gekreuzigt. Josephus muss in der Darstellung des jüdischen Volkes dessen zentrales Heiligtum in den Mittelpunkt stellen; Galiläa wiederum ist mit seiner eigenen Biographie und dem Ausbruch des Jüdischen Krieges verbunden. 1. Zuordnungen 1.1 Geographische Bezüge Galiläa erscheint in einem doppelten Sinn als die Heimat Jesu: Zum einen liegen hier seine biographischen Wurzeln, zum anderen beginnt hier sein öffentliches Auftreten. Schon die Eltern Jesu stammen aus Galiläa (Lk 1,26; 2,4.39; anders Mt 2,22f); in Nazaret vollzieht sich seine religiöse Sozialisation (Lk 4,16). Das Gebiet um den See Gennesaret wird dann zum Zentrum seiner Verkündigung und zu dem Ort, an dem er seine ersten Anhänger und Anhängerinnen sammelt. Der Eingangsteil der Jesusgeschichte ist sehr eng auf dieses geographische Umfeld bezogen. Markus baut Galiläa ganz bewusst als eines der Strukturelemente seiner Erzählung aus. Selbst Johannes, der einen anderen Aufriss entwirft, stellt Galiläa als Ort der Annahme Jesu heraus.67 Dabei erfolgt die Nennung Galiläas meist in einer sehr pauschalen, die Kenntnis der Region schon voraussetzenden Weise. Grenzen finden nur andeutungsweise Erwähnung, wenn Jesus etwa in ein anderes Gebiet wechselt oder wenn benachbarte Territorien aufgezählt werden. Zugleich verschwimmen diese Grenzen immer wieder oder bleiben ungenau. Nach Mt 2,22 kehrt die Familie aus Ägypten zurück „ƪʅƵ Ʒʽ μˀƴƬ Ʒ̏Ƶ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ / in das Gebiet ––––––––––––– 66 Eine Bestandsaufnahme der Diskussion und erste Impulse finden sich bei H. Moxnes, Jesus the Jew. Dilemmas of Interpretation, in: Syreeni (Hg.), Play (s. Anm. 63), 83–103. 67 W. A. Meeks, Galilee and Judea in the Fourth Gospel, JBL 85, 1966, 159–169. Gegen die verbreitete These einer Jerusalemzentrierung bei Johannes betont Meeks die hohe symbolische Bedeutung Galiläas; den Spruch von der „patris“ des Propheten in 4,44 bezieht er auf Judäa, Annahme erfährt Jesus hingegen in Galiläa.

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Galiläas“. Bei seinem ersten Auftreten nach Taufe und Versuchung verbreitet sich der Ruf Jesu nach Mk 1,28 „™ƦƱƷƦƺƳ̬ ƪʅƵ ʚưƬƱ ƷˁƱ ™ƪƴ˄ƺƼƴƳƱ Ʒ̏Ƶ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ / überall in der ganzen Umgegend Galiläas“ – in Mt 4,24 wird daraus „ƪʅƵ ʚưƬƱ ƷˁƱ ƙƸƴ˄ƦƱ / in ganz Syrien“, und Lk 4,37 schreibt kurz „ƪʅƵ ™ʾƱƷƦ Ʒˆ™ƳƱ Ʒ̏Ƶ ™ƪƴƮƺˊƴƳƸ / an jeden Ort der Umgegend“. Dieser der Bedeutungsperspektive geschuldete weite Horizont macht sich auch in Aufzählungen wie Mk 3,7–8 „eine große Menge aus Galiläa und Judäa und Jerusalem und Idumäa und von jenseits des Jordans und von Tyros und Sidon“ bemerkbar, die das ganze geographische Umfeld Galiläas ausleuchtet. In summarischer Weise deutet „ʚưƬ Ʒ̏Ƶ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ / ganz Galiläa“ (Mk 1,39) auf Differenzierungen hin. Fraglich bleibt die Grenzlinie in der viel diskutierten Wendung in Lk 17,11: Jesus sei auf dem Weg nach Jerusalem „ƩƮʽ μˀƶƳƱ ƙƦμƦƴƪ˄ƦƵ ƯƦ˃ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ / mitten zwischen Samarien und Galiläa hindurch“ gezogen.68 Zentraler Bezugspunkt für die Wirksamkeit Jesu ist der See Gennesaret.69 Markus hat ihn in 1,16 als „ɶ ƭʾưƦƶƶƦ Ʒ̏Ƶ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ / Meer von Galiläa“ eingeführt und damit ein intertextuelles Spiel mit dem fortan konsequent durchgehaltenen Begriff „Meer“ begonnen.70 Matthäus und Johannes nehmen dieses Spiel auf;71 allein Lukas ändert in ư˄μƱƬ ƊƪƱƱƬƶƦƴˀƷ (Lk 5,1) und bleibt auch ohne Näherbestimmung bei dem einfachen Terminus „See“ (8,22f.33). Vor Markus ist die Bezeichnung des Sees mittels der umgebenden Landschaft nicht belegt. Es ist die Spezifik des Markus, dadurch auch ein neues Beziehungsgefüge auf der Erzählebene herzustellen. Josephus setzt in seiner Darstellung Galiläas andere Akzente als die Evangelisten. Als Historiker ist er zunächst daran interessiert, die Ereignisse auch durch eine Schilderung der entsprechenden Schauplätze lebendig werden zu lassen. Da er bei seinem Lesepublikum keine Kenntnis des Landes voraussetzen kann, liefert er immer wieder zusammenhängende geographische Beschreibungen, die entweder die Lage und Begrenzung eines Gebietes oder die Besonderheiten eines bestimmten Ortes betreffen. Darin folgt er methodisch

––––––––––––– 68 Zu den Details der Forschungsgeschichte und ihrer Lösung vgl. M. Böhm, Samarien

und die Samaritai bei Lukas, WUNT II / 111, Tübingen 1999, 271–274. Die plausibelste Lösung geht dahin, im Gebiet der Jesreelebene zwischen Galiläa und Jerusalem Territorien mit besonderer Verwaltungshoheit gleichsam als ‚Pufferzone‘ zwischen den beiden größeren Gebieten anzunehmen. 69 Dalman, Arbeit und Sitte (s. Anm. 10); in jüngster Zeit M. Nun, Der See Genezareth und die Evangelien. Archäologische Forschungen eines jüdischen Fischers, Gießen / Basel 2001. 70 E. Struthers Malbon, The Jesus of Mark and the Sea of Galilee, JBL 103, 1984, 363– 377. 71 Beide sprechen vom See Gennesaret nur unter der Bezeichnung ƭʾưƦƶƶƦ, Joh 6,1 variiert: ƭʾưƦƶƶƦ Ʒ̏Ƶ ƊƦưƮưƦ˄ƦƵ Ʒ̏Ƶ ƚƮƧƪƴƮʾƩƳƵ („Meer von Tiberias“ auch Joh 21,1).

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den Prinzipien, die von Polybios und Strabo entwickelt worden sind und die im Vorwort des Bell schon anklingen.72 Zuverlässig und wahrheitsgetreu will Josephus die Dinge schildern, wobei er sich vor allem auf eigene Erfahrung und Augenzeugenschaft beruft: „An dieser Stelle werde ich nun auch das, was über die römische Kriegsdisziplin zu sagen ist, und die Schulung der Legionen und die Ausmaße beider Teile Galiläas und die Beschaffenheit sowie die Grenzen Judäas, dazu noch die Eigenart des Landes, die Seen und Quellen darin und schließlich die Schicksale, die jede der eroberten Städte betroffen haben, mit Sorgfalt, wie ich es gesehen habe, schildern“ (Bell I 22).73 Die Funktion seiner Beschreibungen ist eine doppelte: Die Landschaft dient ihm als Arena der Handlung, während die topographische Feineinstellung die Ereignisse nachvollziehbar macht. Das Lesepublikum soll auf diese Weise in die Geschichte eingeführt und darin ‚beheimatet‘ werden.74 Für Galiläa hat Josephus in Bell III 35–44.506–515.516–521 eine Beschreibung geliefert,75 deren Details für die historische Geographie von unschätzbarem Wert sind.76 Kern dieser Beschreibungen ist die Gliederung der Region in Ober- und Untergaliläa sowie in das Gebiet um den See. Vor allem aber definiert Josephus dabei die Grenzen Galiläas, was entweder über die physikalischen Gegebenheiten oder über bestimmte, an der Grenzlinie liegende Ortschaften geschieht.77 Städte und Dörfer werden immer wieder erwähnt, wobei gelegent-

––––––––––––– 72 Eine sorgfältige Analyse bietet Y. Shahar, Josephus Geographicus. The Classical Context of Geography in Josephus, TSAJ 98, Tübingen 2004. Vor allem Strabo ermittelt er als Vorbild für Josephus und entdeckt geradezu einen „verborgenen Dialog“ zwischen beiden Autoren. Vergleichbare literarische Strategien sind etwa die konzentrische Form der Schilderung (von der Peripherie zum Zentrum oder umgekehrt), die Orientierung an Küstenlinien, die Skizzierung von Grenzen, die Hervorhebung der Bedeutung von Städten in Auflistungen entgegen der geographischen Abfolge oder der Vergleich von Landschaftsformationen mit Alltagsgegenständen. 73 Übers. nach Flavius Josephus, De Bello Judaico I, hg. v. O. Michel / O. Bauernfeind, München 1959. 74 Shahar, Josephus (s. Anm. 72), 207–209; das Prinzip erhebt der Autor bei Polybios a. a. O. 150–165. 75 Auch für andere Gebiete liefert er ähnliche Beschreibungen, so z. B. für Peräa (Bell III 44–47), Samarien (Bell III 48–50), Judäa und Umgebung (Bell III 51–56), das mittlere Jordantal (Bell IV 452–458), die Ebene bei Jericho (Bell IV 459–475), die große Ebene bei Ptolemais (Bell II 188–191), das Königreich des Agrippa (Bell III 56–58), den Semmeronitischen See (Bell IV 2f), das Tote Meer (Bell IV 476–485); vgl. Shahar, Josephus (s. Anm. 72), 228–231. 76 Vgl. zum Ganzen M. Aviam / P. Richardson, Josephus’ Galilee in Archaeological Perspective, in: Flavius Josephus. Translation and Commentary 9, hg. v. S. Mason, Leiden u. a. 2001, 177–201 (= Appendix A). 77 W. Oehler, Die Ortschaften und Grenzen Galiläas nach Josephus, ZDPV 28, 1905, 1– 26.50–74 + Tafel I; Aviam / Richardson, Josephus’ Galilee (s. Anm. 76), 179f; Aviam, Jews, (s. Anm. 14), 9–21 (= Introduction: Borders Between Jews and Gentiles in Galilee).

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lich das Interesse an ihrer Zahl (Vita 235), Größe (Vita 123.230; Bell III 43) oder Befestigung (Vita 187–188) erkennbar wird.78 Jenseits der Grenzen benennt Josephus die benachbarten Gebiete und spielt in der Bemerkung, Galiläa sei von fremdstämmigen Völkern „ƯƪƯƸƯưƼμˀƱƦƮ / umringt“ (Bell III 41), auf einen weiteren geographischen Horizont an. Dadurch entsteht, verbunden mit einem Bericht über die jeweiligen politischen Strukturen, ein relativ genaues Bild Galiläas. Gleichzeitig vermag Josephus jedoch – ähnlich wie die Evangelisten – in einer sehr pauschalen Weise von „ganz Galiläa“, dem „ganzen Land“ oder Ähnlichem zu sprechen. Eine besondere symbolische Bedeutung legt Josephus dem Land nicht bei. Wohl rühmt er seine Schönheit und Fruchtbarkeit. Aber solche Begeisterung ist frei von allen religiösen Konnotationen. Der See heißt bei ihm ganz unprätentiös „See von Gennesar“ (Bell II 573), „See, der bei den Einwohnern Gennesar genannt wird“ (Bell III 463)79 oder „See Gennesaret“ (Vita 349).80 Heilige, mit besonderer Bedeutung versehene Orte nennt er nicht. Sein enger Bezug zu Galiläa basiert allein auf der Tatsache, dass er selbst im Auftrag Jerusalems die politischen Ereignisse mitgestaltet hat und somit aus eigener Anschauung zu berichten vermag. Für die Jesusgeschichte der Evangelien liefern die Schilderungen des Josephus eine Reihe wichtiger Details. Die Wanderungen Jesu zwischen Unterund Obergaliläa bzw. am See entlang werden als Wege zwischen verschiedenen Landschaften und Herrschaftsbereichen erkennbar. In Lk 17,11 lässt sich die merkwürdige Grenzlinie am besten durch den Hinweis in Vita 24 auf den besonderen territorialen Charakter von Königsgütern in der Jesreelebene erklären.81 Auch die verkehrstechnische und wirtschaftliche Bedeutung des Sees Gennesaret gewinnt an Profil. Es ist die Landkarte, die Josephus liefert. Eine Wertung fügen erst die Evangelien hinzu. 1.2 Personale Bezüge Auffällig ist die Art und Weise, wie Jesus und seine Anhänger in den Evangelien immer wieder über ihre galiläische Herkunft definiert werden. Im Blick auf Jesus findet sich ein entsprechendes Epitheton in doppelter Gestalt: Einerseits wird er direkt als „ƊƦưƮưƦ̝ƳƵ / Galiläer“, andererseits als „ƓƦƫƦƴƬƱˆƵ / Nazarener“ bzw. „ƓƦƫƼƴƦ̝ƳƵ / Nazoräer“ bezeichnet, wobei die

––––––––––––– 78 S. u. Abschnitt II.3.1. 79 Den See nach einer dort befindlichen Ortschaft benennt auch Plinius, Historia Naturalis

V 15.71: „der See Gennesaret wird von manchen Tarichea genannt.“ 80 Weitere Belege bei Struthers Malbon, Jesus (s. Anm. 70), 364 Anm. 4. 81 Weiteres zur Südgrenze in Bell III 37.39.48; Ant XX 118; ausführlich Böhm, Samarien (s. Anm. 68), 272.

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beiden Letzteren offenbar als Synonyme gelten.82 In ihrer Streuung, ihrer Variation oder ihrer gegenseitigen Verknüpfung deutet sich eine längst schon etablierte, kaum noch reflektierte Tradition an. Signifikant ist die Verknüpfung der Begriffe in der Verleugnungsgeschichte. Drei Mal wird Petrus mit seiner Zugehörigkeit zu Jesus konfrontiert – drei Mal spielt dabei die gemeinsame Herkunft aus Galiläa eine Rolle. Mk 14,66–72 variiert ohne erkennbare Tendenz: „mit Jesus dem Nazarener“ / „einer von ihnen“ / „einer von ihnen – auch du bist ein Galiläer“; Mt 26,69–75 legt eine Klimax an: „mit Jesus dem Galiläer“ / „mit Jesus dem Nazoräer“ / „einer von ihnen – deine Sprache macht dich offenkundig“; Lk 22,56–62 zielt allein auf den Galiläer ab: „dieser war mit ihm“ / „auch du bist von ihnen“ / „einer von ihnen – auch er ist ein Galiläer“. Diese Definitionen greifen, weil sie gerade im judäischen Kontext ihre besondere Plausibilität haben. Sie spielen auf eine Differenz an, die geographisch und sprachlich vermittelt ist.83 Ansonsten erscheinen beide Epitheta als stehende Wendungen. Bei Matthäus weiß die Menge nach dem Einzug Jesu in Jerusalem zu sagen: „Dieser ist der Prophet Jesus aus Nazaret in Galiläa.“ (Mt 21,11) Einer der Emmausjünger bringt das Gesprächsthema durch die Wendung „das mit Jesus dem Nazarener“ auf den Punkt (Lk 24,19). Die Ankläger des Stephanus verweisen auf „diesen Jesus, den Nazoräer“ (Act 6,14). Folgerichtig lässt sich dann auch die christliche Gemeinde in der Außenwahrnehmung als „Schule der Nazoräer“ deklarieren (Act 24,5). Weitere Belege kommen hinzu.84 Sie alle führen vor Augen, dass der älteste Kern der Anhängerschar Jesu noch aus der galiläischen Phase stammt und auch über diese gemeinsame Herkunft mit Jesus verbunden bleibt. In Jerusalem sind sie zunächst fremd und – fern vom See – auch ohne ökonomische Basis. So müssen sie sich von den Gottesboten am Himmelfahrtstag als „Männer, Galiläer“ (Act 1,11) ansprechen lassen und lösen während der Pfingstereignisse eben gerade als „Galiläer“ die Verwunderung des Jerusalemer Publikums aus (Act 2,7). Gleichzeitig macht sich die politische Dimension eines solchen Bezuges bemerkbar. Die Verleugnungsszene zeigt deutlich, dass die Identifikation des

––––––––––––– 82 Die lange Diskussion um die Vor- und Nachgeschichte namentlich des Terminus ƓƦƫƼƴƦ̝ƳƵ muss hier nicht aufgenommen werden. Auf der Erzählebene der Evangelien bezeichnen beide Termini primär die Herkunft Jesu aus Nazaret. 83 Der abweichende Dialekt der Galiläer, auf den Mt 26,73 abzielt, wird erst in der rabbinischen Literatur referiert; immer wieder zitiert wird in der Literatur P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 1, München 1926, 156–159. 84 Act 2,22 („Jesus der Nazoräer“ in der Pfingstpredigt); Act 3,6 und 4,10 (Heilung des Lahmen „im Namen Jesu Christi, des Nazoräers“); Act 26,9 (Paulus meinte, er müsste „den Namen Jesu, des Nazoräers, heftig bekämpfen“).

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Petrus als eines Galiläers im Prozess gegen den Galiläer Jesus Gefahr heraufbeschwört. Rätselhaft bleibt die Anspielung auf die Bluttat des Pilatus an galiläischen Festpilgern (Lk 13,1–3), die zuerst an eine politisch motivierte Aktion denken lässt.85 Bei Johannes sucht die Verhaftungstruppe gezielt nach „Jesus, dem Nazoräer“ (Joh 18,5.7). Im lk. Passionsbericht wird Pilatus sofort hellhörig, als er wahrnimmt, dass Jesus ein Galiläer sei, und überstellt ihn an Herodes Antipas als den zuständigen Landesherrn für ein weiteres Verhör (Lk 23,6).86 Der Kreuzestitulus nimmt in der joh Fassung die Herkunft in der Wendung „Jesus der Nazoräer, König der Juden“ noch einmal bewusst auf (Joh 19,19). Wenn schließlich Gamaliel dem Synedrion unter Hinweis auf das Beispiel des Aufrührers Judas Galilaios rät, gegenüber der Jerusalemer Gemeinde erst einmal abzuwarten (Act 5,37), dann ist die Analogie gegenüber den ‚Galiläern‘ in Jerusalem unmissverständlich intendiert.87 Anstelle solcher politisch brisanten Konnotationen setzen die Evangelisten theologische Akzente. Wie ein großes Vorzeichen etwa stellt Matthäus ein Erfüllungszitat an den Anfang seiner Geschichte: „Er wird Nazoräer genannt werden.“ (Mt 2,23) Die Herkunft dieses Zitates bleibt offen;88 seine Rückführung auf „die Propheten“ (Plur.) deutet ohnehin schon eine unbestimmte Weite an.89 Im narrativen Geflecht der mt Geburtsgeschichten legitimiert es die Ansiedlung der Familie in Nazaret und bereitet zugleich die weitere Wirksamkeit Jesu in Galiläa vor. Eines aber ist klar: Was durch das Wort der Propheten angekündigt ist, kann keinen Makel bedeuten. Das zeigen auch einige Exorzismen: Die Dämonen müssen in Jesus zähneknirschend den Stärkeren erkennen – und sprechen ihn mit seinen Hoheitstiteln an, zu denen in ihrem Mund nun auch „Jesus, Nazarener“ gehört (Mk 1,24 / Lk 4,34; Mk 10,47). Der Gottesbote am Ostermorgen berichtet den Frauen von „Jesus, dem Nazarener“ (Mk 16,6). Und sogar der Auferstandene selbst stellt sich dem Paulus in der Vision vor Damaskus vor mit den Worten: „Ich bin Jesus der Nazoräer, den du verfolgst!“ (Act 22,8). Vollends Johannes bezieht Galiläa in das vielfach variierte theologische Schema von Ablehnung und Annahme Jesu ein: Im Gegensatz zur Ablehnung in Jerusalem sind es „die Galiläer“, die ihn bei seiner Rückkehr aufnehmen, weil sie ihn in Jerusalem erlebt hatten (Joh 4,45).

––––––––––––– 85 S. u. Abschnitt II.4.1. 86 Zur besonderen Beziehung Jesu zu seinem Landesherrn bei Lukas vgl. Lk 9,7–9;

13,31–33; 23,6–12. 87 S. u. Abschnitt II.4.2. 88 E. Zuckschwerdt, Naz©raîos in Matth. 2,23, ThZ 31, 1975, 65–77, überlegt: Aufgrund der Zitationsformel muss die Bezeichnung hier als vorgegeben betrachtet werden; erst in 21,11 hat sie dann endgültig die Bedeutung „Mann aus Nazaret“ angenommen. 89 Zu den verschiedenen Vorschlägen vgl. U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, EKK I / 1, Zürich / Neukirchen 21985, 131–133.

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Noch einmal einen neuen Klang erhält die Definition Jesu über seine Herkunft aus Galiläa / Nazaret angesichts des Umstandes, dass damit auch ein Verweis auf das Ganze seines Weges erfolgt. Sein galiläischer Ursprung und die judäische Messiaserwartung werden erzählerisch in der Perikope von dem Blinden vor Jericho über zwei charakteristische Epitheta miteinander verknüpft: Der Blinde hört, dass „Jesus der Nazarener / Nazoräer“ vorbeiginge und schreit daraufhin: „Sohn Davids, Jesus, erbarme dich meiner!“ (Mk 10,47 / Lk 18,37–38). Jesus lässt sich nicht reduzieren auf sein Jerusalemer Ende oder auf nur einen Aspekt seiner Person. Das Evangelium umfasst neben Tod und Auferstehung auch das Ganze des Weges Jesu – eines Weges, der eben in Galiläa begann. Das kommt auch in der Anklage während des Prozesses zur Sprache: „Er wiegelt das Volk auf, in ganz Judäa lehrend, angefangen von Galiläa bis hierher“ (Lk 23,5). Die Frauen am Kreuz und bei der Grablegung sind diejenigen, die ihm „von Galiläa an“ gefolgt waren (Mk 15,41 / Mt 27,25 / Lk 23,49; 23,55); sie werden in Jerusalem unter dem Eindruck einer neuen Erfahrung erinnert an das, was er ihnen gesagt hatte, „als sie noch in Galiläa waren“ (Lk 24,6). In zwei Missionsreden der Apostelgeschichte wird das Christusereignis als das, was sich zwischen Galiläa und Jerusalem abgespielt hat, dargestellt (Act 10,37; 13,31). Erst in dieser Spannweite kommt die Bedeutung Jesu angemessen in den Blick. Auch bei Josephus vermag die Bezeichnung ‚Galiläer‘ verschiedene Assoziationen zu wecken. Als eine eigenständige Gruppe erscheinen die ‚Galiläer‘ vor allem in der Vita.90 Das hat zu der Annahme geführt, Josephus etikettiere damit pauschal die Bewohner einer Unruheprovinz und gebrauche ‚Galiläer‘ synonym zu ‚Aufrührer‘.91 Unterstützung scheint diese Sicht dadurch zu erhalten, dass die ‚Schule der Zeloten‘ von Josephus auf die Gründergestalt eines „Judas Galilaios“ zurückgeführt wird.92 Insofern konnte es nahe liegen, der Bevölkerung Galiläas insgesamt zumindest Sympathien mit jener Aufstandsbewegung zu unterstellen, die im Jahr 6 n. Chr. mit einem theologisch begründeten Programm der Steuerverweigerung gegenüber Rom erstmals hervortrat und später zur treibenden Kraft des Jüdischen Krieges wurde.93 Ob dann auch die von Josephus häufig gebrauchte Bezeichnung

––––––––––––– 90 Allein 34 Belege lassen sich dazu beibringen, wovon die meisten einen Unterschied zu anderen Gruppen markieren. 91 So z. B. pointiert und einflussreich S. Zeitlin, Who Were the Galileans? New Light on Josephus’ Activities in Galilee, JQR 64, 1973, 189–203. 92 Bell II 117f; Ant XVIII 1–10.23–25. 93 Was Josephus in Bell III 41f den Galiläern allgemein an Tapferkeit zugesteht, rühmt er (trotz aller sonstigen Kritik) auch in Ant XVII 24f an den Zeloten noch einmal im Besonderen. Vgl. zum Ganzen materialreich M. Hengel, Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., AGJU 1, Leiden / Köln 1976.

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„ư̍ƶƷƦ˄ / Räuber“ Übergänge zu aufständischen Galiläern aufweist94 oder die Gruppe der ‚Sikarier‘ eine radikale Form gerade galiläischen Freiheitsdranges darstellt, kann man in dieser Perspektive weiter fragen. Eine sorgfältige Analyse der Vita zeigt jedoch, dass Josephus hier sehr viel genauer zu differenzieren vermag.95 Keineswegs benutzt er den Terminus ƊƦưƮưƦ̝ƳƮ in einer generalisierenden Weise – weder für die Einwohner der Region noch für eine politisch charakterisierte Gruppe. Ausgehend von der grundsätzlich geographischen Prägung bezeichnet er damit vielmehr die Landbevölkerung im Gegensatz zu den Bewohnern der Städte.96 Die Konfliktgeschichten, in denen die ‚Galiläer‘ etwa im Gegensatz zu den Bewohnern größerer Ortschaften auftreten,97 spiegeln vor allem sozio-ökonomische Spannungen wider und sehr viel weniger eine antirömische Haltung. Die Bedeutung dieser Beobachtungen für die Außenwahrnehmung der Jesusbewegung ist evident. Eine geographisch konnotierte Bezeichnung ‚Nazarener‘ lässt sich bei Josephus nicht belegen.98 Der Ort Nazaret taucht in seinen Werken nirgends auf. Nazaret erlangt offensichtlich erst durch seinen großen Sohn jenen Ruf, der sich dann mit der Jesusüberlieferung auch über die Grenzen Galiläas hinaus verbreitet. 2. Wertungen 2.1 Matthäus: „... das heidnische Galiläa“? Für die Annahme einer mehrheitlich nichtjüdischen Bevölkerung Galiläas hat das Zitat von Jes 8,23 in Mt 4,15 von jeher eines der wichtigsten Argumente dargestellt. Ein besonderes Gewicht erhielt die Rede vom „Galiläa der Völker / Heiden“ dabei noch einmal durch die Autorität des Jesajatextes – ––––––––––––– 94 Das könnte der Zusammenhang in Ant XVIII 7 nahe legen. 95 Vgl. Cohen, Josephus (s. Anm. 6), 206–210 (= The Galileans and the Galilean

Aristocracy): In Bell vermeidet Josephus den Terminus ‚Galiläer‘ und umschreibt ihn mit verschiedenen Ausdrücken; in Vita achtet er sorgfältig auf die Zuordnung zur Landbevölkerung. Freyne, Galileans (s. Anm. 3), 27–44, beschreibt weitere Variationen: In Vita spricht Josephus auch von der „Menge der Galiläer“ (einschließlich Frauen und Kinder), von verschiedenen Autoritäten im Unterschied zum Volk u. a. m.; in Antiquitates bleibt er hingegen weitgehend bei einer geographischen Zuordnung. 96 Zu deren Hass gegen Städter vgl. z. B. Vita 375. Über diese Konstellation herrscht heute weitgehend Konsens – vgl. noch U. Rappaport, How Anti-Roman Was the Galilee?, in: Levine, Galilee (s. Anm. 15), 95–102; Flavius Josephus, Aus meinem Leben (Vita), hg. v. F. Siegert u. a., Tübingen 2001, 164f. 97 Z. B. Vita 98–100 (Tiberias); Vita 39.373–380 (Sepphoris); 263–265 (Arab). 98 Die Institution der ‚Naziräer‘, die man gelegentlich mit diesem synoptischen Epitheton verbinden wollte, ist Josephus gleichwohl bekannt; vgl. S. Chepey, Nazarites in Late Second Temple Judaism, AGJU 60, Leiden / Boston 2005, 56–70.

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ihre besondere Reichweite erzielt sie zugleich durch die messianische Interpretation der an Jes 8,23b anschließenden Heilsweissagung (9,1–6). „ʬʩʬʢ ʭʩʥʢʤ / ƊƦưƮưƦ˄Ʀ Ʒ̹Ʊ ɩƭƱ̹Ʊ / Galilaea gentium“ erweckt dadurch den Eindruck einer stehenden Redewendung. Dass der Begriff auf Nichtjuden abzielt, steht außer Frage. Galiläa, eingeführt als altes Stammesgebiet von Sebulon und Naftali, wird so scheinbar durch den nichtjüdischen Charakter seiner Bevölkerung definiert. Dabei sollte jedoch schon der Umstand stutzig machen, dass ‚Galiläa‘ unter den sechs Belegen der hebräischen Bibel lediglich in Jes 8,23b einen Zusatz trägt.99 Sonst erscheint der Begriff stets als schlichter Eigenname. Zudem ist Jes 8,23b der einzige Beleg, in dem ‚Galiläa‘ in einem prophetischen Kontext erscheint. Dass der Begriff dabei bewusst mit Bedeutung aufgeladen ist, deutet die Constructus-Verbindung an. Einerseits kommt darin die etymologische Herkunft von dem Begriff „ʬʩʬʢ“ im Sinne von „ƯˈƯưƳƵ / Kreis“ erneut zum Vorschein,100 andererseits markiert der Zusatz „der Völker“ offensichtlich die Perspektive der folgenden Heilszusage. „Galiläa (im Kreis) der Völker“ oder „Galiläa (umringt) von Völkern“ bezeichnet demnach das Grenzland der alten Stammesgebiete Sebulon und Naftali als den Ort, von dem aus das Heil des restituierten Königtums in Israel über die Landesgrenzen hinausdringen soll.101 An diese Heilsperspektive knüpft Mt 4,12–17 dezidiert an. Die LXXFassung hat den Wortlaut von Jes 8,23b noch einmal komprimiert und zugespitzt. Alles zielt darauf ab, Jesu Auftreten in Galiläa als Erfüllung dieser Verheißung darzustellen. Wohl kalkuliert hat Matthäus das Zitat an dieser Stelle in eine seiner großen Motivlinien eingefügt, die Jesus als den Messias auch für die Völker einführt: Noch verhalten in den nichtjüdischen Frauen des Stammbaumes Jesu, deutlicher schon in den Magiern vom Osten, die dem Kind als „dem neugeborenen König“ huldigen, im ersten vollen Akkord schließlich hier am Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu. Nach Taufe und Versuchung kehrt er nicht nur nach Galiläa zurück, sondern verlegt sein ‚Stammquartier‘ auch noch ganz bewusst von Nazaret nach Kafarnaum. Die Botschaft von der nahen Königsherrschaft ist an Israel adressiert, aber sie erklingt angesichts der Völkerwelt. Von hier aus spannt sich dann der große Bogen bis zum Auftrag des Auferstandenen zur Völkermission auf jenem

––––––––––––– 99 Vgl. noch Jos 20,7; 21,32; 3Reg 9,11; 4Reg 15,29; 1Chr 6,61; zu den Belegen vgl. Bösen, Galiläa (s. Anm. 1), 13–14. 100 Ausführlich Alt, Probleme (s. Anm. 9), 363–374. 101 S. Schwartz, Israel and the Nations Roundabout 1 Maccabees and the Hasmonean Expansion, JJS 41, 1991, 16–38, stellt den weiteren Horizont eines von feindlichen Völkern umringten Israel als maßgeblichen Hintergrund für die Deutung der syrischen Religionskrise heraus – und weist dabei auch den stereotypen Gebrauch der Wendung selbst nach.

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‚Berg in Galiläa‘ – von hier aus gilt es nun, die Grenzen zu überschreiten. Gerade Matthäus, der Galiläa erzählerisch als eine Art Bühne der Jesusgeschichte vor den Völkern darstellt, hat auch mit größtem Nachdruck die Selbstbeschränkung Jesu auf Israel herausgestellt. Deshalb kann kein Zweifel bestehen: „Galiläa der Völker / Heiden“ ist für ihn keine Qualitätsaussage bzw. Wertung, mit der die Bevölkerung dieser Region charakterisiert werden soll, sondern eine Richtungsangabe für den Aufbruch zur Völkermission. Die Wendung ist dann als Genitivus objectivus zu verstehen – sie bezeichnet Galiläa als den Ausgangspunkt, von dem aus die Mission für die Völker beginnt.102 Josephus unterstützt diese Sicht vor allem durch ein Defizit: Die Wendung vom „Galiläa der Völker / Heiden“ kommt bei ihm nicht vor. Wenn überhaupt in der antiken Literatur, dann sollte man sie bei einem Autor wie ihm vermuten, der das spannungsvolle Miteinander von Juden und Nichtjuden im Vorfeld des Jüdischen Krieges sorgfältig nachgezeichnet hat. Dass er sie nicht gebraucht, heißt: Es gibt ein solches sprichwörtliches Etikett Galiläas nicht. Jes 8,23b / Mt 4,15 (ƊƦưƮưƦ˄Ʀ Ʒ̹Ʊ ɩƭƱ̹Ʊ) ist singulär; die einzige Analogie findet sich sprachlich abweichend in 1Makk 5,15 und Joel 4,4 (™̀ƶƦ ƊƦưƮưƦ˄Ʀ əưưƳƹˈưƼƱ) – wiederum mit Blick auf die Randlage und Nachbarschaft Galiläas.103 Das entspricht ganz der Aussage des Josephus in Bell III 41, Ober- und Untergaliläa seien „ƷƳƶƳˈƷƳƮƵ ɭƭƱƪƶƮƱ əưưƳƹˈưưƳƮƵ ƯƪƯƸƯưƼμˀƱƦƮ / von so vielen fremdstämmigen Völkern umringt“.104 Innerhalb des ‚Galil‘, des Kreises, vermag er die Bewohner als besonders eifrige Verteidiger jüdischer Religiosität darzustellen. Gerade die zahlreichen Konfliktgeschichten sind es, an denen die jüdische Identität der Region sichtbar wird. Die jüdische Bevölkerung Galiläas steht aber gleichsam unter besonderer Beobachtung. Die Bewohner der nichtjüdischen Gebiete, die an Galiläa angrenzen, erweisen sich zunehmend als Bedrohung. Inwiefern hier das alltägliche Leben auch Normalität kannte, übergeht Josephus.105 Ihm liegt an jenen Konflikten, die das Geschehen vorantreiben und die er vor allem von den Städten zu berichten weiß. Es ist nicht die religiöse Qualität der Bevölkerung, sondern ihre Außenwahrnehmung, die bei Josephus für die Besonderheit Galiläas steht.

––––––––––––– 102 In diese Richtung geht auch zu Recht die Argumentation von G. H. Boobyer, Galilee and Galileans in St. Mark’s Gospel, BJRL 35, 1953, 334–348: 337, obwohl er eine solche Völkermission schon in Galiläa selbst beginnen sieht und im Blick auf eine ‚Mischbevölkerung‘ m. E. die Quellen überstrapaziert. 103 Boobyer, Galilee (s. Anm. 102), 334–348, führt weitere Belege auf, die der Überprüfung jedoch nicht standhalten und eher Ausdruck von Überinterpretation sind. 104 Vgl. auch Schwartz, Israel (s. Anm. 101). 105 Chancey, Myth (s. Anm. 2), 155.

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2.2 Johannes: „... ein Messias aus Galiläa?“ / „... aus Galiläa steht kein Prophet auf!“ Eine wirkungsgeschichtlich weitreichende Negativbewertung Galiläas geht auch auf den Evangelisten Johannes zurück. In christologischer Perspektive referiert er einen Diskurs über die Herkunft des Messias, bei dem Galiläa zugunsten Judäas deutlich abgewertet wird. Angesichts der fest etablierten Tradition über die davidische Herkunft des Messias können Galiläa oder Nazaret nicht mit Betlehem konkurrieren. Mehr noch – selbst für einen Propheten scheint Galiläa ein völlig unpassendes Umfeld zu bieten. In diesem Urteil ist auf der Erzählebene die Jerusalemer Perspektive wiedergegeben. Sie wird schon in Joh 1,45f durch den Judäer Nathanael vorbereitet, der auf die Mitteilung des Philippus, er habe den verheißenen Heilsbringer in „Jesus, dem Sohn Josephs aus Nazaret“ gefunden, mit der abschätzigen Frage antwortet: „Was kann aus Nazaret Gutes kommen?“ In Joh 7,42.52 wird für eine solche Skepsis dann auch das entscheidende Argument nachgeholt: Es ist die Schrift selbst, die alle Hinweise vermissen lässt, dass der Messias oder irgendein Prophet gerade aus Galiläa zu erwarten wären. Die Funktion dieses Argumentes lässt sich erst aus dem Zusammenhang des ganzen Abschnittes Joh 7,37–52 erkennen. Er fügt sich ein in die große Periode von 7,1–11,54, in der die Zunahme von christologischen Konflikten dargestellt wird. Den engeren Kontext bilden die Ereignisse während des Laubhüttenfestes in Jerusalem (7,1–53). Nach anfänglichen Spannungen mit seiner Familie (7,1–13) tritt Jesus doch noch unerwartet in Jerusalem auf (7,14–36), um dort am letzten Tag des Festes eine Kontroverse um seine Person auszulösen (7,37–52). Nachdem messianische Erwartungen schon in 7,26f mit der Person Jesu verbunden und problematisiert worden waren, bringt dieser letzte Abschnitt (7,37–52) nun auch noch die galiläische Herkunft Jesu ins Spiel. Der Abschnitt selbst gliedert sich in zwei Doppelszenen: V. 37–44 berichtet von Jesu Predigt und der Reaktion des Volkes; V. 45–52 reflektiert den Konflikt erneut auf der Ebene der Jerusalemer Autoritäten, die den Verhaftungstrupp sowie den Synedristen Nikodemus zur Rede stellen; beide Szenen sind jeweils durch Darstellung und Besprechung strukturiert. Interessanterweise kommt hier ein breites Meinungsspektrum in den Blick: Das als ungebildet abqualifizierte Volk (7,49) diskutiert, was an messianischen Erwartungen auf dem Markt ist;106 die Pharisäer argumentieren mit ihrer Autorität; der schriftgelehrte Nikodemus legt gegen das vorschnelle Urteil seiner Kollegen Widerspruch ein und plädiert für sorgfältige Prüfung.

––––––––––––– 106 Vgl. die christologischen ‚Umfrageergebnisse‘ in der synoptischen Tradition: Mk 6,14–16 / Mt 14,1–2 / Lk 9,7–9 (Herodes Antipas); Mk 8,27–30 / Mt 16,13–20 / Lk 9,18– 21 (Jesus).

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Ausgangspunkt des Konfliktes sind zwei Bekenntnisse, die im Volk laut werden: Einige sagen: „Dieser ist wahrhaftig der Prophet!“ (7,40), andere sagen: „Dieser ist der Christus!“ (7,41). Brisant erscheint vor allem das Messiasbekenntnis, das folgerichtig auch sofort widerlegt wird. Im Kontext der joh Christologie tritt der Messiastitel ansonsten auffällig hinter jenes Schema zurück, das die Sendung des Sohnes in die Welt und seine Rückkehr zum Vater entfaltet.107 Der Christus- / Messiastitel wird stets in dieses Schema eingeordnet und hat vor allem die Funktion, die Sendung des Sohnes mit der traditionellen jüdischen Heilserwartung in Einklang zu bringen.108 So ist es bezeichnenderweise auch immer wieder die Volksperspektive, aus der die Messiasprädikation an Jesus herangetragen wird.109 Petrus hingegen bekennt sich, anders als bei den Synoptikern, zu „dem Heiligen Gottes“ (6,69). Insofern erscheint es plausibel, dass das spontane Messiasbekenntnis aus der Volksmenge in 7,41 sogleich von anderer Seite auf seine Schriftgemäßheit überprüft wird. Da Jesus als Galiläer bekannt ist (7,1.9), kann das Ergebnis nur negativ ausfallen: „Kommt der Christus etwa aus Galiläa? Sagt nicht die Schrift: Der Christus kommt aus dem Samen Davids und aus dem Dorf Betlehem, wo David war?“ (7,41f). Die davidische Herkunft des Messias bezieht sich auf Ps 89,4f oder 2Sam 7,11–14 (vgl. auch Röm 1,3; Apk 5,5; 22,16); das Dorf Betlehem spielt auf Mi 5,2 an. Das alles könnte leicht mit dem Hinweis auf die Geburt Jesu in Betlehem und seinen Vater Joseph aus davidischer Familie (wie in Mt 1,20 / Lk 1,27; 2,5) bestätigt werden. Doch bei Johannes herrscht Schweigen über diese Sachverhalte, auf die doch Matthäus und Lukas so großen Wert legen. Kennt er diese Tradition nicht? Das ist wenig wahrscheinlich. Eher verzichtet Johannes wohl bewusst auf dieses wohlfeile Argument, um die ganze Frage nach der genealogischen Herkunft insgesamt als irrelevant zu erweisen.110 Jesus aus Nazaret in Galiläa ist Gottes Sohn, menschgewordener Logos, in die Welt gesandt, um den Vater zu offenbaren, zu dem er wieder zurückkehrt. Seine Herkunft ist weder aus Nazaret noch aus Betlehem, sondern „von oben“ (8,23). Die Disputanten erliegen einem Missverständnis – sowohl mit ihrer Ablehnung Galiläas als auch mit ihrer durch die Schrift legitimierten Option für Betlehem. Nikodemus sollte das nach ––––––––––––– 107 J. Becker, Das Evangelium nach Johannes, ÖTK 4 / 2, Gütersloh / Würzburg 31991,

484–494. 108 In Joh 1,20.25; 3,28 weist der Täufer die an ihn herangetragene Messiaserwartung zurück; in Joh 7 ist die jüdische Messiaserwartung durchgängig Thema (7,26f.31.41f); in 10,24 wird Jesus damit vom Publikum herausgefordert; in 12,34 wird sie erneut reflektiert. 109 Joh 1,41 (im Munde des Andreas nach seiner Berufung); 4,25.29 (Erwartung der Samaritanerin); 9,22 (Volksmeinung nach der Heilung des Blindgeborenen); 11,27 (Marta). 110 Deshalb übergeht Johannes auch die Geburt Jesu und setzt stattdessen einen Hymnus auf den göttlichen Logos an den Anfang, der den Ursprung aus Gott in eindrücklicher Dichte und ohne das narrative Inventar einer Geburtsgeschichte darstellt.

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Joh 3,3.7 schon wissen. Insofern kann aber auch von einer Abwertung Galiläas nicht die Rede sein. Sie entspricht lediglich schriftgelehrter Jerusalemer Perspektive. Für Jesus verfehlt die Frage des Geburtsortes hingegen das Thema. Galiläa und Jerusalem haben keinen Eigenwert. Dieselbe Konstellation trifft auch auf das Bekenntnis zu Jesus als „dem Propheten“ in 7,41 (vgl. bereits 6,14) zu,111 hinter dem die Verheißung aus Dtn 18,15–18 steht. Am Schluss des Abschnittes wird es noch einmal aufgenommen. Nikodemus ergreift nun Partei für Jesus – allerdings nicht durch eine offene Positionierung, sondern eher verdeckt durch ein taktisches Manöver: Er fordert für ihn die im Gesetz vorgeschriebene Möglichkeit, sich verteidigen zu können. Sofort wird ihm daraufhin Befangenheit vorgeworfen – aufgrund unterstellter landsmannschaftlicher Sympathien für Jesus.112 Zugleich enthält der Vorwurf einen Appell an seine Lokal- oder Schriftkenntnis: Dass Galiläa noch nie eine Heimat für Propheten war, kann er gern überprüfen! Doch gleichgültig, wie dieses Experiment ausfällt – für Johannes ist ein Prophet nicht durch seine Herkunft, sondern durch seine Sendung von Gott her qualifiziert. Ein regionales Kriterium geht an der Sache vorbei und fügt sich in die lange Kette fundamentaler Missverständnisse ein. Jenseits der theologischen Intention des Evangelisten Johannes könnte Josephus Aufschluss darüber geben, ob die erzählerisch geschickt eingesetzte Jerusalemer Perspektive möglicherweise ein im 1. Jh. n. Chr. verbreitetes Klischee wiedergibt. Hatte Nazaret einen sprichwörtlich schlechten Ruf? Gab es in Galiläa keine messianischen Erwartungen? Ist Galiläa von prophetischen Gestalten unberührt geblieben? Über Nazaret ist aus literarischen Quellen vor und neben den Evangelien weder Positives noch Negatives bekannt.113 Besser steht es indessen um die Kenntnis prophetischer Traditionen in Galiläa. Sieht man einmal von dem Propheten Jona ab, der nach 4Reg 14,25 aus dem galiläischen Ort Gat-Hefer stammte,114 so ist es seit dem 3.–2. Jh. v. Chr. vor allem die apokalyptische Henochtradition, die mit großer Wahrscheinlichkeit in Galiläa, in der Nähe des Hermon, lokalisiert werden muss.115 An einem Brennpunkt dieser neu

––––––––––––– 111 Ausdrücklich hatte Johannes die Frage abgewiesen, ob er „der Prophet“ sei (1,21.25). 112 Es bleibt unklar, ob der Vorwurf zutrifft oder nur eine bewusst provozierende Unter-

stellung beabsichtigt. Das früher berichtete Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus findet nach dem Kontext von 2,25; 3,1 während eines Jerusalemaufenthaltes Jesu statt. 113 Allein die Archäologie vermag die Existenz des Ortes zur Zeit Jesu zu belegen – vgl. Bösen, Galiläa (s. Anm. 1), 101. 114 Gern zitiert werden auch die späteren rabbinischen Belege bei Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 2, München 1924, 519, wonach es in Israel überall Propheten gegeben habe (mSuk 27b und SOR 21). 115 G. W. E. Nickelsburg, 1 Enoch I. A Commentary on the Book of 1 Enoch, Chapters 1–36; 81–108, Minneapolis 2001, 238–247; Suter, Galilee (s. Anm. 30).

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entstehenden theologischen Strömung, die sich aus der späten Prophetie speist, lässt sich wohl auch Offenheit und Sensibilität gegenüber prophetischen oder messianischen Gestalten vermuten.116 Gerade hier, in Obergaliläa, spricht Petrus sein Messiasbekenntnis aus.117 Josephus bestätigt die Vermutung, dass auch in dieser Region, fern der religiösen Elite Jerusalems, prophetische und messianische Hoffnungen auf fruchtbaren Boden fallen konnten. Wenn man den von ihm erwähnten Bewegungen während des ‚Räuberkrieges‘ 4 v. Chr. einen solchen Charakter zusprechen mag,118 dann käme für Galiläa die Bewegung des Judas, Sohn des Hezekias, in Frage (Bell II 56 / Ant XVII 272).119 Wichtiger als eine solche konkrete Lokalisierung ist jedoch die Beobachtung, dass diese Bewegungen insgesamt nicht etwa auf Judäa konzentriert sind, sondern in Galiläa, Peräa und Judäa gleichermaßen auftreten. Das ist nicht viel, aber immerhin ein Anhaltspunkt. Nur dann, wenn man Galiläa von den theologischen Strömungen der Zeit völlig unberührt sehen wollte, wäre ein entsprechendes Erwartungsdefizit vorstellbar. Josephus aber entwirft ein anderes Bild, das der Jesusüberlieferung entspricht: In Galiläa liegt die Hoffnung auf einen ‚Propheten wie Mose‘ oder den ‚Gesalbten des Herrn‘ ebenso in der Luft wie in Judäa und wird folgerichtig auch an Jesus herangetragen. Allein der Jerusalemer Perspektive eignet eine skeptische Einschätzung, die sich auf der Erzählebene dann umso glänzender widerlegen lässt. 3. Schauplätze 3.1 Zentren der Wirksamkeit Jesu Der Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu ist eng mit zwei Ortschaften verbunden: Kafarnaum und Nazaret. Sie erscheinen neben dem See zugleich als die wichtigsten Bezugspunkte der Jesusbewegung in Galiläa. Nazaret steht für die Kindheit und Jugend Jesu. Nach Lukas stammen beide Eltern aus Nazaret (Lk 1,26; 2,4); der Ort gilt als „™ˆưƮƵ ɪƦƸƷ̹Ʊ / ihre

––––––––––––– 116 Das „Dogma“ von der prophetenlosen Zeit (vgl. R. Leivestad, Das Dogma von der

prophetenlosen Zeit, NTS 19, 1972–73, 288–299) ist ohnehin ein Konstrukt, das der realen Frömmigkeit im Land kaum entsprochen haben dürfte. 117 Nickelsburg, Enoch (s. Anm. 30). 118 Simon, ein Sklave des Herodes, lässt sich krönen (Ant XVII 273–277); Athronges, ein Hirte, tritt als neuer David auf (Ant XVII 278–284); später, im Jüdischen Krieg, wird der Thron beansprucht von Menahem (Bell II 433f) oder Simon Bar Giora (Bell IV 509– 513.573–576; VII 26–33.118.154–157). 119 Vgl. R. Horseley, Popular Messianic Movements, CBQ 46, 1984, 473–478; zum größeren Kontext J. Freyne, Messiah and Galilee, in: ders. Gallilee (s. Anm. 3), 231–270.

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Stadt“ (Lk 2,39).120 Seine erste öffentliche Predigt hält Jesus nach Lk 4,16 in Nazaret, „Ƴʨ ɻƱ ƷƪƭƴƦμμˀƱƳƵ / wo er aufgewachsen war“; dort geht er auch in die Synagoge „ƯƦƷʽ Ʒ˅ ƪʅƼƭ˅Ƶ ƦʡƷ̺ / nach seinem Brauch“. In Nazaret erlebt Jesus nach Lk 4,28–30 zum ersten Mal eine reale Todesbedrohung. Matthäus hat eine größere Distanz zu dem Ort. Für ihn ist Nazaret nicht Heimat, sondern Exil der Familie Jesu (Mt 2,23), das erst durch eine Vision angewiesen und durch ein Erfüllungszitat legitimiert werden muss. Mit seinem öffentlichen Auftreten verlässt Jesus den Ort seiner Kindheit und übersiedelt nach Kafarnaum (Mt 4,13). Für alle drei Synoptiker ist es vor allem eine Szene, die an Nazaret haftet: Jesus predigt in der Synagoge und stößt auf Unverständnis, so dass er dort auch keine Wunder tut. Fazit: Ein Prophet gilt nichts in seiner „™ʾƷƴƮƵ / Vaterstadt“ (Mk 6,4 / Mt 13,57 / Lk 4,24). Dennoch bleibt Jesus zeitlebens der „Nazarener / Nazoräer“.121 Kafarnaum steht für das Basislager der Jesusbewegung in Galiläa. Hier wohnen die ersten Anhänger Jesu, die Fischer vom See Gennesaret. Im Haus des Brüderpaares Simon und Andreas bezieht Jesus nach Mt 4,13 Quartier, was wiederum durch ein Erfüllungszitat legitimiert wird. Mt 9,1 lässt Jesus nach Kafarnaum „ƪʅƵ ƷˁƱ ʅƩ˄ƦƱ ™ˆưƮƱ / in seine eigene Stadt“ kommen. Hier, an seinem einzigen ‚festen‘ Wohnsitz, muss er auch die Tempelsteuer entrichten (Mt 17,24–27). Der Ort ist gut gewählt. Er liegt nicht weit von Betsaida entfernt, woher nach Joh 1,44 Simon und Andreas stammen. Dazwischen verläuft jedoch die Grenze zwischen dem Herrschaftsgebiet des Herodes Antipas und des Philippus, was schnelle Rückzüge ermöglicht. Ansonsten liegt Kafarnaum in Galiläa zentral und bietet in jeder Richtung kurze Wege. Auch für Johannes spielt Kafarnaum eine wichtige Rolle: Er weiß, dass sogar die Familie Jesu mit hierher gekommen sei und erwähnt weitere Aufenthalte am Ort.122 In Kafarnaum sind einige Wundererzählungen angesiedelt.123 Doch auch hier bleiben Jesus Enttäuschungen nicht erspart. Sie spiegeln sich noch in jenem Drohwort wider, das gegen Ende der galiläischen Phase platziert ist (Mt 11,23 / Lk 10,5).

––––––––––––– 120 Die Bezeichnung als „Polis“ entspricht nicht den realen Gegebenheiten, sondern dem

literarischen Konzept des Lukas, der seine Erzählung auf der Bühne der Weltgeschichte platziert und nicht „in irgendeinem Winkel“ spielen sieht (Act 26,26). 121 S. Abschnitt II.1.2. 122 Vgl. Joh 2,12 (bleibt dort einige Zeit); 4,46 (Analogie zum Hauptmann von Kafarnaum = königlischer Beamter); 6,17 (Bootsfahrt Richtung Kafarnaum); 6,24 (Suche nach Jesus am Ort); 6,59 (Abschluss der Rede in der Synagoge von Kafarnaum). 123 Exorzismus in der Synagoge am Sabbat (Mk 1,21–28 / Lk 4,31–37); Heilung der Schwiegermutter des Petrus (Mk 1,29–31 / Mt 8,14f / Lk 4,38f); Heilungssummarium (Mk 1,32–34 / Mt 8,16f / Lk 4,40f); Heilung eines Gelähmten (Mk 2,1–12 / Mt 9,1–8 / Lk 5,17–26); Hauptmann von Kafarnaum (Mt 8,5–13 / Lk 7,1–10; vgl. Joh 4,46–54). Vgl. noch den Querverweis auf die Taten Jesu in Kafarnaum in Lk 4,23.

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Lukas hat beide Orte in seiner besonderen Konzeption vom Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu eng miteinander verbunden. Während bei Markus und Matthäus alles mit der Berufung der ersten Anhänger am See beginnt, worauf dann einige Wunder in Kafarnaum folgen, das Auftreten Jesu in Nazaret aber bei Markus noch bis Kapitel 6 und bei Matthäus bis Kapitel 13 warten muss, stellt Lukas die Abfolge um. Unmittelbar nach Taufe und Versuchung kehrt er „in der Kraft des Geistes“ (4,14) nach Galiläa zurück und begibt sich sofort nach Nazaret. Die Berufung der ersten Jünger hat Lukas nach hinten verschoben – die ‚Antrittspredigt‘ in Nazaret wird zu dem programmatischen Auftaktgeschehen in Galiläa. Gegenüber Markus und Matthäus hat Lukas den Text erweitert und ausgestaltet; der Querverweis auf die in Kafarnaum geschehenen Wunder in Lk 4,23 (die an dieser Stelle noch gar nicht stattgefunden haben) verrät die Umstellung deutlich. Die Ereignisse sind chronologisch in den Ablauf eines Tages eingebunden. Unmittelbar auf diesen ‚Nazarettag‘ (Lk 4,16–30) folgt dann ein ‚Kafarnaumtag‘ (4,31–44), der nun auch einige Wundertaten berichtet. Erst danach wird die Berufung der ersten Anhänger erzählt, die ganz auf die Gestalt des Petrus ausgerichtet ist und bereits auf dessen Erfahrung mit Jesus zurückblicken kann. Damit hat Lukas ein eindrückliches Kontrastbild an den Anfang gestellt: Der Geistträger kehrt nach Galiläa zurück. Während des ‚Nazarettages‘ stößt er auf Ablehnung – während des ‚Kafarnaumtages‘ erfährt er Annahme.124 Darin klingt die Erinnerung an die prophetischen Worte des Simeon aus Lk 2,34 an: Zum Fall und Aufstehen vieler solle das Kind Anlass geben, ein Zeichen werde es sein, dem widersprochen wird. Bemerkenswert ist, dass Ablehnung und Annahme hier gerade nicht auf Jerusalem und Galiläa verteilt werden, sondern schon von Anfang an in Galiläa das Auftreten Jesu begleiten. Ansonsten begegnen nur noch wenige namentlich genannte Orte. Betsaida taucht als Heimat von Philippus (Joh 1,44; 12,21), Simon und Andreas (1,44) auf; die Bootsfahrt der Seewandelgeschichte nimmt Kurs auf Betsaida (Mk 6,45); in der Nähe des Ortes findet nach Markus eine Blindenheilung statt (Mk 8,22); Lukas siedelt im Umfeld die Speisung der 5000 an (Lk 9,10). Gemeinsam mit Chorazin zieht Betsaida schließlich ein prophetisches Drohwort auf sich (Mt 11,21 / Lk 10,13). In der Nähe von Cäsarea Philippi lokalisieren Markus und Matthäus das Messiasbekenntnis des Petrus (Mk 8,27 / Mt 16,13). Magdala klingt im Beinamen der Maria, der führenden Persönlichkeit unter den Nachfolgerinnen Jesu an.125 Nur bei Johannes begegnet der Ort Kana als Schauplatz von Wundererzählungen (Joh 2,1–11; ––––––––––––– 124 Beides wird über seine Wundertaten vermittelt: In Nazaret vermag er nur wenige Wunder zu tun (Mk 6,5 / Mt 13,58), in Kafarnaum hingegen tut er sie ungehindert. 125 Mk 15,40 / Mt 27,56; Mk 15,47 / Mt 27,61; Mk 16,1 / Mt 28,1 / Lk 24,10; Mk 16,1; Joh 19,25; 20,1.18.

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4,46) und als Heimatort des Nathanael (Joh 21,2). Angesichts der Mitteilung des Josephus, Galiläa sei dicht besiedelt gewesen,126 mag dieser Befund überraschen. Er könnte eine Erklärung jedoch darin finden, dass in der Überlieferung eine Auswahl stattfand, die sowohl die Zahl als auch die Gestaltung der Stoffe betraf. So wie die Berufungsgeschichten am See (Mk 1,16–20par.) eine auf das Minimum reduzierte Skizze liefern, so ist wohl auch an Stoffen selbst vieles ausgeschieden worden, was keinen exemplarischen Charakter besaß. Unter dem Eindruck der jüngsten archäologischen Erkenntnisse ist die Aufmerksamkeit noch einmal neu auf solche Defizite im Galiläabild der Evangelien gelenkt worden. Warum finden zwei aufstrebende Städte wie Tiberias und Sepphoris keine Erwähnung? Vor allem Sepphoris, beinahe in Sichtweite von Nazaret, konnte doch dem Bauhandwerker Joseph und seinem Sohn nicht verborgen bleiben.127 So drängt sich der Eindruck auf, dass beide Städte bewusst verschwiegen werden. Dafür müssten sich allerdings Gründe benennen lassen, die außerhalb der Evangelien liegen.128 Aus der Jesusgeschichte selbst lässt sich nur eine Konzentration auf Dörfer und kleinere Ortschaften entnehmen. Ob man aus gelegentlichen Anspielungen auf städtische Lokalitäten in Q auch eine kritische Bezugnahme auf jene beiden Städte entnehmen kann, bleibt bedenkenswert, aber unsicher.129 Die Jesusbewegung erfasst jedenfalls auch Galiläa nicht flächendeckend. Sie hat ihre Routen, ihre Zentren – und ihre weißen Flecken. Josephus verfolgt in dieser Hinsicht ganz andere Interessen. Ihm geht es nicht um die Wege eines Wanderpredigers, sondern um Truppenbewegungen, Verwaltungseinheiten und politische Konstellationen. Insofern muss es auch nicht verwundern, dass er an anderen Orten interessiert ist. Die geographisch-topographischen Berührungen sind zufälliger Art. Josephus selbst nennt von den in Vita 235 erwähnten 204 „Städten und Dörfern“ Galiläas nur 44 namentlich,130 ––––––––––––– 126 Vita 235 spricht von 204 Städten und Dörfern, wobei die Übergänge zu kleinen Siedlungen sicher fließend waren. Als die drei größten Städte gelten nach Vita 123 Tiberias, Sepphoris und Gabara. 127 Reiches archäologisches Material bieten Horsley, Archeology (s. Anm. 5), 43–65, und Reed, Archeology (s. Anm. 5), 100–138; E. M. Meyers, Roman Sepphoris in Light of New Archeologal Evidence and Recent Research, in: Levine, Galilee (s. Anm. 15), 321–338; J. M. Strange, Six Campaigns at Sepphoris. The University of South Florida Excavations 1983–1989, in: ebd., 339–355. 128 Bösen, Galiläa (s. Anm. 1), 69–75, reflektiert einige Möglichkeiten; entweder war Jesus tatsächlich nie in Sepphoris, oder er hat dort keinen Erfolg verzeichnen können. 129 S. Anm. 51; dazu auch Bösen, Galiläa (s. Anm. 1), 70–72, mit dem Verweis auf Bankgeschäfte hinsichtlich Mt 25,14–30 / Lk 19,12–27; Gerichtsbarkeit hinsichtlich Mt 5,25f / Lk 12,58f. 130 So nach der Liste von Aviam / Richardson, Galilee (s. Anm. 76); vgl. noch Oehler, Ortschaften (s. Anm. 77); dazu das sorgfältige Ortsregister zur Vita bei Siegert, Vita (s. Anm. 96), 208–217; zum Bellum bei Michel / Bauernfeind, De Bello (s. Anm. 73), Bd. III, 89–121.

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wovon lediglich sieben auch in der Jesusgeschichte der Evangelien begegnen: Bethsaida-Julias, Caesarea Philippi, Gadara, Kana, Kafarnaum, Tarichaeae-Magdala und Tiberias; Caesarea maritima kommt hinzu.131 Aufschlussreich ist seine Aufmerksamkeit für Sepphoris.132 Unter den zahlreichen beiläufigen Erwähnungen der Stadt ragen zwei Bemerkungen heraus: In Bell III 34 bescheinigt er ihr, „die größte Stadt Galiläas, durch ihre sehr günstige Lage eine natürliche Festung und so gegebenenfalls zur Überwachung des ganzen Volkes hervorragend geeignet“ zu sein; in Ant XVIII 27 nennt er sie „Zierde Galiläas“ und berichtet, Herodes habe die Stadt dem Cäsar geweiht. Von der theologischen Bedeutung des „Meeres von Galiläa“ war schon die Rede.133 Es fungiert auch als ökonomische Basis der ersten Anhänger Jesu,134 als verkehrstechnische Größe135 oder als Ort besonderer Offenbarungen.136 Für Josephus ist der See vor allem in strategischer Hinsicht von Interesse: Er bietet Fluchtwege oder gestattet schnelle Truppenbewegungen (z. B. Vita 163–168), er wird zum Ort einer Seeschlacht (z. B. Bell III 522–531) und bewirkt maßgeblich die Fruchtbarkeit des Landes (Bell III 506–508.516–519). In den Evangelien spielen Berge immer wieder eine wichtige Rolle, besonders bei Matthäus.137 Angesichts der galiläischen Bergwelt ist das auch plausibel. Den Tabor, der seit dem 4. Jh. als Berg der Verklärung gilt,138 beschreibt Josephus unter dem Namen Itabyrion als Ort einer Befestigungsanlage und als Schauplatz eines Gefechtes (Bell I 177; II 573; IV 1.54–61; Vita 188). Ansonsten aber lassen sich auch hier kaum Berührungspunkte er-

––––––––––––– 131 Die zahlreichen Belege können hier nicht zusammengestellt werden; sie sind über die Register der jeweiligen Ausgaben bzw. über die in Anm. 130 genannten Listen leicht zu erschließen. 132 Sie gilt der Stadt vor allem in strategischer und verwaltungstechnischer Hinsicht. Josephus erwähnt mehrere Eroberungen und eine Zerstörung durch Varus, hebt ihre Romtreue sowie die sonstigen Intrigen der Bewohner ihm gegenüber hervor. 133 Vgl. Abschnitt II.1.1. 134 Berufung am Meer (Mk 1,16–20 / Mt 4,18–22); Fischfangwunder (Lk 5,1–11; Joh 21,1–14). 135 So bei den verschiedenen Bootsfahrten: Mk 5,1ff / Mt 8,28ff / Lk 8,26ff; Mk 5,21ff; Mk 6,32ff / Mt 14,13ff; Mk 8,10ff / Mt 15,39ff. 136 Stillung des Sturmes (Mk 4,35–41 / Mt 8,23–27 / Lk 8,22–25); Jesus auf dem Wasser (Mk 6,45–52 / Mt 14,22–33). 137 4,8 (Versuchungsgeschichte); 5,1 / 8,1 (Bergpredigt); 14,23 (Gebetsort); 15,29 (Heilungssummarium); 17,1–9 (Verklärung); 28,16 (Missionsauftrag). Identifizieren lassen sie sich nicht. 138 So erstmals Kyrill von Jerusalem (um 348), Katechese 12,16.

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kennen. Die religiöse Symbolkraft von Landschaften und Orten bleibt eine Eigenheit der Jesusgeschichte.139 3.2 Ortswechsel und Reisewege Das Auftreten Jesu in Galiläa schimmert nicht nur durch die Erzählung hindurch, sondern wird als ein narratives Signal an verschiedenen Punkten ganz bewusst eingesetzt. Es sind vor allem die Ortswechsel Jesu, die in dem geographischen Schema jeweils die Entfernung von oder die Rückkehr nach Galiläa eigens betonen. Der Anfang des Evangeliums hat seinen geographischen Ort in Judäa, wo sich Jesus der Taufe durch Johannes unterzieht. Die lk Geburtsgeschichten haben ihn schon mehrfach zwischen Galiläa und Judäa auf die Reise geschickt,140 und nach übereinstimmender Darstellung wächst er in Nazaret auf. Von dort aus begibt er sich also als Erwachsener an den Jordan: „In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa ...“ (Mk 1,9) bzw. „Da trat Jesus aus Galiläa am Jordan auf bei Johannes ...“ (Mt 3,13). Ebenso wird auch seine Rückkehr nach Taufe und Versuchung durch den Zielort betont, was Markus und Matthäus mit dem Geschick des Täufers verbinden: „Nachdem aber Johannes ausgeliefert wurde, kam Jesus nach Galiläa“ (Mk 1,14); „Da er aber hörte, dass Johannes ausgeliefert wurde, zog er sich zurück nach Galiläa“ (Mt 4,12). Lukas, der die Verhaftung des Täufers nur retrospektiv in der Taufszene angedeutet hatte, setzt den Akzent auf die Geistbegabung Jesu: „Und Jesus kehrte in der Kraft des Geistes zurück nach Galiläa, und ein Ruf ging aus durch das ganze Umland über ihn.“ Damit fügt Lukas Galiläa ganz betont in die Motivlinie der Wirksamkeit des Geistes ein und setzt sie sofort mit der geisterfüllten ‚Antrittspredigt‘ Jesu in der Synagoge seines Heimatortes Nazaret fort. Matthäus wiederum belässt es nicht nur bei der Rückkehrnotiz, sondern fügt auch noch die Übersiedlung von Nazaret nach Kafarnaum an (4,13), um dann mit Jes 8,23 sein letztes großes Erfüllungszitat im Eingangsteil zu platzieren: Licht / Heil für Galiläa im Kreis der Völker! Auch nach diesen erzähltechnisch wichtigen Signalen wird Galiläa weiter beim Namen genannt. Jesus predigt in den Synagogen von „ganz Galiläa“ und erwirbt sich damit einen Ruf „in der ganzen Umgegend von Galiläa“ (Mk 1,28.39). Noch kompakter wird dieser Zusammenhang in Mt 4,23–25 ––––––––––––– 139 Die diffizile Wechselbeziehung zwischen dem Offenbarungsgeschehen und seiner Lokalisierung ist im Anschluss an E. Lohmeyer ausgearbeitet worden von W. Schmauch, Orte der Offenbarung und der Offenbarungsort im Neuen Testament, Berlin 1956. 140 Die Reise geht vom Heimatort Nazaret nach Betlehem, von da zum Tempel und wieder nach Hause; als fromme Juden ziehen die Eltern zu den Wallfahrtsfesten nach Jerusalem (so die Wendung ƯƦƷʽ Ʒ˅ ɭƭƳƵ Ʒ̏Ƶ ɪƳƴƷ̏Ƶ in Lk 2,42). Für Matthäus ist Nazaret nicht der ursprüngliche Heimat-, sondern der aus Sicherheitsgründen gewählte Zufluchtsort (Mt 2,23).

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dargestellt: „Und er zog umher in ganz Galiläa, lehrend in ihren Synagogen ...“ Lk 4,37.44 ist ebenso an den Synagogen Galiläas als ersten Orten der Verkündigung Jesu interessiert. Einige Wundererzählungen werden ausdrücklich in Galiläa lokalisiert.141 Das „Land der Gerasener“, zu dem Jesus mit dem Boot aufbricht, liegt auf der „Gegenseite von Galiläa“ (Lk 8,26). Die erste Leidensankündigung hat ihren Ort nahe Cäsarea Philippi als dem nördlichsten Punkt in Bezug auf Jerusalem (im Kontext des Petrusbekenntnisses ebd. Mk 8,27; Mt 16,13); die zweite Leidensankündigung erfolgt noch einmal ausdrücklich „in Galiläa“ (Mk 9,30; Mt 17,22). Verglichen mit dem Anfang der galiläischen Wirksamkeit kommt das Ende dann nur nebenbei zur Sprache. Hier dominieren Signale, die nun schon den Weg nach Jerusalem betreffen. Allein Matthäus markiert den entscheidenden Punkt in 19,1: „Als Jesus diese Worte beendet hatte, zog er weg von Galiläa und kam in die Gebiete Judäas jenseits des Jordan.“ Beim Einzug in Jerusalem klingt die Erinnerung noch einmal an: „Die Menge aber sagte: Das ist der Prophet Jesus aus Nazaret in Galiläa!“ (Mt 21,11). Ein eigenständiges Profil haben die Ortswechsel im Johannesevangelium. Auch hier findet man Jesus zuerst am Jordan bei Johannes, wo außer seiner Taufe auch die ersten Jüngerberufungen stattfinden. Noch während der Berufungsszenen fällt der Entschluss, „nach Galiläa“ zu gehen (Joh 1,43). Von dort aus reist Jesus im Ganzen vier Mal nach Jerusalem: In 2,13 zieht er zum Passafest nach Jerusalem; in 5,1 ist ein Fest unbestimmten Charakters in Jerusalem sein Ziel; in 7,10 begibt er sich nach anfänglichem Zögern und gleichsam inkognito zum Laubhüttenfest; 12,12–19 schildert mit dem Einzug in Jerusalem schließlich die letzte Reise zu seiner ‚Erhöhung‘. Zwischen diesen Jerusalemreisen wird die Rückkehr immer wieder mit der Zielangabe „Galiläa“ versehen. Nach 4,3 „verließ er Judäa und zog wieder nach Galiläa“, was nach dem Zwischenaufenthalt in Samarien in 4,43 noch einmal aufgenommen wird: „Nach zwei Tagen zog er von dort weg nach Galiläa.“ Dabei wird die Ankunft nach diesem ersten Jerusalemaufenthalt besonders hervorgehoben: „Als er nun nach Galiläa kam, nahmen ihn die Galiläer auf, weil sie alles, was er in Jerusalem am Fest tat, gesehen hatten“ (4,45).142 Die folgende Wundererzählung wird ausdrücklich durch den Verweis auf Jesu Kommen aus Judäa nach Galiläa gerahmt.143 Nach dem zweiten Jerusalemaufenthalt fährt Jesus in 6,1 „über das galiläische Meer“ an das Ostufer und zieht ab 7,1 in Galiläa umher. Bei seinem dritten Jerusalemaufenthalt wird er dezidiert mit seiner ––––––––––––– 141 Lk 4,31 (Exorzismus am Sabbat); Lk 5,17 (Heilung eines Gelähmten). 142 In der Folge wird an das Weinwunder in „Kana in Galiläa“ erinnert (4,46). 143 Die Heilung des Sohnes des königlichen Beamten beginnt in 4,47: „Als dieser hörte,

dass Jesus aus Judäa nach Galiläa gekommen war ...“, und endet in 4,54: „Dies ist nun das zweite Zeichen, das Jesus tat, als er aus Judäa nach Galiläa kam.“

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galiläischen Herkunft konfrontiert (s. oben II 1.2). Merkwürdig bleibt sein Rückzug in die Stadt Ephraim nahe der Wüste (11,54), von wo aus schließlich über Betanien der letzte Zug Jesu nach Jerusalem beginnt.144 Die Landschaften Galiläa und Judäa rücken durch dieses bewegte Hin und Her näher zusammen. Auch zwei der ersten Anhänger – Philippus aus Betsaida in Galiläa (1,44; 12,21) und Nathanael aus Kana in Galiläa (21,2) – trifft Jesus schon beim Täufer in Judäa (1,43.45). Die Mobilität eines galiläischen Wanderpredigers lässt sich anhand der Verkehrswege, wie Josephus sie beschreibt, leicht nachvollziehen. Als Abgesandter der Jerusalemer begibt sich Josephus selbst nach Galiläa (Vita 30), wo er ständig unterwegs ist – meist in der Gegend von Untergaliläa.145 Vor allem aber ist er aufgrund militärstrategischer Erfordernisse an den verkehrstechnischen Möglichkeiten interessiert und beschreibt in allen seinen Werken Truppenbewegungen mit der Angabe von Entfernungen und Reisezeiten. Ein anschauliches Beispiel liefert dafür die Episode in Vita 155–178: Josephus reist von Tiberias nach Tarichaeae, was 30 Stadien entfernt liegt; währenddessen fällt die Bevölkerung von ihm ab, da sie auf der Straße, die an Tiberias vorbeiführt, römische Reiter sichtet; Josephus hat seine Truppe gerade entlassen, da der folgende Tag ein Sabbat ist; so ersinnt er eine List und fährt mit allen verfügbaren Booten die Küste entlang wieder zurück nach Tiberias, den Eindruck erweckend, die Boote seien voll besetzt; daraufhin lenken die Bewohner ein und stellen überdies Geiseln. Diese wie viele andere Episoden lassen gut erschlossene, schnelle Verbindungen unter Einbeziehung des Sees Gennesaret erkennen. Galiläa ist nach der Schilderung des Josephus kein schwer zugänglicher Winkel, sondern eine aus allen Richtungen leicht erreichbare, ringsum durch Wege vernetzte Region. Eine besondere, von den Wechselfällen des Krieges unabhängige Bedeutung haben die Ortswechsel bei Josephus jedoch nicht. 4. Ereignisse 4.1 Das Blutbad des Pilatus unter den Galiläern Lk 13,1–3 Unter den zeitgeschichtlichen Anspielungen des Lukas hat dieser Abschnitt eine besondere Faszination. Er erweckt den Eindruck, ein allgemein bekanntes, spektakuläres Ereignis aufzugreifen – lässt aber nahezu alle Details offen, die dabei von Interesse wären. Formal handelt es sich um eine Chrie, ––––––––––––– 144 Der Ort, vermutlich das heutige et-Tajbe, liegt am nordöstlichen Rand des damaligen Judäa. Es ist ein Rückzug auf kurze Distanz, den Johannes beschreibt. Vgl. P. Katz, Wieso gerade nach Efrajim? (Erwägungen zu Jh 11,54), ZNW 88, 1997, 130–134. 145 Die Wege im Einzelnen nachzuzeichnen ist hier nicht möglich und nötig.

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die aus zwei parallel konstruierten Teilen besteht.146 Als Problem erscheint in der lehrhaften Antwort Jesu der Zusammenhang von Unglück und persönlicher Schuld. Zunächst wird das erste Beispiel an Jesus herangetragen – es handelt sich um eine Gewalttat des Pilatus, die wohl gerade in aller Munde ist. Das zweite Beispiel fügt Jesus selbst hinzu – diesmal handelt es sich um den Einsturz eines Turmes in Jerusalem, der 18 Menschen das Leben kostet.147 Sind beide Ereignisse etwa als eine Strafe Gottes für verborgene Schuld zu verstehen – eine Schuld, die größer wäre als die anderer Menschen? Nein, lautet die Antwort. Aber das unverhoffte Ende der Betroffenen stellt die Dringlichkeit der Umkehr vor Augen. Offenkundig ist an dem ersten Beispiel, dass die Galiläer völlig wertfrei eingeführt werden. Sie stehen nicht etwa im Gegensatz zu den Bewohnern Jerusalems, sondern die wenigen getöteten Galiläer werden mit der Menge aller übrigen Galiläer verglichen. Ihr Ziel war es, im Tempel zu opfern, so wie das unzählige galiläische Pilger zu den großen Wallfahrtsfesten immer wieder ganz selbstverständlich tun.148 Sie erscheinen als Fromme, deren Ermordung irritiert. Sollte die Vorstellung dahin gehen, dass sie während der Opferhandlung von den Soldaten des Pilatus niedergemacht wurden,149 dann wäre die Schandtat besonders abscheulich – während einer frommen Handlung an einem heiligen Ort! Genau davon werden ja auch die Fragenden umgetrieben: Gibt es eine tiefere Ursache für das grausame Ende dieser Galiläer, das ansonsten sinnlos und unbegreiflich erschiene? Unklar bleibt vor allem der Anlass für dieses Blutbad. Die theologische Problematik lässt ein konkretes Verschulden oder irgendeine Provokation von Seiten jener Galiläer gar nicht zu, so dass nur ein Willkürakt des Pilatus anzunehmen ist. Fragt man nach den historischen Bedingungen, dann drängt sich das Eingreifen der römischen Besatzungsmacht zur Verhinderung von Un-

––––––––––––– 146 Vgl. H.-K. Harmansa, Die Zeit der Entscheidung. Lk 13,1–9 als Beispiel für das lukanische Verständnis der Gerichtspredigt Jesu an Israel, EThSt 69, Leipzig 1995. 147 Obwohl beide Ereignisse in Jerusalem lokalisiert sind, betrifft das eine ausdrücklich Galiläer, das andere aber offensichtlich Judäer. Die Parallelität erweckt den Eindruck gewollter Parität. 148 Vgl. S. Freyne, Galilee-Jerusalem Relations According to Josephus’ Life, NTS 33, 1987, 600–609, der hier die engen wechselseitigen Beziehungen zwischen Jerusalem und Galiläa in administrativer und kultischer Hinsicht beschreibt. Galiläische Festpilger nennt Josephus in Ant XVII 254; XX 118. 149 Das legt sich aufgrund der Wendung nahe, Pilatus habe ihr Blut „mit ihren Opfern vermischt“ (= mit dem Blut ihrer Opfertiere). Josephus, Bell II 30, berichtet von einem Blutbad des Archelaos im Tempel, bei dem die Leute „erbarmungslos neben ihren Opfern niedergehauen“ wurden. Zu den verschiedenen Deutungen vgl. J. Blinzler, Die Niedermetzlung von Galiläern durch Pilatus, NT 2, 1958, 24–49, der hier den Vortag eines Passafestes annimmt, an dem die Pilger die Schlachtung der Opfertiere selbst vornehmen durften (31).

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ruhen als nächstliegende Erklärung auf. Das Bild, das Lukas ansonsten im Zusammenhang des Prozesses Jesu von Pilatus zeichnet,150 lässt ihn auch eher als einen Vertreter der Ordnungsmacht erscheinen. Hier besteht eine Spannung zwischen politisch verantwortlichem Handeln auf der einen und unkontrollierter Grausamkeit auf der anderen Seite. Das historische Ereignis im Hintergrund dieses theologisch reflektierten Exempels lässt sich nicht mehr ermitteln. Josephus, der ansonsten von Pilatus viele Einzelheiten zu berichten weiß, schweigt über ein solches spektakuläres Blutbad. Es hat deshalb nicht an Versuchen gefehlt, die Episode aus Lk 13,1 in irgendeinem anderen von Josephus berichteten Ereignis wiederzufinden. Die einzige Analogie bestünde freilich in dem Blutbad, das Pilatus im Jahre 35 unter Samaritanern auf dem Garizim anrichtet und das letztlich zu seiner Abberufung aus Judäa führt (Ant XVIII 86–89).151 Mit Jerusalem verbunden sind die Metzeleien, derer sich Archelaos im Jahre 4 v. Chr. nach dem Tod seines Vaters schuldig macht (Bell II 13 / Ant XVII 16).152 Beliebt ist auch die These, dass hinter den Galiläern in Lk 13,1 zelotische Aufständische sichtbar würden, die – in welcher Mission auch immer in Jerusalem unterwegs – von Pilatus als Gefahr erkannt und beseitigt worden wären.153 Doch gerade diese letzte Deutung lässt sich mit Josephus nicht belegen, für den der Begriff „Galiläer“ eben kein Synonym für „Zeloten“ ist und der in dieser Hinsicht sehr genau zu differenzieren vermag.154 Allein die Gefahr, der galiläische Festpilger auf dem Weg nach Jerusalem gelegentlich ausgesetzt waren, wird von Josephus durch zwei Episoden bestätigt.155 Sehr viel aufschlussreicher als diese Suche nach einem konkreten Haftpunkt ist das Charakterbild, das Josephus insgesamt von Pilatus zeichnet. Es wird dem Prokurator Judäas wohl sehr viel eher gerecht als die Darstellung der Evangelien, die aus missionsstrategischen Gründen an einer Entlastung der Römer im Prozess Jesu interessiert sind. Bei Josephus tritt Pilatus nicht als

––––––––––––– 150 E. Häusler, Kapitalprozesse im lukanischen Doppelwerk. Die Verfahren gegen Jesus und Paulus in rechtshistorischer Analyse, NTA 38, Münster 2000, weist in der redaktionellen Bearbeitung des Lukas das Bemühen nach, vor allem den Prozess Jesu als ein den römischen Rechtsnormen genügendes, korrektes Verfahren darzustellen. 151 R. Egger, Josephus Flavius und die Samaritaner. Eine terminologische Untersuchung zur Identitätsklärung der Samaritaner, OBO 4, Fribourg / Göttingen 1986, 128–140. 152 M. Vogel, Herodes. König der Juden, Freund der Römer, Biblische Gestalten 5, Leipzig 2002, 273–291. 153 So Zeitlin, Galileans (s. Anm. 91). 154 Ausführlich Freyne, Galileans (s. Anm. 3). 155 Während der Caligulakrise (Bell II 192–203 / Ant XIX 261–309) scheinen auch Galiläer ihr Leben für die Verteidigung des Tempels eingesetzt zu haben – so Chancey, Myth (s. Anm. 2), 54. Nach Bell II 232–235 / Ant XX 118–136 besteht die Gefahr für die galiläischen Jerusalempilger in der Feindseligkeit der Samaritaner.

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ein nachdenklicher, vom eigenen Gewissen und den Bedenken seiner Frau berührter Staatsmann,156 sondern als ein brutaler, skrupelloser Machtmensch in den Blick.157 Mit einem Blutbad führt er sich in Judäa ein (Bell II 175– 177 / Ant XVIII 60–62),158 mit einem Blutbad nimmt er schließlich seinen Abschied (Ant XVIII 85–89). Auch wenn die Episode aus Lk 13,1 von Josephus nicht berichtet wird, stimmt sie doch mit dessen Pilatusbild auffallend gut überein. Ein anderer Gedanke, der Josephus intensiv beschäftigt, trägt ebenso zur Erhellung von Lk 13,1–3 bei. Inwiefern zieht Schuld die Strafe Gottes nach sich? Für Josephus ist diese Frage da von Bedeutung, wo er als Theologe um ein Verständnis der Tempelzerstörung ringt.159 Grundsätzlich ist Josephus bemüht, die Römer im Blick auf die Zerstörung Jerusalems zu entlasten. Titus habe die Belagerung immer wieder hinausgezögert, um den Aufrührern die Chance der Kapitulation einzuräumen.160 Zur gewaltsamen Eroberung sei er nur durch die Unbeugsamkeit der Aufständischen genötigt worden.161 Die Eigendynamik, die die Ereignisse dann durch den Hass der Legionäre entwickeln, habe Titus nicht mehr aufhalten können.162 So sieht Josephus die Hauptschuld bei den Aufrührern, die sich nicht nur zu Unrecht gegen die römische Herrschaft empört, sondern die auch noch das ganze Tempelareal durch ihre Schandtaten verunreinigt hätten.163 Deshalb ist es für Josephus auch nicht der römischen Aktivität zuzuschreiben, dass schließlich der Tempel in Flammen aufgeht – sondern Gott selbst, der sein Heiligtum verlässt und den Feinden seines Volkes preisgibt.164 Die grausamen Metzeleien und

––––––––––––– 156 So zeichnen ihn vor allem Matthäus und Lukas. Die Legende hat dieses Charakterbild dankbar aufgegriffen und Pilatus schließlich zu einem Heiligen gemacht. In der Belletristik ist der schwankende, dem zu verurteilenden Jesus zugeneigte Charakter bis heute sehr beliebt. Vgl. insgesamt in diesem Band J. Herzer, Zwischen Loyalität und Machtstreben. 157 Darin stimmt Josephus auch mit der Darstellung Philos in LegGai 38 überein. 158 In der unmittelbar zuvor berichteten Standartenaffäre, bei der die Legionäre schon blankgezogen haben (Bell II 169–174 / Ant XVIII 55–59), lässt er sich noch einmal umstimmen; in der folgenden Episode demonstriert er jedoch Stärke. 159 Zum Zusammenhang vgl. H.-M. Döpp, Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Zweiten Tempels im Jahre 70 in den ersten drei Jahrhunderten n. Chr., TANZ 24, Tübingen / Basel 1998; H. Lichtenberger, Der Mythos von der Unzerstörbarkeit des Tempels, in: Zerstörungen des Jerusalemer Tempels. Geschehen – Wahrnehmung – Bewältigung, hg. v. J. Hahn, WUNT 147, Tübingen 2002, 92–107. 160 Bell I Proöm 10; Bell VI 215.237–242.254–258.261f. 161 Vgl. die vergebliche Rede des Josephus an die Belagerten Bell V 364–367; zur Schuld der Aufständischen Bell VI 251 u. ö. 162 Bell VI 263–266. 163 Dieser Gedanke zieht sich wie ein cantus firmus durch den ganzen Bericht: vgl. z. B. Bell IV 318; Bell V 401. 164 Bell V 395f.566; Bell VI 310; Bell VII 327f.331ff.

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Blutbäder, die von den Soldaten angerichtet werden, erscheinen damit als Strafe Gottes an den Verteidigern des Tempels für deren zuvor begangenes Unrecht. Steht eine solche Sicht hinter allen Ereignissen, bei denen die römische Staatsmacht von ihrer militärischen bzw. polizeilichen Gewalt Gebrauch macht? Sicher nicht. Josephus weiß im Vorfeld des Krieges auch von Übergriffen und provozierenden Willkürakten der Legionäre zu berichten. Aber die Grundlinie folgt dem Gedanken, dass die Gewalttaten der Römer als ein von Gott zugelassenes Gerichtshandeln zu betrachten sind. In Lk 13,1–3 wird, obwohl es sich um einen Willkürakt des Pilatus handelt, dennoch die Frage nach der Schuld gestellt – und damit vom konkreten Vorfall abgelöst. 4.2 Der Aufruhr des Judas Galilaios Act 5,37 Eindeutig zu bestimmen sind die zeitgeschichtlichen Anspielungen, die in der Episode vom Rat des Gamaliel Act 5,34–39 vorliegen. Von ihnen ist nur die zweite, die sich auf Judas Galilaios bezieht, für den vorliegenden Zusammenhang von Interesse.165 Die Funktion dieser kleinen, aber belangvollen Szene ist klar: Gamaliel rät dem Synedrion, Gott allein die Regie hinsichtlich der christlichen Gemeinde in Jerusalem zu überlassen. Denn entweder macht sich das Synedrion in dieser Angelegenheit schuldig, oder es betreibt nur unnötigen Aufwand. Vor allem Letzteres soll die Adressaten überzeugen. Dafür liefert Gamaliel zwei Beispiele von gescheiterten Aufstandsbewegungen: der des Theudas und der des Judas Galilaios.166 Beide Beispiele offenbaren die Außenwahrnehmung der Jerusalemer Gemeinde. Sie gerät in das Licht eines religiös motivierten, politisch effektiven Aufruhrs.167 Gemeinsam ist den Aufständen des Theudas und des Judas Galilaios, dass einem großen Anfang ein klägliches Ende folgte. Von Theudas ist das Ende bekannt, von Judas Galilaios nicht. Aber es geht dem Beispiel auch weniger um die Anführer als um die Bewegungen, die sie hervorrufen. Andernfalls müsste man eine Analogie schon zur Jesusbewegung sehen, die ebenfalls in die schändliche Kreuzigung ihres Anführers einmündete. Was jedoch im Synedrion Handlungsbedarf signalisiert, ist gerade das erfolgreiche Wachstum dieser Bewegung über den Tod Jesu hinaus. Die Jerusalemer Gemeinde wird zu einem Fall für sich, der noch einmal neu in das Licht jener ––––––––––––– 165 Zum Aufruhr des Theudas vgl. Josephus, Ant XX 97–99. 166 Kein Kommentar versäumt es, auf die vertauschte Reihenfolge hinzuweisen: Der Auf-

stand des Theudas erfolgte erst ca. 44 n. Chr., die Umtriebe des Judas Galilaios indessen schon um 6 n. Chr. 167 Dieses Odium haftet der Jesusbewegung schon in der Schilderung des Prozesses Jesu an: Nach Lk 23,6 etwa lautet die Anklage vor Pilatus, Jesus wiegele das Volk auf „von Galiläa bis hierher“, woraufhin sich Pilatus angelegentlich erkundigt, ob dieser denn ein Galiläer sei? ‚Aufruhr‘ ist auch die plausibelste Begründung für das römische Todesurteil.

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historischen Analogien gestellt wird. Die Vergleichbarkeit ist in besonderer Weise gegenüber Judas Galilaios gegeben: Er stammt aus Galiläa, wie Jesus auch; die Geschichte der Zeloten und die Geschichte Jesu sind grundlegend mit dem Zensus des Quirinius verbunden; die Bewegung des Judas dringt bis nach Jerusalem vor, wo auch die christliche Gemeinde eines ihrer neuen Zentren findet; beide Bewegungen zielen darauf ab, das ganze Volk zu erreichen; Grundlage ist ein klares theologisches Programm, in dessen Zentrum die Durchsetzung der Gottesherrschaft steht. Der Schluss liegt nahe, auch die christliche Gemeinde Jerusalems in die Ecke einer Protestbewegung zu stellen. Solche Beobachtungen erhalten weitere Nahrung, wenn man die Anwesenheit eines „Simon Zelotes“ im Zwölferkreis um Jesus wahrnimmt168 oder an die Art der Kreuzigung Jesu zwischen zwei „ư̍ƶƷƦ˄ / Räubern“ denkt, nachdem ihm ein anderer „ư̍ƶƷ˂Ƶ / Räuber“ bei der Passaamnestie vorgezogen wurde. Hier hilft Josephus, das Bild zu klären. Den Zeloten bescheinigt er den Charakter einer theologisch fundierten Bewegung, die nicht auf ihre politischen Ziele reduziert werden kann. Ihr Gegensatz zum römischen Staat lässt sie jedoch als eine Gefahr erscheinen, die es zu bekämpfen gilt. In dieses Licht rücken die Zeloten auch da, wo Josephus – in römischer Perspektive – für sie die Bezeichnung „Räuber“ gebraucht.169 Insgesamt zeigt er jedoch eine merkwürdig ambivalente Haltung: Einerseits fallen alle Aufrührer gegen die römische Herrschaft unter das Urteil, die gegebene Ordnung zu gefährden; andererseits weiß er immer wieder ihren „Eifer“ als kompromisslose Treue zur Tora positiv zu bewerten.170 In die Katastrophe des Jahres 70 steuern sie aufgrund interner Rivalitäten und eigennütziger Motive, so dass Gott ihnen den Beistand versagt.171 Die Jesusgeschichte kann Anklänge an die zelotische Bewegung nicht völlig vermeiden. Aber wenn es auch manche theologischen Übereinstimmungen geben mag – politisch sind beide unvereinbar. Das stärkste Signal setzt in dieser Hinsicht das Streitgespräch über die Steuermünze (Mk 12,13– 17 / Mt 22,15–22 / Lk 20,20–26). Jesus, der auf das Glatteis zelotischer Steuerverweigerung gelockt werden soll, entzieht sich geschickt jeder politischen Vereinnahmung. Er ist kein galiläischer Aufrührer, der sich durch regionalpolitische Konflikte auf den Plan gerufen fühlt. Die Gottesherrschaft

––––––––––––– 168 So in Lk 6,15 / Act 1,13; Mk 3,18 / Mt 10,4 haben mit „Kananäus“ das entsprechende hebräische Äquivalent. 169 Hengel, Zeloten (s. Anm. 93), 42–47. 170 Hengel, Zeloten (s. Anm. 93), 79–150. 171 Z. B. Bell V 401–407; V 566; VII 327–330; vgl. auch Döpp, Deutung (s. Anm. 159), 219–232.

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hat in der Botschaft Jesu eine andere Dimension als in dem Entwurf einer theokratischen Neuordnung Israels durch Judas Galilaios.

III. Schluss Galiläa und seine Besonderheiten erweisen sich im Licht der Evangelienüberlieferung als vielschichtig. Auch Josephus spiegelt eine solche Vielschichtigkeit wider. Jesus von Nazaret gewinnt seine Bedeutung nicht aus der Tatsache seiner galiläischen Herkunft – vielmehr ist Galiläa erst durch die Ereignisse der Jesusgeschichte Teil eines geographischen Symbolsystems geworden. Ähnlich steht es mit Josephus, der allein aufgrund der politischen und militärstrategischen Rolle Galiläas dieser Region seine besondere Aufmerksamkeit schenkt. Der Regionalismus, der dabei sichtbar wird, erscheint als ambivalente Größe. An der engen Verbindung mit Jerusalem und Judäa bzw. an der jüdischen Identität der Bevölkerung in Galiläa kann kein Zweifel bestehen. Besonderheiten zeichnen sich vor allem aufgrund der geographisch-topographischen Situation ab. Das religiöse Profil ist durch die Bindung an Tempel und Tora wie durch die Konfrontation mit nichtjüdischen Nachbarn gleichermaßen bestimmt. Der „Kreis der Völker“ lässt Galiläa zu einer Region werden, von der aus die Vermittlung jüdischer Glaubenstradition und die Verkündigung des Evangeliums ihren Ausgangspunkt nehmen. Alle Wertungen Galiläas, wie sie in der Jesusüberlieferung begegnen, sind aus der Tendenz bzw. aus dem jeweiligen Kontext zu erklären. Ob etwa aus Nazaret Gutes kommt, ist weniger eine Frage vorgegebener Konstellationen als eine Frage nachgeordneter Deutungen.

Antijudaismus und Apologetik Eine Lektüre des Titusbriefes vor dem Hintergrund der Apologie Contra Apionem des Flavius Josephus von

CHRISTINE GERBER Das letzte Werk des Flavius Josephus, Contra Apionem, ist unter den auf uns überkommenen Schriften des Frühjudentums einzigartig, ist es doch die einzige erhaltene Apologie, d. h. eine Schrift, die sich explizit die Aufgabe der Verteidigung des Judentums stellt.1 Sie repräsentiert damit eine Gattung und Argumentationskultur, die uns erst im nachneutestamentlichen Christentum literarisch wieder greifbar wird; Ap wurde gar Modell christlicher Apologien.2 Dennoch kann die Lektüre dieses Werkes das Verständnis der neu-

––––––––––––– 1 Vgl. zu Ap die Einleitungen von J. R. Levison / R. Wagner, Introduction. The Character and Context of Josephus’ Contra Apionem, in: L. H. Feldman u. a. (Hg.), Josephus’ Contra Apionem, AGJU 34, Leiden 1996, 1–48; Christine Gerber, Ein Bild des Judentums für Nichtjuden von Flavius Josephus. Untersuchungen zu seiner Schrift Contra Apionem, AGJU 40, Leiden u. a. 1997, 63–99; F. Siegert, Protreptik und Polemik bei Josephus. Eine Einleitung in sein Contra Apionem, in: P. W. van der Horst u. a. (Hg.), Persuasion and Dissuasion in Early Christianity, Ancient Judaism, and Hellenism, Contributions to Biblical Exegesis and Theology 33, Leuven 2003, 65–85; Dagmar Labow, Flavius Josephus Contra Apionem, Buch I. Einleitung, Text, Textkritischer Apparat, Übersetzung und Kommentar, BWANT 167, Stuttgart 2005, LXXXIIff; zur Frage der apologetischen Argumentation genauer M. Meiser, Frühjüdische und frühchristliche Apologetik, in: J. U. Kalms (Hg.), Internationales JosephusKolloquium Aarhus 1999, MJSt 6, Münster 2000, 155–184. Genaueren Aufschluss wird der Kommentar von J. Barclay in der von S. Mason herausgegebenen Reihe ‚Flavius Josephus. Translation and Commentary‘ geben, hier Bd. 10: Against Apion, Leiden 2006, der mir bei der Ausarbeitung leider noch nicht vorlag. 2 Zum Verhältnis frühchristlicher Apologetik zu Ap vgl. M. E. Hardwick, Contra Apionem and Christian Apologetics, in: Feldman u. a., Contra Apionem (s. Anm. 1), 369–402; W. Mizugaki, Origen and Josephus, in: L. H. Feldman u. a. (Hg.), Josephus, Judaism, and Christianity, Detroit 1987, 325–337; Meiser, Apologetik (s. Anm. 1). Hier ist nicht nur eine vergleichbare argumentative Strategie zu beobachten aufgrund sich entsprechender Vorwürfe (Altersfrage, Atheismus, Ethik), sondern auch eine direkte Benutzung von Ap, besonders durch Origenes in Contra Celsum (s. Mizugaki) und, als Letztem, der die Verwendung von Ap noch ‚nötig‘ hatte, Euseb (s. Hardwick a. a. O. 384–396.400). Bezeichnend

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testamentlichen Schriften befördern. Ich möchte dies beispielhaft im Blick auf den Titusbrief diskutieren, und zwar mit Bezug auf antijudaistische Vorwürfe und ihre Abwehr einerseits, ihre Funktionalisierung als eine Spielart ethnischer Stereotypisierung andererseits. Eine vergleichende Lektüre von Ap und dem wohl nur wenig später entstandenen pseudopaulinischen Tit zeigt, so meine These, dass der Brief entsprechende Topoi und vergleichbare Strategien verwendet, aber mit einer entgegengesetzten Haltung zum Judentum: Während Ap Apologetik gegen Antijudaismus entfaltet, verwendet Tit antijudaistische Stereotypen zur eigenen Profilierung.

I. Contra Apionem als Apologie gegen Antijudaismus 1. Contra Apionem als Apologie Auch wenn viele frühjüdische Schriften als ‚apologetisch‘ gelten, da sie offenbar mit Rücksicht auf ein negativ voreingenommenes nichtjüdisches Publikum geschrieben wurden,3 ist Ap die einzige vollständig erhaltene Schrift, die sich ausdrücklich als Verteidigung des Judentums ausgibt und Vorwürfe zitiert und repliziert. Dazu lehnt sie sich an vor Gericht gehaltene Verteidigungsreden an, indem sie die Szenerie von Anklägern, Zeugen und Angeklagten imaginiert.4 Das explizit genannte Ziel der Schrift ist der Nach-

––––––––––––– für die Rezeption von Josephus – aber in dieser Literatur nicht vermerkt – ist, dass Ap und sein sonstiges Œuvre in der frühchristlichen apologetischen Literatur, die sich an Juden und Jüdinnen wendet, nicht zitiert werden wie Justin, dial. oder Tertullian, AdvJud. 3 Vgl. zur Diskussion Gerber, Bild (s. Anm. 1), 29f; zu den Implikationen dieser Beschreibung A. J. Droge, Josephus Between Greeks and Barbarians, in: Feldman (Hg.), Contra Apionem (s. Anm. 1), 115–142: 115 Anm. 1. 4 Vgl. im Detail Gerber, Bild (s. Anm. 1), 78–93, bes. 80f, zur Bezeichnung als ‚Apologie‘ und der Anlehnung an vor Gericht gehaltene Verteidigungsreden; vgl. auch A. Kasher, Polemic and Apologetic Methods of Writing in Contra Apionem, in: Feldman (Hg.), Contra Apionem (s. Anm. 1), 143–186: 170f („model of legal debate“). Dass die Gattung der Apologie im engeren Sinne das ganze Werk präge, bestreitet aber D. Dormeyer, Des Josephus zwei suasoriae (Übungsreden) „Über das Volk der Juden“. Die beiden Vorworte (Proömien) C 1:1–5; 2:1–7 und die beiden Vorworte Lk 1,1–4; Act 1,1–14, in: J. U. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Amsterdam 2000, MJSt 10, Münster 2001, 241–261, bes. 245. In Ap I handele es sich nicht um eine Gerichtsrede, da es nicht um spezifisch judenfeindliche Vorwürfe gehe, sondern um auch sonst geführte Diskussionen um die richtige Geschichtsschreibung (a. a. O. 244); was apologetisch wirke, sei eigentlich Aspekt der pathetischen Geschichtsschreibung (a. a. O. 245). Ap sei insgesamt nur im weiteren Sinne als Apologie zu bezeichnen. Doch auch die Fragen der Historiographie werden von Josephus gerade als Fragen der Wahrnehmung „unseres Volkes“ angesprochen (s. Ʒ˅ ƨˀƱƳƵ ɶμ̹Ʊ I 2 sowie die durchgängige 1. Pers. Pl., die das jüdische Volk der Gegenwart mit dem der Vergangenheit identifiziert, anders etwa als die griechische ethnographische Geschichtsschrei-

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weis des hohen Alters des Judentums und die Widerlegung der Vorwürfe (I 1–5; II 287–295). Widmungsträger Epaphroditus und mit ihm die Leserinnen und Leser werden angesprochen als interessierte Wahrheitsliebende,5 also ‚Prozessbeobachter‘ – die Position des Richters schreibt Josephus wohlweislich keinem Menschen zu.6 Eine Liste der wichtigsten Vorwürfe, die Josephus widerlegt, verdeutlicht den apologetischen Auftrag der Schrift: Josephus kolportiert neben dem Zweifel am hohen Alter des Judentums (I 2) den Vorwurf, die Juden stammten von Ägyptern ab, genauerhin von kranken (I 229.288–292.305; vgl. II 8.289). Mose wird vorgeworfen, er habe geboten, anderen Feind zu sein (I 239.249.261.309), die Jüdinnen und Juden seien daher zu Menschenfeindlichkeit verpflichtet (II 95.121.145.148). Dieser Vorwurf gipfelt in der Behauptung, sie würden jährlich einen Griechen mästen und opfern (II 91–96). Die Beschneidung wird verunglimpft (II 137). Den Gesetzen wird insgesamt unterstellt, dass sie Schlechtigkeit und Gottlosigkeit lehren (II 145.148), den Juden, dass sie keine Erfindungen zur Menschheitsgeschichte beigetragen hätten (II 135.148, vgl. II 295). Es fällt allerdings auch bei oberflächlicher Lektüre auf, dass die Argumentation der Schrift sich nicht mit der Widerlegung von Vorurteilen bescheidet. Im letzten Teil des Werkes (II 145ff) greift Josephus zu der – auch im Rahmen einer Verteidigungsrede möglichen – positiven Selbstdarstellung als der stärksten Form der Verteidigung.7 Folgt man deren Argumenten, dann ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Gesetzgebung des Mose die beste aller möglichen ‚Verfassungen‘ ist – diese Schlussfolgerung wird allerdings nicht ausgesprochen.8 Mit Steve Mason kann man Ap als Werbeschrift für das Judentum verstehen mit der Botschaft: „It is a way of life that is vastly superior to any other, and it welcomes converts.“9 Die implizite Pragmatik ver––––––––––––– bung über andere Völker). So behandelt auch Ap I durchaus spezifisch antijüdische Stereotype (gegen Dormeyer a. a. O. 245.249). 5 II 296; vgl. I 1.3; II 1. 6 Vgl. Gerber, Bild (s. Anm. 1), 89f; anders allerdings Kasher, Polemic (s. Anm. 4), der die Verleumder des Judentums als Zielpublikum sieht (151f) und „his readers as sworn judges“ (171). 7 Vgl. II 147 und Gerber, Bild (s. Anm. 1), 85–88, zu Vorbildern für die positive Selbstdarstellung innerhalb einer Verteidigungsrede. 8 Vgl. zur Argumentation in Ap II 145–189 und ihren impliziten und expliziten Ergebnissen Gerber, Bild (s. Anm. 1), 133ff; zu dem in den rhetorischen Fragen von II 184ff nahe gelegten Ergebnis, dass das Judentum die beste aller möglichen Verfassungen ist, s. a. a. O. 168–170. 9 So S. Mason, The Contra Apionem in Social and Literary Context. An Invitation to Judean Philosophy, in: Feldman (Hg.), Contra Apionem (s. Anm. 1), 187–228: 212, vor allem mit Bezug auf Ap II 145ff. Er deutet Ap als logos protreptikos, also eine philosophische Werbeschrift (216ff), die allerdings nicht durch formale Merkmale ausgewiesen ist (218). Die

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steckt sich allerdings bewusst hinter der apologetischen Gattung. Josephus nutzt die judenfeindlichen Vorurteile als Legitimation seiner Darstellung von der Überlegenheit des Judentums. Das wird besonders deutlich daran, dass er gelegentlich Aussagen Apions als judenfeindliche Vorwürfe anführt, obwohl diese überhaupt nichts erkennbar Negatives benennen (so II 33.50f.60f). Die Argumente, mit denen Josephus überzeugen will, zeigen, wer seine intendierten Leserinnen und Leser sind: Nichtjuden, die insbesondere römische Werte und Ethos teilen,10 der griechischen Philosophie gegenüber aufgeschlossen sind und dabei von der Einzigkeit Gottes ausgehen. Mit seinem Werk gibt er aber auch Jüdinnen und Juden die Möglichkeit, ein Selbstverständnis in einer feindlich gesonnenen Umwelt zu formulieren.11 Ap verbindet also verschiedene Intentionen: Apologetik, Selbstexploration und Werbung; Josephus betreibt – heutzutage höchst geschätzt – multitasking.12

––––––––––––– Parallelen zu anderen Schriften, die Mason nennt, liegen m. E. in der Topik, die nicht spezifisch ist für eine Gattung, sondern für Argumentationen in diesem kulturellen Rahmen. (Vgl. zur Kritik auch J. M. G. Barclay, Josephus v. Apion, Analysis of an Argument, in: S. Mason [Hg.], Understanding Josephus. Seven Perspectives, JSPE.S 32, Sheffield 1998, 194–221: 198f). Vgl. weiter Dormeyer, Suasoriae (s. Anm. 4), wonach die beiden Bücher zwei suasoriae sind, Übungsreden für die beratende (Buch 1) und die apologetische (Buch 2) Rede. Eine epideiktische Funktion unterstreichen hingegen D. L. Balch, Two Apologetic Encomia. Dionysius on Rome and Josephus on the Jews, JSJ 13, 1982, 102–122, in Bezug auf Ap II 145ff (ein „apologetic encomion“); Barclay a. a. O. 194–221: 197ff, und Doris Lambers-Petry, Proselytenwerbung bei Josephus? Überlegungen zur Absicht der Schrift Contra Apionem, in: Kalms (Hg.), Josephus-Kolloquium 2000 (s. Anm. 4), 223–238, die erwägt, dass Ap der Proselytenwerbung dienen sollte. Etwas anders urteilt Kasher, Polemic (s. Anm. 4), 153f, der Begriff ‚Mission‘ sei unangebracht, da ‚Proselytenmacherei‘ zur Zeit der Herrschaft des Domitian ganz unwahrscheinlich gewesen sei; passend sei die Bezeichnung ‚Propaganda‘. 10 Das hat G. Haaland, Jewish Laws for a Roman Audience. Toward an Understanding of Contra Apionem, in: J. U. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Brüssel 1998, MJSt 4, Münster 1999, 282–304, deutlich herausgearbeitet, und bestätigt wird dies von J. M. G. Barclay, Judaism in Roman Dress. Josephus’ Tactics in the Contra Apionem, in: Kalms (Hg.), Josephus-Kolloquium 1999 (s. Anm. 1), 231–245. Genauer als in meiner Untersuchung (Bild [s. Anm. 1], 89–91; vgl. auch noch Tessa Rajak, The Against Apion and the Continuities in Josephus’ Political Thought, in: Mason [Hg.], Josephus [s. Anm. 9], 222–246, die griechische Intellektuelle als Publikum sieht) ist hier zwischen griechischen und römischen Konzepten und Werten zu unterscheiden. 11 Vgl. in diesem Sinne Kasher, Polemic (s. Anm. 4), 151–157, der ganz verschiedene Zielgruppen der Schrift ausmacht, neben griechischen und römischen auch jüdische Leser (155–157). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Letzteren nicht angesprochen werden und nicht zur intendierten Leserschaft gehören (s. Gerber, Bild [s. Anm. 1], 90f). 12 Vgl. auch Dormeyer, Suasoriae (s. Anm. 4), 259, der zum Schluss seiner Untersuchung befindet: „Alle drei Zuordnungen von C[ontra Apionem] zur Beratungsrede, zur Apologie im weiteren Sinne und zur Lobrede haben ihre Berechtigung. Über das Mischungsverhältnis wird weiter zu diskutieren sein“. Es ist wohl zuerst zu diskutieren, ob sich Ap als Ganzes einem

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2. Strategien zur Verteidigung und zur Werbung in Contra Apionem Auf vielfältige Weise nutzt Josephus das argumentative und topische Arsenal, um diese Intentionen in seiner Schrift zu entfalten. Er zieht selbstverständlich rhetorische Mittel heran, um die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser zu erreichen und sie auf seine Seite zu ziehen.13 Mittels verschiedener argumentativer Strategien sucht er die Vorwürfe zu widerlegen.14 Seine wichtigste ist dabei, zur Legitimation möglichst nur Argumente heranzuziehen, die keine spezifisch jüdischen Überzeugungen oder die Akzeptanz jüdischer Daten und Werte voraussetzen.15 So führt er z. B. zum Beweis des hohen Alters des Judentums nicht die jüdischen Schriften an, deren sorgsame Überlieferung er gleichwohl betont (I 29–45), sondern nichtjüdische, zuerst ‚barbarische‘, um schließlich sogar mit griechischen Zeugnissen aufzutrumpfen (I 73–212). Mehrfach stellt er die Akzeptanz des Judentums durch politische Machthaber heraus,16 führt diese also als allgemein anerkannte Autorität an. Und er stellt das Judentum ahistorisch in politischen Kategorien dar als

––––––––––––– Genus oder einer Gattung zuordnen lässt und in welcher Hinsicht – gattungsmäßig, im Sinne rhetorischer Genera oder im Blick auf die Pragmatik. 13 Vgl. z. B. Kasher, Polemic (s. Anm. 4), 164ff, zur „technique of writing“ in Ap, 172–176 zu rhetorischen Fragen und deren Funktion; Barclay, Josephus v. Apion (s. Anm. 9), 200ff, beispielhaft zur rhetorischen Technik in der Auseinandersetzung mit Apion. Weitere solcher Aspekte sind etwa die Fiktion der Gerichtsverhandlung, bei der bewusst nicht die Verleumder adressiert werden, sondern die ‚Zuschauer‘ der Auseinandersetzung (s. o.); ferner Ironie, Polemik, Invektiven (Nachweise bei Gerber, Bild [s. Anm. 1], 83 mit Anm.) sowie die Ethos-Präsentation (Kasher a. a. O. 157ff). 14 Vgl. neben den im Folgenden genannten inhaltlichen Mitteln die exemplarische Analyse der Widerlegung Apions in Ap II 20–27 durch Barclay (Josephus v. Apion [s. Anm. 9], 206ff). Solche Mittel sind der Aufweis von internen Inkonsistenzen (a. a. O. 214f.217) bzw. von Widersprüchen zwischen den einzelnen ‚Gegnern‘ (s. Kasher, Polemic [s. Anm. 4], 167–169). Zur Widerlegung mittels allgemein anerkannter historiographischer Methoden vgl. weiter R. G. Hall, Josephus’ Contra Apionem and Historical Inquiry in the Roman Rhetorical Schools, in: Feldman (Hg.), Contra Apionem (s. Anm. 1), 229–249. Weitere Strategien sind, die Vorwürfe so zu reformulieren, dass sie sich ihrer Widerlegung anbieten, bzw. im Falle von Apollonius Molon (s. II 148) so, dass die Darstellung des Judentums als Widerlegung erscheint. Auch die Wahl politischer Kategorien wie Gesetzgebung, Verfassung, Gesetzeseinhaltung zur Charakterisierung des Judentums ist eine argumentative Strategie (vgl. Haaland, Jewish Laws [s. Anm. 10], 297ff) wie die Synkrisis (bes. II 220ff, vgl. auch Kasher a. a. O. 176–181, mit weiteren Beispielen für den Einsatz des „ranking system“). 15 Zur Notwendigkeit, in einer Argumentation eine bei den Adressierten geltende ‚Begründungssprache‘ und Topik zu finden, um argumentativ überzeugen zu können, vgl. Gerber, Bild (s. Anm. 1), 126–128; zur von Josephus in Ap II 145ff gewählten Begründungssprache a. a. O. 247–250. 16 II 43–50.62 (Alexander der Große und seine ptolemäischen Nachfolger); II 61 (Caesar und der römische Senat).

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Gesetzgebung des Mose, analog anderen Gesetzgebungen der griechischen Poleis.17 Er definiert die jüdische Verfassung als ƭƪƳƯƴƦƷ˄Ʀ und erklärt diese so, dass deutlich wird, dass diese ‚Verfassung‘ nicht konfligiert mit dem Leben unter einer nichtjüdischen Herrschaft – solange es möglich ist, die Gesetze einzuhalten.18 Vielmehr sind die Jüdinnen und Juden gute römische Untertanen, opfern sie doch aus eigener Kasse für die römischen Imperatoren (II 76f).19 Diese persuasive Strategie verlangt von Josephus, allgemein oder zumindest breiter geteilte Werte und Topoi abzurufen. Josephus orientiert sich im Blick auf das Ethos sehr stark an römischen Idealen, um die Güte des Judentums zu erweisen, und berücksichtigt besonders Empfindsamkeiten römischer Machthaber. Ich führe hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit zentrale Topoi und Werte auf, die für die Lektüre des Titusbriefes bedeutsam sind.20 Hohes Alter Der von Josephus kolportierte Vorwurf, das Judentum sei erst jung, und seine Bemühung, das hohe Alter des Judentums nachzuweisen, die im Schlussteil des Werkes schließlich in der Behauptung gipfelt, dass Mose Lehrer der anderen Gesetzgeber und Philosophen gewesen sei, setzen den in der Antike breit bezeugten Topos ™ƴƪƶƧˈƷƪƴƳƱ Ưƴƪ̝ƷƷƳƱ voraus, die Überzeugung, dass das Ältere besser ist.21 Zum Argument für das Judentum wird dann eingedenk der römischen Hochschätzung des mos maiorum besonders, dass es an seinen alten Gesetzen unverändert festhält.22

––––––––––––– 17 Vgl. bes. II 163–169; zur Kritik an der These, dass Josephus das Judentum in Ap wie in Ant und wie andere jüdisch-hellenistische Schriften als ‚Philosophie‘ konzipiert, vgl. Haaland, Jewish Laws (s. Anm. 10), 288ff. 18 Vgl. genauer Gerber, Bild (s. Anm. 1), 338ff.353–359. 19 Vgl. weiter II 42–64 über die Loyalität der Juden gegenüber römischen Imperatoren, mit geschickter Indienstnahme der Kritik Octavians an Cleopatra in II 56–61; s. Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 236. 20 Weitere Charakteristika, deren Hochschätzung Josephus unterstellt, sind z. B. strenge Sanktionen bei Gesetzesübertretung (II 215–217.276f), Opferbereitschaft und der Einsatz des Lebens für die Überzeugung (I 43.190–193; II 219.228.232–235). 21 Vgl. bes. I 2ff; I 7 und den Altersbeweis I 60–214; II 154–156 sowie die Aussage über die Geringschätzung des Jungen bei anderen (II 34.253f). Zum Topos vgl. insgesamt P. Pilhofer, Presbyteron Kreitton. Der Altersbeweis der jüdischen und christlichen Apologeten und seine Vorgeschichte, WUNT II / 39, Tübingen 1990; s. auch Droge, Josephus (s. Anm. 3), 129ff, der die Gegenargumentation bereits bei Herodot nachweist: Ägypter sind autochthon und unabhängig, Griechen dagegen eine „second hand culture“ (130). 22 Vgl. bes. II 183.227f.272; s. dazu Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 233f.

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Religiöse Kategorien und Institutionen Eine Grundprämisse, auf der die Argumentation für die jüdischen Gesetze aufbaut, ist ein unmythischer philosophischer Monotheismus.23 Weiter rekurriert Josephus bei seiner Argumentation für das Judentum und seiner Kritik an anderen auf religiöse Kategorien und Institutionen, deren allgemeine Anerkennung er voraussetzt: Priester gelten als respektwürdig24 wie auch Tempel,25 auch Reinheit wird als Wert unterstellt.26 Die argumentative Strategie, an den Werten und Konzepten des Publikums anzuknüpfen, zeigt sich besonders, wenn Josephus religionsspezifische Auffassungen übergeht.27 Die Bedeutung der Gesetzeseinhaltung und der Tugenden Ein Vorzug des jüdischen Gesetzes, gerade gegenüber den gesetzesphilosophischen Entwürfen Platos, ist nach Josephus, dass bereits im Gesetz selbst dessen Einhaltung präjudiziert ist.28 Die Taten stimmen mit den Worten überein.29 Diesem ethischen Fokus entspricht, dass das Ziel des jüdischen Gesetzes nach Josephus in erster Linie ein tugendhaftes Leben ist (vgl. bes. II 146.170.286). Ein Spezifikum der Gesetzgebung des Mose sei, dass sie die ƪʡƶˀƧƪƮƦ zur höchsten Tugend gemacht habe (II 170). Das erinnert gewiss nicht zufällig an die römische Hochschätzung der pietas.30 Weiter betont Josephus soziale Tugenden, namentlich die Einigkeit,31 stellt hingegen die klassisch-griechische ‚intellektuelle‘ Kardinaltugend ƹƴˆƱƬƶƮƵ zurück.32 Abweichend vom traditionellen griechischen Tugendkanon zählt er auch

––––––––––––– 23 Vgl. bes. II 163–167 sowie die Kritik am griechischen Olymp in II 239–256. Vgl. zur Sache M. Frede, Monotheism and Pagan Philosophy in Later Antiquity, in: P. Athanassiadi u. a. (Hg.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999, 41–67. 24 Vgl. insbesondere in I 30–37 die Argumentation für die Güte der jüdischen Überlieferungen, da sie von Priestern reiner Stammbäume tradiert werden; weiter I 284; II 104.140. 185.193. 25 Vgl. II 89 sowie die Beschreibung des Jerusalemer Tempels in II 102–109.119. 26 II 102fin.103.198.205. 27 Vgl. bes. II 89, wo Josephus allgemeine religiöse Auffassungen aufgreift. 28 Vgl. neben II 171–178 auch II 150.277f.280; s. Haaland, Jewish Laws (s. Anm. 10), 298: „Josephus’ main message is simply that the Jews keep and observe their laws, while others do not.“ 29 II 169 in Bezug auf Mose; vgl. II 173–178 und zum Konzept „prioritisation of action over word“ Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 239. 30 S. dazu unten bei Anm. 108. Dabei nimmt Josephus einen bereits in EpArist 131f und bei Philo (Decal 119; Praem 53 u. ö.) greifbaren Gedanken auf. 31 Vgl. die Stichworte ƯƳƮƱƼƱ˄Ʀ II 146.208.281, ƶƸμƹƼƱ˄Ʀ II 170.179, ʖμˆƱƳƮƦ II 179. 283.294 und bes. II 179–181 sowie als Negativbeispiel den Streit unter den Göttern II 243. Vgl. insgesamt Gerber, Bild (s. Anm. 1), 360–366. 32 Vgl. Haaland, Jewish Laws (s. Anm. 10), 293–297.

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Ausdauer in Mühen und Todesverachtung auf (II 146), wiederum entsprechend römischen Idealen.33 Zu den Jüdinnen und Juden charakterisierenden Tugenden gehört auch die ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ.34 Die Hervorhebung der ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀ als Tugend dient wie die Darstellung entsprechender Gesetze (II 209– 214) dem Widerspruch gegen den Vorwurf der μƮƶƦƱƭƴƼ™˄Ʀ (II 148).35 Ordnung des Hauses Wie Josephus selbst das Gesetz vergleicht mit einem pater familias hinsichtlich seiner alles bestimmenden Autorität,36 so stellt er auch in der Gesetzesepitome (II 190–219) heraus, dass es eine patriarchale Ordnung der Familie sicherstellt (II 199–204).37 Er folgt hier keinem biblischen oder sonst spezifisch jüdischen Ethos, sondern dem seit Plato und Aristoteles nachweisbaren Ideal einer patriarchalen Ordnung des Oikos,38 und er entspricht der römischen Patriarchatsidee.39 Wir finden bei Josephus die Feststellung, dass nach dem Gesetz „die Frau geringer ist als der Mann in jeder Hinsicht“ und Gott dem Mann die Herrschaft über sie gegeben habe (II 201).40 Hervorgehoben

––––––––––––– 33 Vgl. Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 240–245. 34 Vgl. II 170.186.195 (zur Textkritik Gerber, Bild [s. Anm. 1], 403 Anm. 24); II 204

sowie auch I 182. Zur allgemeinen Wertschätzung der ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ als Kardinaltugend vgl. U. Luck, Art. ƶˊƹƴƼƱ ƯƷư., ThWNT 7 (1964), 1094–1102. 35 II 146.261.291; s. zum Konzept insgesamt Katell Berthelot, Philanthrôpia Judaica. Le débat autour de la „misanthropie“ de lois juives dans l’Antiquité, JSJ.Suppl. 76, Leiden u. a. 2003. 36 So Ap II 174: ʚƴƳƱ ɭƭƬƯƪƱ ƦʡƷ˅Ƶ (sc. Mose) ƯƦ˃ ƯƦƱˆƱƦ Ʒ˅Ʊ ƱˆμƳƱ ʊƱ̉ ʲƶ™ƪƴ ʢ™˅ ™ƦƷƴ˃ ƷƳˈƷ̷ ƯƦ˃ Ʃƪƶ™ˆƷ̍ ƫ̹ƱƷƪƵ ... 37 Vgl. die Aussagen II 199–204, die innerhalb der Gesetzesepitome II 190–219 die Regelung des Zusammenlebens in der Gemeinschaft repräsentieren (zwischen II 190–198 als Verdeutlichung der ƪʡƶˀƧƪƮƦ und II 205ff als Präsentation der Philanthropia; zur Gesetzesepitome und ihrer Gliederung s. Gerber, Bild [s. Anm. 1], 183ff). Dass Josephus diese Gesetze auswählt und über andere wie politische Regelungen oder rituelle Gebote schweigt, ist bezeichnend für seine Ausrichtung auf ein römisches Publikum (s. Gerber a. a. O. 363f). Dies gilt unbenommen dessen, dass Josephus hier vermutlich eine frühjüdische Tradition aufgegriffen hat (s. Gerber a. a. O. 100–118). 38 Zum Nachweis s. D. L. Balch, Let Wives be Submissive. The Domestic Code in I Peter, SBL.MS 26, Chico / CA 1981, 21–62. 39 Vgl. zum Konzept nur Luise Schottroff, Lydias ungeduldige Schwestern. Feministische Sozialgeschichte des frühen Christentums, Gütersloh 1994, 40ff; G. Schiemann, Art. Patria Potestas, DNP IX (2000), 402–404. W. K. Lacey, Patria Potestas, in: B. Rawson (Hg.), The Family in Ancient Rome. New Perspectives, London u. a. 1986, 121–144, entfaltet die These, dass die römische Gesellschaft in ihren Institutionen nicht strukturiert ist nach dem OikosKonzept wie die griechische, sondern nach dem der patria potestas. 40 Vgl. zum Frauenbild insgesamt Bärbel Mayer-Schärtel, Das Frauenbild des Josephus. Eine sozialgeschichtliche und kulturanthropologische Untersuchung, Stuttgart u. a. 1995, zur Hierarchie der Geschlechter 353ff.

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wird überdies, dass Sexualität auf die Ehe und Kindererzeugung beschränkt ist (II 199.201). Damit rückt Josephus das Judentum ab von östlichen Religionen, die im Ruche der sexuellen Freizügigkeit und der mangelnden Unterordnung der Frauen standen.41 Zur Ordnung des Hauses gehört auch die Erziehung der Kinder im Gesetz (betont in I 60; II 204) und das Gebot der Elternehre (II 206).42 Kollektive Abwertung anderer Völker Besonders interessant ist im Blick auf unsere Lektüre des Tit, wie Josephus Vorurteile gegenüber anderen Völkern bewertet und wie er sie einsetzt für sein argumentatives Ziel, ein römisches Publikum von der Güte des Judentums zu überzeugen.43 Denn in einer frappierenden Mischung reflektiert Josephus einerseits über die Funktion von Vorurteilen gegenüber anderen Völkern, partizipiert andererseits aber an der pauschalen Kritik ganzer Ethnien.44 Mit programmatischen Sätzen über die wahren Motive für die Abwertung ganzer Völker leitet er den zweiten Hauptteil seiner Schrift ein, die Auseinandersetzung mit Vorwürfen gegen das Judentum seitens der Ägypter (I 219– 226). Seine These ist, dass den Juden hier nur das widerfährt, was auch andere Völker trifft. Josephus weiß, dass „einige es unternommen haben, den Adel ––––––––––––– 41 Vgl. Balch, Let Wives (s. Anm. 38), 65ff, in Bezug auf Isis- und Dionysos-Kulte. Josephus kritisiert die griechische Mythologie besonders wegen ihrer Erzählung von sexuellen Ausschweifungen unter den Göttern (II 244–246), die ein falsches Ethos lehrten (II 250). 42 Hier trifft sich die biblische Tradition mit dem Ethos der Umwelt, vgl. dazu P. Balla, The Child-Parent Relationship in the New Testament and Its Environments, WUNT 155, Tübingen 2003, 41ff.80ff. 43 Vgl. zu Josephus’ „cultural strategy in Contra Apionem“ auch einführend Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 231f (Lit!). 44 Zur Funktion ethnischer Stereotypen zur Selbstdefinition vgl. Edith Hall, Inventing the Barbarians. Greek Self-Definition through Tragedy, Oxford Classical Monographs, Oxford 1989; den Sammelband Demonizing the Other. Antisemitism, Racism, and Xenophobia, hg. v. R. S. Wistrich, Studies in Antisemitism 4, Amsterdam 1999, und darin zur sozialen Funktion solcher Stereotypen Y. Schul / H. Zukier, Why Do Stereotypes Stick? 31–43; G. Bohak, The Ibis and the Jewish Question. Ancient „Anti-Semitism“ in Historical Context, in: M. Mor u. a. (Hg.), Jews and Gentiles in the Holy Land in the Days of the Second Temple, the Mishna and the Talmud, Jerusalem 2003, 27–43; Beispiele aus dem NT und sonst bei W. Stegemann, Antisemitische und rassistische Vorurteile in Titus 1,10–16, KuI 11, 1996, 46–61: 56f. Im Blick auf die Entwicklung einer christlichen Identität durch Abgrenzung von ‚dem Anderen‘ vgl. nun auch Judith M. Lieu, Christian Identity in the Jewish and Graeco-Roman World, Oxford 2004, bes. 269–297. Heute ist weithin anerkannt, „that the ethnic labels used in antiquity (and not just then!) tell us far more about the people who used and deployed them than about the people they purport to describe; indeed their use is frequently part of a strategy of self-definition in which those who construct or manipulate definitions of ‚the other‘ thereby help to invent, or re-invent, their own people and its cultural identity“ (Barclay, Judaism [s. Anm. 10], 230).

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der Völker und der berühmtesten Städte zu entehren“45, und nennt Beispiele für die Verleumdung griechischer Poleis (I 221). Neid und Böswilligkeit oder auch die nicht fehlgehende Hoffnung, so Interesse zu wecken, seien Motive dafür, und am meisten treffe es die Berühmtesten, „einige zwar aus Neid und Böswilligkeit, andere aber, weil sie meinen, dass sie, indem sie Ungewöhnliches behaupten, der Erinnerung für wert befunden werden“ (I 222). Die Ägypter richteten sich gegen die Juden wegen ihrer politischen Unterlegenheit, später wegen des religiösen Gegensatzes (I 224). Den Juden, fügt er im zweiten Buch hinzu, habe das Gesetz hingegen aufgetragen, die Götter anderer nicht zu lästern (II 237). Unterstellt ist somit, dass die judenfeindlichen Vorwürfe auf mangelndem Wissen über das Judentum beruhen, außerdem, dass die Kritiker des Judentums niedere Absichten hätten. So spricht Josephus den Vorwürfen ein inhaltliches Recht ab. In der aktuellen Debatte über die Frage, ob der antike Antijudaismus eine Spielart der antiken Xenophobie ist oder sich auch am jüdischen Wesen selbst entzündet,46 würde er für die erste Erklärung votieren. Doch trotz dieser Einsicht in die niederen Motive von ethnischen Verleumdungen und trotz dieser gesetzlichen Respektsforderung vor der Götterverehrung anderer (II 237) beteiligt auch Josephus sich an dieser Völkerschelte. Besonders die Ägypter werden nicht geschont: Der ägyptische Tierkult wird herangezogen, um das Judentum und seine Gottesverehrung davon ab-

––––––––––––– 45 I 220; Übersetzungen aus Ap I nach Labow, Flavius Josephus (s. Anm. 1), 241f. 46 Zur schwierigen Diskussion über das Verhältnis von Xenophobie und Judenfeindschaft,

schwierig wegen der jeweiligen Implikationen der Thesen, vgl. R. Kampling, Eine offene Frage. Theologische und historische Implikationen der Antijudaismusforschung, ThRev 98, 2002, 179–196: 182–185. Z. Yavetz, Judenfeindschaft in der Antike. Die Münchner Vorträge, München 1997, 21ff, referiert Thesen, dass sich die Feindschaft an der Besonderheit der Juden entzündet habe, und zeigt ihre problematische Implikation, dass die Juden Ursache ihrer Verachtung wären. Er votiert dafür, die Judenfeindschaft vor dem Phänomen der Xenophobie zu diskutieren (a. a. O. 33f), hebt aber auch die Besonderheit der Juden unter den Barbaren hervor (a. a. O. 38ff): „Für römische Eroberer war es ehrenvoll, Beinamen zu haben wie ‚Africanus‘ ... Doch Titus wurde nie zum ‚Iudaicus‘, und die Frage ist, weshalb“ (43). Auch P. Schäfer, Judeophobia. Attitudes toward the Jews in the Ancient World, Cambridge u. a. 1997, 197ff, hält dafür, dass sich die feindliche Wahrnehmung der Juden unterschied von der Abwertung anderer Ethnien. Bohak, Ibis (s. Anm. 44), betont hingegen angesichts der vergleichbaren antiägyptischen Stereotypen (s. Anm. 48), dass die antike Judenfeindschaft als Spielart der Xenophobie zu diskutieren ist: Anders als der Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts „there is nothing in ‚pagan‘ writers’ attitudes to Jews which was qualitatively different from their attitudes to at least one other nation [i. e. die ägyptische]“ (a. a. O. 42). – Im Rahmen der Argumentation des Josephus geht es darum, das Recht der Verleumdungen prinzipiell in Frage zu stellen. Darum lässt sie sich nicht einfach veranschlagen als Indiz dafür, dass es Josephus hier nicht um eine jüdische Apologetik gehe, sondern die Widerlegung von Schmähungen „zum Geschäft der Geschichtsschreibung schlechthin gehört“ (so Dormeyer, Suasoriae [s. Anm. 4], 249).

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zugrenzen, ägyptische Autoren werden besonders geschmäht.47 Die Verachtung des Ägyptischen ist in der römischen Antike breit belegt,48 und dies erklärt einerseits die Schwere der Behauptung, die Juden stammten aus Ägypten bzw. seien aufgrund von Aussatz vertriebene Ägypter, andererseits, welchen Gewinn Josephus sich aus der Kritik an den Ägyptern errechnet. So diffamiert er Apion, der sich laut Josephus als Alexandriner ausgab, als Ägypter.49 Über die Skythen kolportiert Josephus das Stereotyp der Brutalität,50 von den Persern weiß er sexuelle Perversitäten zu berichten.51 Auch die Griechen, namentlich Athen und Sparta, kommen, abgesehen von ihren Philosophen,52 nicht gut weg; ihnen wird ihr junges Alter vorgeworfen, den Geschichtsschreibern Schwäche für die literarische Gefälligkeit anstelle der historischen Genauigkeit, einzelnen Poleis Feigheit, Fremdenfeindlichkeit etc.53 Der jüdische Historiograph eignet sich damit die Vorurteile der Römer gegenüber den Griechen an.54 Die Römer und besonders ihre Imperatoren werden natürlich von der Pauschalkritik ausgenommen; ihnen wird nur Positives attestiert.55

––––––––––––– 47 Vgl. I 41.224f; II 28f.41.65–67.81.85f.99.128f.133.138f. 48 Vgl. über die Anerkennung, dann aber auch Verachtung des Ägyptischen in griechi-

scher und römischer Literatur sowie die Rezeption dieser Topik in jüdisch-hellenistischer Literatur zur Profilierung des Judentums Katell Berthelot, The Use of Greek and Roman Stereotypes of the Egyptians by Hellenistic Jewish Apologists, with Special Reference to Josephus’ Against Apion, in: Kalms (Hg.), Josephus-Kolloquium 1999 (s. Anm. 1), 185–221; zur Abwertung des ägyptischen Tierkultes den mit einem Zitat aus Juvenal, Saturae 14 überschriebenen Aufsatz von K. A. D. Smelik / E. A. Hemelrijk, „Who knows what monsters demented Egypt Worship?“ Opinions on Egyptian Animal Worship in Antiquity as Part of the Ancient Conception of Egypt, ANRW II 17.4 (1984), 1852–2000.2337–2357; zur Festigkeit von antiägyptischen Stereotypen in der Antike Bohak, Ibis (s. Anm. 44). Berthelot weist hin auf die bei Josephus zu beobachtende Spannung zwischen Inanspruchnahme ägyptischer Quellen zum Beleg für das hohe Alter des Judentums einerseits und der Abgrenzung vom Ägyptischen zur Hebung der eigenen Reputation andererseits (vgl. bes. a. a. O. 217f). 49 Vgl. II 29f. 50 II 269; die Skythen, ein ursprünglich nomadisches Volk, das nördlich des Schwarzen Meeres lebte, galten als brutal (3Makk 7,5; Plinius, Naturalis Historia VII 2,9). Strabo, Geographica XI 11,3 charakterisiert Brutalitäten als ƙƯƸƭƮƯˆƱ, ə™ƳƶƯƸƭ˄ƫƪƮƱ heißt „skalpieren“. 51 II 270. 52 Vgl. II 168.255f. 53 Vgl. I 7–27.44f.58.68 als Auseinandersetzung mit ihrer Geschichtsschreibung; II 99. 154f.169.223f.273–275 zum kritischen Vergleich der jüdischen und griechischen Gesetzgebung und Philosophie; II 239–256 zur Kritik am griechischen Polytheismus; II 229– 231.259f als Kritik an Sparta; II 262–269 als Kritik an Athen (vgl. auch Haaland, Jewish Laws [s. Anm. 10], 284–286; Barclay, Judaism [s. Anm. 10], 238–240). Positive Aussagen über die Griechen finden sich gleichwohl in II 70.123.130. 54 Vgl. Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 238–240. 55 I 66; II 40f.57.73. Kein Zufall dürfte es sein, dass Josephus Kritik an römischen Geschichtsschreibern oder dem römischen Polytheismus sowie der römischen Gesetzgebung

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3. Bedeutung und Grenzen der Apologetik des Josephus Josephus’ Verteidigung des Judentums und seine Charakterisierung desselben sind, wie unsere Überlegungen zeigen, gänzlich auf die intendierten nichtjüdischen Adressatinnen und Adressaten ausgerichtet. Das Judentum einerseits, seine Kritiker andererseits werden in deren Wertewelt präsentiert. Es ist eindrucksvoll, mit welcher Kreativität und welchem argumentativen Geschick Josephus ans Werk geht und wie sehr er sich auf die Kategorien und Wertvorstellungen seiner gewünschten nichtjüdischen Leserinnen und Leser einlässt für einen ‚jüdisch-römischen Dialog‘. Dennoch bleibt er teilweise auf dem Niveau der judenfeindlichen Vorurteile, weit entfernt von dem toleranten Ethos, das er dem Gesetz nachsagt (II 237), und weit entfernt davon, diese Toleranz den anderen zu unterstellen. Während als (post-) modern gilt, die Andersartigkeit des anderen einschließlich seiner Werte und Überzeugungen zu respektieren, fordert Josephus, die Nichtandersartigkeit der Werte des Judentums zu erkennen. Und wo wir gegen Vorurteile, seien es ethnische, religiöse, rassistische oder sexistische, kämpfen mit dem Argument, anstelle von Pauschalurteilen die Differenzen und Individualitäten zu (be)achten und etwa im Blick auf das antike Judentum auf seine Pluralität hinweisen, da prolongiert Josephus solche pauschalisierenden Denkmuster, nicht nur, wenn er beim ‚Ägypter-bashing‘ mitmacht, sondern auch, da er das Judentum in Ap – anders als in den großen historischen Werken56 – als ein undifferenziertes Wertekollektiv darstellt. Hier nun knüpft meine Lektüre des Titusbriefes an.

II. Distanzierung vom Judentum als Mittel der Apologetik im Titusbrief 1. Antijudaismus im Titusbrief Der Titusbrief fällt unter den neutestamentlichen Briefen negativ auf, weil in ihm unter dem Namen des Paulus abwertende ethnische Stereotypisierungen begegnen, und das, obschon das „sich entwickelnde urbane Christentum außerhalb des Landes Israel ... zu seiner Selbstdefinition gerade nicht auf ethnische Identitäten zurückgreifen (konnte)“.57 Paulus, von dem Tit stammen

––––––––––––– (s. bes. II 154f) unterlässt; vgl. zur Bezugnahme auf Römer bzw. zur sprechenden Auslassung möglicher Kritik an ihnen in Ap Barclay, Judaism (s. Anm. 10), 234–237. 56 Vgl. zu Beispielen aus den Ant des Josephus Haaland, Jewish Laws (s. Anm. 10), 299f. 57 Stegemann, Vorurteile (s. Anm. 44), 47.

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will,58 steht eigentlich für die Unmöglichkeit, andere Christinnen und Christen aufgrund ihrer ethnischen oder religiösen Herkunft zu verunglimpfen, was – trotz 1Thess 2,14–16 – generell solch pauschale Vorurteile verhindern sollte. Er, der sich nach Act 21,38 selbst der Unterstellung erwehren musste, er sei Ägypter, hatte die Wirkung der Taufe auf Christus in Gal 3,28 mit einer Tradition interpretiert als Außerkraftsetzung des ethnischen Gegenübers von Juden und Griechen. Kol 3,11 verdeutlicht diese Tradition, indem dort ergänzt wird, dass selbst der Unterschied von Barbaren und Skythen bedeutungslos sei.59 Der unter der Maske des Paulus schreibende Autor des Tit kolportiert jedoch ein Vorurteil über die Kreter, dessen moralische Fragwürdigkeit kaum gemildert wird durch den logischen Selbstwiderspruch: Wie ein Kreter selbst bezeuge, seien alle Kreterinnen und Kreter immer Lügner, böse Tiere, faule Bäuche (1,12).60 Diese Polemik gegen die Kreter, die sich auch sonst bezeugter Vorurteile bedient,61 fällt innerhalb einer negativen Aussage über „Schwätzer und Verführer“, die genauer als Leute „aus der Beschneidung“ charakterisiert werden (1,10).62 Gleich an den Beginn seines Briefes stellt der

––––––––––––– 58 Zum Anschluss an die paulinische Briefliteratur und zur Interpretation der Pastoralbriefe als Versuch, die paulinische Tradition im Sinne einer bestimmten Ethik zu aktualisieren, vgl. Annette Merz, Die fiktive Selbstauslegung des Paulus. Intertextuelle Studien zur Intention und Rezeption der Pastoralbriefe, NTOA 52, Göttingen u. a. 2004, 195ff, dort auch 196–222 zur exegetischen Debatte (Lit!). 59 Vgl. zu diesen „asymmetrischen Gegenbegriffen“ (eine Formulierung R. Kosellecks) und ihrer Verwendung im NT Stegemann, Vorurteile (s. Anm. 44), 47. Der Aufhebung der ethnischen Unterschiede entspricht, dass für die positive Beschreibung des Neuen kein ethnisches Vokabular herangezogen wird (mit Stegemann a. a. O. 48). 60 Zur logischen Antinomie vgl. Merz, Selbstauslegung (s. Anm. 58), 37f (Lit!). 61 Von der Gewinnsucht der Kreter sprechen Polybius, VI 46,3 (ƦʅƶƺƴƳƯˀƴƩƪƮƦ entsprechend dem Vorwurf ƦʅƶƺƴƳ̬ ƯˀƴƩƳƸƵ ƺʾƴƮƱ in Tit 1,11); vgl. Livius, XLIV 45,13. Oft belegt ist das Vorurteil, dass die Kreter lügen (so z. B. Plutarch, Aemilius 23,6 und Ovid, Ars Amatoria 1,298), vor allem darüber, dass Zeus auf Kreta begraben sei (Kallimachus, ZeusHymnus 8f und weitere Belege bei M. Dibelius, Die Pastoralbriefe, 4. Auflage ergänzt von H. Conzelmann, HNT 13, Tübingen 1966, 102 z. St.); ƐƴƬƷ˄ƫƪƮƱ bedeutet daher sogar ‚lügen‘. Den Kretern wurde nachgesagt, Homosexualität mit Mythen zu rechtfertigen (Plato, Leges 1,636 c–d, vgl. 8,836 b–c). Zu sonstigen negativen Vorurteilen über die Kreter vgl. die Sammlung im Neuen Wettstein. Texte zum Neuen Testament aus Griechentum und Hellenismus, Bd. 2: Texte zur Briefliteratur und zur Johannesapokalypse, hg. v. G. Strecker u. a., Teilbd. 2, Berlin u. a. 1996, 1018–1023. 62 μʾưƮƶƷƦ V. 10b dürfte nicht eine Teilmenge der ‚Lügner‘ einführen, sondern die Spezifizierung ihres Charakters, da ja im Folgenden nur der jüdische Charakter angesprochen wird (ähnlich 1Tim 5,8); mit J. D. Quinn, The Letter to Titus, AncB 35, New York u. a. 1990, 98; W. Thiessen, Christen in Ephesus. Die historische und theologische Situation in vorpaulinischer und paulinischer Zeit und zur Zeit der Apostelgeschichte, TANZ 12, Tübingen u. a. 1995, 319; I. H. Marshall, The Pastoral Epistles, ICC, Edinburgh 1999, 195.

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Autor damit eine Polemik gegen christliche63 „Widersacher“ (əƱƷƮưˀƨƳƱƷƪƵ 1,9), welche erklären soll, warum Titus auf Kreta rechtschaffene Männer als Presbyter und Episkopen einsetzen muss: Diese haben für die Reinerhaltung der Lehre zu sorgen (1,5–9) und als moralisches Gegenbild zu den anderes lehrenden Christinnen und Christen diese zum Schweigen zu bringen (1,11): 10

Denn es gibt viele, die sich nicht unterordnen, hohle Schwätzer und Verführer, gerade die aus der Beschneidung (μʾưƮƶƷƦ Ƴʆ ɩƯ Ʒ̏Ƶ ™ƪƴƮƷƳμ̏Ƶ); 11 denen muss man den Mund stopfen, da sie ganze Hausgemeinschaften zerstören, indem sie um schändlichen Gewinnes willen lehren, was sich nicht ziemt. 12 Es hat einer von ihnen, ihr eigener Prophet, gesagt: „Kreter sind immer Lügner, böse Tiere, faule Bäuche.“ 13 Dieses Zeugnis ist wahr. Aus diesem Grund überführe sie mit Strenge, damit sie im Glauben gesund werden 14 und nicht auf jüdische Fabeln (ʍƳƸƩƦƽƯƳ˃ μ̬ƭƳƮ) und Gebote von Menschen achten, die sich von der Wahrheit abwenden! 15 Den Reinen ist alles rein; den Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt ist sowohl ihr Verstand als auch ihr Gewissen. 16 Sie erklären, Gott zu kennen, aber mit ihren Werken verleugnen sie ihn; abscheulich sind sie und ungehorsam und zu jedem guten Werk unbrauchbar (Tit 1,10–16).

Zwischen den üblichen, unspezifischen Topoi der Gegnerpolemik wie Nichtigkeit der Rede (V. 10), Gewinnsucht (V. 11), Unreinheit und Ungehorsam (V. 16)64 fallen die Spezifizierungen der Widersacher als Kreter und Juden auf. Das ethnische Stereotyp von den faulen, lügenhaften, unzivilisierten Kretern wird verwendet, um Mitchristinnen und -christen jüdischer Herkunft zu disqualifizieren, die angeblich falsche Lehre um eigenen Gewinns willen in die christlichen Häuser bringen (V. 11b).65 Die sich anschließenden Sätze stellen alternativ Wahrheit, gesunden Glauben und Reinheit einerseits sowie jüdische Mythen und Menschengebote und die durch falsches Handeln widerlegte Behauptung, Gott zu kennen, andererseits gegenüber. In der Auslegung wird der judenfeindliche Affekt dieser Aussagen meist überlesen66 oder bestritten mit der Begründung, dass sie sich nicht gegen Juden richten, sondern gegen die innerchristliche Opposition, die sogenannte ––––––––––––– 63 Die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft lässt sich aus ihrer gemeindlichen Aktivität erschließen; zum Ausdruck Ƴʆ ɩƯ ™ƪƴƮƷƳμ̏Ƶ vgl. E. E. Ellis, The Circumcision Party and the Early Christian Mission, in: ders., Prophecy and Hermeneutic in Early Christianity, WUNT 18, Tübingen 1978, 116–128. 64 Vgl. die Einzelnachweise für die Verwendung in Gegnerbekämpfungen bei Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 194–213 z. St., sowie bereits R. J. Karris, The Background and Significance of the Polemic of the Pastoral Epistles, JBL 92, 1973, 549–564, der entsprechende Topoi in popularphilosophischer Polemik nachweist. 65 Die polemischen Aussagen sind kaum für die Rekonstruktion der ‚Irrlehrer‘ zu verwenden, etwa in dem Sinne, dass es sich hier um besonders vom kretischen Umfeld beeinflusste Judenchristen handelt; das Verhältnis zwischen Kretern und Juden wird nicht weiter bestimmt (mit Marshall, Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 205). 66 Ausdrücklich geht m. W. nur Stegemann, Vorurteile (s. Anm. 44) darauf ein. In der Diskussion um Antijudaismus im NT spielt Tit sonst keine eigene Rolle.

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Irrlehre.67 Doch die ablehnende Erwähnung von ʍƳƸƩƦƽƯƳ˃ μ̬ƭƳƮ impliziert, dass die Mythen nicht nur als solche schlecht sind,68 sondern auch ihr jüdischer Ursprung.69 Das Jüdische wird auch abgewertet durch die Charakteristik von selbstredend jüdisch zu verstehenden Geboten als ‚menschlich‘ (V. 14) – natürlich ganz im Gegensatz zu dem Paulus aufgetragenen Kerygma, das göttlich ist (1,2f). Die Sentenz „den Reinen ist alles rein“ (1,15a) impliziert die Kritik an rituellen Reinheitskonzepten im Unterschied zu moralischer Reinheit.70 Denn die, die an „jüdischen Mythen und Menschensatzungen“ festhalten, werden mit moralischer Unreinheit und mit Unglaube assoziiert (1,15b). Bereits die pauschale Identifizierung der „unfügsamen Schwätzer“ als „die aus der Beschneidung“ (1,10c) bekräftigt, unter Aufnahme paulinischen Sprachgebrauchs,71 eine abschätzige Sicht der Beschneidung, die in der Umwelt als ‚typisch jüdisch‘ galt,72 werden doch die Kritisierten zunächst auf die Beschneidung reduziert. Dabei geht es wohl kaum um die jüdische Herkunft an sich – ist doch der fiktive Autor Paulus selbst ein Beschnittener –,

––––––––––––– 67 Vgl. in diesem Sinne den m. W. einzigen einschlägigen Aufsatz von L. Oberlinner,

Antijudaismus in den Pastoralbriefen?, in: R. Kampling (Hg.), „Nun steht aber diese Sache im Evangelium ...“. Zur Frage nach den Anfängen des christlichen Antijudaismus, Paderborn u. a. 1999, 282–299. Nur am Schluss seiner Ausführungen gelangt Oberlinner zu der durch die vorausgehende Argumentation gerade nicht fundierten Einschätzung, dass sich in den Aussagen der Pastoralbriefe – Oberlinner behandelt alle gleichermaßen – der Einfluss des nichtchristlichen Antijudaismus niederschlage. „Das bedeutet aber auch, daß in christlichen Kreisen die Aktivierung antijüdischer Affekte ein Mittel zur Selbstdarstellung und Selbstbehauptung auf Kosten des Judentums sein konnte“ (a. a. O. 298f; vgl. auch im Kommentar dess., Die Pastoralbriefe. Der Titusbrief, HThK 11 / 2, Freiburg u. a. 1996, 43, zu 1,14: Hier werde „kein Urteil über die jüdische Glaubenstradition im allgemeinen und über die Schrift im besonderen gefällt, sondern ein Urteil über eine nach Meinung der Past mit dem Glauben und der Wahrheit unvereinbare Rezeption des alttestamentlich-jüdischen Glaubens von seiten christlicher Gemeindeglieder“). 68 μ̬ƭƳƵ ist im NT stets pejorativ und impliziert den Gegensatz des Erzählten zum historisch Zuverlässigen (vgl. Marshall, Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 206). Auch Josephus kritisiert die Mythen, setzt aber gerade das Judentum und seinen Gesetzgeber davon ab. Er bezieht sich auf die platonische Mythenkritik und schilt insbesondere, dass die Mythen nicht nur trügerisch sind, sondern zu schlechtem Verhalten anleiten. Vgl. Ap II 238–254, außerdem I 287 in Bezug auf Manethos Quellen als „herrenlosen Mythen“ (s. auch I 105); Ant I 15.22 und dazu R. Bloch, Josephus, Ant. Iud. 1,15: əƶƺ˂μƼƱ μƸƭƳưƳƨ˄Ʀ, ZNW 97, 2006, 131–133. 69 ʍƳƸƩƦƽƯˆƵ, ntl. hapax legomenon, ist aufgrund der Wortbildung zu verstehen als Bezeichnung der jüdischen Herkunft der Mythen (mit W. Gutbrod, Art. ʍƶƴƦ˂ư ƯƷư. D: ʍƳƸƩƦ̝ƳƵ ƯƷư., ThWNT 3 [1938], 376–394: 385). 70 Vgl. Lk 11,41; Röm 14,20; Act 10,14f u. ö., s. Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 208; weiter Thiessen, Christen (s. Anm. 62), 319f. 71 Ƴʆ ɩƯ Ʒ̏Ƶ ™ƪƴƮƷƳμ̏Ƶ bezeichnet auch in Gal 2,12; Act 10,45; 11,2; Kol 4,11 Judenchristen, in Röm 4,12 Juden, aber nirgends ist der Ausdruck sonst polemisch gebraucht; vgl. Ellis, Circumcision Party (s. Anm. 63). 72 Vgl. Schäfer, Judeophobia (s. Anm. 46), 93–105; s. besonders Tacitus, Historiae 5,5,2.

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sondern um die Hochschätzung der Beschneidung.73 Da sich der Brief nicht auf inhaltliche Argumente einlässt, wirken diese Reduktionen umso kräftiger. Diese Gegnercharakteristik des Tit ist in ihrer Polemik gegen Jüdisches einzigartig in den Pastoralbriefen und sogar im Neuen Testament. Wolfgang Stegemann hat in einem bemerkenswerten Aufsatz die meist überlesene Problematik der antijudaistischen Aussagen herausgestellt.74 Sie sind freilich nach Stegemann nicht gegen das Judentum gerichtet, sondern nur ein Mittel der Gegnerpolemik: Die ethnischen Vorurteile gegenüber Juden und Kretern sollen auf die deviante Gruppe, die Irrlehrer, übertragen werden. Dass die Bekämpften tatsächlich Judenchristinnen und -christen seien, bleibe jedoch offen. Damit ist m. E. jedoch die Funktion der antijüdischen Polemik in der Pragmatik des Briefes unterschätzt. Gerade die Ähnlichkeit mit einigen in Ap genannten antijüdischen Stereotypen einerseits, der vertretenen Werte andererseits lässt annehmen, dass der Brief gegen gesetzestreue Judenchristen und -christinnen75 polemisiert und dabei auch das Judentum als solches trifft. Eine detaillierte Diskussion über die in den Pastoralbriefen bekämpfte ‚Irrlehre‘ ist hier nicht möglich.76 Thesen, dass Pseudo-Paulus hier eine „Frühform christlicher Gnosis“77 bekämpfe,

––––––––––––– 73 Mit Ellis, Circumcision Party (s. Anm. 63), 121. Vgl. bereits diese Implikation in Gal

2,12. 74 Stegemann, Vorurteile (s. Anm. 44). 75 Wie das ‚Judenchristentum‘ zu definieren ist, ist umstritten, vgl. G. Stemberger, Art.

Judenchristentum, RAC 19 (2001), 228–245 (Lit!). Ich verwende diesen Begriff hier in Bezug auf die Zeit nach 70 n. Chr. für Christinnen und Christen, die an der Praxis des MoseGesetzes festhalten, vgl. P. Tomson, The War against Rome, the Rise of Rabbinic Judaism and of Apostolic Gentile Christianity, and the Judaeo-Christians. Elements for a Synthesis, in: ders. u. a. (Hg.), The Image of the Judaeo-Christians in Ancient Jewish and Christian Literature, WUNT 158, Tübingen 2003, 1–31: 7f. 76 Vgl. zu den Argumenten und Thesen insgesamt W. Schenk, Die Briefe an Timotheus I und II und an Titus (Pastoralbriefe) in der neueren Forschung (1945–1985), ANRW II 15.4 (1987), 3404–3438, bes. 3427–3430. Ich nenne nur exemplarisch für die exegetische Diskussion M. Wolter, Die Pastoralbriefe als Paulustradition, FRLANT 146, Göttingen 1988, 265–267 mit methodischen Überlegungen; E. Schlarb, Gesunde Lehre. Häresie und Wahrheit im Spiegel der Pastoralbriefe, MThSt, Marburg 1990, 59–141; Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), Exkurs 52–73; Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 40–51; G. Häfner, „Nützlich zur Belehrung“ (2Tim 3,16). Die Rolle der Schrift in den Pastoralbriefen im Rahmen der Paulusrezeption, HBS 25, Freiburg u. a. 2000, 18–41, sowie Merz, Selbstauslegung (s. Anm. 58), 40–44 (zu 1Tim 4,3–5), beide ebenfalls mit Diskussion der Methodenfragen. 77 So fasst U. Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, Göttingen 52005, 389, die Charakterisierung zusammen, die von vielen Auslegern geteilt wird. Vgl. Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 64 Anm. 46 (Lit!), der sich ebenso wie Schenk, Pastoralbriefe (s. Anm. 76); Wolter, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), 263–267, und Häfner, Nützlich (s. Anm. 76), dieser Charakteristik anschließt.

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gehen von den Aussagen in 1Tim 2,18 und 6,20 aus.78 Mit Recht betont Marshall, dass dies nicht die erste Charakteristik sei, sondern 1Tim und Tit jeweils den jüdischen Charakter der Widersacher an den Anfang der Auseinandersetzung stellen.79 Fraglich ist aber auch prinzipiell, ob man der literarischen Fiktion der Briefe gerecht wird, wenn man, wie in der Auslegung üblich, die kritischen und polemischen Aussagen aus allen drei Briefen addiert und eine gemeinsame gegnerische Front rekonstruiert.80 Für sich gelesen, lässt Tit die jüdische Prägung der Bekämpften eindeutig erkennen an der Beschreibung als „die aus der Beschneidung“ (1,10), die voraussetzt, dass die Kritisierten die Beschneidung für wichtig erachten. Der jüdische Charakter wird weiter durch 1,14 und 3,981 deutlich, und auch der den Gegnern unterstellte Anspruch „Gott zu kennen“ (1,16) spielt wohl darauf an.82 Daher bestreiten viele Ausleger mit Recht die gnostische Prägung und heben den jüdischen Charakter hervor.83

––––––––––––– 78 Dass die Gegnerfront von 1Tim 2,18 her zu rekonstruieren sei, wie etwa Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 54f, ohne Begründung fordert, ist eine petitio principii. 79 Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 44, mit Bezug auf Tit 1,10ff; 1Tim 1,7. 80 Unterschiede im Entwurf der gegnerischen Front liegen zwischen den Briefen, da Tit anders als 1 / 2Tim nur jüdische Charakteristika vermerkt, nicht von asketischen Tendenzen spricht, keinerlei Namen von Gegnern nennt und außerdem von einer gegenwärtigen Konkurrenz spricht (vgl. dazu Schlarb, Gesunde Lehre [s. Anm. 76], 83 Anm. 36, der allerdings ebd. und 131 auf eine „sukzessive Identifizierung“ der Gegner schließt, die vor allem durch 1Tim 2,18 charakterisiert seien). Auf die Differenz der Gegnerschaft macht besonders L. T. Johnson, The First and Second Letters to Timothy, AncB 35A, New York u. a. 2001, 145f, aufmerksam, wobei seine zwischen den Briefen differenzierende Auslegung mit der Annahme von deren paulinischer Abfassung zusammenhängt. Für eine je selbstständige Interpretation der drei gewöhnlich als ein Corpus behandelten Briefe votiert jetzt aber auch J. Herzer, Abschied vom Konsens? Die Pseudepigraphie der Pastoralbriefe als Herausforderung an die neutestamentliche Wissenschaft, ThLZ 129, 2004, 1267–1282, nicht wegen deren Authentie oder der hier betonten Differenzen zwischen den kommunikativen Inszenierungen, sondern angesichts der mangelnden thematischen und pragmatischen Geschlossenheit, die sich in der Auflösung eines exegetischen Konsenses über ihre Abfassung widerspiegele. Er vermutet unterschiedliche Abfassung der einzelnen Briefe, die auch nicht als Ensemble gelesen werden wollen. 81 Vgl. M. Goulder, The Pastor’s Wolves. Jewish Christian Visionaries behind the Pastoral Epistles, NT 38, 1996, 242–256: 243 mit Nachweisen. 82 Vgl. Röm 2,20 und Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 211, gegen eine sonst vertretene gnostische Ableitung des Anspruchs. Jüdisch ist dieser Anspruch insofern, als es gerade zur jüdischen Selbstunterscheidung vom Heidentum gehört, dass dieses Gott nicht kennt (s. Thiessen, Christen [s. Anm. 62], 320). Über mögliche judenchristliche Positionen in der zweiten Hälfte des 1. Jh. vgl. die Überlegungen von U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, Bd. 1: Mt 1–7, EKK I / 1, Zürich u. a. 52002, 85–99. Auch das Matthäus-Evangelium könnte ein Vertreter einer Heidenmission unter Beibehaltung des Gesetzes und der Beschneidung sein (a. a. O. 92f). Konkretere Erkenntnisse darüber, was die im Brief Bekämpften vertreten haben, sind jedoch nicht möglich, da der Brief nicht das Gespräch mit diesen sucht, nicht argumentiert, sondern die anderen nur polemisch darstellt und zum Schweigen verdammt (1,11.13; 3,10). 83 So votieren auch, aber nicht wie hier nur in Bezug auf den Titusbrief, sondern auf das angebliche Ensemble der Pastoralbriefe U. B. Müller, Zur frühchristlichen Theologiegeschichte. Judenchristentum und Paulinismus in Kleinasien an der Wende vom ersten zum

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Der antijüdische Affekt der Gegnerpolemik im Tit zeigt sich besonders, wenn wir die negativen Charakteristika mit den in Ap kolportierten Vorwürfen gegen das Judentum vergleichen.84 Die Widersacher werden mit dem Judentum assoziiert über die Beschneidung (1,10), über „jüdische Mythen“ (1,14) sowie über „Gesetzesstreitigkeiten“ (3,9). Die Beschneidung wird auch bei den in Ap Zitierten kritisch gesehen, und Josephus vermag dagegen keine positive Bedeutung der Beschneidung anzuführen, sondern nur ihre allgemeine Verbreitung (II 141f).85 Was die ‚Mythen‘ und die jüdischen Gesetze angeht, so erkennen wir Entsprechungen im Wertekanon, aber entgegengesetzte Einschätzungen des Judentums. μ̬ƭƳƮ sind auch bei Josephus negativ belegt,86 nur wähnt er sie bei Griechen, während die Juden für ihr reines Gottesbild, ihre treue Geschichtsüberlieferung und die heiligen Schriften stehen. Josephus wie Tit verbinden das Judentum mit dem Gesetz; für den Juden ist das Konzept der Gesetzgebung gerade die transethnische Kategorie zur Darstellung des Judentums für Nichtjüdinnen und Nichtjuden. Doch

––––––––––––– zweiten Jahrhundert n. Chr., Gütersloh 1976, 53ff (Judenchristen einerseits, enthusiastische Pauliner andererseits); Schlarb, Gesunde Lehre ([s. Anm. 76] judenchristliche Lehrer aus der paulinischen Mission); Thiessen, Christen (s. Anm. 62), 317ff (judenchristliche Wandermissionare); K. Berger, Theologiegeschichte des Urchristentums. Theologie des Neuen Testaments, Tübingen u. a. 21995, 559–561; Goulder, Wolves ([s. Anm. 81] jüdisch-christliche Visionäre); Marshall, Pastoral Epistles (s. Anm. 62), 40–51. Stegemann vermutet hingegen, dass der Verfasser sich der antijüdischen Vorurteile nur bediene, um die Gegner zu treffen (Vorurteile [s. Anm. 44], 59; zur Argumentation a. a. O. 55f). Ähnlich meint Schenk, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), 3429, ohne weitere Begründung, „Jude“ sei bereits zum deklassierenden Schimpfwort für Sektierer in der christlichen Gemeinschaft geworden, ohne dass ein realer Bezug zur Herkunft vorgelegen haben müsse. Gegen diese Annahme, dass die judenfeindlichen Äußerungen nichts mit dem Charakter des Bekämpften zu tun hätten, vgl. die Argumente Häfners, Nützlich (s. Anm. 76), 26. 84 Die Unterstellung, dass die „aus der Beschneidung“ in den Häusern Falsches lehren „um schändlichen Gewinnes willen“ (1,11), bezieht sich kaum auf ein antijüdisches Vorurteil (zu dieser Frage L. H. Feldman, Jew and Gentile in the Ancient World. Attitudes and Interactions from Alexander to Justinian, Princeton 1993, 107–112, der den ökonomischen Faktor in antijüdischen Vorurteilen hervorhebt, aber keine antiken Belege für das in der Moderne gepflegte Vorurteil von Geldgier der Juden kennt), sondern diskreditiert die Konkurrenz durch Unterstellung niederer Motive. Tit markiert damit den Unterschied zwischen den Falschlehrerinnen und Falschlehrern und den Episkopen (vgl. 1,7 μˁ ƦʅƶƺƴƳƯƪƴƩ˂Ƶ mit 1,11 ƦʅƶƺƴƳ̬ ƯˀƴƩƳƸƵ ƺʾƴƮƱ). Die Frage der Entgeltung für christliche Unterweisung und Mission war bereits zu Paulus’ Zeiten umstritten; vgl. dazu Christine Gerber, Der fröhliche Geber. Gütertausch und Unterhaltsverzicht in Metaphern der Paulusbriefe, in: Gott und Geld, hg. v. M. Wolter u. a., JBTh 21, Neukirchen-Vluyn 2006, 111–129. Paulus selbst betont in 2Kor 12,17f, dass Titus wie er selbst die Gemeinde in Korinth nicht übervorteilt hat. 85 Er bezieht sich dabei auf Herodot, unterschlägt jedoch, dass nach Herodot die Ägypter andere Völker die Beschneidung gelehrt hätten (vgl. Berthelot, Use [s. Anm. 48], 207). 86 S. Anm. 68.

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während das Gesetz nach Josephus zur wunderbaren Einigkeit führt (s. o.), assoziiert Tit es mit sinnlosen Streitigkeiten (3,9). Beide Schriften rufen das Ideal der Einigkeit ab, ordnen jedoch die Rolle des Gesetzes entgegengesetzt zu. Während nach Josephus das Gesetz erzieht zum gottgemäßen Leben (z. B. II 173–175) und die Hoffnung auf das Geschenk ewigen Lebens an die Gesetzeseinhaltung und Bereitschaft zum Lebenseinsatz für die Gesetze gebunden ist (II 218), ist im Tit die christologisch bestimmte Gnade Gottes diejenige, die erzieht (2,11) und die Hoffnung auf das ewige Leben gibt.87 Vielleicht spielt auch Tit 3,3f auf den Misanthropievorwurf an? In Tit 3,4 begegnet das im NT seltene Wort ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀ,88 und zwar als Charakteristikum der göttlichen Offenbarung als der Zeit, „als die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien“. In Ap ist der Begriff zentrales Stichwort zur Widerlegung des in der antijüdischen Polemik der Antike verbreiteten Misanthropievorwurfs.89 Denkbar ist, dass Tit 3,3f auf diesen Vorwurf Bezug nimmt. Der Kontext ab 3,1ff ist paränetisch, denn der Autor fordert Titus auf, seine Zöglinge90 an die Unterordnung unter die Obrigkeiten und Sanftmut allen Menschen gegenüber zu erinnern (3,1f). So ist von Gottes ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀ die Rede, um sie als Vorbild zu empfehlen im Umgang mit der nichtchristlichen Öffentlichkeit.91 Dies wird begründet mit einem Einst-Jetzt-Schema, in dem der Autor die Offenbarung der Menschenfreundlichkeit Gottes in Christus kontrastiert mit einer Vergangenheit, in der „wir hassend92 einander Feind waren“

––––––––––––– 87 Vgl. zur gesetzeskritischen Haltung gemäß paulinischer Tradition auch die Ablehnung der Wirksamkeit von ɭƴƨƦ Ʒʽ ɩƱ ƩƮƯƦƮƳƶˈƱ̍ (3,5). 88 Es begegnet nur hier und in Act 27,3; 28,2; s. zur Bedeutung E. Plümacher, Art. ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀ, EWNT 3 (1998), Sp. 1015f. 89 S. Ap II 145.148.209–213 sowie 291 und bereits I 219ff. Vgl. genauer Gerber, Bild (s. Anm. 1), 369ff; Berthelot, Philanthrôpia (s. Anm. 35), 355ff. 90 ƦʡƷƳˈƵ in 3,1 referiert vermutlich auf die in Tit 2 angesprochenen Gemeindegruppen; mit J. Herzer, „Das ist gut und nützlich für die Menschen“ (Tit 3,8). Die Menschenfreundlichkeit Gottes als Paradigma christlicher Ethik, in: Eschatologie im frühen Christentum, FS G. Haufe, hg. v. C. Böttrich; Greifswalder Theologische Forschungen 11, Frankfurt a. M. 2006, 101–120: 107; anders z. B. Quinn, Letter to Titus (s. Anm. 62), 177, der es auf die in 1,10 angesprochenen Judenchristen bezieht. 91 Vgl. zur Aussage in ihrem Kontext insgesamt Herzer, Gut und nützlich (s. Anm. 90). Den paränetischen Impetus der Aussage über Gottes Menschenliebe, eine Herrschertugend (s. Marshall, Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 312f), unterstreichen auch N. Brox, Die Pastoralbriefe, RNT, Regensburg 51989, 306; Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 169; Marshall a. a. O. 313 (gegen U. Luck, Art. ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀ, in: ThWNT 9 [1973], 107–111: 111 Anm. 37). 92 Die aktivische Deutung des seltenen Wortes ƶƷƸƨƬƷˆƵ (‚hassend‘; vgl. Marshall, Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 311 Anm. 33) statt des meist übersetzten passivischen ‚verhasst‘, (s. W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments, 6. völlig neu bearb. Aufl., hg. v. K. Aland / Barbara Aland, Berlin u. a. 1988, s. v.) legt sich nahe aufgrund des Kontextes, der vom aktiven Verhalten spricht. Passivisch verstanden kann es wie in 1Klem 35,6 Gott als logisches Subjekt des Hasses voraussetzen, so dass Tit 3,3fin analog zu 1Thess 2,15 von der Feindschaft Gottes und der gegenseitigen Feindschaft spricht.

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(3,3). Unter „wir“ können im syntaktischen Zusammenhang, der eine Unterscheidung zwischen den von Titus betreuten Christinnen und Christen einerseits, dem Autor und seiner Gruppe andererseits impliziert, Judenchristen wie der Verfasser Paulus verstanden werden:93 „Selbst wir waren, obschon Juden und Jüdinnen, einst unverständig, ungehorsam, planlos, hassend und untereinander Feind“, ist dann zu paraphrasieren. So gelesen polemisiert der Text gegen ein jüdisches Bewusstsein ethischer Überlegenheit, und die Charakterisierung als ‚Hassende‘ wirkt wie die Aufnahme des Misanthropievorwurfs gegen die Jüdinnen und Juden.94 Und gefordert ist dann indirekt, dass sich die Glieder der christlichen Gemeinschaft von dieser Juden unterstellten Menschenfeindlichkeit absetzen, indem sie die in der Taufe erfahrene Menschenfreundlichkeit Gottes zeigen als „Milde gegenüber allen Menschen“ (3,2fin) und gute Werke tun, die den Menschen dienen (3,8).

Tit lässt also, für sich gelesen, eine judenchristliche Opposition erkennen, und auf diese weist auch, wie unten (II 3) ausgeführt wird, die fiktive Adressierung an Titus. Der Brief greift judenfeindliche Polemik auf, um seine Adressatinnen und Adressaten von dieser am jüdischen Gesetz orientierten Version des Christentums fern zu halten. Die Verwandtschaft mit den in Ap kolportierten judenfeindlichen Vorwürfen lässt vermuten, dass der Verfasser des Briefes nicht nur gegen eine judenchristliche Theologie und Ethik polemi––––––––––––– 93 Vgl. ähnlich Quinn, Letter to Titus (s. Anm. 62), 200. Die Referenz der emphatischen 1. Pers. Pl., die meist auf ein allgemeines nos Christianum bezogen wird, ergibt sich nur aus dem Aussagekontext; er lässt sich nicht mit 2,11–14 als „postconversionale Mahnrede“ zusammenfassen (so etwa Wolter, Pastoralbriefe [s. Anm. 76], 67f), denn in 2,11f nimmt die 1. Pers. Pl. die Rede von „allen Menschen“ auf. Der als Parallele angeführte Vers Gal 4,3 redet (ebenso wie Röm 7,5f) m. E. auch von „wir Judenchristen“. In den anderen vergleichbaren Texten mit ethischem Einst-Jetzt-Schema (Röm 6,17f; 1Kor 6,9–11; Gal 4,8–10; Eph 2,1–10.11–22; 4,17f; Kol 1,21f; 3,7f; 1Petr 1,14–21) spricht der Autor gerade nicht von einem ‚wir‘ oder ‚auch wir‘, sondern der jüdische (bzw. so fingierte) Adressant spricht die Adressierten auf ihre Vergangenheit an; das in Tit 3,3 betonte Motiv des Hasses fehlt zudem. (Nur in Eph 2,3ff steht ein „Wir“, hier aber ein durch folgendes ™ʾƱƷƪƵ explizit die zuvor angeredeten Adressaten inkludierendes „wir alle“). Im vorliegenden Kontext ist die Referenz auf „wir, Paulus und andere Judenchristen“ nahe gelegt durch die Gegenüberstellung zu denen, die Titus unterweisen soll und die bereits Christen sind (ƦʡƷƳ˄ 3,1), und durch den begründenden Zusammenhang. Auf ein jüdisches „Wir“ verweist auch die Anspielung auf die Unmöglichkeit der Gerechtigkeit aus Werken in 3,5 (vgl. dazu Herzer, Gut und nützlich [s. Anm. 90], 111 mit Anm. 32 [Lit!]). Bezieht man das „Wir“ in 3,3 hingegen auf ein allgemeines nos Christianum, wird die Gegenüberstellung sinnlos; eine Kontrastierung von Christinnen und Christen mit solchen, die immer noch nicht christlich sind (so Oberlinner, Titusbrief [s. Anm. 67], 166f; Marshall, Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 309) liegt fern, ist doch von Nichtchristen und deren Verhalten nirgends die Rede. Möglich ist allerdings auch eine Referenz auf Paulus und Titus. 94 Vgl. ähnlich Quinn, Letter to Titus (s. Anm. 62), 213f. Zu bestärken wäre diese These, wenn belegt wäre, dass der gegen Juden vielfach kolportierte Misanthropievorwurf (sogar 1Thess 1,15!) damals eine spezifisch antijüdische Assoziation und Semantik besaß (vgl. diese Frage Kamplings, Frage [s. Anm. 46], 184); die Untersuchungen zum semantischen Feld ‚Misanthropie‘ von Berthelot (Philanthrôpia [s. Anm. 35], 65–78) weisen nicht in diese Richtung.

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siert, sondern die christliche Offenbarung und ihr Ethos auch abrückt von Haltungen, wie sie jüdischen Menschen nachgesagt wurden.95 Es entsteht so der Eindruck, dass die Abgrenzungen nicht nur dem Erhalt der paulinischen Identität und der Aktualisierung der Paulustradition gelten,96 sondern auch auf Unterscheidbarkeit vom Judentum zielen.97 2. Parallelen in der positiven Topik von Titusbrief und Contra Apionem Trotz der Abgrenzungen finden wir aber eine große Ähnlichkeit im vertretenen Ethos zwischen der jüdischen Schrift und dem pseudopaulinischen Brief. Das hohe Alter der Verheißung Hat man die Kontroverse um das Alter der jüdischen Religion im Ohr, in die sich Josephus so ausführlich einschaltet, lässt die Formulierung in 1,2f aufhorchen. Im Präskript des Briefes autorisiert sich der Verfasser als „Paulus“, der mit dem Kerygma betraut ist, das die Hoffnung des ewigen Lebens beinhaltet und das „der nicht lügende Gott (bereits) vor ewigen Zeiten verheißen hat“ (1,2). Dem Brief geht es, ganz anders als Josephus, um die Legitimierung der Paulusverkündigung.98 Dennoch sehen wir hier eine entsprechende Problematik: Das späte Auftreten des Christenverfolgers Paulus könnte dessen Botschaft im Vergleich mit der alten, judenchristlichen Tradition als ‚neu‘ disqualifizieren. Dagegen wird hier das Alter des ihm aufgetragenen Kerygmas festgehalten, das für dessen Güte spricht. Die Formulierung kann auch einen antijüdischen Affekt haben: Ungewöhnlich ist sie darin, dass sie nicht ein Heilsereignis der Geschichte Israels als Verheißung benennt, sondern die Verheißung in die vorgeschichtliche Ewigkeit Gottes (™ƴ˅

––––––––––––– 95 Dies scheint begründet (nicht legitimiert!), insofern die Vorwürfe gegen Jüdinnen und Juden bald auf Christinnen und Christen übertragen wurden; vgl. H. Lichtenberger, Judaeophobia – von der antiken Judenfeindschaft zum christlichen Antijudaismus, in: G. Gelardini (Hg.), Kontexte der Schrift Bd. 1: Text, Ethik, Judentum und Christentum, Gesellschaft, FS W. Stegemann, Stuttgart 2005, 168–181: 177f. So weiß z. B. Tacitus bereits in Bezug auf den Brand Roms zu Zeiten Neros zu berichten von der Verurteilung der Christinnen und Christen wegen ihres Menschenhasses (Annales 15,44,4). 96 Diese Funktion stellen beispielsweise Wolter, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), bes. 267ff; Merz, Selbstauslegung (s. Anm. 58), heraus, jeweils in Bezug auf alle drei Pastoralbriefe. 97 Vgl. ähnliche Überlegungen bei Merz, Selbstauslegung (s. Anm. 58), 43, in Bezug auf 1Tim 4,3–5. 98 Vgl. insgesamt Wolter, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), 82–90; Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), z. St. Die Frage, worauf sich die Offenbarung bezieht, ob allgemein oder speziell auf das rechtfertigende Handeln Gottes (zur Kontroverse s. Oberlinner a. a. O. 10f), kann hier offen bleiben.

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ƺƴˆƱƼƱ ƦʅƼƱ˄ƼƱ) zurückdatiert.99 Damit wird nicht nur das Paulus anvertraute

Kerygma aufgewertet, sondern es werden zugleich die Offenbarungen Gottes in der Geschichte Israels übergangen.100 Eine Abwertung der jüdischen Geschichtsüberlieferung und -theologie mag auch in der pejorativen Rede von „jüdischen Mythen“ (1,14) oder Genealogien (3,9)101 impliziert sein. Hochschätzung der Ethik Neben der Lehre betont der Brief besonders die Bedeutung der angemessenen Lebensführung, wie er den Abweichlern unterstellt, moralisch zu versagen ––––––––––––– 99 Siehe genauer Wolter, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), 85f; Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 8. Die Besonderheit liegt nicht in der protologischen Verankerung der eschatologischen Ereignisse, sondern in der ‚Frühdatierung‘ der Verheißung in die Zeit ‚vor allen Zeiten‘. Sonst wird die Verheißung meist mit der Erwählungsgeschichte Israels (s. Röm 9,4) verbunden, etwa der Erwählung Abrahams (s. Röm 4,13); weitere Belege bei Wolter ebd. 100 Gegen Wolter, Pastoralbriefe (s. Anm. 76), 85f, der ausschließt, dass „Israel hier bewußt als Verheißungsträger ausgeschaltet werden soll“, weil er voraussetzt, dass das Problem der Kontinuität der christlichen Gemeinden mit Israel und seinen Verheißungen anders als zu Zeiten der Apostelgeschichte keine Rolle mehr spiele. 101 Auch ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮ in Tit 3,9 mag eine Anspielung auf die gegnerische Lehre sein. Worauf es referiert und welche Schlüsse daraus im Blick auf die ‚Irrlehrer‘ zu ziehen sind, ist sehr umstritten (vgl. Häfner, Nützlich [s. Anm. 76], 35ff). Während Schlarb, Gesunde Lehre (s. Anm. 76), 86ff aufgrund weniger philonischer Belege unter Genealogie die Urgeschichte neben μ̬ƭƳƵ für die Schöpfungsgeschichte und ƱˆμƳƵ für das Gesetz verstehen will, denkt Häfner a. a. O. 39, aufgrund der festen Verbindung des Doppelausdrucks μ̬ƭƳƮ ƯƦ˃ ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮ (1Tim 1,4) im Griechischen an gnostische Spekulationen über Archonten- und Äonenreihen. Nach Marshall ist wegen des Nebeneinanders von Gesetz und ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮ Letzteres als Urgeschichte zu verstehen. Angespielt sei auf die Bedeutung von Stammbäumen im Judentum, sowohl in der biblischen Erzählung wie für Priestergeschlechter (Pastoral Epistles [s. Anm. 62], 334f zu Tit 3,9). Tit 3,9 bleibt aber für sich gesehen sehr vage. μʾƺƦƮ ƱƳμƮƯƦ˄ lässt an jüdische Gesetzesdebatten denken, aber insgesamt kritisiert werden nicht bestimmte Inhalte, sondern die Streitereien, weil diese nutzlos und nichtig sind (3,9b), folglich weniger ein Inhalt als eine bestimmte ‚Streitkultur‘. Positives Gegenbild ist also die Einigkeit in der Lehre, wie es auch anschließend (3,10f) um den Umgang mit einem Menschen abweichender Meinung geht. Das mit dem Stichwort ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮ Bekämpfte ist innerhalb des judenchristlichen Paradigmas vorstellbar als jüdischer Tradition entsprechende Hochschätzung der Abstammung (vgl. nur Ap I 36; weitere Belege bei G. Kittel, Die ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮ der Pastoralbriefe, ZNW 20, 1921, 49–69; W. Speyer, Art. Genealogie, RAC 9 [1976], 1145–1268: 1201ff). Denkbar ist, dass die bekämpfte Seite mit einem Stammbaum Jesu argumentierte, wie ihn Mt 1,1 als Ƨ˄ƧưƳƵ ƨƪƱˀƶƪƼƵ einführt (vgl. ähnlich Thiessen, Christen [s. Anm. 62], 322; vgl. zu Diskussionen über die Abstammung Jesu Speyer a. a. O. 1223ff). Er zeichnet Jesus in die israelitische Genealogie ein und macht damit seine jüdische Abkunft sichtbar, die z. B. ein Argument sein könnte für die Beibehaltung der Beschneidung. (Auf eine solche Argumentation mit der Abrahamssohnschaft Jesu nimmt wohl Gal 3f Bezug.) Der Autor des Tit hat der Bedeutung der Abstammung bereits mit der Rede von der ™ƦưƮƨƨƪƱƪƶ˄Ʀ in 3,5 widersprochen: Das „Bad der Wiederentstehung und Erneuerung“ und die Geistgabe machen die Herkunftsfamilie unwichtig.

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und ihren angeblichen Gottesglauben durch ihre Taten zu verleugnen (1,16).102 Wie Josephus, so legt auch Tit höchsten Wert auf die ethische Praxis, und beide konvergieren auch inhaltlich, insbesondere in der Rezeption der traditionellen Tugendideale.103 Zu den Tugenden, zu denen nach Josephus das Gesetz erzieht104 (ƪʡƶˀƧƪƮƦ, ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬ, ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ),105 „erzieht“ (™ƦƮƩƪˈƳƸƶƦ) Tit 2,12 zufolge die ƺʾƴƮƵ Gottes: zur Abkehr von Gottlosigkeit und Begierden und dazu, „maßhaltend, gerecht, gottesfürchtig“ zu leben (ʊƱƦ ƶƼƹƴˆƱƼƵ ƯƦ˃ ƩƮƯƦ˄ƼƵ ƯƦ˃ ƪʡƶƪƧ̹Ƶ ƫ˂ƶƼμƪƱ).106 Der für Josephus so zentrale Begriff der ƪʡƶˀƧƪƮƦ begegnet auch in der Charakteristik des christlichen Ideals des Tit (1,1; 2,12)107 wie öfter noch in den anderen Pastoralbriefen.108 Der Begriff wurde, wie Standhartinger jetzt ausführlich dargestellt hat, „von den Pastoralbriefen in den neutestamentlichen Sprachgebrauch eingeführt“, ohne ihn zu erläutern. Er setzt also ein Verständnis aus dem zeitgenössischen Gebrauch voraus.109 Die zunehmende Begriffsverwendung im 1. Jh. n. Chr., auch im hellenistischen Judentum,110 reagiert offensichtlich auf die Hochschätzung der pietas als Tugend des

––––––––––––– 102 Vgl. zur paränetischen Ausrichtung des Briefes, der auch die Gegnerbeschreibungen via negativa zuarbeiten, A. Malherbe, Paraenesis in the Epistle to Titus, in: J. Starr u. a. (Hg.), Early Christian Paraenesis in Context, BZNW 125, Berlin u. a. 2004, 297–317. 103 Tit und Ap gemeinsam ist neben dem im Folgenden Genannten die Hochschätzung der ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ (vgl. Tit 1,8; 2,2.4.5.6.12 und Ap II 170.186.195.204) sowie der Gerechtigkeit (Ʃ˄ƯƦƮƳƵ ƯƷư. in Tit 1,8; 2,12 und Ap II 146.170.291) und Milde (vgl. ɩ™ƮƪƮƯ˂Ƶ in Ap II 211 und Tit 3,2). Ein Vergleich der sprachlichen Besonderheiten der Pastoralbriefe mit dem Wortgebrauch des Josephus zeigt weitere Übereinstimmungen. ʢƨƮ˂Ƶ ƯƷư. z. B. beschreibt in Tit 1,9.13; 2,1f.8 wie sonst in den Pastoralbriefen die Richtigkeit der Lehre. Diese nicht biblische, sondern griechisch-hellenistische Metaphorik (vgl. U. Luck, Art. ʢƨƮ˂Ƶ ƯƷư., ThWNT 8 [1969], 308–313: 308, zur breiten Verwendung dieses Wortgebrauchs in der griechischen Philosophie) begegnet wiederholt bei Josephus, dreimal auch in Ap (I 213.222; I 204 [als Zitat des Hekataios]; vgl. Bell I 7; V 326; VII 431; Ant VII 381 u. ö.). 104 Zum erzieherischen Charakter des Gesetzes vgl. Ap II 171–175, bes. 175, wo das Gesetz schönstes und wichtigstes ™Ʀ˄ƩƪƸμƦ genannt wird. 105 Vgl. Ap II 145.170. 106 Diese Liste stimmt mit der des Josephus auch in der Übergehung der klassischen Kardinaltugend ƹƴˆƱƬƶƮƵ überein; vgl. zum römischen Kolorit auch die Vergleichslisten bei Mary R. D’Angelo, ƋʡƶˀƧƪƮƦ. Roman Imperial Family Values and the Sexual Politics of 4 Maccabees and the Pastorals, Biblical Interpretation 11, 2003, 139–165: 158. 107 Vgl. auch ʚƶƮƳƵ Tit 1,8 und Ap II 188.192 sowie əƶˀƧƪƮƦ Tit 2,12. 108 1Tim 2,2; 3,16; 2Tim 3,12 u. ö. 109 Angela Standhartinger, Eusebeia in den Pastoralbriefen. Ein Beitrag zum Einfluss römischen Denkens auf das entstehende Christentum, NT 48, 2006, 51–82: 51. Vgl. bereits D’Angelo, ƋʡƶˀƧƪƮƦ (s. Anm. 106). 110 Vgl. zur jüdisch-hellenistischen Rezeption bei Philo, Josephus und im 4Makk Standhartinger, Eusebeia (s. Anm. 109), 70–76; D’Angelo, ƋʡƶˀƧƪƮƦ (s. Anm. 106), 145– 157.

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Kaisers in imperialer Propaganda111 und auf ihre Rolle im Entwurf eines „gesellschaftspolitischen Programms“112 seit Augustus. Die Aufnahme in den jüdischen und christlichen Schriften lässt sich als apologetische Strategie erklären, um „in einer Gesellschaft, die auf der pietas des Kaisers und gegenüber dem Kaiser beruht, zu überleben“.113 Die patriarchale Ordnung des Hauses und die Hierarchie Auch der nicht biblisch begründete, sondern am aristokratischen Ethos orientierte Entwurf des patriarchalen Haushalts, eines Ideals, dessen werbendapologetischen Charakter wir bei Josephus bereits bemerkten, begegnet uns im Tit.114 Selbst wenn dieser nicht derartig misogyn argumentiert wie 1Tim 2,9–15, fordert er die Unterordnung von Ehefrauen unter ihre Männer (2,4) und entwirft eine religiöse Ämterhierarchie, die den Ausschluss der Frauen vom Presbyteramt (Tit 1,5f) impliziert. Der Brief verbindet die gemeindliche Ordnung mit der des idealen, vom pater familias regierten Oikos.115 Eine den Ämterspiegeln des Tit (1,5–9) vergleichbare Darstellung der priesterlichen Qualitäten führt Josephus in Ap II 185–187.193f an. Er nennt in einem rhetorischen Höhepunkt seiner Darstellung die priesterliche Hierarchie als Zeichen der unverbesserlichen Güte der Verfassung (II 184–189). Mose installierte diese ähnlich, wie Titus das nach 1,5 tun soll. Wie es Titus (3,10f) und den Episkopen übertragen wird, die Reinheit der Lehre zu beobachten und Widersacher zu überführen (1,9), so überwachen nach Josephus die Priester das Gesetz und ahnden Verstöße (II 187.194). Gut denkbar ist, dass wie Josephus so auch Tit mit dem patriarchalen und hierarchischen Prinzip die Erwartung einer positiven Außenwirkung verbindet.

––––––––––––– 111 Vgl. im Einzelnen Standhartinger, Eusebeia (s. Anm. 109), 61ff, für die Verwendung seit Augustus. 112 Standhartinger, Eusebeia (s. Anm. 109), 52. Im Einzelnen ist dieses Programm z. B. durch die Ehegesetze des Augustus, die auf eheliche Treue und Erzeugung legitimer Nachkommen zielen, umgesetzt (a. a. O. 62f). Pietas betrifft auch die Unterordnung der Ehefrauen, wie sie vorbildlich durch die Frauen Trajans und Hadrians verkörpert wurde (a. a. O. 65ff). 113 Standhartinger, Eusebeia (s. Anm. 109), 76. 114 Das Unterordnungsideal formuliert Tit im Blick auf verschiedene Gruppen in 1,6.10; 2,5.9; 3,1 mit ʢ™ƳƷʾƶƶƪƮƱ bzw. negativ belegtem əƱƸ™ˆƷƦƯƷƳƵ. 115 Tit 1,5f. Vgl. insgesamt zu den Pastoralbriefen Ulrike Wagener, Die Ordnung des „Hauses Gottes“. Der Ort von Frauen in der Ekklesiologie und Ethik der Pastoralbriefe, WUNT II / 65, Tübingen 1994; Mary R. D’Angelo, „Knowing How to Preside over His Own Household“. Imperial Masculinity and Christian Asceticism in the Pastorals, Hermas, and Luke-Acts, in: S. D. Moore u. a. (Hg.), New Testament Masculinities, SBL.Semeia Studies 45, Leiden u. a. 2004, 265–295: 271ff.

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Politische Unauffälligkeit Tit 3,1 fordert zu Gehorsam und Unterordnung unter die əƴƺƦ˃ ɩƲƳƸƶ˄ƦƮ auf und verlangt, so zu handeln, dass es allen Menschen gut tut.116 Beides wird als Zeichen rechten Glaubens gewertet, wie mangelnde Unterordnung Zeichen des Abfalls ist (1,10).117 Das geforderte Verhalten wirkt natürlich konfliktvermeidend gegenüber dem politischen System, und so erinnert Tit an den Versuch des Josephus, das Judentum als politisch unverdächtig darzustellen. Während bei ihm jedoch Grenzen der Akzeptanz von Fremdherrschaft sichtbar werden – die Bedingung der Unterordnung ist die Möglichkeit der Gesetzeseinhaltung, was impliziert, dass der göttliche Wille über den politischen Machthabern steht (II 277) –, scheint im Tit Anerkennung der politischen Herrschaft unbedingt.118 Das eingeforderte christliche Ethos entspricht also Idealen, die weder spezifisch christlich noch spezifisch jüdisch sind. So will Tit in einem ‚multitasking‘, das Ap vergleichbar ist, allerdings gerade Jüdisches verunglimpft, innergemeindliche Opposition bekämpfen und zugleich seine Version der christlichen Gemeinschaft als ‚gesunde‘ Lehre mit einem für nichtchristliche Leserinnen und Leser nicht nur unanstößigen (so explizit 2,8), sondern römischen Idealen entsprechenden, gerade nicht als jüdisch assoziierten Ethos darstellen.119 Der Wunsch nach breiter Akzeptanz des Christentums lässt nicht nur das Gespräch mit den jüdischen Geschwistern vermissen, sondern geht auf ihre Kosten. 3. Lokalkolorit und historischer Ort Unterstützung finden diese Annahmen zur Intention des Briefes durch einen Blick auf seinen fiktiven Ort einerseits, seinen historischen andererseits.120

––––––––––––– 116 Vgl. insgesamt zu Text und Parallelen Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 161–164; Herzer, Gut und nützlich (s. Anm. 90), 105ff. 117 Oberlinner, Titusbrief (s. Anm. 67), 163. 118 Eine Relativierung der politischen Herrschaft im Titusbrief mag nur indirekt hörbar sein wegen des Fehlens einer Aussage über die göttliche Setzung der Herrschaft, anders als in Röm 13,1–7 und 1Petr 2,13, vgl. Herzer, Gut und nützlich (s. Anm. 90), 106. 119 Dass Tit sich (unter den Pastoralbriefen) besonders der Aufgabe widmet, die Rolle und Wirkung der Gemeinden im städtischen Rahmen zu begründen, zeigt K. Löning, Epiphanie der Menschenfreundlichkeit. Zur Rede von Gott im Kontext städtischer Öffentlichkeit nach den Pastoralbriefen, in: M. Lutz-Bachmann (Hg.), Und dennoch ist von Gott zu reden, FS H. Vorgrimler, Freiburg u. a. 1994, 107–124: 119–121. Neben 2,8 bezeugen auch die Finalsätze 2,5.10 die Wendung ad extram. 120 Ich gehe mit der Mehrheit der Forschung von einer Abfassung des Titusbriefes um die Jahrhundertwende aus (vgl. Schnelle, Einleitung [s. Anm. 77], 381f), obwohl die Argumente

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Wie wir sahen, vermengt der Brief die Polemik gegen Kreter und Juden. Titus ist in der Fiktion des Briefes auf Kreta, von Paulus dort zurückgelassen, um von Stadt zu Stadt zu reisen und „Widersacher“ (əƱƷƮưˀƨƳƱƷƪƵ) zu bekämpfen (1,5.9). Die Lokalisierung auf Kreta ist auffällig, weil wir weder von Paulus selbst noch von der Apostelgeschichte irgendwelche Nachrichten über einen Missionsaufenthalt des Paulus auf der Insel haben,121 sondern nur spätere und wohl vom Tit beeinflusste Traditionen über dessen Wirksamkeit dort.122 Warum also Titus, warum Kreta? Den Titus hat Paulus selbst nicht als seinen Sohn gewürdigt wie den Timotheus (1Kor 4,17; Phil 2,22), aber er führt seine Person im Zusammenhang mit der Frage der beschneidungsfreien Mission im Galaterbrief an:123 Titus ist nicht nur „lebendiges Argument für das gesetzesfreie Evangelium an die Heiden“,124 sondern verkörpert als bleibend Unbeschnittener die Akzeptanz dieser Mission seitens der Jerusalemer Autoritäten (Gal 2,1–3).125 Er steht also im Kontext der paulinischen Tradition insbesondere für das unbeschnittene Christentum. Und was Kreta betrifft, so wissen wir doch zumindest, dass dort spätestens seit dem 2. Jh. v. Chr. Jüdinnen und Juden lebten. Dies entnehmen wir verschiedenen Quellen,126 u. a. der Nachricht des Josephus, der bekanntlich der vom Tit favorisierten Einehe abhold war, dass die vierte und letzte seiner Ehefrauen aus Kreta stammte (Vita 427). Die Zeugnisse lassen annehmen, dass

––––––––––––– der Datierung die Zusammengehörigkeit der Pastoralbriefe voraussetzen. Tit bietet keine Anhaltspunkte für Datierung und Lokalisierung. 121 Act 27,7ff weiß nur über des Paulus unerfreuliche Fahrt entlang der Südküste Kretas während seiner Überführung nach Rom zu berichten. 122 Vgl. zu Kreta und den Nachrichten aus der Alten Kirche Schlarb, Gesunde Lehre (s. Anm. 76), 56–58; zur Tradition von Titus als Bischof Kretas Brox, Pastoralbriefe (s. Anm. 91), 21f. Die nach Tit nächste Nachricht über die Christenheit auf Kreta ist erst bei Euseb zu finden (h. e. IV 23,5ff). 123 Vgl. W.-H. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter. Untersuchungen zu Theorie und Praxis der paulinischen Mission, WMANT 50, Neukirchen-Vluyn 1979, 33–37, zu den Erwähnungen des Titus in den Homologumena des Paulus. Abgesehen von Gal 2,1–3 spielt Titus im 2Kor eine Rolle, hier als Verbindungsmann zur Gemeinde in Korinth (2,13; 7,6ff; 12,18) und Promotor der Kollekte (Kap. 8). Auch für die Organisation der Kollekte kann sich Titus gerade als akzeptierter Vertreter der heidenchristlichen Kirche empfohlen haben (so Ollrog a. a. O. 36f). 124 Brox, Pastoralbriefe (s. Anm. 91), 20. 125 Auf diese Rolle des Titus weist auch Schlarb, Gesunde Lehre (s. Anm. 76), 85f, hin; er sieht eine entsprechende Tendenz hinter der ‚Inanspruchnahme‘ von Zenas und Apollos (3,13), die beide für das paulinisch orientierte Judenchristentum stehen sollen. 126 Die Belege (einschließlich Tit 1,10) sind zusammengestellt und interpretiert von P. W. van der Horst, The Jews of Ancient Crete, JJS 39, 1988, 183–200; vgl. nun auch die Zusammenstellung der auf Kreta gefundenen jüdischen Inschriften, die allerdings sämtlich erst späteren Datums sind: Inscriptiones Judaicae Orientis. Eastern Europe, hg. v. D. Noy u. a., TSAJ 101, Tübingen 2004, 249–253.

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die Diasporajuden nicht gering an Zahl und zumindest teilweise wohlhabend waren.127 Eine besondere Auffälligkeit unter den kretischen Juden und Jüdinnen, die ihre Erwähnung im Tit erklären könnte, ist nicht überliefert. Tacitus allerdings kolportiert in seinem Judenexkurs der Historiae als erste von sechs Theorien über den Ursprung des jüdischen Volkes die Legende, dass die Juden aus Kreta stammen, wie die Etymologie belege: Der Name Idaeus sei von dem kretischen Berg Ida abgeleitet, und Jupiter habe die Juden mit Saturn von der Insel vertrieben, woraufhin die Flüchtlinge sich in Libyen ansiedelten.128 Wenn das stimmt, hat Tit für seine gleichzeitige Polemik gegen Juden und Kreter natürlich gute Gründe. Wie dem auch sei – es ist jedenfalls denkbar, dass die Adressatenfiktion des Briefes darauf Bezug nimmt, dass es auf Kreta um die Jahrhundertwende nicht nur eine jüdische Diaspora, sondern auch Christinnen und Christen aus jüdischen Familien gab, die bereits länger auf Kreta ansässig waren. Unterschiedliche Haltungen zum jüdischen Gesetz mögen sich in dieser dritten christlichen Generation, in der die Gemeinden nicht mehr aus einzelnen, sondern, wie der Brief deutlich spiegelt, aus christlichen Familien bestanden,129 stärker ausgewirkt haben, z. B. in der Frage, ob man den Sabbat oder Sonntag begeht,130 seine neugeborenen Söhne beschneiden lässt oder welche Reinheitsgebote einzuhalten sind. Ob es dem Brief tatsächlich um aktuelle Verhältnisse auf der Insel ging oder er nur im Rahmen seiner Fiktion auf Kreta Bezug nahm, um unter Verwendung der bekannten Vorurteile gegen die Insulaner eine Kontroverse zu exemplifizieren und in den Anweisungen an Titus als ‚dem‘ Heidenchristen der paulinischen Mission Prinzipien zu dekretieren, das ist für uns nicht mehr zu klären. Dass der Autor, wie hier gedeutet, darauf bedacht war, das Christentum vom Judentum zu unterscheiden, müsste an der zeitgenössischen Situation noch deutlicher aufgewiesen werden.131 Auseinandersetzungen um die

––––––––––––– 127 Mit van der Horst, Jews (s. Anm. 126), 187. 128 Tacitus, Historiae 5,2,1; zur Interpretation vgl. M. Stern (Hg.), Greek and Latin

Authors on Jews and Judaism, Fontes ad Res Judaicas Spectantes, Bd. 2, Jerusalem 1980, 32ff; van der Horst, Jews (s. Anm. 126), 188f; Feldman, Jew (s. Anm. 84), 184–188. Feldman weist auf mit einzelnen Ausdrücken und Aspekten dieser Legende verbundene positive Assoziationen hin, etwa, dass mit dieser Ableitung hohes Alter und große Reputation verbunden seien, da die Kreter mit ihrem Gesetzgeber Minos, Sohn des Zeus, unter Griechen (bei Plato und Aristoteles) in großer Achtung standen. 129 Den familiären Kontext der christlichen Gemeinden spiegelt neben 1,11b die Vorstellung von den Presbytern als Vorständen christlicher Familien (1,6) und von jungen Frauen als Hausfrauen und Müttern (2,4). 130 Vgl. für diese Fragen z. B. noch Ignatius, Epistula ad Magnesias 9,1; 19,3. 131 Wie die Erforschung des Judenchristentums überhaupt, so ist auch die Frage seiner historischen Verortung noch genauer zu klären; vgl. nur Tomson, War (s. Anm. 75). Tit lässt

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Geltung des Gesetzes im Christentum einerseits, verstärkte Ressentiments gegen Jüdinnen und Juden nach der Zerstörung Jerusalems andererseits, welche Josephus zur Abfassung der Apologie bewogen haben,132 können auch für den Verfasser des Tit ein Motiv gewesen sein,133 nur eben nicht zur Verteidigung des Judentums als der Mutter des Christentums, sondern zur Selbstdefinition durch Distanzierung von Jüdischem.

III. Apologie contra Antijudaismus. Zum Schluss Die Schrift Contra Apionem des Josephus wies uns auf die positive Bedeutung der Apologetik als des Versuches, sich Fremden oder Kritikern gegenüber verständlich zu machen. Der Titusbrief setzt die Polemik an die Stelle solcherart Apologetik als der positiven Selbsterklärung gegenüber Andersdenkenden. Er hat nicht nur das Gespräch mit den Jüdinnen und Juden, sondern sogar mit den gesetzestreuen Christusgläubigen aufgegeben. Ein paar antijüdische Stereotypen reichen, um sich durch Abgrenzung gegenüber anderen zu profilieren; eine gemeinsame Argumentationsbasis mit den Andersdenkenden wird gar nicht gesucht.134 Der Brief ist damit ein Beispiel für die allzu bekannte Neigung, sich auf Kosten Dritter zu profilieren, die Josephus in ihren niederen Absichten in seiner Apologie offen legte, der er allerdings auch anheim fiel.

––––––––––––– aufgrund des polemischen Kontextes keine Rückschlüsse auf das historische Judenchristentum zu, aber zeugt nach der hier entfalteten Argumentation von seiner Präsenz an der Jahrhundertwende. 132 E. Mary Smallwood, The Jews under Roman Rule. From Pompey to Diocletian, SJLA 20, Leiden 1976, 378–384; Gerber, Bild (s. Anm.1), 326–328, zur möglichen Aktualität des Atheotes-Vorwurfs unter Domitian. Die Forschung widmet der Frage nach einem politischaktuellen Anlass für die Abfassung von Ap wesentlich weniger Aufmerksamkeit als dem rhetorischen und literarischen Charakter der Schrift. 133 Zu den gegenseitigen Verhältnissen nach dem Jüdischen Krieg vgl. Tomson, War (s. Anm. 75), 7ff: „It is ... likely that the war has extremely aggravated existing tensions not only between Jews and non-Jews in general, but also between Gentile and Jewish Christians“ (a. a. O. 7). Auch die von Vespasian eingeführte Erhebung des fiscus Iudaicus, eine nicht geringe finanzielle Bürde für jüdische Familien, machte die Zuordnung zum Judentum sehr unattraktiv (s. Smallwood, Jews [s. Anm. 132], 371–376). 134 Ein Beispiel für die Suche nach einer gemeinsamen Argumentationsbasis könnte der Dialog sein, den Justin nach der fiktiven Situierung etwa eine Generation später mit Trypho, einem ɰƧƴƦ̝ƳƵ ɩƯ ™ƪƴƮƷƳμ̏Ƶ führte (1,3), gerade auch über Fragen der Bedeutung des Gesetzes und seiner Praxis, die offenbar noch virulent waren (s. Kap. 12–23). Allerdings lässt auch diese Schrift es durchaus nicht an antijüdischen Invektiven fehlen, und D. Rokéah urteilt wegen der von Justin entfalteten These, die Christen hätten die Juden substituiert: „Justin has no place in any dialogue designed to create Jewish-Christian understanding“ (Justin the Martyr and the Jews, Jewish and Christian Perspectives Series 5, Leiden u. a. 2002, 134).

Antijudaismus und Apologetik

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Wenn die hier entwickelte Deutung zutrifft, verdunkelt der Titusbrief verhängnisvoll das Wirken des Paulus, der im Römerbrief, aber auch im Galaterbrief darum bemüht war, innerhalb jüdischer Denkvoraussetzungen für sein heidenchristliches Evangelium zu argumentieren. Tit ignoriert nicht nur das Gespräch mit den Jüdinnen und Juden und auch den jüdischen Gesetzen folgenden Christinnen und Christen, sondern er verwendet die Polemik gegen das Judentum wie kreterkritische Stereotypen zur positiven Selbstdarstellung bei heidenchristlichen Lesern und Leserinnen. Mittelbar eignet sich diese interne Verständigung zur konfliktvermeidenden und so apologetischen Präsentation gegenüber römisch kultivierten Nichtchristen. Die jüdischen und judenchristlichen Menschen scheinen der Apologie nicht mehr wert. Hier stoßen wir auf eine strukturelle und inhaltliche Wurzel des christlichen Antijudaismus und auch Antisemitismus.135

––––––––––––– 135 Damit sei die komplexe Frage nach den christlichen Wurzeln des Antisemitismus nicht beantwortet, sondern nur benannt. Vgl. für die jüngere Literatur und Diskussion Kampling, Frage (s. Anm. 46); Lichtenberger, Judaeophobia (s. Anm. 95).

Hostility to Jews as Cultural Construct: Egyptian, Hellenistic, and Early Christian Paradigms In honour of Erich S. Gruen, on his retirement by

JOHN M. G. BARCLAY Josephus’ apologetic work, Contra Apionem, is our fullest, our clearest and our single most instructive collection of evidence for ancient comments on Jews and their culture. After evaluating and citing a host of ‚witnesses‘ to Jewish antiquity (I 6–218), Josephus responds to a series of derogatory tales concerning the exodus of polluted or leprous Jews from Egypt, as told by Manetho, Chaeremon and Lysimachus (I 219–320), before answering a variety of ‚libels‘ circulated by Apion (II 1–144) and refuting moral and political slurs on the Jewish people cast by Apollonius Molon and others (II 145–286).1 Many of the authors he cites are otherwise unknown, and several not known for their comments on Jews. Thus, through this apology we are able to trace patterns and paradigms in ancient hostility to Jews that we would otherwise never have known. But the historian needs to beware. Because Josephus’ ethnic apology is unique among ancient sources – because no-one else in antiquity, as far as we know, collected and refuted slurs against their nation – we are inclined to assume that hostility to Jews was unique in antiquity, in degree or kind (or both).2 Recent scholarship has rightly warned against this assumption. ––––––––––––– 1 For commentary on this text see my: Flavius Josephus. Translation and Commentary. Vol. 10: Against Apion, Leiden 2007. For book 1, see also D. Labow, Flavius Josephus Contra Apionem, Buch 1: Einleitung, Text, Textkritischer Apparat, Übersetzung und Kommentar, Stuttgart 2005. 2 In common with many contemporary scholars I am disinclined to employ the term ‚antiSemitism‘ in relation to antiquity, since it was coined in, and inherently reflects the conditions of 19th-century racial ‚science‘, with its distinction between ‚Aryan‘ and ‚Semitic‘ races. The adjective ‚antisemitic‘ first appears (in German: ‚antisemitisch‘) in 1879 (W. Marr), and the term was applied to antiquity in conscious parallel with 19th-century politics; for recent critical discussion of the term, see, e. g., S. J. D. Cohen, „Anti-Semitism“ in Antiquity. The Problem of Definition, in: History and Hate. The Dimensions of Anti-

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Whether we examine Greek stereotypes of Persians and Scythians, Roman disdain of Gauls, or the constant stream of jokes, jibes and insults levelled at Egyptians, the ancient world was full of xenophobic prejudice.3 If Josephus gathers a large numbers of slanders against Judeans, and Reinach and then Stern could gather still more in their compendia of Greek and Latin literature on Jews and Judaism, one could fill many more volumes with negative comment on Egyptians; Juvenal’s few lines on Jews / Judeans, for instance, are heavily outweighed by his satire-length assault on the „demented Egyptians“.4 Despite such parallels, it has been argued that there is some factor in ancient hostility to Jews / Judeans, some element in the hatred or the acts of violence against them, which suggests that they were treated not merely like other „barbarians“, but „a little more so“.5 But the case is highly questionable: There are unique elements in all ancient ethnic stereotypes, and attempts to quantify degrees of hostility are inevitably subjective.6 What is more, one

––––––––––––– Semitisms, D. Berger (ed.), Philadelphia et al. 1986, 43–47; Z. Yavetz, Judeophobia in Classical Antiquity. A Different Approach, JJS 44, 1993, 1–22. For attempts to hold onto this term, as expressive of something ‚unique‘ about ancient hostility to Jews, see below. Another linguistic conundrum is harder to solve: Should one refer to the ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ / Judaei in ancient sources as ‚Jews‘ or ‚Judeans‘? The latter preserves what is often an integral component of the term in antiquity – an association with the land of ‚Judaea‘ (by birth or affiliation). But it may also mislead if it is heard to apply only to Jews resident in Judaea, or to residents in the Roman province only (and not, therefore, Galileans). For discussion, see my Against Apion (see n. 1), lx–lxi. In what follows, I will use ‚Jews‘ and ‚Judeans‘ interchangeably, and often in conjunction (‚Jews / Judeans‘) to avoid misunderstanding. The translation issue will become important in discussion of 1Thess 2,14–16. 3 See now B. Isaac, The Invention of Racism in Classical Antiquity, Princeton 2004, though the label ‚racism‘ is misleading. Earlier analysis in A. N. Sherwin-White, Racial Prejudice in Imperial Rome, Cambridge 1967. 4 G. Bohak, The Ibis and the Jewish Question. Ethnic Bias in the Greco-Roman World, in: Jews and Gentiles in the Holy Land in the Days of the Second Temple, the Mishnah and the Talmud, M. Mor et al. (eds.), Jerusalem 2003, 27–43; see also G. Bohak, Ethnic Stereotypes in the Greco-Roman World. Egyptians, Phoenicians, and Jews, Proceedings of the Twelfth World Congress of Jewish Studies, Jerusalem 2000, 7–15. 5 So Z. Yavetz, Judeophobia (see n. 2); idem, Judenfeindschaft in der Antike, München 1997; Latin Authors on Jews and Dacians, Historia 47, 1998, 77–107. Cf. P. Schäfer’s attempt to identify some difference in the extreme of hatred directed against Jews / Judeans, in their identification as „the ‚evil incarnate,‘ denying and perverting in their xenophobic and misanthropic hatred all cherished values of humankind, conspiring against the civilized world“ (P. Schäfer, Judeophobia. Attitudes Toward the Jews in the Ancient World, Cambridge / London 1997, 206). 6 Schäfer’s depiction (see n. 5) is itself exaggerated (no ancient source speaks of Jews / Judeans as „evil incarnate“), and charges of antisocial behaviour, and hostility to others’ religion, are levelled against other nations beside Jews (e. g. Cicero, Pro Fonteio 30, on the Celts). It seems particularly precarious to attempt to justify the retention of the term ‚antiSemitism‘ on the basis of this supposed difference in the degree of hatred directed against

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finds that Josephus himself, despite his rhetorical outrage at the slanders directed against Judeans, does not regard this phenomenon as sui generis: He places it squarely alongside other examples of prejudice, especially in the rivalries between city-states (Ap I 219–220). This is, of course, not to excuse ancient prejudice or hatred of Jews, just to normalise it: It is only because we care less about the reputation of other ancient peoples that we single out hostility to Jews and misjudge it as unique. A more serious source of distortion lies in Josephus’ tendency to homogenise hostility to Jews / Judeans, to treat it as a single phenomenon whose roots lie in a single cultural tradition. In Ap I 223–226 he claims that „it was the Egyptians who initiated the slanders against us, and certain people who wanted to gratify them attempted to twist the truth“ (I 223). As the context makes clear, this concerns in particular the accounts of the exodus from Egypt, from which Josephus proceeds to cite the accounts of Manetho, Chaeremon and Lysimachus (I 227–320). But his response to Apion also centres on the identification of Apion as an „Egyptian“ (e. g., II 28–32.65–68.141–144), and when he mentions other authors (Posidonius, Apollonius Molon, Mnaseas, II 79.112) he makes no attempt to situate their hostile stories within any other cultural tradition. Thus Josephus provides almost no historical and cultural contextualisation for the literary sources he cites, encouraging modern scholars to speak of ‚pagan‘ hostility to Jews as a single and unitary phenomenon (as ‚anti-Semitism‘, a singular ‚-ism‘), arguably distinguishable from subsequent Christian ‚anti-Judaism‘, but not internally divisible or diverse. Since some of the stories and stereotypes he recounts, and others we know from elsewhere, show similarities and traces of continuity, we are inclined to trace ancient hostility to Jews / Judeans diachronically, noting stages in its development from Egyptian origins through the Hellenistic era and into the Roman world. But it is generally assumed that it is the same phenomenon we are tracing through these stages and settings, a common and universal disdain or hatred of Jews. Moreover, Josephus’ use of psychological explanations (Egyptian envy and feelings of religious inferiority, I 224–226) and his rhetorical depiction of the mental ill-health of his opponents (e. g., I 222.226; II 132) are echoed in a common scholarly propensity to describe ‚antiSemitism‘ as an ancient pathology, an infectious psychic aberration passed down through the generations, whose deep impulses forged the ‚Jew haters‘ and ‚Jew baiters‘ we witness in our literature.7 ––––––––––––– Jews / Judeans. Contra Schäfer, Judeophobia (see n. 5), 197–211; Cohen, Antiquity (see n. 2), 47. 7 For the language of ‚infection‘ see, e. g., N. de Lange, The Origins of Anti-Semitism. Ancient Evidence and Modern Interpretations, in: Anti-Semitism in Times of Crisis, S. L. Gilman / S. T. Katz (eds.), New York / London 1991, 21–37: 34 („Prejudices can be

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Against such Josephan, but still modern, tendencies, I propose that we can and should identify distinct cultural frameworks within which Jews / Judeans gained a negative reputation, that is, different cultural logics which represented them as the despicable ‚other‘. While the literary tradition might draw from predecessors of a different time and place, we can understand ancient hostility to Judeans only when we place it within its specific cultural frames – Egyptian, Hellenistic, Christian – and ask what cultural work it is being required to undertake. This suggests that division of our material by topic (e. g., expulsion from Egypt, abstinence from pork) is likely to reinstitute a homogenising approach, even if the material is treated in chronological order.8 Nor is it likely to be useful to divide the evidence according to the social sources of hostility or opposition (governments, masses and intellectuals).9 A historical perspective is essential, alert to differences in historical circumstance and context, but above all to the cultural matrices in which expressions of hostility to Jews / Judeans are found.10 Although this tends towards a ‚functionalist‘ rather than an ‚essentialist‘ account of ancient anti-Judaism,11 it does not limit its explanation to purely transient historical and social causes. By seeking to identify broader cultural matrices, this analysis attempts to place hostility to Jews within a context narrower than ‚paganism‘ or ‚GrecoRoman antiquity‘, but wider than the specific circumstances of the pogrom in Alexandria or the psychology of any individual author. To identify different varieties of ancient hostility to Jews / Judeans as the product of large sociocultural forces is not, of course, to excuse them, but it promises to provide a better understanding of what remains an otherwise amorphous and puzzling phenomenon. And the same method of analysis could be applied to explanations of favourable attitudes towards Jews / Judeans, which are as much a

––––––––––––– infectious“). For the language of „Jew haters“ and „Jew baiters“ see, e. g., Yavetz, Authors (see n. 5), 81, and A. Kasher, Polemic and Apologetic Methods of Writing in Contra Apionem, in: Josephus’ Contra Apionem. Studies in Its Character and Context, L. H. Feldman / J. R. Levison (eds.), Leiden 1996, 143–186. 8 So, e. g., Schäfer, Judeophobia (see n. 5); cf. J. N. Sevenster, The Roots of Pagan AntiSemitism in the Ancient World, Leiden 1975. 9 So, e. g., L. H. Feldman, Jew and Gentile in the Ancient World. Attitudes and Interactions from Alexander to Justinian, Princeton 1993, chapters 3–5. 10 The rigorously historical approach was first fully developed by I. Heinemann who identified three contexts of conflict (Syrian-Palestinian, Egyptian, Roman) in which hostility to Jews arose („Antisemitismus“, PW Suppl. V, 3–43). My concern is to place these conflicts within wider cultural contexts and to identify the logic by which Jewish / Judean traits were considered unacceptable. 11 For discussion of Hoffmann’s distinction between these two approaches in the work of modern German historians of antiquity, see Schäfer, Judeophobia (see n. 5), 2–6.

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product of cultural prejudices (social, philosophical and religious) as are the negative opinions examined here.12 Our starting point, therefore, is to normalise ancient hostility to Judeans, to differentiate between its various forms, and to contextualise it within particular historical and cultural configurations. By gathering his materials in one treatise, Josephus gave the impression that they all constituted a single thing, a united barrage of slanders against his people. That impression has remained in scholarly discussions of ancient ‚anti-Judaism‘, and the presence of negative comments about Judeans in early Christianity has induced discussion about whether they are, or are not, the same as their ancient (singular) counterpart in the pagan world.13 I would like to suggest, by contrast, that we can distinguish at least two different pre-Christian cultural paradigms within which hostility to Judeans was expressed – one Egyptian, the other Hellenistic14 – and that the New Testament (of which I can discuss here only one text) bears witness to the emergence of a new, third, paradigm, borrowing some elements from the Hellenistic tradition but creating a new cultural logic which generates its own form of hostility to Jews.

––––––––––––– 12 As E. Gruen has argued (Heritage and Hellenism, Berkeley 1998, 41–43), it makes little sense to divide sources according to the usual binary of ‚pro- or anti-Jewish‘. Not only are many mixed in their evaluations, but, more fundamentally, this presupposes that their chief purpose is a positive or negative stance towards Jews / Judeans. Most have an agenda of their own, to which Jews are sometimes quite peripheral. In any case, it is as necessary to explain why Jews are sometimes favourably depicted as why they are sometimes loaded with negative stereotypes. For a significant advance in this direction see the forthcoming work by B. Bar-Kochva, Greek Intellectuals on the Jewish People. From Alexander to Pompey (333–63 B. C. E.). 13 A tendency to downplay pre-Christian hostility to Jews, and to identify Christianity as the source of ‚anti-Semitism‘ is evident in the work of J. Isaac, Genèse de l’Antisémitisme, Paris 1956. But even if we acknowledge, as we must, the presence of pre-Christian antipathy and prejudice against Jews, it is another matter to determine to what extent Christianity utilised its predecessors and to what extent it forged its own new cultural logic; the matter has to be decided case by case, not on a global scale. See R. Radford Ruether, Faith and Fratricide. The Theological Roots of Anti-Semitism, New York 1974, 23–31, and below, section III. 14 Is it possible to speak of a specifically Roman cultural paradigm as well? Although there are new elements in the Roman criticism of Jews / Judeans, Roman authors mostly recycle stereotypes of Egyptian and Hellenistic origin, and the cultural logics are not sufficiently different to be able to identify a whole new paradigm. Schäfer’s identification of a new Roman element, fear „born out of the ambivalence between fascination and rejection“ (Judeophobia [see n. 5], 11) appears exaggerated; see E. Gruen, Diaspora. Jews amidst Greeks and Romans, Cambridge 2002, 15–53. It is notable that Josephus never cites Roman authors as critics or admirers of Jews / Judeans, despite writing in a context where Judaism was both admired and criticised; see my Against Apion (see n. 1), xxxvi – xliv.

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I. The Egyptian Paradigm: Typhonian Impurity In Contra Apionem Josephus conveys a number of stories – from Manetho, Chaeremon and Lysimachus – which represent a cultural system we can trace also elsewhere in Egyptian sources.15 The frame within which these operate may be described (in simplified form) in the following terms: Egypt is not one nation among others but the focal point of the cosmos, the land that maintains the right order (Ma’at) by which not only human society but nature itself is governed and preserved.16 The Gods oversee this order and ensure its continuity, in constant struggle with the forces of chaos and injustice. It is the role of the king, as the divine representative, to embody this order and enforce the struggle against all that corrupts and pollutes the world, whether foreign armies, insubordinate subjects, or acts that flout (Egyptian) justice and piety. The priests and temples play a critical role in maintaining the equilibrium of the cosmos, and any act of disrespect or violence against them, and against the sacred animals they venerate, is an assault against the nation, the king, and the order of the cosmos. The continual struggle against evil can be represented as the re-enactment of a mythological schema, in which, for our purposes, the most important feature is the perpetual enmity between, on the one side, Isis with her son Horus, and on the other, Seth / Typhon.17 From the 8th or 7th centuries B. C., Seth had become the epitome of evil within Egyptian mythology, the object of execration and fear: He was associated with foreigners (especially foreign invaders), with the marginal, the impure, the infertile desert, and all that causes disorder or chaos.18 He was also associated with the ass. This essentially timeless schema of conflict was repeatedly projected into the sphere of history and experience, so that historical events and figures (foreign invaders, disruptive Egyptians, or whoever is classified as the enemy) take on the archetypal role of Seth / Typhon in their opposition to the Gods and the king.19 Royal ideology is strongly underpinned by this scheme: The coronation itself enacts the cosmic victory over Seth, and the defeat of foreign

––––––––––––– 15 This has been widely recognised in the last generation of scholarship, since J. Yoyotte,

L’Égypte ancienne et les origines de l’antijudaïsme, RHR 163, 1963: 133–143. 16 For the concept see J. Assmann, Ma’at. Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten, München 1995. 17 J. G. Griffiths, The Conflict of Horus and Seth from Egyptian and Classical Sources. A Study in Mythology, Liverpool 1960. 18 H. Te Velde, Seth, God of Confusion. A Study of His Role in Egyptian Mythology and Religion, Leiden 1977. 19 D. Frankfurter notes the twin characteristics of this tradition: archaizing (mobilizing ancient paradigms of conflict) and synthesizing (assimilating new characters and events); see: Lest Egypt’s City be Deserted. Religion and Ideology in the Egyptian Response to the Jewish Revolt (116–117 C. E.), JJS 43, 1992, 203–320.

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enemies is represented as the binding or spearing of the Sethian enemy.20 The Persian occupation of Egypt after 525 B. C. was clearly represented in terms of this paradigm: Cambyses was blamed for devastating Egyptian temples and slaughtering the sacred animals (Herodotus III 16–18.27–29.37–38; Diodorus I 46,4; 95,4–5; Strabo XVII 1,27; Plutarch, Moralia 368f), and Ochus (Artaxerxes III) was considered „accursed“ (ɩƱƦƴƨ˂Ƶ) and „polluted“ (μƮƦƴˆƵ), and appropriately dubbed ‚the ass‘ (Plutarch, Moralia 363c). Such traditions were ever adaptable to new circumstances and new situations of conflict. They were employed by the new Ptolemaic regime,21 but could also be used in native Egyptian circles to express opposition to the Ptolemies, understood as the newest emergence of the foreign, Typhonian, foe. In the „Demotic Chronicle“, for instance, the Persians are portrayed as ‚herds of wild beasts‘, and the ‚Ionians‘ (Greeks) as foreigners who threaten the rule of law, ideally upheld by the king (probably 3rd century B. C.).22 More dramatically, in the „Potter’s Oracle“ this native tradition is turned against Alexandria, with bitter criticism levelled against both Persians and Greeks (mysteriously labelled ‚girdle-wearers‘, ƫƼƱˆƹƳƴƳƮ), who have brought internecine violence, lawless deeds, and terrible damage to the stability of nature (e. g., failure of harvests), and who are repeatedly described as ‚Typhonians‘ (latest version 130 B. C., with older roots).23 It is easy enough to recognize the application of these archetypes in both of the narratives of Manetho preserved by Josephus. In the first (Ap I 75–90), the dreaded Hyksos, as foreign invaders, play the paradigmatic role in massacring the Egyptian population and razing the temples (I 76). Their base is the city of Avaris, the city of Seth / Typhon (I 78.86.237), from which they are eventually expelled by the king. In the second (Ap I 228–251), two versions of this same paradigm are stitched together. We find again the cruel foreigners (Solymites), whose impiety extends to mutilating the images of the Gods and roasting the sacred animals (I 248–249); but we find also the polluted figures within the nation, who must be expelled on the order of the Gods in order to purge the land, and whose dangerous, Typhonian character is revealed by their oath to eat sacred animals, and by their occupation of the city of Avaris ––––––––––––– 20 See J.-W. van Henten, Antiochus IV as a Typhonian Figure in Daniel 7, in: The Book

of Daniel in the Light of New Findings, A. S. van der Woude (ed.), Leuven 1993, 223–243; J.-W. van Henten / R. Abusch, The Jews as Typhonians and Josephus’ Strategy of Refutation, in: Feldman / Levison, Josephus’ Contra Apionem (see n. 7), 271–309. 21 L. Koenen, Die Adaptation ägyptischer Königsideologie am Ptolemäerhof, in: Egypt and the Hellenistic World, E. Van’t Dack et al. (eds.), Leuven 1983, 143–190. 22 W. Spiegelberg, Die sogenannte Demotische Chronik, Leipzig 1914; A. B. Lloyd, Nationalist Propaganda in Ptolemaic Egypt, Historia 31, 1982, 33–55, with further literature. 23 L. Koenen, Die Prophezeiungen des „Töpfers“, ZPE 2, 1968, 178–209; further literature in Frankfurter, City (see n. 19), 209 n. 32.

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(I 232–239).24 In Chaeremon’s version, we are not surprised to find reference to the wrath of Isis and damaged temples, together with the divine order to purify the land of its contaminated residents (I 289–290). Echoes of the IsisHorus myth are also present in Chaeremon (I 292.300), and the story climaxes, as one would expect, with the king’s return to reclaim the land. In all these versions, the shocking feature of the enemy is their opposition specifically to the Egyptian people and to the Egyptian religious apparatus (not their general unsociability, or their difference from other religious cults).25 It is also notable that the focus of interest is the outrage caused by the Typhonian characters, and their eventual expulsion. What happens to them after they have left Egypt, on their journey or in their new settlement, is of very little concern; all that matters is that Egypt is cleansed. Given the adaptability of this archetypal schema, its continual updating and reapplication to new events and persons, we can understand how it is here projected in new directions, the Hyksos legends linked now to Judea and Jerusalem (I 90), the story of the polluted overlaid by reference to Moses (I 250). These are old story-patterns, continually recycled, and such small adjustments and new associations are precisely what we find in parallel texts like the „Potter’s Oracle“. None of these stories was originally written (or told) with Jews / Judeans in mind. Thus the significant question is not ‚why were stories concocted to depict the Judeans as Typhonians?‘ but ‚why and when were Typhonian archetypes transferred to Judeans?‘ Because Manetho’s stories are obviously composite, and because the reference to Moses in I 250 is clearly superimposed on an original reference to Osarseph, it has been common to argue that the original Manetho made no connection between these tales and the Judeans, with the responsibility shifted to later editors of Manetho’s text.26 But such a hypothesis is unnecessary. Of all the places to which the Hyksos could have gone, Manetho names their destination as Judea and Jerusalem (I 90.94); it requires unconvincing surgery to remove these details from the text as secondary accretions. Of course, the Hyksos story has originally nothing to do with Judeans / Jews (despite Josephus’ spurious claim); but there seems no adequate reason to doubt that Manetho made some link at this superficial level. And he was not the only one of his generation to do so: We

––––––––––––– 24 For analysis of these and other passages from Ap, see my Against Apion (see n. 1). 25 Even the oath in the second story, to associate with none but their fellow confederates

(I 239), concerns specifically their hostility to fellow Egyptians: The rebels make an alliance with foreigners easily enough (I 241). It is a mistake to find here an adumbration of the later quite different and Hellenistic complaint that Jews / Judeans were ‚antisocial‘, contra Schäfer, Judeophobia (see n. 5), 11.167–169. 26 For discussion of the problems here, see Appendix 1 (335–337) in my Against Apion (see n. 1).

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know from Diodorus (XL 3) that Manetho’s contemporary Hecataeus knew an Egyptian tradition that also linked Moses and the origin of the Judean nation with an Egyptian story of plague and expulsion (see further below). If this traces the link with Jews / Judeans as far back as we can go, it still leaves the question of why the Typhonian archetype was transferred to Judeans. As Gruen has argued, there seems nothing to commend the common idea that these stories were created to counter Judean versions of the exodus:27 As we have seen, the shape and most of the details in these Egyptian tales were pre-formed, and had been applied to many others before they were connected to Jews. Our best clue to the rationale for this transferral of the Typhonian archetype may come from an unlikely source – papyri dating from the beginning of the 2nd century C. E. In the heat of the Diaspora Revolt (116–117 C. E.), when, with messianic fervour, Jews / Judeans from Cyrenaica and Egypt were wreaking havoc in the Egyptian countryside and destroying Egyptian temples, we can trace the reaction of the native population. These not only mobilized in force against the Judeans, but employed against them a powerful and ancient ideology, labelling them „unholy“ and „lawless“, identifying them with those once expelled by the wrath of Isis, and thus applying to them the stereotype of the Typhonian foe, the polluting element in the land and the cosmos, who must be eradicated by death or expulsion (CPJ 438.443. 450.520).28 Of course, the Diaspora Revolt was an extreme event, in which murderous Jews were naturally understood in this archetypal frame. But it nonetheless suggests the mechanisms by which Typhonian traits could be linked to them, if they were regarded in other, and earlier, circumstances as foreigners, who remained aloof from, or critical towards, the cosmos-sustaining cult, and displayed their hostility to native Egyptians in recognizable ways. We cannot know when this impression of ‚Judean Typhonians‘ first arose, although Hecataeus and Manetho indicate that it was established by the early 3rd century B. C. It is possible, as has been suggested, that the Judeans’ military role in the Persian occupation of Egypt may have been one factor,29 but our only evidence here is the hostility between Judeans and native Egyptians in the Elephantine garrison (410 B. C.). The focal point of that dispute appears to have been the animal sacrifices in the Judean temple in Elephantine,30

––––––––––––– 27 Gruen, Hellenism (see n. 12), 59–63. 28 See Frankfurter, City (see n. 19), on which I draw. Even if he is wrong to place the

fragmentary CPJ 520 in this historical context, it bears witness to the popular application of the Typhonian archetype to Judeans, which is my larger point. 29 Yoyotte, L’Égypte ancienne (see n. 15). 30 Cowley Papyrus 33; see discussion in B. Porten, Archives from Elephantine. The Life of an Ancient Jewish Military Colony, Berkeley 1986; J. Mélèze Modrzejewski, The Jews of

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an issue that could hardly arise outside this specific context. But it might be a symptom of the perception that Jews / Judeans were in general hostile to the native religious traditions. We know of an influx of Judeans at the beginning of the Ptolemaic period, some in military roles. They were hardly the only ‚foreigners‘ to arrive at that time, but there is evidence to suggest that all foreigners in Egypt in that period could be tarred with the Typhonian brush. In Hecataeus’ version of the exodus, for instance, the motif of the plague (= pollution), accompanied by divine wrath, is connected not just to Judeans but to „many strangers of all sorts dwelling in their midst, and practising different rites of religion and sacrifice“, to the detriment of Egyptian cult (Diodorus XL 3,1); the result was the expulsion of all the aliens, one group of which went to Greece, another to Judea. One can thus imagine a fairly broad application of the Typhonian stereotype at the beginning of the Ptolemaic era, in reaction to the sudden arrival of large number of foreign Ptolemaic troops in the countryside. Over time, perhaps, this became more narrowly associated with Judeans because, of all the foreigners who settled in Egypt, they remained the most stubbornly unassimilated to Egyptian religious customs. Manetho’s reference to Judea and Jerusalem (as the destination of the Hyksos) might also be linked to the campaign of Ptolemy I (Soter), who in 312 / 311 or 302 / 301 B. C. besieged and captured Jerusalem (see Ap I 209–210). It would have been useful propaganda to represent his enemies as the defeated Typhonian foe, and his campaign as a revenge attack on the descendants of the hated Hyksos. None of these hypotheses can be proved, but they would all make sense in the conditions of early Ptolemaic Egypt. And, once established in the public consciousness, Jewish refusal to participate in Egyptian cult could continuously confirm their alien character, threatening the heart of Egyptian culture. There are hints that Jews / Judeans were hated in the cult-centre of Memphis in the 2nd century B. C. (CPJ 141; cf. Sib 5,60–62.68–70), and such stereotypes could become fixed if supported by the daily evidence of religious difference. If, as Gruen argues, the Egyptian element in the Alexandrian population was the most important source of violence against Jews / Judeans in the pogrom of 38 C. E.,31 this ‚Typhonian‘ framework could have been operative in that context, as it clearly was in the Jewish-Egyptian conflicts of 116–117 C. E.32 Thus, where it occurred, Egyptian hostility to Jews / Judeans operated within a particular ideological and cultural frame with its own logic applied to

––––––––––––– Egypt. From Ramses II to Emperor Hadrian, Edinburgh 1995, 36–44; Schäfer, Judeophobia (see n. 5), 121–135. 31 As Philo claims; see Gruen, Diaspora (see n. 14), 54–83. 32 For the probable Egyptian origin of the story that Jews / Judeans worshipped the head of an ass, see Appendix 4 (350–352) in my Against Apion (see n. 1).

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Jews / Judeans, but by no means only to them.33 While traces of this framework can be found in the literary tradition outside Egypt right down to the time of Tacitus (Historiae V 5,3–4), what we find to be central in the Hellenistic tradition represents a quite different cultural logic, a different set of reasons for the disparagement of Judeans.

II. Hellenistic Logics: The Sin of Misanthropy A fundamentally different logic drives assessments of Jews / Judeans and their culture which arose within the cultural matrix of Hellenism. Here, even where there are traces of Egyptian motifs, the structure and rationale of the stories and stereotypes are utterly different, because they serve a quite different cultural purpose. The issue here is not whether they are more or less ‚antiJewish‘, but what cultural narratives and values they represent. Our first evidence for this shift comes in the work of Hecataeus, who forms a bridge between the Egyptian and Hellenistic worlds. Although Manetho also worked at the interface between Egyptian and Greek culture, his stories were wholly moulded by an Egyptian structure of thought, even if they were written in Greek. In Hecataeus, on the other hand, there emerges a quite different interest in the exodus, as the point of origin of the Judean nation, and as the story that has the capacity to explain some of the notable characteristics associated with Judean / Jewish culture. In other words, Hecataeus’ cultural frame is shaped by ethnography and aetiology, the Greek attempt to plot the origins of nations on the map of world history and geography, and to provide rational explanation for the fascinatingly (and sometimes alarmingly) different customs practised by the peoples of the known world.34 To put the matter schematically, where Egyptian stories map the Judeans onto the essentially timeless pattern of cosmic conflict (historicised in particular cases), Hellenistic narratives are concerned to place Judeans in the unrepeatable flow of world history. Where the Egyptian schema is fundamentally dualistic (Egyptian order vs. the chaos created by invasion or impiety), the Hellenistic tradition as-

––––––––––––– 33 It is important to add that some Egyptian stories are quite positive in their appreciation of Moses (see Josephus, Ap I 279 („the Egyptians consider this man marvellous and divine“); cf. II 10–11 and the Egyptian legends that appear to lie behind the tales of Artapanus (apud Eusebius, praep. IX 27,1–37) and Josephus (Ant II 238–253). Of course these praise Moses also on specifically Egyptian grounds. 34 For foundational work in this area see K. Trüdinger, Studien zur Geschichte der griechisch-römischen Ethnographie, Basel 1918. For a recent treatment with reference to Tacitus, see R. Bloch, Antike Vorstellungen vom Judentum. Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie, Stuttgart 2002.

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sumes a kaleidoscope of differing national customs. Where the Egyptian tradition posits Jews / Judeans as essentially the same as others (they are Typhonians, like countless others before them), Hellenistic comprehension expects (and sometimes exaggerates) cultural particularity, interested to explain what makes Judeans different from everyone else. Hecataeus clearly drew on Egyptian sources: His account of the exodus opens with the traditional Egyptian motifs of the polluted foreigner, the threat to Egyptian religion and the Gods’ punishment of the disordered land (Diodorus XL 3,1–2). But he is not really interested in what these foreigners had done in Egypt, or how they upset its order; his focus shifts, characteristically, to what happened after they left. The expulsion of Judeans (alongside others) is now interpreted in quite other terms, as the dispatch of colonies from Egypt, to Greece and „certain other regions“ or to Judea – an interpretation which moves in a quite different explanatory framework, derived from the Greek cultural tradition.35 Now Moses is interpreted not as a renegade Egyptian priest but as a founder of a nation, who establishes the physical, legal, and political framework for the new nation of Judeans. Most of the features attributed to him have no connection whatever with Egypt: They reflect what Hecataeus knows about the Judean people (from Greek or Judean sources), tracing contemporary customs and laws back to Moses. What is important about Judean worship is that it is imageless, not that it involves the destruction of Egyptian temples or the consumption of sacred animals. The Egyptian origin of the Judeans is used to explain the Judean custom of circumcision (apud Diodorus I 28.55), by a characteristically Greek understanding of cultural diffusion. Otherwise there is only one connection between the Judeans and their departure from Egypt, and that is the famous comment on their „somewhat unsocial and inhospitable way of life“ (ə™ʾƱƭƴƼ™ˆƱ ƷƮƱƦ ƯƦ˃ μƮƶˆƲƪƱƳƱ Ƨ˄ƳƱ, Diodorus XL 3,4). Here is the first example of what will become a major theme in Hellenistic accounts of Judean / Jewish culture: the complaint concerning their social aloofness. But it is notable how unEgyptian is this implied criticism. In Egyptian logic (whose traditions are hardly hospitable to foreigners), the question was what attitude Judean took to the Egyptian cults that maintained the natural and social order;36 for Hecataeus and his

––––––––––––– 35 On Hecataeus as a model of ethnography, see D. Mendels, Hecataeus of Abdera and a Jewish „patrios politeia“ of the Persian Period (Diodorus Siculus XL, 3), ZAW 95, 1983, 94–119; B. Bar-Kochva, Pseudo-Hecataeus „On the Jews“. Legitimizing the Jewish Diaspora, Berkeley 1996, 29–39; idem, Intellectuals (see n. 12); further literature in Gruen, Hellenism (see n. 12), 53 n. 42. 36 For Egyptian hostility to foreigners, see W. Helck, Die Ägypter und die Fremden, Saeculum 15, 1964, 103–116. On the logic of the oath of non-co-operation in Manetho’s story, see n. 25.

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successors, it was the unassimilable position of Judeans in the pluralistic world of Hellenistic cities that was the real bone of contention. The distinction here between Egyptian and Hellenistic thematics is not directly correlated with the ethnicity of the authors concerned: The question is not their ancestry, but the shape of the stories they tell. Nor does it deny that originally and distinctively Egyptian and Hellenistic motifs are often mingled in a variety of composite forms. The aim is rather to clarify the cultural logic by which particular features of Jewish / Judean culture become the object of comment (and exaggeration, or even invention), and what cultural agendas are advanced by the blame (or praise) which these draw forth. Thus Diodorus (probably drawing on Posidonius) certainly includes Egyptian motifs in referring to the Jews / Judeans as expelled by a purging of Egypt, being leprous, impious and hated by the gods (Diodorus XXXIV / XXXV 1,1–5). But the weight of the account rests on the vilification of Jews / Judeans as incorrigibly unsociable people who refuse to mix with others and, worse, harbour hatred of others (exhibiting μ̝ƶƳƵ, μƮƶƳƲƪƱ˄Ʀ and μƮƶƦƱƭƴƼ™˄Ʀ). It is because of this cardinal sin that Antiochus’ advisers urge him to „wipe out“ this people, in Diodorus’ account. The same combination of Egyptian themes and the central Hellenistic complaint occurs in Pompeius Trogus (apud Justin II 36,2,15) and Lysimachus (apud Josephus, Ap I 304–311): An anti-social lifestyle and the refusal to show good-will to anyone are at the heart of these two stories. Similarly, Apollonius Molon accuses the Jews / Judeans of μƮƶƦƱƭƴƼ™˄Ʀ and registers a strong complaint that Jews / Judeans do not share fellowship with those who live according to a different life-style (apud Josephus, Ap II 148. 258).37 The charge continues to reverberate in the Roman era, where it can be used by Roman authors with particular venom; Tacitus’ famous comment (adversus omnes alios hostile odium, Historiae V 5,1) indicates the continuing influence of this charge in the second century C. E.38 The political and philosophical concern for tolerance, sociability and cooperative citizenship is a central feature of the Hellenistic era, when the founding of new cities, the new mobility of populations, and the cultural mixing among the civic elite created new ‚virtues‘ and their corresponding vices. In the ancient Greek tradition, hospitality to strangers (travellers) had become a mark of Greek (and therefore ‚civilized‘) behaviour: Although city states had their social and moral boundaries, the fabled inhospitality of the Egyptians was a sign of their feral character (Plato, Leges 953e). In the Hellenistic ––––––––––––– 37 For discussion of all such charges against Jews as ‚antisocial‘ see K. Berthelot, Philanthrôpia Judaica. Le débat autour de la „misanthropie“ des lois juives dans l’Antiquité, Leiden 2003, 79–184. 38 Cf. the contemporary complaints in Juvenal, Saturae XIV 103–104; Quintilian, Institutio Oratoria III 7,21.

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era, greatly increased social movement and ethnic interchange favoured ideologies that eased social intercourse. Mutual respect and reciprocal hospitality became social virtues, especially when supported by Stoic notions of a universal humanity.39 As Josephus himself shows, in this context unfriendly attitudes appear simply ‚irrational‘ (perpetrated by əưˆƨƮƶƷƳƮ), while respect for others’ customs is a mark of ‚gentlemanly‘ virtue (ƯƦưƳƯƦƨƦƭ˄Ʀ, Ant XVI 174–178).40 If Judeans were perceived to flout basic rules of social reciprocity (by rules against commensality, intermarriage, or religious participation) they could be resented as (uniquely) failing to support a community ethos. Now there is a new, unpardonable sin, that of social aloofness and the failure to integrate into civic life: Jews / Judeans thus become the antitype of the values of social reciprocity considered necessary for the well-being of civilization as a whole.

III. An Emerging Christian Paradigm: Enemies of the Church If there is no single paradigm of pre-Christian hostility to Judeans, the question is not whether or not Christians adopted ‚pagan anti-Judaism‘, but whether they used either of the paradigms outlined above or developed their own cultural logic in their critical remarks on Jews / Judeans.41 It seems to me incontrovertible that some New Testament texts, like other early Christian documents, make hostile comments about Jews / Judeans in sufficiently blanket terms to be comparable to the phenomenon of ‚hostility to Jews‘ that we have examined thus far. Although it is inappropriate to call this or any ancient parallel ‚anti-Semitism‘ (see n. 2), such texts evidence a generalised hostility towards Jews / Judeans, spoken either by or to those who do not place themselves under that label, creating a rhetorical antithesis between ‚us‘ (Christbelievers) and ‚them‘ (Jews / Judeans). If we rid ourselves of the notion that there was a single ancient virus of ‚Jew-hatred‘ that early Christians could ––––––––––––– 39 See Berthelot, Philanthrôpia (see n. 37), 174–179. 40 Cf. Dionysius of Halicarnassus, Antiquitates Romanae 1,41, retrojecting this ethos to

the time of Heracles. 41 For discussion on the relationship between early Christian and ‚pagan‘ hostility to Jews, see M. Simon, Verus Israel. A Study of the Relations Between Christians and Jews in the Roman Empire (AD 135–425), Littman Library of Jewish Civilization, Oxford 1986, 202–223, stressing both continuities and the distinctive and original theological element in the Christian critique. For emphasis on the discontinuity, see M. Taylor, Anti-Judaism and Early Christian Identity. A Critique of the Scholarly Consensus, StPB 46, Leiden 1995, 116–121; she stresses the essentially new logic in Christian anti-Judaism. Cf. Radford Ruether, Faith (see n. 13), 28–31.64.86.94–95; and, for the larger issue, C. Klein, Theologie und AntiJudaismus, München 1975.

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have contracted, we are able to ask more nuanced questions concerning the paradigms operative in early Christian texts, and the social and cultural logic which they represent. Unfortunately, I can treat here only one New Testament text, 1Thess 2,14– 16, but it proves to be peculiarly interesting and perhaps symptomatic of a shift in anti-Judaic paradigms. We may leave to one side here the question of the authenticity of the text;42 I regard it as almost certainly by Paul (not an interpolation), but our concern here is less what is attributable to Paul than what patterns we see emerging in early Christianity as a whole. The text reads (in schematic form, to clarify its structure, but with minimal punctuation): 14 ʢμƪ̝Ƶ ƨʽƴ μƮμƬƷƦ˃ ɩƨƪƱ˂ƭƬƷƪ, əƩƪưƹƳ˄, Ʒ̹Ʊ ɩƯƯưƬƶƮ̹Ʊ ƷƳ̬ ƭƪƳ̬ Ʒ̹Ʊ Ƴʡƶ̹Ʊ ɩƱ Ʒ̐ ʍƳƸƩƦ˄˾ ɩƱ ƝƴƮƶƷ̺ ʍƬƶƳ̬, ʚƷƮ Ʒʽ ƦʡƷʽ ɩ™ʾƭƪƷƪ ƯƦ˃ ʢμƪ̝Ƶ ʢ™˅ Ʒ̹Ʊ ʅƩ˄ƼƱ ƶƸμƹƸưƪƷ̹Ʊ ƯƦƭˉƵ ƯƦ˃ ƦʡƷƳ˃ ʢ™˅ Ʒ̹Ʊ ʍƳƸƩƦ˄ƼƱ 15 Ʒ̹Ʊ ƯƦ˃ Ʒ˅Ʊ ƯˈƴƮƳƱ ə™ƳƯƷƪƮƱʾƱƷƼƱ ʍƬƶƳ̬Ʊ ƯƦ˃ ƷƳˇƵ ™ƴƳƹ˂ƷƦƵ ƯƦ˃ ɶμ̀Ƶ ɩƯƩƮƼƲʾƱƷƼƱ ƯƦ˃ ƭƪ̺ μˁ əƴƪƶƯˆƱƷƼƱ ƯƦ˃ ™̀ƶƮƱ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ ɩƱƦƱƷ˄ƼƱ 16 ƯƼưƸˆƱƷƼƱ ɶμ̀Ƶ ƷƳ̝Ƶ ɭƭƱƪƶƮƱ ưƦư̏ƶƦƮ ʊƱƦ ƶƼƭ̹ƶƮƱ ƪʅƵ Ʒ˅ əƱƦ™ưƬƴ̹ƶƦƮ ƦʡƷ̹Ʊ ƷʽƵ ɚμƦƴƷ˄ƦƵ ™ʾƱƷƳƷƪ. ɭƹƭƦƶƪƱ Ʃʿ ɩ™’ ƦʡƷƳˇƵ ɶ ʕƴƨˁ ƪʅƵ ƷˀưƳƵ.

Coming from our study of the Egyptian and Hellenistic paradigms, it is immediately noticeable how different this sounds, except in one striking particular. Embedded in the midst of this complex of charges is the claim that Judeans „are displeasing to God and opposed to all people“ (ƯƦ˃ ƭƪ̺ μˁ əƴƪƶƯˆƱƷƼƱ ƯƦ˃ ™̀ƶƮƱ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ ɩƱƦƱƷ˄ƼƱ, 2,15). The first clause („not pleasing God“) might contain the faintest of echoes of the Hellenistic accusation of Jewish „irreligion“ (əƭƪˆƷƬƵ),43 but the next phrase, „opposed to all people“, without doubt takes us straight to the heart of the Hellenistic complaint of Judean ‚misanthropy‘. What is striking is how the author of this text connects this charge (v. 15d) with the specifically Christian complaint that they „prevent us from speaking to the Gentiles“ (v. 16a), that is, Jewish / Judean opposition to the Christian mission. After a series of clauses connected

––––––––––––– 42 For the question, first raised by F. C. Baur, see B. P. Pearson, 1 Thessalonians 2:13–16. A Deutero-Pauline Interpolation, HTR 64, 1971, 79–94, with refinement in D. D. Schmidt, 1 Thess 2:13–16. Linguistic Evidence for an Interpolation, JBL 102, 1983, 269–279. For a full discussion of the issue, and defence of authenticity, see C. J. Schlueter, Filling up the Measure. Polemical Hyperbole in 1 Thessalonians 2.14–16, JSNT.S 98, Sheffield 1994; cf. T. D. Still, Conflict at Thessalonica. A Pauline Church and Its Neighbours, JSNT.S 183, Sheffield 1999, 24–45. 43 See, e. g., Apollonius Molon apud Josephus, Ap II 148.258. But ‚pleasing God‘ is classic Pauline language (cf. 1Thess 2,4; Rom 8,8; 1Cor 7,32).

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by ƯƦ˄, these two clauses are closely enough linked to have no intervening copula. It appears that the „opposition to all people“ is specifically demonstrated in the frustration of the Gentile mission: It is because they are opposed to all people that Jews / Judeans do not want the nations (Ʒʽ ɭƭƱƬ) to hear the good news.44 In other words, a Hellenistic logic is taken up into a new and distinctively Christian frame of reference, which then becomes the dominant ground for complaint against Jews / Judeans as anti-social, anti-Gentile, and specifically anti-Christian-mission. A parallel phenomenon – the absorption of an older tradition within a new Christian frame – occurs in relation to some other themes in this passage. It is commonly and rightly observed that several of the motifs contained in this text are derived from inner-Jewish polemics, a long rhetorical tradition among Jews / Judeans evidenced from biblical literature through to the Dead Sea Scrolls. The accusation of ‚killing the prophets‘ is one we find elsewhere levelled by Jews against Jews: Elijah complains that the people of Israel have slain the prophets (1Kgs 19,10; cited by Paul in Rom 11,3), and Jeremiah (2,30) and Ezra (in Neh 9,26) repeat the charge.45 To accuse others of „filling up the measure of their sins“ and drawing down divine ‚wrath‘ is classic Jewish language, usually directed against non-Jews, but sometimes turned against fellow Jews in the bitterness of sectarian disputes.46 But these Judean motifs

––––––––––––– 44 The close connection between these two clauses is rightly noted by E. Best, A Commentary on the First and Second Epistles to the Thessalonians, BNTC, London 1972, 117; C. A. Wanamaker, Commentary on 1 and 2 Thessalonians, NIGTC, Grand Rapids 1990, 115. A. Malherbe unnecessarily distances this text from the Hellenistic charge of misanthropy on the basis of the connection between these two clauses („Pagan criticism was social; Paul’s is theological“, The Letters to the Thessalonians, AncB 32B, New York 2000, 170); cf. M. Bockmuehl, 1 Thessalonians 2:14–16 and the Church in Jerusalem, in: Not in the Word Alone. The First Epistle to the Thessalonians, M. D. Hooker (ed.), Rome 2003, 55–87: 70 („even if Paul were consciously echoing contemporary anti-Jewish polemic, here these words have certainly been given a highly particular application, estranged from its usual pagan setting“). Rather, one sees here the social charge taken up into another framework of interpretation, where the accusation of ‚misanthropy‘ is refocused as opposition to the church. 45 The theme became stock; see Josephus, Ant IX 264–265; X 38; MartJes 5,1–14; VitProph passim, and the full treatment by O. H. Steck, Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten, WMANT 23, Neukirchen-Vluyn 1967. The theme was much used in early Christian texts; see (besides ours) Mark 12,5 (implied); Luke 11,47–51; 13,33–34; Acts 7,52; Ignatius, ad Magnesios 8,2; Justin, dial. 16.73.95 etc.; D. R. A. Hare, The Theme of Jewish Persecution of Christians in the Gospel According to Matthew, MSSNTS 6, Cambridge 1967, 137–141. For the parallels in Matt 23, see below. 46 For ‚filling up sins‘, see Gen 15,16 (Amorites); Dan 8,23 (Gentile transgressors); 2Makk 6,14–15 (Gentiles; ™ƴ˅Ƶ ɩƯ™ư˂ƴƼƶƮƱ ɚμƦƴƷ˄ƼƱ … ™ƴ˅Ƶ ƷˀưƳƵ); SapSal 19,3–5 (ungodly; Egyptians). On the notion, see R. Stuhlmann, Das eschatologische Maß im Neuen Testament, FRLANT 132, Göttingen 1983, 103–105. Wrath is a ubiquitous theme in apocalyptic literature, directed against all sin, and therefore potentially inclusive of Jews as trans-

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are transformed by their new context in this passage. The killing of the prophets is now twinned with, and prefaced by, the killing of the Lord Jesus, a charge that is sure to overwhelm and finally obscure that of prophet-murder, since killing Jesus has such momentous significance for those who call him Lord and Son of God. Similarly, the advent of the wrath ƪʅƵ ƷˀưƳƵ is predicated on the whole saga of opposition to ‚us‘: It is specifically that opposition which ‚fills up the measure of their sins‘ and constitutes the climactic form of disobedience to God.47 In other words, both Hellenistic and Judean traditions are here adopted and adapted in the service of a new logic for hostility to Judeans: that they oppose Christ, hinder his apostles, and prevent the fulfilment of the church’s destiny, the preaching of the gospel to the Gentiles. It is not surprising that the new Christian movement, drawing from its Judean roots and Scriptural resources, should express its hostility in forms developed first within inner-Jewish polemics: That gives them all the greater theological weight. Nor is it accidental that the Hellenistic charge of Judean antisocial behaviour should continue to be employed: By placing Jewish / Judean opposition to the Christian mission within the wider framework of their hostility to humanity, Christians can feel that their complaint is not simply partisan, but common to all ‚decent-living‘ residents of the empire. But what we witness here is the emergence of a new reason for hostility to Judeans, a specifically Christian logic arising from Christian history and self-perception, which regards the birth of the church as the climax of God’s purpose for the world. As is often pointed out, the closest parallel to our text within the New Testament is the final section of Matthew’s ‚woes‘ against the scribes and Pharisees (Matt 23,29–39). There several of the same themes occur: the killing of the prophets (23,29–31.34–37), the ‚filling‘ of the inherited legacy of sin (23,32: ™ưƬƴˆƼ), the opposition to Christian mission (killing, scourging in synagogues, persecuting from town to town, 23,34: ƩƮˊƯƼ), and the descent of God’s judgement, in some final or decisive form (23,33.36.38). All this stands in the larger context of bitter rivalry between the new Christian communities and the Jewish people (cf. Matt 5,11–12; 10,17–23), the Gentile mission (28,16–20) and, most fundamentally, the laying of blame on the Jewish

––––––––––––– gressors. For Jewish sectarian accusations against fellow Jews, see, e. g., PsSal 8; 1QS and 1QM passim; the roots lie at least partly in the invective of the biblical Psalms. The closest verbal parallel to 1Thess 2,16 is TestLevi 6,11 (retribution from the Lord overtakes Shechem and Hamor ƪʅƵ ƷˀưƳƵ), though the status of this text (Jewish or Christian?) and its relationship to 1Thess 2,16 is uncertain. 47 We may leave to one side the translation of ƪʅƵ ƷˀưƳƵ (fully? at last? for ever? to the end?); however this is interpreted, it is clear that opposition to the gospel is the decisive event that brings on the wrath of God in climactic fashion.

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people for the death of Jesus (27,25, echoing 23,35–36). The similarities between Matt 23 and 1Thess 2 might suggest some common (pre-synoptic) tradition, or the development in early Christian discourse of a common set of tropes in which the Christian experience of ‚persecution‘ from Judean / Jewish sources was linked to the history of Israel’s rejection of prophets, the death of Jesus and the mission to Gentiles.48 What both texts illustrate, in their contents and history of reception, is how polemics by Jewish authors (Paul and Matthew) against non-Christ-believing Jews / Judeans become generalised into undifferentiated assaults on ‚Jews / Judeans‘ and thus contribute to a specifically Christian form of antiJudaism. In the case of our main text, 1Thess 2,14–16, one might argue whether the ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ mentioned in 2,14 are merely the residents in Judea and particularly those who (supposedly) killed the Lord Jesus and the prophets. As I indicated above (see n. 2), ʍƳƸƩƦ̝ƳƵ can be used of any Judean / Jew living anywhere in the world (the term conveys some residual connection with the land, but not necessarily residence there); but one might still argue from the context that only Judea-resident Jews / Judeans are in view. After all, the tradition of killing the prophets is particularly associated with Jerusalem (see Matt 23,37; Luke 13,33–34), and it was, on any account, only Judea-resident Judeans who could be charged with killing Jesus. They are also those most obviously in view as opponents of ‚the churches in Judea‘ (2,14). For all these reasons, one might resist the addition of the so-called ‚anti-Semitic comma‘ between v. 14 and v. 15; one might insist, in other words, that all the material in vv. 15–16 relates specifically to Judea-resident Judeans and only to them.49 But although the complaint undoubtedly starts in that geographical region, I doubt that all the rest of this notorious sentence can truly be restricted in this way. As the text shifts at the end of v. 15 from the past to the present tense (ɩƯƩƮƼƲʾƱƷƼƱ ... əƴƪƶƯˆƱƷƼƱ), we seem to move into a generalised mode of accusation, and it is not clear how Judea-resident Judeans could be held responsible for hindering Paul and his companions (‚us‘) from speaking to the Gentiles: In fact that Gentile mission takes place primarily, if not exclusively, outside the region of Judea.50 In other words, the charge seems to broaden out ––––––––––––– 48 For the theme in Matthew, see Hare, Theme (see n. 45). There are clearly elements of

exaggeration and historical distortion in this tradition, not least in relation to responsibility for the death of Jesus. But Paul himself is witness to some hostile actions against Christian believers from an early date (Gal 1,13.22; Phil 3,6; cf. his accusations in Gal 4,29; 5,11; 6,12–13). 49 F. D. Gilliard, The Problem of the Anti-Semitic Comma Between 1 Thessalonians 2:14 and 15, NTS 35, 1989, 481–502. 50 Even if Paul regards his Jewish-Christian opponents as originating from Judea (cf. Gal 2,4.11–14; 2Cor 11,12–14.22), this can hardly be said of all the opposition he faced in the Diaspora (cf. 2Cor 11,24).

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to apply to any Judean opposition to the apostle and his Gentile mission, as a symptom of their „opposition to all people“, a charge levelled at all Judeans everywhere, not only at those in Judea.51 Just as the charge ranges across time (from those who killed the prophets in the past to those who killed Jesus recently, and to those who oppose the Judean churches now), so it ranges geographically, from the Judea-resident ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ to those ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ in other places who oppose the Gentile mission. The same generalising move can be detected in the Matthean parallel: Woes against „scribes and Pharisees“ extend to include „this generation“ as a whole (23,36), including those who scourge Christian believers in synagogues and persecute them from town to town (23,34). In both cases, the polemics leak out of their original particularity to form a generalised complaint. But if Paul is a Jew speaking about other Jews, can this passage be interpreted as inner-Jewish polemic, representative of a pattern of accusation and vitriol internal to the Jewish community and traceable through scriptural and Second Temple texts?52 As we have seen, several motifs here are paralleled by texts socially located within internal Jewish discourse. But we should also note that some motifs are originally Hellenistic (the slur on opposition to „all people“) and some are distinctively Christian (killing the Lord Jesus and driving out / persecuting „us“). And, in any case, the whole package of motifs, whatever their origin, is now directed to a predominantly Gentile audience, so that the text has a quite different effect than if it constituted some tract internal to the Jewish / Judean community. If this is from Paul it is indeed a Jew / Judean speaking, but he is speaking not to fellow Judeans, but about them. His audience, the ɩƯƯưƬƶ˄Ʀ of the Thessalonians (1,1), does not identify itself as Jewish / Judean, and is made up primarily of non-Judeans who have ‚turned from idols to the true and living God‘ (1,9–10). If Paul endeavours to distance them, rhetorically, from the ‚Gentiles who do not know God‘ (4,5) whose idolatry, persecuting activity, sexual impurity and hopelessness he lambasts in this letter (1,9–10; 2,14; 4,2–8.13), the present passage serves to distance them also from ‚Jews / Judeans‘, whom they can expect, henceforth, to oppose them, and to stand under the wrath of God.53 As this paragraph circulates ––––––––––––– 51 For recognition that the charge broadens out beyond Judea, see, e. g., Wanamaker,

Thessalonians (see n. 44), 118–119; E. J. Richard, First and Second Thessalonians, SP 11, Collegeville 1995, 120.125–126. 52 For internal Jewish polemics, see E. P. Sanders, Jewish Law from Jesus to the Mishnah. Five Studies, London 1990, 84–89. For the use of hyperbole in ancient vitriol, see Schlueter, Measure (see n. 42), 75–110; L. T. Johnson, The New Testament’s Anti-Jewish Slander and the Conventions of Ancient Rhetoric, JBL 108, 1986, 419–441. 53 On the parallel between statements made in 2,14–16 against Jews / Judeans, and those made elsewhere in the letter against Gentiles, see P. Wick, Ist I Thess 2,13–16 antijüdisch? Der rhetorische Gesamtzusammenhang des Briefes als Interpretationshilfe für eine einzelne

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John M. G. Barclay

among Gentile Christians, it escapes its Judean habitat as surely as is slides from the past Judean death of Jesus to the present Diaspora opposition.54 We may insist, of course, that this text is directed not against all Jews, and not against Jews as such, but only against those Jews who oppose or persecute the Christian church.55 But the complaints are articulated in remarkably general terms, and appear to posit such widespread opposition to the Christian message, from the death of Jesus onwards, that they articulate a new and easily universalised logic of hostility to Jews / Judeans, which quickly became integral to Christian discourse. In the book of Acts, Stephen’s speech traces a pattern of Jewish / Judean ‚stiff-necked‘ behaviour, culminating in the death of Jesus, for which the Jewish leaders, Jerusalem residents, or „all the house of Israel“ are responsible (Acts 7,51–52; cf. Luke 24,20; Acts 2,23.26; 3,13– 15; 4,10; 5,30; 13,27–28). Similarly, the motif of opposition to Paul and to the Gentile mission is repeated time and again in the narrative of Paul’s journeys (Acts 9,23; 13,45–50; 14,2.19; 17,5.13 [Thessalonica]; 18,12 etc.); its imprint in this early Christian historiography demonstrates how significant it has become in Christian self-understanding.56 Of course there are plenty of Jews / Judeans in Luke-Acts who do not oppose the gospel, and in fact become believers; and, despite Acts 28,23–29, the door is perhaps never finally closed in their faces. But time and again the synagogue is the source of hostility towards believers, and inasmuch as Judeans / Jews become stereotyped as

––––––––––––– Perikope, TZ 50, 1994, 9–23. I pass over here the question of event(s) referred to in 2,16c; the statements in this paragraph contain the ingredients of a Christian logic of hostility to Jews, even if the ‚wrath‘ here depicted is not eschatologically final. The same holds true whether they reflect, or do not reflect, particular experiences in Thessalonica, and whether they are, or are not, compatible with Rom 9–11. 54 Although the situations are not completely parallel, one may compare the careful treatment of this topic by U. Luz in regard to Matthew’s gospel, specifically Matt 23: „Matthew remains a Jew, understands himself not as the representative of a new religion but as an Israelite, and never would have accepted the charge of anti-Judaism. Historically, he and his churches are in transition from Israel to a church dominated by Gentile Christians that to a large extent has already become a reality alongside Israel. However, one can certainly say that when his Gospel is read and represented by Gentile Christians it becomes an anti-Jewish book, for Gentile Christians who are not Jews cannot fail to read it as a foundational book of their new, non-Jewish religion. The canonization of the Gospel of Matthew by the Gentile Christian church was then the final step in making it an anti-Jewish book. For that, however, Matthew himself is not responsible“, Luz, Matthew 21–28, Hermeneia, Minneapolis 2005, 173. 55 See W. Marxsen, Der erste Brief an die Thessalonicher, ZBK.NT 11.1, Zürich 1979; Malherbe, Letters (see n. 44), 169.174.178–179; cf. T. Holtz, Der erste Brief an die Thessalonicher, EKK XIII, Neukirchen-Vluyn 21990, 103–104; idem, The Judgment on the Jews and the Salvation of All Israel. 1 Thess 2,15–16 and Rom 11,25–26, in: The Thessalonian Correspondence, R. F. Collins (ed.), Leuven 1990, 284–294. 56 Among the extensive literature on this topic, see J. T. Sanders, The Jews in Luke-Acts, London 1987.

Hostility to Jews as Cultural Construct

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mischief-makers, it is because of a specifically Christian compliant, their opposition to the people of Christ. Such development of a new Christian logic for hostility to Judeans is also evident in John’s Gospel, where the rejection of the message of Jesus is the chief fault of the ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ. Although the referent of this term continues to be the topic of much dispute,57 there are very few places where it can be confined to the sense ‚Judean‘ in the narrow, geographical sense (resident of Judea), and several indications that Jews / Judeans have become a symptom of the opposition of ‚the world‘, in its blindness to the truth in Jesus. Thus, for all their differences in nuance and theological frame, these early Christian texts articulate a fundamental antithesis between ‚Jews / Judeans‘ and the interests of the Christian community, and thus a new but deeply rooted logic for hostility to Jews. In general, the sense of eschatological finality in Christ led Christians to consider the continuing Judean people an anachronism, while the destruction of the temple in 70 C. E. all too easily solidified this impression. Compared to what we see in Egyptian or Hellenistic paradigms, these are wholly new phenomena, a new paradigm, neither worse nor better than what preceded them, but certainly different. Josephus is thus potentially misleading but ultimately helpful in handling our topic. His unique collection of ethnic slanders has given readers the misleading impression that hostility to Judeans was sui generis in the ancient world, whereas it was only part of a complex web of inter-ethnic prejudice. By gathering all his sources together he has encouraged the sense that there was a single phenomenon we may call ‚anti-Judaism‘ or ‚Judeophobia‘, manifested in varying forms but representative of a single attitude of dislike towards Judeans. It then becomes a question of whether early Christians can be blamed for contracting this ancient virus, or exonerated for using a different discourse, derived from inner-Jewish polemics. But if we use Josephus more carefully, and trace out from his materials (and others he does not cite) the different logics in ancient hostility to Judeans, we find a much more differentiated picture, and are able to identify both what was old and what was new in early Christian discourse. And we can thus understand (not excuse) their opposition to Judeans as a correlate of their own new construction of the world, a cultural framework in which Judeans took a unique place in the story of salvation, encouraging their portrayal sometimes as heroic bearers of the promise but unfortunately more often as stubborn opponents of the Christ and of the truth taught by the church.

––––––––––––– 57 See the essays on this topic in R. Bieringer / D. Pollefeyt / F. VandecasteeleVanneuville (eds.), Anti-Judaism and the Fourth Gospel, Assen 2001, 229–356.

Verbergen und Bekennen Ein Gespräch mit Josephus über seine Apologie (Contra Apionem) von

FOLKER SIEGERT I. Einleitung Der Titel „wechselseitige Wahrnehmungen“ verbirgt ein Problem. Kein neutestamentlicher Autor hat Josephus ‚wahrgenommen‘, es sei denn, man möchte im Doppelwerk des Lukas Spuren davon finden.1 Umgekehrt hat Josephus die Christen kaum wahrgenommen, gerade dass er sie erwähnt. Sie haben es ihm gedankt und das Testimonium Flavianum de Jesu nebst den beiden anderen im Kontext aller 20 Bücher seiner Altertumskunde aufbewahrt, die dem römischen Judentum nicht aufbewahrenswert schienen – ganz zu schweigen vom rabbinischen. Diese drei Testimonien sind in diesem Band bereits gewürdigt. Wenden wir uns, im Anschluss an die Beiträge von Steve Mason und Christine Gerber, nochmals der Darstellung des Judentums zu, die Josephus seiner römischen Umwelt in seinem Peri Ioudaiǀn archaiotƝtos bot. Bekannter ist die Schrift unter ihrem mittelalterlichen Titel Contra Apionem. Im Folgenden werde ich sie einfach nur seine Apologie nennen.2 Diese Bezeichnung, die Josephus gelegentlich selbst gebraucht (Ap II 147.275), tut der Schrift insofern Gerechtigkeit, als sie ein positives Ziel benennt und nicht ein negatives.

––––––––––––– 1 H. Schreckenberg, Die Flavius-Josephus-Tradition in Antike und Mittelalter, ALGHJ 5, Leiden 1972, 69. Für einen Vergleich der beiden Prologe Lk 1,1–4 und Act 1,1–4 mit den beiden Buchanfängen Ap ǿ 1–5 und ǿǿ 1–7, auch mit Philo, VitMos I 1 und II 1f s. D. Dormeyer, Des Josephus zwei suasoriae (Übungsreden) „Über das Volk der Juden“, in: J. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Amsterdam 2000, MJSt 10, Münster 2001, 241–261, der aber keine literarische Abhängigkeit, sondern gemeinsame literarische und argumentative Schemata nachweist. 2 Zur Titelwahl des Josephus s. Ap ǿ 217 und ǿǿ 1. – Zitate im Folgenden stammen aus der noch unveröffentlichten zweisprachigen Ausgabe: Flavius Josephus, Über das Alter des Judentums (Contra Apionem). Kritische Ausgabe, Übersetzung und Kommentar von F. Siegert / H. Schreckenberg / M. Vogel u. a.

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Folker Siegert

Ich habe den polemischen Charakter dieser Schrift an anderer Stelle problematisiert3 und gezeigt, wie schwer man es hat, wenn man aus der Defensive kommt und diese verständlicherweise verlassen möchte, dann aber das Maß nicht findet in der Offensive. Demgegenüber soll hier zunächst einmal anerkannt werden: Es handelt sich um eine Apologie. Sie ist seit ihren ersten feststellbaren Lesern (vielleicht Theophilus v. Antiochien, sicher Meliton v. Sardes) Modell vieler ähnlicher Bemühungen im Christentum geworden. Was nun aber die Lektüre der Apologie schwierig macht, wenn nicht sogar streckenweise unangenehm, ist das Schwanken ihres Autors zwischen Defensive und Offensive, zwischen ‚Verbergen und Bekennen‘. Josephus versucht eine Doppelstrategie, die uns aus christlicher Tradition nicht geläufig ist, zumal schon die Ausgangslage sich von derjenigen der christlichen Apologeten unterscheidet. Es gibt zwei Hauptargumente jüdischer Apologetik von der Antike bis zum heutigen Tage: 1. Wir sind wie alle anderen. 2. Wir sind aber doch Juden. Unerfahrene lassen sich davon überraschen; Erfahrenere können mitunter vorher erraten, welche der beiden Haltungen ihnen als nächste begegnen wird – je nachdem, ob es um politische Interessen geht oder um die Wahrung der rituellen Eigenständigkeit.4 Erst in unseren Tagen hat man diesen Widerspruch unter dem Begriff der ‚doppelten Identität‘ zu fassen vermocht, und man lernt allmählich, mit ihm umzugehen. Dazu hat geholfen, dass wir ohnehin begonnen haben, verschiedene Nationalitäten und Religionen sowie Mischungen aus diesen bei uns zu beheimaten. Es ist für mein eigenes Verhalten in dieser Lage nicht ohne Bedeutung, dass die in Deutschland akkreditierten Amtskirchen einhellig den liberalen Kurs des Zulassens mehrfacher Identitäten eingeschlagen haben. Da hat man eine ganze Reihe von christlichen Werten höher gesetzt als den Missionsauftrag.

––––––––––––– 3 F. Siegert, Protreptik und Polemik bei Josephus. Eine Einleitung in sein Contra Apio-

nem, in: P. van der Horst / M. Menken / J. Smit / G. Van Oyen (Hg.), Persuasion and Dissuasion in Early Christianity, Ancient Judaism, and Hellenism, CBET 33, Louvain / Paris / Dudley 2003, 65–85. 4 Eine Verbindung zwischen beiden Thesen hat Gunnar Haaland gezeigt anhand der Verteidigungsrede für die Juden Kleinasiens, die Josephus dem Nikolaos v. Damaskus in Ant XVI 31–57 in den Mund legt. „Nicolas ... explicitly argues that from the point of view of the Romans, the Jews should be considered alongside other nations (§ 32.41) and according to Nicolas, this equal treatment consists in allowing them to live in accordance with their own custums.“ G. Haaland, Addressing the Romans on Behalf of the Jews. A Rhetorical Analysis of Ant. 16:31–57, in: F. Siegert / J. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Paris 2001, MJSt 12, Münster 2002, 42–58: 54.

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II. Die Apologie des Josephus und das Problem der Vielfalt Josephus, lebte er noch heute, würde uns sagen: Warum habt ihr das so spät gelernt? – Wir aber können ihm antworten: O ja, dein Plädoyer für die Freiheit von Minderheiten, insbesondere der jüdischen, haben wir gelesen und erst spät daraus gelernt. Doch mussten wir uns von deiner eigenen Apologie erst losmachen. Denn du bist es gewesen, der uns die Meinungsvielfalt der Alten Welt schlecht gemacht hat, und zwar gegenüber deinem – von priesterlichem Selbstbewusstsein getragenen – Ideal der normierten Wahrheit. 1. Vielfalt in der Bibel Lasst uns darüber reden! Es gibt einige Probleme mit der religiösen und kulturellen Vielfalt, die du, Josephus, eher aufgebracht als gelöst hast. Was die Darstellung deiner nationalen Geschichte betrifft, sagst du ja (I 38–40), (38) gibt es bei uns nicht Tausende von Büchern, die nicht übereinstimmen und sich widersprechen, sondern nicht mehr als zweiundzwanzig Bücher, welche die Niederschrift des ganzen Zeitraums enthalten und zu Recht Vertrauen gefunden haben. (39) Und von diesen stammen fünf von Mose, die die Gesetze umfassen und die Überlieferung vom Ursprung der Menschheit bis zu seinem eigenen Ende; dieser Zeitraum ist nur wenig kürzer als dreitausend Jahre. (40) Vom Tod des Mose bis zu Artaxerxes, dem König der Perser nach Xerxes, haben die auf Mose folgenden Propheten die Begebenheiten ihrer Zeit in dreizehn Büchern aufgezeichnet; die übrigen vier enthalten Hymnen an Gott und Lebensanweisungen für die Menschen.5

Das war eben eine berühmte Stelle, seit Eusebius viel zitiert als älteste Begründung des biblischen Kanons! Lieber Josephus, mit diesem Text wurdest du ein Klassiker der pensée unique, die wir, als Jahrhunderte währende christliche Mehrheit, in den Gesellschaften des Mittelalters etabliert haben, dann freilich sehr zu eurem – der Juden – Schaden. Erst die Aufklärung hat uns davon befreit, v. a. in ihrer zu Recht antikirchlichen französischen Variante; und ihr selbst wart noch in Moses Mendelssohns Zeiten mehrheitlich unter denen, die meinten, sie abwehren zu müssen. Erst die Aufklärung aber hat der Meinungsvielfalt und dem zensurfreien Austausch der Gedanken wieder zu ihrem Recht verholfen, nach 1500 Jahren! Vor Mendelssohn hat hierbei keiner gemerkt, dass damit ein rabbinisches Prinzip bestätigt wurde: das der Diskussions- und Meinungsfreiheit unter

––––––––––––– 5 Im folgenden Paragraphen (41) weicht er freilich, näher zu seiner Gegenwart kommend, dieses Prinzip auf: „Von Artaxerxes bis in unsere Zeit ist jegliches aufgezeichnet, es wird aber nicht gleichen Vertrauens gewürdigt wie die früheren (Bücher), weil keine exakte Aufeinanderfolge der Propheten mehr stattfand.“

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Qualifizierten und des Respekts gegenüber den Andersdenkenden – unter lediglich einer Bedingung, der Konformität mit den Gesetzen, den bürgerlichen wie den Religionsgesetzen, die im rabbinischen Judentum ein sich ständig erweiterndes, ständig erneuerndes Diskussionsergebnis darstellen. Du hast uns, Josephus, in der zitierten Passage etwas verborgen: Es ist die Meinungsvielfalt schon in der Heiligen Schrift. Gibt es da nicht zu den Samuel- und Königebüchern die Alternative in den Paralipomena? Gibt es da nicht, gleich zu Beginn, zwei Schöpfungsgeschichten und nicht nur eine? Gab es nicht, gerade zu deinen Zeiten, zwei Fassungen des Daniel-Buches, vom Esther-Buch sogar vier?6 – Die Rabbinen, die schließlich den Kanon so begründet haben, wie wir ihn heute noch respektieren, haben keine Einheitswahrheit im Sinn gehabt wie du, sondern haben unter dem hebräisch Erhaltenen die jeweils ältere und anerkanntere Fassung vorne gelassen im Kanon, die jüngere und weniger anerkannte hingegen nach hinten gestellt – so wie sie zur Mischna auch eine Tosephta überlieferten und zum Jerusalemer Talmud einen Babylonischen, Letzteren sogar mit Übergewicht. Lieber Josephus, da hast du uns etwas verschwiegen, weil zu Zeiten Domitians, deines Gönners, das Büchermachen gerade nicht Mode war.7 Da hast du wohl um der jüdischen Sache willen, und um dem antijüdischen Vorwurf kultureller Faulheit zu begegnen, dein Mäntelchen nach dem Wind gehängt. 2. Die Wertung des Ägyptischen in der Apologie Wenn wir schon bei der Vielfalt sind: Wer für die Anerkennung einer Minderheit kämpft, sollte in der Lage sein, selbst Toleranz zu zeigen. Die verstehst du, Josephus, zwar eloquent zu fordern; aber wie ist deine Rede über die Ägypter beschaffen, auch eine Minderheit im Römischen Reich, und eine weniger privilegierte als die Juden? Sie sind euch vergleichbar mit ihrer eigenen Sprache und Schrift und uralten Tradition, aktuell aber mit ihren Niederlassungen und Isis-Tempeln überall in der bewohnten Welt. Sie waren aber auch, gerade zu deiner Zeit, eine beliebte Zielscheibe des Spotts für die römischen Intellektuellen.8 Seit Antonius samt Kleopatra besiegt waren,

––––––––––––– 6 Vgl. F. Siegert, Zwischen Hebräischer Bibel und Altem Testament. Eine Einführung in die Septuaginta, MJSt 9, Münster 2001, 334–340. 7 Über die geistige Situation der Zeit Domitians s. G. Haaland, Josephus and the Philosophers of Rome. Does Contra Apionem mirror Domitian’s Crushing of the ‚Stoic Opposition‘?, in: J. Sievers / G. Lembi (Hg.), Josephus and Jewish History in Flavian Rome and Beyond, JSJ.S 104, Leiden u. a. 2005, 297–316 (mit positiver Antwort). 8 K. Berthelot, The Use of Greek and Roman Stereotypes of the Egyptians by Hellenistic Jewish Apologists, with Special Reference to Josephus’ Against Apion, in: J. Kalms (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Aarhus 1999, MJSt 6, Münster 2000, 185–221.

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machten diese sich lustig über „monströse Gottheiten aller Art und den bellenden Anubis“ (Vergil, Aen. VIII 698). Davon glaubst du, Josephus, Rückenwind zu kriegen und schreibst über die Ägypter und ihren religiösen Pluralismus (II 65f): Wieso liegt ihr, wo ihr doch Ägypter seid, untereinander in heftigem, unversöhnlichem Kampf um die Religion? Nennen wir euch etwa nicht alle „Ägypter“ statt einfach „Menschen“, weil ihr Tiere, die uns gegen die Natur sind, verehrt und mit großer Hingabe ernährt, wo doch jedenfalls unsere (Menschen-)Gattung ein und dieselbe zu sein scheint?

Also wären Ägypter vielleicht keine Menschen? – Derartiges zu schreiben,9 hat in Rom bestimmt niemanden gestört als die anwesenden Ägypter selbst, wenn sie es je merkten. Aber dieser Wind konnte drehen! Die Wertung, wonach es Menschen gebe und Untermenschen, die hat dein Volk reichlich und übermäßig gebüßt. Die Ersten, die den Rückflug des Bumerangs zu spüren bekamen, waren bereits kurz nach deinem Tod die Juden Alexandriens: Ihre Verachtung für die Ägypter bei gleichzeitiger unbedingter Parteilichkeit für die Römer hat sie in Alexandrien die physische Existenz gekostet.10 3. Die Wertung des Griechischen in der Apologie Auch das hast du dir erlaubt, Josephus, weil es in Rom gerade passte, insbesondere unter deinem Protektor Flavius Domitianus: Du hast das Besondere des Judentums vor die dunkle Folie des Griechentums gestellt. Alles was römischer Pragmatismus und Anti-Intellektualismus an den Griechen lächerlich finden konnte, hast du angeschwärzt, um das Judentum vor diesem Hintergrund umso heller leuchten zu lassen als eine pure Disziplin, als eine Art von Spartiatentum. Denn auch dass die Spartaner längst nicht mehr das darstellten, was sie einmal waren, weißt du zu berichten, um hinzuzufügen, die Juden seien es umso mehr; sie wichen von ihrem uralten Gesetz nicht mehr ab. Du sagst (II 225–228): (225) Am meisten ... von den Gesetzgebern zollt man Lykurgos Bewunderung, und alle preisen Sparta dafür, dass es sehr lange Zeit streng bei seinen Gesetzen blieb. (226) Wäre dies nicht anerkanntermaßen ein Kriterium für Tugend, dass den Gesetzen gehorcht wird? Wer aber die Lakedämonier bewundert, soll ihre Epoche vergleichen mit den mehr als zwei-

––––––––––––– 9 J. Barclay, The Politics of Contempt. Judaeans and Egyptians in Josephus’ Against Apion, SBL.SP 39, 2000, 327–358; nachgedr. in: ders., Negotiating Diaspora. Jewish Strategies in the Roman Empire, London 2004, 109–127. 10 Außerdem haben sie sich einseitig für ‚Griechen‘ erklärt und beanspruchten deren Privilegien in der Griechenstadt Alexandrien. Siehe jetzt G. Schimanowski, Juden und Nichtjuden in Alexandrien. Koexistenz und Konflikte bis zum Pogrom unter Trajan (117 n. Chr.), MJSt 18, Münster 2006.

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tausend Jahren unseres Staatswesens (227) und soll darüber hinaus bedenken, dass die Lakedämonier, solange wie sie die Freiheit genossen, es für nötig hielten, genau ihre Gesetze einzuhalten; freilich, nachdem einige Wendungen ihres Schicksals eingetreten waren, vergaßen sie nahezu alle ihre Gesetze. (228) Wir aber haben in zahllosen Schicksalsschlägen wegen der Wechsel der früheren Könige in Asien nicht einmal im äußersten Unglück unsere Gesetze preisgegeben.

In diesem Zusammenhang weißt du es zu rühmen, dass die Spartaner einst nicht durch Worte, sondern durch Kontrolle eine Gleichförmigkeit des Verhaltens in der Bevölkerung erreicht hatten, denn du sagst (II 172): So haben die Lakedämonier und die Kreter durch Gewohnheiten erzogen, nicht durch Worte, – die Athener aber und fast alle übrigen Griechen haben das, was man tun soll und was nicht, durch ihre Gesetze vorgeschrieben, das Eingewöhnen durch ihr eigenes Verhalten aber vernachlässigt.

Soviel zum Judentum als Konformität der Sitten, als Normierung des Verhaltens durch uralte Texte und eine aufsichtführende Priesterschaft (II 187). Dir scheint, Josephus, dass damit Philosophie überflüssig wird, ein nachträgliches Gerede und eine, wie oben schon gesagt, inakzeptable Vielfalt. Wir haben es nachgeprüft in deinen sorgfältig edierten und registrierten Werken: Das Wortfeld um philosophia wird umso dünner und rarer, je näher du dem Ende deiner Apologie kommst, und hört schließlich im positiv gemeinten Schlussteil, in der Darstellung jüdischer Lehre, ganz auf.11 Auch das haben wir dir leider nachgemacht: Der Kolosserbrief 2,8 nennt „Philosophie und leeren Betrug“ in einem Atemzug; das ist das einzige Vorkommen des Wortes ‚Philosophie‘ in unserem Teil der Bibel (in eurem fehlt es ja ganz – wenn wir vom 4. Makkabäerbuch absehen, das ironischerweise dir selbst zugeschrieben wurde). Dabei hat die Feindschaft zu den Philosophen der Kirche nie, aber auch nie etwas Gutes gebracht. Aber das mussten wir erst lernen, ohne deine Hilfe. Bei dir nämlich lesen wir, wie du die griechische Kultur gegen sich selbst zu stellen vermagst (II 239f): (239) Wer von den bei den Griechen für ihre Weisheit Bewunderten hat nicht die berühmtesten Poeten und die anerkanntesten Gesetzgeber gescholten, dass sie derartige Meinungen über Götter von jeher den Massen eingepflanzt haben? – (240) indem sie sie in solcher Zahl darstellen, wie sie gerade wollen, und auseinander hervorgehen lassen nach vielfältigen Erzeugungsweisen, sie nach Orten und Lebensgewohnheiten unterscheiden ganz wie die Tierarten: die einen unter der Erde, die anderen im Meer, die ältesten von ihnen jedoch im Tartaros gefesselt;

––––––––––––– 11 G. Haaland, Jewish Laws for a Roman Audience. Toward an Understanding of Contra Apionem, in: J. Kalms / F. Siegert (Hg.), Internationales Josephus-Kolloquium Brüssel 1998, MJSt 4, Münster 1999, 282–304.

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und so weiter: Das ganze Arsenal der griechischen Mythenkritik fährst du im Folgenden gegen die Griechen auf. Wir aber, fürchte ich, haben daraus nur noch zusätzlich gelernt, wie man jüdische Selbstkritik, an der die Heilige Schrift ja reich ist, in Undankbarkeit gegen die Eigentümer und Übermittler dieser Schrift gegen diese selbst wendet. Nehmen wir noch eine Probe deiner geborgten Polemik. Du sagst von den Griechen (II 251f): (251) wie sonst etwas ganz Belangloses, so haben sie den Dichtern es erlaubt, nach ihrem Belieben Götter einzuführen, die alles (mögliche) erleiden, und den Rhetoren (erlaubt), das Bürgerrecht gemäß Volksbeschluss zu verleihen an jeden fremden Gott, der ihnen gerade passt; (252) große Freiheit in dieser Hinsicht genossen auch die Maler und Bildhauer von Seiten der Griechen;

und so weiter, auch hier: Auf dem Hintergrund des Bilderverbots wird auch gleich die Freiheit der Kunst preisgegeben (um dieses Rechtsgut einmal modern zu benennen). Das mochte in Rom angehen, das ohnehin seine besten Kunstwerke in Griechenland stahl oder sie nach griechischen Vorbildern kopieren ließ. Doch war es, auf die Länge gesehen, nicht klug, sich einer wie auch immer beschaffenen Kulturfeindlichkeit anzuschließen.

III. Jüdische Besonderheiten in der Apologie: Zeigen und Verbergen Kommen wir jetzt zu den auffälligsten Besonderheiten des Judentums, dem Sabbat, den Speisegesetzen, den Sexualbestimmungen und schließlich auch der Beschneidung. Wie gehst du mit den jüdischen Besonderheiten um, welchen die Apologie doch eigentlich gelten soll? 1. Der Sabbat Dieses Thema, das der römischen Oberschicht gewiss ein Dorn im Auge ist – mindert doch freiwilliges Sabbathalten die Produktivität der Gemeinwesen –, führst du uns, Josephus, durch dieselbe Seitentür ein, durch die wir gerade gehen sollten, nämlich die einer Abwertung die Griechen. Du sagst (II 281f): (281) Als Erste haben ... die Philosophen der Griechen nur scheinbar noch die überlieferten Gebräuche gehalten, sind jedoch in ihren Schriften und in ihrer Philosophie ihm [Mose] nachgefolgt, indem sie Gleiches über Gott dachten und Schlichtheit der Lebensführung und gegenseitige Gemeinschaft lehrten. (282) Ja auch in den Volksmassen ist schon, und seit langem, ein starker Neid entstanden auf unsere Gottesverehrung, und es gibt keine Stadt bei den Griechen, welche es auch sei, oder bei den Barbaren, und kein Volk, wohin nicht der

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Brauch des Sabbats, an dem wir nicht arbeiten, durchgedrungen wäre, und das Fasten und das Lichteranzünden und vieles dessen, was es bei uns an Speisevorschriften gibt, mitbeachtet würde.

Auf eine Art ist mutig, Josephus, was du hier sagst; du verbirgst uns nichts. Du vergisst aber, von der Griechenpolemik herkommend, justament das Philosophische am Sabbat, das dein alexandrinischer Schriftstellerkollege Philo in den höchsten Worten zu preisen wusste: den Synagogengottesdienst.12 Von dem zu reden, wäre doch eigentlich ungefährlich gewesen. Aber es war in Rom gerade nicht opportun. So verpasst du eine Chance, die folgenreichste Kulturleistung des Judentums überhaupt zu würdigen, den Wortgottesdienst.13 Nicht schlimm, aber schade. 2. Die Speisegesetze In deine Rechtfertigung mosaischer Diätregeln hast du manche hübsche Polemik gegen die Ägypter und ihren Tierkult verpackt, die ich hier übergehen kann, weil die Problematik solchen Vorgehens nunmehr klar ist. In der positiven Darstellung der Tora lesen wir dann bei dir einiges über die Speisegesetze, was gleichfalls der negativen Folie bedarf, um positiv zu wirken. Im Gegensatz zu den Griechen mit ihrer Beliebigkeit in der Lebensführung sagst du (II 173f): (173) Unser Gesetzgeber hingegen hat das beides mit großer Sorgfalt zusammengefügt: Denn weder ließ er die Einübung in die Gebräuche wortlos bleiben noch die Unterrichtung aus dem Gesetz tatenlos sein, sondern gleich von der ersten Betreuung und vom häuslichen Leben an überließ er auch von den kleinsten Dingen nichts der Entscheidungsfreiheit nach dem jeweiligen Belieben der künftigen Anwender (des Gesetzes), (174) sondern auch bezüglich der Speisen: Welche muss man vermeiden und welche kann man sich zuführen? – und bezüglich der Personen, die an dieser Lebensweise teilnehmen sollen, wie auch bezüglich der Anspannung zur Arbeit und des damit abwechselnden Ausruhens setzte er ihnen als Grenze und Richtschnur das Gesetz, damit wir, unter ihm wie einem Vater und Dienstherrn lebend, weder willentlich noch aus Unwissenheit irgendetwas verkehrt machten.

––––––––––––– 12 A. Momigliano, Was Flavius Josephus nicht sah (ital. 1980), in: ders., Die Juden in der

Alten Welt, Berlin 1988, 67–78: 71f. Josephus erwähnt zwar die Gesetzeslehre jeden Sabbat (Ant XVI 43; Ap II 175), doch ohne zu sagen, an welchem Ort sie stattfindet. Der Tempel war es nicht, und war es nie – es sei denn in einer der hinzugebauten Synagogen wie der des Theodotos, eines Mannes sogar aus priesterlicher Familie, dessen heute so bekannte Inschrift auch Josephus gesehen haben muss. 13 F. Siegert, Die antike Synagoge und das Postulat eines unblutigen Opfers, in: B. Ego / A. Lange / P. Pilhofer, Gemeinde ohne Tempel. Community Without Temple. Zur Substituierung und Transformation des Jerusalemer Tempels und seines Kults im Alten Testament, antiken Judentum und frühen Christentum, WUNT 118, Tübingen 1999, 335–356.

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Das hört sich gut an; aber worum ging es? Dass du Wasser trinken darfst aus einem Gefäß, aber nicht aus einem anderen; dass du Brot backen darfst in einem Ofen, aber nicht in einem anderen. Das sind Riten, wie jedes Volk Riten hat und jede Religion; aber das sagst du nicht.14 Hier muss das Ideal der Konformität, das du für römisch hältst, die jüdischen Speisegesetze rechtfertigen. Hast du je daran gedacht, Josephus, was daraus wird, wenn die Mehrheitsgesellschaft das übernimmt? Die Römer waren da ja noch liberal und waren es jedenfalls den niederen Volksmassen gegenüber, zu denen die Juden und die Christen damals mehrheitlich zählten. Der Klebstoff der Konformität aber hat bei uns in Deutschland sogar die Aufklärung noch überzogen: Noch Immanuel Kant hat dem Judentum eines Moses Mendelssohn die bürgerlichen Rechte verweigert unter Verweis auf mangelnde Konformität in der Lebensweise.15 3. Die Sexualbestimmungen Was diesen Bereich betrifft, finden wir bei dir einige Passagen, die, ohne dass du es uns sagen müsstest,16 sich sehr genau mit der Sexualethik der kaiserzeitlichen Stoa decken und ihrer Auffassung dessen, was als ‚natürlich‘ gelten darf. Du sagst (II 199): Welche (Vorschriften) aber betreffen die Ehen? – Nur einen Geschlechtsverkehr kennt das Gesetz, den naturgemäßen mit einer Frau, und zwar dann, wenn er um der Kinder willen erfolgen soll. Den von Männern mit Männern verabscheut es, und Tod ist der Lohn, wenn es jemand wagen sollte.

Hier wird ein ursprünglich ritueller Unterschied des Judentums zu den anderen Völkern (Lev 18,22) zum ethischen Maßstab veredelt, freilich um ––––––––––––– 14 Ein großes Manko in der gesamten antiken Literatur sind seriöse, unpolemische Überlegungen über Riten. Das Griechische hatte hierfür noch nicht einmal einen klaren Terminus. Die Sammlung von A. Tresp, Die Fragmente der griechischen Kultschriftsteller, RVV 15,1, Gießen 1914, enttäuscht total. In Plutarchs Delphischen Dialogen findet sich manches angedeutet, was aber rasch an ein Schweigegebot stößt. Josephus liefert gelegentlich Überlegungen über Riten (z. B. Ap II 203); damit müssen wir uns, da er zu den geplanten Büchern Ɩƪƴ˃ ƦʅƷƮ̹Ʊ nicht mehr gekommen ist, begnügen. Was bei Neuplatonikern wie Jamblich oder gar erst bei Julian zu finden ist, ist fern jeden Ursprungs. 15 Zu dieser weitläufigen Problematik vgl. F. Lötzsch, Moses Mendelssohn und Immanuel Kant im Gespräch über die Aufklärung (1977), in: ders., Philosophie der Neuzeit im Spiegel des Judentums, MJSt 19, Münster 2005, 132–150 – unter Bezug auf eine unendlich peinliche Fußnote Kants in der 2. Aufl. seiner Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1794), 252f. 16 Das wäre unter Domitian inopportun gewesen, der selbst einige in Opposition zu ihm gegangene stoische Philosophen Roms hinrichten und Bücher verbrennen ließ. Details bei Haaland, Josephus (s. Anm. 7).

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den Preis des Auslassens derer, die die Natur nicht auf das andere Geschlecht gepolt hat. Sie mögen eine kleine Minderheit sein; aber ging es uns nicht um Minderheiten? – Es sollte wiederum 2000 Jahre dauern, bis das Amalgam aus mosaischem Reinheitsdenken und römischer Ordnungsmacht, genannt Strafgesetzbuch, davon abließ, gleichgeschlechtliche Bindungen unter Strafe zu stellen und sich vielmehr dazu verstand, auch diesen eine ethische Qualität und v. a. eine rechtliche Verbindlichkeit zuzusprechen. Verantwortung hat heute die Konformität abgelöst. Das konntest du nicht wissen; du hast uns den Weg dahin aber auch nicht leicht gemacht. Rühmen wollen wir mit dir, dass das Judentum die Aussetzung von Kindern verbot. Diese in der Antike gängigste Maßnahme zur Geburtenregelung, ein Tabuthema, wird von dir im weiteren Kontext (202) in diesem Sinne beantwortet, und damit wird zugleich implizit gerechtfertigt, dass das Volk der Judäer sich überall in der römischen Welt ausbreitete mit einer fast beängstigenden (für Tacitus jedenfalls beängstigenden) Geschwindigkeit. Dazwischen aber lesen wir bei dir etwas, was du auch wieder nicht hättest sagen müssen, was angeblich im Gesetz steht;17 ich freilich kann es dort nicht finden. Du sagst (201): Eine Frau, sagt es, ist einem Mann in jeder Hinsicht unterlegen. So sei sie gehorsam – nicht um sich misshandeln, sondern um sich lenken zu lassen; Gott hat dem Mann die Herrschaft gegeben.

Ich schweige von den übrigen Bestimmungen und von der Art, wie du sie selbst gehalten hast.18 Ein einziges Detail deines Privatlebens will ich nur aufgreifen, das mich stört (wenn du es mir schon mitteilst, Vita 429): War es schon im Judentum streng verpönt, schöne junge Männer zu kastrieren und zu Luxusobjekten zu missbrauchen,19 eine römische Mode, der auch Domitian frönte mit seinem Hofeunuchen Flavius Earinus, wie ist es dann zu verstehen, dass du in deinem eigenen Hausstand als Kinderführer einen Eunuchen beschäftigtest? So weit brauchte deine Sympathie mit dem Kaiserhaus nicht zu gehen.

––––––––––––– 17 Philo freilich hat in QuaestGen ǿ 25 die Erschaffung der Eva aus der Rippe Adams (Gen 2,21f) in diesem Sinne interpretiert. 18 Obwohl Priestern die Ehe mit ehemals Gefangenen verboten ist, hat Josephus als zweite Frau eine Gefangene geheiratet, hat sie freilich wieder fortgeschickt (Vita 414) – und wäre es nur, um seine Qualifikation als Priester nicht zu gefährden. Vgl. Manuel Vogels Kommentar in der Münsteraner Ausgabe (vgl. Anm. 23), z. St. 19 Josephus, Ant IV 291; PseudPhok 187; PseudPhiloJona 106. Josephus selbst berichtet Beispiele von dieser Mode am Hof des Herodes in Bell I 488 und Ant XVI 230f.

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4. Die Beschneidung Hier hast du, Josephus, eine schwierige Klippe elegant umschifft, zugegeben – allerdings um welchen Preis? Gefährlich war das Thema gewiss, nicht nur, weil man in einer Kultur, die die Schönheit nackter Männer schätzte, nichts obszön fand als allein die Nacktheit jenes kleinen Körperteils, den die Beschneidung bloßlegte. Gefährlich war das Thema überdies dadurch, dass, wie du selbst zugibst (ǿ 169–171), die Beschneidung von den Ägyptern kommt und euch damit euren Erzfeinden an die Seite stellt. Dein Schachzug besteht nun darin, dass du deine persönliche Attacke auf Apion, deinen Hauptgegner in der Apologie, mit einem biographischen Detail abschließt, das dessen Tod auf eine zu spät vorgenommene Beschneidung zurückführt. Damit meinst du dann das Thema erledigt zu haben. Du sagst (II 143f): Apion ... wurde nämlich notgedrungen beschnitten, als ihm eine Wucherung am Geschlechtsteil wuchs; doch hat ihm diese Beschneidung nichts mehr genützt, sondern infolge von Sepsis ist er unter schrecklichen Schmerzen gestorben. (144) Es gehört sich nämlich für verständige Leute, in den je eigenen Gesetzen, was Religion betrifft, gewissenhaft zu verbleiben und die der anderen nicht zu verhöhnen – er aber hat die seinen preisgegeben, unsere aber mit Lügen geschmäht. – So also ist das Lebensende Apions gewesen, und so soll hier auch das Ende meiner Rede sein.

Gut pariert, Josephus! Über die Beschneidung eines Ägypters hast du so laut gespottet, wie du über die jüdische geschwiegen hast.

IV. Schluss 1. Der Blickwinkel des Josephus Soweit unser Rückblick auf die Apologie; soweit unser Gespräch mit einem Autor, dessen Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit von vielen bezweifelt worden sind; ich schließe mich an. Dieser Rückblick hat gezeigt, dass Josephus Taktiker ist, aber kein Stratege.20 Er kommt aus hohepriesterlicher und königlicher Familie und sieht auch in beidem seine Bestimmung. Er wurde damit kein Theologe und kein Philosoph, sondern bestenfalls Diplomat.21 Das mochte

––––––––––––– 20 Ihm wäre in der frühchristlichen Literatur am ehesten Tertullian zu vergleichen, aber keiner der kanonischen Autoren, keiner der ‚apostolischen Väter‘ und keiner der älteren Apologeten. 21 Für ein Charakterbild unter vielen vgl. E. Nodet, „Pourquoi Josèphe?“, in: Naissance de la méthode critique. Colloque du centenaire de l’Ecole biblique et archéologique française de Jérusalem, Patrimoines – christiansme, Paris 1992, 99–106.

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zwangsläufig so sein; bedauern müssen wir dies: Sein Weitblick hat über die Verhältnisse zur Zeit Domitians nicht hinausgereicht, auch wenn er sie um einige Jahre überlebt haben sollte. Dass er aber seine Aufgabe politisch angeht und nicht etwa theologisch oder, allgemeiner gesagt, philosophisch, ist durch die Sachlage bedingt. Hierin liegt eine für das Corpus-Unternehmen bedenkenswerte Schwierigkeit. Um nämlich nichts Unvergleichliches zu vergleichen, müssen wir im Gegensatz zu aller neutestamentlichen oder danach noch kommenden Apologetik präzisieren: Im Falle des Josephus und des Judentums ist das zu wahrende Rechtsgut eine ™ƳưƮƷƪ˄Ʀ (II 226.287 u. ö.), es sind ƱˆμƳƮ. Die Christen aber beanspruchten für sich die Anerkennung als religio (ƭƴƬƶƯƪ˄Ʀ bzw. ƪʡƶˀƧƪƮƦ in einem konkreten Sinn).22 Die jüdische Besonderheit, die Josephus verteidigen will, ist damals nicht unter dem Begriff der ‚Religion‘ gefasst worden, wie Tertullian späterhin tat, sondern sie wollte eine Verfassung sein. Es sollte auch außerhalb Judäas gestattet sein, nach dieser zu leben, wo immer ‚Judäer‘ oder ihre Sympathisanten es wollten. So war ja schon eine Absicht der Antiquitates gewesen. Alle erhältlichen Texte – Verträge, Privilegien von römischer Seite – hatte Josephus in Buch XIV und XVI zusammengetragen; deren Tenor ist es, den er in seiner Apologie verallgemeinern möchte. Um Wahrheitsfragen geht es nicht und wäre es auch im Zusammenhang mit dem Religionsbegriff für Römer nicht gegangen, hätten nicht die Christen eines Tages den unrömischen, auch unjüdischen Begriff einer ‚wahren Religion‘ aufgebracht. Damit mag manche Einschränkung dieser Apologie und mancher Unterschied zu christlichen Schriften der Folgezeit hinreichend erklärt sein. 2. Was Josephus übersieht Hinzu kommt aber eine eigentümliche Betriebsblindheit. Wir sagten eingangs, dass Josephus das Christentum kaum erwähnt, und ferner, dass er die Synagogen in ihrer Bedeutung völlig verkennt (s. o. III.1). Auch die Rabbinen, deren zweite Generation in ihren vier prominentesten Vertretern zu jener Zeit in Rom weilte und vermutlich die Sprecherrolle für das Judentum nunmehr

––––––––––––– 22 Beide Ausdrücke kommen in der Apologie auch vor, aber nur ƪʡƶˀƧƪƮƦ dient für die jüdische Sache (I 224); es bezeichnet einen Bestandteil der ™ƳưƮƷƪ˄Ʀ. – Zum weiteren Vergleich und Kontrast: Der Islam, zu Hause eher eine politeia, beansprucht heute in Deutschland aufgrund der Vorgaben des Art. 7 GG die Anerkennung als Religion. Er folgt also, wiederum den Umständen gemäß, dem christlichen, nicht dem jüdischen Weg der Akkulturation.

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für sich beanspruchte23 – auch sie sind in ihrer Bedeutung von Josephus verkannt worden. Es bedeutet den gänzlichen Sieg der rabbinischen Gegenrichtung, dass gegen 200 n. Chr. Antoninus Caracalla – der „Antoninos“ vieler talmudischer Anekdoten –, einen Rabbi namens Juda, zubenannt „der Fürst“, zum Kodifizieren der judäischen Religionsgesetze in Form der Mischna ermächtigte. Diese Koexistenz von jüdischem und römischem Recht hat in denjenigen Regionen, für die sie gedacht war – Regionen mit überwiegend jüdischer Bevölkerung – reibungsfrei funktioniert und stellt, historisch besehen, ein positives Beispiel für jene Toleranz und Vielfalt dar, die Josephus einforderte, ohne selbst zu ihr fähig zu sein. Sie haben sein Problem gelöst, aber ganz anders. 3. Die Politik der Nichtbeachtung Wenn nun die Erwähnungen des Christentums und seiner Ursprungsereignisse bei Josephus gleichfalls so kärglich sind, ist natürlich auch hier Konkurrenz im Spiel. Noch war das römische Christentum mehrheitlich Judenchristentum. Die daraus erwachsende Konkurrenz erklärt die Kürze der drei Testimonien, der nur durch Interpolationen nachträglich, und künstlich, abgeholfen worden ist. Gleiches erklärt aber auch die weitgehende Stille über die Christen im Talmud. Das Christentum zu erwähnen, haben beide Richtungen des Judentums, so gut es ging, vermieden. Um mehr zu tun, hätte man auch unter Juden und Christen ein Thema ansprechen müssen, für das, wie es scheint, der ganzen Antike die Worte fehlen: das der Bindung an Riten.24 Man ist sich also – mit einem Wort Martin Bubers – ‚vergegnet‘. Beiden, dem Christentum und dem Judentum, musste von dritter, von philosophischer Seite geholfen werden, mit fast zweitausendjähriger Verspätung einander ‚wahrzunehmen‘.

––––––––––––– 23 Hinweise in: Flavius Josephus: Aus meinem Leben (Vita). Kritische Ausgabe, Übersetzung und Kommentar von F. Siegert / H. Schreckenberg / M. Vogel u. a., Tübingen 2001, 2 (mit E. Nodet). 24 Vgl. Anm. 14. – Dass man schon innerchristlich dazu nicht in der Lage war, zeigt die Nichteinigkeit über das sog. Aposteldekret (Act 15,29 diff. Gal 2,6). Das Projekt einer Kirche ‚aus Juden und Heiden‘ scheiterte an der nicht hergestellten Tischgemeinschaft – nicht an theologischen Fragen, sondern an solchen der Kaschrut und an sonstigen Dingen dieser Art, die auch Josephus zu diskutieren nicht bereit war.

Mose und der Mos Maiorum Das Alter des Judentums als Argument für die Attraktivität des Christentums in der Apostelgeschichte von

KNUT BACKHAUS ‚Newcomer‘ haben es schwer – zumal dort, wo Alter alles ist. Auf der Akropolis zu Athen ließ König Attalos II. von Pergamon (reg. 159–138 v. Chr.) gut sichtbar eine Weihegabe errichten, die vier monumentale Schlachten darstellte: die Gigantomachie, die Amazonomachie, die Schlacht von Marathon und – einen kürzlich errungenen Sieg seines Hauses über die Galater in Mysien (vgl. Pausanias 1,25,2). Zwei mythische Großereignisse, eine historische Schlacht, die längst mythischen Glanz besaß, und lokalpolitisches Zeitgeschehen. Die Attaliden, ‚Newcomer‘ eben unter den hellenistischen Herrscherhäusern, bedurften der Legitimierung durch Einzeichnung in eine ehrwürdige ‚Urgeschichte‘.1 Mehr noch: Ihr Sieg gegen die keltischen Stämme prägte ihre Selbstinszenierung als berufene Wahrer griechischer Kultur. Die aus unserer Sicht unrealistische Weihegabe dient einem realistischen Zweck: Sie kanonisiert ein Vergangenheitsbild, und dies in einem Legitimationsinteresse der Gegenwart. Sie prägt das aus, was die jüngere Kultur-

––––––––––––– 1 Hinweis bei H.-J. Gehrke, Die Bedeutung der (antiken) Historiographie für die Entwick-

lung des Geschichtsbewußtseins, in: Die antike Historiographie und die Anfänge der christlichen Geschichtsschreibung, hg. v. E.-M. Becker, BZNW 129, Berlin 2005, 29–51: 47; vgl. näher M. Flashar, Die Sieger von Marathon – Zwischen Mythisierung und Vorbildlichkeit, in: Retrospektive. Konzepte von Vergangenheit in der griechisch-römischen Antike, hg. v. ders. / H.-J. Gehrke / E. Heinrich, München 1996, 63–85: 66–74.82f Anm. 74. Zur Funktion des Galatersieges für die Selbstinszenierung der Attaliden-Dynastie vgl. H.-J. Schalles, Untersuchungen zur Kulturpolitik der pergamenischen Herrscher im dritten Jahrhundert vor Christus, IF 36, Tübingen 1985, bes. 51–127; zur Erinnerungspflege der Attaliden-Dynastie C. Habicht, Athens and the Attalids in the Second Century B. C., Hesp. 59, 1990, 561–577; B. Virgilio, Fama, eredità e memoria degli Attalidi di Pergamo, in: Aspetti e problemi dell’ Ellenismo, hg. v. ders., Studi Ellenistici 4, Pisa 1994, 137–171.

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wissenschaft ‚soziales Funktionsgedächtnis‘ nennt.2 Geschichtsbewusstsein ist eine scheinbar objektivierte Form des Selbstbewusstseins. Meine Leitthese im Folgenden lautet: ‚Lukas‘ kanonisiert – namentlich in der Apostelgeschichte – das Vergangenheitsbild des Christentums, und zwar durch Einzeichnung in die biblisch-jüdische ‚Urgeschichte‘, als deren berufene Wahrerin er seine Gemeinschaft darstellt. Als narrativer Spezialist für das soziale Gedächtnis verortet er seine junge Gemeinschaft im monumentalen Vergangenheitsraum Israels und unterfüttert seinen aktuellen Geltungsanspruch durch den ersten literarischen Entwurf gepflegter Erinnerung im Urchristentum. Die archaische Tradition der biblischen Literatur, ‚Mose‘, nutzt er dabei apologetisch zum Anschluss an die griechisch-römischen Geltungsstandards, für die der mos maiorum, im weiten Sinn verstanden, Identität, Legitimation und Konkurrenzfähigkeit stiftet, für die das ™ƴƪƶƧˈƷƪƴƳƱ sich der Vermutung des Ưƴƪ̝ƷƷƳƱ erfreut und Alter Attraktivität steigert. Kurzum: Sein Doppelwerk zeichnet die intentionale Geschichte der werdenden Kirche.3 Der Auctor ad Theophilum4 argumentiert also im Prinzip ähnlich wie der Auctor ad Epaphroditum, wobei sich – je nach Sichtweise – einschränken lässt: Er musste sich das Alter ausleihen, da ihm derzeit kein anderes zur Ver––––––––––––– 2 Das Verstehenskonzept einer funktionalen Erinnerungskultur wurzelt bei M. Halbwachs, Les cadres sociaux de la mémoire (1925), Paris 1994; La mémoire collective (1950), hg. v. G. Namer, Paris 1997, und empfing wichtige Impulse von dem Kunsthistoriker Aby Warburg (dazu R. Kany, Mnemosyne als Programm. Geschichte, Erinnerung und die Andacht zum Unbedeutenden im Werk von Usener, Warburg und Benjamin, Studien zur deutschen Literatur 93, Tübingen 1987, bes. 168–185); vgl. O. G. Oexle, Memoria als Kultur, in: Memoria als Kultur, hg. v. ders., VMPIG 121, Göttingen 1995, 9–78, bes. 22–29. In der jüngeren deutschen Kulturwissenschaft wurde es vor allem unter der Denkfigur des ‚kulturellen Gedächtnisses‘ durch Jan und Aleida Assmann fortentwickelt; vgl. J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992; A. Assmann, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München 1999; J. Assmann, Religion und kulturelles Gedächtnis. Zehn Studien, München 22004. 3 Der Begriff der ‚intentionalen Geschichtsschreibung‘ für die im Interesse der Gegenwartskonstitution gepflegte relationale Erinnerung geht auf H.-J. Gehrke (vgl. Mythos, Geschichte, Politik – antik und modern, Saec. 45, 1994, 239–264: 247.252–257) zurück und wurde von ihm in verschiedenen Zusammenhängen konkretisiert und erweitert; vgl. bes. Was ist Vergangenheit? oder: Die „Entstehung“ von Vergangenheit, in: Der neue Streit um Troja. Eine Bilanz, hg. v. C. Ulf, München 2003, 62–81; ders., Einleitung, in: Normen, Ausgrenzungen, Hybridisierungen und ‚Acts of Identity‘, hg. v. M. Fludernik / ders., Identitäten und Alteritäten 18, Würzburg 2004, 11–19; ders., Bedeutung (s. Anm. 1). 4 Aus Konvenienzgründen nenne ich den Verfasser des lukanischen Doppelwerks (LDW) im Folgenden Lukas und die beiden Teilschriften Lk und Act. Die sich zwischen den beiden jüdisch-römischen Kriegen im Zeichen der Tora-Orientierung neu affirmierenden Gemeinschaften des synagogalen Judentums nenne ich vereinfachend Judentum, die sich in der gleichen Schwellenphase mit ihren fließenden Übergängen etablierenden Gruppierungen des von Lukas so genannten ‚Weges‘ der ‚Christianer‘ (Act 11,26; 26,28; vgl. Tacitus, Annales XV 44) (werdendes) Christentum bzw. (werdende) Kirche.

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fügung stand.5 Man mag sogar boshaft vom Griff in das ‚Ahnenkapital‘6 sprechen. Denn die Jesus-Bewegung als solche verfügte nicht einmal über das Kleingeld ererbter Eigenschaften und Würdetitel, war sie doch aufgebrochen im Gefolge eines Gedächtnisbilderstürmers, der die Berufung auf Abkunft nicht gelten ließ und noch aus Steinen Abraham-Kinder werden sah (Q 3,8). Ihr eigener Neuheitsanspruch war nicht minder radikal: „Neuer Wein in neue Schläuche!“, so lautet die Devise (Mk 2,22; vgl. Mt 9,17 / Lk 5,37f; EvThom 47).7 Doch der Dritte in der traditio triplex fügt einen verblüffenden Nachsatz hinzu: „Niemand, der alten Wein trinkt, will neuen. Denn er sagt: Der alte ist ersprießlich!“ (Lk 5,39). Das ist wohl weniger ein irenischironischer Stoßseufzer8 als ein kulturelles Aha-Erlebnis.9 Um dieses ‚Aha‘ etwas zu differenzieren, gliedere ich meine eben aufgestellte Leitthese in drei Unterthesen: In einem religiös-kulturellen Wettbewerb, in dem geschichtliche Herkunft entscheidender Attraktivitätsfaktor sein konnte, hat Lukas im Blick auf das ‚Alter des Judentums‘ (1) das sinnstiftende Potential des sozialen Funktionsgedächtnisses für das werdende Chris-

––––––––––––– 5 Edna Brocke hat für dieses Phänomen den Begriff der christlichen ‚Leihidentität‘ geprägt (vgl. E. Brocke [Briefwechsel mit J. Moltmann], Das christlich-jüdische Verhältnis und der zweite Golfkrieg, KuI 6, 1991, 163–185: 174f). Auch solches Urteil entspringt freilich keineswegs historischer Tatsachenbeobachtung, sondern artikuliert seinerseits – als Ausdruck systematisierender Entscheidung – das soziale Funktionsgedächtnis. Dies erweist die jüngste – mit bezeichnender Familienmetaphorik geführte – Debatte über die Frage, inwiefern das Judentum, wie oft zu hören ist, als ‚Mutterreligion‘ des Christentums (und Islams) gelten könne oder seinerseits ‚Tochter‘ der biblischen Tempel-Religion sei, mit dem Christentum durch Ursprungsverwandtschaft ‚geschwisterlich‘ verbunden: M. Wolffsohn, Juden, Christen, Brüderlichkeit? Historiker-Gedanken zum Kampf der universalistischen und partikularistischen Tendenzen in der Religion, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.2005, Nr. 294, 40. 6 Die Metapher (im Bezug auf den aristokratischen Statuswettbewerb in der römischen Republik) bei U. Walter, Ahn macht Sinn. Familientradition und Familienprofil im republikanischen Rom, in: Sinn (in) der Antike. Orientierungssysteme, Leitbilder und Wertkonzepte im Altertum, hg. v. K.-J. Hölkeskamp u. a., Mainz 2003, 255–275: 258f; zum Begriff des ‚symbolischen Kapitals‘ (Pierre Bourdieu) vgl. auch E. Flaig, Die Pompa Funebris. Adlige Konkurrenz und annalistische Erinnerung in der Römischen Republik, in: Oexle (Hg.), Memoria (s. Anm. 2), 115–148: 126f. 7 Zu diachronem Profil und historischer Rückfrage vgl. K. Backhaus, Die „Jüngerkreise“ des Täufers Johannes. Eine Studie zu den religionsgeschichtlichen Ursprüngen des Christentums, PaThSt 29, Paderborn 1991, 138–161. Zum Neuheitsanspruch des Frühchristentums W. Kinzig, Novitas Christiana. Die Idee des Fortschritts in der Alten Kirche bis Eusebius, FKDG 58, Göttingen 1994, bes. 111–117. 8 In diese Richtung ging meine Deutung in Backhaus, Jüngerkreise (s. Anm. 7), 160; zur Diskussion des Passus vgl. R. S. Good, Jesus, Protagonist of the Old, in Lk 5:33–39, NT 25, 1983, 19–36. 9 Vgl. H. Merkel, Israel im lukanischen Werk, NTS 40, 1994, 371–398: 385f; ders., Das Gesetz im lukanischen Doppelwerk, in: Schrift und Tradition. FS J. Ernst, hg. v. K. Backhaus / F. G. Untergaßmair, Paderborn 1996, 119–133: 133.

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tentum erkannt, ihm (2) entschlossen die historiographische Teilmonographie als legitimierende Herkunfts- und Stiftungsmemoria zur Verfügung gestellt und ihm (3) durch erzählendes Ordnungshandeln einen relationalen Vergangenheitsraum in der biblischen Tiefe der Zeit erarbeitet.

I. Die Gedächtnisstrategie des Lukas Der römische mos maiorum: Ein heuristischer Musterfall In was für eine Gesellschaft klingt der Nachsatz vom „alten Wein“ hinein? Unter dem mos maiorum verstehe ich hier die für das griechisch-römische Wertsystem im weitesten Sinn kennzeichnende normative Herkunftsreferenz.10 Doch der mos maiorum im engeren Sinn, die Selbstvergewisserung und -darstellung der republikanisch-römischen Nobilität durch Verweis auf typische Eigenschaften und beispielhafte Taten der Vorfahren,11 kann in vierfacher Hinsicht als heuristischer Musterfall gelten: (a) Er ist ein schöpferisches, aber auch subversives Konstrukt: Als ‚Faktum‘ in der Vergangenheit entdeckt, dient er als bedrohte und verpflichtende Norm für die Gegenwart: Caesar entdeckt die Vorfahren des julischen Hauses nicht

––––––––––––– 10 Sextus Pompeius Festus, De verborum significatione, definiert recht allgemein: mos est [institutum pa]trium; id est memoria veterum pertinens maxime ad religiones [caerim]oniasque antiquorum (146,3–5 [hg. v. W. M. Lindsay]); zur Phänomenologie des mos bei Varro vgl. M. Bettini, mos, mores und mos maiorum. Die Erfindung der „Sittlichkeit“ in der römischen Kultur, in: Moribus antiquis res stat Romana. Römische Werte und römische Literatur im 3. und 2. Jh. v. Chr., hg. v. M. Braun / A. Haltenhoff / F.-H. Mutschler, Beiträge zur Altertumskunde 134, München 2000, 303–352: 314–318. 11 In neutestamentlicher Zeit hatte der mos maiorum in diesem primär standesethischen Sinn seine Blütezeit bereits hinter sich, da er naturgemäß den Interessen der Kaiser, so sehr diese sich gerade im ersten Jahrhundert auf die altrömischen Gepflogenheiten beriefen, zuwiderlaufen musste. So dient er selbst bei Tacitus allenfalls noch zur Kennzeichnung althergebrachter Hinrichtungsart (z. B. Annales IV 30,1; XVI 11,3; vgl. Sueton, Nero 49,2; Dom. 11,2; Apuleius, Metamorphoses X 11). Eine instruktive begriffs- und motivgeschichtliche Übersicht bis zur Zeit Ciceros mit einem Ausblick auf die Folgezeit gibt W. Blösel, Die Geschichte des Begriffes mos maiorum von den Anfängen bis zu Cicero, in: Mos maiorum. Untersuchungen zu den Formen der Identitätsstiftung und Stabilisierung in der römischen Republik, hg. v. B. Linke / M. Stemmler, Historia Einzelschriften 141, Stuttgart 2000, 25–97. Zu den Funktionen und Formen der Ahnenreferenz in der spätrepublikanischen Nobilität erhellend K.-J. Hölkeskamp, Exempla und mos maiorum. Überlegungen zum „kollektiven Gedächtnis“ der Nobilität (1996), in: ders., SENATVS POPVLVSQVE ROMANVS. Die politische Kultur der Republik – Dimensionen und Deutungen, Stuttgart 2004, 169–198, und Walter, Ahn (s. Anm. 6); vgl. auch die Sammelbände Braun / Haltenhoff / Mutschler (Hg.), res Romana (s. Anm. 10), und Linke / Stemmler (Hg.), Mos (a. a. O.).

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ohne Programmatik außer bei Venus auch bei dem legendären König Ancus Marcius (vgl. Sueton, Iul. 6,1)12 – nicht ohne Programmatik entdeckt sein Attentäter M. Iunius Brutus die Wurzeln seines eigenen Geschlechts bei Brutus, dem legendären Tyrannenfeind.13 (b) Er ist je nach Gegenwartsinteresse beweglich: Es sind die homines novi „obscuris orti maioribus“ (vgl. Cicero, off. I 116), die seinen Verlust am heftigsten beklagen, ihn am tiefsten beschwören und am kühnsten umdeuten und so Ahnengemeinschaften entdecken, wo man zuvor keine sah: Die ‚Vätersitte‘ wird bei Cato Censorius und Cicero (z. B. rep. V 1) zur leitenden Denkfigur und zugleich von der Standestugend der adeligen gentes ausgeweitet zum Identitätsmaßstab des Römertums schlechthin.14 (c) Er ist diskursiv kaum einlösbar, sondern begegnet vor allem als lebensweltliche Realität: Er wird durch Sozialisation vermittelt, durch beeindruckende Beispielfälle und vorbildhafte Individuen konkretisiert, an typischen Verhaltensmustern erzählend eingeschärft, historiographisch verstetigt, an festen Erinnerungsorten in Tempeln oder Atrien kultiviert, in Wachsbildern (imagines maiorum) visualisiert und mit Aufzügen inszeniert, besonders nachhaltig in der pompa funebris.15 Die Erinnerung war erzähltechnisch kanalisiert und augenfällig. (d) Er ist, gerade auch in seiner auf die Gesamtgesellschaft erweiterten Gestalt, religiös geprägt: Zum einen verankert er die derzeitige Ausübung der Religion in einer unvordenklichen und daher als sakrosankt empfundenen Vergangenheit und gibt ihr so innere wie soziale Verbindlichkeit (z. B. Cicero, Pro Murena 1), zum anderen gewinnt er seine eigene Verbindlichkeit ––––––––––––– 12 Die pro rostris gehaltene laudatio funebris – in diesem Fall für Caesars Tante Julia im Jahr 69 v. Chr. – war ein natürlicher Ort für die genealogische Heeresschau. Ancus Marcius galt der Staatsüberlieferung als der vierte von den sieben Stiftungskönigen Roms. 13 Vgl. Walter, Ahn (s. Anm. 6), 264.272–274. 14 Vgl. näher Blösel, Geschichte (s. Anm. 11), 53–59 (Cato).68–85 (Cicero). 15 Zu den imagines maiorum umfassend H. I. Flower, Ancestor Masks and Aristocratic Power in Roman Culture, Oxford 1996; im Überblick W. Kierdorf, Art. Imagines maiorum, DNP V, 1998, 946f. Zur pompa funebris Flaig, Pompa (s. Anm. 6), bes. 118–133; Flower a. a. O. 91–127; Hölkeskamp, Exempla (s. Anm. 11), 188–190; Blösel, Geschichte (s. Anm. 11), 37–46; Walter, Ahn (s. Anm. 6), 260–263. Zur ‚zitierten‘ bzw. ‚moralisierten‘ Geschichte Hölkeskamp, Exempla (s. Anm. 11), 176–183. Eine Überblicksskizze zur Memorialtechnik der römischen Nobilität bietet W. Blösel, Die memoria der gentes als Rückgrat der kollektiven Erinnerung im republikanischen Rom, in: Formen römischer Geschichtsschreibung von den Anfängen bis Livius. Gattungen – Autoren – Kontexte, hg. v. U. Eigler u. a., Darmstadt 2003, 53–72. Zur Beweglichkeit von Begriffsinhalt und -umfang der mores maiorum in der griechisch-römischen Kultur Bettini, mos (s. Anm. 10).

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umgekehrt durch religiöse Sinnstiftung, die über die rationale Vergewisserung hinausreicht (z. B. Cicero, n. d. III 43.94). Der mos maiorum war also nicht Standesethos allein, er war alltägliche Plausibilität – und als solche gerade auch Zielscheibe des Spotts. Denn vermutlich sind es Komödienschreiber und Satiriker, die die Selbstverständlichkeiten einer Gesellschaft am treffsichersten wiedergeben. Bei Plautus machen sich gerade die – juristisch betrachtet: stammbaumlosen – Sklaven den mos maiorum zu Eigen: scio crucem futuram mihi sepulcrum; / ibi mei sunt maiores siti, pater, avos, proavos, abavos16 (Miles Gloriosus 372f: Sceledrus). Der Schmarotzer Saturio kann darauf verweisen, dass er das altehrwürdige Gewerbe seiner Vorfahren, ihnen getreu, mit aller Sorgfalt fortsetze: Denn auch Vater, Großvater, Urgroßvater, Ururgroßvater, Urururgroßvater, Ururururgroßvater hätten sich eifrig schmarotzend den Bauch gefüllt, und deren Stelle gedenke er auszufüllen (vgl. Persa 53–61).17 Noch Juvenal in seiner beißenden Kritik am Adelsstolz moniert doch eher, dass die Nachfahren sich ihrer stemmata als unwürdig erweisen, als die stemmata selbst (Saturae VIII). Der ‚Stammbaum‘ also war in umfassender Weise jener Fixpunkt, der half, Orientierung über die eigene Position zu gewinnen. Herkunftsbehauptung und Geltungsanspruch: Das Problem des Lukas Nicht nur Familien und Völker besaßen Genealogien, sondern auch Poleis, politische und soziale Allianzen, Kultgruppen. Allerorten baute und pflegte man emsig Erinnerungsräume – die Pflege schloss bei Bedarf den Umbau ein. In solchen Räumen wurde die eigene Gegenwart durch narrative, literarische und rituelle Stränge mannigfach mit einem dem aktuellen Diskurs enthobenen Objektivitätsanspruch ‚tief unten‘ in der Geschichte verankert.18 Das archaische Urgemälde war Troja: in alle Richtungen kommunikabel, da gemeinkulturell kanonisiert – mit einer variablen Vielfalt von Anknüpfungsmöglichkeiten für brauchbare Einzelbilder und gewünschte Erinnerungen – mit unbegrenzter Fortschreibungsfähigkeit: Denken wir nur an die erzählten Reisen des Troja-Flüchtlings Aeneas, dessen behauptete Anwesenheit Orte,

––––––––––––– 16 „Ich weiß, dass mir künftig ein Kreuz zum Grab dient; dort sind meine Vorfahren schon gebettet: Vater, Großvater, Urgroßvater, Ururgroßvater.“ 17 Veterem atque anitquom quaestum maiorum meum / servo atque optineo et magna cum cura colo. / nam numquam quisquam meorum fuit, / quin parasitando paverint ventris suos: / pater, avos, proavos, abavos, atavos, tritavos / … / unde ego hunc quaestum optineo et maiorum locum (53–57.61). Zum mos maiorum bei Plautus vgl. Blösel, Geschichte (s. Anm. 11), 27–37. 18 Vgl. prägnant Gehrke, Bedeutung (s. Anm. 1), 39–49.

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Bräuche und Verhältnisse der Mittelmeerwelt adelt, die Rom-Idee aus sich entlässt, in griechischem Raum werbend darstellt, schließlich ihre militärische Expansion legitimiert, die julische Dynastie, als sie es braucht, mit mythischem Glanz umstrahlt, noch im Mittelalter zur Konstruktion langer Stammbäume anregt und die damit verbundenen Macht- und Prestige-Ansprüche nachhaltig unterstreicht.19 Dabei lassen sich zwei Richtungspfeile unterscheiden: Zum einen reprojiziert man das eigene Selbstbild in die unvordenkliche Vergangenheit und schafft ihm damit eine unantastbare, nahezu sakrale Grundlage, z. B. Vergils „Aeneis“: Man steht fest auf einem so geheiligten Boden. Zum anderen leitet man aus der gefühlten Lichtfülle dieser Vergangenheit jene mythifizierenden Punktstrahlen ins Jetzt über, die man für die je eigene Lebenswelt braucht, z. B. die „Persai“ des Aischylos: Man ist auf Augenhöhe mit den Heroen der Vorzeit.20 In beide Richtungen gilt: Die Herkunftsbehauptung war eine leitende Legitimationsfigur der hellenistisch-reichsrömischen Welt. Als das plausibelste aller Argumente galt die diachrone Kohärenz, und das ‚seit jeher‘ typische Verhaltensmuster besaß normative Kraft. Mit den Worten, die Tertullian den Heiden (mit Blick auf die Bibel Israels zugunsten der Christen!) entgegenhält: auctoritas summa antiquitas; die Glaubwürdigkeit aufgrund der bislang durchschrittenen Zeiträume gehöre zum Kern der religio (vgl. apol. 19,1). Wie aber nun stand da, wer energisch an diese Kultur Anschluss suchte, ohne doch ein solches Gefüge legitimierender Sinnbezüge nutzen zu können? Lukas besaß keine Stammbäume, keinen homerischen Kanon,21 keine beweg-

––––––––––––– 19 Vgl. grundlegend G. Binder, Der brauchbare Held: Aeneas. Stationen der Funktionalisierung eines Ursprungsmythos, in: Die Allegorese des antiken Mythos [in der Literatur, Wissenschaft und Kunst Europas], hg. v. H.-J. Horn / H. Walter, Wolfenbütteler Forschungen 75, Wiesbaden 1997, 311–330; T. Mavrogiannis, Aeneas und Euander. Mythische Vergangenheit und Politik im [sic] Rom vom 6. Jh. v. Chr. bis zur Zeit des Augustus, Perugia 2003, bes. 69–83.163–177; eine knappe Übersicht bietet H. Heckel, Art. Aineias [1], DNP I, 1996, 329–332; zur mittelalterlichen Rezeption vgl. P. Wathelet, Le mythe d’Enée dans l’épopée homérique. Sa survie et son exploitation poétique, in: Mythe et politique. Actes du Colloque de Liège 14–16 septembre 1989, hg. v. F. Jouan / A. Motte, BFPUL 257, Lüttich 1990, 287–296. Immerhin kennt selbst Tacitus Stimmen, die dem jüdischen Volk die durch Homer geadelten clara initia zuschreiben: Solymos, carminibus Homeri celebratam gentem, conditae urbi Hierosolyma nomen e suo fecisse (Historiae V 2,3). 20 Vgl. Gehrke, Bedeutung (s. Anm. 1), 39f, und allgemein W. Kierdorf, Erlebnis und Darstellung der Perserkriege. Studien zu Simonides, Pindar, Aischylos und den attischen Rednern, Hyp. 16, Göttingen 1966, bes. 48–82.111–119. 21 Grundsätzlich ist es denkbar, dass sich der pagane Kulturkanon, wenn schon nicht durch ausdrücklichen Bezug, so doch durch implizite Inanspruchnahme im LDW niedergeschlagen hat. Für die sokratischen Züge des ‚athenischen Paulus‘ (Act 17,16–34) ist dies offenkundig. Für die homerische Epik vermisse ich bislang ähnliche Querlinien. In keiner

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lichen Götterverwandten, keine Titanen- oder Perserschlacht und nicht einmal die mythisierbare Erinnerung an einen Galatersieg. Der Vorwurf traditionsloser Heutigkeit wog schwer.22 Der Neuerer, der auf eine Veränderung von Sitten und sozialer Statik zu zielen schien, grenzte sich kulturell aus. Der Eindruck, von der eigenen, jüdischen Väterreligion abgefallen zu sein, dürfte im Umkreis zahlreicher Synagogen sinnenfällig Nahrung gefunden haben und war angesichts von Schweinefleisch essenden Unbeschnittenen ohne erkennbare Sabbatfrömmigkeit23 nicht leicht von der Hand zu weisen (vgl. allgemein Josephus, Ant XVI 34–36). Es sind, so meint Tacitus mit senatorischem Zorn, die abscheulichsten Elemente der Gesellschaft, die die väterlich ererbten Religionsbräuche aufgeben (Historiae V 5,1).24 So stand der Amnesieverdacht gegen die junge Gemeinschaft als superstitio nova et malefica (vgl. Sueton, Nero 16,2; ferner Tacitus, Annales XV 44,3; Plinius, Epistulae X 96,8) deutlich im Raum. Gerade im Bereich der Religionspraxis neigte die reichsrömische Gesellschaft zu Respekt vor Alter und Herkunft kultischer Praxis (religio) und zu Misstrauen gegenüber Neuem, Fremdländisch-Ungewohntem, sozial Inkompatiblem (superstitio).25 Selbst dort, wo eine judenfeindliche Grundhaltung ––––––––––––– Weise überzeugt der Versuch von D. R. MacDonald, Paul’s Farewell to the Ephesian Elders and Hector’s Farewell to Andromache. A Strategic Imitation of Homers Iliad, in: Contextualizing Acts. Lukan Narrative and Greco-Roman Discourse, hg. v. T. Penner / C. Vander Stichele, SBL.Symposion Series 20, Atlanta 2003, 189–203, die Abschiedsrede des Paulus in Milet (Act 20,17–38) als Echo auf Hektors Abschied von Andromache (Ilias VI) zu lesen; vgl. dazu auch M. M. Mitchell, Homer in the New Testament?, JR 83, 2003, 244–260. 22 Pars pro toto sei zeitgenössisch der Ausfall des Dionys von Halikarnass im Eingang zu De Oratoribus Veteribus (1) gegen die asianistische Manier in der Rhetorik genannt, die gleich zwei schwere Makel mit sich zu bringen schien: Sie stammte (anders als der Attizismus) aus östlichen Regionen und war neuartig (ɶ Ʃʿ ɭƯ ƷƮƱƼƱ ƧƦƴʾƭƴƼƱ Ʒ̏Ƶ ɡƶ˄ƦƵ ɩƺƭʿƵ ƯƦ˃ ™ƴ̸ƬƱ əƹƮƯƳμˀƱƬ). 23 Vgl. D. L. Balch, ƒƋƚƈƉƕƑƍ ƖƕƑƏƚƋƏàƓ – Jesus as Founder of the Church in Luke-Acts: Form and Function, in: Penner / Vander Stichele (Hg.), Acts (s. Anm. 21), 139–188: 153.183. 24 Hi ritus quoquo modo inducti antiquitate defenduntur; cetera instituta, sinistra foeda, pravitate valuere. nam pessimus quisque spretis religionibus patriis … – „Diese Bräuche [scil. jüdischer Observanz wie Beschneidung und Sabbat], auf welche Weise auch immer eingeführt, sind durch ihr hohes Alter gerechtfertigt; die übrigen Einrichtungen, widerwärtig und scheußlich, gewannen noch durch ihre Schlechtigkeit Kraft. Denn gerade der übelste Teil verwarf die väterlich ererbte Religion …“ 25 Die novitas scheint den Vorwurf der superstitio hinreichend zu begründen. War (oder schien) ein religiöser Brauch alt, so konnte es dem römischen Sinn als pietas gelten, Menschen zur Sühne lebendig zu begraben (Sueton, Dom. 8,4; Plinius d. J., Epistulae IV 11,4– 14). Schien er fremd oder neu und jedenfalls der eigenen Überlieferung oder sozialen Balance nicht adaptionsfähig, war er superstitio (vgl. Tacitus, Historiae V 13,1f); vgl. zur ersten Übersicht C. Frateantonio, Art. superstitio, DNP XI, 2001, 1113–1115. Cicero, De Legibus II 19: Separatim nemo habessit deos neve novos neve advenas nisi publice adscitos; privatim

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herrschte, würdigte man doch das Judentum wenigstens als alte Religion,26 um dann freilich im Vergleich das Christentum umso schärfer zu verurteilen (vgl. Tacitus, Annales XV 44,3 mit Historiae V 5,1).27 So sind die pagane Kritik am werdenden Christentum ebenso wie die apologetischen Versuche seiner Erzähler und Vordenker wesentlich durch das Alters- und Herkunftsproblem geprägt (vgl. z. B. Tertullian, apol. 19,1–4; 20,1; 46,1). Es darf als sicher gelten, dass dieses Thema auch in der Auseinandersetzung zwischen Christusgläubigen und Synagogengemeinden eine erhebliche Rolle gespielt hat.28 Abgesehen von der kulturellen Akzeptanz war das Risiko der Amnesie auch ad intra ernstzunehmen: Was – meist im Zusammenhang der ‚Parusieverzögerung‘ – mit der Metapher ‚Das Christentum hatte sich in der Geschichte einzurichten‘ beschrieben wird, stellte zunächst eine Herausforderung an die Wissensorganisation angesichts von möglichen Vergangenheiten dar, deren Auswahl die eigene Gegenwart definiert und die Zukunft vorprägt. Das soziale Gedächtnis hat eine kollektive Bindungsfunktion,29 und es war Lukas, der seine ekklesiogene Kraft entdeckt hat. Wenn die Zeit ‚zerdehnt‘ war, galt es ihr Tiefe zu geben. Denn nur eine Gemeinschaft, die sich erzählend auf ‚ihre Geschichte‘ zu einigen weiß, kann ihre Identität markieren und ausprägen. ––––––––––––– colunto quos rite a patribus [cultos acceperint] (vgl. De Legibus II 23.25f.27); vgl. P. Pilhofer, PRESBYTERON KREITTON. Der Altersbeweis der jüdischen und christlichen Apologeten und seine Vorgeschichte, WUNT II / 39, Tübingen 1990, 138–141. Ungeachtet der Authentiefrage dürften Erlasse wie der von Josephus, Ant XIV 213–216 zitierte C. Julius Caesars eine Grundstimmung gegenüber den ™ʾƷƴƮƦ ɭƭƬ auch des jüdischen Volkes widerspiegeln. 26 Zum Bild des Mose als eines weisen Gesetzgebers in der paganen Literatur J. G. Gager, Moses in Greco-Roman Paganism, SBL.MS 16, Nashville 1972, 25–79. 27 Freilich kann sich Tacitus in seiner Judentumspolemik nicht versagen, noch Mose vorzuwerfen, seinerzeit novos ritus contrariosque ceteris mortalibus eingeführt zu haben (Historiae V 4,1); zum Mose-Bild des Tacitus Gager, Moses (s. Anm. 26), 82–86.127f; zum negativen Mose-Bild des Kelsos Gager a. a. O. 92–101. Gerade die explizite Christentumskritik des Kelsos konzentrierte sich, sofern noch erkennbar, auf den Einwand der Neuartigkeit und des Abfalls von den jüdischen Wurzeln (vgl. Origenes, Cels. I 14.16.26; II 4; V 33); dazu H. Dörrie, Die platonische Theologie des Kelsos in ihrer Auseinandersetzung mit der christlichen Theologie auf Grund von Origenes c. Celsum 7,42ff, NAWG.PH 1967 / 2, 1967, 19–55: 25–28; Pilhofer, PRESBYTERON (s. Anm. 25), 224–226. 28 Zum Altersargument in der griechisch-römischen Literatur umfassend Pilhofer, PRESBYTERON (s. Anm. 25), 17–141, zur Auseinandersetzung der frühchristlichen Apologetik mit diesem Thema A. J. Droge, Homer or Moses? Early Christian Interpretations of the History of Culture, HUTh 26, Tübingen 1989, 49–193; Pilhofer, PRESBYTERON (s. Anm. 25), 221–284. 29 Zur soziogenen Kraft des Gedächtnisses vgl. Assmann, Religion (s. Anm. 2), 15–20; zum wissenssoziologischen Zusammenhang P. L. Berger / T. Luckmann, The Social Construction of Reality. A Treatise in the Sociology of Knowledge, London 1991, 110–146; zur Relevanz für das LDW P. F. Esler, Community and Gospel in Luke-Acts. The Social and Political Motivations of Lucan Theology, MSSNTS 57, Cambridge 1987, 65–70.214–219.

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Das biblische Alter des christlichen ‚Weges‘: Die Lösung des Lukas Solche Tiefe gewann Lukas aus der Bibel Israels und damit zugleich aus der Religionskultur und Geschichte des jüdischen Volkes, das aufgrund seines unvordenklichen Alters in der Selbstwahrnehmung kräftigen Stolz nährte und in der Fremdwahrnehmung zumindest auf relativen Respekt stieß. In diese Geschichte schreibt Lukas die Geschichte Jesu und der Kirche ein.30 Er positioniert den christlichen ‚Weg‘ also zum einen auf der Erinnerungsbahn Israels (Kontinuität), weist bedeutungsstiftend auf, dass das Christentum deren Richtungssinn entspricht (Identität), und zugleich, dass das synagogale Judentum durch seine Entscheidung gegen den verheißenen Messias aus deren Logik herausgefallen ist (Alterität). Unter der Hand wird die alte Herkunft freilich entschieden modernisiert. Zugespitzt gesagt: Was der reichsrömischen Mehrheitskultur an Israels Herkunft attraktiv schien – sein Alter –, wird für das Christentum als biblische Religion beansprucht; was auf das Misstrauen dieser Mehrheitskultur stieß – sein ‚sonderlicher Aberglaube‘31 –, wird vom Christentum als ethischer Gemeinschaft abgegrenzt.32 Das Christentum wird als eine alte Religion konstruiert, und alle ™ƴʾƨμƦƷƦ, von denen die lukanische ƩƮ˂ƨƬƶƮƵ zu berichten hat, sind erfüllte ™ƴʾƨμƦƷƦ (so

––––––––––––– 30 Von „inscribing“ spricht J. B. Green, Internal Repetition in Luke-Acts. Contemporary Narratology and Lucan Historiography, in: History, Literature, and Society in the Book of Acts, hg. v. B. Witherington III, Cambridge 1996, 283–299: 295. 31 Von der Beschneidung bis zur Sabbatfrömmigkeit konnten pagane Beobachter massiven Anstoß an jüdischer Tora-Observanz nehmen (vgl. z. B. Tacitus, Historiae V 4,2; V 5,2; Plutarch, De Superstitione 169c); vgl. näher F. G. Downing, Law and Custom. Luke-Acts and Late Hellenism, in: Law and Religion. Essays on the Place of the Law in Israel and Early Christianity, hg. v. B. Lindars, Cambridge 1988, 148–158: 154–157. 32 Lukas entwickelt also erstmals eine Strategie, von der Tertullian feststellt, dass sie nicht alle paganen Beobachter überzeugt: Sed quoniam edidimus antiquissimis Iudaeorum instrumentis sectam istam esse suffultam, quam aliquanto novellam, ut Tiberiani temporis, plerique sciunt profitentibus nobis quoque, fortasse an hoc nomine de statu eius retractetur, quasi sub umbraculo insignissimae religionis, certe licitae, aliquid propriae praesumptionis abscondat, vel quia praeter aetatem neque de victus exceptionibus neque de solemnitatibus dierum neque de ipso signaculo corporis neque de consortio nominis cum Iudaeis agimus. – „Aber weil wir verbreitet haben, dass diese Gemeinschaft hier sich auf die uralten Dokumente der Juden stütze, obwohl die meisten wissen – und wir selbst bekennen uns durchaus dazu –, dass sie, aus der Zeit des Tiberius stammend, ziemlich neu ist, mag man vielleicht unter dem Eindruck Einwände gegen ihren Status erheben, dass sie gleichsam unter dem Sonnenschirm einer höchst angesehenen, jedenfalls erlaubten, Religion allerlei von unserem eigenen Bekenntnis verberge, zumal wir, vom Alter abgesehen, aufgrund von Speiseverboten, bestimmten Festtagen, des Zeichens am Körper gar oder eines gleichen Namens keine Gemeinschaft mit den Juden pflegen“ (apol. 21,1f).

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programmatisch Lk 1,1), in der unvordenklichen Herkunft je schon angelegt.33 So erklärt sich auch der auf den ersten Blick irritierende Umstand, dass die Herkunftsmemoria zugleich Stiftungsmemoria ist, denn gerade der zweite Teil des Doppelwerks verzeichnet ja das anfanghafte Gründungshandeln der heroischen Stiftergeneration.34 Wo es indes zu einer Umwandlung des Alten kommt – am nachhaltigsten mit der Aufnahme der Heiden in das Heilsvolk –, da ist solcher Wandel doch in den Herkunftsurkunden seit jeher als Stiftungswille angezeigt (vgl. bes. Act 15,7–21) und wird zudem durch unmittelbaren Eingriff Gottes verfügt (vgl. bes. Act 10,1–11,18). Auf nichts sind die Christen weniger aus als auf eine Störung der sozialen Balance oder gar eine grundstürzende Neuerung der gesellschaftlichen Verfassung bzw. – mit lukanischen Vorzugswörtern gesagt35 – eine Veränderung der ‚väterlichen Sitten‘.36 Gerade umgekehrt tragen sie zur Bereicherung des Erbes bei: Denn das Heidentum besitzt keine erinnerte Verheißung und deshalb aus sich heraus auch keine Zukunft.37 Jetzt aber, nachdem sich, wie Lukas beschreibt,

––––––––––––– 33 Zur Doppelsinnigkeit des Partizips ™ƪ™ưƬƴƳƹƳƴƬμˀƱƦ im Sinne von „zum Abschluss / Vollmaß kommen“ und „Verheißung erfüllen“ vgl. H. Schürmann, Das Lukasevangelium I, HThK 3 / 1, Freiburg i. Br. 41990, 5f. 34 Zum heuristischen Vergleich des LDW als Stiftungserzählung mit dem einschlägigen Stoff bei Dionysius von Halikarnass und in Plutarchs Biographien vgl. Balch, ƒƋƚƈƉƕƑƍ (s. Anm. 23), bes. 154–174. In heuristischer Hinsicht – freilich nicht unter gattungskritischem Aspekt – ist auch die Lektüre des Doppelwerks als christliche Gründungsepik bei M. P. Bonz, The Past as Legacy. Luke-Acts and Ancient Epic, Minneapolis 2000, aufschlussreich. 35 Das Nomen ɭƭƳƵ erscheint im LDW zehnmal (Lk 1,9; 2,42; 22,39; Act 6,14; 15,1; 16,21; 21,21; 25,16; 26,3; 28,17), in der gesamten übrigen ntl. Literatur nur zweimal, und dort eher unprofiliert (Joh 19,40; Hebr 10,25). In Act steht das Motiv einer Veränderung der Sitten im Zentrum von erzählter Anklage (6,14; 16,21; 21,21), Warnung (15,1) und Verteidigung (28,17). Das Adjektiv ™ƦƷƴ̺ƳƵ kommt im NT ausschließlich in Act vor, und zwar positiv konnotiert (22,3; 24,14; 28,17), wie denn überhaupt die Wertschätzung ‚unserer Väter‘ im Sinne der maiores ein Kennzeichen lukanischer Geschichtswahrnehmung ist. Zu den semantischen Schnittfeldern von ɭƭƳƵ im LDW (ƱˆμƳƵ, Mose) vgl. S. G. Wilson, Luke and the Law, MSSNTS 50, Cambridge 1983, 1–11; Downing, Law (s. Anm. 31), 150–152; M. Klinghardt, Gesetz und Volk Gottes. Das lukanische Verständnis des Gesetzes nach Herkunft, Funktion und seinem Ort in der Geschichte des Urchristentums, WUNT II / 32, Tübingen 1988, 115–123. Der Sprachgebrauch ist dem des Josephus sehr verwandt. 36 Die μƪƷƦƧƳưˁ ™ƳưƮƷƪƮ̹Ʊ, die Veränderung der Gemeinschaftsverfassung, ist ein legitimatorisches Grundproblem hellenistisch-reichsrömischer Historiographie; vgl. umfassend Balch, ƒƋƚƈƉƕƑƍ (s. Anm. 23), bes. 174–183.186–188; zum paganen Respekt vor der alten (und kompatiblen!) Sitte und dem lukanischen Rekurs auf die stabile Sitten-Basis des Christentums D. L. Balch, Paul in Acts: „… you teach all the Jews … to forsake Moses, telling them not to … observe the customs“ (Act. 21,21), in: Panchaia. FS K. Thraede, hg. v. M. Wacht, JAC.E 22, Münster 1995, 11–23. 37 Vgl. J. Jervell, The Future of the Past. Luke’s Vision of Salvation History and Its Bearing on His Writing of History, in: Witherington (Hg.), History (s. Anm. 30), 104–126: 107;

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das Gottesvolk für es geöffnet hat, darf es teilhaben an der Memoria Israels. Keine ‚nova et malefica superstitio‘ sind die ‚Christiani‘, sondern im Gegenteil: eine ‚vetus et pia religio‘. Dies nach innen wie nach außen transparent zu machen, bedarf es einer sinnstiftenden Kultur sozialer Erinnerungspflege. Es ist die Aufgabe der Historiographie, eine solche zu entwickeln und so zugleich den Anschluss an die kulturellen Erwartungen der Umwelt herzustellen.38 Lukas widmet dieser Aufgabe vor allem den zweiten Teil seines Doppelwerks.

II. Geschichtsschreibung als Herkunftsmemoria Gattungskritische Zuweisungen sind keine empirischen Klassifikationen, sondern der Versuch, eine möglichst aussagekräftige Vielzahl von vergleichenden Textbeobachtungen zu bündeln. So gesehen legt es sich nahe, den zweiten Teil des lukanischen Doppelwerks der ‚apologetischen Geschichtsschreibung‘39 zuzuweisen. In erzählerischer Einheit mit der Episodenbio-

––––––––––––– zum Vorsprung jüdischen Hoffnungswissens vor heidnischer Frömmigkeit K. Löning, Das Gottesbild der Apostelgeschichte im Spannungsfeld von Frühjudentum und Fremdreligionen, in: Monotheismus und Christologie. Zur Gottesfrage im hellenistischen Judentum und im Urchristentum, hg. v. H.-J. Klauck, QD 138, Freiburg i. Br. 1992, 88–117: 110–115. 38 Der nächste Christ, der sich – erst nach zwei Jahrhunderten und in einer neuen Schwellenphase – als Geschichtsschreiber betätigte, hat diese Aufgabe deutlich erkannt und beschrieben (Eusebius, h. e. I 2,1; I 4, bes. I 4,1.15); vgl. J. Ulrich, Eusebius als Kirchengeschichtsschreiber, in: Becker (Hg.), Historiographie (s. Anm. 1), 277–287, bes. 279–281. 39 Grundlegend und umfassend dazu G. E. Sterling, Historiography and Self-Definition. Josephos, Luke-Acts and Apologetic Historiography, NT.S 64, Leiden 1992. Die ebenso behutsame wie gründliche komparative Studie ist namentlich in der deutschsprachigen ActaForschung wohl noch zu wenig beachtet, möglicherweise auch deshalb, weil das Epitheton des ‚Apologetischen‘ – anachronistisch – störende Konnotationen birgt. Sterling definiert ‚apologetic historiography‘ folgendermaßen: „The story of a subgroup of people in an extended prose narrative written by a member of the group who follows the group’s own traditions but hellenizes them in an effort to establish the identity of the group within the setting of the larger world“ (17). – Wichtig ist es, diesen an den soziokulturellen Standards der hellenistisch-reichsrömischen Welt Maß nehmenden Apologetik-Begriff von einem solchen zu unterscheiden, der lediglich auf die politische Toleranz römischer Verantwortungsträger abhebt; vgl. dazu A. J. Malherbe, „Not in a Corner“. Early Christian Apologetic in Acts 26:26, The Second Century 5, 1985 / 86, 193–210, bes. 193–197; Esler, Community (s. Anm. 29), 205–219; Downing, Law (s. Anm. 31), 154. Hilfreich ist die typologische Unterscheidung des Apologetischen bei L. Alexander, The Acts of the Apostles as an Apologetic Text, in: Apologetics in the Roman Empire. Pagans, Jews, and Christians, hg. v. M. Edwards u. a., Oxford 1999, 15–44: 16–19: I. Binnenkirchliche Auseinandersetzung, II. Verteidigung angesichts des Judentums, III. Religiöse Werbung gegenüber der griechischen Welt, IV. Politische Verteidigung gegenüber der römischen Macht; V. Legitimation und Selbstdefinition (Typ V dient eher

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graphie des Evangeliums legitimiert sie die christliche ʖƩˆƵ angesichts der religiösen Plausibilitäten der hellenistisch-reichsrömischen Mehrheitsgesellschaft. Das Alter der je eigenen Kultur und Religion ist Standardthema jener – vor allem ethnisch geprägten – Teilgemeinschaften, die sich gegenüber der hellenistischen Synthese durch Anpassung wie Selbstaffirmation zu definieren suchten und zu diesem Zweck ihre Vergangenheit (neu) ordneten und mittels Geschichtsschreibung ‚re-dokumentierten‘.40 Auf diesem Feld haben, sofern die wesentlich auf Alexander Polyhistor gestützte fragmentarische Überlieferung ein sachgerechtes Bild bietet,41 gerade jüdische Historiographen so rege wie vielfältig mitgespielt. Abraham wird zum Stammvater für Afrikaner und Assyrer und obendrein Schwiegergroßvater des Herakles (KleodMalchHist Fr. 1 [Josephus, Ant I 240f]), aber auch astrologischer und mathematischer Lehrer der Phönizier und Ägypter (vgl. PseudEupolHist, Fr. 1f [Eusebius, praep. IX 17,2–9; IX 18,2b]; PseudHekatHist II, Fr. 1 [Josephus, Ant I 165b– 168]). Vor allem Mose wird zum Archegeten aller Zivilisation, indem er den Juden die Schrift beibringt, die sie an die Phönizier, die sie an die Griechen weitergeben (EupolHist Fr. 1 [Eusebius, praep. IX 26,1]). Er legt, mit ThotHermes gleichgesetzt, der nur scheinbar ältesten Kultur der Ägypter nichts weniger als deren militärische, staatliche, intellektuelle und technische Basis, setzt – in gutem Einvernehmen mit der ägyptischen Priesterschaft – den Grund für Hieroglyphenschrift und Pyramidenbau und führt – für uns verblüf-

––––––––––––– als Funktion aller literarischen Apologetik; vgl. a. a. O. 22). Zur kritischen Diskussion der Gattungsbeschreibung Sterlings vgl. D. W. Palmer, Acts and the Ancient Historical Monograph, in: The Book of Acts in Its First Century Setting I. The Book of Acts in Its Ancient Literary Setting, hg. v. B. W. Winter / A. D. Clarke, Grand Rapids / Carlisle 1993, 1–29: 15–18; K. Yamada, A Rhetorical History. The Literary Genre of the Acts of the Apostles, in: Rhetoric, Scripture and Theology. Essays from the 1994 Pretoria Conference, hg. v. S. E. Porter / T. H. Olbricht, JSNT.S 131, Sheffield 1996, 230–250: 239–241; Alexander a. a. O. 19.26f; C. R. Holladay, Acts and the Fragments of Hellenistic Jewish Historians, in: Jesus and the Heritage of Israel. Luke’s Narrative Claim upon Israel’s Legacy, hg. v. D. P. Moessner, Harrisburg 1999, 171–198: 173f; T. Penner, In Praise of Christian Origins. Stephen and the Hellenists in Lukan Apologetic Historiography, Emory Studies in Early Christianity 10, New York 2004, 223–261; C. K. Rothschild, Luke-Acts and the Rhetoric of History. An Investigation of Early Christian Historiography, WUNT II / 175, Tübingen 2004, 50–53. 40 Der Herausforderung stellten sich in der Regel Angehörige der priesterlichen Bildungsschicht, die jene Querkompetenz besaßen, der es bedurfte, um zwischen der indigenen Tradition und der hellenistischen Großkultur zu vermitteln: Berossos in den BƦƧƸưƼƱƮƦƯʾ (vgl. Sterling, Historiography [s. Anm. 39], 104–117), Manethon in den ƈʅƨƸ™ƷƮƦƯʾ (vgl. Sterling a. a. O. 117–135); zu den ethnographischen Ursprüngen apologetischer Geschichtsschreibung bei Hekataios von Milet, Herodot, Hekataios von Abdera und Megasthenes vgl. Sterling a. a. O. 20–102. 41 Vgl. bes. Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 141–152.

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fend – nicht nur die Beschneidung ein, sondern auch Polytheismus und den reich ausgestatteten Tierkult (vgl. ArtapHist Fr. 3 [Eusebius, praep. IX 27,3– 37]). Unter dem Namen Musaios wird er nicht etwa Schüler, sondern Lehrer des Orpheus und so indirekt auch zum Stifter der hellenischen Kultur (ArtapHist Fr. 3 [Eusebius, praep. IX 27,3f]).42 Die ɡƴƺƦƮƳưƳƨ˄Ʀ des Josephus fügt sich diesem Strom apologetischer Geschichtsschreibung insofern ein, als sie ja gerade die Altertümlichkeit des Judentums – primär an Nicht-Juden gerichtet – nachzeichnet,43 eine Tendenz, die Contra Apionem dann ausdrücklich in das Zentrum stellt (vgl. bes. Ap I 1; II 152). Das Anliegen des Historiographen Lukas ist vergleichbar:44 Ihm geht es weniger – wie der Generation vor ihm und vor allem Matthäus – um den Ort der Heiden in der Ekklesia als vielmehr um den Ort der Ekklesia unter den Heiden, und so verfasst er eine ɡƴƺƦƮƳưƳƨ˄Ʀ für jenes „große Volk“ (vgl. Act 18,10) der Christen, und zwar in einem doppelt legitimierenden Sinn: Er bietet ihre heroische Gründungs- und Erstepochengeschichte und zeigt zugleich auf, dass diese Geschichte ihrerseits auf einen unvordenklichen Hintergrund zurückweist.45 Anders als Josephus bietet er dazu keine hellenis––––––––––––– 42 Das Thema von Erfindung und Kulturstiftung nebst den damit verbundenen Prioritätsansprüchen und Abhängigkeitsbehauptungen beschäftigt die hellenistische Gelehrsamkeit nachhaltig; vgl. K. Thraede, Art. Erfinder II (geistesgeschichtlich), RAC V, 1962, 1191– 1278. Zu den jüdisch-hellenistischen Historiographen vgl. die Textausgabe JSHRZ I / 2, hg. v. N. Walter (1976), sowie Thraede a. a. O. 1242–1247; H. Conzelmann, Heiden – Juden – Christen. Auseinandersetzungen in der Literatur der hellenistisch-römischen Zeit, BHTh 62, Tübingen 1981, 139–159; J. J. Collins, Between Athens and Jerusalem. Jewish Identity in the Hellenistic Diaspora, New York 1986, 25–59; R. Doran, The Jewish Hellenistic Historians before Josephus, ANRW II 20.1, 1987, 246–297: 247–274; Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 137–225; Holladay, Acts (s. Anm. 39); Penner, Praise (s. Anm. 39), 223–261; O. Wischmeyer, Orte der Geschichte und der Geschichtsschreibung in der frühjüdischen Literatur, in: Becker (Hg.), Historiographie (s. Anm. 1), 157–169, bes. 164–169; speziell zum Altersargument bei den jüdisch-hellenistischen Historiographen vor Josephus vgl. Droge, Homer (s. Anm. 28), 13–35; Pilhofer PRESBYTERON (s. Anm. 25), 148–163; zu Josephus Droge a. a. O. 35–47; Pilhofer a. a. O. 193–206. 43 Dazu ausführlich Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 226–310. 44 Auch sonst lassen sich funktional bedingte Parallelen zwischen Act und den apologetischen Werken des Josephus aufzeigen, nicht zuletzt darin, dass Lukas ähnlich wie Josephus die eigene Gemeinschaft als mustergültige Politeia darstellt: In den lukanischen Summarien wie bei Josephus (vgl. Ap II 145–286, bes. II 145f) erscheinen die christliche bzw. jüdische Ethik, Gemeinschaft und Menschenfreundlichkeit als ideal; vgl. T. Penner, Civilizing Discourse. Acts, Declamation, and the Rhetoric of the Polis, in: ders. / Vander Stichele (Hg.), Acts (s. Anm. 21), 65–104: 91f; zur Interpretation Christine Gerber, Ein Bild des Judentums für Nichtjuden von Flavius Josephus. Untersuchungen zu seiner Schrift Contra Apionem, AGJU 40, Leiden 1997, 122–387. Die jüdische / christliche Lebensform etabliert, was menschliches Kulturhandeln seit jeher zu verwirklichen suchte. 45 Vgl. auch Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 378–386; ähnlich E. Plümacher, Art. Apostelgeschichte, TRE III, 1978, 483–528: 518–520; J. Schröter, Lukas als Historiograph.

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tische Nacherzählung der biblischen Geschichte. Er setzt ‚Mose und Propheten‘ voraus, gibt ihnen ein verheißungsgeschichtliches und christologisches Vorzeichen und fügt den (vorerst) jüngsten Akt erzählend hinzu, und zwar so, dass kein Zweifel an der Einheit dieses Aktes mit dem Gesamtdrama aufzukommen vermag. Wer sich ‚in Geschichte einrichten‘ will, bedarf der Geschichtsschreibung. Zu den maßgeblichen Leistungen historischer Vernunft gehört es, Kontinuitäten wahrzunehmen und dem eigenen Deutungskosmos zuzuordnen, um somit allererst eigene Kontinuität entfalten zu können. Lukas bedient sich solcher Vernunft, um dem werdenden Christentum im Modus historiographischen Erzählens Zeit, Raum, Sinnsystem, Wertentwürfe und Handlungszwecke zu erarbeiten.46 Sein Doppelwerk stellt der Generation einer Übergangs- und Sattelzeit jenes Zusammenhangs- und Orientierungswissen zur Verfügung, dessen sie bedurfte, um einen kognitiven und, darauf aufbauend, lebensweltlichen Standort in der reichsrömischen Kultur zu gewinnen. Zurückhaltung ist Lukas dabei so fremd wie den anderen Apologeten seiner Zunft. Ort und Zeit, die er seiner Gemeinschaft zuweist, lassen sich pointiert wiedergeben: die Mitte schlechthin. Dass das werdende Christentum konsequent seinen Weg vom Jerusalemer Ursprung zur römischen Mitte der Welt schreitet, kennzeichnet den Plot der lukanischen Großerzählung.47 Dass sie mit dem Christus-Ereignis auch die ‚Mitte der Zeit‘ umkreist, scheint mir den historiographischen Entwurf des Lukas – trotz der heute lebhaften Kritik am

––––––––––––– Das lukanische Doppelwerk und die Entdeckung der christlichen Heilsgeschichte, in: Becker (Hg.), Historiographie (s. Anm. 1), 237–262: 261; zu Act als programmatischer Darstellung der ersten Epoche des Christentums M. Wolter, Das lukanische Doppelwerk als Epochengeschichte, in: Die Apostelgeschichte und die hellenistische Geschichtsschreibung. FS E. Plümacher, hg. v. C. Breytenbach / J. Schröter, AGJU 57, Leiden 2004, 253–284; Schröter a. a. O. 250–254; K. Backhaus, Lukas der Maler. Die Apostelgeschichte als intentionale Geschichte der christlichen Erstepoche, in: ders. / G. Häfner, Historiographie und fiktionales Erzählen. Zur Konstruktivität in Geschichtstheorie und Exegese, BThSt 86, NeukirchenVluyn 2007, 30–66. 46 Zum Sinnkonzept als lebens- und handlungsleitendem Orientierungssystem in der Antike vgl. grundlegend J. Rüsen / K.-J. Hölkeskamp, Einleitung: Warum es sich lohnt, mit der Sinnfrage die Antike zu interpretieren, in: Hölkeskamp u. a. (Hg.), Sinn (s. Anm. 6), 1–15, bes. 3–9. 47 Act 1,8 nennt allerdings programmatisch (und nicht bescheidener) das „Ende der Erde“ (vgl. Jes 49,6). Dies bezeichnet nicht das zum Erzählschluss erreichte Reichszentrum, sondern die Verkündigung an „alle Völker“ (vgl. Lk 24,47; Act 13,47). Insofern die Reichsmetropole jedoch für das Ganze der Welt steht, sind beide Zielbestimmungen funktional gleich. Zur Diskussion vgl. R. Pesch, Die Apostelgeschichte, 2 Bde., EKK 5, Zürich / Neukirchen-Vluyn 1986, Apg I, 70; C. K. Barrett, The Acts of the Apostles, 2 Bde., ICC, Edinburgh 1994 / 1998, Acts I, 80.

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heilsgeschichtlichen Schema Conzelmanns48 – zunächst durchaus treffend wiederzugeben. Denn Lukas flicht das Christus-Geschehen einerseits programmatisch in den literarischen Zusammenhang von ‚Mose und Propheten‘ ein und stellt es andererseits als Stiftungsgeschehen für die teleologisch konzipierte ‚Weltgeschichte‘ des Evangeliums dar. Die lukanischen Ostererzählungen lassen sich von daher als narrativ inszenierte Lektüreanleitung für den zweiten Teil des Doppelwerks verstehen: der Weg der Jünger mit dem (unsichtbaren) Auferstandenen (Lk 24,13–35) vor dem Hintergrund von ‚Mose, Propheten, Psalmen und gesamter Schrift‘ (vgl. Lk 24,25.27.32. 44–46), ausgerichtet auf die Verkündigung an alle Völker, angefangen in Jerusalem (vgl. Lk 24,47–49). Hier dann sehe ich den entscheidenden Unterschied zu Conzelmanns Schema: Lukas grenzt die drei Zeiten gerade nicht voneinander ab; im Gegenteil: Er schreibt, um sie miteinander zu verknüpfen, mehr noch: um sie ineinander zu verschieben. Die ‚Zeit der Kirche‘ ist dank der ‚Zeit Jesu‘ bleibend die ‚Zeit Israels‘. Das Evangelium steht also literarisch wie sachlich als verbindende Mitte zwischen den (atl.) Schriften und der Apostelgeschichte. Daraus folgt: Die Apostelgeschichte (‚die Zeit der Kirche‘) ist aus sich nicht lebensfähig, sondern bedarf des Hintergrunds von Israels ‚uralter Schrift‘ und jener Christus-Diegese, die diese Schrift auf den geschichtlichen Moment zuspitzt. So malt der Historiograph Lukas der jungen Gemeinschaft ein ‚Gedächtnisgemälde‘49, das sie in der Vergangenheitstiefe verankert und zugleich der Zukunft nicht weniger heroische und farbige Anknüpfungsmöglichkeiten bietet als etwa die Makro-Erzählung von Troja den politischen und regionalen Teilgemeinschaften. Die Gründungsgeschichte der Kirche wird zum tiefverwurzelten biblischen Großereignis (Modell „Aeneis“), die eigene Gegenwart mythisch umstrahlt (Modell „Persai“): Von der Prophetin Hanna bis zum Tora-Streiter Paulus ist man auf Augenhöhe mit den Helden der biblischen Ahnengemeinschaft. In diesem Sinne nutzt Lukas – über das verheißungsgeschichtliche Erfüllungsschema hinaus50 – die der Historiographie eigenen Gattungsmöglichkeiten mit aufmerksamer Konsequenz. Im Einzelnen sehe ich drei intertextuelle Darstellungslinien, die die Herkunftsmemoria literarisch aufbereiten: (a) programmatische Reden, (b) narrative Mimesis, (c) handlungstypische Rekurrenzmuster.

––––––––––––– 48 Vgl. H. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, BHTh 17, Tübingen 51964, bes. 4–11. 49 Der Begriff des ‚Gedächtnisbildes‘ stammt von George Herbert Mead; vgl. Gehrke, Bedeutung (s. Anm. 1), 29. 50 Dazu jüngst umfassend D. Rusam, Das Alte Testament bei Lukas, BZNW 112, Berlin 2003, 150–431.492–496.

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(a) Es ist seit langem erkannt, dass Lukas in einer breiten historiographischen Tradition51 steht, wenn er den Handlungsträgern an markanten Punkten des Erzählablaufs – gewissermaßen auf der Meta-Ebene – interpretierende Reden in den Mund legt. Kennzeichnend für die den lukanischen Reden eigene Programmatik sind dabei Einheit, Bruchlosigkeit und Richtungssinn des historischen Geschehens (vgl. bes. Act 2,14–36; 3,12–26; 13,16–41).52 Die Vergangenheit Israels wird für die christliche ʖƩˆƵ reklamiert und – insofern sich die Erinnerungsstränge fest an die ‚Zeit Jesu und der Kirche‘ knüpfen – vereindeutigend monopolisiert. Dramatisch schlägt dies in dem Geschichtssummarium der Stephanus-Rede (7,2–53) durch, wenn diese die immerhin 13 beziehungsstiftenden Rekurse auf „unsere Väter“ (7,2.11.12.15.19.38.39.44. 45bis; vgl. 7,8.9.32) in den Ablehnungsvorwurf an „eure Väter“ ausklingen lässt (7,51.52; vgl. 28,25!).53 Insofern die Reden zugleich der Charakterzeichnung der Akteure dienen, lassen Zitate wie Allusionen die Protagonisten der Apostelgeschichte Petrus, Stephanus und Paulus als – cum grano salis – ‚alttestamentliche‘ Charaktere erscheinen.54 (b) In einer weniger aus- als eindrücklichen Form macht Lukas von der stilistischen Möglichkeit des ‚code switching‘ Gebrauch, die sich als imitatio gerade in der Historiographie – freilich dort nach dem Vorbild anderer ‚Klassiker‘ – darstellerischer Beliebtheit erfreute (vgl. Quintilian, Institutio

––––––––––––– 51 Sie reicht von Thukydides (vgl. I 22,1) bis Lukian von Samosata (vgl. De Historia Conscribenda 58). Zur Rede in der antiken Historiographie allgemein C. W. Fornara, The Nature of History in Ancient Greece and Rome, Eidos, Berkeley 1983, 142–168; C. Gempf, Public Speaking and Published Accounts, in: Winter / Clarke (Hg.), Acts (s. Anm. 39), 259– 303; zu Lukas in diesem Kontext S. E. Porter, Thucydides 1.22.1 and Speeches in Acts. Is There a Thucydidean View? (1990), in: Studies in the Greek New Testament. Theory and Practice, hg. v. ders., Studies in Biblical Greek 6, New York 1996, 173–193; M. L. Soards, The Speeches in Acts. Their Content, Context, and Concerns, Louisville 1994, 134–161. 52 Zum Vergangenheitsbezug in den lukanischen Reden vgl. Soards, Speeches (s. Anm. 51), bes. 200–203; zur lukanischen Komposition und literarischen Funktion der Geschichtssummarien in Act 7,2b–53; 13,17–25 J. Jeska, Die Geschichte Israels in der Sicht des Lukas. Apg 7,2b–53 und 13,17–25 im Kontext antik-jüdischer Summarien der Geschichte Israels, FRLANT 195, Göttingen 2001, bes. 257–271. 53 Zur Auslegung der Stephanus-Rede im Kontext jüdischer Geschichtssummarien vgl. Jeska, Geschichte (s. Anm. 52), bes. 154–220; speziell zu ihrer Bedeutung für die lukanische Einschätzung des Tempels M. Bachmann, Die Stephanusepisode (Apg 6,1–8,3). Ihre Bedeutung für die lukanische Sicht des jerusalemischen Tempels und des Judentums, in: The Unity of Luke-Acts, hg. v. J. Verheyden, BEThL 142, Leuven 1999, 545–562; zu ihrem Zusammenhang mit hellenistisch-reichsrömischer Stiftungsmimesis Penner, Praise (s. Anm. 39), 262–330. 54 Vgl. B. T. Arnold, Luke’s Charakterizing Use of the Old Testament in the Book of Acts, in: Witherington (Hg.), History (s. Anm. 30), 300–323, bes. 306–323.

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Oratoria X 2).55 Bereits beim Übergang von der technischen Fachprosa des lukanischen Proömiums (Lk 1,1–4) zu den solennen Wendungen der Geburtsgeschichten wird – fast schmerzhaft56 – deutlich, wie sehr es dem Evangelisten darum zu tun ist, sein Doppelwerk mit der biblischen Geschichte zu verbinden, genauer: es selbst als solche zu kennzeichnen. Die Vorgeschichte, die das gesamte Doppelwerk an der entscheidenden Stelle der Leserlenkung fundiert und dessen verheißungsgeschichtliche Tiefe auslotet,57 setzt ein klares Motto: Introite, nam et hic Biblia sunt! Es sind, in die Sprache der Septuaginta gekleidet, unmittelbar wiederzuerkennende Erzählfälle (z. B. die göttliche Verheißung im Modus der Angelophanie) und Standardbiographien (z. B. kinderlose Paare werden von Gott mit einem das Drama Israels vorantreibenden Kind beschenkt), der Einschub archaisierender Lobpsalmen (vgl. Lk 1,46–55.68–79; 2,29–32), verheißungsgeschichtliche Grundstrukturen (bes. der Gottesbund: Lk 1,72; vgl. Act 3,25; 7,8), nicht zuletzt soziale Identitätsmarker wie Priester, Prophetin, die Stadt Jerusalem, Tempel, Opfer, Wallfahrt, die – bis in Wortwahl, Satzbau und Stil hinein – den Leseraum des Doppelwerks als altbiblischen Grund ––––––––––––– 55 Die lukanische Septuaginta-Mimesis wurde – nach der Pionierleistung von A. Wifstrand, Lukas och Septuaginta, SvTK 16, 1940, 243–262 – grundlegend von E. Plümacher, Lukas als hellenistischer Schriftsteller. Studien zur Apostelgeschichte, StUNT 9, Göttingen 1972, 38–79; ders., Art. Lukas als griechischer Historiker, PRE.S XIV, 1974, 235–264: 250–255; ders., Apostelgeschichte (s. Anm. 45), 506–508, aufgearbeitet; vgl. ferner T. L. Brodie, Greco-Roman Imitation of Texts as a Partial Guide to Luke’s Use of Sources, in: Luke-Acts. New Perspectives from the Society of Biblical Literature Seminar, hg. v. C. H. Talbert, New York 1984, 17–46: 32–34; Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 352–363; B. S. Rosner, Acts and Biblical History, in: Winter / Clarke (Hg.), Acts (s. Anm. 39), 65–82; Schröter, Lukas (s. Anm. 45), 241f. Zur literarischen imitatio in der griechisch-römischen Geschichtsschreibung Brodie a. a. O. 26–32; zu den soziolinguistischen Aspekten der entwickelten lukanischen Kode-Kompetenz L. Alexander, Septuaginta, Fachprosa, Imitatio. Albert Wifstrand and the Language of Luke-Acts, in: Breytenbach / Schröter (Hg.), Apostelgeschichte (s. Anm. 45), 1–26, bes. 14–26. 56 Lukian hält es für schlechten Stil, wenn der Historiograph beim Übergang vom Proömium zum Erzählkorpus auch die Sprachfarbe wechselt (De Historia Conscribenda 16); vielmehr sei der Übergang vom ™ƴƳƳ˄μƮƳƱ zur ƩƮ˂ƨƬƶƮƵ gefällig und fließend (ƪʡƦƹˁƵ Ʒƪ ƯƦ˃ ƪʡʾƨƼƨƳƵ) zu halten (De Historia Conscribenda 55; vgl. 53f); vgl. D. D. Schmidt, Rhetorical Influences and Genre. Luke’s Preface and the Rhetoric of Hellenistic Historiography, in: Moessner, Jesus (s. Anm. 39), 27–60: 52–54. 57 Zu Lk 1f als Grundlegung und Tiefenspiegelung des gesamten LDW vgl. U. Busse, Das „Evangelium“ des Lukas. Die Funktion der Vorgeschichte im lukanischen Doppelwerk, in: Der Treue Gottes trauen. Beiträge zum Werk des Lukas. FS G. Schneider, hg. v. C. Bussmann / W. Radl, Freiburg i. Br. 1991, 161–179; J. B. Tyson, Images of Judaism in Luke-Acts, Columbia 1992, 42–55; J. Roloff, Die Kirche im Neuen Testament, GNT 10, Göttingen 1993, 192–195; zum Zusammenhang zwischen Vorgeschichte und Act auch W. Radl, Die Beziehungen der Vorgeschichte zur Apostelgeschichte. Dargestellt an Lk 2,22–39, in: Verheyden (Hg.), Unity (s. Anm. 53), 297–312.

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ausweisen. Dem Lesenden wird im Erzähleingang des Doppelwerks unmissverständlich signalisiert: Er betritt jenen Boden, der von den ƨƴƦƹƦ˄ Israels abgesteckt worden ist; der sich auf ihm kundtuende Gott ist jener, der ‚schon immer‘ so gehandelt und nunmehr „sich der Väter erbarmt (™ƳƮ̏ƶƦƮ ɭưƪƳƵ μƪƷʽ Ʒ̹Ʊ ™ƦƷˀƴƼƱ ɶμ̹Ʊ) und seines heiligen Bundes gedacht hat“ (Lk 1,72);58 die hier begegnenden Handlungsträger und Frömmigkeitsgestalten füllen Rollen aus, die ‚seit jeher‘ so beschrieben oder vorgesehen waren.59 Deutlich mimetische Züge trägt auch der erneut in Jerusalem zentrierte Eröffnungsteil der Act, etwa mit archaischen Christus-Titeln (vgl. z. B. 3,13f.26) und szenischen wie rednerischen Darstellungen (vgl. z. B. 2,22–36).60 Die Septuaginta wird nachgerade als semantisch-syntaktisches Lokalkolorit fassbar; die literarische Kontinuität wird zum Ausdruck des geschichtlichen Kontinuums. Keine neue Welt lehrt die Act zu sehen, sondern die alte Welt mit neuen Augen. (c) Ein historiographisches Darstellungsmittel, das der imitatio verwandt ist, ist die Rekurrenz. Sie beruht auf der Überzeugung, dass geschichtliches Handeln übergreifenden Gesetzmäßigkeiten untergeordnet ist und sich daher wiederholt.61 Ahnenbezug – so zeigte uns der Blick auf den stadtrömischen mos maiorum – orientiert sich an typischen Eigenschaften und beispielhaften Taten der Vorfahren. Man orientiert sich an den alten Überlieferungen und bringt das eigene Verhalten interpretierend auf deren Linie: „An ihren Taten

––––––––––––– 58 Josephus bevorzugt das Nomen ™ƴˆƱƳƮƦ, um Gottes Geschichtswalten als Einheit zu

beschreiben; Lukas benutzt stattdessen eine Vielzahl von Wendungen (ƧƳƸưˁ ƷƳ̬ ƭƪƳ̬, Ʃƪ̝, ʖƴ˄ƫƼ o. ä.); vgl. näher Sterling, Historiography (s. Anm. 39), 358f. 59 Zur Technik der diegetischen, narrativ-kompositionellen und verbalen Allusion in der lukanischen Vorgeschichte vgl. ausführlich Rusam, Testament (s. Anm. 50), 40–89; zum Septuaginta-Stil in Lk 1f auch J. Drury, Tradition and Design in Luke’s Gospel. A Study in Early Christian Historiography, London 1976, 46–66; H. F. D. Sparks, The Semitisms of St. Luke’s Gospel, JThS 44, 1943, 129–138; F. Ó Fearghail, The Imitation of the Septuagint in Luke’s Infancy Narrative, PIBA 12, 1989, 58–78. Es ist eher die biblische Gesamtatmosphäre, die durch diese literarische Technik ‚herbeigemalt‘ wird, als das Programm der Erfüllung einzelner Schriftverheißungen oder konkreter christologischer Modelle wie etwa das eines ‚neuen Mose‘ (das D. Daube, Neglected Nuances of Exposition in Luke-Acts, ANRW II 25.3, 1985, 2329–2356: 2346, im Doppelwerk vermutet). 60 Vgl. Plümacher, Apostelgeschichte (s. Anm. 45), 506–509. 61 Einschlägig ist die ideengeschichtliche Monographie von G. W. Trompf, The Idea of Historical Recurrence in Western Thought. From Antiquity to the Reformation, Berkeley 1979, bes. 121–178, die den beiden lukanischen Büchern eine für die westliche Geschichtsdeutung maßgebliche Rolle zuschreibt: „They reflect notions which derive from both Hebraic and Greco-Roman traditions, leading us back into the Old Testament world while at the same time allowing us to continue our story forward from Polybius“ (121); zur rhetorischen Funktion der Rekurrenz im LDW vgl. Rothschild, Luke-Acts (s. Anm. 39), 99–141.

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erkennt man Gestalten aus dem Holze Israels. So waren sie schon immer, und so sind sie es noch!“62 Bereits innerhalb des Doppelwerks selbst bilden sich intratextuelle Handlungsmuster heraus: Johannes der Täufer wird unter vergleichbaren Umständen wie Jesus geboren (vgl. Lk 1,5–25.26–38.57–80; 2,1–20) und predigt wie er (Lk 3,10–14), Stephanus stirbt unter vergleichbaren Umständen wie Jesus (vgl. bes. Lk 23,46; Act 7,59f), Paulus heilt zu Lystra ähnlich wie Petrus an der Schönen Pforte des Jerusalemer Tempels einen Gelähmten (vgl. Act 3,1–10; 14,8–11), die nicht-christlichen Juden bilden in stets ähnlicher Weise die städtische Opposition zu den christlichen Verkündigern (vgl. Act 9,23–25; 13,45–52; 14,4–7.19; 17,5–9.13f; 18,5f. 12–17; 20,3; 21,27–36; 23,12–15; 25,2f), das Pneuma treibt die Heilsgeschichte in fast zyklischen Wiederholungen voran (vgl. z. B. Lk 1,3; 3,22; 4,18; Act 2,1–36; 19,5f). Wichtige Weggabelungen müssen gleich in mehrfacher ‚Lesung‘ verhandelt werden: Jesu Himmelfahrt (Lk 24,50–53; Act 1,9– 11), die Berufung des Paulus (Act 9,1–22; 22,1–21; 26,2–23), die Taufe des Heiden Kornelius mit der legitimierenden Vision (Act 10,9–48; 11,4–17).63 In ähnlicher Weise repetieren die lukanischen Handlungsträger aber auch ihre biblischen Ahnen: Maria singt über Jesus ähnlich wie Hanna über Samuel (Lk 1,46–55; 1Sam 2,1–10), der Täufer Johannes re-inszeniert den Propheten Elija (vgl. bes. Lk 1,17), Jesus verabschiedet sich mittels Himmelfahrt auf ‚Alttestamentlich‘,64 die Erscheinung, die Paulus bei seiner Berufung erlebt, könnte ähnlich auch in Tora und Propheten stehen (vgl. bes. Gen 31,11–13; 46,2f: Jakob; Ex 3,4–10: Mose; Ez 1,28–2,3: Ezechiel).65 Paulus findet zu Athen – hier freilich in den paganen Kulturkanon hineinwandernd – einen Vorläufer im philosophischen Urhelden Sokrates (Act 17,16–34).66 Und nicht zuletzt: Der Gottesgeist, der in beiden Teilen des Doppelwerks so klar das Handeln führt, hat dies auch zuvor schon getan – und wird es weiter tun. So weist das memoriale Fragment auf die (aus jüdischer Perspektive gewonnene) universalgeschichtliche Orientierung des Erzählers. Dem Eindruck, mit

––––––––––––– 62 Ich imitiere hier Gehrke, Bedeutung (s. Anm. 1), 43f, der seine Beobachtungen aller-

dings an den Athenern vornimmt. 63 Vgl. auch Green, Repetition (s. Anm. 30), bes. 289–297. 64 Vgl. M. Goulder, Type and History in Acts, London 1964, 146–149 (freilich nicht ohne sehr konjekturale Züge); D. W. Palmer, The Literary Background of Acts 1.1–14, NTS 33, 1987, 427–438: 430–435 (unter Betonung jüdisch-hellenistischer Adaptionen der Abschiedsund Himmelfahrtsszene). 65 Vgl. näher G. Lohfink, Eine alttestamentliche Darstellungsform für Gotteserscheinungen in den Damaskusberichten (Act 9; 22; 26), BZ 9, 1965, 246–257; Rosner, Acts (s. Anm. 55), 72. Ein Spektrum weiterer möglicher Bezüge bei Rosner a. a. O. 71–75. 66 Vgl. näher H.-J. Klauck, Magie und Heidentum in der Apostelgeschichte des Lukas, SBS 167, Stuttgart 1996, 88–111.

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dem Christentum breche die Universalgeschichte ab, weil die Geschichte als solche apokalyptisch am Ende sei, die urchristlichen Erzählschriften stellten daher Ausnahmen dar, „die allerdings insofern die Regel bestätigen, als sie sich mit historisch extrem kleinen Zeiträumen und eher biographisch orientiert mit der Stifterfigur, mit Jesus von Nazaret, beschäftigen“,67 hätte Lukas entschieden widersprochen. Sein Zeitraum ist nicht extrem klein, sondern ‚universal groß‘ angelegt und beschäftigt sich gerade nicht mit einer biographisch isolierten Stifterfigur. Deshalb beginnt seine Vorgeschichte – cum grano salis – mitten im Alten Testament; deshalb endet sein Bericht offen. Denn weder ‚nach vorn‘ noch ‚nach zurück‘ ließ sich der Berichtszeitraum begrenzen. In die eine Richtung zielt die Herkunftsmemoria; mit Blick auf die andere rechnete der Historiograph womöglich damit, dass seine Diegese ihrerseits als Herkunft ‚memoriert‘ und fortgesetzt werde. Denn auch theologische Geschichtsschreibung ist auf Vorgänger wie Nachfolger angelegt.68 Dass sich die Letzteren für Lukas nicht mehr fanden, mag dadurch zu erklären sein, dass es den folgenden Generationen literarisch wie theologisch an Mut gebrach, die ƨƴƦƹƦ˄ fortzusetzen.69

III. Die narrative Gewinnung der Vergangenheit Die konsequente Berücksichtigung der Gedächtnisstrategie des Lukas ist geeignet, exegetische Sachfragen einerseits wirkpragmatisch zu konkretisieren und andererseits gerade so zu entdramatisieren. Dies sei an drei ebenso neuralgischen wie bezeichnenden Erzähltopoi beleuchtet: (a) die Erzählfigur des Paulus (im Kontrast zum ‚Paulus der Briefe‘), (b) die Dignität der Tora (deren scheinbar widersprüchliche Darstellung durch Lukas auf Kritik stößt), (c) die Darstellung der Juden (die nicht selten als antijudaistisch empfunden wird). Gedächtnisstrategisch handelt es sich dabei um (a) Gewinnung von in Frage gestelltem Kontinuitätsbewusstsein, (b) die Redefinition des

––––––––––––– 67 So J. Rüpke, Römische Geschichtsschreibung. Zur Geschichte des geschichtlichen Bewußtseins und seiner Verschriftlichungsformen in der Antike, Potsdam 1997, 209f. 68 Unter Verzicht auf jegliche Hinführung beginnt Xenophon seine ɰưưƬƱƮƯʾ dort, wo Thukydides seine Darstellung des peloponnesischen Krieges mit dem Jahr 411 v. Chr. abgebrochen hatte (Hellenika I 1,1). Seine eigene Darstellung bricht nach der Schlacht von Mantineia 362 v. Chr. unter Hinweis auf die kommende Geschichtsschreibung ab (Hellenika VII 5,27); vgl. grundsätzlich J. Marincola, Authority and Tradition in Ancient Historiography, Cambridge 1997, 237–241; B. Meissner, Anfänge und frühe Entwicklungen der griechischen Historiographie, in: Becker (Hg.), Historiographie (s. Anm. 1), 83–109: 83–86. 69 So die Vermutung bei Rüpke, Geschichtsschreibung (s. Anm. 67), 224f.

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Erinnerungszentrums und (c) die Sicherung von Identität durch markierte Alterität.70 (a) Das Lebenswerk des Paulus findet vor Felix zu verblüffender Bilanz: „Ich bekenne dir nun dies: Gemäß dem Weg, den sie eine Sekte nennen, diene ich so [scil. wie die Juden] dem väterlich ererbten Gott, indem ich allem glaube gemäß dem, was im Gesetz und bei den Propheten geschrieben steht …“ (Act 24,14). Paulus, der sich vor dem heidnischen Richter hier ausdrücklich der ə™ƳưƳƨ˄Ʀ widmet (24,10: Ʒʽ ™ƪƴ˃ ɩμƦƸƷƳ̬ ə™ƳưƳƨƳ̬μƦƮ; vgl. Act 22,1; 25,7f; 26,1f.24; ferner Lk 12,11; 21,14; Act 19,33), beschreibt präzise, was wir als Grundlinie apologetischer Geschichtsschreibung wahrnahmen: Er ist seiner väterlichen Herkunft treu und kann so gegen alle Kritik seinen Selbststand begründen. Diese Treue den Ahnen und der ihnen gegebenen Verheißung gegenüber ist es, die allererst die Anklage gegen den lukanischen Paulus – stellvertretend für das lukanisch gedeutete Christentum – veranlasst (vgl. Act 26,1–7). Noch mit seinen letzten Worten beteuert Paulus an einer entscheidenden Stelle der Leserlenkung: „Ich habe nichts gegen … die väterlich ererbten Sitten getan!“ (28,17: ɩƨˊ, ɝƱƩƴƪƵ əƩƪưƹƳ˄, ƳʡƩʿƱ ɩƱƦƱƷ˄ƳƱ ™ƳƮ˂ƶƦƵ Ʒ̺ ưƦ̺ ɷ ƷƳ̝Ƶ ɭƭƪƶƮ ƷƳ̝Ƶ ™ƦƷƴ̸ƳƮƵ …; vgl. 21,20f; 22,3.14f). Je weiter Paulus die Kirchengründung vorantreibt und je deutlicher die Urchristen sich aus den ‚Mutterarmen‘ der Synagoge lösen, desto ‚väterlicher‘ scheint die ihnen eigene Sitte! So wird der Missionar zum Heros des mos maiorum: Er beschneidet den – offenkundig bereits getauften – Timotheus, wenn auch, statt aus Gehorsam gegenüber dem eindeutigen Gebot des Bundesgottes, nur mit Rücksicht auf die Empfindungen jüdischer Beobachter (vgl. Act 16,3).71 Kommt es zum ‚clash of cultures‘, so hält der Missionar seinen Kopf für die jüdische ‚Sitte‘ hin: In der von römischer Lebensform geprägten Kolonie Philippi werden er und Silas beschuldigt, als Juden Sitten (ɭƭƬ) zu verkünden, „die wir, die wir Römer sind, weder annehmen noch praktizieren dürfen“ (Act 16,20f), und deshalb schwerer Prügelstrafe mit anschließender Haft unterworfen (vgl. Act 16,19–23).72 Wird er andererseits von jüdischer Seite angeklagt, so ––––––––––––– 70 Es wäre reizvoll, hier (a) die Selbstdarstellung des Josephus als eines jüdischen Konti-

nuitätsträgers, (b) dessen Darstellung der hergebrachten jüdischen Lebensform und (c) dessen Beschreibung der ‚Juden‘, namentlich der Antagonisten im eigenen Volk, zu heuristischem Vergleich heranzuziehen. Es dürfte hier nicht wenige strategische Parallelen geben. 71 Zur Diskussion vgl. Pesch, Apg II (s. Anm. 47), 97; Barrett, Acts II (s. Anm. 47), 760–763; J. A. Fitzmyer, The Acts of the Apostles, AncB 31, New York 1998, 575f. 72 Die in Philippi ergriffenen Maßnahmen suchen den mos maiorum gegen Neuerungen zu schützen; vgl. mit zahlreichen Belegen W. C. van Unnik, Die Anklage gegen die Apostel in Philippi (Apostelgeschichte xvi 20f) (1964), in: ders., Sparsa Collecta I, NT.S 29, Leiden 1973, 374–385, bes. 379–385.

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gerade deshalb, weil er eben diese jüdische, auf Mose zurückgehende ‚Sitte‘ verletze (Act 15,1f; 21,21; 26,2f; 28,17; vgl. 6,14), und gerade in solchen Zusammenhängen betont er sein reines Gewissen (vgl. 23,1; 24,16).73 Zu Kenchreä lässt er sich gar – wohl aufgrund eines Nasiräatsgelübdes (vgl. Num 6,1–21)74 – den Kopf kahl scheren (Act 18,18). Als er in Jerusalem mit dem unter den Judenchristen herrschenden Eindruck konfrontiert wird, er lehre die Juden der Diaspora, „nicht nach den Sitten zu wandeln“ (Act 21,21: … μƬƩʿ ƷƳ̝Ƶ ɭƭƪƶƮƱ ™ƪƴƮ™ƦƷƪ̝Ʊ), entschließt er sich, dem Rat des Jakobus zu folgen und durch Beteiligung an der Auslösung von vier Nasiräern (vgl. Josephus, Ant XIX 294) auch öffentlich zu dokumentieren, dass „du dich in Einklang befindest, indem du auch selbst das Gesetz genau beachtest“ (vgl. Act 21,24: … ƶƷƳƮƺƪ̝Ƶ ƯƦ˃ ƦʡƷ˅Ƶ ƹƸưʾƶƶƼƱ Ʒ˅Ʊ ƱˆμƳƱ). Tragischerweise führt gerade die rituelle Sorge um die levitische Reinheit dann dazu, dass Paulus zum letzten und entscheidenden Mal verhaftet wird, so dass er gar als ein Märtyrer der Gesetzesfrömmigkeit betrachtet werden kann (vgl. Act 21,18–34). Ironisch mutet es an, wenn der urchristliche Missionar ausgerechnet den Hohepriester vor dem Synedrium nicht ohne Schärfe dazu ermahnt, die Tora zu halten, um sich dann, nicht minder toratreu, von den „Brüdern“ (im Synedrium!) im Nachhinein über dessen hohes Amt unterrichtet, mit galanter Entschuldigung vor dem „Fürsten seines Volkes“ zu verbeugen (vgl. Act 23,1–5). Kurzum: Paulus verkörpert in der Apostelgeschichte Kontinuität. Bis zuletzt bleibt er vir vere Israeliticus, Inbegriff des den eigenen mos maiorum achtenden Frommen und erst unter diesem Aspekt ein respektabler civis Romanus. (b) Aus dem Dargelegten geht bereits hervor, wie Lukas es mit der Tora als Weisungskodex hält: Er ehrt sie, doch ohne Verlangen. So erklärt sich der zwiespältige Eindruck, der sich auch in der Forschungsdiskussion widerspiegelt:75 Lukas spricht – auch über die prophetische Funktion der Schrift hinaus – dezidiert positiv vom Gesetz, doch wirbt er keineswegs dafür, es zu befolgen.76 ‚Mose‘ ist ihm der jüdische mos maiorum, und so besitzt die durch die Tora geprägte, ‚väterlich ererbte‘ Lebensform für jüdische Christen ––––––––––––– 73 Zum Hintergrund vgl. Balch, Paul (s. Anm. 36), bes. 11f.22f. 74 Vgl. Pesch, Apg II (s. Anm. 47), 155f; Barrett, Acts II (s. Anm. 47), 876–878; Fitz-

myer, Acts (s. Anm. 71), 634. 75 Überblicke bei Klinghardt, Gesetz (s. Anm. 35), 1–9; K. Salo, Luke’s Treatment of the Law. A Redaction-Critical Investigation, AASF.DHL 57, Helsinki 1991, 13–23; Merkel, Gesetz (s. Anm. 9), 119–121. 76 Eine eindringliche Musterung des einschlägigen Textguts beider Teile des LDW findet sich bei Wilson, Luke (s. Anm. 35), 12–102; C. L. Blomberg, The Law in Luke-Acts, JSNT 22, 1984, 53–80: 57–69; Esler, Community (s. Anm. 29), 111–128; Rusam, Testament (s. Anm. 50), 90–149.

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durchaus präskriptive Kraft. Sie wird als kulturelles Ordnungswissen dem ɭƭƳƵ wie dem ɭƭƱƳƵ zugeordnet.77 Als kulturelles Herkunftswissen im Modus der ‚Schrift‘ wirkt sie überdies als christlicher Attraktivitätsfaktor. Sie positiv darzustellen, gehört also zum apologetischen Wirkinteresse des Lukas gegenüber der paganen Kultur.78 Dagegen ist die Tora in keiner Weise normatives Zentrum der christlichen Wissensorganisation; dieses Zentrum wird vielmehr durch Jesus Christus und die in ihm vollzogenen Eschata redefiniert, und allein von diesem Zentrum aus gewinnt die Vergangenheit Richtung (vgl. Lk 24,44–47; Act 2,38; 4,12; 13,38f; 15,8–11). So lösen sich die scheinbaren Widersprüche im Gesetzesverständnis des lukanischen Doppelwerks auf: In ihrem begrenzten Geltungsbereich besitzt die Tora kulturelle – das heißt nach antikem Maßstab durchaus religiös-ethische – Verbindlichkeit. Sie kann in deutlich relativierter und pragmatischer Weise, letztlich auf ein defensives Reinheitskonzept reduziert, auf Heidenchristen ausgedehnt werden, um rituell gemeinsame Lebensformen zu ermöglichen, wie es auf dem Apostelkonvent geschieht (vgl. Act 15,19f.28f; 21,25).79 Ihren soteriologisch entscheidenden Rang jedoch hat sie verloren, und eine ekklesiologisch einende Funktion gewinnt sie nicht (vgl. Act 15,9.11!). Sie setzt ihre Geltung zudem nicht durch eigenen Anspruch, steht vielmehr unter freiem Diskurs (vgl. bes. Act 15,7– 11) und wird am Ende durch Pneuma und apostolische Autorität (Act 15,28) geregelt. Selbst die Verbindlichkeit der vier ‚Jakobusklauseln‘ wird mit einem recht konstruiert wirkenden Altersargument begründet: „Denn Mose hat von alten Zeiten her (ɩƯ ƨƪƱƪ̹Ʊ əƴƺƦ˄ƼƱ) in jeder Stadt solche, die ihn verkünden in den Synagogen, da er an jedem Sabbat vorgelesen wird“ (15,21). Der rätselhafte und umstrittene Satz gewinnt Sinn, sieht man ihn als

––––––––––––– 77 In dieser Richtung (mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Nuancierungen) vgl. Wilson, Luke (s. Anm. 35), bes. 103–117; K. Löning, Das Evangelium und die Kulturen. Heilsgeschichte und kulturelle Aspekte kirchlicher Realität in der Apostelgeschichte, ANRW II 25.3, 1985, 2604–2646: 2621–2627; M. A. Seifrid, Jesus and the Law in Acts, JSNT 30, 1987, 39–57; Merkel, Gesetz (s. Anm. 9), bes. 126–133; sehr stark betont die lukanische ‚Gesetzesfreiheit‘ Blomberg, Law (s. Anm. 76). Ein lebhafteres Geltungsinteresse der pluraler gefassten ‚lukanischen Gemeinde‘ an der Tora vermuten dagegen in Anschluss an J. Jervell, Luke and the People of God. A New Look at Luke-Acts, Minneapolis 1972, 133–151, Esler, Community (s. Anm. 29), bes. 128–130, Klinghardt, Gesetz (s. Anm. 35), bes. 306–320, und Salo, Treatment (s. Anm. 75), bes. 298–304. 78 Zu ɭƭƳƵ als apologetischer Begriffsprägung auch bei Josephus vgl. Wilson, Luke (s. Anm. 35), 6–10. 79 Der Zusammenhang der ‚Jakobusklauseln‘ mit Lev 17f ist zumindest auf der lukanischen Bezugsebene recht fraglich (vgl. Wilson, Luke [s. Anm. 35], 84–94; Seifrid, Jesus [s. Anm. 77], 47–51; Merkel, Gesetz [s. Anm. 9], 128; zur Diskussion A. J. M. Wedderburn, The ‚Apostolic Decree‘. Tradition and Redaction, NT 35, 1993, 362–389). Dass die vier Auflagen als in der Tora wurzelnd gesehen werden, geht allerdings aus dem Begründungssatz Act 15,21 (vgl. Josephus, Ap II 175) hervor.

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universalisierende Reprojektion des jüdischen mos: In ihrem Kern – der in der partikularen Überlieferung eines einzelnen Volkes zu finden und zugleich von ihr zu unterscheiden ist – ist die Tora ethische Menschheitsüberlieferung – und hebt sich in ihr auf. Dass gewissenhafte Observanz partikular überlieferter Religionsnormen mit einem theologisch relativierten Geltungsanspruch und einem begrenzten Geltungsbereich verbunden werden kann, ist ein Signum hellenistisch-reichsrömischer Frömmigkeit.80 Vor dem Hintergrund der universalgeschichtlichen Ausrichtung des lukanischen Erzählwerks erscheint die Tora als kategoriale Lebensordnung damit freilich als marginal.81 So ist die Dignität der Tora für Lukas knapp zu beschreiben: Sie stiftet für alle Christen verbindliches Herkunftswissen, für Judenchristen lebenspraktisches Ordnungswissen und für diese wie jene einen Echoraum in der Tiefe der Zeit, die die eigene Identität auf der Höhe der Zeit adelt. (c) Aus dem Dargelegten erklärt sich schließlich die außerordentliche Wertschätzung des Judentums im lukanischen Doppelwerk: seiner heils- und verheißungsgeschichtlichen Würde, seiner Heiligen Schriften, seiner Frömmigkeit, mit zunehmender Abschiedsstimmung auch seiner Hauptstadt und seines Tempels, dessen Tore am Ende für den Leser symbolträchtig ins Schloss fallen (Act 21,30).82 Diese Hochachtung entspringt nicht freundlicher Rücksicht auf eine judenchristliche Minderheit in der ‚lukanischen Gemeinde‘; sie ist Wurzel von deren Selbstachtung. Sie entspricht dem Gegenwartsanliegen

––––––––––––– 80 Vergleichbar ist Ciceros Vorgehen in De legibus: Die altrömische, durch Numa und die

Vätersitten konstituierte Religion erweist sich als die Menschheitsreligion; die partikulare Vätersitte ist dabei lediglich die dem Menschen als sozialem Wesen gemäße Konkretion der richtigen Lebensform: secundam naturam, quae norma legis est (De Legibus II 61). Was bei Cicero universale, da stoisch ‚natürliche‘ Religion ist, ist für Lukas die universale, da ‚mosaisch‘ allerorten verkündete Religion; vgl. zu Cicero H. Cancik / H. Cancik-Lindemaier, patria – peregrina – universa. Versuch einer Typologie der universalistischen Tendenzen in der Geschichte der römischen Religion, in: Tradition und Translation. Zum Problem der interkulturellen Übersetzbarkeit religiöser Phänomene. FS C. Colpe, hg. v. C. Elsas u. a., Berlin 1994, 64–74: 66–68; zu Lukas auch Balch, ƒƋƚƈƉƕƑƍ (s. Anm. 23), 184–186. Zur praktischen Verbindlichkeit der überlieferten Norm bei gleichzeitiger Relativierung ihrer theologischen Basis erhellend ist Cicero, n. d. III 43.94. 81 Das Gesetz „ist weder heilsnotwendig (als Taufvoraussetzung) noch konstitutiv für die vita christiana. Es ist als Sittenkodex nichts als ein kulturelles Phänomen. Dies ist gewiß eine Relativierung, aber keine Kritik an der mosaischen Normenwelt. Das Evangelium ist nicht der Feind der Kulturen. Es ist aber auch nicht der Prophet einer bestimmten Kultur“ (Löning, Evangelium [s. Anm. 77], 2627). 82 Vgl. Tyson, Images (s. Anm. 57), 183–185. Zum Tempel im LDW: M. Bachmann, Jerusalem und der Tempel. Die geographisch-theologischen Elemente in der lukanischen Sicht des Kultzentrums, BWANT 109, Stuttgart 1980, 171–381; Esler, Community (s. Anm. 29), 131–163; Bachmann, Stephanusepisode (s. Anm. 53).

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des Historiographen Lukas, in seinem Ringen um einen Platz in der reichsrömischen Kultur die Vergangenheit der eigenen Gemeinschaft zu kanonisieren. Dies schließt den lukanischen Respekt vor dem Judenchristentum als lebendigem Kontinuitätsträger ein: „Sein Lebenswerk wird uns Auftrag und Verpflichtung sein!“83 Nun lässt sich dieser gute Vorsatz vornehmlich dann vernehmen, wenn es traurigerweise zu spät ist. In der Tat entspricht die Wertschätzung des Judentums bei Lukas in keiner Weise der der Juden,84 genauer: der synagogalen Konkurrenz. Wie so oft ist die polemische Herabsetzung der Anderen die dunkle Seite der apologetischen Selbstbehauptung: Die gesuchte Identität gewinnt sich nicht zuletzt durch die Markierung von Alterität.85 Tatsächlich ist die Gefahr eines verwechselbaren Christentums in der Apostelgeschichte allgegenwärtig.86 Nun ist die Verwechslung mit paganen Gruppierungen dem Berichterstatter offenkundig ein Dorn im Auge, die mit jüdischen Verkündigern dagegen nimmt er ohne Groll zur Kenntnis (vgl. Act 16,20f; 18,15; 19,33f), und er lässt in heidnischem Hinterland Paulus auch gar nicht anders predigen als sie (vgl. Act 14,15–17). Die als notorisch und leidenschaftlich beschriebene Feindschaft der ʍƳƸƩƦ̝ƳƮ resultiert nicht aus einer Unterlegenheit der jüdischen Religion. Im Gegenteil: Sie resultiert gerade aus der Ursprungsnähe und ‚Seelenverwandtschaft‘, und der einzige, freilich entscheidende Vorwurf, den Lukas den Juden zu machen hat, lautet im Grunde: Sie sind jener Teil Israels, der nicht am mos maiorum festhält, und

––––––––––––– 83 Mit dieser – längst erbaulich zersagten Floskel – lässt sich, nimmt man sie beim Wort, nach Walter, Ahn (s. Anm. 6), 271, der Grundgedanke der antiken Ahnenreferenz einfangen. 84 Vgl. Wilson, Luke (s. Anm. 35), 116. 85 Identität und Alterität sind relationale Größen. Die Selbstdefinition grenzt den eigenen Identitätsraum von dem des Anderen – in unserem Fall: der (synagogalen) Juden – ab. Solche Abgrenzung kann mit radikalem Impetus in binär-exklusiver Weise erfolgen (so Apk). Sie kann aber auch Schnittfelder und dynamische Öffnungen zulassen (vgl. grundsätzlich Gehrke, Einleitung [s. Anm. 3], bes. 11–14). Dies scheint mir im LDW eher gegeben, obschon zu beachten ist, dass in Schwellen- und Krisenphasen die Identität, die als instabil wahrgenommen wird, zweifellos hermetischer konstruiert wird. Zur Diskussion um den ‚Antijudaismus‘ im LDW vgl. die Forschungsskizzen bei M. Rese, „Die Juden“ im lukanischen Doppelwerk. Ein Bericht über eine längst nötige „neuere“ Diskussion, in: Bussmann / Radl (Hg.), Treue (s. Anm. 57), 61–79, und Merkel, Israel (s. Anm. 9), 371–382, sowie die Diskussion bei M. Blum, Antijudaismus im lukanischen Doppelwerk? Zur These eines lukanischen Antijudaismus, in: „Nun steht aber diese Sache im Evangelium …“. Zur Frage nach den Anfängen des christlichen Antijudaismus, hg. v. R. Kampling, Paderborn 22003, 107–149. 86 Chancen und Risiken der Inkulturation in pluralem religiösen Milieu arbeitet in aufschlussreichem Gang durch die Verwechslungsepisoden der Act bes. Klauck, Magie (s. Anm. 66), heraus; vgl. auch K. Backhaus, Im Hörsaal des Tyrannus (Apg 19,9). Von der Langlebigkeit des Evangeliums in kurzatmiger Zeit, ThGl 91, 2001, 4–23: 7–21.

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nur darum widersetzen sie sich ihrer endzeitlichen Sammlung.87 Agrippa II. als wahrer Kenner des Judentums muss, so sagt es Paulus in seiner großen Bilanzrede,88 nur konsequent sein, um Christ zu werden (vgl. Act 26,2f.24– 29). In gewisser Weise kehrt Lukas damit das gegen die Christen gerichtete Argument um: Nicht sie sind eine Abspaltung vom Judentum, sondern ihre synagogalen Gegner. Diese – die christliche Selbstwahrnehmung stabilisierende – Umkehrung der polemischen Situation sollte nicht theologisch überinterpretiert werden, etwa als endgültige Verwerfung Israels im Erzählende Act 28,25–28 (mit Jes 6,9f).89 Das offene Erzählende zeugt ebenso wie der Respekt vor der uralten Herkunft des Judentums von einem langen Atem. Die Konflikt- und Trennungsgeschichte zwischen Juden und Christen ist eine individuelle Epoche in der sehr langen Geschichte Israels.90 Gut denkbar ist es, dass Lukas meinte, seine historiographischen Nachfolger könnten zu diesem Thema noch andere Kapitel zu schreiben haben: Ʒʽ Ʃʿ μƪƷʽ ƷƦ̬ƷƦ ʉƶƼƵ ɝưư̷ μƪư˂ƶƪƮ (Xenophon, Hellenika VII 5,27). Blicken wir abschließend – längst in einer anderen ‚Epoche‘ – auf das Bleibende an der historiographischen Leistung des Lukas: Zweifellos diente die literarische Gewinnung urchristlichen Herkunftsbewusstseins der sinnstiftenden Legitimation und Orientierung für eine kirchliche Sattelzeit. Indem Lukas den Vergangenheitsraum Israels der christlichen Selbstvergewisserung adaptierte, ordnete er zugleich ein vielschichtiges, eigendynamisches und so auch subversives Kulturwissen. Dieses ist nicht einfach eine Variante religiöser Exklusivitätsansprüche, sondern ermöglicht die memoriale Entfaltung von biblischen Beziehungen, in der am Ende die Alterität des jüdischen ‚Vergangenheitspartners‘ eigenes Recht gewinnen kann.91 Für das Christentum ist Israel kein beziehungsloses Präteritum, sondern eine im Gegenwartssinn erinnerte Größe. So gesehen hat Lukas schreibend verhindert, dass Geschichte verloren ging.92 Man mag über seinen Umgang mit den Miterben des ‚Ahnen-

––––––––––––– 87 Vgl. Löning, Evangelium (s. Anm. 77), 2613–2616; Roloff, Kirche (s. Anm. 57),

192–206; Merkel, Israel (s. Anm. 9), 389–398. 88 Zu Stellung und Funktion der Rede Act 26 vgl. Wolter, Doppelwerk (s. Anm. 45), 268– 271; zu deren apologetischem Verstehenskontext Malherbe, Corner (s. Anm. 39), 201–206. 89 Dies scheint mir häufig die Gefahr, so etwa bei R. Maddox, The Purpose of Luke-Acts, FRLANT 126, Göttingen 1982, 183–185; J. Jervell, Gottes Treue zum untreuen Volk, in: Bussmann / Radl (Hg.), Treue (s. Anm. 57), 15–27: 25f; Roloff, Kirche (s. Anm. 57), 206; dagegen triftig Wolter, Doppelwerk (s. Anm. 45), 266–268.280. 90 Vgl. auch Wolter, Doppelwerk (s. Anm. 45), bes. 279–282. 91 Vgl. grundsätzlich (im Zusammenhang mit der Vergangenheitsorientierung in der republikanischen Nobilität Roms) Walter, Ahn (s. Anm. 6), 255f. 92 Vgl. Gehrke, Vergangenheit (s. Anm. 3), 64.

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kapitals‘ verstimmt sein. Dass Christen mit Blick auf Israel in der Lage sind, „wir“ zu sagen, verdanken sie wesentlich ihm.

2. Einzelbeiträge Zwischen Loyalität und Machtstreben Sozialgeschichtliche Aspekte des Pilatusbildes bei Josephus und im Neuen Testament1 von

JENS HERZER Pontius Pilatus ist nicht der einzige Präfekt, über den Josephus berichtet, aber doch derjenige, der für das Neue Testament am interessantesten ist, weil er nicht nur eine zentrale Figur innerhalb der Geschichte Jesu darstellt, sondern im Kontext des Apostolicums sogar Teil der normativen kirchlichen Bekenntnistradition wurde, deren Spuren bis in die kanonische Überlieferung zurückreichen (vgl. 1Kor 2,8; Act 4,26f; 13,27–29; 1Tim 6,13). Für die Beurteilung der Person des Pilatus werden wie in anderen Zusammenhängen auch – neben Philo von Alexandrien – die Werke des Josephus als eine Hauptquelle herangezogen, weil der Flavier die meisten Episoden aus dessen Amtszeit erzählt und u. a. auch die Verantwortlichkeit des Pilatus für die Kreuzigung Jesu belegt (Ant XVIII 63f).2 Fragt man nach wechselseitigen Wahrnehmungen zwischen Josephus und dem Neuen Testament, weckt daher ein Vergleich zwischen dem Pilatusbild des Josephus und dem des Neuen Testaments besonderes Interesse. Dabei ist vor allem eine Analyse der Beschreibung des Charakters des ‚historischen‘ Pilatus bei Josephus geeignet, um die neutestamentlichen Darstellungen seines Agierens im Konflikt mit den jüdischen Machthabern der Zeit um den ‚Fall Jesus von Nazareth‘ angemessen zu beurteilen.3 ––––––––––––– 1 Die These dieses Beitrages wurde in veränderter Form vorgetragen auf dem Colloque

scientifique international: „Les élites locales en Palestine et en diaspora“, 21.–22. Februar 2006 an der Université Catholique de l’Ouest, Angers, Frankreich. 2 Zum Testimonium Flavianum vgl. den Aufsatz von F. W. Horn, Das ‚Testimonium Flavianum‘ aus neutestamentlicher Perspektive, in diesem Band. 3 Als ein leider oft zu wenig beachtetes Standardwerk zu Pilatus ist insbesondere zu nennen: J.-P. Lémonon, Pilate et le Gouvernement de la Judée. Textes et Monuments, Études Bibliques, Paris 1981; vgl. ders., Ponce Pilate. Documents profanes, Nouveau Testament et traditions ecclésiales, ANRW II 26,1, 1992, 741–778. Darüber hinaus gibt es eine erstaunliche Anzahl neuerer monographischer Darstellungen: H. K. Bond, Pontius Pilate in History

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‚Historisch‘ hierbei in Anführungszeichen zu setzen, ist insofern geboten, als die Forschung einer positivistischen Inanspruchnahme von Josephustexten als Informationsquelle über historische Sachverhalte und Personen inzwischen zu Recht kritisch gegenübertritt.4 Auch Josephus zeichnet – im Rahmen der Maßstäbe antiker Geschichtsschreibung – bestimmte Bilder von Geschichte(n) und Personen aus seiner Perspektive.5 Dies gilt auch für das Charakterbild des römischen Präfekten Pilatus, das abhängig ist von einem Beziehungsgeflecht aus lebensgeschichtlichen Erfahrungen des Josephus, seiner gesellschaftlichen Stellung, seiner Situation bei der Abfassung des Bellum und der Antiquitates sowie seinem jeweils intendierten Publikum und der Wirkung, die er bei diesem erreichen will. Als ehemaliger jüdischer Offizier gehört Josephus nicht nur zu einer ähnlichen aristokratischen Schicht wie Pilatus als römischer Präfekt,6 sondern Josephus schreibt auch für ein römisches Publikum, dessen konkrete gesellschaftliche Stellung und Struktur allerdings unscharf bleibt. Wie würde ein Publikum, das sich selbst wahrscheinlich zur Elite der römischen Gesellschaft rechnet, die Darstellung eines Provinzpräfekten lesen bzw. lesen wollen? Zweifellos gehört Pontius Pilatus – zumindest im Umfeld seines Amtsbereiches in der Provinz Syrien / Palästina – als oberster Vertreter der römischen Macht ebenfalls zu den Eliten des Imperiums. Doch bereits diese nahezu selbstverständliche Feststellung macht Differenzierungen nötig, insofern Pilatus einer bestimmten Schicht der imperialen Hierarchie angehört. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass Pilatus bei Josephus und im Neuen Testament nur durch die Perspektive der jeweiligen Autoren greifbar wird, die ihrerseits einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht angehören. Innerhalb der Evangelienberichte tritt Pilatus als Vertreter des imperialen Systems auf, der in der Interaktion mit den führenden Vertretern des Judentums für den Tod Jesu verantwortlich ist. Aus diesem Blickwinkel nimmt Jesus innerhalb dieser Konstellation eine geradezu anti-

––––––––––––– and Interpretation, MSSNTS 100, Cambridge 1998; A. Demandt, Hände in Unschuld. Pontius Pilatus in der Geschichte, Köln / Weimar / Wien 1999; K. Jaroš, In Sachen Pontius Pilatus, Kulturgeschichte der Antiken Welt 93, Mainz 2002; W. Carter, Pontius Pilate. Portraits of a Roman Governor, Interfaces, Collegeville 2003. 4 Vgl. dazu insbesondere J. S. McLaren, Turbulent Times? Josephus and Scholarship on Judaea in the First Century CE, JSPE.S 29, Sheffield 1998, 289–295 und passim, sowie S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament. Aus dem Amerikanischen von M. Vogel, UTB 2130, Tübingen / Basel 2000, 19–51, bes. 44–49. 5 Carter, Pontius Pilate (s. Anm. 3), überschreibt das erste Kapitel seines Pilatus-Buches mit der berechtigten Frage: „Would the Real Pilate Please Stand Up?“, und formuliert damit anschaulich das Problem. 6 Vgl. Vita I 1–6 zur priesterlich-aristokratischen Herkunft des Josephus; seine Mutter war danach sogar hasmonäischer Abstammung. Zum ‚Werdegang des Josephus‘ vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 4), 53–76.

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elitäre Funktion ein, da er als Kritiker des Systems die Rechte der Armen und Ausgestoßenen in besonderer Weise einklagt und damit die Machtinteressen der jüdischen Führung infrage stellt. Der Tod Jesu stellt sich somit (auch) als Konsequenz der Auseinandersetzung zwischen Aristokratie und unterprivilegierten Bevölkerungsschichten dar – eine Auseinandersetzung, in der der römische Präfekt von der jüdischen Aristokratie instrumentalisiert wird, ohne jedoch – wie zu zeigen sein wird – selbst dabei Schaden zu nehmen. Analog zu Josephus ist die Darstellung dieses Konfliktes jedoch nicht unabhängig von der eigenen Position der Evangelisten. Sie ergreifen zwar als christliche Autoren für Jesus Partei, gehören aber ihrerseits nicht – oder nicht mehr – zu den Unterprivilegierten, sondern nehmen zumindest innerhalb ihrer christlichen Kreise eine führende Rolle ein und üben als Exponenten ihrer Traditionen mit ihren Darstellungen der Jesusgeschichte einen normgebenden Einfluss aus. Diese ‚elitäre‘ Stellung beeinflusst – zumal wenn sie wie bei Lukas mit anderen gesellschaftlichen Verflechtungen einhergeht7 – die Darstellung des Konfliktes zwischen Jesus und Pilatus bzw. genauer: des Konfliktes zwischen Jesus und dem Hohenpriester, der vor Pilatus ausgetragen wird. Die Position und die unterschiedliche Einbindung der neutestamentlichen Autoren in gemeindliche und gesellschaftliche Kontexte prägt – analog zur Darstellung bei Josephus – das Bild, das sie von jenem Präfekten zeichnen, der maßgeblich für den Tod Jesu verantwortlich ist und auf diese Weise seinen (ambivalenten) Platz in der christlichen Bekenntnistradition erhielt. Im Folgenden soll nach einer kurzen Erörterung des Verhältnisses von historischer Rückfrage und literarischen Interessen zunächst das Pilatusbild des Josephus dargestellt werden. Für die Beurteilung von dessen Darstellung wird auch ein kurzer Blick auf Philo unvermeidlich sein, der wiederum ganz eigene Akzente erkennen lässt. Aufgrund der oben angedeuteten sozialgeschichtlichen Implikationen der Pilatusdarstellung erweist sich schließlich innerhalb des Neuen Testaments das lukanische Pilatusbild für den Vergleich mit Josephus als besonders geeignet.8

––––––––––––– 7 Vgl. die Widmung des Evangeliums an jenen ƯƴʾƷƮƶƷƪ ƎƪˆƹƮưƪ in Lk 1,3 und Act 1,1 sowie den möglicherweise daraus abzuleitenden Aspekten im Blick auf die sozialgeschichtliche Situierung sowohl des Autors als auch des Adressatenkreises. Dies ist unabhängig von der umstrittenen Frage, ob sich hinter der angeredeten Person eine reale oder eine fiktive Gestalt verbirgt; vgl. dazu H. Klein, Das Lukasevangelium, KEK I / 3, Göttingen 2006, 75f. 8 Unter dem Aspekt der Darstellung von Geschichte wird das lukanische Doppelwerk zu Recht mit Josephus verglichen; vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 4), 270–326 (mit weiterer Literatur).

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I. Pilatus zwischen Historie und Literatur Die Amtszeit des Pilatus war vermutlich so spektakulär oder unspektakulär wie die vieler anderer Präfekten Judäas auch. Angesichts der wenigen überlieferten Episoden seines Wirkens verstärkt die Länge seiner Amtszeit diesen Eindruck, zumal wenn die von Daniel Schwartz mit gewichtigen Gründen vorgebrachte Vermutung stimmt, dass Pilatus nicht nur von 26 bis 36 n. Chr.,9 sondern bereits seit 19 n. Chr. die politische Herrschaft in Judäa innehatte.10 Dennoch wäre Pilatus wohl nur für wenige Spezialisten der römischen Geschichte überhaupt interessant, hätte er nicht (mehr oder weniger zufällig)

––––––––––––– 9 So die verbreitete Datierung aufgrund von Josephus, Ant XVIII 35 (Gratus’ Amtszeit habe elf Jahre gedauert, gerechnet ab dem Jahre 14 n. Chr.) sowie Ant XVIII 89, wonach die Amtszeit des Pilatus zehn Jahre betrug, vgl. Lémonon, Gouvernement (s. Anm. 3), 126; ders., Ponce Pilate (s. Anm. 3), 745f; Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 1; Carter, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 1–4. 10 Vgl. D. R. Schwartz, Art. Pontius Pilate, ABD 5, 1992, 395–401; ders., Pontius Pilate’s Appointment to Office and the Chronology of Josephus’ Antiquities, Books 18–20, in: ders., Studies in the Jewish Background of Christianity, Tübingen 1992, 182–201; K.-S. Krieger, Die Problematik chronologischer Rekonstruktionen zur Amtszeit des Pilatus, BN 61, 1992, 27–32. Als der fünfte von insgesamt 14 Präfekten in den 60 Jahren von 6 n. Chr. bis zum jüdischen Krieg 66–70 n. Chr. wäre damit seine Amtszeit die längste. Unter der Voraussetzung des Amtsantritts im Jahr 26 / 27 wäre seine Amtszeit etwa gleichlang mit der seines Vorgängers Valerius Gratus (ca. 14 / 15–26, vgl. Josephus, Ant XVIII 35). Schwartz plädiert jedoch mit guten Gründen für den Beginn der Amtszeit des Pilatus im Jahre 19 n. Chr., zumal die Reihung der Ereignisse bei Josephus in Ant XVIII 65–84 angesichts von Tacitus, Annales II 85 unklar bliebe, wenn man den Beginn der Amtszeit des Pilatus auf 26 datiert. Falls die Datierung der (gefälschten) Acta Pilati in das Jahr 21 trotz der Fälschung eine zutreffende (da als Erfindung kaum plausible) Angabe sein sollte, wäre auch damit (gegen Euseb, h. e. I 9) ein früherer Beginn der Amtszeit des Pilatus wahrscheinlich. Die bei Tacitus, Annales II 42,5 erwähnten Steuerprobleme in Syrien und Judäa in den Jahren 17–19 würden die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels der Präfektur von Gratus zu Pilatus im Jahre 19 zusätzlich stützen. Auch die bei Josephus, Ant XVIII 33–35 geschilderte Besetzungspolitik des Hohenpriesteramtes durch Gratus (insgesamt vier Wechsel in kaum vier Jahren bis zum Jahr 19, in welchem Joseph Kaiphas sein Amt antrat) lässt nicht gerade auf eine souveräne Amtsführung des Gratus schließen, was durchaus einen hinreichenden Grund für eine Absetzung bietet. Die Liste der Präfekten bis zum jüdischen Krieg macht deutlich, wie außergewöhnlich selbst eine 10-jährige Amtszeit war: Coponius 6–9, Marcus Ambibulus (oder Ambivius) 9–11 / 12, Annius Rufus 11 / 12–14 / 15, Valerius Gratus 14 / 15–19(26?), Pontius Pilatus 19(26?)–36 / 37, Marcellus 36 / 37, Marullus 37–41 (danach im Interim 41–44 Agrippa I als Nachfolger von Herodes Antipas [4 v. – 39 n. Chr.] in Galiläa und Peräa [seit 40] als judäischer König); Cuspius Fadus 44–46; Tiberius Julius Alexander 46–48 (der Sohn des Bruders des Philo von Alexandrien[!]; vgl. dazu P. W. van der Horst, Philo’s Flaccus – The First Pogrom. Introduction, Translation and Commentary, Philo of Alexandria Commentary Series 2, Atlanta 2003, 36); Ventidius Cumanus 48–52; Marcus Antonius Felix 52–60; Porcius Festus 60–62; Lucceius Albinus 62–64; Gessius Florus 64–66, vgl. Carter, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 44f.

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für Philo von Alexandrien in seiner Legatio ad Gaium als abschreckendes Beispiel für die Amtsführung römischer Beamter gedient und wäre er nicht durch den Hohenpriester Kaiphas in den Prozess gegen Jesus verwickelt worden.11 Selbst der römische Historiker Tacitus erwähnt in Annales XV 44 Pilatus nur, um die Hinrichtung Jesu als des Urhebers einer „abscheulichen Chrestianer-Sekte“ zeitlich zu verorten und als juristisch korrektes Verfahren zu charakterisieren; an der Person des Pilatus selbst hat er kein eigenes Interesse. Lediglich die jüdischen Autoren Philo und Josephus erwähnen einige Episoden aus der relativ langen Amtszeit des Pilatus etwas ausführlicher. Und auch das ist erstaunlich wenig: Sieht man vom sog. Testimonium Flavianum ab (Ant XVIII 63–64), sind es ganze drei (oder vier)12 Ereignisse, die von Pilatus überliefert werden. Man gewinnt den Eindruck, dass die Informationen trotz der langen Amtszeit gering waren und daher auch schon einmal mehrfach verwendet werden mussten.13 Glücklicherweise hat die Art der Amtsführung des Pilatus auch archäologisch identifizierbare Spuren hinterlassen, die das spärliche literarische Zeugnis (freilich ebenso spärlich) ergänzen, namentlich das 1961 entdeckte Inschriftenfragment aus Caesarea Maritima sowie eigene Münzprägungen, aus denen – zumindest in Andeutungen – das loyale Verhältnis des Pilatus zum Kaiser anschaulicher beschrieben werden kann.14

––––––––––––– 11 Vgl. Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 395. Daher verwundert es auch nicht, dass die Evangelien des Neuen Testaments nach wie vor zu den Hauptzeugnissen über Pilatus gehören. In dem monumentalen Werk von Edward Gibbon aus dem 18. Jh. über die Geschichte des römischen Imperiums (Originalausgabe: The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, London 1776–1788) kommt Pilatus überhaupt nur wegen seiner Verbindung mit dem Prozess gegen Jesus vor. 12 Ohne dies hier näher begründen zu können, gehe ich zunächst mit Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 399; vgl. ders., Josephus and Philo on Pontius Pilate, The Jerusalem Cathedra 3, 1983, 26–45; Demandt, Hände in Unschuld (s. Anm. 3), 89, davon aus, dass die Episode über die Aufstellung der goldenen Schilde in LegGai 299–305 auf dasselbe Ereignis zurückgeht wie die beiden parallelen Berichte in Bell II und Ant XVIII; anders urteilen etwa Lémonon, Ponce Pilate (s. Anm. 3), 758; Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 65–85; Jaroš, In Sachen Pontius Pilatus (s. Anm. 3), 58. 13 Josephus erzählt die Aufstellung der Feldzeichen in Jerusalem und die Geschichte über den Missbrauch des Tempelschatzes jeweils zweimal (Bell II 169–174; Ant XVIII 55–59 sowie Bell II 175–177; Ant XVIII 60–63), in Ant XVIII 85–89 kommt die Geschichte über das Vorgehen gegen die Samaritaner und die Absetzung des Pilatus hinzu. Philo erwähnt von Pilatus nur die Episode von den Schilden in LegGai 299–305, die derjenigen von den Feldzeichen bei Josephus sehr ähnlich ist. 14 Zur Pilatus-Inschrift vgl. die neuere Identifizierung von G. Alföldy, Pontius Pilatus und das Tiberiéum von Caesarea Maritima, Studia Classica Israelica 18, 1999, 85–108. Eine andere Rekonstruktion hat G. Labbé, Ponce Pilate et la munificence de Tibère. L’inscription de Césarée, Revue des Études Anciennes 93, 1991, 277–297, vorgeschlagen. Zu den Münzprägungen vgl. E. Bammel, Syrian Coinage and Pilate, JJS 2, 1951, 108–110.

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Sowohl Josephus als auch Philo benennen die Position des Pilatus mit dem Titel ɩ™˄ƷƴƳ™ƳƵ, was dem von Tacitus, Annales XV 44 verwendeten Titel procurator entspricht. Doch hatte bereits Otto Hirschfeld 190515 darauf aufmerksam gemacht, dass in der Zeit vor Claudius (41–54 n. Chr.) die offizielle lateinische Amtsbezeichnung praefectus gewesen sei, was dem bei Josephus ebenfalls belegten ɩ™ʾƴƺƳƵ entsprechen würde. Die Pilatus-Inschrift von Caesarea belegt den Titel praefectus und hat Hirschfelds Vermutung eindrucksvoll bestätigt.16 Jedoch plädiert Schwartz zu Recht dafür, die Bezeichnung des Präfekten nicht zu sehr auf das Militärische zu beschränken, da Pilatus zwar über Truppen verfügte, diese jedoch im Sinne einer Militärpolizei zu verstehen seien.17 Die eigentliche militärische Macht lag beim Legaten Syriens, der dem Pilatus vorgesetzt war und über drei Legionen verfügte. In Judäa war Pilatus dementsprechend primär für alle administrativen Dinge verantwortlich – Steuerfragen, juristische Fragen, Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung mithilfe seiner Militärpolizei und Berichte an die übergeordneten Behörden. Genau das ist es, was wir aus den wenigen Texten über ihn erfahren. Im Detail ist für Pilatus außer seinen Münzprägungen, die (vorsichtige) Rückschlüsse auf seine fiskalischen Kompetenzen erlauben, nichts bekannt.18 Die in diesen archäologischen Zeugnissen zum Ausdruck kommende Loyalität ist jedoch nicht geeignet, die historische Plausibilität des im Johannesevangelium bezeugten Ehrentitels amicus caesaris (ƹ˄ưƳƵ ƷƳ̬ ƐƦ˄ƶƦƴƳƵ, Joh 19,12) abzusichern.19 Die Einsetzung des Pilatus durch den Vertrauten des Tiberius und Gardepräfekten Lucius Aelius Sejanus macht aus Pilatus noch keinen „Freund des Kaisers“, und herausragende Verdienste oder eine besondere Beziehung zum kaiserlichen Hof sind nicht bekannt. Nach Daniel Schwartz ist die enge Verbindung mit dem Legaten Lucius Aelius Sejanus, der unter Tiberius zwischen den Jahren 18 und 31 für die Ernennungen der Prokuratoren bzw. Präfekten zuständig war, ohnehin fraglich.20 Schwartz sieht darin eher philonische Rhetorik, zumal nur Philo eine solche Verbindung andeutet und Sejanus, der im Jahr 31 unter Verdacht einer Verschwörung gegen Gaius Caligula durch Tiberius abgesetzt und exekutiert wurde, in ––––––––––––– 15 O. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian, Berlin 31963

(1905), 382–385. 16 Neutral hingegen ist der neutestamentliche Begriff des ɶƨƪμˊƱ (vgl. Ant XVIII 55), der nur in Mt 27f; Lk 20,20 für Pilatus verwendet wird (vgl. Act 23,24.26.33; 24,1.10 für Felix); Mk bietet keine Amtsbezeichnung. 17 Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 397. 18 Zu den Münzprägungen vgl. Y. Meshorer, Ancient Jewish Coinage II. Herod the Great through Bar Cochba, Dix Hills 1982, 177–180 mit Tafel 31f. 19 Vgl. Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 189f. 20 Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 398.

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polemischer Absicht als Judenfeind und Erfinder unhaltbarer Anschuldigungen gegen die Juden darstellt (LegGai 159–160).21 Eusebius stilisiert dies sogar zur Anschuldigung, Sejanus hätte die Ausrottung des gesamten jüdischen Volkes im Sinn gehabt (h. e. II 5,7). Sowohl das Urteil Philos als auch das des Eusebius werden zu Recht als tendenzielle und apologetisch gefärbte Darstellung angesehen, so dass schon aus diesem Grund eine Übertragung von Sejanus’ Judenfeindschaft auf Pilatus unangemessen erscheint.22 Immerhin lässt sich aus diesen allzu kurzen historischen Notizen entnehmen, dass offenbar die politischen und privaten Verbindungen des Pilatus zumindest mittelbar bis in die höchsten Kreise des Imperiums reichten. Aufgrund seines Amtes und als Vertreter Roms in Judäa war Pilatus auf die Zusammenarbeit mit der aristokratischen Elite der jüdischen Führung angewiesen, was seinen Regierungsstil vermutlich maßgeblich prägte. Die lange Amtszeit in Judäa sowie das jähe Ende seines Wirkens23 machen jedoch zugleich deutlich, dass er im imperialen Maßstab einen eher unteren Rang der Hierarchie bekleidete und offenbar entweder keine Ambitionen oder keine Möglichkeiten zu höheren Ämtern hatte. Das Streben nach Machterhalt zwischen Loyalität (dem Kaiser gegenüber) und Autorität (den jüdischen Untertanen gegenüber) ist ein Balanceakt, der auf politischem Parkett nicht immer gelingt. Pilatus hatte wahrscheinlich genau diese Fähigkeiten, und diese machten ihn letztlich zu einem durchschnittlichen Beamten, der zwar aus dem Blickwinkel des jüdischen Volkes und seiner aristokratischen Schicht durchaus das Imperium Romanum und seine politische Elite repräsentierte, aus römischer Perspektive jedoch nur ein mittelgroßes Rädchen im Getriebe des Imperiums war.

––––––––––––– 21 Van der Horst, Philo’s Flaccus (s. Anm. 10), 5f.90, hält es aufgrund der Notiz des Eusebius für wahrscheinlich, dass Philo ein eigenes, aber verloren gegangenes Werk über Sejanus geschrieben habe. Er schließt aus Euseb, h. e. II 5,7 nicht nur auf die Existenz eines separaten Buches des Philo über Sejanus, sondern auch über Pilatus. Zum Machtmissbrauch vgl. auch Cicero, In Verrem passim, gegen Verres’ Administration. 22 Die Absetzung Sejans hatte vielleicht auch zur Folge, dass Pilatus in seinem Umgang mit den Juden vorsichtigere und dem Kaiser gegenüber loyalere Töne anschlug und sich dadurch immerhin noch fünf weitere Jahre halten konnte. Die langjährige Kooperation mit dem Hohenpriester Kaiphas mag seine Position ebenfalls stabilisiert haben. 23 Vgl. D. R. Schwartz, Pontius Pilate’s Suspension from Office. Chronology and Sources, in: ders., Studies (s. Anm. 10), 202–217.

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II. Das Bild des Pilatus bei Josephus und im Neuen Testament 1. Vorbemerkung: Zum Verhältnis der Pilatusdarstellung bei Josephus und Philo Bei der Untersuchung der Pilatusdarstellung des Josephus muss man der Versuchung widerstehen, den Blick allzu schnell zu Philo von Alexandrien schweifen zu lassen, dessen scharfes und scheinbar unmissverständliches Urteil über Pilatus auch in der neutestamentlichen Exegese immer wieder zitiert und als Charakterbild des erbarmungslosen und grausamen Präfekten vorausgesetzt wird: Pilatus sei – so Philo in LegGai 301–303 – „von Natur aus unbeugsam, eigensinnig und unnachgiebig“, seine Amtszeit sei geprägt von „Bestechlichkeit, Gewalttätigkeit, Plündereien, Misshandlungen, Torturen, ständigen Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren sowie seiner unaufhörlichen und unerträglichen Grausamkeit“ und er wolle „seinen Untergebenen nichts Angenehmes tun.“24 Wie oben bereits angedeutet, verdankt sich diese unvorteilhafte Beurteilung im Wesentlichen dem apologetischen Kontext der Legatio ad Gaium: Philo benutzt (den kürzlich abberufenen!25) Pilatus und sein Vorgehen gegen die Juden in Judäa als Negativfolie für das Pogrom des Gouverneurs Aulus Avillius Flaccus,26 gegen dessen Politik Gaius Caligula vorgehen solle wie einst Tiberius gegen Pilatus. Das bedeutet freilich nicht, dass Philo ein historisch zuverlässigeres Bild von Pilatus zeichnet als Josephus, sondern schlicht ein anderes, das im Unterschied zu Josephus polemisch geprägt ist (s. u.). Gerade wenn die Überlieferungen des Josephus und des Philo für das Verstehen neutestamentlicher Texte herangezogen werden sollen, kommt es maßgeblich auf eine angemessene Verhältnisbestimmung ihrer unterschiedlichen Perspektiven an, welche die Eigenarten der jeweiligen

––––––––––––– 24 Diese Charakterisierung des Pilatus als eines brutalen und boshaften Menschen hat besonders die ältere Forschung geprägt, vgl. aber auch Jaroš, In Sachen Pontius Pilatus (s. Anm. 3), passim – trotz der Vorsicht, die er im Umgang mit Philo anmahnt (a. a. O. 52f). Vgl. dazu McLaren, Turbulent Times (s. Anm. 4), 137f.144. 25 Da im Jahre 37 Gaius Caligula dem Tiberius auf dem römischen Kaiserthron folgte, erscheint die Absetzung des Pilatus als einer der letzten Akte des von Philo so gepriesenen Kaisers Tiberius, der angeblich – im Unterschied zu Gaius Caligula und seinen Beamten – die althergebrachten Gesetze und Sitten seiner Untertanen achtete. Das Pogrom des Flaccus (von 32–38 praefectus Aegypti), über das sich Philo beim Kaiser Gaius Caligula beschwert, fällt in das Jahr 38, die Gesandtschaft in das Jahr 39, die Abfassung der (auf die Ereignisse zurückblickenden) Legatio ad Gaium wird auf Anfang der 40er Jahre datiert, und zwar nach der Abfassung von In Flaccum; vgl. van der Horst, Philo’s Flaccus (s. Anm. 10), 3–6. 26 Josephus weiß zwar auch von einem Prokonsul Gaius Norbanus Flaccus zu berichten (Ant XVI 166.171; XVIII 150–154; vgl. Philo, LegGai 314f), aber dies ist ein anderer als der des ägyptischen Pogroms.

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Autoren mit ihren Absichten und sozialgeschichtlichen Hintergründen beachtet.27 2. Das Pilatusbild bei Josephus Josephus erwähnt in seinen Werken Pilatus an drei Stellen: Bell II 169–177 sowie Ant XVIII 55–64 und 85–89. In Bell II 169–177 kommt Josephus relativ unvermittelt auf Pilatus zu sprechen. Einziger Anhaltspunkt für dieses Thema ist der Name des Tiberius, von dem Josephus in Bell II 168 die Machtübernahme notiert und die Tatsache festhält, dass Herodes Antipas und Herodes Philippus im Amt geblieben waren und Tiberius zu Ehren je eine Stadt gegründet hatten. Da in Bell II 178 erneut von Herodes Antipas die Rede ist, erscheinen die beiden eingeschobenen Episoden über Pilatus eher unmotiviert, zumal Josephus in Bellum nicht wieder auf ihn zu sprechen kommt. In den Antiquitates nimmt Josephus beide Episoden erneut auf: Die Provokation der Juden durch die Aufstellung der kaiserlichen Feldzeichen in Jerusalem (Bell II 169–174; vgl. Ant XVIII 55–59) sowie die Niederschlagung eines Aufstandes wegen des Baues einer Wasserleitung nach Jerusalem, für die sich Pilatus aus dem Tempelschatz ‚bediente‘ (Bell II 175–177; vgl. Ant XVIII 60–62). Bell II 169–174 „(169) Als Pilatus von Tiberius nach Judäa gesandt worden war, ließ er die Kaiserbilder, die ‚Feldzeichen‘ genannt werden, nachts verhüllt nach Jerusalem hineinbringen. (170) Am kommenden Tag rief dies bei den Juden eine sehr große Unruhe hervor; die in die Nähe der Zeichen kamen, wurden nämlich durch den Anblick zutiefst bestürzt, waren sie doch überzeugt, ihre Gesetze würden mit Füßen getreten, denn diese verbieten es, daß in der Stadt ein Bildnis aufgestellt wird. Auf die Erbitterung der Stadtbevölkerung hin strömte auch noch das Landvolk in großen Scharen zusammen. (171) Man machte sich

Ant XVIII 55–59 „(55) Als der jüdische Landpfleger Pilatus sein Heer aus Caesarea nach Jerusalem in die Winterquartiere geführt hatte, liess er, um seine Missachtung gegen die jüdischen Gesetze an den Tag zu legen, das Bild des Caesars auf den Feldzeichen in die Stadt tragen, obwohl doch unser Gesetz alle Bilder verbietet. (56) Aus diesem Grunde hatten die früheren Landpfleger stets die Feldzeichen ohne dergleichen Verzierungen beim Einzug der Truppen in die Stadt vorantragen lassen. Pilatus war der erste, der ohne Vorwissen des Volkes zur Nachtzeit jene Bildnisse nach Jerusalem bringen und dort aufstellen liess.

––––––––––––– 27 Die apologetisch gefärbten Zeugnisse christlicher Provenienz aus späterer Zeit (wie etwa Tertullian, apol. 21,17–26) sind für die Themenstellung ohne größere Bedeutung und machen lediglich deutlich, wie wenig man schon im 2. Jh. über Pilatus wusste und wie man ihn daher prochristlich vereinnahmen konnte. Zum methodischen Problem der Beurteilung von Parallelberichten bei Josephus und Philo vgl. E. Mary Smallwood, Philo and Josephus as Historians of the Same Events, in: L. H. Feldmann / G. Hata (Hg.), Josephus, Judaism and Christianity, Leiden 1987, 114–129, bes. 126f.

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nun zu Pilatus nach Caesarea auf und bat ihn inständig, die Zeichen aus Jerusalem zu entfernen und ihre väterlichen Gesetze unangetastet zu lassen. Pilatus weigerte sich, darauf warfen sie sich rings um seinen Palast auf ihr Angesicht und verharrten 5 Tage und ebensoviele Nächte in dieser Haltung, ohne von der Stelle zu weichen. (172) Tags darauf setzte sich Pilatus in der großen Rennbahn auf seinen Richtstuhl und ließ das Volk herbeirufen, als wolle er ihm dort Antwort geben; er gab aber den Soldaten verabredungsgemäß ein Zeichen, die Juden mit der Waffe in der Hand zu umzingeln. (173) Der unerwartete Anblick der dreifachen Schlachtreihe, die sie umstellte, machte die Juden starr vor Entsetzen; Pilatus aber drohte, sie zusammenhauen zu lassen, wenn sie die Kaiserbilder nicht dulden wollten und gab den Soldaten schon einen Wink, die Schwerter blank zu ziehen. (174) Die Juden aber warfen sich wie auf Verabredung hin dichtgedrängt auf den Boden, boten ihren Nacken dar und schrieen, sie seien eher bereit zu sterben, als daß sie die väterlichen Gesetze überträten. Zutiefst erstaunt über die Glut ihrer Frömmigkeit gab Pilatus den Befehl, die Feldzeichen sofort aus Jerusalem zu entfernen.“ Bell II 175–177 „(175) Einige Zeit später gab er den Anlaß zu neuer Unruhe, da er den Tempelschatz, der Korban genannt wird, für eine Wasserleitung verbrauchte; man führte aber das Wasser aus einer Entfernung von 400 Stadien heran. Die Menge war darüber sehr erbost, und als Pilatus nach Jerusalem kam, drängte sie sich schreiend und schimpfend um seinen Richterstuhl. (176) Pilatus hatte diese Unruhe der Juden im voraus vermutet und eine Anzahl von Soldaten, zwar bewaffnet, aber als Zivilisten verkleidet, unter die Menge gemischt und ihnen Befehl gegeben, vom Schwert keinen Gebrauch zu machen, die Schreier aber mit Knüppeln zu bearbeiten. Nun gab er vom Richterstuhl her das verabredete Zeichen; als es aber plötzlich

(57) Sobald das Volk dies erfuhr, zog es in hellen Haufen nach Caesarea und bestürmte den Pilatus viele Tage lang mit Bitten, er möge die Bilder doch irgendwo anders hinbringen lassen. Das gab aber Pilatus nicht zu, weil darin eine Beleidigung des Caesars liege. Als indes das Volk nicht aufhörte, ihn zu drängen, bewaffnete er am siebenten Tage in aller Stille seine Soldaten und bestieg eine in der Rennbahn befindliche Tribüne, hinter welcher die Bewaffneten versteckt lagen. (58) Da nun die Juden ihn abermals bestürmten, gab er den Soldaten ein Zeichen, dieselben zu umzingeln, und drohte ihnen mit augenblicklicher Niedermetzelung, wenn sie sich nicht ruhig nach Hause begäben. (59) Die Juden aber warfen sich zu Boden, entblössten ihren Hals und erklärten, sie wollten lieber sterben als etwas geschehen lassen, was der weisen Vorschrift ihrer Gesetze zuwiderlaufe. Einer solchen Standhaftigkeit bei Beobachtungen des Gesetzes konnte Pilatus seine Bewunderung nicht versagen und befahl daher, die Bilder sogleich aus Jerusalem nach Caesarea zurückzubringen.“

Ant XVIII 60–62 „(60) Pilatus machte auch den Versuch, das Wasser einer zweihundert Stadien von Jerusalem entfernten Quelle in die Stadt zu leiten, und beschloss dazu Tempelgelder zu verwenden. Dieser Plan missfiel aber den Juden, und es liefen Tausende von Menschen zusammen, die mit lautem Geschrei begehrten, er solle davon Abstand nehmen, wobei es übrigens, wie das bei einem gemischten Haufen zu geschehen pflegt, ohne Schimpfereien und Beleidigungen nicht abging. (61) Pilatus schickte deshalb eine starke Abteilung Soldaten in jüdischer Tracht, die unter ihren Kleidern Knittel versteckt hatten, an einen Platz, von wo aus sie die Juden leicht umzingeln konnten, und befahl den letzteren dann, auseinanderzugehen. Als aber

Zwischen Loyalität und Machtstreben Schläge hagelte, (177) gingen viele Juden unter den Streichen zugrunde, viele andere aber wurden auf der Flucht von ihren eigenen Landsleuten niedergetreten. Erschreckt über das Schicksal der Getöteten verstummte das Volk.“28

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die Juden mit Schmähungen antworteten, gab er den Soldaten das verabredete Zeichen, (62) und diese fielen mit grösserem Ungestüm, als es in der Absicht des Pilatus lag, über ruhige Bürger wie über Aufständische her. Gleichwohl liessen die Juden von ihrer Hartnäckigkeit nicht ab, und da sie den Bewaffneten wehrlos gegenüberstanden, kamen viele von ihnen um, während andere verwundet weggetragen werden mussten. So wurde dieser Aufruhr unterdrückt.“29

Auf den ersten Blick handeln beide Geschichten von der Willkür des Präfekten. Das Aufstellen der kaiserlichen Standarten in Jerusalem wird jedoch in Bellum nicht als bewusste Provokation geschildert – im Gegenteil: Pilatus lässt sie „nachts“ und „verhüllt“ (ƱˈƯƷƼƴ ƯƪƯƦưƸμμˀƱƦƵ) in die Stadt bringen, vermutlich in den alten Herodespalast, der dem Präfekten als Residenz diente. Die Unruhe (μƪƨ˄ƶƷƬƱ ƷƦƴƦƺ˂Ʊ), die daraufhin entsteht, hat zur Folge, dass „die Juden“ bei Pilatus in Cäsarea intervenieren und es trotz Androhung der Todesstrafe letztlich erreichen, dass Pilatus nachgibt und die Feldzeichen wieder entfernt. Vom jüdischen Volk ist bei Josephus im Zusammenhang mit Pilatus ausschließlich von „den Juden“, der „Masse“ (ɝƭƴƳƮ), der „Menge“ (™ư̏ƭƳƵ) die Rede, wobei in Bell II 170 zwischen Stadt- und Landbevölkerung unterschieden wird. Die Juden treten nach dieser Darstellung dem Pilatus als eine solidarische Gruppe gegenüber, obwohl primär die maßgebliche Beteiligung einflussreicher Persönlichkeiten der Jerusalemer Aristokratie am Protest gegen die Aufstellung der Feldzeichen vorauszusetzen ist.30 Daniel Schwartz’ Urteil, șȩȡȣȕȠȢ sei das Leitmotiv der Pilatusdarstellung des Josephus,31 gilt zwar für die Erzähldarstellung der konkreten Episoden, ist aber nicht geeignet, die Amtszeit des Pilatus als Ganze historisch zu charakterisieren. Der Präfekt erscheint aus der Perspektive des Josephus vielmehr als loyaler, pflichtbewusster Repräsentant des Kaisers, von Tiberius selbst eingesetzt, ein Beamter, der seiner Ordnungspflicht im Rahmen seiner Befugnisse nachkommt, Unruhen vermeidet bzw. möglichst schnell beendet und dabei offenbar auch mit der lokalen Führungselite keinen Konflikt sucht. Dass diese nicht

––––––––––––– 28 Zitate aus Bellum nach O. Michel / O. Bauernfeind (Hg.), Flavius Josephus – Der jüdische Krieg, griechisch und deutsch, Bd. 1, München / Darmstadt 1962, 215–217. 29 Zitate aus Antiquitates nach H. Clementz, Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer, Wiesbaden 101990, 514f. 30 Vgl. H. K. Bond, Caiaphas – Friend of Rome and Judge of Jesus? London / Louisville 2004, 51f. 31 Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 398.

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selbst in Erscheinung tritt, ist deshalb erstaunlich, weil Josephus an anderer Stelle über die Jerusalemer Führungselite auch respektvoll sprechen kann (Ant XX 224–251). Josephus hält die Führungsschicht vermutlich bei der in Bellum geschilderten Episode bewusst aus den Konflikten heraus.32 In diesem Duktus ist auch die Parallelüberlieferung derselben Episode in Ant XVIII 55–59 gehalten. Allerdings erscheint im Unterschied zu Bell II die Aufstellung der Feldzeichen nun doch als beabsichtigte Provokation: Pilatus habe bewusst die Gesetze der Juden missachten wollen. Von einem ‚heimlichen‘ Aufstellen der Zeichen ist nicht mehr die Rede. Doch lässt sich die Variation der Erzählung auch mit einer sich von Bellum zu Antiquitates veränderten Perspektive erklären. Josephus kontrastiert in Ant XVIII 55ff das provozierende Verhalten des Pilatus mit der Rücksichtnahme früherer Präfekten auf jüdische Gepflogenheiten, ein Erzählzug, der an Philos Version der Geschichte in LegGai 299–305 erinnert,33 die zum besseren Vergleich hier ebenfalls zitiert werden soll: „(299) Auch von seiner Großmut kann ich ein Beispiel zusätzlich erwähnen, obwohl ich zu seinen Lebzeiten zahllose Demütigungen erfahren habe. Aber die Wahrheit geht vor und ist Dir teuer. Pilatus, einer seiner Regierungsbeamten, war damals als Procurator von Judäa ernannt. Dieser ließ, weniger um Tiberius zu ehren, als um die Volksmenge zu kränken, in der Herodesburg der Heiligen Stadt vergoldete Schilde anbringen. Sie trugen keine figürliche Darstellung oder sonst etwas Verbotenes, nur eine kurze Inschrift, die zweierlei nannte, den Namen des Weihenden und wem sie geweiht waren. (300) Als aber die Menge das bemerkte – denn die Sache war schon Stadtgespräch –, wählte sie zu ihren Sprechern die vier Söhne des Königs, die in Rang und Würden Königen gleichstanden, seine anderen Nachkommen und aus ihrer Mitte ihre Würdenträger. Durch diese ersuchten sie Pilatus, die verletzende Errichtung der Schilde rückgängig zu machen und die Vätertradition nicht anzutasten, die seit Urzeiten geachtet und von Königen und Kaisern unverletzt geblieben war. (301) Pilatus lehnte es schroff ab. Er war nämlich von Natur aus unbeugsam, eigenwillig und unnachgiebig. Darauf schrieen sie: ‚Errege keinen Aufstand! Entfessele keinen Krieg! Brich nicht den Frieden! Entehrung alter Gesetze bedeutet keine Ehrung für den Kaiser. Tiberius sei Dir nicht Vorwand für eine Kränkung des Volkes! Der will nicht, daß ein Stück von unserer Tradition beseitigt wird. Behauptest Du es aber, weise selbst einen Befehl, einen Brief oder etwas Ähnliches vor, damit wir dir nicht länger lästig sind, Gesandte wählen und unsere Bitten vor den Herrscher tragen.‘ (302) Dieser letzte Vorschlag brachte ihn besonders in Erregung, denn er fürchtete, man werde wirklich eine Gesandtschaft schicken und sich über seine sonstige Amtsführung beschweren. Dabei könnte man seine Bestechlichkeit, seine Gewalttätigkeit, seine Räubereien, Mißhandlungen, Beleidigungen, fortgesetzten Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren sowie seine unaufhörliche und unerträgliche Grausamkeit vortragen. (303) Als boshafter und unversöhn-

––––––––––––– 32 Kaiphas wird von Josephus nur an zwei Stellen kurz erwähnt: bei seiner Amtseinführung durch Gratus (Ant XVIII 35) und seiner Absetzung durch Vitellius (Ant XVIII 95). 33 Bell II 169–174; Ant XVIII 55–59 und Philo, LegGai 299–305 (vgl. dazu auch Flacc 105) beziehen sich trotz der tendenziellen Unterschiede, die vor allem in Philos polemischer Absicht begründet liegen, wahrscheinlich auf dasselbe Ereignis; vgl. Schwartz, Art. Pontius Pilate (s. Anm. 10), 399; s. o. Anm. 12.

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licher Mensch geriet er in Verlegenheit. Denn er wagte nicht, die einmal angebrachten Schilde zu beseitigen, und wollte seinen Untertanen nichts zu Gefallen tun. Auf der anderen Seite kannte er die Unbeirrbarkeit des Tiberius in solchen Dingen sehr genau. Die Bevollmächtigten sahen das und bemerkten, daß ihm sein Vorgehen leid tat, er es aber nicht zugeben wollte. Sie richteten daher an Tiberius ein dringendes Bittgesuch. (304) Was der aber sagte, welche Drohungen er gegen Pilatus ausstieß, als er das Schreiben las, wie sehr er in Zorn geriet, obwohl er nicht zum Zorn neigte, ist müßig auszuführen, da sein Vorgehen für sich selbst spricht. (305) Denn unverzüglich und ohne bis zum nächsten Tag zu warten, verfaßt er seine Antwort. Darin tadelt er Pilatus aufs schärfste wegen seiner ungewöhnlichen Unüberlegtheit und befiehlt, sofort die Schilde zu entfernen sowie sie aus der Hauptstadt nach Caesarea ans Meer zu schaffen, auch Augusta nach Deinem Urgroßvater genannt, um sie dort im Augustustempel aufzuhängen. Das geschah dann auch. So wurde beides gewahrt, die Ehre für den Kaiser und die herkömmliche Politik gegenüber der Heiligen Stadt.“34 Philo betont in seiner Version nicht nur unmissverständlich die kränkende Absicht des Pilatus, sondern auch dessen Brutalität im Vorgehen gegen die Proteste (LegGai 301–303). Anders als Josephus differenziert Philo auch sehr klar zwischen der Unruhe stiftenden Menge und den aristokratischen Gesandten an Pilatus, die als Vertreter der königlichen Oberschicht bezeichnet werden (LegGai 300). Pilatus verhandelt also nach Philo mit seinesgleichen, ganz so, wie Philo offenbar selbst mit seinem Anliegen beim Kaiser gehört werden wollte – die Volksmenge ist hierbei weniger von Bedeutung. Der Zweck und die Rhetorik einer solchen einseitig-polemischen Darstellung liegen auf der Hand: Die Geschichte über Pilatus und der Hinweis auf das Vorgehen des Tiberius gegen Pilatus aufgrund der Petition der Juden bietet für Philo ein geeignetes Exempel, um seinen eigenen Protest beim Kaiser über das Vorgehen des ägyptischen Präfekten Flaccus35 gegen die Juden in Alexandrien eindrücklicher zu gestalten, und der Kaiser – so die Rhetorik – will doch nicht etwa in seinem Verhalten hinter dem des großen Vorgängers Tiberius zurückbleiben und sich mit dem schlechten Beispiel eines Provinzpräfekten identifizieren. Da für die polemische Darstellung bei Philo der Kontext und die Absicht der Legatio entscheidend sind, kann man auch bei Josephus damit rechnen, dass der Unterschied im Erzählduktus beider Versionen auf eine Veränderung der Perspektive von Bellum zu Antiquitates zurückzuführen ist.

Die zweite Episode über den Bau der Wasserleitung bietet Josephus ebenfalls zweifach, in Bellum (II 175–177) sowie in Antiquitates (XVIII 60–62). Anders als die Diskussion um die Feldzeichen führen die Proteste wegen der Wasserleitung und dem angeblichen Missbrauch des Tempelschatzes zu handfesten Schlägereien mit den Soldaten des Präfekten und zu Todesopfern. Doch auch in diesem Fall entlastet es Pilatus, wenn Josephus notiert, die meisten Opfer seien von den eigenen Leuten auf der Flucht niedergetrampelt worden. Die Notiz in Ant XVIII 62, die Soldaten seien brutaler vorgegangen, als Pilatus beabsichtigt und angeordnet habe, und dadurch seien auch unbeteiligte Bürger zu Schaden gekommen, entlastet Pilatus noch stärker. Abgesehen von dieser Differenzierung treten dem Pilatus wieder nur „die Juden“ bzw. die ––––––––––––– 34 Zit. n. L. Cohn u. a. (Hg.), Philo von Alexandria. Die Werke in Deutscher Übersetzung, Bd. VII, Berlin 1964, 249f. 35 Vgl. auch oben unter II.1.

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Menge gegenüber. Woher die Proteste kamen, lässt Josephus also offen. Man darf jedoch annehmen, dass der Hohepriester bzw. die Jerusalemer Aristokratie der Verwendung der Tempelgelder für die Wasserleitung zugestimmt hat. Über ihre Köpfe hinweg hätte sicher auch Pilatus in dieser Sache nicht agiert, zumal sie wegen des hohen Nutzens für die Stadt ihre Zustimmung kaum verweigert hätten.36 In diesem Fall durch eigenmächtiges Handeln einen unnötigen Konflikt zu provozieren, kann nicht im Interesse des Pilatus gewesen sein. Josephus beschreibt also nicht einen brutalen und rücksichtslosen Präfekten, sondern im Grunde eine nicht außergewöhnlich spektakuläre Auseinandersetzung, deren Hintergründe letztlich unklar bleiben und die in den Augen eines römischen Publikums kaum dazu geeignet war, Pilatus in ein schlechtes Licht zu stellen. Eine letzte Episode über den Zwischenfall in Samaria in Ant XVIII 85–89, die weder in Bellum noch bei Philo überliefert wird, bringt das Ende der Amtszeit des Pilatus mit dem Vorgehen gegen eine samaritanische Versammlung am Garizim in Verbindung: „(85) Unterdessen hatten auch die Samariter sich empört, aufgereizt von einem Menschen, der sich aus Lügen nichts machte und dem zur Erlangung der Volksgunst jedes Mittel recht war. Er forderte das Volk auf, mit ihm den Berg Garizin zu besteigen, der bei den Samaritern als heiliger Berg gilt, und versicherte, er werde dort die heiligen Gefässe vorzeigen, die von Moyses daselbst vergraben worden seien. (86) Diesen Worten schenkten die Samariter Glauben, ergriffen die Waffen, sammelten sich in einem Dorfe mit Namen Tirathaba und zogen immer mehr Menschen an sich heran, um in möglichst grosser Anzahl auf den Berg rücken zu können. (87) Pilatus jedoch kam ihnen zuvor und besetzte den Weg, den sie zurücklegen mussten, mit Reiterei und Fussvolk. Diese Streitmacht griff die Aufrührer an, hieb eine Anzahl von ihnen nieder, schlug den Rest in die Flucht und nahm noch viele gefangen, von welch letzteren Pilatus die Vornehmsten und Einflussreichsten hinrichten liess. (88) Als dieser Aufstand niedergeworfen war, schickte der hohe Rat der Samariter Abgeordnete an Vitellius, gewesenen Konsul und nunmehrigen Statthalter von Syrien, um den Pilatus wegen des an den Ihrigen verübten Gemetzels anklagen zu lassen. Sie hätten sich, liessen sie geltend machen, nicht deshalb in Tirathaba versammelt, um sich gegen die Römer zu empören, sondern nur, um sich vor des Pilatus Ungerechtigkeiten zu schützen. (89) Daraufhin schickte Vitellius den ihm befreundeten Marcellus zur Verwaltung des Landpflegeramtes nach Judaea und befahl dem Pilatus, sich nach Rom zu begeben, um sich vor dem Caesar wegen der von den Juden gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu verantworten. Nach zehnjähriger Amtsführung in Judaea reiste daher Pilatus nach Rom, um des Vitellius Anweisung, der er nicht zu widersprechen wagte, nachzukommen. Ehe er indes in Rom anlangte, war Tiberius schon gestorben.“37

––––––––––––– 36 Vgl. Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 52f, mit Hinweis auf mShekalim 4,2: „… der Wasserkanal, die Stadtmauer, ihre Türme und alles, was die Stadt nötig hat, werden aus den Überschüssen des Tempelschatzes bezahlt.“ Zum Verhältnis zwischen Pilatus und Kaiphas vgl. Bond a. a. O. 54f. 37 Zit. n. Clementz, Altertümer (s. Anm. 29), 519f.

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Nach dieser Überlieferung wird Pilatus aufgrund einer Beschwerde des „Rates“ (ɶ ƧƳƸư˂) der Samaritaner durch den syrischen Gouverneur Lucius Vitellius vom Amt suspendiert, durch Marcellus ersetzt und nach Rom geschickt, um sich vor dem Kaiser zu verantworten. Es entsteht – unterstützt durch das oben angedeutete Pilatusbild des Philo – der Eindruck, als habe es Pilatus mit seiner Grausamkeit endgültig übertrieben und dadurch sein Amt verloren. Die gewaltsame und mit Todesopfern verbundene Zerschlagung des Aufstandes am Garizim wurde daher in der Forschung oft mit dem von Pilatus zu verantwortenden ‚Blutbad‘ an den „Galiläern“ in Lk 13,1 in Beziehung gesetzt.38 Der Begriff ‚Blutbad‘ suggeriert allerdings mehr, als der Text des Josephus tatsächlich hergibt: Erstens weist Josephus ausdrücklich darauf hin, dass der Aufruhr (ƭˆƴƸƧƳƵ) von einem Lügner und Verführer angezettelt wurde (Ant XVIII 85), zweitens waren die, die ihm folgten, bewaffnet (Ant XVIII 86) und drittens hat selbst der Rat der Samaritaner ausdrücklich erst nach der Zerschlagung der Aufständischen bei Vitellius interveniert (Ant XVIII 88). Auch wenn sich Josephus eines expliziten Kommentars enthält, kann man das auch so lesen, als hätte der Rat der Samaritaner,39 also die in der Region führende Instanz, selbst ein Interesse an der Zerschlagung dieser von einem zweifelhaften Mann40 angeführten Menge gehabt, der sich vielleicht als Messias ausgab.41 Ihre Intervention und vor allem die Maßnahme, die Vitellius ergreift, erscheinen vor diesem Hintergrund eher wie ein vorsichtiger politischer Schachzug, nicht wie ein Urteil: Pilatus tat, wozu er als Präfekt verpflichtet war,42 nämlich Ruhe und Sicherheit zu garantieren, und er soll schlicht dem Kaiser von den Vorfällen persönlich Bericht erstatten (ƩƮƩʾƲƳƱƷƦ Ʒ˅Ʊ ƦʡƷƳƯƴʾƷƳƴƦ).43 Entweder will Vitellius ihn dadurch aus der Schusslinie der Kritik nehmen oder – was wahrscheinlicher ist – diese Gelegenheit nutzen, um Pilatus zu beseitigen und seinem (d. h. des Vitellius’) ––––––––––––– 38 Vgl. dazu kritisch J. Blinzler, Die Niedermetzelung von Galiläern durch Pilatus, NT 2, 1958, 24–39; Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 194–196. Lukas könnte freilich die Bezeichnungen verwechselt oder eine bereits ungenaue Nachricht aufgenommen haben – viel wusste er offenbar dazu ohnehin nicht zu sagen. Eine Aktion im Tempel von Jerusalem (so P. Winter, On the Trial of Jesus, Studia Judaica 1, Berlin 1961, 177 Anm. 9) ist nach allem, was sonst von Pilatus bekannt ist, unwahrscheinlich. 39 In Ant XVIII 89 bezeichnet Josephus sie als Juden, was kaum an mangelndem Differenzierungsvermögen zwischen Juden und Samaritanern liegen kann (vgl. Ant XX 118 u. ö.). Vermutlich handelt es sich um ein Versehen. 40 Ant XVIII 85: „… ein Mann, der leichtfertig log und sich alles Mögliche zum Gefallen der Menge ersann“ (əƱˁƴ ɩƱ ʕư˄ƨ̷ Ʒ˅ ƻƪ̬ƩƳƵ ƷƮƭˀμƪƱƳƵ Ưəƹ̉ ɶƩƳƱ̐ Ʒ̏Ƶ ™ưƬƭˈƳƵ ƷƪƺƱʾƫƼƱ Ʒʽ ™ʾƱƷƦ). 41 So die Vermutung von Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 90. 42 Vgl. B. C. McGing, Pontius Pilate and the Sources, CBQ 53, 1991, 416–438: 433; Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 91. 43 Vgl. Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 92.

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„Freund“ Marcellus (ƒʾƴƯƪưưƳƱ Ʒ̹Ʊ ƦʡƷƳ̬ ƹ˄ưƼƱ, Ant XVIII 89) den Posten zu verschaffen.44 Die in Ant XVIII 90 unmittelbar im Anschluss erwähnte Reise des Vitellius nach Jerusalem unterstützt diese Vermutung. Pilatus wird also nicht wegen seiner Grausamkeit suspendiert, sondern wird zum Opfer politischer Intrigen. Auch wenn das sog. Testimonium Flavianum als Text des Josephus umstritten ist, so lässt sich die soeben beschriebene Tendenz auch hier wiederfinden. Anders als bei Tacitus ist Pilatus im Testimonium zwar auch der Richter, der Jesus zum Tod verurteilt, aber er tut dies ausdrücklich auf Anzeige der „führenden Männer von / bei uns“ (Ʒ̹Ʊ ™ƴˊƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ ™Ʀƴ̉ ɶμ̝Ʊ, Ant XVIII 64). Dass damit im Wesentlichen der Hohepriester Kaiphas (bzw. die Jerusalemer Führungselite) gemeint ist, sagt Josephus auch hier nicht ausdrücklich, doch erscheint der Prozess gegen den im Volk beliebten Jesus als Ränkespiel der Mächtigen, die sozusagen das Problem unter sich lösen – eine Konstellation, die sich auch bei Lukas andeutet (s. u.).

Das Bild, das Josephus von Pilatus zeichnet, ist also keineswegs in dem Maße negativ wie das des Philo. Doch muss man – wie bei Philo – auch hier den Kontext beachten, in dem und für den Josephus schreibt. Auch wenn dies im Detail schwierig zu beurteilen ist, schreibt Josephus die Geschichte des Jüdischen Krieges doch vermutlich sowohl für ein jüdisches als auch in besonderem Maße für ein römisches Publikum (Bell I 3),45 die Antiquitates hingegen primär für ein paganes römisches Publikum (Ant I 5.9).46 Beides ist mit der Absicht verbunden, nicht nur um Verständnis für die Unruhen in Judäa zu werben, sondern auch das Judentum und sein Verhältnis zum römischen Imperium in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. Im Bellum formuliert Josephus wohl aufgrund der Brisanz des Themas die Beschreibungen römischer Institutionen und die Charakterisierung von Personen vorsichtiger und ‚loyaler‘ als in den Antiquitates. Da Josephus selbst aus der aristokratischen jüdischen Oberschicht stammt und vermutlich für eine solche aristokratische Elite unterschiedlicher Provenienz schreibt,47 geht es ihm weniger um das konkrete Volk der Juden in Palästina als um ein Bild des Judentums, das für sein griechisch-römisches Publikum akzeptabel erscheint und gleichzeitig jüdische Befindlichkeiten nicht verletzt – eine literarische Haltung, die fast mit der von Josephus beschriebenen politischen Haltung des Pilatus ver––––––––––––– 44 Vgl. P. L. Maier, The Fate of Pontius Pilate, Hermes 99, 1971, 362–371: 367;

McLaren, Turbulent Times (s. Anm. 4), 26. 45 Vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 4), 87–101, bes. 100f. 46 Mason, Josephus (s. Anm. 4), 101–130, bes. 128–130. 47 Treffend formuliert Mason, Josephus (s. Anm. 4), 99f: „In dem Aristokraten Josephus verbinden sich auf bemerkenswerte Weise die tief verwurzelte pazifistische Tradition seiner heimischen Kultur mit einem feinen Empfinden für die Denkvoraussetzungen seines römischen Publikums.“ Vgl. auch McLaren, Turbulent Times (s. Anm. 4), 220f. Zur sozialgeschichtlichen Fragestellung in der Josephusinterpretation vgl. Tessa Rajak, Josephus. The Historian and His Society, London 1983.

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gleichbar ist. Das elitäre Bewusstsein des Josephus – wenn man dies so bezeichnen darf – lässt also Geschichte in einem Licht erscheinen, das mehr die Gegenwart des Berichtenden selbst als die Vergangenheit erleuchtet. 3. Pilatus im Neuen Testament Auch im Blick auf die neutestamentlichen Pilatusüberlieferungen ist es hier nicht möglich, alle Texte ausführlich darzustellen. Daher sollen zunächst relativ summarisch einige Aspekte benannt werden, um dann aufgrund der deutlichen Nähe zwischen Josephus und Lukas hinsichtlich der Geschichtsdarstellung und Geschichtstheorie das Pilatusbild des dritten Evangelisten etwas näher zu betrachten. Einen ersten Hinweis auf die Relation zwischen der Beteiligung politischer Kräfte am Tod Jesu einerseits und sozialen Statusfragen im Kontext der interpretierenden Gemeinde andererseits findet sich in einer Äußerung des Paulus, die zeitlich vor Lukas anzusetzen ist und in gewisser Weise mit der lukanischen Pilatusdarstellung korrespondiert. In 1Kor 2,8 spricht der Apostel von den əƴƺˆƱƷƪƵ ƷƳ̬ Ʀʅ̹ƱƳƵ ƷƳˈƷƳƸ: „Keiner der Herrscher dieser Zeit hat sie (sc. die Weisheit Gottes) erkannt, denn wenn sie (sie) erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.“ Paulus erwähnt zwar den Namen des Pilatus nicht explizit, aber der Hinweis auf die Kreuzigung Jesu durch die „əƴƺˆƱƷƪƵ dieses Äons“ als den Repräsentanten einer zur Erkenntnis der Weisheit nicht fähigen Welt schließt zumindest Pilatus mit ein und hat vermutlich auch das Wissen um die Kollaboration zwischen jüdischer und römischer Aristokratie zur Voraussetzung.48 Die Verwendung des Begriffes ƦʅˊƱ macht zugleich deutlich, dass Paulus hier nicht an einer historischen Differenzierung interessiert ist, sondern eine grundsätzliche, eschatologische Konfrontation zwischen der Weisheit Gottes und der Weisheit der Welt sieht. Interessant ist, dass Paulus die weltlichen Herrscher und ihr Vorgehen gegen Jesus in einem Zusammenhang erwähnt, in welchem er kurz zuvor die Gemeinde daran erinnert hat, dass es in ihr aus weltlicher Sicht (ƯƦƷʽ ƶʾƴƯƦ) „nicht viele Weise …, nicht viele Mächtige, nicht viele vornehmer Herkunft“ gibt (1Kor 1,26). Jesus tritt in diesem Zusammenhang als Gekreuzigter geradezu den politischen Machthabern und philosophischen

––––––––––––– 48 Vgl. ähnlich Lukas in Act 4,26f, der Pilatus und Herodes unter den Begriffen ƧƦƶƮưƪ̝Ƶ bzw. əƴƺˆƱƷƪƵ ausdrücklich nennt. In 1Thess 2,14f erwähnt Paulus nur die Juden / Judäer, die den Herrn Jesus getötet hätten – hier verwendet er allerdings nicht das Wort ƶƷƦƸƴƳ̬Ʊ. Nach 1Tim 6,13 war die Rolle des Pilatus beim Prozess gegen Jesus auch in der späteren paulinischen Tradition bekannt. Zur Interpretation von 1Kor 2,8 vgl. C. Wolff, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, ThHK 7, Leipzig 22000, 56.

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Eliten dieser Welt gegenüber und wird so auf die Seite der Gemeinde gestellt. Inwiefern das die ‚wenigen Mächtigen‘ vor den Kopf gestoßen haben mag, lässt sich nur vermuten. Die vier Evangelisten des Neuen Testaments entwickeln je ihre eigene Sicht auf Pilatus und sein Verhältnis zur jüdischen Aristokratie der Zeit. Im Markusevangelium spürt man nur indirekt den Druck, den der Hohepriester auf Pilatus ausgeübt haben mag – insgesamt überwiegt eine eher spöttischgleichgültige Haltung, die Pilatus dem Fall Jesus und dessen Anklägern entgegenbringt.49 Dem Evangelisten Matthäus ist aufgrund der Auseinandersetzung mit dem synagogalen Judentum seiner Zeit an einer deutlicheren Entlastung des Pilatus zu Lasten nicht nur der Priesterschaft, sondern des ganzen Volkes gelegen (vgl. den auffälligen Wechsel von ʙƺưƳƵ zu ™̀Ƶ ʖ ưƦˆƵ in 27,24f). Nur bei Matthäus wäscht Pilatus seine Hände in Unschuld und überträgt damit symbolisch die Verantwortung auf die Priester und das Volk. Der Evangelist Johannes schließlich lenkt die Aufmerksamkeit auf den gesamten Klan des Hohenpriesters,50 der Pilatus massiv unter Druck setzt, so dass der Präfekt regelrecht zum Spielball zwischen den Interessen der Priesteraristokratie und dem göttlichen Offenbarungsanspruch Jesu wird. Unter stärker historischen Gesichtspunkten ist im Blick auf die Frage nach der Kollaboration des Pilatus mit der jüdischen Führungsschicht das Lukasevangelium interessant, weil Lukas nicht nur den Hohenpriester, sondern auch Herodes Antipas, den Tetrarchen von Galiläa und Peräa, erwähnt und damit der paulinischen Position nahe steht. Da Antipas zum Passafest in Jerusalem weilt, schickt Pilatus vor seinem Urteilsspruch Jesus zu ihm, weil dieser als Galiläer eigentlich Untertan des Herodes ist (Lk 23,7: ɩƯ Ʒ̏Ƶ ɩƲƳƸƶ˄ƦƵ ɾƴ̸ƩƳƸ ɩƶƷ˄Ʊ).51 Lukas vermerkt dies ausdrücklich, so dass der Vorgang nicht als Hinterlist oder Unvermögen des Pilatus erscheint, sondern einfach als eine Respektierung von Zuständigkeiten.52 Als Tetrarch war Herodes Antipas zwar auch von Rom abhängig, aber nicht dem Pilatus unterstellt, sondern ihm ebenbürtig. Dass er als jüdischer Teilkönig in Jerusalem darüber hinaus ein besonderes Ansehen genoss, mag für Pilatus auch eine Rolle gespielt haben.53

––––––––––––– 49 Aus der Sicht des Pilatus erscheint schon der Kreuzestitulus „König der Juden / Judäer“ (Mk 15,26) als Ironie – nicht nur im Spott über den Gekreuzigten, sondern auch über seine Ankläger; vgl. den in Joh 19,21 formulierten Einspruch der „Oberpriester der Juden“ gegen die Inschrift „König der Juden“! 50 Vgl. Bond, Caiaphas (s. Anm. 30), 135–138: 137: „John seems to be deliberately ambiguous here so as to deflect attention away from either man and onto the office of high priest.“ 51 Nach dem Petrusevangelium (EvPetr 1–2) ist es Herodes selbst, der Jesus hinrichten lässt; Pilatus hingegen wird hier schon zu einem Freund Jesu und des Joseph von Arimathäa. 52 Vgl. Klein, Lukasevangelium (s. Anm. 7), 697 (mit Anm. 7) und 699. 53 Vgl. Hieronymus, Commentarius in Matheum IV, 1366–1373 (zu Mt 26,57), mit einer Anspielung auf Josephus (Ant XVIII 29–35.90–95) bezüglich der Autorität des Herodes über

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Von besonderem Interesse ist die Notiz des Lukas in 23,12, die alten Feinde Pilatus und Antipas seien über dieser Sache zu Freunden geworden. Das kann durchaus den Gegebenheiten entsprechen; zumindest spiegelt es die spannungsreichen Machtverhältnisse in Palästina wider. Nikos Kokkinos bringt dies mit der Feindschaft zwischen den ‚Königlichen‘ und Pilatus in Verbindung, die Philo im Zusammenhang mit der Schilder-Episode erwähnt (LegGai 299f; vgl. anders in Bell II 169–174). Nach Philo intervenierten „die vier Söhne des Königs, die weder in Rang noch in Würde dem König nachstanden, sowie seine anderen Abkömmlinge ebenso wie die Würdenträger unter ihnen“ (LegGai 300) bei Pilatus wegen dieser Aktion, und daher rühre – so Kokkinos – die Feindschaft zwischen Pilatus und Herodes Antipas, die in Lk 23,6ff erwähnt wird.54 Ein möglicher Grund könnten auch schwelende Machtansprüche des Antipas auf die Regierungsnachfolge seines Bruders Archelaos in Jerusalem gewesen sein. Antipas war zudem mit Tiberius seit der gemeinsamen römischen Zeit befreundet, noch vor der Ernennung des Tiberius zum Kaiser55, und hatte daher wohl eine engere persönliche Verbindung nach Rom als Pilatus. Diese Freundschaft und Loyalität gegenüber dem Kaiser, aber wohl auch politisches Kalkül drücken sich unter anderem in der Gündung der Stadt Tiberias durch Antipas in den Jahren 19 / 20 n. Chr. aus – gleichsam als Geschenk an Tiberius zum 60. Geburtstag im November 18.56 Die lange, insgesamt 43-jährige Amtszeit des Antipas über Galiläa musste Pilatus zudem Respekt einflößen. Nach der Absetzung des Pilatus dauerte es bezeichnenderweise nicht lange, bis der Nachfolger des Antipas, Agrippa I, als Tetrarch von Galiläa und Peräa auch wieder König über Judäa wurde (41–44 n. Chr.), was die fortbestehenden Ansprüche dokumentiert. Wichtiger für das Verständnis der Darstellung des Lukas jedoch ist die Notiz, dass Antipas, der schon Johannes den Täufer hinrichten ließ, nach Lk 13,31 auch Jesus hinrichten lassen wollte.57 Die Anklage Jesu vor Pilatus

––––––––––––– das Amt des Hohenpriesters: „Moyses Deo iubente praeceperat ut ponifices patribus succederunt et generationis in sacerdotibus series texeretur. Refert Iosephus istum Caiphan unius tantum anni ponificatum ab Herode pretio redemisse. Non ergo mirum est si iniquus ponifex inique iudicet“ (Sophronius Eusebius Hieronymus, Opera 7: Commentariorum in Matheum libri IV, CCSL 77, Turnhout 1969, zur Stelle). 54 Vgl. N. Kokkinos, The Herodian Dynasty. Origins, Role in Society, and Eclipse, Sheffield 1998, 195f Anm. 82; ähnlich auch M. Vogel, Herodes. König der Juden, Freund der Römer, Biblische Gestalten 5, Leipzig 2002, 300. Vgl. dazu ferner Bond, Pontius Pilate (s. Anm. 3), 154–156. 55 Vogel, Herodes (s. Anm. 54), 297. 56 Vgl. Josephus, Bell II 168; Kokkinos, Herodian Dynasty (s. Anm. 54), 234. 57 Vgl. die ‚Herodianer‘ in Mk 3,6(!) sowie in Mk 12,13 par. Mt 22,16. Nach Mk 6,14–16 wird Jesus von Herodes Antipas als der auferstandene und wiedergekommene Täufer verstanden, „den ich enthaupten ließ“!

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war somit eine gute Gelegenheit, diesen Plan umzusetzen, so dass Antipas Jesus zurückschicken musste, damit Pilatus in der Angelegenheit fortfahren konnte, was daher auch literarisch konsequent ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Lukas in der Verhörszene nicht nur Pilatus, sondern indirekt auch Herodes die Unschuld Jesu feststellen lässt (Lk 23,14f). Für Herodes ist dies schon in der Erzählung des Evangelisten von 13,31 her nicht überzeugend – was der Leser ja durchaus bemerkt; für Pilatus aus anderen Gründen (s. u.). Nicht umsonst fügt Lukas an die Mordabsichten des Herodes gegen Jesus in 13,32 das Wort Jesu von „Herodes, dem Fuchs“ an. Der ‚Gefallen‘, den Pilatus dem Antipas tat, beendete nach Lukas die Feindschaft – und stabilisierte natürlich auf diese Weise die Macht beider. Die jüdische und die römische Elite tragen ihren internen Konflikt auf den Schultern eines politischen Angeklagten aus dem jüdischen Volk aus, der hier sozusagen zwischen die Fronten gerät. Die Art und Weise, wie Lukas Pilatus und Antipas darstellt und sie von der Anklage des Hohenpriesters und der „Obersten des Volkes“ distanziert, überträgt nicht nur die Verantwortung auf die Jerusalemer Priesteraristokratie und entlastet die politisch Verantwortlichen, sondern lässt auch Rückschlüsse auf das politische Geschick des Pilatus und des „Fuchses“ Herodes zu. So ist es vordergründig auch nach Lukas – wie schon in der markinischen Vorlage – ausdrücklich die Jerusalemer Aristokratie um den Hohenpriester, die sich mit Hilfe der aufgebrachten Menge gegen die Vorbehalte des Pilatus durchsetzen konnte (Lk 23,23–25).58 Im Hintergrund aber gewinnt auch Pilatus bei diesem Prozess, indem er durch sein Agieren mit Antipas seine eigene Position stabilisieren kann. Ob er tatsächlich die Unschuld Jesu festgestellt hat, bleibt aus dieser Perspektive unsicher, ist aber historisch aufgrund des offiziell erforderlichen Urteilsspruches eher unwahrscheinlich.

III. Zusammenfassung: Das Bild des Pilatus als Spiegel sozialgeschichtlicher Bedingungen und literarischer Absichten Josephus stellt aus seiner Perspektive Pilatus als den uneingeschränkt herrschenden Vertreter Roms dar, dessen Position durch die jüdischen Führungs-

––––––––––––– 58 Auffällig ist, dass auch Lukas wie Josephus (und Markus) den Hohenpriester nicht beim Namen nennt; unter den synoptischen Evangelisten ist Matthäus der Einzige, der Kaiphas im Prozess gegen Jesus benennt. Die Tatsache schließlich, dass im Johannesevangelium nicht Kaiphas, sondern sein Schwiegervater Hannas die treibende Kraft im Fall Jesus ist, lässt den politischen Druck ahnen, den der Hohepriester und seine Verbündeten gegenüber Pilatus tatsächlich ausgeübt haben müssen und den Pilatus im Interesse seines Machterhaltes und der Konfliktvermeidung offenbar nicht ignorieren konnte.

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eliten nicht infrage gestellt wird. Einen grundlegenden Konflikt lässt Josephus jedoch nicht erkennen; man hat sogar den Eindruck, er versuche, den Hohenpriester aus allen beschriebenen Auseinandersetzungen herauszuhalten. Auch Pilatus erscheint – im deutlichen Unterschied zur Darstellung bei Philo – als loyaler Lokalpolitiker, der in seinem Umgang mit den Vertretern des jüdischen Volkes auf den Erhalt seiner Macht aus ist und dabei durchaus umsichtig versucht, den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden. Erst gegen Ende der Amtszeit des Pilatus sind es die Vertreter der samaritanischen Gemeinde, die gegen ihn gleichsam hinter seinem Rücken agieren. Ihre eigentlichen Absichten in diesem offenbar ernsten Konflikt bleiben unklar, werden aber von Vitellius für seine eigenen politischen Interessen ausgenutzt. Im Übrigen tritt bei Josephus das jüdische Volk dem Pilatus als unbestimmte Volksmenge gegenüber, was eher die aristokratische Perspektive des Autors und seine literarischen Interessen widerspiegelt als die historischen Umstände. In den neutestamentlichen Überlieferungen steht das Bild des Pilatus ganz im Dienst der Interpretation der Jesusgeschichte. Schon bei Paulus gehört er – ohne mit Namen genannt zu werden – auf die Seite der Mächtigen und Weltweisen, die Jesus kreuzigten. Diese werden dadurch zugleich in einen Kontrast zum sozialen Status der Gemeinde gesetzt – ein Kontrast, an dem für Paulus Gottes Weisheit offenbar wird. Über die Auseinandersetzung zwischen Pilatus und dem Hohenpriester im Fall Jesus hinaus scheint sich insbesondere im Lukasevangelium auch gegenüber der verbliebenen königlichen Aristokratie des Judentums ein gewisses Konfliktpotential widerzuspiegeln, worauf die Notiz über die alte Feindschaft zwischen Pilatus und Herodes Antipas verweist. Der dahinter liegende Konflikt könnte auf machtpolitische Spannungen der beiden Politiker zurückzuführen sein, die von Anfang an ihr Verhältnis prägen und mit den Umständen zusammenhängen, unter denen Pilatus sein Amt angetreten hat. Wenn man die tendenziellen ideologischen bzw. religiösen Interessen der jeweiligen Autoren berücksichtigt und die verschiedenen Überlieferungen miteinander ins Verhältnis setzt, so zeichnet sich ab, dass Pilatus weder besonders brutal noch besonders ehrgeizig gewesen ist (gegen Philo), sondern eher ein durchschnittlicher, romtreuer Beamter war, der unter dem Einsatz seiner (im Wesentlichen legitimen) Mittel und Handlungsspielräume seine loyale Pflicht tat, nämlich für Ruhe und Ordnung im Land zu sorgen. Er hat dies offenbar in einer Weise geschafft, die ihm eine der längsten – wenn nicht die längste – Amtszeit eines römischen Präfekten des 1. Jh. n. Chr. bescherte. Das setzt nicht zuletzt auch eine geschickte Zusammenarbeit mit der jüdischen Aristokratie in Judäa bzw. Jerusalem sowie – nach Lukas – auch in den anderen jüdischen Tetrarchien voraus; die Evangelienberichte legen dafür auf je eigene Weise ein anschauliches Zeugnis ab.

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Sowohl bei Josephus als auch in den Evangelien wird deutlich, dass die literarischen Voraussetzungen der Autoren ihre Darstellungsweise prägen. Das jeweilige Pilatusbild, das dadurch entsteht, ist nur mit äußerster Vorsicht historisch auszuwerten und stets zu den literarischen und ideologischen Absichten ins Verhältnis zu setzen, die meist mehr Aufschluss über den Kontext des Autors als über seinen historischen Gegenstand geben. Nur in dieser Verhältnisbestimmung lassen sich aus den Pilatusüberlieferungen des Philo, Josephus und des Neuen Testaments Aspekte gewinnen, die für eine angemessene Charakterisierung des für die Jesusgeschichte so bedeutsamen Präfekten und zugleich zur Korrektur allzu polemischer Äußerungen über ihn herangezogen werden können. Unter dieser Voraussetzung ist es für die neutestamentliche Exegese möglich, jenseits apologetischer Absichten auch im Pilatusbild des Neuen Testaments die theologischen Schwerpunkte der jeweiligen Autoren zu erkennen, die nicht mit dem ‚historischen‘ Pilatus verwechselt werden dürfen. Nur so ist letztlich zu erklären, warum der römische Präfekt namentlich in das Bekenntnis der Gemeinde aufgenommen wurde und letztlich sogar – wenn auch nur in der äthiopischen Kirche – eine postume Karriere als Heiliger machen konnte.

Die Genealogien in den synoptischen Evangelien und in der Vita des Josephus Wechselseitige Wahrnehmung ihrer Charakteristika, Intentionen und Probleme VON

KARL-HEINRICH OSTMEYER I. Einführung Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Diese Grundregel für Vorstellungsgespräche gilt ebenso für Texte – insbesondere dann, wenn für eine einzelne Person um die Aufmerksamkeit und Anerkennung des Lesepublikums geworben wird. Dass Matthäus in seinem Evangelium und der Historiker Josephus in seiner Vita dieser Vorgabe exemplarisch gerecht werden, dürfte kaum in Frage stehen. Josephus verweist gleich im ersten Satz auf seine glänzende Herkunft aus jüdischem Hochadel (Vita 1),1 und der Evangelist setzt mit seinen einleitenden Worten die Orientierungspunkte: Jesus ist der Christus und der Sohn Davids und der Sohn Abrahams (Mt 1,1). Bei beiden Autoren folgen auf den Eingangssatz Listen der Vorfahren, die mit zusätzlichen Informationen angereichert sind. Beiden Genealogien ist gemein, dass es sich um jüdische Stammbäume handelt, die nach der Zerstörung des Zweiten Tempels und in zeitlicher Nähe zur Wende der beiden ersten nachchristlichen Jahrhunderte niedergeschrieben wurden. Die äußerliche Vergleichbarkeit der einleitenden Abschnitte des Matthäusevangeliums und der Autobiographie des Josephus lenkt den Blick auf den Stammbaum des Lukas. Sein Herkunftsverzeichnis steht nicht am Beginn des Evangeliums, ja nicht einmal am Beginn des Berichts über Jesus, und das, obwohl sein

––––––––––––– 1 Vgl. S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament, UTB 2130, aus dem Amerikanischen von M. Vogel, Tübingen / Basel 2000, 56: „Der Nachweis einer Genealogie war in der Zeit des Josephus … eine wichtige rhetorische Konvention.“

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Autor im Präskript erklärt, er werde alles der Reihe nach berichten (Lk 1,3). Wird hier ‚die Chance des ersten Eindrucks‘ von Lukas vertan?2 Die wechselseitige Wahrnehmung der drei etwa zeitgleich und unabhängig voneinander verfassten Genealogien verdeutlicht einerseits deren Gemeinsamkeiten, lässt andererseits jedoch auch die Spezifika der einzelnen Texte hervortreten: Wie kann der unterschiedliche Beginn der Liste jüdischer Vorväter (und -mütter) erklärt werden? Welchen Sinn hat bei Lukas neben der Positionierung des Stammbaums im dritten Kapitel seines Evangeliums die Rückführung der Geschlechterreihe bis auf Gott? Warum verschweigt Josephus nicht die wenig schmeichelhaften Beinamen seiner Vorfahren? Was ist die Funktion der Frauen in den patrilinear gestalteten Stammbäumen insbesondere bei Mt und Josephus? Was bezweckt die Benennung genetisch irrelevanter Personen3 oder warum werden in allen drei Genealogien die entscheidenden Linien der Mütter gerade nicht ausgeführt? Wenn die Stammbäume weitgehend fiktiv sind,4 warum werden dann die Unstimmigkeiten nicht beseitigt?5 Alle hier behandelten Stammbäume werfen Fragen auf und keiner ist ohne Schwierigkeiten.6 Im Folgenden sollen durch den Vergleich der drei Genealogien sowohl deren spezifische Probleme umrissen als auch Lösungsvorschläge unterbreitet werden.

II. Zahl und Gruppierung der Geschlechter Matthäus nennt als Einziger der drei hier behandelten Autoren ausdrücklich eine Gliederung des von ihm gebotenen Stammbaums Jesu (Mt 1,17). Sein Hinweis auf dreimal 14 Generationen ist freilich notwendig, da sich diese

––––––––––––– 2 Mit Recht fragte bereits A. Plummer, The Gospel According to S. Luke, ICC, Edinburgh 1896, 101: „Why does Lk. insert the genealogy here instead of at the beginning of his Gospel?“, und er fuhr ebd. fort: „It would be only a slight exaggeration to say that this is the beginning of his Gospel, for the first three chapters are only introductory.“ 3 Dazu zählen z. B. die Erwähnung der Brüder Judas und Jechonjas in Mt 1,2.11 oder die Nennung eines Schwiegervaters und dessen Bruders in Vita 4. 4 Mason, Josephus (s. Anm. 1), 60: „Wir können diese ganze rhetorische Konstruktion nicht als Bericht über das auffassen, was tatsächlich passiert ist.“ 5 S. Mason, An Essay in Character. The Aim and Audience of Josephus’s Vita, in: Internationales Josephus-Kolloquium Münster 1997. Vorträge aus dem Institutum Judaicum Delitzschianum, hg. v. F. Siegert / J. Kalms, MJSt 2, Münster 1998, 31–77: 35, spricht von „glaring problems of arithmetic in Josephus’s lineage and education (V 1–11)“. 6 G. C. Hansen, Einige Anmerkungen zum Sprachgebrauch des Josephus, in: Internationales Josephus-Kolloquium Brüssel 1998, hg. v. J. U. Kalms / F. Siegert, MJSt 4, Münster 1999, 39–51: 41, nennt die Genealogie des Josephus einen „etwas wackligen Stammbaum“.

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Einteilung der 40 verschiedenen Namen vor Jesus nicht aufdrängt.7 Werden die matthäischen Generationen durchnummeriert, ergibt sich, dass auf den durch Sieben teilbaren Positionen jeweils bedeutsame Personen der jüdischen Geschichte zu stehen kommen.8 Ermöglicht wird das durch Kürzungen der im Alten Testament vorgegebenen Königslisten.9 Die Siebener-Positionen werden auch bei Lukas akzentuiert.10 Er nennt anders als Matthäus im Zusammenhang mit seinem Stammbaum zwar keine Zahlen, doch konstruiert er die Genealogie so, dass wesentliche Personen, wie David (Lk 3,31), Abraham (Lk 3,34), Henoch (Lk 3,37; vgl. Jud 14) und auch Gott (Lk 3,38), auf Siebener-Positionen genannt werden.11 Steht Jesu Vater Josef auf Platz Eins (Lk 3,23), dann ist u. a. David (V. 31) durch eine Siebener-Position betont. Würde Lk gemäß dem vorgegebenen alttestamentlichen Stammbaum (1Chr 2,1–15) weiterzählen, käme Abraham nicht auf einen hervorgehobenen Platz. Lk muss deshalb korrigieren: Er spaltet Aram (1Chr 2,9f LXX) auf in Admin und Arni (Lk 3,33),12 so dass Abraham auf eine Siebener-Stelle rückt (Lk 3,34). Wäre es den Synoptikern allein um genealogische Informationen über Jesu Vorfahren gegangen, hätten sie bei König David Halt machen können,13 denn alles Weitere ergab sich aus den Listen des Alten Testaments von selbst.14

––––––––––––– 7 A. Vögtle, Die Genealogie Mt 1,2–16 und die matthäische Kindheitsgeschichte, in: ders. (Hg.), Das Evangelium und die Evangelien. Beiträge zur Evangelienforschung, KBANT, Düsseldorf 1971, 57–102: 95: „Mit die größte crux der Genealogie … ist die Frage, wie sich für die dritte Reihe 14 Generationen zählen lassen.“ 8 K.-H. Ostmeyer, Der Stammbaum des Verheißenen. Theologische Implikationen der Namen und Zahlen in Mt 1,1–17, NTS 46, 2000, 175–192: 177–179. 9 Ostmeyer, Stammbaum (s. Anm. 8), 177f. 10 J. A. Fitzmyer, The Gospel According to Luke (I–IX). Introduction, Translation, and Notes, AncB 28, Garden City 1981, 490: „Blocks of seven or ten names were often used. The preoccupation with ‚seven‘ is of particular interest because of its occurrence, as we shall see, in both the Lucan and Matthean genealogies.“ 11 W. D. Davies / D. C. Allison, The Gospel According to Saint Matthew, I. Introduction and Commentary on Matthew I–VII, ICC, Edinburgh 1988, 164 Anm. 19: „Luke’s genealogy, interestingly enough, also appears to have been built around sevens; there are seventy-seven names, and God, Enoch, Abraham, and David occupy slots marking multiples of seven“; vgl. T. F. Plum, „Genealogy as Theology“, SJOT 3, 1989, 66–92: 89 Anm. 45. 12 Die beiden nicht der bekannten Tradition zuzuordnenden Namen gaben Anlass zu textkritischen Operationen, vgl. Fitzmyer, Gospel (s. Anm. 10), 502. 13 U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1–7), EKK I / 1, Neukirchen-Vluyn u. a. 5 2002, 119: „ƛʆ˅Ƶ ɡƧƴƦʾμ ist auffälliger, weil ja zunächst jeder Jude Abrahams Sohn ist und der Ausdruck keine besondere Aussage über Jesus zu machen scheint.“ 14 Deshalb vermutet für das Lukasevangelium W. Radl, Der Ursprung Jesu. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu Lukas 1–2, HBS 7, Freiburg u. a. 1996, 216: „Die ursprünglich mit Abraham (und vielleicht noch früher mit David) einsetzende Genealogie ist jedenfalls

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Dass ein Jude Abraham als Stammvater hatte, brauchte nicht eigens betont zu werden, und die lukanische Rückführung auf Gott als Ausgangspunkt scheint geradezu die Besonderheit Jesu zu nivellieren – denn für wen gilt das nicht? Dementsprechend genügt Josephus die Rückführung seiner Ahnenliste bis in die hasmonäische Königszeit, um seine „glänzende Herkunft“ (Vita 1) zu belegen.15 Erst die das Notwendige überschreitenden Namen geben den Genealogien ein bestimmtes Gepräge. Deshalb legt es sich nahe zu untersuchen, ob Matthäus und Lukas mit der Anzahl der Generationen und der durch sie ermöglichten Struktur ihrer Genealogien dem Lesepublikum einen Schlüssel zur Deutung reichen wollten. Matthäus nennt Jesus in der 40. Generation16 nach Abraham (Mt 1,16) und erlaubt so ein Verständnis seiner Geburt als Erfüllung17 der an den Stammvater gegebenen Verheißung.18 Lukas schlägt mit seinem elfmal sieben Generationen umfassenden,19 rückwärts laufenden Stammbaum (Lk 3,23–38) einen Bogen von Jesus zu Gott.20 Bei einer Deutung von je sieben Generationen als einer Weltwoche erscheint Jesus als der, mit dem die zwölfte21 und letzte Weltwoche beginnt.22

––––––––––––– um die bis zu Adam zurückreichenden Namen erweitert, ja sogar von Gott hergeleitet worden.“ 15 Das für einen jüdischen Stammbaum Besondere war die Abkunft aus priesterlichem und aus königlichem Geschlecht (Vita 1f). 16 Zur Bedeutung der ‚40‘ als Zahl der Reife und Entwicklung vgl. Ostmeyer, Stammbaum (s. Anm. 8), 187–189. 17 B. Nolan, The Royal Son of God. The Christology of Matthew 1–2 in the Setting of the Gospel, OBO 23, Fribourg / Göttingen 1979, 58: „The quality of a number counted far more than its quantity.“ 18 H. Stegemann, ‚Die des Uria‘, Tradition und Glaube, FS für K. G. Kuhn, hg. v. G. Jeremias u. a., Göttingen 1971, 246–276: 257: „Die ganze matthäische Geschichtstheologie ist geprägt von dem Gedanken, daß sich in Jesu Kommen alles zu Erwartende mit größter Präzision erfüllt hat.“ Davies / Allison, Gospel (s. Anm. 11), 158: „[It] is natural to think of Jesus as the culmination, the telos, of that history which began with the patriarch“; Ostmeyer, Stammbaum (s. Anm. 8), 189–191. 19 Der Codex Vaticanus verzeichnet unter Auslassung von Admin und Arni (Lk 3,33) nur 76 Namen, jedoch ist, wie Fitzmyer, Gospel (s. Anm. 10), 492, mit Recht argumentiert, der Ausfall von Namen wahrscheinlicher als deren Hinzufügung. 20 Fitzmyer, Gospel (s. Anm. 10), 498, beschreibt als Funktion des Stammbaums: „It serves to explain in still another way the relation of Jesus, about to begin his Galilean ministry of preaching and healing, to God and to the human beings he has come to serve.“ 21 Vgl. 2Bar 27.53–74; 4Esr 14,11. 22 W. Eckey, Das Lukasevangelium. Unter Berücksichtigung seiner Parallelen. Teilb. I, 1,1–10,42, Neukirchen-Vluyn 2004, 205: „Zählt man von Adam an, so steht Jesus am Ende der elften Weltwoche. Reserviert man die Eins für Gott, steht Jesus am Anfang der 12. Weltwoche und damit am Beginn der Endzeit.“

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Josephus kommt in seinem Stammbaum samt seinen eigenen Söhnen auf insgesamt sieben Generationen. Wie auch bei den Genealogien der Synoptiker handelt es sich bei den Angaben der Vita nicht um historisch exakte Angaben.23 Wenn der Historiker trotzdem nicht weitere Generationen einfügt, um dadurch die Glaubwürdigkeit seiner Ausführungen zu erhöhen, dann mag das mit einer Konvention der Zeit zu tun haben, Angaben in jüdischen Genealogien in Siebener-Blöcken zu präsentieren.24 Während sich Lukas um Vollständigkeit bemüht, scheint Josephus bestrebt, mit möglichst wenig Namen die Verbindung zwischen sich, dem Hohenpriestertum und dem hasmonäischen Königshaus herzustellen. Analog zu den Herkunftsgeschichten des Lukas (Lk 2,1f; vgl. Lk 3,1f) bettet auch Josephus seine Abstammung ein in die Weltgeschichte (Vita 5). Die Namen seiner Vorfahren verbindet er geschickt mit jüdischem Königtum, Hohepriestertum und römischem Kaisertum. Die Nennung seiner Söhne ermöglicht es ihm, auch den Namen Vespasians mit seiner Genealogie zu verknüpfen. Durch die Beschränkung auf ein Minimum von sieben Namen wird der Fokus auf ihn selbst gelenkt und sein Stammbaum nicht durch die Nennung von unbedeutenden Personen ‚verwässert‘.

III. Die Personen und ihre Funktionen Wären die Angaben in der Genealogie des Josephus historisch zutreffend, dann hätten mehrere seiner Vorfahren zum Zeitpunkt ihrer Vaterschaft bereits ein ungewöhnlich hohes Alter erreicht. Es spricht einiges dafür, dass es ihm wichtiger war, jeden seiner Vorfahren in Verbindung mit je einer bedeutenden jüdischen oder römischen Person der Zeitgeschichte zu bringen, als seinen Stammbaum vollständig und chronologisch korrekt anzuführen. Auch sah Josephus kein Problem darin, einerseits seine Vorfahren patrilinear aufzulisten (Vita 3–5), andererseits aber ein Schwergewicht auf die Verwandtschaft mit dem hasmonäischen Königshaus zu legen (Vita 2), die über die mütterliche Linie führt. Ebenso präsentieren Mt und Lk mit Selbstverständlichkeit einen ausführlichen patrilinearen Stammbaum und konstatieren gleichzeitig Jesu Zeugung durch den Heiligen Geist aus seiner Mutter Maria (Mt 1,18; Lk 1,35).

––––––––––––– 23 Zu den Unstimmigkeiten im Stammbaum des Josephus vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 1), 57f. 24 Fitzmyer, Gospel (s. Anm. 10), 490: „Probably not by sheer coincidence, Josephus gives his own ‚not ignoble‘ pedigree, as he found it ‚recorded in the public registers,‘ by listing seven generations.“

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Während sich Josephus gewiss sein kann, dass seine Verwandtschaft mit dem hasmonäischen Königshaus ohne weitere Erklärungen honoriert wird, muss er den Wert seiner priesterlichen Abkunft vor seinem römischen Lesepublikum begründen (Vita 1).25 Wenn aber eine hohe jüdische Abkunft um die Wende zum zweiten Jahrhundert tatsächlich an erster Stelle charakterisiert wird durch Zugehörigkeit zum Priestertum, dann dürfte hier ein Punkt angesprochen sein, der auch die Synoptiker bewegt hat, und es stellt sich die Frage, ob und wie sich dieses zeitgenössische Merkmal einer hohen Geburt in ihren Genealogien spiegelt. Dass beiden Evangelisten der Bezug Jesu auf königliche Vorfahren am Herzen lag, ist durch die Erwähnung Davids an hervorgehobener Position evident. Im Unterschied zu Josephus wird jedoch die Verbindung mit den Hasmonäern vermieden, so bleibt die Frage nach einer priesterlichen Verbindung Jesu. Matthäus nennt im letzten Drittel seines Stammbaums Namen, die sich mit Priestern und priesterlichen Kontexten assoziieren lassen (Mt 1,12–15).26 Josephus und Matthäus verbindet, dass sie in ihren Stammbäumen die höchste mögliche Abkunft,27 nämlich die priesterliche und die königliche, vereinigen.28 Anders verhält es sich bei Lukas. Die Namen seines Stammbaums lassen keinen dezidiert priesterlichen Hintergrund vermuten. Doch auch Lukas legt einen besonderen Akzent auf Jesu Nähe zu Tempel und Priestertum. Die dem Stammbaum vorgeschalteten Kapitel sind geprägt durch beides. Jesu Vorläufer Johannes wird seinem Vater, dem Priester Zacharias, im Allerheiligsten des Jerusalemer Tempels verkündigt (Lk 1,11–22). Maria besucht Elisabeth, die Frau des Priesters Zacharias, während ihrer gemeinsamen Schwangerschaft (Lk 1,39–45). Simeon und Hanna erkennen im Tempel Jesus als den Verheißenen (Lk 2,22–38); der zwölfjährige Jesus beeindruckt die Lehrer im Tempel (Lk 2,46f) und bezeichnet ihn als seines Vaters Haus (Lk 2,49).29 Spätestens hier wird deutlich, unter welchen Vorzeichen Lukas

––––––––––––– 25 Von seiner priesterlichen Herkunft spricht Josephus auch in Bell I 3; III 352; Ap I 54; von seiner Verwandtschaft zum hasmonäischen Königshaus ist in Ant XVI 187 die Rede. Dass die Hasmonäer zur ersten Priesterklasse zählen, geht auch aus 1Chr 24,7; 1Makk 2,1 hervor. 26 J. Gnilka, Das Matthäusevangelium. 1. Teil. Kommentar zu Kap. 1,1–13,58, HTK I / 1, Freiburg u. a. 1986, 6: „Auffällig ist das Vorkommen von Priesternamen in einer davidischen Liste.“ 27 M. Mayordomo-Marín, Den Anfang hören. Leserorientierte Evangelienexegese am Beispiel von Matthäus 1–2, FRLANT 180, Göttingen 1998, 219: „Da die Begründung des eigenen Seins in der əƴƺ˂ zu finden ist und die gemeinsame Vergangenheit die Nachkommen zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenschweißt, ist der adlige Status, das Wohlgeborensein (ƪʡƨˀƱƪƮƦ) eines der wichtigsten gesellschaftlichen Privilegien im Altertum.“ 28 Matthäus thematisiert über das von Josephus Gebotene hinaus im ersten Drittel des Stammbaums auch Jesu Herkunft von den Vätern (Mt 1,1f). 29 Nicht Josef, sondern Gott ist nach Lk 2,48f Jesu eigentlicher Vater.

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den erst mit einigem Abstand folgenden Stammbaum Jesu verstanden wissen will. Nach diesen deutlichen Tempel- und Priesterbezügen hätte eine physiologische Priesterlinie im Stammbaum der Herkunft Jesu nichts mehr hinzufügen können.30 Den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen der Neuzeit ist es geschuldet, ausschließlich die leiblichen Eltern als verantwortlich für das pränatale Werden eines Kindes anzusehen. In der Antike galt die Beteiligung Dritter und die genetische Wirksamkeit besonderer äußerer Konstellationen als denkbar. Bereits in Gen 30,37–42 wird die Gestalt der neugeborenen Lämmer als abhängig von dem beschrieben, was ihre Mütter im Augenblick der Begattung zu sehen bekamen (vgl. bAS 24a). Die Vorstellung, dass die Gedanken und Eindrücke der Ehegatten bei der Vereinigung Auswirkungen auf ihre Kinder haben, liegt u. a. bBer 20a zugrunde.31 Antike Stammbäume wollen keinen genetischen Elternschaftsnachweis führen, sondern sie verdeutlichen, welche Einflüsse und Prägungen ihr Autor als entscheidend für das Werden eines Kindes mitteilen wollte. So wird plausibel, warum Matthäus und Josephus auch Brüder (Mt 1,2.11; Vita 4), Hohepriester32 (Vita 4) und Potentaten (Vita 4f) innerhalb ihrer Stammbäume nennen, die in keiner linearen genetischen Verbindung zu Jesus oder Josephus stehen. In vergleichbarer Weise stellt Lukas zunächst eine priesterliche Basis her, und baut darauf den Stammbaum Jesu.

IV. Die Positionierung der Genealogien Chronologisch gehört ein Stammbaum an den Anfang einer Lebensbeschreibung, denn er benennt Personen, die vor der Geburt des Protagonisten lebten und kausal für seine Existenz verantwortlich sind. Wenn das Johannesevangelium Jesu Un-Bedingtheit hervorheben wollte, war es folgerichtig, seine Exis-

––––––––––––– 30 Lukas verzichtet im Unterschied zu Matthäus und Josephus in seinem Stammbaum auf Hinzufügungen. Während Mt unter anderem vier Frauen einfügt und Josephus intensives ‚name-dropping‘ mit diversen Herrscher- und Hohepriesternamen innerhalb seiner Genealogie betreibt, lagert Lukas derlei Angaben aus. Die Zuordnung Jesu zum Tempelkult und seine Einordnung in die Weltgeschichte (Augustus und Varus in Lk 2,1f; Tiberius, Pilatus, Herodes Antipas, Philippus, Lysanias, die Hohenpriester Hannas und Kaiphas in Lk 3,1f) erfolgt narrativ im Vorfeld. 31 Vgl. J. Preuss, Biblisch-Talmudische Medizin, Beiträge zur Geschichte der Heilkunde und der Kultur überhaupt, Reprint der Originalausgabe von 1911, Wiesbaden 1992, 454. 32 Josephus nennt in seinem kurzen Stammbaum verschiedene Hohepriester, von denen keiner sein direkter Vorfahre ist. Die Hohenpriester Simon und sein Sohn Hyrkan amtierten zur Zeit seines Ururgroßvaters Simon Psellos, bei den beiden anderen handelt es sich um den Hohenpriester Jonathan (Schwiegervater von Mathias Kyrtos) und dessen Bruder Simon.

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tenz als Sein bei Gott noch vor der Schöpfung und noch vor aller Zeit zu verankern (Joh 1,1–3). Matthäus eröffnet sein Evangelium mit der Auflistung der Vorfahren Jesu seit Abraham, und Josephus geht in seiner Vita zunächst auf seine familiäre Herkunft ein. Auch wenn sich die Vita als Anhang zu den Antiquitates auffassen lässt,33 die dazu dient, deren Glaubwürdigkeit zu unterstreichen,34 so kann doch die Biographie des Historikers samt dem einleitenden Stammbaum als eigenständiges Werk betrachtet werden. Im Gegenüber zu Josephus und Matthäus ist die Einordnung der Genealogie bei Lukas auffällig.35 Er nimmt bereits im Präskript für sich in Anspruch, erstmals die Ereignisse um Jesus entsprechend ihrer Ordnung zu schildern (əƯƴƮƧ̹Ƶ ƯƦƭƪƲ̏Ƶ, Lk 1,3). Dass er die Geschichten um Verheißung und Geburt des Täufers voranstellt, ist erzähltechnisch gerechtfertigt. Dass er aber zunächst Jesu Geburt, die Episode um den zwölfjährigen Jesus im Tempel und die Taufe des etwa Dreißigjährigen schildert und erst dann seinen Stammbaum einfügt, scheint der Ankündigung in der Theophiluswidmung zu widersprechen und bedarf einer Erklärung.36 Der Stammbaum wird von Lukas in den durch Markus vorgegebenen Zusammenhang von Taufe und Versuchung eingefügt (Mk 1,9–13). Wenn aber ein in sich geschlossenes Textstück interpoliert wird, dann scheint die Frage berechtigt, warum es einen vorgegebenen Zusammenhang sprengt und nicht dort steht, wo es in einer „der Ordnung nach“ (Lk 1,3) erzählten Biographie seinen Platz hätte, z. B. im Kontext der Ankündigung der Geburt Jesu (Lk 1,26–38) oder wie bei Mt vor der Geburt Jesu (Lk 2,1–7).

––––––––––––– 33 Mason, Essay (s. Anm. 5), 53: „[We] see quickly that it [Vita] can be explained almost without remainder as a celebratory essay on the character of the man who composed the Antiquitates.“ 34 Mason, Essay (s. Anm. 5), 73: „He thus commends himself as absolutely trustworthy in what he has said in the twenty volumes of the Antiquitates.“ 35 Fitzmyer vermutet eine Vorform des Evangeliums ohne Kindheitsgeschichten, vgl. ders., Gospel (s. Anm. 10), 489: „In the long run, one would have to ask, then, why Luke did not make the genealogy part of the infancy narrative, as did Matthew. Hence, it seems more likely that Luke had already made the genealogy part of the Gospel proper at a stage earlier than that of the addition of the infancy narrative.“ 36 Nicht wenige gattungstypische Merkmale aus der vorberuflichen Existenz – wie der Auftritt vor religiösen Autoritäten als Wunderkind (Lk 2,46f; Vita 8f; vgl. Gal 1,14), das Widerstehen in Versuchungen (Lk 4,1–13 par.; Vita 80f), ein Wüstenaufenthalt (Lk 4,1 par.; Vita 11f; vgl. Gal 1,17) und der Amtsantritt mit 30 Jahren (Lk 3,23; Vita 80) – finden sich auch bei Josephus, doch berichtet er sie chronologisch und das heißt anders als Lukas im Anschluss an die Genealogie. Zu den typischen Elementen einer antiken Biographie vgl. D. R. Cartlidge / D. L. Dungan, Documents for the Study of the Gospels, Philadelphia 1980, 129–136.261.

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Der Einleitung eines Buches kommt maßgebliche Bedeutung für dessen Verständnis zu. Hier werden Themen vorbereitet, und die Leserinnen und Leser erhalten einen Schlüssel zum weiteren Verständnis der Schrift. Josephus und Matthäus nutzen die Möglichkeit der Leserlenkung durch ihre einleitend gebotenen Stammbäume. So macht Mt bereits hier durch die Erwähnung der fremden Frauen deutlich (Mt 1,3.5.7),37 dass der als Abrahamsund Davidssohn gekennzeichnete Jesus (Mt 1,1) der verheißene Messias38 der Heiden ist,39 und Josephus erweckt durch die ersten Abschnitte seiner Vita den Eindruck, ein Jude könne gar nicht besserer Abkunft sein als er selbst. Er ist priesterlichen und königlichen Geblüts und sieht sich in engster Verbindung zu den römischen Machthabern. Etwaige Konkurrenten oder Kritiker sollen sich von vornherein als nur nachrangig erkennen (Vita 6). Es muss für Lukas gewichtige Gründe geben, seinen Stammbaum nicht an den Anfang seines Evangeliums zu setzen. Die Möglichkeit, dass er seine Genealogie für unbedeutend hält und sie als Traditionsstück nur ‚unterbringen‘ wollte, scheidet aus. Dazu ist der Stammbaum, der über 77 Generationen hinweg auf keinen Geringeren als Gott selbst als Stammvater hinsteuert, zu ausgefeilt. Die Genealogie geht in dieser Form auf den Evangelisten zurück. Wenn aber der Stammbaum durch seine Position, seine Konstruktion (elf Siebener-Gruppen) und seine Charakteristika (Rückführung auf Gott) als etwas Besonderes ausgewiesen und zugleich bewusst nicht als Steuerungselement an den Anfang gesetzt wurde, ist nach Elementen zu fragen, die den rückwärts laufenden lukanischen Stammbaum vorbereiten und ihn gleichsam ins rechte Licht setzen. Diese vorbereitenden Elemente sind in den ersten beiden Kapiteln zu suchen. Wie Josephus (laut Vita 80) als ungefähr 30-Jähriger40 sein Amt als Gouverneur von Galiläa antrat,41 so wurde Jesus nach Lk 3,22f mit etwa 30 ––––––––––––– 37 Vgl. Stegemann, Uria (s. Anm. 18), 246–276; Ostmeyer, Stammbaum (s. Anm. 8), 180f. 38 M. D. Johnson, The Purpose of the Biblical Genealogies with Special Reference to the

Setting of the Genealogies of Jesus, MSSNTS 8, Cambridge 1969, 208: „The evidence indicates that Matthew’s reconstruction, with its emphatic verse 17, would be understood by a learned Jewish reader to have eschatological significance. History is in order; the time is fulfilled, the Messiah has come. … If we ask what credentials a Pharisaic Rabbi might give to the Messiah when he should arrive, the answer is Matt. 1:1–17, with the necessary changes in personal names.“ Gnilka, Matthäusevangelium (s. Anm. 26), 7: „In Jesus Christus wurden beide Verheißungen erfüllt.“ 39 Davies / Allison, Gospel (s. Anm. 11), 158: „‚Son of Abraham‘ … serves to announce the evangelist’s interest in the salvation of the Gentiles“, vgl. Luz, Evangelium (s. Anm. 13), 135f. 40 Mason, Essay (s. Anm. 5), 62: „If he wanted to bolster claims about his noble breeding with reference to his public career, therefore, the brief span – when he was ‚about 30 years of age‘ (V 80), the minimum age for a quaestor in Rome – provided the only usable material“; vgl. Dionysius Halicarnassensis, Antiquitates Romanae IV 6,3.

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Jahren getauft42 und durch eine Himmelsstimme als Gottes lieber Sohn gekennzeichnet. Dieser Sohnschaft entsprechend präsentiert der Evangelist im unmittelbaren Anschluss an die Proklamation einen Stammbaum, der von Jesus lückenlos über 77 Generationen bis hin zu Gott geführt wird. Im Vergleich zu einer solchen Herkunft erscheint alles, was der Genealogie vorangeht, als Präludium für das Eigentliche. Es ist nach der Funktion der klar abgrenzbaren lukanischen Vorgeschichten und nach ihrer Verbindung zum Folgenden zu fragen. Analog zu Jesu Geburtsgeschichte wird seine Deklaration als Sohn Gottes eingeleitet mit einer welthistorischen Einordnung (Lk 2,1f; 3,1f) und wie im ersten Kapitel des Lukasevangeliums (Lk 1,5–17) wird auch im Neuansatz in Kapitel 3 Johannes der Täufer vorangestellt. Er wird unter Aufnahme von Jesaja 40,3–5 beschrieben als Prediger in der Wüste, der dazu auffordert, dem ƯˈƴƮƳƵ den Weg zu bereiten (Lk 3,2–6). Nicht zuletzt aus der folgenden Taufe samt Erklärung durch die Himmelsstimme, Jesus sei der geliebte Sohn, wird deutlich, dass Jesus jener ƯˈƴƮƳƵ ist, dem der Weg bereitet werden soll (Lk 3,21f). Mit ƯˈƴƮƳƵ übersetzt die Septuaginta in Jes 40,3 das hebräische Tetragramm (ʤʥʤʩ). Wird Jesus durch diese in Lk 3,4 auf ihn bezogene Gottesprädikation des Jesajatextes als ƯˈƴƮƳƵ verstanden, dann bietet der nach Taufe und Proklamation platzierte Stammbaum die alle Generationen übergreifende Brücke vom ƯˈƴƮƳƵ ʍƬƶƳ̬Ƶ hin zu Gott. Der Bezug des Titels ƯˈƴƮƳƵ auf Jesus erscheint nicht unvorbereitet; bereits in den lukanischen Vorgeschichten fungiert ƯˈƴƮƳƵ als Leitwort. Die beiden eindeutig abgrenzbaren ersten beiden Kapitel weisen eine im Neuen Testament singuläre Dichte in der Verwendung dieses Terminus auf. In Lk 2,39 heißt es resümierend, dass Jesu Familie nach Nazareth zurückkehrte, nachdem alles gemäß dem Gesetz des ƯˈƴƮƳƵ erfüllt worden war.43 Durch den

––––––––––––– 41 Josephus beschreibt sich in gewisser Analogie zu seinem Namensvetter: Josef, den Sohn Jakobs, zeichnet er als einen schönen, klugen und von Gott geliebten Mann, der nach diversen Bewährungsproben und Versuchungen mit 30 Jahren sein Amt als Verwalter Ägyptens antritt (Ant II 91; vgl. Gen 41,46). 42 Laut Num 4,3.23 dürfen zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr kultische Aufgaben übernommen werden; in 2Sam 5,4 heißt es, David sei mit 30 Jahren König geworden, und Ezechiel wurde im 30. Jahr zum Propheten berufen (Ez 1,1). Eckey, Lukasevangelium (s. Anm. 22), 207, folgert: „Jesus hat also das für die Wahrnehmung prophetischer, priesterlicher und königlicher Aufgaben vorgesehene Alter“; vgl. 1QSa I 13–18. Die Altersangaben verdanken sich den Erwartungen des Lesepublikums und entsprechen der Konvention der Zeit – historisch sind die Daten nur begrenzt verwendbar. 43 J. Nolland, Luke 1 – 9:20, WBC 35A, Waco u. a. 1989, 123: „Since the introduction of Simeon, the fulfillment of the requirements of the law which the section began (vv 22–24 and cf. v 27) has been overshadowed by the supernatural recognition of the messianic identity of Jesus by those exemplary figures of Jewish piety, Simeon and Anna. The section is rounded

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Lk 2,39 vorangehenden 26fachen ƯˈƴƮƳƵ-Gebrauch wird Jesus als der erwiesen, der von Beginn an der Herr war, und durch Jesu Identifikation als ƯˈƴƮƳƵ44 ist bereits in den lukanischen Kindheitsgeschichten der Grund gelegt für seine Erhöhung in Lk 24,5145 (vgl. Act 7,55f.59). Ob Lukas bei der 26fachen Erwähnung von ƯˈƴƮƳƵ (vor der Zusammenfassung in Lk 2,39) an den Zahlenwert des hebräischen Tetragramms (ʤ-ʥ-ʤ-ʩ = 5+6+5+10 = 26) als Grundlage des griechischen ƯˈƴƮƳƵ gedacht hat,46 lässt sich weder ausschließen noch beweisen.47 Unabhängig von der gematrischen Zuschreibung bleibt der Leitwortcharakter der ƯˈƴƮƳƵ-Belege in Lk 1f zu konstatieren, die zum Auftreten des 30-jährigen Jesus hinführen (Lk 3,23ff). Erst nachdem in Lk 2,39 klargestellt ist, dass in Bezug auf Jesus das Gesetz des ƯˈƴƮƳƵ erfüllt ist, wird sein Stammbaum notiert, in dem der Evangelist über elfmal sieben Generationen (Lk 3,23–38) den Bogen von Jesus zu Gott schlägt. Wie der 27. ƯˈƴƮƳƵ-Beleg in Lk 2,39 als bestätigende Unterschrift unter einen 26er-Block aufgefasst werden kann, so lässt sich der Vers Lk 3,23, in dem Jesus betont als etwa 30 Jahre alt beschrieben wird, als programmatischer Titulus des Stammbaums verstehen, auf den die numerisch bedeutsamen 77 Generationen folgen. Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass Lukas nach den Vorgeschichten (Lk 1f) im weiteren Verlauf seines Evangeliums (ab Kapitel 3) noch 77-mal eine Form von ƯˈƴƮƳƵ verwendet. Wird diese auffällige Koinzidenz als von Lukas beabsichtigt verstanden, dann ist Jesus für ––––––––––––– off, however, by a return to that starting point with the umbrella statement, ‚when they had finished all their duties under the law of the Lord‘.“ 44 ƯˈƴƮƳƵ ist in der Septuaginta die regelmäßige Übersetzung des Tetragramms (ʤʥʤʩ). Umgekehrt steht jedoch nicht hinter jeder ƯˈƴƮƳƵ-Stelle der Septuaginta in der hebräischen Vorlage auch das Tetragramm (z. B. Gen 18,27; Jes 6,8). Im Lukasevangelium werden mit ƯˈƴƮƳƵ sowohl Gott (z. B. Lk 1,6.9; 2,39) und Christus (z. B. Lk 1,76; 2,11) als auch weltliche Herren (z. B. Lk 16,13; 19,33) benannt. 45 Eine vergleichbare Verbindung von Jesus und Gott bieten auch Lk 4,8 und Lk 24,52: In der ersten ƯˈƴƮƳƵ-Stelle nach dem Stammbaum (Lk 4,8) erklärt Jesus dem Versucher in variierender Aufnahme von Dtn 6,13 und 10,20, Gott dem Herrn sei die Proskynese zu erweisen und ihm allein sei zu dienen (ƯˈƴƮƳƱ Ʒ˅Ʊ ƭƪˆƱ ƶƳƸ ™ƴƳƶƯƸƱ˂ƶƪƮƵ ƯƦ˃ ƦʡƷ̺ μˆƱ̷ ưƦƷƴƪˈƶƪƮƵ). Im Lukasevangelium begegnet die Proskynese – anders als in den anderen Evangelien – nur noch einmal (im vorletzten Vers des Schlusskapitels): Die Jünger erweisen sie dem in den Himmel auffahrenden Jesus (Lk 24,52). Jesus wird damit die laut Lk 4,8 allein Gott gebührende Verehrung zuteil; vgl. K.-H. Ostmeyer, Kommunikation mit Gott und Christus. Sprache und Theologie des Gebetes im Neuen Testament, WUNT 197, Tübingen 2006, 271–276. 46 So H. A. Hutmacher, Symbolik der biblischen Zahlen und Zeiten, Paderborn u. a. 1993, 12.193, der jedoch in den Vorgeschichten insgesamt nur 26 Belege zählt. 47 Ob mit ƯˈƴƮƳƵ eine zentrale theologische oder christologische Aussage gemacht oder mit dem Terminus ein weltlicher Herr bezeichnet wird, spielt bei Zählungen keine Rolle. Von der Zählbarkeit darf also nicht auf die Wertigkeit des Gezählten geschlossen werden.

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jede einzelne der im Stammbaum genannten 77 Generationen (Lk 3,23–38) der ƯˈƴƮƳƵ.48 Es ist Aufgabe der Interpretation, mögliche numerische Zuordnungen zu benennen. Eine solche Benennung schafft die Voraussetzung dafür, erstens die Frage zu erörtern, ob sich die Bezüge der planvollen Gestaltung eines Autors oder dem Zufall verdanken, und zweitens über die jeweiligen Implikationen in einen wissenschaftlichen Diskurs zu treten. Die 77 Generationen und die Zahl der ƯˈƴƮƳƵ-Verwendungen lassen sich als Gliederungselemente des lukanischen Doppelwerks verstehen: Die 26fache Erwähnung von ƯˈƴƮƳƵ in den Vorgeschichten des Lukasevangeliums (vor Lk 2,39) weisen Jesus aus als den, der das Gesetz des ƯˈƴƮƳƵ erfüllt hat (Lk 2,39); er ist selbst der ƯˈƴƮƳƵ. Die sich in Lk 3–24 anschließenden 77 ƯˈƴƮƳƵ-Nennungen umgreifen die vor der Geburt Jesu liegenden 77 Generationen (Lk 3,23–38).49 Es folgen in den ersten acht Kapiteln der Apostelgeschichte (Act 1,6–8,39), analog zu den 30 Lebensjahren vor Jesu Auftreten (Lk 3,23), 30 Derivate von ƯˈƴƮƳƵ. Anschließend legt die Apostelgeschichte einen Schwerpunkt auf die Heidenmission, und es erscheinen in Act 9,1–28,3150 abermals 77 ƯˈƴƮƳƵ-Belege. Wie die 77 ƯˈƴƮƳƵ-Stellen nach den Vorgeschichten im Evangelium für die Generationen vor Jesu Geburt stehen, so lassen sich die 77 ƯˈƴƮƳƵ-Belege im zweiten Teil der Apostelgeschichte den auf Jesu Erhöhung folgenden Generationen und das heißt allen zukünftigen Geschlechtern zuordnen (vgl. Act 3,25b). Der Stammbaum des 30-jährigen Jesus ist im Rahmen des lukanischen Doppelwerkes in Lk 3 theologisch und christologisch gezielt positioniert und verbindet Vergangenheit, Gegenwart Jesu und Zukunft der Kirche.

––––––––––––– 48 Der Wert dieser Wortzählungen relativiert sich durch die Variabilität der Belegzahlen in den unterschiedlichen Manuskripten. Den hier gebotenen Zahlen liegt der Text des NTGraece27 zugrunde. Sollte Lukas diese Übereinstimmung von Generationszahlen und ƯˈƴƮƳƵNennungen geplant haben, stellt sich die Frage nach der Umsetzbarkeit einer solchen Absicht unter antiken Schreibbedingungen. Da es sich hier um ‚mechanische‘ Zählungen des Vorkommens des ƯˈƴƮƳƵ-Titels handelte – unabhängig vom Bedeutungsgehalt des Titels – brauchte der Schreiber in der üblichen Konzeptversion nur die ihm zur angestrebten Gesamtzahl noch fehlenden ƯˈƴƮƳƵ-Erwähnungen an die Stelle von Alternativtiteln zu setzen. Gerade ƯˈƴƮƳƵ eignete sich bei Lukas für diese Zwecke, denn der Evangelist kann sowohl Gott und Jesus, als auch sonstige Personen als ƯˈƴƮƳƮ titulieren. Der Aufwand an Arbeit und Zeit für die Umsetzung eines solchen Plans dürfte sich, sobald die Möglichkeit gesehen und der Plan einmal gefasst war, in Grenzen gehalten haben. 49 Fitzmyer, Gospel (s. Anm. 10), 498: „Implicit in the genealogy, however, is the divine origin of the course of history that is sketched by the line of generations. It gives an aspect to the salvation-history operative in the Lucan writings. … God’s purpose in creating humanity in the beginning is seen to reach a new stage in the archƝ of the period of Jesus itself.“ 50 Leserleitend ist das Wort ƯˈƴƮƳƵ im ersten und letzten Vers des Abschnitts zur Heidenmission platziert (Act 9,1 und 28,31).

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V. Makel und Verschwiegenes Bescheidenheit zählt nicht zu den hervorstechenden Charaktereigenschaften des Historikers Josephus Flavius. Wenn aber ein Autor von sich selbst sagt, er gehöre nicht einfach nur zur ersten Klasse der höchsten Adelsschicht, sondern innerhalb dieser Klasse auch zur ersten Familie (Vita 2), und wenn er sich darüber hinaus seiner engen Verbindungen nicht nur zum jüdischen Herrscherhaus rühmt (Vita 2), sondern mittels seiner Söhne auch einen semantischen Bezug zum römischen Kaisertum herstellt (Vita 5), dann verwundern die Flecken auf der ansonsten weißen Weste. Sie verwundern umso mehr, als Josephus ohne Not selbst darauf hinweist. Warum liefert er seinen Gegnern, derer er sich nach eigenen Angaben mit seiner Vita zu erwehren hat (vgl. Vita 6), von sich aus Material? Wäre ihm ein Vorwurf zu machen gewesen, wenn er seine Vorfahren ohne Makel präsentiert hätte; wer wusste überhaupt davon?51 Es darf einem Schriftsteller vom Format und von der Persönlichkeitsstruktur des Josephus unterstellt werden, dass er sein Publikum kennt und dass er um die Wirkung seiner Aussagen weiß. Wenn er also Makel und Fehler erwähnt, verfolgt er damit einen bestimmten, ihm nützlichen Zweck.52 Die genannten Makel weisen alle in eine Richtung und beziehen sich auf die Eignung, als Priester im Tempel zu amtieren. Unter seinen fünf genannten Vorfahren erwähnt Josephus bei mindestens zwei Personen Beinamen, die auf Beeinträchtigungen schließen lassen. In Vita 3f spricht er von Simon dem Stammler oder Stotterer (ƻƪưưˆƵ), und in Vita 4 ist von Mathias dem Buckligen (ƯƸƴƷˆƵ, verkrümmt) die Rede.53 Lev 21,20LXX bestimmt, dass Verkrümmte oder Zwergwüchsige (ƯƸƴƷ˅Ƶ ɷ ɭƹƬưƳƵ) vom Tempeldienst ausgeschlossen sind. Unbeschadet dessen bleiben ihnen die sonstigen priesterlichen Privilegien erhalten (Lev 21,22). Die Septuaginta nennt zwar Stammeln nicht ausdrücklich unter den Ausschlussgründen, doch heißt es, sofern irgendein Makel bei einem Amtskandidaten auszumachen sei (Lev 21,17–23), habe er sich auf seine Anteile an der Pries-

––––––––––––– 51 Auch Mt nennt im Königsabschnitt der Genealogie ausdrücklich mit Makeln behaftete

Personen: Usija (Mt 1,9) wird in 2Chr 26,19–23 (vgl. 4Reg [2Kön] 15,5) als aussätzig beschrieben, einige Könige gelten als böse (Joram Mt 1,8; vgl. 4Reg [2Kön] 8,18 und Manasse Mt 1,10; vgl. 4Reg [2Kön] 21,1f). Es ist deshalb fraglich, wenn A. Paul, L’ Évangile de l’Enfance selon Saint Matthieu, LiBi 17, Paris 1969, 23f, und W. Wiefel, Das Evangelium nach Matthäus, ThHK 1, Leipzig 1998, 29, eine Auslassung der in 1Chr 3,11f aufgelisteten Könige Ahasja, Joasch und Amazja aus theologischen Gründen für wahrscheinlich halten, da es sich um fluchbelastete Könige gehandelt habe. 52 Mason, Essay (s. Anm. 5), 72: „[He] has a story to tell, and he tells only what will support that story. We may not assume that some particular section has less of Tendenz than any other, or that either account will lead us back to the real Josephus.“ 53 Über die Ausprägung der Gebrechen wird nichts mitgeteilt.

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tergabe zu beschränken und dürfe am Gottesdienst im Tempel nicht aktiv partizipieren (Lev 21,22f). Ob der handschriftlich nicht unumstrittene Beiname ɽƹƦ˄ƳƸ (Vita 4) für den Urgroßvater des Josephus nur einen Vatersnamen angibt (vgl. Jer 40,8) oder sich auf ein persönliches Charakteristikum bezieht, lässt sich nicht sicher klären.54 Als Vatersname kollidiert er mit dem unmittelbar zuvor angeführten Namen seines Vaters Simon, der schon mit dem Beinamen „Stammler“ (ƻƪưưˆƵ, Vita 3f) belegt ist. ɽƹƦ˄ƳƸ wird in einem semantischen Feld mit disqualifizierenden Merkmalen genannt, und Josephus gebraucht ansonsten für seine Vorfahren keinen anderen Typus von Beinamen. Es ist deshalb nicht abwegig, darin ein weiteres vom Tempeldienst ausschließendes Merkmal zu vermuten. Josephus beschließt seine Genealogie mit der Aufzählung von drei unter Vespasian geborenen Söhnen55 und bereitet durch die Hinweise auf seine eigene Nachkommenschaft eine ‚Selbstbemakelung‘ vor: Am Ende seiner Autobiographie berichtet er von seiner durch Vespasian ermöglichten Ehe mit einer Kriegsgefangenen aus Cäsarea (Vita 414).56 Eine solche Verbindung war für einen Priester wegen der für wahrscheinlich gehaltenen sexuellen Kontakte von Kriegsgefangenen zu Soldaten zumindest problematisch. Die Ehe mit einer „Entehrten“ (Lev 21,7.13f) schloss vom Tempeldienst aus. Die Erklärung des Josephus, sie sei eine Jungfrau gewesen, hat in dieser Form keine Relevanz für die Gültigkeit einer halachischen Regel (vgl. mKet II 9). Josephus sagt in Ant III 276 selbst, einem Priester seien Kriegsgefangene verboten (vgl. Ant XIII 292). In Ap I 35 (vgl. Esr 2,61f; Neh 7,63f; Josephus, Ant XI 71) berichtet er von der Löschung von Priestern, die gegen diese Regel verstoßen haben, aus den Amtslisten und rühmt ein entsprechendes Vorgehen als vorbildlich. Er weiß also, wie die Andeutung seiner Familienverhältnisse – und seien sie auch nur Episode gewesen – von einem jüdischen Publikum aufgenommen wird.

––––––––––––– 54 Verschiedene mögliche Deutungen für die in Vita 3f genannten Beinamen findet sich in

S. Mason, Life of Josephus. Translation and Commentary, in: ders. (Hg.), Flavius Josephus, Bd. 9, Leiden u. a. 2001, 7–9; eine lautliche Ähnlichkeit lässt sich zwischen dem Beinamen ɽƹƦ˄ƳƸ und dem Zwergwüchsigkeit bezeichnenden ɭƹƬưƳƵ ausmachen, das in Lev 21,20 gemeinsam mit ƯƸƴƷˆƵ als vom Tempeldienst ausschließendes Merkmal erwähnt wird. 55 Durch die Erwähnung Hyrkans als des Ältesten der in der Vita aufgeführten Söhne wird eine Assoziation mit Hyrkan II ermöglicht, der verstümmelt wurde, um sein zukünftiges Amtieren als Hoherpriester zu verhindern (Josephus, Ant XIV 366; Bell I 270). 56 Die in Vita 5 genannten Söhne entstammen nicht der Ehe mit der Kriegsgefangenen, sind aber durch den Hinweis auf deren Geburt unter Kaiser Vespasian in einen personellen Zusammenhang gestellt mit der Erlaubnis oder Anordnung der Heirat durch den Feldherrn Vespasian.

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Die hier benannten ‚Flecken‘ in der Biographie deuten zwar darauf hin, dass die Vorfahren des Josephus väterlicherseits, wenn überhaupt, nur selten im Tempel amtierten,57 sie berühren jedoch nicht seine Zugehörigkeit zum Priestertum und seine adelige Herkunft. Auch wenn die Vita primär an römische Leser gerichtet ist, dürfte Josephus mit einer gemischten Leserschaft aus Heiden und Juden gerechnet haben. Beiden Gruppen vermittelt der Stammbaum Verschiedenes: 1) Josephus stellt sich hinsichtlich seiner Herkunft und Erziehung58 als Angehöriger der jüdischen Oberschicht dar. Nur wenige jüdische Zeitgenossen des Josephus dürften es hinsichtlich ihres Adels und ihrer priesterlichen Dignität, ihrer Intelligenz59 und ihres Werdegangs60 mit ihm haben aufnehmen können. So erklärt er in Vita 6, er blicke mit seinem Stammbaum voll Verachtung auf seine Verleumder herab. Auf römischer Seite war die beabsichtigte Wertschätzung gesichert.61 2) Für eine jüdische Leserschaft, die den Tempelkult noch persönlich oder aus der Erzählung von Zeitzeugen kannte, drängten sich die in eine Richtung weisenden Ausschmückungen der Genealogie in den Vordergrund. Eine Generation nach der Tempelzerstörung war die Hoffnung auf Wiedereinrichtung des Tempelkultes noch nicht erloschen. Erforderlich dafür war ein geeignetes priesterliches Personal. Gebildeten jüdischen Lesern war klar, dass sich ein Autor mit einem Stammbaum wie dem des Josephus als unambitioniert und für priesterliche Aufgaben untauglich präsentieren wollte. Jüdische Gegner dürften einerseits verstanden haben, dass eine römische Leserschaft den Wortlaut der Vita im

––––––––––––– 57 Keiner der in Vita 3f genannten Hohenpriester zählt in direkter Linie zu den Vorfahren des Josephus. 58 Mason, Essay (s. Anm. 5), 60: „These two fundamental features of Roman aristocratic formation, ƨˀƱƳƵ and ™ƦƮƩƪ˄Ʀ, are essential to Josephus’s rhetorical self-image.“ 59 S. J. D. Cohen, Josephus in Galilee and Rome. His Vita and Development as a Historian, Boston / Leiden 2002, 105: Vita 8–12 „on the author’s youth, is filled with biographical commonplaces. Josephus was a precocious lad but so were Homer, Aeschines, Apollonius of Rhodes, Nicolaus of Damascus, Ovid, Moses, Jesus, Apollonius of Tyana, Alexander the Great, and Augustus. Great men often begin as Wunderkinder but V 8–9 seems more than slighty exaggerated“; vgl. Mason, Josephus (s. Anm. 1), 57f. 60 Neben den bereits in Anm. 36 genannten gattungstypischen Merkmalen kann Josephus mit dem Überstehen eines Schiffbruchs (Vita 14f; vgl. 2Kor 11,25) und der Bewährung in einer schwierigen Mission (Vita 16) vor seinem Amtsantritt als Dreißigjähriger (Vita 80; vgl. Lk 3,23) aufwarten. Zum Bericht des Josephus über seine Lehrjahre in der Wüste (Vita 11f; vgl. Mk 1,12f par.; Gal 1,17) merkt Mason, Josephus (s. Anm. 1), 60, an: „Obwohl Josephus schreibt, um seine römischen Leser zu beeindrucken, bringt er es dennoch fertig, das biblischjüdische Thema des Wüstenaufenthaltes als Vorbereitung auf den Dienst an Gott in seine Darstellung einzuflechten.“ 61 Nichtjüdisches Publikum wird über die angegebenen Beinamen hinweg gelesen haben.

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oben beschriebenen Sinne auffassen würde, mussten aber zugleich erkennen, dass ihr durch die Darstellung in der Genealogie eine potentielle Handhabe gegen Josephus entwunden worden war. Josephus setzt sich laut Vita 6 gegen Verleumder zur Wehr. Eine wirksame Form der Verleumdung bedeutet, ihn bei der römischen Regierung zu diskreditieren und ihm politische Unzuverlässigkeit oder Umtriebigkeit zu unterstellen. Für einen Juden aber konnte dergleichen am Ende des ersten Jahrhunderts kaum etwas anderes heißen, als den Tempelkult wieder herstellen zu wollen, und an dieser Stelle erklärt sich Josephus mit Hilfe seiner Genealogie für ‚ungefährlich‘. Seine ‚Verleumder‘ stehen vor einem Dilemma. Einerseits können sie niemandem, der sich selbst als ungeeignet zur Übernahme kultischer Ämter darstellt, kultisch-restaurative, d. h. staatsgefährdende Absichten unterstellen.62 Andererseits müssen sie hinnehmen, dass die Genealogie der Mehrung des Ruhms des Josephus in Rom dient und dass persönliche Angriffe gegen Josephus, die auf seine kultische Untauglichkeit zielen, nur der Beruhigung der römischen Machthaber dienen.63 Die Genealogie der Vita erweist sich als politisch genau kalkuliert und erfüllt ihren Zweck.

VI. Resümee Die Genealogien nehmen in der Vita des Josephus, im Evangelium nach Matthäus und auch im Lukasevangelium prominente Positionen ein. Ein Vergleich der Stammbäume lässt einige der zunächst unauffälligen Angaben der drei fast zeitgleich entstandenen jüdischen Genealogien in einem besonderen Licht erscheinen. So verlangt die Platzierung des Stammbaums in der Mitte des dritten Kapitels des Lukasevangeliums nach einer Erklärung, gerade weil Matthäus und Josephus ihre Abstammungslisten mit Selbstverständlichkeit am Anfang ihrer Schriften positionieren. Umgekehrt lenkt die Möglichkeit der durchgängigen Aufzählung ‚unbelasteter‘ Personen bei Lukas64 den Blick auf Vorfahren, die Josephus oder Matthäus anführen, obwohl sie Grund zur Anstoßnahme bieten und ihre Nennung nicht notwendig gewesen wäre. Die

––––––––––––– 62 Der Bar Kochba-Aufstand von 132–135 n. Chr. ist nur ein Beleg dafür, wie virulent die Idee der Restitution des Tempels in jüdischen Gruppen war und welches staatsgefährdende Potenzial darin ruhte. Für den Tempelbetrieb waren Priester zwingend erforderlich, und Josephus konnte als ein im Prinzip geeigneter Kandidat hofiert oder denunziert werden. 63 Ein nicht-jüdisches Publikum dürfte wenig Verständnis für die Differenzierung gehabt haben, dass etwas im kultischen Sinne als Makel gilt, dieser Makel jedoch nicht die Reputation und die Zugehörigkeit zum priesterlichen Hochadel berührt. 64 Vgl. Eckey, Lukasevangelium (s. Anm. 22), 204.

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Kürze der Genealogie bei Josephus wirft die Frage auf, warum die Synoptiker einerseits eine Reihe ‚überflüssiger‘ – weil selbstverständlicher – Personen erwähnen, auf der anderen Seite aber Ahnen auslassen (Matthäus) oder alttestamentliche Listen ändern (Lukas). Schließlich befremdet heute bei der Analyse aller drei Stammbäume, dass ihre Kompilatoren in der Aufführung genetisch irrelevanter Personen kein Problem gesehen haben und dass in allen drei Stammbäumen zwar die Abstammung von der Mutter entscheidendes Gewicht hat, aber nur die über den Vater führende Linie notiert wird. Historizität oder Naturwissenschaftlichkeit waren offenkundig keine bestimmenden Kriterien bei der Konzeption der Genealogien, vielmehr wird die Absicht der Autoren gerade dort greifbar, wo ‚Steine des Anstoßes‘ platziert werden. Unerwartete Angaben verdanken sich nicht der Unaufmerksamkeit oder Unwissenheit der Autoren,65 sondern sind leserlenkend eingesetzt und bieten Schlüssel zum Verständnis der jeweiligen Gesamtwerke. Die Einbettung des lukanischen Stammbaums in das dritte Kapitel und die Art seiner Vorbereitung in den Kindheitsgeschichten wird verständlich, wenn die Funktion des Stammbaums weniger im Erweis einer besonderen Herkunft Jesu gesehen wird, als darin, dass durch Jesus als ƯˈƴƮƳƵ und Gottessohn alle ihm vorangehenden Generationen seit Anbeginn in seine Herrschaft einbezogen werden.66 Wenn in einem Stammbaum Makel erwähnt werden, obwohl sie hätten verschwiegen werden können, dann ist nach der dahinter stehenden Absicht zu fragen: Josephus verfolgt mit seiner Genealogie ein apologetisches und politisches Interesse. Seinem römischen Publikum beweist er seine hervorragende adlige Abstammung. Das Einflechten von Hohepriester- und Herrschernamen dient der Darstellung des Milieus, das für seine Herkunft eine quasi-genetische Relevanz hat (vergleichbar dem Tempel- und Priesterkontext in Lk 1f). Zugleich ist die Vita so gestaltet, dass es seinen Gegnern unmöglich gemacht wird, ihm politische Illoyalität und restaurative Ambitionen zu unterstellen. Auch bei Matthäus dienen scheinbare Makel,67 zusätzlich genannte Personen68 und Unstimmigkeiten als Aufmerksamkeitsmagneten. Die fremden ––––––––––––– 65 So z. B. Davies / Allison, Gospel (s. Anm. 11), 186: „Perhaps it is best, therefore, sim-

ply to ascribe a mathematical blunder to Matthew“; vgl. F. V. Filson, A Commentary on the Gospel According to S. Matthew, BNTC, London 1960, 53. 66 Für Lukas sind nicht die Individuen des Stammbaums oder bestimmte Dynastien wichtig, sondern für ihn zählen der Anfang (Lk 3,23) und das Ende des Stammbaums (Lk 3,38); vergleichbar den beiden Brückenpfeilern, auf denen als Brückenbogen die gesamte vorherige Geschichte ruht. 67 Es werden Tamar (Mt 1,3), die ein Kind von ihrem Schwiegervater empfing, die Hure Rahab (Mt 1,5), die Moabiterin Ruth (Mt 1,5) und die Frau des Uria genannt (Mt 1,6), um deretwillen David Ehebruch beging.

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Frauen bereiten Jesu Hinwendung zu den Heiden69 vor. Die Dreigliederung des Stammbaums ist nicht unvollständig, sondern im vorliegenden Umfang beabsichtigt und theologisch motiviert,70 sie belegt Jesu Herkunft aus väterlichem, königlichem und priesterlichem Geschlecht (vgl. Vita 1f). Jesus wird durch die Form des Stammbaums als der erwiesen, der Abraham verheißen wurde. In den Personen des Stammbaums Jesu ist die gesamte Heilsgeschichte präsent.71 Zu einer Genealogie gehört mehr als nur eine Liste der unmittelbaren Vorfahren. Auch die sonst noch gemachten Angaben fließen in das Wesen dessen ein, dem der Stammbaum gilt. Darüber hinaus kommt dem Kontext des Stammbaums, seiner Länge sowie der Auswahl und der Anordnung der Namen bestimmende Kraft zu. Die drei hier besprochenen Genealogien antworten nicht primär auf historische Fragen, sondern stellen Weichen zum Verständnis des Gesamtwerkes72 und vermitteln, innerhalb welcher theologischen oder gesellschaftlichen Kontexte und Milieus ihre Autoren die Zielperson verstanden wissen wollen.

––––––––––––– 68 Mayordomo-Marín, Anfang (s. Anm. 27), 220, merkt an, dass die einzelnen Namen „als Kurzchiffren für bestimmte Geschichten“ stehen. 69 Ostmeyer, Stammbaum (s. Anm. 8), 180–182. 70 Plum, Genealogy (s. Anm. 11), 86: „[The] genealogical interpretation is a religious definition of identity, incorporated in a theological connection.“ 71 Davies / Allison, Gospel (s. Anm. 11), 169: „[It] is not just a genealogy but a résumé of salvation-history“; vgl. H. Frankemölle, Matthäus. Kommentar, Düsseldorf 1994, 132: „In Jesus Christus erfüllt sich die gesamte Geschichte Israels.“ 72 Vgl. Plum, Genealogy (s. Anm. 11), 70: „It may be said about both the chronistic and the New Testament genealogies that within their genre the genealogical paragraphs reflect the theme of the books they belong to.“

Josephus Flavius und die christliche Bildexegese von

BIANCA KÜHNEL

Die visuellen Darstellungen der Josephus-Texte, selbst die frühesten unter ihnen, sind viel später entstanden als die Schriften selbst. Daraus ergibt sich unwillkürlich, dass das Thema meines Vortrags den chronologischen Rahmen dieses Bandes bei weitem überschreitet. Visuelle Darstellungen sind im Allgemeinen exegetisch, d. h. sie ‚übersetzen‘ den Text in eine Sprache, die grundsätzlich anders argumentiert als die geschriebene, und erzielen dabei eine interpretative Stufe, die komplexer ist als die rein sprachliche Auslegung. Bei näherer Betrachtung dieser bildlichen Interpretationen stellt sich heraus, dass die visuellen Auslegungen nicht nur von den ursprünglichen Texten abhängig sind, und auch nicht nur von der schriftlichen Exegese dieser Texte, sondern auch von dem Autor der visuellen Darstellung (wir nennen ihn Künstler), von seiner Weltanschauung, von Zeit und Ort der Entstehung, von den von ihm repräsentierten Klassen- oder Gruppeninteressen, aber auch von dem Stil und der Technik, die in seiner Umgebung gerade Mode waren. Die visuellen Darstellungen, die die Texte des Josephus Flavius interpretieren, stellen eine noch komplexere Situation dar, denn seine Texte decken sich oft mit dem Narrativ der Bibel und wurden in der Regel nicht gesondert und selbstständig, sondern als Bibeldarstellungen betrachtet. Außerdem befinden sich die illuminierten Josephus-Handschriften des Mittelalters in einem erst anfänglichen Stadium der wissenschaftlichen Forschung. Eine unlängst publizierte Dissertation registriert und katalogisiert diese Handschriften, ein erster willkommener Schritt in die Richtung der analytischen Würdigung dieser Sonderikonographie.1 Wir wissen heute, dass die eigenständige Illustration der Josephus-FlaviusTexte im Westen im 9. Jahrhundert ihren Anfang nahm, selbst wenn die

––––––––––––– 1 Ulrike Liebl, Die illustrierten Flavius-Josephus-Handschriften des Hochmittelalters, EHS 28 / Kunstgeschichte 304, Frankfurt a. M. u. a. 1995.

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Bianca Kühnel

ersten zwei Jahrhunderte nicht sehr reich dokumentiert sind.2 Noch vor zwei Jahrzehnten herrschte die Auffassung, gemäß dem damaligen Stand der Forschung, dass die illuminierten Handschriften des Josephus Flavius auf frühchristlichen Vorlagen basieren.3 Das geschah damals im Wesentlichen unter dem Einfluss der fruchtbaren Theorien von Kurt Weitzmann, die auch die Josephus-Flavius-Ikonographie und ihre Anfänge beeinflusst haben. Heute wissen wir, dass das Mittelalter reicher, komplexer, kreativer und innovativer war als früher angenommen. Dies impliziert jedoch auch, dass die uns überlieferte Evidenz nicht zu korrigieren und zu ergänzen ist mit der spekulativkonzeptuellen Annahme eines früheren Anfangs dieser Ikonographie in der frühchristlichen Zeit. Die illuminierten Josephus-Flavius-Handschriften aus dem späten 11. Jahrhundert, die ersten, die Konsistenz aufweisen, entstanden im Nordosten Frankreichs und in dem Gebiet zwischen Rhein und Maas. In dieser frühen Phase der Gattung des Genres konzentrieren sich die Illustrationen am Anfang der Handschrift und bestehen aus dem Porträt des Autors und aus den Initialen des Buches Genesis: In principio. Erst im Spätmittelalter (14.–15. Jahrhundert) wird der Josephus-Flavius-Text mit reichhaltig ausgestatteten narrativen Miniaturen gestaltet. Es handelt sich meistens um Initialen, die über den ganzen Text verteilt sind und ihn ausschmücken. Mein Aufsatz befasst sich nicht mit den späteren narrativen Zyklen, die den Stoff einer unausweichlichen Chronologie unterwerfen und ihn immer wieder nach dem gleichen Schema monoton wiederholen. Er beschäftigt sich vielmehr mit der interessanten, jedoch kaum berührten Frage des Verhältnisses und der Art der Beziehung zwischen der Illustrierung und den Illustrationen der parabiblischen Schriften und der Bibel. Die Relevanz dieser Frage wird besonders dann deutlich, wenn man die Josephus-Flavius-Ikonographie vor Augen hat. In der spärlichen kunsthistorischen Literatur, die sich mit dem Thema der Josephus-Flavius-Handschriften beschäftigt, herrscht die Auffassung, dass sich die Ikonographie der Josephus-Flavius-Texte kaum von der üblichen Bibelillustration unterscheidet. Wir werden hier ein differenziertes Bild aufzeichnen, indem wir versuchen werden herauszufinden, ob die FlaviusJosephus-Handschriften, entgegen der allgemeinen Auffassung, nicht doch eine selbstständige ikonographische Gattung mit eigenem Charakter und Charakteristiken darstellen. Ferner werden wir fragen, inwieweit es möglich war, dass gerade diese selbstständige Ikonographie in manchen Fällen die Ikonographie der Bibel beeinflusst hat. Vorsicht ist geboten, nicht nur weil die

––––––––––––– 2 Liebl, Flavius-Josephus-Handschriften (s. Anm. 1), 41f. 3 G. N. Deutsch, Iconographie de l’illustration de Flavius Josèphe au temps de Jean

Fouquet, ALGHL 12, Leiden 1986.

Josephus Flavius und die christliche Bildexegese

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uns überlieferten Handschriften nicht zahlreich genug sind, um sichere Schlüsse zu ziehen und somit dem Zufall der Erhaltung der Handschriften zu viel Gewicht zukäme. Nicht zuletzt auch weil unser Versuch ‚gegen den Strom‘, also gegen die allgemeine Auffassung, zu ‚schwimmen‘, wie wir alle gut wissen, schwierig und unangenehm ist. Die Gestaltung des ‚IN‘-Monogramms ist in den Bibel- und JosephusHandschriften des späten 11. und des 12. Jahrhunderts verhältnismäßig gut belegt. Es handelt sich um die Dekoration der Anfangsworte des Buches Genesis (In principio), die in den Illustrationen der Bibel und der Antiquitates Judaicae auftauchen, und auch den Anfang des Johannesevangeliums bilden. In der frühmittelalterlichen Kunst entstand daraus kein Monogramm. Nur die Initiale ‚I‘ wurde illuminiert, während sich das ‚N‘ zu der Weiterführung der Schrift auf den restlichen Teil der Seite gesellte.4 Die Kombination der beiden Buchstaben ‚I‘ und ‚N‘, in ein gemeinsames Dekorationsschema als Monogramm taucht auf Initialseiten des Johannesevangeliums gegen Ende des 10. Jahrhunderts auf, und erst danach, in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts auf den Initialseiten des Buches Genesis. Der Grund dafür liegt höchstwahrscheinlich in einer glücklichen Kombination zwischen einem präexistenten bereits existierenden Dekorationsschema, der Maiestas Domini, das Mitte des 8. Jahrhunderts auftaucht und am Ende des ersten Millenniums sehr populär geworden ist, und einem passenden, entsprechenden, geometrischen Potential des Monogramms.5 Zwei frühe Beispiele einer Maiestas-Domini-Frontispiz-Darstellung dokumentieren die Vorlagen der ersten Initialseiten des Johannesevangeliums. Es handelt sich um ein identisches, kreuzförmiges Kompositionsschema, das auf dem Folio 1v des sogenannten ‚Thomas-Evangeliars‘ in Trier, Domschatz Codex 61 (zweites Viertel des 8. Jahrhunderts, s. Abb. 1), und auf Folio 1v einer Orosius-Handschrift mit der Historia adversos paganos in Laon, Bibliothèque municipale, Ms 137 (Mitte des 8. Jahrhunderts, s. Abb. 2) auftaucht. Die erste Darstellung eines Frontispiz des Johannesevangeliums mit identischer Komposition, die uns überliefert ist, taucht in einer Evangeliumshandschrift auf, die für die Krönung Ottos III. 996 gefertigt wurde. Die Handschrift befindet sich heute in Manchester, in der John Rylands Library, Ms 98, und zeigt auf Folio 154 (s. Abb. 3) fünf viereckige Medaillons mit einem Lamm in der Mitte und den vier Evangelistensymbolen – eine Komposition, die besonders gut durch die sich intersektierenden Buchstaben ‚I‘ und ‚N‘ strukturiert ist.

––––––––––––– 4 W. Cahn, Die Bibel in der Romanik, München 1982, 130. 5 Bianca Kühnel, The End of Time in the Order of Things, Regensburg 2003, passim, bes.

169ff.

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Die Proportionen der Buchstaben lassen sich gut manipulieren, um die Wirkung des zentralen Medaillons zu steigern. Eine andere Evangeliumshandschrift aus derselben Zeit und demselben Skriptorium (Köln), in Köln, Historisches Archiv, Cod. W 312 (s. Abb. 4), zeigt Christus in der Mitte, wobei der Buchstabe ‚N‘, in ein Quadrat umgeformt, den clipeus umrahmt, sodass die Zentralität Christi noch stärker in Erscheinung tritt: Es entsteht ein Spiel geometrischer Figuren, das uns aus astronomischen und komputistischen Diagrammen des früheren Mittelalters bekannt ist, wie zum Beispiel Köln, Dom- und Diözesanbibliothek, 83 II, Folio 83v (s. Abb. 5), eine der vollständigsten komputistischen Anthologien des frühen Mittelalters datiert 798–805 während der Amtsperiode des Archibischofs Hildebald (787–818).6 Die Aufnahme dieses Schemas in die Initialseiten der Genesis geschah, wie wir aus den erhaltenen Handschriften schließen dürfen, fast hundert Jahre später: Erster Zeuge ist die Bibel von Echternach, heute in Luxemburg, Nationalbibliothek, Ms 264, Folio 4v (s. Abb. 6). Die Miniatur zeigt ein geometrisches Schema ähnlich der Illustration aus Köln, aber ohne die figürliche Darstellung. Die Bibel von Echternach ist zwischen 1050 und 1081 datiert, in den späteren Jahren der Amtstätigkeit des Abtes Reginbertus.7 Die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Initialseiten des Kölner Evangeliums und der Luxemburger Bibel (s. Abb. 4 und 6) beruhen nicht nur auf der Identität der Anfangsworte des Johannesevangeliums und des Buches Genesis, sondern auch auf inhaltlichen Affinitäten, die zwischen ‚In principio erat Verbum‘ und ‚In principio creavit Dominus‘ bestehen. Sie bilden zugleich die Verbindung zwischen prima und secunda creatio, heben aber auch den Gegensatz und die Überlegenheit der zweiten Schöpfung hervor.8 Die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts, vorwiegend die Zeit gegen Ende des Jahrhunderts, ist für den Reichtum sowie für die Verbreitung und Vielfalt der Bibelausschmückung besonders bekannt. Die Aufnahme neuerer Dekorationsschemen, die ein starkes, assoziatives Potential besitzen, ist eine der Charakteristika der Bibelillustration dieser Zeit. Die Bibel von St. Hubert, heute in Brüssel, Bibliothèque Royale, MS II 1639, zeigt auf der Initialseite des Buches Genesis, Folio 6v (s. Abb. 7), eine Maiestas-Domini-Komposition mit Christus. Sie ist jedoch nicht wie üblich von den vier Evangelistensymbolen umgeben, sondern von den vier Elementen: Feuer (das leichteste Element), Erde (das schwerste), sowie Luft und

––––––––––––– 6 Kühnel, End of Time (s. Anm. 5), 72ff und Abb. 37. 7 Cahn, Bibel (s. Anm. 4), Abb. 65. 8 J.-M. Dufort, La récapitulation paulinienne dans l’exégèse des Pères, ScEc 12, 1960,

21–38; G. B. Ladner, The Idea of Reform, Its Impact on Christian Thought and Action in the Age of the Fathers, rev. Aufl., New York 1967, bes. 49ff.

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Wasser.9 Die Elemente sind von Boethius’ mathematischen Formeln begleitet, die die ‚soliden‘ Zahlen wiedergeben, und zwar in ihrem sesquilateren Verhältnis (jede Zahl ist eineinhalb Mal größer als die vorhergehende – 8, 12, 18, 27). Boethius (und Timaeus) sind die wichtigsten Quellen der sogenannten ‚arithmetischen Theologie‘, die Zahlen als Zeichen universaler, kosmischer Ordnung und dem Herrscher des Alls verbindet. Die vier Elemente bilden den Weltkörper um die Weltseele, um Christus den Pantokrator. Christus ist die Mitte der Natur, von wo er sie beherrscht. Sie ist gut und rational organisiert. Die vier Elemente sind in den vier Kardinalrichtungen der Welt platziert, die nicht zufällig das Kreuz suggerieren: Die Vollkommenheit ihrer Union ist eine Verheißung, die von dem Opfer Christi abhängig ist. Vogel, Fisch und Vierfüßler, die in den Ranken verschlungen dargestellt sind, repräsentieren die tria genera animantium und stehen für die Superiorität der zweiten Schöpfung gegenüber der Unvollkommenheit der ersten. Die Miniatur der Bibel von St. Hubert erläutert die Theologie der Genesis anhand der christianisierten platonischen Philosophie. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die gleiche geometrische Struktur eine andere ikonographische Richtung einnimmt, wenn sie in einer JosephusFlavius-Handschrift auftaucht. Josephus-Flavius-Handschriften, die ihre Genesis-Bücher mit ‚IN‘-Monogrammen eröffnen, gibt es erst aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die umfassendste Darstellung, nicht nur im Bereich der Flavius-Handschriften, sondern überhaupt im Bereich der ‚IN‘-Monogramm-Darstellungen, ist auf Folio 3 einer Antiquitates-Judaicae-Handschrift in Chantilly, Musée Condé, Ms. 774, zu sehen (s. Abb. 8).10 Die zwei sich kreuzenden Buchstaben sind an den Gelenk- und Endstellen mit insgesamt sieben Medaillons besetzt. Jedes Medaillon nimmt einen Schöpfungstag auf, in dem eine kreuznimbierte Schöpferfigur aktiv handelt. In den Zwischenräumen sind die Medaillons durch Personifikationen ergänzt, in den Rahmenmedaillons durch eine Reihe typologischer Darstellungen. Die Folge der Schöpfungstage beginnt im mittleren Medaillon der oberen Reihe mit der Trennung von lux und tenebra. Die Darstellung des Schöpfers mit ausgebreiteten Armen, der auf seinen Händen die in Form von Brustbildern gezeigten Personifikationen von Licht und Finsternis hält, erinnert an frühere Darstellungen von Annus-Christus, der in ähnlichem Gestus die Dies und Nox (als Sol und Luna) vorzeigt. Die Decke aus dem Schrein der heiligen Ewalde (s. Abb. 9) in der St. Kunibert-Kirche in Köln, vom Ende des 10. Jahrhunderts, zeigt Annus in der ––––––––––––– 9 H. Bober, In principio. Creation Before Time, in: M. Meiss (Hg.), De artibus opuscula. Essays in Honor of Erwin Panofsky, Bd. 1, New York 1961, 13–28; Kühnel, End of Time (s. Anm. 5), 186f. 10 Liebl, Flavius-Josephus-Handschriften (s. Anm. 1), 72f.

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Mitte thronend, umgeben von drei konzentrischen Kreisen, mit Tag und Nacht, den vier Jahreszeiten und den vier Elementen sowie den zwölf Tierkreiszeichen.11 Die unteren Ecken verweisen auf Okeanos und Terra, darüber stehen A und Ω Christi. Ähnlich erscheint Annus in einem zeitgenössischen Sakramentar aus Fulda in Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Theol. Lat. 231, Folio 250v (s. Abb. 10).12 Wie Sol reitet Annus auf einer Quadriga; demonstrativ erhebt er die Brustbilder von Sol und Luna. Die vier Elemente sind deutlich und prominent in Kreuzform dargestellt, dann, im äußeren Kreis, die vier Jahreszeiten in Medaillons mit den Personifikationen der zwölf Monate. Diese Seite steht am Anfang eines liturgischen Kalenders, der dem Sakramentar hinzugefügt ist (Folios 250–258). Zurück zur Chantilly-Josephus-Flavius-Handschrift. Im linken Medaillon der oberen Reihe der Genesis-Darstellung wird die Trennung der Wasser über und unter dem Firmament gezeigt. Im rechten Medaillon der oberen Reihe findet die Trennung von Erde und Wasser statt. Die Erde ist als orbis tripartitus dargestellt. Das zentrale Medaillon im Schnittpunkt der Initialen nimmt die Erschaffung der Gestirne auf: Der Schöpfer-Logos, in tänzelnder Schrittstellung nach rechts gewandt, trägt auf seiner rechten Hand eine goldene, auf seiner linken Hand eine jetzt schwarze, ursprünglich silberne Scheibe als Symbole für Sol und Luna. Das linke Medaillon der unteren Reihe beinhaltet die Erschaffung der Fische und Vögel, das rechte Medaillon die Erschaffung Evas. Das mittlere Medaillon der unteren Reihe nimmt die Ruhe Gottes am siebten Tag auf. Die Rechte ist zum Segensgestus erhoben, mit der Linken stützt er ein auf seinem linken Knie ruhendes, geschlossenes Buch. Die Zwischenräume des Monogramms sind mit männlichen Personifikationen der vier Paradiesflüsse gefüllt, die aus Amphoren Wasser ausschütten. Zwei weitere Medaillons befinden sich schräg versetzt zu Seiten des zentralen Medaillons. Rechts oben ist eine auf einem einfachen Thron sitzende, gekrönte und nimbierte weibliche Gestalt mit Schleier dargestellt. In der Linken hält sie ein Blütenzepter, die Rechte hat sie mit nach außen geöffneter Handfläche erhoben. Links unten sitzt auf einem reich ausgestalteten Thron mit Rückenlehne eine gekrönte und nimbierte männliche Gestalt mit überkreuzten Beinen. In der Linken hält sie ein Blütenzepter, die Rechte ist auf die linke Brust gelegt. Die beiden Thronenden wurden schon als Personifikationen des Alten und des Neuen Testaments, als Salomo und die Königin von Saba, als

––––––––––––– 11 A. Legner (Hg.), Ornamenta Ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik, Bd. 1, Köln 1985, Nr. A8, 62f. 12 E. H. Zimmermann, Die Fuldaer Buchmalerei in karolingischer und ottonischer Zeit, Bd. 2, Vienna 1910, 4, pl. IIIA; H. Hoffmann, Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich, Bd. 1, MGH.SRI 30, Stuttgart 1986, bes. 150 passim; M. Puhle (Hg.), Otto der Große, Magdeburg und Europa, Ausstellungskatalog, Mainz 2001, Nr. IV 20, 210.

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ecclesia und synagoga, oder als Salomo und sapientia identifiziert.13 Sowohl die Ikonographie des Paares als auch der Darstellungszusammenhang mit einem Schöpfungszyklus scheinen ohne Parallele zu sein. Der Rahmen ist mit insgesamt acht Dreiviertelmedaillons besetzt, die typologisch auf den Opfertod und die Erlösungstat Christi hinweisen. In dem linken Medaillon des oberen Rahmens ist Noah mit Weinrebe und Weinbecher auf einem Hocker dargestellt, im rechten Medaillon ist die Opferung Isaaks zu sehen. Die beiden seitlichen Rahmenstreifen zeigen oben je einen Propheten mit leerer Schriftenrolle, links einen bärtigen Greis, rechts eine jugendlich-bartlose Figur. Unten sind links die Kreuzigung Christi unter Einbeziehung des in Mt 27,51, Mk 15,38 und Lk 23,45 erwähnten, zerrissenen Tempelvorhangs, rechts die Personifikation der ecclesia mit Kelch und Kreuzstab dargestellt. Die untere Rahmenleiste zeigt links den Leichnam Christi in einem Sarkophag mit drei Öffnungen liegend, und rechts den Abstieg Christi in die Vorhölle (die Erlösung der Gerechten). Die Gesamtkomposition umfasst nicht nur biblische Schöpfungsszenen oder Szenen, die auf die Josephus-Texte zurückgehen, sondern auch Darstellungen, die typologisch-exegetisch sind. Die Chantilly-Darstellung ist in ihrem Reichtum und ihrer Komplexität einmalig und nimmt in der Ikonographie der Schöpfung und dem In principio-Monogramm eine besondere Stellung ein, obwohl sie ein locus communis in der Kunst des Mittelalters visualisiert, nämlich den Zusammenhang zwischen Schöpfung und Erlösung. Hinter dieser Komposition stand vermutlich der Abt Weric von Saint-Trond (Sint-Truiden) bei Limburg († 1180).14 Es ist wohl anzunehmen, dass dieser Reichtum an teils einmaligen visuellen Assoziationen dadurch möglich war, dass es sich um eine JosephusFlavius-Handschrift handelt. Offenbar bot und ermöglichte dieser außerbiblische Rahmen mehr Freiraum für neue und einmalige ikonographische Ideen. Gleichzeitig mit dem Aufblühen der Kathedralschulen und der Universitäten stieg gegen Ende des 11. und während des 12. Jahrhunderts die Nachfrage nach ‚Sekundärliteratur‘, die die Bibel erläutern und ein besseres Verständnis der Quellen fördern sollte.15 Die Lehrbuchliteratur kam in Schwung. In der Regel hatten Illuminatoren wenig Interesse an dieser Literatur, aber es gab Ausnahmen. Unter diesen Ausnahmen befanden sich auch die Schriften des

––––––––––––– 13 J. J. G. Alexander, Initialen aus großen Handschriften, Die großen Handschriften der Welt, München 1978, 88; Deutsch, Iconographie (s. Anm. 3), 68; J. Zahlten, Creatio mundi. Darstellungen der sechs Schöpfungstage und naturwissenschaftliches Weltbild im Mittelalter, Stuttgarter Beiträge zur Geschichte und Politik 13, Stuttgart 1979, 56. 14 Liebl, Flavius-Josephus-Handschriften (s. Anm. 1), 189. 15 H. Schreckenberg, Die Flavius-Josephus-Tradition in Antike und Mittelalter, ALGHL 5, Leiden 1972.

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Josephus Flavius, besonders die lateinische Übersetzung seiner Jüdischen Altertümer. Diese Schrift, eine Paraphrase der erzählenden Teile des Alten Testaments, mit Zusätzen aus dem jüdischen Legendengut bereichert, genoss die Aufmerksamkeit des mittelalterlichen Lesers. In der Miniaturmalerei bot diese Schrift den geeigneten Rahmen für eine Ikonographie, die im Schriftenkanon der Bibel, mit seinem traditionellen Bildrepertoire, keinen Platz zu finden schien. Andere Josephus-‚IN‘-Monogrammdarstellungen bestätigen diese Hypothese, indem auch sie besondere und einmalige ikonographische Merkmale aufzeigen. Folio 2 einer nordostfranzösischen Handschrift in Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 5047 (s. Abb. 11), zeigt den Schöpfer-Logos in der Mittelachse der Komposition frontal stehend, den Buchstaben ‚I‘ bildend.16 Das ‚N‘ ergibt sich aus der Verbindung der Medaillons, die die einzelnen Schöpfungstage aufnehmen. Das Haupt des Schöpfers ragt in den Himmel, seine Füße ruhen auf der Erde. Mit der Linken hält er das zentrale Kreismedaillon, in dem eine nimbierte, in Orantengestus sitzende Frau, die zu ihm aufschaut, dargestellt ist. Diese Gestalt lässt sich nur exegetisch erklären, und auf Grund der physiognomischen Ähnlichkeit mit Eva im unteren, rechten Medaillon ist sie als Maria zu identifizieren. Beide Figuren sind antithetisch wiedergegeben, die eine nackt, die andere ganz bekleidet, aber sie präsentieren Gemeinsamkeiten in der Physiognomie und Gestik, die auf die Verbindung und Kontinuität zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, der ersten und der zweiten Schöpfung, hinweisen. Die Akzentuierung der typologischen Verbindung zwischen Alt und Neu durch ad hoc erfundene ikonographische Lösungen scheint auf Josephus Flavius’ besonderen Stellenwert im Dialog zwischen Judentum und Christentum zu beruhen. Die Beziehung zwischen seinen illustrierten parabiblischen Schriften und der Bibelillustration ist nie eingehend untersucht worden. Unser Exkurs in dieser einzigartigen In principio-Monogrammdarstellung liefert ein klares Indiz dafür, dass die Ikonographie der Josephus-Schriften reicher und differenzierter ist, als bis jetzt angenommen wurde. Selbst wenn in einer Bibel Medaillons mit Schöpfungsdarstellungen die Endstellen des Monogramms bilden wie in einer Handschrift, die 1148 in einem Kloster bei Leuven entstand und heute in London aufbewahrt wird, British Library, Add 14788, Folio 6v,17 ist die Komposition immer noch stark der Maiestas Domini verpflichtet (siehe besonders die Gestalt Christi in der Mandorla). In den Jose––––––––––––– 16 P. Lauer, Les enluminures romanes des manuscrits de la Bibliothèque Nationale, Paris 1927, 81–82, Tafel XLIII, Abb. 3–4. Liebl, Flavius-Josephus-Handschriften (s. Anm. 1), 230f, Abb. 87; Deutsch, Iconographie (s. Anm. 3), Abb. 21; E. Guldan, Eva und Maria, Graz / Cologne 1966, 48 (Abb. 25).172. 17 Cahn, Bibel (s. Anm. 4), Abb. 90.

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phus-Handschriften dagegen, ist die Kompositionsmitte stets anders gestaltet; in der Chantilly-Handschrift ist die Figur des Schöpfers in der Mitte tanzend und im Profil dargestellt. Einem anderen Beispiel der einmaligen Josephus-Ikonographie und ihres Einflusses auf die christliche Kunst kann man in der frühchristlichen Buchmalerei begegnen. Codex Amiatino 1 der Biblioteca Medicea-Laurenziana in Florenz ist eine illuminierte Vulgata-Bibel aus der Zeit des Abtes Ceolfrid (689–716), Abt des Doppelklosters Monkwearmouth-Jarrow in Northumbrien. Zehn Jahre bevor er Abt wurde, brachte Ceolfrid von einer Romreise nach Wearmouth-Jarrow ein Pandect mit, einen Codex des Alten und des Neuen Testaments in der ‚alten Übersetzung‘ von Cassiodorus aus dem 6. Jahrhundert. Diese Schrift ist auch unter dem Namen Codex grandior bekannt, wegen ihres großen Umfangs: 760 folios.18 Die Existenz des Codex ist durch einige Quellen bekannt, am besten durch die Kopie, die Anfang des 8. Jahrhunderts in WearmouthJarrow entstand und die in der Laurenziana aufbewahrt wird. Es wird allgemein angenommen, dass die Illustrationen des Codex Amiatino wie der Text selbst auf dem frühchristlichen Original basieren. Die Miniaturen sind eingeleitet von einer Darstellung, die das Tabernakel in der Wüste zeigt (s. Abb. 12 und 12a). Die Darstellung erstreckt sich auf zwei Seiten, Folios 2v und 3, und zeigt das Tabernakel und sein parvis (Innenhof) aus der Vogelperspektive, die allerdings nicht konsequent durchgeführt ist: Die Darstellung kombiniert den Grundplan der Anlage mit einem Seitenblick auf die liturgischen Geräte, die gemäß dem Exodus-Text (25f) ihren Platz in der Darstellung einnehmen. Die Miniatur ist sehr reich an Einzelheiten und spiegelt damit, mit einigen Abweichungen, wie z. B. der Zahl der Pfeiler oder der Eingänge, den biblischen Text wider. Ein Vergleich mit dem Josephus-Text zeigt, dass die Miniatur dem Josephus-Text näher steht als dem biblischen Text. Das soll uns nicht wundern, denn Cassiodorus ist von Josephus Flavius beeinflusst worden.19 Die Bildmotive, die in dieser Darstellung auf Josephus Flavius als Quelle zurückgehen – unabhängig davon, ob die Darstellung Ceolfrid oder eher Cassiodorus zuzuschreiben ist – lassen die Eigenart dieser Miniatur deutlicher definieren. Denn diese Darstellung, die beim ersten Blick eine schlichte Visualisierung des Tabernakels der Stämme Israels in der Wüste zu sein scheint, ist eigentlich in ihrer Aussage viel komplexer. Cassiodorus selbst ––––––––––––– 18 P. Meywaert, Bede, Cassidorus, and the Codex Amiatinus, Speculum 71, 1996, 827– 883; L. Nees, Problems of Form and Function in Early Medieval Illustrated Bibles from Northwest Europe, in: J. Williams (Hg.), Imaging the Early Medieval Bible, University Park 1999, 148ff. 19 Schreckenberg, Flavius-Josephus-Tradition (s. Anm. 15), 107–109.

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charakterisierte diese Darstellung in seinem Werk De institutione divinarum litterarum als eine kombinierte Wiedergabe des Tabernakels und des Tempels im Himmel (tabernaculum templumque Domini ad instar caeli). Das kleine, aber prominente Kreuz am Eingang der Sancta Sanctorum verleiht dem jüdischen Tabernakel und Tempel eine christliche Identität: Sie verwandeln sich in die Kirche Gottes und das himmlische Jerusalem. Das Bild stellt somit eine perfekt geordnete und geometrische Welt um das Kreuz dar, zukunftsweisend und ewig, in Kontrast zu der alten Ordnung, die mit der Zerstörung des Tempels zu Ende gegangen ist. Als jüdischer Zeuge der Zerstörung des Tempels hat Josephus Flavius eine fundamentale Bedeutung für diese Pyramide der Argumente. Selbst wenn die Identität Tabernakel-Tempel in der Bibel (1Chr 21,26 = Lev 9,23–24) angedeutet ist,20 war Josephus von grundlegender Bedeutung für die Betonung dieser Idee,21 genauso wie er, zusammen mit Philo, für das Unterstreichen des himmlischen Aspekts des Tempels wichtig war.22 Als Öffnungsseite einer Pandect deutet die Amiatinus-Darstellung zusätzlich auch auf die Union zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. In dieser Hinsicht erfüllt sie die gleiche Funktion wie die In principio-IncipitSeiten des 11. und 12. Jahrhunderts. Wie diese deutet auch die AmiatinusDarstellung auf den Erlösungsaspekt in der Schöpfung durch die besonderen Beschriftungen der vier Kardinalrichtungen im Griechischen: Anatol (Osten), Dysis (Westen), Arctos (Norden), Mesembria (Süden). Es kann kaum eine bessere Erklärung dafür geben, warum die Kardinalrichtungen griechische Beschriftungen tragen, als dass sie das Akrostichon ADAM enthalten – der erste Mensch, der Christus als ‚neuen Adam‘ prä-figuriert.23 Damit ist Flavius Josephus in der Amiatinus-Darstellung wie auch in den In principio-IncipitSeiten für Kompositionen benutzt wurden, die typologisch den Alten und den Neuen Bund, den Tempel und die Kirche, die Schöpfung und die Erlösung einander gegenüberstellen, um die Überlegenheitshierarchie der zweiten gegenüber der ersten hervorzuheben. Die Amiatinus-Miniatur steht am Anfang einer Reihe von ähnlichen Darstellungen, die alle die hier vorgetragene Interpretation begründen und gleichzeitig dokumentieren, wie zentral die Rolle der Darstellung des Tabernakels bzw. Tempels in der christlichen Kunst des Mittelalters gewesen ist. Die karolingische Apokalypse von Valenciennes beginnt mit einem quadratischen

––––––––––––– 20 Y. Zakovitch, The First Stages of Jerusalem’s Sanctification Under David. A Literary and Ideological Analysis, in: L. I. Levine (Hg.), Jerusalem, Its Sanctity and Centrality to Judaism, Christianity, and Islam, New York 1999, 30f. 21 Ant III 102–107. 22 Bell V 136–183 und 184–330. 23 Kühnel, End of Time (s. Anm. 5), 170f.

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Schema des Tabernakels (s. Abb. 13 und 13a), mit einer symmetrischen Einordnung der zwölf Stämme rund um das Allerheiligste (Sancta Sanctorum). Durch die Platzierung am Anfang der Handschrift wird die typologische Beziehung zum himmlischen Jerusalem unterstrichen.24 Aus dem 12. Jahrhundert sind drei Beispiele christlicher Darstellungen des Tabernakels bzw. Tempels bekannt: zwei Incipit-Seiten süddeutscher biblischer Handschriften (eine in Wien, s. Abb. 14,25 die andere in Innsbruck26) und eine in einer Hortus Deliciarum-Handschrift.27 Diese Darstellungen haben mit Amiatinus nicht nur die visuelle Ähnlichkeit gemeinsam, sondern auch die typologische Bedeutung. Fassen wir jetzt zusammen: Die Aufnahme und Darstellung der Texte von Josephus Flavius als Quellen der christlichen Kunst sind nicht nur der narrativen Qualität seiner Schriften zu verdanken, sondern auch seiner Biographie und Persönlichkeit als jüdischer Zeuge von Ereignissen, die für die christliche Exegese von größter Bedeutung waren. Die mittelalterliche Auffassung von Josephus Flavius als Zeuge und Garant christlicher Behauptungen in Schlüsselaspekten des Glaubens ist oft durch direkte Beweise dokumentiert. Die zwei ikonographischen Darstellungstypen, die wir hier besprochen haben, und die entwicklungsgeschichtlich und zeitlich unterschiedlich sind, haben viele Gemeinsamkeiten, die deutlich die rege Auseinandersetzung mit und die zentrale Stellung des Josephus Flavius und seiner Schriften in der christlichen Kunst des frühen Mittelalters bezeugen. Ich zweifle nicht daran, dass über die hier besprochenen Beispiele hinaus noch viele andere mehr darauf warten entdeckt zu werden und somit die Josephus-Flavius-Ikonographie bereichern werden. Provenienz der Abbildungen, 480–494: Abb. 1–5.7.9f: B. Kühnel, The End of Time in the Order of Things, Regensburg 2003; Abb. 6: W. Cahn, Die Bibel in der Romanik, München 1982; Abb. 8.11: G. N. Deutsch, Iconographie de l’illustration de Flavius Josèphe, Leiden 1986; Abb. 12–13a: B. Kühnel, From the Earthly to the Heavenly Jerusalem, Rom 1987; Abb. 14: P. Bloch, Nachwirkungen, in: Monumenta Judaica, Köln 1963

––––––––––––– 24 Bianca Kühnel, From the Earthly to the Heavenly Jerusalem. Representations of the Holy City in Christian Art of the First Millennium, RQ 42, Rom u. a. 1987, 128ff. 25 Wien, Nationalbibliothek, Cod. 10; P. Bloch, Nachwirkungen des Alten Bundes in der christlichen Kunst, in: Monumenta Judaica. 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein, K. Schilling / K. Hackenberg (Hg.), Köln 1963, 756, Abb. 78. 26 Innsbruck, Universitätsbibliothek, Cod. 88, Monumenta Judaica (s. Anm. 25), 756, Abb. 76. 27 Fol. 46, in: R. Green u. a. (Hg.), Hortus Deliciarum. Commentary and Reconstruction, Bd. 2, Leiden 1979, Tafel 29.

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Abb. 1 – ‚Thomas-Evangeliar‘, Trier, Domschatz Codex 61, Fol.1v

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Abb. 2 – Orosius-Handschrift, Laon, Bibliothèque municipale, Ms 137, Fol. 1v

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Abb. 3 – Evangeliumshandschrift, Manchester, John Rylands Library, Ms 98, Fol. 154

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Abb. 4 – Evangeliumshandschrift, Köln, Historisches Archiv, Cod. W 312, Fol. 161

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Abb. 5 – Astronomisch-komputistisches Diagramm, Köln, Dom- und Diözesanbibliothek, 83 II, Fol. 83v

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Abb. 6 – Bibel von Echternach, Luxemburg, Nationalbibliothek, Ms 264, Fol. 4v

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Abb. 7 – Bibel von St. Hubert, Brüssel, Bibliothèque Royale, MS II.1639, Fol. 6v

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Abb. 8 – Antiquitates-Judaicae-Handschrift, Chantilly, Musée Condé, Ms. 774, Fol. 3

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Abb. 9 – Decke aus dem Schrein der heiligen Ewalde, Köln, St. Kunibert-Kirche

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Abb. 10 – Sakramentar aus Fulda, Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Theol. Lat. 231, Fol. 250v

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Abb. 11 – Schöpfer-Logos, Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 5047

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Abb. 12 – Tabernakel in der Wüste, Florenz, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Codex Amiatino 1, Fol. 2v–3

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Abb. 12a – Tabernakel in der Wüste, Florenz, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Codex Amiatino 1, Fol. 2v–3

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Abb. 13 / Abb. 13a – Karolingische Apokalypse, Valenciennes, Bibliothèque municipale, Ms. 99, Fol. 2

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Abb. 14 – Incipit-Seite, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 10

Zum Forschungsstand des ‚slavischen Josephus‘ von

ERNST HANSACK Bekanntlich existiert zum Jüdischen Krieg des Flavius Josephus eine altslavische Übersetzung, die gewisse Unterschiede zum griechischen Text aufweist, die sie für die religionsgeschichtliche Forschung interessant machen. Die ersten publizierten Hinweise auf diese Übersetzung finden sich in der „Übersicht über die Chronographen russischer Redaktion“ des russischen Slavisten Andrej Popov, veröffentlicht in Moskau 1866–1869,1 sowie im „Bibliographischen Lexikon“ von Pavel Stroev, das erst nach dem Tod des Autors 1882 in St. Petersburg erschienen ist.2 Vor allem über diese beiden Werke (und über die Kontakte der Akademien von St. Petersburg und Göttingen) wurde die Existenz der altslavischen Version des Bellum im Westen bekannt.3 Dabei hatte schon Popov in seiner „Übersicht über die Chronographen“ auf die Unterschiede zwischen der griechischen und der slavischen Version des Textes hingewiesen und insbesondere auch als Erster auf die religionshistorisch interessanten ‚Ergänzungen‘ aufmerksam gemacht, die in der Folge dann in der Theologie große Aufmerksamkeit fanden. Bei diesen ––––––––––––– 1 A. Popov, Obzor chronografov russkoj redakcii, Moskau 1866–1869. 2 A. F. Byþkov, Bibliografiþeskij slovar’ P. M. Stroeva, St. Petersburg 1882. 3 Bisher gibt es drei Textausgaben des ‚slavischen Josephus‘: V. M. Istrin (Hg.), La prise

de Jérusalem de Josèphe le Juif, 2 Bde., Paris 1934 / 1938; N. A. Mešþerskij (Hg.), ‚Istorija Iudejskoj vojny‘ Iosifa Flavija v drevnerusskom perevode, Moskau / Leningrad 1958; A. A. Piþchadze u. a. (Hg.), ‚Istorija Iudejskoj vojny‘ Iosifa Flavija / Drevnerusskij perevod, 2 Bde., Moskau 2004. Die Unterschiede dieser Ausgaben sind für Philologen erheblich; die inhaltlichen Unterschiede, die die Theologie interessieren könnten, sind minimal bis unerheblich. Es gibt bisher zwei Übersetzungen des slavischen Textes: Eine französische Übersetzung von P. Pascal, Josephus Flavius, La prise de Jérusalem, version en vieux russe de ‚La Guerre des Juifs‘, Monaco 1964 (auch in Istrin, La prise de Jérusalem de Josèphe le Juif, enthalten); eine englische Übersetzung von H. Leeming und L. Osinkina, hg. v. H. Leeming / K. Leeming, Josephus’ Jewish War and Its Slavonic Version. A Synoptic Comparison of the English Translation by H. S. J. Thackeray with the Critical Edition by N. A. Mešþerskij of the Slavonic Version in the Vilna Manuscript, Leiden / Boston 2003 (das ursprüngliche Projekt von Rev. Orchard). Eine Bibliographie zum ‚slavischen Josephus‘ existiert bisher nicht.

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‚Ergänzungen‘ oder ‚Zusätzen‘, wie sie auch genannt werden, handelt es sich um kurze Bemerkungen im Wesentlichen über Johannes den Täufer, Jesus Christus und die Apostel. 1906 veröffentlichte der Dorpater Theologe Alexander Berendts eine Untersuchung mit dem Titel „Die Zeugnisse vom Christentum im slavischen ‚De bello iudaico‘ des Josephus“, worin er die Ansicht vertreten hat, dass es sich bei den ‚Zusätzen‘ um Stellen aus dem verlorenen aramäischen Original des Bellum handeln würde und somit Josephus als Autor dieser Passagen zu betrachten sei. Genauer gesagt: Berendts hielt die altslavische Fassung des Bellum für die Übersetzung einer griechischen Redaktion des aramäischen Prototyps. 1908 publizierte er auch eine deutsche Übersetzung der theologisch interessanten Zusätze, die – abgesehen von einigen kleineren Verständnisfehlern, die seine Übersetzung enthielt – erstmals das fragliche Material einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Seine Arbeit wurde eine Zeit lang heftig diskutiert und angegriffen. Von Berendts stammt auch eine Art Interlinearübersetzung der ersten vier ‚Bücher‘ des Bellum, die erst postum 1924 von seinem Kollegen Konrad Grass in Dorpat herausgegeben wurde.4 In der Folge meldeten sich dann auch Autoren zu Wort, denen der slavische Josephustext nur aus der Berendtsschen Übersetzung bekannt war. An ihrer Spitze steht der Religionshistoriker Robert Eisler, der in seinem zweibändigen Werk über die messianische Unabhängigkeitsbewegung5 in tendenziöser Weise die Echtheitsfrage der Zusätze erörterte und damit eine Flut weiterer Stellungnahmen hervorrief, die aus sprachwissenschaftlicher Sicht allesamt ziemlich bedeutungslos sind. Eisler versuchte sogar, eine Rückübersetzung der ‚slavischen Zusätze‘ ins Griechische anzufertigen (vgl. seinen Buchtitel), die er dann als Konjekturen in den Text einfügte, um die im Griechischen fehlenden Passagen zu ersetzen. Trotz heftiger Kritik von Seiten der Theologie und der Sprachwissenschaft blieb er bis zu seinem Lebensende bei der Auffassung, dass es sich zumindest bei einem Teil der Zusätze um im griechischen Standardtext nicht überlieferte Varianten aus der Entstehungszeit des Bellum handeln würde. Étienne Nodet bezeichnet Eislers Werk als „die gründlichste Monographie zum slavischen Josephus“ („the most thorough … monograph on the Slavonic affair“)6. Dies ist ein Urteil, dem sich ein

––––––––––––– 4 A. Berendts / K. Grass (Hg.), Flavius Josephus, Vom Jüdischen Kriege: Buch I–IV,

Dorpat 1924. 5 R. Eisler, Əƍƙƕƛƙ ƉƈƙƏƑƋƛƙ ƕƛ ƉƈƙƏƑƋƛƙƈƙ. Die messianische Unabhängigkeitsbewegung vom Auftreten Johannes des Täufers bis zum Untergang Jakobs des Gerechten nach der neuerschlossenen ‚Eroberung von Jerusalem‘ des Flavius Josephus und den christlichen Quellen, 2 Bde., Heidelberg 1929 / 1930. 6 É. Nodet, Passover at Gilgal. From Joshua to Qumran and Jesus, Jerusalem 2003, 12 (Summary).

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Slavist sicherlich nicht anschließen würde; Eisler hat ein fast 1500 Seiten starkes Werk zu einem Text verfasst, den er nur sehr begrenzt im Original lesen konnte. Bienerts Urteil über Eisler („nichts als ein Schlingpflanzengewirr wilder Hypothesen“7) trifft zu, wenn es auch nicht so ist, dass Eislers Argumente durchweg unsinnig wären, einige seiner Gedanken sind durchaus erwägenswert. Eisler hat vieles überliefert, was er aus Kontakten mit Gelehrten seiner Zeit zusammengetragen hatte und was sonst wohl unveröffentlicht geblieben wäre. Der Wert von Eislers Arbeiten liegt heute vor allem in der peniblen Zusammenstellung der bis damals erschienenen Literatur zum ‚slavischen Josephus‘ und zum Testimonium Flavianum im weitesten Sinne. Vom wissenschaftlichen Niveau her Eisler weit überlegen ist die Arbeit des Theologen Walther Bienert, die 1936 erschienen ist.8 Dort findet sich unter anderem auch eine Aufstellung der größeren Auslassungen und Zusätze im slavischen Josephustext. Viele Details stellt Bienert sehr überzeugend dar, in seiner Gesamtinterpretation neigt er jedoch ebenfalls zu überzogenen Schlüssen und ist daher trotzdem vorsichtig zu bewerten. Man muss bei diesem Urteil berücksichtigen, dass es damals noch keine vollständige Ausgabe des slavischen Textes des Bellum gab und als Quelle für die westliche Forschung lediglich die Berendtssche Interlinearübersetzung der ersten vier ‚Bücher‘ (d. h. Kapitel) zur Verfügung stand (Bienert verfügte immerhin schon über den 1. Bd. der Istrinschen Ausgabe; siehe nachfolgend). Die ‚Bücher‘ fünf, sechs und sieben konnten damals überhaupt noch nicht in die Forschung einbezogen werden. Die erste gedruckte Ausgabe der slavischen Fassung des Bellum erschien erst 1934–1938 in Paris, herausgegeben von dem russischen Slavisten Vasilij Istrin.9 Der Einfluss der Istrinschen Ausgabe auf die theologische Bewertung der ‚Zusätze‘ war allerdings nicht mehr groß, da man von Seiten der Theologie das Thema damals im Wesentlichen für ausdiskutiert hielt und es wahrscheinlich auch zu wenige Theologen gab, die über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügten, um die Texte im Original lesen zu können. In der Theologie überwiegt seitdem die Meinung, dass die sog. ‚christologischen Zusätze‘10 im slavischen Josephus nicht auf die aramäische Version des Textes zurückgehen und für die religionshistorische Forschung wahrscheinlich belanglos sind. Ganz ist das Interesse an dem Text jedoch noch nicht erloschen.

––––––––––––– 7 W. Bienert, Der älteste nichtchristliche Jesusbericht. Josephus über Jesus. Unter besonderer Berücksichtigung des altrussischen ‚Josephus‘, TABG IX, Halle 1936, 36. 8 S. Anm. 7. 9 S. Anm. 3. 10 So der Wortgebrauch der älteren Forschung.

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Wie sieht nun der derzeitige Forschungsstand der Slavistik zum Bellum aus und was kann die Slavistik zu den die Theologie interessierenden Fragen aus heutiger Sicht sagen? Dazu müssen folgende Fragen beantwortet werden: Wie sind die – auf den ersten Blick – erheblichen Unterschiede zwischen der slavischen und der griechischen Version des Bellum zu erklären? Handelt es sich um eine ungewöhnlich freie Übersetzung oder geht der slavische Text tatsächlich auf eine andere Vorlage zurück, wie früher vermutet wurde? Wie sind die Einschübe, vor allem die ‚christologischen Einschübe‘, im slavischen Text zu erklären? Wie alt sind sie? Liegen hier ältere (z. B. aramäische) Quellen vor? Falls Frage 1 und 2 aus theologischer Sicht weitgehend negativ beantwortet werden müssen, stellt sich die Frage: Welchen Wert hat die slavische Fassung des Bellum außerhalb der Slavistik? Zur ersten Frage: Wie sind die erheblichen Unterschiede zwischen der slavischen und der griechischen Version des Bellum zu erklären und kann man allein schon aus der großen Zahl von Abweichungen auf eine vom griechischen Standardtext abweichende Vorlage schließen, wie es die ältere Forschung getan hat? Das Hauptproblem bei der Beurteilung der slavischen Übersetzung des Bellum ist das relativ junge Alter der Handschriften, die den Text überliefern. Die wichtigsten stammen aus der Wende des 15. zum 16. Jh. und aus dem 16. Jh. Nach Auffassung der (älteren) russischen Forschung ist der Text Ende des 11. Jh. (oder erst im 12. Jh.) entstanden. Diese Datierung ist jedoch von patriotischen Erwägungen beeinflusst. Durch eine ganze Reihe guter Gründe (basierend auf Analysen des Übersetzungsstils, auf der Auswertung bestimmter Lexik, auf der Datierung einiger Einschübe u. ä.) ist man heute eher der Ansicht, dass die Übersetzung des Textes wahrscheinlich Ende des 10. Jh. erfolgt ist. Das heißt, zwischen der Entstehung des Textes und seinen ältesten schriftlichen Belegen klafft eine Lücke von circa 500 Jahren oder anders ausgedrückt: Es fehlen die Belege für rund 500 Jahre Textüberlieferung. Altphilologen werden nun sagen, dies sei nichts Besonderes. Aber man kann die Überlieferung der mittelalterlichen slavischen Literatur nicht mit der Textüberlieferung der antiken Literatur vergleichen, es herrschten unterschiedliche Bedingungen. 500 Jahre – ein halbes Jahrtausend – sind für die Literatur des Mittelalters eine lange Zeit, in der im ostslavischen Raum (also in Russland, wo der Text überliefert wurde) eine beträchtliche Sprachentwicklung vor sich gegangen ist. Dazu kommt, dass der Text nicht wenige sprachliche Eigenarten enthält, die darauf hindeuten, dass er nicht in Russland entstanden sein dürfte (auch wenn eine Entstehung des Textes in Russland prinzipiell möglich ist). Etliches lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass die Über-

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setzung des Textes bei den Südslaven, d. h. für diese Zeit in Bulgarien, angefertigt wurde. Bulgarien war damals so etwas wie das kulturelle Zentrum der Südslaven mit einer starken Ausstrahlung zu den Ostslaven. Im 10. Jh. erlebte Bulgarien eine erste Blüte seiner Literatur. Viele der Werke, die damals entstanden, wurden später nach Russland gebracht, so auch Bellum. Es ist überliefert, dass der russische Fürst Jaroslav der Weise eine Übersetzerkommission ins Leben gerufen hat, die den Auftrag hatte, Werke der Südslaven nach Russland zu importieren und für russische Leser zu bearbeiten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Zuge dieser Aktion auch Bellum nach Russland kam. Er taucht jedenfalls gegen Ende des 11. Jh. in der russischen Literatur auf, wurde sehr beliebt und hat sich im Lauf der Zeit mehr oder weniger über ganz Russland verbreitet (was man aus der verhältnismäßig großen Zahl der erhalten gebliebenen Handschriften schließen kann). Diese russifizierte Fassung des Textes unterschied sich von der ursprünglichen (d. h. älteren, wahrscheinlich aus Bulgarien stammenden und damit) altbulgarischen (d. h. altkirchenslavischen) Fassung bereits in vieler Hinsicht. Worin bestanden die Unterschiede? Die alten (altkirchenslavischen) Übersetzungen folgten bestimmten Übersetzungsrichtlinien, die stark durch die sprachphilosophischen Vorstellungen des Neuplatonismus beeinflusst waren. Sie basierten auf neuplatonischen Abbildvorstellungen und hielten sich streng an die griechische Vorlage. Sie geben in der Regel die Vorlagen so genau wie möglich wieder, insbesondere wenn es sich um kirchliche Texte handelt (man verfasste gewissermaßen ‚Abbilder‘ der Vorlagen gemäß Dtn 4,2: „Ihr sollt meinem Wort … nichts hinzufügen und nichts … weglassen“). Parallel zur kirchlichen Literatur entstand aber zunehmend auch eine weltliche Literatur (wir würden heute sagen: Belletristik und Sachliteratur), die damals von dem Genre ‚Chronikliteratur‘ dominiert wurde; ‚Chroniken‘ waren eine sehr beliebte und weit verbreitete Gattung. Sie enthielten im slavischen Mittelalter neben Historie auch zahllose Histörchen und erfundene Berichte in bunter Mischung sowie vieles, das man heute nicht mehr in einer Chronik erwarten würde: Man kompilierte nahezu nach Belieben. Außerdem hat fast jeder Kopist nicht nur kopiert, sondern de facto den Text auch bearbeitet. Was ihn nicht interessierte, hat er weggelassen, anderes wieder hat er eingefügt. Besonders das Prunken mit antikem Bildungsgut nimmt in manchen Texten geradezu überhand. Wenn sich eine Stelle für einen Kommentar eignete, wurde einer eingefügt. Kam ein Name vor, der auch in der Bibel vorkam, wurde sofort eine Erklärung eingefügt, um wen es sich dabei handelt, auch wenn außer der (zufälligen) Namensgleichheit schlichtweg nichts vorlag. Bellum zählt zu dieser Gattung, er wurde wie eine ‚Chronik‘ behandelt. Das heißt, der ursprüngliche Text wurde im Laufe des Mittelalters immer wieder überarbeitet, gekürzt und ergänzt. Das Ganze

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ist ein Phänomen, das sich auch in der mittelalterlichen Literatur in Westeuropa findet, wenn auch m. E. nicht in dem Ausmaß wie in der slavischen Literatur Ost- und Südosteuropas. Im Westen bezeichnet man diese Literatur als ‚Volksbuchliteratur‘. Man versteht darunter sog. ‚abgesunkene‘ Literatur, also ursprünglich hohe Literatur, die durch zahllose freie Bearbeitungen (d. h. Bearbeitungen ohne Rücksicht auf die Vorlage) auf Volksbuchniveau abgesunken ist. In Westeuropa handelt es sich dabei überwiegend um Ritterromane und verwandte Texte aus diesem Genre; man könnte den Melusineroman als Beispiel anführen. Diese Texte befriedigten offenbar das Unterhaltungsbedürfnis breiter Schichten der damaligen Bevölkerung. In der einfachen Bevölkerung und der niederen Geistlichkeit dürften das literarische Niveau und der Bildungsstand nicht allzu hoch gewesen sein, genauso wie man auch den Bildungsstand der Masse der Mönche, die die Texte kopierten, nicht allzu hoch ansetzen darf. Aus dem russischen Mittelalter ist vielfach überliefert, dass man bereits zu den Gebildeten zählte, wenn man schreiben konnte. Es war das Schicksal vieler Texte der byzantinischen Literatur in Russland, dass sie so lange bearbeitet wurden, bis sie zu ‚Volksbüchern‘ geworden waren. Wobei man jedoch hinzufügen muss, dass die byzantinische Literatur selbst bereits in etlichen ihrer Genres eine deutliche Neigung zur Volksbuchliteratur erkennen lässt. Das Niveau der griechischen Klassiker der Antike (das Niveau „der großen Heiden“, wie man sie in byzantinischer Zeit nannte) hat die griechische Literatur der Byzantiner niemals erreicht. Ihr Höhepunkt liegt in der Predigtliteratur (Johannes Chrysostomos und vergleichbare Autoren), Weltgeltung hat sie damit aber nicht erzielt. Unter all diesen Problemen leidet auch die slavische Fassung des Bellum: Der Text wurde im Zuge seiner Überlieferung so lange bearbeitet, dass er auf Volksbuchniveau abgesunken ist. Bei diesen Bearbeitungen wurde der (ursprünglich altkirchenslavische) Text nicht nur sprachlich, sondern mit der Zeit immer mehr auch inhaltlich ‚russifiziert‘: Es finden sich veränderte Milieudarstellungen, die eher russischen Lebensgewohnheiten entsprechen, vieles wurde im Stil der altrussischen Heldenepik ausgeschmückt (mit sprachlichen Eigenarten aus dem Stil des Heldenepos, mit den gängigen Alliterationen im Bylinenstil, mit Pletenie sloves – einem Stilmittel des Spätmittelalters – etc.). Aus einem auf beeindruckendem literarischem Niveau in glänzendem Griechisch verfassten Werk der Weltliteratur war auf diese Weise durch zahllose Bearbeitungen streckenweise eine Art mittelalterlicher russischer Ritterroman geworden. Es gibt genügend Texte in der altslavischen Literatur, die ihre griechische Vorlage genauso ‚frei‘ wiedergeben wie Bellum. Der Grund dafür ist, dass diese Texte genauso wie Bellum jahrhundertelang bearbeitet wurden. Insofern ist Bellum ein ganz ‚normaler‘ Text der altslavischen Literatur, er hat keine

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Ausnahmestellung, ständiges Bearbeiten der Texte war gang und gäbe. Besonders Chroniktexte wurden gerne und stark kompiliert: Wenn man zu einer Textstelle thematisch ähnliches Material zur Verfügung hatte, hat man dies hinzugefügt. Viele Texte sind in Handschriften aus verschiedenen Jahrhunderten überliefert. In den Handschriften bis zum 14. Jh. stimmen die Texte in den meisten Fällen noch weitgehend mit den Vorlagen überein. In den Handschriften des 16. Jh. sind die Unterschiede aber meistens schon so groß geworden, dass diese Handschriften für Zwecke, in denen eine weitgehende Übereinstimmung mit der Vorlage benötigt wird (z. B. für lexikologische Auswertungen), nur noch eingeschränkt verwendbar sind. Würden vom Bellum auch jüngere Handschriften existieren, könnte man verfolgen, wie sich der Text zu seinem heutigen Zustand hin entwickelt hat. Selbst in den heute verfügbaren Handschriften, die sich vom Alter her nur gering unterscheiden, wird sichtbar, dass die jüngeren Handschriften Varianten und Zusätze enthalten, die in den wenig älteren noch nicht vorhanden sind. Damit kommen wir zur zweiten Frage: Nachdem heute klar ist, wie die Masse der Abweichungen vom griechischen Text entstanden ist – nämlich durch Bearbeitung – kann man nun im nächsten Schritt versuchen, die Abweichungen zu klassifizieren, um die echten Einschübe herauszufinden. Dazu müssen wir kurz auf die Entwicklung der damaligen slavischen Literatursprache eingehen. Die Sprache der slavischen Fassung des Bellum, so wie er heute vorliegt, ist russifiziertes (Alt)kirchenslavisch. Wie ist diese Sprachform zu bewerten? Die slavischen Sprachen leiten sich aus einer gemeinsamen Grundsprache, dem Urslavischen, ab, dessen belegte Fortsetzung das Altkirchenslavische ist, das seinerseits durch das Kirchenslavische fortgesetzt wird. Alle slavischen Sprachen basieren auf dieser Grundlage, obwohl sie sich natürlich im Laufe der Jahrhunderte zum Teil beträchtlich vom Kirchenslavischen weg entwickelt haben. Man hat also in der Anfangszeit Diglossie: einerseits die gemeinsame Literatur- und Kirchensprache, das Altkirchenslavische (oder Altbulgarische, wie es auch genannt wird), die wie eine verbindende Klammer unter den slavischen Völkern wirkte, und andererseits die sich parallel dazu entwickelnden Volkssprachen, im Falle des Bellum das Russische. Texte, die in (Alt)kirchenslavisch verfasst wurden, waren anfangs für alle Slaven verständlich. Im Laufe der Zeit sind jedoch immer mehr sprachliche Regionalismen, Nationalismen etc. in diese Sprache geraten, sodass Varianten entstanden: Es entstand das Russisch-Kirchenslavische, das Serbisch-Kirchenslavische, bulgarisches Kirchenslavisch usw. Diese nationalsprachlich beeinflussten Varianten der ursprünglich einheitlichen gemeinsamen Literatursprache aller slavischen Völker waren den jeweils anderen slavischen Völkern nicht mehr problemlos (d. h. bis ins letzte Detail) ver-

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ständlich. Man hat natürlich im Großen und Ganzen verstanden, worum es ging – es war ja immer noch die gemeinsame slavische Grundsprache –, aber viele Einzelheiten waren im Laufe der Zeit missverständlich geworden. Die Sprachentwicklung ging dahin, dass nicht selten die gleiche Wortwurzel, oft dasselbe Wort, bei den einzelnen slavischen Völkern mit der Zeit eine andere Bedeutung annahm. Es entstanden nationalsprachliche Bedeutungsverschiebungen, zum Teil von der ursprünglichen Bedeutung völlig abweichende Bedeutungen, die dann von den anderen slavischen Völkern nicht mehr so leicht oder überhaupt nicht mehr verstanden wurden. Als Folge dieser Sprachentwicklung wurde bei Abschriften der mittelalterlichen (ost)slavischen Literatur immer wieder versucht, die Texte sprachlich zu modernisieren. Auf diese Weise kam es auch im Bellum zu einer Vielzahl von Varianten im Text, die jedoch im Großen und Ganzen erklärbar sind. Viele Abweichungen sind einfach dadurch entstanden, dass Kopisten ihre Vorlage nicht mehr korrekt verstanden haben und deswegen manchem Satz – sicherlich meist ungewollt – einen neuen Sinn gaben. In der Regel kann man nachvollziehen, wie es zu den Unterschieden kam. Eine Quelle häufiger Missverständnisse war z. B. die abgekürzte Schreibweise vieler Wörter. Um Zeit und Schreibmaterial zu sparen, hat man mit vielen Abkürzungen geschrieben und nicht jeder Kopist konnte die Kürzungen seiner Vorgänger korrekt auflösen, was zu teils grotesken Missverständnissen geführt hat (so wird z. B. durch Fehldeutung einer Abkürzung aus dem „Ende des Herrschaftsgebietes“ die „Lanze des Königs“; ein Leser, der nur den Text einer modernen Übersetzung kennt, glaubt, Varianten vor sich zu haben11). Chroniken wurden nicht anhand der Vorlagetexte revidiert, wie es z. B. mit kirchlichen Texten üblich war. So wurden von Abschrift zu Abschrift die Unterschiede größer. Für die Analyse der Unterschiede ist wichtig: Die Abweichungen lassen sich systematisieren, nach Typen ordnen und entsprechend ‚filtern‘. Im Ergebnis einer solchen ‚Filterung‘ bleiben unter den vielen Einschüben nur wenige übrig, die eventuell religionsgeschichtlich interessant sein könnten. Ohne die Systematisierung der Abweichungen von der Vorlage nun im Einzelnen vorführen zu wollen, soll nur generell festgestellt werden, ––––––––––––– 11 Die Erarbeitung der kürzlich erschienenen englischen Übersetzung (Leeming / Osinkina, s. Anm. 3) mit ihrer Gegenüberstellung der griechischen Version stellt eine große Leistung dar. Als Nutzer von Übersetzungen muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass bei Übersetzungen immer ein prinzipielles Problem besteht: Ein sprachlicher Niveauunterschied zwischen Texten kann in einer Übersetzung (in den meisten Fällen) nicht berücksichtigt werden; sprachliche Niveauunterschiede kommen in Übersetzungen nur in den seltensten Fällen adäquat zum Ausdruck. Übersetzungen lassen sich also in der Regel nur für die Suche nach inhaltlichen Unterschieden verwenden. Hinweise auf die Entstehung der Unterschiede (ob es sich tatsächlich um Unterschiede handelt) kann aber nur der Originaltext geben.

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dass sich die Abweichungen über die Klassifizierung weitgehend erklären lassen. Wie geht man dabei vor? Zahlreiche Einschübe sind heute noch als solche erkennbar (Randglossen, Interlinearglossen, wechselnder Schriftduktus etc.). Die meisten sind aber bei Abschriften in den laufenden Text übernommen worden und damit nicht mehr so leicht als Einschübe zu identifizieren, sie müssen nach sprachlichen und inhaltlichen Kriterien beurteilt werden. Zur Beurteilung der vielen Einschübe, Abweichungen etc. wird man als Philologe zuerst einmal die Lexik des Werkes analysieren. Der sehr umfangreiche lexikalische Fundus des (Alt)kirchenslavischen stellt einen großen passiven Wortschatz für alle Slaven dar. ‚Passiv‘ heißt in diesem Fall, dass der Wortschatz mehr oder weniger von allen Slaven (vielfach nur noch intuitiv) verstanden, aber nicht mehr aktiv angewandt wird. Dieses Phänomen hat man auch im Bereich der Wortbildung. In der slavischen Wortbildung dominiert (im Gegensatz z. B. zu den germanischen Sprachen) die Derivation, also die Suffixbildung. Als sich die slavischen Sprachen auseinander zu entwickeln begannen, änderte sich mit als Erstes die Häufigkeit der verwendeten Suffixe. Anders ausgedrückt: Es gibt nur wenige Suffixe, deren Anwendung nur auf eine slavische Sprache beschränkt ist. Fast alle verwendeten Suffixe kommen in allen slavischen Sprachen vor, aber in unterschiedlicher Häufigkeit und teilweise auch mit leicht variierender Bedeutung. Die Suffixverwendung hat mit Sprachentwicklung und diese wieder mit Sprachmode zu tun. Zu verschiedenen Zeiten waren verschiedene Suffixe ‚in Mode‘. Da jedoch alle diese Suffixe von allen Slaven passiv verstanden werden, fällt es in der Regel beim Lesen überhaupt nicht auf, wenn Wörter vorkommen, deren Suffixe vom Gebrauch an anderen Stellen abweichen. Wenn man die Lexik eines Werkes (in unserem Fall des Bellum) jedoch in einen Computer eingibt und nach diversen Kriterien systematisch ordnet, dann zeigen sich plötzlich überraschende Ergebnisse. So hat sich bei einer entsprechenden Untersuchung der Lexik des Bellum gezeigt, dass der Wortschatz der Einschübe vor allem in der Wortbildung fast durchweg deutlich vom übrigen Wortschatz des Textes abweicht, ausgenommen die sog. ‚christologischen Zusätze‘, die keine verwertbaren Unterschiede zur übrigen Lexik des Textes aufweisen. Das heißt, die meisten ‚nichtchristologischen Zusätze‘ im Text sind eindeutig zu einer anderen Zeit als der Grundtext entstanden. Da sie nicht älter als der Text sein können, sind sie folglich jünger, d. h. es sind ganz eindeutig Einschübe, die erst im Lauf der Textüberlieferung in den Text eingefügt wurden, wohingegen man bei der Beurteilung der ‚christologischen Zusätze‘ mit sprachlichen Kriterien allein kein befriedigendes Ergebnis erzielen kann. Wie es aussieht, liegen bei den ‚christologischen Zusätzen‘ zwei Gruppen von Zusätzen vor: Die erste Gruppe sind Einschübe schon im griechischen

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Text, die lediglich übersetzt wurden (ich möchte sie die ‚griechischen Zusätze‘ nennen), die zweite Gruppe sind Einschübe in den slavischen Text (die ‚slavischen Zusätze‘). Bei den ‚slavischen Zusätzen‘ kann man ältere und jüngere unterscheiden. In einigen wenigen Fällen ist die Zuordnung zu einer der Gruppen nicht ganz eindeutig. Den Kern der ersten Gruppe bildet das aus griechischen Handschriften bekannte Testimonium Flavianum12, das sprachlich völlig mit dem Grundtext übereinstimmt und daher sehr wahrscheinlich aus der Erstfassung des Textes stammen dürfte. Flavius Josephus zählte zu den erwähnten ‚großen Heiden‘, die eigentlich nicht übersetzt wurden (Autoren wie Platon, Aristoteles etc. sind in der altslavischen Literatur – aus religiösen Gründen – so gut wie nicht vertreten, sie waren nur in kurzen Zitaten aus Werken anderer Autoren bekannt). Die einzige nennenswerte Ausnahme ist der Jüdische Krieg des Flavius Josephus und dies lässt m. E. die Vermutung zu, dass Bellum nicht in erster Linie seines Inhalts wegen übersetzt wurde, sondern als Träger des Testimoniums. Dies wieder lässt keinen anderen Schluss zu, als dass das Testimonium zusammen mit dem übrigen Text übersetzt wurde. Weiter kann man daraus schließen, dass das Testimonium in der griechischen Vorlagehandschrift enthalten war. Denn hätte es eine andere Quelle gehabt, wäre nicht mehr zu begründen, warum auch Bellum übersetzt wurde; das Testimonium ist in der mittelalterlichen slavischen Literatur nämlich auch getrennt überliefert. Das slavische Testimonium unterscheidet sich vom griechischen, jedoch nicht so, dass man auf eine andere Quelle schließen müsste; es ist wieder nur frei bearbeitet worden. Es enthält einerseits merkliche Kürzungen und andererseits Einschübe aus dem Evangelium nach Lukas und den Chroniken des Malalas und des Hamartolos. Auch scheint es durch das Testimonium in den Antiquitates beeinflusst zu sein. Die Platzierung des Testimoniums im slavischen Text weicht von der Platzierung in der Masse der griechischen Handschriften ab (es ist dort an anderer Stelle eingefügt), was früher dahingehend gedeutet wurde, dass das Testimonium einer eigenen Quelle entnommen sein dürfte. Dies muss jedoch nicht der Fall sein. Inzwischen hat man griechische Handschriften gefunden, die das Testimonium ebenfalls an anderen Stellen enthalten als die große Mehrheit der griechischen Handschriften. Die abweichende Platzierung könnte also auf eine relativ junge Vorlagehandschrift hinweisen. Zur Gruppe der ‚griechischen Zusätze‘ würde ich auch vieles stellen, was zwar wie Einschübe wirkt, aber durch Varianten in der Vorlage bedingt sein

––––––––––––– 12 Zum Testimonium Flavianum siehe Alice Whealey, Josephus on Jesus. The Testimonium Flavianum Controversy from Late Antiquity to Modern Times, New York 2003, sowie F. W. Horn in diesem Band.

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dürfte. Etliche solcher Stellen wurden später kommentiert und erweitert. In theologischer Hinsicht scheint mir dieses Material nicht weiter ergiebig (Einzelheiten finden sich in meinem Buch13). Daneben enthält Bellum aber eine zweite Gruppe von ‚christologischen Zusätzen‘ und hier handelt es sich um Einschübe in den slavischen Text. Man kann wieder zwei Untergruppen bilden und ältere und jüngere Einschübe unterscheiden. Zur älteren Gruppe gehören Einschübe, die sich inhaltlich ziemlich gut auf das 11. Jh. (oder wenig später) datieren lassen. Sie dürften zum größten Teil schon im Zuge der Übernahme des Textes nach Russland und überwiegend aus kirchenpolitischen Gründen eingefügt worden sein, sie passen jedenfalls auf die kirchenpolitische Situation des 11. Jh. (gemeint sind die ‚römerfeindlichen Exkurse‘, der Streit mit den ‚Lateinern‘ u. ä.). Es sind thematisch überwiegend Einschübe in christlicher Tradition.14 Die jüngere Gruppe bilden Einschübe, die sich zwar inhaltlich ebenfalls mit christlichen Realien befassen, die aber in Form und Tonfall ihrer Darstellung außerhalb der christlichen Tradition stehen und daher kaum von (orthodoxen) Christen verfasst sein dürften. Gerade diese letzte Gruppe hat das Interesse der Theologie für den ‚slavischen Josephus‘ hervorgerufen. Seit Bekanntwerden der slavischen Übersetzung hat man sich die Frage gestellt: Was waren die Vorlagen für diese Stellen und wer hat sie eingefügt? Die Vermutungen gingen von der aramäischen Erstfassung des Bellum (die Theorie der ‚aramäischen Vorlage‘) bis zu qumranischen Texten der Essener. Die Theorie einer ‚aramäischen Vorlage‘ wurde schon sehr früh vertreten. Was ist davon zu halten? Als eine Art ‚Chronik‘ berichtet Bellum von zahlreichen Ereignissen und überliefert zahlreiche Namen verschiedenster Personen, Orte etc. und bietet damit interessante Ansatzpunkte für die sprachwissenschaftliche Forschung. In sprachhistorischer Hinsicht sind Namen nämlich eine sehr interessante Wortspezies, weil ihr Verhalten in der Sprachentwicklung vom Verhalten der übrigen Lexik abweicht: Namen verändern sich üblicherweise wesentlich langsamer als die anderen Wörter. Mit Namen hat man in der Regel archaisches Wortgut eines Textes vor sich. Die computergestützte (und entsprechend exakte) Untersuchung der Namen im Bellum hat Folgendes ergeben: Alle im Text enthaltenen nichtgriechischen Namen (also z. B. die lateinischen Namen) wurden eindeutig in griechischer Schreibung übernommen. ––––––––––––– 13 E. Hansack, Die altrussische Version des „Jüdischen Krieges“. Untersuchungen zur Integration der Namen, Heidelberg 1999. Die slavischsprachigen Zitate in diesem Buch sind, sofern sich der Inhalt nicht aus dem Zusammenhang ergibt, allesamt übersetzt, um das Buch auch Nichtslavisten zugänglich zu machen. 14 Für Details verweise ich auf mein Buch (s. Anm. 13).

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Dies wird aus einer Reihe fehlender Lautentsprechungen zwischen den Sprachen ersichtlich, die eindeutig die griechische Vorlage erkennen lassen. Eine ganze Anzahl von Namen wurde in den im griechischen Text vorliegenden Kasus übernommen. Das heißt, ihre eigentliche Grundform wurde nicht erkannt und der vorliegende Kasus wurde zur Grundform umfunktioniert. (Beim Akkusativ bestand schon im Mittelgriechischen die Tendenz, ihn als Nominativ zu verwenden.) Wenn beispielsweise in der griechischen Vorlage ein Name im Genitiv oder Dativ vorlag, so wurde der Name – in den oben genannten Fällen – in dieser vorliegenden Form übernommen und an die griechische Kasusendung zusätzlich die slavische Flexionsendung angehängt. Aus derartigen Wörtern ist eindeutig die griechische Vorlage zu erkennen. Aber nicht nur dies, sondern es ist auch noch zu erkennen, dass es sich bei dieser Vorlage um den griechischen Standardtext gehandelt hat, weil diese Kasusformen den jeweiligen Kasus im Standardtext entsprechen. Darüber hinaus enthält der Text circa 300 griechische Lehn- und Fremdwörter, die aufgrund ihrer Schreibung keinen Zweifel an der griechischen Vorlage zulassen. Auch das Genus der Toponyme zeigt eindeutig die griechische Vorlage. Geographische Namen sind im Hebräischen üblicherweise Feminina. Die slavischen Entsprechungen dieser Namen zeigen aber das griechische Genus (und teilweise die regulären slavischen Weiterentwicklungen). An der griechischen Vorlage der slavischen Version des Bellum ist heute nicht mehr zu zweifeln, genauso wenig ist zweifelhaft, dass es sich dabei um den griechischen Standardtext gehandelt hat. Wollte man die Theorie eines ins Griechische übersetzten aramäischen Textes als Vorlage der slavischen Übersetzung aufrechterhalten, so müsste man davon ausgehen, dass diese imaginäre griechische Übersetzung des aramäischen Textes bei den vorkommenden Namen an denselben Stellen wie der griechische Standardtext auch dieselben Flexionsendungen hatte. Dies hieße mit anderen Worten: Die beiden Texte hätten sich weitgehend entsprechen müssen. Dass dem nicht so war, ist aus dem Vorwort des Josephus bekannt: Der Text, der heute als der griechische Standardtext gilt, hat erst nach einer sprachlichen Aufbereitung durch ‚Ghostwriter‘ seine endgültige Form gefunden, er ist nicht eine bloße Übersetzung einer aramäischen Vorlage. Daher kann man zusammenfassen: Die eventuell für eine aramäische Vorlage in Frage kommenden Ergänzungen sind zahlenmäßig viel zu gering und die Übereinstimmungen des slavischen Textes mit dem griechischen Standardtext viel zu groß, als dass man daraus schließen könnte, dass die slavische Übersetzung generell (!) auf eine aramäische Quelle zurückgeht; eine solche Annahme hat keine Wahrscheinlichkeit.

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Natürlich wäre es im Prinzip denkbar, dass in einigen griechischen Handschriften des Standardtextes dessen Vorlage gelegentlich etwas ausführlicher wiedergegeben wurde. Es scheint aber nicht so zu sein: Gegen diese Auffassung, nämlich dass die fraglichen Zusätze in einigen etwas ausführlicheren griechischen Handschriften von Anfang an enthalten waren, spricht, dass diese ‚Zusätze‘ nach meinem Sprachgefühl stilistisch abfallen, sie erreichen nicht das sprachliche Niveau des griechischen Textes und fügen sich auch nicht ganz ‚glatt‘ in den Josephustext ein, was im Allgemeinen mit Recht als ein Indiz für Einschübe angesehen wird. Selbstverständlich ist es nicht prinzipiell unmöglich, schon für den Protographen eine weitere Quelle (oder weitere Quellen) außerhalb des Standardtextes anzunehmen (wie es z. B. Nodet tut: „... not strictly impossible …“15); erforderlich ist dies m. E. nicht, aber es ist möglich. Solange mögliche Vorlagehandschriften nicht bekannt sind, lässt sich hier keine verbindliche Aussage machen. Nicht zuletzt spricht auch der Volksbuchcharakter des slavischen Bellum gegen eine aramäische Vorlage. Selbst wenn man die literarische Qualität der griechischen Version des Bellum den Helfern des Josephus zuschreibt und annimmt, dass das aramäische Original sprachlich weniger elegant formuliert war, so kann man aber m. E. dennoch davon ausgehen, dass es kein ‚Volksbuch‘ war. So schließt schon der Volksbuchcharakter der slavischen Fassung des Bellum (also der erhebliche Niveauunterschied zum griechischen Original) aus, dass es sich dabei um die genaue Wiedergabe (im Sinne einer ‚Übersetzung‘) einer (fiktiven) aramäischen Vorlage handeln könnte. Anders ausgedrückt: Auch der Volksbuchcharakter des slavischen Bellum lässt erkennen, dass hier keine Übersetzung (im üblichen Sinne) von was auch immer vorliegt, sondern eine Bearbeitung. Nun kommen wir zum entscheidenden Punkt: Wenn man ausschließen kann, dass die fraglichen Passagen aus der (fiktiven) aramäischen Vorlage stammen, und trotz intensiver Suche bisher auch keine Handschriften des ‚griechischen Josephus‘ gefunden werden konnten, die diese Zusätze enthielten, dann kann man m. E. mit einiger Berechtigung davon ausgehen, dass die Zusätze in den ‚slavischen Josephus‘ eingeschoben wurden. Vermutliche Entstehungszeit ist dann das Mittelalter (das in Russland erst mit Peter dem Großen endet). Folglich muss man sich die Frage stellen, wer im russischen Mittelalter für Zusätze dieses Typs verantwortlich gewesen sein könnte. Erstaunlicherweise gibt es darauf eine plausible Antwort: Es gab im mittelalterlichen Russland die Sekte der „Judaisierenden“. Diese Sekte wurde 1471 in Novgorod gegründet. Es war eine christliche Sekte, die unter starken jüdi-

––––––––––––– 15 Nodet, Passover (s. Anm. 6), 12.

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schen Einfluss geriet. Ihr Höhepunkt liegt um die Wende des 15. / 16. Jh., also in der Zeit, aus der die wichtigsten Handschriften des Bellum stammen. Anfang des 16. Jh. wurde die Sekte grausam unterdrückt, danach finden sich (offiziell) keine „Judaisierenden“ mehr in Russland. Es existiert eine nicht allzu umfangreiche Literatur der „Judaisierenden“, die jedoch ausreicht, um die Interessen und die Mentalität ihrer Anhänger erkennen zu lassen. Die Schriften der „Judaisierenden“ weisen eine deutlich jüdische Gesinnung auf und lassen eine kritische Distanz zum Christentum und zur orthodoxen Amtskirche sowie eine spürbare Präferenz des Judentums erkennen. Kernpunkte ihrer Lehre waren die Verneinung der Trinität (d. h. Bestreiten der Göttlichkeit Jesu) und ein strenges Sabbatgesetz. Anhänger dieser Sekte dürften – wie es damals üblich war, wenn man etwas ‚besser‘ wusste als der Autor eines Textes oder wenn man eigenes Gedankengut verbreiten wollte – Ergänzungen und Anmerkungen entweder direkt bei Abschriften des Textes oder in Form von Glossen in den Text eingefügt haben, die dann bei Abschriften in den Text übernommen wurden. Um diese Bemerkungen schreiben zu können, müssen Kenntnisse des Christentums vorhanden gewesen sein, die einerseits nicht der christlichen Tradition entstammen16 und die man andererseits bei Juden aus der Zeit des Josephus noch nicht voraussetzen kann, sehr wohl aber bei einer zum Judentum tendierenden Sekte des Mittelalters. Aus der überwiegend hebräisch geschriebenen und nicht uninteressanten Literatur der „Judaisierenden“ wurde einiges ins Russische übersetzt. Das bekannteste dieser Werke ist der „Šestokryl“ (Šeš Kenafajim). Sie hatten auch nach jüdischer Auslegung kommentierte Bibeltexte, Gebetbücher u. ä. Zentrum der Verbreitung ihrer Literatur war Nordrussland; vor allem das Kirillo-BeloserskijKloster wird immer wieder als ihr geistiges Zentrum genannt (dort ist auch der größte Teil der Literatur der „Judaisierenden“ gefunden worden). In diesem Kloster wurden Handschriften des Bellum kopiert. Beim Kopieren hatten judaisierende Mönche Gelegenheit, den Text durch Kürzungen und Ergänzungen im Sinne ihrer Glaubenssätze zu verändern. Gleich drei bedeutende Handschriften des Bellum (der „Kirillo-Beloserskij spisok pervyj, vtoroj i tretij“, heute in der Nationalbibliothek in St. Petersburg) – das ist ein Zehntel aller existierenden Handschriften des slavischen Bellum – stammen aus diesem Kloster, einige weitere Handschriften sind dem Umkreis der „Judaisierenden“ zuzuordnen, sodass mindestens ein Fünftel der existierenden Handschriften des Bellum einen gesicherten Bezug zu den „Judaisierenden“ hat. Der Bezug des ‚slavischen Josephus‘ zu dieser Sekte ist also gut

––––––––––––– 16 So sinngemäß auch Nodet, Passover (s. Anm. 6), 11: „The Slavonic has Jewish aspects unknown to any Christian tradition.“

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belegbar. Übrigens hat schon Eisler die Beziehungen des slavischen Josephustextes zu den „Judaisierenden“ gesehen, wenn auch nicht angemessen gewichtet.17 Mit der Annahme ‚judaisierender‘ Autoren als Urheber der Zusätze wäre auch erklärbar, warum die Einschübe sprachlich nicht abweichen. Die Führer der „Judaisierenden“ waren gebildete Leute; man hat hier das Phänomen, dass viele Personen aus der kirchlichen und weltlichen Oberschicht dieser Sekte verfallen waren. Das heißt, die Zusätze wurden von Personen in den Text gesetzt, die das Kirchenslavische beherrschten (was in dieser Zeit einen gewissen Bildungsstand erforderte; einfache Leute hätten eher Russisch geschrieben). Inhaltlich passen die Einschübe ‚außerhalb der christlichen Tradition‘ auf die „Judaisierenden“ genau und auch methodisch ordnen sie sich gut in das mittelalterliche Konzept des ständigen Überarbeitens der Texte ein. Man muss für die meisten dieser Zusätze m. E. keine konkrete Vorlage annehmen, sie enthalten allgemeines Gedankengut der Judaisierenden. Über die jüdischen Aspekte dieser Textstellen erklärt sich auch, wie man, als es noch keine Ausgabe des slavischen Textes gab, auf die Idee einer hebräisch-aramäischen Vorlage kommen konnte. Damit löst sich das lange umstrittene Problem der außerhalb der christlichen Tradition stehenden ‚christologischen Zusätze‘ im ‚slavischen Josephus‘ weniger spektakulär als erwartet: Bellum wurde von einer mittelalterlichen Sekte als Mittel zur Verbreitung ihrer Weltanschauung verwendet. Zu Zeiten von Berendts und seiner Nachfolger war man sich (aufgrund der fehlenden Textausgabe) dieser Entstehungsgeschichte des ‚slavischen Josephus‘ noch nicht bewusst. Ungeklärt ist bis heute: Wo kam(en) die Vorlagehandschrift(en) für die slavische Übersetzung her? Gesichert ist: Es waren eine oder mehrere Handschriften mit dem griechischen Standardtext. Die Masse der heute bekannten griechischen Handschriften des Bellum ist westlicher Provenienz, man kann aber davon ausgehen, dass für die slavische Übersetzung eine oder mehrere Handschriften östlicher (das heißt wohl: byzantinischer) Provenienz als Grundlage dienten, die völlig übereinstimmend bisher nicht gefunden wurden, weil sie vermutlich nicht mehr existieren. Sicher ist darüber hinaus, dass die Vorlagehandschrift(en) eindeutig zur Gruppe der Codices deteriores, also zu den jüngeren (!) Handschriften gehörte(n),18 wodurch die Wahr-

––––––––––––– 17 Eisler, Əƍƙƕƛƙ (s. Anm. 5), Bd. 1, 380ff. 18 Gute Zusammenstellung von Belegen bei J. M. Creed, The Slavonic Version of Jose-

phus’ History of the Jewish War, HThR 25, 1932, 277–319: 288–290.

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scheinlichkeit, dass darin älteres Material überliefert wurde, weiter schwindet.19 Kommen wir abschließend noch zur letzten Frage: Welchen Wert hat der ‚slavische Josephus‘ derzeit (noch) außerhalb der Slavistik? Solange noch nicht alle griechischen Handschriften des Textes bekannt und untersucht sind, hat die slavische Version des Bellum sicherlich einen Wert für die Textkritik. Zahlreiche instruktive Beispiele dafür finden sich in meinem Buch (s. Anm. 13).

Zusammenfassung der Ergebnisse 1) Die ältere Forschung hatte nur Bruchstücke des Textes für die Untersuchung zur Verfügung, was dazu führte, dass zu spekulativ gearbeitet wurde. 2) Zwischen der griechischen und der slavischen Version des Textes besteht ein erheblicher (sprachlicher und inhaltlicher) Niveauunterschied, die slavische Fassung, so wie sie heute vorliegt, ist ein Werk im Volksbuchstil. 3) Der Niveauunterschied wurde nicht durch Übersetzung, sondern durch Bearbeitung erreicht. 4) Aus der großen Zahl von Abweichungen zum griechischen Standardtext hat man früher auf eine unbekannte Vorlage geschlossen. Die Abweichungen sind jedoch durch Bearbeitungen des Textes bedingt (vgl. Punkt 3) und nicht durch eine abweichende Vorlage. 5) Die Annahme eines (ins Griechische übersetzten) aramäischen Textes als Vorlage für die slavische Übersetzung des Bellum hat keine Wahrscheinlichkeit, da die in Frage kommenden Ergänzungen zahlenmäßig viel zu gering sind und die Übereinstimmung des slavischen Textes mit dem griechischen Standardtext viel zu groß ist, als dass man daraus generell auf eine aramäische Quelle für den Text schließen könnte. Der Text wurde zweifellos nach dem griechischen Standardtext übersetzt. 6) Ein Großteil der zahlreichen Varianten und Abweichungen im Text ist letztlich durch die Sprachentwicklung verursacht: russische Kopisten haben viele Details ihrer altkirchenslavischen Vorlage nicht mehr korrekt verstanden und solche Passagen geändert oder ausgelassen. 7) Die Abweichungen vom Vorlagetext lassen sich nach Typen klassifizieren und auf diese Weise in den meisten Fällen erklären. Es bleibt nur ein kleiner Rest von Zusätzen, die durch sämtliche Filter fallen.

––––––––––––– 19 Eislers Meinung, die „Judaisierenden“ hätten die strittigen Zusätze nicht in Bellum hineingeschrieben, sondern dort vorgefunden (vgl. Eisler, Əƍƙƕƛƙ [s. Anm. 5], Bd. 1, 389), ist aus diesem und weiteren Gründen unwahrscheinlich.

Zum Forschungsstand des ‚slavischen Josephus‘

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8) Es wurden zahlreiche Einschübe in den Text vorgenommen, zum Teil sind sie noch als solche erkennbar, zum größeren Teil sind sie aber bereits in den fortlaufenden Text übernommen worden. Die meisten ‚nichtchristologischen Zusätze‘ unterscheiden sich sprachlich vom übrigen Text, sie sind ganz überwiegend gut als ‚jüngeren Ursprungs‘ datierbar. 9) Bei den ‚christologischen Zusätzen‘ muss man unterscheiden zwischen den Zusätzen, die bereits im griechischen Text vorhanden waren (das Testimonium im weitesten Sinn) und denen, die nur im ‚slavischen Josephus‘ enthalten sind. Beide Gruppen weisen keine sprachlichen Unterschiede zum übrigen Text auf, was ihre Beurteilung erschwert. Die erste Gruppe (d. h. die Gruppe der ‚griechischen Zusätze‘) dürfte zusammen mit dem Grundtext entstanden (und später erweitert worden) sein. Die zweite Gruppe (d. h. die Gruppe der ‚slavischen Zusätze‘) kann man in zwei Untergruppen aufteilen: ältere Zusätze und jüngere Zusätze. Die ältere Gruppe stammt aus dem Umkreis des 11. Jh. und ist überwiegend kirchenpolitisch motiviert. Die jüngere Gruppe ist wesentlich interessanter, sie dürfte so gut wie sicher auf die Sekte der „Judaisierenden“ zurückgehen. Diese Gruppe von Einschüben (und auch charakteristischen Kürzungen) ist gegen Ende des 15. Jh. beim Kopieren des Textes in judaisierenden Klöstern in den Text eingefügt worden. Die bisher in der theologischen Forschung sehr umstrittenen christologischen Einschübe in nichtchristlicher Tradition gehen also auf eine mittelalterliche Sekte zurück. 10) Die Herkunft der Vorlagehandschrift(en) für die slavische Übersetzung ist bisher nicht geklärt. Um einen Eindruck zu vermitteln, wie die Einschübe aussehen, um die es geht, folgen einige charakteristische Beispiele für die ‚christologischen Zusätze‘ und Kürzungen, die die Weltanschauung der „Judaisierenden“ erkennen lassen: Auffällig ist das Weglassen bestimmter christlicher Aussagen über Jesus im Testimonium: Durch die Kürzungen wurden die Passagen ausgelassen, die der Lehre der „Judaisierenden“ widersprachen. Sehr auffällig ist die Art, wie von Jesus gesprochen wird (er wird von den „Judaisierenden“ nicht als Sohn Gottes anerkannt): „Wenn ich auf (seine) gewöhnliche Natur sehe, werde ich ihn nicht als Engel bezeichnen“; an anderer Stelle wird er als „Räuber“, „Aufrührer“, „Zauberer“ u. ä. bezeichnet. Sehr bezeichnend ist der Vorwurf an Jesus, dass er den Sabbat nicht eingehalten habe (das Sabbatgesetz war einer der Kernpunkte in den Glaubenssätzen der Judaisierenden): „… er widersetzte sich in vielem dem Gesetz und hielt den Sabbat nicht nach väterlichem Gebrauch ein“. Die Situation der „Judaisierenden“ war nicht so, dass man sich offenen (provokativen) Widerstand gegen die Amtskirche hätte erlauben können,

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daher findet sich wenig massive Polemik, mehr Zwischentöne; vieles wird zwar gesagt, aber gleich wieder relativiert, was typisch ist für die Situation dieser Sekte. Manche Bemerkung lässt eine gute Kenntnis der jüdischen Feste und Gebräuche erkennen (etwa die Kommentierung jüdischer Feste).

Schluss Heute zeigt sich zunehmend, dass die slavische Übersetzung des Bellum für die Theologie und für die übrigen Philologien wahrscheinlich in erster Linie in textkritischer Hinsicht von Nutzen ist. Der derzeitige Kenntnisstand über diesen Text macht es unwahrscheinlich, dass in der slavischen Version des Bellum tatsächlich einige kleinere Passagen enthalten sind, die für die frühchristliche Forschung von Interesse sein könnten und für die man Bellum als Quelle ansehen kann. Es gilt inzwischen als so gut wie sicher, dass die sog. ‚christologischen Zusätze‘ außerhalb der christlichen Tradition auf die Sekte der „Judaisierenden“ zurückgehen und zum größten Teil gegen Ende des 15. Jh. in den Text eingefügt wurden. Dementsprechend müsste nun die Frage lauten: Was waren die Quellen der „Judaisierenden“? Dazu würde sich eine genaue Auswertung der Literatur der „Judaisierenden“ empfehlen, die aus einer überschaubaren Menge von Texten besteht. Die Möglichkeit dazu ist gegeben, da die judaisierenden Klöster seit dem Ende der Sowjetzeit im Prinzip zugänglich sind.

Who is Responsible for the Massacre of the Innocents (Mt 2,16)? An Old Slavonic Apocryphal Tale by

ANATOLY A. ALEKSEEV The Slavonic version of Josephus Flavius’ Bellum Judaicum for a century has been the focus of attention for historians of the Early Church due to its Christian interpolations. Though mainly treated skeptically as a late falsification, quite a few New Testament scholars assigned them considerable historic importance. Both approaches are reviewed in recent publications by C. Evans, the latter approach being also witnessed by the lately undertaken English translation of the complete text of the Slavonic version and N. A. Meshchersky’s commentaries first published in Russian in 1958.1 The 1958 edition and the new edition of the Slavonic version of Bellum Judaicum, using a different set of Slavonic MSS,2 have made it possible for the present author to arrive at the conclusion that the interpolations were made by a Slav translator in the early 13th century while compiling the so-called Judean Chronicles, a vast Old Russian compendium relating the entire Sacred History. The translator worked in West Rus’, more precisely in Galicia (modern L’viv). In this case alongside usual philological arguments it was possible to find serious reasons based on textual criticism, which renders the argumentation conclusive.3 ––––––––––––– 1 C. A. Evans, Life of Jesus Research. An Annotated Bibliography, Leiden et al. 1996,

284–287; idem, Jesus in Non-Christian Sources. Studying the Historical Jesus. Evaluations of the State of Current Research, ed. B. Chilton / C. A. Evans. Leiden et al. 1998, 443–478; Josephus’ Jewish War and Its Slavonic Version. A Synoptic Comparison of English Translation by H. S. Thackeray with the Critical Edition by N. A. Mešþerskij of the Slavonic Version in the Vilna Manuscript, trans. H. Leeming / L. Osinkina, ed. H. Leeming / K. Leeming, Leiden / Boston 2003. 2 The History of Judean War by Josephus Flavius in Old Russian Translation, 2 Vols., ed. A. A. Pichkhadze, Moscow 2004 (in Russian). 3 The study is to be published in Russian in Proceedings of the Department of Old Russian Literature, Trudy Otdela drevnerusskoj literatury, The Russian Academy of Sciences, Vol. 59.

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The Slav translator was aware of another Josephus’ work, Antiquitates Judaicae, whence he borrowed, with slight alterations, passages concerning John the Baptist (Ant XVIII 116–119) and Jesus (Ant XVIII 63f), which he inserted in his translation of Bellum Judaicum. He also added to his translation stories about apostles and the catapetasma in the Temple based on Acts and Matthew. It is easily understood why Josephus’ writings were on a par with NT as a source for chronography, in this case the practice of Slav writers follows the course of a long Christian tradition. In the early 4th century Eusebius in his Ecclesiastical History used Bellum Judaicum as one of his principal sources, retelling its 5th and 6th books almost without omissions. In the 4–5th century the 6th book of Bellum Judaicum was included in the canon of Syriac Peshitta as the Fifth Book of Maccabees,4 while the medieval revision of the entire book, known as Josippon, comprises a part of the Ethiopian Bible canon.5 The Slavic tradition did not go that far, yet it clearly shows a tendency towards sacralization of this work. Thus the editor of the Explanatory Palaea 6 polemizing with Judaism confines himself to two sources, NT and Bellum Judaicum.7 Slav chronicles infrequently relate even well known biblical events with reference to Josephus. For instance, Judean Chronicles goes, ‚Abraham was the first, as is witnessed by Josephus, to worship God Creator.‘ Christological interpolations introduced in the early 13th century into the Slavonic version of Bellum Judaicum later penetrated other Slavonic historiographic compendiums, and the fact that Josephus was indicated as their author served to strengthen his authority as a Christian writer. Chronicles sometimes give praise to Josephus, saying that though he did not convert to Christianity, he was its true witness, and came to Rome accompanied by Manneus the son of Lazarus, the latter being mentioned in Bellum Judaicum (V 567–572) and identified by Christians with Lazarus of the four days in the tomb from the Gospel of John. The Slavonic version of Esther in its earliest copy of the 14th century (The Russian National Library, Q. I. 2), where it is found as a part of Octateuch, is called Josephus’

––––––––––––– 4 H. Schreckenberg, Die Flavius-Josephus-Tradition in Antike und Mittelalter, Leiden

1972, 61f. 5 M. Hengel, The Septuagint as Christian Scripture. Its Prehistory and the Problem of Its Canon, trans. M. E. Biddle, Edinburgh / New York 2002, 72 n. 44. Cf. H.-P. Rüger, Der Umfang des alttestamentlichen Kanons in den verschiedenen kirchlichen Traditionen. Die Apokryphenfrage im ökumenischen Horizont, ed. S. Meurer, Stuttgart 1989, 137–145. 6 The ‚Explanatory Palaea‘ is an exegetical version of the Old Testament, its title coined from Greek Palaie (Diatheke). 7 A. A. Alekseev, Palaea as a Specimen of Chronography, Trudy Otdela drevnerusskoj literatury 57, 2006, 30–31 (in Russian).

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book.8 This is due to the fact that it was translated from the Hebrew original, but was revised against Antiquitates Judaicae, which recounts Esther in great detail.9 Up till now Antiquitates Judaicae has been ignored as a possible source for the Slavonic translation of Bellum Judaicum, and this circumstance prevented correct understanding of conditions and ways of composing its Christological interpolations. Two of the interpolations are of special interest, one dealing with the massacre of the Sanhedrin, the other dealing with the massacre of the innocents. Let’s consider them in detail. In 37 B. C. Herod captured Jerusalem and cruelly punished the Sanhedrin, for throughout the 5-month siege its attitude towards Herod was invariably hostile. This story is told by Antiquitates Judaicae (XIV 168–176 and XV 1–4) and omitted by Bellum Judaicum, where Josephus is much more benevolent in his description of Herod, the friend of the Romans. The Slav translator offers a different treatment of this event. According to him, members of the Sanhedrin discuss the advent of the expected Messiah and wonder whether Herod himself might be the Messiah. As we know from a later source, Panarion of Epiphanius († 403),10 the sect of Herodians did regard Herod as the Messiah, but Josephus does not say anything about it, though he mentions that Herod’s brother Pheroras was considered by Pharisees as a possible Messiah (Ant XVII 32–45).11 The members of the Sanhedrin of the Slavonic text unequivocally reject the possibility of Herod being the Messiah for he does not descend from David and is an uncircumcised Arabian. The latter statement is not true, for Herod’s grandfather Antipater, an Edomite, converted to Judaism (Ant XIV 8–13). Then Herod is accused of having drowned the land in blood: If he were the Messiah the lame would walk, the blind would receive their sight, the poor would become rich (cf. Mt 11,5), while during his reign the healthy became lame, those able to see lost their sight, the rich were deprived of their wealth. The storyteller mentions the names of two participants of the meeting, who opposed Herod. One of them is Ananias, which is the same name as the high priest who was Josephus’ comrade-inarms during the revolt against Rome and who, like Josephus, vigorously and ––––––––––––– 8 See the text edition: H. G. Lunt / M. Taube, The Slavonic Book of Esther. Text, Lexicon,

Linguistic Analysis, Problems of Translation, Harvard Ukrainian Research Institute, 1998. 9 A. A. Alekseev, Once More on Esther, Russkij jazyk v nauchnom osveshchenii, Vol. 1 (5), Moscow 2003, 208–209 (in Russian). 10 PG. T. 41, col. 269. Cf. E. Bickerman, Sur la version vieux-russe de Flavius Josèphe, Annuaire de l’Institut de Philologie et d’Histoire orientales et slaves, T. IV, Bruxelles 1936, 53–84; reproduced in: E. Bickerman, Studies in Jewish and Christian History, Part 3, Leiden 1986, 188. 11 Cf. S. Mowinkel, He That Cometh. The Messiah Concept in the Old Testament and Later Judaism, Grand Rapids / Cambridge 2005, 284.

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with determination fought the party of Zealots (Bell II 562–565.647–651, IV 151–154.162–192.305–325, cf. Acts 23,1–10). The other one is Jonathan. There were two high priests of the same name: Judas Maccabeus’ brother who fought courageously against Syria and achieved good relations with Rome (Ant XIII 1–212, cf. 1Macc 9–10, 12–13), and the one who fell a victim to Sicarii, so hated by Josephus (Bell II 254–257, in more detail Ant XIX 332– 334). At that meeting of the Sanhedrin Ananias and Jonathan were opposed by ignoramus Levi. This name occurs in Bellum Judaicum only once: Levi is the father of John ben Levi of Giscala, a Zealot, who for a long time fought Josephus and was characterised by him in a most unflattering way (Bell II 585–589). From the point of view of chronology this Levi might well be Herod’s younger contemporary. When the Sanhedrin is discussing Herod being the Messiah and Seventy Weeks (Dan 9,24–27) Levi demonstrates his absolute ignorance and is addressed by his colleagues in the following words, which sound like a proverb: „Your ear is in your mouth, and there is a bone in your head.“12 An explanation follows, saying that Levi used to eat and drink early in the morning and his head was heavy from drinking. „Your ear is in your mouth“ might mean that a glutton has his organ of knowledge, i. e. ear (cf. Prov 2,2; 5,1; 15,31; 18,15), replaced by his mouth; similarly drunkard’s head is filled by bone instead of brain since it is believed that bones absorb wine (cf. Talmudic tractate Nidda).13 Full of resentment Levi goes to Herod, denounces his colleagues, and at night Herod has the entire Sanhedrin physically destroyed. We encounter the same unpleasant character in the interpolation relating the arrival of the Magi. In general the story follows that of Mt 2,1–12, but there are some deviations. At first they start looking all over Judea for a male baby born without a father. This seems to have something in common with the Judaic treatise of the middle of the 1st millennium ‚Toldoth Jeshu‘. At last it is Levi who suggests killing all male babies in Judea. This is what he says to Herod: Send your men all over Judea, and let them kill all male babies that have been born since the Persians saw the star and up till now, and then that one will be also killed, and your kingdom will be strong, and that of your sons and your great-grandsons.

This is what happens next:

––––––––––––– 12 Slavic ‚ear‘ oukho is a homophone to ‚soup‘ oukha, so MSS and commentators accept the last form as authentic. However the reading does not agree with the clear indication that Levy was a drunkard. 13 Plenus Aruch, Targum-Talmudico-Midrash Lexicon, ed. A. Kohut, Vol. 6, Vienna 1890, 5; M. Jastrow, A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature, Philadelphia 1903, 948.

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And then Herod sent preachers all over the country so that they should bring all male babies that had been born during the last three years to receive honour and gold, pretending that if there was one born without a father he would adopt him as his son and make him king; and as there was found none of this description he ordered all 63.000 to be killed.

This figure may be influenced by the apocrypha about Adam and Eve (24,3), where it is said that they had 63 children.14 The interference of his councellors and priests makes Herod to perpetrate the massacre only in Bethlehem. When considered together, these two legendary stories of the Slavonic version unexpectedly and yet clearly manifest Judaic influences. The fact that a Christian interpolator inserts Testimonia Flaviana from Antiquitates Judaicae into Bellum Judaicum agrees with perception of the latter as a kind of Christian history. But the legend about the mass murder of members of the Sanhedrin serves some other purpose. One cannot help wondering why the massacre of the Sanhedrin by Herod should arouse such a keen interest of the interpolator, for it was not mentioned in Bellum Judaicum at all, and is allotted but a modest place in Antiquitates Judaicae. Levi, who initiated the massacre of the innocents, is also responsible for the massacre of the Sanhedrin, which makes him traitor and apostate from the Judaic viewpoint as well. No doubt here we have an attempt at new and original understanding of Judeo-Christian relations at the time when Christianity was in the making. The traditional view of the innocents from the exclusively Christian perspective as the first martyrs15 is complemented by the view from the Judaic perspective: The massacre that finally took place was the result of Herod’s excessive cruelty and Levi’s evil scheming which overcame pious intentions of the Jewish sages of Herod’s surroundings. And this is not the only case when we come across a revision of the traditional Christian point of view in these interpolations. Thus story dealing with a miracle-worker (i. e. Jesus) based on the Christological passage from Antiquitates Judaicae is supplemented by the information that Pilate was bribed by the Sanhedrin and agreed to arrest and execute Jesus for 30 talents, while in Christian tradition Pilate is quite tolerant towards Christians and sometimes is even regarded as their secret but loyal supporter like Nicodemus (from the Gospel of John), which is

––––––––––––– 14 The Old Testament Pseudepigrapha, ed. by J. H. Charlesworth, Vol. II, New York et al. 1983, 266 (the apocryphon ed. by M. D. Johnson). In ancient Christian tradition we meet figures of 14.000, 64.000 and even 144.000, the latter being influenced by Rev 7,4. D. A. Hagner, Matthew 1–13, Dallas 1993, 37. According to Theodor Zahn’s kindhearted calculation, the figure was not so awfully great, being only between 10 and 20. T. Zahn, Das Evangelium des Matthäus, Leipzig 1910, 109 n. 6. 15 U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1–7), EKK I / 1Zürich / Düsseldorf 1997, 130.

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most fully expressed in Acts of Peter and Paul, Acts of Pilate, Gospel of Nicodemus. Galicia was that part of the Old Rus’ where the presence of Jews by the early 13th century was absolutely certain.16 Historical evidence is sparse, but literary sources deserve serious attention. A great number of Talmudic stories were introduced as apocrypha in the Explanatory Palaea.17 The Slavonic texts of Pentateuch are divided into sections that are read in synagogue on Sabbath (parashioth).18 The Book of Esther translated from Hebrew has a number of features clearly showing that it was designated to serve as a targum for the feast of Purim.19 While a century earlier in Germany and France Christian scholars started collaborating with the school of Rashi, at the other end of Europe, in Galicia, a similar process embraced the sphere of Christian writing.

––––––––––––– 16 B. D. Weinryb, The Beginning of East-European Jewry in Legend and Historiography,

Studies and Essays in Honour of A. A. Newman, ed. M. Ben-Horin and others, Leiden 1962, 498–501. 17 A. A. Alekseev, Apocrypha Translated from Hebrew within the East Slavic Explanatory Palaea, Jews and Slavs, Vol. IX, ed. by W. Moscovich, Festschrift Prof. Jacob Allerhand: Judaeo-Slavica et Judaeo-Germanica, Jerusalem / Vienna 2001, 147–154. 18 A. A. Alekseev, Masoretic Text in Russia. Text, Theology and Translation. Essays in Honour of Jan de Waard, ed. S. Crisp / M. Jinbachian, United Bible Societies, 2004, 13–29. 19 Lunt / Taube, Slavonic Book (see n. 8); Alekseev, Once More on Esther (see n. 9), 202.

III. Josephus-Lektüren

Die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ bei Josephus: Variationen eines Themas von

MICHAEL WEISSENBERGER In den beiden Hauptwerken des Flavius Josephus, dem zwischen 79 und 81 in der griechischen Fassung erschienenen Bellum Iudaicum und den im Jahr 93 / 94 publizierten Antiquitates Iudaicae, findet man jeweils einen Exkurs über die drei nach Angabe des Autors traditionellen Richtungen innerhalb des Judentums, nämlich die Pharisäer, die Sadduzäer und die Essener (Bell II 117–166; Ant XVIII 1–25), die Josephus, wie er andernorts (Vita 10f) versichert, durch eigene, in seiner Jugendzeit gesammelte Erfahrungen genau kennt. An beiden Stellen soll deutlich gemacht werden, dass der große jüdische Aufstand der Jahre 66 bis 70 nicht aus der herkömmlichen Mentalität und Glaubenslehre der Juden zu erklären, sondern durch das Aufkommen und die Verbreitung einer neuen, vierten Richtung, der sogenannten Zeloten, verursacht worden sei, als deren Gründer Josephus einen gewissen Judas von Galiläa namhaft macht. Der Leser soll lernen, dass die im Jüdischen Krieg zu Tage getretenen Exzesse an Aufsässigkeit und Fanatismus – so jedenfalls der in der römischen Welt entstandene Eindruck – einer extremen, wesentlich durch von außen kommenden Druck erzeugten Notsituation geschuldet seien und nicht etwa als dem jüdischen Volk und Glauben inhärente Charakteristika missverstanden werden dürften.1 Neben dieser apologetischen Intention ist auch das Bemühen des Autors deutlich erkennbar, Barrieren der Fremdheit und des Nichtverstehens zwischen den Kulturen abzubauen; die Pharisäer, Sadduzäer und Essener erscheinen in der Darstellung des Josephus als eine Art Äquivalent zu griechisch-hellenistischen Philosophenschulen und damit als ein Phänomen, das im kulturellen Koordinatensystem der römisch-

––––––––––––– 1 Vgl. S. Mason, Flavius Josephus und das Neue Testament, übers. v. M. Vogel, Tübingen / Basel 2000, 209, nach dessen Meinung Josephus die jüdischen Schulrichtungen beschreibt „(a) um seinen Lesern den geistigen Tiefgang und Reichtum des Judentums eindrucksvoll nahezubringen, und (b) um die Rebellen als asoziale Renegaten zu brandmarken“.

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griechischen Leserschaft eingeordnet und verstanden werden kann.2 Diese identische Motivation und Intention sowie der identische Kontext der beiden Exkurse lassen deshalb eher eine Gleichförmigkeit in Komposition und inhaltlicher Gestaltung erwarten – und das umso mehr, wenn die These richtig ist, dass „BJ die direkte Vorlage von AJ ist“.3 Die tatsächlich vorhandenen Unterschiede werden vor diesem Hintergrund umso auffälliger; sie sollen im Folgenden herausgearbeitet und dem Versuch einer – über Zufall oder Laune des Autors hinausgehenden – Erklärung zugeführt werden.4 Der Exkurs über die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ wird im Bellum durch wenige Zeilen rein narrativen Textes eingeleitet (II 117f). Den für ihn entscheidenden Punkt, die völlige Andersartigkeit der neuen, den Aufstand und Krieg auslösenden Gruppierung, formuliert Josephus dabei mit den Worten, Judas sei „Meister einer ganz eigenen Sonderlehre, die in nichts den anderen glich“, gewesen. Wie ein ausführlicher Kommentar zu den drei lapidaren Sätzen im Bellum lesen sich die entsprechenden Ausführungen in den Antiquitates (XVIII 1–10): Josephus beschreibt ausführlich die den Aufruhr initiierenden Maßnahmen der römischen Provinzialverwaltung, die Agitation des Judas und seiner Anhänger sowie die katastrophalen Folgen des sich anbahnenden Geschehens und kommentiert das Ganze ex eventu mittels einer persönlichen und hochemotionalen Stellungnahme. Statt der im entsprechenden Abschnitt des Bellum zur Schau gestellten Distanziertheit und Zurückhaltung erlebt der Leser hier eine von der Gewichtigkeit des eigenen Urteils überzeugte Mitteilsamkeit; in den Antiquitates, so scheint es, spricht nicht mehr der Neuankömmling und von Kaisers Gnaden Eingebürgerte, sondern ein selbstbewusstes Mitglied der gebildeten römischen Gesellschaft, das sich seines Ansehens und Ranges als Geschichtsschreiber in hohem Maße bewusst ist.

––––––––––––– 2 Eine Interpretation, die dem Selbstverständnis dieser Denkschulen kaum gerecht werden dürfte, vgl. Tessa Rajak, Josephus. The Historian and His Society, London 22004, 89: „It is improbable that the members of those sects saw their own groupings in such terms, and so there is no reason to think that the members of the fourth one did. And it is doubtful whether what they had to offer was a new brand of Judaism, intended to contrast with the other three: all this looks suspiciously like Josephus’ own schematisation, made for the benefit of his Greek readers.“ 3 K.-S. Krieger, Geschichtsschreibung als Apologetik bei Flavius Josephus, Tübingen 1994, 17. 4 Zur Verschiedenheit der beiden Exkurse und Erklärungsversuche, insbesondere der Spekulation, Josephus habe für den Abschnitt im Bellum andere Quellen benutzt als für den in den Antiquitates, vgl. z. B. auch Tessa Rajak, Ciò che Flavio Giuseppe vide. Josephus and the Essenes, in: F. Parente / J. Sievers (Hg.), Josephus and the History of the Greco-Roman Period, Leiden u. a. 1994, 141–160: 147f.

Die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ bei Josephus

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Nun zu den eigentlichen Exkursen: Im Bellum fällt der Abschnitt etwa dreimal so lang aus wie in den Antiquitates und befasst sich zu über 90% mit den Essenern (ca. 152 Zeilen), während Pharisäer und Sadduzäer in jeweils nur sieben Zeilen zusammengefasst werden. Da zudem die Essener an erster Stelle stehen, erhält der mit den jüdischen Verhältnissen unvertraute Leser den Eindruck, die Essener seien die mit Abstand bedeutendste Strömung und die eigentlichen Repräsentanten des jüdischen Volkes.5 Ausgewogener sind die Proportionen6 in dem Exkurs der Antiquitates: Zwar widmet auch hier Josephus den Essenern den meisten Raum (19 Zeilen), aber die Pharisäer erhalten immerhin fast ebenso viel (16,5 Zeilen), die Sadduzäer nicht weniger als in dem insgesamt ja viel längeren Bellum-Exkurs (7,5 Zeilen), und die ‚neue‘ Lehre wird in 13,5 Zeilen dargestellt, während im Bellum lediglich ihre Existenz und völlige Verschiedenheit vom übrigen Judentum konstatiert worden waren. Auch die Reihenfolge, für die Josephus sich in den Antiquitates entschieden hat (Pharisäer – Sadduzäer – Essener – Zeloten) dürfte der realen gesellschaftlichen Bedeutung und Position der einzelnen Strömungen eher gerecht werden als diejenige im Bellum. Bezüglich ihres Inhaltes weisen die Darstellungen der drei bzw. vier Gruppierungen Unterschiede auf, weniger im Sinne von Widersprüchen als von Hinzufügungen und Auslassungen: Die beiden Abschnitte über die Pharisäer entsprechen einander trotz der unterschiedlichen Ausführlichkeit inhaltlich weitgehend. Lediglich die drei in den Antiquitates am Anfang genannten Punkte (Einfachheit der Lebensführung, Strenge in der Befolgung der Lehre, Respekt vor und Gehorsam gegenüber den Älteren: XVIII 12) werden im Bellum so nicht ausgeführt, am Ende des dortigen Abschnittes (II 166) durch die Erwähnung der gegenseitigen Zuneigung und Solidarität, deren die Pharisäer sich befleißigten, aber immerhin partiell angedeutet. Die beiden kurzen Abschnitte über die Sadduzäer vermerken übereinstimmend deren Überzeugung von der Sterblichkeit der Seele und eine unter ihnen verbreitete Grobheit bzw. Streitlust im Umgang miteinander (Bell II 165.166; Ant XVIII 16). Weitere im Bellum genannte Einzelheiten der sadduzäischen Glaubenslehre (Bedeutungslosigkeit der Vorsehung, völlige Entscheidungsfreiheit des Menschen, Unbeteiligtsein Gottes am Bösen: II 164f) fehlen in den Antiquitates, wo man andererseits über die im Bellum gebotenen Informationen hinaus erfährt, dass die Sadduzäer trotz des im Allgemeinen hohen sozialen Ranges ihrer Anhänger in der Praxis sich nicht durchsetzen konnten und ihr öffent––––––––––––– 5 Dass die Essener bei Josephus als eine Art ‚Quintessenz des Judentums‘ erscheinen, meint auch A. Paul, Flavius Josèphe et les Esséniens, in: D. Dimant / U. Rappaport (Hg.), The Dead Sea Scrolls. Forty Years of Research, Leiden u. a. 1992, 126–138. 6 „Some imbalance in this design“ (nämlich des Exkurses im Bellum) sieht auch Rajak, Josephus (s. Anm. 4), 146.

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Michael Weißenberger

liches Wirken den Pharisäern anpassten (Ant XVIII 17). Über Pharisäer und Sadduzäer hört der Leser im Bellum also teilweise dasselbe wie in den Antiquitates, teilweise Unterschiedliches, ohne dass die Variation eine eindeutige Tendenz erkennen ließe und zu Schlussfolgerungen eine Grundlage böte. Anders im Falle der Essener: Deren Darstellung ist im Bellum rund achtmal so lang wie in den Antiquitates, was nicht nur an den ausführlicheren Detailbeschreibungen liegt, sondern auch daran, dass mehr als die Hälfte der in der früheren Schrift mitgeteilten Informationen über diese Gruppierung in der späteren völlig fehlt. Weggelassen hat Josephus in seiner zweiten Beschreibung der Essener deren eigentümliche Gewohnheiten im Zusammenhang mit Körperpflege und Kleidung (Bell II 123.126), das Verbot, für Geld untereinander Käufe oder Verkäufe zu tätigen (II 127), die sehr ausführliche Schilderung des Tagesablaufes einschließlich der gemeinsamen Mahlzeiten (II 128–133),7 die komplizierte und langwierige Prozedur der Aufnahme von Neulingen in die Gemeinschaft sowie die von diesen zu leistenden Eide (II 137–142) und die Verfahrensweise bei der Verstoßung von Mitgliedern, die ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sind (II 143f); ebenso fehlen in den Antiquitates Informationen über die innere Organisation (II 145f.150), verschiedene im alltäglichen Leben einzuhaltende Gebote (II 147–149), die den Essenern eigene Langlebigkeit (II 151) und Todesverachtung (II 151– 153) sowie die Existenz von Propheten in ihren Reihen (II 159); unerwähnt bleibt schließlich die durch Bejahung von Ehe und Kinderzeugung von den Essenern unterschiedene Sondergruppe (II 160f). Sieht man von den beiden letzten, eher marginalen Punkten ab, so lässt sich Folgendes konstatieren: Die meisten der im Bellum mit viel Liebe zum Detail und in großer Anschaulichkeit beschriebenen, in den Antiquitates dagegen weggelassenen Elemente der Schilderung der Essener deuten auf oder suggerieren gar eine zentrale Eigenschaft dieser Menschen, nämlich eine an Pazifismus grenzende Friedfertigkeit.8 Wessen alltägliches Leben durch den festgelegten und streng überwachten Wechsel von Arbeit und geradezu klösterlich anmutenden Gemeinschaftsmahlzeiten derart strikt geregelt ist, wer jeden siebten Tag strengste Feiertagsruhe hält, wer vollauf damit beschäftigt ist, eine Vielzahl von Geboten und Verboten einzuhalten, wer überdies seine ganze Heilserwartung auf eine durch Tugendhaftigkeit zu verdienende

––––––––––––– 7 Hier ausnahmsweise ein gewisser Widerspruch: In Ant XVIII 19 wird gesagt, die Essener befassten sich hauptsächlich mit Landarbeit, während die in Bell II 129 gewählte Formulierung („danach werden sie von den Obmännern zur Ausübung ihrer jeweiligen Berufe entlassen“) Berufsvielfalt unter den Essenern suggeriert. 8 Dazu passt, dass Josephus andernorts (Ant XV 371) ausdrücklich bemerkt, dass die Essener die Lebensweise der Pythagoreer befolgten.

Die jüdischen ‚Philosophenschulen‘ bei Josephus

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jenseitige Welt setzt und den materiellen Gütern der Welt, der geschlechtlichen Liebe, dem Erringen von irdischem Einfluss und Macht so gut wie kein Interesse entgegenbringt, der – so muss und soll der Leser schließen – zettelt bestimmt keinen Aufstand gegen ein Weltreich an und führt nicht jahrelang einen aussichtslosen Krieg. Eben dieser Krieg hatte in der römischgriechischen Welt ein Bild des Judentums entstehen lassen, dem Josephus einen scharfen Kontrast gegenüberstellen will. Offenbar eigneten sich zu diesem Zweck von den drei jüdischen Denkschulen die Essener am besten und wurden deshalb von Josephus im Bellum derart in den Vordergrund gerückt, dass sie, wie eingangs bemerkt, als Inbegriff jüdischen Denkens und Lebens erscheinen, obwohl ihre Zahl doch – wie bezeichnenderweise in den Antiquitates (XVIII 20), nicht aber im Bellum mitgeteilt wird – die 4000 kaum überstieg. Es ergibt sich also, dass der Exkurs im Bellum in deutlich höherem Grade die Funktion der Rehabilitierung des aus römisch-griechischer Sicht durch den Aufstand diskreditierten Judentums zu erfüllen bestimmt ist als der entsprechende in den Antiquitates.9 Mehr als zwei Jahrzehnte nach Kriegsende kann der längst in der römischen Oberschicht angekommene Jude denselben Gegenstand ausgewogener und untendenziöser behandeln als der Neuling in Rom dies wenige Jahre nach den Ereignissen konnte.10 Er kann jetzt auch zugestehen, dass die Zeloten, die in seinem Erstlingswerk noch rein gar nichts mit dem traditionellen Judentum gemeinsam haben sollten, nur hinsichtlich ihres über Leichen gehenden Fanatismus etwas Neues seien, sonst aber in allem den Pharisäern glichen (Ant XVIII 23). Die apologetische Verve des Bellum ist einer sachorientierten Sicht des versierten Historikers gewichen; hierin scheint mir ein wesentlicher Grund für die unterschiedliche Gestaltung der thematisch und funktionell identischen Exkurse zu liegen.

––––––––––––– 9 Diese Interpretation widerspricht der These, dass Bellum für das Diaspora-Judentum, Antiquitates dagegen für ein nichtjüdisches Publikum geschrieben worden sei (so Krieger, Geschichtsschreibung [s. Anm. 3], 328f). 10 In eine entfernt ähnliche Richtung geht die von Rajak (Josephus [s. Anm. 4], 160) erwogene Erklärung für die Unterschiede: „... the Josephus of the Ant. lacked the communicative passion of the aspiring younger man.“

Nomothetes und Politeuma Josephus’ Präsentation des jüdischen Glaubens in Contra Apionem II 125–189 von

DIRK UWE HANSEN

In der Schrift Contra Apionem unternimmt es Flavius Josephus, seinen Glauben gegen die zu seiner Zeit verbreiteten antisemitischen Vorwürfe zu verteidigen. Ob er sich damit hauptsächlich an seine Glaubensgenossen oder an hellenisierte heidnische Leser wendet, lässt sich kaum mit Sicherheit sagen, sicher jedoch ist, dass er seine Darstellung des Judentums geschickt in den zeitgenössischen griechisch-römischen Kontext einbettet.1 Neben der ausführlichen Behandlung seines Themas präsentiert Josephus im zweiten Buch in den Abschnitten 125–189 eine Zusammenstellung der wichtigsten jüdischen Gesetze, deren Überlegenheit über die griechischen Verfassungen und Gesetzeswerke er beweisen will.2 In dieser äußerst kurz gefassten Darstellung des jüdischen Glaubens verfolgt Josephus zwei Ziele. Zum einen ist er offensichtlich bestrebt, die Glaubensvorschriften in einen politischen Diskurs einzubetten, indem er sie als ƯƦƷʾƶƷƦƶƮƵ ƷƳ̬ ™ƳưƮƷƪˈμƦƷƳƵ3 und ƭƪƳƯƴƦƷ˄Ʀ beschreibt. Das ist nicht ganz unproblematisch, wie Spilsbury feststellt: „At the risk of de-emphasizing the divine origin of the ––––––––––––– 1 So E. S. Gruen, Greeks and Jews. Mutual Misperceptions in Josephus’ Contra Apionem, in: C. Bakhos (Hg.), Ancient Judaism in Its Hellenistic Context, Leiden 2005, 31–52: 31: „... [the AP was] evidently a reflection upon the place of Judaism in the intellectual and social context of Graeco-Roman antiquity – and particularly its place vis-a-vis the Greek.“ 2 Diese Passage war Thema einer Lektüregruppe bei der Tagung des Corpus JudaeoHellenisticum in Greifswald, die ich leiten durfte. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Lektüre und Christfried Böttrich danke ich für die Gelegenheit, in anregender und freundlicher Atmosphäre viel über diesen Autor und sein Werk zu lernen. Die folgenden Ausführungen können und wollen nichts anderes sein als eine Zusammenfassung der uns bei dieser Lektüre besonders angelegenen Fragen. 3 ™Ƴư˄ƷƪƸμƦ findet sich in Phil 3,20 in der Formulierung ™Ƴư˄ƷƪƸμƦ ɩƱ ƳʡƴƦƱƳ̝Ƶ und ist sonst von einzelnen Bevölkerungsgruppen gebraucht, etwa BCH 15, 1891, 182, Z. 205: ™Ƴư˄ƷƪƸμƦ Ʒ̹Ʊ ƨƸƱƦƮƯ̹Ʊ.

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Dirk Uwe Hansen

Jewish law, therefore, Josephus presents Moses in terms reminiscent of a Greek lawgiver, in order to create rapport with a Hellenized audience. ... Along the same line, we might also notice that Josephus presents the law of Moses as a political constitution, or ™ƳưƮƷƪ˄Ʀ.“4 So ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass Josephus den Begriff ƭƪƳƯƴƦƷ˄Ʀ in Ap II 165 mit großer Vorsicht einführt: ʮƵ ɝƱ ƷƮƵ ƪʉ™ƳƮ ƧƮƦƶʾμƪƱƳƵ Ʒ˅Ʊ ưˆƨƳƱ, ƭƪƳƯƴƦƷ˄ƦƱ ə™ˀƩƪƮƲƪ Ʒ˅ ™Ƴư˄ƷƪƸμƦ („wie man sagen könnte, täte man dem Wort Gewalt an: Als Gottesherrschaft hat er die Gemeinschaft erwiesen“). Diese Entschuldigung wäre überflüssig,5 wenn sie sich auf die Wortbildung selbst bezöge, zumal da Josephus in Ant II 16 keine Schwierigkeiten hat, einen Begriff wie ƩƳƸưƳƯƴƦƷ˄Ʀ ebenso eigenständig und singulär zu bilden. Erklärlich wird die Vorsicht, wenn wir annehmen, dass Josephus Contra Apionem nicht an hellenisierte Heiden richtet, sondern an seine jüdischen Leser, die befremdet von seiner Beschreibung der Gottesherrschaft als einer Art politischer Verfassung sein könnten. Daneben will Josephus die Überlegenheit dieser Verfassung nicht dadurch beweisen, dass sie etwas gänzlich anderes und besseres sei, als die seinen Lesern bekannten Verfassungen. Vielmehr geht es ihm darum zu zeigen, dass Strukturen, die seinen Lesern aus dem griechischen Denken vertraut sind, in der jüdischen Verfassung entweder von den Fehlern der Griechen frei sind oder durch entscheidende kleine Abweichungen den griechischen überlegen. Hierzu unternimmt er zunächst eine Gesamtbetrachtung, die sich hauptsächlich als ein Lob des Moses als Gesetzgeber erweist, um sodann einige der jüdischen Gesetze, die er den griechischen gegenüber für überlegen hält, aufzulisten. ... ƧƳˈưƳμƦƮ ƶƸƱƷˆμƼƵ ƯƦ˃ ™ƪƴ˃ Ʒ̏Ƶ ʚưƬƵ ɶμ̹Ʊ ƯƦƷƦƶƷʾƶƪƼƵ ƷƳ̬ ™ƳưƮƷƪˈμƦƷƳƵ ƯƦ˃ ™ƪƴ˃ Ʒ̹Ʊ ƯƦƷʽ μˀƴƳƵ, ʮƵ ɛƱ ƩƸƱƦƷˆƵ, ƪʅ™ƪ̝Ʊ – Ich will zusammenfassend über die Einrichtung unserer Verfassung und über die Einzelheiten sprechen, so gut ich kann (145).

Dass er in seiner Auflistung ƯƦƷʽ μˀƴƳƵ hauptsächlich die Gesetze wählt, die den heidnischen Lesern vertraut und einleuchtend sein mussten, und dies in einer diesen Lesern vertrauten Form der Formulierung, hat Schäublin überzeugend gezeigt. Uns soll im Folgenden nur die Einleitung und damit der Rahmen, in den Josephus seine Darstellung einbettet, interessieren.

––––––––––––– 4 P. Spilsbury, Reading the Bible in Rome. Josephus and the Constraints of Empire, in: Josephus and Jewish History in Flavian Rome and Beyond, hg. v. J. Sievers / G. Lembi, JSJ.Suppl 104, Leiden 2005, 222. 5 Die Bildung, die genauso gut von Platon stammen könnte, ist „völlig normal“, so C. Schäublin, Josephus und die Griechen, Hermes 110, 1982, 316–341: 340f.

Nomothetes und Politeuma

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Nach einer kurzen Darstellung der Vorwürfe, gegen die sich das Judentum seiner Ansicht nach verteidigen muss,6 beginnt Josephus sogleich mit dem Lob des Moses. Er verzichtet in seiner Darstellung nicht auf den bekannten Altersbeweis: ƹƬμ˃ ƷƳ˄ƱƸƱ Ʒ˅Ʊ ɶμˀƷƪƴƳƱ ƱƳμƳƭˀƷƬƱ Ʒ̹Ʊ ʖ™ƳƸƩƬ™ƳƷƳ̬Ʊ μƱƬμƳƱƪƸƳμˀƱƼƱ ƱƳμƳƭƪƷ̹Ʊ ™ƴƳʾƨƪƮƱ əƴƺƦƮˆƷƬƷƮ – Ich sage nun, dass unser Gesetzgeber allen jemals bekannt gewordenen Gesetzgebern an Alter überlegen ist (154).

Dabei führt er diesen Beweis in einer für hellenisierte Leser leicht nachvollziehbaren Weise, indem er mit einem argumentum ex silentio aus dem Schweigen Homers über das Gesetz darauf schließt, dass es auch keines gegeben haben kann (155). Jedoch ist es für ihn nicht allein das Alter, das die Priorität des Moses ausmacht. Dessen Überlegenheit liege vielmehr in dem besonderen Verhältnis, in dem Moses zu Gott steht. Hiermit stellt Josephus Moses durchaus in die Tradition antiker Gesetzgeber, wie Lykurg und Minos, mit denen er ihn vergleichen will. Denn auch diese führten, wie er sagt, ihre Verfassungen auf die Götter zurück: Ƴʆ μʿƱ ƨʾƴ ƦʡƷ̹Ʊ ƷƳˇƵ ƱˆμƳƸƵ ʢ™ƳƷ˄ƭƪƱƷƦƮ ¥Ʈ˄, Ƴʆ Ʃʿ ƪʅƵ Ʒ˅Ʊ ɡ™ˆưưƼ ƯƦ˃ Ʒ˅ ¥ƪưƹƮƯ˅Ʊ ƦʡƷƳ̬ μƦƱƷƪ̝ƳƱ əƱˀƹƪƴƳƱ, ɹƷƳƮ ƷəưƬƭʿƵ ƳʦƷƼƵ ɭƺƪƮƱ ƱƳμ˄ƫƳƱƷƪƵ ɷ ™ƪ˄ƶƪƮƱ ̪́ƳƱ ʢ™ƳưƦμƧʾƱƳƱƷƪƵ – Einige von ihnen [den Gesetzgebern der Griechen] schreiben ihre Gesetze Zeus zu, andere führen sie auf Apoll und sein delphisches Orakel zurück, entweder, weil sie dies für wahr hielten, oder weil sie glaubten, auf diese Weise leichter überzeugen zu können (162).7

Der entscheidende Unterschied liegt für Josephus offensichtlich in der Art und Weise, in der Gott bei der Erschaffung des mosaischen Gesetzeswerkes beteiligt war. Denn Moses versicherte sich nicht nur durch ein Orakel seiner Autorisierung durch Gott: ... ɩƱˆμƮƫƪƱ ɶƨƪμˆƱƦ Ʒƪ ƯƦ˃ ƶˈμƧƳƸưƳƱ ƭƪ˅Ʊ ɭƺƪƮƱ, ƯƦ˃ ™ƪ˄ƶƦƵ ™ƴˆƷƪƴƳƱ ɪƦƸƷ˅Ʊ, ʚƷƮ ƯƦƷʽ ƷˁƱ ɩƯƪ˄ƱƳƸ ƧƳˈưƬƶƮƱ ɞ™ƦƱƷƦ ™ƴʾƷƷƪƮ ƯƦ˃ ƩƮƦƱƳƪ̝ƷƦƮ, ƷƦˈƷƬƱ ˯ƪƷƳ Ʃƪ̝Ʊ ™ƴ˅ ™ƦƱƷ˅Ƶ ɩμ™ƳƮ̏ƶƦƮ ƷˁƱ ʢ™ˆưƬƻƮƱ ƷƳ̝Ƶ ™ư˂ƭƪƶƪƮƱ. – ... er glaubte, Gott als Leiter und Ratgeber zu haben, und überzeugte sich zunächst selbst davon, dass er alles nach dessen Willen tat und bedachte, dann hielt er es für richtig, diese Annahme auch der Menge zu vermitteln (160).

Das göttliche Wirken dient ihm also nicht nur als Autorisierung seines Gesetzeswerkes, wie den griechischen Gesetzgebern (ob zu Recht oder Unrecht

––––––––––––– 6 Wobei nicht sicher zu entscheiden ist, ob und von wem diese Vorwürfe tatsächlich erhoben wurden. 7 Ich folge hier den Konjekturen Nieses (Flavii Josephii opera, hg. v. B. Niese, Bd. 5: De Iudaeorum vetustate sive contra Apionem libri II, Berlin 21955, z. St.), der überlieferte Text ist verderbt.

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Dirk Uwe Hansen

lässt Josephus offen), es bleibt zugleich auch bei der Anwendung dieser Gesetze durch das Volk stets wirksam. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Josephus Gott die Rolle des ƶˈμƧƳƸưƳƵ zuweist, eine Rolle, in der sich Moses selbst zuvor in seiner Darstellung hervorgetan und als Anführer qualifiziert hatte.8 Der entscheidende Unterschied scheint also zu sein, dass im jüdischen Gesetz Gott nicht nur als Urheber wirksam ist, sondern auch bei der Übernahme und Anwendung der Gesetze durch das Volk. Auch in der Frage, wie denn gesetzeskonformes Handeln der Bevölkerung zu erreichen sei, geht Josephus zunächst von den seinen hellenisierten Lesern vertrauten Denkstrukturen aus. In 170f stellt er es als eine besondere Leistung des Gesetzgebers heraus, dass Moses die Frömmigkeit nicht den Tugenden untergeordnet, sondern sie vielmehr in den Rang einer Kardinaltugend erhoben habe, die alle anderen Tugenden in sich einschließt: ƦʉƷƮƳƱ Ʃ' ʚƷƮ ƯƦ˃ Ʒ̺ Ʒƴˆ™̷ Ʒ̏Ƶ ƱƳμƳƭƪƶ˄ƦƵ ™ƴ˅Ƶ Ʒ˅ ƺƴ˂ƶƮμƳƱ ™ʾƱƷƼƱ ™Ƴưˇ ƩƮ˂ƱƪƨƯƪƱž Ƴʡ ƨʽƴ μˀƴƳƵ əƴƪƷ̏Ƶ ɩ™Ƴ˄ƬƶƪƱ ƷˁƱ ƪʡƶˀƧƪƮƦƱ, əưưʽ ƷƦˈƷƬƵ μˀƴƬ ƷɟưưƦ, ưˀƨƼ Ʃʿ ƷˁƱ ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬƱ, ƷˁƱ ƶƼƹƴƳƶˈƱƬƱ, ƷˁƱ ƯƦƴƷƪƴ˄ƦƱ, ƷˁƱ Ʒ̹Ʊ ™ƳưƮƷ̹Ʊ ™ƴ˅Ƶ əưư˂ưƳƸƵ ɩƱ ɞ™ƦƶƮƱ ƶƸμƹƼƱ˄ƦƱ – Es gibt einen weiteren Grund dafür, dass [unsere Verfassung] durch die Art der Gesetzgebung im Nutzen den anderen weit überlegen ist: Er machte nämlich die Frömmigkeit nicht zu einem Teil der Tugend, vielmehr die anderen Tugenden zu einem Teil dieser, das heißt die Gerechtigkeit, die Besonnenheit, die Selbstbeherrschung und die Eintracht der Bürger miteinander (170f).

Damit nimmt er einen dem griechischen Denken wohlvertrauten Gedanken auf, den Gedanken, dass eine Tugend des Tugendkanons alle anderen in sich schließen kann. So findet sich schon im Corpus Theognideum die pointierte Formulierung: ɩƱ Ʃʿ ƩƮƯƦƮƳƶˈƱ̍ ƶƸưư˂ƧƩƬƱ ™̀ƶ' əƴƪƷ˂ 'ƶƷƮƱ, ™̀Ƶ Ʃˀ Ʒ' əƱˁƴ əƨƦƭˆƵ, ƐˈƴƱƪ, Ʃ˄ƯƦƮƳƵ ɩˊƱ. – In der Gerechtigkeit ist schon die gesamte Tugend enthalten, und jeder gerechte Mann, Kyrnos, ist auch gut (147f).9

Tugendlisten im Sinne eines Kanons finden sich zudem häufig in den platonischen Dialogen. So versucht sich Menon an einer Definition der Tugend mit Hilfe einer Aufzählung:

––––––––––––– 8 158: ɩƱ ƳʌƵ ɞ™ƦƶƮ ƯƦ˃ ƶƷƴƦƷƬƨ˅Ƶ ɝƴƮƶƷƳƵ ɩƨˀƱƪƷƳ ƯƦ˃ ƶˈμƧƳƸưƳƵ ƶƸƱƪƷˊƷƦƷƳƵ ƯƦ˃ ™ʾƱƷƼƱ ƯƬƩƪμˉƱ əưƬƭˀƶƷƦƷƳƵ – In all diesen Dingen war er der beste Heerführer, der verlässlichste Ratgeber und wahrhaftigste Beschützer. 9 Ebenfalls im Corpus Theognideum wird dieser Gedanke ein zweites Mal ausgedrückt: əμƹ' əƴƪƷ̐ Ʒƴ˄ƧƳƸ ƯƦ˄ ƷƳƮ Ʒʽ Ʃ˄ƯƦƮƦ ƹƮư' ɭƶƷƼ – Bemühe dich um die Tugend und lass dir das Gerechte lieb sein (465).

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ɶ əƱƩƴƪ˄Ʀ ƷƳ˄ƱƸƱ ɭμƳƮƨƪ ƩƳƯƪ̝ əƴƪƷˁ ƪʋƱƦƮ ƯƦ˃ ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ ƯƦ˃ ƶƳƹ˄Ʀ ƯƦ˃ μƪƨƦưƳ™ƴˀ™ƪƮƦ ƯƦ˃ ɝưưƦƮ ™ʾμ™ƳưưƦƮ – Tapferkeit scheint mir nun eine Tugend zu sein und Besonnenheit und Weisheit und Großmut und allerlei andere (74a).10

In der Politeia wendet Platon den Tugendkanon auf die vollkommene Stadt an, die ƶƳƹ˂, əƱƩƴƪ˄Ʀ, ƶˊƹƴƼƱ, Ʃ˄ƯƦƮƦ (weise, tapfer, besonnen, gerecht) ist (427e), und erstellt damit den wohl bekanntesten Tugendkanon. Der Gedanke, diese Einzeltugenden ließen sich unter einem Begriff subsummieren, findet sich auch bei Platon. So wird im Protagoras die Frage nach Einzeltugenden und Gesamttugend behandelt, wobei auch die Frömmigkeit unter den Tugenden aufgelistet wird: ɭưƪƨƪƵ ƨʾƴ, ʚƷƮ ʖ ƌƪˇƵ ƷˁƱ ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬƱ ƯƦ˃ ƷˁƱ ƦʅƩ̹ ™ˀμƻƪƮƪ ƷƳ̝Ƶ əƱƭƴˊ™ƳƮƵ, ƯƦ˃ Ʀʧ ™ƳưưƦƺƳ̬ ɩƱ ƷƳ̝Ƶ ưˆƨƳƮƵ ɩưˀƨƪƷƳ ʢ™˅ ƶƳ̬ ɶ ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬ ƯƦ˃ ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ ƯƦ˃ ʖƶƮˆƷƬƵ ƯƦ˃ ™ʾƱƷƦ ƷƦ̬ƷƦ ʮƵ ɮƱ ƷƮ ƪʉƬ ƶƸưư˂ƧƩƬƱ, əƴƪƷ˂ – Du sagtest, dass Zeus Gerechtigkeit und Schamgefühl zu den Menschen geschickt habe, und es ist auch häufig von dir formuliert worden, dass Gerechtigkeit und Besonnenheit und Frömmigkeit gleichsam eines sind, nämlich Tugend (329c).

Im Gorgias erscheint diese Gleichsetzung als geradezu zwangsläufig: ƯƦ˃ μˁƱ ™ƪƴ˃ μʿƱ əƱƭƴˊ™ƳƸƵ Ʒʽ ™ƴƳƶ˂ƯƳƱƷƦ ™ƴʾƷƷƼƱ Ʃ˄ƯƦƮ' ɛƱ ™ƴʾƷƷƳƮ, ™ƪƴ˃ Ʃʿ ƭƪƳˇƵ ʚƶƮƦž Ʒ˅Ʊ Ʃʿ Ʒʽ Ʃ˄ƯƦƮƦ ƯƦ˃ ʚƶƮƦ ™ƴʾƷƷƳƱƷƦ əƱʾƨƯƬ Ʃ˄ƯƦƮƳƱ ƯƦ˃ ʚƶƮƳƱ ƪʋƱƦƮ ... ƯƦ˃ μʿƱ Ʃˁ əƱƩƴƪ̝ˆƱ ƨƪ əƱʾƨƯƬ – Und wer die Menschen betreffend das Zukommende tut, handelt gerecht, wer die Götter betreffend das Zukommende tut, handelt fromm; wer aber das Gerechte und Fromme tut, ist notwendigerweise gerecht und fromm ... und ebenso notwendig auch tapfer (507a).

Das Zukommende zu tun, so wird weiter ausgeführt, ist eine Folge der ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ, die den Menschen auch zur əƱƩƴƪ˄Ʀ befähigt, und dazu ʢ™ƳμˀƱƳƱƷƦ ƯƦƴƷƪƴƪ̝Ʊ, ʚ™ƳƸ Ʃƪ̝ – dass er fest ausharrt, wo es nötig ist (507b). Hier ist es also die Tugend der Besonnenheit, die die anderen Tugenden nicht so sehr in sich schließt, sondern vielmehr als natürliche Folge nach sich zieht. Es ergibt sich so ein Kanon von vier Tugenden, ʖƶƮˆƷƬƵ, ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬ, əƱƩƴƪ˄Ʀ / ƯƦƴƷƪƴ˄Ʀ, ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ, unter denen sich die ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ als Leittugend auszeichnet. Auffällig dabei ist, dass im Gorgias wie auch im Protagoras (329c) die ƶƳƹ˄Ʀ durch ʖƶƮˆƷƬƵ ersetzt wird. Dieses Kanons nun bedient sich Josephus geschickt. Er behält den für hellenisierte Heiden nahe liegenden Gedanken der Leittugend bei, ersetzt jedoch die ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬ oder ƶƼƹƴƳƶˈƱƬ durch ƪʡƶˀƧƪƮƦ, die der schon bei Platon in den Tugendkanon aufgenommenen ʖƶƮˆƷƬƵ entspricht. Die besondere Rolle dieser Leittugend betont er dabei dadurch, dass er den Kanon der ––––––––––––– 10 In 88a erweitert Sokrates diese Liste um die Begriffe ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬ, ƪʡμƦƭ˄Ʀ und μƱ˂μƬ (Gerechtigkeit, Lerneifer und Erinnerungsvermögen).

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Dirk Uwe Hansen

übrigen Tugenden wieder auf vier erhöht, wobei er jedoch nicht die von Platon zugunsten der ʖƶƮˆƷƬƵ fallen gelassene ƶƳƹ˄Ʀ wieder aufnimmt, sondern an ihre Stelle die ƶƸμƹƼƱ˄Ʀ Ʒ̹Ʊ ™ƳưƮƷ̹Ʊ setzt, die Eintracht aller Bürger. Zum einen bindet Josephus damit die Diskussion um die Tugenden wieder stärker in einen politischen Diskurs ein. Zum anderen gerät seine Tugenddiskussion zur Widerlegung der von ihm selbst in 148 genannten Hauptvorwürfe gegen das Judentum, die Juden seien ɝƭƪƳƮ, μƮƶʾƱƭƴƼ™ƳƮ, ƩƪƮưƳ˄ und ə™ˆƱƳƮƳƮ. Daneben gelingt es ihm noch, ein platonisches Problem geradezu im Vorübergehen zu lösen, die Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend. Da die ƪʡƶˀƧƪƮƦ aus dem Einhalten der Gesetze resultiert, aus dem richtigen Handeln also, und damit dem im Gorgias genannten Ʒʽ ™ƴƳƶ˂ƯƳƱƷƦ ™ƴʾƷƷƪƮƱ entspricht, geht Josephus nun daran, die Überlegenheit der Juden auch in diesem Punkt zu erweisen. Wieder erscheint das spezifisch Jüdische dabei nicht als etwas gänzlich anderes oder neues, sondern als bessere Version dessen, was Josephus’ nichtjüdischen Mitbürgern durchaus vertraut ist. Anders als die schwer zu erlangende Einsicht oder richtige Meinung, die für Platon die Grundlage des richtigen Handelns darstellt, ist mit der ƪʡƶˀƧƪƮƦ als Leittugend allein die Kenntnis und Einhaltung des Gesetzes ausreichend. Während in Platons Politeia die Frage diskutiert wird, ob das Einüben richtigen Handelns oder die Kenntnis des Guten Grundlage der Tugend sei,11 stellt Josephus die jüdische Lebens- und Lehrpraxis als Verbindung dieser beiden Methoden dar: ʖ Ʃ' ɶμˀƷƪƴƳƵ ƱƳμƳƭˀƷƬƵ ɝμƹƼ ƷƦ̬ƷƦ ƶƸƱ˂ƴμƳƶƪ ƯƦƷʽ ™ƳưưˁƱ ɩ™ƮμˀưƪƮƦƱž ƳʥƷƪ ƨʽƴ ƯƼƹˁƱ ə™ˀưƮ™ƪ ƷˁƱ Ʒ̹Ʊ ɵƭ̹Ʊ ɝƶƯƬƶƮƱ, ƳʥƷƪ Ʒ˅Ʊ ɩƯ ƷƳ̬ ƱˆμƳƸ ưˆƨƳƱ ɝ™ƴƦƯƷƳƱ ƪʉƦƶƪƱ – Unser Gesetzgeber aber verband diese beiden mit großer Sorgfalt, denn er ließ weder zu, dass die Übung des richtigen Handelns stumm sei, noch dass das Wort aus dem Gesetz ohne Taten blieb (173).

Die Art und Weise, in der Josephus seinen Lesern das jüdische Gesetz nahe bringen will, ist, so zeigt die Betrachtung seiner einleitenden Worte, ganz auf den Bildungshorizont eines hellenisierten Lesepublikums zugeschnitten. Wie er in der Auswahl der in seinem kurzen Abriss genannten Gesetze sorgfältig diejenigen aussucht, die auch nichtjüdischen Lesern einleuchtend und bis in die wörtlichen Formulierungen12 hinein vertraut sein müssen, so wählt er als Grundlage des gerechten Handelns einen Tugendkanon, der sich vom griechischen Tugendkanon nur in der Gewichtung und Reihenfolge unterscheidet. Dadurch wird, so folgt aus seinen Überlegungen, das Ideal des guten Bürgers

––––––––––––– 11 So in rep. 429c–430b, vgl. T. H. Irwin, The Parts of the Soul and the Cardinal Virtue, in: O. Höffe (Hg.), Platon. Politeia, Berlin 1997, 119–140: 128ff. 12 Vgl. Schäublin, Josephus (s. Anm. 4), 323.

Nomothetes und Politeuma

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und des guten Staates, das er bei seinen Lesern voraussetzen konnte, offensichtlich leichter zu erreichen und das entsprechende Verhalten leichter zu erlernen, ohne die den nichtjüdischen Lesern eigenen Denk- und Erziehungsstrukturen aufgeben zu müssen. Folgerichtig präsentiert er also auch seine Darstellung des jüdischen Gesetzes als eine Verfassung, ein ™Ƴư˄ƷƪƸμƦ, nicht als ein religiöses System. Dass er es dabei für nötig befindet, den Terminus ƭƪƳƯƴƦƷ˄Ʀ zu rechtfertigen, macht vielleicht deutlich, dass er für die Betrachtung nicht nur bei nichtjüdischen Lesern, sondern auch bei seinen jüdischen Mitbürgern werben wollte.

Geschichtsschreibung nach den Regeln von Lob und Tadel Sterbeszenen bei Josephus und im Neuen Testament von

MANUEL VOGEL Die Interdependenz von Biographie und Historiographie in der griechischen und römischen Geschichtsschreibung will methodologisch bedacht sein. Wo nämlich beides aufeinander trifft und sich gegenseitig durchdringt, sitzt ungefragt auch die Rhetorik mit im Boot. Antike Biographie ist immer auch Charakterkunde und Charaktere werden nach Regeln, die die Rhetorik vorgibt, konstruiert. Biographische Historiographie beschreibt ihre Charaktere nicht, sie entwirft sie, und es scheint, dass hier vielfach die Kristallisationspunkte auch für historische Ereigniszusammenhänge liegen. Es wäre dann immer mit der Möglichkeit zu rechnen, dass antike Geschichtsdarstellungen auch dort, wo sie sich auf den ersten Blick gänzlich auf der Ereignisebene bewegen, nach rhetorischen Mustern gearbeitet sind bzw. rhetorischen Erfordernissen gehorchen. Die Geschichtswerke des Flavius Josephus, die für die Zeitgeschichte des Neuen Testaments von unschätzbarem Wert sind, stehen unabweisbar in der Tradition biographischer Geschichtsschreibung.1 Das an biblischen wie nachbiblischen Gestalten nachweisbare Interesse des Josephus, mittels biographischer Nahaufnahmen und psychologischer Feinzeichnungen lobens- und tadelnswerte Charaktertypen bzw. Verhaltensmuster exemplarisch vorzuführen,2 stellt ihn in eine Reihe mit historiographischen Konzepten, die personenzentrierte Schwerpunkte im Gang der Darstellung mit einer moralischlehrhaften Pragmatik verbinden.

––––––––––––– 1 Vgl. dazu L. H. Feldman, Josephus’s Interpretation of the Bible, Hellenistic Culture and Society 27, Berkeley u. a. 1998, 3–13. 2 Für die biblischen Gestalten (Ant I–XI) vgl. Feldman, Interpretation (s. Anm. 1), und ders., Studies in Josephus’ Rewritten Bible, JSJ.Suppl 58, Leiden u. a. 1998.

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Programmatisch kommt dies etwa bei Polybios zum Tragen, als er auf den achäischen Staatsmann und Feldherrn Philopoimen zu sprechen kommt (Historiae X 21): [E]s [scheint] mir angezeigt, ebenso wie ich auch bei allen anderen bedeutenden Männern ein Bild von ihrem Wesen und Charakter (ƷʽƵ ɪƯʾƶƷƼƱ əƨƼƨʽƵ ƯƦ˃ ƹˈƶƪƮƵ) zu entwerfen versucht habe, dies auch bei ihm zu tun. Denn es ist widersinnig (ɝƷƳ™ƳƱ), dass die Historiker über die Gründung von Städten (Ʒ̹Ʊ ™ˆưƪƼƱ ƯƷ˄ƶƪƮƵ ƷƳˇƵ ƶƸƨƨƴƦƹˀƦƵ), wie, wann und durch wen sie erfolgt ist, über ihre Einrichtungen und Verhältnisse eingehend berichten, hingegen sich über Wollen und Wirken der politisch leitenden Männer (ƷʽƵ Ʃʿ Ʒ̹Ʊ Ʒʽ ʚưƦ ƺƪƮƴƮƶʾƱƷƼƱ əƱƩƴ̹Ʊ əƨƼƨʾƵ) ausschweigen, obwohl dies doch eine weit wichtigere Aufgabe ist. Denn lebendigen Menschen kann man nacheifern und sie sich zum Vorbild nehmen (ƯƦ˃ ƫƬư̹ƶƦƮ ƯƦ˃ μƮμ˂ƶƦƶƭƦƮ), tote Gegenstände nicht; nur aus der Erzählung von jenen können daher auch die Leser Belehrung ziehen.3

Polybios begründet seinen Widerspruch gegen eine reine Ereignisgeschichte damit, dass aus einer solchen keine Handlungsorientierung für die Gegenwart gewonnen werden kann. Geschichtsschreibung muss die Geschichte, mit Cicero gesprochen, als magistra vitae zur Geltung bringen. Sie ist plena exemplorum (De Divinatione I 50) und gehört, sofern sich gegenwärtiges politisches und persönliches Handeln an ihr orientiert, in die Zuständigkeit des Redners (De Oratore II 36).4 Die Beispielfunktion von Geschichte, die naturgemäß nicht an äußeren Ereignisverläufen, sondern an Taten von Menschen haftet und umso aussagekräftiger wird, je anschaulicher menschliches Handeln im Blick auf seine psychologischen Hintergründe und Motivationen zur Darstellung gelangt, spielt auch bei Livius eine erhebliche Rolle für sein Konzept von Geschichtsschreibung (I praef. 10): Das ist vor allem beim Studium der Geschichte das Heilsame und Fruchtbare, daß man belehrende Beispiele jeder Art auf einem in die Augen fallenden Monument dargestellt findet. Daraus kann man für sich und seinen Staat entnehmen, was man nachahmen, daraus auch, was man meiden soll, da es häßlich in seinem Anfang und häßlich in seinem Ende.5

––––––––––––– 3 Übersetzung nach: Polybios, Geschichte. Eingeleitet und übertragen von H. Drexler, Bd. 1, Zürich / Stuttgart 1961. Griechischer Text: Polybius, The Histories in 6 Volumes. Translated by W. R. Paton (LCL), Bd. 4, Cambridge / London 1925. 4 „Und die Geschichte vollends, die vom Gang der Zeiten Zeugnis gibt, das Licht der Wahrheit, die lebendige Erinnerung, Lehrmeisterin des Lebens, Künderin von alten Zeiten, durch welche Stimmen, wenn nicht die des Redners, gelangt sie zur Unsterblichkeit“. Übersetzung: Cicero, De oratore – Über den Redner. Lateinisch-deutsch. Übersetzt von H. Merklin, Stuttgart 31997. 5 Hoc illud est praecipue in cognitione rerum salubre ac frugiferum, omnis te exempli documenta in inlustri posita monumento intueri; inde tibi tuaeque rei publicae, quod imitere, capias, inde foedum inceptu, foedum exitu, quod vites. Text und Übersetzung aus T. Livius, Römische Geschichte. Buch I–III. Lateinisch und deutsch herausgegeben von Hans Jürgen Hillen, München / Zürich 1987, 8f.

Geschichtsschreibung nach den Regeln von Lob und Tadel

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Literaturgeschichtlich schlägt sich die auf gegenwärtiges Handeln ausgerichtete Orientierungsfunktion antiker Geschichtsschreibung in der Gattung der Exemplasammlungen nieder. Um den Einsatz von exempla im Argumentationsgang einer Rede zu erleichtern, gab es für den rhetorischen Gebrauch eigene Sammlungen geschichtlicher Beispiele zu unterschiedlichen Themen. Von mehreren verlorenen Werken dieser Art wissen wir durch Hinweise und Zitate antiker Autoren, vollständig erhalten sind dagegen die Facta et dicta memorabilia des Valerius Maximus. Das Werk enthält in neun Büchern über tausend exempla, die der Autor in 87 Rubriken eingeteilt hat.6 Im vorliegenden Zusammenhang interessieren uns die exempla im neunten Buch unter den Rubriken De mortibus non vulgaribus (Kap. 12) und De cupiditate vitae (Kap. 13). Wir stoßen hier nämlich auf ein eigentümliches Interesse am Thema Sterben und Tod als Bestandteil antiker Charakterkunde.7 Nach antiker Auffassung bedeutet Sterben nicht nur eine Situation äußerster Verdichtung des Schicksals, dergestalt, dass das Todesgeschick eines Menschen zugleich ein (gutes oder schlechtes) Licht auf sein Leben als Ganzes wirft, sondern hier wird auch der individuelle Charakter einer letzten Bewährungsprobe unterzogen. Idealerweise erleidet ein integrer Charakter einen ‚leichten Tod‘ (ƪʡƭƦƱƦƶ˄Ʀ), oder aber er besteht ein leidvolles Todesgeschick mit Würde und beweist Todesmut und Todesverachtung. Die exempla in Kapitel 13 unter dem Oberthema De cupiditate vitae sind Negativbeispiele eines Zurückschreckens vor dem Tod um den Preis der würdelosen Selbstpreisgabe an persönliche Feinde, erfolgloser Versuche der Rettung des eigenen Lebens, des hilflosen Sich-Klammerns an einen letzten Lebensaugenblick, etc. Das 12. Kapitel De mortibus non vulgaribus ist für die Praxis des Rhetors von besonderer Wichtigkeit, weil es ihm Beispiele an die Hand gibt, die die Durchbrechung der Regel, dass ein moralisch hochstehender Charakter einen leichten oder zumindest würdigen Tod erleidet, anhand berühmter Gestalten aus der Geschichte exemplifizieren. Damit wird der Rhetor etwa in die Lage versetzt, in einer Grabrede einen Verstorbenen auch dann zu rühmen, wenn er einen schweren Tod gestorben ist oder es an Tapferkeit hat fehlen lassen. Die Regel, für die Kapitel 12 Ausnahmen nennt, formuliert Valerius Maximus in der praefatio: Die Beschaffenheit des menschlichen Lebens hängt in besonderer Weise mit dem ersten und letzten Tag zusammen, denn es ist von größter Bedeutung, unter welchen Vorzeichen es

––––––––––––– 6 Vollständige Ausgabe mit englischer Übersetzung: Valerius Maximus, Memorable Doings and Sayings, 2 Bde. Translated by D. R. Bailey (LCL 492.493), Cambridge / London 2000. Deutsche Übersetzung: Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia – Denkwürdige Taten und Worte, Lateinisch-deutsch, Stuttgart 1991. 7 Vgl. dazu ausführlich: M. Vogel, Commentatio mortis. 2Kor 5,1–10 auf dem Hintergrund antiker ars moriendi, FRLANT 214, Göttingen 2006.

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beginnt und auf welche Weise es endet. Deshalb urteilen wir, dass nur der glücklich war, dem es sowohl zuteil wurde, das Licht unter glücklichen Umständen zu empfangen, wie auch, es friedvoll zurückzugeben.8

Es ist kein Zufall, dass Valerius Maximus zu den genannten Themen besonders reichhaltiges Material aus seinen historiographischen Referenzwerken bieten kann. Das Thema Sterben und Tod gerät nämlich in der von Valerius Maximus formulierten Wertigkeit immer dort in den Fokus des Interesses, wo antike Geschichtsschreibung biographische Akzente setzt. In den Schriften des Josephus tritt dieser Zusammenhang an zahlreichen Stellen klar zu Tage. Wir finden bei Josephus auf Schritt und Tritt Sterbeszenen in Verbindung mit expliziten Bewertungen charakterlicher Dispositionen. Dabei ist der Vergleich einander entgegengesetzter Verhaltensweisen ein häufig angewendetes Kompositionsprinzip. Die moralisch-lebenspraktische Beispielfunktion biographischer exempla ist nämlich besonders dann gegeben, wenn die Urteilsbildung der Lesenden durch zwei unterschiedliche und gegensätzlich bewertete Verhaltensweisen herausgefordert wird, wenn also die Rolle dessen, der in ethisch relevanter Weise handelt und sich verhält, doppelt besetzt wird. Dieser Doppelbesetzung, die bei Josephus überaus häufig zu beobachten ist, entspricht in der Rhetorik die Figur der ƶˈƨƯƴƮƶƮƵ (comparatio). Die ƶˈƨƯƴƮƶƮƵ liegt der Makrogattung der Parallelviten Plutarchs zu Grunde,9 sie findet sich bei ihm aber, auf unser Thema bezogen, auch in detaillierten Einzelvergleichen. An das Vitenpaar Eumenes / Sertorius schließt Plutarch eine separate comparatio an, in der er Lebensweg und Charakter beider Persönlichkeiten einander gegenüber stellt. Beider Todesgeschick ist dabei von besonderer Wichtigkeit (Comparatio Eumenis et Sertorii 2): Den einen traf der Tod, ohne dass er ihn ahnte, während der andere sein Ende voraussehen konnte. Jenes ist ein Beweis von Gutmütigkeit, denn er schien seinen Freunden völlig zu trauen; dieses verrät Schwachheit, denn er wurde ergriffen, als er fliehen wollte. Bei dem einen machte der Tod dem Leben keine Schande, indem er von seinen Streitgenossen erlitt, was ihm keiner seiner Feinde hatte antun können. Der andere, der seiner Gefangennahme nicht entfliehen konnte, aber nach ihr noch zu leben wünschte, wusste dem Tode weder auf eine rühmliche Art zu entgehen noch ihn zu erdulden, sondern machte durch das Bitten und Flehen seinen Feind, der nur Herr über seinen Leib zu sein schien, auch zum Herrn über seine Seele.10

––––––––––––– 8 Humanae autem vitae condicionem praecipue primus et ultimus dies continet, quia plurimum interest quibus auspiciis incohetur et quo fine claudatur, ideoque eum demum felicem fuisse iudicamus cui et accipere lucem prospere et reddere placide contingit. 9 Vgl. H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, Stuttgart 31990, 543 (§ 1130): „Plutarchs parallele vitae sind breit ausgearbeitete comparationes.“ 10 ƯƦ˃ μˁƱ ə™ƳƭƦƱƪ̝Ʊ ƨƪ ƶƸƱˀƧƬ Ʒ̺ μʿƱ Ƴʡ ™ƴƳƦƮƶƭƳμˀƱ̷, Ʒ̺ Ʃʿ ƯƦ˃ ™ƴƳƶƩƪƺƳμˀƱ̷ ƷˁƱ ƷƪưƪƸƷ˂Ʊž ʴƱ Ʒ˅ μʿƱ ɩ™ƮƪƮƯƪ˄ƦƵ, ƹ˄ưƳƮƵ ƨʽƴ ɩƩˆƯƪƮ ™ƮƶƷƪˈƪƮƱ, Ʒ˅ Ʃ' əƶƭƪƱƪ˄ƦƵ,

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In diesem Passus werden anhand der Todesumstände in hoher Konzentration Charaktereigenschaften vergleichend bewertet. Die Art und Weise, wie Eumenes und Sertorius sich in der Situation des Sterbens bewährt oder eben nicht bewährt haben, gibt wesentliche Einblicke in beider Persönlichkeit. Die Arglosigkeit, in der der eine die Mordabsichten der Freunde nicht ahnte, wird ihm als „Gutmütigkeit“ (ɩ™ƮƪƮƯƪ˄Ʀ) ausgelegt. Dagegen ist der Fluchtversuch des anderen Ausdruck von „Schwachheit“ (əƶƭˀƱƪƮƦ). Die Ehre des einen wird durch sein Todesgeschick nicht angetastet, wogegen der andere seinen Ƨ˄ƳƵ als ganzen „in Schande brachte“ (ƯƦƷ̎ƶƺƸƱƪ) und damit ein irreversibel negatives Urteil auf sich zieht. Wie die Rollen hier verteilt sind, ist alleiniges Ermessen des Biographen. Plutarch hätte die Kulissen der äußeren Handlung nur geringfügig verschieben müssen, um zu einer gegensätzlichen Bewertung seiner Helden zu gelangen. Sertorius und Eumenes repräsentieren, sofern ihr Sterben nacherzählt wird, in erster Linie Charaktertypen. Sie fungieren als ‚Paradeigmata‘, die „dem Leser als Vorbilder sittl[icher] Lebensführung ... vor Augen gestellt werden“ sollen.11 An welchen historischen Gestalten diese Paradeigmata haften, war für antike Historiographie keine Frage historischer Tatsachenwahrheit. Antike Persönlichkeitsbilder sind ein konstruktives Spiel, das seinen spielerischen Ernst nicht darin hat, dass historischen Gestalten Gerechtigkeit widerfährt, sondern darin, dass Entscheidungen und Verhaltensweisen in Triumph und Scheitern glaubhaft dargestellt werden. Ein Beispiel ist die völlig gegensätzliche Schilderung des Todes des Hasmonäers Antigonos in Bell I 357 und Ant XIV 489f / XV 8–10. Die konträre Tendenz beider Darstellungen wird in der Forschung meist quellenkritisch aufgeschlüsselt.12 Damit ist indes die Frage noch nicht beantwortet, wie Josephus dazu kommt, beide Versionen in seiner Geschichte der Herodesdynastie unterzubringen. Auszuschließen ist, dass ihm bei der Abfassung der Antiquitates die Fassung des Bellum nicht mehr präsent war, oder aber, dass er bei seinem Publikum auf eine entsprechende Gedächtnislücke setzte. Pointiert gefragt: Was hätte Josephus geantwortet, wenn er auf die widersprüchliche Darstellung des Antigonos in beiden Werken angesprochen worden wäre? Oder anders gefragt: Hätte ihn überhaupt jemand darauf

––––––––––––– ƧƳƸưˆμƪƱƳƵ ƨʽƴ ƹƸƨƪ̝Ʊ ƶƸƱƪư˂ƹƭƬ. ƯƦ˃ ƷƳ̬ μʿƱ Ƴʡ ƯƦƷ̎ƶƺƸƱƪ Ʒ˅Ʊ Ƨ˄ƳƱ ʖ ƭʾƱƦƷƳƵ, ™ʾƶƺƳƱƷƳƵ ʢ™˅ Ʒ̹Ʊ ƶƸμμƦƺ̹Ʊ ɜ Ʒ̹Ʊ ™Ƴưƪμ˄ƼƱ ƦʡƷ˅Ʊ ƳʡƩƪ˃Ƶ ɩ™Ƴ˄ƬƶƪƱž ʖ Ʃʿ ƹƪˈƨƪƮƱ μʿƱ ™ƴ˅ ƦʅƺμƦưƼƶ˄ƦƵ μˁ ƩƸƱƬƭƪ˄Ƶ, ƫ̏Ʊ Ʃʿ μƪƷ' ƦʅƺμƦưƼƶ˄ƦƱ ƧƳƸưƬƭƪ˄Ƶ, ƳʥƷ' ɩƹƸưʾƲƦƷƳ ƯƦư̹Ƶ ƷˁƱ ƷƪưƪƸƷˁƱ Ƴʥƭ' ʢ™ˀμƪƮƱƪƱ, əưưʽ ™ƴƳƶưƮ™Ʀƴ̹Ʊ ƯƦ˃ ƩƪˆμƪƱƳƵ, ƷƳ̬ ƶˊμƦƷƳƵ μˆƱƳƸ ƯƴƦƷƪ̝Ʊ ƩƳƯƳ̬ƱƷƦ Ʒ˅Ʊ ™ƳưˀμƮƳƱ ƯƦ˃ Ʒ̏Ƶ ƻƸƺ̏Ƶ ƦʡƷƳ̬ ƯˈƴƮƳƱ ɩ™Ƴ˄ƬƶƪƱ. Text nach: Plutarch, The Parallel Lives, Bd. 8. Translated by B. Perrin (LCL 100), Cambridge / London 1919. Übersetzung: Plutarch, Lebensbeschreibungen, Bd. 4, München 1965. 11 K. Ziegler, Art. Plutarchos, KlP 4, München 1975, 947. 12 Vgl. etwa A. Schalit, König Herodes. Der Mann und sein Werk, Berlin 1969, 691f.

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angesprochen? Die wahrscheinliche Antwort lautet: Nein. Vielmehr hätte die ‚Entdeckung‘ dieses ‚Widerspruchs‘ Anlass geboten, den Historiographen für seine rhetorische Kunstfertigkeit zu rühmen, mit der er, entsprechend dem Gesamtduktus des jeweiligen Werkes, einen Charakter einmal so und dann wieder ganz anders darstellt. Die gegensätzliche Bewertung des Antigonos hängt sichtlich an den unterschiedlichen Rollen, die Josephus Herodes dem Großen im Bellum und in den Antiquitates zuweist. Dies wirkt sich zwingend auch auf die Darstellung seines hasmonäischen Widersachers Antigonos aus. Im Bellum wird Herodes als zuverlässiger Parteigänger Roms und insofern als historischer ‚Modellfall‘ stabiler judäisch-römischer Beziehungen präsentiert. Deshalb muss Herodes im Bellum eine möglichst gute Figur machen. In den Antiquitates dagegen wird Herodes zum Negativbeispiel für die Lektion, die das josephische Publikum aus seinem opus magnum lernen soll, dass nämlich denjenigen, die Gottes Willen befolgen und seine wohlgemeinten Gesetze zu übertreten sich scheuen, alles wider Erwarten zum besten gedeiht und der Lohn der Glückseligkeit Gottes winkt, dass hingegen die, welche von der treuen Beobachtung der Gesetze abweichen, das unüberwindlich finden, was sonst leicht erscheint, und das Gute, das sie zu thun unternehmen, in heillose Verwirrung umschlagen sehen (Ant I 14).13

Während Herodes im Bellum als Gewährsmann stabiler Beziehungen zwischen den Juden und Rom auftritt, wird er in den Antiquitates zum Typus des Gesetzesübertreters.14 Dementsprechend ändert sich spiegelbildlich auch die Rolle des Antigonos. In Bell I 354–356 fällt unübersehbar ein positives Licht auf Herodes, als er unter Einsatz seines Privatvermögens die römischen Truppen des Sossius daran hindert, den Jerusalemer Tempel zu schänden und die Stadt zu plündern, ɺƷƷƬƵ ƺƦưƪ™ƼƷˀƴƦƱ ƷˁƱ Ʊ˄ƯƬƱ ʢ™ƳưƦμƧʾƱƼƱ, ƪʉ ƷƮ Ʒ̹Ʊ əƭƪʾƷƼƱ ™Ʀƴ' ƦʡƷ̹Ʊ ʕƹƭƪ˄Ƭ, „denn er war der Meinung, dass der Sieg schlimmer als eine Niederlage sei, wenn man etwas von dem sähe, was zu sehen nicht erlaubt sei“ (I 354).15 Herodes ist hier absichtsvoll als frommer Jude und zugleich als Bundesgenosse der Römer dargestellt. Dementsprechend negativ muss das Portrait von Herodes’ Todfeind Antigonos ausfallen. Josephus fällt über den Hasmonäer, der Antonius überstellt und von diesem hingerichtet wurde, in aller Kürze ein vernichtendes Urteil (I 357):

––––––––––––– 13 Übersetzung hier und nachfolgend: Flavius Josephus, Jüdische Altertümer, übers. und eingel. v. H. Clementz, Wiesbaden 2004. 14 Vgl. dazu M. Vogel, Herodes. König der Juden – Freund der Römer, Biblische Gestalten 5, Leipzig 2002, 16f. 15 Text und Übersetzung hier und nachfolgend: Flavius Josephus, De Bello Judaico – Der Jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch, hg. v. O. Michel / O. Bauernfeind, Bd. 1, Darmstadt 3 1982.

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ƷƳ̬ƷƳƱ μʿƱ ƳʧƱ ƹƮưƳƻƸƺ˂ƶƦƱƷƦ μˀƺƴƮƵ ɩƶƺʾƷƳƸ ƩƮʽ ƻƸƺƴ̀Ƶ ɩư™˄ƩƳƵ ɝƲƮƳƵ Ʒ̏Ƶ əƨƪƱƱƪ˄ƦƵ ™ˀưƪƯƸƵ ɩƯƩˀƺƪƷƦƮ – Diesen, der bis zuletzt mit einer nichtigen Hoffnung am Leben hing, erwartete, würdig seines niedrigen Verhaltens, das Beil.

Deutlich koinzidieren hier Lebensführung und Todesgeschick: Ein niedriger Charakter erleidet einen schmachvollen Tod.16 In der Systematik des Valerius Maximus wäre Antigonos’ ƹƮưƳƻƸƺƪ̝Ʊ μˀƺƴƮƵ ɩƶƺʾƷƳƸ den exempla des Kapitels De cupiditate vitae zuzuordnen. In den Antiquitates tauschen Herodes und Antigonos die Rollen. Herodes’ und Antonius’ Motive für die Hinrichtung des Antigonos erscheinen nun in einem schlechten Licht, und der Tod des Hasmonäers wird als politischer Mord an einem Unschuldigen dargestellt. Antonius glaubte, wie Josephus in Ant XV 9f aus Strabo zitiert, die Anhänglichkeit der Juden an ihren König nicht anders brechen zu können, als ihn durch eine schändliche Todesart öffentlich zu entehren. Strabos Darstellung erhält durch die Notiz, Antonius habe als erster Römer einen König auf diese Art hinrichten lassen, einen gegen Antonius gerichteten kritischen Akzent.17 In dieser Version wäre das Ende des Hasmonäers ein Beispiel für die Durchbrechung der von Valerius Maximus formulierten Regel, dass ein edler Charakter einen leichten oder würdigen Tod stirbt, mithin also ein exemplum für das Kapitel De mortibus non vulgaribus. Antigonos war der Spross eines ƳʋƯƳƵ ưƦμ™ƴˆƵ ... ƯƦ˃ ƩƮʾƶƬμƳƵ ƨˀƱƳƸƵ Ʒƪ ɮƱƪƯƦ ƯƦ˃ Ʒ̏Ƶ ʆƪƴƦƷƮƯ̏Ƶ ƷƮμ̏Ƶ. Gleichwohl ist er eines schändlichen Todes gestorben. Dies fällt jedoch nicht auf ihn zurück, sondern auf Herodes, der für seine Herkunft nur auf eine ƳʅƯ˄Ʀ ƩƬμƳƷƮƯ˂ und ein ƨˀƱƳƵ ʅƩƮƼƷƮƯˆƵ verweisen kann (XIV 490f). Antigonos stirbt im Bellum in Entsprechung zu seiner niederen Gesinnung, in den Antiquitates dagegen in Widerspruch zu seinem Adel. Die rhetorische Konstruktion von Charakteren und die Konstellation historischer Einzeldaten können im günstigen Fall unterschieden, nicht aber voneinander getrennt werden. Beides ist stets miteinander verzahnt und es ist im Einzelfall schwer auszumachen, wie weit (und in welche Richtung) der Geschichtsschreiber die historischen Kulissen verschoben hat, um Charaktertypen biographisch zu exemplifizieren. Die Wahrscheinlichkeitsurteile, die die moderne Geschichtswissenschaft zu fällen hat, werden dadurch jedenfalls nicht einfacher.

––––––––––––– 16 Die Charaktereigenschaft der ƹƮưƳƻƸƺ˄Ʀ ist durchweg negativ konnotiert; vgl. Aelius Aristides, Oratio 31,17; Aristoteles, De virtutibus 1252a; Plutarch, Aemilius 26,7; 34,4. Lateinisches Äquivalent ist cupiditas vitae (s. o. zu Valerius Maximus). 17 Schalit, Herodes (s. Anm. 12), 692, zieht eine „Herkunft der Straboversion ... aus der Umgebung Octavians“ in Betracht, „die nur zu bereit war, bei jeder Gelegenheit dem Antonius etwas am Zeuge zu flicken, und also auch die der römischen Rechtlichkeit ins Gesicht schlagende Hinrichtung eines Königs als ein weiteres Beispiel für die völlige Barbarisierung des Triumvirs ... hinzustellen“.

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Ein weiterer Passus aus dem Bellum mag dies weiter verdeutlichen. Josephus verzahnt die Ereignisse um Sterben und Tod Herodes des Großen im Bellum wie in den Antiquitates mit der berühmten Adleraffäre. Als der König bereits auf den Tod krank war, sei plötzlich das Gerücht aufgekommen, dass er bereits gestorben sei, worauf Gesetzesgelehrte einige junge Männer angestiftet hätten, ein Adlerbild von der Tempelmauer zu entfernen, da dieses dem biblischen Bilderverbot zuwiderlaufe. Die Akteure werden gefasst und von Herodes zum Tode verurteilt. Der zeitliche Zusammenhang zwischen beiden Handlungen wird in der Literatur durchweg als gegeben vorausgesetzt und wegen des (im Bellum freilich noch fehlenden) Hinweises auf eine Mondfinsternis in Ant XVII 167 darüber hinaus präzise datiert.18 Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass Josephus die Begegnung zwischen dem todkranken Herodes und den zum Tode verurteilen Gelehrtenschülern ‚arrangiert‘, um in einer narrativen ƶˈƨƯƴƮƶƮƵ zwei Weisen des Sterbens einander gegenüber zu stellen, die er in Bell I 650 mit der Antithese ƭʾƱƦƷƳƵ ƩƮ' əƴƪƷ̏Ƶ versus ƭʾƱƦƷƳƵ ɩƯ ƱˆƶƳƸ auf den Begriff bringt. Die Gelehrtenschüler, die dem tobenden Herodes furchtlos gegenübertreten und freudig ihre Todesurteile entgegen nehmen, sterben einen ƭʾƱƦƷƳƵ ƩƮ' əƴƪƷ̏Ƶ, wogegen der sterbenskranke Herodes am Leben hängt19 und einen qualvoll sich hinziehenden ƭʾƱƦƷƳƵ ɩƯ ƱˆƶƳƸ erleidet. Auch hier fehlt nicht die explizite charakterliche Bewertung beider Weisen des Sterbens. Josephus legt sie einem der Gelehrten in den Mund, der die jungen Männer ermutigt, für das Mosegesetz, wenn es sein muss, zu sterben (Bell I 650): Denn welche ein solches Ende nähmen, deren Seele werde unsterblich, und ewig bleibe das Empfinden himmlischer Seligkeit; die gemeine Masse aber (ƷƳˇƵ Ʃʿ əƨƪƱƪ̝Ƶ), die der Weisheit der Gelehrten bar sei (Ʒ̏Ƶ ɪƦƸƷ̹Ʊ ƶƳƹ˄ƦƵ ə™ƪ˄ƴƳƸƵ) und auch keine echte Erkenntnis habe (əƨƱƳƳ̬ƱƷƦƵ), schätze ihr natürliches Leben über alles (ƹƮưƳƻƸƺƪ̝Ʊ) und ziehe das Sterben auf dem Krankenbett einem ehrenvollen Tode vor (™ƴ˅ ƷƳ̬ ƩƮ' əƴƪƷ̏Ƶ Ʒ˅Ʊ ɩƯ ƱˆƶƳƸ ƭʾƱƦƷƳƱ Ʀʆƴƪ̝ƶƭƦƮ).

Die Weise des Sterbens lässt weitgehende Rückschlüsse auf den Charakter des Sterbenden zu: Verfügt er über ƶƳƹ˄Ʀ, oder ist er ein əƨƱƳ̹Ʊ und ein əƨƪƱ˂Ƶ? Die hiermit ausgesprochene negative Bewertung des ƭʾƱƦƷƳƵ ɩƯ ƱˆƶƳƸ trifft Herodes im Erzählzusammenhang, der die Haltung der ƹƮưƳƻƸƺ˄Ʀ ausführlich exemplifiziert, in vollem Umfang. Er bildet durch

––––––––––––– 18 Vgl. zuletzt Linda-Marie Günther, Herodes der Große, Darmstadt 2005, 173: „Durch Flavius Josephus’ Hinweis auf eine Mondfinsternis in der folgenden Nacht wird der Abschluss der Adler-Affäre auf die Nacht vom 12. zum 13. März des Jahres 4 datiert.“ 19 ʖ Ʃʿ ™ƦưƦ˄ƼƱ ƷƳƶƳˈƷƳƮƵ ™ʾƭƪƶƮƱ ʚμƼƵ ƷƳ̬ ƫ̏Ʊ əƱƷƪ˄ƺƪƷƳ ƶƼƷƬƴ˄ƦƱ Ʒƪ ɹư™ƮƫƪƱ ƯƦ˃ ƭƪƴƦ™ƪ˄ƦƵ ɩ™ƪƱˆƪƮ – Obwohl Herodes mit solchen Leiden zu kämpfen hatte, klammerte er sich doch an das Leben und war, weil er auf Genesung hoffte, noch darauf bedacht, Wege zur Heilung zu finden (Bell I 657).

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sein unwürdiges Sterben die Kontrastfigur zu den Gelehrtenschülern, die gefasst in den Tod gehen. Der ganze Handlungszusammenhang einschließlich der Synchronie von Adleraffäre und Herodes’ letzten Lebenstagen hat in der Begegnung der beiden Charaktertypen seinen szenisch inszenierten Mittelpunkt. In der dialogisch ausgeführten Konfrontation verstärken sich beide Verhaltensweisen gegenseitig und gewinnen an Profil. Ähnliche szenische Verschränkungen gegensätzlich bewerteter Todesgeschicke finden sich bei Josephus mehrfach. Wir greifen a) die ƶˈƨƯƴƮƶƮƵ Phasaɺl / Hyrkan und b) das ‚Charakterpaar‘ Mariamme / Alexandra heraus. a) Der Tod von Herodes’ Bruder Phasaël fällt in das Jahr 40 v. Chr., als der Hasmonäer Antigonos mit Hilfe der Parther noch einmal in Judäa Fuß fassen kann. Sein Onkel und Rivale Hyrkan und sein Parteigänger Phasaël fallen ihm in die Hände. Hyrkan wird von Antigonos eigenhändig verstümmelt, jedoch als parthischer Gefangener am Leben gelassen, wohingegen Phasaël seiner Ermordung durch den Freitod zuvorkommt. Josephus legt nun Hyrkan den Umstand, dass er überlebt hat, als äußerste Charakterschwäche aus und rühmt in einem Atemzug Phasaëls Freitod als Heldentat. Näherhin wird das unrühmliche Überleben Hyrkans erst dadurch zu dem, was es in Josephus’ Augen ist, dass es in einen direkten Vergleich mit dem Verhalten Phasaëls zu stehen kommt. Josephus rückt das Sterben Phasaëls und das Überleben Hyrkans erzählerisch in größtmögliche Nähe zueinander, um dann ein charakterliches Doppelportrait in nuce zu entwerfen, das letztgültige Urteile über beide Charaktere enthält (Bell I 271): ƯəƯƪ̝ƱƳƵ μʿƱ ɾƴˊƩƳƸ ƨƱ˂ƶƮƳƱ ɪƦƸƷ˅Ʊ ə™ƳƩƪ˄ƲƦƵ əƩƪưƹ˅Ʊ ƯƦ˃ ʩƴƯƦƱ˅Ʊ əƨƪƱƱˀƶƷƦƷƳƱ, əƱƩƴƪƮˆƷƦƷƦ ƭƱ˂ƶƯƪƮ ™ƳƮƬƶʾμƪƱƳƵ ƷˁƱ ƯƦƷƦƶƷƴƳƹˁƱ ƷƳ̝Ƶ ƯƦƷʽ Ʒ˅Ʊ Ƨ˄ƳƱ ɭƴƨƳƮƵ ™ƴˀ™ƳƸƶƦƱ – Indem er sich als echter Bruder des Herodes und den Hyrkan als unadlig erwies, starb er wahrhaft tapfer und gestaltete so sein Ende würdig den Taten seines Lebens.

Josephus erklärt Phasaël zum Helden,20 Hyrkan dagegen zu einem „überaus unadligen“ Charakter. Signifikant ist die josephische Formulierung, die das (würdig bestandene oder unwürdig aufgeschobene) Todesgeschick zur Klimax der ɭƴƨƦ ƯƦƷʽ Ʒ˅Ʊ Ƨ˄ƳƱ erklärt, für Phasaël zu dessen Vorteil, für Hyrkan dagegen ist die an den Tag gelegte Passivität und Unentschlossenheit eine verpasste Chance, die er (im Urteil des Josephus und, literarisch verewigt, als Figur im Erzählzusammenhang des Bellum) nicht wieder gut machen kann. Auch hier werden historische Gestalten so stilisiert und zu-

––––––––––––– 20 Er tut dies, indem er ihm einen Platz an der Seite seines Bruders zuerkennt – auf Herodes fällt in diesem Teil des Bellum noch kein negatives Licht – und auf die Bedeutung des Namens Herodes (‚der Heldenhafte‘) anspielt.

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Manuel Vogel

einander ins Verhältnis gesetzt, dass sie als exempla zu lobender bzw. zu tadelnder Charaktereigenschaften anschaulich werden. b) Auch in der ƶˈƨƯƴƮƶƮƵ Mariamme / Alexandra geht es um den Gegensatz von würdigem Sterben und dem unwürdigen Ansinnen, das eigene Ende hinauszuzögern. In Ant XV 232–237 schildert Josephus die Ereignisse um die Verurteilung und Hinrichtung Mariammes, der hasmonäischen Ehefrau des Herodes. Mariamme geht gefasst in den Tod, wogegen Alexandra den lächerlichen Versuch unternimmt, sich Herodes durch einen völlig unglaubwürdigen Frontenwechsel als Parteigängerin anzuempfehlen. Sie ergreift in peinlicher Übertreibung öffentlich gegen ihre Tochter Partei, ergeht sich in lautstarker Zustimmung zu dem gegen Mariamme verhängten Todesurteil und zerschneidet damit, um ihren Kopf zu retten, die Bande zwischen Mutter und Tochter. Wie in der Szene Herodes / Gelehrtenschüler inszeniert Josephus eine Begegnung zwischen zwei gegensätzlichen Charakteren, hier nun den zum Tode verurteilten Frauen Mariamme und Alexandra (XV 234–236): Als sie sich nun so ungebührlich verstellte (ƯƦƭƸ™ƳƯƴƮƱƳμˀƱƬƵ əƶƺƬμˆƱƼƵ) und ihrer Tochter sogar in die Haare fiel, warfen ihr viele, was ja auch recht war, schändliche Heuchelei vor (ƯƦƷʾƨƱƼƶƮƵ ... Ʒ̏Ƶ ə™ƴƪ™Ƴ̬Ƶ ™ƴƳƶ™ƳƮ˂ƶƪƼƵ). Ganz besonders aber schien ihr Mariamne, die nun bald den Tod erleiden sollte, diesen Vorwurf zu machen. Denn auf die Schmähungen ihrer Mutter entgegnete sie kein Wort; auch verfiel sie nicht in die geringste Aufregung, sondern sie bewies ihren Unwillen über das schändliche Benehmen Alexandras nur durch einen stolzen, verachtenden Blick. Dann ging sie unverzagt (əƷƴƪμƦ˄̷ Ʒ̺ ƯƦƷƦƶƷ˂μƦƷƮ) und ohne auch nur die Farbe zu wechseln, in den Tod und wahrte so noch bei ihrem Ende den Adel ihres Geschlechtes (ƷˁƱ ƪʡƨˀƱƪƮƦƱ), was denn auch allseitig bemerkt wurde (ƷƳ̝Ƶ ɩ™ƮƭƪƼƴƳ̬ƶƮƱ ƦʡƷˁƱ ɩμƹƦ˄ƱƳƸƶƦ).

Die Darstellung zeichnet sich durch hohe Lebendigkeit und Anschaulichkeit aus. Die Imagination der Lesenden wird so gelenkt, dass diese sich gleichsam in den Reihen der Augenzeugen (ɩ™ƮƭƪƼƴƳ̬ƱƷƪƵ) wiederfinden und der spektakulären Szene bis in physiognomische Einzelheiten hinein (Gesichtsausdruck und Körperhaltung Mariammes) ansichtig werden. Durch die Dramatik der Handlung verstärkt sich die Kontrastwirkung der vorgeführten Charaktere. Alexandra verhält sich əƶƺƬμˆƱƼƵ, Mariamme beweist ƪʡƨˀƱƪƮƦ. Im Aufeinandertreffen beider Figuren werden gegensätzliche Verhaltensweisen in der Nähe des Todes (auch Alexandra weiß, dass sie in Lebensgefahr schwebt) als Beispiel bzw. Negativbeispiel anschaulich. Solche und viele weitere Passagen ordnen die josephischen Werke einem populären Typus biographischer Historiographie zu, für die moralischlebenspraktische exempla kein Beiwerk des ‚eigentlichen‘ historiographischen Geschäfts sind. Vielmehr wird Geschichte so entworfen, dass sie als Lehrstück erzählbar wird.

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Methodologisch ergeben sich daraus Überschneidungen in der Zuständigkeit von Quellenkritik und literarisch-rhetorischer Hermeneutik. Diese will Quellen zuerst als Texte gelesen wissen, jene ist vorrangig an deren Erkenntniswert für textexterne Ereigniszusammenhänge interessiert. Jene wird dieser den Rat geben, bei der ‚Auswertung‘ von Quellen immer dort gesteigerte Vorsicht walten zu lassen, wo Erzählfäden auf paradigmatische biographische Konstellationen hin komponiert sind. Im Falle des Figurenpaares Mariamme / Alexandra lässt sich als historisches Rahmengeschehen erheben, dass beide der herodianischen Macht- und Familienpolitik zum Opfer gefallen sind. Schon die Synchronie von beider Lebensende (Alexandra überlebt ihre Tochter nur um eine kurze Zeitspanne) gehorcht so deutlich einem rhetorischen Darstellungsinteresse (szenisch inszenierte comparatio von Charaktertypen), dass die Möglichkeit in Betracht gezogen werden muss, dass diese Synchronie erst durch eine narrative Synchronisierung des Josephus überhaupt zustande kommt. Antike Historiographie hatte viel weniger Berührungsängste mit fiktionalen Arrangements auch chronologischer Grunddaten, als es rekonstruktiver Quellengebrauch gemeinhin voraussetzt.21 Auf materialer Ebene können die untersuchten Einzeltexte v. a. zum Verständnis der Passionserzählungen beitragen. Die josephischen Texte zeigen beispielhaft, dass Darstellungen von Sterben und Tod in biographischen wie historiographischen Texten in hohem Maße einer Rhetorik von Lob und Tadel folgen. Ein auf breiterer Quellenbasis durchgeführter Vergleich der neutestamentlichen Passionstexte mit außerchristlicher antiker Literatur könnte zeigen, dass und in welchem Maße auch das Sterben Jesu als würdiges Sterben verstanden werden kann und soll. Im vorliegenden Zusammenhang soll nur auf ein Detail aufmerksam gemacht werden: Bei jedem der drei vorgestellten Figurenpaare (Herodes / Gelehrtenschüler, Phasaɺl / Hyrkan, Mariamme / Alexandra) sind die Rollen so verteilt, dass in der Situation der Todesgefahr das bejahte und durchlittene Todesgeschick als ehrenvoll gilt, das ‚Davonkommen‘ dagegen als ehrlos. Wer in Todesgefahr seine Haut

––––––––––––– 21 K. Backhaus, Spielräume der Wahrheit. Zur Konstruktivität in der hellenistisch-

reichsrömischen Geschichtsschreibung, in: ders. / G. Häfner, Historiographie und fiktionales Erzählen. Zur Konstruktivität in Geschichtstheorie und Exegese, BThSt 86, NeukirchenVluyn 2007, 25, verweist auf Plutarch, Solon 27,1: ƚˁƱ Ʃʿ ™ƴ˅Ƶ ƐƴƳ̝ƶƳƱ ɭƱƷƪƸƲƮƱ ƦʡƷƳ̬ ƩƳƯƳ̬ƶƮƱ ɭƱƮƳƮ ƷƳ̝Ƶ ƺƴˆƱƳƮƵ ʮƵ ™ƪ™ưƦƶμˀƱƬƱ ɩƲƪưˀƨƺƪƮƱ. ɩƨˉ Ʃʿ ưˆƨƳƱ ɭƱƩƳƲƳƱ ƳʦƷƼ ƯƦ˃ ƷƳƶƳˈƷƳƸƵ μʾƴƷƸƴƦƵ ɭƺƳƱƷƦ ƯƦ˃ ʘ μƪ̝ƫˆƱ ɩƶƷƮ ™ƴˀ™ƳƱƷƦ Ʒ̺ ƙˆưƼƱƳƵ ɹƭƪƮ ƯƦ˃ Ʒ̏Ƶ ɩƯƪ˄ƱƳƸ μƪƨƦưƳƹƴƳƶˈƱƬƵ ƯƦ˃ ƶƳƹ˄ƦƵ ɝƲƮƳƱ, Ƴʥ μƳƮ ƩƳƯ̹ ™ƴƳ˂ƶƪƶƭƦƮ ƺƴƳƱƮƯƳ̝Ƶ ƷƮƶƮ ưƪƨƳμˀƱƳƮƵ ƯƦƱˆƶƮƱ ... – Seine Begegnung mit Krösus möchten einige aufgrund der Chronologie als fiktiv entlarven. Ich indes möchte eine Geschichte, die so bekannt ist und so viele Zeugen aufweist, und, was wesentlicher ist, dem Charakter Solons und seiner Seelengröße und Weisheit so sehr entspricht, nicht aufgeben für irgendwelche chronologischen Leitfäden (Übersetzung: K. Backhaus).

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rettet, macht sich, antik gedacht, automatisch der Feigheit verdächtig. Dagegen kann der erlittene Tod auch dann noch als ehrenvoll dargestellt werden, wenn der Sterbende gänzlich in der Opferrolle auftritt. Das Beispiel des Hasmonäers Antigonos zeigt, dass ein im Zustand völliger Wehrlosigkeit von der Hand der Feinde erlittener Tod keineswegs nur für eine Deutung als verdiente Schmach offen ist, sondern auch so erzählt werden kann, dass die erfahrene Schande auf die Täter zurückfällt – im Falle des Antigonos in Ant XIV 489f / XV 8–10 auf Antonius und Herodes – und die Ehre des Opfers unangetastet bleibt. Die durch die Hinrichtungsart erlittene Entwürdigung, die das Strabozitat in Ant XV 10 ausdrücklich notiert, beschädigt nicht die Ehre des Antigonos, sondern legt kritisch die Motive des Antonius offen und erscheint als vergebliche Maßnahme, die Wertschätzung, die der Hasmonäer bei den Juden genossen hat, zu schmälern. Die Strabonotiz liest das historische Faktum der nicht standesgemäßen Hinrichtungsart des Antigonos gleichsam spiegelbildlich als Reflex seines hohen Ansehens. Besonders im Vergleich mit der konträren Version des Bellum wird deutlich, wie souverän sich die Rhetorik des historischen Stoffs für ihre eigenen Zwecke bedient und ihn formt.22 Für das Verständnis der Passionserzählungen ist die josephische Schilderung von Antigonos deshalb aufschlussreich, weil sie den Spielraum auslotet, den rhetorische Geschichtsschreibung für Lob und Tadel hat, je nachdem, ob eine Figur positiv oder negativ dargestellt werden soll. Ein schweres, qualvolles oder äußerlich unwürdiges Todesgeschick steht einer vorteilhaften Darstellung nicht nur nicht im Wege, vielmehr ist ein solcher Stoff für die rhetorische Konstruktion ein besonders dankbarer Gegenstand. Für die Passionserzählungen bedeutet das, dass die theologische Interpretation des Todesgeschicks Jesu im Sinne einer menschlichen Maßstäben zuwiderlaufenden theologia crucis zunächst prüfen sollte, in welchen Teilen die Leidensgeschichte Jesu nicht doch biographischen Erzählkonventionen entspricht. Selbst die letzten Worte Jesu in der Markuspassion, die häufig dialektisch als Ausdruck der Gottverlassenheit des Gottessohnes gedeutet werden, lassen sich von hier aus interpretieren.23 Die Werke des Josephus, die Sterben und Tod biblischer wie nichtbiblischer Gestalten durchweg nach den rhetorischen Standards biographischer Geschichtsschreibung stilisieren, bieten für die Erforschung der neutestamentlichen Passionserzählungen besonders reichhaltiges Vergleichsmaterial.

––––––––––––– 22 Nicht zu klären ist, ob Josephus in den Wortlaut des Strabotextes eingegriffen hat, da es sich um ein nur bei Josephus überliefertes Fragment handelt. 23 M. Vogel, Die letzten Worte Jesu nach Mk. 15,34 als biographisch-rhetorischer Topos. Ein Beitrag zum Verständnis der synoptischen Passionserzählungen (im Druck).

Autorenverzeichnis Prof. Dr. Anatoly A. Alekseev, Russian Bible Society, St. Petersburg Prof. Dr. Knut Backhaus, Lehrstuhl für Neutestamentliche Exegese und biblische Hermeneutik, Katholisch-Theologische Fakultät, Ludwig-MaximiliansUniversität München Prof. Dr. John M. G. Barclay, New Testament Research Seminar, Department of Theology and Religion, University of Durham Prof. Dr. Christopher Begg, School of Theology and Religious Studies, Catholic University of America Washington Prof. Dr. Christfried Böttrich, Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische Fakultät, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Lecturer Dr. theol. habil. Roland Deines, New Testament, Department of Theology and Religious Studies, School of Humanities, University of Nottingham Prof. Dr. Christine Gerber, Institut für Neues Testament, Fachbereich Evangelische Theologie, Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg Prof. Dr. Ernst Hansack, Institut für Slavistik, Philosophische Fakultät IV – Sprach- und Literaturwissenschaft, Universität Regensburg Dr. Dirk Hansen, Institut für Altertumswissenschaften, Philosophische Fakultät, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Prof. Dr. Jens Herzer, Institut für Neutestamentliche Wissenschaft, Theologische Fakultät, Universität Leipzig Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Horn, Seminar für Neues Testament, Evangelisch-Theologische Fakultät, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

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Autorenverzeichnis

Prof. Dr. Matthias Konradt, Lehrstuhl für Neues Testament, Institut für Bibelwissenschaften, Department für Evangelische Theologie, Christkatholische und Evangelische Theologische Fakultät, Universität Bern Prof. Dr. Bianca Kühnel, Institute for European Studies, Department of Arts, Faculty of Humanities, Hebrew University Jerusalem Prof. Dr. Steve Mason, Canada Research Chair in Greco-Roman Cultural Interaction, York University Toronto Prof. Dr. Karl-Wilhelm Niebuhr, Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität Jena PD Dr. Karl-Heinrich Ostmeyer, Neues Testament, Fachbereich Evangelische Theologie, Philipps-Universität Marburg Prof. Dr. Jonathan J. Price, Departments of Classics and History, Tel Aviv University Prof. Dr. Daniel R. Schwartz, Institute of Jewish Studies, Hebrew University Jerusalem Prof. Dr. Folker Siegert, Institutum Judaicum Delitzschianum, EvangelischTheologische Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster PD Dr. Manuel Vogel, Fachgebiet Religionswissenschaft, Fachbereich Evangelische Theologie, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt / M. Prof. Dr. Michael Weißenberger, Institut für Altertumswissenschaften, Philosophische Fakultät, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Dr. Alice Whealey, Independent scholar, Pacifica, California. Prof. Dr. Florian Wilk, Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische Fakultät, Georg-August-Universität Göttingen Prof. Dr. Jürgen Zangenberg, Chair New Testament Exegesis and Early Christian Literature, Faculty of Theology, Leiden University

Stellenregister (in Auswahl) Stellenregister

1. Bibel 1.1 Altes Testament einschließlich Apokryphen Altes Testament einschließlich Apokryphen Genesis 1,3 2,21f 12,1–3 15,16 16,7–11 18,1–15 18,1–14 18,27 28,22 30,37–42 31,11–13 41,46 46,2f

249 396 88 380 81 80 79 461 155 457 420 460 420

Exodus 3,4–10 3,6 3,15 23,20 24,8 25–26

420 49 49 251 224f 477

Levitikus 9,23f 11,33 13,6 13,23 17f 18,22 21,7 21,13f 21,17–23

478 154 155 155 424 395 464 464 463

21,20 21,20LXX 21,22f 21,22 26,11f 27,30–33

464 463 464 463 254 156

Numeri 4,3 4,23 6,1–21 18,21–24 24,17

460 460 423 156 231

Deuteronomium 2,14 4,2 6,13 8,7–10 8,11–17 10,20 11,9–14 12 12,17 14,22ff 16,8 18,15–18 27,25 29,3 32,21 32,43LXX 33

204 499 461 275 144 461 275 242 156 156 204 319 220 257 257 250 275

550 Josua 19,10–16 19,24–31 20,7 21,32

Stellenregister

269 269 315 315

1. Samuel (1. Regum) 2,1–10 420 18,14 94 19,5 220 25,26 220 25,31 220 2. Samuel (2. Regum) 5,4 460 7,11–14 318 7,14 254 1. Könige (3. Regum) 2,5 220 8,15ff 155 9,1 211 9,3 211 9,8 211 9,11 315 13,2 239 19,10 380 2. Könige (4. Regum) 2,19–22 80 2,23–25 80 4,8–6,8 80 4,18–37 80 8,1–6 80 8,18 463 14,25 319 15,5 463 15,29 315 18–20 242 18,3–7 246 18,13 246 18,14–20,19 234f 18,17–19,37 246 19,2–7 235 19,8–19 236 19,20–34 236 19,35f 235, 237

20,1–11 20,5 20,7f 20,7 20,8–11 20,9 20,12–19 20,18 21,1f 21,16 24,4

236, 242, 246 237 237 236 237 237 237 238 463 220 220

1. Chronik 2,1–15 2,9f LXX 3,11f 6,61 21,26 24,7 24,15

453 453 463 315 478 456 166

2. Chronik 13,4–12 13,8–12 26,19–23 29–31 29,2–31,21 31,4 32,1–31 32,1 32,18 32,32 33,11 35,25 36,5 36,12 36,19–21

140 140 463 234 246 222 234f 234 222 234 238 217 220 217 217

Esra 1,1–4 1,2–4 1,2a 2,61f

238 240 239 464

Nehemia 7,63f 9,26

464 380

551

Stellenregister 1. Esra 1,30

217

Tobit 4,17 14,4

165 220

1. Makkabäer (ganze Schrift) 1,37 2,1 2,67 5,14–23 5,15 5,55 9–10 10,7 12–13 13,25–30 13,27–30

265, 269 220 456 81 299 316 299 516 222 516 165 60

2. Makkabäer (ganze Schrift) 1,8 2,4–8 2,22 4,11 5,19 6,14f 15,12–16

281 220 225 31 31 142 380 165

3. Makkabäer 7,5

345

4. Makkabäer (ganze Schrift) 5,33 9,22 17,18 18,23

392 31 58 58 59

Psalmen 2,7 11,8LXX 13,5LXX 16,10 18,50

249 204 204 249 250

22,23 23,6LXX 68,9LXX 69,5LXX 69,23f 85,8–10LXX 89,4f 93,21LXX 105,38LXX 111,2LXX 117,1 118,22

250 204 114 94 257 83 318 220 220 204 250 250

Proverbia 2,2 5,1 6,17LXX 15,31 18,15 30,11–14

516 516 220 516 516 204

Kohelet 9,15LXX

78

Hiob 41,3 42,17aLXX

257 58

Sapientia Salomonis 2,21–24 58 3,10 58 3,19 204 4,7–5,23 58 19,3–5 380 Sirach 7,32f 30,18 40,3 43,25 44–50 44,16 46,20 47,8 47,9f 48,9–11 48,17–23

165 165 58 82 246 58 165 246 247 58 246

552

Stellenregister

48,20 48,20b 48,22b 48,22b–25 48,23 48,24 49,6–10 49,6

246 246 247 246 246 247 246 217

Hosea 2,1 2,25 6,6 10,8 13,14

257 257 214f 258 64, 258

Micha 5,1–4 5,1

86 230

Joel 3,5 4,4 4,19LXX

250 316 220

Jona 1,14LXX

220

Habakuk 2,3f

258

Haggai 1,9

220

Sacharja 9,9 9,11 11,13 14,2

200, 249 224 219 222

Maleachi 3,1

251

Jesaja (ganze Schrift) 2,10

245–254, 259, 261f 258

2,19 6,3 6,8 6,9f 6,10 7,14 8,11–9,7 8,12f 8,14 8,16 8,17f 8,23–9,1 8,23 9,1–6 9,1 9,5 10,22f 10,33–11,10 11,2 11,10 13,10 19,11f 19,18 19,19 19,20–25 22,13 22,20–23 22,22 23,8 24–27 25,8 26,14 26,19 26,20 27,9 28,11 28,14 28,16 29,9–24 29,10 29,11 29,13 29,14 29,14LXX 29,16 29,18f 30,8 30,19

258 255 461 253, 256, 260, 427 256 249 260 254 250, 260 234 250 249 299, 314ff, 325 315 249 250 257 243 254 250 258 248 241 240f, 243 241 56, 254 250 250 258 58 64, 258, 260 58 58, 252 258 257 256 222 250, 260 260 257 234 255 248 46 257 252 234 222

553

Stellenregister 33,18 33,24 34,4 34,10 34,12 35,5f 36–39 36,1–39,7 36–37 37,2–7 37,8–20 37,21–35 37,36f 37,36 38 38,1–22 38,11 38,21 39,1–7 40,1–20 40,3–5 40,3 40,6–8 40,13 40,14 41,22f 41,26 42,1–4 42,9 44,6 44,7f 44,24 44,28 44,28–45,7 45,1 45,9 45,14 45,23 46,10 47,7 48,5f 48,12 49,1–13 49,6 49,8 49,10 51,5 52–54

249 222 258, 260 258 258 252 243 234f 246 235 236 236 237 235 237, 246 236, 242 88 236 237 260 251 251, 260, 460 249 249, 257, 260 257 247 247 249 247 250 247 239 239 243 239 257 254 258 247 247 247 250 260 252, 415 252 258 88 260

52,5 52,7 52,11 52,15 53,1 53,4–6 53,4 53,7f 53,7 53,9 53,11 53,12 54,1 54,13 55,3 56,7 58,6 59,20 60,7 61,1–3 61,1f 61,1 62,10–12 62,11 64,10 65,1f 65,17 66,1f 66,14 66,22 66,24

257 252 254 252 256, 260 250 249, 260 249 88 250 225 250, 252 254 253 249 211, 213, 255 252 257 211 247 252 260 249 200, 249 211 257 258, 260 255 253 258, 260 258

Jeremia (ganze Schrift) 2,8 2,13 2,26f 2,30 4,9–14 4,9 5,1–14 5,5 5,13 5,31 6,1–8 6,13 6,20

183, 196, 216–232 221f 221 221 220, 380 222 221 221 221 221 221 222 221 223

554 7 7,6 7,11 7,21–23 7,25f 7,25 7,26 7,32–34 7,32 8,1–3 8,8–13 8,10 10,21 11,7 11,15 12,7 12,10f 14,13–15 14,16 14,18 15,5f 18,1–12 19 19,1–13 19,3ff 19,4 20,1–6 21–23 21,7 22,1 22,3 22,5 22,17 22,22 23,1–6 23,1f 23,3–6 23,5f 23,9ff 23,11f 23,14 23,15 23,32 24 25,4 25,9 25,11f 25,34–36

Stellenregister 224, 228 220, 223 211, 214, 223, 255 223 220 223 223 223 222 222 221 221 221f 220 223 220 221f 221 222 221 222 219 219, 221f 219 222 220 221 221 222 220 220 220 220 222 198 221f 222 225 221 221 222 221 221 222 220 225 238 222

26 26,2 26,5 26,7ff 26(33),8 26,15 27,6f 27,6LXX 27,9f 27,14–18 29,7–23 29,8f 29,10 29,19 29,24–32 30,9 30,21 31(38),15 31,31–34 32(39) 32(39),7–9 32,23 33,6LXX 33,10LXX 33,15 33,15LXX 33,16LXX 35,5–10 35,15 35,17–19 36,2 36,21–24 36,26 36,30f 37,15 38,1–6 38,7–13 39,15–18 40,1–6 40,8 43(36),9 44,4f 45,2–5 45(38),4 50,6

224, 229 224 220, 224 224 221 217, 220, 222, 224 225 221 221 221 222 221 238 220 221 222 222 218, 226 224f 225 219 221 211 221 222 217, 220, 222, 224 221 229 220 222 234 221 221 221 221 221 221 222 225 464 222 220 222 222 221

555

Stellenregister Klagelieder Jeremias 1,7 222 1,11 222 2,14 221 4,13f 221 4,13 220 Ezechiel 1,1 1,28–2,3 9–11 11,22f 20,34 34 34,4 34,16

460 420 211, 227 211 254 198, 221 222 222

37 37,27

58 254

Daniel (ganze Schrift) 2,22 2,46f 7 8,23 9,24–27 9,27 11,31 12,1–3 12,11 12,13LXX

212, 219, 390 247 254 371 380 516 86, 219 219 58 219 58

1.2 Neues Testament Neues Testament Matthäus (ganze Schrift) 1,1–17 1,1–11 1,1f 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 1,10 1,11 1,12–15 1,16 1,17 1,18 1,20 1,22f 2 2,1–12 2,1 2,2 2,3–6 2,3f

150 459 452 456 46, 356, 451, 459 452, 457 459, 467 459, 467 467 459 463 463 463 452, 457 456 111, 454 452 46, 455 318 216, 249, 260 199 198, 201, 516 198 198f, 207 202, 208 202

2,3 2,4 2,6 2,9 2,13–15 2,15 2,16 2,17f 2,17 2,18 2,19–21 2,22f 2,23 3,1–3 3,1 3,5 3,7 3,13 4,8 4,12–17 4,12–16 4,12 4,14–16 4,13 4,15 4,18–22 4,23–25

198ff, 207f 198 198, 230 198 199 199, 216 11, 218 216, 226 217f 165 199 199, 307 216, 312, 321, 325 251 251 199 205, 208 325 324 315 199 325 216, 249 321, 325 299, 314ff 324 325

556 4,23 4,24 4,25 5,1 5,11f 5,12 5,13–20 5,20 5,23f 5,25f 5,34–37 5,35 5,43–48 6,2 6,5 7,13f 7,15 7,28f 8,1 8,5–13 8,5–10 8,14f 8,16f 8,17 8,21f 8,23–27 8,28ff 8,28–34 9,1 9,13 9,17 9,23 9,24 9,32–34 9,33 9,34 9,35 9,36ff 9,36 10,4 10,5 10,6ff 10,6 10,15 10,17–23 10,17 10,23

Stellenregister 159, 172 308 199 324 381 202 157 208 214 323 156 199 230 160 159, 172 56 99, 164 158 324 321 88 321 321 216, 249 59 324 324 64 321 214 403 63 214 197 197 197, 208 159, 172 198 198, 221 332 87 168 130, 198, 211, 214, 221 213 381 160 209

10,24f 10,47 11–12 11,1–19 11,2 11,5 11,9 11,20–24 11,21 11,23 11,24 11,28–30 11,28 11,29 12,6f 12,6 12,7 12,9–14 12,9f 12,17–21 12,22–24 12,23f 12,23 12,24 12,25ff 12,34 12,38–45 12,38–42 12,39f 13 13,14f 13,15 13,24–35 13,35 13,54 13,57 13,58 14,1f 14,12 14,13ff 14,14 14,22–33 14,23 15,7–9 15,10f 15,12–14 15,15 15,18–20

204 312 202 256 252 251, 260, 515 224 256 322 321 213 256 130 230 214 214 214 161 159 216, 249 197 199 197 197f, 208 197 205 205 197 207 42 256 168 256 216 129, 159, 172 207, 224, 321 322 317 64 324 214 324 324 255 256 208 256 164

Stellenregister 15,22 15,24 15,29 15,39ff 16,1–4 16,11f 16,13–20 16,13 16,14 16,19 16,21 17,1–9 17,15 17,22 17,24–27 18,8f 18,18 18,20 19,1 19,28 20,18 20,30f 20,34 21,1–17 21,1–11 21,4f 21,5 21,9–11 21,9 21,10 21,11 21,12ff 21,12f 21,12 21,13 21,14–17 21,14 21,15f 21,18–22,14 21,23–23,39 21,23–22,46 21,23–27 21,23 21,28–32 21,33–46 21,35f 21,35

214 198, 211, 214, 221 324 324 205 208 317 322, 326 217, 224 168 200 324 214 200, 326 200, 321 56 168 213 200, 326 210 200 214 214 198, 200f, 211 249 216, 249, 260 230 202 197, 199f 200, 202 201f, 207, 311f, 326 214 215 214 211, 213, 223, 255, 260 211 214 202 204 224 202, 211 170 169 202 202, 207 202, 224, 226 223

21,42 21,43 21,45 21,46 22,1–14 22,2–7 22,7 22,8–14 22,15–22 22,16 22,34 22,41–46 22,41 23 23,1–39 23,2–12 23,2–7 23,2–5a 23,2f 23,2 23,5–7 23,5 23,5b 23,6f 23,6 23,8–12 23,13 23,14 23,15 23,16 23,16–22 23,20–22 23,21 23,23–36 23,23f 23,23 23,24 23,25f 23,25 23,27–33 23,27–31 23,27 23,29–39 23,29–36 23,29–31 23,29 23,30f 23,30

557 213, 226 203 169, 208 207 195, 203 204, 210 210, 225, 230 213 332 447 208 203 208 208, 382 256 154 168 167 156 158, 161, 168 158 162, 167 158 157 161 168 153, 168 159 142, 153, 162, 169 153 156 156 211, 214 153 155f 153, 155 153 153–156 153 64 164 153 210, 220, 223f, 381 203f, 207, 210 224, 381 64, 153, 168 202 220

558 23,32f 23,32 23,33 23,34–39 23,34–37 23,34–36 23,34 23,35f 23,35 23,36 23,37ff 23,37f 23,37 23,38 24 24,1f 24,1 24,6–14 24,15–31 24,15 24,16–20 24,29f 24,29 24,30 24,31 24,35 25,14–30 25,46 26,3 26,5 26,28 26,31 26,32 26,47 26,57 26,59–66 26,59 26,60a 26,61 26,64 26,69–75 26,73 27–28 27,1 27,3–10 27,3–8

Stellenregister 203 203, 205, 381 203, 205, 210, 381 210 381 202, 210 160f, 168, 203, 207, 224, 381, 383 204, 210f, 220, 382 203, 205, 209, 220, 224 205, 381, 383 203, 205, 209, 211 210 202, 207, 224, 382 211, 215, 220, 381 68 211 211 212 212 211f, 214, 219 212 212 258, 260 213 213 213 323 56 206 206 213, 224f 198 301 206 446 224 215 216 215 213 311 311 434 206 219, 221, 230 219, 222

27,3 27,4 27,7 27,8 27,9f 27,9 27,11–26 27,11 27,15–26 27,15 27,17 27,18 27,19 27,20 27,22 27,24f 27,24 27,25

27,29 27,37 27,51 27,52f 27,56 27,57–61 27,61 27,62–66 27,62 27,64 28,1 28,10 28,11–15 28,16–20 28,16 28,18–20 28,20 Markus (ganze Schrift)

1,2–4 1,2f 1,4 1,5

221 204, 219f 222 222 216, 225 217–220, 222f, 230 206 207 207f 169, 206 111 208f 204 169, 206, 208f 207 219f, 446 204, 206, 208 195f, 204, 206f, 209f, 218, 200, 222, 224, 313, 382 207 207 213, 215, 230, 475 207 322 63 322 204, 209 208f 206, 209 322 301 204, 209 381 324 168 213

69, 149f, 170–174, 200, 208, 255, 296, 301, 307f, 322, 325, 446, 458, 546 251 251, 260 251 199

559

Stellenregister 1,9–13 1,9 1,12f 1,14 1,15 1,16–20 1,16 1,21–3,6 1,21–28 1,21f 1,22 1,24 1,27 1,28 1,29–31 1,32–34 1,39 2,1–12 2,6 2,15f 2,16 2,18 2,22 2,34 3,1f 3,6 3,7f 3,8 3,18 3,20–30 3,22 3,34 4,10 4,11f 4,14 4,16–30 4,23 4,31–44 4,35–41 4,39 5,1ff 5,1–20 5,21ff 5,38 6,2 6,4 6,5 6,14–16

458 325 465 325 253 323f 308 171 321 159, 171 158, 171f 312 171 308, 325 321 321 159, 172, 308, 325 170 171 172 163, 171 172 403 322 159 447 308 199 332 171 197 253 253 253 322 322 322 322 324 93 324 64 324 63 129, 159, 172 321 322 317, 447

6,29 6,45–52 6,45 6,54 7,1–23 7,1–5 7,1 7,4b 7,5 7,6f 7,14 7,19 7,24–30 8,10ff 8,22 8,27–30 8,27 8,28 8,30 8,31 8,35 9,30 9,48 10,1 10,33 10,47 11,15–12,40 11,15–18 11,15 11,17 11,18 11,27–33 11,27 12,5 12,10f 12,13–17 12,13 12,18–27 12,18 12,27 12,37–40 12,38b–40a 12,38f 13 13,9–13 13,9 13,14

64 324 322 172 171 172 163, 171, 173 154 163 255 172 155 88 324 322 42, 317 322, 326 217 93 171 57 326 258 171, 200 171, 200 312f 171 199 214 213, 223, 255, 260, 269 171 170 171 380 255 332 170, 447 49 49 49 64 158 161f 68 68 160 214

560

Stellenregister

13,24f 14,1 14,28 14,43 14,53 14,56 14,57–59 14,59 14,66–72 15,1 15,8 15,11 15,15 15,26 15,29f 15,31 15,34 15,38 15,40 15,41 15,42–47 15,47 16,1 16,6 16,7

258, 260 171 301 171 171 216 255 216 311 171 169 169, 208 169 446 255 171 546 475 322 313 64 322 322 312 301

Logienquelle Q 7,31 11,43 12,58f 10,10 13,26 14,21

303 303 303 303 303 303

Lukas (ganze Schrift) 1–2 1,1–4 1,1 1,3 1,5–25 1,5–17 1,6 1,9 1,11–22 1,17 1,26–38

150 418f, 461, 467 387, 418 411 420, 431, 452, 458 420 460 461 461 456 420 420, 458

1,26 1,27 1,35 1,39–45 1,46–55 1,57–80 1,68–79 1,68 1,72 1,76 1,77 2,1–20 2,1–7 2,1f 2,4 2,5 2,7 2,11 2,22–38 2,22–36 2,29–32 2,32 2,39 2,40 2,42 2,46f 2,48f 2,49 2,52 3–24 3,1–6 3,1f 3,2–6 3,2 3,4 3,4–6 3,8 3,10–14 3,13f 3,21f 3,22f 3,22 3,23–38 3,23ff 3,23 3,26 3,31

307, 320 318 455 456 418, 420 420 418 206 418f 461 206 420 458 455, 457, 460 307, 320 318 112 461 456 419 418 206 307, 321, 460ff 129 325 456, 458 456 456 129 462 251 455, 457, 460 460 251 460 251 403 420 419 460 459 420 454, 462 461 90, 453, 458, 462, 465, 467 419 453

561

Stellenregister 3,33 3,34 3,37 3,38 4,1–13 4,4 4,8 4,14–9,50 4,15–27 4,15 4,16–22 4,16 4,17–21 4,18f 4,18 4,22 4,23 4,24 4,28–30 4,31–37 4,31–33 4,31 4,34 4,37 4,38f 4,40f 4,44 5,1–11 5,1 5,17–26 5,17 5,26 5,37f 5,39 6,6 6,15 6,17 7,1–10 7,1 7,2–10 7,16 7,22 7,29 8,22–25 8,22f 8,26–39 8,26ff 8,26

453 453 453 467 458 234 461 296 172 159 159 307, 321 252 260 420 252 321 321 321 321 159, 172 326 312 308, 326 321 321 159, 172, 326 324 308 321 326 82 403 403 159, 172 332 206 321 206 88 206 251, 260 167, 206 324 308 64 324 326

8,33 8,52 9,7–9 9,10 9,12f 9,13 9,18–21 9,51–24 9,59f 10,5 10,13 11,15 11,16ff 11,29–32 11,37–41 11,38–41 11,38 11,39–51 11,39–41 11,41 11,42f 11,42 11,43 11,44 11,45 11,46 11,47–51 11,47ff 11,47f 11,47 11,49 11,52 12,10 12,11 12,58f 13,1–3 13,1 13,10 13,14 13,31–33 13,31 13,32 13,33f 13,35 14,5 16,13 17,11 18,12

308 63 312, 317 322 206 206 317 42 59 321 322 197 197 197 154 153 154 153 153f 349 153 154ff 157f, 161, 167 153, 163f, 167 153, 163, 167 153, 163, 167 380 167 64, 164 153, 163 161 153 160 422 323 312, 327, 330 329f, 443 159, 172 161 312 447f 448 380, 382 211 161 461 308, 310 155

562 18,37f 18,43 19,12–27 19,33 19,41–21,38 19,46 20,1–8 20,1 20,9 20,20–26 20,20 20,45–47 20,46–47a 20,46 21 21,12 21,14 21,23 21,31f 21,45 22,37 22,49–52 22,56–62 23,4 23,5 23,6–12 23,6ff 23,6 23,7 23,12 23,14f 23,18 23,23–25 23,35 23,45 23,46 23,49 23,50–56 23,55 24,6 24,10 24,13–35 24,19 24,20 24,25 24,27 24,32 24,44–47

Stellenregister 313 206 323 461 296 255, 260 170 206 206 332 434 64 158 161f 68 160 422 167 167 167 252 252 311 169 313 312 447 312, 331 446 447 448 169 448 88, 131 475 420 313 64 313 313 322 416 311 384 416 416 416 424

24,44–46 24,47–49 24,47 24,50–53 24,51 24,52 Johannes (ganze Schrift)

1,1–18 1,1–3 1,1 1,14 1,20 1,21 1,23 1,25 1,41 1,43 1,44 1,45f 1,45 2,1–11 2,12 2,13 2,25 3,1 3,3 3,7 3,16 3,28 4,3 4,25 4,29 4,43 4,44 4,45 4,46–54 4,46 4,47 4,54 5,1 6,1

416 416 415 420 461 461

42, 45, 150f, 180, 251, 253, 265, 307f, 312, 317, 319, 321f, 326, 385, 434, 446, 457, 471f, 514, 517 46 458 88 256 318 319 251 318f 318 327 321f, 327 317 327 322 321 326 319 319 319 319 56, 94 318 326 111, 318 197, 318 326 307 312, 326 321 321f, 326 326 326 326 308, 326

563

Stellenregister 6,14 6,17 6,24 6,44 6,45 6,46 6,59 6,69 7,1–11,54 7,1–53 7,1–13 7,1 7,9 7,10 7,14–36 7,26f 7,26 7,31 7,35 7,37–52 7,37–44 7,40 7,41f 7,41 7,42 7,45–52 7,49 7,52 8,14 8,23 8,56 9,22 10,24 11 11,1–45 11,27 11,54 12,12–19 12,17 12,20 12,21 12,25 12,34 12,37f 12,38–40 12,39–41 12,41 13,23

319 321 321 253 253 253 159, 172, 321 318 317 317 317 318, 326 318 326 317 318 88, 131 318 88 317 317 318 318 318f 317 317 317 317 130 318 256 318 318 42 64 318 327 326 64 88 322, 327 57 318 256 260 256 256 94

15,13 16,22 18,5 18,7 18,20 19,12 19,19 19,21 19,25 19,26 19,38–42 20,1 20,18 21,1–14 21,1 21,2 21,7 Apostelgeschichte (ganze Schrift)

1,1–4 1,1 1,6–8,39 1,8 1,9–11 1,11 1,13 2,1–36 2,4 2,7 2,9–13 2,14–36 2,22 2,23 2,26 2,29 2,38 3,1–10 3,6 3,12–26 3,12 3,13–15 3,23 3,25 4,1

57 253 312 312 159, 172 434 312 446 322 94 64 322 322 324 308 323, 327 94

150, 255f, 313, 347, 356, 360, 401f, 416f, 423, 426, 462 387 431 462 42, 415 420 311 332 420 256 311 256 417 311 384 384 16 249, 424 420 311 417 206 384 206 418, 462 206

564 4,10 4,12 4,26f 5,1–11 5,30 5,34–39 5,37 6,9 6,14 7 7,2–53 7,2 7,8 7,9 7,11 7,12 7,15f 7,15 7,19 7,32 7,38 7,39 7,44 7,45 7,48–50 7,51f 7,52 7,55f 7,59f 8,27 8,32f 8,35f 9,1–28,31 9,1–22 9,1 9,2 9,20 9,22 9,23–25 9,23 9,39 10,1–11 10,9–48 10,14f 10,15 10,18 10,37 10,45

Stellenregister 311, 384 424 429, 445 59, 63 384 331 312, 331 162, 172 311, 423 142 417 417 417, 418 417 417 417 165 417 417 417 417 417 417 417 255 384, 417 380 255 420 249 249 249 462 420 462 161 159, 172 88, 131 420 384 63 411 420 349 155 411 313 349

11,2 11,4–17 11,9 11,26 12,21 13,5 13,14ff 13,14f 13,16 13,17–25 13,17 13,24 13,26 13,27–29 13,27f 13,31 13,33–35 13,33 13,34 13,35 13,38f 13,44f 13,45–52 13,45–50 13,47 14,1 14,2 14,3 14,4–9 14,8–11 14,15–17 14,19 15,1f 15,7–21 15,7–11 15,8–11 15,9 15,11 15,19f 15,21 15,28f 15,28 15,29 16,3 16,11 16,19–23 16,20f 17,1–3

349 420 155 134, 402 107 159, 172 172 159 249 417 206 206 249 429 384 313 260 249 249 249 249, 424 159 420 384 252, 415 159, 172 384 252 420 420 426 384, 420 423 411 424 424 424 424 424 159, 172, 424 424 424 399 422 161 422 422, 426 172

565

Stellenregister 17,1f 17,5–9 17,5 17,10f 17,13f 17,13 17,16–34 17,17 18,4–8 18,4 18,5f 18,10 18,12–17 18,12 18,15 18,18 18,19 18,24–26 18,26 19,5f 19,8 19,8f 19,33f 19,33 20,3 20,28 20,32 21,18–34 21,20f 21,21 21,24 21,25 21,27–36 21,30 21,38 22,1–21 22,1 22,3 22,8 22,14f 22,19 23,1–10 23,1–5 23,1 23,8 23,12–15 23,24 23,26

159 420 384 159, 172 420 384 407, 420 159, 172 159 172 420 414 420 384 426 423 159 159 172 420 172 159 426 422 420 252 252 423 422 423 423 424 420 425 347 420 422 422 312 422 160f 516 423 423 49 420 434 434

23,33 24,1 24,5 24,10 24,12 24,14 24,16 25,2f 25,7 27,1–7 26 26,1f 26,2–23 26,2f 26,9 26,11 26,17 26,23 26,24–29 26,24 26,26 26,28 27,3 27,7ff 28,2 28,17 28,23–29 28,25–28 28,25–27 28,26f 28,31

434 434 311 422, 434 160 422 423 420 422 422 427 422 420 423, 427 311 160 206 206 427 422 321 134, 402 353 360 353 422f 384 427 256 256 462

Römerbrief 1,3 1,5 2,13 2,20 2,23f 2,24 3,10–18 4,12 4,13 4,17 5,7f 5,12–21 5,21 6,9

318 162 81, 162 351 257 260 260 349 356 49 57 64 56 64

566

Stellenregister

6,17f 7,7–13 8,8 9–11 9,4 9,20f 9,20 9,24–26 9,25–29 9,27–29 9,27f 9,29 9,31f 9,33 10,2–4 10,4 10,11–13 10,11 10,12f 10,13 10,15 10,16 10,19–21 10,20f 11,7f 11,8–10 11,8 11,9f 11,13 11,25–27 11,25f 11,26f 11,33–35 11,34f 11,36 13,1–7 14,10–12 14,20 15,8–11 15,9–12 15,20f

354 64 379 384 356 257 260 257 260 260 257, 260 257 250 260 250 250 260 250 250 250 252 256 257, 260 260 257 260 260 257 380 257 384 258, 260 257 260 257 359 258 349 250 250, 260 252

1. Korintherbrief 1,11 1,16 1,19f 1,19

46 46 248, 260 46

1,26 1,30 2,6–16 2,8 2,16 3,10–15 3,10 4,15 4,17 6,1–6 6,9–11 7,32 8–10 9,5 14,10–12 14,21 14,22 14,25 15,3 15,4 15,10 15,30–32 15,32 15,54–56 15,54f 15,56f 16,12

445 129 252 429, 445 249, 252 46 252 46 360 160 354 379 43 112 256 256 256 254, 260 133 64 252 68 56, 254 64 258, 260 258 46

2. Korintherbrief 2,13 4,1–6 4,1 4,6 4,10f 5,1–10 5,4 6,2 6,14–7,1 6,16–18 6,16 7,6ff 11,12–14 11,22 11,24–27 11,24 11,25 12,17f

360 252 252 249, 252, 260 68 537 64 252 254 254, 260 254 360 382 382 68 160 465 352

567

Stellenregister 12,18 13,4

360 68

Galaterbrief 1,13f 1,14 1,15 1,17 1,19 1,22 2,1–3 2,4 2,6 2,11–14 2,12 3f 3,5 3,23–25 3,28 4,3 4,8–10 4,21 4,26–28 4,29 4,31 5,11 6,12f

173 458 173 458, 465 112 382 360 382 46, 399 382 349 356 356 173 347 354 354 254 254 382 254 382 382

Epheserbrief 2,1–10 2,3ff 2,11–22 4,17f

354 354 354 354

Philipperbrief 1,21 2,10f 2,22 3,6 3,20

56 258 360 382 527

Kolosserbrief 1,21f 2,3 2,8 3,7f 3,11

354 129 392 354 347

4,11

349

1. Thessalonicherbrief 1,1 383 1,9f 393 1,15 354 2 382 2,4 379 2,13–16 379 2,14–16 347, 366, 379f, 382 2,14f 445 2,14 382f 2,15f 382, 384 2,15 353, 379, 382 2,16 381 2,16a 379 4,2–8 383 4,5 383 4,13 383 1. Timotheusbrief 1,4 1,7 1,10 1,11 1,13 1,14 1,16 2,9–15 2,18 3,9 3,10 6,13 6,20

356 351 351 351 351 351 351 358 351 351 351 429, 445 351

2. Timotheusbrief 3,12

357

Titusbrief 1,1 1,2f 1,5–9 1,5f 1,5 1,6 1,7 1,8

357 349, 355 348, 358 358 360 358, 361 352 357

568 1,9 1,10–16 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 2,1f 2,2 2,4 2,5 2,6 2,8 2,9 2,10 2,11–14 2,11f 2,11 2,12 3,1 3,2 3,3f 3,3 3,5 3,8 3,9 3,10f 3,13 3,16 Hebräerbrief 1,2–14 2,12f 2,12 2,13 2,14–18 7,5 7,6 7,9 10,36–38 10,37f 11,22 11,32 12,11

Stellenregister 348, 357f, 360 343, 348 347, 351f, 358ff 348, 352, 361 347 357 349, 351f, 356 349 351, 357 357 357 357, 361 357ff 357 357, 359 358 359 354 354 353 357 353, 358f 357 353 130, 353f 354 353f 351ff, 356 358 360 357

250 260 250 250 250 155 155 155 258 260 165 97 90

Jakobusbrief (ganze Schrift) 1,22–25 2,2 4,1 4,3 4,11 4,12

11, 82, 157 81 159 130 130 81 156

1. Petrusbrief 1,14–21 1,24f 2,6–8 2,7f 2,9f 2,13 2,22–25 3,14f 4,13 4,14 4,16 5,13

354 249 250, 260 260 100 359 250, 260 254 254 254 134 228

2. Petrusbrief 2,13 3,13

130 258

1. Johannesbrief 4,12 4,17f

133 133

Judasbrief 14

453

Johannesapokalypse (ganze Schrift) 68, 250 1,17 250 3,7 250 3,8 250 3,12 250 4,8 255 5,5 318 6,13f 258 6,15f 258, 260 7,16f 258, 260 11 68 14,8 228

569

Stellenregister 16,19 17,5 18,2 18,10 18,21 18,23

228 228 228 228 228 258, 260

19,3 21,1 21,3f 21,4 22,13 22,16

258 258 260 258 250 318

2. Frühjüdische Literatur Frühjüdische Literatur 2.1 Philo von Alexandrien De Decalogo 119

341

In Flaccum (ganze Schrift) 5f 90

436 435 435

De fuga et inventione 84 81 211 81 Legatio ad Gaium (ganze Schrift) 38 115 159f 293 299–305 299f 300

436 330 81 435 81 31, 433, 440 447 447

301–303 314f

436 436

Quaestiones in Genesim I–IV I 25 396 De praemiis et poenis 53 341 166 165 De specialibus legibus I 204 220 De vita contemplativa 58 81 De vita Mosis I1 II 1f II 288

387 387 59

2.2 Josephus Testimonium Flavianum (s. Sach- und Namensregister) De Bello Judaico (ganze Schrift) I–II I

7, 10, 42, 150 43 11, 142

I Proöm 10 I 1–16 I 1–8 I 1–3 I 2–8 I 2–3 I2

330 5 18 18 18 20 19

570 I 3–6 I3 I 6–8 I6 I7 I9 I 10 I 11 I 13 I 14f I 14 I 16 I 17 I 18 I 19f I 21–29 I 22 I 27 I 30 I 31–673 I 31 I 33 I 34 I 76 I 88 I 90f I 92 I 107 I 108 I 110–112 I 110 I 111 I 131 I 142 I 148 I 150f I 150 I 177 I 209 I 228 I 230 I 246 I 270 I 271 I 322 I 345ff I 354–356 I 357

Stellenregister 150 22, 444, 456 19 19 357 19f, 29 188 29 18 272 271 18, 281 18f 94, 150 150 150 29 20, 29 19, 272 150 188 240 188 299 174 175 175 174 175 45 138, 175 138 188 188 140 188 140 324 45 61 27 88 464 543 88 188 540 539f

I 358 I 383 I 417 I 419 I 488 I 561 I 571 I 581 I 593 I 618 I 648 I 650 I 653 I 657 I 660 I 670–673 II II 1–116 II 1–100 II 1 II 2 II 30 II 49 II 56 II 117–404 II 117–166 II 117f II 118 II 119–166 II 119–133 II 119 II 120–161 II 120 II 122 II 123 II 126 II 127 II 128–133 II 129 II 131 II 134 II 137–144 II 137–142 II 138 II 139 II 142 II 143f II 143

188 88 59f 59f 396 45 176 61 145 29 45, 139 59, 139, 542 58 542 62 61 189 150 43 62 45 328 88 320 150 11, 521 313, 522 129, 176 150, 176 110 177f 177 178 178 178, 524 524 524 524 178, 524 178 178 110, 178 524 178 178 178 524 178

571

Stellenregister II 145f II 147–149 II 147 II 150 II 151 II 154–157 II 159 II 160f II 161 II 162f II 162 II 162–165 II 163 II 164 II 165 II 166 II 167 II 168 II 169–177 II 169–174 II 169f II 169 II 170 II 174 II 175–177 II 177 II 178 II 183 II 192–203 II 195 II 208 II 213 II 231 II 232–235 II 254–257 II 256 II 268 II 341 II 345–401 II 358 II 361 II 366 II 367 II 370 II 379 II 390 II 405

524 524 178 77, 178, 524 524 59 178, 524 524 178 138, 152 138, 177 177 50, 59, 138, 175 177, 523 50, 523 523 176 447 28, 437 111, 330, 433, 440, 447 111 111 141, 439 58 330, 433, 437, 441 88 437 93 329 141 45 29 140 329 516 46 88 88 192 193 95 134 193 193 134 192 150

II 408–411 II 411 II 422ff II 425 II 433f II 433 II 441 II 443ff II 457–460 II 457 II 461–465 II 466–476 II 477–480 II 539 II 562–565 II 572–575 II 573 II 585–589 II 588f II 619 II 628 II 647–651 III 1–3 III 28 III 34 III 35–58 III 35–44 III 35–43 III 35–42 III 35–39 III 35 III 37 III 39 III 41f III 41 III 44–47 III 44 III 48–50 III 48 III 51–56 III 57f III 58 III 144 III 158–306 III 352 III 353f III 354 III 366

179 179 212 205, 223 320 129 212 212 281 145 281 281 281 186, 211, 227 516 282 310, 324 516 284 29 174 516 27 145 324 279 278, 280, 309 285 266 279 279 310 310 313 279, 310, 316 309 285 309 310 309 25 279 145 267 456 191 100, 134 100

572 III 372 III 374 III 391 III 438–442 III 438 III 463 III 506–521 III 506–515 III 506–508 III 516–521 III 516–519 III 516 III 519 III 522–531 III 530f IV IV 1 IV 2f IV 4–83 IV 20–29 IV 25 IV 27 IV 54–61 IV 105 IV 138–157 IV 151–154 IV 162–192 IV 163–172 IV 181–183 IV 191 IV 193–365 IV 238–269 IV 242 IV 261f IV 305–325 IV 312 IV 313 IV 314–333 IV 316 IV 317 IV 318–325 IV 318 IV 323 IV 324 IV 326–333 IV 326 IV 331–333 IV 360

Stellenregister 59 59, 138 145 22 96 310 65, 266, 279 309 324 274, 309 324 295 275 65, 274, 324 65 39 324 309 267 65 65 65 324 281 212 516 212, 516 212 212 58 212 212 212 212 516 212 212 42 65 66 65 330 186, 227 65 66 205, 223 66 66

IV 363 IV 366 IV 378f IV 381f IV 416 IV 452–458 IV 459–475 IV 460 IV 476–485 IV 509–513 IV 532 IV 564f IV 573–576 IV 582 IV 622 IV 643 V 5–38 V 19 V 33 V 34 V 39 V 100 V 101 V 136–183 V 184–330 V 162 V 251 V 326 V 335 V 345 V 362–419 V 364–367 V 388 V 391–393 V 395f V 401–407 V 401 V 407 V 412 V 414 V 415 V 442 V 446–450 V 475 V 506 V 513–516 V 518 V 519

205, 223 145 212 66 66 309 309 80 309 320 165 212 320 205 145 88 212 189, 227 66 66 230 96 223 478 478 60 205, 223 357 205, 223 205, 223 228f 330 235 229 330 332 330 96 186, 211, 227 186 189 205 75 96 166 67 67 67

573

Stellenregister V 541–546 V 542 V 547 V 562 V 566 VI 33–67 VI 46–48 VI 54 VI 56f VI 93–110 VI 95 VI 98 VI 103 VI 110 VI 111–116 VI 193–219 VI 215 VI 224 VI 237–242 VI 250 VI 251 VI 252f VI 254–258 VI 257 VI 259 VI 261f VI 263–266 VI 267f VI 268 VI 273 VI 285 VI 287 VI 288–315 VI 288–299 VI 299 VI 301–309 VI 301 VI 310 VI 311 VI 312 VI 314 VI 316 VI 365 VI 368 VI 373 VI 399 VI 401

229 229 205, 223 88 205, 223, 230, 330, 332 58 58 96 57 229 229 229 189 230 229 67 330 29 330 187 330 186 330 88 205, 223 330 330 187 193 223 190 190 231 230 75, 109, 211, 227 228 223 190, 194, 330 190 261 191 212 88 67 67 185 185

VI 407 VI 408 VI 411 VI 421ff VI 421 VI 428 VI 435–437 VII 26–33 VII 82 VII 118 VII 123–162 VII 154–157 VII 193 VII 205–206 VII 214 VII 215–216 VII 252–406 VII 318 VII 327–330 VII 327f VII 327 VII 331ff VII 341–350 VII 399 VII 404 VII 422–432 VII 423–432 VII 423 VII 431 VII 432 VII 454

94 191, 205 185 109 109 109 75 320 145 320 272 320 88 20 20 20 272 145 332 330 100, 134 330 138 20 272 233, 240 261 240 241, 357 240ff, 261 19

Antiquitates Judaicae I–XI 37 I–IX 9 I 1–26 5 I4 19 I 5–10 20 I5 83, 444 I 6–9 20 I 6–7 42 I9 20, 444 I 10 20 I 14 540 I 15 349 I 22 349 I 24 102

574 I 75 I 99 I 151 I 171 I 258 I 279 I 323 II 10 II 16 II 25 II 91 II 105 II 117 II 151–153 II 156 II 185 II 195 II 197–198 II 199 II 210 II 238–253 II 266 II 296 II 301 II 308 III 102–107 III 180 III 276 III 296 IV IV 185 IV 291 V 84f V 119 V 121 V 280 V 350 VI 30 VI 56 VI 317 VII 1 VII 62 VII 92 VII 144 VII 147 VII 193 VII 381 VII 387

Stellenregister 95 95 104, 165 76 95 96 95 95 528 29 29, 460 96 29 29 93 29 29 29 29 97 75, 375 30 30 30 30 478 234 464 97 11 101 396 269 165 76 96 95 76 165 95 95 240 96 93 96 88 357 101

VII 392 VIII 22 VIII 53 VIII 61 VIII 186 VIII 196 VIII 198 VIII 201 VIII 232 VIII 243 VIII 276–281 VIII 277 VIII 280 VIII 281 VIII 326 VIII 327 VIII 333 IX 20 IX 28 IX 51 IX 182 IX 260–X 35 IX 260–274 IX 264f IX 276–X 35 IX 276 X X 1–34 X1 X 12 X 12–16 X 12–14 X 13f X 15f X 16 X 16b X 17–21 X 21 X 24–29 X 27–29 X 27f X 28 X 29 X 30–34 X 32–35 X 32 X 33

165 96 77, 129 75 102 96 95 95 239 95, 234 140 140 140 101, 140 96 96 96 96 76 80 80, 130 233 234 380 234 234f, 261 42 235 95 242, 261 261 235 261 236 261 236 235 235, 237 236, 242 261 261 237 237, 242 237 261 237 238, 261

575

Stellenregister X 35 X 38 X 40 X 57 X 67 X 78 X 79 X 84 X 90–92 X 90 X 110–114 X 112f X 114 X 142 X 158 X 177 X 210 X 237 X 250 X 277–280 X 278 XI 1–6 XI 1–4 XI 1–2 XI 3–4 XI 3 XI 5–7 XI 5f XI 5 XI 5a XI 5b XI 6 XI 6a XI 6b XI 6c–7 XI 43 XI 71 XII XII 63 XII 87 XII 101 XII 267 XII 281 XII 387f XIII XIII 1–212 XIII 5f

95, 234ff, 238f, 242, 261 380 238 95 239 217 227 95 221, 229 229 229 225 229 190 229 96 194 77, 129 234 138 194 238 238 238 240 239 240 233, 261 240, 261 238 239 261 239 239 239 94 464 269 80, 130 130 93 58 58 240 269 516 58

XIII 62–73 XIII 62–63 XIII 64 ȋǿǿǿ 67 XIII 68 XIII 69–73 XIII 69 XIII 70c XIII 71 XIII 171ff XIII 179 XIII 199 XIII 210–212 XIII 211 XIII 249 XIII 258 XIII 288 XIII 292 XIII 296f XIII 296 XIII 297 XIII 319 XIII 322 XIII 351 XIII 372f XIII 373 XIII 376 XIII 382 XIII 401f XIII 408 XIV XIV 8–13 XIV 65 XIV 67 XIV 168–176 XIV 213–216 XIV 366 XIV 463 XIV 489f XIV 490f XV XV 1–4 XV 8–10 XV 9f XV 10 XV 201 XV 232–237 XV 234–236

240f, 261 233 241, 261 242 241, 261 261 241 241 241f, 261 138, 151, 176 76 58 60 165 165 240 138, 151 464 138 157 157 299 96 76 175 175 175 95 138, 151 138 11, 398 515 140 140 515 409 464 29 539, 546 541 11 515 539, 546 541 546 96 544 544

576 XV 242 XV 248 XV 288 XV 330 XV 371 XV 380 XVI XVI 21 XVI 31–57 XVI 34–36 XVI 43 XVI 142–145 XVI 166 XVI 171 XVI 174–178 XVI 179–183 XVI 187 XVI 230f XVI 325 XVII XVII 16 XVII 19 XVII 24f XVII 32–45 XVII 40f XVII 41–45 XVII 41 XVII 149 XVII 151 XVII 159f XVII 167 XVII 196–199 XVII 200 XVII 254 XVII 272 XVII 273–277 XVII 278–284 XVII 329 XVIII XVIII 1–25 XVIII 1–10 XVIII 4–10 XVIII 6 XVIII 7 XVIII 11–22 XVIII 12–15 XVIII 12

Stellenregister 96 58 58 60 524 59f 398 96 388 408 394 60 436 436 378 165 20, 456 396 76 142 329 76 313 515 176 151 45, 138 139 139 58 542 61 62 328 320 320 320 84 3, 75, 79, 83, 101, 103, 119, 126 11, 521 313, 522 172 84 314 176 152 523

XVIII 13 XVIII 14f XVIII 14 XVIII 15 XVIII 16 XVIII 17 XVIII 19 XVIII 20 XVIII 23–25 XVIII 23 XVIII 27 XVIII 29–35 XVIII 30 XVIII 33–35 XVIII 33 XVIII 35–89 XVIII 35 XVIII 40 XVIII 55–59 XVIII 55ff XVIII 55f XVIII 55 XVIII 58 XVIII 59 XVIII 60–63 XVIII 60–62 XVIII 60 XVIII 62 XVIII 63f XVIII 65–84 XVIII 65–80 XVIII 65 XVIII 70 XVIII 82 XVIII 85–89 XVIII 85–87 XVIII 85 XVIII 86–89 XVIII 86 XVIII 88 XVIII 89 XVIII 90–95 XVIII 90 XVIII 95 XVIII 108 XVIII 116–119

138 173 50, 96, 138 180 50, 523 524 178, 524 525 176, 313 525 324 446 93 432 93 127 432, 440 93 30, 111, 330, 433, 437, 440 440 437 111, 141, 434 128 31, 58, 84 433 330, 437, 441 31 94, 128, 441 73, 118, 124, 429, 433, 514 128, 432 79 128 84 93 330, 433, 437, 441 79 128, 443 329 443 443 432, 443f 446 76, 444 440 61 127, 514

577

Stellenregister XVIII 116–118 XVIII 136 XVIII 150–154 XVIII 200 XVIII 236 XVIII 264 XVIII 266 XVIII 278 XVIII 333 XVIII 344 XVIII 345 XIX XIX 127 XIX 133 XIX 134 XIX 173 XIX 185 XIX 261–309 XIX 301 XIX 313 XIX 332–334 XIX 332 XIX 343–351 XX 71 XX 97–99 XX 98 XX 116 XX 117 XX 118–136 XX 118 XX 166 XX 197–203 XX 198 XX 199–203 XX 200 XX 216–218 ȋȋ 224–251 XX 236f XX 257 XX 264 XX 266f XX 266 XX 267 XX 268 XX 294

79, 83 102 436 107 84 141 103 93 84 93 103 11 84 93 96 31 84 329 31 96 516 45, 141 107 92 331 88 58 140 329 310, 328, 443 29, 187, 211, 227 114 92 109 75, 108, 110f, 113, 115f, 126, 131f 162 440 240 92 92 20 79 117 194 423

Vita Josephi 1–6 1 2 3–5 3f 3 4 5 6 8–12 8f 10f 11f 12 14f 16 24 30 35f 39 40 41 55 61 67 80f 80 86 87–103 98–100 104–111 122–125 123 138 155–178 156 163–168 170–178 187f 188 189–191 190–192 196–198 197 198 208f 230

47, 430 451, 454, 456 455, 463 455 464f 463 457, 463f 455, 457, 463f 459, 463 465 458 521 458, 465 137, 179 465 47, 465 92, 310 327 45 314 21 84 279 45 285 458 458f, 465 275 47 314 47 47 285, 310, 323 268 327 275 324 47 310, 324 275, 285 179 144 161 174 161 42 310

578 235 263–265 277 311 336–367 336–338 336 342 349 358–367 358 360–361 361–367 361–363 361 364–367 364 367 373–380 375 376f 403 414–430 414 416 418–421 419 425 427 429 Contra Apionem (ganze Schrift) I–II I I 1–5 I1 I 2ff I2 I3 I 6–218 I6 I 7–27 I7 I 18 I 29–45

Stellenregister 285, 310, 323 314 161 161 18 84 21 273 280 20 271ff 19 18 23 84 19 84 84 314 314 279 275 47 396, 464 22 47 229 22 360 396

10, 37, 40f, 110, 336–346 42 336 92, 337, 387 337, 414 340 336f 337 365 19 345 340 45 338

I 30–37 I 35 I 38–40 I 41 I 42 I 43 I 44f I 46f I 48 I 50–56 I 50ff I 50f I 50 I 51 I 54 I 55 I 58 I 60–214 I 60 I 66 I 67 I 68 I 73–212 I 75–90 I 76 I 78 I 86 I 90 I 94 I 105 I 110 I 169–171 I 182 I 190–193 I 191 I 204 I 209f I 213 I 217 I 219–320 I 219–226 I 219ff I 219f I 221 I 222 I 223–226 I 223 I 224–226

341 464 389 345 58 340 345 271 271 20 84 150 19 88, 92 456 271 345 340 343 345 45 345 339 371 371 371 371 372 372 349 271 397 342 340 58 357 374 357 387 365 343 353 367 344 344, 357, 367 367 367 367

Stellenregister I 224f I 224 I 226 I 227–320 I 228–251 I 229 I 232 I 237 I 239 I 241 I 248f I 249 I 250 I 261 I 278 I 279 I 284 I 287 I 288–292 I 289f I 289 I 292 I 300 I 304–311 I 305 I 309 II 1–144 II 1–7 II 1 II 8 II 10f II 20–27 II 28–32 II 28f II 29f II 33 II 34 II 40f II 41 II 42–64 II 43–50 II 50f II 56–61 II 57 II 60f II 62 II 65–68 II 65–67

345 344, 398 367 367 371 337 372 371 337, 372 372 371 337 372 337 88 375 341 349 337 372 96 372 372 377 337 337 365 387 337, 387 337 375 339 367 345 345 338 340 345 345 340 339 338 340 345 338 339 367 345

II 65f II 70 II 73 II 74a II 76f II 79 II 81 II 85f II 89 II 95 II 99 II 104 II 112 II 121 II 123 II 125–189 II 128f II 130 II 132 II 133 II 137 II 138f II 140 II 141–144 II 141f II 143f II 145–286 II 145–219 II 145–189 II 145ff II 145f II 145 II 146 II 147 II 148 II 150 II 152 II 154–156 II 154f II 154 II 155 II 158 II 160 II 162 II 163–169 II 163–167 II 165 II 168

579 391 345 345 531 340 367 345 345 341 337 345 341 367 337 345 527–533 345 345 367 345 337 345 341 367 352 397 365, 414 11 337 337ff 414 337, 353, 357, 528 341f, 357 337, 387 337, 353, 377, 379 341 414 340 345f 529 529 530 529 529 340 341 528 345

580

Stellenregister

II 169 II 170f II 170 II 171–178 II 171–175 II 172 II 173–178 II 173–175 II 173f II 173 II 174 II 175 II 179–181 II 179 II 183 II 184ff II 184–189 II 185–187 II 185 II 186 II 187 II 188 II 190–219 II 190–198 II 192 II 193f II 193 II 194 II 195 II 199–204 II 199 II 201 II 202 II 203 II 204 II 205ff II 205 II 206 II 208 II 209–214 II 209–213 II 211 II 215–217

341, 345 530 341f, 357 341 357 392 341 353 394 532 342 394, 424 341 341 340 337 358 358 341 342, 357 358, 392 357 342 342 357 358 341 358 342, 357 342 343, 395 342f, 396 396 59, 395 342f, 357 342 62 343 341 342 353 357 340

Jüdisch-hellenistische Literatur

II 218 II 219 II 223f II 225–228 II 226 II 227f II 228 II 229–231 II 232–235 II 237 II 238–254 II 239–256 II 239f II 243 II 244–246 II 250 II 251f II 253f II 255f II 258 II 259f II 261 II 262–269 II 269 II 270 II 272 II 273–275 II 275 II 276f II 277f II 277 II 280 II 281f II 281 II 283 II 286 II 287–295 II 287 II 289 II 291 II 294 II 295 II 296

353 340 345 391 398 340 340 345 340 344, 346 349 341, 345 392 341 343 343 393 340 345 377, 379 345 342 345 345 345 340 345 387 340 341 359 341 393 341 341 341 337 398 337 194, 342, 353, 357 341 337 337

581

Stellenregister

2.3 Jüdisch-hellenistische Literatur Stellenregister Artapanus Frg. 3

89,56 414

2. Baruch (Syrische Baruchapokalypse) 6,7–10 225 8,2 211 9,1f 217 10,2 225 27 454 30,2–5 58 32,2f 228 33,2 225 49–51 58 53–74 454 64,6 211 67,7 228 4. Baruch (Paraleipomena Jeremiou) 1,1 222 1,7 222 2,2f 222 2,5 222 2,7 222 3,6 222 3,7f 225 3,11 225 3,18 225 5,21 225 5,18 222 8,1ff 225 Aristeasbrief 131f

341

4. Esra (Jüdische Apokalypse Esras) 7,31–42 58 14,11 454 Eupolemos Frg. 1

211

2. Henoch (Slavisches Henochbuch) 67f 58 3. Henoch (Hebräisches Henochbuch) 44 165 Buch der Jubiläen 19,5f 165 34,16 165 Hellenistische Synagogengebete VII 38,5 59 VIII 41,4 59 Kleodemos Malchas Frg. 1 413 Liber Antiquitatum Biblicarum 3,10 58 33,4f 16 40,8 165 Leben Adams und Evas 24,3 517 Martyrium Jesajas 5,1–14 380 Pseudo-Eupolemos Frg. 1f 413 Pseudo-Hekataios II Frg. 1 413 Über Jona 106

396

413

1. Henoch (Äthiopisches Henochbuch) 39,5 165 70,1–4 58

Pseudo-Phokylides 103–115 59 187 396

582 Psalmen Salomos 8 18,9

Stellenregister Testament Judas 25

381 204

Testament Benjamins 10,6–11 58

Sibyllinische Orakel 5,143 228 5,60–62.68–70 374

Testament Hiobs 4,9 39,12f 40,4 52,10

Testament Rubens 7,2 165 Testament Simeons 6,7 58 Testament Levis 6,11 9,4 10,3 16,2–4 16,3

58

58 58 58 59

Testament Abrahams A 20 / B 14 59

381 155 220 220 220

Vitae Prophetarum: Vita Jesajas 8 165 Vitae Prophetarum: Vita Jeremias 2,9 225 3 165

2.4. Qumran Qumran 1QSæræk hammilÎÁmÁh (Kriegsregel) (passim) 381

4QJeremiah-Apocryphon 16 1,5ff 225 16 2,4f 217

1QSæræk hajjaÎad (Gemeinderegel) (passim) 381

1QPesher Habakuk 7,1–5 260 4QPesher Nahum II 8–10 III 3–8

1QSæræk haÝedÁh (Gemeinschaftsregel) I 13–18 460 169 169

2.5 Rabbinisches Schrifttum Rabbinisches Schrifttum Mischna Arakhin 9,6

282

Avot 1,2 1,12

143 143

1,18

143f

Kelim 1,1 2,2 2–4 25,1–9

154 154 154 154

583

Stellenregister Ketubbot II 9 Ma’asrot 4,5

464 156

Sheqalim 4,2

442

Tosefta SheviÝit 3 4,11

282 282

Talmud Bavli Avoda Sara 24a

457

Berakhot 20a

457

Talmud Jerushalmi Demai 2,22c–d 282 SheviÝit 6,36c

282

2.6 Jüdische nichtliterarische Quellen Jüdische nichtliterarische Quellen CIJ (Corpus Inscriptionum Judaicarum, ed. Frey) 476 58

438 443 450 520

373 373 373 373

CPJ (Corpus Papyrorum Judaicarum, ed. Tcherikover) 141 374

3. Griechische und römische Literatur Griechische und römische Literatur Aelius Aristides Orationes 31,17 Apuleius Metamorphoses X 11 Aristoteles De virtutibus 1252a

541

404

541

Athenagoras Legatio pro Christianis VI 2 81 VIII 1 81 VIII 4 81 VIII 6 81

VIII 8

81

Caesar De Bello Gallico (ganze Schrift)

273

Cicero Brutus 11 (42)

273

De Divinatione I 50

536

Pro Fonteio 30

366

De Legibus II 19 II 23

408 409

584

Stellenregister

II 25f II 27 II 61

409 409 425

Pro Murena 1

405

De natura deorum III 43 III 94

406 406

De Officiis I 116

405

De Oratore II 36

536

Orator ad M. Brutum II 62–64 16 De Republica V1

405

In Verrem (ganze Schrift)

435

Corpus Theognideum 147f 530 465 530 Diodorus I 28 I 46,4 I 55 I 95,4f XXXIV / XXXV 1,1–5 XL 3 XL 3,1f XL 3,1 XL 3,4

376 371 376 371 377 373, 376 376 374 376

Dionysius von Halicarnassus Antiquitates Romanae 1,41 378 Herodot Historiae II 141 III 16–18

235 371

III 27–29 III 37f

371 371

Homer Ilias VI

408

Juvenal Satirae VIII XIV XIV 103f

406 345 377

Livius Ab urbe condita I Praef. 10 XLIV 45,13

536 347

Lukian von Samosata De historia conscribenda 16 418 58 272, 417 Ovid Ars Amatoria 1,298

347

Pausanias Graeciae descriptio 1,25,2 401 Photius Bibliotheca 33 238

270 109

Plato Euthydemos 3b

81

Gorgias 507a 507b

531 531

Leges 1,636c–d

347

585

Stellenregister De Superstitione 169c

410

81

Polybius Historiae I 3,7–10 I 14,1–8 II 56–63 II 56,2 III 6,1–4 III 8,1–11 III 9,1–5 III 9,5 III 12,2 VI 46,3 X 21 XVI 4,1

17 19 19 17, 19 17 19 17f 19 18 347 536 18

406

Porphyrius De abstinentia 4,11

110

Quintilian Institutio Oratoria I 9,2 III 7,21 X2 X 5,4–11

43 377 418 43

Saturio Persa 53–61

406

8,836b–c 953e

347 377

Menon 74a 88a

531 531

Politeia 427e

531

Protagoras 329c

531

Respublica 429c–430b 597d

532 81

Timaeus 28c Plautus Miles Gloriosus 372f Plinius Epistulae I 17,3 IV 11,4–14 X 90 X 96 X 96,8 X 97

17 408 31 134 408 100

Naturalis Historia V 15 V 71 VII 2,9

310 310 345

Plutarch Aemilius Paullus 23,6 26,7 34,4

347 541 541

Moralia 363c 368f

371 371

Solon 27,1

545

Sextus Pompeius Festus De verborum significatione 146,3–5 404 Strabo Geographica II 1,30 II 5,17 XI 11,3 XVI 2,16 XVI 2,34 XVI 2,45 XVII 1,27

278 278 345 270 279, 284 270 371

586

Stellenregister

Sueton De Vita Caesarum. Divus Julius 6,1 405 De Vita Caesarum. Domitianus 8,4 408 11,2 404 De Vita Caesarum. Nero 6,16 100 16,2 408 49,2 404 De Vita Caesarum. Vespasian 4,5 231 Tacitus Agricola I 2–3 Annales I1 II 42,5 III 76 IV 30,1 IV 43–45 XII 54 XV 44 XV 44,2 XV 44,3 XVI 7,22 XVI 113 XV 44,4

17

17 432 17 404 17 295 402, 434 134 408f 17 404 355

Historiae V V 2,1 V 4,1 V 4,2 V 5,1 V 5,2 V 5,3f V 13,1f V 13,2

295 361 409 410 377, 408f 410 375 211, 408 231

Thukydides I 22 I 22,1

272 417

Valerius Maximus Facta et dicta memorabilia Kap. 12 537 Kap. 13 537 Vergil Aeneis VIII 698

391

Xenophon Cyropaedia I 6,38

81

Hellenika I 1,1 VII 5,27

421 421, 427

4. Apostolische Väter und außerkanonische Schriften neben dem Neuen Testament Apostolische Väter und Außerkanonische Schriften 1. Clemensbrief 35,6

353

Acta Pilati (ganzes Werk)

76

Petrusevangelium 1–2

446

Protevangelium des Jakobus (ganze Schrift) 112 19,19–20,2 113 Thomasevangelium 39,1f 168 47 403 89,1 154

587

Stellenregister Brief des Ignatius an die Magnesier 8,2 380 9,1 361 19,3 361

Martyrium des Polykarp 3 100

5. Antikes Christentum Acta S. Donati et sociorum 1,3f 105 1,146f 105 3,1 105 Cedrenus PG 121,400f

109

Clemens von Alexandrien Protreptikos I 7,4 101 I 9,5 101 II 20,1 101 IV 45,27 81 V 65,4 81 VI 68,1 81 Stromata II 1,1 VII 16

82 113

Chronicon Paschale PG 110,444f 109 Epiphanius Panarion VII 58,1–23

112

Eusebius von Cäsarea Chronicon 175,11–25 111 PG 92,579 108 PG 92,593 108 PG 92,596 108 Commentarius in Isaiam 1,45 85 1,62f 87

1,63 1,232 2,14 2,19 2,25 2,38 2,52 2,57

87 93 88 99 85 88 80 80

Commentaria in Psalmos PG 23,442–1222 74 PG 23,504d 94 PG 23,542d 80 PG 23,569b–d 87 PG 23,468d 87 PG 23,486b 94 PG 23,525c 94 PG 23,525d 94 PG 23,533d 94 PG 23,536c 94 PG 23,696c 96 PG 23,737a–740a 114 PG 23,737d 114 PG 23,740a 114 PG 23,772a 94 PG 23,784b 76 PG 23,800d 87 PG 23,884d 93 PG 23,922a 93 PG 23,946c 88 PG 23,949a 85 PG 23,976c 76 PG 23,976d 76 PG 23,1029c 77 PG 23,1033d– 1036a 83 PG 23,1184c 93

588 Contra Hieroclem 4 5 22 26 28 29 35 40

Stellenregister

77, 86 77 99 76, 93 81 77 100 101

Demonstratio evangelica (ganzes Werk) 76 I 1,6 96 I 1,8 100 I 1,10 89 I 1,13 95 I 1,15 87 I 3,40 93 I 5,11–18 80 I 6,67 85 I 7,4 95 I 9,4 76 I 10,1 92 I 10,15ff 88 II 3,43–48 86 II 3,47 101 III 2,19 93 III 2,78 93 III 4,21 80 III 4,25 93 III 4,44 87 III 5,39–45 94 III 5,40 94 III 5,54 77 III 5,61 93 III 5,64 113 III 5,75 85 III 5,77 85 III 5,87–109 84, 107 III 5,88 94 III 5,89 93 III 5,102 93 III 5,103 80 III 5,105–108 107 III 5,105 119 III 5,108f 86 III 5,108 88 III 5,114f 130

III 5,123 III 5,125 III 6,7 III 6,24 III 7,1–3 III 7,10 III 7,32 III 7,36 IV 9,6 IV 9,8 IV 9,12 IV 13,7 V V, Proem. 7 V, Proem. 35 V 9,7–8 V 22,2 VI 18,4 VI 18,26 VI 23,3f VII 1,18 VII 1,43 VII 2,25 VII 3,33 VIII 1,25 VIII 2,107–112 VIII 2,109 VIII 121 VIII 122 VIII 122–123 IX 11,10 X 8,108

130 130 85, 100 87 78 87 87 93 85 85 99 77 88 99 88 80 87 76 111 86, 92 86, 92 76 86 87 94 86 87 109 111 31 87 87

De ecclesiastica theologia III 18,3 94 Eclogae propheticae 1,2 PG 22,1024c 85 1,3 PG 22,1033c–d 80 1,3 PG 22,1033d 77 1,8 PG 22,1045d 94 2,2 PG 22,1092d 76 3,5 78 3,46 PG 22, 1189b–d 109 PG 23,952c 80 Epistola PG 20,1546–1549

74

589

Stellenregister Historia ecclesiastica (ganzes Werk) 76, 79 I 1,4 94, 100 I 2,1 412 I 2,5 79 I 2,7f 79 I 2,8 79 I 2,23 130 I 3,6 92 I 3,12 89 I 4,1 412 I 4,2 100 I 4,11f 88 I 4,15 412 I 5,3 11, 22 I 6,9 22 I9 432 I 11,7–9 79 I 11,7f 119 I 11,9 105 I 12,5 114 I 13,1 86f I 13,3f 87 I 13,5 87 I 13,22 87 II 114 II 1,3–5 113 II 1,8 87 II 1,12 100 II 4,2 101 II 5,7 435 II 6,3 109 II 6,4 111 II 9,4 85 II 10,3–9 107 II 10,10 107 II 14,1 76 II 18,9 77 II 20,4 77 II 23,1 113 II 23,4–18 108 II 23,4 112 II 23,5 108 II 23,9 88 II 23,12 108 II 23,14f 108 II 23,16 112 II 23,20 108, 110

III 5,5f III 5,5 III 7,8 III 8,1–9 III 9,1f III 9,2 III 9,3 III 9,10–11 III 10,8 III 11,1 III 20,1 III 32,5 III 33,1f III 33,2 III 33,3 III 37,4 IV 5,3 IV 5,5 IV 7,5 IV 7,1 IV 7,12 IV 8,8 IV 22,4 IV 23,5ff V 10,1 V 12,1 V 21,1 VI 9,2 VI 19,15 VI 20,1 VI 22,4 VI 32,1 VI 46,5 VII 11,26 VII 19,1 VII 32,8 VII 32,16 IX 3,1 IX 7,3–14 X 4,61

109 109 114 109 22 76 22, 105 23 21, 79 112, 114 112 113 98 97, 99, 134 97f, 100 100 114 95 76 100 77 88, 97 112 360 76 101 77 96 76 100 112 76 100 76 113 97 75 85 106 9

De martyribus Palaestinae 6,6 85 9,4 93 De laudibus Constantini 5,3 85 5,5 85

590

Stellenregister

6,19 7,4 7,7 7,13 9,12 12,14 13,5 13,14 14,5 14,9 16,9 17,11

85 85 85 99 99 88 85 97 78 77 99 85

Onomasticon 140,13

104

Quaestiones ad Stephanum PG 22,877–1016 74 Quaestiones ad Marinum PG 22,877–1016 74 PG 22,945b 74 PG 22,1012b 74 Praeparatio evangelica I 3,10 100 I 4,6 85 I 5,6 94 I 5,13 101 II 6,12 81, 85 III 4,3 101 IV 1,9 88 IV 4,2 94 V 10,13 77 VI 6,54 81 VII 1,2f 87 VII 2,1 85 VII 2,3 85 VII 2,4 85 VII 2,6 85 VII 8,6 85 VII 13,7 77 IX 27,1–37 375 X 3,26 87 X 4,32 94 X 14,19 94 XI 4,4 78 XI 4,6 78 XI 23,7 78

XIII 5,5 XV 13,8

99 86

Theophania (ganzes Werk) 4,16 4,27–31 5,39–45 5,44f Ȉ 202,24–203,5

76 87 87 84, 107 107 119

Vita Constantini (ganze Schrift) I 18,2 II 20,4 II 24–42 III 21,3 III 63,1–3 IV 5,1

80 80 94 106 94 99 99

Hieronymus Commentarius in Matheum IV 1366–1373 446f Epistula LXXI ad Lucinium

5

De viris illustribus 13 122 134 102 Hippolytus De benedictione Moisis 10 113 Commentarium in Danielem IV 9,2f 100 Refutatio omnium haeresium IX 18,2–29,4 176 Isidor von Pelusium Epistolae 2,66 102 3,19 102 4,96 102 Justin der Märtyrer Apologia I 30 111

591

Stellenregister I 53 II 36,2,15

100 377

Dialogus com Tryphone Judaeo 1,3 362 16 380 17,4 155 39 88 47f 88 56 80 67 88 73 380 95 380 112,4 155 113 88 119 100 126–128 80 133 82 Cyrill von Jerusalem Catechesis Mystagogica 12,16 324 Malalas PG 97,377

90

Origenes Commentarii in evangelium Joannis 1,3 82 10,12 82 Commentarium in evangelium Matthaei (ganze Schrift) 75 X 16f 120 X 17 23, 75, 113 XVI 29 83 XVII 24f 111 Contra Celsum (ganze Schrift) I6 I 14 I 16 I 26 I 47 I 48 II 4

75 82 409 409 409 23, 75, 83, 108, 113, 120 83 409

II 13 II 13,68–85 V 33 VII 54

120 23 409 83

Fragmenta in Lamentationes 109 109 Pseudo(?)-Anastasius PG 89,1248 91 Pseudo-Hegesippus De excidio I1 II 4 II 5 II 12

23 79 79 23, 79

Su(i)da Lexikon (ganze Schrift) I 450 I 503–504

21ff, 102 21 23

Tertullian Apologeticum 2,6f 2,7 19,1–4 19,1 20,1 21,1f 21,17–26 46,1

97f 100 409 407 409 410 437 409

Theon Progymnasmata (ganze Schrift) 62–64 107–110

41 43 43

Autorenregister Adan-Bayewitz, D. 267 Ahl, F. 45 Alekseev, A. A. 10, 514f, 518 Alexander, J. J. G. 475 Alexander, L. 412, 418 Alföldy, G. 433 Allison, D. C. 156, 195, 202f, 205, 207f, 214ff, 218f, 231, 453f, 459, 467f Alt, A. 297, 299, 306, 315 Alvermann, D. 3 Amara, B. H. 8 Ameling, W. 53 Amit, D. 32 Ando, C. 30 Arnold, B. T. 417 Assmann, A. 402 Assmann, J. 370, 402 Atkinson, K. 267, 272 Attridge, H. W. 27, 35f, 137, 145, 265, 268f Avemarie, F. 53 Avery-Peck, A. J. 53 Aviam, M. 266, 281ff, 287f, 298, 309, 323 Avshalom-Gorni, D. 292 Bachmann, M. 255, 417, 425 Backhaus, K. 10, 403, 415, 426, 545 Baeck, L. 143 Balabanski, V. 212 Balch, D. L. 338, 342f, 408, 411, 423, 425 Balla, P. 343 Bammel, E. 129, 212, 433 Barclay, J. M. G. 9, 41, 271, 335, 238– 343, 345f, 391 Bardet, S. 124 Barrett, C. K. 415, 422 Bartsch, S. 45 Bar-Kokhva, B. 267, 376 Bauckham, R. 53 Bauer, D. R. 198

Bauer, W. 155, 299f, 353 Bauernfeind, O. 57, 196, 272, 323 Baumbach, G. 51 Baumgarten, A. I. 303 Baur, F. C. 379 Beaton, R. 245, 255 Becker, H.-J. 158, 204f, 231 Becker, J. 318 Bedenbender, A. 53 Beentjes, P. C. 246 Begg, C. T. 9f, 38, 139, 227ff, 233ff, 269 Bell, A. 23 Bellinger, W. H. 245 Ben-Yehuda, N. 267, 277 Berger, P. L. 409 Berlin, A. M. 282, 290–293 Berthelot, K. 342, 345, 352, 377f, 390 Best, E. 235, 380 Bettini, M. 404f Betz, M. 301 Beuken, W. A. M. 246 Bickerman, E. 515 Bienert, W. 121, 123, 497 Bieringer, R. 385 Bilde, P. 35, 227, 231 Billerbeck, P. 156, 164, 311, 319 Binder, D. D. 300 Binder, G. 407 Black, M. 25, 270 Blackman, D. R. 31 Blenkinsopp, J. 235 Blinzler, J. 328, 443 Bloch, R. 375 Bloedhorn, H. 53 Blomberg, C. L. 423f Blösel, W. 404f Blum, M. 426 Bober, H. 473 Bockmuehl, M. 59, 380 Boettger, G. 266 Bohak, G. 343f, 366

Autorenregister Böhm, M. 308, 310 Boobyer, G. H. 316 Bond, H. K. 30, 33, 37, 429, 432ff, 439, 442f, 446f Bonz, M. P. 411 Bösen, W. 295, 299, 315, 319, 323 Böttrich, C. 10, 353 Bowman, S. 21 Brocke, E. 403 Brodersen, K. 276 Brodie, T. L. 418 Broer, I. 208 Broshi, M. 268 Brox, N. 353, 360 Bultmann, R. 44 Burger, C. 199 Burkes, S. 53 Busse, U. 208, 418 Butcher, K. 292 Byþkov, A. F. 495 Cahn, W. 471f, 476 Cancik, H. 425 Cappelletti, S. 265, 270 Carter, W. 430 Cartlidge, D. R. 458 Casey, M. 149, 153, 156, 158, 164, 166 Cavallin, H. C. 53f Chae, Y. S. 198 Chamberlain, H. S. 304f Chancey, M. 283, 295, 300, 316, 329 Chapman, H. H. 267 Chepey, S. 314 Childs, B. S. 245 Chilton, B. 37 Clark, K. J. 274ff Clementz, H. 8 Cohen, S. J. D. 140ff, 151, 160, 182, 188, 228f, 267, 272, 296, 314, 365, 367, 465 Cohn, L. 441 Collins, J. J. 252, 414 Collins, R. F. 384 Conzelmann, H. 296, 414, 416 Cotton, H. M. 274 Cousland, J. R. C. 147, 157, 197 Creed, J. M. 509 Cribiore, R. 41 Crossan, J. D. 168, 288, 301

593

Dalman, G. 297, 308 D’Angelo, R. 357f Danker, F. W. 140 Daube, D. 228, 419 Davies, W. D. 148, 156, 189, 195, 202f, 205, 207f, 214f, 218f, 231, 280, 453f, 459, 467f De Boer, M. C. 54 De Lange, N. 367 Degani, A. 287 Deines, R. V, XI, 3, 5, 9, 11, 51, 55, 58, 61, 63, 137, 143, 148, 155, 157, 160, 162, 169, 173, 179 Demandt, A. 430, 433 Denny, D. R. 246 Deutsch, G. N. 5, 470 Dibelius, M. 44 Dickes, E. W. 16 Dindorf, W. 8 Doering, L. 217 Döpp, H.-M. 204, 209, 211, 225, 230f, 330, 332 Doran, R. 414 Dormeyer, D. 336–338, 344, 387 Dörrie, H. 409 Downing, F. G. 301, 410 Droge, A. J. 340, 409, 414 Drury, J. 419 Du Toit, D. S. 234 Dufort, J.-M. 472 Dungan, D. L. 458 Dunn, J. D. G. 124f, 152, 161 Eck, W. 274 Eckey, W. 454, 466 Edwards, D. 285–290, 292 Egger, R. 329 Eigler, U. 405 Eisler, R. 105, 129, 496f, 509f Elledge, C. D. 53, 58 Ellis, E. E. 348ff Erlemann, K. 54 Ernst, J. 403 Esler, R. F. 409, 412, 423ff Evans, C. A. 228, 245, 256, 513 Farmer, W. R. 245 Faßbeck, G. 289

594

Autorenregister

Fekkes, J. 246, 250, 258 Feldman, L. H. 5f, 8f, 21, 23, 27, 36, 38, 111, 118, 124f, 128, 133, 146, 192, 233, 235f, 242, 267–269, 335–337, 339, 352, 361, 368, 371, 437, 535 Feldmeier, R. 254 Fiedler, P. 206, 215 Filson, F. V. 467 Fischer, U. 231 Fitzmyer, J. A. 422f, 453–455, 458, 462 Flaig, E. 403 Flamming, J. 233, 245 Flashar, M. 401 Flower, H. I. 405 Foakes, F. J. 38 Foerster, G. 300 Fornara, C. W. 417 Fortner, S. 289 Frankel, R. 287 Frankemölle, H. 196, 202, 206 Frankfurter, D. 370, 373 Frede, M. 341 Frenschkowski, M. 303 Frey, J. 151, 240 Freyne, J. 279f, 289, 295, 298, 300f, 314, 320, 328f Fritsch, T. 306 Frova, A. 34 Fuchs, A. 209 Gager, J. G. 409 Galimberti, A. 270 Galor, K. 268 Garbe, G. 157, 195, 205, 209ff, 218 Garbe, I. 3 Garland, D. E. 205, 209 Gaston, L. 212, 214 Gay, P. 24 Gehrke, H.-J. 401f, 406f, 416, 420, 426f Gempf, C. 417 Gerber, C. 10, 62, 335ff, 339ff, 352f, 362, 387, 414 Getzov, N. 287 Gibbs, J. A. 202, 209, 212f Gielen, M. 197f, 206, 215 Giesen, H. 199, 203, 209 Gillard, F. D. 382 Gilman, S. L. 367

Gnilka, J. 158, 203, 213ff, 218, 456 Gollwitzer, H. 306 Good, R. S. 403 Goodblatt, D. 137 Goppelt, L. 250 Gordon, R. P. 227 Goulder, M. 351f, 420 Grabbe, L. 36f, 51, 150 Green, J. B. 410, 420 Green, R. 479 Green, W. S. 281 Griffiths, J. G. 370 Gruen, E. S. 369, 373f, 527 Grünbaum, P. 8 Grundmann, W. 305 Gundry, R. H. 208, 211, 215f, 219ff, 225 Gunkel, H. 306 Günther, L-M. 542 Gutman, S. 267f Haaland, G. 338, 340f, 346, 388, 390, 392, 395 Habbe, J. 298 Habicht, C. 401 Habinek, T. 41 Hachlili, R. 53, 55, 58, 63 Hadas-Lebel, M. 267, 277 Häfner, G. 350, 356 Hagner, D. A. 213, 215 Hahn, F. 53 Halbwachs, M. 402 Hall, E. 343 Hall, R. G. 339 Halpern Amaru, B. 280 Hammerstaedt, J. 301 Hannah, D. D. 247 Hansack, E. 10, 121, 505 Hansen, G. C. 119, 452 Hansen, D. 11 Hardwick, M. E. 22f, 82, 335 Hare, D. R. A. 204ff, 211f, 380, 382 Harder, G. 306 Harmansa, H.-K. 328 Harmartolus, G. 103, 108 Harnack, A. 97 Harrington, D. J. 214 Hata, G. 5 Häusler, E. 329

Autorenregister Hays, R. B. 217, 226, 246 Heckel, H. 407 Hedrick, C. W. 18 Heil, J. P. 198 Heinemann, I. 368 Helck, W. 376 Hellholm, D. 53 Hemelrijk, E. A. 345 Hengel, M. 51, 119, 151, 155, 160, 162, 164, 174, 179, 313, 332, 514 Hertzberg, H.-W. 228 Herzer, J. 330, 351, 353f, 359 Hezser, C. 158 Hirsch, E. 305 Hirschfeld, O. 434 Hirschfeld, Y. 31, 268 Hock, R. F. 41 Hodge, A. T. 31 Höffken, P. 233 Hoffmann, H. 474 Hoffmann, P. 207f Hofheinz, W. C. 245 Hölkesdamp, K.-J. 404f, 415 Holladay, D. R. 413 Holleman, J. 54 Hollerich, M. J. 74, 79 Holtz, T. 384 Hooker, M. D. 245, 251, 256, 258, 380 Hoppe, R. 208 Horbury, W. 53 Horden, P. 288 Horn, F. W. 10, 429, 504 Horn, H.-J. 407 Hørning Jensen, M. 268, 286f Horseley, R. 320 Horsley, R. A. 152–154, 160, 286, 288, 296, 298, 300, 323 Hoskier, H. C. 103 Hummel, R. 208 Huntsman, E. D. 268 Iggers, G. G. 25 Inowlocki, S. 22, 85, 106f Irwin, T. H. 532 Isaac, B. 366 Isaac, J. 369 Janowski, B. 246

595

Jastrow, M. 516 Jaroš, K. 430, 433, 436 Jepsen, A. 4 Jeremias, J. 64 Jervell, J. 411, 424, 427 Jeska, J. 268, 271, 273, 276f, 294, 417 Jobes, K. H. 254 Johnson, M. D. 351, 383, 459 Johnson, S. E. 302 Kalms, J. U. 55, 119, 173, 234, 335f, 338, 345, 387f, 390, 392, 452 Kampling, R. 344, 426 Kant, I. 24 Karrer, M. 250 Karris, R. J. 348 Kasher, A. 336–339, 368 Katz, P. 327 Katz, S. T. 367 Kee, H. C. 302 Kennedy, G. A. 41 Kertelge, K. 207f Kierdorf, W. 405, 407 Kingsbury, J. D. 197, 201, 215 Kinzig, W. 403 Kittel, G. 356 Klauck, H.-J. 54f, 420, 426 Klein, C. 378 Klein, H. 431, 446 Klinghardt, M. 411, 423f Kloppenborg, J. S. 41, 149, 152–154, 166, 303 Knibb, M. A. 247 Knowles, M. 203, 205, 207f, 217ff, 224f, 228 Koenen, L. 371 Koet, B. J. 252 Köhn, A. 4 König, E. 306 Konradt, M. 10, 184, 197f, 203, 205, 207 Korach, L. 8 Kosmala, B. H. 206 Köster, H. 302 Kokkinos, N. 447 Kovelman, A. 147 Kraeling, C. H. 30 Kraus, C. S. 17 Kraus, W. 11, 206

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Autorenregister

Krieger, K.-S. 33, 273, 432, 522 Kühnel, B. 10, 471ff, 478f Kupp, D. D. 213

Luz, U. 155, 161, 166, 195, 203, 205–208, 211–216, 219, 225, 249, 312, 351, 384, 453, 459, 517

Labbé, G. 433 Labow, D. 335, 344, 365 Lacey, W. K. 342 Ladner, G. B. 472 Ladouceur, D. J. 267 Lambers-Petry, D. 338 Lampe, G. W. H. 212 Laqueur, R. 35 Lauer, P. 476 Lausberg, H. 538 Legner, A. 474 Lehnert, A. 253, 256 Leipoldt, J. 305 Leivestad, R. 320 Lémonon, J.-P. 429, 432f Leutzsch, M. 285 Levenau, P. 31 Levine, A.-J. 206 Levine, L. I. 160, 300 Levison, J. R. 63, 235, 335 Lewinsky, A. 8 Lichtenberger, H. 53, 330, 355, 363 Liddell, H. G. 204 Liebl, U. 469f, 473, 475 Lieu, J. M. 343 Lightfoot, R. H. 301 Lindemann, A. 162, 303 Lindgård, F. 54 Lloyd, A. B. 371 Lohfink, G. 420 Lohfink, N. 200 Lohmeyer, E. 209, 301f, 325 Lona, H. E. 53 Löning, K. 152, 359, 412, 424f, 427 Lönnqvist, K. 34 Lötzsch, F. 395 Lovsky, F. 206 Luck, U. 342 Luckmann, T. 409 Luckritz Marquis, T. 270 Lüderitz, G. 53 Lührmann, D. 149, 172 Luomanen, P. 227

MacDonald, D. R. 408 Mack, B. L. 41, 153, 301 MacMullen, R. 292 Maddox, R. 427 Mader, G. 6 Maier, P. L. 444 Malbon, E. Struthers 170, 308, 310 Malherbe, A. J. 357, 380, 384, 412, 427 Männchen, J. 4 Marcus, R. 234, 242 Marincola, J. 17, 20, 421 Marshall, I. H. 347–354, 356 Martin, D. B. 265, 268, 270, 282f, 285 Marxsen, W. 384 Mason, S. 5f, 9, 16, 37, 41f, 45, 51, 67, 109, 119, 121ff, 126, 128, 130f, 134, 137f, 145, 151f, 169, 175f, 178, 193f, 227, 266, 268–270, 273, 309, 335, 337, 387, 430f, 444, 451f, 455, 458f, 463ff, 521 Mathewson, D. 255, 258 Mattern, S. P. 16, 21 Mavrogiannis, T. 407 Mayer-Schärtel, B. 342 Mayordomo-Marín, M. 456, 468 Mazar, A. 32 McDermott, J. M. 209 McGing, B. C. 443 McKnight, S. 209 McLaren, J. S. 6, 176, 178, 430, 436, 444 Meeks, W. A. 307 Meier, J. P. 97, 123–127, 132, 152 Meiser, M. 198, 335 Meissner, B. 421 Mendels, D. 269, 376 Menken, M. J. J. 218, 224, 245 Merk, O. 306 Merkel, H. 403, 423f, 426f Merz, A. 122, 129, 149, 347, 350, 355 Meyer, R. 206 Meshorer, Y. 434 Meyers, E. M. 281, 288, 296ff, 300, 323 Meywaert, P. 477 Michel, O. 57, 196, 272, 323

Autorenregister Millar, F. 25, 270, 292 Minear, P. S. 197 Mitchell, M. M. 408 Mitchell, S. 106 Misch, G. 16 Mizugaki, W. 5, 335 Modrzejewski, J. M. 373 Moehring, H. R. 36 Moessner, D. P. 418 Moffitt, D. M. 217 Momigliano, A. 394 Montefiore, H. W. 16 Montgomery, J. A. 38 Moo, D. J. 219 Moore, S. D. 358 Mor, M. 145, 160, 184, 343, 366 Moreland, M. C. 283, 286, 292 Moule, C. F. D. 212 Mowinckel, S. 515 Moxnes, H. 298, 307 Moyise, S. 245, 249 Müller, U. B. 351 Naveh, J. 267 Nees, L. 477 Netzer, E. 60 Neusner, J. 37, 51, 53, 137f, 148, 150, 152, 156, 174 Nickelsburg, G. W. E. 52, 300, 319f Nicolet, C. 276 Niebuhr, K.-W. V, XI, 3, 5, 9, 11, 55, 162, 173, 217, 252 Niese, B. 8 Nodet, É. 9, 240, 397, 496, 507f Nolan, B. 454 Nolland, J. 460 Norden, E. 123, 127f, 135 Novakovic, L. 200 Noy, D. 53, 360 Oberlinner, L. 349ff, 353f, 359 Oehler, W. 309, 323 Oexle, O. G. 402 Ó Fearghail, F. 419 Ollrog, W.-H. 360 Olmstead, W. G. 195, 207 Olson, K. 73, 76f, 86–88, 96, 106, 109, 130

O’Neil, E. N. 41 Onnasch, M. 3 Osborn, R. T. 306 Oss, D. A. 246 Ostmeyer, K.-H. 453f, 459, 461, 468 Overman, J. A. 196 Paesler, K. 216 Paget, J. C. 73, 90 Palmer, D. W. 413, 420 Panyatonov, A. 53 Pao, D. W. 245 Parente, F. 271, 273 Park, B. E. C. 209 Park, J. S. 54 Pastor, J. 278 Paul, A. 523 Paul, D. 209, 222 Patrich, J. 32 Pearson, B. P. 304, 379 Pelling, C. 43 Penner, T. 413f, 417 Pesch, R. 415, 422f Pesch, W. 200 Pilhofer, P. 240, 340, 394, 409, 414 Pines, S. 89, 121f Plum, T. F. 453, 468 Plümacher, E. 353, 414f, 418f Plummer, A. 452 Pollefeyt, D. 385 Popov, A. 495 Porten, B. 373 Porter, S. E. 417 Powell, M. A. 202 Preuss, J. 457 Price, J. J. 10, 174, 188, 273 Puech, É. 53 Purcell, N. 288 Quinn, J. D. 347, 353f Rabbinowitz, N. S. 160 Radforth Ruether, R. 369, 378 Radl, W. 418, 453 Räisänen, H. 306 Rajak, T. 270f, 279ff, 338, 522f Rappaport, U. 266, 314 Reddé, M. 277

597

598 Reed, J. L. 281, 283, 288, 296, 298, 303, 323 Reicke, B. 195 Renan, E. 304 Rengstorff, K. H. 36, 195 Repschinski, B. 197f, 207f Rese, M. 426 Richard, E. J. 383 Richardson, P. 54, 266, 282, 288, 309, 323 Riches, J. 230 Riggsby, A. M. 273 Ritter, C. 226 Rivkin, E. 37, 51 Robinson, J. M. 211, 302 Rokéah, D. 362 Roloff, J. 249, 418, 427 Rondeau, M.-J. 83 Rosenfeld, B.-Z. 270 Rosner, B. S. 418, 420 Rothschild, C. K. 413, 419 Rottloff, A. 268, 289 Rudich, V. 45 Rüger, H.-P. 514 Rüpke, J. 421 Rusam, D. 416, 419, 423 Rüsen, J. 415 Safrai, Z. 268, 286 Saldarini, A. J. 37, 52, 148f, 162, 170, 173, 196, 203, 206, 303 Saller, R. P. 47 Salo, K. 423f Sanders, E. P. 27, 155, 161, 306, 383 Sanders, J. A. 233, 245 Sanders, J. T. 384 Sanger, Y. H. 233 Sartre, M. 288 Sasse, M. 299 Sawyer, J. F. A. 245 Schäfer, P. 51, 344, 349, 366ff Schalit, A. 539, 541 Schalles, H.-J. 401 Schäublin, C. 528, 532 Schenk, W. 350, 352 Schiemann, G. 342 Schimanowski, G. 39 Schlarb, E. 350ff, 356, 360

Autorenregister Schlatter, A. 4, 50, 306 Schlueter, C. J. 379 Schmauch, W. 325 Schmidt, D. D. 379, 418 Schneck, R. 245 Schnelle, U. 350, 359 Schneider, G. 418 Schottroff, L. 342 Schrage, W. 64 Schreckenberg, H. 9, 102, 104, 108, 266, 387, 475, 477, 514 Schreckenberg, W. 5 Schröter, J. 303, 306, 414, 418 Schul, Y. 343 Schürer, E. 25f, 33, 128, 130, 132, 141, 270, 297 Schürmann, H. 411 Schwankl, O. 49, 58 Schwartz, D. R. 16, 28, 34, 137f, 142– 146, 148, 151, 160f, 163, 184, 271, 432ff, 439f Schwartz, E. 107 Schwartz J. J. 146 Schwartz, S. 315f Schweizer, E. 251 Schwier, H. 196, 231 Scott, R. 204 Seifrid, M. A. 424 Sellin, G. 54f Senior, D. P. 206, 215, 218f, 225 Setzer, C. J. 53 Shahar, Y. 269, 271ff, 274f, 278, 309 Shaked, I. 292 Sherwin-White, A. N. 366 Shum, S.-L. 246 Siegele-Wenschkewitz, L. 306 Siegert, F. 9f, 55, 119, 173, 215, 234, 266, 314, 323, 335, 387f, 390, 392, 394, 399, 452 Sievers, J. 55 Sim, D. C. 230 Simon, M. 378 Small, J. P. 41 Smallwood, E. M. 362, 437 Smelik, K. A. D. 345 Smend, R. 250 Smith, M. 137 Snodgrass, K. 245

Autorenregister Soards, M. L. 417 Sonnabend, H. 271 Sparks, H. F. D. 419 Speyer, W. 356 Spiegelberg, W. 371 Spiess, K.-H. 3 Spilsbury, P. 528 Standhartinger, A. 357f Starr, J. 357 Steck, O. H. 202, 380 Stegemann, H. 454, 459 Stegemann, W. 343, 346ff, 350, 352, 355 Stemberger, G. 37, 51f, 160, 302, 350 Sterling, G. 6, 36, 412ff, 418f Stern, M. 151, 192, 361 Stern, P. 145 Still, T. D. 379 Strange, J. M. 323 Strathmann, B. H. 206 Strecker, G. 347 Strobel, A. 258 Stuhlmacher, P. 246 Stuhlmann, R. 380 Suhl, A. 201, 208 Syon, D. 267 Sysling, H. 53 Talbert, R. 276 Taylor, J. E. 240 Taylor, M. 378 Taylor, N. H. 215 Te Velde, H. 370 Thackeray, H. S.-J. 35, 234 Theißen, G. 122, 129, 149, 211, 231, 298 Thiessen, W. 347, 532 Thoma, C. 51 Thraede, K. 414 Tilly, M. 8 Tomson, P. 350, 361f Tresp, A. 395 Triebel, L. 54f, 62f Trilling, W. 195, 207 Tromp, G. W. 419 Trüdinger, K. 375 Tuckett, C. M. 200, 218, 252, 301 Tyson, J. B. 418, 425 Ulf, C. 402

599

Urbach, E. E. 147 Vaage, L. E. 301, 303 Vahrenhorst, M. 155, 158 Van der Horst, P. W. 165, 335, 360f, 388, 432, 435f Van Henten, J. W. 53, 139, 272, 371 Van Tilborg, S. 219, 228 Van Unnik, W. C. 422 Vandecasteele-Vanneuville, F. 385 VanderKam, J. C. 246 Vermes, G. 25, 141, 270, 282, 306 Verseput, D. J. 198, 200f, 209 Virgilio, B. 401 Vogel, M. 5, 9, 11, 54, 67, 119, 266, 269, 329, 387, 396, 399, 430, 447, 451, 521, 537, 540, 546 Vögtle, A. 215, 453 Volp, U. 54, 62 Volz, P. 53 Von der Osten-Sacken, P. 305f Vorgrimler, H. 359 Wacholder, B.-Z. 21 Wagener, U. 358 Wagner, J. R. 246 Wagner, R. 335 Walter, N. 215, 414 Walter, U. 403, 405, 426f Wanamaker, C. A. 380, 383 Wanke, G. 220 Wathelet, P. 407 Watts, R. E. 245 Weaver, D. J. 230 Wedderburn, A. J. M. 54f, 424 Weinert, F. D. 211 Weinryb, B. D. 518 Weiß, H.-F. 51, 148 Weißberger, M. 11 Wellhausen, J. 14 Wengst, K. 253 Weren, W. 200, 214 Whealey, A. 10, 73, 75f, 78, 85, 89ff, 104f, 108, 120, 122ff, 132, 504 Whittaker, C. R. 21 Whitters, M. F. 225 Wick, P. 383 Wiese, C. 306

600 Wifstrand, A. 418 Wilk, F. 10, 233, 246, 248–252, 254f, 256–260 Wilkinson, J. 165 Williams, C. H. 251, 256 Williams, D. S. 138, 152 Williamson, G. A. 26, 47 Wilson, S. G. 411, 424, 426 Winkle, R. E. 217, 220, 224 Winter, P. 443 Wischmeyer, O. 414 Wiseman, T. P. 16 Wistrich, R. S. 343 Wolff, C. 217f, 223, 225, 228, 445 Wolff, H. W. 245 Wolffsohn, M. 403 Wolter, M. 350, 352, 354ff, 415, 427 Wong, K.-C. 209 Woodman, A. J. 16f, 19

Autorenregister Wright, N. T. 53 Yadin, Y. 266f Yamada, K. 413 Yavetz, Z. 344, 366, 368 Yieh, J. Y.-H. 214 Yoyotte, J. 370, 373 Young, F. W. 245 Zahn, T. 223 Zakovitch, Y. 478 Zeitlin, S. 97, 313, 329 Zias, J. 267 Ziegler, K. 539 Zimmermann, E. H. 474 Zangenberg, J. 10, 53, 62, 265, 268, 270, 274, 276, 278, 282f, 285, 288f Zuckschwerdt, E. 312 Zukier, H. 343

Sach- und Namensregister Abendmahl (s. Abschiedsmahl) Abgar 87 Abraham 49, 77, 79, 183, 356, 403, 413, 451, 453f, 458f, 468, 514 Abschiedsmahl 252 Absonderung von Götzen 254 Abt Ceolfrid 477 Abt Reginbertus 472 Abt Weric 475 Adam 64, 396, 454, 478 Aeschines 465 Agapius von Hierapolis 89, 104, 122f Agrippa 107, 285 (s. a. Herodes Agrippa) Agrippa I. 150, 447 Ägypter 183, 235, 240ff, 337, 340, 343– 347, 365–377, 390f, 394, 397, 413 Ägyptisches 127, 344f, 365, 368–377, 385, 390, 413, 441 Alesia 277 Alexander – der Große 339, 465 – Jannai 174f – Polyhistor 413 Alexandrien 42, 75, 77, 81f, 142, 345, 368, 371, 374, 391, 394, 441 Älteste 170f, 202, 208, 216, 221 Ambitionen 31, 67, 239, 435, 467 Amicus Caesaris 434 Amtskirche 388, 508, 511 Ananos 65, 166, 212 Anastasius von Sinai 91 Antijudaismus 10, 335f, 344, 346, 348, 352, 354, 362f Antipas 268, 287, 312, 321, 437, 446–449 Antisemitismus 304, 306, 344, 362, 378 (s. a. Antijudaismus) Apion 338, 345, 365, 367, 397 Apokalyptik (s. Tradition, apokalyptische) Apokalypse von Valenciennes 478 Apollonius – Molon 339, 365, 367, 377, 379

– von Rhodes 465 – von Tyana 77, 465 Apologetik 5, 7f, 36, 78, 86, 106, 117, 123, 227, 274, 335–338, 346, 358, 362, 365, 398, 402, 409, 412, 414f, 422, 424, 426, 435f, 450, 467, 521, 525 – christliche 120 – jüdische 344, 388 Apologeticum 98, 100 Apologie 231, 296, 335f, 362f, 388–393, 397f Archäologie 9f, 53, 55, 63, 68, 166, 265– 294, 296, 298, 306, 433 Archelaos 61f, 151, 328f, 447 Archibischof Hildebald 472 Aristobulos 77f – I. 299 Athenagoras 81 Auferstehung 50, 54, 64, 130, 132f, 209, 258, 302, 313 (s. a. Auferweckung, Tod und Auferstehung) ~shoffnung 58 Auferweckung 63f, 133, 249ff (s. a. Auferstehung) Aufklärung 15, 24, 106, 389, 395 Augenzeuge 20, 184, 269–274, 276, 286, 309, 544 Augustus 17, 29, 43, 358, 465 Aulus Avillius Flaccus 436, 441 Autobiographie 16f, 47, 173, 271, 451, 464 Autorität 15ff, 20–23, 45, 47f, 110, 138, 156f, 163, 172, 314, 339, 342, 435, 514 Autoritäten 21, 24, 40, 127, 132, 173, 197ff, 202ff, 206–211, 213f, 218, 222, 224, 226, 317, 360 Babylon 193, 217, 222, 225, 228, 258, 261 Babylonier 230, 237 Bar Kochba 86, 183, 466

602

Sach- und Namensregister

Batanäa 285 Beerdigung 62, 65 (s. a. Begräbnis, Bestattung) Befestigung 270, 310, 324 Begräbnis 54, 60–63, 66, 68, 222 (s. a. Bestattung, Beerdigung) ~stätte 60 (s. a. Grabstätte) Bekenntnistradition 429, 431 Bekehrung 254 Berufung 166, 251f, 322, 326, 403, 420 Berytos 292 Beschneidung 299, 337, 348–352, 360, 376, 393, 397, 408, 410, 414 Bestattung 56, 59, 61ff, 66 (s. a. Begräbnis, Beerdigung) Betlehem 199, 218, 317f, 517 Bibel (s. a. Tradition – biblische) – von Echternach 472 – von St. Hubert 472f – illustration 470ff, 476 Bibliotheke cod. 33 270 Bilder 127f, 166, 393, 403, 405, 437f, 473f, 542 Biographie 17, 26, 43, 102, 271, 307, 397, 411, 418, 421, 458, 465, 479, 535, 538f, 541, 544ff (s. a. Autobiographie) Blut 65, 195, 204f, 210, 219f, 223f, 267, 515 ~bad 327–331, 443 ~ruf 195, 206, 218 Boethius 473 Brüssel, Bibliothèque Royale, MS II 1639: 472 Bund 86, 183, 185, 192, 196, 202, 206, 224, 418f – Neuer 225, 478 Caesar 16 Caesarea 20, 28–34, 75, 91, 281, 284, 324, 437ff, 441, 464 – Philippi 322, 326 Caracalla 399 Cassiodorus 79, 477 Cedrenus 104, 109 Celsus 82 Ceolfrid 477 Chantilly, Musée Condé, Ms. 774: 473f, 477

Charakter 16–20, 34–39, 47f, 63, 125, 157, 178, 252, 266, 294, 310, 320, 323, 326, 332, 358, 388, 417, 470, 516 – Galiläas 278, 284–287, 297, 303, 306, 315 – jüdischer 51, 227, 351 – des Pilatus 429f, 436 – römischer 63 ~kunde 535, 537 ~typen 535–546 Chorazin 275, 322 Chrestianer 134, 433 Christen 118, 122f, 125, 127, 131, 133ff, 179, 347f, 354f, 360, 363, 387, 395, 398f, 407, 411, 414, 423, 425, 427f, 505 (s. Heidenchristen, Judenchristen) – Deutsche 306 – stadtrömische 117 ~gemeinde 150, 170, 248, 253ff, 304, 311, 331f (s. a. Wesen, Grundsätze) ~tum / ~heit 64, 69, 120, 131, 301f, 304, 335, 346, 354, 359–362, 388, 398f, 401f, 409f, 415, 421f, 426f, 476, 496, 508 (s. a. Judenchristentum, Urchristentum, Tradition – christliche, Überlieferung – christlich-arabische) ~verfolgung 161 Christus (s. a. Glaube – christlicher) ~botschaft 248, 252, 255f ~glaube 250, 378 Chronikon Paschale 91, 108f Cicero 16, 39, 273, 404ff, 408, 425, 536 Claudius 434 – Ptolemäus 270 Clemens (s. Klemens) Clopas 112 Codex Amiatino 477 Coloniae 292 (s. a. Siedlungen) Comparatio 538, 545 Constantin (s. Konstantin) Corpus Theognideum 530 Cyrus (s. Kyros) Daniel (s. Prophet Daniel) David 77, 94, 101, 246f, 318, 453, 456, 460, 467, 515 ~ssohn 197, 199ff, 211, 230, 250, 313, 451, 459 (s. a. Spross Davids)

Sach- und Namensregister ~ssohnsakklamation 199 De institutione divinarum litterarum 478 Decke aus dem Schrein der heiligen Ewalde 473 Dekapolis 279, 284, 293 Diagramm, astronomisches und komputistisches 472, 484 Diogenes 86 Domitian 47, 193, 338, 362, 390f, 395f, 398 Domitianus 391 Doppelte Identität 388 Dorfkultur 285 Dynastie 467 – julische 407 – herodianische 539 Edessa 87, 91 Ehe 464 Ehre 157, 169, 257, 344, 434, 437, 440f, 539, 546 Elisabeth 456 Emmausjünger 311 Endgericht 196, 210 Endzeiterwartung 54, 70, 248, 252, 258 (s. a. Jenseitsvorstellung, Eschatologie) Endzeitvorstellung 54 – des Josephus 261 Epiphanius 112 Erfüllungsinterpretation 260 Erhöhung 213, 249, 251, 326, 461f Erinnerungspflege 412 Erwählung Israels 259, 356 Erziehung 40f, 139, 343, 452, 465, 533 Eschatologie 52ff, 70, 247, 249, 251f, 254, 259, 301, 385, 445 (s. a. Endgericht) Ǽssener 39, 145, 176ff, 505, 521, 523ff Ethnizität 100, 134, 150f, 265, 280, 282, 336, 343–350, 365f, 377f, 385, 413 Et-Tell (Betsaida) 288f Euseb 5ff, 11, 21ff, 31, 73–116, 118–123, 126, 130, 133ff, 389, 435, 514 ~tradition 104 Evangelien 10, 34, 36f, 41–44, 46, 76, 84, 86f, 112, 117, 127, 130, 132, 149, 156, 251, 255, 265, 275, 295ff, 301, 304,

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307, 310, 319, 323f, 329, 333, 430, 449f, 451 Evangelium 25, 42, 44, 57, 255ff, 313, 333, 360, 363, 381, 384 ~spredigt 249, 381, 454 Ewigkeit Gottes 249, 355 Exegese (s. Tradition – exegetische) Exemplasammlungen 537 Exorzismus 249, 312 Florenz, Biblioteca Medicea-Laurenziana 477 Frau 60, 66, 88, 312f, 315, 330, 342f, 358, 360, 395f, 452, 456, 459, 468, 476, 544 – des Pilatus 204, 208 Frühjudentum 55, 226, 228, 335, 412, 414 Funktionsgedächtnis, soziales 402, 409 Gabara 279, 285, 323 Gadara 64, 66, 279, 281, 284, 301, 324 Gaius Caligula 29, 31, 434, 436 Galiläa 10, 43, 117, 199f, 201, 265–294, 295–333, 446f, 459, 521 (s. a. Charakter) Galiläer 42, 47, 281, 443 Galilean Coarse Ware 282 Gamaliel 50, 143f, 312, 331 Gamla 186, 267f, 275, 288, 291 Gastmahl 153f Gaulanitis 285 Geburt 28, 113, 198f, 209, 240, 249, 251, 297, 318f, 366, 381, 454–462 Geist Gottes (s. Heiliger Geist) Gemeinde 218, 252, 254, 361, 445f, 449f (s. a. Christengemeinde, Urgemeinde) – als Tempel Gottes 254 – der Synagoge 409 – des Lukas 425 – des Matthäus 196, 208, 228 – eschatologisch 301 – jüdische 284 – galatische 254 – paulinische 254 – samaritische 449 – von Jerusalem 312, 331 Genealogie 10, 163, 166, 169, 318, 356, 405f, 451–468

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Sach- und Namensregister

Geographie 20, 24, 142, 150f, 170, 199f, 265–294, 302, 307–311, 314, 323, 325, 333, 375, 382f, 385, 506 Gericht 19, 22, 24, 203ff, 207, 210f, 213, 258f, 336, 381 (s. a. Endgericht, Höllengericht, Strafgericht) ~sansage 203 ~shandeln 210f, 331 ~spredigt 197, 328 ~sverfahren 436, 440 Geschichte (s. Israel, Geschichte, Universalgeschichte) Geschichtsschreiber, Josephus als 11, 67, 345, 522, 541, 546 (s. a. Schreiber) Geschichtsschreibung 336, 412–415, 421f, 536ff – antike 269, 272f, 286, 430 – apologetische 412 – griechische 269, 345 – biographische 535, 546 Gesetz 62, 66, 162, 175, 254, 319, 340– 346, 352–363, 388–399, 422ff, 437f, 508, 511, 540 (s. a. Speisegesetz) – Freiheit vom 299 – jüdisches 11, 58, 67, 341, 352, 354, 361, 363, 440, 527–533 – des Mose 157, 337, 340, 542 – des ƯˈƴƮƳƵ 460ff Gewalt 30, 56, 68, 70, 202, 207, 281, 284, 328, 330f, 373, 436, 440, 443, 528 ~schilderung 67f Ginnosar 274, 279 Gischala 279, 288 Glas 289 Glaube 162, 348, 359, 479, 521, 529 (s. a. Christusglaube, Gottesglaube, Lehre) – christlicher 120, 131, 383 – jüdischer 86, 193, 279, 333, 521, 529 ~nslehre, pharisäische 138 Gläubige 144, 250, 384 Glaubwürdigkeit 271, 407, 455, 458 – des Josephus 268f Gleichnisse 44, 203, 253, 256 Glossolalie 256 Golan 267, 291 Gottesdienst 180, 214, 216, 247, 394, 464 – himmlischer 255 – in Israel 247

Gottesglaube 49, 357 Gottesherrschaft 148, 253, 332, 528 Gottessohn 111, 250f, 318, 381, 460, 467, 511, 546 Gottesvolk 69, 206, 222, 245, 247, 254, 259f, 412 (s. a. Volk) Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Theol. Lat. 231: 474 Grabstätte 60, 165 (s. a. Begräbnisstätte) Grenze 49, 69, 247, 278–284, 307, 309f, 314ff, 321, 359, 394 Griechen 86ff, 107, 279f, 285, 305, 337, 345, 347, 352, 361, 371, 391–394, 413, 528f Griechenland 393 Griechentum 131, 391 Grundsätze 156, 248, 260, 272 – des Lebens der Christengemeinde 253ff Halacha 154f (s. a. Schwurhalacha, Zehnthalacha) Hanna 416, 420, 456 Hannas 132, 448, 457 Handel 281, 289, 292 Handschriften, illuminierte 469ff Harmartolus, Georgius 109 Hasmonäer 150, 166, 176, 282, 284, 287, 292, 454ff Hasmonäische Königszeit Hebräische Bibel 269, 315 Hegesippus 5, 88, 108–114 (s. a. PseudoHegesippus) Heiden 69, 125, 127, 131–136, 254, 257, 291, 300, 314, 360, 407, 411, 414, 420, 459, 465, 468, 500, 504, 528, 531 Heidenchristen 257, 361, 424 Heidenmission 351, 462 Heidentum 131–134, 411 Heil 162, 168, 225f, 231, 250–259, 315, 325 (s. a. Unheil) Heiliger Geist 113, 249, 252, 254, 322, 325, 420, 455 Heiligung 148 Heilsgeschichte 415, 420, 424, 468 Heilung 56, 64, 87, 171, 198, 249, 251, 322, 454, 542 ~swunder 130

Sach- und Namensregister Henoch 453 ~tradition 300, 305, 319 Herkunft 143f, 157, 312, 319, 352, 403– 411, 445, 511 – aus Jerusalem 161 – des Herodes 541 – des Josephus 229, 266, 451, 454, 458, 465 – des Judentums 427 – des Messias 317f – galiläische 310f, 327, 333 – Jesu 302, 304, 306, 313, 317, 457, 467f – jüdische 279, 348f – ländliche 280 – priesterliche 166, 456 – religiöse 347 – römische 128 – semitische 305 ~sgeschichte des Lukas 455 ~smemoria 404, 411–421 Herodes 21, 26, 43, 60–63, 105f, 139, 188, 198f, 201f, 209, 292, 324, 448, 515ff, 540, 542–546 – Agrippa II. 20ff, 115, 192f, 427 (s. a. Agrippa) – Antipas 312, 321, 437, 446f, 449 – Philippus 61, 321, 437 Herodianer 287, 515 Herrenmahl (s. Abschiedsmahl) Herrlichkeit 445 – Christi 254, 256 Hieronymus 5, 89ff, 102, 115, 120–123 Hildebald 472 Himmel 67, 87, 142, 189, 191, 258, 476 – neuer 258 ~fahrt 130, 311, 420 ~reich 255 ~reise der Seele 59 ~sstimme 460 Hippodrom 62, 268 Hippolyt von Rom 100, 113, 176 Hippos 279, 281, 284f Hiskija 233–242, 246, 320 Historiographie (s. Geschichtsschreibung) Historiker 5f, 8, 151, 227, 269, 272, 276, 279, 286, 295, 306, 308, 403, 433, 451, 455, 458, 463, 496, 525, 536 Historizität 123, 467

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Hochzeitsmahl 195, 203 Hoherpriester 46, 65, 114, 132, 144, 149, 170, 186, 199, 201f, 208, 216, 233, 423, 431, 433, 442–449, 455, 457, 467, 515f Hohepriestertum 455 Hohes Alter 355 – des Judentums 336 Höllengericht 205, 210 Homer 407ff, 465, 529 Hortus Deliciarum 479 Hule-Tal 291 Hyrkan 457, 464, 543, 545 Identität 69, 141, 143, 145, 150, 201, 224, 247, 254f, 280, 282, 284, 292, 346, 388, 402, 405, 409f, 418, 422, 425f, 472 (s. a. Doppelte Identität) – christliche 255, 343, 378, 478 – galiläische 270, 278, 333 – Jesu 248–251 – jüdische 149, 162, 306, 316 – messianische 197, 460 – paulinische 355 – religiöse 10 Idumäa 308 Idumäer 65f, 198, 212 Ikonographie 469, 475ff (s. a. Josephus-Flavius-Ikonographie, Tradition – ikonographische) Illustration 16, 469f, 477 Imitatio 417, 419 Immanuel 211, 227 Initialen 470f, 474 Initialseiten des Buches Genesis 471 Initialseiten des Johannesevangeliums 471 ‚IN‘-Monogramm 471, 473, 476 In Principio-Incipit-Seiten 478 In Principio-Monogramm 475 Innsbruck, Universitätsbibliothek, Cod. 88: 479 Inschriftenfragment aus Caesarea Maritima 433f Irrlehre 349 Isidor von Pelusium 102ff Israel 37, 49, 58, 69f, 87, 131, 134, 148, 162, 182f, 185, 191–194, 196ff, 202, 204ff, 209f, 214, 221, 227, 232, 243, 245, 247–252, 255ff, 259f, 298f, 315f,

606

Sach- und Namensregister

333, 380, 382, 384, 402, 407, 410, 412, 416–420, 426ff, 477 – Geschichte 6, 355f, 427 – Land 148, 150, 282, 284, 346 – und die Weltvölker 249, 256f – Volk 148, 182 Italien 291f Jakob 420, 460, 496 Jakobus 23 – Herrenbruder 73, 75, 108–114, 423 Jenseitsvorstellungen 53, 55, 179 (s. a. Endzeiterwartung, Eschatologie) Jeremia (s. Prophet Jeremia) Jerusalem 20, 23, 28, 30ff, 40, 43, 45ff, 61, 63, 65f, 69, 86, 108–111, 121, 127f, 152, 165, 170, 172, 183, 186–189, 195– 232, 236, 238, 241, 254, 266, 280ff, 291, 295–333, 360, 372, 374, 382, 384, 415–420, 423, 423, 437–440, 442, 444, 446–449, 456, 515 (s. a. Zerstörung Jerusalems) – himmlisches / neues / oberes 250, 254, 478f ~er Tempel 7, 49, 195–232, 233, 242, 261, 540 ~er Talmud 50, 390 Jesaja (s. Prophet Jesaja) Jesajabuch im Judentum 246 Jesus 5f, 15, 23, 25, 39f, 42, 49ff, 57, 63ff, 68, 73, 78–90, 92ff, 96, 108–115, 117f, 122–136, 149, 152, 156f, 161f, 167–172, 180, 186, 195–232, 248–260, 290, 296–300, 304–333, 381–385, 387, 410, 416f, 420f, 424, 429ff, 433, 444– 449, 451–462, 467f, 508, 514, 517, 545f – im Himmel thronend 250 – Konflikte mit den Pharisäern 152 ~bewegung 5, 10, 117f, 275, 296, 298, 303, 307, 314, 320f, 323, 313 Johannes – Chrysostomos 500 – der Räuberhauptmann 205 – der Täufer 23, 64, 79, 83, 103, 127, 197, 199, 202, 251, 253, 317, 325ff, 403, 420, 447, 456, 458, 460, 496, 514 – von Gischala 47, 189, 516 ~jünger 172

Jona (s. Prophet Jona) Jonathan 516 – der Hohepriester 46, 60, 457 Joseph – Sohn Jakobs 460 – Vater Jesu 90, 112ff, 453, 456 Josephus ~tradition 104 ~-Flavius-Ikonographie 470, 479 Jotapata 267, 270, 275, 288, 291 Juda, der Rabbi 399 Judäa 62, 127, 135, 150, 176, 222, 279f, 295, 299ff, 307ff, 313, 317, 320, 325ff, 333, 398, 432–437, 440, 444, 447, 449, 543 Judas 93, 129, 204, 224, 452 – ben Hezekias 320 – Bruder Jesu 112ff – Galiläus 39, 176, 179, 312, 331ff, 521 – Makkabäus 299, 516 Juden 65, 76, 82, 86ff, 92, 100, 109, 120– 128, 131, 134ff, 140–146, 151, 172, 175, 177f, 181, 183, 185, 188, 190–194, 198, 209, 238, 241, 246f, 249, 253, 256f, 261, 279, 282, 285, 291, 304f, 316, 340, 343f, 348, 354, 360–363, 365– 385, 387–399, 413, 420–423, 426, 435– 442, 465f, 508, 518, 521, 532, 541f, 546 (s. a. Charakter, König der Juden, Tradition) ~christen 196, 257, 348, 350, 354, 361, 423, 425 ~christentum 354f, 363, 399, 426 (s. a. Tradition, judenchristliche) ~feindlichkeit (s. Antijudaismus) ~tum 3f, 6, 9, 38, 51ff, 62f, 131, 133, 173, 176, 178, 196, 231, 246, 298, 300, 304f, 336–343, 346, 350, 352, 355, 357, 359– 363, 387–399, 401, 403, 409f, 425ff, 430, 444, 446, 449, 476, 508, 521, 523, 525, 525, 529, 532 (s. a. Frühjudentum) – Hohes Alter des 339 Jünger 86–89, 93f, 114, 121, 139, 143ff, 154, 168, 171f, 197f, 202f, 209f, 221, 226, 252, 254f, 258, 301f, 322, 326, 416, 461 (s. a. Emmausjünger, Johannesjünger) ~kreis 131, 136, 403

Sach- und Namensregister Jungfrau 304, 464, 112f Justin 362 – der Märtyrer 80, 82, 88, 100, 111 Justus von Tiberas 21f, 47, 270f, 273 Kaiphas 132, 432–435, 440, 444, 448 Kaisertum 91, 188, 192ff, 381, 455, 463 Kalksteingefäß 291 Kana 275, 322, 324, 327 Kanaan 299, 304 Kanon 111f, 127, 341, 352, 384, 389f, 401f, 406f, 420, 426, 429, 476, 514, 530ff Kant, Immanuel 24, 395 Kapernaum 171f, 275, 286, 288f Keramik 282, 289f, 292 Kfar Hananyah 282, 291 Khirbet Qana 286, 288 Kindheit Jesu 320f Kindheitsgeschichte 458 – des Lukas 461, 467 – des Matthäus 453 Kirche 6, 48, 84, 86, 282, 378, 381–385, 392, 402, 410, 416f, 462, 478 (s. a. Amtskirche) – antiochenische 122 – äthiopische 450 – junge 44, 513 – östliche 122 – syrische 90 ~ngeschichte 5 ~ntradition 114 ~nväter 24, 74f, 126 Kleidung 28, 162ff, 524 Kleinasien 285, 351, 388 Klemens von Alexandrien 75, 81, 112ff Kleopatra 241f, 340, 390 Kollektivschuldthese 231 Köln, Dom- und Diözesanbibliothek, 83 II: 472 Köln, Historisches Archiv, Cod. W 312: 472 König Abgar 87 König der Juden 199, 207, 312 Könige 270, 392, 463 Königslisten 453 Königtum 315, 455, 474 Konstantin 99, 106

607

– VII. Porphyrogenitus 21, 102, 104 Kreta 347f, 360f Kreter 347–350, 360f, 392 Kreuz 47, 124f, 132, 249, 251, 313, 473, 478 Kreuzestod 66, 132 Kreuzigung 121, 127f, 132–136, 161, 175, 207, 209, 307, 331f, 429, 445, 449, 475 Krieg 17–20, 23, 45f, 56f, 61, 65, 67, 174, 186–194, 212, 230f, 270, 275, 281, 284, 286, 320, 327, 331, 440, 522, 525 – Jüdischer 64, 74, 84, 174, 212, 230, 281, 295f, 307, 313, 316, 444, 521 ~sgefangene 464 Kultur 9, 23, 41f, 52, 55f, 64, 169, 265, 274–294, 296, 298, 335, 365–369, 374– 379, 392ff, 397, 401, 407, 410, 412– 415, 420, 422, 424, 426f, 444, 457, 479, 521 (s. a. Dorfkultur) Kyros 36, 233, 238–243 Lampe 291, 293 Land (s. Israel, Land) Landbrücke, palästinische 266 Lehre 39, 87, 169, 173, 178, 180, 348, 356, 358f, 394, 522f (s. a. Irrlehre, Glaube) – der „Judaisierenden“ 508, 511 – Jesu 125, 158f, 162, 214f, 249, 253 – jüdische 392, 521 Leiche 54, 56, 61–67, 209 ~nschändung 66 Leiden 68, 218, 275 – Christi 226, 243, 250, 254, 546 – irdisches 58 – Israels 183 ~sankündigung 200, 326 Leontopolis 233, 240–243, 261 Leser 5, 16, 18f, 36, 41, 45, 47f, 69, 86, 111, 113, 126, 131, 172, 184ff, 189, 192–194, 207, 215, 219, 221, 236, 247, 250, 268, 271, 274f, 337ff, 346, 359, 363, 385, 388, 418, 422, 425, 448, 459, 465, 476, 499, 502, 521–525, 527–533, 536, 539 Licht Gottes 249, 325 London, British Library, Add 14788: 476 Lohmeyer, Ernst 4

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Sach- und Namensregister

Lucius Aelius Sejanus 434f Lucius Vitellus 443f Lukanisches Doppelwerk 387, 402, 411f, 415f, 418ff, 424ff, 431, 462 Luxemburg, Nationalbibliothek, Ms 264: 472 Lykurgos 391 Magdala 266, 268, 275, 285, 288, 322, 324 Maiestas Domini 471f, 476 Makel 312, 408, 463–467 Malalas 78, 90, 104, 504 Manchester, John Rylands Library 471 Marcellus 432, 442ff Maria 20, 74, 112ff, 304, 322, 420, 455f, 476 Masada 138, 266, 268, 272 Mathias – Kyrtos 457 – der Bucklige 464 Meer von Galiläa (s. See Genezareth) Mendelssohn, Moses 389, 395 Menon 530 Menschensohn 212f, 258, 303 Messias 111, 115, 122, 184, 193f, 198f, 203, 218, 231, 254, 315, 317f, 410, 443, 459, 515f (s. a. Tradition – messianische) ~bekenntnis 318, 320, 322 ~könig 198f Michael der Syrer 89, 122 Mikwe 282, 284, 291 Minderheit 188, 299, 389f, 396, 425 Misanthropie 354, 377 ~vorwurf 337, 353f Mischna 280, 390, 399 Monogramm (s. ‚IN‘-Monogramm, In principio-Monogramm) Monotheismus 341, 412 Mos Maiorum 404ff, 419, 422f, 426 Mose 37, 49, 78, 157, 320, 337, 340f, 358, 372f, 376, 389, 393, 401f, 409, 413– 416, 420, 423f, 528ff, 542 Mutter 60, 67, 254, 361f, 452, 455, 457, 467, 544 Mythologie 370

Mythos 267, 283, 300, 306, 341, 348f, 352, 356, 372, 393, 401, 407, 416 Naftali 269, 299, 315 Nahumpescher 169 Nain 275 Narrative Zyklen 470 Naturwissenschaft 277, 290, 457, 467 Nazaret 199, 201, 252, 275, 288, 295, 298, 307, 311–326, 333, 460 Neues Testament 4ff, 11, 15f, 37, 40, 49, 51f, 54, 56, 58f, 62–64, 68f, 74f, 81f, 88, 90, 93, 111–114, 130, 134f, 147, 160, 180, 233, 243, 245, 248f, 251, 253, 257, 259f, 264, 265, 275, 277, 350, 369, 378f, 381, 429ff, 436, 445f, 450, 460, 474, 476ff, 513, 535 Niger von Peräa 66 Nikodemus 317ff Nikolaos von Damaskus 151f, 176 Oberpriester 39f, 42, 65 Oikos 342, 358 Ökumenius 103f Öl 289 Onias 233, 240ff, 261 Origenes 5f, 22f, 67, 74ff, 82f, 90f, 108– 113, 120f, 131 Orosius-Handschrift 471 Ossuar 58, 63, 282, 284 Oster(n) 303 ~erfahrung 302 ~erscheinung 133 ~erzählung 416 ~morgen 312 ~überlieferung 301f Otto III. 471 Ovid 347, 465 Palast 30, 268, 438f Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 5047: 476 Parusie 209, 213, 257ff, 301 Parusierverzögerung 409 Pastoralbriefe 347–351, 357 Patriarch 21, 122f, 342, 358 Patriarchatsidee 342 Passion 87f, 114 ~sbericht 312

Sach- und Namensregister ~serzählung 545f ~sgeschichte 132, 171, 179, 199, 203, 208, 213, 219 Paulus 43, 46ff, 49, 54, 56f, 64, 68, 82, 111f, 173, 246, 248–258, 300, 311f, 346f, 349, 354ff, 360, 363, 379, 382ff, 416f, 420–423, 426f, 445f, 449 (s. a. Tradition – paulinische, Selbstverständnis des Paulus, Verkündigung – paulinische) – als Christenverfolger 161f Pazifismus 524 Peräa 280, 309, 320, 432, 446f Pfingstwunder 256 Pharisäer 37, 40ff, 64, 96, 137–146, 147– 180, 197f, 203ff, 208ff, 215, 255, 304, 317, 521, 523ff (s. a. Glaubenslehre – pharisäische, Tradition – pharisäische) – Ideal der 148 – in den Synagogen 158 – Konflikte mit Jesus 152 – Quellen 149–153 Philippus 317, 322, 327 (s. a. Herodes Philippus) Philo 3ff, 31, 34f, 38, 54f, 77, 81, 394, 429, 431, 433–436, 440–444, 447, 449f, 478 Philosophie 38ff, 130, 338, 392f, 473 Philostratus 99 Phönizien 279, 292, 413 Photius 21, 109, 270 Pietas 341, 357f Pilatus 10, 28–34, 44, 76, 86, 89, 109, 111, 118, 121, 124f, 127f, 132, 135f, 141, 169, 195, 204, 206, 208f, 216, 312, 327–331, 429–450, 517 (s. a. Charakter) Pilatus-Inschrift 433f Plato 81, 106, 341, 342, 361, 504, 530ff Plinius 134, 270 Pluralismus 391 Polemik 7, 10, 76, 92, 142, 155, 162, 167, 180, 257, 270, 272, 347–354, 360–363, 380–383, 385, 388, 393f, 426f, 435f, 441, 450, 512, 514 Politik 4, 16f, 26, 37–40, 114f, 148, 175f, 180, 183, 187, 194, 271–275, 280, 287f, 297, 299f, 310–314, 323, 329–333, 339, 344, 359, 365, 376f, 388, 398f, 401,

609

406, 416, 432, 435f, 441–449, 466f, 505, 511, 527f, 532, 536, 541, 545 Polybios 273ff, 309, 536 Pontius Pilatus (s. Pilatus) Porphysius 77f, 110 Präexistenz 250f, 259 Predigt 44, 251f, 256, 317, 321f, 325 (s. a. Evangeliumspredigt, Gerichtspredigt, Verkündigung) ~literatur 500 Priester 16, 65, 127, 140, 144f, 162f, 166, 169, 172, 220f, 224, 241, 251, 341, 358, 370, 376, 392, 413, 418, 446, 456, 463f, 517 (s. a. Hoherpriester) – Legitimation der 166 ~dienst 255 ~gräber 165 ~tum 169, 456, 465 (s. a. Hohepriestertum) Prophet 77, 84f, 95, 99, 115, 130, 133, 161, 165, 167, 185, 189–192, 201f, 203f, 207, 220, 223–228, 232–239, 242f, 246f, 312, 317–321, 381ff, 389, 415f, 420, 422, 475, 524 – Daniel 77, 129, 193f, 211, 233f – Elia 420 – Hosea 64 – Jeremia 183, 189, 216–232, 233, 240, 380 – Jesaja 10, 64, 233–243, 256, 261 – Jesus 201, 311, 326 – Jona 232f, 319 (s. a. Tradition – prophetische) ~engräber 163–166 ~enmord 167, 202f, 207, 210 Prophetie 88, 184, 191f, 217, 222, 233, 238f, 245–263, 320 – Jesajas 259f Proskynese 461 Pseudo-Hegesippus 5, 23, 78f, 89f, 95, 104 Pseudo-Justin 75 Ptolemaios 80, 240–242 – I. Soter 374 – V. Philometor 240–242 – VI. 261 Ptolemais 290, 292

610

Sach- und Namensregister

Publikum 69, 227, 267, 273, 296, 308f, 311, 336, 338, 341, 430, 451, 456, 463, 525, 532, 539f – jüdisches 464 – römisches 342f, 442, 444, 467 Q 149, 152f Qumran 40, 160, 169, 260 Rabbi – als Titel 158 – Juda 399 ~nat 50f ~nen 390, 398 (s. a. Tradition – rabbinische) Rahab 467 Rahel 165, 218, 226 Reginbertus 472 Region 88, 266, 269f, 274, 278–281, 283– 293, 295, 297, 302, 307, 309, 314, 316, 320, 327, 333, 376, 382, 399, 408, 443 Rekurrenz 419 Religion 38, 135, 138, 144ff, 163, 179, 279, 343, 374, 384, 388, 390f, 395–399, 403, 405–410, 425f – ägyptische 376 – jüdische 305, 355, 379, 384 ~sgemeinschaft 131 Reinheit 28f, 153ff, 171, 178, 247, 291, 341, 348f, 358, 361, 396, 423f ~sgebot 155 ~shalacha 1 Rest 257 Rettung 189f, 206, 218, 229, 246, 257, 385, 459, 537 Rhetorik 15f, 19, 36, 40–46, 68, 99, 172, 187, 227, 272f, 280, 339, 358, 367, 378, 380, 383, 408, 434, 441, 535–541, 545f Ritus 172, 178, 342, 349, 388, 395, 399, 406, 423f (s. a. Trauerritus) Rom 17, 19, 34, 39f, 43, 45, 48, 51, 69, 134, 139, 142, 150, 151, 176, 183, 193f, 228, 256, 272, 313, 391, 393f, 398, 407, 435, 442f, 446f, 466, 514ff, 525, 540 (s. a. Charakter) Romanisierung 69, 290f Römer 65, 230, 272, 274, 329ff, 345f, 391, 395, 398, 422, 540f

~brief 250, 258, 363 Rotglanzware 293 Rufinus 115 Ruth 467 Sabbat 162f, 171f, 321, 326f, 361, 393f, 408, 424, 508, 511, 518 Sadduzäer 49f, 138, 143, 172f, 177, 179, 205, 521, 523f Saint-Trond bei Limburg 475 Sakramentar aus Fulda 474 Samaria 442 Samarien 127, 280, 308, 326 Samaritaner 100, 280, 329, 433, 442f Sanherib 235ff, 242, 246 Sara 254 Saulus (s. Paulus) Schlüsselgewalt 168 Schöpfung 20, 70, 249, 474–478 – zweite 472f Schrecken 66, 258 Schreiber 17ff, 21ff, 31, 34, 36, 42f, 48, 73–76, 81f, 90, 92, 95, 97, 109ff, 114f, 185, 243, 273, 406, 514 (s. a. Geschichtsschreiber) Schrift ~en Israels 54, 58, 69, 117, 245, 247, 260f, 335f, 339, 352, 416, 426 ~gelehrte 64, 69, 129, 153, 156, 158, 161f, 167–173, 197, 199, 201, 203ff, 208, 210, 255, 381, 383 ~rezeption 230 Schuld 128, 195f, 209, 231, 328, 330f (s. a. Unschuld, Kollektivschuldthese) ~ige 204, 231 ~kollektiv 203 ~zuweisung 209 Schwurhalacha 156 Sebulon 269, 315 See Genezareth 65, 274, 289, 295, 307f, 310, 321 Seele 50, 57, 59, 85, 138, 145, 176, 305, 523, 538, 542 (s. a. Weltseele) ~nwandel 59 Seeschlacht 274, 324 Sejanus 434f Selbstverständnis 338, 522 – des Paulus 252

Sach- und Namensregister – des Täufers 251f – Jesu 252 – von Trägern des Heilshandelns Gottes 251ff Sepphoris 267f, 275, 285ff, 298, 323f Septuaginta 3, 418f, 460, 473 Sexualethik 343, 383, 393, 395 Siedlung 266, 277, 287–293, 299, 312, 372 Sigillata 291f Simeon 322, 456 – ben Gamaliel 144 – der Gerechte 143f – Rabbi 143 Simon – der Hohepriester 457 – der Makkabäer 60, 299 – der Stammler 463f – der Zelot 332 – Petrus 40, 321f Sint-Truiden bei Limburg 475 Sokrates 420, 531 Soteriologie 221, 226, 424 Skythen 345, 347 Skythopolis 279, 281, 284 Sparta 19, 39, 145, 345, 391f Speisegesetz 393ff Spross Davids 222, 225 Stadt 19, 22, 28, 31, 42, 46, 60, 65ff, 127, 139, 148, 180, 186–190, 195f, 199f, 202f, 206f, 209ff, 220, 222, 224, 227, 229, 231, 270, 275, 280, 282, 284–290, 298f, 309, 314, 316, 321, 323f, 327, 344, 360, 367, 371, 381, 383, 393, 418, 424f, 437–442, 531, 536, 540 Stammvater 413, 454, 459 Steingefäß 155, 282, 291 Stellung Israels zu Christus 248, 255–258 Sterben 54, 56ff, 67, 235, 237, 537ff, 542–546 – Christi 250, 545 Stiftungsmemoria 404, 411 Stoa 378, 390, 395, 425 Stoiker 178 Strabo 17, 270, 273, 275, 278f, 309, 541, 546 Strafgericht 69, 195, 209ff, 213, 218, 220, 223, 225

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St. Kunibert-Kirche zu Köln 473 (s. a. Gericht) Sühne 408 ~tod Jesu 213, 250 (s. a. Tod Jesu) Sünde 64, 182f, 185, 188, 203, 258, 380f ~nvergebung 213, 223ff, 249 Superstitio 408, 412 Survey 282, 287f Synagoge 157–162, 166, 172, 208, 210, 227, 252, 282ff, 300, 321, 325f, 381– 384, 398, 408, 422, 424 – pharisäischer Einfluss 158 Syrer 279, 285 Syrien 29, 87, 89ff, 122, 279, 281, 285, 295, 308, 430, 432, 434, 442, 516 Tabernakel in der Wüste 477 Tacitus 16f, 39, 355, 361, 375, 377, 396, 404, 407ff, 433f, 444 Tamar 467 Tarichaeae 286, 324, 327 Taufe 167, 199, 347, 354 – des Kornelius 420 – Jesu 308, 315, 322, 325f, 458, 460 Tempel 26, 28, 40, 42, 49, 60, 108, 111, 127, 139–144, 149, 181–194, 196, 198, 202, 211–217, 223f, 227, 233, 238–242, 250, 255, 261, 280, 282, 328, 330f, 333, 341, 370–373, 376, 383, 385, 390, 405, 418, 420, 425, 442, 456ff, 463f, 465, 467, 478f, 514, 540 (s. a. Jerusalemer Tempel) ~dienst 225, 463f ~kult 214, 261, 300, 465f ~schatz 32, 437, 441 ~steuer 200, 321 ~vorhang 230, 475 ~zerstörung 7, 10, 173, 195f, 211, 215f, 224, 330, 465 Tell Anafa II 288 Tertullian 22, 96–100, 336, 397f, 407, 409f, 437 Testimonium Flavianum 7, 10, 23, 73– 116, 117–136, 387, 399, 433f, 497, 504, 511, 517 Tetragramm 460f Texte vom Toten Meer 246 Textüberlieferung 10, 121f, 135, 498, 503

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Sach- und Namensregister

Theophilus 22, 388, 458 Thomas-Evangeliar in Trier, Domschatz Codex 61: 471 Tiberias 45, 161, 267f, 270f, 273, 275, 280, 285f, 298, 323f, 327, 447 Timaeus 17f, 473 Titus 20, 23, 47, 57, 63, 66f, 185f, 228, 330, 348, 353f, 358, 360f Tod 29f, 40, 46, 49f, 54–70, 76, 130, 132, 138, 216, 224f, 258, 329, 373, 395, 397, 537–546 – Jesu 64, 86f, 96, 132, 195, 206, 209, 213f, 250, 331, 382, 384, 430f, 445 (s. a. Sühnetod Jesu) – und Auferstehung 302, 313 – und Leben 10, 49, 52, 56, 58f, 64, 68f ~esgeschick 68, 537–546 ~esstrafe 56, 136, 439 ~esvorstellung 64 Toleranz 346, 377, 390, 399, 412 Topographie 267, 270, 273, 275, 290, 292, 297, 309, 323, 333 Tora 49, 140, 143, 148, 161f, 332f, 394, 402, 410, 416, 420–425 Totenmahl 165 Trachonitis 285 Tradition 9, 24, 92, 113, 138, 140, 143, 172, 181, 202, 217, 220, 272, 291, 296, 303, 311, 347, 360, 367–385, 390, 417, 431, 529, 535 – apokalyptische 300 – biblische 8, 138, 402 – christliche 100, 110, 388, 505, 508–512, 514 – der Ältesten 171 – exegetische 47 – ikonographische 10 – Jesustradition 216 – judenchristliche 355 – jüdische 144 – messianische 231, 317f – mündliche 44, 190 – paulinische 355, 360 – pharisäische 165 – prophetische 163, 165ff, 319 – rabbinische 266, 297 – religiöse 163, 166 – slawische 514

– väterliche 157, 173, 440 (s. a. Bekenntnistradition, Eusebtradition, Henochtradition, Jesustradition, Josephustradition, Überlieferung) Trauer 38, 54, 61f, 247 ~ritus 63 Treue 57, 306 – eheliche 358 – Gottes zu Israel 250, 257 – zu den Ahnen 422 – zu Rom 324, 449 – zur Tora / zum Gesetz 306, 332, 350, 362, 540 Triumphzug der Flavier 272 Tugend 29, 39, 58, 180, 186, 234, 341f, 357, 377f, 391, 405, 524, 530ff ~kanon 341, 530ff Überlieferung – christlich-arabische 121 (s. a. Textüberlieferung, Tradition) Umkehr 204, 249, 253, 328 (s. a. Bekehrung) Unglaube 256, 349 – des Josephus 131 Unheil 67, 217, 222, 250 Universalgeschichte 421 Unschuld 204, 220, 223f, 446, 448, 541 (s. a. Schuld) Untauglichkeit 466 Urchristentum / Urchristenheit 298, 402, 422 Urgemeinde 302 Uria 467 Vaterschaft 455 Verfassung 11, 37, 273, 337, 339f, 358, 398, 411, 527–530, 533 Vergebung der Sünden 213, 223ff, 249 Verhaftung 252, 312, 317, 325 Verhärtung 257 (s. a. Verstockung) Verheißung 237, 253, 255, 315, 319, 355f, 385, 411, 418, 422, 454, 458, 473 – des Heils 218 – der Befreiung von der assyrischen Bedrohung 236 – eines neuen Himmels und einer neuen Erde 258

Sach- und Namensregister – falsche 192 – neuer Hirten 225 Verkündigung 162, 249, 251, 256, 333, 415f (s. a. Predigt) – des Paulus 252, 355 – Jesu 149, 307, 326 Verleumdung 344, 366f, 369, 385, 466 Vernichtung des Todes 258 Verstockung 256f (s. a. Verhärtung) Vespasian 37, 66, 110, 231, 273, 455, 464 Veteranensiedlung 292 Vitellius 443f Volk 58, 61f, 66, 69f, 147ff, 152, 154, 157, 163, 166, 168–174, 176–180, 195, 198f, 204, 206, 208f, 216, 218, 221f, 224, 227, 249, 257, 266, 274, 313, 317f, 324, 330, 332, 391, 395f, 411, 414, 425, 446, 530 (s. a. ưƦˆƵ, Gottesvolk) – jüdisches 6, 15, 132, 136, 149, 307, 361, 410, 435, 439, 444, 448f, 521, 523 ~shaufen 206f, 209 ~smengen 197–203, 206, 318, 440f, 449 (s. a. Israel) Völker 69, 130, 134, 214, 249f, 252f, 255ff, 279, 310, 314ff, 325, 333, 343, 395, 406, 416 – slavische 501f ~wallfahrt 257 Vorgeschichte im Lukasevangelium 462 Wahrheit 16, 19f, 23f, 124, 130f, 143f, 190, 234, 252, 255, 272, 276, 309, 337, 348, 367, 385, 389f, 398, 440, 536, 539 Weisheit 29, 46, 78, 161, 248f, 252, 392, 445, 449, 531, 542 Weric 475

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Wellhausen, Julius 4, 148 Weltseele 473 Weltwoche 454 Wesen 248, 344, 425, 468, 536 – der Christengemeinde 253ff Wien, Nationalbibliothek, Cod. 10: 479 Wort Gottes 84, 249f, 499 Wunder 76, 80, 82, 87, 125, 129f, 135, 246, 321f, 517 (s. a. Pfingstwunder) ~erzählungen 44, 322, 326 ~kind 458, 465 Wüste 20, 251, 327, 370, 458, 460, 465, 477, 491f Xenophobie 344 Zacharias 456 Zehnthalacha 155 Zeichen 322 – Christi 256, 326 Zeloten 39, 65ff, 179, 212, 231, 272, 305, 313, 329, 332, 516, 521, 523, 535 Zerstörung Jerusalems 68, 109, 183, 195– 232, 330, 362 Zeus 347, 361, 529, 531 Zion 228, 247f, 257 Zitat 11, 49, 135, 151, 214–219, 222, 230, 248–262, 312–315, 417, 504, 537 – Erfüllungszitat 312, 321, 325 – Reflexionszitat 200, 218, 249 ~ionsformel 247 ~ähnliche Anspielungen 248 Zwölf Stämme 134, 269, 479 Zyklen, narrative 470 Zypern 289

Griechisches Wortregister əƨƦ™̀Ʊȱ94f ɝƨƨƪưƳƵȱ107 ɝƩƬưƳƵȱ163 əƭƪˆƷƬƵȱ379 əƭƪƷƪ̝Ʊȱ167 ɝƭƴƳƮȱ439 ƦʌμƦȱ220 ƦʊƴƪƶƮƵȱ179 ƦʅƶƺƴƳƯˀƴƩƪƮƦȱ347 əƯƴ˄ƧƪƮƦȱ19 əư˂ƭƪƮƦȱ19, 84 əưưˆƹƸưƳƵȱ281, 299 əưˆƨƮƶƷƳƮȱ378 əƱƦƧ˄ƼƶƮƵȱ95 əƱʾƶƷƦƶƮƵȱ49, 95 əƱƩƴƪ̝Ʀȱ531 əƱ˂ƴȱ77 ɝƱƳƮƦȱ191 əƱƸ™ˆƷƦƯƷƳƵȱ358 ə™ˆƩƪƮƲƮƵȱ18 ə™ƳƩƪƯƦƷƳ̬Ʊȱ155 ə™ƳưƳƨ˄Ʀȱ422 əƴƺ˂ȱ456 əƶˀƧƪƮƦȱ357 əƶƭˀƱƪƮƦȱ539 əƶƹʾưƪƮƦȱ19 əƶƺƬμˆƱƼƵȱ544 əƹƳƴ˄ƫƪƮƱȱ173 ƧʾƴƧƦƴƳƮȱ87 ƧƩˀưƸƨμƦ Ʒ̏Ƶ ɩƴƬμˊƶƪƼƵȱ212 ƧƮƧư˄ƳƱȱ238 Ƨ˄ƳƵȱ539 ƧƳƸư˂ȱ443 ƊƦưƮưƦ̝ƳƵȱ310, 314 ƨƪƱƪƦưƳƨ˄ƦƮȱ356 ƨˀƱƳƵȱ92, 100, 465 ƨˆƬƷƪƵȱ40 ƩƬμƳƶƮƳ̬Ʊȱ45

ƩƮ˂ƨƬƶƮƵȱ410, 418 ƩƮƯƦƮƳƶˈƱƬȱ357, 531 ƩƸƱƦƷƳ˄ȱ179 ɭƭƱƬȱ380 ɭƭƱƳƮȱ87 ɭƭƱƳƵȱ92, 100, 206, 281 ɭƭƳƵȱ411, 422, 424 ɩƯƯưƬƶ˄Ʀȱ383 ɩƯưƪƯƷƳ˄ȱ213 ɴưưƬƱƪƵȱ87 ɩƱƦƴƨ˂Ƶȱ371 ɭƱƩƪƮƺƮƵȱ93 ɩ™ʾƴƺƳƵȱ434 ɩ™Ʈƪ˄ƯƪƮƦȱ539 ɩ™ƮƷƮμ̀Ʊȱ93 ɩ™˄ƷƴƳ™ƳƵȱ434 ɭƴƨƦȱ83 ƪʡƨˀƱƪƮƦȱ544 ƪʡƭƦƱƦƶ˄Ʀȱ537 ƪʡμƦƭ˄Ʀȱ531 ƪʡƶƪƧ˄Ʀȱ78 ƪʡƶˀƧƪƮƦȱ342, 357, 398 ɭƹƬưƳƵȱ464 ƫƼƱˆƹƳƴƳƮȱ371 ɶƨƪμˊƱȱ434 ɶƩƳƱ˂ȱ85, 130 ɻƭƳƵȱ16 ƭʾưƦƶƶƦȱ308 ƭƪƳƯƴƦƷ˄Ʀȱ527f, 533 ƭˆƴƸƧƳƵȱ128, 208, 439, 443 ƭƴƬƶƯƪ˄Ʀȱ140, 398 ƭƸƶƮƦƶƷ˂ƴƮƳƱȱ241 ƯƦƭƦƴ˄ƫƪƮƱȱ155 ƯƦưƳƯƦƨƦƭ˄Ʀȱ378 ƯƦƴƷƪƴ˄Ʀȱ531 ƯƦƷ’ ɶμˀƴƦƱȱ46 ƯƦƷ’ ʲƴƦƱȱ46 ƯƦƷƦƮƶƺˈƱƪƶƭƦƮȱ539

Griechisches Wortregister ƯƦƷƦưƮ™ƪ̝Ʊȱ238 ƯưƬƷƳ˄ȱ213 Ưư˄ƱƦƮȱ172 ƯƳƮƱˆƱȱ178 ƯƳƮƱƼƱ˄Ʀȱ341 ƯƴƬƷ˄ƫƪƮƱȱ347 ƯˈƴƮƳƵȱ460ff, 467 ƯƸƴƷˆƵȱ463f ƯˊμƬȱ286 ưƦˆƵȱ92, 100, 205f, 209, 222 ư̍ƶƷƦ˄ȱ26, 314, 332 ưˆƨƳƵȱ17 μƮƦƴˆƵȱ371 μƮƨʾƩƪƵȱ285 μƮƶƦƱƭƴƼ™˄Ʀȱ342, 377 μƮƶƳƲƪƱ˄Ʀȱ377 μ̝ƶƳƵȱ377 μƱƬμƪ̝Ʀȱ163 μƱ˂μƬȱ60, 531 μ̬ƭƳƵȱ349, 356 ƓƦƫƦƴƬƱˆƵȱ310 ƓƦƫƼƴƦ̝ƳƵȱ310 ƱƳμƮƯƳ˄ȱ154 ƱƳμƮƯˆƵȱ167 ƱˆμƳƮȱ140, 398 ƱˆμƳƵȱ161, 356, 411 ƳʋƯƳƵȱ211 ʖμˆƱƳƮƦȱ178, 341 ʖμˆƹƸưƳƵȱ279 ʖƶƮˆƷƬƵȱ531 ʙƺưƳƮȱ198 ʙƺưƳƵȱ171, 206 ™ʾƭƳƵȱ17 ™ƦƮƩƪ˄Ʀȱ465 ™ƦƮƩƪˈƼȱ357 ™ƦƴʾƩƳƲƦȱ81ff ™ʾƷƴƮƦȱ140 ™ƦˈƪƶƭƦƮȱ93 ™ƮƶƷƪˈƪƮƱȱ22 ™ư̏ƭƳƵȱ40, 439 ™ƳƮƬƷ˂Ƶȱ81, 115

™ˆưƮƵȱ286 ™ƳưƮƷƪ˄Ʀȱ398, 528 ™Ƴư˄ƷƪƸμƦȱ527, 533 ™ƴ̀ƨμƦȱ39, 410 ™ƴˆƱƳƮƦȱ419 ™ƴƳƳ˄μƮƳƱȱ418 ™ƴƳƷƳƯƦƭƪƩƴ˄Ʀȱ167 ™ƴƳƹ˂ƷƬƵȱ191 ƶƳƹ˄Ʀȱ78, 542 ƶƳƹˆƵȱ77, 531 ƶƷʾƶƮƵȱ26 ƶƷƦƸƴƳ̬Ʊȱ445 ƶƷƸƨƬƷˆƵȱ353 ƶˈƨƯƴƮƶƮƵȱ538, 542ff ƶˈμƧƳƸưƳƵȱ530 ƶƸμμƪƷƴƪ̝Ʊȱ42 ƶƸμƹƳƴƦ˄ȱ29 ƶƸμƹƼƱ˄Ʀȱ341 ƶƼƹƴƳƶˈƱƬȱ342, 357, 531 ƷʾƹƳƮȱ163 ƷƪƯμƬƴ˄Ʀȱ18 ƷˀƯƱƦȱ195 ƷƬƴƪ̝Ʊȱ157 ƷƮμ̀Ʊȱ94 Ʒˆ™ƳƵȱ41 ƷˈƴƦƱƱƳƮȱ26 ʢ™ƳƷʾƶƶƪƮƱȱ358 ƹƦ˄ƱƪƮƱȱ96 ƹƮưƦưʾƭƬƵȱ23 ƹƮưƦƱƭƴƼ™˄Ʀȱ342, 353 ƹ˄ưƳƵ ƷƳ̬ ƐƦ˄ƶƦƴƳƵȱ434 ƹƮưƳƷƮμ˄Ʀȱ16 ƹƮưƳƻƸƺ˄Ʀȱ541f ƹƴˆƱƬƶƮƵȱ357 ƹƸưʾƶƶƪƮƱȱ157 ƹ̬ưƳƱȱ97–100, 134, 213 ƺƴƮƶƷˆƵȱ131f ƻƪưưˆƵȱ463f ƻƪ̬ƩƳƵȱ19

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