Jean Pauls Sämtliche Werke: Band 8 Briefe 1820–1825 [Reprint 2021 ed.] 9783112539927, 9783112539910

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Jean Pauls Sämtliche Werke: Band 8 Briefe 1820–1825 [Reprint 2021 ed.]
 9783112539927, 9783112539910

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Jean Pauls S ä m £ liche ecke Hiftorisch-kcitlsche Ausgabe

Herausgegeben von

der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

Dritte Abteilung

Briefe

Berlin / Akademie-Verlag / 1955

Jean Pauls Sämtliche erke Historisch-kritische Ausgabe

Dritte Abteilung Achter Band

Briefe 1820—1825 Mit L Tafelbeilagen

Herausgegeben von

Eduard Verend

Berlin / Akademie-Verlag / 1955

Copyright 1954 by Akademie -Verlag GmbH., Berlin Alle Rechte vorbehalten

Erschienen im Lkadernie-Derlag GmbH., Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Lizenz-Nr. 202 • 100/82/54 Herstellung: Druckhauö „Maxini Gorki", Altenburg

Bestell- und Berlagonummer 3005/8 Printed in Gcrmany

Vorwort Dieser Band enthält die Briefe aus den sechs letzten Lebensjahren Jean Pauls. Wie seine Lebens- und Schaffenskraft, so ist auch die Zahl und der Umfang seiner Briefe in diesen Jahren in steter Ab­ nahme begriffen, während die Zahl der empfangenen Briefe eher

zunimmt. Viele von letzteren werden gar nicht oder erst spät beant­ wortet, besonders wenn sie, was häufig der Fall ist, von Manuskripten

begleitet sind, die beurteilt oder gar zum Druck befördert werden

sollen. Fast nur noch auf den drei größeren Reisen, die in diesen Zeit­ raum fallen, nach München (1820), Dresden (1822) und Nürnberg

(1823) — mehrere andere geplante Reisen kommen nicht zur Aus­ führung — findet Jean Paul Zeit und Stoff zu ausführlichen Briefen. Rege bleibt noch der Briefwechsel mit dem treuen Heinrich Voß, mit

dem studierenden Sohn und der mehrmals verreisten Gattin, mit

Verlegern (zu Cotta und Reimer tritt hier noch der gefällige'Joseph Max) und Weinhändlern, außerdem der Billettwechsel mit den Bay­ reuther Freunden, der aber durch eine längere Abwesenheit Ottos und

eine nachhaltige Verstimmung Emanuels Unterbrechungen erfährt. Als tiefe Schatten lagern über dieser Periode der tragische Tod

des Sohnes und der frühzeitige des anhänglichen Heinrich Voß, sodann die zunehmende Körper- und Augenschwäche, die den Schreibgewohnten

schließlich sogar zum Diktieren zwingt. Trotz aller Hemmungen setzt

aber die schriftstellerische Tätigkeit kaum je aus; es erscheinen die Schrift über die Doppelwörter, drei Bände Komet, die Kleine Bücher­ schau, drei Neuauflagen (Unsichtbare Loge, Grönländische Prozesse,

Katzenberger) und mehrere, zum Teil umfangreiche Zeitschriften­ aufsätze, während die neue, tiefereindringende Untersuchung über die Unsterblichkeit der Seele (Selina) und das große humoristische Quod­

libet (Papierdrache) unvollendet bleiben.

Als Anhang ist dem Bande eine Anzahl nach den Empfängern ge­

ordneter, fast durchweg bisher ungedruckter Billette, hauptsächlich an Otto und an Jean Pauls Bruder Gottlieb, beigegeben, die zwar

bestimmt alle in die Bayreuther Jahre fallen, sich aber nicht genau

datieren ließen. Ungefähre Anhaltspunkte für die Datierung sind in den Anmerkungen gegeben. Diese geben auch sonst über alles Aus­

kunft, was der Band Neues bringt. Von den Bildern sind die Porträte des Ehepaars Förster hier zum erstenmal reproduziert. Das Bildnis

des Königs Max Joseph I. wurde im Hinblick auf Jean Pauls auch

von andern bestätigte Angabe ausgenommen, daß er ihm ähnlich sähe (S. 40)» Don den Verlegern Georg Reimer und Joseph Max, deren Bilder ich gern gebracht hätte, ließen sich keine geeigneten finden. Auch bei diesem Bande durfte ich mich wieder vielfacher Unter­

stützung durch öffentliche und private Stellen erfreuen. In Bayreuther

Lokalfragen hat mich Herr Archivar Hans Lauterbach bereitwillig beraten, über Dresdner Personen und Örtlichkeiten gaben mit Herr Dr. Schlechte vom Sächsischen Landeshauptarchiv, Fräulein Dr. Boer vom Stadtarchiv, Fräulein Dr. Cremer von der Landesbibliothek, sowie Herr Dr. med. Georg Ernst und vor allem der Jean-PaulFreund Dr. Johannes Reiher daselbst wertvolle Aufschlüsse. Herr Professor Dr. Kurt Schreinert in Göttingen hat unermüdlich Werke,

die mir nicht zugänglich waren, für mich nachgeschlagen. Bei der

Beschaffung der Vorlagen für die Bildbeigaben hat Herr Dr. Hans W. Seiffert vom Institut für deutsche Sprache und Literatur in Berlin, bei der Herstellung des Registers Frau Hanna C. Altmann

freundliche Hilfe geleistet. Ihnen allen, sowie den vielen hier nicht

eigens Genannten, fühle ich mich zu wärmstem Danke verpsiichtet. Als Abschluß der Briefabteilung soll noch ein Band mit einem ausführlichen Gesamtregister aller vorkommenden Personen- und Ortsnamen sowie der Schriften Jean Pauls folgen, in dem dann

auch etwaige Nachträge gebracht werden können. Doch kann dieser Band erst erscheinen, wenn die vier ersten Briefbände im Rahmen der Gesamtausgabe neugedruckt sind und die schmerzliche Lücke des fünften

Bandes nach Möglichkeit ausgefüllt ist. Genf, im Dezember 1954

Eduard Berend

i. An Karoline Richter in Berlin. Baireut d. 2tcn Jenn. 1820 [Oonnfag]

Meine geliebte Seele! Deinen eingeschloßnen Brief Dom 25ten Dez. hab' ich erhalten, und du nun meinen vom 2^Un wol auch. Ob gleich 5 Emma am Mittwoche etwas an die Mutter auf die fahrende Post gibt

und ich und alles da mitfchreibt: so send' ich dir doch dieses Blättchen, damit du über alles beruhigt bleibst. Erstlich verweile unbesorgt so lange,

bis du das ganze Ziel deiner Reise gewonnen hast; hier kommts auf

einige Wochen nicht an*). Die Seeligkeit des Zusammenlebens wird 10 nur verschoben, nicht abgekürzt. — Da dein guter Vater überall mit

größter Vorsicht handelte: so nimm seine bei Richter stehenden

1000 rtl. und schlage sie zu deinem Kapital und entschädige Minna für

das Agio durch die 100 rtl. die er dir schuldig ist. Will Minna nicht: so steht dir in jedem Falle die Hälfte davon rechtlich zu, die du bei dem 15 Kaufmann stehen lässest. Emanuel räth dir, so viel als möglich dein Geld in Berlin anzulegen; hier ist keines sicher unterzubringen. Er

will mir leider selber, wenn er seine Güter verkauft hat, meine Gelder wiedergeben. Durch Schwabacher können wir uns hier alles für Berlin auszahlen lassen. Verwandle daher, der Reisegefahren wegen, dein Geld 20 in Anweisungen, welche du hier bezahlt bekommst. Ziehe doch Männer

zu Rathe; kann denn Ahlefeldt hier kein Mann sein? —

Wende dich in der Möbel-Versendung an den Buchhändler Reimer, der dir als Kaufmann gewiß rathen kann.Nur vertraue ja solche Schätze sichern Fuhrleuten an. Beinahe wäre Theilung unter mehr als einen

25 Fuhrmann zur Sicherheit gut. — Meine Fußgicht, Blutbeule, und

Diarrhöe sind gänzlich besiegt; eine zweimalige, etwas theuere Ein­ reibung, die ich mir früher hätte verschreiben sollen, stärkte die *) So kannst du auch bei deinem jetzigen Gepäcke nicht mit schon gefüllter Fahrgelegenheit reisen, sondern in eigner nach Halle.

I

Jean Paul Briefe. VIII.

I

Eingeweide so, daß sogar die jetzige große Kälte

— die jedoch

meine Lungennerven noch nicht antastet — mich unbeschädigt läßt. Hier hast du das Rezept; % Theelöffel voll reibst du ein, doch nur im Falle der Krankheit. — Max ist gesund, glücklich, aber zu

fleißig. Einen Brief von

dir hab' ich ihm geschickt. Am Mitt- 5

Woche will ich dir von ihm mitschicken. — Die Mädchen sind herr­ lich-gesund. Ihre Weihnachtfreude übertraf jede vorige. — Erfülle

ja Schwabachers Wünsche nicht ohne fremde Rathpflege. — Die Proben von glatten Papierstückchen hast du ganz vergessen. — Ängstige dich also ja nicht ein Bischen meinetwegen; was du thust, ist mir recht. — 10

Grüße die vortreffliche Mutter und Julius. Der Himmel sei in dir und um dich!

Richter

Mein erster Brief in diesem Jahre ist also an dich, du liebe Seele! Mögen alle meine lauten und stillen Wünsche für dich eintreffen!

15

2. An Karoline Richter in Berlin.

Baireut d. 4tcn Jenn. 1820

Wie schön unsere Briefe immer einander entgegengehen! Deinen letzten bekam ich gestern; mein letzter ging vorgestern ab. Hier send' ich dir den Brief der Generalin Sch[jibaert]. Du mußt — wie ich dir 20 schon schrieb — mit eignem Fuhrwerk schon deiner Packereien wegen

nach Halle reisen; — trefflich wär' es, könnte dich dahin Julius be­ gleiten, der Einsamkeit wegen — von Halle aus fährst du mh Betty mit

einem hiesigen Wagen, für welchen ihr beide den Tag seiner Ankunft fest bestimmt, nachdem du etwan 1 Tag in Halle ausgeruht. Je früher 25 ihr den Tag euers Abholens vorausbestimmt, desto leichter kann der

hiesige Fuhrmann eine Hinfracht sich ausmitteln. Da gerade die größere Kälte in und nach der Jenner-Mitte eintritt: so darfst du nichts wagen mit zufälligem oder schlechtem Fuhrwerk; verwende doch etwas von

deinem Gelde zuerst auf dich. — Deine Nähe ist mir nöthig im ein- sosiedlerischen Baireut, wo ich die Weihnachtst^age blos in meinen — Alltaghosen zugebracht. Mir grauset vor künftigen Baireuter Wintern.

Lasse mich nur künftig mit weniger nachgeschickten Wolken meine

Sommerreisen freier genießen, die ohnehin meine jährlich wachsende

Sehnsucht nach Hause mehr verschattet! Leider werd' ich, für das Irdische, immer unempfänglicher der Freuden — die der Natur aus­ genommen — und immer theilnehmender an dessen Plagen. — Alle die Eisspitzenwunden des Winters heil' ich leicht zu; auch meinen Bruft5 nerven scheint er dieß mal nicht recht beikommen zu können. — Emma strickte mir für Weihnachten (oft von Morgen 3 Uhr an) eineWeste wie ich eine schon lange von ihr mit Vorliebe getragen; Odilia ein Paar Socken. Beide putzten mir einen Baum und Emma hatte mir Mandeln geröstet. — Die beiden Gräfinnen Schönburg gefielen mir sehr bei 10 Weiden; heute abends bin ich auf sie und sie auf mich von der Schuh­ mann eingeladen sammt Emma. — Ich wollte, du könntest auch den Minister Schuckmann in Rücksicht der Pension sprechen. Die Papiere kann ich jetzo nicht aufßnden. Den nfcn Mai 1801 bekam ich vom Könige die erste Versicherung einer Präbende; — und den 18"" März 15 1805 auf meine Bitte die zweite; — Im Dezember 1815 vom König die abschlagende Antwort, weil die Stifte eingezogen wären, und von Hardenberg, weil der Staat so große Ausgaben gehabt. — Das Couvert-Papier war glatt genug; packe unter die Möbeln 6 Bücher davon ein; und auch anderes glattes Konzeptpapier, das darum gar 20 nicht sehr weiß zu sein braucht. [Schluß s. 8. 298]

3. An Emanuel. sBayreuth, 6. Jan. 1820] Guten Abend, mein Emanuel! Hier meine Briefe — die Otto noch nicht gehabt — und Ihre. In den Klagbriefen der guten Erbaun] ist 25 tiefer Sinn und tiefes Weh; ein rechter Mann braucht keine rechte Frau, aber eine rechte Frau einen rechten Mann, der Epheu den Baum, nicht dieser jenen. Antworten Sie ja dieser wunden Seele stets und sein Sie der Zweig, an den sie sich hält. — Ihre Briefe sind wahr und schön. — Der an C[aroline] geht wegen seiner Verspätung erst mit der 30 nächsten Sendung ab. — Sie sollten sich wol einige gute Dinte von mir ausbitten. Gute Nacht Euch allen!

4. An Max Richter in München. Baireut d. gUn Jenn. 1820 Mein guter Max! Ich schreibe dir blos, um dir bei dieser Kälte jede 35 Angst über ihren Einfluß auf meine Lungen- und Herznerven zu bei*

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nehmen. Zum Glücke ifLder Fuß mit seinem podagristlschen Noviziat — wobei ich vusgehen kann — der Arzt der Brust und der Ableiter des Winters. — Deine.'Arbeitsamkeit würde mir noch größere Freude geben; wenn-sie nicht über.die Schranken des — Körpers schritte. Was hilftn eS-dir, .jetzo; übermäßig zu'laufen, wenn du nachher eben so 5 lange.l,ruhen, mußtDer» herrliche Kapp brachte aus Berlin einen Hmnnelwagem voll philologischer und philosophischer Aus­ beuten'und em bleiches Körpergenppe voll lauter Krankheiten mit, das jetzo seinen Geist und seine Jugend lahmt. Um Gottes Willen, übertrelbe,/nicht!. Bewege dich wenigstens jede Woche einmal recht 10 stark,s-nur,nicht'-auf Schlittschuhen, welche in diesem Froste mit neuen Übeln drohen. — i 3m-