Isokrates' Enkomion auf Helena: Ein Kommentar 9783666252389, 3525252382, 9783525252383

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Isokrates' Enkomion auf Helena: Ein Kommentar
 9783666252389, 3525252382, 9783525252383

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V&R

Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben

Herausgegeben von Albrecht Dihle, Siegmar Döpp, Dorothea Frede, Hans-Joachim Gehrke, Hugh Lloyd-Jones, Günther Patzig, Christoph Riedweg, Gisela Striker Band 139

Vandenhoeck & Ruprecht

Sandra Zajonz

Isokrates' Enkomion auf Helena Ein Kommentar

Vandenhoeck & Ruprecht

Verantwortlicher Herausgeber: Christoph Riedweg

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zajonz, Sandra: Isokrates' Enkomion auf Helena : ein Kommentar / Sandra Zajonz. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 2002 (Hypomnemata; Bd. 139) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-525-25238-2

© 2002, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Internet: http://www.vandenhoeck-ruprecht.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Hubert & Co., Göttingen. Umschlagkonzeption: Markus Eidt, Göttingen. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Vorbemerkung

7

Einführung

9

I.

Die Gestalt Helenas in der Literatur vor Isokrates

Π.

Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation .... 20

Ш. Die Helena des Isokrates. Das Problem ihrer Deutung 1. Das Proömium als Interpretationsvorgabe für den Hauptteil a) Die Helena als politisches Manifest b) Die Helena als Lob der Schönheit c) Die Helena als Lob der Beredsamkeit 2. Der Hauptteil als praktische Realisierung der im Proömium formulierten Theorie 3. Der Hauptteil als Interpretationsvorgabe für das Proömium

11 37 38 38 40 47 49 51

IV. Datierung

58

V.

60 60 61 62 64

Überlieferung 1. Der Urbinas (Г) 2. Die Vulgathandschriften (ΘΛΠΝ) 3. Bewertung der Handschriften 4. Papyri

VI. Die Lesarten der Handschriften Π und N

65

VII. Abweichungen von Drerups Text

75

6

Inhalt

Übersetzung und Erläuterungen Proömium (§§ 1-15) Helenas göttliche Abstammung (§§ 16-17) Helena und Theseus (§§ 18-38) Helena und Paris (§§ 3 9 ^ 8 ) Der Trojanische Krieg (§§ 49-53) Das Lob der Schönheit (§§54-60) Die Taten der vergöttlichten Helena (§§ 61-65) Epilog (§§ 66-69)

77 79 147 156 213 238 253 274 290

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

302

Register 1. Stellen 2. Personen und Sachen 3. Sprachliches und Stilistisches

311 311 342 343

Vorbemerkung

Im Unterschied zu manch anderen Bereichen der klassischen griechischen Literatur sind die Werke der attischen Redner - von relativ wenigen Ausnahmen wie z.B. Hermann Wankeis monumentaler Arbeit zur Kranzrede des Demosthenes einmal abgesehen - insgesamt spärlich kommentiert. So liegen selbst zu den großen politischen Reden des Isokrates, eines herausragenden Vertreters der griechischen Beredsamkeit, bislang nur recht knappe sprachliche Erläuterungen vor, die Ende des 19. Jahrhunderts für den Schulgebrauch konzipiert wurden. Kleinere Reden blieben fast gänzlich unbeachtet. Zu diesen kleineren Reden des Isokrates zählt auch sein Enkomion auf Helena. Der Mangel an einer durchgängigen und umfassenden Kommentierung wird hier besonders schmerzlich spürbar, da die Gesamtdeutung der Rede schwierig und bis heute umstritten ist. Nicht selten haben sich irrtümliche Auffassungen dadurch ergeben, daß die Argumentation auf sprachlichen Mißverständnissen aufgebaut oder die Betrachtung auf Teilaspekte verengt wurde, ohne daß man sich deren spezifischer Funktion im Zusammenhang der Rede hinreichend bewußt war. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, die Diskussion über die Helena des Isokrates auf eine gesichertere Basis zu stellen. Im ersten Teil wird - auf der Grundlage der nachfolgenden Kommentierung der Blick auf die Rede als ganze gerichtet: Auf ihre Einordnung in die Tradition des Helena-Stoffes folgt eine zusammenhängende Analyse von Inhalt und Aufbau der Rede, schließlich werden die verschiedenen Ansätze zur Gesamtdeutung vorgestellt, diskutiert, bewertet und um einen eigenen Lösungsvorschlag ergänzt. Den zweiten Teil bildet die fortlaufende sprachliche, sachliche und gedankliche Einzelkommentierung. Um das Textverständnis auch in den nicht ausdrücklich erklärten Details deutlich zu machen, ist dem Kommentar zu den jeweiligen Paragraphen statt einer Inhaltsparaphrase eine möglichst wortgetreue Übersetzung vorangestellt.* * Der Arbeit liegt der Text der Isokrates-Ausgabe von E. Drerup zugrunde, die in dieser Ausgabe nicht enthaltenen Reden des Isokrates werden nach Benseler/Blass zitiert; bei Werken des Isokrates wird in der Regel der Autorname nicht angegeben. Kurzzitate (bei Werken, die mehr als einmal zitiert werden) verweisen auf das Litera-

8

Vorbemerkung

Der vorliegende Kommentar ist die um die Berücksichtigung der Handschriften Π und N erweiterte und geringfügig überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 2000 von der Philosophischen Fakultät zu Köln angenommen wurde. Herrn Professor Dr. Michael Gronewald, der die Mühe des Korreferats auf sich genommen hat, verdanke ich zahlreiche wertvolle Hinweise; ebenso Herrn PD Dr. Stephan Schröder, der vor allem in der Anfangsphase verschiedene Einzelprobleme geduldig mit mir erörtert und mich so vor manchem Fehler bewahrt hat. Herr Dr. Thomas Gärtner war so freundlich, die Druckfassung der Arbeit noch einmal kritisch durchzusehen. Hilfreiche Anregungen erhielt ich ferner von Herrn Professor Dr. Christoph Riedweg, der das Manuskript mit großer Sorgfalt gelesen hat. Ihm und den anderen Herausgebern danke ich für die Aufnahme des Kommentars in die Reihe »Hypomnemata«. Von den zuständigen Mitarbeitern der Biblioteca Medicea Laurenziana (Florenz) und der Bibliotheque Nationale de France (Paris) wurden mir rasch und unbürokratisch Mikrofilme des Laurentianus 58,5 bzw. des Parisinus gr. 2932 zur Verfügung gestellt. Mathias Laubenheimer und Oliver Verlage haben sich klaglos bereitgefunden, mich beim Korrekturlesen zu unterstützen. Die Fehler, die aller Anstrengung zum Trotz übersehen wurden, gehen selbstverständlich allein zu meinen Lasten. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich Herrn Professor Dr. Bernd Manuwald, der das Entstehen dieser Arbeit mit ermunterndem Zuspruch, präzisem fachlichen Rat und unendlicher Hilfsbereitschaft gefördert hat.

Köln, im Februar 2001

S. Z.

turverzeichnis. - Zur Abkürzung antiker Autorennamen und Werktitel vgl. Der Neue Pauly (Bd. III, pp. X X X V I - X L I V ) , zur Abkürzung von Zeitschriftentiteln L'annie philologique.

Einführung

I. Die Gestalt Helenas in der Literatur vor Isokrates

Mit Helena macht Isokrates eine der schillerndsten Frauengestalten der antiken Mythologie zum Gegenstand seines Enkomions. Von den Spartanern als Göttin verehrt,1 tritt uns Helena in der Literatur als eine Frau entgegen, in der sich göttliche Schönheit und menschliche Schwäche in verhängnisvoller Weise vereinen: Indem sie, betört von den Reizen des orientalischen Gastfreundes Paris, ihren Gatten Menelaos verläßt und dem Geliebten nach Troja folgt, gibt sie den Anlaß zum Trojanischen Krieg, der während seiner zehnjährigen Dauer unzählige Opfer fordert. Damit fällt ein Schatten auf ihre Person, der sich in den literarischen Bearbeitungen des Mythos über die Jahrhunderte hin zunehmend verdunkelt.2 Ein noch recht wohl wollendes Helena-Bild ist in den Homerischen Epen gezeichnet. In der Ilias wird Helena zwar mehrfach als >Streitobjekt< des Trojanischen Krieges erwähnt (vgl. u.a. 2,161.177; 3,128), der Vorwurf der Kriegsic/шМ ist daraus aber nicht abzuleiten. Priamos spricht sie sogar ausdrücklich von Schuld frei (3,164f. »Du bist mir nicht schuld, die Götter sind mir schuld, die den tränenreichen Krieg mit den Achaiern gegen mich erregt haben« 3 ), und die Schlußszene des 3. Buches läßt sich als Versuch

1 Vgl. Komm, zu §61 αθανασίας ετυχεν. 2 Es kann an dieser Stelle nur ein auf das Wesentliche reduzierter Überblick gegeben werden. Zu ausführlichen Behandlungen des komplexen Themas vgl. die Monographien von H. Homeyer, Die spartanische Helena und der Trojanische Krieg, Wiesbaden 1977; L.B. Ghali-Kahil, Les enlevements et le retour d'Helene dans les textes et les documents figures, Paris 1955; J.-L. Backes, Le mythe d'Helene, Clermont-Ferrand 1984; G.B. Schmid, Die Beurteilung der Helena in der frühgriechischen Literatur, Freiburg i. Br. 1982 und M. Becker, Helena. Ihr Wesen und ihre Wandlungen im klassischen Altertum, Straßburg 1939; weitere Literatur bei Homeyer 1 Anm. 1. Vgl. auch R. Kannicht (Hrsg.), Euripides. Helena, Heidelberg 1969, Bd. 1, 21-77. 3 οΰ τί μοι αίτίη έσσί, θεοί νύ μοι α'ίτιοί είσιν, / οΐ μοι έφώρμησαν πόλεμον πολύδακρυν 'Αχαιών. Α. Schmitt (Selbständigkeit und Abhängigkeit menschlichen Handelns bei Homer, Stuttgart 1990), der in der Bewertung von Helenas Eigenverantwortlichkeit insgesamt zu einem etwas anderen Ergebnis kommt, sieht diese Äußerung durch Helenas Selbstanklagen entkräftet (89). Daß Helena ihr Handeln rückblickend als verhängnisvoll erkennt und daher als falsch empfindet, bedeutet aber nicht notwendig, daß sie damals nach freiem Willen eine andere Entscheidung hätte treffen können (vgl. auch II. 6,349, wo Helena selbst das Geschehen auf göttlichen Ratschluß zurückführt). Der von Schmitt (ebd.) angestellte Vergleich mit Phaidra, die sich in ähnlicher Situation der Macht der Aphrodite durch Selbstmord

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Einführung

interpretieren, den inneren Konflikt Helenas vor der Fahrt nach Troja zu spiegeln und ihr damaliges Handeln als eine außerhalb der freien Willensentscheidung liegende schicksalhafte Notwendigkeit zu erklären.4 Gleichwohl wird Helena selbst von Schuldgefühlen gequält (vgl. 3,172-176; 6, 344-358) und setzt den Haß ihrer Umwelt als gewiß voraus (von den Dioskuren 3,241f. »Nun aber sind sie nicht bereit, sich in die Schlacht der Männer zu stürzen, aus Furcht vor der großen Schande und Schmach, die mir anhaftet«;5 von Menelaos 3,403f. »Weil Menelaos nach dem Sieg über den edlen Alexandras mich Verhaßte heimführen will ...«; 6 von den Trojanern 24,774 »Denn im weiten Troja habe ich keinen anderen, der gütig und freundlich ist, sondern alle erschaudern vor mir«7). Diese Erwartungen finden aber innerhalb des Epos keine objektive Bestätigung. Auf griechischer Seite läßt sich lediglich Achill in seiner Trauer um Patroklos zu einer Beschimpfung der Helena hinreißen (19,325 »Um der abscheulichen Helena willen kämpfe ich gegen die Trojaner«8), der ausgewogene Kommentar der trojanischen Greise berücksichtigt die Ambivalenz der Figur, verrät aber zugleich, daß der Glanz von Helenas Schönheit durch das von ihr verursachte Unheil überschattet wird: »Es ist nicht zu tadeln, daß die Trojaner und die wohlbeschienten Achaier für eine solche Frau lange Zeit Leiden auf sich nehmen: Stark gleicht sie den unsterblichen Göttinnen im

Phaidra, die sich in ähnlicher Situation der Macht der Aphrodite durch Selbstmord entziehe, ist nicht sehr glücklich, da, um nur diesen einen Punkt zu nennen, Phaidra in ihrem ursprünglichen Selbstmordplan ja gerade scheitert und der schließlich durchgeführte Selbstmord wesentlich durch die inzwischen eingetretene Situation (und nicht mehr durch den Widerstand gegen Aphrodite) motiviert ist. Die Möglichkeit, sich als Mensch dem Willen einer Gottheit zu widersetzen, wird durch Phaidras Beispiel nicht bewiesen, da sie durch ihr Handeln den übergeordneten Plan der Aphrodite, Hippolytos zu bestrafen, nicht vereitelt, sondern im Gegenteil befördert. 4 Vgl. O. Lendle, Paris, Helena und Aphrodite. Zur Interpretation des 3. Gesanges der Ilias, A & A 14, 1968, 71. Eine explizite Antwort auf die Frage, ob Helena Paris freiwillig oder unter Zwang gefolgt ist, wird in der Ilias nicht gegeben; vgl. M. Reichel, Die homerische Helenagestalt aus motivgeschichtlicher und motivvergleichender Sicht, in: Euphrosyne. Studies in Ancient Epic and its Legacy in Honour of Dimitris N. Maronitis, ed. by J.N. Kazaris u. A. Rengakos, Stuttgart 1999, 291-307, hier 292ff. ^ 5 νΰν αύτ' οΰκ έθέλουσι μάχην κ α τ α δ ύ μ ε ν α ι ανδρών, / α ΐ σ χ ε α δειδιότες και όνείδεα πόλλ' α μοί έστιν. 6 οΰνεκα δή νΰν δΐον Άλέξανδρον Μενέλαος / νικήσας έθέλει σ τ υ γ ε ρ ή ν έμέ ο'ίκαδ' α γ ε σ θ α ι . . . . 7 οΰ γ ά ρ τίς μοι ετ' ά λ λ ο ς ένΐ Τροίη εΰρενη / ήπιος οϋδέ φίλος, πάντες δε με πεφρίκασιν. 8 εϊνεκα ρ ι γ ε δ α ν ή ς Ε λ έ ν η ς Τρωσιν πολεμί ζω.

Die Gestalt Helenas in der Literatur vor Isokrates

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Aussehen; aber auch als eine solche soll sie mit den Schiffen heimfahren und nicht uns und unseren Söhnen zum Unheil hierbleiben.« 9 (3,156-160). Feindselige Äußerungen gegen Helena finden sich auch in der Odyssee; vgl. 11,436-439 (Odysseus zu Agamemnon) »Nein! hat das Geschlecht des Atreus der weit umblickende Zeus wahrhaftig doch über die Maßen von Anfang an mit Haß verfolgt durch Weiberränke! Da sind wegen Helena in Mengen wir dahingegangen, und dir hat Klytaimnestra den bösen Anschlag bereitet, während du ferne warst!« 10 und 14,68f. (gesprochen von Eumaios) »Wäre doch die Sippschaft der Helena knielings zugrunde gegangen, da sie die Knie vieler Männer löste!« 11 Ihnen stehen jedoch die verständnisvollen Worte der Penelope gegenüber, die Helena von böser Absicht und persönlicher Schuld freispricht: 23,218-24 »Auch die Argeierin Helena, die Zeusentsproßte, hätte sich nicht mit dem fremden Manne vereint in Liebe und Lager, wenn sie gewußt hätte, daß die kriegerischen Söhne der Achaier sie wieder nach Haus in das liebe Vaterland führen würden. Doch ein Gott, wahrhaftig! erregte sie, daß sie das schmählich Werk verübte, und sie hatte sich das traurige Verderben nicht vorher in den Sinn gelegt, von dem von Anbeginn her auch über uns der Jammer gekommen ist.« 12 Einen positiven Eindruck hinterläßt das Auftreten der Helena als geachtete Gattin des Menelaos und aufmerksame Gastgeberin im vierten Buch; ein leichter Schatten fällt allerdings auf sie, wenn Menelaos freilich ohne Vorwurf - von ihrem allein durch die Geistesgegenwart des Odysseus gescheiterten Versuch erzählt, die im Trojanischen Pferd verborgenen Griechen durch die Nachahmung der Stimmen ihrer Frauen hervorzulocken (Od. 4,274-89). In den Homerischen Epen gilt Helena also als Ursache des Trojanischen Krieges sowie der mit ihm verbundenen Leiden, und das moralisch Makel-

9 οΰ νέμεσις Τρώας καί έϋκνήμιδας Αχαιούς / τοιήδ' άμφί γυναικί πολύν χρόνον αλγεα πάσχειν· / αίνώς άθανάθησι θεής εις ώπα εοικεν· / άλλα καί ώς τοίη περ έοΰσ' έν νηυσι νεέσθω, / μηδ' ήμΐν τεκέεσσί τ' όπίσσω πήμα λίποιτο. 10 ώ πόποι, ή μάλα δή γόνον Άτρέος εύρΰοπα Ζευς / έκπάγλως ηχθηρε γυναικείας δια βούλας / έξ άρχής· Ελένης μέν άπωλόμεθ' εϊνεκα πολλοί, / σοι δέ Κλυταιμνήστρη δόλον ήρτυε τηλόθ' έόντι. Die Übersetzung dieser und der weiteren Odyssee-Stellen folgt W. Schadewaldt, Homer. Die Odyssee, Hamburg 1958. 11 ... ώς ώφελλ' Ελένης άπό φΰλον όλέσθαι / πρόχνυ, έπεί πολλών ανδρών ΰπό γούνατ' ελυσε. 12 ούδέ κεν Άργείη Ελένη, Διό^ έκγεγαυΐα, / άνδρί παρ' άλλοδαπφ_ έμίγη φιλότητι καί εΰνη, / εί ηδη, δ μιν αΰτις άρήιοι υίες 'Αχαιών / άξέμεναι οίκόνδε φίλην ές πατρίδ' εμελλον. / την δ' ήτοι ρέξαι θεός ώρορεν έργον άεικές· / την δ' ατην οΰ πρόσθεν έφ έγκάτθετο θυμφ / λυγρήν, έξ ής πρώτα καί ήμέας ϊκετο πένθος. Die entlastende Tendenz dieser Aussage wird nicht hinreichend berücksichtigt von Reichel (wie Anm. 4) 294.

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Einführung

hafte ihres Handelns wird durchaus empfunden. Die Verantwortung für das Geschehen wird jedoch nicht ausdrücklich ihr persönlich zugewiesen, sondern die Möglichkeit, daß sie ohnmächtig dem Einfluß der Götter unterlag, wird zumindest zur Diskussion gestellt. Genaueren Aufschluß über die bei Homer nur angedeuteten >höheren< göttlichen Interessen geben die Kyprien (frg. 1 Bernabe = frg. 1 Davies): Die eigentliche Ursache des Trojanischen Krieges ist dort der Beschluß des Zeus, die Erde von der Überbevölkerung zu befreien. Zu diesem Zwecke wurde der Schönheitswettstreit der Göttinnen provoziert, der über das Parisurteil zum Krieg führte. Helena ist somit nur eine Figur im Spiel der Götter; sie fungiert als unmittelbares Instrument der Aphrodite und als mittelbares Instrument des Zeus. Ein Opfer der Aphrodite ist Helena auch bei Hesiod, die Motivation ist allerdings eine andere. Im Zusammenhang mit der Version des Stesichoros, Aphrodite habe zur Bestrafung des Tyndareos, der ihr zu opfern vergessen hatte, bewirkt, daß dessen Töchter zweimal und dreimal heirateten und ihre Männer verließen (frg. 223 Davies),13 zitiert der Scholiast zu Eur. Or. 249 (I 123,8-21 Schwartz = frg. 176 M.-W.) Verse des Hesiod, denen zufolge Aphrodite die Töchter des Tyndareos aus Neid auf ihre Schönheit in schlechten Ruf brachte.14 Indem Hesiod diesen schlechten Ruf als gottgegeben erklärt, setzt er ihn als gegeben voraus, während sich in den Homerischen Epen noch die Frage stellte, ob nicht die Zurückführung des Geschehens auf den unumstößlichen Beschluß der Götter Helena exkulpieren und somit ihren Ruf retten könnte. In der frühen Lyrik begegnen fast alle Facetten der Helena-Gestalt. Ibykos (frg. S 151,4 Davies) und Theognis (1232f.) sehen Helena in homerischer Tradition als wehrlose Erfüllungsgehilfin des göttlichen Willens, bei Sappho (frgg. 16 u. 23 Voigt) begegnet sie vornehmlich als ein Sinnbild der Schönheit und Liebe. Einen neuen Akzent setzt Alkaios, der ohne entschuldigenden Verweis auf höhere Mächte das von Helena verursachte Leid schildert (frgg. 42 u. 283 Voigt). Auch Stesichoros muß Helena heftig geschmäht haben. Der genaue Wortlaut des Gedichts, für das er der Sage nach mit Blindheit gestraft wurde und das ihn zur sog. >Palinodie< zwang, 13 οΰνεκα Τυνδάρεος / ρέζων ποκά πάσι θεοΐς μόνας λάθετ' ήπιοδώρου / Κύπριδος· κείνα δέ Τυνδαρέου κόρας / χολωσαμένα διγάμους τε και τριγάμους έτίθει / και λιπεσάνορας. 14 ... τήισιν δέ φιλομμειδής 'Αφροδίτη / ήγάσθη προσιδοΰσα, κακήι δέ σφ' εμβαλε φήμηι. / Τιμάνδρη μέν επει/t' "Εχεμον προλιποΰσ' έβεβήκει, / ϊκετο δ' ές Φυλήα φίλον μακάρεσσι θεοΐσιν / ώς δέ Κλυταιμήστρη (προ)λιποΰσ' 'Αγαμέμνονα δΐον / Αίγίσθωι παρέλεκτο και εΐλετο χείρον' άκοίτην· / ως δ' 'Ελένη ηισχυνε λέχος ξανθοΰ Μενελάου.

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ist nicht überliefert; möglicherweise folgte es der in frg. 223 Davies (vgl. oben, Anm. 13) erkennbaren Tendenz, Helenas moralische Verfehlungen an den Pranger zu stellen. Daß Stesichoros in der Palinodie zu der recht radikalen >Korrektur< des Mythos Zuflucht nahm, nicht Helena selbst, sondern ein Trugbild sei Paris nach Troja gefolgt (frg. 193 Davies), läßt darauf schließen, daß er eine Rehabilitierung der Helena nur durch die Leugnung und nicht durch eine Rechtfertigung ihrer Tat für möglich hielt. Im Agamemnon des Aischylos dominieren deutlich die harten Anklagen gegen die Kriegsverursacherin Helena; vgl. bes. die vielzitierten Chorverse 681-691 »Wer gab einst, so völlig der Wahrheit entsprechend ... der mit dem Speer gefreiten und von zwei Seiten umkämpften Helena den Namen? Da sie in Übereinstimmung damit schiffezerstörend, männervernichtend, städtezerstörend ... ausfuhr ...«15; ferner 404-411, bes. 407f.; 799-804; 1455-1461. In der Geschichtsschreibung weist Herodot den Weg zu einer rationalistischeren Betrachtung des Mythos und läßt, wenn auch nur im Referat der persischen Position, den Gedanken an eine Eigenverantwortung der Helena anklingen; vgl. 1,4,2 »Frauen zu rauben hielten sie zwar für die Sache ungerechter Männer, sich aber, wenn sie geraubt worden waren, Mühe zu geben, sie zu rächen, für die Sache Unverständiger, um die Geraubten kein Aufhebens zu machen, hingegen für die Sache Verständiger. Denn offenbar würden sie doch nicht geraubt werden, wenn sie nicht selbst wollten.«16 Den entscheidenden Beitrag zur Verdüsterung des Helena-Bildes dürfte Euripides geleistet haben. In den 415 aufgeführten Troerinnen betont Poseidon im Prolog, daß Helena zu Recht (ένδίκως) den Status einer Kriegsgefangenen habe (35); Hekabe beschimpft sie als die verhaßte Gattin des Menelaos, als Schande für Kastor und als Unzierde für den Eurotas, schließlich als Mörderin des Priamos (131-137); Kassandra erklärt die Ehebrecherin der von Agamemnon erbrachten Opfer für unwürdig, da sie nicht mit Gewalt geraubt worden sei, sondern es selbst so gewollt habe (370-374); Andromache spricht die heftigsten Verwünschungen gegen sie aus (766-773 »Sproß des Tyndareos, niemals bist du eine Tochter des Zeus, sondern ich behaupte, daß du vielen Vätern entstammst: Zuerst dem 15 τίς ποτ' ώνόμαζεν ώδ' / ές τό πάν έτητύμως / ... τάν / δορίγαμβρον άμφινεικη / θ' Έλέναν; έπεί πρεπόντως / έλέναυς, ελανδρος, έλέ- / πτολις ... / .... επλευσε. 16 τό μεν νυν άρπάζειν γυναίκας ανδρών αδίκων νομίζειν έργον είναι, τό δε άρπασθεισέων σπουδήν ποιήσασθαι τιμωρέειν άνοήτων, τό δέ μηδεμίαν ώρην εχειν άρπασθεισέων σωφρόνων· δήλα γαρ δή δτι, ει μή αύται έβούλοντο, ούκ αν ήρπάζοντο.

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Einführung

Verbrechen, dann dem Neid und dem Mord und dem Tod und allen Übeln, die die Erde nährt. Denn niemals glaube ich, daß Zeus dich hervorgebracht hat, dich, das Verderben für viele Barbaren und Griechen. Mögest du zugrundegehen; denn durch deine wunderschönen Augen hast du schändlich das glorreiche Land der Phryger vernichtet.«17); der Chor macht sie für die Kriegstoten verantwortlich (780f.); Menelaos bemüht sich zu versichern, nicht um der Helena willen in den Krieg gezogen zu sein (864ff.), und verkündet, er wolle sie, deren Namen er nicht einmal mehr aussprechen mag (869f.), in der Heimat hinrichten lassen (876-879) - ein Entschluß, der auf die ungeteilte Zustimmung des Heeres stoße (901f.). Um die Hinrichtung abzuwenden, hält Helena, prunkvoll gekleidet (vgl. 1022f.), der zum Zeichen der Trauer kurzgeschorenen (vgl. 141f.), mit Staub beschmutzten (vgl. 462-468) Hekabe entgegentretend, eine Verteidigungsrede, in der sie zunächst die Schuld am Untergang Trojas Hekabe, die Paris gebar, und Priamos, der ihn nicht tötete, zuweist (919— 22). Sie selbst sei eher zu ehren als zu bestrafen, da ihre Schönheit Griechenland die Freiheit gesichert habe: Hätte sich nämlich Paris nicht für sie entschieden, wäre ihm entweder durch Athene die Herrschaft über Hellas oder durch Hera die Herrschaft über Asien und Europa zuteil geworden (924-37). Die Schwäche, Paris nach Troja gefolgt zu sein, entschuldigt Helena mit der überwältigenden Macht der Aphrodite, der selbst Zeus nicht zu widerstehen vermöge (938-50). Nach dem Tod des Paris habe sie versucht, aus Troja zu fliehen, sei aber jedesmal von den Mauerwächtern ertappt worden (951-958). Diese Argumentation ist kaum geeignet, das vernichtende Urteil über Helena zu relativieren: 18 Für den Untergang Trojas die Erzeuger des Paris verantwortlich zu machen, den Ruhm, Griechenland gerettet zu haben, hingegen allein für sich zu beanspruchen, ist ein leicht durchschaubarer Sophismus, die Berufung auf die Kraft der Aphrodite war zu einer >Standardausrede< geworden, die bezeichnenderweise der άδικος λόγος in den Wolken des Aristophanes empfiehlt, 19 und 17 ώ Τυνδάρειον ερνος, οΰποτ^ εί Διός, / πολλών δέ πατέρων φημί σ' έκπεφυκέναι, / Άλάστορος μεν πρώτον, είτα δέ Φθόνου / Φόνου τε Θανάτου θ' δσα τε γή τρέφει κακά. / ού γάρ ποτ' αύχώ Ζήνά γ' έκφΰσαί σ' έγώ, / πολλοΐσι κήρα βαρβάροις "Ελλησί τε. / ολοιο· καλλίστων γάρ ομμάτων απο / αίσχρώς τά κλεινά πεδί' άπώλεσας Φρυγών. 18 Anders Μ. Lloyd, The Helen Scene in Euripides' Trojan Women, CQ 34 (1984) 303-313; Bedenken gegen Lloyds Auffassung erhebt in einigen wesentlichen Punkten В. Manuwald, Die >Troerinnen< in neuem Gewand. Walter Jens: >Der Untergang< und sein euripideisches Vorbild, AFLN n.s. 18, 1987-88, 405ff. 19 Nub. 1079-82 μοιχός γάρ ην τύχης άλοΰς, τάδ' άντερεΐς προς αυτόν, / ώς ούδέν ήδίκηκας- είτ' εις τον Δί' έπανενεγκεϊν, / κάκεΐνος ώς ήττων ερωτός έστι και γυναικών· / καίτοι συ θνητός ών θεοΰ πώς μείζον αν δΰναιο; Auf diese Stelle macht

Die Gestalt Helenas in der Literatur vor Isokrates

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Helenas Behauptung, sie habe mehrfach an Stricken aus ihrem Fenster zu klettern versucht, ist völlig unglaubwürdig, zumal die von ihr als Zeugen benannten Mauerwächter nicht verfügbar sind, 20 Hekabe aber das Gegenteil zu berichten weiß (1015-1019). Vor diesem Hintergrund dürfte die Replik der Sympathieträgerin Hekabe, auch wenn das Teilen ihrer Argumentation zugrundeliegende Götterbild durch die Voraussetzungen des Stücks als unzutreffend erwiesen wird, 21 das Publikum eindeutig gegen Helena eingenommen haben. Hekabe weist Helenas Versuch, die Verantwortung für ihr Handeln von sich auf die Götter zu verlagern, entschieden zurück. Die Göttinnen könnten kaum im Ernst zum Schönheitswettbewerb angetreten sein (969-982), und nicht Aphrodite habe Helenas Tun bestimmt; vielmehr sei sie aus freiem Willen, betört von der Schönheit und dem Reichtum des Paris, nach Troja gesegelt (983-1001). Während des Krieges habe sie den Menelaos nur dann gelobt, wenn dieser erfolgreich gewesen sei; im Mißerfolg habe er ihr nichts gegolten, sondern stets habe sie sich auf die Seite der jeweils siegreichen Partei gestellt (1002-1009). Aus Troja zu fliehen habe sie nie versucht, vielmehr sei sie Hekabes ausdrücklicher Aufforderung, zu den Griechen zurückzukehren, aus Liebe zum Luxus nicht gefolgt (1010-1022a). Diese Darstellung des Sachverhalts bleibt unwidersprochen. 22 Ähnlich wie in den Troerinnen erscheint Helena auch in den anderen Stücken des Euripides, die der traditionellen Version der Sage folgen, als die treulose, eitle und dem Luxus ergebene Frau, die es nicht wert ist, daß man um sie kämpft (vgl. u.a. Andr. 592-609; Нес. 265-70; Iph. A. 389f.; 397; 1169f.; Or. 97-103; 128-31; 521f.; 649f.; 1113f.; 1142; 1302-10; Cycl. 179-187; 280-284); in ein positiveres Licht rückt sie allein in der Helena, der die Sagenvariante des Stesichoros zugrundeliegt. In der Folge scheint der Name der Helena geradezu zum Schimpfwort herabgesunken zu sein: Nach einem Scholion zum platonischen Menexenos (zu 235e, p. 183 Greene = frg. 267 K.-A.) hat der Komödiendichter Eupolis in seinen Prospaltioi die unbeliebte Periklesgattin Aspasia als >Helena< bezeichnen lassen - und dies sicher nicht in der Absicht, ihr zu schmeicheln. bereits Manuwald 405f. aufmerksam. Zum Topos Braun 1982, 163 Anm. 19 u. J. de Romilly, L'excuse de l'invincible amour dans la tragedie grecque, Miscellanea Tragica in honorem J.С. Kamerbeek, Amsterdam 1976, 309-321. 2 0 Vgl. R.E. Harder, Die Frauenrollen bei Euripides, Stuttgart 1993, 245 Anm. 235. 21 Vgl. Manuwald (wie Anm. 18) 407. 2 2 Die Bedeutung der Reihenfolge der Reden wird von Lloyd 304 in einer m.E. unangemessenen Weise bagatellisiert.

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Einführung

Mit diesem schlechten >Image< bot sich Helena einem Redner wie Gorgias, der als den höchsten Zweck der Rhetorik das Überzeugen ansah, 23 als idealer Gegenstand an, um die eigene Überzeugungskunst spielerisch an einem besonders schwierigen Fall zu demonstrieren.24 In der Einleitung zu seiner Helena lobt Gorgias die Wahrheit als den »Schmuck für die Rede« (κόσμος λόγφ) und schließt daran die Forderung an den der Wahrheit verpflichteten Redner an (§ 2): »Es ist aber Sache desselben Mannes, das Notwendige richtig zu sagen und die Tadler der Helena zu widerlegen, einer Frau, von der die feste Meinung derer, die Dichtern zugehört haben, und deren Namen, der eine Erinnerung an das Unheil ist, Ruf einstimmig und einhellig ist. Ich aber möchte, indem ich meine Rede auf eine logische Argumentation gründe, die, die in schlechtem Ruf steht, vom Vorwurf befreien, ihre Tadler aber als Lügner erweisen und die Wahrheit zeigen und ihrer Unwissenheit ein Ende machen.« 25 Gorgias stellt also Helena - im Unterschied zu Isokrates - als eine verrufene, der Verteidigung bedürftige Person dar, woraus sich zwangsläufig eine stark apologetische Färbung der vom Verfasser selbst als Enkomion (§21) bezeichneten Rede ergibt. Dem Lob von Helenas Vorzügen, ihrer göttlichen Herkunft und ihrer Schönheit, widmet Gorgias mit der Begründung, den Wissenden zu sagen, was sie wüßten, finde zwar Glauben, bringe aber keine Freude (τό ... τοις εΐδόσιν α ι'σασι λέγειν πίστιν μεν εχει, τέρψιν δέ οΰ φέρει), nur wenige Zeilen (§§ 3-5); der Rest der Rede kreist um den >wunden Punkt< in ihrer Biographie: den Entschluß, Menelaos zu verlassen und Paris nach Troja zu folgen. Die Verteidigungsstrategie des Gorgias besteht darin, für Helenas Handeln nur vier mögliche Ursachen - göttlichen Willen, Gewalt, Überredung oder Liebe - zuzulassen und für jede dieser Ursachen nachzuweisen, daß sich ihnen zu widersetzen die menschliche Kraft übersteige.26 Mit dieser Beweisführung, die die für die Schuldfrage entscheidende Möglich-

23 Vgl. die im Anschluß vom platonischen Gorgias bestätigte Aussage des Sokrates Plat. Gorg. 453a2f. λέγεις 'ότι πειθούς δημιουργός έστιν ή ρητορική, και ή πραγματεία αυτής οίπασα και τό κεφάλαιον εις τοΰτο τελευτά. 2 4 Dies wird zu Recht übereinstimmend als Zweck der Gorgianischen Helena angesehen; vgl. u.a. D.M. MacDowell, Gorgias. Encomium of Helen, ed. with introduction, notes and translation, Bristol 1982, 10; Buchheit 32. 25 τοΰ δ' αύτοΰ ανδρός λέξαι τε τό δέον όρθώς και έλέγξαι τους μεμφομένους Έλένην, γυναίκα περί ής ομόφωνος και όμόψυχος γέγονεν ή τε των ποιητών άκουσάντων πίστις ή τε τοΰ ονόματος φήμη, δ των συμφορών μνήμη γέγονεν. έγώ δέ βούλομαι λογισμόν τινα τφ λόγφ δούς την μεν κακώς άκούουσαν παΰσαι της αιτίας, τους δέ μεμφομένους ψευδομένους έπιδεΐξαι, και δεΐξαί τε τάληθές και παΰσαι της άμαθίας. Text nach MacDowell. 26 Die Nachweise im einzelnen: göttlicher Wille § 6; Gewalt § 7; Überredung § § 8 - 1 4 ; Liebe §§ 1 5 - 1 9 .

Die Gestalt Helenas in der Literatur vor Isokrates

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keit, daß Helena aus eigenem Antrieb gehandelt haben könnte, von vornherein außer Betracht läßt,27 bietet Gorgias eher ein Musterbeispiel für eine trickreiche Argumentation als einen ernsthaften Rechtfertigungsversuch. 28 Daß er selbst auch nichts anderes anstrebte, bestätigen seine Schlußworte (§ 21): »Ich wollte die Rede schreiben als Lob der Helena und als Spielerei von mir.«29

27 Vgl. Braun 162. 2 8 Vgl. Gomperz 12. 2 9 έβουλήθην γράψαι τον λόγον Ελένης μέν έγκώμιον, έμόν δέ παίγνιον.

II. Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation

Dem eigentlichen Enkomion auf Helena (§§ 16-69) geht ein Proömium voraus, in dem sich Isokrates zunächst mit einer seiner Auffassung von Rhetorik widerstrebenden >Modeerscheinung< seiner Zeit auseinandersetzt (§§ 1-13): Gewisse Leute bildeten sich viel darauf ein, eine paradoxe These aufstellen und über diese in erträglicher Weise sprechen zu können (§ 1). Wäre dieser sinnlose Eifer erst kürzlich aufgekommen, würde man ihnen immerhin zugute halten können, etwas Neues erfunden zu haben. Aber bereits die Sophisten zur Zeit des Protagoras hätten viel schwierigere Thesen verteidigt und somit bewiesen, daß es leicht sei, über ein beliebiges Thema Trugreden zu verfassen (§§ 2—4). Man solle daher von dieser Art der Beschäftigung ablassen, stattdessen der Wahrheit nachgehen und die Schüler durch Erziehung und praktische Übung auf das Leben in der Polis vorbereiten, in dem Bewußtsein, daß es besser sei, über das Nützliche eine richtige Meinung als über das Unnütze ein sicheres Wissen zu besitzen (§5). Jenen Erziehern komme es aber ohnehin nur auf den Gelderwerb an, und die Eristik sei es, die auf die jungen Leute die größte Anziehungskraft ausübe. Ihnen sei zu verzeihen, da sie ihrem Alter gemäß handelten, die Lehrer aber müsse man tadeln, da sie ihren Schülern Schaden zufügten (§6-7). Sie hätten aber dem paradoxen Reden zu einem solchen Aufschwung verholfen, daß bereits einige aus ihrer Fähigkeit, derartige Reden zu halten, den Anspruch ableiteten, auch über die καλά κάγαθά sprechen zu können (§ 8). Diese Argumentation sei absurd. Wer als Fachmann auf einem Gebiet anerkannt werden wolle, müsse sich auf eben diesem Gebiet der Konkurrenz stellen (§9). Das Ausweichen auf paradoxe Themen sei ein Zeichen von Schwäche, da diese keine hohen Ansprüche an die Kompositonskunst stellten; die für das Gemeinwesen bedeutenden und glaubwürdigen Reden sowie die, die diesen ähnlich seien, seien hingegen um so viel schwieriger zu verfassen wie die Ernsthaftigkeit schwieriger sei als das Scherzen (§§ 10-11). So sei niemand, der Hummeln, Salz und ähnliches habe loben wollen, je um Worte verlegen gewesen, die aber, die über das unumstritten Gute und Schöne und durch seine Vortrefflichkeit Herausragende zu sprechen unternommen hätten, seien in ihrer Rede hinter der realen Qualität des Gegenstandes zurückgeblieben (§12). Das Geringe sei näm-

Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation

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lieh leicht mit Worten zu übertreffen, an die Größe des anderen aber sei schwer heranzureichen. Auch lasse sich über das Berühmte wenig finden, was nicht schon gesagt sei, was man aber über das Niedrige sage, sei in jedem Fall originell (§ 13).30 Die Paragraphen 14 und 15 bilden die Überleitung vom Proömium zum Hauptteil. Im direkten Anschluß an das zuvor Gesagte lobt Isokrates denjenigen, der über Helena geschrieben hat, für die Wahl seines Gegenstandes, da er eine an Herkunft, Schönheit und Ruhm herausragende Frau zu seinem Thema gemacht habe. Ein Mangel dieser Bearbeitung bestehe jedoch darin, daß der Verfasser selbst sein Werk als Enkomion bezeichne, tatsächlich aber eine Verteidigungsrede geschrieben habe (§ 14). Zwischen beiden Gattungen gebe es wesentliche Unterschiede: Zu verteidigen seien diejenigen, denen ein Unrecht vorgeworfen werde, zu loben diejenigen, die sich durch einen Vorzug auszeichneten. Um nicht andere zu kritisieren, ohne eine Probe des eigenen Könnens zu geben, will Isokrates in völlig neuartiger Form über Helena sprechen (§ 15). Mit größter Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem von Isokrates nicht namentlich benannten Vorgänger um Gorgias,31 der die allgemein als Vergehen beurteilte Tat der Helena in den Mittelpunkt seiner Schrift gestellt und Argumente zu ihrer Entlastung vorgebracht hatte. Welche Strategie Isokrates im Unterschied zu seinem Vorgänger verfolgt, kündigt sich bereits hier deutlich an: Allein die positiven Aspekte der Helena-Gestalt werden dem Leser vor Augen geführt, das Negative mit einiger Dreistigkeit gewissermaßen demonstrativ ignoriert: So schlägt Isokrates die δόξα, die in Helenas Fall ja durchaus ambivalent ist, ganz selbstverständlich ihren Qualitäten zu, und die Gattungsdifferenzierung zwischen Apologie und Enkomion suggeriert, daß Helena nicht zu den Personen zähle, die man eines Unrechts beschuldigt. 32 Diesem Prinzip untersteht das gesamte folgende Enkomion: Isokrates ignoriert konsequent den Tatbestand einer Schuldzuweisung und zollt Helena unter geschickter Ausblendung bzw. Umdeutung der für ihren schlechten Ruf ursächlichen Ereignisse sowie unter

3 0 Da auf diesen Teil des Proömiums im Zusammenhang der Gesamtdeutung der Rede (Kap. III der Einführung) noch zurückzukommen sein wird, sei auf eine detailliertere Erläuterung des Gedankengangs und eine Bestimmung seines Verhältnisses zum eigentlichen Enkomion hier verzichtet. Auch sonst ist für eine nähere Auseinandersetzung mit Einzelaspekten auf Kap. III der Einführung sowie auf den Kommentar zu verweisen. 31 Vgl. Komm, zu § 14 τον γράψαντα περί της Ελένης. 32 Vgl. auch Komm, zu § 14 και τω γένει και τφ κάλλει και τη δόξ·η und zu § 15 άπολογεΐσθαι μεν ... τινι διαφέροντας.

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Einführung

breiter Ausmalung der von Gorgias bewußt nur angedeuteten, weil hinlänglich bekannten, Qualitäten uneingeschränktes Lob. Der Aufbau der eigentlichen Lobrede folgt chronologisch Helenas Biographie: Am Anfang steht ihre Abstammung von Zeus (§§ 16-17), es folgen die Entführung durch Theseus (§§ 18-38), das Werben und der Eid der Freier (§§39-40), der Raub durch Paris (§§41-48) und der Trojanische Krieg (§§49-53). Ein Exkurs über die Schönheit (§§54-60) leitet über zu den Taten der vergöttlichten Helena (§§61-65), den Abschluß bildet ein Ausblick auf das in der Rede nicht genutzte Argument, daß Helena die Einigung der Griechen gegen die Barbaren zu verdanken sei, und die daraus sich ergebenden Möglichkeiten, Helena in wiederum neuer Form zu loben (§§ 66-69). Ein anderes, an den in §14 genannten Begriffen γένος, κάλλος und δόξα orientiertes Gliederungsprinzip meint Poulakos zu erkennen: In den Paragraphen 16-53 sei das dominierende Thema Helenas Herkunft, in den Paragraphen 54-60 ihre Schönheit und in den Paragraphen 61-66 ihr Ruhm.33 Diese Einteilung erweist sich aber bei genauerer Betrachtung als recht gezwungen. Erstens fragt es sich, ob der Abschnitt §§61-66 tatsächlich die δόξα der Helena oder nicht vielmehr ihre δΰναμις zum Gegenstand hat. Zweitens ist zweifelhaft, ob sich im Mittelteil (§§ 16-60) eine klare Grenzlinie zwischen γένος- und κάλλος-Thema ziehen läßt: Bereits ab § 18 tritt das κάλλος-Motiv in den Vordergrund (vgl. etwa τοσούτον ήττήθη του κάλλους κτλ.), aber auch das γένος-Μοϋν klingt immer wieder an (vgl. §38 την ... γεννηθεΐσαν ... ύπό Διός; §§42-44: Paris entscheidet sich für Helena, da er Schwiegersohn des Zeus werden möchte; § 53: Die Halbgötter kämpfen um die Tochter des Zeus), so daß der Abschnitt nicht eindeutig einem der beiden Themen zugeordnet werden kann. Daß die Begriffe γένος, κάλλος und δόξα für Isokrates das leitende Gliederungsprinzip bildeten, läßt sich also nicht erweisen. Vielmehr scheint es so zu sein, daß sich die thematischen Schwerpunktverlagerungen zwangsläufig aus dem chronologischen Aufbau ergeben: Am Anfang muß Helenas Herkunft stehen, im Mittelteil, der von ihrem irdischen Leben erzählt, dominiert ihre hervorstechende körperliche Eigenschaft, die Schönheit, während die vergöttlichte Helena nicht wegen ihrer Schönheit zu bewundern, sondern wegen ihrer Macht zu ehren ist.

33 Poulakos 6.

Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation

23

Betrachten wir nun die Argumentation des Isokrates im einzelnen:

Helenas göttliche Abstammung

(§§16-17)

An den Anfang seiner Lobrede stellt Isokrates Helenas Herkunft: >Als einzige Halbgöttin durfte sie ihren Erzeuger Zeus >Vater< nennen. Dieser hat unter seinen Lieblingen, dem Sohn der Alkmene und den Kindern der Leda, Helena so sehr dem Herakles vorgezogen, daß er jenem Kraft verlieh, die über alles gebietet, dieser aber Schönheit, die sogar über die Kraft zu herrschen vermag (§ 16). Um beiden, Herakles und Helena, zu ewigem Ruhm zu verhelfen, machte Zeus das Leben des Herakles gefahrvoll, den Körper der Helena zum Objekt des Kampfes (§ 17).Der erste, der Helenas unwiderstehlicher Schönheit erlag, war Theseus. Obwohl er Reichtum und Macht besaß, schien ihm sein Leben nichts wert zu sein ohne sie (§ 18). Als man ihm Helena nicht freiwillig zur Frau gab, da sie noch nicht im heiratsfähigen Alter war, raubte er sie ohne Rücksicht auf die Gefahr aus Sparta (§ 19), und seine Dankbarkeit für die Mithilfe des Peirithoos bei dieser Tat war so groß, daß er ihn zur Vergeltung sogar in den Hades begleitete, um ihn bei der Werbung um Kore zu unterstützen (§20).
Standardversion< der Sage rekonstruieren, die im Vergleich mit der isokrateischen Fassung deren Eigentümlichkeiten sichtbar machen kann.

34 Hier wie an den folgenden mit einfachen Anführungszeichen markierten Stellen ist eine Paraphrase, keine Übersetzung des Textes gegeben. 35 Vgl. Komm, zu § 18 και πρώτον μεν Θησεΰς ... .

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Einführung

Nach dieser Standardversion kommen Theseus und Peirithoos bereits mit dem festen Vorsatz, Helena zu entführen, nach Sparta. Ausschlaggebend für den Entschluß war weniger Helenas Schönheit als der Wunsch, mit den Dioskuren verwandt (so Pindar frgg. 243 u. 258 S.-M.) bzw. mit einer Tochter des Zeus verheiratet zu sein (Apollod. epit. 1,23). Theseus steht nicht von vornherein als >Besitzer< der Helena fest, sondern man beschließt nach dem Raub, um die Beute zu losen, wobei sich beide Partner verpflichten, im Falle eines Sieges dem Verlierer beim Raub einer Frau seiner Wahl behilflich zu sein (Diod. 4,63,3; Plut. Thes. 31,2). Das Los entscheidet zu Theseus' Gunsten, und er gibt Helena in die Obhut seiner Mutter Aithra nach Aphidna, während er selbst seinem Versprechen gemäß Peirithoos in den Hades begleitet (Diod. 4,63f.; Plut. Thes. 31,3f.). In Abwesenheit des Theseus befreien die Dioskuren Helena und nehmen Aithra als Kriegsgefangene (Diod. 4,63,5; Apollod. epit. 1,23). Die Darstellung des Isokrates weist folgende für sein spezifisches Argumentationsinteresse bezeichnende Abweichungen auf: 1) Theseus faßt den Entschluß, Helena zu rauben, erst, als er ihrer leibhaftig ansichtig wird, und begeht seine Tat unter dem überwältigenden Eindruck ihrer Schönheit (ίδών αυτήν ... τοσούτον ήττήθη του κάλλους ... ώστε ... βίςι λαβών αυτήν είς "Αφιδναν ... κατέθετο; ähnlich Ον. epist. 16,149ff.). Das Motiv des Losens um die >Beute< hat in dieser emotional geprägten Version keinen Platz. Indem Isokrates den Raub als einen Akt der Leidenschaft interpretiert, erreicht er zweierlei: Zum einen wird die Entführung selbst zum eindrucksvollen Beweis für Helenas Schönheit, zum anderen erscheint Theseus nicht als ein kaltblütiger Abenteurer, der sich aus Prestigegründen zu einem Verbrechen versteigt, sondern als ein von Liebe überwältigter Held, dessen Sehnsucht nach dem Schönen stärker ist als sämtliche Hindernisse. Somit fällt der geringstmögliche Schatten auf seine moralische Integrität, und seine Autorität als κριτής der Helena (vgl. § 38) bleibt gewahrt. 2) Von einem Versuch des Theseus, zunächst auf >legalem WegeWie kann man einer Frau das Lob versagen, der solche Tugend und Besonnenheit erlag? Denn man wird kaum einen besseren Zeugen für Helenas Vorzüge finden als das Urteil des Theseus. Um aber nicht den Eindruck entstehen zu lassen, es mangele an Argumenten und Helena lasse sich nur unter Berufung auf die Meinung eines einzigen Mannes preisen, sollen weitere Beweise angeführt werden (§ 38).
alten< Demokratie des Solon und des Kleisthenes 7,27: »Und wie könnte einer wohl eine stabilere oder gerechtere Demokratie finden als diese, die die Fähigsten in die Regierung beruft, über eben diese aber das Volk zum Herrn macht?« (καίτοι πώς αν τις εΰροι ταύτης βεβαιοτέραν η δικαιοτέραν δημοκρατίαν της τους μέν δυνατωτάτους έπι τάς πράξεις καθιστάσης, αύτών δέ τούτων τον δήμον κύριον ποιούσης;).

Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation

Helena und Paris

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(§§39-48)

Die Erzählung schließt mit der Wiederaufnahme der Katabasis des Theseus unmittelbar an den Punkt an, an dem sie nach § 20 unterbrochen worden war: >Nachdem Helena nach dem Abstieg des Theseus in den Hades nach Sparta zurückgekehrt war, haben alle damaligen Machthaber um sie gefreit, obgleich sie in ihren eigenen Städten die vornehmsten Frauen hätten heiraten können (§ 39). Da Konflikte abzusehen waren, leisteten sie, noch bevor der künftige Gatte der Helena bestimmt war, einen gemeinsamen Schwur, diesem beizustehen, falls ihm Helena geraubt würde, wobei jeder glaubte, selbst derjenige zu sein, dem dieser Schwur zugute kommen werde (§ 40). In dieser Hoffnung wurden alle bis auf einen enttäuscht, die allgemeine Einschätzung aber bestätigte sich. Als nämlich Paris zum Richter im Schönheitswettbewerb der Göttinnen bestimmt wurde, entschied er sich für die von Aphrodite in Aussicht gestellte Belohnung, den Besitz der Helena. Paris traf diese Wahl jedoch nicht mit Blick auf die Lust, sondern er wollte auf diese Weise Schwiegersohn des Zeus werden, in der Meinung, eine solche Ehre sei im Unterschied zur Herrschaft über große Reiche, die zuweilen auch den Schlechten zufalle, einzigartig und überdies als ein unvergänglicher Wert die schönste Erbschaft, die er seinen Nachfahren hinterlassen könne (§§41-44). Den unverständigen Kritikern des Paris ist entgegenzuhalten, daß die Göttinnen in einer so wichtigen Angelegenheit wohl nur den Besten zum Schiedsrichter erkoren haben dürften (§ 47). Die Entscheidung des Paris für die schöne Helena ist dadurch legitimiert, daß die Göttinnen selbst die Schönheit nachweislich für so wichtig hielten, daß um sie ein Wettstreit entbrannte (§ 48).< Dieser Abschnitt der Rede verdient insofern besondere Beachtung, als Isokrates hier das Ereignis, auf das sich Helenas schlechter Ruf gründet, mittels einer Kombination von Vertuschung und Verfälschung ihrem Lobe dienstbar macht. 1) Durch die direkte Überleitung von der Vorahnung des Raubes zum Raub selbst (§41) werden Helenas erste Ehejahre mit Menelaos in der Erzählung >übersprungenReinheit< der Gattung bleibt auch an diesem schwierigen Punkt gewahrt. 3) Isokrates entwirft ein geradezu grotesk verzerrtes Bild des Paris. Während dieser nämlich in der llias als verweichlichter orientalischer Schönling dargestellt wird, 42 dessen Stärken weniger im Kampf als in der Verführung von Frauen liegen 43 und dem Ruhm offenbar nicht so viel bedeutet, daß er sich nicht unmittelbar nach einem unehrenhaft verlorenen Zweikampf der Befriedigung seiner Lust widmen könnte, 44 streitet Isokrates ausdrücklich ab, daß hedonistische Beweggründe bei der Entscheidung für Helena eine Rolle gespielt haben, und unterstellt Paris stattdessen streng rationale Erwägungen, die von beachtlichem Weitblick zeugen und auffällige Ähnlichkeiten mit den von Isokrates selbst postulierten Maximen aufweisen 45 Gegen die Kritiker des Paris führt Isokrates ins Feld, daß es ein unverkennbarer Beleg für dessen herausragende γνώμη sei, als Mensch in einer so wichtigen Angelegenheit von den Göttinnen zum Richter berufen worden zu sein. Ginge seine Wahl auf den gemeinsamen Willen der streitenden Parteien zurück, so wäre dies in der Tat ein Indiz für das Vertrauen in seine Urteilskraft. Die übliche Version des Mythos ist jedoch eine andere:46 Zeus beschließt nach gemeinsamer Beratung mit Themis den Trojanischen Krieg, um der Überbevölkerung der Erde ein Ende zu setzen. In seinem Auftrag provoziert Eris bei der Hochzeit des Peleus und der Thetis zwischen Hera, Athene und Aphrodite einen Streit darüber, wer von ihnen die Schönste sei. Zeus läßt die Göttinnen von Hermes auf den Ida führen, wo Paris das 42 Zu Unstimmigkeiten in der Charakterzeichnung vgl. Wüst, RE 1487ff. 43 Vgl. II. 3,30-57, bes. den Tadel Hektors V. 39 Δύσπαρι, είδος άριστε, γυναιμανές, ήπεροπευτά. 4 4 Vgl. II. 3,437^47. 45 Vgl. Komm, zu §43 και φαύλοις άνθρώποις ποτέ παραγίγνεσθαι u. ούδέν αν κτήμα κάλλιον καταλιπεΐν τοις παισίν. 46 Die früheste zusammenhängende Erzählung des Paris-Urteils findet sich in den Kyprien (vgl. die Inhaltsangabe bei Proklos, kypr., p. 38ff. Bernabe = p. 30ff. Davies).

Die Helena des Isokrates. Aufbau, Inhalt und Argumentation

31

Urteil sprechen soll. Nachdem alle drei versucht haben, ihn durch Versprechungen zu bestechen, entscheidet Paris schließlich zugunsten der Aphrodite, die ihm die Ehe mit Helena angeboten hat. Er entführt Helena nach Troja und gibt damit - dem Plan des Zeus gemäß - den Anlaß zum Trojanischen Krieg. Paris wurde also der Sage nach nicht von den Göttinnen selbst, sondern von Zeus zum Richter bestimmt,47 woraus sich eine ganz andere Deutung ergibt: Paris ist in erster Linie der ahnungslose Erfüllungsgehilfe des Planes des Zeus, der sich für seine Aufgabe nicht durch besondere Qualitäten, sondern durch seine berechenbare menschliche Schwäche empfiehlt, die ihm erstens ein sachliches Urteil unmöglich macht und ihn zweitens dazu verleitet, sich unter den dargebotenen Geschenken für das im Sinne des Zeus >richtige< zu entscheiden. Warum sich Isokrates durch die Manipulation des Mythos um eine positive Darstellung des Paris bemüht, liegt auf der Hand: Paris muß, wie Theseus, zu einer sittlichen Autorität stilisiert werden, um als glaubwürdiger Zeuge für Helenas Qualitäten angeführt werden zu können.

Der Trojanische Krieg

(§§49-53)

Wiederum durch eine geschickte Überleitung gelingt es Isokrates, die für sein Argumentationsziel problematischen Ereignisse zwischen dem ParisUrteil und dem Trojanischen Krieg - den Beginn der Liebschaft zwischen Paris und Helena, den Bruch des Gastrechts durch Paris sowie die letztlich durch Helena verschuldete Opferung der Iphigenie in Aulis - unauffällig in der Erzählung zu >unterschlagenWer aber hätte wohl die Verbindung mit Helena verschmäht, deren Verlust die Griechen so sehr traf, als wäre ihr ganzes Land verwüstet worden, und auf deren Gewinn die Barbaren so stolz waren, als hätten sie alle Griechen besiegt? Der verbissene Siegeswille beider Kriegsparteien und die Heftigkeit der Auseinandersetzung sind ein deutlicher Beleg für den unschätzbaren Wert des Streitobjekts: Griechen wie Barbaren haben lieber Tod und Zerstörung erlitten als freiwillig auf Helena zu verzichten, deren Gegenwart sie als Garantie für das Wohlergehen ihres jeweiligen Landes ansahen (§§49-51). Sogar die Götter schickten ihre Söhne in den Kampf, weil sie meinten, es sei besser, für die Tochter des Zeus zu sterben, als ohne Beteiligung an diesem Krieg, der sogar die Gigantomachie übertraf, zu leben (§§ 52-53).
Schönheit< für >Helene< « einsetze:79 Der Schönheit müßten die Reichen und Weisen dienen, und durch die Schönheit habe die »hellenische Cultur ... die Barbarei... bezwungen«.80 Die Schwächen dieser Allegorese liegen auf der Hand: Wie ist es zu verstehen, daß Athen, verkörpert durch Theseus, die ideale Schönheit, verkörpert durch Helena, widerrechtlich entführen mußte und sie nach kurzer Zeit wieder verlor? Warum muß der athenische Zuhörer zur Nachahmung des Theseus aufgefordert werden, wenn Theseus das athenische Volk repräsentiert? Wie kann ausgerechnet Paris als Symbol der Weisheit gedeutet werden? Darf man ernsthaft annehmen, daß Isokrates den Trojanischen Krieg als einen Kampf um die ideale Schönheit ansah? Warum wird die Schönheit als Abstraktum in den Paragraphen 54-58 separat behandelt, wenn sie das eigentliche Thema der gesamten Rede ist? Bestand das Vergehen des Stesichoros darin, die Schönheit nicht erkannt zu haben, und wurde er dafür von der Schönheit selbst bestraft? Einer starren Gleichsetzung der Helenagestalt mit dem abstrakten Begriff der Schönheit widersetzt sich die Rede also ganz offensichtlich. Christoph Eucken hebt sich in einem wesentlichen Punkt von Thiele ab, indem er betont, die Figur der Helena sei »keine Allegorie, als wäre der Name mit dem abstrakten Begriff auszuwechseln.«81 Gleichwohl betrachtet auch er sie nur als eine Art von Medium, das das eigentliche Thema der Rede transportiert: Isokrates gebe Helenas »Gestalt und Geschichte die Funktion, durchgehend das Wesen von Schönheit darzustellen.« 82 Von 74 75 76 77 78 79 80 81 82

Thiele 255f. Thiele 256. Ebd. Ebd. Thiele 257. Ebd. Ebd. Eucken 94. Ebd.

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Einführung

den in § 14 genannten Qualitäten der Helena, γένος, κάλλος und δόξα, trete im Folgenden besonders die Schönheit in den Vordergrund. In § 16 werde mit der Schönheit »die für Helena und ihre Geschichte bestimmende Wesenheit« genannt und generell charakterisiert als »der Stärke an Macht überlegen.«83 Zudem werde durch die Vaterschaft des Zeus das Motiv der »Nähe des Schönen zur Welt der Götter« angeschlagen.84 Letztere Deutung ist fragwürdig, da Zeus, wie seiner Tochter Helena Schönheit, so seinem Sohn Herakles Stärke gegeben hat, so daß das Schöne allein durch die Vaterschaft des Zeus der Welt des Göttlichen nicht näher steht als das Starke. Der Theseus-Exkurs dient nach Eucken nicht nur dem Helena-Lob, »sondern vor allem auch dazu, das grundsätzliche mit ihr verbundene Thema weiter zu explizieren«85. So werde durch die Formulierung, daß Theseus >der Schönheit unterlagt neben der persönlichen Wirkung der Helena »auch diejenige der allgemeinen Wesenheit dargestellt.«86 Wenn auch Isokrates die gewaltsame Entführung nicht gänzlich billige, zeige sich dennoch, daß »das Sinnlich-Schöne ... für den Helden und damit unter dem Maßstab menschlicher Vorbildlichkeit, ein hoher Wert« sei.87 Erstens aber ist zweifelhaft, ob man allein daraus, daß Isokrates ήττήθη τοΰ κάλλους (§ 18) anstelle von ήττήθη τοΰ κάλλους αυτής schrieb, auf die Absicht schließen darf, hinter Helena die Schönheit als Abstraktum erkennen zu lassen. Zweitens stellt sich die grundsätzliche Frage, was selbst dann, wenn Isokrates eindeutig die Wirkung der Schönheit als abstrakter Wesenheit beschreibt (so z.B. § 16), dazu berechtigt, darin den eigentlichen Zweck der Rede zu sehen. Viel näher liegt es doch bei unvoreingenommener Betrachtung, daß das Lob der Schönheit als Mittel zum Lob der Helena dient, die diese Eigenschaft in höchstem Grade verkörpert.88 Für die Annahme des umgekehrten Verhältnisses und für die daraus von Eucken abgeleitete Folgerung, Isokrates stelle nicht in erster Linie Helenas Qualitäten im Spiegel der Reaktion des Theseus dar, sondern bekenne sich allgemein zum hohen Wert des Sinnlich-Schönen, spricht ohne zwingendere Signale im Text nichts.

83 Eucken 82. 84 Ebd. 85 Ebd. 86 Ebd. 87 Eucken 83. 88 Vgl. § 54, wo das Lob der Schönheit als Erklärung und Rechtfertigung fllr das Verhalten sowohl der Trojakämpfer als auch des Isokrates selbst eingeführt und damit in den Dienst des Helena-Lobs gestellt wird.

Die Helena des Isokrates. Das Problem ihrer Deutung

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Noch problematischer ist Euckens Deutung der Paris-Episode: Zwar habe es zunächst den Anschein, als gründe Paris' Entscheidung allein auf dem Wunsch, mit Zeus verwandt zu sein, doch zeige der Abschluß der Erzählung (§ 48), »daß seine Wahl letztlich auf die Schönheit bezogen ist.«89 Wie in der Theseus-Geschichte (§ 18) stehe auch hier für Helena der allgemeine Begriff der Schönheit.90 Ausschlaggebend für die Wahl des Paris sei die Schönheit gewesen, »die zugleich Ausdruck göttlicher Abkunft war.« 91 Indem von einer καλλίων τιμή und von einem κτήμα κάλλιον (§ 43) gesprochen werde, werde »in entsprechend erhöhender Perspektive das Sinnlich-Schöne mit dem Sittlich-Schönen in nahe Beziehung gebracht.« 92 Mit der Bemerkung, Paris habe sich für Helena entschieden, ohne auf die Lust zu sehen (§ 42), trenne Isokrates, in Opposition zu Piaton und Antisthenes, den Bereich des Schönen von dem der Lust und weise ersterem einen höheren Rang zu. 93 - Der Text wird hier nicht mehr nur überinterpretiert, sondern gewissermaßen gegen den Strich gelesen. Das vom Mythos nahegelegte und allgemein anerkannte Motiv für Paris' Entscheidung ist Helenas Schönheit. Es überrascht daher, daß Isokrates diese Vorlage nicht aufnimmt, sondern zunächst ausschließlich genealogische Gesichtspunkte für die Wahl des Paris verantwortlich macht und die Schönheit am Schluß (§ 48) eher beiläufig als ein Kriterium erwähnt, das zu berücksichtigen keine Schande ist. Die Interpretation, Isokrates stelle die Entscheidung des Paris als »letztlich auf die Schönheit bezogen« hin, verkehrt daher die tatsächliche Gewichtung der Motive. Isokrates ist im Gegenteil offenkundig so sehr daran gelegen, die Schönheit als ausschlaggebendes Moment in den Hintergrund zu drängen, daß er Paris stattdessen Erwägungen unterstellt, die jeglicher Konvention zuwiderlaufen. Hätte Isokrates, wenn er die sinnliche Schönheit als solche hätte loben wollen, einen Mythos, der sich in seiner ursprünglichen Fassung perfekt dazu eignete, in dieser Weise verändert? An der Gestaltung der Paris-Episode läßt sich somit besonders deutlich ablesen, daß die Schönheit nicht der eigentliche Gegenstand des Enkomions ist.94 Bezieht man das Lob hingegen auf

89 Eucken 83f. 90 πώς δ' ουκ αν ή ν ανόητος, εί τους θεούς είδώς περί κάλλους φιλονικοΰντας αύτός κάλλους κατεφρόνησεν...; 91 Eucken 84. 9 2 Ebd. 93 Ebd. 94 Auch die im einzelnen von Eucken vorgebrachten Argumente sind nicht schlagend. Der Sinngehalt des >Standardadjektivs< καλός in § 4 3 wird doch wohl Uberbewertet, und die Verwendung des abstrakten Begriffs κ ά λ λ ο ς hat ihren einfachen Grund darin, daß nur so der Vergleich mit dem Streitobjekt der Göttinnen mög-

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Einführung

Helena, so wird das Vorgehen des Isokrates verständlich: Um Paris als glaubwürdige Autorität für Helenas Qualitäten aufbieten zu können, muß dieser von dem Verdacht gereinigt werden, in haltloser orientalischer Genußsucht allein das sinnliche Vergnügen gesucht zu haben. 95 In der Behandlung des Trojanischen Krieges (§§49-53) tritt das Schönheitsmotiv kaum in Erscheinung. Eucken verweist jedoch auf die enge Verbindung zwischen diesem Abschnitt und dem folgenden Lob der Schönheit, durch das »auch die freudige Bereitwilligkeit der Streiter um Helena« erläutert werde. 96 Daß Isokrates das Lob der Schönheit ausdrücklich als Begründung und Legitimation für die Verehrung der Helena einführt, zeigt aber gerade, daß es nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Lob der Helena ist. 97 In konsequenter Durchführung seines Ansatzes betrachtet Eucken das Lob der Schönheit »als Fortführung des Themas, das zuvor im Gewand mythischer Erzählung verhüllt behandelt worden war«, 98 und zieht daraus Rückschlüsse auf die philosophischen Überzeugungen des Isokrates. So werde, indem »das Ansehen der Tugend daraus abgeleitet wird, daß sie die schönste Betätigung ist, ... die Geltung des Moralischen aus dem Ästhetischen begründet.« 99 Durch den nach dem Sinnlich-Schönen strebenden ερως werde der Mensch zum Moralisch-Schönen geführt, wie die auffällige Verwendung desselben Begriffs ερως in bezug auf die Trojakämpfer (§ 52) signalisiere. 100 Gegen die innere Logik der Argumentation ist wenig einzuwenden, 101 gleichwohl erzeugt die Belastung vereinzelter, recht unscheinbar anmutender Aussagen mit derart sinnschweren Deutungen ein gewisses Unbehagen, zumal man gedankliche Parallelen, die Euckens Interpretation stützen könnten, im Werk des Isokrates vergeblich sucht. Vielmehr scheint das Sinnlich-Schöne und sein Verhältnis zum MoralischSchönen Isokrates ansonsten überhaupt nicht beschäftigt zu haben, was es wenig wahrscheinlich macht, daß ausgerechnet diesem Thema mit der Helena eine ganze Schrift gewidmet sein sollte. So empfiehlt es sich, das

lieh ist (zur Logik der Argumentation vgl. Komm, zu § 48 περί κάλλους φιλονικοΰντας ... κάλλους κατεφρόνησεν). 95 Vgl. auch Einführung, Kap. II, S. 30f. 96 Eucken 85. 97 Vgl. oben, Anm. 88 und Einführung, Kap. II, S. 32ff. 98 Ebd. 86. 9 9 Eucken 85. 100 Eucken 86. 101 Es ließe sich allenfalls fragen, ob der ερως των πόνων και της στρατείας ohne weiteres mit dem Streben nach dem Moralisch-Schönen gleichgesetzt werden kann.

Die Helena des Isokrates. Das Problem ihrer Deutung

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Lob der Schönheit als das zu verstehen, als was es Isokrates in § 54 ankündigt: als eine Begründung für Helenas Begehrtheit und Lobenswürdigkeit. 102 Daß der Begriff der Schönheit im Folgenden (§§ 61-69) nicht mehr begegnet, erklärt Eucken damit, daß Helena mit der Erhebung zur Göttin zur »Vertreterin der Wesenheit« werde, »an der sie im irdischen Leben in höchstem Maße Anteil hatte.« 103 Unter verschiedenen Aspekten werde ihre Macht, d.h. die Macht der Schönheit, veranschaulicht. Indem Isokrates, abweichend von der mythologischen Vorlage, Helena die Vergöttlichung ihrer Brüder herbeiführen lasse und deren Erscheinen nicht als Teil der erflehten Hilfeleistung, sondern als deren Voraussetzung darstelle, lasse er »das Wesen Helenas und das der Schönheit ... als die für die fromm Verehrenden rettende Kraft« erscheinen. 104 Dem steht im Wege, daß nicht Helena, sondern die Dioskuren, deren Verbindung mit dem Wesen der Schönheit nicht evident ist, die rettende Kraft verkörpern und Objekte der Verehrung sind. Die Stesichoros-Legende spiegle die Bedeutung der Schönheit für die Dichtung wider: »Als der dichterischen Wahrnehmung beraubt erscheint, wer sie in ihrer höchsten Repräsentation nicht anerkennt.« 105 Dies entspricht jedoch nicht der Chronologie der Ereignisse. Wenn die physische Blindheit für den Verlust der dichterischen Wahrnehmung steht, so hätte Stesichoros bei der Abfassung der Schmähung blind sein müssen, bei der Abfassung des Widerrufs hingegen sehend. Tatsächlich aber wurde er für das, was er sehend schuf, mit Blindheit gestraft, für das, was er blind schuf, mit der Wiedergewinnung der Sehkraft belohnt. 106 Die abschließende Aufforderung, Helena mit Geschenken zu ehren, erklärt sich nach Eucken aus der Bedeutung ihrer Gestalt: »Sowohl Reichtum wie Literatur bedürfen der Schönheit und somit ihrer Gunst.« 107 Zum einen leuchtet nicht ein, warum Reichtum der Schönheit bedarf, zum anderen ist die Aufforderung nicht ausschließlich an die Reichen und an die

102 Dabei muß die Beweisführung, wie auch an anderen Stellen, nicht immer ernst genommen werden (vgl. Einführung, Kap. II, S. 34). So scheint mir auch die Bezeichnung der άρετή als κάλλιστον των έπιτηδευμάτων eher ein sophistisches Spiel mit der sowohl sinnlichen als auch sittlichen Bedeutung des Adjektivs zu sein (vgl. Komm, zu § 54 κ ά λ λ ι σ τ ο ν ) als eine Begründung des Moralischen aus dem Ästhetischen. 103 Eucken 87f. 104 Eucken 88. 105 Ebd. 106 Vgl. Sider 425. 107 Eucken 91.

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Philosophen gerichtet, sondern beide Gruppen stehen exemplarisch für verschiedene Arten der Verehrung mit dem Ziel, die von Isokrates selbst gewählte Form als die seiner >Zunft< angemessene und materiellen Gaben äquivalente auszuweisen. Mit welcher Begründung Eucken aus der Weihung der Rede als >Erstlingsgabe< folgert, es gehe »letztlich um die Schönheit der Redekunst«, 108 wird nicht recht klar. Dasjenige, was man der Schönheit zum Geschenk macht, muß schließlich nicht notwendig in Zusammenhang mit dem stehen, wofür man sich Schönheit erbittet. Der Epilog (§§ 67-69), in dem das Schönheitsmotiv scheinbar ganz von der politischen Thematik verdrängt werde, sei eine Vorbereitung auf den Panegyrikos: Wie Helenas Schönheit eine politische Wirkung gehabt habe, so solle auch die im Panegyrikos realisierte sprachliche Schönheit auf die aktuelle politische Situation wirken. 109 Die einzige Rede, auf die vorausgewiesen wird, ist aber ein mögliches weiteres Lob der Helena durch andere. Von der Ankündigung eines eigenen Projekts findet sich keine Spur. Euckens Interpretation ist unter denjenigen, die eine verborgene Bedeutung des Hauptteils annehmen, zweifellos die am sorgfältigsten durchdachte und in sich schlüssigste. Gleichwohl vermag sie nicht zu überzeugen, da - im Text selbst nichts zwingend für sie spricht - die Paris-Episode eindeutig gegen sie spricht - die sich aus ihr ergebenden Rückschlüsse auf Isokrates' Philosophie keinerlei Bestätigung im Gesamtwerk des Isokrates finden.110

108 Ebd. 109 Eucken 93. 110 Wir haben die Betrachtung darauf beschränkt, Euckens Deutung an dem Text zu überprüfen, den Isokrates bietet. Man könnte darüber hinaus die, zugegebenermaßen spekulativere, Frage stellen, warum Isokrates auf bestimmte Motive nicht zurückgegriffen hat. Zu denken wäre beispielsweise an die berühmte Legende, der fest zur Hinrichtung der Helena entschlossene Menelaos habe bei ihrem Anblick das gezückte Schwert sinken lassen (vgl. Ibykos frg. 296 Davies; Ilias Parva frg. 19 Bernabe = frg. 19 Davies; Aristoph. Lys. 155f. u. Eur. Andr. 627-31). Kaum eine Szene aus dem Sagenkreis um Helena dürfte geeigneter sein, die Macht der Schönheit zu veranschaulichen. Betrachtete man dies mit Eucken als das eigentliche Ziel der Schrift, hätte die Episode kaum fehlen dürfen. Sie fehlt, weil es Isokrates auf das Lob der Helena ankam und der Zorn des Menelaos unbequeme Fragen aufgeworfen hätte.

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с) Die Helena als Lob der Beredsamkeit Offenbar ohne Euckens Arbeit zu kennen, entwickelt John Poulakos einen dort bereits angedeuteten Gedanken weiter: Der eigentliche Gegenstand des Enkomions sei die Schönheit der Redekunst wie sie Isokrates praktiziere. Proömium und Hauptteil bildeten insofern eine Einheit, als der Hauptteil einen unmittelbaren Bezug zu der im Proömium beschriebenen historischen Situation habe. Zur Zeit des Isokrates habe sich die ehemals bestehende Verbindung von φιλοκαλεΐν und φιλοσοφείν 111 zu einer Dichotomie entwickelt: Das φιλοκαλεΐν sei zu dem im Proömium angeprangerten Reden über unwürdige Gegenstände verkommen, das φιλοσοφείν zu eristischen Haarspaltereien.112 Isokrates wende sich in der Helena gegen die vor allem von Piaton vorangetriebene Entartung des φιλοσοφείν und werbe für ein richtig verstandenes φιλοκαλεΐν, indem er nicht nur eine praktische Demonstration seiner Redekunst, sondern im Gewand des Mythos auch eine theoretische Beschreibung seines Erziehungprogramms gebe.113 Dabei liege folgende Analogie zugrunde: »Just as Helen was a beautiful woman who unified the Greeks for the better, so too eloquence is beautiful discourse designed to influence positively the outcome of human affairs.«114 Wie Helenas Schönheit Theseus' Stärke überwunden habe, so könne die Beredsamkeit physische Kraft bezwingen; wie es viel Zeit brauchte, Helena zurückzugewinnen, so brauche es Zeit, die Rhetorik zu erlernen; wie Menelaos für seine Mühen Dank erfuhr, so werde der Schüler der Rhetorik belohnt werden.115 Poulakos' Ansatz ist zunächst einmal entgegenzuhalten, daß eine Dichotomie zwischen φιλοσοφείν und φιλοκαλεΐν in der Realität nicht existierte, bzw. daß die existierende, durch die Antipoden Piaton und Isokrates vertretene Rivalität zwischen Philosophie und Rhetorik, an die Poulakos zu denken scheint, mit den Begriffen φιλοσοφείν und φιλοκαλεΐν nicht zutreffend charakterisiert ist. Weder vollzieht Piaton eine Abkehr vom Schönen zum rein Intellektuellen noch umgekehrt Isokrates vom Intellektuellen zum rein Ästhetischen. Die Pole, die den Gegensatz zwischen dem platonischen und dem isokrateischen Erziehungsprogramm konstituieren, sind vielmehr die Orientierung am praktisch Nützlichen hier und 111 112 113 114 115

Die Begriffe sind der Periklesrede Thuk. 2,40,1 entlehnt. Poulakos 9f. Poulakos lOf. Poulakos 11. Poulakos 13.

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das Streben nach theoretischer Erkenntnis dort. 116 Ferner würde man wohl erwarten, daß eine solche für das Verständnis der gesamten Schrift grundlegende Dichotomie im Proömium als dem dafür prädestinierten Ort entfaltet oder zumindest angedeutet wird. Dies ist nicht ersichtlich und wird auch von Poulakos nicht nachgewiesen. Wenn aber die Verbindung zwischen dem Begriff des Schönen und der von Isokrates praktizierten Rhetorik weder als selbstverständliche Assoziation im Bewußtsein der Zeitgenossen vorausgesetzt werden kann noch explizit von Isokrates hergestellt wird, ist zu fragen, wie ein Leser eine auf dem tertium comparationis der Schönheit basierende Analogie zwischen Helena und der isokrateischen Redekunst erkennen soll. Auch Poulakos' Versuch, seine Theorie am Beispiel des Theseus-Exkurses zu erhärten, vermag nicht zu überzeugen. In der Bemerkung, die Taten des Herakles seien ohne Nutzen (§ 24), erkennt er eine Parallele zum Tadel an den Eristikern und sieht deshalb in Herakles den »eristic discourse« verkörpert, dem in der Person des Staatslenkers Theseus »political rhetoric« gegenübergestellt werde.117 Helena wiederum, die durch ihre Schönheit wirke, stehe für den »eloquent discourse«.118 Dieselbe Dreiteilung der Redearten meint Poulakos im Proömium wiedererkennen zu können. Der »eristic discourse« werde in den Paragraphen 1-4 und 6-7 beschrieben, der »practical discourse« in § 5 und § 9, der dem Schönen zugewandte epideiktische »eloquent discourse« in den Paragraphen 11-12. 119 Der Theseus-Mythos bringe die drei Redearten in eine Rangordnung, indem die politische Rede (Theseus) als der eristischen Rede (Herakles) und die epideiktische Rede (Helena) als der politischen Rede überlegen dargestellt werde.120 Abgesehen davon, daß die Zuweisung der Redearten an die mythologischen Figuren alles andere als zwingend ist, läßt sich die Dreiteilung so nicht auf das Proömium projizieren. Isokrates unterscheidet dort nur zwei Arten von Reden: Solche, die paradoxe Themen behandeln und weder praktischen Nutzen noch künstlerischen Wert haben, und solche, die würdige Gegenstände behandeln und eine Kunstfertigkeit verraten, die auch zur praktisch nutzbringenden politischen Rede befähigt. Folgte man Poulakos' Analogie, so würde in der Person der Helena die epideiktische Rede insgesamt, d.h. einschließlich der im Proömium getadelten Enkomien auf unwürdige Gegenstände, gelobt - was einen textinternen Widerspruch 116 117 118 119 120

Vgl. Papillon 380f. Poulakos 13. Poulakos 14. Ebd. Poulakos 15.

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zwischen Proömium und Hauptteil bedeutet - und dem Genos epideiktikon der Primat vor der politischen Rede eingeräumt - was sämtlichen Selbstaussagen des Isokrates außerhalb der Helena widerspricht. 121 So wird auch durch das Ergebnis offensichtlich, daß der Ansatz falsch gewählt ist. Der Einsicht, daß sich der Hauptteil einer allegorischen Auslegung widersetzt und sich allein unter dem Aspekt des Helena-Lobs zu einem geschlossenen Ganzen fügt, ist in der Forschung eine Rückbesinnung auf die Frage gefolgt, inwieweit und ob überhaupt ein Widerspruch zwischen dem Proömium und dem Helena-Lob besteht.

2. Der Hauptteil als praktische Realisierung der im Proömium formulierten Theorie Eine Teilkapitulation vor dem Dilemma stellt der letztlich auf das Dictum des Aristoteles zurückgehende Vorschlag von Günther Heilbrunn dar. Das Proömium zerfalle in zwei Teile: einen Angriff gegen die Eristiker (§§ 1-7) und einen Angriff gegen die Redner (§§ 8-13). Der erste Teil, der die mit dem Gegenstand des Enkomions nicht zu vereinbarende Forderung nach dem praktischen Nutzen der Erziehung für das politische Leben enthalte, sei ein nachträglich, möglicherweise als Reaktion auf den platonischen Euthydem, hinzugefügtes έπάγγελμα. Der zweite Teil betreffe hingegen nicht die erzieherische, sondern die rhetorische Praxis, und von der Rhetorik verlange Isokrates nicht Nützlichkeit, sondern die Konzentration auf würdige Themen. Da er selbst mit Helena ein solches Thema gewählt habe, erfülle das Enkomion die im zweiten Teil des Proömiums geweckten Erwartungen. 122 Aber genau das ist das eigentliche Problem: Ist Helena ein würdiges Thema? Da Heilbrunn diese Frage nicht stellt, geschweige denn diskutiert, führt seine Theorie keinen Schritt weiter. Auch für sich betrachtet ist die Annahme eines aus zwei voneinander unabhängigen Teilen zusammengesetzten Proömiums wenig plausibel: Beide >Teile< sind durch den übergeordneten Gesichtspunkt des Paradoxen inhaltlich eng miteinander verknüpft, die >Fuge< zwischen § 7 und § 8 läßt keinen Bruch erkennen, und die Differenzierung zwischen erzieherischer und rhetorischer Praxis

121 122

Vgl. 4,17; 5,17; 12,271; ep. l,5f.; ep. 6,5f. Heilbrunn 154-159.

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dürfte kaum im Sinne des Isokrates sein, der die Rhetorik für die beste Form der Erziehung hält (vgl. 15,275). Einen Versuch, das Proömium als Ganzes mit dem Hauptteil zu versöhnen, unternimmt Terry L. Papillon. Er sieht den Kardinalfehler der Forschung darin, die Behandlung mythologischer Themen grundsätzlich als nutzlos einzustufen, wodurch sich ein Widerspruch zwischen dem HelenaLob und der Verurteilung des Nutzlosen ergebe, der für Isokrates selbst wahrscheinlich gar nicht bestanden habe. Er habe den Mythos nämlich durchaus als ein Mittel geschätzt, die Zuhörer zur Nachahmung der geschilderten Heldentaten zu animieren. 123 Dies vermöge auch der HelenaMythos, und daher sei Helena in Übereinstimmung mit den im Proömium dargelegten Kriterien ein würdiger Gegenstand für ein Enkomion. 124 Das Problem ist jedoch auch damit nur zum Teil gelöst. Helena steht nicht im Widerspruch zu den im Proömium geforderten Gegenständen, weil sie eine mythologische Gestalt ist, sondern weil sie einen zweifelhaften Ruf genießt und ihrem Lob somit etwas Paradoxes anhaftet. Die Ambivalenz der Figur läßt Papillons Interpretation unberücksichtigt, obwohl sie gerade im Zusammenhang mit Helenas >Vorbildcharakter< diskutiert werden müßte. Konnte Isokrates dem zeitgenössischen Leser die in der Tragödie gescholtene und in der Komödie verspottete Helena als Identifikationsfigur anbieten? Ist die Mythologie nicht reich an Helden, zu deren Nachahmung aufzurufen positivere Resultate verspricht? Warum schrieb Isokrates zum Beispiel nicht gleich ein Theseus-Enkomion? Die Zweifel an der von Papillon angenommenen Zielsetzung der Rede verdichten sich, wenn man prüft, was an Helena als bewunderns- oder nachahmenswert dargestellt wird. Papillon äußert sich bezeichnend knapp: Helena könne Stolz einflößen, und ihre Geschichte demonstriere die natürliche Feindschaft zwischen West und Ost. 125 Tatsache ist, daß Helena, zumindest vor ihrer Apotheose, 126 überhaupt nicht aktiv handelnd in Erscheinung tritt - also allenfalls Objekt der Bewunderung, nicht aber der Nachahmung sein kann - und daß auch 123 Papillon 381f. Als Belege werden angeführt 5,113 τούτου δ' ενεκά σοι περί τούτων διήλθον, ϊνα γνφς, οτι σε τυγχάνω τφ λόγω παρακαλών έπι τοιαύτας πράξεις, ας έπί των έργων οΐ προγονοί σου [sc. Herakles als τοΰ γένους αρχηγός (5,105)] φαίνονται καλλίστας προκρίναντες u. 12,136f. (sc. έμοί έμέλησεν)τών οΰδενός αν ήδιον άκουόντων η λόγου διεξιόντος ανδρών άρετάς και πόλεως τρόπον καλώς οικουμένης, απερ εί μιμήσασθαί τίνες βουληθεΐεν και δυνηθεΐεν, αυτοί τ' αν έν μεγάλη δόξη τον βίον διαγάγοιεν και τάς πόλεις τάς αυτών εύδαίμονας ποιήσαιεν. 124 Papillon 388. 125 Ebd. 126 Was sie als Göttin bewirkte, kann kaum als Orientierung für menschliches Handeln dienen.

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das Verhalten, das sie durch ihre Schönheit provoziert, nicht in allen Fällen mit der Absicht geschildert sein dürfte, zur Nachahmung anzuregen - man denke nur an die Entführung durch Theseus und den Mißbrauch des Gastrechts durch Paris. 127 Das Problem erscheint unlösbar, solange man der Vorstellung verhaftet bleibt, Isokrates habe mit der Helena in erster Linie die Absicht verfolgt, seinem Publikum die im Proömium formulierte Theorie zu vermitteln, und das eigentliche Enkomion sei als idealtypische praktische Umsetzung zur Illustration dieser Theorie bestimmt. Aus dieser Perspektive wirkt die Wahl des Gegenstands in der Tat unangemessen. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn man annimmt, Isokrates habe zuerst den Entschluß gefaßt, ein Enkomion auf Helena zu schreiben, und diesem Vorhaben dann die Theorie >angepaßttaktischen< Gesichtspunkt zu lesen: Die Polemik gegen die Paradoxologen würde dann allein der Suggestion dienen, daß es sich beim Lob der Helena um kein paradoxes Thema handelt. Da diese Suggestion wiederum impliziert, daß Helena uneingeschränkt gut ist, wäre sie gewissermaßen selbst schon Teil des Enkomions, womit sich eine perfekte Einheit von Proömium und Hauptteil ergäbe. Aber hat das Proömium als Ganzes wirklich den Ton eines heiteren Vorspiels, das man sich mit leichtem Augenzwinkern vorgetragen denken kann? Die höhnische Herablassung, mit der die Behandlung paradoxer Themen als περιεργία (§ 2) und τερθρεία (§ 4) abgewertet wird, der Aufruf, sich dem praktisch Nützlichen zuzuwenden (§ 5), die Kritik an einem Geschäftssinn, der das Wohl der Schüler außer acht läßt (§§ 6/7), schließlich der Vorwurf an einige Kollegen, aus Schwäche zu paradoxen Reden Zuflucht zu nehmen (§§8-11), verraten ein persönliches Engagement und eine untergründige Aggressivität, die mit ironischer Distanz zum Gesagten kaum vereinbar ist. Daß Isokrates nicht im Scherz genau das tadelt, was er in der Folge selbst zu tun beabsichtigt, machen auch Parallelen außerhalb der Helena wahrscheinlich. Gegen die Eristiker polemisiert Isokrates sowohl in der Sophistenrede (13,1-8) als auch, in gemäßigter Form, 136 in der Antidosis (15,258-269). An beiden Stellen ist ein Kritikpunkt die Vermittlung praktisch nutzlosen Wissens (vgl. 13,7f. u. 15,263.266.269). Im gleichen Zusammenhang rät 131 Braun 173. 132 Ebd. 133 Braun 174. 134 Braun 169 zur allgemeinen Charakterisierung der Argumentationsweise in der Helena. 135 Vgl. Einführung, Kap. II, S. 21f. sowie Komm, zu § 15 άπολογεΐσθαι μεν ... τινι διαφέροντας. 136 Der Eristik wird dort immerhin ein propädeutischer Nutzen zugestanden.

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Isokrates in der Antidosis von allzu eingehender Beschäftigung mit den paradoxen Thesen der Naturphilosophen, unter denen Melissos und Gorgias angeführt werden, ab (15,268f.). Auch mit der Ablehnung unwürdiger υποθέσεις kann es Isokrates nicht völlig unernst gewesen sein, da die Themenwahl in seiner Erziehungstheorie eine tragende Rolle spielt: Die positive erzieherische Wirkung der Rhetorik wird unter anderem damit begründet, daß gutes Reden einen würdigen Gegenstand voraussetze, rhetorischer Unterricht also den Blick für das Gute schule (15,276). 137 So warnt er auch am Schluß des Busiris eindringlich davor, zu epideiktischen Zwekken das moralisch Schlechte zu verteidigen, da dies die Rhetorik insgesamt in Verruf bringe (11,47-49). Die Übereinstimmung mit den ehrlichen Überzeugungen des Isokrates sowie die durch die spöttische Grundhaltung durchdringende Verbissenheit der Polemik erlauben es also nicht, das Proömium insgesamt als eine rein spielerisch-scherzhafte Vorbereitung auf das Enkomion zu betrachten. In die richtige Richtung weist der Ansatz von Wilhelm Süß, der das Proömium ebenfalls im Dienste des Hauptteils (und nicht umgekehrt) sieht, ihm aber ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit beläßt: Für Isokrates ergebe sich durch die Wahl eines bereits von Gorgias behandelten Gegenstands die Notwendigkeit, seine damit eingeschlagene Technik des τά άρχαΐα καινώς φαίνεσθαι ποιεί ν zu rechtfertigen.138 Dies tue er, indem er die Überlegenheit seiner Leistung im Vergleich mit denjenigen herausstreiche, die sich dem τά μικρά μεγάλως φαίνεσθαι ποιεΐν verschrieben haben, und dabei das Hauptargument der Konkurrenten, die Schwierigkeit ihrer Aufgabe, gegen sie kehre. 139 Zu einem restlos befriedigenden Ergebnis gelangt allerdings auch Süß nicht, da er dem Proömium eine einheitliche Konzeption absprechen zu müssen glaubt: Den von Isokrates in den Paragraphen 8-13 vorgetragenen rhetorisch-technischen Erwägungen seien die Gesichtspunkte, die er in der Polemik gegen die eristischen Dialektiker (§§ 1-7) geltend mache, »schnurstracks entgegengesetzt«. 140 Die Eristiker würden verhöhnt, sich auf einem von der älteren Sophistengeneration längst erschlossenen Gebiet zu bewegen, Isokrates selbst tue aber mit der Bearbeitung eines vom älteren Sophisten Gorgias behandelten Stoffes im Prinzip dasselbe. Das Proömium zerfalle mithin in einen »unmittelbar organischen Teil, der dem Vorgänger gilt« (§§ 14/15), einen rhetorisch-technischen Teil zur Rechtfertigung des eigenen Vorgehens, der keine erbitterte 137 138 139 140

Vgl. Süß Süß Süß

auch Komm, zu §§4/5 δοξάζειν ... έπίστασθαι Anfang. 64. 65f. 69.

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Polemik gegen Gegner, sondern einen Wettstreit mit der Konkurrenz darstelle (§§ 8-13), und die eigentliche Polemik gegen die Eristiker (§ 1-7). 141 Es ist zu überlegen, ob sich nicht bei etwas anderer Betrachtungsweise sämtliche Widersprüche, sowohl zwischen Proömium und Hauptteil als auch innerhalb des Proömiums, auflösen lassen. Versuchen wir, unter Aufnahme des Süß'schen Grundgedankens, daß das Proömium der Hervorhebung der eigenen Leistung in Abgrenzung von der Konkurrenz gilt, die Entstehung der Schrift aus der Perspektive des Verfassers zu rekonstruieren: Isokrates steht am Beginn seiner Laufbahn als Rhetoriklehrer 142 und möchte durch eine Musterrede, die in möglichst beeindruckender Weise seine Fähigkeiten unter Beweis stellt, Schüler werben. Eine Lobrede auf Helena ist zu diesem Zwecke aus mehreren Gründen gut geeignet. Erstens wird die unverfängliche mythologische Thematik - anders als etwa eine politische - inhaltlich keinen Anstoß erregen, so daß das Publikum die Rede als ein reines Kunstwerk genießen und würdigen kann. Zweitens bietet das Unterfangen, die vielgescholtene Helena zu loben, eine Herausforderung für die Überzeugungskraft des Redners und einen intellektuellen Reiz für die Zuhörer. Drittens, und dies mag für Isokrates von besonderem Gewicht gewesen sein, liegt mit der Helena des Gorgias bereits eine allseits bekannte Prosaschrift über denselben Gegenstand vor, die Gelegenheit gibt, durch die Überbietung eines renommierten Vorgängers auf das eigene Können aufmerksam zu machen. 143 Aber das Thema birgt auch eine gewisse Gefahr: Mit einem Enkomion auf Helena gerät Isokrates in bedenkliche Nähe zu einigen Kollegen, die mit der eloquenten Behandlung absurder Themen aufwarten. Mit diesen möchte er unter keinen Umständen gleichgesetzt werden. Zum einen schätzt er ihr Treiben gering, zum anderen ist sogar zu fürchten, daß seine Rede, würde sie jener Kategorie zugeordnet und allein am Grad ihrer Paradoxität gemessen, im Urteil des Publikums hinter den >spektakuläreren< Produkten der Konkurrenz zurückbleiben könnte. Um dies zu verhindern, muß Isokrates eine scharfe Trennungslinie zwischen sich und den Paradoxologen ziehen. Es gilt, die Gemeinsamkeit, das Argumentieren gegen die communis opinio, nach Möglichkeit zu verschleiern und einen Unterschied sichtbar zu machen, 141 Süß 70. 142 Zur wahrscheinlichen Abfassungszeit der Helena vgl. Einführung, Kap. IV. 143 Dasselbe Verlangen, die eigene Überlegenheit im direkten Vergleich mit der Konkurrenz zu demonstrieren, liegt auch dem Busiris und dem Panegyrikos (vgl. bes. 4,8-10) zugrunde. Zum ausgeprägten Ehrgeiz des Isokrates vgl. Buchheit 43ff.

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auf den sich der wesentliche Vorzug des eigenen Werks gegenüber der Konkurrenz gründen läßt. Die Abgrenzung ist gegen zwei Gruppen vorzunehmen: einerseits gegen die Paradoxologen im >eigenen Lager< der Rhetorik, andererseits gegen die mit Paradoxien operierenden >Philosophen< im modernen Sinne des Wortes. 144 Ersteren sind die Paragraphen 8-13, letzteren die Paragraphen 1 - 7 gewidmet. Die Distanzierung von den Philosophen fällt relativ leicht, da diese das paradoxe Reden nicht als Mittel zur Demonstration rhetorischer Kunst betreiben. So kann Isokrates, indem er als selbstverständlich unterstellt, daß die Paradoxien keinen anderen Zweck als den der lukrativen Effekthascherei haben, 145 der Tätigkeit der Dialektiker nicht nur Originalität (§2) und Schwierigkeit (§ 4), sondern auch jeglichen Nutzen für die Schüler (§§5/6) absprechen. Ein Widerspruch zwischen diesem Kritikpunkt und dem scheinbar nicht weniger nutzlosen Enkomion besteht nicht, wenn man sich die in den Worten πολύ κρεΐττόν έστιν περί των χρησίμων έπιεικώς δοξάζειν ή περί των άχρηστων ακριβώς έπίστασθαι (§ 5) in nuce angedeutete Erkenntnis- und Bildungstheorie des Isokrates vor Augen hält. Das praktisch Nützliche ist dieser Theorie zufolge nicht durch ein exaktes Wissen, sondern nur durch ein richtiges Vermuten zu erfassen. Eine Erziehung, die, wie die Philosophie, auf den Erwerb eines exakten Wissens abzielt, ist somit grundsätzlich ungeeignet, zu praktischem Nutzen zu verhelfen. 146 Die Rhetorik hingegen schult das richtige Vermuten, da die Fähigkeiten, derer es zur Komposition einer Rede bedarf, auf Handlungsentscheidungen in der Realität übertragbar sind. 147 Sie ist also - wenn auch nur mittelbar - grundsätzlich praktisch nützlich. Auch mit dem Vorwurf fehlender καινότης setzt sich Isokrates nicht in direkten Widerspruch zu seinem eigenen Vorhaben. Erstens bezieht er sich dabei nicht auf die Bearbeitung eines schon behandelten Stoffes, sondern auf die Übernahme eines bereits von der älteren Sophistengeneration praktizierten Verfahrens. Zweitens wird selbst eine solche Übernahme nicht per se verurteilt, sondern der Gedankengang ist folgender: Da, wie Isokrates behauptet, die Anwendung des Verfahrens einfach ist (§ 4), hätten die 144 Isokrates kennt keine strenge terminologische Differenzierung zwischen Rednern und Philosophen, er nennt auch seine eigene Tätigkeit φιλοσοφία (vgl. etwa 15,175.186.209). 145 Vgl. Komm, zu § 1 ο'ί μέγα φρονοΰσιν, ην ... ειπείν δυνηθώσιν. 146 Der Vorwurf betrifft somit nicht speziell die Paradoxologen unter den Philosophen, sondern Isokrates nutzt die Gelegenheit, seine Polemik auf die Philosophie insgesamt auszuweiten. 147 15,276f., vgl. auch Komm, zu §§4/5 δοξάζειν ... έπίστασθαι.

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Dialektiker allenfalls dann Grund zum Stolz, wenn sie es selbst erfunden hätten. Aber nicht einmal das können sie für sich reklamieren, sondern sie sind nur Epigonen, die überdies nicht an das Format ihrer Vorgänger heranreichen (§2). Demgegenüber ist Isokrates überzeugt, seinen Vorgänger Gorgias durch eine neue Art der Behandlung eines alten Themas zu übertreffen. Nachdem Isokrates in der Polemik gegen die Philosophen deutlich gemacht hat, daß Paradoxien als solche ohne praktischen Sinn und intellektuellen Wert sind, wendet er sich den Rednern zu (§§ 8-13). 1 4 8 Indem er ihnen unterstellt, vom Vorbild der Dialektiker inspiriert worden zu sein (§ 8), läßt er sie als Nachahmer zweitklassiger Epigonen erscheinen und lastet ihnen damit implizit den bei jenen aufgewiesenen Mangel an Originalität in potenziertem Grade an. Da aber die Rhetoren das paradoxe Reden im Unterschied zu den Dialektikern als eine Kunstform betreiben und es zum Maßstab ihrer rhetorisch-technischen Fähigkeiten erheben, muß die Auseinandersetzung mit ihnen auf einer anderen Ebene, unter dem Aspekt des künstlerischen Anspruchs, geführt werden: Es gilt, die Arbeit der Konkurrenz als künstlerisch wertlos, weil einfach, die eigene Arbeit hingegen als künstlerisch wertvoll, weil schwierig, zu erweisen. Einen objektiv bestehenden Unterschied, auf dem sich die Distanzierung von den Paradoxologen aufbauen läßt, findet Isokrates in der Beschaffenheit des Sujets. Jene bevorzugen in ihrem Streben nach größtmöglicher Absurdität Gegenstände, die im Alltag keinerlei Beachtung finden; er selbst hingegen macht eine berühmte mythologische Figur, die seit Jahrhunderten im Brennpunkt literarischer Diskussion steht, zum Thema seiner Rede. Um seine Überlegenheit gegenüber der Konkurrenz zu begründen, muß Isokrates zeigen, daß gerade dieser Unterschied für den Wert oder Unwert einer rhetorischen Leistung ausschlaggebend ist. Diese Strategie wird bereits durch die leicht verzerrte Wiedergabe der gegnerischen Argumentation (§ 8) vorbereitet. Die Paradoxologen dürften auf der Basis der Prämissen, daß erstens das Lob des Nicht-Lobenswerten schwieriger ist als das Lob des Lobenswerten und daß zweitens die Beherrschung des Schwierigen die Beherrschung des Einfacheren einschließt, aus der Fähigkeit, das Schlechte zu loben, die Fähigkeit, auch das Gute zu loben, abgeleitet haben. Indem Isokrates nicht von >lobenetwas sagen über ...< (λέγειν τι περί, § 8) spricht, verlagert er das Gewicht von der vertretenen These zum behandelten Gegenstand. Er baut einen Gegensatz auf zwischen den

148 Zum Übergang zu einer anderen Gruppe von Gegnern und zu deren Identifizierung als Redner vgl. Komm, zu § 8 τινές.

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schlechten Dingen (πονηρά πράγματα, § 8) und den schönen und guten (καλά κάγαθά, § 8) und ordnet beiden Gruppen von Gegenständen entgegengesetzte Schwierigkeitsgrade der Bearbeitung zu. Über das Schlechte zu sprechen sei einfach, da es nur einen einzigen, leicht zu findenden Weg der Komposition biete (§11). Das Geringe (τά μικρά) sei mühelos mit Worten zu übertreffen, und über das von allen verschmähte Wertlose und Niedrige (φαΰλα κ α ι ταπεινά) etwas Neues zu sagen sei keine Kunst (§ 13). Wer hingegen das Schöne und Gute zum Gegenstand wähle, müsse bei der Komposition viele Formen (ίδέαι) und die für ihre Anwendung geeigneten Gelegenheiten (καιροί) koordinieren (§11). Über die guten oder schönen oder an Tugend herausragenden Dinge (άγαθά η κ α λ ά η διαφέροντα έπ' αρετή) könne kaum in angemessener Weise gesprochen werden, da ihre Größe mit Worten nicht zu erreichen sei (§ 12), und über das Berühmte lasse sich wenig finden, was noch niemand zuvor gesagt habe (§ 13). Die durch diese Gegenüberstellung der Extreme vermittelte Suggestion, jeder Gegenstand gehöre entweder der einen oder der anderen Gruppe an, erleichtert es, Helena pointiert von den Themen der Paradoxologen abzusetzen und den Unterschied größer erscheinen zu lassen als er ist: Zu den unbeachteten μικρά wird man Helena nicht zählen wollen, und so wirkt der Übergang zum Lob des Gorgias, das ausdrücklich der Wahl des Gegenstands gilt, durchaus organisch. Daß es sich bei der Helena des Gorgias freilich auch um eine >paradoxe< Rede handelt, wird durch die fließende Schwerpunktverlagerung von der Paradoxiethematik auf die Sujetthematik geschickt in den Hintergrund gedrängt. Das Proömium lenkt somit die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die Qualitäten des folgenden Enkomions, die Isokrates als die wesentlichen verstanden und entsprechend gewürdigt wissen will. Sein erklärtes Ziel ist es nicht in erster Linie, eine paradoxe These zu verfechten - daß er das auch kann, stellt er gewissermaßen nebenbei unter Beweis - , sondern in völlig neuer Art über einen berühmten und schon oft behandelten Gegenstand zu sprechen. Damit das Publikum dies als besondere Leistung anerkennt, wird das, worauf die Konkurrenz ihren Stolz gründet, möglichst vernichtend abgewertet. Die zu diesem Zwecke gegen das paradoxe Reden geführte heftige Polemik steht nicht in direktem Widerspruch zum eigenen Vorhaben des Isokrates, da sie diejenigen trifft, deren Kunst sich in der Darbietung des Absurden erschöpft.

IV. Datierung Eine exakte Datierung der Helena ist nicht möglich, da der Hauptteil mit seiner mythologischen Thematik gar keine, das Proömium mit seinen anonymen Anspielungen auf Zeitgenossen nur sehr vage Anhaltspunkte liefert. Dennoch läßt sich die wahrscheinliche Entstehungszeit auf die 80er Jahre des 4. Jhs., d.h. auf die Anfangsphase der Lehrtätigkeit des Isokrates, eingrenzen. 149 Der Charakter der Schrift, die vornehmlich der Demonstration der eigenen rhetorischen Fähigkeiten in ausdrücklicher Abgrenzung von der Konkurrenz dient, deutet darauf hin, daß sich Isokrates als noch nicht etablierter Redelehrer dem Leser vorstellen und für seine Schule werben will. Für diese Datierung spricht auch die Verwandtschaft des Proömiums der Helena mit der Sophistenrede, die durch die Aussage des Isokrates selbst als Frühwerk gesichert ist. 150 Die Gründung der isokrateischen Rhetorikschule fällt in die Mitte der zweiten Hälfte der 90er Jahre, 151 womit der Terminus post quem gegeben ist. Als Terminus ante quem ist der berufliche >Durchbruch< des Isokrates mit dem Panegyrikos im Jahre 3 80 152 anzusetzen: Nach der Behandlung der großen politischen Themen wird sich Isokrates kaum auf das Niveau von Musterreden nach Art der Helena zurückbegeben haben. Den Versuch einer präziseren Datierung unternimmt Ries, der in den Schriften der Gegenspieler Isokrates und Piaton ein Geflecht von gegenseitigen Bezügen zu erkennen meint und auf der Grundlage dieser indirekten Korrespondenz eine relative Chronologie erstellt. Er sieht es als gesichert an, daß die Helena nach dem platonischen Euthydem und dieser wiederum nach der Sophistenrede entstanden sei. 153 In letzterer wende Isokrates nämlich den Begriff >Eristik< noch auf die sokratische Philosophie 149 Darüber herrscht in der Forschung weitgehend Einigkeit; vgl. Blass II 244; Drerup CXXXIIff.; Münscher RE 2184; Eucken 44. Auf eine Diskussion der vereinzelten abweichenden Meinungen soll daher verzichtet werden; stattdessen sei auf die instruktive Zusammenfassung bei Eucken 44 Anm. 1 verwiesen. 150 Vgl. 15,193 .„ οτ' ήρχόμην περί ταΰτην ε ί ν α ι την πραγματείαν, λόγον διέδωκα γράψας, έν φ φανήσομαι τοις τε μείζους ποιουμένοις τάς υποσχέσεις έπιτιμών και την έμαυτοΰ γνώμην αποφαινόμενος. Es folgt ein Ausschnitt aus der Sophistenrede. 151 Vgl. Blass II 17f., Münscher RE 2169f. 152 Diese Datierung ergibt sich aus der Erwähnung der Belagerung von Olynth und Phlius durch die Spartaner (4,126). Zu Einzelheiten vgl. Eucken 141 Anm. 2. 153 Ries 49.

Datierung

59

an, 154 was Piaton im Euthydem mit einer ausdrücklichen Distanzierung von den Eristikern beantworte. 155 Isokrates reagiere darauf seinerseits in der Helena, indem er terminologisch zwischen Eristikern und Sokratikern unterscheide. 156 Diese Auffassung hat allgemein Beifall gefunden 157 und wurde zuletzt von Eucken bekräftigt, der sich aber angesichts der undifferenzierten Verwendung des Eristikerbegriffs in § 6 zu einer Modifizierung der Deutung veranlaßt sah: Die Konzession des Isokrates an Piaton sei nur eine scheinbare. Die Sokratiker würden zwar zunächst nominell von den Eristikern im engeren Sinne abgesetzt, ihre Lehre werde aber nach wie vor mit der der Eristiker auf eine Stufe gestellt. So sei es nur konsequent, daß Isokrates in § 6 die terminologische Differenzierung, der keine sachliche Differenzierung entspreche, wieder aufhebe und alle drei Gruppen als Vertreter der περί τάς έριδας φιλοσοφία zusammenfasse. 158 Sehr viel näher als diese komplizierte Konstruktion liegt es jedoch, in § 6 ein Indiz dafür zu sehen, daß Isokrates seine Terminologie überhaupt nicht reflektiert oder gar in Piatons Sinne modifiziert hat, sondern mit einem sehr variablen >Eristikerbegriff< operiert, den er mit der Willkür des Polemikers mal in einem engeren (§ 1), mal in einem weiteren Sinne (§ 6) verwendet. Die Ansetzung der Helena nach dem Euthydem und der Sophistenrede, die etwa auf das Jahr 385 führt, 159 erscheint somit nicht zwingend, so daß man sich mit der groben Datierung zwischen 393/2 und 380 wird begnügen müssen.

154 Ries 30. Daß es sich bei den in 13,1 als οί περί τάς έριδας διατρίβοντες bezeichneten Gegnern um Sokratiker handelt, schließt man aus ihrem Versprechen, ein handlungsleitendes Wissen zu vermitteln, das zur Glückseligkeit führe (13,3); vgl. Eucken 19. Ob dies tatsächlich eine eindeutige Identifikation erlaubt, soll hier nicht erörtert werden. 155 Ries 39. 156 Ries 49. Ries bezieht sich dabei auf § 1, wo zu den durch sokratische Lehrsätze charakterisierten ersten beiden Gruppen die περί τάς έριδας διατρίβοντες als dritte hinzugefügt werden. 157 Vgl. Rez. Burkert, Gnomon 33, 1961, 350f. 158 Eucken 51f. 159 Vgl. Eucken 44.

V. Überlieferung Die handschriftliche Überlieferung des Isokratestextes spaltet sich in zwei Stränge: Den Urbinas (Γ) und die sogenannten Vulgathandschriften (ΘΛΠΝ für die Reden, Φ für die Briefe).

1. Der Urbinas (Γ)1β0 Der Codex Urbinas 111 (9./10. Jh.) enthält 19 Reden (es fehlen Gegen Kallimachos und Gegen Euthynus) und 9 Briefe in Minuskelschrift zweier verschiedener Hände, von denen die eine (foil. 1-325) fast nie, die andere, insgesamt etwas nachlässigere (foil. 326-420), selten Abkürzungen verwendet. Die Helena findet sich als erste Rede der Sammlung auf den folia la-17b. Der Text ist von mehreren Korrektoren überarbeitet worden: Fi bzw. corr. 1

Minuskelkorrekturen der jeweiligen ersten Hand

Γ mg. unc. pr.

Unzialvarianten am Rand (nur bis fol. 80), die aus einer mit einem Vulgatcodex kontaminierten Vorlage stammen

Γ2

Minuskelkorrekturen zweier Schreiber des 10. Jhs., vornehmlich Ergänzungen von Spiritus und Akzenten

Гз

11. Jh.; Vulgatvarianten aus der Familie von Л

Г4

12. Jh.; Vulgatvarianten vornehmlich aus dem ΘZweig

Г5

13. Jh.; Vulgatvarianten aus dem Θ-Zweig

160

Vgl. Drerup IX-XIII; ausführlich Buermann 1886.

Überlieferung

61

Durch die Übernahme von Korrekturen als abhängig von Γ erwiesen ist trotz abweichender Reihenfolge der Reden - der Vaticanus 936 (Δ). Drerup vermutet eine indirekte Abhängigkeit über einen mit Vulgatlesarten kontaminierten Codex. 161 Direkt von Δ abhängig ist der Ambrosianus О 144 (Ε).162

2. Die Vulgathandschriften (ΘΛΠΝ) Der Codex Vaticanus 65 (Λ)163 ist durch eine Subscriptio in das Jahr 1063 datiert. Er umfaßt alle 21 Reden des Isokrates. Durch ein Feuer wurde das Buch am Rand beschädigt, die ersten Seiten, die den Beginn der Rede an Demonikos und möglicherweise die Vita des Isokrates enthielten, wurden sogar gänzlich vernichtet. Ein Schreiber des 13. Jhs. stellte das verlorengegangene Stück der ersten Rede wieder her. Auch am Vaticanus haben zahlreiche Korrektoren gewirkt: Λι

Korrektur der ersten Hand

Λ2

11 ./12. Jh., Fehlerkorrektur und Ergänzung von Lücken

Λ3

13. Jh.; Ergänzung der Rede an Demonikos, sparsame Korrekturen

Λ4

13./14. Jh.; einige Verbesserungen, zumeist aber Textentstellungen durch unbedachte Konjekturen

Der Codex Laurentianus LXXXVII 14 (Θ) 164 aus dem 13. Jh. enthält elf Reden des Isokrates, einschließlich der Helena. Der Text wurde vom Schreiber selbst noch einmal überarbeitet (= corr. 1), später von einer zweiten Hand korrigiert (= corr. 2).

161 162 163 164

Drerup XLIIIf. Drerup XLIV. Vgl. Drerup XIV; ausführlich Buermann 1885, 4 - 9 . Vgl. Drerup XXIII; ausführlich Buermann 1885, 9f.

62

Einführung

Der Codex Parisinus 2932 (Π) 165 aus dem 15. Jh. enthält 13 Reden des Isokrates (darunter die Helena) mitsamt der Vita und den υποθέσεις, ebenso wie der Codex Laurentianus LVIII 5 (N), 166 der exakt das gleiche Repertoire an Reden enthält wie Π. Während Θ keine Verwandtschaft mit anderen Vulgathandschriften erkennen läßt, sind auf Λ fast alle recentiores zurückzuführen. Π und N nehmen dabei insofern eine Sonderstellung ein, als sie im Unterschied zu Λ auch die υποθέσεις enthalten und daher nicht direkt von Λ, sondern von seiner Vorlage abhängig sein dürften. Zwischen Π und N besteht keine direkte Abhängigkeit. 167 Es ergibt sich somit für die Vulgathandschriften folgendes von Seck 168 erstelltes Stemma:

Π

N

3. Bewertung der Handschriften Seit seiner Entdeckung durch Immanuel Bekker im Jahre 1822 gilt der Urbinas (Γ) unumstritten als der Codex optimus. Dieses Urteil, das von Drerup noch einmal nachdrücklich bekräftigt wurde, 169 verleitete die Herausgeber dazu, ohne unvoreingenommene Abwägung der Lesarten dem von 165 166 167 168 169

Vgl. Drerup XXIX, Buermann 10. Vgl. Drerup XXII, Buermann 10. Vgl. Drerup XLVII-LV. Seck 24. Vgl. bes. LXV-XCVIII.

Überlieferung

63

Γ gebotenen Text gegen die Vulgathandschriften zu folgen, sofern nicht ganz offensichtliche Verschreibungen vorlagen. Erst Friedrich Seck stellte 1965 dieses Verfahren in Frage. Er unterzog einerseits die von Drerup für die Überlegenheit des Urbinas angeführten Argumente einer kritischen Prüfung, die die uneingeschränkte Wertschätzung in einigen Punkten relativierte, 170 und brachte andererseits Gründe für eine gleichberechtigte Beachtung der Vulgathandschriften vor: Anhand von Doppellesarten in den Papyri und in der Nebenüberlieferung, die teils mit Γ, teils mit dem Vulgatzweig übereinstimmen, konnte Seck zeigen, daß Γ und die Vulgathandschriften einen auf der Grundlage gleich alten Materials erstellten Text bieten. 171 Darüberhinaus führte er durch einen Vergleich mit den Papyri den Nachweis, daß nicht nur Γ, sondern auch jede einzelne Vulgathandschrift auf eine Vorlage zurückgeht, die Varianten enthielt, und/oder im Laufe der Überlieferung durch Kontamination mit Varianten durchsetzt wurde. 172 Da auf diese Weise jederzeit eine in den übrigen Überlieferungsträgern nicht tradierte, richtige Lesart in die Vulgathandschriften eingedrungen sein könne, verdiene jede einzelne von ihnen, auch Π und ihre - allerdings sehr selten abweichende - Schwesterhandschrift N, bei der Textherstellung Berücksichtigung. 173 Für die vorliegende Kommentierung der Helena wurden deshalb auch die von den bisherigen Herausgebern nicht kollationierten Handschriften Π und N herangezogen (Drerup greift auf Π nur für die Reden zurück, die in Θ nicht überliefert sind). Diese bieten 25 neue Lesarten (nicht eingerechnet sind eindeutige Schreibfehler), von denen sich 24 als sicher oder wahrscheinlich falsch erweisen lassen, eine aber zumindest sehr erwägenswert ist (vgl. Komm, zu § 58 δσοι δ ' . . . τούτους δ' είς). Daß an dieser einen Stelle der möglicherweise richtige Text allein in Π und N erhalten ist, bestätigt Secks Auffassung, daß auch diese Handschriften zu berücksichtigen seien. Die verhältnismäßig geringe Anzahl der von Π und N gebotenen neuen Lesarten ließ den Abdruck des gesamten Textes mit entsprechend erweitertem Apparat als verzichtbar erscheinen. Um eine rasche Orientierung zu ermöglichen, ist dem Kommentar eine Liste mit allen Abweichungen von Π

170 Seck 4-19. 171 Seck 20-23. 172 Seck 23-31. 173 Secks Ergebnisse werden gestützt durch den jüngst von C.A. Hope im ägyptischen Ismant el-Kharab (Kellis) entdeckten Holzkodex, der die Isokratesreden An Demonikos, An Nikokles und Nikokles enthält. Vgl. K.A. Worp / A. Rijksbaron (Hrsgg.), The Kellis Isokrates Codex, Oxford 1997, 144f. u. 149.

64

Einführung

und N gegenüber dem Text Drerups vorangestellt (Kap. VI). Zur Bewertung der Varianten sei auf den Kommentar zur jeweiligen Stelle verwiesen.

4. Papyri Zur handschriftlichen Überlieferung der Helena treten drei Papyrusfragmente: - Ρ 1 : P. Rain. 3,42 (475. Jh. n.Chr.; Nr. 1275 Pack 2 ); umfaßt Hei. 23-24 u. 26, - Ρ 2 : P. Antinoop. 2,82 (4. Jh. n.Chr.; publ. Barns/Zilliacus, The Antinoopolis Papyri, Part II, London 1960 = Nr. 1276 Pack 2 ); umfaßt Hei. 61-63, - P 3 : P. Yale inv. 2082 (2. Jh. v.Chr.; publ. S.A. Stephens, Yale Papyri in the Beinecke Rare Book and Manuscript Library II, Chico CA 1985 = Mertens 1275.1); umfaßt Hei. 43 u. 46-50. Aus P 1 und P 2 wurde jeweils eine neue Lesart in den Text aufgenommen (vgl. Komm, zu § 26 ευθύς μέν αΰτών την ΰβριν επαυσεν ... und zu § 61 οΰτως έναργεΐς αϋτοίς τάς τιμάς εδωκεν). Zu den Lesarten der Papyri im einzelnen vgl. den Kommentar zu den jeweiligen Stellen.

VI. Die Lesarten der Handschriften Π und N Aufgeführt sind diejenigen Lesarten von Π und N, die von Drerups Text abweichen. Seiten- und Zeilenzählung nach Drerup.

§1 p. 65,4 ειπείν : άντειπεΐν ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) 66.1 καθ' απάντων : κατά πάντων ΠΝ (mit ΘΛ) 66.2 διατρίβοντες : διατρίβουσι ΠΝ (mit ΘΛ) §2

66.4 66.5 66.6 66,8

§3 66.11 66.12 §4 66.13 66,16

έγγεγενημένην : γεγενημένην ΠΝ (mit ΘΛ) τη καινότητι: xfj от. ΠΝ (mit ΘΛ) ευρημάτων : εύρημένων ΠΝ (mit ΘΛ) αυτών : αυτούς ΠΝ (mit ΘΛ) έστιν οΰτως όψιμαθής : οΰτως όψιμαθής έστιν ΠΝ (mit ΘΛ) τούτων : τούτων ετι ΠΝ (mit ΘΛ) πραγματωδέστερα : δυσχερέστερα ΠΝ (mit Θ), πραγματωδέστερα Ν i.mg. πειρώμενον άποφαίνειν : πειρώμενα άποφαιν Π ενός δντος τοΰ : δντος от. Ν, suppl. i.mg. έπιδειξάντων : άποδειξάντων Ν (mit Λ) έν δέ τοις εργοις πολύν ήδη χρόνον έξεληλεγμένης о т . Ν, έν δε τοις εργοις έξεληλεγμένης Ν i.mg.

§5 66,19 ένθυμουμένους : ένθυμουμένοις ΠΝ 66,20f. περι των άχρηστων άρκριβώς έπίστασθαι, και μικρόν о т . ΠΝ, suppl. Ν i.mg. 66.21 μάλλον о т . ΠΝ (mit ΘΛ) 66.22 ώφελούσιν : διαφέρουσιν ΠΝ (mit Θ), ώφελοΰσι Ν i.mg. §6 66.24 φιλοσοφία : φιλονεικία Ν ss. 66.25 πω о т . ΠΝ (mit ΘΛ)

66

Einführung

§ν 67,3 67,5

τάς θαυματοποιίας : τάς о т . ΠΝ (mit ΘΛ), θαυματοποίας Π ιδίοις о т . ΠΝ (mit ΘΛ)

§8 67,8 67,10

έπιδεδωκέναι: έπιδεδοκέναι Ν ζηλωτότερος: ζηλοτότερος Π

§9 67,13 τοιούτων : τούτων των ΠΝ (mit ΘΛ) 67,15 έπίδειξιν : άπόδειξιν ΠΝ (mit ΘΛ) 67.17 των άλλων : των άλλων έλλήνων ΠΝ (mit ΘΛ)

§10 67.18 ωσπερ αν εϊ: ώς αν ε'ί ΠΝ 67,20 άλλος : άλλως Ν, άλλος ss. §11 67,23 οΰτε μαθεΐν : ουδέ μαθεΐν ΠΝ 67.25 ευρίσκονται και: ευρίσκονται τε και ΠΝ (mit 67.26 σύνθεσιν : συνήθειαν ΠΝ § 12 68.3

Γ5ΘΛ)

68.4

η διαφερόντων : η των διαφερόντων ΠΝ (mit ΘΛ) λέγειν : τι λέγειν ΠΝ (mit ΘΛ) εΐρήκασιν : εΰρήκασιν Ν, corr. s.l.

§13 68.7 68.8

μεγέθους : μεγέσους Ν, corr. s.l. α : δ ΠΝ (mit ΘΛ)

§14 68,13 τοΰτον μικρόν: τούτον от. ΠΝ §15 68.19 αύτης ταύτης : αύτοΐς ταύτης Π 68.20 άλλοις о т . Ν, corr. s.l. §16 68.21

ταύτης γυναικός : ταύτης της γυναικός ΠΝ (mit ΘΛ) σπουδάσας: σπουδάσασας Ν 68.22 γεννηθέντων : γενηθέντων ΠΝ 69.1 'Αλκμήνης : άλμήνης Π 69.2 τω μεν : των μέν Ν των άλλων : των άλλων απάντων ΠΝ (mit Λ)

Die Lesarten der Handschriften Π und N

§17 69.4 69.5 69,7

τάς έπιφανείας και τάς λαμπρότητας : τάς λαμπρότητας και τάς έπιφανείας ΠΝ (mit ΘΛ) ησυχίας : ήσυμμαχίας Π τοΰ μέν : τους μεν Π

§18 69.10 πρώτον : πρώτος Ν 69.11 οΰπω:οΰτωΝ ήδη : εϊδει ΠΝ (mit Γ2ΘΛ) 69.12 ό κρατεΐν : ό от. ΠΝ (mit ΘΛ) 69.13 είθισμένος : εϊθισμένως Ν, corr. s.l. 69.14 ζην : ζεΐν Π 69.15 έκείνην : έκείνης Ν, corr. s.l. §19 69.16

έπέμενον : άνέμενον ΠΝ (mit ΘΛ) την τε : την δέ ΠΝ 69.20 κατέθετο : έκόμισε ΠΝ (mit Θ) §20 70,2 70,4

παρακαλοΰντος : παρακαλοΰντος αύτόν ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) όφείλειν : ώφείλειν Π

§21 70,7 70,8f. 70,9 70.11 70.12

εί μέν : ό μέν Π Ελένης έπαινος : έπαινος от. Ν των μέν άλλων : τών άλλων μέν ΠΝ οΰδ' ένός : οΰθενός Π (mit Λ) ένδεά : ένδεή ΠΝ (mit Θ)

§22 70.13 70,15 70,18

δοκεΐ δέ μοι πρέπειν : πρέπειν от. ΠΝ (mit ΘΛ) θαυμάσαντας : θαυμάσαντες Π έκεΐνον τον χρόνον : τον от. Ν

§23 70.21

ένάμιλλον : έφάμιλλον ΠΝ (mit ΘΛ) αΰτοΰ : έαυτοΰ ΠΝ (mit ΘΛ) 70.22 παραπλησίοις : παραπλήσιος ΠΝ (mit Λ) 70.25 εσχον : είχον ΠΝ 70.26 βίου τοΰ : τοΰ от. ΠΝ (mit ΘΛ) §24 71,1

67

έκ της: έξ ΠΝ (mit ΘΛ)

68

Einführung

71.1 f. τά των : τά о т . ΠΝ (mit ΘΛ) 71,3 άλλους πόνους : πόνους άλλους ΠΝ (mit ΘΛ) §25 71.5 71.6 71,8

της αΰτοΰ : της έαυτοΰ ΠΝ (mit ΘΛ) γενησεσθαι: νομισθήσεσθαι ΠΝ (mit ΘΛ) πολλής άπορίας : μεγάλης άπορίας πάντας ΠΝ (mit ΘΛ)

§26 71,10f. ο'ί και τάχει και ρώμη και τόλμη διενεγκόντες : ο'ι και τάχει και ρώμη διενεγκόντες ΠΝ (mit Грг.) 71,13 οΰ πολλφ δ' ύστερον χρόνω : χρόνφ от. ΠΝ (mit ΘΛ) §27 71.19 71.20 §28 71.21 71.22 72.2 §29 72.3 72,5 72,8 §30

ζήν : ζήν αίσχρώς ΠΝ (mit Γ2ΘΛ) οίκτρόν : οίχθρόν Ν ύποτελεΐν : ΰποθελεΐν Ν μεμειγμένης : μεμιγμένης ΠΝ (mit ΓΘΛ) τοιούτων σωμάτων : σωμάτων τοιούτων Π : των σωμάτων τοιούτων Ν δυσαπαλλάκτου : δυσαπάλλακτον Π

χρήσωμαι: χρήσομαι ΠΝ (mit ΘΛ) παύσασθαι και: και от. ΠΝ την τε : τε от. ΠΝ (mit ΘΛ) Σκίρωνος: Σκείρωνος ΠΝ φερόμενον : φαιρόμενον Ν, corr. s.l.

72,13 ηττηθώ : ήτθητώ Ν §31 72,16

έν οίς αυτός καθ' αυτόν έκινδύνευσεν : έν οίς έκινδύνευσεν αυτός καθ' αυτόν ΠΝ 72.20 Πελοποννησίους : Πελοπονησίους Π τη Καδμείςί: την Καδμείαν Π (mit ΘΛ), την Καδμείων Ν 72.21 και σωφροσύνην : και την σωφροσύνην ΠΝ (mit ΘΛ) 72.22 διφκησεν : διφκισεν ΠΝ §32 72.23 ζητοΰντας αρχειν : αρχειν ζητοΰντας ΠΝ (mit ΘΛ) 72,25 των πολιτών : της πόλεως ΠΝ (mit Λ)

Die Lesarten der Handschriften Π und N

69

72.26 μετά δ' άλλων τινών : μετ' άλλων δε τίνων ΠΝ (mit ΘΛ) §33 72.27 άποκτείναντας : άποκτιννύντας ΠΝ (mit Θ) 72.28 άπιστοΰντας δε : δε о т . Π 73.1 τά μεν : μέν от. ΠΝ (mit ΘΛ) § 34 73.3 73,6

άλγιον : αργών Ν μή τις αυτόν : μή τις αΰτών ΠΝ άποκτείνη : άποκτίνη Ν έπέδειξεν : άπέδειξεν Ν (mit Γ 5 Θ Λ ) ρφδιον : ραον ΠΝ (mit ΘΛ)

§35 73.9 73.10

εις ταΰτό : εις ταΰτόν ΠΝ (mit ΘΛ) Ελληνίδων : έλλήνων ΠΝ κοινήν: καινήν Ν 73,12 περί της αρετής : περί την άρετήν ΠΝ (mit ΘΛ) 73.14 ήδίους : ήδείους ΠΝ §36 73.15 τοσούτου δ' έδέησεν : τοσούτον έδέησεν ΠΝ (mit Λ) 73,20 εις τό κοινόν : εις τον κοινόν Π § 37 73,22 έπακτώ : έπεισακτώ ΠΝ (mit ΘΛ) 74.2 ίχνος της έκείνου πραότητος εν τοις ήθεσιν ημών κατα о т . ΠΝ, suppl. i.mg. Ν §38 74.4 74,6 74,8 74,8f.

την δη : την δε Ν (mit Θ), corr. s.l. πολύ τών : πολύ о т . Ν προσόντων αγαθών : αγαθών от. ΠΝ, suppl. s.l. Ν δι' άπορίαν περί τον αυτόν τόπον διατρίβειν : περί τον αυτόν τόπον δι' άπορίαν διατρίβειν ΠΝ (mit ΘΛ) 74.10 διελθεΐν : διελεΐν Ν §39 74.11 74.12 74.13 74,15

μετά γάρ την : κατά γάρ τήν Ν, corr. s.l. μνηστεύεσθαι: μνηστεύσασθαι ΠΝ (mit ΘΛ) δυναστεύοντες : δυναστεύοντες έν ταΐς πόλεσιν Π (mit Γ 5 Θ Λ ) : τότε δυναστεύοντες έν ταΐς πόλεσιν Ν έκείνην : ώς έκείνην ΠΝ (mit ΘΛ) ύπεριδόντες : ύπεροιδόντες Ν, ο expunct.

70

Einführung

§40 74.16

κεκριμένου : κεκριμμένου ΠΝ μέλλοντος : μέλλοντες Ν, corr. s.l. συνοικησειν : συνοικεΐν ΠΝ (mit ΘΛ) 74.17 απασιν : απασιν τοις άνθρώποις ΠΝ (mit Θ) 74,19f. την έπικουρίαν ταύτη ν : ταύτην την έπικουρίαν ΠΝ (mit ΘΛ) 74.20 αΰτώ : έαυτώ ΠΝ (mit ΘΛ) §41 74.21 ής εσχον : ην εσχον ΠΝ (mit Гг0Л) 74.22 πολλοΰ γαρ : γαρ о т . ΠΝ 74.23 γενομένης : και γενομένοις Π, και γενομένης Ν (mit ΘΛ) έν θεοΐς : έν θεαΐς Ν (mit Λ) 74.24 άπάσης αΰτφ της 'Ασίας βασιλεΰειν : άπάσης αΰτφ βασιλείαν της 'Ασίας Π (mit ΘΛ), άπάσης μεν βασιλείαν της 'Ασίας Ν 74.25 έν τοις πολέμοις : τοις от. ΠΝ (mit ΘΛ) 75,1 γάμον τον : γάμον της Ν (mit Θ) § 42 75.3 75.4 75,6 §43 75,8 75.10 75.11 §44 75.12 75,15 § 45 75.17 75.18

οικειότητα την : οικειότητα της ΠΝ (mit ΘΛ) άποβλέψας : αποβλέπων ΠΝ γενέσθαι: γενέσθαι και κληθήναι ΠΝ (mit ΘΛ) φαύλοις : φαύλως Ν, corr. s.l. παραγίγνεσθαι: παραγενήσεσθαι ΠΝ (mit ΘΛ) κτήμα κάλλιον : κάλλιον κτήμα ΠΝ (mit ΘΛ) μη μόνον προς πατρός άλλα και προς μητρός : και προς πατρός και μητρός ΠΝ ταχέως : ευχερώς ΠΝ (mit Θ) μόνον : μόνος ΠΝ καθ' αυτόν : καθ' έαυτόν ΠΝ (mit ΘΛ) έπιτιμήσειεν : έπιθυμήσειεν Ν, corr. s.l. των δέ : των μέν δέ Ν, μέν expunct. σκοπουμένων : σκοπούντων ΠΝ (mit ΘΛ)

§46 75,20 καταγέλαστον : καταγελαστότατον ΠΝ (mit ΘΛ) αυτών : έαυτών ΠΝ (mit ΘΛ) 75,22 δη που περί : που от. ΠΝ (mit ΘΛ) εριν : φιλονεικίαν ΠΝ (mit ΘΛ)

Die Lesarten der Handschriften Π und N

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75,24 έκλέξασθαι κριτήν : κριτήν έκλέξασθαι ΠΝ (mit ΘΛ) οσηνπερ : δσην περι ΠΝ (mit ΘΛ) §47 76,1 76,5 §48 76.8 76.9 § 49 76,11 76.15 76.16

όργης της των : της от. ΠΝ (mit ΘΛ) τη γνώμη : την γνώμην ΠΝ (mit Θ) τους θεούς : τάς θεάς ΠΝ (mit Гсоп-.ΘΛ) φιλονεικοΰντας : φιλονικούσας Π, φιλονεικούσας Ν (mit Γ2ΘΛ) ένόμισεν : ένόμησε Π τον γάμον τον : τον γάμον της Ν (mit Θ), corr. s.l. υπέρ : περί ΠΝ (mit ΘΛ) ήγον : ήγαγον ΠΝ (mit ΘΛ) τηλικοΰτον : τοσούτον ΠΝ (mit ΘΛ)

§50 76.21 πορθουμένην : πουρθουμένην Π 76.22 προέσθαι τοις "Ελλησιν αυτήν : προέσθαι αυτήν τοις "Ελλησιν ΠΝ (mit ΘΛ) 76.23 αυτών : έαυτών ΠΝ (mit ΘΛ) 77,1 καταλιπόντες : καταλιπεΐν ΠΝ άπελθεΐν : έπανελθόντες ΠΝ §51 77,4 §52 77,7 77,9

ταύτην εΰδαιμονεστέραν τήν χώραν : ταύτην τήν χώραν εΰδαιμονεστέραν ΠΝ (mit ΘΛ) απέτρεψαν : άπέστρεψαν Ν Άχιλλέως : Άχιλέως Π

§53 77.13 διενοήθησαν : έγνωσαν ΠΝ (mit ΘΛ) 77,13f. παράταξιν : τήν παράταξιν ΠΝ (mit ΘΛ) 77.14 Γίγαντας : τους Γίγαντας ΠΝ (mit ΘΛ) γενομένης : γεγενημένης ΠΝ 77.15 προς σφάς : προσφας Π §54 77,17f. μετέσχεν : μετέσχηκεν ΠΝ (mit ΘΛ) 77.19 γνώναι: διαγνώναι ΠΝ (mit Λ) 77.20 μή μετεχόντων : μή от. ΠΝ (mit ΘΛ)

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Einführung

77,20f. τούτων εκαστον : τούτον εκαστον Ν, corr. s.l. 77.22 ταύτης της Ιδέας : της ίδέας ταύτης ΠΝ (mit ΘΑ) 77.23 και την άρετήν δια τοΰτο : άρετην о т . Π (mit Θ): και δια την τοΰτοΝ δτι: διότι ΠΝ (mit ΘΑ) §55 78.4 78.5 §56 78.7 78,7f. 78.8 78.9 78.10

προσπεπόνθαμεν : προπεπόνθαμεν ΠΝ μείζω : μείζων ΠΝ (mit ΘΑ) βούλεσθαι: βουλεύσασθαι ΠΝ (mit ΘΑ) τφ ποιεΐν : τοΰ ποιεΐν ΠΝ (mit Λ) έκάστην την ήμέραν : την от. ΠΝ (mit ΘΑ) προσαγάγωνται: προαγάγωνται Ν ίδόντες : είδότες ΠΝ (mit ΘΑ) θεραπεύοντες : θεραπεύομεν Π

§57 78,1 If. προστάττουσιν : πράττουσιν ΠΝ, Ν corr. s.l. 78,12 τους μεν : τοις μεν ΠΝ ΰπ' αλλη : έπ' αλλη ΠΝ 78,14 είναι νομίζομεν : νομίζομεν είναι ΠΝ (mit ΘΑ) §58 78,16 78.18 78.19 78.20 78.21

και των έχόντων : και αυτών των κεκτημένων ΠΝ (mit Θ2Λ) έξαμαρτόντας : έξαμαρτάνοντας ΠΝ (mit ΘΑ) τούτους εις : τούτους δ'είς ΠΝ ομοίως τιμώμεν : ομοίως от. ΠΝ (mit ΘΑ) ποιήσαντας : δράσαντας ΠΝ (mit ΘΑ)

§ 59 78,23 πάντων : απάντων ΠΝ (mit ΘΑ) 79,1 γιγνόμενος : γενόμενος ΠΝ (mit ΘΑ) 79.5

την φύσιν την τοιαύτην : τάς φύσεις τάς τοιαύτας ΠΝ (mit ΘΑ)

§60 79.6 προτετίμηται: προτετίμητο ΠΝ 79.7 αυτών : έαυτών ΠΝ (mit ΘΑ) 79.11 είρημένων : είρημένων τεκμήριον ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) §61 79.14 πλέον εσχεν : πλέον διήνεγκεν εσχεν Ν 79.15 μόνον άθανασίας : αθανασίας μόνον 79,19 θαλάττη : θαλάττει Π

Die Lesarten der Handschriften Π und N

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οϊτινες : ε'ί τίνες ΠΝ 79,19f. αυτούς εΰσεβώς : εΰσεβώς αυτούς ΠΝ (mit ΘΛ) 79,20 κατακαλέσωνται: έπικαλέσωνται ΠΝ (mit ΘΛ) §62

79,20 79,20f. 79,22f. 79,24

τοσαύτην Μενελάφ : Μενελάφ τοσαύτην ΠΝ (mit ΘΛ) άπέδωκεν : άποδέδωκεν ΠΝ άνηκέστοις : ανήκεστων Π θεόν αύτόν άντι: αυτόν о т . ΠΝ (mit ΘΛ)

§63 79,25f. την πόλιν τήν : την πάλιν των ΠΝ (mit ΘΛ) 80, If. θυσίας αΰτοΐς : θυσίας αϋτοΐς αύτοΐς Π 80,2 άγιας και πατρίας : αγίους και πατρίους ΠΝ (mit Λ) άποτελοΰσιν : έπιτελοΰσιν ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) §64 80,4 80,6

ένεδείξατο : έπεδείξατο Ν (mit Γ5ΘΛ), έπέξατο Π, corr. s.l. των οφθαλμών : τον όφθαλμόν Ν έστερημένος : άπεστερημένος ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) 80,7f. τήν αυτήν φΰσιν : τήν αυτών φΰσιν Ν, corr. s.l. §65 80.9 της νυκτός : της от. ΠΝ (mit ΘΛ) 80,9f. προσέταξεν : προστάξαι ΠΝ (mit ΘΛ) των στρατευσαμένων έπι Τροίαν, βουλομένη о т . ΠΝ, suppl. i. mg. Ν 80.10 τον εκείνων : έκείνων от. ΠΝ ζηλωτότερον: ζηλωτώτερον Π : ζηλοτώτερον Ν, corr. s.l. 80,1 Of. βίον τον τών : τον от. ΠΝ (mit ΘΛ) 80.11 καταστήσαι: καταστήναι ΠΝ δια τήν : και τήν ΠΝ §66 80,14 λαβείν : λαμβάνειν ΠΝ (mit ΘΛ) 80,16 προσόδοις: προσώδοις Π §67 80,19f. 80.22 80.23 80,23f. 80.24 80.25

τεχνών και φιλοσοφιών : και φιλοσοφιών και τεχνών ΠΝ νομίζοιμεν : νομίζομεν ΠΝ (mit ΘΛ) δι' αυτήν : διά ταύτην ΠΝ (mit ΘΛ) επί τούς βαρβάρους : τούς от. Ν της 'Ασίας : κατά της 'Ασίας ΠΝ (mit Γ2ΘΛ) στήσασαν : έστήσασαν Ν, έ expunct.

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Einführung

§68

81.1 81.2 81,4 §69 81,6

αρχειν ήξίουν : ήξίουν αρχειν ΠΝ (mit Λ) έξ Αιγύπτου φυγών : φυγών έξ Αιγύπτου ΠΝ (mit Θ) Σιδώνιος: ό Σιδώνιος ΠΝ (mit Γ5ΘΛ) μετά δ' εκείνον : μετ* έκεΐνον δέ ΠΝ (mit ΘΛ)

διεργάζεσθαι: διεπεξεργάζεσθαι Π : διεπεξεργάσασθαι Ν, διεπεξεργάζεσθαι corr. s.l. 81,7f. πολλοίς και καινοΐς : πολλοίς και καλοις και καινοΐς ΠΝ

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VII. Abweichungen von Drerups Text Drerup §1

καθ* άπάντων διατρίβοντες § 7 τοις ιδίοις συμβολαίοις § 11 ευρίσκονται και λέγονται §14 εΰ λέγειν τι §17 τάς έπιφανείας και τάς § 26 §26 § 31 § 32 § 32 § 35 § 42 § 45 § 48 § 49 § 52 §58 § 61 § 62 §63 § 69

λαμπρότητας ού πολλφ δ' ύστερον χρόνφ τό γένος την αλλην άρετήν και σωφροσύνην προς τους πολεμίους μετά δ' άλλων τινών ταΰτό γενέσθαι κηδεστής σκοπουμένων φιλονεικοΰντας υπέρ μέν των άλλων συνέπεμψαν τούτους εις οΰτως αύτοΐς τάς τιμάς έναργεΐς εδωκεν θεόν αυτόν άντί θνητού άγίας και πατρίας διεργάζεσθαι

Kommentar und Übersetzung κατά πάντων διατρίβουσι τοις συμβολαίοις ευρίσκονται τε και λέγονται εύλογεΐν τι τάς λαμπρότητας και τάς έπιφανείας οϋ πολλφ δ' ύστερον και τό γένος την αλλην άρετήν και την σωφροσύνην προς τους έπιστρατευομένους μετ' άλλων δέ τίνων ταύτόν γενέσθαι και κληθήναι κηδεστής σκοπούντων φιλονικοΰντας περι μέν των άλλων συνεξέπεμψαν τούτους δ* είς οΰτως έναργεΐς αύτοΐς τάς τιμάς εδωκεν θεόν άντι θνητού άγίας καΐ πατρίους έπεξεργάζεσθαι

Übersetzung und Erläuterungen

P r o ö m i u m (§§ 1 - 1 5 )

§1 Es gibt Leute, die sich viel darauf einbilden, wenn sie eine absurde und aller Erwartung zuwiderlaufende These aufstellen und über diese in erträglicher Weise reden können. Und so sind die einen darüber alt geworden zu behaupten, es sei nicht möglich, die Unwahrheit zu sagen und zu widersprechen und zwei Aussagen über dieselben Dinge zu machen, die anderen darüber, in allen Einzelheiten darzulegen, daß Tapferkeit und Weisheit und Gerechtigkeit dasselbe ist und daß wir von Natur aus nichts davon besitzen, sondern daß es ein einziges Wissen von allen Tugenden gibt. Andere beschäftigen sich mit den Streitreden, die keinen Nutzen haben, aber den Schülern Schwierigkeiten zu bereiten vermögen. Είσί τίνες ο'ί : Zu είσί τίνες οϊ als Einleitungsformel einer Polemik vgl. Isokr. 3,1, ferner Demosth. 8,38; 10,11; And. 3,33; zum Beginn einer Rede mit Kritik am Verhalten anderer vgl. bei Isokrates 2,1; 3,1; 4,1; 13,1. ο'ί μέγα φρονοΰσιν, ην ... ειπείν δυνηθώσιν : Isokrates setzt als selbstverständlich voraus und suggeriert somit seinem Publikum als Tatsache, daß die Beschäftigung mit Paradoxa allein einem epideiktischen Zweck, nämlich der Demonstration gedanklicher und verbaler Gewandtheit, dient. Die Möglichkeit, daß sich hinter einem Paradoxon eine ernstgemeinte, philosophisch begründete Aussage verbergen könnte, wird gar nicht in Betracht gezogen, ύπόθεσιν ... ποιησάμενοι: Die Wendung ΰπόθεσιν ποιεΐσθαι wird von Isokrates geradezu als rhetorischer terminus technicus für die Wahl eines, zumeist als These formulierten, Themas einer Rede gebraucht, vgl. 11,49; 12,35.96.108.175; 15,58.69.276; seltener als Bezeichnung für die Festlegung von Grundsätzen für das staatliche oder private Leben, vgl. 6,90; 7,28 und ep. 6,9.10, wo ausdrücklich die Analogie zur Abfassung von Reden hergestellt wird (vgl. Schneider zu 7,28). άτοπον και παράδοξον : άτοπος (eigtl. >deplaziertver-rücktDefinition< bezeichnet wird), in einem anderen Sinne aber auch viele, die den Gegenstand als Einheit mit seinen - nicht wesensbestimmenden Eigenschaften erfassen. So bezeichneten z.B. die beiden λόγοι >Sokrates< und >der gebildete Sokrates< denselben Gegenstand. Der ψευδής λόγος aber sei von nichts eine absolut gültige Aussage (οΰθενός άπλώς λόγος, metaph. 1024b29-32). An diese Bemerkung schließt Aristoteles den Tadel gegen Antisthenes an: »Daher war die Ansicht des Antisthenes dümmlich, wenn er meinte, nichts könne durch etwas anderes als durch seinen οικείος λόγος gesagt werden, Eines von Einem; woraus sich ergab, daß es nicht möglich sei zu widersprechen, so gut wie unmöglich aber auch zu lügen« (διό Αντισθένης φετο εΰήθως μηθέν άξιων λέγεσθαι πλήν τφ οίκείφ λόγφ, εν έφ' ένός· έξ ών συνέβαινε μή είναι άντιλέγειν, σχεδόν δέ μηδέ ψεύδεσθαι, metaph. 1024b32-34). Die drei Paradoxa erscheinen bei Aristoteles nicht, wie bei Isokrates, gleichgeordnet nebeneinander, sondern im logischen Verhältnis von Voraussetzung und Folge: Prämisse für die Unmöglichkeit des Widerspruchs und der falschen Aussage ist, daß jeder Gegenstand nur mit seinem οικείος λόγος bezeichnet werden kann. Wie bzw. ob Antisthenes diese Prämisse begründet hat, ist weder direkt bezeugt noch aus Reflexen einer Auseinandersetzung der antiken Autoren mit seiner Lehre erschließbar. Die Unsicherheit setzt bereits bei der Frage ein, was mit dem οικείος λόγος konkret gemeint ist. Eine Möglichkeit wäre, den οικείος λόγος mit dem δνομα gleichzusetzen (vorgeschlagen u.a. von G.M.A. Grube, Antisthenes was no Logician, TAPhA 81, 1950, 23f.) und für Antisthenes eine Position anzunehmen, wie sie im platonischen Sophistes erwähnt wird: Der >Fremde aus Elea< macht dort darauf aufmerksam, daß als Einheit begriffene Dinge gleich-

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Übersetzung und Erläuterungen

wohl mit vielen Namen benannt werden - δθεν ... τοις τε νέοις και των γερόντων τοις όψιμαθέσι θοίνην παρεσκευάκαμεν ευθύς γαρ άντιλαβέσθαι παντί πρόχειρον ως αδύνατον τά τε πολλά εν και τό εν πολλά είναι, και δήπου χαίρουσιν ούκ έώντες αγαθόν λέγειν ανθρωπον, άλλα τό μέν αγαθόν αγαθόν, τον δε ανθρωπον ανθρωπον (251b5-c2). Begründet wurde dies offenbar über eine strenge Auslegung der Kopula είναι als Identitätsaussage. Die Verbindung άνθρωπος (έστιν) αγαθός sei nicht möglich, da die Wesenheit, die durch das όνομα >ανθρωπος< bezeichnet werde, nicht identisch sei mit der Wesenheit, die das όνομα >άγαθός< bezeichne (eine solche Argumentation belegt Aristot. phys. 185b25 für Lykophron, vgl. Guthrie III 216). Die Erklärung des οικείος λόγος als όνομα vermag jedoch nicht vollends zu befriedigen, da schwer einzusehen ist, warum Antisthenes den Begriff όνομα, der ihm ja zur Verfügung stand, durch den des οικείος λόγος ersetzt haben sollte, der notwendig in die Irre führen muß, da λόγος im herkömmlichen Sprachgebrauch geradezu als Gegensatz zu όνομα für mehrgliedrige Aussagen verwendet wird (vgl. LSJ s.v. VI, Plat. Tht. 202b4f., Guthrie III 214). Eine zweite Möglichkeit wäre, daß Antisthenes den λόγος-Begriff auf einen ganz speziellen λόγος, nämlich die >DefinitionAussage< zu rekonstruieren. Die verschiedenen Lösungsvorschläge können hier nicht im einzelnen vorgestellt werden (verwiesen sei auf die Arbeiten von C.M. Gillespie, The Logic of Antisthenes, AGPh 19-20, 1913-14, 17-38 u. 479-500, K. v. Fritz, a.a.O., 453-484 u. F. Caizzi, Antistene, Studi Urbinati N.S.B. 1-2, 1964,48-99). Es soll genügen, dieses Konzept auf einer abstrakten Ebene zu charakterisieren: Zum einen muß der οικείος λόγος, wenn es für jeden Gegenstand nur einen (εν έφ' ένός) geben kann, die als Einheit gedachte Summe aller Einzelaussagen repräsentieren, die auf den jeweiligen Gegenstand zutreffen. Zum anderen müssen, wenn der οίκεΐος λόγος stets wahr, d.h. unveränderlich gültig, sein soll, aus diesen Einzelaussagen all die ausgeschlossen werden, die von Raum, Zeit etc. abhängig sind, d.h. nach aristotelischer Terminologie nicht άπλως gelten. Der οίκεΐος λόγος wäre somit die Gesamtheit aller Prädikate, die einem Gegenstand mit absoluter Gültigkeit zukommen, und würde diesen Gegenstand eindeutig bestimmen, ohne Wesensdefinition im Sinne einer Antwort auf das τί έστι zu sein. Einen ganz anderen Weg aus dem Dilemma sucht K. Döring (272ff.). Er nimmt an, Antisthenes ziele mit seinem Paradoxon nicht darauf ab, die Unmöglichkeit von Lüge und Widerspruch, sondern die Unmöglichkeit von Definitionen zu beweisen. Wahrscheinlich habe er nach einem ähnlichen Argumentationsschema, wie es Dionysodor im Euthydem (285d286b) verwendet, dargelegt, daß dann, wenn es einen οίκεΐος λόγος im Sinne einer Definition gäbe, Widerspruch und Lüge unmöglich wären, und aus der offenkundigen Existenz von Widerspruch und Lüge den Rückschluß auf die Unmöglichkeit der Definition gezogen. Die These des Antisthenes lautete demnach, daß es keinen οίκεΐος λόγος (= Definition) gebe. Diese Lösung verursacht einiges Unbehagen, da zum einen nicht einzusehen ist, warum sich Antisthenes seinem Beweisziel auf dem unnötig komplizierten Umweg der von Döring rekonstruierten Argumentation genähert haben sollte, und da man zum anderen einräumen müßte, daß nicht nur Isokrates, der Zeitgenosse des Antisthenes, sondern auch der philosophisch geschulte Aristoteles die antisthenische Position völlig mißverstanden und daher falsch wiedergegeben hätten.

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Übersetzung und Erläuterungen

Hält man gegen Döring an der Annahme fest, daß Antisthenes die Unmöglichkeit von Widerspruch und Lüge beweisen wollte, so wird man dies kaum als ernstgemeinte philosophische Aussage verstehen können. Keine der möglichen Erklärungen des οικείος λόγος vermag nämlich die von Aristoteles zitierten Thesen des Antisthenes plausibel zu machen, sondern es fragt sich erstens, warum ein Gegenstand nur mit absolut gültigen und nicht auch mit akzidentellen (und damit potentiell falschen) Prädikaten versehen werden kann, und zweitens, was daran hindert, den οικείος λόγος einer Sache fälschlich auf eine andere anzuwenden. Ob Antisthenes die Möglichkeit der Prädikation akzidenteller Eigenschaften übersehen (bzw., wie Caizzi 57 vermutet, nicht bewußt von der wesensbestimmender Eigenschaften unterschieden) oder sie mit einem apodiktischen οΰκ εστίν geleugnet hat, läßt sich nicht mehr ermitteln. Die schlichte Klarstellung Alexanders ού γαρ εί μή άπλώς έστι μηδέ κυρίως (sc. ό λόγος), ηδη και οΰκ εστίν (in Aristot. metaph., p. 435,If. Hayduck = frg. V A 152, 12 Giann.) deutet daraufhin, daß die antisthenische Theorie keine diskussionswürdigen Gegenargumente bereitstellte. Wie Antisthenes dem zweiten Einwand, der möglichen Anwendung eines οικείος λόγος auf eine Sache, deren οικείος λόγος er nicht ist, zu begegnen suchte, läßt sich aus seiner Begründung des Satzes οΰκ εστίν άντιλέγειν erschließen (Alex. Aphr. in Aristot. top., p. 79,7-22 Wallies = frg. V A 153, 5-18 Giann., ähnlich Alex. Aphr. in Aristot. metaph., p. 435,5-14 Hayduck = frg. V A 152, 16-25 Giann.): Diejenigen, die über etwas sprächen, müßten jenes sagen, und durch das, was sie sagten, das, worüber sie sprächen, angeben. Widerspruch sei unmöglich, da entweder beide Parteien den λόγος des Gegenstandes sprächen (und damit dasselbe sagten) oder derjenige, der nicht den λόγος des Gegenstandes spreche, überhaupt nicht über diesen Gegenstand spreche, sondern über den, dessen λόγος er spreche (Widerspruch aber setze voraus, daß man über denselben Gegenstand spreche). Diese Begründung ist leicht als Trugschluß zu entlarven: Der Unterschied zwischen λέγειν τι und λέγειν τι περί τίνος wird verwischt und so der Eindruck erweckt, ein Gegenstand werde in einem quasi simultanen Akt durch das bezeichnet, was man über ihn sagt, d.h. das Subjekt werde erst durch das Prädikat konstituiert. So wäre sowohl Widerspruch als auch Lüge unmöglich. Der tatsächliche Ablauf ist jedoch ein anderer: Das Subjekt wird benannt und mit einem Prädikat zu einem Urteil verknüpft, das wahr oder falsch sein kann (vgl. Plat. soph. 261dl-263d4). Wenig vertrauenswürdig ist das Zeugnis des Proklos (in Plat. Krat., cap. 37 Pasquali = frg. V A 155,2f. Giann.), der dem Antisthenes dieselbe

Proömium § 1

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Begründung des Satzes ούκ εστίν ψευδή λέγειν zuschreibt, die Kratylos und auch Euthydem in den gleichnamigen platonischen Dialogen geben (vgl. dazu unten): πάς γάρ, φησί (sc. Αντισθένης), λόγος αληθεύει· ό γαρ λέγων τι λέγει· ό δέ τι λέγων τό δν λέγει· ό δε τό δν λέγων αληθεύει. Daß Antisthenes so argumentierte, ist jedoch unwahrscheinlich, da sich nach Aristoteles (metaph. 1024b32-34) die Unmöglichkeit des ψεύδεσθαι aus dem Konzept des οικείος λόγος ergab, die hier referierte Begründung aber auf dieses Konzept nicht zurückgreift; vgl. auch Caizzi 57f. Die Leugnung der Möglichkeit von Widerspruch und Lüge war offenbar nicht das exklusive geistige Eigentum des Antisthenes. Die These οΰκ εστίν άντιλέγειν sollen schon die Anhänger des Protagoras (oi άμφι Πρωταγόραν, Plat. Euthyd. 286c2) sowie Prodikos vertreten haben (vgl. G. Binder / L. Liesenborghs, Eine Zuweisung der Sentenz οΰκ εστίν άντιλέγειν an Prodikos von Keos, MH 23,1966, 37-43), im platonischen Euthydem wird sie von Dionysodor >bewiesen< (Euthyd. 285d7-286b6). Die Möglichkeit zu lügen bestreiten Euthydem (Euthyd. 283e7-284a8) und Kratylos (Krat. 429d4-6) in den gleichnamigen Dialogen. An Prodikos und Protagoras dürfte Isokrates an unserer Stelle weniger gedacht haben: Wie der folgende abgrenzende Hinweis auf die ältere Sophistengeneration (§§2/3) belegt, setzt er sich hier nur mit seinen Zeitgenossen auseinander (vgl. Eucken 9 Anm. 29). Wohl aber ist vorstellbar, daß Isokrates die >Thesen-Trias< des Antisthenes gerade auch deshalb zitiert, weil die Thematik unter den Paradoxologen gewissermaßen klassisch war. Der Umstand, daß sich die Anspielung des Isokrates auf Antisthenes beziehen läßt, sollte daher nicht überbewertet und, wie vielfach geschehen (vgl. Gomperz 1905, 174; Rudberg 6; Eucken 46f.), im Sinne einer persönlichen Attacke gedeutet werden. Wie sich noch an anderen Stellen zeigen wird, gilt das Interesse des Isokrates nicht primär dem individuellen Angriff, sondern der allgemeinen Kritik an einer seinem eigenen Ideal von Erziehung und Rhetorik zuwiderlaufenden Strömung, deren Repräsentanten nur exempli gratia zitiert werden, ψευδή λέγειν : Θ bietet ψευδολογεΐν, das bei Isokrates sonst nur noch in 10,8 einhellig überliefert ist und dort ein breiter angelegtes >Lügengeschichten erzählem bezeichnet, ψευδή λέγειν hingegen wird spezifischer verwendet von einer »unwahren Aussage< (vgl. 11,33; 13,1; 18,13. 15) und ist daher in unserem Zusammenhang vorzuziehen, δύο λόγω : Zur Form δύο (ΓΛΠΝ: δύω Θ) vgl. Kühner/Blass 1632 Anm. 2. δύο (Nom. u. Akk.) wird im Attischen öfter mit dem Plural als mit dem Dual des Nomens verbunden, vgl. KG I 70, Schwyzer II 49 mit Anm. 4.

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Übersetzung und Erläuterungen

So findet sich auch bei Isokrates der Dual bei δύο nur hier, der Plural 5,11; 7,46; 15,268; 17,4; 18,34; 21,3.16.19. ειπείν : Die Herausgeber vor Drerup folgen der von Γ5ΘΛΠΝ gebotenen Lesart άντειπεΐν. LSJ s.v. άντεΐπον geben für unsere Stelle die Bedeutung »speek on both sides of a question« an. Dies ist inhaltlich verfehlt und scheint auch grammatikalisch ohne Parallele zu sein. In den seltenen Fällen, in denen zu άντιλέγειν ein inneres Objekt tritt, wird dieses von einer der beiden Konstituenten des Widerspruchs gebildet, so Aristoph. Lys. 805, Eur. Iph. A. 1391, Plat. apol. 28b5 und Lys. 8,11: περί τοΰ πράγματος άντιλέγειν τον εναντίον λόγον. Die Verschreibung von ειπείν zu άντειπεΐν erklärt sich leicht als Influenzfehler aus άντιλέγειν. oi δέ ... καθ* απάντων εστίν : Der Versuch, die Identität der Einzeltugenden und den Wissenscharakter der Gesamt-άρετή nachzuweisen, wird von Sokrates im platonischen Protagoras unternommen (zur Einheit der Tugenden im Wissen vgl. auch Lach. 198d-199e; zur Frage der Lehrbarkeit der Tugend vgl. den Menon). Ob sich darin die persönliche Überzeugung Piatons kundtut, ist ungewiß (vgl. Manuwald 429) gleichwohl könnte Isokrates den Protagoras in diesem Sinne (miß-)verstanden haben. Daß sich die Polemik vornehmlich oder gar ausschließlich gegen Piaton richtet, wie vielfach angenommen (vgl. u.a. Gomperz 1905, 174, Raeder 138, Ries 49f.), ist jedoch wenig wahrscheinlich: Hätte Isokrates gewollt, daß sich der zur Abfassungszeit der Helena 35- bis 40jährige Piaton persönlich getroffen fühlte, hätte er sicher den Ausdruck καταγεγηράκασιν vermieden (so richtig Eucken 46f.). Es besteht auch keine sachliche Notwendigkeit, die Anspielung allein auf Piaton zu beziehen, da die von Isokrates zitierten Thesen - zumindest in ihrer Grundtendenz - als sokratisches Gemeingut gelten dürfen. Nach dem Zeugnis des Aristoteles, das sich in diesem Punkt weitgehend mit den Darstellungen des Piaton und des Xenophon deckt, hat Sokrates die Ansicht vertreten, daß sowohl die Einzeltugenden als auch die Gesamttugend Wissen seien, und daraus das eigentliche Paradoxon abgeleitet, niemand tue freiwillig Unrecht; vgl. z.B. eth. Eud. 1216b6-8 (= frg. I В 28,4f. Giann.) έπιστήμας γαρ φετ' είναι πάσας τάς άρετάς, ώσθ' αμα συμβαίνειν είδέναι τε την δικαιοσύνην και είναι δίκαιον (vgl. auch frgg. I В 29-40 Giann. sowie Xen. mem. 3,9,5; Plat. Lach. 199d4-el, Prot. 361a6-b7). In dieser Tradition dürfte auch die dem Antisthenes zugeschriebene Aussage ε'ί τι πράττει ό σοφός, κατά πάσαν άρετήν ένεργεΐ (anon, schol. lips, ad И. 15,123 = frg. V А 192,4f. Giann.) stehen. Die These, άνδρεία, σοφία und δικαιοσύνη sei ταΰτόν, geht jedoch bei einem wörtlichen Verständnis über die ursprüngliche sokratische Lehre hinaus,

Proömium § 1

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insofern sie nicht nur die Aufhebung der Einzeltugenden in einer allgemeinen σοφία, sondern ihre völlige Identität postuliert. Diese extreme Position ist nur für die sog. >megarische Schule< sicher belegt: άρετάς τ' οΰτε πολλάς είσήγεν (sc. Αρίστων), ώς ό Ζήνων, ο ΰ τ ε μ ί α ν π ο λ λ ο ί ς ό ν ό μ α σ ι κ α λ ο υ μ έ ν η ν , ώς οί Μ ε γ α ρ ι κ ο ί , άλλα κατά τό πρός τί πως εχειν (Diog. Laert. 7,161 = frg. IIA 32 Giann.). Auch die zweite zitierte These, die Natur habe keinerlei Anteil an der >Tugendfähigkeit< eines Menschen (φύσει ... ο υ δ έ ν αΰτών εχομεν) stellt eine Übersteigerung des sokratischen Ansatzes dar. Von Antisthenes heißt es, διδακτήν άπεδείκνυε την άρετήν (Diog. Laert. 6,10 = frg. V A 134,2 Giann.; vgl. auch Diog. Laert. 6,105 = frg. V A 99 Giann.), was einen gewissen Einfluß der Begabung nicht ausschließt. Auch der von Euklid vorgenommenen Identifizierung des άγαθόν mit - unter anderem - φρόνησις und νους (Diog. Laert. 2,106 = frg. II A 30 Giann.) läßt sich nicht mehr entnehmen, als daß er die άρετή als eine έπιστήμη aufgefaßt hat (vgl. K. v. Fritz, Megariker, RE Suppl. V [1931] 715f. u. K. Döring, Die Megariker, Amsterdam 1972, 85ff.). Obwohl Isokrates - sicher nicht ohne Absicht - die sokratische Position jeweils in ihrer extremen Ausprägung zitiert bzw. überspitzt formuliert, ist nicht zu übersehen, daß beide Thesen aus dem von ihm selbst vorgezeichneten Rahmen fallen: Sie sind keineswegs als Paradoxa nach Art des ούκ εστίν άντιλέγειν, sondern als ernsthafte Beiträge zu philosophischen Problemen intendiert. Die Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend wurde schon seit langem kontrovers diskutiert und gewann mit dem Auftreten der Sophisten eine besondere Aktualität (vgl. Guthrie III 250ff. sowie die Reflexe dieser Diskussion in den platonischen Frühdialogen und in den Dissoi Logoi). Weder die sokratische Antwort noch ihre Begründung können als absurd abqualifiziert werden - sie stehen lediglich in diametralem Gegensatz zu der Auffassung des Isokrates. Er betrachtet die Einzeltugenden als voneinander unabhängig (vgl. 10,21 των ... άλλων των εύδοκιμησάντων εύρήσομεν τον μέν άνδρείας, τον δε σοφίας, τον δ' άλλου τινός των τοιούτων μερών άπεστερημένον) und hält den Einfluß des Wissens auf die Tugend für überaus gering: και μηδεις οΐέσθω με λέγειν, ώς εστι δικαιοσύνη διδακτόν· δλως μέν γάρ ούδεμίαν ηγούμαι τοιαύτην είναι τέχνην, ήτις τοις κακώς πεφυκόσι πρός άρετήν σωφροσύνην αν και δικαιοσύνην έμποιήσειεν (13,21; vgl. auch 15,274 sowie zur Negation eines handlungsleitenden Wissens Komm, zu § 5 δοξάζειν... έπίστασθαι). διεξιόντες : >in allen Einzelheiten darlegenWeisheit< (9,23; 10,21.54; 11,24; 12,228; 13,2; 15,111.270.312; ironisch 13,7), έπιστήμη hingegen die mehr oder minder spezielle Kenntnis oder Fertigkeit (vgl. z.B. 13,10 την των λόγων έπιστήμην oder die Zusammenstellung der έπιστήμαι mit τέχναι und δυνάμεις 12,30). Das Verhältnis von σοφία und έπιστήμη wird 15,271 besonders deutlich: έπειδή ... οΰκ ενεστιν έν τή φύσει τη των ανθρώπων έπιστήμην λαβείν, ην εχοντες αν εΐδεΐμεν δ τι πρακτέον ή λεκτέον έστιν, έκ των λοιπών σοφούς μέν νομίζω τούς ταΐς δόξαις έπιτυγχάνειν ώς έπί τό πολύ του βέλτιστου δυναμένους, φιλοσόφους δέ τούς έν τούτοις διατρίβοντας, έξ ών τάχιστα λήψονται την τοιαύτην φρόνησιν. Weisheit (σοφία) läßt sich nicht auf ein >Fachwissen< (έπιστήμη) aller lebensrelevanten Gegenstände zurückführen, da sich gerade diese dem Zugriff durch das Wissen entziehen, sondern sie besteht in einem der Wahrheit möglichst nahekommenden Vermuten (vgl. Komm, zu § 5 δοξάζειν ... έπίστασθαι). σοφία ist also nach Isokrates etwas, was weder έπιστήμη ist noch über έπιστήμη vermittelt werden kann. Daß Isokrates dem Menschen grundsätzlich die Möglichkeit zur Erlangung von σοφία abspricht, wie Mikkola 203 behauptet, ist nicht richtig; er leugnet lediglich, daß es dem Menschen möglich ist, σοφία im Sinne einer έπιστήμη zu besitzen. Näheres zu beiden Begriffen bei B. Snell, Ausdrücke für den Begriff des Wissens, Berlin 1924. κατά πάντων : ΘΛΠΝ; καθ' απάντων Γ (übernommen von Drerup). Münschers Analyse zufolge (1895, 30f.) schreibt Isokrates mit großer Regelmäßigkeit πάς nach Vokalen und άπας nach Konsonanten. Ein Sinnunterschied bestehe nicht, zur Verstärkung werde σύμπας verwandt. Dafür, daß Isokrates κατά mit πάς und nicht unter Elision des auslautenden Vokals mit άπας verbinde, führt Münscher den handschriftlichen Befund an: Nur 15,107 ist einhellig καθ' άπάντων überliefert, κατά πάντων dagegen an drei Stellen (8,35.56; 15,189). 2,47; 4,114 u. 12,55 ist die Überlieferung wie an unserer Stelle gespalten. Die Schreibweise von Θ u. Λ hat somit die größere Wahrscheinlichkeit für sich (vgl. auch Seck 93). κ α τ ά hier in der Bedeutung bezüglich, vonim allgemeinem an. άλλοι δέ ... δυναμένας : Als drittes Beispiel führt Isokrates keine konkrete These, sondern die Beschäftigung mit der Eristik im allgemeinen an. Dies läßt an Erzieher denken, die kein festes philosophisches Programm vertraten, sondern das Disputieren als Selbstzweck betrieben. Eine Vorstellung von einem derartigen >Unterricht< gibt - freilich in satirischer Verzerrung - der platonische Euthydem. Die im Dialog als σοφισταί bezeichneten Brüder Euthydem und Dionysodor formulieren zwar als Erziehungsziel die Vermittlung der αρετή (273d8f.), lassen aber offen erkennen, ausschließlich an der Widerlegung ihres Gesprächspartners und nicht etwa an der Wahrheitsfindung interessiert zu sein (275e5f., 276elf., im Urteil des Sokrates 272a7ff.). In der Erkenntnis der Dinge wird daher kein Fortschritt erzielt (278b4f.), vielmehr gerät der Schüler beständig in Verlegenheit (275d5ff., 276d2f„ 277dlff., 283d3ff„ 301a2, 302b5ff., 303a4f., elf.). Das entspricht exakt der Beschreibung des ουδέν μεν ώφελεΐν, πράγματα δέ παρέχειν τοις πλησιάζουσιν. Auch der übergeordnete Vorwurf des Isokrates, Paradoxa um der Paradoxa willen zu formulieren, hat ein fast wörtliches Pendant in der gespielt ungläubigen Frage des Sokrates an Dionysodor: Λόγου ενεκα ... λέγεις τον λόγον, ίνα δή άτοπον λέγης, η ώς άληθώς δοκεΐ σοι ούδεις είναι άμαθης άνθρώπων; (286dl Iff.). Die geistesgeschichtliche Provenienz der Eristik, die in der ersten Hälfte des 4. Jhs. beträchtlichen Einfluß gewonnen haben muß (Aristoteles hat ihr mit den Sophistici Elenchi gleichsam eine eigene Schrift gewidmet), ist nicht sicher zu bestimmen (vgl. H. Keulen, Untersuchungen zu Piatons „Euthydem", Wiesbaden 1971, 77 Anm. 68 zu den antiken Zeugnissen, 78 Anm. 71 zu den modernen Forschungspositionen); ihre Vertreter lassen sich - mit Ausnahme der wahrscheinlich historischen Brüder Euthydem und Dionysodor (vgl. K. Praechter, Piaton und Euthydemos, Philologus 87 [1932] 121-135 u. R.S.W. Hawtrey, Commentary on Plato's Euthydemus, Philadelphia 1981, 13f.) - kaum individuell erfassen, τάς έριδας : ερις bezeichnet ursprünglich die kriegerische Auseinandersetzung (so überwiegend in der Ilias-, vgl. LSJ s.v. I), später dann auch den Streit mit Worten, aus dem eine Partei als Sieger hervorgeht (vgl. Thuk. 2,54,3). Aufgrund seiner >martialischen< Grundbedeutung haftet dem Begriff in letzterer Verwendungsweise oft die Vorstellung des >Wortgefechts < an, so im Rahmen eines regelrechten Agons Aristoph. Ran. 877; vgl. auch die Verwendung des Verbs έρίζειν Ran. 866 u. 1105.

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Übersetzung und Erläuterungen

Platon verengt den Begriff der >Eristik< (zum Terminus vgl. Euthyd. 272b 10) auf eine Disputationskunst, die sich auf das agonale Prinzip reduziert, d.h. ohne Interesse an der Sache allein nach dem Sieg strebt. Von der so definierten Eristik grenzt er seine eigene Methode, die Dialektik, ausdrücklich ab (vgl. neben dem Euthydem, der als Ganzes diesem Zweck dient, Men. 75c8-d7; rep. 454a4-9; soph. 226a2 [der Sophist als >BerufseristikerEristiker< belegt (zum vermeintlichen >Gesinnungswandel< in der Helena vgl. Einführung, Kap. IV), sondern auch noch in den späteren Reden offenbar in der Absicht, den Konkurrenten beim Publikum unbeliebt zu machen - die έριστικοι λόγοι in einem Atemzug mit den Lehrgegenständen der Akademie nennt (12,26 und 15,261; zum Bezug dieser Stellen auf Platon vgl. Gomperz 1905,172f.; Ries 160; Eucken 10). διατρίβουσιν : Die Herausgeber vor Drerup drucken mit ΘΛΠΝ διατρίβουσι, Drerup entscheidet sich für die von Γ gebotene Lesart διατρίβοντες. Das wichtigste Argument gegen die von Drerup hergestellte Textfassung macht Eucken 45 Anm. 3 geltend: καταγεγηράκασιν habe einen »prägnanten spöttischen Sinn in der Verbindung mit den Verben, die ein augenblickliches Handeln bezeichnen: φάσκειν und διεξιέναι« (d.h. >immer wieder von neuem behaupten bzw. darlegenSchüler< sehr häufig bei Isokrates, vgl. 2,51; 12,21.87.200.203.229.233; 13,18; 15,3.144.175.186.224; ep. 4,1; ep. 7,12 sowie zu πλησιάζειν = >sich jmdm. als Schüler anschließ e n 13,3; 15,93.195. §2 Ich aber würde mich, wenn ich sähe, daß dieser sinnlose Eifer erst kürzlich in der Rhetorik aufgekommen ist und diese Leute auf die Neuartigkeit ihrer Erfindungen stolz sind, nicht in gleicher Weise über sie wundern. Doch wer ist so dumm, nicht von Protagoras und den Gelehrten

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seiner Zeit zu wissen, daß sie uns Schriften sowohl dieser Art als auch viel schwierigere als diese hinterlassen haben? 'Εγώ δ' εί μέν έώρων ... ουκ αν όμοίως έθαύμαζον αυτών : Die eigene Person wird betont entgegengesetzt (vgl. 6,2; 7,3; ep. 2,1; ep. 6,1 u. Seck 37). Anstatt direkt auszusprechen, was ihn verwundert (etwa θαυμάζω αυτών, δτι...), nennt Isokrates im Modus des Irrealis die Bedingung, unter der er weniger verwundert gewesen wäre, und erweist diese Bedingung im Anschluß als nicht gegeben. Vgl. 19,14. περιεργίαν : Isokrates verwendet das Substantiv nur hier. Das häufiger auftretende Adjektiv περίεργος bedeutet >überflüssigsinnlos< (4,33; 5,98; 6,25; 8,8; 15,117), wobei in manchen Fällen das Empfinden mitschwingt, die περιεργία könnte für andere eine Zumutung sein (vgl. ep. 4,13; ep. 8,1 und 4,7 περίεργόν έστι τον αυτόν τρόπον έκείνοις λέγοντα πάλιν ένοχλεΐν τοις άκούουσιν). Zum Substantiv in ähnlicher Bedeutung vgl. [Plat.] Sis. 387d7. έν τοις λόγοις : Der Plural nähert sich der Bedeutung >Rhetorik< an, vgl. u.a. 4,188; 13,10(bis).14; 15,168.177.180.189.200.231.253.296. Wie bereits im Einleitungssatz des Proömiums (vgl. Komm, zu § 1 οϊ μέγα φρονοΰσιν, ην ... ειπείν δυνηθώσιν) wird den Philosophen auch hier ein primär epideiktisches Interesse an paradoxen Thesen unterstellt, έγγεγενημένην : So die Lesart von Γ; ΘΛΠΝ haben γεγενημένην. Zwischen γίγνεσθαι έν und έγγίγνεσθαι έν sind die Vulgathandschriften und der Urbinas auch 3,54; 5,60; 8,56; 12,7 u. 12,183 gespalten. Die einhellige Überlieferung von γίγνεσθαι in 12,168 τάς Άδράστψ γενομένας έν Θήβαις συμφοράς und 12,187 περί της συμφοράς της Σπαρτιάταις έν Θερμοπΰλαις γενομένης sowie andererseits von έγγίγνεσθαι in 4,150 πώς ... έν τοις έκείνων έπιτηδεύμασιν έγγενέσθαι δΰναιτ' αν η στρατηγός δεινός η στρατιώτης αγαθός;, 7,74 έπίσταμαι... έν ... τοις άλλοις τόποις φύσεις έγγιγνομένας καρπών και δένδρων και ζώων ..., 13,14 αί ... δυνάμεις και τών λόγων και τών άλλων έργων απάντων έν τοις εΰφυέσιν έγγίγνονται und 15,290 χαίρειν ... έπί τοις (sc. άγαθοΐς) έν τη ψυχη δια την παιδείαν έγγιγνομένοις läßt aber darauf schließen, daß Isokrates γίγνεσθαι έν für ein Geschehen an einem Ort, έγγίγνεσθαι έν für ein Entstehen an einem Ort oder in einem Bereich verwendete. Es ist daher an unserer Stelle der Lesart des Urbinas der Vorzug zu geben. Vgl. auch Strange IV 372f. έπί τη καινότητι: In ΘΛΠΝ fehlt τη. Der Artikel ist jedoch unverzichtbar, da sich der Stolz auf eine am konkreten Objekt, nämlich den ευρήματα, realisierte und daher selbst als konkret vorgestellte Neuheit richtet.

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Übersetzung und Erläuterungen

ευρημάτων : So Γ; εύρημένων ΘΛΠΝ. Der feine semantische Unterschied wird erkennbar in 12,208f. τά παραλελειμμένα των έπιτηδευμάτων και των τεχνών και των άλλων απάντων ούχ οί τυχόντες εύρίσκουσιν, άλλ' οί τάς τε φύσεις διαφέροντες και μαθεΐν πλείστα των πρότερον εύρημένων δυνηθέντες .... ων Λακεδαιμόνιοι πλέον άπέχουσι των βαρβάρων οί μεν γαρ αν φανεΐεν πολλών εύρημάτων και μαθηταί και διδάσκαλοι γεγονότες .... Das Partizip Perfekt bezeichnet das Resultat des Findungsprozesses, d.h. das >Gefunden-< und nunmehr >VorhandenseinErfindung< bzw. >Entdeckungbewundern< (die einzige Ausnahme bildet bei Isokr. 8,113 τί δει θαυμάζειν τους άλλους, εί τοιούτων έτέρων έπιθυμούσιν;), mit dem Genitiv der Person hingegen >sich wundern< im Sinne einer zurückhaltend formulierten Kritik (vgl. LSJ s.v. 3). θαυμάζειν mit dem Genitiv eines Substantivs bzw. Personalpronomens allein ist äußerst selten, meist wird der Inhalt der Verwunderung durch einen Nebensatz mit εί oder δτι, durch ein Partizip oder durch einen Akkusativ der Sache ausgedrückt (vgl. KG I 361 f. Anm. 10 und Schneider zu 4,1). Zum isolierten Genitiv vgl. aber bei Isokrates noch 18,21 εί ... έώρα μεταμέλον τη πόλει των πεπραγμένων, ούκ άξιον ήν θαυμάζειν αύτού und 19,14: εί... τούτοις μέν τοις νόμοις ήναντιοΰντο, τον δέ παρ' αύτοΐς κείμενον σύνδικον είχον, ήττον άξιον ήν θαυμάζειν αυτών, νυν δέ : setzt einem bloß angenommenen Fall die Wirklichkeit entgegen, vgl. KG II 117,2 u. Isokr. 10,10.21; 18,21; 19,14 und öfter, τίς έστιν οΰτως όψιμαθής : Diese Wortstellung hat gegenüber dem von den Vulgathandschriften gebotenen τίς οΰτως όψιμαθής έστιν den Vorzug, daß das sinntragende Adjektiv eine betontere Position im Satz einnimmt. Vgl. 12,66 τίς έστιν οΰτως άφυής, δστις ούχ εύρήσει προς τούτ' άντειπεΐν ...; 15,218 τίς οΰτως έστιν άναίσθητος, δστις ούκ άν άλγήσειε τοιαύτης διαβολής περί αύτόν γιγνομένης; Daß aber eine ganz sichere Entscheidung nicht möglich ist, zeigt das Gegenbeispiel 4,185: τίς γαρ

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οϋτως η νέος η παλαιός ράθυμος έστιν, δστις οΰ μετασχεΐν βουλήσεταν ταύτης της στρατιάς...; οΰτω ... όστις : zum Adjektivsatz anstelle eines durch ώστε eingeleiteten Adverbialsatzes vgl. KG II 441,3 c. όψιμαθής : Qui sero didicit, discere coepit. Peculiariter autem όψιμαθεΐς dicebantur qui sero, i.e. iam provecta aetate ..., litteras didicerant, et ex consequenti interdum pro parum doctis, literatis (TGL s.v.). Vgl. die satirisch überspitzte Beschreibung bei Theophrast, char. 27,2 ό δε όψιμαθής τοιούτος τις, οίος ρήσεις μανθάνειν έξηκονταέτης γεγονώς καΐ ταύτας λέγων παρά πότον έπιλανθάνεσθαι. Dasselbe seltene Adjektiv wird Plat. soph. 251b6 im Zusammenhang mit einer Theorie verwendet, die mit der Lehre des Antisthenes verwandt sein könnte (vgl. Komm, zu § 1 oi μέν ... ειπείν). Man hat daher sowohl an jener als auch an unserer Stelle όψιμαθής als Anspielung auf Antisthenes verstehen wollen (vgl. Wilamowitz, Piaton II 118), der sich erst als reifer Mann dem Kreis um Sokrates anschloß (so Natorp, Antisthenes [10], RE I 2 [1894] 2538f.; vgl. aber Döring 269) und von Aristoteles wiederholt als ungebildet abqualifiziert wird (vgl. metaph. 1024b32. 1043b24). Da aber im voraufgehenden Abschnitt nicht Antisthenes allein angesprochen ist und die Assoziationen des Lesers nicht durch die Kenntnis des (nach der Helena entstandenen) Sophistes geleitet worden sein können, ist es schwer vorstellbar, daß eine solche Anspielung für das Publikum verständlich gewesen wäre. Es ist daher eher anzunehmen, daß Isokrates mit όψιμαθής allgemein den defizitär Gebildeten bezeichnet, ohne eine bestimmte Person, die diese Defizite einem >verspätet< entwikkelten Lerneifer verdankt, im Blick zu haben, οΐδεν Πρωταγόραν ... ο τ ι : Zur Betonung des Subjekts des Nebensatzes durch Prolepsis vgl. KG II 577f. Πρωταγόραν : Protagoras aus Abdera (um 490-415; zur Datierung vgl. Kerferd/Flashar 28) war der älteste und wohl auch bekannteste >Sophist< im engeren platonischen Sinne (vgl. unten, Komm, zu § 2 σοφιστάς) und damit Repräsentant einer Epoche. Seine namentliche Hervorhebung dürfte aber nicht nur auf diesem Umstand gründen, sondern auch damit zusammenhängen, daß er der Verteidigung paradoxer Thesen durch den in seinem Homo-Mensura-Satz (frg. 80 В 1 DK) formulierten Subjektivismus gewissermaßen eine erkenntnistheoretische Legitimation verliehen hat. Die für Protagoras bezeugte Ansicht, alles sei wahr (ελεγε ... πάντα είναι άληθή, frg. 80 A 1 D K ) läßt an die Stelle der Suche nach der objektiven Wahrheit den Versuch treten, der subjektiven Wahrheit mit den Mitteln der Rhetorik Geltung zu verschaffen. So setzt sich Protagoras

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Übersetzung und Erläuterungen

zum Ziel, das schwächere Argument zum stärkeren zu machen (τον ηττω λόγον κρείττω ποιεΐν, frg. 80 A 21 DK), und dürfte auch seine These, es gebe zu jedem Argument ein Gegenargument (παντί λόγωι λόγον άντικεΐσθαι, frg. 80 A 20 DK; vgl. Diog. Laert. 9,51 u. Sen. epist. 88,43), durch praktische Beispiele veranschaulicht haben. Diogenes Laertios sieht deshalb in ihm den Begründer der Eristik: πρώτος ... λόγων αγώνας έποιήσατο και σοφίσματα τοις πραγματολογοΰσι προσήγαγε. και την διάνοιαν άφεις προς τοΰνομα διελέχθη και τό νυν έπιπόλαιον γένος των έριστικών έγέννησεν (Diog. Laert. 9,52 = frg. 80 A 1 DK; vgl. auch den Schriftenkatalog Diog. Laert. 9,55, in dem eine τέχνη έριστικών aufgeführt wird, sowie frg. 80 A 3 DK πρώτος λόγους έριστικούς εύρε). Der Name des Protagoras steht somit für die Wurzel des paradoxen Redens in Theorie und Praxis. κατ* έκεΐνον τον χρόνον : Gemeint ist die Mitte und die zweite Hälfte des 5. Jhs. σ ο φ ι σ τ ά ς : Der Begriff σοφιστής, der bei Piaton - meist mit negativem Beiklang - die Wanderlehrer bezeichnet, die gegen Bezahlung praktische Lebensklugheit zu vermitteln versprachen, wird von Isokrates in weiterem und wertneutralem Sinne auf alle Gelehrten und Erzieher unter Einschluß seiner eigenen Person (vgl. 15,220) angewandt (so richtig Eucken 7; nicht haltbar ist die Einschätzung von Blass 41 Anm. 1). So erscheinen auch hier unter den >Sophisten< neben Gorgias Zenon und Melissos. Zur Entwicklung des Begriffs vgl. Guthrie III 27ff., Nestle, Protagoras 1 3, Manuwald zu Plat. Prot. 31 le4; zur Verwendung bei Isokrates Ries 30f. πολύ τούτων πραγματωδέστερα : Obwohl das Adjektiv sonst nie bei Isokrates begegnet, ist ihm der Vorzug gegenüber δ υ σ χ ε ρ έ σ τ ε ρ α (ΘΠΝρΓ.) zu geben, δυσχερής (eigtl. >schwer zu handhabenin der Argumentation auf der Stelle treten< auffassen, doch deutet eine Formulierung wie 12,90, wo πράξις an die Stelle von τόπος tritt (άνόητόν έστι περί μίαν πράξιν διατρίβειν, ώσπερ άπορίας οΰσης), darauf hin, daß 10,38 eher die übertragene Bedeutung >Aspekt, Argument< vorliegt.

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So bezeichnet auch 5,109 τόπος ein Thema bzw. einen bestimmten Blickwinkel, unter dem sich ein Gegenstand betrachten läßt. Isokrates stellt fest, daß zwar die Tapferkeit und die körperlichen Mühen des Herakles fortwährend behandelt werden, daß aber seine übrigen charakterlichen Vorzüge noch niemand gepriesen hat, und fährt fort: έγώ δ' όρώ μέν τόπον ίδιον και παντάπασιν άδιεξέργαστον, οϋ μικρόν ουδέ κενόν, άλλα πολλών μέν έπαίνων και καλών πράξεων γέμοντα, ποθοΰντα δέ τον άξίως αν δυνηθέντα διαλεχθήναι περί αυτών. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Verben (110 έφ' 8v [sc. τόπον]... έπέστην;... έπελθών έπ' αυτόν ...) oszillieren ebenso zwischen ursprünglicher räumlicher und übertragener Bedeutung wie der Topos-Begriff selbst. Das Bild, das der übertragenen Bedeutung zugrundeliegt, erklärt Ritook 113 aus der Tradition der sophistischen Dialektik: »Τόπος ist etwas, was Raum, Möglichkeit zur laudatio und uituperatio, zum in utramque partem disputari, zum ηττω λόγον κρείττω ποιεΐν bietet. Er ist ein Thema, ein Beispiel zum augere bzw. zum minuere, zum dialektischen Verfahren.« Diese Erklärung ist nicht ganz zutreffend. Der τόπος wird, wie die Verwendung bei Isokrates zeigt, nicht als ein zu einem bestimmten Zwecke gegebener Raum, sondern als ein Ort, der selbst etwas bereitstellt, gedacht. Er ist ein Ort, an dem »sich Argumente befinden oder aufhalten« (Göttert 34, vgl. auch Lausberg 201), gewissermaßen ein Reservoir von gedanklichem Rohmaterial, das auf Formung dringt. Mit dieser Vorstellung kongruieren auch die Definitionen Ciceros (vgl. bes. top. 7 und part. 109), die Ritook selbst anführt. Nicht vergleichbar mit den zitierten Beispielen ist, wie Wersdörfer (50 Anm. 46) zu Recht gegen Blass (II 110 Anm. 5) einwendet, 12,88. Dort bezeichnet τόπος nicht den »Stoff der Rede« (Blass), sondern streng lokal die Stelle, an der Isokrates seine Argumentation durch den AgamemnonExkurs unterbrochen hatte und an die er wieder anknüpfen möchte: 'Αλλά γαρ οΰκ οΐδ' δποι τυγχάνω φερόμενος·... λοιπόν οΰν έστίν οΰδέν αλλο πλήν ... έπανελθεΐν εις τον τόπον εκείνον, έξ ούπερ είσέπεσον εις την περιττολογίαν ταύτην. τερθρείας : Unsere Stelle ist der früheste Beleg für dieses Wort. Hesych bietet als Synonyme λογομαχία, απάτη, φλυαρία, φληναφία. Vgl. Schmidt I 168 und den späteren Gebrauch bei Diog. Laert. prooem. 17 διαλεκτικοί δέ (sc. προσηγορεύθησαν) δσοι περί την τών λόγων τερθρείαν καταγίνονται, έν μέν τοις λόγοις ... έν δέ τοις εργοις : Die Antithese λόγφ - εργιρ und ihre Varianten bezeichnen gewöhnlich das - zur Widersprüchlichkeit neigende - Verhältnis zwischen den Worten und den Taten einer

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Übersetzung und Erläuterungen

Person (vgl. z.B. Isokr. 3,61 περί ών αν έν τοις λόγοις κατηγορήτε, μηδέν τούτων έν τοις εργοις έπιτηδεύετε) bzw. die Diskrepanz zwischen dem äußeren Anschein und der dahinter verborgenen Realität (vgl. z.B. Isokr. 5,6 λόγφ παραδούς την χώραν ήμΐν ταύτην αυτός εργω κρατήσεις αύτής). In diesem Sinne übersetzt Mitchell den Ausdruck έν τοις εργοις an unserer Stelle (Index Graecitatis Isocrateae, Oxford 1828, 155): »omissis praestigiis illis, quae quum verbis alios convincere se profiteantur, reipsa jam olim ipsae convictae sunt«. Es ist jedoch fraglich, ob Isokrates hier den Gegensatz zwischen dem, was die τερθρεία zu leisten vorgibt, und dem, was sie tatsächlich leistet oder vielmehr nicht leistet, hervorheben wollte. Der Kontext legt eine andere Interpretation nahe. Als Charakteristikum der zitierten Paradoxa hatte sich die Unvereinbarkeit der mit Worten theoretisch begründeten Thesen mit der praktischen Erfahrung erwiesen. Der unterschiedliche >Erfolg< der τερθρεία in diesen beiden Bereichen wird nun auf eine prägnante Formel gebracht: Während sie für sich beansprucht, in der Theorie der Rede (έν τοις λόγοις, d.h. durch abstraktes logisches Argumentieren) zu widerlegen, ist sie in der Praxis des Lebens (έν τοις εργοις, d.h. durch die sinnlich erfahrbare Wirklichkeit) längst widerlegt. Daß Isokrates in seinem Erziehungskonzept der praktischen Erfahrung den Primat vor der theoretischen Spekulation einräumt, wird in der Folge deutlich (vgl. § 5 περί τάς πράξεις ... παιδεύειν, περί την έμπειρίαν... γυμνάζειν). Zu einer ähnlichen Antithese vgl. Antiph. 6,47 oi μέν άλλοι άνθρωποι τοις εργοις τους λόγους έξελέγχουσιν, ούτοι δέ τοις λόγοις ζητοΰσιν τά εργα απιστα καταστήσαι. Von unserer Stelle zu unterscheiden ist die 13,7 geübte Kritik an den Eristikern, die zwar mit demselben Begriffspaar λόγος - έργον operiert, aber an einem anderen Punkt ansetzt. Isokrates moniert dort, daß die vorgeblichen Lehrer der Weisheit die Spitzfindigkeit, die sie in den Diskussionen fortwährend unter Beweis stellen, im praktischen Leben vermissen lassen, da sie auf die Widersprüche in den Worten achten, sie in ihrem eigenen Verhalten aber übersehen (τάς έναντιώσεις έπι μέν των λόγων τηροΰντας, έπι δέ των έργων μη καθορώντας). έξελέγχειν : Der absolute Gebrauch ist ungewöhnlich, erklärt sich aber hier aus der speziellen Aussageabsicht. Es geht nicht darum, wer oder was widerlegt wird, sondern die Pointe liegt darin, daß das Subjekt in einem Bereich Opfer exakt der Handlung wird, die es in einem anderen Bereich selbst auszuüben behauptet. Das destruktive Element ist besonders für die Eristik im engeren Sinne charakteristisch, vgl. Euthyd. 272a7-bl οΰτω δεινώ γεγόνατον έν τοις

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λόγοις μάχεσθαί τε και έξελέγχειν τό άεί λεγόμενον, ομοίως έάντε ψευδός έάντε αληθές ή u. 275e5f. προλέγω δτι όπότερ' αν άποκρίνηται τό μειράκιον, έξελεγχθήσεται. Im Kontrast dazu steht die Methode des Sokrates, vgl. Gorg. 458a2-bl, Euthyd. 304c6-dl. προσποιουμένης : προσποιεΐσθαι (>für sich in Anspruch nehmenvon sich behauptend läßt in neutraler Verwendung unbestimmt, ob der Anspruch berechtigt oder die Behauptung wahr ist (vgl. Isokr. 3,35; 11,29; 15,216), häufiger aber ist, wie hier, der Begriff der >Vorspiegelung< im Gegensatz zur Wirklichkeit impliziert (vgl. u.a. Isokr. 13,1.7; 15,84.159; 17,9). πολύν ηδη χρόνον : So die übliche Wortstellung bei Isokrates, vgl. Schneider zu 5,73 sowie 4,162; 8,30.36; 15,285; ep. 9,11. Gemeint ist die Zeit seit dem Auftreten der ersten Vertreter paradoxer Lehrsätze. την άλήθειαν διώκειν : Der τερθρεία, die sich darin erschöpft, das Unwahre plausibel zu machen, wird die Suche nach der αλήθεια als die angemessenere Beschäftigung entgegengestellt. Vgl. 12,271: (sc. ταΰτα διήλθον) βουλόμενος ... των ακροατών έπαινέσαι... τους ... σπουδαιοτέρους και φιλοσοφωτέρους είναι νομίζοντας... τους της αληθείας στοχαζομένους (sc. λόγους) των τάς δόξας των άκροωμένων παρακρούεσθαι ζητοΰντων. Dabei handelt es sich nicht um eine metaphysische Wahrheit - diese ist in der auf die Lebenspraxis ausgerichteten Philosophie des Isokrates nicht von Interesse. Mit αλήθεια bezeichnet Isokrates in der Regel den >wahren Sachverhalt (vgl. z.B. 12,40; 15,216), und so dürfte der Begriff auch an der vorliegenden Stelle aufzufassen sein. Isokrates ruft dazu auf, historischen oder aktuellen Ereignissen und Zusammenhängen, die für unser Leben relevant sind, stets mit dem Ziel auf den Grund zu gehen, zu erfahren, wie etwas >wirklich< war bzw. ist. Dabei entzieht sich die αλήθεια zuweilen dem festen Zugriff durch das Wissen und kann nur mehr oder weniger treffsicher vermutet werden; vgl. 12,261 στοχάζεσθαι της αληθείας und 12,9 την (sc. έμήν) φΰσιν είδώς ... δοξάσαι... περί έκαστου την άλήθειαν μάλλον δυναμένην των είδέναι φασκόντων. Ein wenig anders interpretiert Mikkola 83f. den άλήθεια-Begriff an unserer Stelle. Er ordnet ihn zunächst der recht fragwürdigen Bedeutungsnuance »wahrer Nutzen« zu (die beiden anderen angeführten Belege halten einer Prüfung nicht stand: 8,29 bedeutet άλήθεια nichts anderes als tatsächlicher Ausgangwahrer Nutzem, sondern der Gesamtbegriff περί των σοι συμφερόντων ... την άλήθειαν) und erklärt dann, nicht ganz konform mit dieser Begriffsbestimmung, Iso-

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Übersetzung und Erläuterungen

krates fordere seine Gegner auf, sie sollten »das wirkliche praktische Leben zum Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit machen (την άλήθειαν διώκειν).... An dieser Stelle drückt also der Begriff aletheia, den wir uns als einen rein theoretischen zu denken gewöhnt sind, das völlige Gegenteil des Theoretischen aus, nämlich die Forderungen des realen Lebens, die Wahrheit des Lebens«. Für Mikkola steht damit nicht der Gegensatz zwischen Lüge und Wahrheit, sondern der zwischen Theorie und Praxis im Vordergrund. Es ist jedoch sprachlich kaum möglich, dem Ausdruck την άλήθειαν διώκειν die Bedeutung >das wirkliche praktische Leben zum Gegenstand der Aufmerksamkeit machen< abzugewinnen, da zum einen αλήθεια nicht >PraxisWahrheit< heißt und zum anderen διώκειν ein auf ein zu erreichendes Ziel gerichtetes >Nachjagen< und nicht die Hinwendung der Aufmerksamkeit auf ein bereits verfügbares Objekt bezeichnet (vgl. u.a. Plat. Gorg. 482e4). περί ... παιδεύειν : Den Gegenstand der Ausbildung drückt Isokrates gewöhnlich durch den Akkusativ aus (15,239; ep. 8,1), das anvisierte Erziehungsziel, sei es eine innere Qualität (6,102; 7,82; 15,294; 16,27) oder sei es der Bereich, für den die Kompetenz gelten soll (4,47.150; 15,294), durch die Präposition πρός с. acc. παιδεύειν περί с. асс. begegnet bei Isokrates nur an dieser Stelle, vgl. aber die Konstruktion des Substantivs 11,49; 15,211; ep. 5,4; zu παιδεύειν περί vgl. Aristot. pol. 1282a4f. und Plat. Krat. 384b4. τάς πράξεις, έν αίς πολιτευόμεθα : Tätigkeiten, mit denen wir am politischen Leben teilnehmen< (ähnlich Eucken 1983, 56); zur instrumentalen Bedeutung von έν с. dat. vgl. KG 1464f. Die einzige >Parallele< zu dieser Formulierung ist ohne zwingende Gründe und unter Zerstörung des Sinnes durch Konjektur hergestellt: 15,144 läßt sich Isokrates bescheinigen, er habe sich niemals in eine der gerichtlichen Aktivitäten verstricken lassen, έν οΐς άπαντες πολιτευόμενοι (Benseier : οί πολιτευόμενοι codd.) τυγχάνουσιν (zu έν τινι είναι = >beschäftigt sein mit< vgl. LSJ s.v. έν II 1 und KG I 463; zur Ellipse von είναι bei τυγχάνω vgl. KG II 67 c). Nicht vergleichbar ist 4,48: όρώσα (sc. ή πόλις) ... περί... τάς άλλας πράξεις οΰτω ταραχώδεις οΰσας τάς τύχας ώστε πολλάκις έν αύταΐς και τους φρονίμους άτυχεΐν και τους άνοήτους κατορθοΰν. Bei der durchaus üblichen Konstruktion άτυχεΐν / καθορθοΰν εν τινι (vgl. 4,124; 12,105 etc.) bezeichnet die Präposition kein instrumentales, sondern ein lokales Verhältnis: Man hat (Miß-)erfolg auf einem Gebiet bzw. bei einer Handlung, nicht durch eine Handlung. Die Ausrichtung der Erziehung auf die Lebenspraxis steht im Zentrum des isokrateischen Bildungskonzepts. Vgl. dazu ep. 5,4 und bes. 12,30:

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τίνας ούν καλώ πεπαιδευμένους, έπειδή τάς τέχνας και τάς έπιστήμας και τάς δυνάμεις αποδοκιμάζω; πρώτον μεν τους καλώς χρωμένους τοις πράγμασι τοις κατά την ήμέραν έκάστην προσπίπτουσι, και την δόξαν έπιτυχή τών καιρών έχοντας και δυναμένην ώς έπι τό πολύ στοχάζεσθαι του συμφέροντος*... (es folgt ein Katalog charakterlicher Qualitäten, die sich unter dem Oberbegriff μετριότης zusammenfassen lassen). Nach dem Kriterium der Praxistauglichkeit werden auch die Methoden und Lehrgegenstände konkurrierender Schulen geprüft und in der Regel als >unnütz< verworfen, vgl. 12,27-29; 13,20; 15,262.269. Am ehesten zur Vermittlung der für das tägliche Leben erforderlichen Fähigkeiten geeignet ist nach Ansicht des Isokrates die Rhetorik; vgl. Komm, zu §§4/5 δοξάζειν... έπίστασθαι. τους συνόντας : In der Bedeutung >Schüler< bei Isokr. noch 10,7; 11,47; 13,4.9; 15,86.92.96.101.178.199.219.239.240.259.261.287.313. περί τήν έμπειρίαν ... γ υ μ ν ά ζ ε ι ν : Die Verbindung des Begriffs έμπειρία mit γυμνάζειν überrascht zunächst, da man sich in einer Erfahrung, die man bereits besitzt, nicht mehr üben muß. Der Ausdruck ist aber wohl proleptisch im Sinne von >üben, so daß sie Erfahrung gewinnen< aufzufassen (vgl. Wilms 251); ähnlich 12,155; 13,14 (wo έμπειρία nicht, wie LSJ s.v. II 2 angeben, >craft< bedeutet); 15,187.188. Der Erfolg der Ausbildung hängt nach Ansicht des Isokrates von drei unterschiedlich zu gewichtenden Determinanten ab: von φύσις, έμπειρία und παιδεία: λέγομεν γάρ, ώς δει τούς μέλλοντας διοίσειν η περι τούς λόγους η περι τάς πράξεις ή περι τάς αλλας έργασίας πρώτον μέν προς τούτο πεφυκέναι καλώς, προς δπερ αν προηρημένοι τυγχάνωσιν, επειτα παιδευθήναι και λαβείν τήν έπιστήμην, ήτις αν ή περι έκάστου, τρίτον έντριβεΐς γενέσθαι και γυμνασθήναι περι τήν χρείαν και τήν έμπειρίαν αύτών (15,187; vgl. auch 13,14f.). Der entscheidende Anteil kommt dabei, besonders im Bereich der Rhetorik, der φύσις zu (15,189f.). Zur optimalen Verwirklichung ihres Potentials gelangt die φύσις nur im Verbund mit παιδεία (13,15 Anf.; 15,190) und έμπειρία (13,17; 15,191 Ende), wobei die έμπειρία die Defizite des weniger Begabten sogar so weit zu kompensieren vermag, daß er dem Begabten, der die Übung vernachlässigt, überlegen ist (15,191; vgl. auch, in etwas anderem Zusammenhang, 3,18). Den geringsten Einfluß hat die παιδεία, die vor den von der Natur gesetzten Grenzen kapitulieren muß, aber immerhin jeden Schüler über sein eigenes Ausgangsniveau hinausführen kann (13,15; zur Ohnmacht der παιδεία speziell in der Rhetorik vgl. 15,192). Zu γυμνάζειν περί с. acc. vgl. 12,229; 13,14.17; 15,187.295.

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Übersetzung und Erläuterungen

ένθυμουμένους δτι ... δοξάζειν : Die von Isokrates empfohlenen Erziehungsmethoden tragen dieser Erwägung Rechnung: Das περί τάς πράξεις παιδεύειν lenkt die Aufmerksamkeit der Schüler auf τά χρήσιμα, das περι την έμπειρίαν γυμνάζειν schafft Erfahrungsdaten, die die Treffsicherheit des δοξάζειν optimieren, πολύ κρεΐττόν έστιν περί των χρησίμων έπιεικώς δοξάζειν η περι των αχρήστων ακριβώς έ π ΐ σ τ α σ θ α ι : Die Antithese ist besonders prägnant, da alle korrespondierenden Satzteile einen Gegensatz bilden (χρησίμων - άχρήστων, έπιεικώς - άκριβώς, δοξάζειν - έπίστασθαι). Das Streben nach einer genauen Erkenntnis ist nicht nur ein neues Element in der Charakterisierung der gegnerischen Position, sondern steht sogar mit dem Hauptvorwurf gegen die Paradoxologen, bewußt falsche Thesen zu vertreten, in gewissem Widerspruch. Dies deutet darauf hin, daß sich Isokrates hier gegen ein anderes konkurrierendes Erziehungskonzept richtet, das den exakten Wissenschaften, die er 15,26Iff. als nutzlos für die Lebenspraxis einstuft, einige Bedeutung beimaß. Ein solches Konzept verfolgte die platonische Akademie, deren Lehrplan Arithmetik, Geometrie, Astrologie und Harmonielehre als Vorstufen der Dialektik umfaßt haben dürfte (vgl. Plat. rep. 524d-531c). Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß Isokrates hier einen Seitenhieb gegen Piatons Erziehungsprogramm führt, das sich immer wieder der Kritik ausgesetzt sah, die Schüler nicht auf die Anforderungen des Lebens vorzubereiten (vgl. Plat. Gorg. 484c4ff. u. rep. 487c4ff.). Ohne Anhalt im Text ist Euckens unter Hinzuziehung von Isokr. 15,268 gewonnene These, Isokrates kritisiere an unserer Stelle auch die platonische Ideenlehre, indem er sie »in die Tradition der älteren von ihm als Falschreden qualifizierten Seinsphilosophie« stelle (Eucken 73, vgl. auch dens. 60; Euckens These wird nun in den Stand einer gesicherten Erkenntnis erhoben von K. Thraede, RAC, Art. Isokrates, 1031). περι των χρησίμων ... περι των άχρήστων : Maßstab ist die Brauchbarkeit der Kenntnisse für das tägliche Leben, d.h. ihr praktischer Nutzem; vgl. unten τοις μηδέν προς τον βίον ώφελοΰσιν sowie 15,269 ήγοΰμαι... δεΐν ... τους προΰργου τι ποιεΐν βουλομένους και των λόγων τους ματαίους και των πράξεων τάς μηδέν προς τον βίον φέρουσας άναιρεΐν έξ άπασών των διατριβών; zum leitenden Aspekt des Nutzens auch § 1 τάς έριδας ... τάς ουδέν μέν ώφελούσας und § 6 (sc. λόγοι), ο'ΐ μηδέ προς εν χρήσιμοι τυγχάνουσιν δντες. έπιεικώς : >ganz ordentliche einigermaßen gutunwürdigen< Gegenständen suchen, um an diesen ihre rhetorische Virtuosität zu demonstrieren. Die zentrale Rolle, die dem δοξάζειν in der Philosophie des Isokrates zukommt, hat gelegentlich zu Mißverständnissen geführt. Unzutreffend ist, daß Isokrates dem Menschen grundsätzlich die Möglichkeit einer sicheren Erkenntnis abspricht und an den Platz des Wissens das Meinen treten läßt (so Lesky 660f. und Kuhnert 331; richtig Steidle 261, Eucken 31). An unserer Stelle wird die Möglichkeit eines sicheren Wissens ausdrücklich zugelassen. Isokrates gibt lediglich zu bedenken, daß sich der Wert einer Erkenntnis nicht allein nach dem Grad der Erkenntnisgewißheit bemißt, sondern daß als zweite Koordinate die Wichtigkeit des zu erkennenden Gegenstandes anzulegen ist. Ideal wäre ein sicheres Wissen vom Nützlichen; wenn dies aber nicht zu erlangen ist, ist eine richtige Meinung davon immer noch besser als ein genaues Wissen vom Unnützen. Daß Isokrates das Wissen, wo es möglich ist, dem Meinen vorzieht, belegt eine Stelle wie 15,54: αύτούς γαρ ύμΐν δείξω τούς είρημένους ύπ' έμοΰ και γεγραμμένους, ώστ' ού δοξάσαντες ά λ λ α σαφώς εΐδότες, όποιοι τινές είσι, την ψήφον οΐσετε περί αύτών. Seine Skepsis gegenüber der Erkenntnisfähigkeit bezieht sich, wie aus 15,271 hervorgeht, nur auf

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Übersetzung und Erläuterungen

einen ganz bestimmten Bereich: Die Folgen menschlichen Handelns können nicht nach einem intellektuell faßbaren Gesetz exakt im voraus berechnet werden (vgl. 8,8.35; 13,2f.7f.). Es besteht lediglich die Möglichkeit, auf der Grundlage von Erfahrungswerten die Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen zu erkennen und so zu einer richtigen Vermutung zu gelangen (8,28.35). Die Instanz, vor der sich die δόξα zu bewähren hat, ist die Wirklichkeit, d.h. die Bestätigung oder Widerlegung der Vermutung durch die tatsächlichen Ereignisse; vgl. 8,28f. έμοι δοκοΰσιν απαντες μεν έπιθυμεΐν του συμφέροντος καν τοΰ πλέον εχειν των άλλων, οϋκ είδέναι δε τάς πράξεις τάς έπι ταΰτα φέρουσας άλλα ταΐς δόξαις διαφέρειν ά λ λ ή λ ω ν οί μεν γαρ εχειν έπιεικεΐς και στοχάζεσθαι τοΰ δέοντος δυναμένας, οί δ' ώς οίόν τε πλείστον τοΰ συμφέροντος διαμαρτανούσας. όπερ και τη πόλει συμβέβηκεν.... πλείστον ... διεψεύσμεθα της άληθείας. ών ... γαρ ήλπίζομεν, ουδέν άποβέβηκεν ...). Verfehlt ist daher die aus 12,9 abgeleitete Deutung Mikkolas, nach Isokrates habe »jeder Mensch, wenn er mit Hilfe der Wahrscheinlichkeit Schlüsse zieht, seine eigene Wahrheit« (99). Zu einer eingehenden Charakterisierung des isokrateischen δόξα-Begriffs in Abgrenzung von Protagoras und Gorgias vgl. Eucken 32-35: δόξα ist für Isokrates weder eine Meinung, die notwendig wahr ist, weil sie dem Subjekt wahr erscheint (Protagoras), noch der trügerische >ScheinZielen< nach der objektiv bestehenden Wahrheit, das sein Objekt treffen oder verfehlen kann (vgl. 8,28). Es wurde bereits oben (Komm, zu πολύ κρεΐττόν έστιν ... ακριβώς έπίστασθαι) die Vermutung geäußert, daß Isokrates sich hier gegen die in der platonischen Akademie betriebene Form der Jugenderziehung wendet. Die Gegenüberstellung der Begriffe δοξάζειν und έπίστασθαι gibt dieser Vermutung zusätzliche Nahrung. In der Beurteilung von Meinen und Wissen wird nämlich die Diskrepanz zwischen platonischer und isokrateischer Philosophieauffassung in geradezu exemplarischer Weise deutlich. So weist Piaton in der Politeia der δόξα einen Platz in der Mitte zwischen αγνοία und έπιστήμη zu (478cl3-d3; vgl. auch symp. 202a29) und bestimmt als ihre Gegenstände die Dinge der Erfahrungswelt, die zwischen Seiendem und Nichtseiendem stehen (479d3-9). Nur diejenigen, die zur έπιστήμη und ihren Gegenständen vorzudringen in der Lage seien, dürften den Titel φιλόσοφοι für sich beanspruchen. Wer in dem der δόξα zugänglichen Gegenstandsbereich verharre, sei lediglich ein φιλόδοξος (479el0-480al3). Nach dem Modell Piatons besteht also eine feste Korrelation zwischen Erkenntnisart und Erkenntnisgegenstand. Je

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höher der ontologische Wert eines Gegenstandes ist, d.h. je näher er dem »wahrhaft Seiendem steht, desto höher ist auch der Wert der ihn erfassenden Erkenntnisart. So ist ausgeschlossen, daß für den >wahren< Philosophen, der zur Erkenntnis der αλήθεια, der Sache >an sichbesser< sein kann als das έπίστασθαι, da der Gegenstandsbereich der δόξα im Hinblick auf die spezifische Zielsetzung des Philosophen grundsätzlich weniger nützlich ist als der der έπιστήμη. Das gilt nicht für den Praktiker Isokrates. Da er nicht nach Erkenntnis um der Erkenntnis willen strebt, steht für ihn der Wert des Erkannten nicht notwendig im proportionalen Verhältnis zur Genauigkeit der Erkenntnis. Vielmehr stößt in dem für seine Zielsetzung relevanten Bereich gerade das Wissen an seine Grenzen: Bei der Wahl der richtigen Handlungsentscheidung ist das χρήσιμον durch das έπίστασθαι überhaupt nicht, durch das δοξάζειν zumindest potentiell zu erfassen. μάλλον : om. ΘΛΠΝ. Vgl. aber zur nachdrücklichen Aufnahme eines voraufgehenden Komparativs durch μάλλον KG 126 sowie Isokr. 2,22; 3,16; 6,89; 10,27.53. Wenn, wie im vorliegenden Fall, zwei Vergleichspaare von einem Komparativ abhängig sind, ist eine solche Wiederaufnahme um so mehr geboten. έν τοις μεγάλοις ... έν τοις μικροΐς : τοις μικροΐς wird durch das folgende τοις μηδέν προς τον βίον ώφελοΰσιν mehr erklärt als ergänzt: Der Maßstab ist wiederum die Bedeutung für das praktische Leben. Vgl. Isokr. 2,39; ep. l,9f.; ep. 9,15 sowie Plat. Gorg. 484c4f. u. Mx. 234a6, wo allerdings τά μείζω nicht - wie bei Isokrates - die >richtigen< Gegenstände der Philosophie bezeichnet, sondern ironisch der Philosophie entgegengesetzt wird. και τοις μηδέν προς τον βίον ώφελοΰσιν : Fuhr 1877, 53 nimmt Anstoß daran, daß Isokrates, nachdem er zunächst »de utilitate (χρησίμων - άχρηστων)«, dann »de magnitudine (μεγάλοις - μικροΐς)« gesprochen habe, den Nützlichkeitsaspekt anschließend unter Zerstörung der Symmetrie der Antithese noch einmal aufgreift, und schlägt die Tilgung von και τοις μηδέν προς τον βίον ώφελοΰσιν vor. Faßt man aber τά μηδέν προς τον βίον ώφελοΰντα als Erläuterung zu τά μικρά auf (d.h. die Dinge sind >unbedeutend< eben wegen ihrer Nutzlosigkeit), so verwischt sich der Unterschied zwischen utilitas und magnitudo. Daß Isokrates den neuerlichen Verweis auf die Nutzlosigkeit für das praktische Leben der mit έν τοις μικροΐς eigentlich schon abgeschlossenen Antithese hinzufügt, verleiht ihm um so mehr Nachdruck.

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Übersetzung und Erläuterungen

προέχειν ... διαφέρειν : Blass II 135 weist darauf hin, daß die Verben nicht willkürlich gewählt sind: »προέχειν ist unbedingt und stets lobend, διαφέρειν nicht«. §6

Aber was hilft es - gilt ihre Sorge doch nichts anderem, als sich an den Jugendlichen zu bereichern! Und die Eristik ist geeignet zu diesem Zweck: Denn wer sich über private und öffentliche Angelegenheiten noch keine Gedanken macht, hat an der Art von Rhetorik die größte Freude, die zu gar nichts nützlich ist. Ά λ λ α γαρ : »The sense conveyed is that what precedes is irrelevant, unimportant, or subsidiary, and is consequently to be ruled out of discussion, or at least put in the shade« (Denn. 101). Die Partikelverbindung dient hier als Abbruchformel (vgl. Denn. 102,2; bei Isokrates u.a. 8,80. 141; 12,88): Isokrates erkennt, daß seine Aufforderung keine Wirkung haben wird, da seine Adressaten nicht an dem Nutzen für ihre Schüler, sondern ausschließlich an ihrem eigenen finanziellen Nutzen interessiert sind. Dieser ist durch die περί τάς έριδας φιλοσοφία am sichersten gewährleistet. Zu άλλα γάρ vgl. neben Denn. lOOf. Wankel zu Demosth. 18,42 (S. 298), G. Misener, The Meaning of ΓΑΡ, Chicago 1904, 52ff. und Wilamowitz, Herakles, II 79 mit Anm. 1. Für Wilamowitz' Beobachtung, daß bei Isokrates die durch γάρ indizierte Sinnkomponente zurückzutreten und die Verbindung zu einer rein adversativen Bedeutung zu erstarren beginne, ist unsere Stelle kein Beleg; vgl. aber z.B. Isokr. 15,35. οΰδενός αύτοΐς άλλου μέλει πλην του χρηματίζεσθαι: Die Eristiker vom Schlage eines Euthydem betrieben ihre Kunst zweifellos als Gewerbe (Plat. Euthyd. 304a7, elf.). Sokrates hatte es entschieden abgelehnt, sich für seine erzieherische Tätigkeit bezahlen zu lassen (Xen. mem. 1,2,6; Plat. apol. 19d8ff., 31b5-c3, 33a8ff.), und die Sokratiker scheinen den Grundsatz ihres Lehrers unterschiedlich konsequent befolgt zu haben. Der von Haus aus vermögende Piaton unterrichtete unentgeltlich, Aristipp dagegen forderte einen überdurchschnittlich hohen Lohn (Diog. Laert. 2,65.72.74.80, Athen. 12. 544ef, [Plut.] de lib. educ. 7. 4F). Über die Geschäftspraktiken Euklids ist nichts bekannt, und im Falle des Antisthenes sind wir auf Anekdoten von zweifelhafter Historizität angewiesen (frgg. V A 169 u. 172 Giann.; vgl. Döring 270).

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Isokrates moniert nicht, daß Lehrer Geld von ihren Schülern verlangen: Er selbst ließ sich für seinen Unterricht bezahlen, vgl. 15,30.39.146f.l61f. 165.219f.241.288f. (Daß er, wie [Plut.] dec. or. 838F berichtet und wie er selbst 15,39 zu suggerieren scheint, seine athenischen Mitbürger unentgeltlich unterrichtete, ist unwahrscheinlich, vgl. Blass II 21f. Als Gebühr werden 10 Minen genannt: [Plut.] dec. or. 837E, [Demosth.] 35,42). Er kritisiert vielmehr diejenigen, die das Wohl der Schüler ihrem persönlichen Gewinnstreben unterordnen, indem sie die Lehrgegenstände nicht nach ihrer Nützlichkeit, sondern nach ihrer Attraktivität für die > Kundschaft auswählen. Isokrates räumt hier die Möglichkeit ein, daß auch und gerade ein >schlechten Unterricht für den Lehrer lukrativ sein kann. Ganz anders argumentiert er in der Antidosis, wo er seinen finanziellen Erfolg als Zeichen für die Qualität seiner Schule gedeutet wissen will (15,219f.). των νεωτέρων : Im Athen des frühen 4. Jhs. gab es kein einheitliches, staatlich organisiertes Bildungswesen. Wer es sich leisten konnte, schickte seine Söhne in eine private Elementarschule, wo sie lesen, schreiben und rechnen lernten. Diese Grundausbildung dauerte höchstens bis zum 15. Lebensjahr, der Militärdienst begann ab dem 18. Lebensjahr (vgl. Burk 36). Folglich waren die etwa 15-18jährigen die Klientel der Lehrer, die ein >weiterführendes< Wissen zu vermitteln versprachen. Die Eltern hatten die freie Auswahl unter den >Anbieternrichtige< Erziehung u.a. Plat. Euthyd. 275a5-b4, Lach. 179aff., Prot. 313c4314c2. εστίν ... δυναμένη : Zur Umschreibung des einfachen Verbums durch das Partizip mit είναι zur stärkeren Hervorhebung des Eigenschaftlichen vgl. KG I 38 Anm. 3 u. G. Björck, ήν διδάσκων. Die periphrastische Konstruktion im Griechischen, Uppsala 1940, 27f. Vgl. bei Isokrates u.a. 2,2; 3,6; 8,64; 15,307 (Gehlert 24). ή περί τάς έριδας φιλοσοφία : Statt φιλοσοφία bieten Λ u. Npr. φιλονεικία. In mittelalterlichen Etymologica ist ερις mit φιλονεικία erklärt (Etym. magn. s.v.; Etym. Gud. s.v.). Möglicherweise ist eine Randglosse, die den Gesamtbegriff ή περί τάς έριδας φιλοσοφία erläutern sollte, in den Text eingedrungen. Der Begriff φιλοσοφία steht bei Isokrates häufig für >Rhetorik< und umfaßt dann in der Regel auch die Tätigkeit seiner Gegner (vgl. 2,51; 13,1; ep. 5,3; vgl. aber auch 15,266.270). Ausführliches zur Terminologie bei Eucken 14ff.

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Übersetzung und Erläuterungen

οί γαρ μήτε των Ιδίων πω μήτε των κοινών φροντίζοντες : Mit den Bereichsbestimmungen 'ίδια und κοινά ist die Gesamtheit der praktischen Anforderungen abgedeckt, denen der Polisbürger gerecht werden muß; vgl. zu dieser Verbindung u.a. Isokr. 15,262.285 sowie zur Sache Plat. Prot. 318e5-319a2. Zur Freiheit der Jugendlichen vgl. Komm, zu των νεωτέρων und Plat. Lach. 179a4-7 ήμΐν ούν ... δέδοκται ... μή ποιήσαι δπερ οί πολλοί, έπειδή μειράκια γέγονεν, άνεΐναι αυτούς (sc. τους ΰεΐς) δτι βούλονται ποιεΐν. In ΘΛΠΝ fehlt πω. Drerup entscheidet sich mit Recht für den von Γ gebotenen Text. Isokrates will erklären, warum sich gerade die Jugendlichen von der Eristik angezogen fühlen. Er muß daher mit den Besonderheiten dieses bestimmten Lebensabschnitts argumentieren: >Es bestehen noch keine Verpflichtungen. < Freilich ist das Freisein von privaten und öffentlichen Pflichten eine notwendige Bedingung, aber kein hinreichender Grund dafür, daß man sich nutzlosen Beschäftigungen hingibt. Vervollständigt wird die Erklärung erst durch den Hinweis auf bestimmte entwicklungspsychologische Gesetzmäßigkeiten in §7. μηδέ προς εν : Die Formulierung ist weitaus nachdrücklicher als προς μηδέν, vgl. KG 1538 Anm. 5. Ein milderes Urteil über die έριστικοί λόγοι fällt Isokrates 12,26ff. (vgl. auch Komm, zu § 1 καταγεγηράκασιν) und 15,258ff., wo allerdings der formale Bildungswert mit einem so gönnerhaften Gestus anerkannt wird, daß das Lob einer Kränkung gleichkommt. §7 Den jungen Leuten verzeiht man gern, daß sie so denken: Denn sie verhalten sich in allen Dingen gegenüber Effekthaschereien und Gaukelspielen beständig so. Denen hingegen, die für sich in Anspruch nehmen, Erzieher zu sein, macht man zu Recht Vorwürfe, weil sie einerseits diejenigen verurteilen, die bei privaten Rechtsangelegenheiten betrügen und ihre Reden in den Dienst des Unrechts stellen, andererseits selbst Schlimmeres tun als diese: Denn erstere schädigen irgendwelche anderen Leute, sie aber fügen ihren eigenen Schülern größten Schaden zu. πολλή συγγνώμη : Zur Ellipse der Kopula vgl. Hdt. 1,39,1 συγγνώμη μέν ώ πάτερ τοι, ίδόντι γε δψιν τοιαύτην, περί έμέ φυλακήν εχειν. διάνοιαν : >EinstellungDenkweise< wie u.a. 8,93; 12,87; 15,7; ер. 6,5. 14; ер. 7,5. Zum Begriff vgl. Mikkola 46ff.

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έπί γαρ απάντων ... οΰτω διακείμενοι διατελοΰσιν : Die Begründung verwundert zunächst, da nicht recht einzusehen ist, warum ein Fehlverhalten in einem bestimmten Bereich dadurch verzeihlicher wird, daß es sich in allen anderen Bereichen wiederholt. Gemeint ist aber wohl, daß die geschilderten Neigungen typisch für eine bestimmte Entwicklungsphase und somit von den Jugendlichen nur eingeschränkt zu steuern sind. Zur leichten Verführbarkeit junger Menschen als einer anthropologischen Konstante vgl. 7,43ff. Isokrates lobt dort die Sorgfalt, die frühere Generationen auf die Jugenderziehung verwandten: έώρων γαρ τους τηλικούτους ταραχωδέστατα διακειμένους και πλείστων γέμοντας έπιθυμιών, και τάς ψυχάς αυτών μάλιστα παιδευθήναι δεομένας γυμνασίαις κάλων έπιτηδευμάτων και πόνοις ήδονάς εχουσιν (7,43). Durch diese Fürsorge habe man Unsitten verhindert, wie sie gegenwärtig zu beklagen seien (7,48f.). Die Schuld sei jedoch nicht bei den jungen Leuten selbst zu suchen, sondern bei einer allzu liberalen staatlichen Ordnung, der die regulativen Instanzen fehlten (7,50f.). Zu έπί с. gen. zur Angabe des Bereichs oder der Situation vgl. LSJ s.v. А III 3 u. bei Isokr. 11,27; 12,87; 15,20.128.184.292. Zur Satzparenthese zwischen μέν - δέ - Gliedern vgl. Grünewald 236ff. περιττότητας : Das Substantiv begegnet bei Isokrates nur hier, die Stelle ist zugleich der früheste Beleg für dieses Wort. Das Adjektiv περιττός bezeichnet alles, was von der Norm abweicht: das im positiven wie im negativen Sinne Außergewöhnliche, aber auch das Übermäßige und Überflüssige. Beide Bedeutungskomponenten sind vereint in 12,77. Isokrates lobt Agamemnon dafür, daß er τά... περιττά των έργων και τερατώδη και μηδέν ώφελοΰντα τους άλλους ύπερεΐδε. περιττός umfaßt dort, was die beiden folgenden Attribute separat ausdrücken (zur Verbindung von περιττός mit den Begriffen des Wundersamen und zugleich Nutzlosen vgl. Aristot. eth. Nie. 1141b6). Ähnlich hat man sich das Bedeutungsspektrum des Substantivs an unserer Stelle zu denken: Es geht um Tätigkeiten, die imposant, aber sinnlos sind. Der Gebrauch des Plurals dient dazu, »die Erscheinung der abstracten Eigenschaft in mehreren concreten Fällen zu bezeichnen« (Blass II 134; vgl. auch KG 117). και τάς : In ΘΛΠΝ fehlt der Artikel. Zum Unterschied vgl. KG 1611,2: Bei Wiederholung des Artikels vor dem zweiten Substantiv werden beide Begriffe als für sich bestehend betrachtet, bei Weglassung des Artikels verbinden sie sich zu einer Gesamtvorstellung. Das textkritische Problem läßt sich nach inhaltlichen Kriterien kaum lösen. Für die Wiederholung des Artikels spricht aber entschieden der Sprachgebrauch, den Benseier

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Übersetzung und Erläuterungen

(ad areop. 292) bei Isokrates beobachtet und reich belegen kann: »Si ... substantiva per simplex και sunt conjuncta, ad utrumque articulus solet addi.« θαυματοποιίας : LSJ s.v. II 1 erklären fälschlich »of orators, a straining after the marvellous« und führen unsere Stelle als einzigen Beleg an. Es geht hier jedoch nicht mehr um Redner, sondern um das Pendant zu einer bestimmten Art von Rhetorik in anderen Bereichen. Vgl. 15,269, wo Isokrates von den verschiedenen ontologischen Theorien der Vorsokratiker sagt: ήγοΰμαι... τάς μέν τοιαύτας τερατολογίας όμοιας είναι ταΐς θαυματοποιίαις ταΐς ουδέν μέν ώφελούσαις, ΰπό δέ των άνοήτων περιστάτοις γιγνομέναις. Eine ähnliche Parallelisierung, aber eben nicht Identifizierung, von θαυματοποιία und Rede wird 12,78 vorgenommen. Dort heißt es, Agamemnon sei der gebührende Ruhm versagt geblieben δια τους μάλλον αγαπώντας τάς θαυματοποιίας των ευεργεσιών και τάς ψευδολογίας της αληθείας. θαυματοποιοί waren Schausteller wie z.B. Stimmenimitatoren, Tierbändiger, Jongleure, Akrobaten, Bauchredner und vor allem Illusionskünstler (vgl. W. Kroll, θαυματοποιοί, RE Suppl. VI [1935] 1278-1282). Zum abfälligen Klang des Wortes vgl. Demosth. 2,19. τοις ... παιδεύειν προσποιουμένοις : Der von den Konkurrenten erhobene Anspruch, die Jugendlichen zu erziehen, tritt in Kontrast zu ihrem verwerflichen Verhalten gegenüber ihren Schülern. Zu προσποιεΐσθαι vgl. Komm, zu §§4/5 προσποιούμενης. κατηγοροΰσι ... χρωμένων : In dieser Beurteilung stimmt Isokrates selbstverständlich mit seinen Gegnern überein, vgl. 3,2 κατηγορητέον ... έστί... των ανθρώπων τών περι τάς πράξεις έξαμαρτανόντων η τοις λόγοις έξαπατώντων και μή δικαίως χρωμένων αΰτοΐς. τοις συμβολαίοις : συμβόλαια sind Rechtsverbindlichkeiten unter Privatleuten bzw. die Verträge darüber (vgl. Isokr. 4,11.78; 12,240 etc.), speziell Darlehn bzw. Darlehnsverträge (vgl. Isokr. 7,33.34 etc.). Zum Terminus vgl. Lipsius II 683f.; Latte, Symbolaion (1), RE IV A 1 (1931) 108587; Kahrstedt, Συμβολή, σΰμβολον, RE IV A 1 (1931) 1088-90 sowie Schneider zu 7,33 u. 4,78. Der Urbinas bietet τοις ιδίοις συμβολαίοις (übernommen von Drerup). Benseier tritt mit der Begründung, daß das pleonastische Attribut »hic concinnitatem turbat«, für die Lesart der Vulgathandschriften ein. Dafür spricht noch ein weiteres Argument: Die Verbindung ι'δια συμβόλαια begegnet bei Isokrates zwar häufig, allerdings immer nur dann, wenn die συμβόλαια als Kontrast zu >Wichtigerem< fungieren und der Zusatz von ϊδια die Antithese verstärkt (vgl. 4,11.78; 12,11.144; 15,3.42.228.276;

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etwas anders 17,57, wo ιδίοις keinen Gegensatz zu Wichtigerem, aber gleichwohl einen Kontrast zum Voraufgehenden markiert). Zu συμβ ό λ α ι α ohne Attribut vgl. etwa 15,309 εν τε τοις άγώσι τοις περί των συμβολαίων. μή δικαίως τοις λόγοις χρωμένων : δ ι κ α ί ω ς τοις λόγοις χρήσθαι kann als bloße Periphrase für δικαίως λέγειν verwendet werden (vgl. Demosth. 18,233; 23,24, allerdings jeweils mit dem Singular τφ λόγφ). Hier mag jedoch durch den Zusatz des Adverbs bewußt Gewicht auf die Eigenbedeutung von χ ρ ή σ θ α ι gelegt worden sein: Die λόγοι, die bei richtiger Anwendung kulturstiftend und -erhaltend wirken (15,254-257), werden für unredliche Zwecke mißbraucht (vgl. zu diesem Problem Isokr. 3,2ff.; 15,251-253 sowie Plat. Gorg. 456c6-457c3). γαρ : Erklärt wird δεινότερα ποιοΰσιν. Dasselbe Fehlverhalten, τοις λόγοις έξαπαταν, wird dadurch moralisch verwerflicher, daß die Opfer andere sind: Der betrügerische Erzieher schädigt nicht Unbekannte, sondern ausgerechnet diejenigen, die sich ihm persönlich anvertraut haben und für deren Wohl er sich in besonderem Maße verantwortlich fühlen müßte. έ ζ η μ ί ω σ α ν : ζ η μ ι ο ΰ ν in seiner Grundbedeutung >schädigen< wie 6,5; 15,300; 18,16. τους συνόντας : Das Partizip ist ein geläufiger Ausdruck für >Schüler< (vgl. Komm, zu § 5 τους συνόντας), dürfte aber hier nicht zufällig den Vorzug vor Synonyma wie μαθητής etc. erhalten haben, da es durch die Akzentuierung des persönlichen Umgangs (συνεΐναι) den Kontrast zu άλλους τινάς verstärkt, μ ά λ ι σ τ α β λ ά π τ ο υ σ ι ν : Es stellt sich die Frage, welchen Schaden Isokrates konkret meint. Eucken denkt an den »materiellen Schaden«, der dadurch entsteht, »daß die Schüler nichts Nützliches lernen«, obwohl sie Geld dafür bezahlen (63). Möglicherweise wiegt aber für Isokrates der ideelle Schaden noch schwerer: Die Schüler, die den falschen Versprechungen der vorgeblichen Erzieher aufsitzen, bleiben ohne eigenes Verschulden >ungebildet< im isokrateischen Sinne des Wortes, d.h. sie ermangeln der für die Bewältigung des täglichen Lebens erforderlichen Fähigkeiten. Vgl. 12,30 u. Komm, zu §§ 4/5 τάς πράξεις, έν αίς πολιτευόμεθα. έζημίωσαν ... βλάπτουσιν : Abgesehen von der für unsere Stelle irrelevanten Tatsache, daß Subjekt zu ζημιοΰν nur Personen, Subjekt zu βλάπτειν hingegen auch Umstände und Dinge sein können (5,27; 8,109; 12,223; 15,98; 20,9; ep. 2,4), ist kein semantischer Unterschied zwischen beiden Verben zu erkennen. Den Gegensatz bildet jeweils ώφελεΐν (vgl. zu βλάπτειν 5,76; 15,261; zu ζημιοΰν 6,5).

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Übersetzung und Erläuterungen

Durch den gnomischen Aorist wird der Betrug der Privatleute als eine punktuelle, d.h. in der Regel jeweils einmalige, Tätigkeit gekennzeichnet, während die selbsternannten Erzieher >durativ< betrügen. Zum Nebeneinander von gnomischem Aorist und Präsens mit eben diesem Unterschied vgl. KG I 158ff. u. Plat. rep. 566el-4 οΰτε τύραννος φησιν είναι ΰπισχνεΐταί τε πολλά και Ιδία και δημοσία, χρεών τε ήλευθέρωσε και γήν διένειμε δήμφ τε και τοις περί έαυτόν και πασιν ϊλεώς τε και πρφος είναι προσποιείται. §8 Und sie haben den Lügenreden zu einem solchen Aufschwung verholfen, daß jetzt schon einige, weil sie sehen, daß diese Leute aus derlei Reden Kapital schlagen, zu schreiben wagen, daß das Leben der Bettler und Verbannten erstrebenswerter sei als das der anderen Menschen, und argumentieren, daß sie, wenn sie über schlechte Gegenstände irgendetwas zu sagen wissen, über die schönen und guten erst recht mit Leichtigkeit Worte im Überfluß finden werden. έ π ι δ ε δ ω κ έ ν α ι : Isokrates verwendet έπιδιδόναι ausschließlich intransitiv in der Bedeutung »Fortschritte macheneinen Aufschwung nehmenNachahmer< folgt aber zwingend, daß es sich bei ihnen um keine der zuvor angegriffenen Personen handeln kann (vgl. Münscher 1899, 255). Gemeint ist also weder Antisthenes (so aber Gomperz 1905, 175; Dümmler, Ak. 64; Müller 18 Anm. 2) noch die Sokratiker im allgemeinen (so Ries 51) noch Gorgias (so Keil 132). Das Zitat, das Leben der Bettler und Verbannten sei erstrebenswerter als das der anderen Menschen, bietet keinen Anhaltspunkt für eine genaue Identifizierung (vgl. unten, Komm, zu ώς εστίν ...), aber die auf die Anerkennung rhetorischer Fähigkeiten zielende Argumentation, die Isokrates seinen Gegnern in den Mund legt, und die rhetorischtechnischen Ausführungen, mit denen er diese Argumentation widerlegt (§§ 9-13), lassen darauf schließen, daß es sich bei ihnen um Redner handelt (vgl. Eucken 65f.; ähnlich bereits Susemihl 583). Unter diesen sind Alkidamas und Polykrates als Gegner des Isokrates bekannt (vgl. zu Alkidamas Blass II 345-363; Eucken 121-130, zu Polykrates Blass II 365-372). Beide haben paradoxe Themen behandelt. Für Alkidamas ist ein Lob auf die Hetäre Nais (Athen. 13. 592c) und eines auf den Tod (Menander, περί έπιδ. Rh. Gr. III, p. 346 Sp.) bezeugt, für Polykrates neben der Verteidigung des Busiris, der Isokrates eine an den Verfasser persönlich gerichtete Gegenrede widmete (or. 11), Enkomien auf Mäuse (Aristot. rhet. 1401Ы4-16), Töpfe und Rechensteine (Alex. Rh., Rh. Gr. III, p. 3 Sp.) sowie auf Klytämnestra (Quint, inst. 2,17,4). Uneinig ist man sich in der Bewertung seiner κατηγορία Σωκράτους. Während Blass (II 368) auch diese Schrift für ein παίγνιον hält, rechnet sie Treves (Polykrates [7], RE XXI 2 [1952] 1750) dem »ernsthaften und politischen γένος« zu (vgl. auch Mesk, Die Anklagerede des Polykrates gegen Sokrates, WS 32, 1910, 83). Darauf, daß Polykrates schon in der Antike als der Exponent paradoxer Rhetorik galt, deutet seine Erwähnung bei Demetrios, eloc. 120, Rh. Gr. III, p. 288,29-289,2 Sp.: καίτοι τινές φασι δεΐν τα μικρά μεγάλως λέγειν, και ση μείον τοΰτο ήγοΰνται ύπερβαλλούσης δυνάμεως, έγώ δέ Πολυκράτει μεν τφ ρήτορι συγχωρώ έγκωμιάζοντι (...) ώς 'Αγαμέμνονα έν άντιθέτοις και μεταφοραΐς και πασι τοις έγκωμιαστικοΐς τρόποις· επαιζε γάρ, οΰκ έσπούδαζε, και αυτός τής γρα-

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Übersetzung und Erläuterungen

φής ο δγκος παίγνιόν έστι. (Maas, Untersuchungen zur Geschichte der griechischen Prosa, Hermes 22, 1887, 576 Anm. 2 schlägt zur Ergänzung der Lücke »Θερσίτην oder einen entsprechenden Namen« vor.) Man hat die Polemik des Isokrates konkret auf einen dieser beiden Gegner beziehen wollen (auf Alkidamas u.a. Münscher 1899, 256f.; auf Polykrates Blass II 370f.), doch ist wahrscheinlicher, daß Isokrates auch hier keine individuelle Kritik beabsichtigte, sondern allgemein eine Modeerscheinung verspottete, die seiner eigenen Auffassung von Rhetorik zuwiderlief. Von diesem Spott mußten sich Alkidamas und Polykrates, aber auch alle anderen Paradoxologen getroffen fühlen (vgl. Eucken 67f.). έκ των τοιούτων : Zur kausal-instrumentalen Verwendung von έκ vgl. neben 10,25 z.B. auch ep. 9,7 ηγούμενος δεΐν τους έπιεικείας και φρονήσεως άμφισβητοΰντας μή ... προαιρεΐσθαι... τους ήδίστους (sc. των λόγων) τοις άκούουσιν, άλλ' έξ ών ώφελήσουσι και τάς πόλεις τάς αυτών και τους άλλους "Ελληνας. ως εστίν ... ανθρώπων : Daß die These vertreten wurde, bestätigen Zeugnisse des Aristoteles (rhet. 1401b24-28; vgl. unten) und des Menander (Rh. Gr. III, p. 346 Sp.), doch bleibt bei beiden der Autor ungenannt. (Menanders Formulierung παράδοξα δέ οίον Άλκιδάμαντος τό τοΰ Θανάτου έγκώμιον, ή τό της Πενίας η του Πρωτέως του κυνός läßt den von Соре/ Sandys, The Rhetoric of Aristotle, Cambridge 1877, II 313 gezogenen Schluß auf die Verfasserschaft des Alkidamas nicht zwingend erscheinen.) Zu einer möglichen Begründung dieser These vgl. Aristot. rhet. 1401b 24-28: δμοιον δέ και δτι έν τοις ίεροΐς οί πτωχοί και αδουσι και όρχοΰνται, και δτι τοις φυγάσιν εξεστιν οίκεΐν δπου αν θέλωσιν δτι γαρ τοις δοκοΰσιν εΰδαιμονεΐν υπάρχει ταΰτα, και οίς ταΰτα υπάρχει δόξαιεν αν εΰδαιμονεΐν. ή ό : Benseier tilgt den Artikel, um den Hiat zu beseitigen. Für die Weglassung des Artikels beim zweiten Glied eines von einem gemeinsamen Substantiv abhängigen Gegensatzpaares gibt es zwar Parallelen, doch werden diese bei KG I 612 als sprachlich »hart« beurteilt. Andererseits sind die Belege, die Drerup (app. crit.) für die Duldung eines Hiats nach ή anführt, nicht alle einschlägig, ή δστις (18,56) und ή εχθρός (16,42) sind erstens weniger leicht zu umgehen und finden sich zweitens in Gerichtsreden, in denen Isokrates das Prinzip der Hiatmeidung weniger streng befolgt (vgl. Blass II 143 u. ders., Die Rhythmen der attischen Kunstprosa, Leipzig 1901, 35). η έν (3,61; έν о т . ЛП), η ύπό (14,14) und ή έξ (5,115; ηπερ έξ ΘΛΠ ) widersprechen der von Strange (1831, 4-7) erkannten Gewohnheit des Isokrates, vokalisch anlautende Präpositionen

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nach ή nicht zu wiederholen, und stehen daher im Verdacht, auf Überlieferungsfehlern zu beruhen. Eine exakte Parallele findet sich aber ep. 6,11: αίρετώτερος ό βίος είναι δοκεΐ ... ό των ίδιωτευόντων ή ό (ό о т . Helmstadiensis 806) των τυραννοΰντων. Freilich könnte auch dort ein Überlieferungsfehler vorliegen, doch sollte man vielleicht eher ep. 6,11 im Verbund mit unserer Stelle als Beleg für die Tolerierung des Hiats in diesem speziellen Falle werten als den Artikel mit Benseier an beiden Stellen tilgen (anders Seck 37). ποιούνται τεκμήριον : Ein τεκμήριον ist ein in der Regel auf argumentativem Wege erbrachter Beweis (vgl. LSJ s.v. II 1). Zu ποιεΐσθαι τεκμήριον (>schlußfolgernEristikern< (13,1.5.8) und den Redelehrern (13,9.10) angebotene Ausbildung bzw. für den von ihnen in Aussicht gestellten Ausbildungserfolg. (Die gleiche Bedeutung hat der Begriff bei Piaton, wo er vor allem die Versprechungen der Sophisten bezeichnet, vgl. [zu έπάγγελμα] Prot. 319a6; Euthyd. 274a3; [zu έπαγγέλλεσθαι] Prot. 319a7; Gorg. 447c2, 449b2; Men. 95Ы0; Euthyd. 273e5; Lach. 186c4.)

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τήν έπίδειξιν : In der Grundbedeutung >Demonstration< (vgl. Thuk. 6,31,4; Xen. mem. 3,11,2) verwendet Isokrates έπίδειξις nur hier und 16,32 (έπίδειξιν ... ποιουμένους πλούτου και ρώμης και παιδεύσεως), sonst bezeichnet der Begriff prägnant die Demonstration (allgemeiner) rhetorischer Fähigkeiten, wobei er sich der Bedeutung >epideiktische Rede< annähert (4,17; 5,17.25.93; 11,44; 12,233.271; 15,1.55.147; ep. 1,5. 6; ep. 6,4.5). Wersdörfer (137) zitiert unsere Stelle als Beleg für letztere Verwendungsweise. Zwar geht es auch hier um die Demonstration rhetorischer Fertigkeiten, aber gerade nicht in der Form, die Isokrates als έπίδειξις im engeren Sinne bezeichnet (>epideiktische Reden< präsentieren die Angesprochenen ja durchaus), sondern um die έπίδειξις (zu beachten ist der Artikel) des spezifischen Könnens, das die Redner für sich reklamieren. Die Lesart έπίδειξιν (Γ) verdient gegenüber άπόδειξιν (ΘΛΠΝ) aus demselben Grunde den Vorzug wie in § 4 έπιδειξάντων vor άποδειξάντων (vgl. Komm. z.St.): έπίδειξις ist die von den eigenen Fähigkeiten bzw. Qualitäten gegebene Demonstration (vgl. 16,32), άπόδειξις der Beweis einer nicht auf die eigene Person bezogenen Behauptung (vgl. 10,3; 11,30; 12,251; 15,89.118.273; 19,17). γαρ : Isokrates begründet seine Einschätzung des beschriebenen Verhaltens mit einem als allgemein verbindlich formulierten Prinzip: Wer als φρόνιμος und als σοφιστής anerkannt werden will, darf sich nicht auf Randdisziplinen zurückziehen, sondern muß sich in den Bereichen bewähren, die die Dichte der Konkurrenz als die wesentlichen ausweist. Isokrates selbst setzt diese Forderung in der Helena um, indem er ein Thema wählt, das eine lange literarische Tradition hat (vgl. Einführung, Kap. I) und zuletzt von dem berühmten Kollegen Gorgias behandelt wurde. Ausdrücklich rühmt sich Isokrates, den Vergleich mit der Konkurrenz zu wagen, im Proömium des Panegyrikos (vgl. das ausführliche Zitat im Komm, zu § 13 και... απαν ΐδιόν έστιν). Allerdings weiß Isokrates den Mangel an Konkurrenz auch als Zeichen für die Schwierigkeit einer Aufgabe zu deuten: Vgl. ep. 9,7 περί... τοιούτων μέλλω λέγειν, περί ών ουδείς αν άλλος τολμήσειεν, ηγούμενος δεΐν τους έπιεικείας και φρονήσεως άμφισβητοΰντας μή τους ρςιστους προαιρεΐσθαι των λόγων άλλα τους έργωδεστάτους. άμφισβητοΰντας : άμφισβητεΐν τίνος bezeichnet den Anspruch auf etwas, das jemandem (nach eigenem Empfinden) rechtmäßig zusteht. So wird es vornehmlich in bezug auf materiellen Besitz (vgl. bei Isokr. 6,74; 19,3.17.30.31) oder auf Machtpositionen (Isokr. 4,20; 12,104; ep. 2,7) verwendet, aber auch in Bezug auf Qualitäten, Uber die jemand zu verfü-

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gen behauptet (Isokr. 4,188; 5,82; 6,91; 12,120; ep. 9,7). In den letztgenannten Fällen erklärt sich die Formulierung daraus, daß »der Name einer Eigenschaft für den mit ihr verbundenen Ruhm oder Tadel gesetzt« wird (Schneider zu 4,188 mit Verweis auf Thuk. 1,33,2 u. 1,68,1). φρονεΐν : Was das φρονεΐν im isokrateischen Sinne ausmacht, erhellt indirekt aus einer Analogie. 7,14 schreibt Isokrates der πολιτεία als der Seele des Staates τοσαΰτην δύναμιν zu, δσην περ έν σώματι φρόνησις (sc. εχει) und fährt mit Blick auf die πολιτεία fort: αΰτη γάρ έστιν ή βουλευομένη περί απάντων, και τά μέν άγαθά διαφυλάττουσα, τάς δέ συμφοράς διαφεύγουσα. Entsprechendes leistet die φρόνησις im Leben des Einzelnen. Sie ist die praktische Klugheit, die sich in der Fähigkeit äußert, die jeweils richtigen Handlungsentscheidungen zu treffen. Zu einer ganz ähnlichen Definition vgl. Aristot. eth. Nie. 1140a25-28 δοκεΐ δή φρονίμου είναι τό δύνασθαι καλώς βουλεύσασθαι περι τά αΰτφ άγαθά και συμφέροντα, οΰ κατά μέρος, οίον ποία προς ύγίειαν, προς ίσχύν, άλλά ποια προς τό εΰ ζην δλως. Zur engen Verbindung zwischen φρονεΐν und βουλεύεσθαι bei Isokrates vgl. 5,18 u. 8,13. Isokrates verwendet den φρόνησις-Begriff damit in der im griechischen Sprachgebrauch üblichen Weise (vgl. LSJ s.v. II; Wilms 109 u. 220). Dagegen weicht Piaton von der Tradition ab, indem er mit φρόνησις nicht in erster Linie die praktische Klugheit, sondern die theoretische Erkenntnis (die freilich als praktisch nutzbar gedacht wird) bezeichnet (vgl. Jaeger, Aristoteles 82f.). So steht z.B. Phaid. 79d die φρόνησις als das >reine Denkern den αισθήσεις gegenüber. Besonders deutlich zeigt sich der Unterschied zur isokrateischen Terminologie symp. 202a5-9: φρόνησις und ά μ α θ ί α bilden die Gegenpole, in deren Mitte die όρθή δόξα verortet wird, während für Isokrates εΰ φρονεΐν nichts anderes als όρθώς δοξάζειν bedeutet (vgl. 15,271 u. Komm, zu §4/5 δοξάζειν ... έπίστασθαι). φάσκοντας είναι σοφιστάς : σοφιστής heißt hier wohl nicht nur >Gelehrter< (in diesem Fall würde kein wesentlich neuer Aspekt zu φρονεΐν hinzutreten), sondern >Lehrersich nicht kümmern um< vgl. 11,23; 15,71.235. Das paradoxe Reden zählt zu den ήμελημένα, da es im Unterschied zu den πολιτικοί λόγοι nur von einer Minderheit betrieben wird, υπό των άλλων : ΘΛΠΝ haben ύπό των άλλων Ελλήνων. Da aber ein allgemeingültiges Gesetz formuliert wird, ist der spezifizierende Zusatz störend. Zur >Anfälligkeit< der Formen von άλλος u.a. für Ergänzungen vgl. Seck 58f. έν οις απαντές είσιν άνταγωνισταί : Ein solches Gebiet stellen die πολιτικοί λόγοι dar, da die Beratung von Fragen, die das Gemeinwesen betreffen, anerkanntermaßen Sache aller Bürger ist (vgl. Plat. Prot. 319 c8-d6; 322e2-323a3). άνταγωνισταί : Der ανταγωνιστής ist der >RivaleWidersacher< 4,75; 9,31.58; 10,29). Der Begriff bereitet auf den folgenden Vergleich mit dem athletischen Agon vor. προσήκει: von einer Verpflichtung, die aus einem Anspruch erwächst, auch 12,120: ηγούμενος προσήκειν τοις άμφισβητοΰσιν αρετής ευθύς από γενεάς διαφέροντας είναι των άλλων, διαφέρειν και κρείττους είναι των ιδιωτών : Eucken (68) weist auf die Nähe zur homerischen Maxime αίέν άριστεύειν και ύπείροχον εμμεναι άλλων (u.a. II. 6,208; 11,784) hin. Der von Isokrates formulierte Anspruch nimmt sich ein wenig bescheidener aus. An die Stelle des superlativischen άριστεύειν und des formal komparativischen, de facto superlativischen ύπείροχον εμμεναι άλλων (i.e. πάντων των άλλων) treten die beiden komparativischen Ausdrücke διαφέρειν und κρείττω είναι, των ιδιωτών : Sich vom Laien positiv abzuheben weist den Fachmann als Fachmann aus und ist daher das mindeste, was man von einem professionellen Redner erwarten muß. Entsprechend gilt es als eine besonders effektive Form der Beleidigung, die Fähigkeiten des Gegners nicht höher oder gar geringer zu bewerten als die der ίδιώται (vgl. Isokr. 13,9, Alkid. soph. 1 u. Wersdörfer 134). §10 Nun aber handeln sie ungefähr so wie einer, der behauptet, der beste Sportler zu sein, sich aber dort zum Wettkampf stellt, wo es kein anderer für wert erachten dürfte. Denn welcher vernünftige Mensch würde wohl

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versuchen, Unglücke zu loben? Keiner, sondern es ist offensichtlich, daß sie aus Schwäche dazu ihre Zuflucht nehmen. νυν δέ : Dem postulierten Verhalten wird die Wirklichkeit gegenübergestellt. Vgl. KG II 117,2 u. Komm, zu § 2 νΰν δέ. παραπλήσιον ποιοΰσιν : Das Fehlen des Indefinitpronomens τι ist in diesen Fällen nicht ungewöhnlich, vgl. KG I 60 Anm. 1 u. I 665 Anm. 4, Schneider zu 1,27 sowie Isokr. 10,46; 12,97; 15,2.14.298; 18,57; ep. 4,8 (dgg. παραπλήσιον τι πεπονθέναι ер. 4,10). παραπλήσιον ... ωσπερ αν εΐ : Durch die Übertragung auf einen anderen, allgemein bekannten Bereich soll die Absurdität im Verhalten der Gegner schärfer konturiert werden. Zu παραβολαί in ganz ähnlicher Funktion vgl. 15,2.14.297f.; 18,57. Der Vergleich mit den Athleten ist in diesem Fall geschickt gewählt, da das agonale Prinzip, das Isokrates für die Rhetorik postuliert, für den Sport anerkanntermaßen konstitutiv ist. Die Vorstellung, ein Athlet könnte an einem einsamen Ort zum Wettkampf antreten wollen, muß daher besonders lächerlich wirken. Körperliche und geistige Leistung bzw. Erziehung werden von Isokrates wiederholt miteinander verglichen. Die Ausbildung von Rednern und Sportlern gründet sich auf dieselben Methoden (15,180-185, bes. 182), die Entscheidung, sich einem berühmten Lehrer anzuvertrauen, erfordert ähnliches Selbstvertrauen wie die Meldung zu einem Wettkampf (ep. 4,10f.), und der Redner ist, wie hier zum Ausdruck kommt, nicht weniger als der Sportler verpflichtet, sich der Konkurrenz zu stellen. Bei allen formalen Gemeinsamkeiten wird jedoch den geistigen Fähigkeiten entschieden höherer Wert beigemessen als den körperlichen (4,lf.; 15,180.301). ωσπερ αν εΐ : formelhafte Verkürzung von ώσπερ αν ποιοίη τις, εΐ, vgl. KG I 243f. mit Anm. 2. Die Formelhaftigkeit der Wendung spricht klar gegen die von Π und N gebotene Variante ώς αν εΐ. καταβαίνων : καταβαίνειν ist der Fachausdruck für das »Antreten zum WettkampfAbstiegs< auf ein im übertragenen Sinne niedrigeres Niveau liegt in diesem Begriff nicht. ένταΰθα ... ου : Gemeint ist, unter Verselbständigung des Bildes, der Ort des Auftretens, nicht, in engerer Analogie zu den Rednern, die Disziplin, in der der Sportler den Nachweis seiner Fähigkeiten erbringen will.

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Übersetzung und Erläuterungen

ου μηδείς αν : Zur Verneinung μή vgl. KG II 188,3 b; zu αν mit Optativ im Adverbialsatz vgl. KG II 444,5 u. 430,6. γαρ : Isokrates begründet die Angemessenheit des gewählten Vergleichs, indem er die Übereinstimmung zwischen Bild- und Sachebene aufzeigt: Dem Wettkampfort, an dem kein anderer Athlet erscheint, entspricht das συμφοράς έπαινεΐν, an dem keiner von den εύ φρονοΰντες teilnimmt, των ευ φρονούντων : Vgl. Komm, zu § 9 φρονεΐν. Zur Berufung auf das Verhalten der εΰ φρονοΰντες zur Bestätigung der eigenen Ansicht vgl. Isokr. 3,16; 5,89; 10,45; 12,214; 13,14 sowie Alkid. soph. 10 u. 35. συμφοράς έπαινεΐν : Ein Beispiel hat Isokrates in § 8 genannt: das Lob von Armut und Verbannung. Auch das έγκώμιον θανάτου des Alkidamas (vgl. Komm, zu § 8 τινές) ist diesem >Genre< zuzurechnen. Jedoch berechtigt nichts dazu, mit Zycha (35; zustimmend zitiert von Münscher 1899, 257) eine Beziehung zwischen der Aussage Ciceros, das Enkomium des Alkidamas habe aus einer enumeratio humanorum malorum bestanden (Cie. Tusc. 1,48,116 Alcidamas quidem, rhetor antiquus in primis nobilis, scripsit etiam laudationem mortis, quae constat ex enumeration humanorum malorum), und den hier genannten συμφοραί herzustellen. Wenn nämlich die Aufzählung der humana mala dem Ziel dienen soll, den Tod zu loben, ist anzunehmen, daß diese selbst nicht gelobt, sondern im Gegenteil in all ihrer Unerträglichkeit vorgeführt werden, um den Tod als ersehnenswerte Erlösung erscheinen zu lassen (vgl. Susemihl 584 Anm. 23). ά λ λ ά : Die rhetorische Frage ist einer negativen Aussage gleichwertig, d.h. τίς γάρ entspricht gedanklich ουδείς (vgl. KG II 283,4; Denn. 5e). καταφεύγουσιν : καταφεύγειν bezeichnet eine schutzsuchende Fluchtbewegung aus bedrängter Situation, bei Isokrates überwiegend im politisch-militärischen Zusammenhang (4,58.109; 5,31; 8,105.138; 12,194; 14,1.28.52; 16,9), aber auch im übertragenen Sinne von >sich (zur Verteidigung) auf etwas berufen< (4,30; 17,32; 18,29). An unserer Stelle beschreibt καταφεύγειν die >Flucht< in eine Tätigkeit vor dem in anderen Bereichen drohenden Scheitern. Zu einer ganz ähnlichen Verwendung vgl. 12,11 έπειδή τοΰ πολιτεύεσθαι διήμαρτον, έπι τό φιλοσοφείν και πονεΐν και γράφειν, α διανοηθείην, κατέφυγον. άσθένειαν : Vom Mangel an geistiger Begabung auch ep. 9,16.

Proömium § 11

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§11 Bei derartigen Schriften gibt es nämlich eine einzige Vorgehensweise, die zu finden oder zu erlernen oder nachzuahmen nicht schwierig ist. Die für das Gemeinwesen bedeutsamen und glaubwürdigen Reden und die, die ihnen ähnlich sind, werden hingegen mittels vieler Formen und für deren Anwendung geeigneter Gelegenheiten, die sich schwer erlernen lassen, erfunden und formuliert, und ihre Komposition ist um so viel schwieriger wie es anstrengender ist, Würde zu zeigen als Possen zu reißen und etwas ernst zu meinen als Spaß zu machen. γαρ : Begründet wird die besondere Eignung der paradoxen Reden als καταφυγή: Im Unterschied zu den πολιτικοί λόγοι stellen sie nur geringe Anforderungen an das Können des Redners, μία τις όδός : Zum Indefinitpronomen beim Zahlwort vgl. KG I 664. Vgl. ep. 1,7 εί μέν οΰν μια τινι των πόλεων είσηγοΰμην, προς τους έκείνης προεστώτας τους λόγους αν έποιούμην έπειδή δ' υπέρ της των Ελλήνων σωτηρίας παρεσκεύασμαι συμβουλεύειν ... . Auf die genaue Beschaffenheit der όδός kommt es nicht an, sie bleibt daher unbestimmt (όδός τις). Wesentlich ist allein die Tatsache, daß es nur eine (μία) όδός im Gegensatz zu den πολλαί ίδέαι der πολιτικοί λόγοι gibt, όδός bezeichnet im übertragenen Sinne den >Weg< des Handelns, die >HandlungsweiseWegWegen< den besten zu finden: αί μέν γαρ πράξεις αί προγεγενημέναι κοιναί πάσιν ήμΐν κατελείφθησαν, τό δ' έν καιρφ ταΰταις καταχρήσασθαι και τά προσήκοντα περί έκάστης ένθυμηθήναι και τοις όνόμασιν εΰ διαθέσθαι των εΰ φρονούντων ϊδιόν έστιν (4,9; vgl. auch 13,16 u. 15,277). Bietet ein Gegenstand, wie es Isokrates von den Paradoxa behauptet, nur eine Möglichkeit der Behandlung, so bedeutet das, daß sich an ihm gerade die Fähigkeit, die den Redner zum Künstler macht, nicht demonstrieren

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Übersetzung und Erläuterungen

läßt. Ein solcher Gegenstand ist für den ambitionierten Redner uninteressant, da er buchstäblich zu >einfach< ist. (Hinsichtlich der Heuresis konstatiert diese Einfachheit auch Sokrates bei Piaton, Phaidr. 235e2236a6.) Darüber hinaus gibt es für die Ablehnung > eindimensionaler< Themen auch ein in der Erziehungstheorie des Isokrates verankertes Motiv. Da er seine Überzeugung, eine rhetorische Ausbildung sei die beste Schulung für das praktische Leben, unter anderem damit begründet, daß die durch die Heuresis eingeübten Fähigkeiten auf alltägliche Handlungsentscheidungen übertragbar seien (15,277; vgl. Komm, zu §§4/5 δοξάζειν ... έπίστασθαι), muß er die Beschäftigung mit solchen Reden für sinnlos halten, deren gedanklicher Aufbau sich quasi von selbst ergibt. Zum Bild des Weges in Anwendung auf literarisches Schaffen vgl. auch Dion. Hal. Thuk. 9 (p. 336,9-12 U.-R.) καινήν δέ τινα και άτριβή τοις άλλοις πορευθήναι βουληθείς όδόν θερείαις καί χειμερίοις (lac. XV litt., ώραις ακολουθών Schoell) έμέρισε την ίστορίαν (sc. Θουκυδίδης). Ein ganz anderer Wortgebrauch liegt bei Herodot vor. Er bezeichnet als όδοί λόγων nebeneinander kursierende, inhaltlich voneinander abweichende Versionen einer Erzählung; vgl. 1,95,1 έπιστάμενος περι Κΰρου και τριφασίας αλλας λόγων οδούς φήναι (ähnlich 2,20,1; 2,22,1). Keine Parallele zu unserer Stelle bildet Aristoph. Pax 733 (von LSJ s.v. III 2 angeführt), da όδός λόγων dort nichts anderes als eine Umschreibung für λόγοι darstellt. (Es empfiehlt sich daher die Einordnung unter III 1, wie eq. 1015.) εΰρεΐν ... μαθεΐν ... μιμήσασθαι: Reihenfolge nach dem Grad der Eigenleistung, die vom Redner verlangt wird: εΰρίσκειν - selbständig finden; μανθάνειν - von anderen lernen, aber dann selbst wissen; μιμεΐσθαι - (ohne tieferes Verständnis) nachahmen. Zum Begriffspaar εΰρίσκειν - μανθάνειν vgl. Plat. Prot. 320b7f.; zur höheren Wertschätzung des εΰρίσκειν gegenüber dem μιμεΐσθαι vgl. Isokr. 2,17 μάλιστα μεν εύρετής γίγνου των βέλτιστων, εΐ δέ μη, μιμοΰ τά παρά τοις άλλοις όρθώς έχοντα. Das wirkungsvolle Trikolon ist eindeutig der von Π und N gebotenen Lesart ούθ' εΰρεΐν ούδέ μαθεΐν οΰτε μιμήσασθαι vorzuziehen: ούδέ verbindet μαθεΐν als nähere Bestimmung zu εΰρεΐν mit diesem zu einer Sinneinheit (vgl. KG II 290 h), wodurch das Gleichgewicht der einzelnen Glieder zerstört wird, δύσκολον : = >schwierigüberzeugendglaubwürdigzuverlässig< 2,22; 4,81. Isokrates stellt die Reden, die mit dem ernsthaften Wunsch verfaßt werden, Glauben zu finden, den paradoxen Reden gegenüber, die lediglich den Schein von Glaubwürdigkeit zu erwecken streben, die Zuhörer aber nicht wirklich überzeugen sollen. Zu letzterem Aspekt vgl. die an Polykrates gerichtete Ermahnung 11,47: σκέψαι δέ κάκεΐνο και δίελθε προς αυτόν, ει τις των σοι συνόντων έπαρθείη ποιεΐν, α σύ τυγχάνεις εύλογων, πώς ούκ αν άθλιώτατος εΐη και των νυν όντων και τών πώποτε γεγενημένων; άρ' ούν χρή τοιούτους λόγους γράφειν, οίς τοΰτο προσέσται μέγιστον αγαθόν, ήν μηδένα πεΐσαι τών άκουσάντων δυνηθώσιν; Unter den »Reden, die diesen (sc. den κοινοί και πιστοί) ähnlich sind«, hat man solche zu verstehen, die zwar keine politischen Beratungsreden (πολιτικοί λόγοι im eigentlichen Sinne) sind, aber dieselben kompositorischen Schwierigkeiten bergen wie diese und damit - so kann man ergänzen - anders als die paradoxen Reden geeignet sind, die Fähigkeit, πολιτικοί λόγοι zu verfassen, indirekt zu beweisen. Zu dieser Art von Reden dürfte Isokrates auch die Helena gezählt wissen wollen (vgl. Eucken 70 Anm. 88), was unter dem hier in den Vordergrund gestellten kompositionstechnischen Aspekt auch eine gewisse Berechtigung hat: Helena ist im Gegensatz zu den Gegenständen paradoxer Reden eine berühmte und vieldiskutierte Gestalt (vgl. Einführung, Kap. III, S. 56).

δια πολλών Ιδεών και καιρών δυσκαταμαθήτων : Isokrates verwendet den Begriff ιδέα Wersdörfers detaillierter Untersuchung zufolge in einer »engeren« und einer »weiteren« Bedeutung, ίδέαι im engeren Sinne seien zum einen »Gesichtspunkte, welche die Stoffauffindung bestimmen und erleichtern«, worunter sowohl Gesichtspunkte zu verstehen seien, die »das Gesetz der εΰρεσις bilden für eine bestimmte Gattung« (so z.B. 10,15; 11,33; Wersdörfer 48), als auch »einzelne Überzeugungsmittel und konkrete Gedankenkomplexe« (so z.B. 5,143; ep. 6,8; Wersdörfer ebd.), zum anderen »die Formelemente, die für die sprachliche Gestaltung maßgebend sind« (so z.B. 12,2; 15,47; Wersdörfer ebd.). Der weitere ίδέα-Begriff vereinige alle diese Bedeutungen, d.h. er bezeichne sowohl inhaltlich-gedankliche als auch sprachlich-formale Elemente (Wersdörfer 45ff.). Neben 4,7, 13,16 und 15,183 rechnet Wersdörfer auch unsere Stel-

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Übersetzung und Erläuterungen

le dieser Verwendungsweise zu und begründet dies überzeugend mit den in der Folge genannten Verben: ευρίσκονται deute auf die inhaltliche, λέγονται auf die sprachliche Komponente des Begriffs (45f.). (Ähnlich Lidov 279f. Weniger plausibel erscheint die von Flaceliere [22] vorgeschlagene Zuordnung von ίδέαι zu ευρίσκονται und καιροί zu λέγονται, die auf der Annahme basiert, mit λέγεσθαι werde »la >disposition< oratoire« bezeichnet. Im Zusammenhang mit καιροί würde man aber wohl eher ein Verb wie συντίθεσθαι erwarten.) Die Grundbedeutung des Begriffs καιρός, >rechtes MaßSituationUmständespielenscherzenetw. im Spaß sagenetw. ernst meinem. Diese Bedeutung dürfte auch an unserer Stelle vorliegen: Die politischen Reden zeichnen sich dadurch aus, daß sie von der ehrlichen Überzeugung des Redners getragen werden, während die Aussage paradoxer Reden nicht ernst genommen werden will (vgl. Komm, zu § 11 κοινοί και πιστοί και τούτοις ομοιοι). Daß auch das folgende Helena-Lob eher in den Bereich des παίζειν als in den des σπουδάζειν fällt (immerhin greift Isokrates das Sujet einer Rede auf, die ihr Verfasser Gorgias ausdrücklich als παίγνιον klassifiziert hat), wird durch den gleitenden Übergang zur Unterscheidung zwischen berühmten und unbedeutenden Gegenständen, die Helena in einen Gegensatz zu den Themen der paradoxen Reden zu rücken ermöglicht, verwischt. Vgl. Einführung, Kap. III, S. 56f. §12 Der beste Beweis: Von denen, die die Hummeln und das Salz und derartige Dinge loben wollten, war nie einer um Worte verlegen, die aber, die über das unumstritten Gute oder Schöne oder durch seine Vortrefflichkeit Herausragende zu sprechen versuchten, sind alle weit hinter der Realität zurückgeblieben. σημεΐον δε μέγιστον ... γαρ : Zum Fehlen des Demonstrativums vgl. KG I 656,1 und Schneider zu 7,69; zum explikativen γάρ vgl. KG II 332 u. Denn. 58f. σημεΐον hat hier, wie häufig bei den Rednern (vgl. Wankel zu Demosth. 18,279 [S. 1203]), die gleiche Bedeutung wie τεκμήριον, d.h. es bezeichnet ein Indiz, das zur Bekräftigung einer These herangezogen wird (und nicht etwa ein >AnzeichenTrinkgefäß< und führt als Belege Antisthenes und Ion, nicht aber Isokrates an. Harpokration hingegen erklärt βομβυλιός ohne Erwähnung einer zweiten Bedeutung als ζφον παραπλήσιον μελίττη und nennt als Fundstelle 'Ισοκράτης Ελένης έγκωμίφ. Freilich

Proömium § 12

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ist denkbar, daß Pollux die Isokratesstelle nicht berücksichtigt und daß Harpokration - eventuell in Unkenntnis der zweiten Bedeutung - unsere Stelle falsch interpretiert hat. Es ist aber auch möglich, daß Harpokration ein >Lob der Hummel< kannte und so den Begriff βομβυλιός in der Helena zweifelsfrei identifizieren konnte, τους αλας : Vgl. Plat. symp. 177b4-cl εγωγε ήδη τινί ένέτυχον βιβλίφ ανδρός σοφοΰ, έν ф ένησαν αλες επαινον θαυμάσιον εχοντες προς ώφελίαν, και αλλα τοιαύτα συχνά ϊδοις αν έγκεκωμιασμένα. Der Verfasser ist, ebenso wie der Lobredner der βομβυλιοί, nicht zu identifizieren (Blass II 370 denkt an Polykrates, Flaceliere z.St. an Alkidamas). Zu den Vorzügen des Salzes vgl. Plut. symp. 4,4. 668E-669B; 5,10. 685B-D; Athen. 9. 366b. ουδείς πώποτε ... απαντες : Die Betonung der Allgemeingültigkeit schützt vor dem denkbaren Einwand, daß der Befund nicht mit der Schwierigkeit der jeweiligen Aufgabe, sondern mit der individuellen Begabung der Redner zu erklären sei. όμολογουμένων : Während die Pointe des paradoxen Redens darin liegt, gemeinhin indifferent oder gar negativ bewertete Gegenstände so zu behandeln, als sei ihre Vortrefflichkeit Uber jeden Zweifel erhaben, lobt der >seriöse< Redner nur das, was tatsächlich allen übereinstimmend als lobenswert gilt. Vgl. Aristot. rhet. 1368a27-29 τάς γαρ πράξεις όμολογουμένας λαμβάνουσιν (sc. οί έπιδεικτικοί), ώστε λοιπόν μέγεθος περιθεΐναι και κάλλος und Menander, περί έπιδ. Rh. Gr. III, p. 346 Sp., der bei seiner Einteilung der Enkomien in ένδοξα, αδοξα und παράδοξα die έγκώμια ένδοξα als τά περί αγαθών όμολογουμένων, οίον θεοΰ η άλλου τινός άγαθοΰ φανερού definiert. Die philosophisch tiefergreifende Frage nach dem Wesen des αγαθόν, deren Klärung Piaton als erste Pflicht des Redners bestimmt (vgl. Phaidr. 259e4-6 und die darauffolgende Diskussion), stellt sich Isokrates bezeichnenderweise nicht, η διαφερόντων : ΘΛΠΝ bieten ή τών διαφερόντων (übernommen von Benseler/Blass). Drerup entscheidet sich wohl mit Recht für den Text von Γ, der den Vorzug hat, daß sich das für die Abgrenzung von den paradoxen Enkomien wichtige Partizip όμολογουμένων auf alle drei Kola erstreckt und nicht durch den Artikel von διαφερόντων έπ' αρετή abgetrennt wird. διαφερόντων έπ' αρετή : Zu διαφέρειν έπί τινι vgl. bei Isokr. 9,40; 10,15; 12,260; ер. 9,5. λέγειν : ΘΛΠΝ haben τι λέγειν. Im Zusammenhang geht es aber eindeutig um den Versuch, eine Rede zu halten, nicht um den Versuch, nur >et-

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Übersetzung und Erläuterungen

was< zu sagen (vgl. auch das folgende πολύ καταδεέστερον των υπαρχόντων είρήκασιν). καταδεέστερον των υπαρχόντων ... είρήκασιν : τά υπάρχοντα bezeichnet die >RealitätDisziplinen< denselben Erfolg zu erzielen, sondern die Redetypen stellen so verschiedene Ansprüche, daß bei dem einen die für sich betrachtet größere Leistung (ΰπερβαλέσθαι) leicht, bei dem anderen die für sich betrachtet geringere (έφικέσθαι) schwierig ist. και ... απαν ι'διόν έστιν : An den Aspekt des πρέπον schließt sich der des καινόν an. Originalität gehört zu den Grundanforderungen, die Isokrates an jede Rede - mit Ausnahme der Parainese (vgl. 2,40f. u. Wersdörfer 39) - stellt: τους ... γαρ λόγους οΰχ οίόν τε καλώς εχειν, ήν μή τών καιρών και τοΰ πρεπόντως και τοΰ καινώς [εχειν] μετάσχωσιν (13,13). Wie schwierig es für die Redner seiner Zeit ist, dieser Forderung gerecht zu werden, illustriert Isokrates 15,82f. anhand eines Vergleichs mit den Gesetzgebern: Von den Gesetzen werden die ältesten am meisten geschätzt, von den Reden die neuartigsten. Daher muß der Gesetzgeber nur aus dem gegebenen Material das Bewährte auswählen, für die Redner dagegen bedeu-

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Übersetzung und Erläuterungen

tet die Masse des bereits Vorhandenen keine Erleichterung, sondern eine Erschwernis: λέγοντες μεν γαρ ταύτα τοις πρότερον είρημένοις άναισχυντεΐν και ληρεΐν δόξουσι, καινά δε ζητοΰντες έπιπόνως εύρήσουσιν (15,83; vgl. 4,74 und auch 5,84, wo sich Isokrates nicht durch die Hinterlassenschaft eines Kollegen, sondern durch die unübertreffliche Qualität des eigenen Panegyrikos vor Probleme gestellt sieht). Gelingt es nicht, ein bislang unentdecktes, aber doch würdiges Thema zu finden (daß dies nicht gänzlich ausgeschlossen ist, zeigt 5,109f.), bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder zieht man sich auf Gegenstände zurück, die gemeinhin nicht der Beachtung für wert gehalten werden und sich deshalb mit Leichtigkeit καινώς behandeln lassen, oder man stellt sich der Herausforderung, ein bereits bearbeitetes Thema in einer noch nie dagewesenen Form zu präsentieren. Für diese zweite Möglichkeit spricht sich Isokrates im Proömium des Panegyrikos aus: ηκω συμβουλεύσων περί τε του πολέμου τοΰ προς τους βαρβάρους και της ομονοίας της προς ημάς αυτούς, ούκ άγνοών, δτι πολλοί των προσποιησαμένων είναι σοφιστών έπί τούτον τον λόγον ώρμησαν, άλλ' άμα μεν έλπίζων τοσούτον διοίσειν ώστε τοις άλλοις μηδέν πώποτε δοκεΐν είρήσθαι περί αύτών, άμα δε προκρίνας τούτους καλλίστους είναι των λόγων, οΐτινες περί μεγίστων τυγχάνουσιν δντες και τούς τε λέγοντας μάλιστ' έπιδεικνύουσι και τούς άκούοντας πλεΐστ' ώφελούσιν, ών είς ούτός έστιν (4,3f.)... ηγούμαι δ' ούτως αν μεγίστην έπίδοσιν λαμβάνειν και τάς άλλας τέχνας και την περί τούς λόγους φιλοσοφίαν, ε'ί τις θαυμάζοι και τιμφη μη τούς πρώτους τών έργων άρχομένους άλλα τούς άρισθ' εκαστον αύτών έξεργαζομένους, μηδέ τούς περί τούτων ζητούντας λέγειν, περί ών μηδείς πρότερον εΐρηκεν, άλλα τούς ούτως έπισταμένους είπεΐν, ώς ούδείς άν άλλος δύναιτο (4,10). (Zur Verwirklichung des Anspruchs auf καινότης im einzelnen vgl. Wersdörfer 36-43.) Isokrates hat damit für alle drei in 13,13 genannten Kriterien einer gelungenen Rede - εύκαιρία (vgl. 10,11), πρέπον (vgl. 10,13a), καινόν (vgl. 10,13b) - nachgewiesen, daß sie sich in der paradoxen Rede weitaus einfacher verwirklichen lassen als in der ernsthaften Lobrede, σπάνιον : Zu σπάνιόν (έστιν) с. inf. vgl. ер. 9,2 πράξεις ... εΰρεΐν καλάς και μεγάλας και συμφερούσας χαλεπόν και σπάνιόν έστιν u. Xen. Kyr. 1,3,3 έν Πέρσαις γάρ διά τό χαλεπόν είναι και τρέφειν ίππους και ίππεύειν έν όρεινη οϋση τη χώρα και ίδεΐν ί'ππον πάνυ σπάνιον ήν. Aus einem Mißverständnis der seltenen Konstruktion dürfte die Lesart σπάνιον εύρεΐν, δ μηδείς κτλ. (ΘΛΠΝ) hervorgegangen sein, die den Versuch verrät, das Relativum seinem vermeintlichen Beziehungswort (σπάνιον)

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anzugleichen. Eine andere mögliche Quelle für die Verschreibung ist das in der zweiten Satzhälfte folgende δ τι αν. φαύλων και ταπεινών : ταπεινός bezeichnet - in der Regel ohne den Beiklang moralischer Verwerflichkeit - das Niedrige, Gewöhnliche im Gegensatz zu dem durch Ansehen, Macht und Reichtum Exponierten (von Dingen und Verhältnissen 4,8.68.95; 6,89; 7,7; 8,116; 9,59; 12,196; von Personen 2,34; 3,42.56; 5,89.143; 8,125; 10,59; 17,22). Bei φαύλος hingegen geht die moralisch neutrale Bedeutung >gering< (7,5; 8,117; in Verbindung mit ταπεινός 7,7 u. 9,59) fließend in »sittlich minderwertig< über (besonders in Anwendung auf Personen, vgl. u.a. 2,32; 5,135; 6,102; 10,43; 12,71; ep. 2,10). Sittliche Kritik dürfte in dem Begriff auch 12,135 liegen, wo Isokrates abfällig von denjenigen spricht, die ή τά φαυλότατα των όντων η τους παρανομωτάτους των γεγενημένων loben. An unserer Stelle spricht jedoch der Kontrast zu τά δόξαν έχοντα dafür, daß φαύλος - anders als das den καλά κάγαθά entgegengesetzte πονηρός in §8 (vgl. Komm. z.St.) - das >GeringeVerwerfliche< meint. δ τι αν ... τύχη : Durch das indefinite Relativum wird die Unbestimmtheit der Sache, durch αν с. coni. die Unbestimmtheit des Prädikatsbegriffs ausgedrückt; vgl. KG II 426 Anm. 2. φθεγξάμενος : φθέγγεσθαι bezeichnet in seiner Grundbedeutung die rein physiologische Komponente des Sprechens, d.h. die Artikulation von - gegebenenfalls sinnlosen - Lauten, während durch λέγειν vornehmlich die intellektuelle Komponente, d.h. Sprechen als gedankenvermittelnde Ausdrucks- und Kommunikationsform, erfaßt wird. Daß Isokrates das Verb φθέγγεσθαι bewußt zur Kennzeichnung einer gegenüber dem λέγειν defizitären Form sprachlicher Äußerung einsetzt, zeigt sich 15,192. Dort heißt es vom fleißigen, aber durch seine φύσις benachteiligten Rhetorikschüler: λόγων μεν ποιητής τυχόν αν χαριέστερος γένοιτο των πολλών, είς δχλον δέ καταστάς, τούτου μόνον άποστερηθείς τοΰ τολμάν, ούδ' αν φθέγξασθαι δυνηθείη. ίδιον : Von geistigem Eigentum auch 5,109 έγώ δ' όρώ ... τόπον ίδιον και παντάπασιν άδιεξέργαστον. ο τι αν τις τύχη φθεγξάμενος : Der entscheidende Aspekt der Mühelosigkeit läßt sich kaum intensiver betonen: Durch das unbestimmte Relativum δ τι wird der Inhalt des φθέγξασθαι für gleichgültig erklärt, durch das Indefinitpronomen τις der Sprecher für beliebig, durch τυγχάνω с. part, der Akt des φθέγξασθαι für willkürlich und keiner Vorbereitung bedürftig, durch das Verb φθέγγεσθαι selbst schließlich das gedankliche Niveau und die sprachliche Form der Äußerung für unerheblich. So ent-

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steht der Eindruck, als könne der paradoxe Redner, sobald er nur den Mund öffnet, gar nicht umhin, etwas Neuartiges vorzubringen. §14 Und das ist es, Weshalb ich den, der über die berühmte Helena geschrieben hat, am meisten von allen, die eine gute Rede halten wollten, lobe, daß er von einer solchen Frau gehandelt hat, die an Herkunft und an Schönheit und an Berühmtheit weit herausragte. Aber doch ist auch ihm eine Kleinigkeit entgangen: Er sagt nämlich, er habe eine Lobrede über sie verfaßt, in Wirklichkeit hat er aber eine Verteidigungsrede für ihre Taten vorgebracht. Διό καΐ ... έ π α ι ν ώ ... δ τ ι : Der δτι-Satz erklärt, auf welche Leistung sich das Lob bezieht; διό verweist auf den Grund zurück, warum diese Leistung lobenswert ist (vgl. 2,48; 4,53.156.177; 5,130; 16,38). καί wird dem Relativum zur Betonung der Tatsache nachgestellt, daß der Relativsatz (bzw. hier der durch relativischen Anschluß eingeleitete Satz) eine Ergänzung oder Folge der im Hauptsatz (bzw. hier im voraufgehenden Satz) gegebenen Information enthält (vgl. Denn. 294f.; KG II 255). τον γ ρ ά ψ α ν τ α περί της Ε λ έ ν η ς : Die einzige Prosaschrift über Helena, die uns neben der isokrateischen erhalten ist, ist die des Gorgias (frg. 82 В 11 DK). Sie stimmt in den wesentlichen Punkten mit der Beschreibung des Isokrates überein (vgl. auch Komm, zu φησι μέν γαρ ... των έκείνη πεπραγμένων): 1. Ihr Verfasser behauptet, ein Enkomion geschrieben zu haben (Gorg. Hei. 21); 2. Sie ist de facto kein Enkomion, sondern eine Apologie; 3. Sie unterscheidet sich in Anlage und Inhalt deutlich von dem, was Isokrates παραλιπών απαντα τά τοις άλλοις εΐρημένα (§ 15) vorzubringen verspricht. (Daß sich gleichwohl einzelne sprachliche Parallelen und gedankliche Bezüge nachweisen lassen, wertet Buchheit 57-62 zu Recht als ein Indiz für die Abhängigkeit des Isokrates von Gorgias.) Dennoch ist die Identifizierung des namentlich nicht genannten Vorgängers mit Gorgias nicht unumstritten. Die Bedenken gründen sich vornehmlich auf dessen Erwähnung in §3: Gorgias werde dort als Exponent einer Strömung angeführt, die Isokrates bekämpft, während der Verfasser der Helena lobend gegen Ausläufer eben dieser Strömung abgehoben werde. Außerdem werde Gorgias in § 3 einer älteren Generation zugerechnet - das Verb καταλείπειν deute sogar darauf hin, daß er nicht mehr gelebt habe. Die Anspielung in § 14 richte sich aber offensichtlich auf das jüngst erschienene Werk eines Zeitgenossen.

Proömium § 14

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Aus diesem Befund hat man unterschiedliche Folgerungen gezogen. Spengel (1828, 72-74) kommt unter der Voraussetzung, daß sich Isokrates gegen die unter dem Namen des Gorgias überlieferte Schrift wendet, zu dem Schluß, diese Schrift könne nicht von Gorgias stammen. Usener (Quaest. Anax. 1 1 = Kleine Schriften I 9f.) hält die vom Verfasser der Hypothesis zur isokrateischen Helena geäußerte Vermutung, es sei die Helena des Anaximenes gemeint (Benseler/Blass I, p. LVIII), für bedenkenswert. Münscher (1899, 274) denkt an die Schrift eines IsokratesSchülers, die der Lehrer mit dem gebotenen Wohlwollen korrigiere, Mathieu und Bremond an eine nicht erhaltene Helena eines unbekannten Verfassers (I 159). Alle diese Lösungsversuche können nicht befriedigen. Daß die uns überlieferte Helena von Gorgias stammt, wird heute nicht mehr ernsthaft angezweifelt. Daß Anaximenes, dessen Geburt frühestens um 392 anzusetzen ist (so Usener 11), in der vor 380 (vgl. Einführung, Kap. IV) erschienenen Helena des Isokrates attackiert wird, ist aus chronologischen Gründen unmöglich (vgl. Münscher 1899, 270; Drerup CXXXIII, Blass II 244). Daß Isokrates mit der auf eine allseits bekannte Persönlichkeit weisenden Formulierung τον γράψαντα περί της Ε λ έ ν η ς einen Schüler anspricht und dessen Belehrung eine für die öffentliche Kenntnisnahme bestimmte Schrift widmet, ist eine eher fernliegende Vorstellung. Daß zur Zeit des Isokrates mehr als die eine, uns bekannte Schrift über Helena in Umlauf war, ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, doch fragt es sich, ob das Publikum angesichts der Form der Erwähnung nicht unwillkürlich an die berühmte Helena des berühmten Gorgias denken mußte und ob es nicht einer klareren Spezifizierung bedurft hätte, wenn diese Assoziation von Isokrates nicht beabsichtigt gewesen wäre. Mit guten Gründen sprechen sich daher Blass (II 243), Drerup (CXXXII-CXXXIV), Gomperz (1912, 5-8) sowie in neuerer Zeit Buchheit (54-62) und Eucken (75) dafür aus, daß die Helena des Gorgias den Bezugspunkt für Isokrates bildete. Relativ leicht läßt sich das gegen diese Position vorgebrachte >chronologische< Argument entkräften. Aus dem Text geht weder zwingend hervor, daß Gorgias bereits tot ist (Eucken 76f. zeigt unter Verweis auf 11,48, daß καταλείπειν nicht notwendig das Vermächtnis eines Verstorbenen bezeichnet), noch daß die Helena, auf die rekurriert wird, der des Isokrates unmittelbar voraufgegangen ist (Gomperz 1912, 7; Eucken 77). Problematischer ist es, die tadelnde und die lobende Erwähnung des Gorgias miteinander zu vereinbaren. Gomperz will die erste Erwähnung des Gorgias nicht als Tadel verstehen, sondern vertritt die - angesichts des Argumentationszusammenhangs allerdings kaum haltbare - Auffassung, Isokrates stelle »so-

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Übersetzung und Erläuterungen

wohl Gorgias wie auch den Verfasser der Helena den Zeitgenossen als nachahmenswertes Vorbild hin« (1912, 7; ähnlich Braun 159, der in § 3 eine eher lobende, in §14 dagegen eine eher tadelnde Bemerkung erkennen will). Vorsichtiger, aber mit gleicher Tendenz, bemüht sich Eucken um die Entschärfung des Gegensatzes. Gorgias werde in § 3 »nicht gleich beurteilt wie die Eleaten«, da er nicht schwerpunktmäßig Seinsphilosophie gelehrt habe, sondern »als Rhetor eher der programmatischen Linie des Isokrates entsprach« (77). Isokrates habe die Schrift Über das Nichtseiende vermutlich sogar »als die gleichsam krönende Leistung der ganzen von ihm verworfenen Gattung geschätzt« (78). Der Text selbst verrät jedoch von einer derartigen Wertschätzung oder auch nur von einer unterschiedlichen Beurteilung nichts - und der Zusammenhang läßt dies auch kaum erwarten. Isokrates führt die Thesen der älteren Sophisten als Belege dafür an, daß die Beschäftigung mit Paradoxien nicht neu ist (§§ 2/3). Für diesen Zweck ist es völlig unerheblich, ob die Paradoxologen der >ersten Generation< sich eher von einem philosophischen (wie Zenon und Melissos) oder von einem rhetorischen Interesse (wie wahrscheinlich Gorgias) leiten ließen; entscheidend ist, daß sie alle paradoxe Themen wählten - was Isokrates grundsätzlich ablehnt. Die Versuche, die in § 3 an Gorgias geübte Kritik zu relativieren, führen somit nicht recht weiter. Eher ist die Frage zu stellen, was uns überhaupt dazu zwingt, Tadel und Lob einander anzugleichen. Es liegt schließlich keine widersprüchliche Beurteilung der Persönlichkeit des Gorgias oder seines Gesamtwerks vor, sondern an jeder der beiden Stellen geht es jeweils um eine einzelne Schrift. Was sollte Isokrates gehindert haben, die eine dieser Schriften als nutzlos zu tadeln, die andere als - zumindest im Ansatz - gelungen zu loben? Vgl. Fraustadt 48, der zwischen einem Tadel des Sophisten und einem Lob des Redners differenziert, und Papillon 384. της Ε λ έ ν η ς : Zum Eigennamen Ε λ έ ν η tritt der Artikel, um die genannte Person als >die berühmte Helena< auszuweisen; vgl. KG I 598. ε ύ λ ο γ ε ΐ ν τ ι : Überliefert ist εύ λέγειν τι. εύ λέγειν heißt bei Isokrates stets >gut reden< (2,39; 3,1; 15,275.277), nie >loben< (so aber offenbar die Interpretation von Preuss, vgl. Index s.v. λέγειν 2 с), und nimmt nie ein Akkusativobjekt zu sich (15,47 των τάς δίκας εύ λεγόντων ist kein Gegenbeispiel, da das Adverb dort zu der festen Wendung δίκας λέγειν tritt, so daß der Gesamtbegriff nicht in erster Linie das rhetorische Können akzentuiert, sondern ein Äquivalent zu περί τάς δίκας δεινόν είναι [vgl. 15,49] darstellt). Bekker konjiziert εύλογεΐν τι (vgl. 11,4 δει τους μεν εύλογεΐν τινας βουλομένους). Eine Verschreibung von εύλογεΐν zu

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εύ λέγειν kann leicht unterlaufen (auch 9,11 u. 12,38 bieten einige Handschriften εΰ λέγειν anstatt des richtigen εύλογεΐν), und auch die eher ungewöhnliche Verwendung von εύλογεΐν in bezug auf Dinge hat bei Isokrates Parallelen (vgl. 11,47 ε'ί τις των σοι συνόντων έπαρθείη ποιεΐν, α συ τυγχάνεις εύλογων u. 12,187). Gegenüber der alternativ zu erwägenden Tilgung von τι (zur Interpolation von τι nach λέγειν vgl. Komm, zu § 12 λέγειν) hat Bekkers Konjektur auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten einiges für sich: Zu den εύ λέγειν βουληθέντες müßten alle Redner einschließlich der Vertreter der politischen Rhetorik gezählt werden. Es ist aber kaum vorstellbar, daß Isokrates den Verfasser der Helena einem guten politischen Redner, der unmittelbar öffentliche Wirksamkeit entfaltet, vorziehen würde (έπαινώ μ ά λ ι σ τ α ; zur unterschiedlichen Wertschätzung politischer und epideiktischer Reden bei Isokr. vgl. Komm, zu § 5 έπιδειξάντων). Dagegen fügt es sich bestens in den Zusammenhang, wenn Isokrates aus der Gruppe der Lobredner (των εύλογεΐν τι βουληθέντων), auf die sich die Betrachtung ab § 8 zunehmend verengt (vgl. § 12 των ... βουληθέντων έπαινεΐν), Gorgias als den Besten hervorhebt - hat doch dieser immerhin einen würdigen Gegenstand gewählt und sich somit kompositorischen Schwierigkeiten gestellt, die mit denen vergleichbar sind, die politische Reden mit sich bringen (vgl. § 11). περί τοιαύτης έμνήσθη γυναικός : Zu περί с. gen. anstelle des bloßen Genitivs vgl. KG I 364 Anm. 12; Schneider zu 9,12 sowie Isokr. 4,5.74; 5,66; 12,8.41; 15,259; ep. 1,8. και τφ γένει και τφ κ ά λ λ ε ι και τη δόξη : W ä h r e n d γένος und κ ά λ λ ο ς der Helena unbestritten sind (auch Gorgias setzt die Anerkennung dieser Vorzüge voraus, vgl. Hei. 3), berührt Isokrates mit dem Hinweis auf ihre δ ό ξ α einen eher wunden Punkt (vgl. Einführung, Kap. I). Dies erklärt sich als Teil der >offensiven< Taktik, mit der Isokrates sein >paradoxieverdächtiges< Thema gegen die paradoxen Reden der Konkurrenz abzugrenzen versucht. Dank der Weite des δόξα-Begriffs ist ihm nicht einmal eine Lüge nachzuweisen: >Berühmt< ist Helena ja in der Tat, nur handelt es sich um eine recht traurige Berühmtheit. Die in § 13 benannte Schwierigkeit, über τά δόξαν έχοντα etwas Neues zu sagen, birgt das Helena-Thema aber durchaus, ού μην ά λ λ α : Im nicht-elliptischen ού μην ... άλλά-Gefüge wehrt ού μην einen Gedanken ab, der sich fälschlich aus dem Voraufgehenden ergeben könnte, während der άλλά-Satz diesem Gedanken den tatsächlichen Sachverhalt bzw. die richtige Folgerung entgegensetzt (etwa >gleichwohl nicht..., sondernund doch (ist seine Schrift) nicht (ganz perfekt), sondern ...< (vgl. KG II 286,7 u. Schneider zu 1,9). Denniston bemerkt, daß die Partikelkombination nicht in allen Fällen auf diese Weise erklärbar ist. Es sei daher der allgemeine Gedanke »but nothing happens, or happened, or will or shall happen other than« zu ergänzen, οΰ μην άλλά zeige an, »that what is being said cannot be gainsaid, however strong the arguments to the contrary: marking, in fact, the deliberate surmounting of an obstacle recognized as considerable« (28). Diese Beschreibung trifft jedoch auf unsere Stelle nicht ganz zu, da der Akzent weniger auf der Unumstößlichkeit der Aussage als auf der Tatsache liegt, daß sie von dem, was das Voraufgehende nahelegt, abweicht. Vgl. als engste Parallele ep. 9,11 μόνος ... 'Αγησίλαος ών ήμεΐς ϊσμεν έπιθυμών απαντα τον χρόνον διετέλεσε τους μέν "Ελληνας έλευθερώσαι, προς δε τους βαρβάρους πόλεμον έξενεγκεΐν. οΰ μην άλλά κάκεΐνος ένός πράγματος διήμαρτεν sowie 8,39.62; 12,75.201. παρέλαθεν : Das seltene Kompositum verwendet Isokrates nur im Aorist an Stellen, wo das bedeutungsgleiche Simplex λανθάνειν Hiat erzeugen würde (2,40; 11,48; 12,200). φησί μέν ... τυγχάνει δ' : τυγχάνειν betont die Faktizität des im Partizip ausgedrückten Sachverhalts. Vgl. Manuwald zu Prot. 313c4f. sowie Plat. Gorg. 468d3f. οίόμενος αμεινον είναι αύτφ, τυγχάνει δε ον κάκιον. φησί μέν γαρ ... των έκείνη πεπραγμένων : Die Beschreibung trifft exakt auf die Helena des Gorgias zu. Die Zielsetzung, die zu Beginn der Schrift formuliert wird, ist eindeutig die einer Apologie: βούλομαι... την μέν κακώς άκοΰουσαν παΰσαι της αίτιας, τους δε μεμφομένους ψευδόμενους έπιδεΐξαι (§ 2). Die Argumentation folgt strikt dieser Vorgabe. Gorgias nennt vier Faktoren, die Helena zur Fahrt nach Troja veranlaßt haben könnten - göttliche Bestimmung, Gewalt, Überredung und Liebe - und weist für jeden einzelnen dieser Faktoren nach, daß er stärker sei als der menschliche Wille (§§ 6-19). Was immer also Helena zu ihrer Tat getrieben haben möge, sei eine Form höherer Gewalt gewesen - eine persönliche Schuld sei ihr nicht anzulasten (§ 20). Abschließend rekapituliert Gorgias sein Vorgehen, wobei er sein Ziel zwar treffend beschreibt, aber - nach dem Urteil des Isokrates - mit dem Wort έγκώμιον falsch benennt: άφεΐλον τφ λόγφ δύσκλειαν γυναικός, ενέμεινα τη γνώμη ην έθέμην έν άρχή τοΰ λόγου· έπειράθην καταλΰσαι μώμου άδικίαν και δόξης άμαθίαν, έβουλήθην γράψαι τον λόγον Ελένης μέν έγκώμιον, έμόν δέ παίγνιον (§21). Damit besteht der Fehler des Gorgias, im Unterschied zu

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Polykrates, dem das totale Scheitern an der von ihm angestrebten Redeform vorgehalten wird (vgl. 11,4-8.33), in einer vergleichsweise geringfügigen terminologischen Unachtsamkeit (anders Buchheit 64, der annimmt, daß die Kritik des Isokrates an Gorgias und Polykrates dieselbe Tendenz habe; vgl. dazu auch Komm, zu έγκώμιον... άπολογίαν). έγκώμιον ... άπολογίαν : In der späteren rhetorischen Theorie wird das Verhältnis von έγκώμιον und απολογία systematisch fixiert: die απολογία bildet die der κατηγορία entgegengesetzte Form des γένος δικανικόν (Aristot. rhet. 1358blOf.), das έγκώμιον (bzw. der έπαινος) die dem ψόγος entgegengesetzte Form des γένος έπιδεικτικόν (Aristot. rhet. 1358bl2f.). Daß eine vergleichbare Systematisierung der Begriffe bereits von Isokrates vorgenommen wurde, ist nicht anzunehmen (vgl. Buchheit 39) und wird auch durch die folgende Bestimmung des Unterschieds zwischen άπολογεΐσθαι und έπαινεΐν (§ 15), die mehr eine praktische Anweisung als eine theoretische Reflexion ist, nicht nahegelegt. Nicht ganz konsequent erscheint die Art und Weise, wie Isokrates selbst - vor allem im Busiris - mit beiden Begriffen umgeht. Er zitiert dort die Schriften des Polykrates als Βουσίριδος απολογία und Σωκράτους κατηγορία, um sie anschließend an dem zu messen, was die εύλογεΐν τινας βουλόμενοι einerseits und die κατηγοροΰντες andererseits leisten müssen (11,4). απολογία und ευλογία bilden also den gemeinsamen Gegensatz zur κατηγορία. Auch im weiteren Verlauf der Rede werden zur Bezeichnung der Absicht des Polykrates die Ausdrücke ΰπέρ Βουσίριδος άπολογεΐσθαι (11,5; vgl. auch 44.46.48) und Βοΰσιριν εύλογεΐν (11,31; vgl. auch 33.47) undifferenziert nebeneinander verwendet, ohne daß Polykrates, wie Gorgias, die Mißachtung des Unterschieds ausdrücklich vorgeworfen wird. Um so mehr verwundert es, daß Isokrates bei der Formulierung seines eigenen Ziels έπαινος und απολογία klar trennt: πειράσομαί σοι... δηλωσαι... έξ ών εδει και τον επαινον και την άπολογίαν ποιήσασθαι (11,9; vgl. auch 11,44). Tatsächlich läßt sich das Folgende in einen επαινος-Abschnitt (11,10-29) und einen άπολογία-Abschnitt (11,36-43) gliedern (vgl. Wilcox 118 gegen die einseitige Darstellung des Problems durch Walberer 10f.). Für dieses in sich widersprüchlich anmutende Vorgehen mag es eine Erklärung geben: Polykrates hat sowohl Apologie und Enkomion miteinander vermengt als auch die gemeinsame Grundtendenz beider Formen, d.h. die möglichst positive Darstellung des Gegenstands, verfehlt. Isokrates konzentriert seine Kritik auf den größeren Fehler, will selbst aber auch den kleineren bei seinem >Gegenentwurf< vermeiden. Der didaktische Wert der Musterrede ist damit ein doppelter: Isokrates demonstriert sowohl den Unterschied zwischen έπαινος und

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Übersetzung und Erläuterungen

απολογία als auch den Unterschied zwischen επαινος/άπολογία und dem, was Polykrates unter diesem Titel verfaßt hat. §15 Die Redeweise (in beiden Fällen) wird aber nicht von denselben Gesichtspunkten geleitet und bezieht sich nicht auf dieselben Taten, sondern es gilt das genaue Gegenteil: Zu verteidigen sind nämlich die, denen ein Unrecht vorgeworfen wird, zu loben hingegen die, die sich durch irgendeinen Vorzug auszeichnen. Damit es aber nicht den Anschein hat, daß ich das Einfachste tue, nämlich die anderen tadle, ohne etwas von mir selbst vorzuführen, werde ich versuchen, über diese selbe Frau zu sprechen, indem ich alles beiseite lasse, was bereits von den anderen gesagt ist. έκ των αυτών ιδεών : Zu den verschiedenen Bedeutungen des Begriffs ιδέα vgl. Komm, zu § 11 δια πολλών ιδεών και καιρών δυσκαταμαθήτων. An unserer Stelle sind entweder (wie ep. 6,8) konkrete Gedankenkomplexe und Argumentationsmuster, die für die jeweilige Gattung spezifisch sind, oder (wie 11,33) die leitenden Gesichtspunkte gemeint, die die Auswahl und Anordnung des Stoffes bestimmen (έκ hieße dann nicht b e stehend ausfließend ausAnwendungsbereiche< ergibt. Vgl. auch Komm, zu άπολογεΐσθαι μέν ... τινι διαφέροντας. Die Auslassung von έργων bringt somit keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung des Textes:

Proömium § 15

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Zum einen wird die Satzsymmetrie zerstört, zum anderen dürfte es beim Leser zumindest leichte Irritation auslösen, daß zu dem unmittelbar auf έκ των αυτών ιδεών folgenden περί τών αυτών nicht, wie es naheliegt, das Substantiv des ersten Gliedes, sondern άνθρώπων zu ergänzen ist. άλλα πάν τουναντίον : Die Parallelen bei Isokrates (8,41; 12,162; 13,12) sprechen dafür, daß πάν τουναντίον hier nicht adverbial, sondern substantivisch aufzufassen ist, wobei aus dem ersten Satzglied έστίν ergänzt werden muß. Schneider (zu 7,76) will die Wendung πάν τουναντίον grundsätzlich als von einem zu ergänzenden Verb abhängig verstehen. Daß πάν τουναντίον aber ebenso wie τουναντίον (vgl. KG I 317 Anm. 21) als adverbialer Akkusativ auftreten kann, belegt der Gebrauch bei Piaton; vgl. Ast s.v. έναντίον u. bes. leg. 967a6-8 τό δέ δή πώς εχον άν εϊη; - Πάν, δπερ είπον, τουναντίον εχει νυν τε και δτε αψυχα αυτά οί διανοούμενοι διενοοΰντο. Θ и. Λ trennen ά λ λ ' άπαν. Jedoch zeigt 13,12, wo Isokrates auch nach einem Konsonanten nicht άπαν schreibt, daß es generell πάν τουναντίον, nie απαν τουναντίον, heißt. ο λόγος : Hier: >Die Redeweise (sc. in beiden Fällen)Angeklagte< ist und sich somit seiner eigenen Gattungsunterscheidung zufolge mindestens ebensogut als Gegenstand einer Apologie wie eines Enkomions eignet. Es gehört aber zu seiner Strategie, diese Seite der Helena-Gestalt nicht nur zu verschweigen, sondern gewissermaßen demonstrativ zu ignorieren. Ähnlich wie bei der Erwähnung der δόξα in § 14 sind aber auch hier die Tatsachen nicht völlig auf den Kopf gestellt, da Helena aufgrund ihrer Schönheit mit gutem Recht auch zu den έπ' άγαθφ τινι διαφέροντες gezählt werden darf, άπολογεΐσθαι ... περί : περί steht üblicherweise bei dem Vorwurf, gegen den man sich verteidigt (vgl. bei Isokr. 15,139; 18,22), während die

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Übersetzung und Erläuterungen

Person, die man verteidigt, durch ΰπέρ с. gen. bezeichnet wird (vgl. bei Isokr. 11,5; 18,40). Zwar gibt es eine deutliche Tendenz zur unterschiedslosen Verwendung der Präpositionen περί und ΰπέρ (vgl. Rehdantz/ Blass Ind. II s.v. ΰπέρ u. Komm, zu § 49 περί... των άλλων), bei den Rednern findet sich άπολογεΐσθαι περί bezogen auf die zu verteidigende Person jedoch nur noch Lykurg 114 ... εάν άπολογώνταί τίνες περί τοΰ τετελευτηκότος (in der Ausgabe von Conomis ist anstelle des überlieferten περί Herwerdens Konjektur ΰπέρ in den Text aufgenommen). Die ungewöhnliche Konstruktion mag sich schlicht aus dem Bemühen um Hiatvermeidung erklären (προσήκει ΰπέρ), ist aber auch dadurch gerechtfertigt, daß in unserem speziellen Fall in άπολογεΐσθαι weniger der juristische Aspekt, die Argumentation im Interesse einer Person, als der rhetorische Aspekt, das apologetisch gefärbte Reden über eine Person, zum Tragen kommt, των άδικεΐν αΐτίαν έχόντων : Zu αίτίαν εχειν с. inf. vgl. 4,109 (wo allerdings die Vorstellung der Anschuldigung stark zurücktritt, vgl. Schneider z.St.) περιείδομεν ήμάς αυτούς άπορωτέρους ζώντας των δουλεύειν αίτίαν έχόντων u. Aristoph. Vesp. 506f. αίτίαν εχω / ταΰτα δράν ξυνωμότης ων και φρονών τυραννικά. "Ινα δέ μή δοκώ ... : Vgl. 11,9 "Ινα δέ μή δοκώ τό προχειρότατον ποιεΐν, έπιλαμβάνεσθαι των είρημένων, πειράσομαί σοι δια βραχέων δηλωσαι περί την αυτήν ύπόθεσιν... έξ ών εδει και τον επαινον και τήν άπολογίαν ποιήσασθαι (ähnlich 13,14.22). Die Parallele stützt die Lesart έπιτιμάν (ΓΛ) gegen έπιτιμών (Θ), έπιδεικνύς : Vgl. Komm, zu § 4 έπιδειξάντων und zu § 9 τήν έπίδειξιν. περί της αυτής ταύτης : Θ и. Λ haben περί αυτής ταύτης. Hiat nach περί ist unanstößig (vgl. Blass II 143), gegen die Lesart der Vulgathandschriften spricht jedoch, daß es Isokrates - wie die Parallele 11,9 belegt auf die Betonung der Tatsache ankommt, in seiner Epideixis denselben Gegenstand (τό αύτό; nicht >eben diesem αΰτό τοΰτο) zu behandeln, um sich dem direkten Vergleich mit der kritisierten Konkurrenz zu stellen, τοις άλλοις : Der Plural veranlaßte Münscher (RE 2183) zu der Annahme, Isokrates müsse mehrere Helena-Enkomien gekannt haben. Buchheit 62 hingegen sieht im pluralischen Ausdruck eine »rhetorische Floskel«, hinter der sich allein Gorgias verberge. Es ist aber auch denkbar, daß Isokrates die ehrgeizige Absicht erklärt, nicht nur im Vergleich mit Gorgias, sondern im Vergleich mit sämtlichen Bearbeitern des Helena-Motivs in Epos, Tragödie und Dichtung etwas völlig Neues zu schaffen.

Helenas göttliche Abstammung (§§ 16-17) §16 An den Anfang der Rede will ich den Anfang ihres Geschlechts stellen: Obwohl sehr viele Halbgötter von Zeus gezeugt wurden, war diese die einzige Frau, deren Vater er genannt werden wollte. Und am meisten um das Wohl des Sohnes der Alkmene und der Kinder der Leda bemüht, schätzte er Helena so viel höher als Herakles, daß er ihm Kraft gab, die mit Gewalt über die anderen herrschen kann, ihr aber Schönheit zuteilte, die geschaffen ist, sogar über die Kraft selbst zu gebieten. Την μεν ουν άρχήν του λόγου ποιήσομαι την άρχήν του γένους αυτής : Enkomien beginnen üblicherweise mit der Abstammung der zu lobenden Person, vgl. 9,12ff.; 11,10; 16,24f.; Gorg. Hei. 3. Zur Bedeutung der Vorfahren vgl. 12,120 δια τοΰτο δέ προειλόμην πορρωτέρωθεν ποιήσασθαι την άρχήν, πρώτον μέν ηγούμενος προσήκειν τοις άμφισβητοΰσιν αρετής εύθύς άπό γενεάς διαφέροντας είναι των άλλων.... Zum Artikel beim Prädikatsnomen im Falle der logischen Identität von Subjekt und Prädikat vgl. KG 1592 Anm. 4. Zu μέν ούν ohne korrespondierendes δέ am Beginn einer Erzählung vgl. 10,23; 11,10; 12,138; 15,107.217; in der Verbindung πρώτον μέν ουν 2,9; 6,16; 9,12; 15,45.217. Allgemein zum μέν solitarium vgl. Denn. 380ff., zur Partikelkombination μέν ούν im besonderen vgl. Ljungdahl 1 lf. Zur Wendung την άρχήν ποιεΐσθαι vgl. 5,1.86; 8,1; 12,48.120.156. Der von Γ gebotenen Lesart τοιαύτην für τήν άρχήν ist kaum ein befriedigender Sinn abzugewinnen: »An den Anfang der Rede will ich einen solchen ihres Geschlechts stellen« (?) oder, wenn man τήν άρχήν ποιεΐσθαι als Periphrase für αρχεσθαι und den Genitiv τοΰ λόγου nicht attributiv, sondern partitiv auffaßt (vgl. 5,1): »Ich will mit der Rede ihres Geschlechts so beginnen« (?); vgl. Gehlert 21. Dennoch gibt Benseier (ad areopag. 167) dem Text des Urbinas den Vorzug, da Isokrates die Wiederholung eines Wortes im selben Satz gewöhnlich vermeide (ebd. 166). Zwar ergibt sich an unserer Stelle kein Wortspiel mit zwei verschiedenen Bedeutungen desselben Begriffs wie etwa 4,119 άμα γαρ ήμεΐς τε της άρχής άπεστερούμεθα και τοις "Ελλησιν άρχή τών κακών έγίγνετο (ähnlich 5,61; 8,101; vgl. auch Lukian, dialog, mort. 25,2; zur Paronomasie

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Übersetzung und Erläuterungen

vgl. Aristot. rhet. 1412M-11, Blass II Uli.), doch läßt sich die Wortwiederholung durchaus als ein bewußt eingesetztes Stilmittel legitimieren, das den leitenden Gedanken der Disposition, die Ausrichtung des Fortgangs der Rede an der Chronologie der Ereignisse, hervorheben soll. Vgl. Demosth. 60,3 αρξομαι δ' από της του γένους αυτών άρχής. Zur absichtlichen Wortwiederholung bei Isokrates vgl. 4,28 πρώτον μέν τοίνυν, ου πρώτον ή φύσις ήμών έδεήθη, δια της πόλεως της ήμετέρας έπορίσθη u. Rauchenstein z.St. πλείστων ... μόνης : Die Hervorhebung der Singularität einer Leistung oder Würdigung ist ein typisches Mittel der αΰξησις, vgl. Aristot. rhet. 1368al0f. χρηστέον δέ και τών αυξητικών πολλοίς, οίον εί μ ό ν ο ς η πρώτος η μετ' ολίγων ή και [ό] μάλιστα πεποίηκεν. γαρ : Zum explikativen γάρ vgl. KG II 33If. u. Denn. 59,2. πλείστων γάρ ήμιθέων υπό Διός γεννηθέντων : Einen vollständigen Katalog der dem Zeus zugeschriebenen Kinder gibt Ziegler bei Roscher s.v. Zeus VI 587-590. II. 14,317-325 zählt Zeus unter seinen mit menschlichen Frauen gezeugten Söhnen Peirithoos, Perseus, Minos, Rhadamanthys, Herakles und Dionysos auf. Helena, die hier zu den ημίθεοι gerechnet und gleichzeitig über sie herausgehoben wird, ist Διός έκγεγαυΐα nach II. 3,199.418; Od. 4,184.219; 23,218. Dagegen erscheint sie als Tochter des Tyndareos u.a. bei Stesichoros frg. 223 Davies, Eur. Or. 249,540f., 750; Hei. 17; Нес. 269. Während Gorgias Tyndareos immerhin als >nominellen< Vater der Helena anführt (Hei. 3), würdigt ihn Isokrates keiner Erwähnung: Um das Leben der Helena zu einer Manifestation göttlicher Fürsorge stilisieren zu können, darf er nicht den geringsten Zweifel an der Vaterschaft des Zeus aufkommen lassen, ήμιθέων : Isokrates erkennt den ημίθεοι - freilich in dem nicht ganz ernstgemeinten Bemühen, dem Poseidonsohn Busiris zu einer Universalexkulpation zu verhelfen - eine naturgegebene Tugendhaftigkeit zu: Έγώ μέν ούν οΰχ δπως τους θεούς, άλλ' οΰδέ τους έξ έκείνων γεγονότας ούδεμιάς ηγούμαι κακίας μετασχεΐν, άλλ' αυτούς τε πάσας έχοντας τάς άρετάς φΰναι και τοις άλλοις τών καλλίστων έπιτηδευμάτων ήγεμόνας και διδασκάλους γεγενήσθαι (11,41; vgl. auch 12,205f.; zur Rolle der Halbgötter und Heroen in der Theologie des Isokrates vgl. Wagner 176— 183). An unserer Stelle bleibt das >genetische< Argument, Helena müsse allein schon aufgrund ihrer Abstammung tugendhaft sein, ungenutzt, μόνης ταύτης γυναικός πατήρ ήξίωσε κ λ η θ ή ν α ι : Für diese Behauptung fehlt ein direkter literarischer Beleg. Möglicherweise stützt sich Isokrates auf den Umstand, daß Helena bei Homer als einzige Sterbliche κούρη Διός (И. 3,426) genannt wird. Dieser Titel kommt sonst nur Athene

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(vgl. u.a. II. 6,304.312; 10,296), Artemis (vgl. u.a. II. 9,536), Aphrodite (vgl. u.a. II. 20,105), den Musen (vgl. u.a. II. 2,598) und den Nymphen (vgl. u.a. II. 6,420) zu; vgl. Wagner 64 mit Anm. 1. Aus der homerischen Diktion auf den persönlichen Willen des Zeus zu schließen, ist freilich ein gewagter Kunstgriff, μόνης ταύτης γυναικός : Die Herausgeber ziehen den Text des Urbinas zu Recht der Lesart μόνης ταύτης της γυναικός (ΘΛΠΝ) vor. Ohne den Artikel ist μόνης γυναικός prädikative Bestimmung zu ταύτης (vgl. KG I 628 Anm. 6), d.h. Helena (αΰτη) darf als einzige Frau (μόνη γυνή) Tochter des Zeus genannt werden. Folgte man Θ und Λ, so wäre μόνης Prädikativum zum Gesamtbegriff ταύτης της γυναικός, und es ergäbe sich die sachlich unrichtige Aussage, Helena (αΰτη ή γυνή) sei als einzige überhaupt (μόνη) dieser Ehre teilhaftig. Zur Wortstellung vgl. die Beispiele bei KG sowie Isokr. 4,174 ... ώς μόνον αν τοΰτ' άγαθόν άπολαύσαιμεν. σπουδάσας ... περί : σπουδάζειν περί с. acc. steht bei Isokrates sonst stets mit dem Objekt der Sache, der jmds. Eifer gilt (vgl. u.a. 7,37; 11,8; 12,188); zur Verwendung mit dem Objekt der Person, um deren Wohl man bemüht ist, vgl. [Isokr.] 1,10 μάλλον έθαύμαζε τους περί αυτόν σπουδάζοντας ή τους γένει προσήκοντας; Xen. Kyr. 5,4,13; Lukian, Sol. 10. (Die etwas andere Bedeutung >sich befassen mit< hat σπουδάζειν περί с. gen. pers. Isokr. 10,29 u. 12,22.) τον έξ 'Αλκμήνης : Gemeint ist Herakles, vgl. II. 14,323f.; 19,98f.; Od. 11,266-268. Zur besonderen Vorliebe des Zeus für Herakles vgl. II. 18,117f. οΰδέ γαρ οΰδέ βίη Ήρακλήος φύγε κήρα / δς περ φίλτατος εσκε Διί Κρονίωνι άνακτι. τους έκ Λήδας : Über die gemeinsamen Kinder von Zeus und Leda kursieren widersprüchliche Sagenversionen. Nach Od. 11,298-300 sind Kastor und Polydeukes Söhne des Tyndareos, nach Horn. h. 17,2 u. 33, 1.9, Alkaios frg. 34,2^4 Voigt, Eur. Or. 1689 u. Hei. 1680 sind sie Söhne des Zeus, nach Pindar, N. 10,80-82 ist Polydeukes Sohn des Zeus, Kastor Sohn des Tyndareos. Helena ist nach II. 3,237f. von derselben Mutter wie Kastor und Polydeukes, also von Leda, geboren (vgl. auch Eur. Hei. 19), nach den Kyprien (frg. 9 Bernabe = frg. 7 Davies) hingegen von Nemesis (zu Einzelheiten vgl. Komm, zu § 59 κύκνος δέ γενόμενος ... sowie Engelmann, Art. Helena bei Roscher 1 1929ff.). Da Isokrates 6,18 von der Verwandtschaft beider Dioskuren mit Herakles spricht und auch 10,61 nicht zwischen beider Schicksal differenziert, darf man annehmen, daß hier sowohl Kastor als auch Polydeukes zu den Kindern des Zeus und der Leda gezählt werden (so Wagner 64 Anm. 4, an-

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Übersetzung und Erläuterungen

ders Flaceliere z.St.). Daß Isokrates ferner mit oi έκ Λήδας auch und vor allem Helena meint (anders die Übersetzung von van Hook: »the sons of Leda«), ist ein Gebot der argumentativen Stringenz: Unter den von Zeus gezeugten Halbgöttern werden zwei favorisierte Gruppen, der Sohn der Alkmene und die Kinder der Leda, herausgehoben, um anschließend innerhalb dieses exponierten Kreises eine Repräsentantin der zweiten Gruppe (Helena) als dem Repräsentanten der ersten Gruppe (Herakles) gegenüber bevorzugt zu erweisen. (Diese Figur der αΰξησις, die den Gegenstand durch eine sukzessive Verengerung der Perspektive als >das Beste vom Bestem darzustellen sucht, begegnet auch 9,13: ομολογείται μεν γαρ τους από Διός εΰγενεστάτους των ημιθέων είναι, τούτων δ' αυτών ούκ εστίν δστις οΰκ αν Αίακίδας προκρίνειεν.) Würden zu dem >weiteren Kreis< der Günstlinge des Zeus nur Herakles und die Dioskuren gezählt, so wäre die Erwähnung letzterer ohne Funktion und der Vergleich zwischen Herakles und Helena völlig unvermittelt. Die Annahme, daß Isokrates Helena hier als Tochter der Leda betrachtet, steht freilich in einem gewissen Widerspruch zu dem Bericht von der Verbindung des Zeus mit Nemesis 10,59. Mit derartigen leichten Inkonzinnitäten muß jedoch bei einem Redner, der den Mythos nicht um seiner selbst willen erzählt, sondern ihn jeweils im Dienste eines bestimmten Beweiszieles benutzt, gerechnet werden (vgl. auch Komm, zu § 59 τούτφ δέ πάλιν ομοιωθείς Λήδαν ένύμφευσεν). Anders als Herakles werden die Kinder der Leda in der Literatur nicht als besondere Lieblinge des Zeus geführt. Wagner 64 Anm. 2 vermutet, daß Isokrates ihre Sonderstellung aus ihrer Apotheose ableitete, μάλλον Έλένην Ηρακλέους προύτίμησεν : Mit der Berufung auf das Urteil des Zeus und dem Vergleich der Helena mit Herakles kombiniert Isokrates zwei Mittel der αΰξησις, die in der späteren rhetorischen Theorie als κρίσις (vgl. Aristot. rhet. 1363al7-19 u. 1398b21-1399a6) und als προς ένδοξους συγκρίνειν (vgl. Aristot. rhet. 1368a21f.) systematisiert werden. Der Zusatz von μάλλον zu dem an sich schon komparativischen προτιμαν mag dadurch motiviert sein, daß Isokrates hier, anders als an anderen Stellen (vgl. 2,22; 3,26; 8,34; 15,80), den Vergleich vollständig durchführt, d.h. den vorgezogenen Gegenstand ausdrücklich dem, dem er vorgezogen wird, gegenüberstellt. Vgl. den analogen Gebrauch von προαιρεΐσθαι 5,47; 8,93; ер. 7,1. Etwas anders liegt der Fall 10,60, da dort nicht die Objekte, sondern die Subjekte des προτιμάν die Vergleichsglieder bilden, so daß μάλλον unverzichtbar ist.

Helenas göttliche Abstammung § 17

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τφ μέν ... τη δε : Die strenge antithetische Struktur, die stark an den Stil des Gorgias erinnert, setzt sich bis zum Beginn des übernächsten Paragraphen fort: (§ 17) ούκ έκ ... άλλ' έκ; μή μόνον ... άλλα καί; του μέν ... της δέ; (§ 18) λεγόμενος μέν... γενόμενος δ'; οΰπω μέν... ήδη δέ. εδωκεν : Γ hat δέδωκεν, doch ist aufgrund des korrespondierenden Aorists άπένειμεν der Lesart der Vulgathandschriften der Vorzug zu geben. των άλλων κρατεΐν : Die Variante των άλλων απάντων κρατεΐν (ΑΠΝ) läßt keinen Raum für die rhetorische Steigerung im zweiten Teil der Antithese und erweist sich somit als sinnwidrig: Die Kraft herrscht gerade nicht über alles, sondern muß sich der Macht der Schönheit unterwerfen, κάλλος ... ο και της ρώμης αύτης αρχειν πέφυκεν : Vgl. die Beschreibung der Macht des ερως bei Menander "Ηρως frg. 1 Körte δέσποιν', "Ερωτος ουδέν ισχύει πλέον / οΰδ' αΰτός ό κρατών (των) έν ούρανφ θεών / Ζευς, άλλ' έκείνφ πάντ' άναγκασθείς ποιεί. §17 Da er aber wußte, daß Berühmtheit und Glanz nicht aus der Ruhe, sondern aus den Kriegen und Kämpfen erwachsen, und da er nicht nur ihre Körper zu den Göttern emporfuhren, sondern auch ihren Ruhm in ewiger Erinnerung zurücklassen wollte, hat er des einen Leben mühselig und gefahrvoll gestaltet, der anderen Natur bewundert und umkämpft gemacht. τάς έπιφανείας ... γιγνομένας : Der Gedanke leuchtet unmittelbar ein, wenn man ihn auf den aktiv an πόλεμοι und άγώνες beteiligten Herakles bezieht: Zur Gewinnung von Ruhm bedarf es nicht nur besonderer Qualitäten, sondern auch der Gelegenheiten, sie unter Beweis zu stellen. (Ob man deshalb die dem Herakles auferlegten Mühen als eine Gunstbezeugung des Zeus interpretieren muß, ist eine andere Frage, vgl. Komm, zu έπίπονον καί φιλοκίνδυνον τον βίον κατέστησεν.) Eine ähnliche Vorstellung begegnet 4,84: οίμαι δέ και τον πόλεμον (sc. τον προς τους βαρβάρους) θεών τινα συναγαγεΐν άγασθέντα την άρετήν αυτών (sc. τών Ελλήνων), ινα μή τοιούτοι γενόμενοι τήν φύσιν διαλάθοιεν μηδ' άκλεώς τον βίον τελευτήσαιεν, άλλα τών αυτών τοις έκ τών θεών γεγονόσι και καλουμένοις ήμιθέοις άξιωθεΐεν και γαρ έκείνων τά μέν σώματα ταΐς της φύσεως άνάγκαις άπέδοσαν, της δ' άρετής άθάνατον τήν μνήμην έποίησαν. Vgl. auch 6,99-102, bes. 101f., sowie 12,128. Eine andere Auffassung vertritt Hermokrates bei Thuk. 4,62,2, insofern er den Krieg

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Übersetzung und Erläuterungen

nicht als alleinige Quelle von Ruhm anerkennt: η δοκεΐτε ... ούχ ... τάς τιμάς και λαμπρότητας άκινδυνοτέρας εχειν την εΐρήνην ...; (vgl. Wagner 65 Anm. 2). Kein Zusammenhang besteht mit Heraklit frg. 22 В 53 DK (erwogen von Wagner ebd.) πόλεμος πάντων μέν πατήρ έστιν, πάντων δέ βασιλεύς· και τους μέν θεούς εδειξε, τούς δέ ανθρώπους .... Der >Krieg< ist bei Heraklit >πάντων πατήρ< im Sinne eines Prinzips, das beständig Gegensätze und somit Welt schafft (vgl. Ch.H. Kahn, The art and thought of Heraclitus, Cambridge 1979, 208; M. Conche, Heraclite, Fragments, Paris 1986, 442). An eine Funktion als sittlicher Prüfstein, der Götter von Menschen scheidet, ist nicht zu denken. Unkonventionell ist die Ausweitung des Gedankens auf die nur passiv als Streitobjekt in Kämpfe involvierte Helena. Zwar hat der Trojanische Krieg in der Tat eindrucksvoll ihre Begehrtheit belegt und sie weithin bekannt gemacht, doch ist fraglich, ob Helena - wie Isokrates suggeriert zur Entfaltung von έπιφάνεια und λαμπρότης in gleichem Maße der πόλεμοι und αγώνες bedurfte wie Herakles. Eine fast wörtliche Parallele zu unserer Stelle findet sich 6,104, allerdings in anderem Zusammenhang. Nachdem Archidamos seine Landsleute daran erinnert hat, daß sich wahre Tugend erst im Unglück zeige (99-102), versichert er 103ff., daß die Lage keineswegs hoffnungslos sei. Schon oft hätten sich scheinbare Schicksalsschläge nachträglich als Ursache größten Glücks erwiesen. So seien Athen und Theben nicht von der Basis eines friedlichen Zustande (έκ της ειρήνης), sondern von der Basis überwundener Niederlagen aus (έξ ών έν τφ πολέμφ προδυστυχήσασαι πάλιν αύτάς άνέλαβον) zur Vorherrschaft gelangt (6,104). Es folgt die Sentenz αϊ γαρ έπιφάνειαι και λαμπρότητες ούκ έκ της ησυχίας άλλ' έκ τών αγώνων γίγνεσθαι φιλοΰσιν, die, wenn man sie als verallgemeinernde Zusammenfassung der vorausgehenden historischen Beispiele versteht, bedeuten muß, daß der Aufschwung zur Berühmtheit vom Tiefpunkt verlorener Kämpfe seinen Ausgang zu nehmen pflegt. Damit ergibt sich eine gänzlich andere Aussage als an unserer Stelle, τάς λαμπρότητας και τάς έπιφανείας : Zu λαμπρότης vom >Glanz< einer Person vgl. Isokr. ep. 4,11. Über das Verhältnis von λαμπρότης und δόξα gibt Thuk. 2,64,5 Aufschluß: μίσος μέν γαρ ούκ έπι πολύ αντέχει, ή δέ παραυτίκα τε λαμπρότης και ές τό επειτα δόξα αΐείμνηστος καταλείπεται. δόξα ist demnach das, was der momentane Glanz (ή παραυτίκα λαμπρότης) nach sich zieht (ές τό επειτα), also eine >konservierte< λαμπρότης. Zum Begriff λαμπρότης vgl. auch E. Alexiou, Ruhm und Ehre. Studien zu Begriffen, Werten und Motivierungen bei Isokrates, Heidelberg 1995.

Helenas göttliche Abstammung § 17

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Das Substantiv έπιφάνεια ist im klass. Griechisch selten, vgl. Goligher/ Maguinness, Index to Isaios s.v. Die engste Parallele zu der an unserer Stelle geforderten Bedeutung >Berühmtheit< ist [Plat.] Alk. I 124c9f. Sokrates erklärt Alkibiades: ή έπιφάνεια δι' οΰδενός άλλου σοι εσται ή δι' έμοΰ, nachdem er als dessen sehnlichsten Wunsch das ονομαστός γενέσθαι... έν "Ελλησί τε και βαρβάροις ausgemacht hat (124b4f.). Vgl. auch Isaios 7,13 und den späteren Gebrauch bei Pol. 6,43,7; Athen. 13. 574c. Dagegen akzentuiert έπιφάνεια [Demosth.] 61,26 την δ' αλλην έπιφάνειαν της σαυτοΰ φύσεως και την της ψυχής άνδρείαν έν τοις άγώσι μάλιστ' ένεδείξω mehr den Aspekt der Vortrefflichkeit als den der Berühmtheit (vgl. Goligher/Maguinness zu Is. 7,13). Die Wortstellung τάς λαμπρότητας και τάς έπιφανείας ist in ΘΛΠΝ überliefert, Γ hat τάς έπιφανείας και τάς λαμπρότητας, wofür sich Drerup unter Berufung auf 6,104 (zitiert zum voraufgegangenen Lemma) entscheidet. Dort ist jedoch die umgekehrte Stellung αί λαμπρότητες και έπιφάνειαι aufgrund des Hiats nicht möglich, so daß die Parallele wenig Beweiswert hat. Eher liefert sie sogar ein Argument gegen den Text von Γ, da dieser sich als eine von einem Abschreiber vorgenommene Angleichung an 6,104 erklären läßt, während es für das Zustandekommen der Vulgatlesart kein einleuchtendes Motiv gibt. Zur Variation der Wortstellung in wiederholt auftretenden Junkturen (auch ohne den >äußeren Zwang< der Hiatmeidung) vgl. z.B. 12,155 έκ των άγώνων και των πολέμων mit 10,17 έκ των πολέμων και των άγώνων. Zum Plural bei Abstrakta vgl. Komm, zu § 7 περιττότητας. της ησυχίας : Zu ήσυχία als Gegenbegriff zu Krieg und Gefahr vgl. 6,51 u. 8,51. των πολέμων και των άγώνων : άγών kann ebenso wie πόλεμος die kriegerische Auseinandersetzung bezeichnen; vgl. bei Isokrates u.a. 4, 165; 7,75; 10,52; zum Unterschied zwischen άγών (Schlacht) und πόλεμος (Krieg) vgl. ep. 3,2 διά γάρ τον ά γ ώ ν α τον γεγενημένον (i.e. Chaironeia) ήναγκασμένοι πάντες είσΐν εΰ φρονεΐν και τούτων έπιθυμεΐν, ών ΰπονοοΰσί σε βούλεσθαι πράττειν και λέγειν, ώς δει ... εις την Άσίαν τον π ό λ ε μ ο ν έξενεγκεΐν. An unserer Stelle ist jedoch auch an nichtkriegerische, aber gleichwohl gefährliche Herausforderungen wie die άθλοι des Herakles zu denken (vgl. auch § 25, wo die vergleichbaren Taten des Theseus als άγώνες bezeichnet werden). Der Artikel markiert πόλεμοι und άγώνες jeweils generalisierend als Gattungen, nicht etwa individualisierend als bestimmte historische Ereignisse (vgl. KG I 589).

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Übersetzung und Erläuterungen

είς θεούς άναγαγεΐν : Zu dieser Umschreibung der Apotheose vgl. 5, 132; 10,61 (die Parallelen bestätigen die Lesart von Γ u. Λ gegen das von Θ gebotene άγαγεΐν). Zur Apotheose der Helena vgl. § 61 mit Komm, zu αθανασίας ετυχεν, zur Apotheose des Herakles vgl. Od. 11,601-603; Hes. theog. 950-955; Isokr. 5,132; 6,17. τάς δόξας αείμνηστους καταλιπεΐν : Vgl. 2,37; 5,134; 6,109; 9,71, wo allerdings jeweils die Erlangung von unvergänglichem Ruhm in eine antithetische Beziehung zur Vergänglichkeit des menschlichen Körpers gesetzt wird. Für Herakles und Helena hingegen ist die δόξα bei der Nachwelt nicht die Kompensation für individuelle Sterblichkeit, sondern eine komplementäre Form von Unsterblichkeit. Ihre >Allgegenwart< spiegelt sich in den Verben άναγαγεΐν und καταλιπεΐν: Sie werden in die Welt der Götter emporgeführt und bleiben gleichwohl auch der Welt der Menschen in der Erinnerung erhalten, του μέν ... φύσιν έποίησεν : Der Gedanke klingt in einer mustergültigen Parisosis aus: Die korrespondierenden Satzglieder stimmen in grammatischer Funktion, Silbenzahl und Akzenten überein. Die Stelle wird als Beispiel für ein Parison bzw. Homoioteleuton zitiert von Demetr. eloc. 23, Rh. Gr. III, p. 266,5-15 Sp„ Tiber, fig. ebd. p. 74f., Schol. Hermog. Rh. Gr. VII, p. 1032 W„ Alex. fig. ebd. p. 35f. (Homoioteleuton) u. p. 40 (Parison); vgl. auch Blass II 180. έπίπονον και φιλοκίνδυνον τον βίον κατέστησεν : Der Sachverhalt stellt sich in der Ilias (19,95-133) anders dar. Agamemnon, der sich selbst als Opfer der Ate fühlt, erinnert an seinen >Leidensgenossen< Zeus. Der habe in Erwartung der Geburt seines Sohnes Herakles vor den Göttern geprahlt, es werde am selben Tag ein Kind zur Welt kommen, das zum Herrscher über alle Umwohnenden bestimmt sei. Daraufhin habe Hera veranlaßt, daß nicht Herakles, sondern Eurystheus an jenem Tage geboren werde. Das mühselige Leben des Herakles war demnach also alles andere als von Zeus gewollt. Im Gegenteil: Der Vater soll jedesmal die Ate beseufzt haben, δθ' έόν φίλον υίόν όρφτο / έργον άεικές έχοντα ύπ' Εύρυσθήος άέθλων (19,132b—133). Eine Brücke zur Darstellung des Isokrates schlägt jedoch die bei Diod. 4,9,5 überlieferte Ergänzung des Mythos, Zeus habe mit Hera ausgehandelt, Herakles für das ihm entgangene Königtum zu entschädigen, indem man ihm die Möglichkeit biete, durch den Dienst bei Eurystheus Unsterblichkeit zu erlangen (vgl. auch Apollod. 2,4,12 u. Komm, zu § 24 τφ μέν... Εΰρυσθεύς προσέταττεν...). Zur isokrateischen Vorstellung von göttlicher >Fürsorge< vgl. 4,84 (zitiert oben zu τάς έπιφάνειας ... γιγνομένας). Anders argumentiert Isokrates 9,70. Euagoras sei die Unsterblichkeit sicher, da er schon das irdische Le-

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ben εΰτυχέστερον και θεοφιλέστερον verbracht habe als andere Unsterbliche: των μεν γαρ ημιθέων τους πλείστους καν τους όνομαστοτάτους εΰρήσομεν ταΐς μεγίσταις συμφοραΐς περιπεσόντας, Ευαγόρας δ' ού μόνον θαυμαστότατος άλλα και μακαριστότατος έξ αρχής ων διετέλεσεν. Vgl. zur Formulierung an unserer Stelle auch Lys. 2,16 έπίπονον και φιλόνικον και φιλότιμον αΰτφ καταστήσας (sc. Herakles) τον βίον .... φιλοκίνδυνον : φιλοκίνδυνος (bei Isokrates nur noch einmal, adverbial, 8,97) heißt eigentlich >die Gefahr liebendgefahrenreich< gibt es zwar keinen Beleg, doch kann offenbar auch ein Gegenstand, dem x anhaftet, als φιλο-χ bezeichnet werden, vgl. Xen. Kyr. 7,5,47 ό φιλοπονώτατος πόλεμος u. Gorg. Hei. 9 πόθος φιλοπενθής. Die Varianten in der Sekundärüberlieferung (πολυκίνδυνον Demetr. eloc. 23, Rh. Gr. III, p. 266,7f. Sp. [sonst nicht belegt]; έπικίνδυνον Tiber, fxg. ebd. 74 [von der Bedeutung her treffend, aber wohl beeinflußt durch das voraufgehende έπίπονον oder durch έπικίνδυνον in § 32]) deuten darauf hin, daß der Wortgebrauch ungewöhnlich ist. περίβλεπτος : >die Blicke / die Aufmerksamkeit auf sich ziehende nicht notwendig, wie hier, im positiven Sinne von >bewundertVormundzur Frau erhaltem vgl. LSJ s.v. II 1 с und bei Isokrates 3,40; 9,50; 10,39; 19,36.46. Dasselbe Verb kehrt im Hauptsatz zur Beschreibung eines ganz anders gearteten Vorgangs wieder: Wie der Zusatz βίςι verdeutlicht, ist dort nicht an ein Empfängern, sondern an ein aktives >Ergreifen< zu denken, vgl. Od. 9,41 u. Isokr. 18,54. έπέμενον : Drerup folgt der Lesart von Γ; ΘΛΠΝ haben άνέμενον. Isokrates verwendet für >etw. abwarten< in der Regel περιμένειν (с. acc. 4,118. 172).

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άναμένειν findet sich bei Isokrates nur einmal, als varia lectio, 14,29 κατελθόντες εις την αυτών οΰδένα χρόνον άνέμειναν (Θ: ένέμειναν Γ), άλλ' εύθύς εις Λακεδαίμονα πρέσβεις άπέστελλον. Selbst wenn die Vulgatlesart korrekt wäre, läge mit dem absoluten Gebrauch von άναμένειν noch keine exakte Parallele zu unserer Stelle vor. In der att. Prosa ist άναμένειν τι in der Bedeutung >etw. abwarten< jedoch sehr geläufig, vgl. LSJ s.v. έπιμένειν ist bei Isokrates nur 5,24 einhellig überliefert und heißt dort >bei etw. verharrenHeiratsorakel< der Pythia sind uns nur in geringer Zahl überliefert (vgl. Fontenrose 41), doch scheint die Konsultation des Gottes in derlei Fragen nichts Außergewöhnliches gewesen zu sein, wie der von Pausanias 4,24,2 geschilderte Fall des Damagetos von Ialysos belegt, der die konkrete Frage οπόθεν άγαγέσθαι χρή γυναίκα gestellt haben soll (PW 368 = Q21 Fontenrose). Flaceliere z.St. führt als »un autre cas oü la Pythie de Delphes fut consultee ... au sujet d'un marriage« die Erzählung von

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Übersetzung und Erläuterungen

Akontios und Kydippe (Kall. aet. frgg. 67-75 Pf., bes. 75,20ff. [PW 383 = L90 Fontenrose]) an, die jedoch nur entfernt vergleichbar ist: Der Konsultation des Orakels gehen dort vier gescheiterte Heiratsversuche der Kydippe voraus, und der erste Antwortsatz des Gottes ('Αρτέμιδος τη παιδί γάμον βαρύς δρκος ένικλα, 75,22) läßt erkennen, daß um eine Erklärung für dieses Scheitern (aus der dann freilich eine konkrete Heiratsanweisung erwächst) und nicht, wie im Falle der Helena anzunehmen ist, um eine Entscheidungshilfe bei der Wahl des Bräutigams nachgesucht wurde (zu ähnlichen >indirekten< Heiratsorakeln vgl. PW 20 u. 523 = L2 Fontenrose; PW 201 = L37 F.; PW 322 = L82 F.). την άρχήν ... της ρώμης : Der von Theseus überwundene Widerstand wird zunächst syntaktisch parallel in seine beiden wichtigsten Komponenten, politische Macht (verkörpert durch Tyndareos) und physische Kraft (verkörpert durch die Dioskuren), aufgespalten; das dritte, chiastisch angeschlossene Glied faßt die übrigen Hindernisse unter dem unbestimmten Begriff τά δεινά zusammen. Κάστορος και Πολυδεύκους : Κάστορος τε και Πολυδεύκους (ΘΓ 5 ) läuft der von Fuhr 1878a, 334 beobachteten Gewohnheit des Isokrates zuwider, τε καί ohne dazwischentretendes Wort nur dann zu schreiben, wenn das erste Glied der Aufzählung vokalisch anlautet, so daß και ... καί einen Hiat erzeugen würde. "Αφιδναν : Aphidna (auch Aphidnai) liegt nordöstlich von Athen, in der Nähe von Marathon und Dekeleia. Über Helenas Aufenthaltsort kursierten offenbar schon früh unterschiedliche Versionen. Neben der in ihrem Zeugniswert umstrittenen Inschrift auf der Kypseloslade (vgl. Herter 1936, 193 mit Anm. 4) gibt Alkman frg. 21 Davies als Ort ihrer Befreiung durch die Dioskuren Athen an (vgl. Apollod. epit. 1,23). Nach Hellanikos FGrHist 4 F 134, Hdt. 9,72 und Plut. Thes. 32 wurde Helena in Aphidna gefangengehalten. Als Vermittlungsversuch zwischen beiden Varianten dürfte die in Schol. II. 3,242 referierte Darstellung der Kyprien (frg. 13 Bernabe = frg. 12 Davies) zu betrachten sein, derzufolge die Dioskuren nach der Befreiung Helenas aus Aphidna auch Athen verwüsteten. Eine Mischversion bietet auch Diodor 4,63,2f.: Theseus kommt mit Helena zunächst nach Athen, bringt sie dann aber nach Aphidna, da er den Unwillen des Volkes verspürt. Herter 1936, 195f. (vgl. auch RE 1166f.) sieht wohl zu Recht Aphidna als die ursprüngliche Lokalisation an: Es liege näher, daß der Schauplatz der Handlung nachträglich vom unbedeutenden Aphidna in das mit der Person des Theseus eng verbundene Athen verlagert wurde als umgekehrt von Athen ausgerechnet nach Aphidna.

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κατέθετο : Theseus ließ die entführte Helena in Aphidna von seiner Mutter Aithra beaufsichtigen, κατέθετο (>brachte in Gewahrsamden Griechen eigenerem wohl in dem Sinne zu verstehen, daß die Taten des Theseus mehr als die des Herakles speziell die Belange und Interessen der Griechen betrafen, vgl. § 25 (Theseus) τούτους προηρεΐτο των αγώνων, έξ ών εμελλεν η των Ελλήνων ή της αύτοΰ πατρίδος ευεργέτης γενήσεσθαι. ποιήσασθαι τους κινδύνους : Zu ποιείσθαι τους κινδύνους ^Gefahren auf sich nehmenKämpfe austragendas bekannte/berühmte Erytheia< ein; vgl. Komm, zu § 14 τον γράψαντα περι της Ελένης. Die von Γ gebotene Lesart αγειν für άγαγεΐν (ΘΛΠΝ) ist angesichts der parallelen aoristischen Infinitive ένεγκεΐν und άναγαγεΐν sowie der Evidenz der Fehlerquelle (Haplographie) kaum diskussionswürdig, άγαγεΐν und das folgende ένεγκεΐν sind keine beliebig austauschbaren Synonyme, sondern αγειν wird gewöhnlich in bezug auf belebte, φέρειν in bezug auf unbelebte Objekte gebraucht (vgl. LSJ s.v. αγω 11). τά μήλα τά των Εσπερίδων ένεγκεΐν : Die goldenen Äpfel der Hesperiden wuchsen in einem Garten jenseits des Okeanos (Hes. theog. 215f.; nach Apollod. 2,5,11 bei den Hyperboreern) an einem Baum, den Ge als Hochzeitsgeschenk für Zeus und Hera hatte sprießen lassen (Pherekydes FGrHist 3 F 16). Herakles wurde ihrer entweder (nach Eur. Here. 394-402; Diod. 4,26,4) durch die Tötung des Drachen Ladon, der sie be-

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Übersetzung und Erläuterungen

wachte, oder (nach Apollod. 2,5,11) durch die Vermittlung des Atlas, für den er in der Zwischenzeit den Himmel tragen mußte, habhaft. Nachdem Eurystheus die Äpfel erhalten hatte, gab er sie unverzüglich dem Herakles zurück, der sie über Athene wieder den Hesperiden zukommen ließ (Apollod. ebd.). Zu bildlichen Darstellungen vgl. Gruppe 1068; Brammer 47-52 u. LIMC V 1 (1990) Nr. 2676-2787 s.v. Herakles (G. KokkorouAlewras). ΘΛΠΝ bieten τά μήλα των Εσπερίδων. Der Zusammenhang fordert jedoch eindeutig die den Genitiv betonende attributive Stellung (die Äpfel der Hesperiden [sc. im Unterschied zu anderen Äpfeln]). Die Auslassung von τά ist nach μήλα leicht erklärbar, τον Κέρβερον ά ν α γ α γ ε ΐ ν : Die Bewältigung seiner wohl schwierigsten Aufgabe, die Entführung des Tartaroswächters Kerberos, gelingt Herakles entweder durch einen Sieg im Kampf mit Hades persönlich (II. 5, 395-97) oder gewaltlos durch das Entgegenkommen der Kore, die ihm den Hund als Geschenk überläßt (Diod. 4,26,1). Wie die Äpfel der Hesperiden wird auch Kerberos, gleich nachdem Eurystheus die Erfüllung der Aufgabe anerkannt hat, an seinen Ursprungsort zurückgebracht (Apollod. 2,5,12). Zu bildlichen Darstellungen vgl. Gruppe 1077; Brammer 43-46 u. LIMC V 1 (1990) Nr. 2553-2675 s.v. Herakles (V. Smallwood). τοιούτους ά λ λ ο υ ς πόνους : Vgl. 7,54 τοιαύτας αλλας έναντιώσεις. Für die von ΘΛΠΝ gebotene Wortstellung τοιούτους πόνους άλλους findet sich bei Isokrates keine Parallele, έξ ών εμελλεν : ημελλεν ГЛ. Das Augment ή- ist bei μέλλειν in der Dichtung an einigen Stellen metrisch gefordert (u.a. Hes. theog. 898; Thgn. 906; Aristoph. Ran. 1038), begegnet aber in att. Inschriften erst ab etwa 300 v. Chr. (Schwyzer I 654; ausführlich Debrunner, Das Augment ή-, in: FS Zucker, Berlin 1954, 83-110). Es sollte daher mit ΘΠΝ εμελλεν geschrieben werden. Zur kausal-instrumentalen Verwendung von έκ vgl. Komm, zu § 8 εκ των τοιούτων. §25 Der andere aber zog als sein eigener Herr die Kämpfe vor, durch die er ein Wohltäter der Griechen oder seiner Heimatstadt werden sollte. Und indem er den Stier, der von Poseidon heraufgeschickt worden war und das Land verwüstete und dem alle zusammen nicht entgegenzutreten

Helena und Theseus § 25

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wagten, als einziger überwältigte, befreite er die Bewohner der Stadt von heftiger Furcht und großer Not. αΰτός αύτοΰ κύριος ών : Dies steht in betontem Gegensatz zu der Abhängigkeit des Herakles von Eurystheus. Der Zusatz von αύτός zum Reflexivum verstärkt dessen ausschließende Kraft; vgl. KG I 561. Zur Wendung vgl. bei Isokr. noch 4,127 πώς ούκ άτοπον τους προεστώτας των Ελλήνων ... τάς ... μεγίστας των πόλεων μηδ' αύτάς αυτών έάν είναι κυρίας mit Schneider z.St. u. 11,13 έκαστος αμφοτέρων τούτων αΰτός αύτφ κύριος καθέστηκεν. των αγώνων : Der Unterschied zwischen den Taten des Theseus und denen des Herakles wird auch durch die Begriffswahl verdeutlicht: Während mit πόνοι in der Regel Mühen bezeichnet werden, denen man unfreiwillig ausgesetzt ist und deren einziger Zweck in ihrer Bewältigung besteht, liegt in άγών die heroischere Vorstellung einer aus freier Entscheidung und um eines über sie selbst hinausgehenden Zieles willen angenommenen Herausforderung, έξ ων εμελλεν : Zur Schreibweise ημελλεν (Грг.) vgl. Komm, zu § 24 έξ ών εμελλεν; zur Präposition vgl. Komm, zu § 8 εκ των τοιούτων. Isokrates verwendet bewußt dieselben Worte wie im ersten Teil des Vergleichs, um durch die streng parallele Gegenüberstellung die Unterschiede um so deutlicher erkennbar zu machen. Die von Грг. in margine gebotene Variante ήλπιζεν zerstört nicht nur die sprachliche, sondern verzerrt auch die inhaltliche Parallelität, insofern die Taten des Herakles durch ihre wirklich eingetretenen, die des Theseus durch die von ihm erhofften Wirkungen charakterisiert würden. Damit ginge auch die wesentliche Aussage verloren, daß Theseus tatsächlich zum Wohltäter der Griechen wurde, της αύτοΰ πατρίδος : Sc. Athen. Zur Schreibweise έαυτοΰ (ΘΛΠΝ) vgl. Komm, zu § 23 αύτοΰ. γενήσεσθαι: Die Lesart von Γ ist als die stärkere Aussage der Variante νομισθήσεσθαι (ΘΛΠΝ) vorzuziehen: Theseus wurde nicht nur für einen εύεργέτης gehalten, sondern er war einer, και ... τε : καί schließt den Satz an den voraufgegangenen an, τε korrespondiert mit dem das nächste Abenteuer anknüpfenden καί (Anfang §26).

Die Erzählung folgt dem Prinzip der wachsenden Glieder: Die drei Taten werden mit zunehmender Ausführlichkeit geschildert (Marathonischer Stier § 25b; Kentaurenkampf § 26; Minotaurus §§ 27/28). τον ... ταΰρον τον άνεθέντα ... υπό Ποσειδώνος : Die Erwähnung Poseidons macht es sehr wahrscheinlich, daß Isokrates der bei Paus.

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Übersetzung und Erläuterungen

l,27,9f. u. Apollod. 2,5,7; 3,1,3f. überlieferten Version der Sage folgt, nach der der Marathonische Stier mit demjenigen identisch ist, den Poseidon dem Minos zunächst als Opfertier geschenkt hatte, dann aber, als Minos ihn entgegen der Vereinbarung für sich behielt, in Kreta wüten ließ. (Vorsichtiger Wagner 98 Anm. 6: »Kaum zu entscheiden ist, ob schon Is. eine Identität des marathonischen mit dem kretischen Stier annahm.« Der Marathonische Stier wird aber sonst in keiner der uns erhaltenen Quellen mit Poseidon in Verbindung gebracht, ohne daß die Identität mit dem Kretischen Stier vorausgesetzt ist. Vgl. Herter, RE 1085.) Dieser Stier soll von Herakles auf die Peloponnes gebracht worden und dann über den Isthmos nach Marathon geflohen sein. Dort habe ihn Theseus gefangen, im Triumphzug durch Athen getrieben und schließlich der Athene (nach Pausanias) oder dem Apoll (nach Apollodor) geopfert, άνιέναι wird von den meisten Übersetzern (van Hook, Mathieu/Br6mond, Ley-Hutton) mit >loslassen< (vgl. etwa Xen. kyn. 7,7 άνιέναι τάς σκΰλακας) wiedergegeben. Da aber Poseidon nicht einen bis dahin in Gewahrsam gehaltenen wilden Stier >losließheraufschicken< aufzufassen; vgl. Apollod. 3,1,3 Ποσειδώνι θύων ηΰξατο (sc. Minos) ταΰρον άναφανήναι έκ των βυθών, καταθΰσειν υποσχόμενος τον φανέντα. τοΰ δέ Ποσειδώνος ταΰρον ά ν έ ν τ ο ς αΰτφ ...; ähnlich id., 2,5,7 (sc. τον ταΰρον) τον υπό Ποσειδώνος ά ν α δ ο θ έ ν τ α έκ θαλάσσης. μεν ... δέ : Die gegenübergestellten Glieder bilden kaum einen Kontrast, so daß sich μέν ... δέ hier der Bedeutung von τε ... καί (das nach καΐ... τε um der Übersichtlichkeit willen zu vermeiden war) annähert; vgl. Denn. 370. πάντες ... μόνος : Da sich überhaupt nur Theseus auf einen Kampf mit dem Stier einläßt, muß μόνος »als einzelner« und nicht »als einziger« heißen. Entsprechend ist bei πάντες, das μόνος kontrastierend gegenübergestellt ist, weniger an >alle< im Sinne von jedem einzelnen (= ουδείς έτόλμα; so die Übersetzungen von Mathieu/Bremond u. Ley-Hutton) als an >alle< im Sinne einer Gruppe zu denken. Zu einem ähnlich nuancierten Gegensatz vgl. 6,54 καίτοι πώς οΰκ αίσχρόν τότε μέν εκαστον ημών ίκανόν είναι τάς άλλοτρίας πόλεις διαφυλάττειν, νυνί δέ πάντας μήτε δύνασθαι μήτε πειράσθαι την ήμετέραν αυτών διασώζειν;

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χειρωσάμενος : Isokrates bildet hier und - noch auffälliger - in den folgenden Paragraphen den wesentlichen Unterschied zwischen Herakles und Theseus auch syntaktisch ab, indem er die Taten des Theseus als Partizipialgeftige unterordnet, ihre Wirkungen aber im Hauptsatz schildert, πολλής απορίας τους οίκοΰντας : μεγάλης απορίας πάντας τους οίκοΰντας ΘΛΠΝ. Die Lesart des Urbinas ist eindeutig die richtige. Zum Abstraktum απορία tritt bei Isokrates als Quantitätsadjektiv nur πολλή (so 4,42; 5,84; 9,69; 15,153), niemals μεγάλη. Der Zusatz von πάντας ist überflüssig und damit störend, da der >inflationäre< Gebrauch von πάς die Wirkung des in der voraufgehenden Zeile mit Bedacht gesetzten πάντες (das die Verschreibung verursacht haben dürfte) trübt, τήν πόλιν : Sc. Marathon, ή πόλις ohne aus dem Zusammenhang erkennbaren Bezug steht sonst oft für Athen; vgl. unten § 27 sowie u.a. 4,55.73. §26 Und danach zog er als Verbündeter der Lapithen gegen die zweigestaltigen Kentauren in den Krieg, die, herausragend an Schnelligkeit und an Kraft und an Dreistigkeit, von den Städten die einen verwüsteten, die anderen zu verwüsten sich anschickten, wieder anderen drohten; und nachdem er diese im Kampf besiegt hatte, machte er ihrer Vermessenheit sofort ein Ende, nicht viel später aber ließ er auch ihr Geschlecht vom Erdboden verschwinden. Λαπίθαις σύμμαχος γενόμενος και στρατευσάμενος έπί Κενταύρους τους διφυείς : Die Lapithen waren ein im nördlichen Thessalien ansässiger Volksstamm (II. 2,738ff.), die Kentauren wilde Mischwesen aus Pferd und Mensch, die die umliegenden Bergregionen bewohnten (II. l,267f.; Hes. frg. 209,5 M.-W.; zur Charakterisierung der Kentauren vgl. Soph. Trach. 1095f. διφυά τ' αμεικτον ίπποβάμονα στρατόν / θηρών, ΰβριστην, ανομον, ΰπέροχον βίαν). Der Konflikt zwischen den Lapithen und Kentauren entzündete sich anläßlich der Hochzeit des Lapithenkönigs Peirithoos (vgl. Komm, zu § 20 Πειρίθφ) mit Hippodameia: Die als Gäste geladenen Kentauren vergriffen sich, vom Wein berauscht, an den lapithischen Frauen und wurden daraufhin von den Lapithen teils getötet, teils verjagt. Die dadurch begründete Feindschaft eskalierte in einem regelrechten Krieg. Beide >Phasen< der Auseinandersetzung werden ausdrücklich geschieden bei Plut. Thes. 30; Diod. 4,70,3f.; angedeutet auch Od. 21,295-304; die bildlichen Dar-

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Übersetzung und Erläuterungen

Stellungen zeigen überwiegend den Kampf bei der Hochzeit (vgl. Herter, RE 1159ff. u. LIMC VII1 [1994] Nr. 266-278 s.v. Theseus [J. Neils]); dieser ist auch Gegenstand der sehr drastischen Schilderung bei Ovid, met. 12,210-535. Nach Bethe, Kentauren, RE XI (1921) 175f„ kennt die ursprüngliche Sage überhaupt nur den Krieg, während die Motivation durch die Hochzeitsfeier eine spätere Erfindung ist; anders Fontenrose, Peirithoos, RE XIX (1937) 117. Isokrates faßt, wie die Terminologie zeigt (vgl. σύμμαχος u. στρατευσάμενος), ausschließlich die >zweite Phase< in den Blick. Der Grund liegt auf der Hand: Das Eingreifen des Theseus läßt sich so zu einem zivilisationserhaltenden Akt stilisieren, während die spontane Unterstützung des Freundes bei der Hochzeitsfeier eher ein Ausdruck privater Solidarität ist (vgl. Wagner 100). Es ist dem Text aber nicht zu entnehmen, daß Isokrates, wie laut Plut. Thes. 30 der Historiker Herodoros (FGrHist 31 F 27), eine Beteiligung des Theseus am ersten Kampf mit den Kentauren ausschließt (so die Vermutung Wagners 99 Anm. 4). Die erste Hand von Γ läßt καί vor στρατευσάμενος aus. Da aber nicht die eine Handlung der anderen untergeordnet ist, sondern beide zeitlich und sachlich zusammenfallen (Theseus verbündet sich anläßlich des Feldzugs mit den Lapithen; vgl. Strange 1831, 32f.), ist die Konjunktion unverzichtbar; vgl. KG II 104,3 und zum Kontrast Isokr. 15,233, wo die Partizipien keine >Tateinheit< bilden: Θεμιστοκλής ήγεμών έν τφ πολέμφ τφ Περσικφ γενόμενος, συμβουλεύσας τοις προγόνοις ήμών έκλιπεΐν την πόλιν ... εις τοΰτ' αυτών τά πράγματα προήγαγεν ... . Die von Sauppe (Neueste Bearbeitungen des Isokrates, Jahrbücher für class. Philolog. 6, 1832, 63) zur Verteidigung der Lesart von Грг. beigebrachten Parallelen 4,87; 12,104.200 sind von geringem Wert, da an keiner der Stellen die Überlieferungslage eindeutig ist. Vgl. aber zu asyndetisch gereihten Partizipien Strange 1831, 27-34 mit zahlreichen Beispielen. Das von Drerup (app. crit.) angeführte Argument, ein »triplex asyndeton« (γενόμενος στρατευσάμενος - νικήσας) sei »molestum«, ist allein nicht schlagend. Gerade bei bewegter Erzählung schnell aufeinanderfolgender Ereignisse wird das Asyndeton gern als Stilmittel eingesetzt; vgl. Denn., Greek Prose Style lOOff., speziell zum Partizip 102,4. In der Ausgabe von Drerup ist das nach γενόμενος gesetzte Komma zu beseitigen,

οΐ καί τάχει και ρώμη και τόλμη διενεγκόντες : Γ5Λ. Грг. bietet οϊ τάχει και ρώμη διενεγκόντες, wobei vor τάχει, wahrscheinlich vom selben Schreiber (Γι), καί sub voce ergänzt ist; dem entspricht der Text von Π u. Ν. Θ hat die Wortstellung ο'ΐ και τάχει και τόλμη καί ρώμη διενεγκόντες. Drerup folgt dem Text von Л u. Γ5, und dies zu Recht. Gegen

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die von Θ gebotene Wortstellung spricht, daß die Junktur τάχος και ρώμη bei Isokrates gewissermaßen stellvertretend für den Begriff des physischen Potentials steht (vgl. 3,5 [= 15,253]; 4,45; ep. 8,5) und somit zu einem Ausdruck verschmilzt, der die Trennung durch ein dazwischentretendes Wort kaum verträgt. Das von Грг. ausgelassene καί vor τάχει beansprucht allein schon aufgrund seiner Ergänzung durch denselben Schreiber Berücksichtigung; zudem verleiht die Verknüpfung durch καί ... καί... καί der Aufzählung größeres Gewicht, indem die dreigliedrige Struktur betont und jedes einzelne Glied hervorgehoben wird. Die Komponente der τόλμα sollte in der Aufzählung nicht fehlen, da sie zu dem an sich nicht notwendig bedrohlichen Begriff der körperlichen Überlegenheit den der geistigen Bereitschaft gesellt, diese Überlegenheit in der Auseinandersetzung mit anderen zu erproben. Außerdem entsteht durch das Trikolon eine wirkungsvolle strukturelle Parallele zum folgenden dreigliedrigen Ausdruck: In dreierlei Hinsicht sind die Kentauren überlegen, und auf dreierlei Art drangsalieren sie die Städte (vgl. Benseier, ad areop. 365). τόλμα hat bei Isokrates nicht grundsätzlich einen negativen Beiklang. 15,190 unterscheidet er zwischen einer schlechten und einer guten Ausprägung dieser Eigenschaft:... την τόλμαν, μη την άναισχυντίας σημεΐον γιγνομένην, ά λ λ α την μετά σωφροσύνης οΰτω παρασκευάζουσαν την ψυχήν ώστε μηδέν ήττον θαρρεΐν έν δη πάσι τοις πολίταις τους λόγους ποιούμενον η προς αυτόν διανοούμενον. Zu τόλμα in der Bedeutung >UnverschämtheitDreistigkeit< vgl. neben unserer Stelle 4,77; 13,3; 15,89.317; 17,14; zu der - auch bei den übrigen Rednern selteneren (vgl. Wankel zu Demosth. 18,220 [S. 1008]) - Bedeutung >MutCourage< vgl. 4,92 sowie, jeweils vom Mut, in der Öffentlichkeit zu sprechen, 5,81; 12,10; ep. 8,7. εμελλον : Sc. πορθήσειν. Die Ellipse eines aus dem voraufgehenden Verb zu ergänzenden Infinitivs ist bei μέλλειν nicht ungewöhnlich; vgl. bei Isokr. 12,103 Λακεδαιμόνιοι... οΰτε πάσχοντες κακόν ουδέν οΰτε μέλλοντες οΰτε δεδιότες und als eine besonders enge Parallele zu unserer Stelle 4,136 τά μέν εχει, τά δέ μέλλει, τοις δ' έπιβουλεΰει mit Schneider z.St. Zur Schreibweise ημελλον (Γ) vgl. Komm, zu § 24 έξ ών εμελλεν.

ευθύς μέν αυτών την ΰβριν επαυσεν, ού πολλφ δ' ύστερον και τό γένος έξ ανθρώπων ήφάνισεν : So der Text von Ρ 1 . In den Codices fehlt καί vor τό γένος. Auf der Grundlage der handschriftlichen Überlieferung stellt Wagner 99 Anm. 4 zutreffend gegen Keil 140 klar, daß Isokrates hier nicht von Wirkungen zweier zeitlich aufeinanderfolgender

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Übersetzung und Erläuterungen

Siege über die Kentauren (vgl. oben Komm, zu Λαπίθαις σύμμαχος γενόμενος ...), sondern, wie schon die Position des Partizips νικήσας vor dem μέν-δέ-Gefüge anzeigt, von zwei zeitlich aufeinanderfolgenden Wirkungen des einen Sieges spricht. Er übersetzt: (Sc. Theseus) »besiegte sie im Kampfe, trieb ihnen dadurch auf der Stelle ihren Übermut aus und erreichte, daß kurze Zeit später ihr Geschlecht überhaupt aus der Menschenwelt verschwand« (99). Diese Wiedergabe läßt den Text jedoch unproblematischer erscheinen als er ist. Die Zeitangabe οΰ πολλφ ύστερον bezieht sich nämlich, auch wenn man ήφάνισε kausativ auffaßt, auf den Akt des Verursachens und nicht auf das Eintreten des verursachten Ereignisses. Der leichte Verstoß gegen die Logik dürfte aber mit dem Bestreben des Isokrates zu erklären sein, Theseus zum Subjekt beider Handlungen zu machen und zugleich die Balance der Antithese zu wahren. Gleichwohl liegt in der von den Codices überlieferten Formulierung eine gewisse Härte. Diese wird gemildert, wenn man mit Ρ 1 και τό γένος schreibt: Die beiden Glieder des μέν-δέ-Gefüges stehen sich dann nicht ohne innere Beziehung gegenüber, sondern der unmittelbaren, geringeren Wirkung des Theseussieges (την ΰβριν επαυσεν) tritt steigernd die mittelbare, bedeutendere Nachwirkung (κ α ί τό γένος ήφάνισεν) zur Seite. Für die Aufnahme von καί in den Text plädiert auch H. Herter, Testimonium Isocrateum papyraceum, RhM 89, 1940, 240. Zu Recht weist Wagner 99 Anm. 5 Keils Vorschlag zurück, das in Γ nach ύστερον überlieferte χρόνφ zu χρόνος und (von Wagner nicht erwähnt) αυτών vor ΰβριν zu αυτός zu ändern (140). Unabhängig von dem mit χρόνφ gegebenen textkritischen Problem (vgl. unten) ist es im Kontext des Theseuslobs geradezu widersinnig, dem Helden die eine Leistung zwar zuzusprechen, die andere aber ausdrücklich abzuerkennen. Anstelle von οΰ πολλφ δ' ύστερον (ΘΛΠΝ; Benseler/Blass) schreibt Drerup (gefolgt von Mathieu/Bremond) mit Γ οΰ πολλφ δ' ύστερον χρόνφ. Eine Parallele dazu findet sich bei Isokrates jedoch nur 21,3 in der natürlicheren, aber hiatbildenden Wortstellung οΰ πολλφ δέ χρόνφ ύστερον (zur auffälligen Häufung von Hiaten in der Rede gegen Euthynos vgl. Benseler/Blass Bd. II p. XLIX u. Blass II 222). Sonst steht entweder οΰ πολλφ/ όλίγφ/μικρφ ύστερον (4,72; 8,34; 12,231) oder χρόνφ ύστερον (9,19; 12, 49; 17,5). Gerade an unserer Stelle ist die umständlichere und durch das Hyperbaton um so manierierter wirkende Formulierung οΰ πολλφ δ' ύστερον χρόνφ deplaziert, da das antithetisch korrespondierende εύθΰς ein entsprechend knapp gefaßtes Gegengewicht verlangt (anders 21,3, wo der Ausdruck nicht Teil einer Antithese, sondern Verbindungsglied in einer fortlaufenden Erzählung ist). Man vergleiche neben 8,34 (bereits

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von Benseier, ad areop. 225 angeführt) als die engste Parallele 4,72 ευθύς μέν των αριστείων ήξιώθησαν, οΰ πολλφ δ' ύστερον την άρχήν της θαλάττης ελαβον. χρόνφ kann entweder als eine durch das folgende χρόνους begünstigte Interpolation oder auch als Variante zu dem sinngleichen ού πολλφ in den Text geraten sein. Zur Wendung τό γένος έξ ανθρώπων ήφάνισεν vgl. 5,108 ού μόνον αύτούς διεφθαρμένους άλλα και τό γένος αύτών έξ ανθρώπων ήφανισμένον; 8,113 συνίσασι... τούς προ αύτών τετυραννευκότας τους μέν ύπό τών γονέων άνηρημένους, τούς δ* ύπό τών παίδων ..., ετι δέ τό γένος αύτών έξ ανθρώπων ήφανισμένον sowie 4,95 u. 6,18; vgl. auch Lys. 2,11. Sachlich ist die Aussage stark hyperbolisch: Die Quellen berichten lediglich von der Tötung vieler Kentauren und der Vertreibung der restlichen aus dem Land; vgl. Plut. Thes. 30; II. 2,744; Strab. 9,5,12 (p. 434 C.); 9,5,19 (p. 439 C.); Schol. Pind. P. 2,85; wahrscheinlich auf einer Textverderbnis beruht die völlig singulare Angabe Diodors (4,70,4), die Kentauren hätten die Lapithen vertrieben (vgl. Fontenrose, Peirithoos, RE XIX [1937] 118). §27 Um dieselbe Zeit aber (ereignete sich das Abenteuer mit dem) Ungeheuer, das in Kreta gehalten wurde und ein Kind der Pasiphae, der Tochter des Helios, war - diesem sandte die Stadt einem Orakelspruch gemäß zweimal sieben Kinder als Tribut, und als er sah, wie man sie wegführte und wie ihnen die ganze Stadt das Geleit zu einem unmenschlichen und sicheren Tod gab und wie man um sie, obgleich sie noch lebten, trauerte, da war er so empört, daß er zu der Ansicht gelangte, es sei besser zu sterben denn zu leben als Herrscher über die Stadt, die gezwungen war, den Feinden eine so bejammernswerte Abgabe zu entrichten. περί δέ τούς αυτούς χρόνους : Wie 4,34; 12,145; 16,32 (am Satzanfang) und 8,99 (im Satzinnern). Die in Θ ausgelassene Anschlußpartikel δέ ist unverzichtbar, τό τέρας ..., φ της πόλεως ... άποστελλοΰσης, ίδών αυτούς ... : >Korrekt< konstruiert müßte der Satz etwa lauten της πόλεως τφ τέρατι τω τραφέντι μέν έν Κρήτη, γενομένψ δ' έκ Πασιφάης ... κατά μαντείαν δασμόν δις έπτά παΐδας άποστελλόυσης ίδών αύτούς κτλ. Um den Widersacher des Theseus in den Vordergrund zu rücken und seine Nennung dem Abenteuer gewissermaßen als Überschrift voranzustellen, löst Isokra-

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Übersetzung und Erläuterungen

tes das Dativobjekt des gen. abs. aus seiner syntaktischen Bindung und leitet mit ihm (als Subjekt oder Akkusativobjekt?) einen in der Folge nicht vervollständigten Hauptsatz ein, dem der >ursprüngliche< Hauptsatz über das Bindeglied des gen. abs., dessen Verb das Relativpronomen regiert, als Relativsatz untergeordnet wird. Zu ähnlich motivierten, freilich weniger komplizierten Anakoluthen vgl. 12,99 ά λ λ α μήν και τάς στάσεις και τάς σφαγάς και τάς των πολιτειών μεταβολάς ... έκεΐνοι... αν φανεΐεν άπάσας τάς πόλεις πλην ολίγων μεστάς πεποιηκότες των τοιούτων συμφορών και νοσημάτων u. 12,118 αί μέν οΰν αίτίαι, δι' ας μετέλαβον την πολιτείαν την ΰπό τίνων ψεγομένην άντί της ΰπό πάντων έπαινουμένης, διά μακροτέρων μέν αύτάς διήλθον, αύται δ' ούν ήσαν. In der Regel ist Isokrates jedoch darauf bedacht, Brüche in der Satzkonstruktion zu vermeiden (vgl. Blass II 174). τό τέρας τό τραφέν μέν έν Κρήτη, γενόμενον δ* έκ Πασιφάης της Η λ ί ο υ θυγατρός : Der Minotaurus, ein Monstrum mit menschlichem Körper und Stierkopf (Diod. 4,77,3; Apollod. 3,1,4; zu bildlichen Darstellungen vgl. Heibig, Art. Minotaurus bei Roscher II 2, 3007f. u. LIMC VI 1 [1992] Nr. 1-32 s.v. Minotaurus [S. Woodford]), ging aus der von Poseidon zur Bestrafung des Minos gestifteten Verbindung zwischen dessen Frau Pasiphae und dem Kretischen Stier hervor (vgl. Diod. 4,77,3; Apollod. 3,1,4; der Stoff wurde von Euripides in den Kretern dramatisiert, vgl. Schol. zu Aristoph. Ran. 849 u. die frgg. 471-72 Nauck 2 ). Minos hielt ihn in Knossos in einem eigens für diesen Zweck von Daidalos erbauten Labyrinth versteckt (Diod. 4,77,4; Apollod. 3,1,4). Zu τρέφειν vom Aufziehen und >Halten< von Tieren vgl. LSJ s.v. II 2; bezogen auf den Minotaurus auch Diod. 4,77,4 λαβύρινθον ..., έν ф τρεφόμενον τον Μινώταυρον τους έξ 'Αθηνών άποστελλομένους έπτά κόρους και κόρας κατεσθίειν. Zur Abstammung der Pasiphae von Helios vgl. Apoll. Rhod. 3,999; Paus. 5,25,9; Apollod. 3,1,2. Die Auslassung von τό τέρας in Θ ist als ein durch die Wiederholung des Artikels begünstigter Schreibfehler (>saut du meme au memeeinem Abreisenden das Geleit geben< als auch >einem Toten das letzte Geleit gebensich einer Sache zuwendem, >auf etw. zu sprechen kommen< vgl. LSJ s.v. έφίστημι В V u. bei Isokr. 5,93 και μηδείς ύπολάβη με βούλεσθαι λαθεΐν, δτι τούτων ενια πέφρακα τον αυτόν τρόπον δνπερ πρότερον. έπιστάς γάρ έπί τάς αΰτάς διανοίας είλόμην μή πονεΐν γλιχόμενος τά δεδηλωμένα καλώς έτέρως ειπείν u. 5,109f. όρώ ... τόπον ϊδιον και παντάπασιν άδιεξέργαστον ... έφ' δν εί... νεώτερος ών έπέστην, ραδίως αν έπέδειξα ...; ähnlich auch ер. 9,7 προαιρεΐσθαι των λόγων ... τους έργωδεστάτους ... έφ' οίσπερ έγώ τυγχάνω νυν έφεστηκώς. παραλιπεΐν τήν τε Σκίρωνος και Κερκύονος και των άλλων των τοιούτων παρανομίαν : Zur Kombination der διαπόρησις mit einer παράλειψις vgl. Gebauer, Anh. 199. Skiron lauerte der Sage nach in den gefährlichen Gebirgszügen bei Megara den Wanderern auf, zwang sie, ihm die Füße zu waschen, und stieß sie dann mit einem Tritt über die Klippen ins Meer (Diod. 4,59,4; Plut. Thes. 10,1). Ein ähnlicher Wegelagerer war Kerkyon, der bei Eleusis die Reisenden zu einem Ringkampf mit tödlichem Ausgang herausforderte (Paus. 1,39,3; Apollod. epit. 1,3; Plut. Thes. 11,1). Beide tötete Theseus auf seinem Weg von Troizen nach Athen. Bei den άλλοι τοιούτοι ist z.B. an Sinis (vgl. Plut. Thes. 8,3) und an Prokrustes (vgl. Plut. Thes. 11,1) zu denken, die bei Xen. mem. 2,1,14 in einem Atemzug mit Skiron genannt werden (vgl. auch Wagner 102 Anm. 4).

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Übersetzung und Erläuterungen

In Θ u. Λ fehlt τε vor Σκίρωνος. Eine sichere Entscheidung zwischen den Varianten fällt schwer, da die Partikel ohne Sinnveränderung gesetzt oder auch nicht gesetzt werden kann (vgl. KG II 251 Anm. 1). Für die Lesart von Γ läßt sich jedoch geltend machen, daß τε mit höherer Wahrscheinlichkeit versehentlich ausgelassen als bewußt ergänzt wurde, παρανομία wird ähnlich wie άνομος (vgl. Komm, zu § 27 ανομον) nicht im streng juristischen Sinne verwendet, sondern bezeichnet allgemein das gegen die Gebote der Zivilisation verstoßende Verhalten; so auch sonst bei Isokrates, vgl. 7,20; 8,45; 11,5; 14,4.22. ανταγωνιστής : Vgl. Komm, zu § 9 άνταγωνισταί. πολλών και μεγάλων : Zu der vom Deutschen abweichenden Verbindung von πολύς und einem Adjektiv durch καί vgl. KG II 252,1 u. Denn. 290,2. αισθάνομαι δ' έμαυτόν εξω φερόμενον των καιρών : Zum Begriff καιρός vgl. Komm, zu § 11 δια πολλών Ιδεών και καιρών δυσκαταμαθήτων sowie Wersdörfer 62-68. Der Plural οί καιροί bezeichnet hier, wie 12,85; 13,13 u. 13,16, das >rechte MaßAngemessenheit< (vgl. auch Wersdörfer 66). Für Isokrates zählt die Wahrung der ευκαιρία zu den Grundanforderungen an eine gute Rede; vgl. neben 13,13 (zitiert im Komm, zu § 13 και ... άπαν ϊδιόν έστιν) 12,34 εστι ... ανδρός νουν έχοντος μή την εΰπορίαν αγαπάν, ήν εχη τις περί τών αυτών πλείω τών άλλων ειπείν, άλλα την εΰκαιρίαν διαφυλάττειν, ΰπέρ ών αν άεί τυγχάνη διαλεγόμενος. Entsprechend sorgsam beugt Isokrates dem Vorwurf vor, selbst gegen dieses Gebot zu verstoßen: Entweder wird der mögliche Tadel in Form einer ύποφορά für gegenstandslos erklärt (so 7,63; 12,135f.l61; 15,104) oder Isokrates rechtfertigt sich mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Grenzen des Angemessenen bewußt um gewichtigerer Ziele willen zu übertreten; vgl. neben 15,3lOf. vor allem 12,85 έγώ δ' εί μέν ελαθον έμαυτόν πλεονάζων, ήσχυνόμην αν, εί γράφειν έπιχειρών, περί ών μηδείς αν άλλος έτόλμησεν, οΰτως άναισθήτως διεκείμην· νυν δ' άκριβέστερον ηδειν τών έπιπλήττειν μοι τολμησόντων, δτι πολλοί τούτοις έπιτιμήσουσιν άλλα γάρ ήγησάμην ούχ οΰτως εσεσθαι δεινόν, ην έπί του μέρους τούτου δόξω τισί τών καιρών άμελεΐν, ώς ήν περί άνδρός τοιούτου διαλεγόμενος παραλίπω τι τών έκείνφ τε προσόντων αγαθών κάμοί προσηκόντων ειπείν. Daß der Redner gewissermaßen ein distanzierter Beobachter und gegebenenfalls Korrektor seiner selbst ist, wird an unserer Stelle auch grammatikalisch dadurch unterstrichen, daß entgegen der üblichen Konstruktion die Angleichung des Partizips an den Kasus des Subjekts unterbleibt und der Akkusativ des Reflexivpronomens gesetzt wird (vgl. KG II 49 Anm. 2); ganz ähnlich

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12,33 αισθάνομαι δ' έμαυτόν εξω φερόμενον της συμμετρίας της συντεταγμένης τοις προοιμίοις. Zu φέρεσθαι vgl. 12,88 άλλα γαρ οΰκ οίδ' δποι τυγχάνω φερόμενος. Noch stärkere Metaphern verwendet Isokrates 7,77 δέδοικα, μη πόρρω λίαν της υποθέσεως αποπλανηθώ und ер. 2,13 φοβούμαι την άκαιρίαν και γαρ νΰν κατά μικρόν προϊών ελαθον έμαυτόν οΰκ εις έπιστολής συμμετρίαν άλλ' εις λόγου μήκος έξοκείλας. την άρχήν : Adverbial wie 3,28; 4,122; 11,25; 15,272 (anders 18,14 in der Bedeutung >ganz und garsich zum Thema Wählern vgl. bei Isokr. noch 3,14; 4,51; 5,85; 12,112.119.266. §30 In diesem Dilemma entscheide ich mich dafür, das meiste beiseite zu lassen wegen derjenigen, die mir mit feindseliger Einstellung zuhören, das andere aber so knapp, wie ich kann, auszuführen, damit ich das eine jenen, das andere mir selbst zu Gefallen tue und mich nicht ganz und gar denen beuge, die aus Gewohnheit mißgünstig sind und alles, was gesagt wird, tadeln. έξ αμφοτέρων ουν τούτων αίροΰμαι: Die Präposition έκ ist hier nicht partitiv im Sinne der Auswahl einer Möglichkeit unter mehreren aufzufassen (wie etwa 6,4 ϊν' έξ άπάντων ΰμΐν έξη των ρηθέντων έλέσθαι τά συμφορώτατα), sondern bezeichnet mit kausaler Nuancierung die Grundlage, auf der die Entscheidung getroffen wird. Vgl. zu dieser Bedeutung von έκ LSJ s.v. III 7; KG 1461 g und, in ganz ähnlichem Zusammenhang, Isokr. 12,25: Nachdem Isokrates das Für und Wider einer vom eigentlichen Thema abweichenden Auseinandersetzung mit seinen Gegnern abgewogen hat (12,22-24), faßt er folgenden Entschluß: κράτιστον οΰν έξ άπάντων τούτων (>in Anbetracht all dessenZusammenschneidens< auf das Wesentliche vgl. die Verwendung des Verbs Plat. Prot. 334d4f. σύντεμνέ μοι τάς αποκρίσεις και βραχυτέρας ποίει (Wersdörfer 99). ηττηθώ : Zu ήττασθαί τίνος >sich jmdm. beugen< vgl. LSJ s.v. I 4 u. Eur. Hipp. 976-78 εί γαρ παθών γέ σου τάδ' ήσσηθήσομαι, / οΰ μαρτυρήσει μ' "Ισθμιος Σίνις ποτέ / κτανεϊν έαυτόν άλλα κομπάζειν μάτην. Bei Isokrates vgl. 9,44 πολλά μέν των χρωμένων ήττώμενος, απαντα δέ των έχθρων περιγιγνόμενος u. 2,24 άρχικός είναι βούλου ... τφ πάντας ήττάσθαι της σης διανοίας και νομίζειν υπέρ της αυτών σωτηρίας αμεινον αυτών σέ βουλεύεσθαι. των είθισμένων φθονεΐν και τοις λεγομένοις απασιν έπιτιμάν: Indem Isokrates seine möglichen Kritiker als notorische Querulanten (vgl. είθισμένων u. άπασιν) mit niederen Beweggründen (vgl. φθονεΐν) abqualifiziert, entwertet er implizit ihr Urteil als unsachlich und damit unerheblich. Gleichwohl findet er sich ihretwegen zu einem Kompromiß bereit und begnügt sich damit, ihnen nicht παντάπασιν nachzugeben. Selbstbewußter und konsequenter tritt er später im Panathenaikos auf: Da Kritik an der Länge seiner Ausführungen nur von denjenigen Kollegen drohe, die ohnehin nicht ernst zu nehmen seien, werde er sich keinerlei Beschränkungen auferlegen (12,135f.). Als Opfer von φθόνος, d.h. der Mißgunst, die dem Überlegenen von Seiten der Schwächeren entgegenschlägt, stellt sich Isokrates recht unbeschei

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den gern dar; vgl. 12,15.21.23; 15,4.13.31.163; ep. 2,22; ep. 9,15 und ausführlich 15,141-149. §31 Seine Tapferkeit erwies er also in den Taten, bei denen er auf sich allein gestellt den Gefahren begegnete, sein Wissen, das er in Kriegsdingen hatte, in den Schlachten, in denen er zusammen mit der ganzen Stadt kämpfte, seine Frömmigkeit gegenüber den Göttern bei den Schutzgesuchen des Adrast und der Kinder des Herakles - diese rettete er, indem er die Peloponnesier im Kampf besiegte, jenem übergab er die am Fuße der Akropolis von Theben Gefallenen gegen den Willen der Thebaner zur Bestattung -, seine übrige Tugend und insbesondere seine Besonnenheit aber erwies er sowohl durch das eben Gesagte als auch vor allem dadurch, wie er die Stadt regierte. άνδρείαν ... έπιστήμην ... εΰσέβειαν ... σωφροσύνην : Der Besitz sämtlicher Tugenden, den Isokrates dem Theseus in § 21 zugesprochen hatte, wird nun im einzelnen nachgewiesen. Nicht recht in die Reihe paßt die έπιστήμη, da sie, anders als σοφία und φρόνησις, bei Isokrates nicht das Wissen als tugendhafte Eigenschaft, sondern das Wissen als spezielle Fachkenntnis, hier die Kriegskunde, bezeichnet (vgl. Komm, zu § 1 σοφία ... έπιστήμη). μεν οΰν : »Transitional use« der Partikelverbindung μεν οΰν (vgl. Denn. 470ff.). έν τούτοις έπεδείξατο τοις εργοις, έν οΐς αυτός καθ' αυτόν έκινδύνευσεν : Z.B. im Kampf gegen den Marathonischen Stier und gegen den Minotaurus. Zur Konstruktion έπιδείκνυσθαί τι εν τινι vgl. 2,19; 15,315; 18,21; 20,13; ähnlich 9,61; 10,9; 19,24. Zum verstärkenden Zusatz von αυτός vgl. KG I 561 (vgl. auch Komm, zu § 25 αυτός αΰτοΰ κύριος ων); zum distributiven Charakter von κατά in der Wendung καθ' αυτόν vgl. KG I 480. έν с. dat. bei κινδυνεύειν zur Angabe der Situation, in der die Gefährdung stattfindet, auch 19,21 τά μέν τοίνυν είρημέν' έστίν έν οίς έκινδύνευσα. Π und Ν haben έν οίς έκινδύνευσεν αυτός καθ' αυτόν. Für die Lesart der übrigen Handschriften spricht aber eindeutig die Parallele zur Wortstellung des korrespondierenden Gliedes έν αίς μεθ' όλης της πόλεως ήγωνίσατο.

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Übersetzung und Erläuterungen

έν ταΐς μάχαις, έν αϊς μεθ' ολης της πόλεως ήγωνίσατο : Hier ist vor allem an den Amazoneneinfall (Flaceliere z.St.; Wagner 103) sowie an die für Adrast und die Herakliden geführten Kriege zu denken, weniger an den Kampf gegen die Kentauren, den Theseus zwar zusammen mit den Lapithen, aber offenbar ohne Beteiligung der Athener bestritt (vgl. Wagner 99 Anm. 3). τήν ... εΰσέβειαν τήν προς τους θεούς : Ähnlich 8,135; 11,15; 12,124. 204. Die attributive Bestimmung wirkt pleonastisch, vgl. aber 14,60 χρή δέ καί των προγόνων ποιήσασθαί τινα πρόνοιαν και μή παραμελήσαι μηδέ της περί έκείνους εΰσεβείας. Die auf die Götter gerichtete ευσέβεια wird von Isokrates häufig der δικαιοσύνη als ihrem Pendant im menschlichen Bereich zur Seite gestellt; vgl. neben 12,124 u. 204 noch 8,33; 12,183 sowie, in Verbindung mit weiteren Tugenden, 3,2; 8,63; 12,217. εν τε ταΐς 'Αδράστου και ταΐς των παίδων των 'Ηρακλέους ίκετείαις : Der Bittgang Adrasts nach Athen ist Gegenstand der Hiketiden des Euripides: Nachdem der Zug der Sieben gegen Theben, durch den Adrast den Herrschaftsanspruch seines Schwiegersohnes Polyneikes durchsetzen wollte, unter großen Verlusten gescheitert ist, weigern sich die Thebaner, die Gefallenen zur Bestattung herauszugeben. Adrast ersucht Theseus um Hilfe. Da die Thebaner auf dem Verhandlungsweg nicht umzustimmen sind, erzwingt Theseus mit Waffengewalt die Herausgabe der Toten. Die euripideische Version folgt Hdt. 9,27,3 und wird übernommen von Lys. 2,8, während nach dem Zeugnis Plutarchs (Thes. 29,4) »die meisten« berichten, es sei auf friedlichem Weg eine Einigung erzielt worden (vgl. Philochoros FGrHist 328 F 112). Isokrates bezieht in dieser Frage keine einheitliche Position. Hier (vgl. ßitjt Θηβαίων) und im Panegyrikos (4,58) schließt er sich Herodots Darstellung an, im Panathenaikos (12,170ff.) hingegen entscheidet er sich für die andere Version, nicht ohne ausdrücklich auf den Widerspruch hinzuweisen und ihn in kryptischer Form zu rechtfertigen: οΰδένα νομίζω των ταΰτα συνιδεΐν αν δυνηθέντων τοσαύτης άμαθίας είναι καί φθόνου μεστόν, όστις οΰκ αν έπαινέσειέ με καί σωφρονεΐν ήγήσαιτο τότε μέν έκείνως, νυν δ* οΰτω διαλεχθέντα περί αυτών (12,172). Es dürfte damit wohl auf die veränderte politische Situation zwischen Athen und Theben angespielt sein (vgl. Wagner 25 Anm. 2). Ein Akt der ευσέβεια προς τους θεούς war die Unterstützung Adrasts, da es als Verstoß gegen die göttlichen Gesetze galt, den gefallenen Feinden die Bestattung zu verweigern. Vgl. Isokr. 12,169 (sc. "Αδραστος) Θησέως ... έδεΐτο μή περιιδεΐν τοιούτους ανδρας άταφους γενομένους μηδέ πα-

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λαών εθος και πάτριον νόμον καταλυόμενον, φ πάντες άνθρωποι χρώμενοι διατελοΰσιν ούχ ώς ΰπ' ανθρωπινής κειμένω φύσεως άλλ' ώς υπό δαιμόνιας προστεταγμένφ δυνάμεως; Lys. 2,9; 12,96; Soph. Ant. 454f.; Ai. 1343ff.; Eur. Suppl. 19; 39f.; 301; 558-63 sowie Wagner 116 Anm. 6. Die Herakliden fanden nach langem Umherirren schließlich in Athen Schutz vor der Verfolgung des Eurystheus. Athen weigerte sich, die Flüchtlinge an den Feind auszuliefern und bezwang Eurystheus, der die Stadt zu stürmen versuchte, in der Schlacht (vgl. Eur. Heraclid.; Lys. 2,11-16; Isokr. 4,54-60; 5,33f.; 12,194). Daß zu jener Zeit Theseus in Athen herrschte, wird nicht einhellig bezeugt. Isokrates kann seine Version auf die Herakliden des Aischylos stützen (vgl. Schmid/Stählin III 418 Anm. 2; vgl. auch Diod. 4,57,6 u. Paus. 1,32,6 [Wagner 111 mit Anm. 7]), während Euripides in seiner gleichnamigen Tragödie die Handlung eine Generation später ansiedelt und den Theseussohn Demophon zum Retter der Herakliden macht. Die ευσέβεια liegt hier darin, die Immunität von Flüchtlingen, die am Altar des Zeus Schutz suchen, nicht zu verletzen; vgl. Eur. Heraclid. 107 αθεον ίκεσίαν μεθεΐναι πόλει / ξένων προστροπάν; 243-46; 260; 264; Apoll. Rhod. 2,1131-33; Lys. 12,96; Paus. 7,25,1. Beide ίκετεΐαι gehören zum festen Bestand der Laudes Athenarum und werden gemeinsam erwähnt bei Hdt. 9,27,2-3; Isokr. 4,54-60; Lys. 2,716; Plat. Mx. 239b5f.; Xen. hell. 6,5,46f.; Demosth. 60,8 (vgl. Wagner 104). τους μέν ... τφ δέ : Chiastischer Bezug auf das Vorangehende; vgl. KG II 264 Anm. 1, Denn. 370f. sowie bei Isokr. 7,66 τίς οϋ μνημονεύει... την μέν δημοκρατίαν ... κοσμήσασαν την πόλιν καΐ τοις ίεροΐς και τοις όσίοις ..., τους δέ τριάκοντα των μέν άμελήσαντας, τα δέ συλήσαντας. Zur Satzparenthese vgl. Grünewald 238 u. 253f. sowie Isokr. 6,73. Πελοποννησίους : Eurystheus rückte mit einem aus der gesamten Peloponnes rekrutierten Heer an, vgl. Hdt. 9,27,2; Isokr. 4,58; 12,194; Lys. 2,13.15. τους ΰπό τή Καδμείφ τελευτήσαντας : ΘΛΠΝ haben ύπό την Καδμείαν; die Parallelen 4,55 und 14,53 (jeweils τους ΰπό τη Καδμεία τελευτήσαντας) bestätigen jedoch die Lesart von Γ. ΰπό с. dat. gibt hier die Lage >am Fuße< der Akropolis von Theben an; vgl. Hdt. 6,105,3 ίδρύσαντο ύπό τη άκροπόλι Πανός ίρόν u. Eur. Нес. 764 των θανόντων Πριαμιδών ύπ' Ίλίωι. ύπό с. acc. kann zwar auch die ruhende Position unter etw. bezeichnen, allerdings zumeist im Sinne einer räumlichen Erstrekkung, vgl. LSJ s.v. С 1 2 u. Isokr. 4,108 ύποκειμένης της Εύβοιας ύπό τήν Άττικην.

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Übersetzung und Erläuterungen

Zu Καδμεία von der Akropolis im Unterschied zum gesamten Stadtgebiet Thebens (Θήβαι) vgl. Xen. hell. 6,3,11 ή καταληφθεΐσα έν Θήβαις Καδμεία. βίφ Θηβαίων : Zu ßicx τινός (>gegen den Widerstand vonTempel< wäre sprachlich wohl möglich (zu τά τίνος = >jmds. Haus< vgl. LSJ s.v. ό, ή, τό В II 2 sowie Demosth. 54,7 u. Aristoph. Vesp. 1432), und συλάν findet sich gerade in Verbindung mit Heiligtümern häufig (vgl. z.B. Isokr. 4,96.155 u. 7,66). Da aber der Ausdruck in dieser Bedeutung bei Isokrates nicht belegt ist (15,14 ... ώσπερ αν ει τις ιεροσυλίας έτερον διώκων αυτός τά τών θεών έν τοΐν χεροΐν εχων φανείη bezeichnet τά τών θεών eindeutig den >mobilen< Besitz der Götter), sollte an unserer Stelle weniger an die konkreten Bauwerke als allgemein an den >Besitz< der Götter gedacht werden. άποκτείνοντας δέ τους βέλτιστους τών πολιτών : Vgl. Xen. Hier. 5,1 γιγνώσκουσι μέν ... ουδέν ήττον τών ιδιωτών τους άλκίμους τε και σοφούς και δικαίους, τούτους δ' άντι τοΰ αγασθαι φοβούνται, τούς μέν άνδρείους, μη τι τολμήσωσι τής έλευθερίας ένεκεν, τούς δέ σοφούς, μη τι μηχανήσωνται, τούς δέ δικαίους, μή έπιθυμήση τό πλήθος ύπ' αύτών προστατεΐσθαι; Hdt. 3,80,4; Plat. rep. 567bl2-c3; Eur. Suppl. 444-46, Ion 627-28; Aristot. pol. 1313a40f. άπιστοΰντας δε τοις οίκειοτάτοις : Vgl. Aischyl. Prom. 224f.; Xen. Hier. 2,10; 3,8f.; Aristot. pol. 1313b30f.; Dion Chrys. 6,35.39 sowie Isokr. 8,112f.: Die Tyrannen sind gezwungen, ούτω ... ύπόπτως προς άπαντας εχειν ώστε μηδέ τοις οίκειοτάτοις θαρρεΐν πλησιάζοντας, είκότως· συνίσασι γάρ τούς προ αύτών τετυραννευκότας τούς μέν ύπό τών γονέων άνηρημένους, τούς δ' ύπό τών παίδων, τούς δ' ύπ' άδελφών, τούς δ' ύπό γυναικών (zu historischen Beispielen vgl. Laistners Komm. z.St.). ουδέν δέ ρ$θυμότερον ζώντας τών έπι θανάτφ συνειλημμένων : Zu ραθύμως ζήν (>unbesorgt lebendraußenbei sichGeringschätzung< oder >Verachtung< sein können, νοσήματα των πόλεων : Vgl. Plat. rep. 544c6f. ή γενναία ... τυραννίς ... έσχατον πόλεως νόσημα. Zur Anwendung der Krankheitsmetapher auf den staatlichen >Organismus< vgl. bei Isokr. noch 12,99; ferner Plat. rep. 563e6; leg. 736al, 744d4; polit. 307d7; Prot. 322d5. Θ bietet νόσημα των πόλεων. Das Prädikatsnomen zu einem pluralischen Substantiv kann zwar durchaus im Singular stehen (vgl. KG I 62 u. z.B. Plat. Men. 91c4f. ούτοί γε [sc. die Sophisten] φανερά έστι λώβη τε και διαφθορά των συγγιγνομένων), doch ist hier um der Parallele zu άρχοντας willen der Plural vorzuziehen, έπέδειξεν : Zur Variante άπέδειξεν (Γ5ΘΛΠΝ) vgl. Komm, zu § 4 έπιδειξάντων. ρςιδιον : Die Variante ρφον (ΘΛΠΝ) ist auszuschließen, da das zweite Glied des Vergleichs fehlt und auch nicht sinnvoll aus dem Zusammenhang ergänzt werden kann, τυραννεΐν : Hier, wie nicht selten bei Isokrates (vgl. noch 3,11; 6,45; 9,27. 28.64.71; 10,37; ep. 6,11), im neutralen Sinne von >allein herrschen< (vgl. dazu auch Eucken 220 mit Anm. 31); dagegen mit eindeutig negativem Beiklang 8,91 ούκ άρχειν, άλλα τυραννεΐν έπεθύμησαν (vgl. auch 5,154 βασιλικώς, άλλά μή τυραννικώς).

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χείρον δ ι α κ ε ΐ σ θ α ι : Zum Ausdruck vgl. 15,135 πλείστων άγαθών αίτιος γεγενημένος χείρον διάκεισαι των ούδέν άξιον λόγου διαπεπραγμένων. των έξ ίσου πολιτευόμενων : Gemeint sind die Bürger eines demokratisch geführten Staates. Vgl. die Formulierungen bei Demosth. 10,4 έν έλευθερία καΐ νόμοις έξ ϊσου πολιτεΰεσθαι, Paus. 1,3,3 δηλοΐ... ή γραφή (Theseus mit Demokratia und Demos) Θησέα είναι τον καταστήσαντα Άθηναίοις έξ 'ίσου πολιτεΰεσθαι sowie Aischin. 1,5 τοις την ανισον πολιτείαν πολιτευομένοις (von der Oligarchie und der Tyrannis)... ΰμΐν δέ τοις την ϊσην και εννομον πολιτείαν εχουσι.... Zur politischen Gleichheit als einem konstitutiven Element der demokratischen Verfassung vgl. J. Bleicken, Die athenische Demokratie, Paderborn/ München/ Wien/Zürich 1985,191ff. u. 369f.; V. Ehrenberg, Isonomia, RE Suppl. VII (1940) 297f.; A.H.M. Jones, Athenian Democracy, Oxford 1960, 45-50; Radicke zu Demosth. 18,29 (S. 154) sowie die Definitionen bei Plat. rep. 557a2-5 u. Aristot. pol. 1291b30-34. §35 Und zuerst machte er die Stadt, die verstreut und auf einzelne Dörfer verteilt lebte, durch die Zusammenführung auf einen Punkt so groß, daß sie auch heute noch seit jener Zeit die größte der griechischen Städte ist. Danach aber gab er, indem er die Heimat zum gemeinsamen Besitz machte und die Seelen seiner Mitbürger befreite, ihnen im Wettstreit um die Tugend gleiche Chancen, im Vertrauen darauf, daß er ihnen genauso voraus sein werde, wenn sie sich übten wie wenn sie nachlässig wären, und in dem Wissen, daß die Ehrungen von Seiten der selbstbewußten Menschen angenehmer sind als die von Seiten der Unterdrückten. την πόλιν σποράδην και κατά κώμας οικούσαν : Zu σποράδην vgl. Isokr. 4,39 παραλαβοΰσα (sc. Athen)... τους "Ελληνας άνόμως ζώντας και σποράδην οίκοΰντας; mit Bezug auf Attika vor dem Synoikismos auch Philoch. FGrHist 328 F 2; allgemein vom >Urzustand< menschlichen Lebens Plat. Prot. 322a8-bl κατ' άρχάς άνθρωποι φκουν σποράδην, πόλεις δέ οΰκ ήσαν u. Diod. 1,8,1. Mit οικούσαν übernimmt Drerup die Lesart von Грг. und Л, während Θ und Γ5 οΐκουμένην bieten. (Die von Drerup im Apparat als indirektes Textzeugnis aufgeführte Imitation der Stelle bei Themistios 26, p. 318c8dl Hardouin σποράδην οικούσαν φιλοσοφίαν ξυνφκισε και ξυνήγαγεν [sc. Piaton], ωσπερ ό Θησεύς τάς 'Αθήνας ist wegen der lockeren syntak-

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Übersetzung und Erläuterungen

tischen Bindung des ώσπερ-Satzes nur von geringem Wert.) Auf den ersten Blick spricht vieles für das Passiv: Ist πόλις Subjekt zu οίκεΐν, so hat das Verb in der Regel die Bedeutung >(geographisch) gelegen sein< (vgl. LSJ s.v. II 1). Für die Bedeutung »formed of detached villages« geben LSJ (ebd.) nur unsere Stelle als Beleg an; zum Passiv vgl. dagegen u.a. Thuk. 1,5,1 προσπίπτοντες πόλεσιν άτειχίστοις και κατά κώμας οίκουμέναις und im selben Zusammenhang wie an unserer Stelle 2,15,1 ή 'Αττική ές Θησέα αίει κατά πόλεις φκεΐτο. Dem steht gegenüber, daß sich zu σποράδην das Aktiv besser fügt als das Passiv, vor allem aber die Erwägung, daß οικούσαν als lectio difficilior leicht durch das gewöhnlichere Passiv verdrängt worden sein kann, während das Zustandekommen der umgekehrten Verschreibung schwer erklärbar ist. Es sollte daher der Lesart οικούσαν der Vorzug gegeben werden. Das Genus des Verbs könnte κατά σύνεσιν mit Blick auf die ή πόλις bildende Summe der Einwohner gewählt sein; vgl. Plat. Mx. 244c3-5 διανοουμένη ... ή πόλις μή αν ετι άμΰναι μήτε "Ελλησι προς άλλήλων δουλουμένοις μήτε ϋπό βαρβάρων οΰτως φκει. εις ταύτόν συναγαγών : Die älteste zusammenhängende Darstellung des sogenannten >Synoikismos< gibt Thukydides 2,15,lf.: Unter Kekrops und seinen Nachfolgern bestand Athen aus einzelnen πόλεις, die ihre eigenen πρυτανεία und άρχοντες besaßen. Diese Städte fanden nur in Krisenzeiten zusammen, gelegentlich führten sie aber auch gegeneinander Krieg, έπειδή δε Θησεύς έβασίλευσε... διεκόσμησε την χώραν και καταλύσας των άλλων πόλεων τά τε βουλευτήρια και τάς αρχάς ές την νυν πόλιν οΰσαν, εν βουλευτήριον άποδείξας καΐ πρυτανεΐον, ξυνψκισε πάντας, και νεμομένους τά αυτών έκαστους άπερ και προ του ήνάγκασε μιφ πόλει ταύτη χρήσθαι, ή απάντων ήδη ξυντελούντων ές αυτήν μεγάλη γενομένη παρεδόθη ΰπό Θησέως τοις επειτα· και ξυνοίκια έξ έκείνων 'Αθηναίοι ετι και νυν τή θεφ έορτήν δημοτελή ποιοΰσιν. Der Synoikismos war demnach eher ein Sympolismos, ein politischer Zusammenschluß vormals unabhängiger Verwaltungseinheiten (vgl. C. Hignett, A History of the Athenian Constitution, Oxford 1975, 34). Daß Isokrates dieser Auffassung hier die (wahrscheinlich vorthukydideische) Version einer räumlichen Umsiedlung der Landbevölkerung in die Stadt entgegensetzt, wie Kehl 85 und wohl auch Herter 1936, 179 mit Anm. 2 annehmen, geht aus der Formulierung, die durchaus im übertragenen Sinne verstanden werden kann, nicht zwingend hervor (vgl. Wagner 119 Anm. 4). ταύτόν ist die von ΘΛΠΝ gebotene Lesart, Γ hat ταύτό (übernommen von Drerup). Nach LSJ s.v. αύτός III 1 steht ταύτόν in der Prosa zur Hiatvermeidung, nach Schwyzer I 406 gilt dies jedoch nicht für die Zeit vor Po-

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lybios. Vielmehr werde im Attischen ταύτό pronominal, ταύτόν nominal verwendet. Die Handschriften des Isokratestextes lassen keine feste Regel erkennen. So ist ταύτό in pronominaler Funktion 12,196 und 12,199 einhellig überliefert (ein eigenes textkritisches Problem stellt 6,105 dar), in nominaler Funktion nur 15,230 als varia lectio (Θ), ταύτόν ist in nominaler Funktion 4,43 (συνελθεΐν εις ταύτόν); 6,78; 7,21; 10,1; 11,2 (εις ταύτόν ελθωμεν) und 13,12 einhellig überliefert (in allen Fällen außer 4,43 würde ταύτό Hiat erzeugen), in pronominaler Funktion 9,79; 12,75.149 (in diesen drei Fällen würde ταύτό einen Hiat erzeugen); 5,24 sowie 15,4 als varia lectio (Λ). Die enge Parallele 4,43 sowie der Umstand, daß es keinen einhelligen Beleg für ταύτό in nominaler Funktion gibt, geben den Ausschlag für die Variante der Vulgathandschriften. τηλικαύτην έποίησεν, ώστ' ... μεγίστην των Ελληνίδων είναι: Die Vergrößerung der Stadt betrachtet Isokrates 2,9 als eine der Hauptaufgaben des Herrschers: οίμαι... προσήκειν αύτοΐς (sc. τοις βασιλεύουσιν) πόλιν δυστυχούσαν παΰσαι και καλώς πράττουσαν διαφυλάξαι και μεγάλην έκ μικράς ποιήσαι (vgl. auch 9,47). Zu Athen als der größten Stadt vgl. 4,23 ομολογείται... τήν πόλιν ήμών άρχαιοτάτην είναι και μεγίστην και παρά πάσιν άνθρώποις όνομαστοτάτην sowie 15,299. Zu τηλικαύτην vgl. Komm, zu § 49 τηλικούτον. κοινήν τήν πατρίδα καταστήσας : Das Partizip läßt sich schwerlich mit van Hook und Ley-Hutton als parenthetische Erklärung zu μετά ταύτα auf das durch den Synoikismos entstandene »gemeinsame Vaterland< (wie etwa 4,81 ίδια μεν άστη τάς αύτών πόλεις ήγούμενοι, κοινήν δέ πατρίδα τήν Ελλάδα νομίζοντες είναι) beziehen, da es mit dem gleichgeordneten τάς ψυχάς των συμπολιτευομένων έλευθερώσας zu einer Sinneinheit verknüpft ist, mit der »Befreiung der Seelen< aber kaum die politische Einigung bezeichnet sein kann (anders Eucken 96: »Diese Kulturleistung [sc. die Staatsgründung durch Theseus] macht die Untertanen zu Bürgern eines gemeinsamen Vaterlandes und >befreit< so >ihre Seelen< «). Vielmehr dürfte hier an die auf die Einigung folgende Einführung demokratischer Prinzipien zu denken sein: Das Land wird zum gemeinsamen Besitz des Volkes (vgl. Wagner 120 Anm. 3 und die Übersetzung von Mathieu/Bremond). Vgl. zu dieser Bedeutung von κοινός 4,52 απαντα ... τον χρόνον διετέλεσαν κοινήν τήν πόλιν παρέχοντες mit Schneider z.St. Das Partizipialgefüge ist entsprechend als instrumentalmodale und nicht als temporale Bestimmung des übergeordneten Satzes aufzufassen. τάς ψυχάς των συμπολιτευομένων έλευθερώσας : Zu Einheit und Gleichheit tritt als dritte Säule des von Theseus geschaffenen Staates die

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Übersetzung und Erläuterungen

Freiheit: Die Bürger sind nicht länger Untertanen, sondern Herren über sich selbst. Mit den hier geschilderten Demokratisierungsmaßnahmen ist das exakt entgegengesetzte Vorgehen der spartanischen Oberschicht zu vergleichen (Isokr. 12,178f.; vgl. Wagner 120 Anm. 4): Sie versklaven die Seelen der Bürger (καταδουλωσαμένους αυτών τάς ψυχάς), bringen den Großteil des Landes, ής προσήκεν ίσον εχειν εκαστον, in ihren Besitz und splittern die Bevölkerung in möglichst kleine Einheiten auf (διελόντας τό πλήθος αυτών ώς οίόν τ' ήν είς έλαχίστους είς τόπους κατοικίσαι μικρούς και πολλούς). Zu συμπολιτεύεσθαι vgl. Komm, zu § 32 πολεμεΐν άναγκαζομένους ... fin. έξ ίσου την αμιλλαν αύτοΐς περί της αρετής έποίησεν : Zu έξ ίσου ποιεΐν τινί τι vgl. 6,96 έξ ϊσου ... τάς συνθήκας τοις δεσπόταις πεποιημένους (ähnlich 18,12 έξ ϊσου καταστήσαντ' άμφοτέροις τον κίνδυνον). Zugunsten von περί τής άρετής (Γ) gegenüber περί την άρετήν (ΘΛΠΝ) spricht die Parallele 4,85 περί τούτου ποιούμενοι την αμιλλαν. Zum Bild des sportlichen Wettstreits um die Tugend vgl. 2,11 ούδενί τών ασκητών οΰτω προσήκει τό σώμα γυμνάζειν ώς τοις βασιλεύουσι την ψυχήν την αυτών δίπασαι γαρ αί πανηγύρεις ούδέν μέρος τιθέασι τούτων τών άθλων, περί ών ύμεΐς καθ' έκάστην άγωνίζεσθε την ήμέραν. ών ένθυμούμενον χρή προσέχειν τον νουν, δπως δσονπερ ταΐς τιμαΐς τών άλλων προέχεις, τοσούτον και ταΐς άρεταΐς αύτών διοίσεις (vgl. auch 2,13); 4,79 (von den Vorfahren) οΰτω ... πολιτικώς είχον, ώστε και τάς στάσεις έποιοΰντο προς αλλήλους, ούχ όπότεροι τους έτέρους άπολέσαντες τών λοιπών αρξουσιν, άλλ' όπότεροι φθήσονται τήν πόλιν άγαθόν τι ποιήσαντες sowie Xen. Hier. 9,6ff. Benselers Konjektur τής αρχής für τής άρετής erübrigt sich angesichts dieser Parallelen. άσκούντων ώσπερ άμελοΰντων : Zu beiden Verben ließe sich άρετήν bzw. άρετής ergänzen; die Metapher des sportlichen Wettstreits legt es jedoch näher, sie absolut aufzufassen: Die Überlegenheit des Theseus ist so groß, daß er Konkurrenten, die hart trainieren, ebensowenig fürchten muß wie solche, die keinerlei Anstrengungen unternehmen. Für den absoluten Gebrauch von άσκεΐν findet sich bei Isokrates keine Parallele, vgl. aber [Isokr.] 1,6 ρώμη ... τά σώματα τών άσκούντων έκόσμησε u. Plat. rep. 389c3. Zu absolutem άμελεΐν vgl. bei Isokr. 2,10; 9,78; 12,164; 19,27. είδώς δέ τάς τιμάς ήδίους οΰσας τάς παρά τών μέγα φρονούντων ή τάς παρά τών δουλευόντων : Ähnlich Isokr. ер. 6,11 τάς τιμάς

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ήδίους ήγοΰμαι τάς έν ταΐς πολιτείαις ή τάς έν ταΐς μοναρχίαις. Vgl. auch 2,30 νόμιζε των τιμών άληθεστάτας είναι μή τάς έν τφ φανερφ μετά δέους γιγνομένας ... sowie Xen. Hier. 1,16 συγχωρώ τους έπαίνους παρά τών έλευθερωτάτων ήδίστους είναι u. 7,6-9. §36 Er war aber so weit davon entfernt, etwas gegen den Willen der Bürger zu tun, daß er das Volk zum Herrn über den Staat einsetzen wollte, sie es aber für richtig hielten, daß er allein regiere, in der Überzeugung, seine Alleinherrschaft sei vertrauenswürdiger und verwirkliche den Grundsatz der Gleichberechtigung besser als ihre Volksherrschaft. Denn er bürdete nicht, wie andere, die Arbeit anderen auf, während er die Freuden selbst für sich allein genoß, sondern er nahm die Gefahren als seine Privatsache auf sich, den Nutzen aber ließ er allen als gemeinsames Gut zukommen. τοσούτου δ' έδέησεν : So der Text von Грг.; die Tilgung der Partikel durch einen Korrektor läßt ein sehr hartes Asyndeton (in dieser Form ohne Parallele bei Isokrates; vgl. Strange III 28ff.) und einen kaum akzeptablen Hiat entstehen. Zumindest letzterer Mangel ist in den Vulgatlesarten τοσούτων έδέησεν (Θ) und τοσούτον έδέησεν (ΛΠΝ) behoben, doch sind diese aus sprachlichen Gründen zu verwerfen: Der Genitiv Plural ist in dieser Wendung überhaupt nicht belegt, der Akkusativ Singular zwar bei Plat. Men. 71a5f. (τοσούτον δέω ... είδέναι, ώστ'...), bei Isokrates aber nur ein einziges Mal als varia lectio in 7,48 (τοσούτον ... εδεον Γ : τοσούτου ... εδεον ΘΛ), während sonst regelmäßig der Genitiv Singular steht (vgl. 3,34; 4,134.168; 5,100; 9,21; 11,5; 12,16.26.194; 14,5.17; 19,3). Der Text von Грг. verdient daher an unserer Stelle den Vorzug. Die in ΘΛΠΝ überlieferten Varianten könnten dadurch zu erklären sein, daß der Hyparchetyp der beiden Vulgatzweige, ebenso wie der >korrigierte< Urbinas, das durch eine >unvollständige< Haplographie (ΕΔΕ < ΔΕΔΕ) entstandene τοσούτου έδέησεν bot und die Abschreiber auf jeweils verschiedene Art versuchten, den Hiat zu schließen, ακόντων τι π ο ι ε ΐ ν τών πολιτών: Zum Herrschen gegen den Willen der Bürger als einem Charakteristikum der Tyrannis vgl. Komm, zu § 32 τους ßiot τών πολιτών ζητούντας άρχειν....

ό μέν τον δήμον καθίστη κύριον της πολιτείας, οί δέ μόνον αυτόν αρχειν ήξίουν : Isokrates schlägt hier eine Brücke zwischen zwei konkurrierenden Vorstellungen vom politischen Wirken des The-

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Übersetzung und Erläuterungen

seus (vgl. Jacoby, Komm, zu Philoch. FGrHist 328 F 19, Anm. 9 u. 10): Der älteren Version der Historiker, nach der Theseus ein König wie andere vor und nach ihm war (vgl. Thuk. 2,15,2), hatte Euripides in den Hiketiden das Bild des Demokratiegründers Theseus entgegengestellt; vgl. besonders Suppl. 349-353 δόξαι δέ χρήιζω και πόλει πάσηι τόδε, / δόξει δ' έμοΰ θέλοντος· άλλα του λόγου / προσδούς εχοιμ' αν δήμον εΰμενέστερον. / και γαρ κ α τ έ σ τ η σ * α υ τ ό ν ε ι ς μ ο ν α ρ χ ί α ν / έλευθερώσας τήνδ' ίσόψηφον πόλιν u. Suppl. 403-408 πρώτον μέν ήρξω τοΰ λόγου ψευδώς, ξένε, / ζητών τύραννον ένθάδ'· οΰ γαρ αρχεται / ενός προς ανδρός άλλ'έλευθέρα πόλις. / δ ή μ ο ς δ ' ά ν ά σ σ ε ι δ ι α δ ο χ α ΐ σ ι ν έ ν μ έ ρ ε ι / έ ν ι α υ σ ί α ι σ ι ν , ουχί τώι πλούτωι διδούς/ τό πλείστον άλλα χώ πένης εχων ϊσον. Wie man sich die Position des Theseus in diesem Staat konkret zu denken hat (Robert, Heldensage 754 sieht in ihm einen König »mit beschränkter Machtvollkommenheit«, Jacoby [Komm, zu Philoch. F 19, p. 311] hingegen meint, er sei »not a king at all, but may be conceived as being the polemarch of the year«), geht aus dem Stück nicht eindeutig hervor. Allen logischen und historischen Widersprüchen zum Trotz setzt sich die >euripideische< Sichtweise im 4. Jh. durch, was sich anschaulich in einem Gemälde des Euphranor niederschlägt, das Theseus zusammen mit Demos und Demokratia zeigt (vgl. die Polemik des Pausanias 1,3,3f.; vgl. ferner Jacoby, Komm, zu Philoch. F 19, p. 311 und Walker 143-146). In der Theseus-Vita des Plutarch finden sich beide Konzeptionen unverbunden nebeneinander (Theseus als unumschränkter Alleinherrscher 32,1; Theseus als oberster Kriegsherr und Gesetzeshüter in einer Demokratie 24,2). Isokrates weicht an unserer Stelle insofern von Euripides ab, als Theseus zweifellos König von Athen ist und bleibt (vgl. noch § 18 ΰπαρχούσης αύτφ ... βασιλείας άσφαλεστάτης; § 34 τυραννεΐν; § 37 τη ... έξουσίψ τυραννών; διφκει την πόλιν; so auch Kehl 86f., anders F. Pointner, Die Verfassungstheorie des Isokrates, Augsburg 1969, II 361f.). Die Aussage τον δήμον καθιστή κύριον της πολιτείας steht dazu nicht im Widerspruch, da der Vorgang durch das Imperfekt als nicht abgeschlossen bestimmt wird (auf den Aspekt macht Eucken 97 aufmerksam; die Übersetzer schenken dieser wesentlichen Nuance durchweg keine Beachtung). Man hat sich also mit Eucken (ebd.) eine »fortdauernde Balancesituation« vorzustellen: Theseus stellt es dem Volk anheim, die Regierung zu übernehmen, erhält aber von diesem aufgrund seiner im freien Wettstreit bewiesenen Vorzüge das - jederzeit kündbare - Mandat, als Alleinherrscher die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten. Damit ist er zwar

Helena und Theseus § 36

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nicht Begründer einer Demokratie im eigentlichen Sinne, stellt aber die Monarchie auf die Basis demokratischer Legitimation. Daß die Darstellung vornehmlich dem Zweck dient, Theseus in das bestmögliche Licht zu rücken, und nicht notwendig das Geschichtsbild des Isokrates reflektiert, zeigt der Vergleich mit Stellen wie 7,16; 15,232.306; 16,26f., wo jeweils Solon bzw. Kleisthenes als Väter der Demokratie erscheinen, und andererseits 12,129, wo es in engerer Anlehnung an Euripides von Theseus heißt: την ... πόλιν ... διοικεΐν τφ πλήθει παρέδωκεν. ηγούμενοι πιστοτέραν και κοινοτεραν είναι τήν έκείνου μοναρχίαν της αυτών δημοκρατίας : Vgl. 9,51 των ... Ελλήνων πολλοί και κάλοι κάγαθοι τάς αυτών πατρίδας άπολιπόντες ήλθον είς Κύπρον οίκήσοντες, ηγούμενοι κουφοτέραν και νομιμωτέραν είναι τήν Εύαγόρου βασιλείαν των οϊκοι πολιτειών (πολιτεία hier = δημοκρατία, vgl. Schneider z.St.). Vgl. auch die Empfehlung des Isokrates an Nikokles 2,24 αρχικός είναι βούλου... τφ πάντας ... νομίζειν ύπέρ της αύτών σωτηρίας αμεινον αϋτών σέ βουλεύεσθαι. Zu κοινός als Attribut einer Regierungsform vgl. 12,130 άπειροι πολιτειών δντες ού διήμαρτον αΐρούμενοι της υπό πάντων αν όμολογηθείσης ού μόνον είναι κοινοτάτης και δικαιότατης άλλα και συμφορωτάτης απασι και τοις χρωμένοις ήδίστης. Die Parallele zeigt, daß κοινός nicht mit πασι σύμφορος gleichzusetzen ist, wie Wagner 121, Eucken 96 und Ley-Hutton für unsere Stelle annehmen, sondern eher die Verfassung als eine >gemeinsame< in dem Sinne charakterisiert, daß sie allen denselben Anteil am politischen Leben zukommen läßt. Vgl. Demosth. 2,30 δει... υμών αύτών ετι και νυν γενομένους κοινόν και τό βουλεύεσθαι και τό λέγειν και τό πράττειν ποιήσαι. Theoretisch bietet die demokratische Staatsform die besten Bedingungen zur Verwirklichung dieses Ideals. Eine um so größere Auszeichnung stellt es dar, wenn die Monarchie des Theseus sogar in dieser Hinsicht als der Demokratie überlegen empfunden wurde, οΰ γαρ ωσπερ ετεροι τους μέν πόνους άλλοις προσέταττεν, των δ' ηδονών αυτός μόνος άπέλαυεν : Vgl. Thuk. 6,39,2 ολιγαρχία ... τών μέν κινδύνων τοις πολλοίς μεταδίδωσι, τών δ' ωφελίμων ού πλεονεκτεί μόνον, άλλα και ξύμπαντ' άφελομένη εχει. Vergleichbar ist auch Isokr. 8,91, sieht man davon ab, daß dort ein direkter Zusammenhang zwischen den Leiden anderer und den eigenen Freuden hergestellt wird: τών μέν ... άρχόντων έργον έστι τους άρχομένους ταΐς αύτών έπιμελείαις ποιεΐν εύδαιμονεστέρους, τοις δέ τυράννοις εθος καθέστηκε τοις τών άλλων πόνοις και κακοΐς αύτοΐς ήδονάς παρασκευάζειν (ähnlich ер. 7,4).

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Übersetzung und Erläuterungen

Die Abwälzung von Mühen und Gefahren auf die Untertanen lastet Isokrates 12,180 auch den Spartiaten an. ά λ λ α τους μέν κινδύνους ίδιους έποιεΐτο, τάς δ' ωφελείας απασιν είς τό κοινόν άπεδίδου : Vgl. Theo, progymn., Rh. Gr. II, p. 110, 17f. Sp. (sc. καλαι... είσί πράξεις) έφ' ών ό μέν πόνος ίδιος, ή δέ ωφέλεια κοινή. Zu κινδύνους ποιεΐσθαι vgl. Komm, zu § 24 ποιήσασθαι τους κινδύνους. Zu είς τό κοινόν άποδιδόναι (>zum gemeinsamen Besitz gebenthe state< eingeordnet.) §37 Und so verbrachte er sein ganzes Leben, indem er nicht angefeindet, sondern geliebt wurde, und nicht mit einer Streitmacht von fremden Söldnern seine Herrschaft sicherte, sondern im Wohlwollen der Bürger seine Leibwache hatte; gemessen an seiner Machtbefugnis ein König, gemessen an seinen guten Taten ein Führer des Volkes: Denn so gerecht und gut regierte er die Stadt, daß auch jetzt noch eine Spur seiner Milde in unserem Charakter zurückgeblieben ist. καί γάρ τ ο ι : Der Gebrauch dieser Partikelverbindung ist fast ausschließlich auf die Redner beschränkt. Sie leitet - unter starkem Zurücktreten der kausalen Kraft von γάρ - eine sich aus dem Voraufgehenden ergebende Folge ein; vgl. Denn. 113f. sowie bei Isokr. 2,4; 5,108; 7,30.35.69; 8,5; 15,286. διετέλεσεν τον βίον ουκ έπιβουλευόμενος, ά λ λ ' άγαπώμενος : Dies steht in direktem Widerspruch zu Plutarchs Darstellung, nach der sich Theseus der von Menestheus angeführten Opposition der durch den Synoikismos entmachteten Herrscher erwehren mußte (Thes. 32,1). Nach seiner Rückkehr aus dem Hades habe Theseus die Ordnung im Staate nicht wiederherstellen können und sei nach Skyros ins Exil gegangen, wo ihn ein wahrscheinlich gewaltsamer Tod ereilte (35,2-7). Vgl. auch Apollod. epit. 1,24; Diod. 4,62,4; Paus. 1,17,6. Daß diese Sage zur Zeit des Isokrates »noch nicht allgemein bekannt« war, wie Wagner 121 Anm. 3 spekuliert, ist unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte sie als Teil des >voreuripideischen< Theseusbildes bewußt von Isokrates ignoriert worden sein.

Helena und Theseus § 37

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Zu διατελεΐν τον βίον c. part. vgl. bei Isokr. noch 5,71; 6,45.87.

οΰδ' έπακτφ δυνάμει την άρχήν διαφυλάττων : Zum Topos der aus fremden Söldnern bestehenden Leibwache des Tyrannen vgl. Komm, zu § 34 μηδέν ήττον φοβούμενον τους φυλάττοντας η τους έπιβουλεύοντας. ΘΛΠΝ bieten έπεισάκτφ anstelle von έπακτφ (Γ). Da aber έπακτός anders als έπείσακτος gerade im militärischen Zusammenhang häufig begegnet (vgl. Aischyl. Sept. 583; Soph. Trach. 259; Oid. K. 1525), ist die Lesart des Urbinas vorzuziehen,

άλλα τη των πολιτών εύνοίςι δορυφορούμενος : Vgl. 2,21 φυλακήν άσφαλεστάτην ήγοΰ του σώματος είναι την τε των φίλων άρετην και την των πολιτών εΰνοιαν και την σαυτοΰ φρόνησιν. Der Gewinn und die Erhaltung von εύνοια ist für Isokrates auch ein leitender Gesichtspunkt in der Beziehung von Staaten untereinander; vgl. 5,6.68; 8,140; 15.122.134f.; ep. 2,18.21 sowie J. de Romilly, Eunoia in Isocrates or the political importance of creating good will, JHS 78, 1958, 92-101.

τη μέν έξουσίφ τυράννων, ταΐς δ' εύεργεσίαις

δημαγω-

γών : Zum Asyndeton in einer Reihung von Antithesenpaaren vgl. Isokr. 9,43ff. άπαντα ... τον χρόνον διετέλεσεν οΰδένα μέν αδικών, τους δε χρηστούς τιμών, και σφόδρα μέν απάντων άρχων, νομίμως δέ τους έξαμαρτόντας κολάζων, ουδέν μέν συμβούλων δεόμενος, δμως δέ τοις φίλοις συμβουλευόμενος, πολλά μέν τών χρωμένων ήττώμενος, άπαντα δέ τών έχθρών περιγιγνόμενος κτλ. (vgl. auch Denn., Greek Prose Style 104). Zum wertfreien Gebrauch von τυραννεΐν vgl. Komm, zu § 34 τυραννεΐν. Analog zum Substantiv δημαγωγός (8,126 u. 15,234 von Perikles; abfällig hingegen 12,148) hat auch das Verb δημαγωγεΐν bei Isokrates nicht notwendig einen pejorativen Beiklang, sondern bezeichnet neutral die politische Lenkung des Volkes (vgl. 2,16). νομίμως και καλώς : Dieselbe Verbindung 7,67; 12,223; 15,32. νομίμως ist eine nähere Bestimmung zu καλώς (Roschatt 31), eine Dopplung synonymer Begriffe findet sich häufig zur retardierenden Vorbereitung auf einen Nebensatz (vgl. Wolgast 2 mit weiteren Beispielen), 'ίχνος της έκείνου πραότητος : Zum metaphorischen Gebrauch von ϊχνος vgl. Aisch. Ag. 1184f. και μαρτυρείτε συνδρόμως ίχνος κακών / ρινηλατούση τών πάλαι πεπραγμένων, Soph. Oid. Τ. 108f. ... πού τόδ' εύρεθήσεται / ίχνος παλαιάς δυστέκμαρτον αιτίας; und bei den Rednern Lykurg 80 και γάρ παλαιών όντων τών τότε πεπραγμένων δμως ίχνος εστίν έν τοις γεγραμμένοις ίδεΐν της έκείνων άρετής.

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Übersetzung und Erläuterungen

πραότης als Herrschertugend auch Isokr. 2,23; 3,32; 5,116; zum Lob der πραότης Athens vgl. 15,299f.: Nach Ansicht einiger werde Athen zu Recht αστυ της Ελλάδος genannt, sowohl aus anderen Gründen als auch besonders wegen des Charakters der Einwohner: οΰδένας γαρ είναι πραοτέρους ούδέ κοινοτέρους. έν τοις ηθεσιν ημών : Zu Recht weist Wagner 121 Anm. 5 van Hooks Übersetzung »in our institutions« zurück, ήθος bezeichnet bei Isokrates stets den Charakter eines Individuums (vgl. z.B. 15,54.122) oder den in einer Gemeinschaft herrschenden - und die Individuen prägenden >Geist< (vgl. z.B. 7,40 τους... πολλούς ομοίους τοις ηθεσιν άποβαίνειν, έν οίς αν έκαστοι παιδευθώσιν), der stärker als geschriebene Gesetze das Leben im Staat bestimmt (vgl. 7,41 οΰ ... τοις ψηφίσμασιν άλλα τοις ήθεσι καλώς οίκεΐσθαι τάς πόλεις). Den großen Einfluß des Regierenden auf die ήθη der Bürger betont Isokrates 2,31: τό της πόλεως δλης ήθος όμοιοΰται τοις αρχουσιν. §38 Wie also soll man die, die von Zeus gezeugt wurde und solche Tugend und Besonnenheit überwältigte, nicht loben und ehren und glauben, daß sie alle, die jemals lebten, weit übertraf? Denn wir werden gewiß keinen glaubwürdigeren Zeugen und fähigeren Richter für die der Helena eigenen Vorzüge anführen können als das Urteilsvermögen des Theseus. Damit aber nicht der Eindruck entsteht, ich würde mich aus Verlegenheit am selben Punkt aufhalten und sie unter Berufung auf die Meinung eines einzigen Mannes loben, will ich auch von den folgenden Ereignissen berichten. τήν δή γεννηθεΐσαν μεν ύπό Διός, κρατήσασαν δε τοιαύτης αρετής και σωφροσύνης, πώς ούκ χρή ... : Isokrates kehrt hiermit zum Ausgangspunkt des Exkurses zurück. Das in § 22 gesteckte Ziel, έπιδεΐξαι τους άγαπήσαντας και θαυμάσαντας έκείνην αυτούς των άλλων θαυμαστοτέρους οντάς, ist erreicht, und das Ergebnis kann nun in der ebd. beschriebenen Weise zum Lobe der Helena angewandt werden: Die Frau, die von einem so herausragenden Menschen geliebt wurde, muß selbst über herausragende Qualitäten verfügt haben. Daß Helena ύπό Διός γεννηθεΐσα ist, spielt für den Argumentationsgang keine Rolle; die Funktion des Zusatzes ist vielmehr struktureller Art: Nachdem Helena während des Exkurses völlig aus dem Blickfeld gerückt ist, bedarf ihr

Helena und Theseus § 38

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>Wiedereintritt< in die Erzählung einer kurzen Ankündigung. Die Herkunftsangabe vertritt hier die ausdrückliche Namensnennung. Zur logisch folgernden Bedeutung von »connective« δή vgl. Denn. 236ff. Eine enge Parallele zum Gebrauch an unserer Stelle findet sich bei Isokrates 12,60f. im Anschluß an den Vergleich zwischen Athen und Sparta: την δή και τάς συνθήκας τάς προς βασιλέα γενναιοτέρας και μεγαλοφρονεστέρας ποιησαμένην και των πλείστων και μεγίστων τοις μεν βαρβάροις κακών, τοις δ' "Ελλησιν άγαθών αΐτίαν γεγενημένην (sc. πόλιν)... πώς οΰ δίκαιον έπαινειν και τιμάν μάλλον η την έν απασι τούτοις άπολελειμμένην; (ähnlich auch 9,40). Die Parallele stützt die Lesart von ΓΛΠ gegen την δέ γεννηθεΐσαν (0Npr.). In der Verbindung αρετής και σωφροσύνης dürfte, wie schon in § 31 (vgl. Komm, zu τήν δ* αλλην άρετήν και τήν σωφροσύνην), durch καί das Spezielle dem Allgemeinen hinzugefügt sein, έπαινειν ... και τιμαν : Dieselbe steigernde Verbindung 12,61.223; ep. 4,9; ep. 7,2; an unserer Stelle durch das Hinzutreten eines dritten, längeren Gliedes zur Klimax ausgebaut und so mit einer gewissen Abrundung versehen. των πώποτε γενομένων : Vgl. 11,47 πώς ούκ αν άθλιώτατος εΐη και τών νυν όντων καί τών πώποτε γεγενημένων; (ähnlich 12,209; 16,33; 19,48). οΰ γαρ δή ... γε : »Used for clearing the ground by ruling out at least one possibility« (Denn. 243). Vgl. bei Isokr. 4,92; 15,24.34; 17,53.54. μάρτυρα ... πιστότερον οϋδέ κριτήν ίκανώτερον εξομεν έπαγαγέσθαι: Aufgabe des μάρτυς ist die wahrheitsgemäße Darlegung, Aufgabe des κριτής die richtige Beurteilung eines Sachverhalts; entsprechend hat der μάρτυς so πιστός, der κριτής so ικανός wie möglich zu sein. Daß Theseus über diese Eigenschaften verfügte, ergibt sich aus seiner vollkommenen Tugendhaftigkeit. Ein explizites >Zeugnis< oder >Urteil< über Helena liegt von ihm jedoch nicht vor, sondern wird allein aus dem Raub erschlossen. Zu μάρτυρα έπάγεσθαι vgl. Plat. Lys. 215c7 Ήσίοδον έπήγετο μάρτυρα u. rep. 364c5f. μάρτυρας ποιητάς επάγονται, ίνα δέ μή δοκώ : Zur Einleitung des Übergangs von einem hinreichend behandelten Gesichtspunkt zum nächsten auch 4,51; 6,40 u. 18,45 (jeweils in Verbindung mit διατρίβειν); spezieller 10,15; 11,9; 13,22, wo von der Kritik an anderen zur Demonstration der eigenen Fähigkeiten übergeleitet wird. δι' άπορΐαν περί τον αυτόν τόπον διατρίβειν : Vgl. 12,90 άνόητόν έστι περι μίαν πράξιν διατρίβειν, ώσπερ άπορίας οΰσης, τί άν εχοι τις

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Übersetzung und Erläuterungen

είπεΐν περί της ώμότητος καί χαλεπότητος της Λακεδαιμονίων, άλλ' οΰ πολλής αφθονίας ΰπαρχοΰσης. In der von ΘΛΠΝ gebotenen Wortstellung περί τον αΰτόν τόπον δι' άπορίαν διατρίβειν liegt zu wenig Nachdruck auf dem sinntragenden δι' άπορίαν. Zu περί τον αΰτόν τόπον διατρίβειν vgl. Komm, zu § 4 τόπον, ανδρός ένός δόξη καταχρώμενος : καταχρήσθαι heißt hier, wie übrigens stets bei Isokrates (vgl. 2,48; 4,9.74.174; 12,127), erschöpfend Gebrauch machen< (vgl. LSJ s.v. I 1); δόξα kann nach der Berufung auf die διάνοια des Theseus kaum anders als im Sinne von >Meinung< aufgefaßt werden. Sachlich abwegig ist van Hooks Übersetzung »misusing the glory of one man« (ähnlich Ley-Hutton).

Helena und Paris (§§ 3 9 ^ 8 )

§39 Als sie nach dem Abstieg des Theseus in den Hades nach Sparta zurückgekehrt war und das heiratsfähige Alter erreicht hatte, gelangten alle damaligen Könige und Machthaber zu derselben Meinung über sie: Denn obwohl sie die Möglichkeit hatten, in ihren eigenen Städten die führenden Frauen zu heiraten, verschmähten sie die heimischen Ehen und kamen, um jene zu freien. γάρ : Zum explikativen γάρ vgl. KG II 331f. u. Denn. 59,2 sowie § 16 γαρ. τήν Θησέως εις "Αιδου κατάβασιν : Vgl. Einführung, Kap. II, S. 24f. sowie Komm, zu § 20 της συμφοράς, έπανελθοΰσης αυτής εις Λακεδαίμονα : Helena wurde von den Dioskuren befreit, vgl. Komm, zu § 19 "Αφιδναν. Η. Sauppe, Epistola critica ad Godofredum Hermannum, Leipzig 1841, 51 f. (= Ausgewählte Schriften, Berlin 1896, 112) erwägt angesichts der Nachahmung der Stelle bei [Lukian], Charid. 17 έπανελθοΰσαν δ' εις "Αργός αύθις άποδημοΰντος αΰτοΰ ... die Konjektur αύθις anstelle von αυτής (von Benseler/Blass in den Text aufgenommen). Aber abgesehen davon, daß keinerlei Veranlassung besteht, einen einhellig überlieferten und grammatikalisch wie inhaltlich völlig unanstößigen Text dem Wortlaut einer sprachlich weitgehend eigenständigen Nachahmung anzupassen, spricht gegen diese Konjektur vor allem der Sprachgebrauch des Isokrates: Zwar setzt er häufig zu έπανέρχομαι ein verstärkendes Adverb (Wagners Argument, αύθις sei »nach έπανελθούσης ein Pleonasmus« [70 Anm. 0; ähnlich Fuhr, Zu Isokrates, BPhW 25, 1905, 406], ist daher nicht schlagend), doch ist dieses nie αύθις, sondern stets πάλιν (4,63; 5,50; 6,82; 8,132; 12,150). Zu έπανέρχομαι ohne Adverb vgl. 12,88 u. 14,36. αύθις begegnet bei Isokrates nur in den Bedeutungen >wiederum< (19,8) und >ein andermal< (4,110; 5,33; 12,34; ep. 7,10); vgl. Fuhr 1905,406. προς τό μνηστεύεσθαι λαβούσης ήλικίαν : ήλικία heißt hier, anders als in § 19 (vgl. Komm, zu ήλικίαν), >passendes AlterEid< vgl. 5,91; 6,20; 12,104; 17,11.19; 18,30.46. η μην : Die stark bekräftigende Partikel ή μην (>fürwahr, wahrlichübersetzt< wird. Daß Isokrates die feine Unterscheidung nicht immer wahrt, lehrt z.B. 6,62f. εΐ δε δει και περί των εξωθεν β ο η θ ε ι ώ ν ειπείν, ήγοΰμαι πολλούς εσεσθαι τούς βουλομένους έπαμύνειν ήμΐν. (Es folgt eine Aufzählung potentieller Sympathisanten.)

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Übersetzung und Erläuterungen

(§ 63) ετι δέ (sc. έπίσταμαι) Διονύσιον τον τΰραννον και τον Αιγυπτίων βασιλέα... προθύμως α ν ή μ ΐ ν έ π ι κ ο υ ρ ή σ ο ν τ α ς . αΰτφ : Zur zweisilbigen Form anstelle von έαυτψ (ΘΛΠΝ) vgl. Komm, zu § 23 αυτού. §41 In ihrer persönlichen Hoffnung wurden sie alle bis auf einen enttäuscht, in der gemeinsamen Meinung aber, die sie über sie gefaßt hatten, irrte keiner von ihnen. Denn nicht viel später, als unter den Göttern ein Wettstreit um die Schönheit entbrannte, zu dessen Schiedsrichter Alexander, der Sohn des Priamos, bestimmt wurde, und Hera ihm die Herrschaft über ganz Asien anbot, Athene Erfolg im Krieg, Aphrodite aber die Ehe mit Helena,... πλήν ένός ανδρός : Isokrates kann auf die namentliche Nennung des Menelaos und auf die Hervorhebung seiner individuellen Vorzüge verzichten, da das Helena-Lob hier nicht, wie in der Theseus-Episode, auf die überragende Persönlichkeit des einzelnen Verehrers, sondern auf die übereinstimmende Bewunderung der Masse gegründet ist. δόξης Ας : ΘΛΠΝ haben ην, in Γ ist die Endung des Relativums unleserlich (Γ2 schreibt ην), die attrahierte Form ης ist in der von Γ abhängigen Handschrift Ε (vgl. Drerup XLIV u. Einführung, Kap. V, S. 61) überliefert (vgl. den Apparat bei Mathieu/Bremond). Eine sichere Entscheidung ist nicht möglich. Für die Lesart ής spricht die Parallele 9,11 ... καταδεέστερα της δόξης, ής νυν εχομεν περί αυτών (4,83 ist die Überlieferung nicht einheitlich: ... υπέρ της δόξης, ής [ΘΛ : ην ΕΖ : о т . Γ] ημελλον ... έ'ξειν) sowie der Umstand, daß die Unterlassung einer möglichen Kasusattraktion eher die Ausnahme bildet. Vgl. aber zu solchen Ausnahmen KG II 409 Anm. 3 und Isokr. 6,21 τοις δρκοις, ους έποιήσασθε. ού πολλού γαρ χρόνου διελθόντος : Die von Θ gebotene Variante πολλού γαρ χρόνου διελθόντος ist kaum diskussionswürdig: Zum einen besteht die Pointe darin, daß man auf die Bestätigung der κοινή δόξα nicht lange warten mußte, zum anderen wäre man gezwungen, sich Helena zum Zeitpunkt der Entführung durch Paris als reifere Frau vorzustellen. In Π und N fehlt γάρ; die Partikel ist hier jedoch unentbehrlich, ού πολλού γάρ χρόνου διελθόντος γενομένης ... έριδος : γενομένης ... έριδος ist adverbiale Bestimmung zum Hauptsatz, ού πολλού χρόνου διελθόντος adverbiale Bestimmung zum gesamten Komplex Haupt-

Helena und Paris § 41

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satz + gen. abs. Die Verbindung der genitivi absoluti durch καί (ΘΛΠΝ), die beide Glieder auf gleicher Ebene dem Hauptsatz unterordnet, läuft dem logischen Verhältnis der Satzteile zuwider: »Als nämlich nicht viel Zeit vergangen war und ein Streit unter den Göttern entbrannte ..., wählte ...« (?). Vgl. dgg. Demosth. 23,153, wo καί zwei logisch gleichgeordnete genitivi absoluti verbindet: χρόνου γαρ διελθόντος και τοΰ πολέμου προς Κότυν δντος ήδη, πέμπει προς ύμας έπιστολήν ... . Zu asyndetisch aneinandergereihten absoluten Genitiven vgl. bei Isokrates 6,31 του πολέμου μακρού γιγνομένου πεμψάντων αμφοτέρων εις Δελφούς ... άνεΐλεν ώς ... u. 16,18f. έν τοσαΰταις συμφοραΐς καί τοιοΰτοις κινδΰνοις της πόλεως οΰσης μεταπεμψαμένων αυτόν των στρατιωτών ούκ έσεμνύνατ' έπί τοις παροΰσιν ... . Zu solchen >scheinbaren< Asyndeta bei Partizipien vgl. KG II 104,2 und, speziell zu Isokrates, Strange 1831, 27-34. έν θεοΐς : Zur Weglassung des Artikels in Verbindung mit Präpositionen vgl. KG I 605 f: Der Ausdruck nimmt dadurch einen »adverbialen Charakter« an, und die Gegenstände treten »weniger bestimmt« hervor. Vgl. bei Isokr. 4,38 (παρά θεών); 8,33 (παρά θεοΐς); 9,16 (υπό θεών); 12,81. 124.206 (jeweils από θεών). Gegen έν θεαΐς (ΛΝ) spricht, daß sich Formen von θεά bei Isokrates abgesehen von 10,48, wo ein Teil der Handschriften τάς θεάς statt τους θεούς bietet - sonst nicht finden und nach LSJ s.v. außerhalb von formelhaften Verbindungen überhaupt erst in der späteren attischen Prosa gebräuchlich sind (vgl. aber Isaios 6,50). Wenn Isokrates eine weibliche Gottheit bezeichnet, schreibt er ή θεός (so 15,249 von Peitho). Hinzu kommt, daß έν θεαΐς gegenüber έν θεοΐς keine wesentliche Präzisierung darstellt, da der Schönheitswettstreit nicht unter allen Göttinnen, sondern nur unter den drei genannten ausgetragen wurde. Der Verdacht liegt nahe, daß es sich bei der Variante έν θεαΐς um einen nicht ganz konsequent durchgeführten Korrekturversuch eines Abschreibers handelt, der das Maskulinum als sachlich falsch empfand. Dieser vermeintliche Anstoß wird jedoch gegenstandslos, wenn man έν θεοΐς nicht auf die aktiv am Schönheitswettbewerb beteiligten Gottheiten bezieht, sondern als eine allgemeine Angabe der Sphäre auffaßt, in der sich das Geschehen vollzieht (vgl. das oben zum Fehlen des Artikels Gesagte). An unserer Stelle sollte also unbedingt έν θεοΐς gelesen und das Substantiv als Maskulinum interpretiert werden (anders Flaceliere z.St. und van Hook in seiner Übersetzung). έ ρ ι δ ο ς : ερις hier im Sinne von >Wettstreit< wie Xen. Lak. pol. 4,2 τούς ήβώντας συμβάλλοι εις εριν περί αρετής. Der Begriff erinnert zugleich daran, daß es die Göttin Eris war, die den Streit entfachte.

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Übersetzung und Erläuterungen

'Αλέξανδρος : Der Name 'Αλέξανδρος überwiegt in der Ilias deutlich gegenüber Πάρις (vgl. Robert, Heldensage III 1, 977 Anm. 3). Zu dem bislang ungelösten - Problem, wie der Doppelname zu erklären ist, vgl. E. Wüst, Paris, RE XVIII4 (1949) 1484-1486. διδούσης "Ηρας ... Ελένης : Zu den dargebotenen Geschenken vgl. Eur. Tro. 925-931; Kratinos, Dionysalex. test, i K.-A.; Apollod. epit. 3,2. διδούσης ... άπάσης αύτφ της 'Ασίας βασιλεύειν : διδόναι hat hier, wie häufig in den Formen des Präsensstammes, die Bedeutung Anbietern (vgl. KG 1140ff.). ΘΛΠ haben διδούσης ... άπάσης αύτφ βασιλείαν της άσίας. Da aber die βασιλεία mit der Angabe des Herrschaftsbereichs zu einer bestimmten wird, müßte beim Substantiv der Artikel stehen, vgl. 10,43 την της Άσίας βασιλείαν (möglicherweise die Quelle der Verschreibung) u. 5,107 την ... έν Μακεδονία βασιλείαν. Vgl. auch [Lukian], Charid. 17 την της Άσίας άρχήν. Zur Junktur άπάσης της Άσίας βασιλεύειν vgl. 2,5. έν τοις πολέμοις : Der Artikel ist generisch wie in § 17 των πολέμων και των άγώνων; vgl. Komm. z.St. u. KG 1589. Vgl. auch 5,135; 8,51 u. 14,39 συμβαίνει κρατεΐν έν τοις πολέμοις ού τους βία τάς πόλεις καταστρεφομένους.... έν πολέμοις (ΘΛΠΝ) ist nicht undenkbar, zumal der Artikel nach Präpositionen häufig fehlt (vgl. KG I 605 f), findet sich bei Isokrates aber sonst nie (12,102 u. 164 heißt es jeweils έν πολλοίς πολέμοις). τον γάμον τον Ελένης : τον γάμον της Ελένης ΘΝ. Der Artikel beim Eigennamen Ελένη ist in der gesamten Schrift nur an einer einzigen Stelle einhellig überliefert (§ 14 τον γράψαντα περι της Ελένης) und hat dort die Funktion, die erwähnte Helena als >die berühmte< Helena kenntlich zu machen (vgl. Komm. z.St.). In unserem Zusammenhang gibt es hingegen keine Veranlassung, den Artikel zu setzen (allenfalls als anaphorischen Verweis auf >die< Helena, von deren Freiern zuvor die Rede war; vgl. KG I 597 u. 598f.). Zugunsten der Lesart von ΓΛΠ läßt sich anführen, daß die durch die Wiederholung des Artikels gegebene attributive Stellung des Genitivs diesem in Relation zu seinem übergeordneten Substantiv größeren Nachdruck verleiht (vgl. KG I 617f.) und daß damit der inhaltlich sinnvollere Akzent gesetzt wird: Aphrodite verspricht die Heirat mit Helena (dgg. τον γάμον της Ελένης: die Heirat mit Helena). Zu γάμος mit dem Genitiv des Ehepartners vgl. Plat. Krat. 395d3 τον της Ίπποδαμείας γάμον.

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§42 ... wählte er, da er zwischen ihrer äußeren Gestalt keinen Unterschied erkennen konnte, sondern überwältigt war vom Anblick der Göttinnen, über ihre Geschenke aber Richter zu werden gezwungen war, die Ehe mit Helena statt allem anderen, wobei er es nicht auf die Lust abgesehen hatte - obgleich auch dies für die Vernünftigen vielem vorzuziehen ist, aber dennoch stürzte er sich nicht darauf - sondern er wollte unbedingt Schwiegersohn des Zeus werden und heißen ... των μεν σωμάτων ... των δέ δωρεών ...: Die Antithese ist nicht ganz im Gleichgewicht, da nur σώματα und δωρεαί Gegenbegriffe bilden, nicht aber δύνασθαι und άναγκάζεσθαι. λαβείν διάγνωσιν : Das Substantiv διάγνωσις begegnet bei Isokrates sonst nur noch 15,51 und bedeutet dort >BewertungUrteilein Urteil fällen< nicht διάγνωσιν λαμβάνειν, sondern διάγνωσιν ποιεΐσθαι heißt (vgl. Antiph. 6, 18; Demosth. 18,7; so heißt auch αϊρεσιν λαμβάνειν nicht >eine Wahl treffendas Recht zur Wahl erhaltenerkennen< verwendet; vgl. Galen, syn. libr. suor. de puls., vol. IX, p. 456, 5-10 Kühn περί δέ της τοΰ τάχους διαγνώσεως τοΰ σφυγμοΰ ... οΰχ οίον τε βεβαίαν διάγνωσιν λαβείν u. ders., de instrum. od., vol. II, p. 866, 2-4 Kühn οΰτω δέ καν ένστάξης είς τους μυκτήρας ότιοΰν εχον ίσχυράν όδμήν, έν έκείνφ μόνφ τφ χρόνφ την διάγνωσιν αΰτοΰ λήψη, καθ' δν είσπνέομεν. So dürfte an unserer Stelle διάγνωσις die >Erkenntnis (eines Unterschieds)< bezeichnen, wie etwa Demosth. 18, 128: Demosthenes greift die Worte des Aischines, σύνεσιν και παιδείαν ... ή τά καλά και τά αισχρά διαγιγνώσκεται (§ 127), mit der polemischen Frage auf ή καλών ή μη τοιούτων τίς διάγνωσις (sc. σοι); Vgl. auch Eur. Hipp. 925ff.... χρήν βροτοΐσι... /... κεΐσθαι... διάγνωσιν φρενών, / δστις τ' άληθής έστιν δς τε μή φίλος. ([Isokr.] 1,34 τό γάρ άφανές έκ τοΰ φανερού ταχίστην εχει την διάγνωσιν heißt διάγνωσις wohl ebenfalls >Erkenntnis< und nicht, wie LSJ s.v. II angeben, >resolving, decidingerkennen< bei Isokrates vgl. 6,65 οΰτω δ' ώμαλισμένοι ταΐς συμφοραΐς είσίν ώστε μηδένα διαγνώναι δύνασθαι τους κάκιστα πράττοντας αυτών.

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Übersetzung und Erläuterungen

ηττηθείς της των θεών όψεως : ή τ τ ά σ θ α ι von der Überwältigung durch einen sinnlichen Eindruck wie § 18 u. § 60. Man hat sich wohl vorzustellen, daß Paris von der außerordentlichen Schönheit aller drei Kandidatinnen so sehr geblendet war, daß er unter ihnen keine Differenzierung vorzunehmen vermochte. Der Gedanke, er habe als Mensch den Anblick der Göttinnen nicht ertragen können (so Flaceliere z.St.), liegt nicht ganz fern, wäre aber sicher anders ausgedrückt worden. των δέ δωρεών άναγκασθείς γενέσθαι κριτής : Daß die angebotenen Geschenke für die Entscheidung des Paris ausschlaggebend waren, wird bereits in den Kyprien deutlich ausgesprochen, vgl. Proklos, Z. 8 Bernabe (= Z. lOf. Davies) και προκρίνει την Άφροδίτην έπαρθείς τοις Ελένης γάμοις Αλέξανδρος. Vgl. auch Eur. Hei. 27ff.; Iph. A. 180f. (Robert, Heldensage III 2,1072 Anm. 3). τήν οικειότητα την Ε λ έ ν η ς : Zur Variante την οικειότητα της Ελένης (ΘΛΠΝ) vgl. Komm, zu § 42 τον γάμον τον Ελένης. Zu οίκειότης vgl. Komm, zu § 18 οίκειότητος. ού ... άποβλέψας, καίτοι ..., άλλ* δμως ...: Die Argumentation nach dem Muster >Es ist nicht so, und selbst wenn es so wäre, täte das meinem Beweisziel keinen Abbruch< (vgl. Quint, inst. 3,6,10 etiam sifeci, recte feci,... sednon feci) scheint logisch inkonsequent, ist aber rhetorisch wirkungsvoll, da sie eine allseitige Unangreifbarkeit des vertretenen Standpunkts suggeriert (zur Figur vgl. Wankel zu Demosth. 18,21 [S. 217f.]). Isokrates spielt mit diesem Mittel, indem er es ausgerechnet dort einsetzt, wo seine Position für alle erkennbar besonders schwach ist: Die Behauptung, Paris habe seine Entscheidung nicht mit Blick auf die ήδοναί, sondern aus den von Isokrates unterstellten Motiven getroffen, grenzt ans Absurde (vgl. Einführung, Kap. II, S. 30), und die ohne weitere Begründung vorgebrachte These, die Lust sei auch für die εύ φρονοΰντες vielem vorzuziehen, berührt eines der am heftigsten umstrittenen Probleme der Zeit (vgl. die extremen Anschauungen der Kyrenaiker und der Kyniker sowie die Diskussionen in Piatons Philebos, Gorgias [491e500e] und Protagoras [351b-357e]). Nicht zulässig ist es, von unserer Stelle, die ganz im Dienste der Ehrenrettung des Paris steht, auf die persönliche Überzeugung des Isokrates zu schließen (dies tun Blass II 70 und Gomperz 1905, 175, der einen bewußten Seitenhieb auf die Kyniker erkennen will; richtig Burk 1923, 181 Anm. 0). Aus anderen Äußerungen des Isokrates geht hervor, daß er die ήδονή nur dann als handlungsleitendes Prinzip anerkennt, wenn sie mit τιμή einhergeht (vgl. 3,44; 5,71).

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Zur Verbindung καίτοι..., αλλ' δμως vgl. KG II 152 u. Denn. 557f. Eine Parallele zur Gedankenfolge Verneinung einer Handlung - grundsätzliche Billigung der verneinten Handlung (eingeleitet durch καίτοι) - Wiederholung der Verneinung (angeschlossen durch άλλα) findet sich 5,14 απερ έγώ γνούς διαλεχθήναι σοι προειλόμην, ού προς χάριν έκλεξάμενος, καίτοι προ πολλού ποιησαίμην αν σοι κεχαρισμένως ειπείν, άλλ' ούκ έπι τούτφ την διάνοιαν εσχον. προς ... άποβλέψας : >(als Ziel) in den Blick nehmen< wie 5,134 ού προς τάς τούτων (sc. δυναστείας και πλούτου) κτήσεις άποβλέψας ποιούμαι τους λόγους άλλ' οίόμενος έκ τούτων μεγίστην σοι και καλλίστην γενήσεσθαι δόξαν. Die Parallele stützt die Lesart άποβλέψας (ΓΘΛ) gegen άποβλέπων (ΠΝ). και τοΰτο : Der Zusatz von καί (от. Λ) ist unverzichtbar: Isokrates will sagen, daß Paris selbst dann, wenn er sich von der Lust hätte leiten lassen, zu den εύ φρονοΰντες zu zählen sei. Fehlt καί, so tritt sein Verhalten zu dem der εύ φρονοΰντες in Gegensatz (»Er ließ sich nicht von der Lust leiten - obwohl dies für die Vernünftigen vielem vorzuziehen ist«). Zur Aufnahme von τάς ήδονάς durch τοΰτο vgl. KG I 60f. u. Schneider zu [Isokr.] 1,38. τοις ευ φρονοΰσιν : Vgl. Komm, zu § 9 φρονεΐν. έπι τοΰθ' ώρμησεν : όρμάν έπί τι, >sich auf etw. stürzem, »malt den Eifer und die Hast« (Schneider zu 4,3). Vgl. 15,221 άμελήσαντες τοΰ συμφέροντος έπί τάς ήδονάς όρμώσιν u. 8,126 Περικλής ... ούκ έπι τον ίδιον χρηματισμόν ώρμησεν. έπεθύμησεν : Anakoluth nach der Parenthese (vgl. KG II 588ff. u. 100,4) - korrespondierend zu άποβλέψας müßte das Partizip έπιθυμήσας stehen. γενέσθαι και κληθήναι κηδεστής : ΘΛΠΝ; γενέσθαι κηδεστής Γ (übernommen von Drerup). Drerup (app. crit.) verweist zur Stützung der Lesart von Γ auf die Bemerkung des Aristides, Alexander sei gelobt worden, ώς τοΰ Διός έπεθύμησε κηδεστής γενέσθαι (Rh. Gr. И, p. 506,4f. Sp.), und auf Isokr. 12,72 Λακεδαίμων (sc. παρέσχε) Μενέλαον τον δια σωφροσύνην και δικαιοσύνην μόνον άξιωθέντα Διός γενέσθαι κηδεστήν. Keine der beiden Stellen ist jedoch beweiskräftig. Bei Aristides, dem es primär auf die Wiedergabe des Sacharguments ankommt, muß kein wörtliches Zitat vorliegen (vgl. auch τοΰ Διός gegenüber Διός bei Isokrates), und die scheinbare Parallele im Panathenaikos ist nicht ohne weiteres vergleichbar, da dort ein Lob des Menelaos, hier aber der Wunsch des Paris formuliert wird. Das Lob kann sich nur darauf gründen, daß Menelaos zum Schwiegersohn des Zeus auserwählt wurde (άξιωθεις γενέσθαι

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Übersetzung und Erläuterungen

κηδεστής) - daß er auch so genannt wurde, ist unerheblich. Der Wunsch des Paris kann sich hingegen gleichermaßen auf das Sein (γενέσθαι) wie auf die äußere Anerkennung des Seins (κληθήναι) erstrecken. Für die Lesart der Vulgathandschriften läßt sich geltend machen, daß der Ausfall von και κληθήναι weitaus leichter zu erklären ist als die gedanklich wenig naheliegende Ergänzung und daß gerade Γ bekanntermaßen zu Fehlern dieses Typs neigt (vgl. Seck 4f.). §43 ... weil er glaubte, daß diese Ehre viel größer und schöner sei als das Königtum über Asien und daß große Herrschaft und Macht zuweilen auch geringen Menschen zufielen, einer solchen Frau aber keiner der Späteren für würdig befunden werde, und daß er außerdem seinen Kindern wohl keinen schöneren Besitz hinterlassen könnte als ihnen dazu verhelfen zu haben, sowohl väterlicherseits als auch mütterlicherseits von Zeus abzustammen.

πολύ μείζω και καλλίω ταύτην είναι την τιμήν : Gründe für diese Einschätzung werden im folgenden genannt, μεγάλας ... αρχάς και δυναστείας : ά ρ χ ή heißt bei Isokrates nie >Reich< im Sinne des beherrschten Territoriums (am nächsten kommt dieser Bedeutung ep. 2,18, wo aber auch ein Verständnis im Sinne von >Herrschaft< möglich ist: καίτοι πώς ού χρή προθύμως όρέγεσθαι της τοιαύτης εύνοιας, δι' ην ού μόνον την ύπάρχουσαν αρχήν ασφαλώς καθέξεις άλλα και πολλήν έτέραν άκινδύνως προσκτήσει;), sondern stets und so wohl auch hier - >Herrschaft< (vgl. die Differenzierung zwischen χώρα und άρχή 4,107: εχοντες γάρ χώραν μέν ώς προς τό πλήθος τών πολιτών έλαχίστην, άρχήν δέ μεγίστην). Eine konsequente semantische Unterscheidung zwischen άρχή und δυναστεία (etwa von der Art, daß δυναστεία in der Regel einen negativen Beiklang hat, wie Laistner zu 5,69 bemerkt) ist weder im Sprachgebrauch des Isokrates (vgl. die synonyme Verwendung beider Begriffe 2,8 u. 5, 145) noch sonst zu erkennen (vgl. Wankel zu Demosth. 18,67 [S. 397]). Die Synonymverbindung dient hier der Hervorhebung des Begriffs (vgl. Roschatt 23).

και φαύλοις άνθρώποις ποτέ παραγίγνεσθαι: Zu φαύλος vgl. Komm, zu § 13 φαύλων και ταπεινών. Der Gedanke, daß ein Besitz (bzw. eine Eigenschaft oder ein Vermögen) nicht allzu hoch einzuschätzen ist, wenn er auch schlechten Menschen

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zufallen kann, findet sich bei Isokrates des öfteren. Vgl. die Anweisung an Nikokles μή φαίνου φιλοτιμοΰμενος έπί τοις τοιούτοις, α και τοις κακοΐς διαπράξασθαι δυνατόν έστιν, άλλ' έπ' άρεττ) μέγα φρονών, ής ουδέν μέρος τοις πονηροΐς μέτεστιν (2,30) sowie 2,32; 4,48; 12,71; 16,23; ер. 2,10 (etwas anders 16,33, wo φαΰλος sich nicht auf die sittliche Qualität, sondern auf den sozialen Status bezieht). Nur was exklusiv den herausragenden Menschen vorbehalten ist, kann als besondere Ehre betrachtet werden, καί (om. Θ) verleiht dem entscheidenden Punkt Nachdruck, daß diese Exklusivität im Falle politischer Herrschaft nicht gegeben ist, und sollte daher unbedingt im Text belassen werden. Die Variante παραγενήσεσθαι (ΘΛΠΝΡ 3 ) dürfte einer mechanischen Tempusangleichung an άξιωθήσεσθαι entspringen, wodurch jedoch der Sinn entstellt wird: Paris läßt sich von einer zeitlosen Erfahrung, nicht von einer Erwartung für die unbestimmte Zukunft leiten, ούδένα των έπιγιγνομένων : των έπιγιγνομένων, da vor Paris bereits Menelaos dieser Ehre teilhaftig wurde (vgl. Wagner 71 Anm. 6).

ούδέν αν κτήμα κάλλιον καταλιπειν τοις παισίν : Zum Wert nicht-materieller Hinterlassenschaft vgl. 2,32 περί πλείονος ποιου δόξαν καλήν ή πλοΰτον μέγαν τοις παισί καταλιπειν ό μεν γαρ θνητής, ή δ' αθάνατος, και δόξη μεν χρήματα κτητά, δόξα δέ χρημάτων ούκ ώνητή, καί τά μέν καί φαΰλοις παραγίγνεται, την δ* οϋχ οίόν τ' άλλ' ή τους διενεγκόντας κτήσασθαι. ΘΛΠΝ haben die Wortstellung κάλλιον κτήμα. Bergson 98 kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß bei Voranstellung des Adjektivs die Betonung in der Regel relativ sei, d.h. die genannte Eigenschaft stehe in Beziehung zu einer anderen Eigenschaft, bei Nachstellung des Adjektivs sei die Betonung hingegen absolut. Diese Beobachtung spricht an unserer Stelle, an der καλός nicht gegen andere Eigenschaften abgegrenzt wird, für die Lesart von Γ u. P3, der daher in Ermangelung anderer Entscheidungskriterien der Vorzug zu geben ist.

δπως μή μόνον προς πατρός άλλα και προς μητρός : So die Lesart von Γ u. Ρ 3 ; Θ u. Λ haben δπως καί προς πατρός καί προς μητρός, Π u. Ν δπως καί προς πατρός καί μητρός. Paris selbst ist ein Nachfahre des Zeus in der Linie Dardanos-Erichthonios-Tros-Ilos-Laomedon-Priamos (vgl. II. 20,215-240). Er >sorgt< also strenggenommen nur dafür, daß seine Kinder auch mütterlicherseits von Zeus abstammen. Der Text von Γ spiegelt diesen Sachverhalt exakter wider, macht sich aber dadurch auch verdächtig, eine spätere >Verbesserung< der vermeintlich unpräzisen Vulgatlesart zu sein, die jedoch, wenn man im δπως-Satz nicht den Vorgang, sondern das Ergebnis des παρασκευάζειν erkennt, inhaltlich völlig un-

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Übersetzung und Erläuterungen

anstößig ist. Die umgekehrte Verschreibung von der Γ- zur Vulgatversion ist weniger leicht zu erklären. Es ist daher zu erwägen, gegen Drerup dem Text der Vulgathandschriften, der in Π und N leicht entstellt ist, den Vorzug zu geben, άπό Διός : Vgl. Komm, zu § 18 γενόμενος έκ. §44 Er wußte nämlich, daß die anderen Glücksfälle einem raschen Wechsel unterliegen, die edle Abkunft aber immer bei denselben verbleibt, so daß diese Wahl im Interesse des gesamten Geschlechts sein werde, die anderen Geschenke aber nur für seine eigene Lebenszeit. ευτυχίας : Vgl. Aristot. rhet. 1361b39ff. ευτυχία δέ έστιν, ών ή τύχη αγαθών αιτία, ταύτα γίγνεσθαι καί ύπάρχειν η πάντα ή τά πλείστα η τά μέγιστα. ταχέως : Dem ständigen Verharren (άεί) steht der schnelle Wechsel (ταχέως) gegenüber. Das von ΘΠΝ gebotene ευχερώς (>mit Leichtigkeit) ist erstens bei Isokrates ungebräuchlich und nimmt zweitens der mit dem Zeitaspekt operierenden Antithese die Prägnanz, ωστε ... εσεσθαι: Der Inf. Fut. vertritt im Konsekutivsatz der indirekten Rede den Indik. Fut. der oratio recta; vgl. KG II 506 f u. bei Isokrates 12, 155. μόνον : μόνου Λ. Sowohl die adverbiale als auch die prädikative Verwendung von μόνος ist möglich; der Vorzug gebührt jedoch μόνον als der lectio difficilior, durch die zudem der unschöne Reim χρόνου μόνου του vermieden wird. Dasselbe textkritische Problem stellt sich noch einmal 8,93 άλλου μηδενός φροντίζει πλην του χρόνου μόνον (Γ : μόνου vulg.) τοΰ καθ' αυτόν; Grammatikalisch unmöglich ist das von Π und N gebotene μόνος, αυτόν : Zur zweisilbigen Form anstelle von έαυτόν (Θ2ΛΠΝ) vgl. Komm, zu § 23 αΰτοΰ. §45 Von den Vernünftigen dürfte wohl keiner diese Erwägungen tadeln, von denen aber, die nichts bedenken, was der Angelegenheit vorausging, sondern nur auf das Ergebnis schauen, haben ihn schon einige beschimpft. Deren Unverstand ist für alle leicht aus den Verleumdungen zu erkennen, die sie über ihn verbreitet haben.

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εύ φρονοΰντων : Vgl. Komm, zu § 10 των εΰ φρονούντων. τοϊς λογισμοΐς τούτοις : Sc. die dem Paris von Isokrates untergeschobenen λογισμοί, die in der Tat kaum zu beanstanden sind. Zu λογισμός von einer handlungsleitenden Erwägung vgl. 7,3; 15,290; ep. 6,11. των ... μηδέν προ του πράγματος ένθυμουμένων : Da hier nicht das Vorgehen beim eigenen Handeln, sondern beim Urteilen über das Handeln anderer beschrieben wird, bildet μηδέν προ τοΰ πράγματος ένθυμεΐσθαι nur dann einen sinnvollen Gegensatz zu τό συμβαίνον μόνον σκοπεΐσθαι, wenn προ τοΰ πράγματος attributiv auf μηδέν bezogen wird (>nichts, was der Sache vorausging, bedenkennichts vor der Sache bedenkenseinen Ehrgeiz daran setzen< verstandenes φιλονικεΐν. Eindeutig gegen die Schreibweise φιλονεικία spricht aber ein sprachwissenschaftliches Argument: Da das Adjektiv φιλόν(ε)ικος auf -ος endet, kann es nach den Regeln der Wortbildungslehre nur vom Substantiv νίκη abgeleitet sein und muß korrekt φιλόνικος heißen; ginge es auf νεΐκος zurück, so würde es auf -ης enden (so schon J.M. Stahl, Quaestiones Grammaticae ad Thucydidem pertinentes, Leipzig 21886, 39f.; vgl. auch Chantraine s.v. νίκη). Verwiesen sei ferner auf die Aristotelesstelle, die LSJ s.v. φιλόνικος 2 fin. zugunsten der Verwandtschaft mit νίκη anführen: φιλότιμοι... είσιν (sc. οί νέοι), μάλλον δέ φ ι λ ό ν ι κ ο ι (ACDQr : φιλόνεικοι ΒΕΥΖ) - ΰ π ε ρ οχήςγάρ έπιθυμεΐή νεότης, ή δέ ν ί κ η υπεροχή τις (rhet. 1389al2f.). Bemerkenswert ist, daß bei Isokrates das Verb φιλονικεΐν durchweg in positivem oder neutralem Sinne verwendet wird (vgl. 2,25; 4,85; 5,113; 6,92; 10,51), während das Substantiv φιλονικία regelmäßig einen negativen Beiklang hat (vgl. Komm, zu § 46 εριν).

περί κάλλους φιλονικοΰντας ... κάλλους κατεφρόνησεν : Die Wiederholung des Kernbegriffs κάλλους unterstützt die Suggestion, daß die Göttinnen und Paris ihr Augenmerk auf exakt dasselbe Objekt richten (zum Effekt von Wortwiederholungen vgl. Denn., Greek Prose Style 78ff.). Dies ist freilich nicht der Fall: Die Göttinnen streiten um die Anerkennung ihres eigenen κάλλος, d.h. um das Attribut der Schönheit als

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Abstraktum. Paris hingegen begehrt eine Person, die in hohem Grade über κάλλος verfügt, die aber, da sie auch andere Eigenschaften hat, nicht mit der Schönheit an sich gleichgesetzt werden kann. Nachdem Isokrates zunächst ganz andere Motive für die von Paris getroffene Wahl in den Vordergrund gerückt hat (vgl. §§ 42-44), nimmt er nun schließlich doch noch auf das nächstliegende Bezug. Ein direkter Widerspruch zum Voraufgehenden ergibt sich nicht, da Isokrates die Entscheidung für die körperlichen Reize Helenas zu einer ideellen Entscheidung für die Schönheit sublimiert und somit den Eindruck fernhält, Paris könnte προς τάς ήδονάς άποβλέψας gehandelt haben (vgl. § 42). Wagner (73 Anm. 2) sieht aus einem anderen Grunde keinen Widerspruch: Isokrates suche lediglich zu beweisen, daß Paris »selbst dann richtig gehandelt habe, wenn er seine Wahl, wie ja die Tadler behaupten, nicht aus einem so erhabenen Beweggrund getroffen hätte«. Isokrates scheint mir hier aber nicht hypothetisch zu argumentieren, sondern durchaus zugestehen zu wollen, daß Paris sich (auch) von der Schönheit Helenas leiten ließ. Vgl. auch Einführung, Kap. III, S. 43.

και μή ταύτην ένόμισεν μεγίστην είναι των δωρεών, ... σπουδ ά ζ ο υ σ α ς : Θ bietet την δωρεάν, was jedoch eine ungewöhnlich weite Sperrung zwischen dem Demons trativum und seinem Bezugs wort erzeugen würde ( τ α ύ τ η ν ένόμισεν μεγίστην είναι τ η ν δ ω ρ ε ά ν ) . Vgl. dagegen das erträglichere Hyperbaton in § 51 ταύτην εύδαιμονεστέραν την χώραν εσεσθαι. Der ohnehin nicht recht passende Verweis Flacelieres auf II. 3,64-66 (Paris zu Hektor: μή μοι δώρ' έρατά πρόφερε χρυσέης 'Αφροδίτης· / οΰ τοι άπόβλητ' έστί θεών έρικυδέα δώρα, / δσσα κεν αυτοί δώσιν, έκών δ' οΰκ αν τις ελοιτο) scheint auf einem Mißverständnis zu beruhen. Mit den δώρα, die er nicht zurückweisen konnte, meint Paris dort nicht Helena, sondern seine eigenen von Aphrodite verliehenen körperlichen Vorzüge. Vgl. den Spott Hektars 3,54f. οΰκ άν τοι χραίσμη κίθαρις τά τε δώρ' 'Αφροδίτης, / η τε κόμη τό τε είδος, δτ' έν κονίησι μιγείης. περί, ή ς κάκείνας : Seinen logisch korrekteren Platz hätte καί im übergeordneten Satz (»... wenn nicht auch er das ..., um das er jene ...«). Vgl. zu dieser nicht seltenen Inversion Denn. 295f. (iii) sowie Soph. Oid. K. 53 δσ' οΐδα κάγώ, πάντ' έπιστήση κλυών.

Der Trojanische Krieg (§§ 49-53) §49 Wer aber hätte die Ehe mit Helena verschmäht, wegen deren Entführung die Griechen sich so sehr empörten, als wäre ganz Griechenland verwüstet, die Barbaren aber so stolz waren, wie wenn sie uns alle besiegt hätten? Es ist aber offensichtlich, zu welcher inneren Einstellung jede der beiden Seiten fand: Denn obwohl es für sie früher viele Anlässe zur Beschwerde gegeben hatte, hatten sie sich angesichts der übrigen ruhig verhalten, um dieser Frau willen aber begannen sie einen Krieg, der nicht nur an Heftigkeit des Zorns, sondern auch an Länge der Zeit und Umfang der Rüstung so groß war, wie es nie einen gegeben hat. Τίς δ* αν ... ΰπερεΐδεν : Was wie ein weiteres Argument zur Ehrenrettung des Paris eingeleitet wird, verselbständigt sich zu einem neuen Komplex des Helena-Lobs. Isokrates gelingt so der direkte Übergang vom Paris-Urteil zum Trojanischen Krieg, ohne daß er auf die für Helena moralisch problematischen Ereignisse der Zwischenzeit eingehen muß. Vgl. auch Einführung, Kap. II, S. 31. τον γάμον τον Ελένης : Zur Variante τον γάμον της Ελένης (ΘΝ) vgl. Komm, zu § 41 τον γάμον τον Ελένης, ωσπερ δλης της Ελλάδος πεπορθημένης : Zu ώσπερ mit dem Partizip vgl. KG II 97,3; zu ώσπερ mit gen. abs. vgl. bei Isokrates 18,46 οΰτω καλώς και κοινώς πολιτευόμεθα ώσπερ ουδεμιάς ήμΐν συμφοράς γεγενημένης. δσον περ αν ε ΐ : Vgl. 5,90 έκείνους ... ομολογείται νικήσαι... μαχομένους άπασαν την βασιλέως δύναμιν τοσούτον, οσονπερ άν εί ταΐς γυναιξιν αυτών συνέβαλον; zur Ellipse des Verbs im άν-Satz vgl. KG I 243f. διετέθησαν : Ingressiver Aorist wie u.a. 4,28.43.162; 8,79.97; 12,19; 14, 37; 15,148.275. Gemeint ist, wie das Folgende lehrt, die kompromißlose Entschlossenheit, die der Raub der Helena auf beiden Seiten hervorrief, πολλών ... αύτοις πρότερον έγκλημάτων γενομένων : έγκλημα bezeichnet hier eher den Gegenstand der Beschwerde als die Beschwerde selbst; vgl. 14,8 ένίοτε ... έπιχειροΰσι λέγειν, ώς διά τοΰτο προς ημάς οΰτω προσηνέχθησαν, δτι συντελεΐν αΰτοΐς οΰκ ήθέλομεν. ύμεΐς δ' εν-

Der Trojanische Krieg § 49

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θυμεΐσθε ..., εί δίκαιον έστιν ΰπέρ τηλικούτων έγκλημάτων οΰτως άνομους και δεινάς ποιεΐσθαι τάς τιμωρίας; ähnlich auch Demosth. 15,17. Über die früheren Streitigkeiten zwischen Hellenen und Barbaren berichtet Herodot 1,1-2: Nach Darstellung der Perser habe den Anfang die Entführung der Io durch die Phoiniker gemacht, die von den Hellenen mit dem Raub der Europa und später der Medea vergolten worden sei. Daß die Reaktion auf die Entführung der Helena eine Besonderheit darstellte, findet seine Bestätigung in der von Herodot referierten Schuldzuweisung der Perser an die Griechen: σφέας μέν δή τους έκ της Άσίης λέγουσι Πέρσαι άρπαζομένων των γυναικών λόγον ούδένα ποιήσασθαι, "Ελληνας δέ Αακεδαιμονίης εΐνεκεν γυναικός στόλον μέγαν συναγεΐραι και επειτα έλθόντας ές την Άσίην την Πριάμου δύναμιν κατελεΐν (1,4, 3). περί... των άλλων : περι ΘΛΠΝ (Blass); ΰπέρ Γ (Drerup). In ΰπέρ liegt im Unterschied zum neutraleren περί die Nuance >fürum ... willenwohnensoziale< Leben an einem Ort bzw. in einer staatlichen Gemeinschaft. Zur Differenzierung vgl. Plat. Mx. 237b6 αΰτόχθονας και τφ δντι έν πατρίδι και οίκοΰντας και ζώντας. τον έπίλοιπον χρόνον : >für die übrige Zeitin Zukunftmit leeren Händen< heimkehren. έπι της αλλότριας : Der Präpositionalausdruck gehört άπό κοινοΰ zu μένοντες und καταγηράσκειν. Zur Ellipse des Substantivs χώρα vgl. bei Isokrates 14,25.44.54. μηδέποτε ... ΐδεΐν : wörtl. >niemals sehennie mehr sehenWeltkriegniedere< Wesen eine entsprechende innere Einstellung zugrundeliegt. Zeus verändert seine Gestalt jedoch keineswegs aus Demut, sondern mit dem Ziel, seine >Opfer< zu überlisten. Da eine Gewohnheit des Zeus beschrieben wird, empfiehlt sich das Präsens γιγνόμενος (Γ) eher als der von ΘΛΠΝ gebotene Aorist γενόμενος. Vgl. dagegen unten κύκνος δέ γενόμενος ... κατέφυγεν von der einmaligen Handlung. Zur Aufzählung der Gestalten und Verwandlungen vgl. Ov. met. 6,108ff. Άμφιτρύωνι ... εικασθείς ώς Άλκμήνην ηλθεν : Zeus besuchte Alkmene in der Gestalt ihres Gatten Amphitryon kurz vor dessen Heimkehr aus dem Kriege. Alkmene ließ sich täuschen und verbrachte mit Zeus die auf die dreifache Länge ausgedehnte Nacht. Aus dieser Verbindung ging Herakles hervor. Vgl. Hes. scut. 37-56; Apollod. 2,4,8. Zu είκάζεσθαί τινι (>aussehen wieals Gold strömendin Gestalt voneiner Frau beiwohnem). Da sich der Widerspruch nicht ohne weiteres aufheben läßt, sollte man die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß Isokrates ihn gar nicht vermeiden wollte. An unserer Stelle steht das Interesse im Vordergrund, möglichst bekannte Beispiele für das ταπεινός γίγνεσθαι des Zeus zu bieten. Ob diese Beispiele miteinander harmonieren, ist dabei nicht nur nebensächlich, sondern soll durch die Konfrontation widersprüchlicher Versionen offenbar auch als nebensächlich erkannt werden. Isokrates distanziert sich damit demonstrativ von der Verbindlichkeit des Mythos und relativiert zugleich indirekt den Wert des Materials, auf das er seine Argumentation im wesentlichen stützt. Der spielerische Charakter des Enkomions wird hier einmal mehr evident. Zu νυμφεύειν (eigtl. >heiratenmit sich bringenin sich tragennichts über etw. sa> gern) vgl. 6,3; 12,110. έβουλήθησαν : ήβουλήθησαν (Θ; Benseler/Blass). Mit ή- augmentierte Formen finden sich nach LSJ s.v. βούλομαι und Schwyzer I 654 b in Inschriften erst ab 300 v. Chr. (vgl. z.B. IG II2 657) und werden daher

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Übersetzung und Erläuterungen

von Drerup zu Recht nicht in den Text aufgenommen (vgl. auch Seck 10).

μέγιστον δέ των εΐρημένων : Zum steigernden Abschluß einer Beweisreihe auch 5,136 (ένθυμοΰ δ' δτι... ϊδοις δ' αν και...) τό δέ μέγιστον των εΐρημένων, δτι... (ähnlich κεφάλαιον των εΐρημένων 3,62; 4,149). Der Ausdruck ist insofern nicht ganz logisch, als das, was noch zu sagen ist, als Teil des bereits Gesagten angekündigt wird. Die Lesart μέγιστον δέ των εΐρημένων τεκμήριον (Γ5ΘΛΠΝ; aufgenommen von van Hook und Mathieu/Bremond) muß wohl als ein Versuch verstanden werden, diesen Anstoß zu beseitigen. Der Genitiv hinge dann nicht von μέγιστον, sondern von τεκμήριον ab, und τά εΐρημένα bezeichnete nicht die angeführten Beweise, sondern die aufgestellte Behauptung. Verdächtig macht diese Variante zum einen die Schwierigkeit, den Plural τά εΐρημένα auf die einzelne These >Die Götter schätzen die Schönheit mehr als wir< zu beziehen (an der einzigen vergleichbaren Stelle 18,66 ... ϊν' ΰμΐν τεκμήριον των εΐρημένων απάντων ... γένηται wird auf einen Komplex von Aussagen rekurriert), zum anderen die zumindest ungewöhnliche Wortstellung, statt derer man μέγιστον δέ τεκμήριον των εΐρημένων erwarten würde; vgl. 7,68 δ δέ πάντων κάλλιστον και μέγιστον τεκμήριον της έπιεικείας του δήμου u. 9,51 μέγιστον δέ τεκμήριον καΐ του τρόπου και της όσιότητος της έκεΐνου. γαρ : Zum explikativen γάρ vgl. KG II 332 u. Denn. 58f. πλείους ... ά π ά σ α ς : Isokrates vermengt hier zwei verschiedene Motive für die Vergöttlichung: Die Apotheose δια τό κάλλος ist im Unterschied zur Apotheose δια τάς αλλας άρετάς, wie sie z.B. Herakles zuteil wurde (vgl. Od. 11,601-604), keine Würdigung der Lebensleistung, sondern entspringt dem eher egoistischen Interesse der Götter, sich die Gegenwart ihrer Lieblinge für ewig zu sichern; so im Falle von Ganymed (vgl. II. 20,232-235, Horn. h. 5,202-206), Kleitos (Od. 15,250f.), Phaeton (Hes. theog. 986-991) und anderen (zu weiteren Beispielen vgl. Wagner 79 Anm. 1). Gleichwohl spricht aus dieser >Apotheosepraxis< eine gewisse Präferenz der körperlichen gegenüber den moralischen Qualitäten, was Sokrates bei Xenophon, symp. 8,29f. zu einer Gegendarstellung herausfordert: Ζευς ... δσων μέν θνητών οΰσών μορφής ήράσθη, συγγενόμενος εΐα αϋτάς θνητάς είναι· δσων δέ ψυχαΐς άγαθαΐς άγασθείη, αθανάτους τούτους έποίεν ων Ηρακλής μέν και Διόσκουροι εΐσι, λέγονται δέ και άλλοι· και έγώ δέ φημι και Γανυμήδην ού σώματος άλλα ψυχής ενεκα ύπό Διός εις "Ολυμπον άνενεχθήναι. Verfehlt ist Mikkolas Ansatz (111 Anm. 1), unsere Stelle mit der Isokr. 12, 260 vorgenommenen Differenzierung zwischen der den Göttern eigenen

Das Lob der Schönheit § 60

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Unsterblichkeit und der den Menschen durch den Ruhm beschiedenen Unsterblichkeit in Verbindung zu bringen und zu folgern, man gelange »nach der Meinung des Isokrates ... durch die Tugenden zu Ruhm und erst dadurch zur Unsterblichkeit. Durch die Schönheit dagegen gewinnt man die Unsterblichkeit unmittelbar.« τάς α λ λ α ς άρετάς : Bei der Auslassung von αλλας in Θ handelt es sich entweder um einen einfachen Schreibfehler oder um den bewußten Eingriff eines Kopisten, der κάλλος nicht als Tugend ansehen wollte. Vgl. aber zum Status der Schönheit als άρετή τοΰ σώματος 9,22f.

Die Taten der vergöttlichten Helena (§§ 61-65) §61 Helena wurde so viel mehr zuteil als diesen, wie sie auch hinsichtlich ihres Aussehens unter ihnen herausragte. Denn nicht nur Unsterblichkeit erlangte sie, sondern nachdem sie auch Macht wie eine Göttin erhalten hatte, führte sie zunächst ihre Brüder, als diese schon in der Gewalt des Todes waren, zu den Göttern empor. Da sie aber die Verwandlung unzweifelhaft machen wollte, verlieh sie ihnen die Ehren so offenkundig, daß sie, wenn sie von Menschen in Seenot gesehen werden, die retten können, die sie fromm um Hilfe anrufen. τοσούτφ ... δσφ περ κ α ι : Vgl. Komm, zu § 55 τοσούτφ ... δσφ περ και. Der von Θ gebotene adverbiale Akkusativ τοσούτον ist beim Komparativ zwar auch möglich (vgl. KG I 315 Anm. 15 u. Lys. 2,16 τοσούτον ... ευτυχέστεροι), hier aber weist das Korrelativum δσφ eindeutig τοσούτφ als die richtige Lesart aus. πλέον εσχεν : πλέον εχειν hier wörtlich >mehr haben< (nämlich neben der αθανασία auch ίσόθεος δΰναμις). ού γαρ μόνον αθανασίας ετυχεν : Die Verehrung der Helena in Therapne ist durch eine Weihinschrift für das 6. Jh. gesichert (vgl. H.W. Catling/H. Cavanagh, Two inscribed bronzes from the Menelaion, Sparta, Kadmos 15, 1976, 145-157), reicht aber wahrscheinlich wesentlich weiter zurück: Ausgrabungsfunde lassen auf den Kult einer weiblichen Gottheit bereits zu mykenischer Zeit schließen (vgl. L.L. Clader, Helen. The Evolution from Divine to Heroic in Greek Epic Tradition, Leiden 1976, 69). Neben Therapne existierten Kultstätten in Sparta und in Rhodos; in Kenchreai bei Korinth und in Chios waren Quellen nach Helena benannt (vgl. Bethe 2824). Die göttliche Verehrung, die Helena genoß, und das in der Dichtung entworfene Bild von ihrem Lebenswandel und Charakter stehen in einem schwer lösbaren Widerspruch (vgl. Bethe 2833). Damit dürfte zusammenhängen, daß ihre Apotheose entweder überhaupt nicht oder allein mit der Vaterschaft des Zeus begründet wird, wie etwa, mit etymologisierendem Wortspiel, Eur. Or. 1635 Ζηνός γαρ οΰσαν ζην νιν αφθιτον χρεών. Wenn also Isokrates durch seinen Vergleich mit den δια τό κάλλος αθάνατοι γεγενημένοι suggeriert, daß auch Helena wegen ih-

Die Taten der vergöttlichten Helena § 61

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rer Schönheit zur Göttin wurde, so ist dies zwar naheliegend, aber nicht durch den Mythos beglaubigt. Π und N haben ού γαρ αθανασίας μόνον ετυχεν, doch zum einen ist die Sperrung von ού μόνον in der Verbindung οΰ μόνον ... άλλα καί unüblich, zum anderen sollte μόνον unmittelbar vor dem Begriff stehen, den es hervorhebt (hier άθανασία korrespondierend zu δΰναμις ίσόθεος). τους αδελφούς ... εις θεούς άνήγαγεν : Nach der in den wesentlichen Punkten einhelligen Überlieferung der Sage wird Kastor, der als Sohn des Tyndareos sterblich ist, im Streit mit den Apharetiden von Idas getötet. Nachdem Polydeukes seinen Bruder gerächt hat, stellt ihn sein Vater Zeus vor die Wahl, entweder allein bei den Göttern zu wohnen oder seine Unsterblichkeit mit Kastor zu teilen und im Wechsel mit diesem jeweils einen Tag tot und einen Tag lebendig zu sein. Polydeukes entscheidet sich für letzteres. Vgl. Pind. N. 10,73-90; Proklos, kypr. Z. 21-24 Bernabe = Z. 28-31 Davies; Od. 11,299-304; Apollod. 3,11,2 sowie Bethe, Dioskuren, 1115. Der Darstellung des Isokrates, Helena habe die Apotheose der Dioskuren veranlaßt, widersprechen neben den genannten Quellen auch Eur. Hei. 140; 1495-1511; 1658f.; 1666-1669; Tro. lOOOf.; El. 1233ff. sowie Or. 1684-1690, wonach die Dioskuren schon zu Helenas Lebzeiten Götter waren (vgl. Wagner 79 Anm. 6). Wagner (ebd.) weist auf eine Bemerkung im erhaltenen Schlußabschnitt der Hypothesis zum Rhadamanthys des Kritias (TGrF 43 F 15 Snell = frg. 88 В 12a DK, Bd. II, p. 427) hin, die »zwar eine Aufforderung an die noch auf Erden lebende Helena zu sein« scheine, »ihren gestorbenen Brüdern einen Kult einzurichten«, Isokrates aber »auf den Gedanken gebracht haben« könnte, »Helena als Ursache der Apotheose ihrer Brüder anzugeben«: "Αρτεμις έπιφανεΐσα πρ(οσ)- / έταξε την μεν Έλένην ά(μφοτέροις) / τοις άδελφοΐς τοις τεθν(ηκόσι τάς) / τιμάς καταστήσασθαι. Die isokrateische Version ist davon jedoch zu weit entfernt, als daß an einen Zusammenhang zu denken wäre, ήδη κατεχομένους ύπό της πεπρωμένης : Flaceliere (z.St.) erkennt in der Formulierung eine Inspiration durch den Homervers II. 3,243 ... τους (sc. die Dioskuren) δ' ήδη κάτεχεν φυσίζοος αια (ähnlich Od. 11,301); Eucken 88 Anm. 130 deutet sie sogar als einen bewußten Hinweis auf Homer. Dies läßt sich zwar nicht ausschließen, es ist jedoch zu beachten, daß κατέχειν bei Homer die im Zusammenhang mit Subjekten wie αία und γαία häufige Bedeutung >umschließen< (sc. von Toten im Grab) hat (vgl. LSJ s.v. II 5), während Isokrates das Verb im Sinne von >in der Gewalt haben< (vgl. LSJ s.v. II 6 u. in ganz ähnlichem Zusammenhang IG

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Übersetzung und Erläuterungen

I2 987 δν θάνατος δακρυόεις καθέχει [sic!]) verwendet. Die Verwandtschaft beider Stellen ist mithin nur eine sehr äußerliche, πεπρωμένη ist ebenso wie ειμαρμένη (§ 52, vgl. Komm. z.St.) in der Prosa eher ungebräuchlich. Es erscheint bei den Rednern sonst nur noch Demosth. 60,23 und [Isokr.] 1,43; vgl. Wankel zu Demosth. 18,192 (S. 910). εις θεούς άνήγαγεν : Zu dieser Umschreibung der Apotheose vgl. Komm, zu § 17 εις θεούς άναγαγεΐν. τήν μεταβολήν : i.e. die Verwandlung von Sterblichen zu Unsterblichen. Ähnlich ist die Wortwahl 6,17 έπειδή γαρ 'Ηρακλής μετήλλαξε τον βίον, θεός έκ θνητού γενόμενος u. 9,15 έπειδή τε μετήλλαξε τον βίον (sc. Αιακός), λέγεται παρά Πλούτωνι και Κόρη μεγίστας τιμάς εχων παρεδρεύειν έκείνοις, wo μεταλλάττειν τον βίον wohl jeweils nicht bloß e x change by leaving< (so LS J s.v. μεταλάσσω II 2), also >sterben(die Götter) anrufen< ist έπικαλεΐσθαι (vgl. LSJ s.v. έπικαλέω 11 a), während κ α τ α κ α λ ε ΐ σ θ α ι in diesem Sinne erst spät belegt ist (Plut. Them. 13; Pollux 1,26; die Stellen bereits bei Fuhr 1877, 48). Bei Isokrates findet sich für keines der beiden Verben eine Parallele (er verwendet lediglich das Aktiv έπικαλεΐν in der Bedeutung >tadelnHerabrufen< der in den Sternen verkörperten Gottheiten zu den Seeleuten auf dem Meer bildhafter bezeichnet und zum anderen leicht durch das gebräuchlichere Synonym έπικαλεΐσθαι verdrängt werden konnte. §62 Danach aber erwies sie dem Menelaos so großen Dank für die Mühen und die Gefahren, die er ihretwegen auf sich genommen hatte, daß sie ihn, während das ganze Geschlecht der Pelopiden untergegangen und in unheilbares Unglück geraten war, nicht nur von diesen Übeln befreite, sondern ihn auch von einem Sterblichen in einen Gott verwandelte und ihn für alle Zeiten zum Mitbewohner ihres Tempels und zu ihrem Helfer machte. τοσαύτην Μενελάφ χάριν : Μενελάφ τοσαΰτην χάριν ΘΛΠΝ. Das von Γ gebotene Hyperbaton ist die ungewöhnlichere Variante und als solche vorzuziehen, άπέδωκεν : Dem von Π und N gebotenen άποδέδωκεν steht bei isolierter Betrachtung nichts entgegen (der durch den erwiesenen Dank hergestellte Zustand hält bis in die Gegenwart an), doch hat die Lesart angesichts der korrespondierenden Aoristformen άνήγαγεν und εδωκεν, an deren Stelle mit gleicher Berechtigung das Perfekt hätte gesetzt werden können, wenig Wahrscheinlichkeit für sich, υπέρ των πόνων και των κινδύνων : Dazu zählen nicht nur die Mühen und Gefahren des Trojanischen Krieges, sondern auch die Abenteuer, die Menelaos auf der siebenjährigen Rückfahrt zu bestehen hat, so u.a. der Od. 3,276-302 geschilderte Seesturm, der Menelaos bis nach Ägypten verschlägt, und der Aufenthalt auf Pharos (Od. 4,351-586).

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Übersetzung und Erläuterungen

Zur Verbindung πόνοι και κίνδυνοι vgl. 3,64; 4,83; 6,57; 12,14.180. τοΰ γένους απαντος ... περιπεσόντος : Auf den Pelopiden, deren Ahnherr Tantalos bereits ein sprichwörtlich schweres Los zu tragen hatte, lastete der Fluch des Myrtilos, der durch den Verrat an seinem Herrn Oinomaos dem Pelops zum Sieg im Wagenrennen verhalf und später von diesem getötet wurde. Die Linie der συμφοραί zog sich durch die folgenden Generationen, vom Bruderzwist zwischen Atreus und Thyest über die Ermordung des Agamemnon bis hin zum Sühnemord des Orest an seiner eigenen Mutter; vgl. Eur. Or. 1-32; 982-1012; 1545-1548 (Wagner 80 Anm. 2). Indem Isokrates der Helena die Rolle der Erlöserin zuweist, entwirft er ein stark verzerrtes Bild der wahren Verhältnisse, insofern Helena weit weniger zur >Rettung< des Menelaos beigetragen (vgl. unten, Komm, zu αυτόν των συμφορών άπήλλαξεν) als den Untergang des anderen Zweiges des Atridenhauses ursächlich verschuldet hat. Vgl. die Anklage der Elektra Eur. Or. 130f. θεοί σε μισήσειαν, ώς μ' άπώλεσας / και τόνδε (sc. Orest) πάσαν θ' Ελλάδα. Die Verbindung von διαφθαρήναι und άνηκέστοις κακοΐς περιπεσεΐν erklärt sich entweder als Hendiadyoin oder als Hysteronproteron. Die Lesart von 02 ώστε απάντων τών Πελοπιδών διαφθαρέντων και κακοΐς άνηκέστοις περιπεσόντων ist offensichtlich ein Heilungsversuch an dem durch die Auslassung von τοΰ γένους entstellten Text von 0pr. κακοΐς άνηκέστοις περιπεσόντος : ανήκεστος hier in seiner wörtlichen Bedeutung >unheilbardie bekannten Spartaner< auszuweisen, und zum anderen die durch die attributive Stellung des Genitivs gegebene Betonung von Σπαρτιατών sinnvoller ist als die Betonung von πόλιν, gebührt der Lesart von Γ eindeutig der Vorzug. Die amtliche Bezeichnung für die freien Bürger Spartas, d.h. Spartiaten und Perioiken, war Λακεδαιμόνιοι (vgl. Bölte, Sparta, RE III A [1929] 1280). Von den attischen Rednern verwendet nur Isokrates auch das Ethnikon Σπαρτιαται (vgl. or. 12 passim u. Bölte ebd. 1291). την μάλιστα τά παλαιά διασφζουσαν : Unter anderem durch die konsequente Abschottung gegen äußere Einflüsse gelang es Sparta, die dem Lykurg zugeschriebenen Gesetze und Einrichtungen der Frühzeit über Jahrhunderte unverändert zu bewahren. Vgl. zum Konservativismus der Spartaner die Worte des Archidamos Isokr. 6,60f. ... δταν όρώμεν ήμάς ... τοις τε νόμοις και τοις έπιτηδεύμασιν έμμένοντας οίς έξ άρχής κατεστησάμεθα und Lys. 33,7 (sc. Λακεδαιμόνιοι) μόνοι ... οίκοΰντες

Die Taten der vergöttlichten Helena § 63

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απόρθητοι και ατείχιστοι και άστασίαστοι και αήττητοι και τρόποις άει τοις αύτοΐς χρώμενοι. Erst im 4. Jh. machten sich Auflösungserscheinungen der festgefügten inneren Ordnung, die unter den griechischen Staaten ohne Parallele ist (vgl. Isokr. 12,258f.), bemerkbar; vgl. Xen. Lak. pol. 14,1 εί δε τις με εροιτο εί και νυν ετι μοι δοκοΰσιν οί Λυκούργου νόμοι ακίνητοι διαμένειν, τοΰτο μά Δία οΰκ αν ετι θρασέως ε'ίποιμι. εργφ παρασχέσθαι μαρτυροΰσαν : εργφ ist instrumentaler Dativ zu μαρτυρούσαν, vgl. 17,42 αυτόν τοίνυν Πασίων' εργφ παρέξομαι τούτοις συμμαρτυροΰντα. Die natürlichere Wortstellung παρασχέσθαι εργφ μαρτυροΰσαν verbot sich aufgrund des Hiats. Verfehlt ist daher van Hooks Übersetzung »And I can produce the city of the Spartans ... as witness for the fact« (meine Hervorhebung), in der τούτοις unberücksichtigt bleibt. Zum juristischen Ausdruck μαρτυροΰντα bzw. μάρτυρα τινα παρέχεσθαι vgl. neben 17,42 noch 15,93; 17,32.38.40; 18,8.57 sowie 6,32 (μαρτύρια π.). έν Θεράπναις : Das wahrscheinlich unbesiedelte Therapnai (oder Therapne; so die Schreibweise bei Hdt. 6,61,3 u. Paus. 3,19,9) befand sich etwa 2,5 km südöstlich von Sparta auf einer Anhöhe am linken Ufer des Eurotas (vgl. Bölte, Therapne, RE V A 2 [1934] 2353 u. 2355, E. Meyer, Therapne, KIPauly V [1975] 738). Von dem Heiligtum sind die äußeren Mauern einer Plattform und Reste einer Rampe erhalten, Dachziegelfunde verraten die Existenz einer Cella. All dies deutet darauf hin, daß es sich bei dem Gebäude um einen Tempel und nicht bloß um ein Grabmal handelte (vgl. Bölte 2355 sowie Paus. 3,19,9, der ausdrücklich von einem ναός spricht). Die früheste literarische Erwähnung des Heiligtums findet sich bei Herodot 6,61,3-5. Erzählt wird die Geschichte der Mutter des Demaratos, die als Kind so häßlich war, daß sich die Eltern ihrer schämten. Die Amme trug sie Tag für Tag ές τό της Ελένης ίρόν und betete vor dem αγαλμα der Göttin, sie möge das Kind von seiner Häßlichkeit befreien. Eines Tages erschien ihr vor dem Tempel eine Frau, die das Mädchen sehen wollte und seinen Kopf berührte. Von da an veränderte es sein Aussehen und wuchs zur schönsten Frau Spartas heran. Während zu jener Zeit, um die Mitte des 6. Jhs., Helena zumindest als Mitbesitzerin, wenn nicht sogar als eigentliche Herrin, des Tempels gilt, setzt sich gegen Ende des 3. Jhs. die Bezeichnung Μενελάιον für das Heiligtum durch (vgl. Pol. 5,22,3 u. Bölte 2357). Bölte 2359 vermutet, daß man sich angesichts der bedrohlichen politischen Lage scheute, die spartanischen Mädchen zum Helena-Fest nach Therapne fahren zu lassen (diese Sitte ist bezeugt durch Hesych. s.v. κάνναθρα: άστράβη η αμαξα πλέγματα έχουσα, ΰφ'

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Übersetzung und Erläuterungen

ών πομπεύουσιν αί παρθένοι, δταν εις τό της Ελένης άπίωσιν), und stattdessen den Kult nach Sparta selbst verlegte, so daß in Therapne nur noch Menelaos verehrt wurde, της Λακωνικής : ή Λακωνική bezeichnet das Staatsgebiet Spartas im Unterschied zur Stadt selbst (vgl. Bölte, Sparta, RE III A [1929] 1278f.). θυσίας ... αγίας και πατρίους : άγιους και πατρίους ΛΠΝ : άγίας και πατρίας ΓΘ (übernommen von Drerup). Das Adjektiv πάτριος ist nach LSJ s.v. in der att. Prosa (mit Ausnahme von Andokides 3,27) sowie in den inschriftlichen Zeugnissen (vgl. u.a. IG II2 780 πάτριος θυσία) zweiendig. So ist auch bei Isokrates 7,29 einhellig τάς πατρίους θυσίας und 9, 32 einhellig τάς τιμάς τάς πατρίους überliefert, während 7,59 die Handschriften zwischen (διοίκησιν) πατρίαν (Γ; übernommen von Blass) und πάτριον (vulg.; verteidigt von Benseier, ad areop. 323) schwanken. In unserem Fall ließe sich die Verschreibung von πατρίους zu πατρίας durch das voraufgehende άγίας besonders leicht erklären. Das sicher falsche άγιους in ΛΠΝ könnte durch die umgekehrte Angleichung der Adjektivendungen entstanden sein. Es empfiehlt sich daher, durch Kombination der Varianten άγίας και πατρίους herzustellen, άποτελοΰσιν : έπιτελοΰσιν Γ5ΘΛΠΝ. Eine sichere Entscheidung ist kaum möglich. Sowohl άποτελεΐν (vgl. Hdt. 4,180,2 αί παρθένοι... μάχονται προς άλλήλας ... τη αΰθιγενέϊ θεφ λέγουσαι τά πάτρια άποτελέειν) als auch έπιτελεΐν (vgl. Hdt. 2,63,1 ές δέ Ηλίου τε πόλιν και Βουτοΰν θυσίας μούνας έπιτελέουσι φοιτώντες) begegnen im Zusammenhang mit der Ausführung kultischer Handlungen. Bei Isokrates findet sich weder für den einen noch für den anderen Ausdruck eine Parallele (er schreibt an anderen Stellen θυσίας ποιεΐσθαι; vgl. 4,43; 6,96). οΰχ ώς ηρωσιν άλλ' ώς θεοΐς : Der Heroenkult war seinem Wesen nach ein Totenkult, dessen Ausübung sich von der Verehrung der olympischen Götter in folgenden Punkten unterschied: Die Opfer für die Heroen, die nicht θυσίαι, sondern έναγίσματα hießen, wurden am Abend dargebracht, während man den himmlischen Göttern am Morgen opferte. Die Köpfe geschlachteter Tiere wurden nicht in die Höhe gehoben, sondern zur Erde gesenkt, ihr Fleisch wurde nicht im Rahmen eines Festes verzehrt, sondern vollständig verbrannt. Vgl. H. v. Geisau, Heroenkult, KIPauly II (1967) 1104f. Als Parallele für das Argumentationsschema führt Wagner 81 Isokr. 4,31 an, wo in ähnlicher Weise gegenwärtige Bräuche als Beweismittel für die Faktizität des Mythos, in jenem Falle die Demetersage, herangezogen werden. Vgl. bes. den Schluß des Abschnitts καίτοι περί τίνων χρή μάλλον πιστεύειν η περί ών ... τά τε πάλαι ρηθέντα τοις παροΰσιν εργοις

Die Taten der vergöttlichten Helena § 64

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συμμαρτυρεΐ και τά νυν γιγνόμενα τοις ΰπ' έκείνων είρημένοις ομολογεί; Zum Schlußverfahren vgl. ferner Thuk. 1,6,2 (Hinweis von Th. Gärtner). §64 Sie demonstrierte aber auch dem Dichter Stesichoros ihre Macht. Nachdem er nämlich am Anfang seines Liedes etwas Beleidigendes über sie gesagt hatte, war er des Augenlichts beraubt, als er aufstand; als er aber die Ursache seines Unglücks erkannt und die sogenannte Palinodie geschrieben hatte, stellte sie seinen ursprünglichen Zustand wieder her. ένεδείξατο : έπεδείξατο Γ5ΘΛΠΝ. Unterschiede in der Semantik oder Verwendungsweise sind zwischen έ ν δ ε ί κ ν υ σ θ α ι und έ π ι δ ε ί κ ν υ σ θ α ι nicht auszumachen. Zugunsten von ένεδείξατο läßt sich die enge Parallele in § 59 Ζευς ... την αΰτοΰ δύναμιν ένδείκνυται anführen. (Daß dort, anders als an unserer Stelle, das Gebiet, auf dem die Macht demonstriert wird, ausdrücklich durch έν с. dat. benannt ist, hat auf die Wahl des Verbs keinen Einfluß. So findet sich ένδείκνυσθαι ohne Gebietsangabe 13,2; 14,42; ep. 7,9, έπιδείκνυσθαι mit Gebietsangabe 2,19; 8,95; 10,31 u.ö.)

Στησιχόρφ τφ ποιητή : Stesichoros aus Himera, Lyriker des 6. Jhs. v. Chr. (zum Versuch einer genaueren Datierung vgl. Maas, Stesichoros, RE III А 2 [1929] 2458ff.). Zur Legende seiner Blendung vgl. auch Plat. Phaidr. 243a3-b3 εστίν ... τοις άμαρτάνουσι περί μυθολογίαν καθαρμός αρχαίος, δν "Ομηρος μεν ούκ ησθετο, Στησίχορος δε. των γαρ ομμάτων στερηθείς δια την Ελένης κακηγορίαν ούκ ήγνόησεν ώσπερ "Ομηρος, άλλ' ατε μουσικός ών εγνω τήν αίτίαν ... και ποιήσας ... πάσαν τήν καλουμένην Π α λ ι ν φ δ ί α ν παραχρήμα άνέβλεψεν. Ausdrücklich auf Helena zurückgeführt wird die Blendung des Stesichoros von Dion Chrys. 11, 40 Στησίχορον, ώς οίμαι, τυφλωθήναί φατε ΰπό της Ε λ έ ν η ς ώς ψευσάμενον, αΰθις δε άναβλέψαι τάναντία ποιήσαντα. Dagegen schreibt das Scholion zu Ног. epod. 17,42 die Rache den Dioskuren zu. Das Motiv der göttlichen Bestrafung durch Blendung findet sich bereits II. 2,594600 (Thamyris) und II. 6,138f. (Lykurgos). αρχόμενος της φδής έβλασφήμησέν τι περί, αυτής : Mit ή φδή dürfte wohl die Helena des Stesichoros gemeint sein, die uns nur in wenigen Bruchstücken erhalten ist (frgg. 187-188 Davies). Strittig ist, ob die Formulierung bei Isokrates dahingehend verstanden werden muß, daß die Palinodie kein selbständiges Gedicht war, sondern - als Gegenstück zum

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Übersetzung und Erläuterungen

erwähnten αρχεσθαι - den Schlußteil der Helena bildete (so J. Vürtheim, Stesichoros' Fragmente und Biographie, Leiden 1919, 59; Woodbury 171; anders Davison 220f. und, in Abkehr von seiner früheren Ansicht, C.M. Bowra, The two palinodes of Stesichoros, CR 13, 1963, 245-52, hier 246). Die Fortsetzung der Schilderung (έπειδή ... γνούς ... έποίησεν) deutet aber eher darauf hin, daß zwischen der Blendung und der Verfertigung des >Gegenmittels< eine gewisse Zeit verstrich (vgl. auch die, freilich späteren, Zeugnisse Dion Chrys. 11,37 und Paus. 3,19,11). D'Alfonso faßt αρχεσθαι hier nicht im Sinne von >beginneneinen Chor anführen< (= έξάρχεσθαι) auf (D'Alfonso 93/94, 424f.). Es fragt sich jedoch, ob Stesichoros in der Eigenschaft als Chorführer während der Aufführung nicht stehen müßte (vgl. unten, Komm, zu ανέστη των όφθαλμών έστερημένος). Zu βλασφημεΐν vgl. Komm, zu § 45 έβλασφήμησαν. ανέστη των ό φ θ α λ μ ώ ν έστερημένος : An welche Situation konkret zu denken ist und wie man sich den Ablauf insgesamt vorzustellen hat, konnte bislang mangels ergänzender Informationen nicht befriedigend erklärt werden. So ist zunächst einmal unbekannt, ob es sich bei der Blendung des Stesichoros um ein biographisches Faktum (so G. Devereux, Stesichoros' Palinodes: Two further testimonia and some comments, RhM 116, 1973, 208f.) oder um Legendenbildung bzw. die literarische Fiktion einer physischen (so Sider 429f.) oder metaphorischen Blendung (etwa im Sinne eines Inspirationsverlusts, so Woodbury 173f.) handelt. Sowohl der Wortlaut unseres Textes (των όφθαλμών έστερημένος) als auch seine Funktion innerhalb des Enkomions (Demonstration von Helenas Macht) lassen von einer metaphorischen Deutung eher Abstand nehmen. Andererseits ist es kaum glaublich, daß sich die wundersame Begebenheit so in der Realität zugetragen hat. Am plausibelsten ist die Annahme, daß Stesichoros selbst, wahrscheinlich zu Beginn der Palinodie, die fiktive Geschichte seiner physischen Blendung erzählt hat, um dem Lied eine dramatische Motivation zu geben (vgl. Davison 208, Sider 429). Das zweite Problem betrifft die genaue Bestimmung der mit ανέστη bezeichneten Handlung. Entweder ist an den Abschluß der Komposition, also an das Aufstehen nach dem Schreiben (so Davison 208), oder an den Abschluß der Aufführung, also an das Aufstehen nach dem Singen zu denken (so D'Alfonso 93/94, 425; Woodbury 170 verweist dazu auf den sitzend in seinem Zelt singenden Achill II. 9,193f.). Letztere Auffassung setzt aber wohl voraus, daß man sich das Gedicht monodisch, von

Die Taten der vergöttlichten Helena § 6 4

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einem Sänger zur Leier vorgetragen, und nicht durch einen Chor dargeboten vorstellt (zur Diskussion um die Aufführungspraxis stesichoreischer Lyrik vgl. F. D'Alfonso, Stesicoro e la performance, Rom 1994 und M. Davies, Monody, Choral Lyric and the Tyranny of the Hand-Book, CQ 38, 1988, 52-64). Woodburys Vorschlag, das vermeintlich in den Vulgathandschriften überlieferte άπέστη in den Text aufzunehmen (Woodbury 170), beruht offenbar auf einem Mißverständnis des Apparats von Mathieu/Bremond (das abgekürzte άπεστ- ist nicht Variante zu ανέστη, sondern zu έστερημένος). Sider, der allerdings davon ausgeht, daß es sich bei Schmähung und Widerruf um ein Lied handelt, rekonstruiert den Ablauf folgendermaßen: Stesichoros saß zu Beginn des Liedes, tadelte Helena, erhob sich dann, um seine plötzliche Blendung zu verkünden und durch entsprechende Tanzbewegungen zu illustrieren, und ließ, durch diese Bestrafung belehrt, unverzüglich die Palinodie folgen (Sider 429f.). Γ5ΘΛΠΝ bieten άπεστερημένος, doch scheint in diesem Zusammenhang das Simplex idiomatisch zu sein; vgl. neben Plat. Phaidr. 243a5 των ... ομμάτων στερηθείς Hdt. 6,117,2 Έπίζηλον ... των ομμάτων στερηθήναι u. 9,93,3 κατέκριναν (sc. Εύήνιον)... της δψιος στερηθήναι. γνούς την αίτίαν της συμφοράς : Stesichoros scheint nach dieser Version, wie auch bei Piaton (Phaidr. 243a6f.), seinen Fehler selbst zu erkennen, während er nach Paus. 3,19,13 durch den von Helena entsandten Leonymos über die Ursache seiner Blendung unterrichtet wird: Έλένην ... Άχιλλεΐ μεν συνοικεΐν, προστάξαι δέ οί (sc. Λεωνύμω) πλεΰσαντι ές Ίμέραν προς Στησίχορον άγγέλλειν ώς ή διαφορά των οφθαλμών έξ Ελένης γένοιτο αΰτφ μηνίματος. Στησίχορος μεν έπί τούτωι την παλινωιδίαν έποίησεν. Vgl. Wagner 81 Anm. 3. την καλουμένην Παλινψδίαν : Der Zusatz ή καλουμένη deutet darauf hin, daß es sich bei >παλινφδία< nicht um eine Gattungsbezeichnung, sondern um den Titel des Gedichts handelte (vgl. Woodbury 157, anders Sider 426 Anm. 14). Dies wird auch dadurch gestützt, daß nach LSJ s.v. die frühen Belege für den Begriff sämtlich in Zusammenhang mit Stesichoros stehen (vgl. neben Plat. Phaidr. 243b2 noch [Plat.] epist. 3, 319e 4). Παλινωδίαν sollte daher auch im Druckbild durch Großschreibung als Werktitel kenntlich gemacht werden (so im Zitat des Testimoniums in den Fragmentsammlungen von Page und Davies [jeweils Stesich. frg. 192], aber in keiner der Isokratesausgaben). In der Palinodie bestreitet Stesichoros, daß Helena je nach Troja gesegelt sei; vgl. Plat. Phaidr. 243a8-bl (= frg. 192 Davies) ουκ εστ' ετυμος λόγος ούτος, / ούδ' εβας έν νηυσιν εΰσέλμοις / ούδ' ΐκεο πέργαμα Τροίας u.

286

Übersetzung und Erläuterungen

Dion Chrys. 11,40. Vielmehr sei sie bei Proteus in Ägypten geblieben, während Paris nur ihr ε'ίδωλον nach Troja entführt habe; vgl. frg. 193, 12ff. Davies αΰ- / τό[ς δ]έ φησ[ιν ό] Στησίχορο[ς / τό μέν ε[ϊδωλο]ν έλθεΐ[ν ές / Τροίαν την δ' Έλένην π[αρά / τώι Πρωτεΐ καταμεΐν[αι. Diese Version der Sage wird auch von Herodot 2,113-120 erzählt, der vermutet, sie sei bereits Homer bekannt gewesen, von ihm aber bewußt übergangen worden, da sie für sein Epos unbrauchbar war (2,116). Eine weitere literarische Umsetzung erfährt der Stoff in der Helena des Euripides. Die Zuverlässigkeit des Peripatetikers Chamailion (um 300 v. Chr.), der dem Stesichoros zwei Palinodien zuschreibt (frg. 193,1-12 Davies), ist umstritten; vgl. Woodbury 161f., weniger skeptisch äußert sich Davison 222-224. έποίησεν : >in Versen dichtem; vgl. LSJ s.v. 14 с u. Plat. Phaid. 61b4, rep. 379a4, Lykurg 100 sowie unten, § 65 ποιεΐν περί των στρατευσαμένων έπί Τροίαν. είς την αύτήν φύσιν κατέστησεν : Zu ergänzen ist etwa έξ ής έξέπεσε; vgl. 6,105 ην ... κατορθώσωμεν και την πόλιν εις ταύτα καταστήσαι δυνηθώμεν, έξ ώνπερ έκπέπτωκε u. 12,58 (εΰροι τις αν) Σπαρτιάτας ... μετά την ήτταν μηδ' έν πολλαπλασίφ χρόνφ δυνηθέντας καταστήσαι σφάς αυτούς είς την αύτήν έ'ξιν, έξ ήσπερ έξέπεσον. (Unzutreffend Sider 430, der unter Verweis auf LSJ s.v. αύτός I 1 übersetzt »Helen restores him to his true state« [meine Hervorhebung]. In dieser Bedeutung steht αύτός prädikativ, nicht, wie hier, attributiv; vgl. LSJ s.v. αύτός 11 fin.) Zu φύσις vgl. Komm, zu § 17 τήν φύσιν. §65 Es behaupten aber sogar einige von den Homeriden, daß sie Homer des Nachts erschien und ihm auftrug, über die zu dichten, die gegen Troja gezogen sind, weil sie den Tod jener beneidenswerter als das Leben der anderen machen wollte. Und zum Teil wegen der Kunstfertigkeit Homers, vor allem aber ihretwegen sei seine Dichtung so anmutig und bei allen berühmt geworden. τίνες και των Όμηριδών : καί kann sich in dieser Position nur steigernd bzw. emphatisch auf των Όμηριδών allein beziehen {»sogar von den Homeriden sagen einige ...«) und nicht, wie es sich in den Übersetzungen durchweg findet, anreihend auf den ganzen Satzinhalt (van Hook: »And some of the Homeridae also relate that ...«; Mathieu/Bremond: »Certains poetes du Cycle hom6rique racontent aussi que ...«; To-

Die Taten der vergöttlichten Helena § 65

287

massetti: »dicono anche alcuni degli Omeridi che ...«; Ley-Hutton: »Manche Homeriden behaupten auch ...«). Vgl. zu diesem Gebrauch von καί Denn. 316ff. Hinter der nachdrücklichen Hervorhebung steht hier entweder der Gedanke > sogar von den Homeriden, die doch wohl in Homerfragen die größte Autorität haben dürften< oder >sogar von den Homeriden, die doch eigentlich die Schönheit der Dichtung auf Homer allein zurückführen müßtenStoff< in Ergänzung zu der durch die τέχνη Homers gegebenen Form) oder an eine inspirierende Begleitung der Komposition (der göttliche Genius Helenas in Ergänzung zur handwerklichen τέχνη Homers) zu denken ist, bleibt offen. In jedem Fall erscheint es sehr fragwürdig, daß ausgerechnet die Homeriden den Erfolg der Ilias mehr der Helena als ihrem (vorgeblichen) Ahnherrn zugeschrieben haben sollten, έπαφρόδιτον : In bezug auf literarische Werke auch Dion. Hal. Lys. 11. γ ε ν έ σ θ α ι : Zum Übergang der Konstruktion mit ως zu der mit Infinitiv vgl. KG II 357 Anm. 3.

Epilog ( § § 6 6 - 6 9 )

§66 Da sie also sowohl strafen als auch Dank erweisen kann, müssen die, die durch ihren Besitz herausragen, sie durch Weihgeschenke und Opfer und auch Prozessionen gnädig stimmen und ehren; die Philosophen aber müssen versuchen, etwas über sie zu sagen, was ihrer Qualitäten würdig ist. Für die Gebildeten gehört es sich nämlich, Erstlingsgaben dieser Art darzubringen. δίκην λαβείν και χάριν άποδοΰναι: Ersteres wurde in § 64, letzteres in § 62 durch Beispiele belegt. ΘΛΠΝ bieten λαμβάνειν anstelle von λαβείν, doch dürfte die Lesart von Γ durch den korrespondierenden Aorist άποδοΰναι gesichert sein, ταΐς αλλαις προσόδοις : πρόσοδος bedeutet im religiösen Kontext gewöhnlich >ProzessionZugangAnnäherung< als Oberbegriff zu αναθήματα und θυσίαι zu verstehen (ähnlich Flaceliere: »par les autres ceremonies du culte«). Dem steht jedoch entgegen, daß es hier gerade nicht um beliebige andere Zugangsmöglichkeiten zu den Göttern geht (zu denen sich auch materiell unaufwendige >Annäherungen< wie etwa Gebete zählen ließen), sondern speziell um die Wege, die den Reichen - im Unterschied zu den φιλόσοφοι - vorbehalten bzw. angemessen sind. Das Beispiel der Prozession paßt in diesem Zusammenhang ausgezeichnet. Die durch άλλος gegebene Hervorhebung

Epilog §67

291

- oder besser: leichte Abgrenzung - der πρόσοδοι gegenüber den αναθήματα und θυσίαι mag damit zu erklären sein, daß die Darbringung von Opfern und die Aufstellung von Weihgeschenken mehr in den privaten Bereich, die Ausrichtung von Prozessionen mehr in den Bereich des öffentlichen Lebens fällt, φιλοσόφους : Isokrates definiert den Begriff φιλόσοφος 15,271: σοφούς μέν νομίζω τους ταΐς δόξαις έπιτυγχάνειν ώς έπι τό πολύ του βέλτιστου δυναμένους, φιλοσόφους δέ τούς έν τούτοις διατρίβοντας, έξ ών τάχιστα λήψονται την τοιαύτην φρόνησιν. Für die zu diesem Zwecke am besten geeignete Beschäftigung hält Isokrates die Rhetorik (15,275; vgl. auch Komm, zu §§4/5 δοξάζειν ... έπίστασθαι). Der isokrateische φιλόσοφος ist also in erster Linie Redner; vgl. die Verwendung des Begriffs 8,145; 11,17 u. 11,48. των υπαρχόντων έκείνη : τά ύπάρχοντα ist hier wohl, nicht zuletzt in Anbetracht des ausgedehnten Lobes der Schönheit, auf die Qualitäten, die Helena wesenhaft eignen, zu beziehen (vgl. 8,63 α μέν ούν ύπάρχειν δει τοις μέλλουσιν εύδαιμονήσειν, την τ' εύσέβειαν και την σωφροσύνην καΐ την δικαιοσύνην και την αλλην άρετήν, όλίγφ πρότερον είρήκαμεν) und nicht, wie van Hook es auffaßt, auf ihre erworbenen Verdienste (»merits«). Zur Aufnahme von αύτός durch έκεΐνος vgl. KG 1649,12. τάς άπαρχάς : Eigtl. >Erstlingsgabe beim OpferFrüchte des Geistesc. Vgl. zur Metapher Plat. Prot. 343a8-b3 ούτοι (sc. die >Sieben Weisem) και κοινή συνελθόντες άπαρχήν της σοφίας ανέθεσαν τφ Άπόλλωνι είς τον νεών τον έν Δελφοΐς, γράψαντες ταύτα α δη πάντες ύμνούσιν, Γνώθι σαυτόν και Μηδέν αγαν. §67 Es ist aber viel mehr beiseite gelassen als gesagt. Denn abgesehen von praktischen Fertigkeiten und Übungen des Geistes und den anderen nützlichen Dingen, die man wohl auf sie und den Trojanischen Krieg zurückführen könnte, dürften wir mit Recht auch dafür, daß wir nicht Sklaven der Barbaren sind, Helena als Ursache betrachten. Wir werden nämlich feststellen, daß die Griechen ihretwegen zur Einigkeit fanden und einen gemeinsamen Feldzug gegen die Barbaren unternahmen und daß damals zum ersten Mal Europa ein Siegeszeichen über Asien errichtete.

292

Übersetzung und Erläuterungen

πολύ ... πλείω τά παραλελειμμένα των είρημένων έστΐν : Zur Formulierung vgl. 6,68 τοσούτων άπηριθμημένων κακών πολύ πλείω τά παραλελειμμένα των είρημένων έστίν; zum Abschluß einer Rede oder eines Redeteils mit dem Hinweis auf die Fülle der noch nicht genutzten Argumente vgl. bei Isokr. 6,33; 8,145; 9,73; 11,44; 14,63; 15,320 sowie Plat. Mx. 246a6ff. Vgl. auch Gebauer, Anh. 34ff. χωρίς γαρ : Λ bietet και χωρίς γαρ. καί verleiht dem Gedanken entweder eine konzessive Färbung (»denn auch, wenn man von ... absieht«) oder betont das folgende γάρ (»denn in der Tat dürften wir ...«); vgl. Denn. 11 Of. An unserer Stelle ist sowohl die Betonung von γάρ unpassend, da die Partikel mehr explikativen als kausalen Charakter hat, als auch das Eindringen einer konzessiven Nuance, da die Bewahrung der Griechen vor der Herrschaft der Barbaren als drittes, von den zuvor genannten τέχναι, φιλοσοφίαι etc. völlig unabhängiges Verdienst der Helena angeführt wird (signalisiert durch καί vor τοΰ μή δουλεΰειν) und nicht etwa als ein eigentlich mit diesen verbundenes, aber »auch abgesehen« von ihnen bestehendes, τεχνών καί φιλοσοφιών : Während es unmittelbar einleuchtet, daß der Trojanische Krieg Anlaß zur Entwicklung von τέχναι - vor allem auf militärischem Gebiet - gegeben hat, ist der Begriff φιλοσοφίαι erklärungsbedürftig. Der Plural begegnet bei Isokrates noch 12,19 τάς τε φιλοσοφίας τάς των άλλων καί τάς παιδείας άπάσας αναιρώ und ер. 5,3 των ... φιλοσοφιών ούκ άποδοκιμάζειν ... ουδέ τήν περί τάς έριδας, wo jeweils die Programme der verschiedenen philosophischen Schulen gemeint sind. An solche festen Systeme ist an unserer Stelle freilich nicht zu denken. Geht man von der 15,271 formulierten Definition des φιλόσοφος aus (vgl. Komm, zu § 66 φιλοσόφους), so kommt jeder Beschäftigung die Bezeichnung φιλοσοφία zu, die zur σοφία zu führen verspricht. In diesem allgemeinen Sinne ist der Begriff wohl hier zu verstehen. Zu den >Übungen des GeistesAusgangspunkt; dann auch zur Bezeichnung der Mittel, die zu Beginn eines Unternehmens zur Verfügung stehen (vgl. Isokr. 2,4; 4,61; 5,63; 7,32; 14,40; 19,6). Hier in bezug auf das Material an Fakten oder Gedanken, aus dem sich eine Rede entwickeln läßt; vgl. Isokr. ep. 9,2 έκ τών ύμΐν πεπραγμένων τοσαύτας άν και τοιαύτας άφορμάς ελαβον ώστε τάς περί τών άλλων ευλογίας μηδέ κατά μικρόν έναμίλλους γενέσθαι τη περί υμάς ρηθείση sowie Eur. Нес. 1238f. φεΰ φεΰ· βροτοΐσιν ώς τά χρηστά πράγματα / χρηστών άφορμάς ένδίδωσ' άεί λόγων.

Epilog §69

301

πολλοίς και καινοΐς : Γ : πολλοίς και καλοΐς ΘΛ : πολλοίς και καλοΐς και καινοΐς ΠΝ. Der wesentliche Aspekt ist hier die Originalität, nicht die Schönheit der Rede. Das bestens mit εξω των είρημένων im ersten Teil der Antithese korrespondierende καινοϊς darf daher weder durch das farblose καλοΐς ersetzt noch um και καλοΐς erweitert und somit verwässert werden.

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Ausgaben, Kommentare und Übersetzungen

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Isocratis orationes, ed. G.E. Benseler/F. Blass, 2 Bde., Leipzig 1878-79.

Benseier, ad areop.

G.E. Benseier, Isocratis Areopagiticus, Leipzig 1832.

Dindorf

Scholia Graeca in Aeschinem et Isocratem, ed. W. Dindorf, Oxford 1952

Drerup

Isocratis opera omnia, vol. I, ed. Ε. Drerup, Leipzig 1906.

Flaceliere

Isocrate, Cinq discours, ed., introd. et comm. de R. Flaceliere, Paris 1961.

Laistner

Isocrates: De Pace and Philippus, ed. with a Historical Introd. and Comm. by M.L.W. Laistner, New York/London 1927.

Ley-Hutton

Isokrates. Sämtliche Werke, übers, v. Ch. Ley-Hutton, eing. u. erl. v. K. Brodersen, 2 Bde., Bd. I Stuttgart 1993, Bd. II Stuttgart 1997.

Mathieu/Bremond

Isocrate, Discours, Texte ed. et trad, par G. Mathieu et Ε. Bremond, 4 Bde., Paris ^ 1950-62.

Rauchenstein

Ausgewählte Reden des Isokrates, Panegyricus und Areopagiticus, erkl. v. R. Rauchenstein, 6. Aufl. bearb. v. K. Miinscher, Berlin 61908.

Schneider

O. Schneider, Isokrates, Ausgewählte Reden, 2 Bde., Leipzig 31886/88.

Tomassetti

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Isocrates, with an english translation by G. Norlin, L. van Hook, 3 Bde., London 1928^5.

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

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Hilfsmittel

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KG

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F. Passow, Handwörterbuch der griechischen Sprache. Neu bearbeitet und zeitgemäß umgestaltet von Val.Chr.Fr. Rost und F. Palm, 2 Bde. in 4 Abt., Leipzig 5 1841-1857.

Preuss

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Schwyzer

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H. Stephanus, Thesaurus Graecae Linguae, 3. Aufl. hrsg. von C.B. Hase, W. Dindorf, L. Dindorf, 8 Bde., Paris 1829 (Nachdruck Graz 1954).

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L. Threatte, The Grammar of Attic Inscriptions, vol. I: Phonology, Berlin/New York 1980, vol. II: Morphology, Berlin/New York 1996.

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Thesaurus Linguae Graecae, CD ROM Version D, Irvine 1992.

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H. v. Arnim, Leben und Werke des Dio von Prusa, Berlin 1898.

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L. Bergson, Zur Stellung des Adjektivs in der älteren griechischen Prosa. Die Motive der Voran- bzw. Nachstellung in ihren Hauptzügen, Stockholm 1960.

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E. Bethe, Helene (3), RE VII (1912) 2824-2835.

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E. Bethe, Dioskuren, RE V 1 (1903) 1115.

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F. Blass, Die attische Beredsamkeit, 3 Bde., Leipzig 21887-98.

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L. Braun, Die schöne Helena, wie Gorgias und Isokrates sie sehen, Hermes 110 (1982) 158-174.

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Register

1. S t e l l e n

Aischines 1,5 1,19 1,29 1,154 1.182 1.183 2,166 3,248 Aischylos Ag. 404-411 681-691 799-804 1184f. 1455-1461 Palam. TGrF 181a TGrF 182 TGrF 182a Prom. 224f. Sept. 583 Suppl. 1-18 274-321 Akusilaos (FGrHist 2) F2

Alexander, Rhetor III 3 Spengel III 35f. Sp. III 40 Sp.

115 154 154

Alkaios frg. 34,2-4 Voigt frg. 42 V. frg. 109,1 If. V. frg. 283 V.

149 14 276 14

15 15 15 209 15

Alkidamas Sophistenrede 1 3ff. 10 35

122 117 124 124

292 292 292

Alkman frg. 7,6-13 Davies frg. 21 D.

279 156;

197

Anaxagoras (28 DK) frg. A 32

246

Andokides 1,57 3,27 3,33

182 282 79

201 264 264 264 265 270 265 98

209 297 297

287

Alexander von Aphrodisias in Aristot. metaph. p. 435,If. Hayduck 84 p. 435,5-14 H. 84 in Aristot. top. p. 79,7-22 Wallies 84

Anonymus ad Herennium 3,6,11 135 Anonymus Jamblichi 1,1

164

Anthologia Palatina 5,33

268

312 Antiphon 1,21 2,2,9 6,18

6,47

Register 1.23 247 163 221 100

Antisthenes (V A Giannantoni) frg. 64 132 frg. 99 87 87 frg. 134,2 82 frg. 150,4-11 82 frg. 151,1-2 81 frg. 152,6-8 84 frg. 152,12 84 frg. 152,16-25 81 frg. 153 84 frg. 153,5-18 84f. frg. 155,2f. 108 frg. 169 108 frg. 172 86 frg. 192,4f. Apollodor bibl. 1,6, If. 2,1,4 2,4,1 2,4,8 2,4,12 2,5,7 2.5.10 2.5.11 2.5.12 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3,1,3f. 3.1.4 3.10.7 3.10.8 3,11,2 3,13,8 3.15.7 3.15.8 epit. 1,3 l,8f. 1,16

251b 297 267 267 154; 170 174t 171b 171; 172 172 297

180 174 174 174; 180t 268 214 275 248 180 1 δ 11 185 182 166

1.24 2,9 3,2

24b; 157; 160 162b; 208 298 31 47 ; 220

Apollonios Rhodios 2,1131-1133 3,999

191

Aristeides or. 38, p. 723 Dindorf Rh. II 506,4f. Spengel

167

Aristophanes Av. 47 392 495 866 877 893 1038 1105 Hyp. II zu Αν. p. 284,22f. Hall-Geldart Equ. 1015 Lys. 155f. 805 Nub. 1074 1079-1082 Pax 733 Vesp. 107 506f. 1432 Aristoteles an. 403b21 eth. Eud. 1216b6-8

180

223

167 130 167 89 89 260 172 89

251 126 4640 86 158 16 126 132 146 197

118 86

Stellen eth. Nie. 1140a25-28 1141b6 1145b6 hist. an. 623Ы2 629a30 metaph. 1001Ы 1024b27f. 1024b29-32 1024b32 1024b32-34 1043b23-32 1043b24 meteor. 361Ы4 phys. 185b25 pol. 1252b5-7 1255a28f. 1282a4f. 1285a25-27 1285a27f. 1291b30-34 1295al9-23 1313al4—16 1313a40f. 1313b30f. rhet. 1358bl0f. 1358bl2f. 136 lb39ff. 1363al7—19 1368al0f. 1368a21f. 1368a27-29 1389al2f. 1398b21-1399a6 1401Ы4-16 1401b24-28 1402al 1412b4-l1 1414Ы9-28 1418a33-38 top. 101b38 104b19-21

121 111 94 132 132 126 81 81 93 81; 85 82 93 248

Fragmente frg. 39,1-3 Gigon

96

Arrian an. 4,9,7

280

Athenaios 9.366b 11.784d 12.544e/f 13.557a/b 13.574c 13.592c

133 132 108 25 153 115

Bakchylides 15(14) 17(16),2

241 181

82 293 293 102 195; 200 194 201 194 194 197 197 143 143 226 150 148 150 133 236 150 115 116b 158 148 37 5 3 25 37 81 81

Cicero part. 109 top. 7 Tusc. 1,48,116

99 99 124

Demetrios III 266,5-15 Spengel III 266,7f. Sp. III 288,29-289,2 Sp. III 289,1 Sp.

154 155 115 131

Demokrit (68 DK) frg. В 293

216

Demosthenes 2,5 228 2,19 112 2,30 207 5,2 126 6,19 227 8,38 79 9,49 251 10,4 201 10,11 79 or. 11 siehe [Demosthenes] 15,3 240 15,17 239

314 15,21 16,28 16,30 18,7 18,10 18,86 18,123 18,127 18,128 18,203 18,204 18,205 18,233 18,291 19,65 19,270 20,159 23,24 23,153 or. 25 33,9 33,24 or. 35 36,11 37,1 41,1 54,7 or. 59 60,1 60,3 60,8 60,10f. 60,17 60,23 or. 61 ep. 3,11

Register

siehe

siehe

siehe

siehe siehe

•emosthenes] 11,12 25,97 35,42 59,20 59,22 59,87 61,1 61,3 61,11 61,15 61,26

166 231 260 221 229 290 228 221; 260 221 262 264 247; 262 113 259 135 94 231 113 219 [Demosthenes] 249 249 [Demosthenes] 221 117 231 197 [Demosthenes] 182 148 191 241 260 276 [Demosthenes] [Demosthenes]

233 169 109 264 159 270 260 255 255 135 153

61,30 61,45 61,50 ep. 3,11

255 260 260 260

Diodor 1,8,1 4,9,5 4,26,1 4,26,4 4,57,6 4,59,4 4,60,5 4,61,2f. 4,61,3 4,61,4 4,61,6f. 4,62,4 4,63,2 4,63,2f. 4,63,3 4,63,4 4,63,5 4,63f. 4,70,3f. 4,70,4 4,74,4 4,77,3 5,58,1 11,4,5

201 154; 172 171 191 185 180 181 181; 182 183 208 157 160 24 162b 24 24 175 179 298 180q 297 249

Diogenes Laertios 1,17 2,65 2,72 2,74 2,80 2,106 6,3 6,10 6,105 7,161 9,51 9,52 9,55

99 108 108 108 108 87 82 87 87 87 94 94 94

Dion Chrysostomos 6,35 6,39

195; 197

315

Stellen 6,43 6,50 6,54 6,55 11,37 11,40 Dionys von Halikamaß comp. 68 Lys. 11 Thuc. 9

198 193f.; 195 195 198 284 283; 286

129 289 126

Euklid (II A Giannantoni) frg. 30 87 frg. 32 87 Eupolis frg. 267 K.-A. Euripides Andr. 244 592-609 609 627-631 680-684 680f. Bacch. 94 lf. Cycl. 179-187 280-284 El. 1233ff. 1241 f. Нес. 265-270 269 764 1238f. Hei. 17 17-21 19 27ff. 140

17

271 17 243 46no 292 293 267 17 17; 32 49 275 276 17 148 191 300 148 268 149 222 275

1145f. 1495-1511 1501-1505 1658f. 1664f. 1666-1669 1680 Heraclid. 107 215ff. 218f. 243-246 264 394-402 Here. 1327 Hipp. 887 925ff. 976-978 1168ff. 1411 Ion 621-623 623-625 627-628 819f. 1356 1585ff. Iph. A. 55-65 180f. 389f. 397 1169f. 1269ff. 1391 1400f. Iph. T. 1 Or. 1-32 97-103 128-131 130f. 249 521f. 540f. 649f.

268 275 276 275 276 275 149 191 166 162 191 191 171 181 157 221 188 157 157 198f. 195 197 269 245 245 217 222 17 17 17 293 86 293 297 278 17 17 278 148 17 148 17

316 750 982-1012 1113f. 1142 1302-1310 1545-1548 1635 1684-1690 1689 Suppl. 19 39f. 301 349-353 403-408 444-446 558-563 647 656 714f. Tro. 35 131-137 141f. 370-374 462-468 766-773 7 8 Of. 864ff. 869f. 876-879 90 If. 919-922 923 924-937 925-931 927 932-934 938-950 948-950 951-958 969-982 983-1001 lOOOf. 1002-1009 1010-1022a 1015-1019 1022f.

Register 148 278 17 17 17 278 274 275 149 191 191 191 206 206 197 191 157 157 167 15 15 16 15 16 15 16 16 16 16 16 16 185 16 220 245 293 16 267 16 17 17 275 17 17 17 16

Fragmente 228,1 Ν 2 431 Ν 2 471-472 Ν 2 819,1 Ν 2 p. 574f. Ν 2

297 267 180 297b 248

Galen de instrum. od. II 866,2-4 Kühn 221 syn. libr. suor. de puls. IX 456,5-10 K. 221 Gorgias (82 DK) frg. В 3 Hei. 1 2 3 3-5 6 6-19 7 8-14 9 15-19 20 21 Pal. 30

95 52 18; 142 141; 147; 148; 157 18 1 8 26 ; 233 142 18 26 18 26 155 18 26 142 18; 19; 138; 142 292

Hekataios (FGrHist 1) F 26 F 119

171 298

Hellanikos (FGrHist 4) F 134 F 164 F 168

156; 160 182 156; 157

Heraklit (22 DK) frg. А 1 frg. В 53

246 152

Herodoros (FGrHist 31) F 27

176

317

Stellen Herodot 1,1-2 1,3,2 1,4,2 1,4,3 1,4,4 1,11,2 1,39,1 1,95,1 1,109,1 l,171,2ff. 1,209,2 2,16,1 2,20,1 2,22,1 2,35,1 2,63,1 2,91,5 2,113-120 2,139,1 2,141,3 3,80,4 3,82,3 3,119,2 4,8,2 4,42,1 4,180,2 5,22,2 5,56,1 5,57,1 6,61,3 6,61,3-5 6,105,3 6,117,2 6,129,1 7,8gl 7,12,1 7,20,2 7,149,1 7,205,3 9,17,4 9,27,2 9,27,2-3 9,27,3 9,37,1 9,72 9,73 9,93,3

239 241 15 239 245 125 110 126 198 298 213 245 126 126 300 282 297 286 288 288 197 217 198 171 245 282 123 288 297b 281 281 191 285 215 298 288 241 231 162 181 191 191 190 198 160 156 285

Hesiod erg. 658-62 scut. 37-56 179 182 theog. 22- 3 5 183ff. 215f. 898 950-955 965-1020 984f. 986-991 frg. 140 M.-W. frg. 176 M.-W. frg. 197,3ff. M.-W. frgg. 197-204 M.-W. frg. 198,7f. M.-W. frg. 199,Iff. M.-W. frg. 204,78 M.-W. frg. 209,5 M.-W.

288 251 171 172 154 271 247 272 247 14 158 214 158 158 217 175

Hippokrates morb. 3,16 prorrh. 2,30

132 159

Homer h. 5,34-37 5,202-206 17,2 33,1 33,6ff. 33,9 II. 1,263 1,265 l,267f. l,366ff. 1,413 1,413-427 2,136-138 2,161 2,174-178 2,177 2,297f.

288 267 162 157; 162

267 272 149 149 276 149 161 157; 161 175 242 248 248 243 11 243 11 243

318

Register 2,494-759 2,594-600 2,598 2,689ff. 2,738ff. 2,741 2,744 2,816-877 2,867-869 2,876 3,30-57 3,54f. 3,64-66 3,128 3,144 3,156-160 3,159f. 3,164f. 3,172-176 3,199 3,237f. 3,24 If. 3,243 3,403f. 3,418 3,426 3,437-447 5,395-397 6,77 6,138f. 6,198f. 6,208 6,304 6,312 6,344-358 6,349 6,357f. 6,420 8,362f. 9,328f. 9,457 9,536 9,569 10,296 ll,769ff. 11,784 12,292f. 14,317f. 14,317-325

240 283 149 242 175 161 179 240 298 247 30« 237 237 11 156 13 241 11 12 148 149 12 275 12 148 148 30 4 4 172 246 283 247 122 149 149 12 113 288 149 170 242 162 149 162 149 248 122 247 161b 148

14,323f. 15,77 16,433-438 16,440-457 16,448f. 18,52-64 18,57ff. 18,94-96 18,114-121 18,117f. 18,126 18,428-441 18,438ff. 19,60 19,95-133 19,98f. 19,132f. 19,193f. 19,325 20,32-40 20,67-74 20,105 20,215-240 20,232-235 21,298-513 24,108 24,774 Od. 3,276-302 4 4,184 4,219 4,274-89 4,351-586 4,561-569 4,569 5,118-129 5,121-128 6,101 8,266-366 7,59 9,41 9,509f. 10,494 10,509 11,213 11,266-268 11,298-300 11,299-304

149; 169 242 247 247 234 248 248 248 248 149 248 248 248 242 154; 170 149 154 284 12; 235 252 252 149 225 272 252 242 12 277 279 148 148 13 277 279 279 271 271 284 271 251 158 80 162 162 162 149 149 275

Stellen 11,301 11,436-439 11,601-603 11,601-604 11,620-622 11,631 12,117 14,68f. 15,250f. 21,295-304 23,218 23,218-24

275 13 154 272 170 162 246 13 272 175 148 13

Hygin astr. 2,8 fab. 81 157

214 248

Ну pereides epit. 2 35

135 241

13 15 15f. 16 17 19 21 22 23 24

14 46U0

Ilias Parva frg.19 Bemabe/Davies

46 1 1 0

Ion TGrF. 64

132

Isaios 6,50 7,13 8,8

219 153 213

5 7

8 9 10 11

268

Ibykos frg. S151,4 Davies frg. 296 D.

Isokrates or. 1 or. 2 1 2 4

319

25 27 28 29 30 31 32 34 36 37 38 39 40 40f. 41 42 45 47 48 49 51

siehe [Isokrates] 79 109 104; 158; 208; 300 28 41 ; 220 129f.

53 or. 3 1 2 2ff. 5

224 147; 203 121; 204 28 4 1 ; 204; 230 122; 204 263 28 41 209 126 189; 283 28 41 : 209 107; 127; 150 128; 195b; 210 28 4 1 ; 188; 207; 233 236b 155 261 114 134; 205; 225 210 137; 225b 130b; 137 167; 181; 182; 249 154; 155 105 107; 140 142 135 227 141; 162 266 88 138; 212 162; 242 90; 109; 166 261 79b; 140 79; 112; 190 113 177

320

Register 6 7 8 11 14 16 17 18 19 22 24 25 26 28 29 29f. 30 31 32 34 35 36-42 37 38 40 42 43

43f. 44 45 47 50 54 56 58 59 60 61 62 63 64 or. 4 1 If.

109 105 166 200 187 107; 124; 130 129 231 128 242 170; 249 249 150 187 192 255; 256 193 128; 258 114; 210 205 101; 254; 266 193 257 130; 259 130; 158 137 118; 192; 193; 255; 257 250 192; 222 128; 155 134 128b 91 137 242 94 263 100; 116; 251 272 114 246; 278 79 123

2 3 3f. 5 7 7ff. 8 8-10 9 10 11 13f. 17 19 20 2 Iff. 23 23-128 25 28 28ff. 30 31 33 34 34-37 38 39 40 42 43 45 47 48 51 52 53 54 54-60 55 56 58 59 60 61

233 141; 294 136 128; 141 91; 127 125 137; 166 54143 212 136; 299 112b 135 49 1 2 1 ; 98; 120; 266 231; 236 120 39 203 39 6 7 166 148; 238 40 124; 127 282; 291 91; 240 179 299 158; 219 40 6 8 ; 201 258 175 203; 238; 282 134; 177 102; 248 102; 225 187; 211 203 138 166; 258 191b 175; 191; 216 27; 230 124; 190; 191; 192 169; 192 262 300

321

Stellen 63 65 66 68 69 71 72 73 74 75 77 78 79 81 82 83 84 85 86 87 88 92 95

95f. 96 97f. 99 103 107 108 109 110 111 112 113 114 118 119 122 124 125

213; 244 183 165 137 141 169 178; 179 122; 175 136; 141; 212 122 177 112b 204; 266 127; 203 135 218; 235; 241; 242; 246; 278 151; 154; 155 122; 204; 236b; 261 131; 231b 176; 294 134; 254 177; 211 137; 179; 181; 182; 249 250f. 158; 197; 242 265 183; 254 114 131; 224 191 124; 146 166; 213 242 296 215; 270 88 158; 239 98; 147 187 102 296

126 127 130 130f. 134 136 138 140 146 148 149 150 151 154 155 156 158 160 162 165 168 172 173 174 176 177 179 181 182 185 186 187 188 189 or. 5 1 4 5 6 9 10 11 14 16

58 1 5 2 79; 173 228 228 205; 232 177 88; 294 232 162 249 272 91; 102; 255; 294 195 198 197 138; 185 264 128b 101; 238; 240 153 205 158; 278 170; 294 149; 212 118; 183 138 245 239; 240 239 92f.; 162; 249 233; 241; 295 134f. 91; 121 114; 119 147b 231; 236 262 100; 209; 231b 239 227 80; 86 223; 263 216; 294

322

Register 17 18 21 24 25 27 28 30 31 32 33 33f. 35 37 38 41 42 43 47 49 50 52 57 59 60 61 63 66 68 71 74 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86

49 121 ; 98; 120 79; 121 233 127; 159; 203 98; 120; 253 113; 127 166 294 124 231; 290 128; 166; 213; 232 191 242 128 263 80; 164 241 166; 266 150; 181; 182; 249 288 213 279 126 278 91 147 300 141; 296 167; 209 209; 222 162 27; 113 117; 121 101 168 166 177 119; 121 294 118; 136; 175 141; 187; 300 147; 165

87 89 90 91 93 94 96 98 99 100 105 107 108 109 109f. 110 11 If. 112 113 114 115 116 117 122 124 128 130 132 134 135 136 141 143 145 148 154 or. 6 1 2 3 4 5 6 7

169 124; 137 238 98; 217 98; 120; 185 165 231 91 134 205 50 123 220 179; 208 99; 137; 271 136; 185 99; 128; 165 27; 241 294 50123; 236b 27 116 210 94 231 296 228 138 154b 154; 223 137; 220; 249; 262 272 166 127; 137 224 294 200 296 91 254; 271 187 113b 141 231; 240

323

Stellen 8 10 16 17 18 19 20 21 24 25 29 31 32 33 37 39 40 41 43 45 46 47 48 51 53 54 55 56 57 60 60f. 61 62 62f. 64 65 68 70 71 73 74 78 80 82 84 87

181; 182; 249 233; 294 147 154; 276 149; 179; 228 171 162; 208; 217 218; 266 128 91 98 219 158; 281 292 118; 229 250 211 296 261 f.; 296 200; 209 183; 242 296 232 153 183 174 266 266 246; 278 158 280 257 233 217f. 262 221; 260 292; 299 266 134 191 120 203 170 213; 244 118 209

89 90 91 92 93 94 95 96 99 99-104 99-102 100 102 104

105 107 109 111 or. 7 3 5 7 9 14 16 19 20 21 27 28 29 30 31 32 33 34 35 37 38 39 40 41 43ff. 46

107; 137; 249 79 121 233; 236b 242 266 155 204; 282; 291 294 152 151 135 102; 137 152; 153; 266; 295f.; 299 185; 203; 286 242b 154 294 91; 227 114; 137 137b 185 121; 231 207; 248 188 186 203 28 41 79 157; 282 208; 227 231 300 112 112 208 192 192 231 210 210 111 86

324

Register 48 49 53 54 57 59 60 63 66 67 68 69

72 74 75 76 77 79 80 82 or. 8 1

205 130b 215; 231; 232; 236 172 141 282 255; 258 186 121; 191; 197 209 272 114; 208; 215; 262 118; 228 91 153 117 187 157 239 102

20 24 28 28f. 29 30 32 33 34 35

147; 165; 216 263 208 91; 106; 247 114; 121 161; 231; 263 114 214 105; 106b 106 101 101 164 190; 219 150; 178 88; 106b;

36 37 38 39

258 101 149 184; 185 142

2 5 8 13 14

166;

229f.;

40 41 45 48 50 51 56 61 62 63 64 67 70 72 74 75 79 80 81 84 86 88 91 93 95 96 97 99 101 105 109 111 112 112f. 113 114 116 117 118 121 124 125 126

118 145 186 249 130 153; 220 88; 91 255 142 190; 192; 291 109; 114 88 258 228 258 130 238; 255 108 141 249; 263 263 258 122; 200; 207 110; 150; 158; 226 283 258 155; 238; 263 179 147 124 113 242 195; 199 197 92; 179; 214; 250 188; 229f. 137 137 252 232 98 137; 262 80; 209; 223

325

Stellen 127 132 133 135 137 138 139 140 141 145 or. 9 2 3 6 7 8

11 12 12ff. 13 15 16

17 18 19 21 22 23 24 27 28 29 31 32 34 36 38 40 41 43ff. 44 47 48 48f. 49

197; 299 128; 213 266 190 239 124 185 209; 299 108 291; 292 9 249 241; 296 141 131 141; 258 147; 147 150 276 215; 214 168 178 205 264; 88 155 200 200 155; 247 122; 282 128 170 299 133; 211 134 209 130; 203 299 135 134;

271;

218; 165

219

50 51 54 55 58 59 61 64 65 68 69 70 71 72 73 74 75 78 79 80 81 or. 10 1

273 1-4 1-7

162; 266

2-3 3

135;

188

5-6 6 6-7 7

264

158 118; 207; 215; 272 168 184; 185 122; 195 137b; 155 98; 134; 189 200 231; 241; 271; 295 114; 215 175 154f. 134; 154; 200; 234 253; 254 292 130; 134; 255 155 122; 204 98; 203 168 114; 157 59 156 ; 104; 117; 203 48 49; 53; 54; 55 52; 55; 56; 217 140 120; 138f.; 140b 52; 55b; 96; 115; 120 38; 48; 52; 100 55 59; 90; 104 48; 52 80; 103; 110

326

Register 8

8ff. 8-11 8-13

9 9-13 10 11

11-12 12 13

14 14-15 15

16 17

18

19 20 21 22 23 24 25 26 27 27-28 28

56; 85; 118; 124; 137; 199 141 52 49; 53; 54; 55; 56; 132 48; 189 115 92; 119; 199 51; 57; 118; 119; 136 48 57; 118; 193 57; 121; 136; 141; 254 138; 140; 145; 220 53 121; 127; 133; 138; 143; 211 42; 213; 269 121; 151; 153; 216; 220 42; 43; 151; 206; 222; 266 213 158; 217 87; 88; 92; 189; 264 40; 210 147 48 116; 153; 170; 173 173 107; 175 173 181

29 31 32 34 35 36 36f. 37 38 39 41 42 42-44 43 45 45-48 46 47 48 49-53 50 5 Of. 51 52 53 54

55 57 58 59 60

122; 128; 149 183; 194; 211; 283 192; 262 98; 121; 206 40 6 8 ; 157 121; 170; 194 157 121; 194; 200; 206 98; 157; 192 158 231 43; 158 237 43; 137; 220 124 39 118; 121; 123 121; 134; 227; 228 43; 193; 219 44 185 39 121; 236b; 237; 300 44; 153; 234; 276 107; 181; 182 4 2 88. 45 1 0 2 ; 88; 199 130; 246 121; 228 242; 270 137; 150; 283 150; 222

327

Stellen 61

61-69 62 63 64 65 67 67-69 69 or. 11 1 2 3 4 4-8 5

6 δ 9 10 10-29 13 15 16 17 19 23 24 25 27 29 30 31 32 33

35 36-43 37

130; 149; 154; 247; 259 45 246; 290 121 229; 290 155; 286 40 38; 46 40; 121 163 203 130; 162 140; 143; 254 143 143; 146; 186; 205; 229 130 79; 149; 161 143; 146b; 188; 211 147b 143 173 190 159 291 167; 296 122 88 187 111 101 120 118; 143; 166 127 85; 127; 129; 143b; 144 230; 232 143 79; 166; 239

39 41 43 44

46 47

47-49 48

49 or. 12 1 2 5 6 7 8 9 10 11

13 14 15 16 19 21 22 22-24 23 25 26 26f. 26ff. 27-29 28 30 33 34

141 148; 255 185 98; 120; 143b; 292; 300 143 103; 127; 141; 143; 211 53 94; 139; 142; 143; 291 79; 102; 117 119t 119b; 127 196 216; 242 91; 167 141; 158 101; 106; 155 177 112; 119t; 124; 130; 141 294 246; 278 98; 189 205; 250 238; 292 90; 189 149; 184 187 189 187b 90; 205 80 110 103 8 Of. 88; 102f.; 113 187 118; 186; 213

328

Register 35 36 38 39 40 41 42 42-45 43 45 48 49 55 58 60f. 61 63 66 68 71

72 74f. 75 77 78 79 80 81 82 83 84 85 87 88

90 92 94 96 97 98

79; 266 134 141 232 101 141; 228 294 299 157; 298 239 147 178 88 286 211 211 94 92 278 137; 214; 225; 255; 257 165; 217; 223 184 142; 203 111; 295 112 162 239f.; 245; 295; 296 157; 219; 234 242 244; 248; 295 299 128; 186b 90; 110; 111 99; 108; 187; 213; 244 98; 21 If. 79; 192 183 79 123 296

99 102 103 104 105 107 108 110 111 112 117 118 119 120 123 124 125 127 128 129 130 135 135f. 136f. 137 138 140 144 145 147 148 149 150 154 155 156 158 161 162 164 166 168 169 170ff.

180; 200 220 177 120; 176; 217 102; 231 184 79 80; 271 98 187 98; 262 180 187 121; 122; 147b 145 168; 190; 219 261 212 151 207; 245 207 137 186; 188 50 1 2 3 135; 299 147; 231 296 112; 216 179 231 131; 209 79; 166; 203 213 231 103; 153; 226 147 231; 236 186 145 204; 220 299 91 158; 190f. 190

329

Stellen 172 175 175f. 176 178f. 180 181 182 183 184 186 187 188 189 190 192 193 194 195 196 199 200 201 203 204 205 205f. 206 208 208f. 209 211 213 214 217 223 224 228 229 231 233 234 235

190 79 184 185 204 208; 246; 278 87 129 91; 190 242 235 91; 141 149 193 215; 266; 296; 299 162; 188 162; 215 124; 191b; 205 278 137; 203 141; 203 90; 142; 176 142; 266 90 190; 257 271 148 219 234 92 211 87 166 124 190 113; 209; 211 258 88 90; 103; 141 178 90; 120 184; 185 216

240 247 25 Of. 251 256 258f. 259 260 261 263 265 266 271 or. 13 1

1-8 2 2f. 3 4 5 6 7 7f. 8 9 10 12 13

14 14f. 15 16 16f. 17

112 130 228 120; 242 231 281 278 133; 272f. 101 167 141 187 49 121 ; 98; 101; 120 59154. 7 9 .

85; 101; 109; 119 52; 90 88; 283 106 59 154 ; 90; 177 103; 262; 296 118; 119 118; 230f. 88; 101 52; 106 119 103; 119; 122 88; 91; 119b 145b; 203 128; 131; 135; 136; 186b 91b; 103b; 124; 146 103 103b; 118; 155 125; 127; 128; 186 128b 100; 103b; 155

330

Register 18 19 20 21

22 or. 14 1 4 5 δ 9 14 17 21 22 25 28 31 36 37 39 40 41 42 44 46 51 52 53 54 55 57 60 63 or. 15 1 2 3 4 6 7 12 13

90; 103; 166 94 103; 162; 192 87; 119; 192 146; 211 124 135; 186 205 181; 238f. 158; 278 116 205 215 186; 255 243 124; 217 250 130; 213; 244 98; 238 220 300 98 170; 283 243 185 215 124 191 162; 243 260 163 190; 263 292 80; 120 123b 90; 112; 119b 104; 189; 203 262 110 216; 231 189

14 17 20 21 24 28 29 30 31 32 33 34 35 39 42 45 46 47 49 51 54 55 56 58 62 65 69 70 71 74 77 80 81 82f. 84 86 87 89 90 91 92 93 95 96 98 100 101 104

123b; 197 255 111 217 211; 242 141 159; 227 109 189 209; 229 215 211 108 109b 112 119t; 147 119t; 165 119; 127; 140 140 221 105; 210 120; 215 118; 129 79 98 162 79 261 122 79; 165 294 150 130 135f. 101; 162 103; 117 227 120; 177 88 127 103 90; 281 118; 231 103; 230 113 118 103 186; 215

331

Stellen 107 109f. Ill 115 117 118 121-123 122 124 125 127 128 130 133 134f. 135 137 138 139 140 141-149 144 146f. 147 148 150 153 159 161f. 163 165 166 167 168 171 175 176 177 178 180 180-185 183 184 185

88; 147 296 88; 299 155 91 120; 255 196 209; 210 231 166 278 111; 126 259 104 209 201 232; 271 118; 141 145 184b; 185; 187 189 90; 102 109 98; 120; 197 238 79 175 101 109 189 109; 161; 261 242 230 91 126 55 144 ; 90 104 91 103; 169 91; 123; 230 123 127; 128 105; 111; 128; 227 234

186 187 188 189 189f. 190 191 192 193 194 195 199 207 209 211 216 217 218 219 219f. 220 221 224 228 230 231 232 233 234 235 239 240 241 243 248 249 251-253 252 253 254-257 255f. 256 257 258 258ff.

55 144 ; 90 103t 103 88; 91; 255 103 103; 177 103b 103; 137 58 150 128 90 103 197 55144

102 101 147b; 259 92 103 109b 94; 118; 169 223 90 112 203 91; 232 207 176 209 122 102; 103; 215 103 109; 118 80 128 219 113 196 91; 166; 177 113 105 166 240 119b; 250 110

332

Register 258-269 259 260 261 26 Iff. 262 263 266 267 268 268f. 269

270 271

272 273 274 275 276 276f. 277 278 280 281 284 285 286 287 288f. 290 291 292 293 294 295 296 297 297f. 298

52 103; 141 119 90; 103; 113 104 103; 110 52 52; 109 299 86 53 52; 95; 103; 104; 112 88; 109 88; 105b; 121; 291; 292 187 120 87; 192 50; 140; 238; 291 53; 79; 112; 119b 55 147 ; 165 105; 125; 126; 140 118; 122; 166 118; 127; 166 94 130 101; 110 208 103 109 91; 227 118 111 299 102b 103 91; 290 118 123 123; 127

299 299f. 300 301 302 306 307 309 310 31 Of. 312 313 315 317 318 319 320 or. 16 8 9 12 13 18f. 19 21 23 24f. 25 26f. 27 29 30 32 33 34 38 39 41 42 43 44 50 or. 17 4 5

203 210 113; 253f.; 261 123 166 207 109 113; 261 184; 185 186 88 103 189 177 266 262 292 215 124; 184 242 215 219 130 294 225 147 255; 262 207 102; 254b 130; 157; 197 166 120b; 179 122; 211; 225 216 138; 232 184 255 116; 262 230 196 266 86 178

333

Stellen 9 11 14 19 22 25 29 32 34 38 40 42 53 54 55 56 57 58 or. 18 2 8 12 13 14 15 16 21 22 29 30 32 34 40 42 45 46 53 54 55 56 57 60 65 66 68 or. 19 1 3 6

101 217 177 217b 137 232 255 124; 281 250 281 281 281 211 211 98; 242 215 113 127 98 281 184; 204 85 80; 187 85; 230 113; 232 92b; 189 145 124; 262 217 134 86; 158 146 242 211 217; 238 217 158 135 116; 215 123b; 281 228 215 272 231 215 120; 205 268; 300

8 9 10 11 14 17 18 20 21 24 25 27 28 30 31 35 36 40 46 47 48 or. 20 9 10 11 12 13 16 17 or. 21 2 3 8 9 16 17 19 ер. 1 4 5 5f. 6 7 8 9f. 10

158; 213; 215 215 231 266 91; 92b 120b 166 158; 183 189 189 98 204 94 120 120 262 158 181 158b 215 211 113 266b 270 130 189 231 230 188 86; 178b 255 158 86 228; 271 86 134; 162; 234 120 49 121 ; 98 120 125 141 107 80

334

Register

ер. 2 1

11 91; 162

4

113

5 7 8 10

80; 249 120 162 137; 225; 257 266 187 94; 158 209; 224 158; 209 189; 232

11 13 14 18 21 22 ep. 3 1 2 3 4 ep. 4 1

188 153; 294 128 262 90; 195

4

2 7 9

8 9 10 lOf. 11

123 211 123 123 123; 152; 255 91

13 ep. 5 1 2 3 4 ep. 6 1 4 4f. 5 5f. 7 8 8ff. 9 10

80 117 109; 292 102b; 104f.; 105 91 120; 141 98 104; 110; 120 49121

79 88; 127; 129; 144 105 79; 242 79

12 14

ep. 7 1 2 4 5

117; 200; 204f.; 227 228 110

150; 158 211 207 110

8

118

9 10 11 12 ep. 8 1

283 213 289 90

5 7 8 10 ep. 9

с J

6 7

11 13 14 15 16 [Isokrates] or. 1 6 10 12 27 29 34 38 43

79; 91; 102 177 141; 177 231 165; 289 136; 167; 300 133 118; 162; 247 98; 116; 120; 121; 185 101; 142 169 231; 236 107; 189 124

204 149 167 263 216 129; 221 223 276

Stellen Kallimachos aet. frgg. 67-75 Pfeiffer 159f. frg. 75,22 Pf. 160 Kratinos Dionysalex. test, i K.-A.

220

Kritias (88 DK) frg. В 12a

275

Kyprien frg. 1 В. = 1 D. frg. 9 B. = 7 D. frg. 13 B. = frg. 12 D.

14 149; 268 156; 160

Lasos von Hermione frg. 1 Page

23 26 Lykurg 80 100 114 Lysias 1,6

2,1 2,7-16 2,8 2,9 2,10 2,11 2,11-16 2,13 2,15 2,16 6,33 8,11 12,48 12,96 33,7

135 191 190 191 216 179 191 191 191 155; 274 290 86 255 191b 2 8 Of.

Marmor Parium (FGrHist 239) A 19 181 162

Lukian Amor, siehe [Lukian] Charid. siehe [Lukian] dialog, mort. 25,2 147 Macrob. 23 297 Sol. 10 149 Tim. 37 300 [Lukian] Amor. 30 Charid. 16 17

335

259f. 24; 161 213; 217; 220 260 255f.

209 286 146

158

Melissos (30 DK) frg. В 1 - 2 frg. В 3 frg. В 5

97 97 97

Menander, Com. frg. 1 Körte

151

Menander, Rhet. III 346 Spengel III 386,19-21 Sp.

115; 116; 133 27

Nikolaos progymn. I 355 Walz

168

Onosander 1,15

129

Ovid epist. 16,149ff. met. 6,108ff. 12,210-535 Pannenides (28 DK) frg. A 32 frg. В 8,42-44

24 267 176

246 97

336

Register 2,83

Pausanias 1,2,1 1,3,3 1,3,3f. 1,17,6 1,18,4 1,22,5 1,22,6 1,27,7 l,27,9f. 1,27,10 1,32,6 1,39,3 2,19,3f. 2,22,3 3,19,9 3,19,11 3,19,13 4,24,2 5,25,9 7,25,1 9,12,1-2 9,23,3 10,12,2

166 201 206 208 161 183 248 166 173f. 180 191 185 297 298 281 284 285 159 180 191 297 288 159

Pherekydes (FGrHist 3) F 16

171

Philochoros (FGrHist 328) F 2 201 F 112 190 Philoponos in Aristotelis Physica commentaria 42,9 Vitelli 96 Pindar I. 7,3ff. N. 6,49ff. 10,73-90 10,80-82 O. 1,24 1,37 l,67ff. 2,82

280 247 275 149 298 298 298 248

247

P. 2,83 8,17 11,49 frg. 243 S.-M. frg. 258 S.-M. Platon Alk. I siehe [Platon] apol. 19d8ff. 21d4 28b5 31b5-c3 33a8ff. epist. 3 siehe [Platon] epist. 7 346d2-5 erast. siehe [Platon] Euthyd. 272a7ff. 272Ы0 273d8f. 273e5 274a3 275a4 275a5-b4 275d5ff. 275e5f. 276d2f. 276elf. 277dlff. 278b4f. 283b5-7 283Ы0 283d3ff. 283e7-284a8 285d-286b 286c2 286dl Iff. 301a2 302b5ff. 303a4f. 303elf. 304a7 304c If. 304c6-dl

255 251 123 24; 156; 157 24; 156

108 118 86 108 108

233

89; lOOf. 90 89 119 119 98 109 89 89; 101 89 89 89 89 131 131 89 85 83; 85 85 89 89 89 89 89 108 108 101

337

Stellen Gorg. 447a5f. 447c2 449b2 453a2f. 456c6-457c3 458a2-bl 468d3f. 478a2 481b6-9 481cl 482e4 484c4f. 484c4-485e2 491e-500e Hipp. mai. 282b7 282c7 Hipp. min. 363d2 364b6 364b8 Ion 530c1-5 Krat. 384b4 395d3 397a2f. 429d4-6 Kritias 112e4 Lach. 179aff. 179a4-7 183b2-5 186c4 198d-199e 199d4-el leg. 636c2 71 ld6f. 736al 744d4 777b4 796c5f. 834c6 868b7f. 900c3 922b5

98 119 119 18 23 113 101 142 118 131 131 102 104; 107 81 222 98 98 98 98 98 287 102 220 185 85 245 109 110 265 119 86 86 131 259 200 200 126 290 123 184 126 126

967a6-8 Lys. 215c7 Men. 71a5f. 75c8-d7 80c8 91c4f. 95Ы0 Mx. 234a6 236c9 237b6 237dlf. 239b5f. 244c3-5 245d2-4 246a6ff. 246d2 Parm. 128c5-e4 Phaid. 58al 1 61b4 79d Phaidr. 232c8 234d8 235a4f. 235e2-236a6 243a3-b3 243a5 243a6f. 243a8-bl 243b2 259e4-6 271e2-272a8 polit. 307d7 Prot. 309a2 313c4-314c2 316Ы0 318e5-319a2 319a6 319c8-d6 320b7f. 322a8-bl 322b3f.

145 211 205 90 118 200 119 107 131 242 235 191 202 296f. 292 182 96 181 286 121 260 131 118 126 283 285 285 285 285 133 128 200 270 109 167 110 119b 122 126 201 214

338 322d5 322e2-323a3 325c6-326e5 329d3f. 329e5f. 334d4f. 343a8-b3 351b-357e 361a6-b7 rep. 329c2 364c5f. 373dl 379a4 388c7f. 389c3 454a4-9 461b5 475e4 478cl3-d3 479d3-9 479el0-480al3 487c4ff. 524d-531c 544c6f. 557a2-5 563e6 566el-4 566e8f. 567bl2-c3 574dl-5 576a4f. 577a2-5 578a4-6 579al-3 579blf. 579b3f. 579d9ff. 579e4 Sis. siehe [Platon] soph. 222dl0 226a2 251b5-c2 251b6 261dl-263d4 symp. 174elf. 177b4-cl

Register 200 122 109 164 164 188 291 222 86 268 211 258 286 247 204 90 159 107 106 106 106 104 104 200 201 200 114 258 197 197 193 199 195 193 198 198 193 195 270 90 8 If. 93 84 229 133

184b6-c3 196b6-c2 202a2-9 202a5-9 203d5f. 209b8 217a2f. Thg. 125e4 Tht. 146b4 202b4f. [Platon] Alk. I 124b4f. 124c9f. epist. 3 319e4 erast. 136c8 Sis. 387d7

262 269 106 121 270 118 265 130 213 82

153 153 285 231 91

Plutarch Agis 2,11 169 de lib. educ. siehe [Plutarch] dec. or. siehe [Plutarch] Nikias 27,5 216 symp. 4,4.668E-669B 133 5Д0.685Е 248 5.10.685B-D 133 Them. 13 277 Theseus 6,8f. 26 8, If. 26; 167 8,3 185 10,1 185 11.1 185b 11, Iff. 26 15 181b 17 182 19 182 24.2 206

339

Stellen 29,1 29.3 29.4 30

31.1 31.2 31,3f. 32 32,1 35,2-7

25 26 190 161; 162; 175; 176; 179 25 24 24 160 206; 208 208

[Plutarch] de lib. educ. 7.4F dec. or. 837E 837F 838F

297 109 109

Polybios 1,40,1 2,1,1 3,73,7 5,22,3 6,43,7

251 240 300 281 153

Proklos in Plat. Krat. cap. 37 Pasquali Aith. Z. 14 B. = 18 D. Z. 14f. B. = 18f. D. kypr. p. 38ff. B. = p. 30ff. D. Z. 8 B. = lOf. D. Z. 21-24 B. = 28-31 D. Z. 55f. B. = 72ff. D. Z. 58 B. = 75f. D. Z. 62 B. = 80 D. Z. 62 B. = 81 D. Z. 62f. B. = 80f. D. Protagoras (80 DK) frg. A 1

108

84f. 247 248

30 4 6 222

frg. A 3 frg. A 20 frg. A 21

94 94 94

Quintilian inst. 2,17,4 3,6,10 9,3,88

115 222 184

Sappho frg. 16 Voigt frg. 23 V.

14 14

Scholien Apoll. Rhod. 2,569-70 Aristoph. Av. 853 Aristoph. Ran. 849 Hermog. VII 1032 Walz Hör. epod. 17,42 II. 2,286 II. 3,242 II. 13,626 a u. b Od. 1,225 Pind. P. 2,85 Pind. N. 2,1 [Plat.] Min. 321a

154 283 217 156 156 163 179 287 181

Seneca epist. 88,43

94

SIG 581,6

290

132 290 180

Simplikios in Aristotelis Physica commentaria 134,2 Diels 96

275 241 242 242 242 242

93; 94

Solon frg. 18 West Sophokles Ai. 479f. 1343ff. Ant. 454f.

80

182 191 191

340

Register

El. 1320f. Oid. К. 53 69 549f. 607 1525 1593f. Oid T. 108f. Trach. 259 504 512 1095f. TGrF 684 Stesichoros frg. S17 Davies frg. 187-188 D. frg. 190 D. frg. 191 D. frg. 192 D. frg. 193 D. frg. 193,1-12 D. frg. 193,12ff. D. frg. 223 D. frg. 229 D. Strabon 9,5,12 9,5,19

Theokrit 22,8-22

276

237 157 157 157 209 161

Theophrast Charakteres 27,2

93

209

Thukydides 1,3,1 1,4 1,5,1

182

209 123 167 175 267

171 283 217 156 285 15 286 286 14; 15; 148 167

179 179

Themistios 26, p. 318c8-dl Hardouin 201 Theon, Rhetor progymn. II 110,17f. Spengel 208 Theognis 906 1232f. 1233

172 14 157

Theopomp (FGrHist 115) F 188 198

1,6,2 1,8 1,9,2 1,10 1,11 1,21 1,23 1,33,2 1,68,1 1,97,2 1,115,3 1,140,5 2,2,3 2,15,1 2,15,If. 2,15,2 2,40,1 2,41,3 2,54,3 2,64,5 2,87,1 3,2,2 3,37,2 3,102,1 4,62,2 5,11,2 5,99 5,102 6,31,4 6,39,2 7,84,5 8,3,1

293 298 129; 202; 271 283 298 298 240; 241 242 241 241 121 121; 263 129 161 129 98 202 202 206 47111

129 89 152 129 159 194 161 129; 151f. 251 181 216 120 207 216 161

341

Stellen Tiberius, Rhet. III 74f. Spengel

154; 155

Vergil Aen. 6,617f.

162

Xenophanes (21 DK) frg. В 1,21

251

Xenophon an. 1,2,12 1,9,6 equ. 10,17 hell. 4,7,4 6,3,11 6,5,46f. 7,3,1 7,5,14 Hier. 1,12 1,16 2,4 2.9 2,9f. 2.10 3,8f. 4,2-5 4.11 5,1 5.3 6.4 6,4-6 6,11 7,6-9 9,6ff.

268 80 263 284 192 191 80 233 195 205 199 195 195 197 197 195 196f. 197 195; 200 199 195 200 205 204

kyn. 7,7 Kyr. 1,3,3 1,3,51 2.3.5 3,3,51 5,4,13 7.2.12 7,5,47 8,3,47 Lak. pol. 4,2 14,1 mem. 1.2.6 1,2,24 1,2,30 1.3.11 1.6.13 2.1.14 2,6,28

2,6,29 3.3.12 3,9,5 3,11,2 4,1,1 4,6,12 oik. 7,35 21,12 symp. 8,29f. 8,31 Zenon (29 DK) frg. А 21 frg. А 23

174 136 182 118 250 149 118 155 131 219 281 108 270 229 118 264; 265 185 270 270 167 86 120 131 194 249 198 272 161

96 96

342

2. Personen und Sachen

Aithra

24; 161

Alkidamas

115f.; 117; 124

Anaximenes

139

Ehebruch

245

270f.

Enkomion vs. Apologie έρανος (Begriff)

143f.; 145

163

Eristik 48; 89f.; lOOf. - Abgrenzung zur Dialektik Erytheia

90

171

Erziehung/Ausbildung - Bezahlung 108f.

109; 111

Gorgias 115 - zu identifizieren mit dem in §14 genannten Verfasser eines HelenaEnkomions 21; 54; 138ff.; 142f. - Über das Nichtseiende 95f. -

Erkenntnistheorie

Griechen/Barbaren

106 293; 296f.

154; 170f.

Dienst bei Eurystheus

Göttin 35; 274f. δόξα 141 Tochter der Leda

287

127f.; 144

Isokrates - Rivalität mit Piaton 47f.; 58f.; 86; 90; 104; 106f.; 256f. - Urteil über epideiktische Rede 9; 98 - Haltung zum Mythos 50 - Urteil über die Eristik 52; 100; 110 - Wahl der richtigen Themen 53; 126 - Erziehungsideal 55; 80f.; 102f. - Rhetorikschule 58; 109 - Einzeltugenden voneinander unabhängig 87 - Wissenserwerb (Vermuten/Wissen) 88; 105f.; 128f. - Erfahrung 103 - politikoi logoi 119; 127 - Phronesis = praktische Klugheit 120 - Originalität als Qualitätsmerkmal einer Rede 135f. -

Kritik an Sparta

καιρός

Melissos

82 97

292

οδός (Begriff) 149f.; 268f.

Odysseus

204; 208

128f.; 186

Lykophron

Nestor

Helena -

-

ιδέα

160

Asien/Europa

26f.

Homeriden

Antisthenes 93; 115; 132 - οικείος λόγος 8 Iff. Aphidna

Herakles - Vergleich mit Theseus

292

125f.

343

Sprachliches und Stilistisches Palamedes

Sokratiker

292

86f.; 115

Sophist (Begriff)

panhellenischer Gedanke 38ff.; 293f.

St. Elmsfeuer Paris -

Parmenides Peirithoos

96; 97

274; 279; 281

Theseus -

25; 16 lf.

Piaton Lehrplan der Akademie 104 Ideenlehre 104 Erkenntnistheorie 106f.

-

Entführung der Helena 23ff.; 156 Vergleich mit Herakles 26f. athenischer Staatsheros 28 Synoikismos 202 König von Athen 205ff.

Topos (Begriff) Polykrates Prepon

98f.

115f.; 127; 143f. Trojanischer Krieg 31f. - Größe 240 - Bewertung 241; 295

165

Prodikos Prostitution Protagoras

260

30f. Therapne

-

276

Synesis (Begriff)

Darstellung des Charakters

94

85

Übertreibung 264

-

85; 93f.; 106

in der Lobrede erlaubt

Zenon

96

3. Sprachliches und Stilistisches

Anakoluth

179f.; 223

Artikel - beim Prädikatsnomen 147 - beim Eigennamen 140; 220 - Weglassung in Verbindung mit Präpositionen 219 Asyndeton

Chiasmus

80

διαφέρειν τι/τινί Dubitatio

184

δύο

176; 209; 219 -

Auxesis 148; 150 - Krisis 150 - Synkrisis 27; 150

mit Dual

Ellipse

85f.

110; 177

έπί/ΰπό τινι

262

234

254

344

Register

Hiat - nach ή

Praeteritio

35; 40

116f. Prinzip der wachsenden Glieder

-

nach κ α ί

173

263

Hyperbaton

237; 277

Iotazismus

193

Reflexivpronomen - zweisilbig/dreisilbig 167 - anstelle des Reziprokpronomens 252

καί

rhetorische Parataxe

zum Anschluß eines konkreten Beispiels an eine allgemeine Aussage 80; 156 - im Nebensatz statt im übergeordneten Satz 237 - in Vergleichssätzen 259 - zur Einleitung einer Frage 266

296

-

Silben - Aufeinanderfolge gleichlautender Silben 129; 217; 257 Steigerung Synkrisis

Kasusattraktion Krisis

33; 34; 135; 151; 211 siehe Auxesis

218 ΐοσοΰτος/χηλικοΰτος

siehe Auxesis

Trikolon

μέλλειν

240

126; 177; 240

φιλονικ- / φιλονεικ-

mit Fut. oder Präs.

δσος/δσοσπερ Oxymoron Parabole Parechese

236

215f. ώς

23 If.

-

181

-

größere Distanz zur Aussage als δτι 87f. mit gen. abs. 97

123 ώσπερ - mit gen. abs.

263

Parisosis

154

πάς/απας

88

περί/ΰπέρ

146; 239

periphrastische Konstruktion

238

Wortstellung 158; 196; 212; 214; 217; 225; 231; 246; 276; 299 Wortwiederholung 266 109

147f.;195f.;