Interessenausgleich und Sozialplan bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe [1 ed.] 9783428504985, 9783428104987

Mit Umstrukturierungsmaßnahmen in Betrieben und Unternehmen kann eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Probleme einhergehen.D

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Interessenausgleich und Sozialplan bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe [1 ed.]
 9783428504985, 9783428104987

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GREGOR RÖMER

Interessenausgleich und Sozialplan bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 194

Interessenausgleich und Sozialplan bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe Von

Gregor Römer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Römer, Gregor:

Interessenausgleich und Sozialplan bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe I Gregor Römer. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht; Bd. 194) Zug!.: Bonn, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10498-6

Alle Rechte vorbehalten

© 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-10498-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Für Yvonne

Vorwort Mit Umstrukturierungsmaßnahmen in Betrieben und Unternehmen kann eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Probleme einhergehen. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Vorgang der Ausgliederung oder Stillegung von Betriebsteilen oder Betrieben mit der Folge des anschließenden Fremdbezugs der zuvor selbst erbrachten Leistung. Dabei wird die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG bei diesem Outsourcing sowie bei der Neuvergabe eines bereits fremdvergebenen Auftrags gegeben ist und welche besonderen Probleme sich in bezug auf Interessenausgleich und Sozialplan stellen können. Erörtert wird dabei auch die Problematik, wann in diesen Fällen ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB vorliegt und wie sich dieser auf die Mitbestimmung nach den §§ 111 ff. BetrVG auswirken kann. Ebenso werden die in diesem Zusammenhang einschlägigen Normen des Umwandlungsgesetzes behandelt. Die Arbeit wurde von dem Fachbereich der Rechts- und Staatswissenschaften der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn im Wintersemester 1999 I 2000 als Dissertation angenommen. Mein Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Herbert Fenn, der die Arbeit beständig gefördert und unterstützt und mir den notwendigen wissenschaftlichen Freiraum gelassen hat. Zu danken habe ich Herrn Professor Dr. Meinhard Heinze für die zügige Erstattung des Zweitgutachtens. Dank schulde ich ferner Herrn Professor Dr. h.c. Norbert Sirnon vom Verlag Duncker & Humblot für die Aufnahme des Werkes in diese Schriftenreihe. Schließlich gilt mein besonderer Dank meiner Ehefrau Yvonne Fuchs-Römer, ohne deren ständige mentale Unterstützung die Erstellung der Arbeit unmöglich gewesen wäre, sowie meinen Eltern, die mein Vorhaben stets tatkräftig gefördert haben. Bonn, im April2001

Gregor Römer

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel

Grundlagen

21

I. Einführung .. .. . . .. . . . . . . .. .. .. .. .. .. . . . . .. . .. . . . .. .. .. . . . . . .. .. . . . . .. . . . . . . .. .. .

21

II. Erscheinungsformen des Outsourcing . .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .

22

1. Externes Outsourcing ... . . . .. . . ................. . ... . .... 2. Internes Outsourcing ........

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III. Motive des Outsourcing ........ . .

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IV. Rechtliche Grundlagen des Outsourcing ........ V. Auftragsneuvergabe

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2. Kapitel

Der Betriebsübergang gemäß § 613 a 8GB I. Zusammenhang mit §§ 111 ff. BetrVG

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II. Anwendung des§ 613 a BGB bei Umwandlungen . 0.. .. .... ............. . .. .. . ..

30

III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . . . .. .. .. .

32

1. Identität der wirtschaftlichen Einheit . . . . . . . . ........ . 2. Änderungen in der Rechtsprechung des BAG 3. Abgrenzung zur Funktionsnachfolge

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4. Das Merkmal "Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals" . .......... . ...... ... ........ . . a) Begriffsbestimmung . . .. . .

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b) Betrieb I Betriebsteil mit einem oder wenigen Arbeitnehmern







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32 34 36 39 39 43

10

Inhaltsverzeichnis aa) Anhaltspunkte in der Rechtsprechung des EuGH und des BAG

43

bb) Lösung ausgehend von dem Merkmal der wirtschaftlichen Einheit . . .

44

c) Verhältnis der Übernahme der Belegschaft als Voraussetzung zu dem Übergang als Rechtsfolge I Würdigung dieses Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

5. Definition des Betriebsteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

IV. Fälle des Betriebsübergangs bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . . . . . . . .

49

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

l. Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

b) Soziale Auswahl gemäߧ I Abs. 3 KSchG . .. . .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .

53

c) Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2. Anspruch der Arbeitnehmer auf Abschluß eines Arbeitsvertrags . . . . . . . . . . . . . .

57

a) Wirksamkeit der Kündigungen I Merkmal der Stillegungsabsicht . . . . . . . . . .

57

b) Wiedereinstellungsanspruch gegen den früheren Unternehmer . . . . . . . . . . . .

62

c) Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer .. .. .

65

d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

3. Die Zuordnung der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

a) Die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen.................. . . .. .

71

aa) Subjektive Zuordnung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

bb) Objektive Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

cc) Objektiv nicht zuordenbare Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

(1) Meinungsstand............ ... . . ...... . ............ . ........... .

75

(2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

b) Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

c) Ergebnis....................................... .. ................. .. .. . ...

81

3. Kapitel

Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

83

I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Betriebsgröße und Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

Inhaltsverzeichnis l. Betrieb

11 84

a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

b) Selbständiger Betriebsteil und Nebenbetrieb im Sinne des§ 4 BetrVG . . . .

86

c) Vorliegen eines Betriebs bzw. Betriebsteils im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

d) Betriebsratswahl unter Verkennung des Betriebsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

2. Betriebsgröße . . . . . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . . . . . . .. .. . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . .. . . .

91

3. Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

III. Verhältnis der Sätze 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

l. Fiktion der Nachteile des Satzes 1 in Satz 2 . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. . . . . . . . .. . . .

93

2. Satz 1 als Interpretationshilfe für Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . .

98

3. Frage der abschließenden Aufzählung der Betriebsänderungen in Satz 2 . . . . . .

98

a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

b) Entstehungsgeschichte . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

99

aa) Formulierung des Satzes 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

bb) Argument der Rechtssicherheit unter Berücksichtigung des formellen und des materiellen Betriebsänderungsbegriff in § 111 S. 1 BetrVG . . 100 c) Sonstige Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . 102 IV. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 l. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . . .. . . . 103 2. § 322 Abs. 1 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 V. Betriebsübergang und Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . .. 106 l. Betriebsübergang als Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . . . 108 aa) Richtlinie 77 I 187 /EWG. . ...... .. ... . .. ... . .... . . ... ... .. . .... . . ... 108 bb) Materieller Betriebsänderungsbegriff in § 111 S. 1 BetrVG . . . . . . . . . . 110 cc) Sinn und Zweck des §§ 111 ff. BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 dd) § 134 UmwG........ ... . .. ........... ...... . .. ............. .. ...... . 112 2. Betriebsänderung bei Betriebsübergang nach§ 6 13 a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . 114 b) Stellungnahme . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

12

Inhaltsverzeichnis

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

118

l. Nr. 1: Einschränkung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen ......................... . .. . ........... . ..... . ... . ................. . .. . ... 118 a) Betriebseinschränkung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen . . 119 aa) Outsourcing der Fertigung eines Teil- oder Vorprodukts . . . . . . . . . . . . . 119 (I) Meinungsstand .. . .. . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . .. . . .. .. . .. . . . 119

(2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Sonstige Auslagerung . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . 121 cc) Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 dd) Auftragsneuvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Betriebseinschränkung durch Personalreduzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . .. . . .. . . . . . . .. .. . . . . .. .. . . . 124 bb) Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 cc) Mehrere Maßnahmen des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 dd) Kündigungen aufgrund von Widersprüchen der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse .. .. . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .. . . 129 (1) Einschränkung allein durch Entlassung widersprechender Ar-

beitnehmer . ............... .. ......... . . . .. .......... . . . . . . . . . . . 129

(2) Widersprüche innerhalb einer gegebenen Betriebsänderung . . . . . 130 c) Ergebnis . . . . . . .. . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . 134 d) Einschränkung von wesentlichen Betriebsteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Betriebsteil im Sinne des§ 111 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Der Begriff "wesentlich" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Die Zuordnung der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Zahlengrenzen des § 17 KSchG . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . .. . . .. . .. . . . . . . . . . . 139 dd) Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . .. 140 2. Nr. 1: Stillegung des Betriebs oder eines wesentlichen Betriebsteils . . . . . . . . . . 141 a) Definition der Stillegung . . . . . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . . . .. . . . . 141 b) Verhältnis der Stillegung zum Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa) Stillegungsabsicht des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Fehlende Stillegungsabsicht des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Vorliegen einer Stillegung bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . . 150 3. Nr. 2: Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen . . . 151 a) Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Zurechnung der Verlegung zum Erwerber oder zum vorherigen Arbeitgeber .. .. ..... .. .. . .. . . .... .... .... .. ... . .. .... . ......... ... .. .. . ... . ... . . 152

Inhaltsverzeichnis

13

4. Nr. 4: Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Änderung der Betriebsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Das Merkmal "grundlegend" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 bb) Grundlegende Änderung der Betriebsorganisation bei Outsourcing . . 155 b) Änderung des Betriebszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Änderung der Betriebsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 d) Ergebnis zu§ 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Nr. 5 Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6. Nr. 3 Zusammenschluß mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Zusammenschluß mit anderen Betrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Spaltung von Betrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 aa) Spaltung im Sinne des UmwG und außerhalb des UmwG . . . . . . . . . . . . 162 bb) Begriff der Spaltung I Spaltung bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 cc) Größenordnung der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 ( 1) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Die Ansichten der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 dd) Abgrenzung zu den anderen Tatbeständen des § 111 S. 2 BetrVG . . . . 170 VII. Ergebnis zur Anwendung des § 111 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

4. Kapitel Der Interessenausgleich

174

I. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Restmandat des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 176

2. Übergangsmandat des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Inhalt des Übergangsmandats gemäߧ 321 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Erstreckung des Übergangsmandats auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

14

Inhaltsverzeichnis c) Frage des Übergangsmandats bei der Einzelrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

II. Inhalt des Interessenausgleichs . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 111. Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Wirkung im Verhältnis von Betriebsrat und Unternehmer........... . ....... . . 191 2. Wirkung im Verhältnis von Arbeitnehmer und Unternehmer/Freiwillige Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 192 IV. Freiwilliger Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Allgemeines zu§ 323 Abs. 2 UmwG .. . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Übergang bzw. Nichtübergang der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 aa) Umwandlungsrechtlicher Übergang von Arbeitsverhältnissen . . . . . . . . 198 bb) Arbeitnehmer, auf die§ 613 a BGB Anwendung findet ..... . ... . .... 202 cc) Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet . . . . . ... 204 c) Rechtsträgerinterne Zuordnung zu einzelnen Betrieben und Betriebsteilen

207

d) Grob fehlerhafte Zuordnung in§ 323 Abs. 2 UmwG ............. .. .... . . . 210 aa) Individualmaßnahmen des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 10 bb) Übergang bzw. Nichtübergang der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . 213 e) Ergebnis der Zuordnung der Arbeitnehmer bei Umwandlungen . . . . .. . . . . . 214 2. Einzelrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

5. Kapitel

Der Sozialplan

218

I. Wirtschaftliche Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Verlust des Arbeitsplatzes I Versetzungen . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . .. . . . . .. . . . . 219 2. Verringerung der Haftungssumme . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. .. .. .. . . .. . . .. . . . . 221 a) Meinungsstand .. .. .... .. ..... .. ... .. . .. . .. ..... . .. . ... . . . .... . ... . ....... 221

Inhaltsverzeichnis

15 222

b) Stellungnahme

3. Sonstige Nachteile durch einen Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf Sozialplanleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Kausalität der Betriebsänderung für den Verlust des Arbeitsplatzes . . . . . . . . . . . 226 2. Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Ausschlusses der widersprechenden Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Anwendung bei Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Zumutbarkeit des Übergangs des Arbeitsverhältnisses ............. . . . .... 231 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 III. Auswirkungen eines Betriebsübergangs nach Abschluß eines Sozialplans auf Leistungen aus demselben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Wegfall der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Ablehnung des Angebots auf Abschluß eines Arbeitsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 3. Vorsorglicher Sozialplan bei ungewissem Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Neugriindungen von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 241 1. Relevanz des § 112 a Abs. 2 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe . . .. . .......... .. ......... . .. . ...... .. ... . .. . ... . ... . ............ .. .. . ... 242 2. Übernahme eines älteren Betriebs durch ein neugegriindetes Unternehmen . . . 243 3. Rechtliche Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen . . . . . . . . . . . . . . 245 V. Haftung für Anspruche aus dem Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Haftungssystem des§ 613 a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Haftung nach dem UmwG . . .. . . . . ... . . .. . .......... . ... . . .. .......... . ..... . 248

6. Kapitel

Zusammenfassung der Ergebnisse

249

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

II. Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

16

Inhaltsverzeichnis

111. Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG ....... . . . . . . . ................ . .. . . . .. 251 IV. Der Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 V. Der Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Abkürzungsverzeichnis aA

anderer Ansicht

AblEG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Abs.

Absatz/ Absätze

a. E. a. F. AFG AiB

amEnde

Anm.

AP

alte Fassung Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts)

ArbG AR-Blattei

Arbeitsgericht Arbeitsrechts-Blattei

Art.

Artikel Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift)

AuA AuR

Arbeit und Recht (Zeitschrift)

BAG

Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BAGE BB Beil. BetrVG

Beilage Betriebsverfassungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH BGHZ BR

Bundesgerichtshof

BT BVerfG

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesrat Bundestag Bundesverfassungsgericht

bzw.

beziehungsweise

CDU

csu DB

Christlich Demokratische Union Christlich Soziale Union Der Betrieb (Zeitschrift)

DBGrG

Gesetz über die Griindung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

DKK Drucks. DStR

Däubler I Kittner I Klebe Drucksache Deutsches Steuerrecht

2 Römer

18

Abkürzungsverzeichnis

DZWir

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EG EGV

Europäische Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

ErfK EU

Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Europäische Union

EuGH EuGHE

Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs

EWG f. ff. FK-InsO

folgende fortfolgende Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung

Fn. PS

Fußnote Festschrift

GG

Grundgesetz

GK GmbH

Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung

HGB Hrsg.

Handelsgesetzbuch Herausgeber

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

HS

Halbsatz

InsO i.V.m. KSchG

Insolvenzordnung

LAG

in Verbindung mit Kündigungsschutzgesetz Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften Landesarbeitsgericht

LAGE

Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte

lit. MünchArbR

Buchstabe Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht

NJW

m. w.N.

mit weiteren Nachweisen Neue juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

Nr.

Nummer

Nm.

Nummern Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Postpersonalrechtsgesetz

KR

NZA PostPersRG RdA

Rückseite Recht der Arbeit

Rn.

Randnummer I Randnummern

Rs.

Rechtssache

SAE

Satz Seite Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen

R

s. s.

Abkürzungsverzeichnis sog. SPD SpTrUG UmwBerG UmwG VermG vgl. z.B. ZfA ZGR ZIP zust.

19

sogenannte I sogenannten Sozialdemokratische Partei Deutschlands Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts Umwandlungsgesetz Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen vergleiche zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zustimmend

1. Kapitel

Grundlagen I. Einführung Der Begriff Outsourcing setzt sich aus den Worten "outside" und "resource" zusammen und bedeutet "Outside Resource Using" 1, also "Mittel von außen gebrauchen". Outsourcing ist die Beauftragung von externen Unternehmen mit Leistungen, die zuvor durch unternehmensinterne Funktionseinheiten erbracht worden sind2 • Betriebe oder Betriebsteile werden ausgegliedert, ausgelagert oder stillgelegt, und im Anschluß daran wird an die ausgelagerte Einheit oder an einen fremden Dritten der Auftrag vergeben, eine vereinbarte Leistung zum gewünschten Zeitpunkt und zum vereinbarten Preis im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses zu erbringen3 . Dieser Prozeß hat vielfältige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des Unternehmens. Fest steht, daß eine bestimmte Funktion von dem Unternehmen fortan nicht mehr selbst erbracht wird. Dies kann zu betriebsbedingten Kündigungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer führen. Es kann auch ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB stattfinden. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, wann eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG mit der Folge von Interessenausgleich und Sozialplan gemäߧ 112 BetrVG zur Verhinderung und/oder zum Ausgleich der Nachteile der Arbeitnehmer in Betracht kommt. Die Frage des Betriebsübergangs steht hiermit in engem Zusammenhang. Dieselben Fragen stellen sich, wenn ein Unternehmen einen Auftrag, der fremdvergeben wurde, an ein anderes Unternehmen vergibt. Auch hier wird die Leistung weiterhin erbracht, jedoch nicht mehr von dem hiermit bislang beschäftigten Unternehmen. Es kann erforderlich werden, Arbeitnehmer zu entlassen. Ein Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB ist ebenso möglich. Es stellt sich die Frage, wann die Voraussetzungen für eine Mitbestimmung gemäß §§ 111 ff. BetrVG in dem Betrieb des Unternehmens, das den Auftrag verliert, gegeben sind. Der Zusammenhang zwischen der Konstellation des Outsourcing und der der Auftragsneuvergabe besteht zum einen darin, daßbeidein bezugauf dieselbe LeiI 2

3

Horchler, Outsourcing, S. 1. Horch/er, Outsourcing, S. 1. Horchler, Outsourcing, S. 1.

22

1. Kap.: Grundlagen

stung nacheinander möglich sind. Die eventuelle Pflicht zu Interessenausgleich und Sozialplan trifft allerdings im ersteren Fall den Auftraggeber und im letzteren den Auftragnehmer. Die entscheidende Gemeinsamkeit der beiden Konstellationen besteht aber darin, daß ein Unternehmer eine Leistung in Zukunft nicht mehr erbringt, sondern ein anderer Unternehmer beauftragt wird, wobei die Leistung in beiden Fällen weiterhin benötigt wird. In beiden Fällen kann ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB gegeben sein. In beiden Fällen kann aber auch die bisherige Einheit mit der Folge aufgelöst werden, daß die dort beschäftigten Arbeitnehmer entlassen oder versetzt werden.

II. Erscheinungsformen des Outsourcing Der Begriff "Outsourcing" beinhaltet sämtliche Vorgänge, die dazu führen, daß eine zuvor selbst erbrachte Leistung fortan fremdbezogen wird. Er faßt unterschiedliche Vorgänge zusammen und bildet einen Oberbegriff für die Aufspaltung von Unternehmen, die Ausgliederung und Auslagerung von Bereichen des Unternehmens aber auch für die Auflösung eines Betriebes oder Betriebsteils mit anschließendem Fremdbezug dieser Leistung4 • Das Entscheidende bei diesem Begriff ist, daß er sich auf die Unternehmerischen Maßnahme als Ganzes bezieht und darauf abstellt, ob sie letztlich dazu dient, die jeweilige zuvor selbst erbrachte Leistung anschließend extern zu beziehen. Die Begriffe der Aufspaltung und der Ausgliederung beziehen sich nur auf den ersten Schritt, nämlich auf die Trennung einer bestimmten Funktion von einem Unternehmen bzw. von einem Betrieb. Der zweite Schritt, der Fremdbezug dieser Leistung, ist in ihnen nicht enthalten. Dieser stellt jedoch letztlich das Ziel der jeweiligen Maßnahme dar. Ebenso erfaßt der Begriff "Outsourcing" auch die Auflösung eines Betriebs oder Betriebsteils mit der anschließenden Fremdvergabe der dort zuvor selbst durchgeführten Aufgabe. Bei der Ausgliederung und Aufspaltung bleiben die Betriebe und Betriebsteile dagegen bestehen. Das Outsourcing läßt sich in zwei Hauptformen untergliedern, das externe und das interne Outsourcing5 •

1. Externes Outsourcing Beim externen Outsourcing, das teilweise auch als echtes Outsourcing6 bezeichnet wird, werden einzelne Betriebe oder Betriebsteile ausgelagert und auf einen 4

Siehe zu den einzelnen Begriffen unten unter I. und 2.

5

Köhler-Frost, in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen

6

Horch/er, Outsourcing, S. 2.

Typs, S. 13.

li. Erscheinungsformen des Outsourcing

23

völlig fremden Dritten übertragen, ohne daß eine fortdauernde gesellschaftsrechtliche Verknüpfung zwischen den Unternehmen bestehen bleibt7 . Dabei kann der Betrieb oder der Betriebsteil entweder von einem schon bestehenden Unternehmen aufgenommen werden oder es entsteht ein neues Unternehmen. Einmal kann die Infrastruktur auf den rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Dritten übergehen oder aber es können die eigenen Kapazitäten stillgelegt werden und Aufträge an einen Dritten fremdvergeben werden 8 . Zu unterscheiden ist weiter das Inhouse-Outsourcing und das Outhouse-Outsourcing9. Beim Inhouse-Outsourcing wird eine bislang im Betrieb von einem Arbeitnehmer oder mehreren Arbeitnehmern des Betriebs verrichtete Tatigkeit an ein Fremdunternehmen übertragen, das die Tatigkeit fortan ebenso im Betrieb ausführt10. Dies ist beispielsweise bei der Fremdvergabe von Reinigungs-, Bewachungs- oder Instandsetzungsarbeiten der Fall. Beim Outhouse-Outsourcing wird die Tatigkeit, die zuvor im Betrieb verrichtet wurde, fortan von einem fremden Dritten außerhalb des Betriebs ausgeführt. Eine Firma löst beispielsweise die Versandabteilung auf und beauftragt einen Dritten mit dem Versand der Ware, der diesen von einem anderen Standort aus vornimmt 11 • Von dem externen Outsourcing sind in der Praxis die verschiedensten Produktions- oder Dienstleistungsfunktionen erfaßt. Es handelt sich dabei um die Auslagerung von Bereichen, die in ihrer Funktion und Organisation vom restlichen Unternehmen abgrenzbar und somit auslagerungsfahig sind. Von diesen Maßnahmen sind häufig Hilfsfunktionen, wie die Bereiche Kantine, Reinigung, Bewachung, Instandhaltung und Verwaltung von Gebäuden, Wartung von Maschinen, Wascherei, Fahrdienste, Werkstatt etc. erfaßt. Das externe Outsourcing kommt auch in der Form der Auslagerung von Primärfunktionen, wie der Herstellung eines für die Produktion notwendigen Vor- oder Teilprodukts oder eines sonstigen Fertigungsprozesses vor12• Insbesondere sind häufig auch der Vertrieb, die EDV, das Finanzund Rechnungswesen, die Patentabteilung sowie die Rechts- und I oder Steuerberatung vom Outsourcing erfaßt.

7 Köhler-Frost, in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen Typs, S. 13; Staudacher; in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen Typs, S. 201; BalzeiRebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitell Rn. 6. s Balze I RebellSchuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 1 Rn. 6. 9 Schiefer; NZA 1998, 1095 (1100 f .). 10 Schiefer; NZA 1998, 1095 (1100 f.). II Schiefer; NZA 1998, 1095 (1101). 12 Hierbei kann die Fertigung auch weiterhin in demselben Betrieb erbracht werden. Dabei können auch wesentliche Betriebsmittel übertragen werden, so daß kein Grund für die Einschränkung Schiefers, NZA 1998, 1095 ( 1100 f.), besteht, nach dem das Inhouse-Outsourcing nicht mit einer Übertragung wesentlicher Betriebsmittel einhergeht.

1. Kap.: Grundlagen

24

2. Internes Outsourcing Das interne Outsourcing unterscheidet sich von dem externen Outsourcing dadurch, daß Bereiche eines Unternehmens nicht auf einen völlig fremden Dritten, sondern auf eine - eventuell zu diesem Zweck gegriindete - Tochtergesellschaft oder eine Beteiligungsgesellschaft übertragen werden 13 . Diese Übertragung auf eine Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft wird auch als Ausgliederung bezeichnet14. Bei der Übertragung auf einen fremden Dritten (externes Outsourcing) spricht man dagegen von Auslagerung 15. Aus Griinden der Vereinfachung werden die Begriffe "Auslagerung" und "Ausgliederung" in dieser Arbeit nicht unterscheiden. Mit dem Begriff "Auslagerung" ist jeweils auch die Ausgliederung gemeint. An anderer Stelle wird das interne Outsourcing auch als Insourcing bezeichnet 16. Hierbei wird es sich seltener um die Ausgliederung von weniger umfangreichen Hilfsfunktionen, wie z. B. der Reinigung, handeln. Vielmehr werden einzelne Betriebe eines Unternehmens oder größere Betriebsteile, die beispielsweise ein bestimmtes Vor- oder Teilprodukt herstellen, verselbständigt. Erfaßt sein kann auch hier die EDV oder der Vertrieb. Prinzipiell können sich aber sämtliche Vorgänge des externen Outsourcing auch als internes Outsourcing vollziehen. Ein Fall dieses internen Outsourcing ist auch die Betriebsaufspaltung, bei der das bestehende einheitliche Unternehmen in eine ,,reiche", aber nicht haftende Besitzgesellschaft und in eine haftende, aber "arme" Betriebsgesellschaft aufgeteilt wird. Hierbei verpachtet die Besitzgesellschaft, meist in Form einer Personengesellschaft, das Anlagevermögen an die Betriebsgesellschaft, meist in Form einer GmbH, auf die der gesamte ausgegliederte Produktionsbetrieb, also die personellen Betriebsmittel und das Umlaufvermögen, übertragen worden ist 17 . Teilweise wird auch die "Aufspaltung" in eine Produktions- und eine Vertriebsgesellschaft unter den Begriff der "Aufspaltung" gefaßt 18. Da hier aber letztlich eine Auslagerung einer Vertriebsgesellschaft unter Fortführung des ursprungliehen Unternehmens als Produktionsgesellschaft gegeben ist, ist als "Aufspaltung" nur die Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft zu bezeichnen 19. Dabei ist es unerheblich, ob die Produktionsgesellschaft bei Auslagerung des Vertriebs ihre Rechtsform ändert.

Balze I Rebell Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 1 Rn. 11. lngenfeld, Die Betriebsausgliederung aus der Sicht des Arbeitsrechts, S. 1 f.; Horchler, Outsourcing, S. 2. 15 Horchler, Outsourcing, S. 2. 16 Heinze, DB 1998, 1861. 17 Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 23 f.; Henssler, NZA 1994, 294 (295). 18 Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 24. 19 Henssler, NZA 1994, 294 (295); lngenfeld, Die Betriebsausgliederung aus der Sicht des Arbeitsrechts, S. 4. 13

14

III. Motive des Outsourcing

25

Die Aufspaltung und die Ausgliederung sind ebenso Umwandlungen im Sinne des UmwG, wobei den Begriffen dort eine andere Bedeutung zukommt20. Da die zuvor genannte Begriffsbestimmung bereits vor Inkrafttreten des UmwG 1995 gängig war, werden diese Begriffe weiterhin in dem zuvor genannten Sinne verwandt, soweit dies nicht näher gekennzeichnet ist. Unter das interne Outsourcing fallt auch das Joint-Venture, bei dem mindestens zwei Partner-Unternehmen einen Funktionsbereich aus ihrem Unternehmen ausgliedern und auf das gemeinsame Joint-Venture-Untemehmen übertragen. Der Vorteil liegt darin, daß die Partner gemeinsame Ziele verfolgen und dadurch voneinander profitieren, daß jeder etwas in das Joint-Venture einbringt, das der andere nicht hat21 .

111. Motive des Outsourcing Ein Unternehmen entscheidet sich für das Outsourcing zum einen aus Kostengründen und zum anderen, um externes Know-how nutzen zu können. Bisher bei der eigenen Durchführung der betreffenden Tätigkeit entstandene Fixkosten können dadurch verringert werden, daß nur noch die vertraglich festgelegten Kosten entstehen, die sich an dem Bedarf des Unternehmens orientieren22. Die Gehaltsstrukturen im outsoureenden Unternehmen lassen es unter Umständen nicht zu, daß hochbezahlte Spezialisten eingestellt werden, was wiederum auf das Knowhow-Motiv zurückführt23 . Für eine optimale Gestaltung des Einsatzes wird immer spezielleres und umfangreicheres Know-how benötigt24. Daneben bietet das Outsourcing den Vorteil der kleineren Organisationen, die Entscheidungsprozesse vereinfachen und Hierarchieebenen sowie den Abstimmungsaufwand verringem25 • Auch kann das Outsourcing eine Risikominimierung sowie eine schnellere Verfügbarkeit der Kapazitäten mit sich bringen26 . Unternehmensführungen versprechen sich eine Reduzierung von Personalproblemen, die z. B. durch fehlende Qualifikationen oder durch Personalknappheit zuvor bestanden haben27 . Möglich ist auch, daß die Arbeitsverhältnisse in dem anderen Betrieb bzw. Unternehmen durch einen Siehe dazu unten unter IV. Horch/er; Outsourcing, S. 20. 22 Köhler-Frost, in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen Typs, S. 13. 23 Köhler-Frost, in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen Typs, S. 13; Horchler; Outsourcing, S. 5. 24 Horch/er; Outsourcing, S. 5. 2s Trittin, AiB 1996, 396. 26 Trittin, AiB 1996, 396 (396 f .). 27 Trittin, AiB 1996, 396 (397). 20

21

26

1. Kap.: Grundlagen

anderen, für den Arbeitgeber günstigeren Tarifvertrag geregelt werden. Diese Motive führen dazu, daß sich die Unternehmen, entsprechend dem sog. "Lean"-Gedanken, in erster Linie auf das Kerngeschäft konzentrieren 28 , das sie selbst am besten können und mit dem die höchsten Umsätze, Gewinne und Renditen erzielt werden29. Diese "Reduzierung der Fertigungstiefe", zu der der Prozeß des Outsourcing gehört, wird auch als "lean production" (schlanke Produktion) bezeichnet30. Das Outsourcing kann aber auch Nachteile, wie die Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen, die Störung zusammengehörender Prozesse, Kommunikationsprobleme, ein möglicher Kompetenzverlust, Kalkulationsprobleme sowie die Gefahr, daß die Motivation der Arbeitnehmer und damit die Produktivitättrotz einer eventuell befriedigenden Lösung der arbeitsrechtlichen Probleme sinkt, mit sich bringen31 . Beim externen Outsourcing besteht die Gefahr eines Know-howVerlustes der Mitarbeiter und des Machtverlustes bezüglich der Marktteilnahme32. Letzteres veranlaßt die Unternehmen zu internem Outsourcing, bei dem das Know-how letztlich im Unternehmen bleibt, und die Marktteilnahme des Unternehmens weiterhin bestehen bleibe3. Überdies sollten die Unternehmer die arbeitsrechtlichen Folgen des Outsourcing in ihre Planung mit einbeziehen. Führt das Outsourcing zur Aufstellung eines Sozialplans, der das outsoureende Unternehmen zu hohen Abfindungszahlungen an ausscheidende Arbeitnehmer verpflichtet, so ist dies bei den Kosten einer Outsourcing-Maßnahme ein entscheidender Faktor, der sogar dazu führen kann, daß dieselbe letztlich für den Unternehmer nicht rentabel ist. Ebenso beeinflußt es die Entscheidung des Unternehmers, der die Leistung fortan erbringen soll, ob er gemäß § 613 a BGB zur Übernahme der Arbeitnehmer des Betriebs oder Betriebsteils, der zuvor die Leistung erbracht hat, verpflichtet ist.

IV. Rechtliche Grundlagen des Outsourcing Neben den verschiedenen Erscheinungsformen sind mehrere Formen der rechtlichen Durchführung des Outsourcing zu unterscheiden. Zum einen kann ein Unternehmen eine bestimmte Abteilung auflösen, um die Leistung fortan fremdzubezie-

28 Köhler-Frost, in Köhler-Frost (Hrsg.), Outsourcing: eine strategische Allianz besonderen Typs, S. 13. 29 Trittin, AiB 1996, 396. 30 Hunold, Lean production, S. 1/48; Wendeling-Schröder, AuR 1995, 126 ( 127). 3t Trittin, AiB 1996, 396 (397 f.) 32 Heinze, OB 1998, 1861. 33 Heinze, OB 1998, 1861.

IV. Rechtliche Grundlagen des Outsourcing

27

hen. In diesem Fall beschränkt sich die rechtliche Beziehung zwischen den beiden Unternehmen auf den Vertrag über den Bezug der Leistung. Zum anderen kann aber eine bestimmte Abteilung, die die Leistung bislang erbracht hat, auf ein anderes Unternehmen - eventuell ein Tochterunternehmen übertragen werden. In diesem Fall tritt neben den Vertrag über den Bezug der Leistung die Frage der rechtlichen Konstruktion der Übertragung des bestimmten Bereichs. Diese Übertragung kann sich einmal schuldrechtlich und zum anderen gesellschaftsrechtlich vollziehen. Eine Outsourcing-Maßnahme kann einmal in Form der Einzelrechtsnachfolge durchgeführt werden. In diesem Fall werden schuldrechtliche Verträge, wie z. B. Kauf-, Pacht- oder Leasingverträge zur Übertragung von Einzelgegenständen auf Dritte abgeschlossen. Zum anderen ist die Durchführung des Outsourcing in Form der gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession oder der partiellen Gesamtrechtsnachfolge möglich. Diese Form der Umstrukturierung von Unternehmen regelt das UmwG. In§ 1 Abs. 2 UmwG ist ein Typenzwang festgelegt, der Umwandlungen von Rechtsträgern nur in den Formen des UmwG erlaubt. Das UmwG unterscheidet in § 1 Abs. 1 vier Arten der Umwandlung, die Verschmelzung, die Spaltung, die Vermögensübertragung sowie den FormwechseL Bei der Verschmelzung wird gemäߧ 2 UmwG das gesamte Vermögen von einem oder mehreren Rechtsträgern auf einen anderen schon bestehenden oder auf einen neu zu gründenden Rechtsträger übertragen. Für das Outsourcing ist kennzeichnend, daß Betriebe oder Betriebsteile ausgelagert oder stillgelegt werden. Bei der Verschmelzung lagert der Rechtsträger jedoch keinen Betrieb oder Betriebsteil aus, sondern schließt sich mit einem anderen Rechtsträger zusammen. Diese Form der Umwandlung bleibt im folgenden unberücksichtigt. Ebenso bleibt der Formwechsel(§§ 190 ff. UmwG) außer Betracht. Relevant ist dagegen die Spaltung, die in den§§ 123-173 UmwG geregelt ist. Das UmwG unterscheidet drei Formen der Spaltung: die Aufspaltung (§ 123 Abs. 1), die Abspaltung (§ 123 Abs. 2) sowie die Ausgliederung (§ 123 Abs. 3). Bei der Aufspaltung teilt der übertragende Rechtsträger gemäß § 123 Abs. l UmwG sein gesamtes Vermögen auf und überträgt es auf andere schon bestehende oder dadurch entstehende Rechtsträger, wobei er sich ohne Abwicklung auflöst. So kann es sich beispielsweise bei der Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft verhalten. Aber auch bei Auslagerungen von Betrieben und Betriebsteilen ist es möglich, daß die verbleibende Gesellschaft ihre Rechtsform ändert und eine Aufspaltung in diesem Sinne gegeben ist. Einer Outsourcing-Maßnahme kann demnach eine Aufspaltung gemäߧ 123 Abs. 1 UmwG zugrunde liegen. Bei der Abspaltung bleibt gemäߧ 123 Abs. 2 UmwG der übertragende Rechtsträger bestehen und überträgt bestimmte Vermögensteile auf einen schon bestehenden oder dadurch gegründeten oder auf mehrere schon bestehende oder dadurch

28

1. Kap.: Grundlagen

gegründete Rechtsträger. Dabei erhalten die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers Anteile oder Mitgliedschaften. Die Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 UmwG unterscheidet sich von der Abspaltung lediglich dadurch, daß der übertragende Rechtsträger selbst die Anteile oder Mitgliedschaften erhält. Die gesellschaftsrechtliche Abwicklung eines Outsourcing-Vorgangs geschieht in der Regel in dieser Form. Die Vermögensübertragung nach §§ 174 ff. UmwG kann als Vollübertragung nach dem Vorbild der Verschmelzung oder als Teilübertragung nach dem Vorbild der Abspaltung oder Ausgliederung geschehen. Der Unterschied liegt darin, daß hier als Gegenwert keine Beteiligungen, sondern eine Gegenleistung in anderer Form zu gewähren ist. Der Grund dafür ist die Struktur einer Reihe der für eine Vermögensübertragung zugelassenen Rechtsträger (z. B. öffentliche Hand, öffentlich-rechtliche Versicherungsuntemehmen, vgl. § 175 UmwG). Eine OutsourcingMaßnahme kann bei diesen Rechtsträgem in Form einer Vermögensteilübertragung vollzogen werden. Eine Outsourcing-Maßnahme kann demnach gesellschaftsrechtlich mit einer Spaltung sowie mit einer Vermögensteilübertragung einhergehen, wobei letztere im folgenden außer Betracht bleiben kann, weil für sie gemäß der Verweisung in § 177 UmwG die gleichen Voraussetzungen gelten wie für die Spaltung.

V. Auftragsneuvergabe Ist eine Funktion ausgelagert, kann Bedarf bestehen, den fremdvergebenen Auftrag an einen anderen Unternehmer zu vergeben. Dieses Bedürfnis kann sich daraus ergeben, daß der Unternehmer mit der Erbringung der Leistung nicht zufrieden ist und ein andererAnbietereine qualitativ höherwertige Leistung verspricht. Möglich ist auch, daß die Leistung von einem anderen Unternehmer günstiger angeboten wird. Die Auftragsneuvergabe betrifft, ebenso wie das Outsourcing, häufig Hilfsfunktionen wie z. B. die Reinigung oder die Bewachung des Betriebsgeländes, den Fahrdienst oder die Wascherei. Möglich ist aber auch, daß der Unternehmer, der z. B. ein Vorprodukt herstellt, für den Vertrieb zuständig ist oder die EDV durchführt, wechselt. Im Unterschied zum Outsourcing besteht hier in aller Regel keine Beziehung zwischen dem neuen und dem alten Auftragnehmer. Dementsprechend hat das Umwandlungsrecht bei der Auftragsneuvergabe keine Bedeutung.

2. Kapitel

Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB I. Zusammenhang mit§§ 111 ff. BetrVG Die Frage desVorliegenseines Betriebsübergangs gemäߧ 613 a BGB bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe ist für die Mitbestimmung gemäß §§ 111 ff. BetrVG von entscheidender Bedeutung. Gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG ist eine Betriebsänderung unter anderem bei einer Stillegung von Betrieben oder Betriebsteilen gegeben 1 • Grundsätzlich schließen sich die Stillegung und der Übergang eines Betriebs oder eines Betriebsteils gegenseitig aus2 . Gemäß § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG ist es die Aufgabe des Sozialplans, die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen, auszugleichen oder zu mildem. Hauptsächlich werden Abfindungen aus dem Sozialplan für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt3 . Gehen die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer infolge der Anwendung des§ 613 a BGB auf den Erwerber des Betriebes oder des Betriebsteils über, ist kein Arbeitsplatzverlust gegeben. Daneben ist problematisch, ob Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, einen Anspruch aus einem Sozialplan haben können4 • Auch für eine im Rahmen einer Umstrukturierung mitunter erforderliche Zuordnung der Arbeitnehmer zu einzelnen Betrieben und Betriebsteilen, zu der § 323 Abs. 2 UmwG eine Regelung für eine Zuordnung in einem Interessenausgleich trifft, ist § 613 a BGB relevant5. Weiterhin stellt sich die Frage der Haftung für Sozialplanansprüche, bei der im Falle eines Betriebsübergangs die Haftungsregelung des§ 613 a BGB relevant ist6 . Das Vorliegen eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB hat demnach vielfältige Auswirkungen auf eine Mitbestimmung gemäߧ§ 111 ff. BetrVG. Aus diesem Grund wird die Frage der Anwendung des§ 613 a BGB aufOutsourcing-Maßnahmen und die Auftragsneuvergabe vor der Frage der Anwendung der§§ 111 ff. BetrVG erörtert. Siehe dazu unten 3. Kapitel unter VI. 2. Siehe dazu unten unter V. 2. a) und 3. Kapitel unter VI. 2. b). 3 Siehe dazu unten 5. Kapitel unter I. 1. 4 Siehe dazu unten 5. Kapitel unter II. s Siehe dazu unten unter VI. 3. und 4. Kapitel unter V. 6 Siehe dazu unten 5. Kapitel unter V. I

2

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

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II. Anwendung des § 613 a BGB bei Umwandlungen Der Outsourcing-Vorgang kann sich zum einen als Auflösung eines Betriebs oder Betriebsteils mit anschließender Fremdvergabe der Ausführung dieser Tätigkeit vollziehen. In diesem Fall kommt die Anwendung des § 613 a BGB nicht in Betracht7 . Bleibt der Betrieb oder Betriebsteil dagegen erhalten, kann sich der Outsourcing-Vorgang entweder aufgrund einer Einzelrechtsnachfolge oder aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG vollziehen. Geht in ersterem Fall der Betrieb oder ein Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über, so geschieht dies kraft Rechtsgeschäft, so daß § 613 a BGB Anwendung finden kann. Diese Voraussetzung des Übergangs kraft Rechtsgeschäft könnte bei einer Umwandlung jedoch problematisch sein. Hier greift§ 324 UmwG ein, nach dem § 613 a Abs. 1 und 4 BGB durch eine Verschmelzung, eine Spaltung oder eine Vermögensübertragung unberührt bleibt. Wenn diese Formulierung auch nicht ganz eindeutig ist, so bedeutet dies doch nach heute ganz herrschender Auffassung8 , daß die Abs. 1 und 4 des § 613 a BGB auf die Fälle der Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung uneingeschränkt Anwendung finden. Vor Einführung des UmwG sprach sich die herrschende Meinung gegen eine Anwendung des § 613 a BGB auf die Gesamtrechtsnachfolge aus, weil das Merkmal "Übertragung durch Rechtsgeschäft" hier nicht gegeben sei9 . Das BAG 10 hat 1993 dann jedoch bei einer Verschmelzung § 613 a BGB angewandt und ist damit stärker werdenden Stimmen in der Literatur gefolgt 11 • Gegen das Argument der fehlenden Übertragung durch Rechtsgeschäft spricht in den Umwandlungsfällen bereits, daß eine Umwandlung entweder auf der Grundlage eines Verschmelzungsvertrags (§§ 4 ff. UmwG), eines Spaltungs- oder Übernahmevertrags (§§ 125 f. UmwG) oder einesVermögensvoll-oder -teilübertragungsvertrags (§ 176 UmwG) als zweiseitigem Rechtsgeschäft oder einem Spaltungsplan (§ 136 UmwG) als einseitigem Beschluß erfolgt, und demnach die Übernahme auf einem Rechtsgeschäft beruht. Die Anwendung des § 613 a BGB folgt daneben aus der Entstehungsgeschichte des Umwandlungsgesetzes. Der BT-Rechtsausschuß erklärte in seinem Siehe im Einzelnen unten unter III. und IV. Wlotzke, DB 1995, 40 (42); Willemsen, NZA 1996, 791 (798); Däubler, RdA 1995, 136 (139); Kreßel, BB 1995,925 (928); Balze!Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 304; Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 319; Heinze. ZfA 1997, I (14); Gaul, BB 1999, 526; Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 62/65; Dehmer, § 324 UmwG Rn. I; Widmann/Mayer/Vollrath, § 324 UmwG Rn. 3; zweifelnd Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061); aA Berscheid, FS für Stahlhacke, S. 15 (35). 9 BAG 08. II. 1988, NZA 1989, 679, 680 sowie die Nachweise bei Hanau, ZGR 1990, 548 (551). 10 05. 10. 1993, DB 1994, 1683 (1684). 11 So Hanau, ZGR 1990,548 (555 ff.); Willemsen, RdA 1993, 133 (134 ff.). 7

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II. Anwendung des§ 613 a BOB bei Umwandlungen

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schriftlichen Bericht, die Geltung des§ 613 a Abs. 1 und 4 BGB in§ 324 UmwG solle klargestellt werden 12• Ebenso hat der Zweck des § 613 a BGB, sicherzustellen, daß die den einzelnen Betrieben und Betriebsteilen zugeordneten Arbeitsverhältnisse auf den Unternehmer übergehen, der den Betrieb oder Betriebsteil übernimmt, in den Umwandlungsfallen ebenso seine Bedeutung wie in den Fällen der Einzelrechtsnachfolge 13. Nach überwiegender Ansicht 14 handelt sich bei § 324 UmwG um eine Rechtsgrundverweisung. Dafür spricht, daß es im Hinblick auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse keinen Unterschied macht, ob sich der Betriebsinhaberwechsel in Form einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer Einzelrechtsnachfolge vollzieht 15 . Dem würde es widersprechen, § 324 UmwG als Rechtsfolgenverweisung anzusehen und ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 613 a BGB diesen auf sämtliche Umwandlungen anzuwenden, obwohl in den Fällen der Einzelrechtsnachfolge die Voraussetzungen des§ 613 a BGB vorliegen müssen. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht Gauls 16, nach dem auch dann, wenn der Übergang von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Übertragung einzelner Vermögensgegenstände erfolgt, die ihrerseits nicht die Qualität eines Betriebs oder Teilbetriebs im Sinne des § 613 a BGB erfüllen, § 613 a BGB anzuwenden ist. § 613 a BGB finde im Umwandlungsrecht uneingeschränkte Anwendung, wenn Arbeitsverhältnisse auf einen anderen Rechtsträger übergeleitet würden. Aus dem Wortlaut des§ 324 UmwG, nach dem§ 613 a Abs. 1 und 4 BGB unberührt bleibt, folgt nicht, daß auf die Voraussetzungen des§ 613 a BGB verzichtet werden kann. Zudem führt die Auffassung Gauls zu einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, weil in den Fällen der Übertragung durch eine Einzelrechtsnachfolge den Arbeitnehmern § 613 a BGB bei einer Übertragung einzelner Vermögensgegenstände, die nicht die Qualität eines Betriebs oder Teilbetriebs im Sinne des § 613 a BGB erfüllen, nicht zugute kommt. Etwas anderes folgt entgegen Gaul 11 auch nicht aus Art. 1 Abs. 1 lit. a) der durch die Richtlinie 98/50/EG vom 29. 06. 1998 18 geänderten Richtlinie BT-Drucks. 1217850, S. 145. Wlotzke, DB 1995,40 (42); Däubler RdA 1995, 136 (139). 14 Dehmer § 324 UmwG Rn. 1; Widmann/Mayer/ Vollrath § 324 UmwG Rn. 3; Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 319; Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 71; aA Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 299/369; Gaul, BB 1999, 526 (dazu im folgenden); wohl auch Kreßel, BB 1995, 925 (928), nach dem§ 324 UmwG konstitutiv die Anwendung der Rechtsfolgen von§ 613 a Abs. 1 und 4 BOB begriindet und demnach die Fälle des UmwG ebenfalls wie Betriebsübergänge im Sinne des§ 613 a BOB zu behandeln sind. 15 Heinze, ZfA 1997, 1 (15). 16 BB 1999, 526. 17 BB 1999, 526. 1s ABlEG Nr. L 201, 17. 07. 1998, S. 88 ff. 12

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

77 I 187 IEWG 19 vom 14. 02. 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen. Danach ist die Richtlinie auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben, Unternehmens- oder Betriebsteilen auf einen anderen Rechtsträger durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar. Für die Anwendung der Richtlinie ist die Voraussetzung des lit. b), also die Identität der wirtschaftlichen Einheit, zu prüfen, die nicht zwingend bei jeder Übertragung eines Vermögensgegenstands erfüllt ist20. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie 98150 lEG läuft gemäß Art. 2 am 17. 07. 2001 ab. Aus dieser uneingeschränkten Anwendung des§ 613 a BGB auch auf die Umwandlungen nach dem UmwG folgt, daß für die Frage nach den Voraussetzungen des Betriebsübergangs nicht zwischen der Einzel- und der Gesamtrechtsnachfolge zu unterscheiden ist. Die hier noch nicht relevante Frage des umwandlungsrechtlichen Übergangs von Arbeitsverhältnissen wird unten im 4. Kapitel unter V. 1. b) aa) behandelt.

111. Die Voraussetzungen des § 613 a BGB Die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs sind maßgeblich von der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 77 I 187 IEWG des Rates vom 14. 02. 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen geprägt. Die nationalen Gerichte haben die vom EuGH entwickelte Auslegung der Richtlinie 77 /187 I EWG bei der eigenen Rechtsfindung zugrunde zu legen 21 • Die diesbezügliche Ansicht des EuGH bindet die nationalen Gerichte.

1. Identität der wirtschaftlichen Einheit Nach der Neufassung durch die Richtlinie 981501EG definiert Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 77/187 IEWG, vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels, den Übergang im Sinne dieser Richtlinie ABIEGNr.L61 , 05.03.1977, S.26ff. Zur Identität der wirtschaftlichen Einheit als Voraussetzung für die Anwendung des § 613 a BGB siehe unten unter 111. I. 21 EuGH 18. 03. 1986, Rs. 24/85 (Spijkers), EuGHE 1986, 1119 (1129), Rn. 14. 19

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III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB

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als Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit22. Schon seit 1986 steht nach der Rechtsprechung des EuGH23 die Identität der wirtschaftlichen Einheit als Voraussetzung für einen Betriebsübergang im Sinne der Richtlinie 77 I 187 IEWG fest. Entscheidend für einen Betriebsübergang im Sinne der Richtlinie 77 I 187 IEWG ist, daß Gegenstand der Übertragung eine wirtschaftliche Einheit ist und diese trotz des Inhaberwechsels ihre Identität bewahrt, was namentlich dann zu bejahen ist, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wiederaufgenommen wird24. Eine wirtschaftliche Einheit ist eine auf Dauer angelegte organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung25 . Bei der Frage, ob eine Identität der wirtschaftlichen Einheit anzunehmen ist, sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere sind Merkmale hierfür die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit26• Eine wirtschaftliche Einheit darf nicht als bloße Tatigkeit verstanden werden, sondern ihre Identität ergibt sich aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln27• Die wirtschaftliche Einheit kann vor allem in Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, auch in einer Gesamtheit von Arbeitnehmern bestehen, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind28 . Ein Betriebsübergang kann also auch durch die

ABlEG Nr. L 201, 17. 07. 1998, S. 88 (89). 18. 03. 1986, Rs. 24/85 (Spijkers), EuGHE 1986, 1119 (1128), Rn. 12. 24 EuGH 18. 03. 1986, Rs. 24/85 (Spijkers), EuGHE 1986, 1119 (1128), Rn. 12; EuGH 07. 03. 1996, Rs. C-171/94 und C-172/94 (Merckx und Neuhuys), EuGHE 1996, I 1253 (1273), Rn. 16; EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997, 628 (629), Rn. 10; EuGH 10. 12. 1998, Rs. C-173/96 und C-247/96 (Sanchez Hidalgo und Ziemann), NJW 1999, 1697 (1698), Rn. 21. 25 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (629), Rn. 13. 26 EuGH 18. 03. 1986, Rs. 24/85 (Spejkers), EuGHE 1986, 1119 (1128 f.), Rn. 13; EuGH 15. 06. 1988, Rs. 101/87 (Bork), EuGHE 1988, 3057 (3076 f.), Rn. 15; EuGH I 1. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (629), Rn. 14; EuGH 10. 12. 1998, Rs. C-173/96 und C-247/96 (Sanchez Hidalgo und Ziemann), NJW 1999, 1697 (1698), Rn. 29. 27 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997, 628 (629), Rn. 15; EuGH 10. 12. 1998, Rs. C-173/96 und C-247/96 (Sanchez Hidalgo und Ziemann), NJW 1999, 1697 (1698), Rn. 30. 22 23

3 Römer

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals ausgelöst werden29.

2. Änderungen in der Rechtsprechung des BAG Vorweg ist zu bemerken, daß das BAG in den neuen Entscheidungen die Grundsätze des EuGH übernommen hat. Nach der früheren Rechtsprechung des BAG30 lag ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB nur dann vor, wenn bestimmte sächliche und I oder immaterielle Betriebsmittel übertragen wurden und der neue Inhaber mit ihnen bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen konnte. Die Arbeitnehmer waren nicht Gegenstand des Betriebs, weil der Übergang der Arbeitsverhältnisse allein als Rechtsfolge und nicht als Tatbestandsvoraussetzung des § 613 a BGB angesehen wurde31 . Die Arbeitnehmer konnten jedoch schon nach dieser Rechtsprechung dann für einen Betriebsübergang Bedeutung erlangen, wenn der Betriebserwerber einen oder mehrere wesentliche Know-how-Träger vom Betriebserwerber übernahm, wobei das Know-how zu den immateriellen Betriebsmitteln zählt32 . Entscheidend war, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortführen konnte, wobei nicht alle Wirtschaftsgüter, die bisher zum Betriebsvermögen gehörten, auf den Erwerber übergehen mußten33 . Bei der Frage, welche Betriebsmittel Gegenstand des Übergangs sein müssen, unterschied das BAG34 zwischen Produktionsunternehmen einerseits sowie Handels- und Dienstleistungsunternehmen andererseits, wobei in ersterem Fall die Übernahme der sächlichen Betriebsmittel entscheidend war, es in letzteren Fall dagegen insbesondere auf die immateriellen Betriebsmittel, wie Kundenstamm, Kundenlisten, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, Knowhow und Good-will ankam. In einer neueren Entscheidung betont das BAG35 , daß diese Unterscheidung nicht bedeute, daß jeweils allein auf das genannte Kriterium 28 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997, 628 (629), Rn. 21; EuGH 10. 12. 1998, Rs. C-173/96 und C-247/96 (Sanchez Hidalgo und Ziemann), NJW 1999, 1697 (1698), Rn. 26. 29 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (629), Rn. 21. 30 25. 02. 1981, BAGE 35, 104 (106); 22. 05. 1985, NZA 1985, 775 (776); 16. 10. 1987, AP Nr. 69 zu§ 613 a BGB, 81. 3 R; 14. 07. 1994, NZA 1995, 27. 31 BAG 25. 02. 1981, BAGE 35, 104 (106); BAG 22. 05. 1985, NZA 1985, 775 (776); BAG 16. 10. 1987, AP Nr. 69 zu§ 613 a BGB, 81. 3 R; BAG 14. 07. 1994, NZA 1995,27. 32 BAG 10. 06. 1988, AP Nr. 82 zu§ 613 a BGB, 81. 4 f.; BAG 09. 02. 1994, AP Nr. 104 zu§ 613 aBGB, 81. 2R. 33 BAG 22. 05. 1985, NZA 1985,775 (776); BAG 27. 04. 1995, DB 1995, 1914. 34 BAG 29. 09. 1988, NZA 1989,799 (800). 35 BAG 14. 07. 1994, NZA 1995, 27 (28).

III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB

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abzustellen sei, sondern bei der Beurteilung stets eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen sei. Zu diesen würden die Art des Unternehmens, die Übertragung oder Nichtübertragung von Vermögensgegenständen, der Belegschaft, des Kundenstammes sowie die Vergleichbarkeit der Unternehmerischen Aktivität vor und nach dem Übergang gehören. Das BAG36 schließt sich in seinen neuen Entscheidungen der Rechtsauffassung des EuGH an und legt dieselben Merkmale des Betriebsübergangs zugrunde wie der EuGH. Auch für das BAG37 ist unter Betrieb im Sinne des § 613 a BGB eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit zu verstehen. Es handelt sich um eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung, deren Identität sich aus den verrichteten Tätigkeiten, dem Personal, den Führungskräften, der Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden und den zur Verfügung stehenden materiellen und immateriellen Betriebsmitteln ergibt. Insbesondere hält das BAG38 die Rechtsprechung nicht mehr aufrecht, daß der Übergang der Arbeitsverhältnisse nur Rechtsfolge und nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 613 a BGB sei und es deshalb für das Vorliegen eines Betriebsübergangs nicht rechtserheblich sei, ob ein Übergang der Arbeitsverhältnisse stattfinde. Vielmehr kommt jetzt der Übernahme des Personals ein gleichwertiger Rang neben den anderen möglichen Kriterien des Betriebsübergangs zu39 Gerade bei betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken, bei denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch ihre gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit in diesem Sinne darstellen40. So hat das BAG41 die in einer Universität als Reinigungskräfte eingesetzten und von dem neuen Unternehmer übernommenen 60 von zuvor 70 Arbeitnehmern als wirtschaftliche Einheit angesehen, weil es bei Reinigungsaufgaben im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Im Gegensatz zur früheren Ansicht des BAG gehören die Arbeitnehmer jetzt mit zum Betriebsbegriff des § 613 a BGB. Die sonstigen Merkmale, die auch schon früher herangezogen wurden, haben innerhalb einer Gesamtbetrachtung weiterhin Bestand.

36 22.05. 1997, ZIP 1997, 1555 ff.; 26.06. 1997, ZIP 1997, 1975 ff.; 11. 09. 1997, DB 1997, 2540 f.; 13. 11. 1997, BB 1998, 319 f.; 11. 12. 1997, BB 1998, 696 f.; 11. 12. 1997, BB 1998,698 f.; 22. 01. 1998, NZA 1998,536 ff.; 22. 01. 1998, NZA 1998, 638 ff.; 12. 11. 1998, NJW 1999, 1131 f.; 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 ff. 37 BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698; 22. 01. 1998, NZA 1998,536 (537). 38 So ausdrücklich BAG 22. 05. 1997, ZIP 1997, 1555 (1558); BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698 (699). 39 BAG 22. 05. 1997, ZIP 1997, 1555 (1558). 40 BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698; BAG 22. 05. 1997, ZIP 1997, 1555. 41 BAG 11.12.1997,BB 1998,698(699).

3*

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

3. Abgrenzung zur Funktionsnachfolge Nach der Rechtsprechung des EuGH42 und des BAG43 ist eine reine Funktionsnachfolge kein Betriebsübergang. Ein Betriebsübergang ist dann nicht gegeben, wenn weder eine Übertragung relevanter materieller oder immaterieller Betriebsmittel von dem einen auf den anderen Unternehmer noch die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des von dem einen Unternehmer zur Durchführung des Vertrags eingesetzten Personals durch den anderen Unternehmer vorliegt. Eine für einen Übergang erforderliche wirtschaftliche Einheit darf nicht als bloße Tatigkeit verstanden werden, so daß der Umstand, daß die von dem neuen und dem alten Auftraggeber erbrachten Dienstleistungen ähnlich sind, nicht den Schluß auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs zuläßt44 • Ein Betriebsübergang liegt also nicht schon dann vor, wenn bei der (Neu-) Vergabe eines Auftrags der neue Auftragnehmer dieselbe Tatigkeit ausführt, aber weder Betriebsmittel noch Arbeitnehmer von dem früheren Auftragnehmer übernommen werden. Bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe kann nur dann ein Betriebsübergang ausgelöst werden, wenn der Unternehmer, der die Leistung fortan erbringt, Betriebsmittel und/ oder Arbeitnehmer übernimmt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den Schluß auf die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit zulassen. Schließt beispielsweise eine Kaufhauskette in ihren Verkaufsstätten ihre Kundendienstabteilungen und läßt die Kundendienste zentral von einem Fremdunternehmen ausführen, das weder Betriebsmittel noch Personal übernimmt, liegt kein Betriebsübergang vor45 . Dementsprechend hat der Rat die Richtlinie 77 I 187 /EWG mit der Richtlinie 98 I 50 I EG46 dahingehend geändert, daß als Übergang im Sinne der Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit gilt [Art. l Abs. l lit. b)]. Gehen weder materielle bzw. immaterielle Betriebsmittel noch Personal über, liegt auch kein Übergang von Ressourcen vor.

42 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (629), Rn. 15; EuCH 10. 12. 1998, Rs. C-173/96 und C-247/96 (Sanchez Hidalgo und Ziemann), NJW 1999, 1697 (1698), Rn. 30. 43 01. 04. 1998, NZA 1998, 768 (770); 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 (1133). 44 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (629), Rn. 15. 45 BAG 22. 01. 1998, NZA 1998, 536. Das BAG führt dort (538) aus, daß die Kundenbeziehungen, die auch ein Indiz für einen Betriebsübergang sein können, in einem solchen Fall nicht langfristig angelegt sind, sondern auf dem Wunsch beruhen, ein Gerät dort reparieren zu Jassen, wo es erworben wurde. Die Bindung werde über den Kauf der Ware und nicht über eine ständige Serviceleistung oder Vertragsbeziehung hergestellt. 46 ABlEG Nr. L 201, 17. 07. 1998, S. 88 (89).

III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB

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Anders hatte der EuGH noch in dem Urteil "Christel Schmidt"47 entschieden. Dort wollte eine Sparkasse ihre bisher selbst durch eine Arbeitskraft wahrgenommene Reinigungstätigkeit auf ein externes Reinigungsunternehmen auslagern. Dieses Reinigungsunternehmen bot der Klägerirr Christel Schmidt an, sie zu übernehmen, jedoch zu schlechteren Arbeitsbedingungen. Irrfolge eines Umbaus der Sparkasse hatte sich die Reinigungsfläche erheblich erhöht und das Entgelt sollte nur geringfügig über dem bislang gezahlten liegen. Die Klägerirr lehnte dieses Angebot ab und klagte gegen die von der Sparkasse ausgesprochene Kündigung. Der EuGH sprach sich für die Anwendung der Richtlinie 77 I 187 I EWG in einem solchen Outsourcing-Fall aus. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ergebe sich unter anderem daraus, daß die Tätigkeit nach dem Übergang des Unternehmens dieselbe oder zumindest eine gleichartige bleibe48 . Da vorliegend dieselbe Tätigkeit tatsächlich weiter geführt worden sei, was auch durch das Angebot des Erwerbers zur Übernahme der Klägerirr zum Ausdruck komme, sei ein typisches Merkmal eines Vorgangs erfüllt, der von der Richtlinie 77 I 187 /EWG erfaßt werde und in dem die Klägerirr des Schutzes hierdurch bedürfe49. Diese Entscheidung des EuGH hatte für große Verwirrung gesorgt und ist in der Literatur ganz überwiegend auf Ablehnung gestoßen50. Dies riihrte in erster Linie daher, daß das BAG bis dato für einen Betriebsübergang gefordert hatte, daß bestimmte sächliche und/ oder immaterielle Betriebsmittel übergehen51 • Ein Übergang von Betriebsmitteln war jedoch in der Christel-Schmidt-Entscheidung nicht gegeben. Die Reinigung der Sparkasse wird durch die Reinigungskraft und ihre Tätigkeit charakterisiert. Die sächlichen Betriebsmittel, wie Reinigungsgeräte und Verbrauchsstoffe haben demgegenüber nur geringe Bedeutung52. Demnach konnte durch einen eventuellen Übergang dieser Betriebsmittel kein Betriebsübergang ausgelöst werden und dennoch hat sich der EuGH für einen Betriebsübergang ausgesprochen. Vielmehr kann nach dieser Entscheidung die Identität der wirtschaftlichen Einheit, die Voraussetzung für einen Betriebsübergang ist, bereits dann gegeben sein, wenn die gleiche oder eine im wesentlichen gleichartige Geschäftstätigkeit von einem neuen Unternehmer tatsächlich fortgeführt wird. Der alleinige Übergang einer Arbeitsaufgabe bzw. der Verantwortung für die Erledigung der Arbeiten (Funktionsnachfolge) kann also für einen Betriebsübergang ausreichen. Trittin 53 ist dagegen der Ansicht, daß die bloße Übertragung einer Arbeitsaufgabe für sich allein nach dieser Entscheidung nicht ausreiche, sondern der EuGH an47

EuGH 14. 04. 1994, Rs. C-392/92, DB 1994, 1370 f .

48

EuGH 14. 04. 1994, Rs. C-392/92 (Schmidt), DB 1994, 1370 (1371), Rn. 17.

49

EuGH 14. 04. 1994, Rs. C-392/92 (Schmidt), DB 1994, 1370 (1371), Rn. 17.

Buchner; DB 1994, 1417 ff.; Lutter; ZIP 1994, 1514 f.; Voss, NZA 1995, 205 ff.; aA Zwanziger, DB 1994, 2621 ff. 5o 51 52 53

Siehe oben unter 2. BAG 11. 12. 1997, BB 1998,698 (699). DB 1997, 1333 (1334).

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

hand des aufgeführten Kriterienkatalogs die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit "Reinigung der Sparkasse" gewahrt gesehen hatte, weil der betreffenden Reinigungskraft die Fortführung ihrer Arbeit angeboten worden war und sich die Tätigkeiten durch den Übergang nicht veränderten. Dieses Angebot zieht der EuGH aber nur als Argument für die Gleichartigkeit der Tätigkeit heran (Rn. 17). Er führt nicht aus, daß dieses für sich gesehen ein Merkmal der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist. Daß eine Gleichartigkeit der Tätigkeit in den Fällen der Funktionsnachfolge gegeben ist, ist aber unzweifelhaft. Aus der Argumentation Trittins folgt demnach nicht, daß der EuGH nicht schon bei einer Funktionsnachfolge einen Betriebsübergang bejaht. Vielmehr ist die Gleichartigkeit der Tätigkeit in diesem Fall für den EuGH das entscheidende Merkmal für die Identität der wirtschaftlichen Einheit (Rn 17). In dem Urteil "Ayse Süzen"54 war die Klägerin, Ayse Süzen, mit sieben Kolleginnen als Beschäftigte einer Reinigungsfirma in den Räumlichkeiten einer Schule tätig. Nach 15 Jahren wurde der Reinigungsvertrag gekündigt und die Aufgabe an eine andere Firma vergeben, die sechs der mit der Gebäudereinigung beschäftigten Arbeitskräfte, nicht jedoch die Klägerin übernahm. Diese erhob daraufhin Klage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung. Gemäß Rn. 15 des Urteils "Ayse Süzen" führt allein die Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang nicht zu einer Bejahung der Identität der wirtschaftlichen Einheit, weil eine Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden dürfe. Diese Einheit ergibt sich nach dem Urteil vielmehr aus anderen Merkmalen, wie dem Personal, den Führungskräften, der Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden sowie gegebenenfalls aus den Betriebsmitteln. Diese Betrachtungsweise entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH, nach der, wie dargestellt55, sämtliche den Betriebsübergang ausmachenden Umstände zu berücksichtigen sind. Bei "Christel Schrnidt" bejaht der EuGH den Betriebsübergang nur aufgrund des Merkmals der gleichartigen Tätigkeit vor und nach dem Übergang. Hiervon weicht der EuGH in Rn 15 bei "Ayse Süzen" ausdrücklich ab, indem er die bloße Tätigkeit nicht als wirtschaftliche Einheit betrachtet. Es liegt daher eine Abkehr von "Christel Schmidt" vor. So wird auch in der Literatur überwiegend die Abkehr von "Christel Schmidt" begrüßt und die entstandene Unsicherheit durch die neue Ent54 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95, DB 1997,628 ff. Hervorzuheben ist bei diesem Urteil, daß der EuGH die Entscheidung nicht in einer Kanuner, sondern im sogenannten ,,kleinen" Plenum getroffen hat, das aus dem Präsidenten des Gerichtshofs, drei Kanunerpräsidenten sowie sieben Richtern besteht. Die Christel-Schmidt-Entscheidung wurde hingegen in der fünften Kanuner, der fünf Richter angehören, getroffen. Für Vorabentscheidungsersuchen, wie das des ArbG Bonn (30. 11. 1994, NZA 1995, 311 [312]), gilt gemäß Art. 95 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (Abgedruckt bei DäublerI Kittner I Lörcher; Internationale Arbeits- und Sozialordnung, S. 1455 ff.), daß von der Sache her bedeutende oder schwierige Fälle stets vom Plenum entschieden werden. Der EuGH hat also dem Urteil .,Ayse Süzen" besondere Bedeutung beigemessen. 55 Siehe oben unter 1.

III. Die Voraussetzungen des § 613 a BGB

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scheidung beseitigt gesehen, weil die bloße Funktionsnachfolge für einen Betriebsübergang nun nicht mehr ausreiche56.

4. Das Merkmal "Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals" Beim Outsourcing und insbesondere bei der Auftragsneuvergabe ist das Merkmal der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft von besonderer Bedeutung, weil sich vor allem bei der Auslagerung von Hilfsfunktionen oder der Auftragsneuvergabe in diesem Bereich, mitunter allein danach die Anwendung des § 613 a BGB richtet. Bleibt durch die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals die Identität der wirtschaftlichen Einheit erhalten, wird also ein Betriebsübergang ausgelöst, so führt dies dazu, daß alle Arbeitnehmer des Betriebs oder Betriebsteils zu übernehmen sind. Der neue Unternehmer hat nicht nur die Arbeitsverhältnisse fortzuführen, durch deren freiwillige Übernahme der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB ausgelöst wird, sondern auch diejenigen, die er nicht übernehmen wollte. a) Begriffsbestimmung In ständiger Rechtsprechung betont der EuGH, daß die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft ein Indiz für oder gegen einen Betriebsübergang sein kann57• Gemäß Rn 21 des Urteils "Ayse Süzen"58 kann in Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, die ihre Identität wahrt, wenn der neue Unternehmensinhaber einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt und die betroffene Tätigkeit weiterführt. Der Unternehmensinhaber erwerbe eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die die Fortsetzung der Tätigkeit oder bestimmter Tätigkeiten des friiheren Unternehmens auf Dauer erlaube. Dabei kommt es auf die tatsächliche Übernahme der Arbeitnehmer und darauf an, daß der Übernehmer mit diesen die Tätigkeit auch tatsächlich fortführt.

56 Heinze, DB 1997, 677 (678); Buchner, NZA 1997, 408 (409); Brößke, BB 1997, 1412; Trittin, DB 1997, 1333 f., ist der Ansicht, der EuGH habe das Urteil "Christel Schmidt" bestätigt. Dies beruht auf seiner oben unter b) dargestellten, dort abgelehnten Auffassung. 57 Siehe oben unter I. 58 EuGH 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (630).

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

40

Das BAG59 hat diese Voraussetzung dahingehend konkretisiert, daß die Übernahme einer organisierten Gesamtheit von Arbeitnehmern einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang darstellt, wenn der neue Auftragnehmer aufgrund eigenen Willensentschlusses die durch ihre gemeinsame Tätigkeit verbundenen Arbeitnehmer übernommen hat, weil sie in der Lage sind, den Neuauftrag wie bisher auszuführen. Das BAG60 knüpft dabei entscheidend an den Fortbestand der vom vorherigen Unternehmer geschaffenen Arbeitsorganisation an. Fraglich ist, welche Bedeutung dem Merkmal der Sachkunde in diesem Zusammenhang zukommt. Das BAG hat in einem Urteil vom 11. 12. 199761 , das die Fremdvergabe eines Reinigungsauftrags betraf, einen Betriebsübergang durch Übernahme des Personals bejaht, weil85% der früheren Arbeitnehmer in ihren angestammten Funktionen weiterbeschäftigt wurden. Nach dieser Entscheidung kommt dem Know-how der Arbeitnehmer dann keine entscheidende Bedeutung für die Identität der wirtschaftlichen Einheit zu, wenn für eine auf dem Markt angebotene Dienstleistung ein geringer Qualifikationsgrad der Arbeitnehmer genügt und diese leicht austauschbar sind. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit wird vielmehr dann gewahrt, wenn der neue Unternehmer die Arbeitnehmer an ihren alten Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben weiterbeschäftigt, weil er in diesem Fall eine bestehende Arbeitsorganisation übernimmt und keine neue aufbaut62. Zusammenfassend führt das BAG aus, daß dann, wenn die Arbeitnehmer einen geringen Qualifikationsgrad aufweisen, eine hohe Anzahl von ihnen weiterbeschäftigt werden muß, damit die Organisation fortbesteht. Ist für den Betrieb eher das Spezialwissen und die Qualifikation der Arbeitnehmer prägend, so kann neben anderen Kriterien ausreichen, daß Teile der Belegschaft übernommen werden, die wegen ihrer Sachkunde wesentlich sind63 . In diesem Fall zeichnet sich die Identität des Betriebs oder des Betriebsteils vor allem durch diese Arbeitnehmer aus. Dabei ist in dem Fall der geringen Qualifikation mit der hohen Anzahl nicht eine absolut gesehen große Anzahl gemeint, sondern es muß sich um einen hohen Anteil der Beschäftigten handeln. Es ist also entscheidend, ob der Übernehmer mit dem übernommenen Personal die Tätigkeit so wie zuvor weiterführen kann und er eine bestehende Organisation übernimmt. In dem genannten Fall trug nach dem BAG zur Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit auch die Übernahme der Vorarbeiterin bei, die die Strukturen des Betriebs kannte und durch eine Weiterentwicklung der Strukturen die Personalreduzierung von 15 % abfangen konnte64. Auch hieran wird deutlich, daß es darauf ankommt, ob der Übernehmer nur durch die Übernahme des Perso59

60 61 62 63

64

13. 11. 1997, BB 1998,319 f. ; 10. 12. 1998, DB 1999,539. 11. 12. 1997, BB 1998,698 (699); 10. 12. 1998, DB 1999,539 (540). BB 1998, 698 f. BAG 11. 12. 1997, BB 1998,698 (699). BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698 (699); 10. 12. 1998, DB 1999,539 (540). BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698 (699).

III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB

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nals die Tätigkeit fortführen kann und auch fortführt. Zwingend ist die Übernahme eines solchen höher qualifizierten Arbeitnehmers jedoch nicht, um das Vorliegen eines Betriebsübergang annehmen zu können. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu beachten. Bedenken gegen diese Lösung äußert Lorenz65 . Zwar spreche die Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer dafür, die Übernahme von Reinigungskräften als nach "Sachkunde wesentlich" zu beurteilen, der Wortlaut des Ayse-Süzen-Urteils lege es jedoch nahe, betriebsspezifische Kenntnisse zu fordern, die zumindest nicht in einer kurzen Anlernzeit erworben werden könnten. In der Tat könnte aus der Definition des EuGH, daß ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals übernommen werden muß, geschlossen werden, daß ein gewisser Grad an Sachkunde zu fordern ist. Es ist aber nicht ersichtlich, daß es sich um eine Sachkunde im Sinne einer besonderen Qualifikation handeln muß. Vielmehr ist diese Voraussetzung so zu deuten, daß die Sachkunde des übernommenen Teils der Arbeitnehmer so wesentlich sein muß, daß die Tätigkeit fortgeführt werden kann. Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit ist eben dann nicht gegeben, wenn die Sachkunde der übergehenden Arbeitnehmer insgesamt nicht ausreicht, um den Betrieb fortzuführen. In dem Fall, in dem es sich um einfache Tätigkeiten handelt, ist die Sachkunde der Reinigungstätigkeit wesentlich genug, um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit zu bejahen. Dafür, daß dies ausreichend ist, spricht auch, daß der EuGH diese Entscheidung auf den eine Reinigungstätigkeit betreffenden Vorlagebeschluß des ArbG Bonn hin getroffen hat. Zwar wird im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EGV nicht das konkrete Verfahren entschieden, sondern es werden - unter anderem - abstrakt Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts beantwortet66, doch läßt die Aufstellung dieser Regelung anhand dieses Falles auf die genannte Auslegung schließen. Im übrigen wäre Konsequenz der Auffassung Lorenz ', daß ein Betriebsübergang durch Übernahme des Personals in den Fällen, in denen die Tätigkeit keine besondere Qualifikation erfordert, häufig nicht möglich wäre. Dies würde zu einer Ungleichbehandlung dieser Arbeitnehmer gegenüber solchen mit höherer Qualifikation führen, die mit dem Schutzzweck des§ 613 a BGB nicht zu vereinbaren ist. Es ist also stets eine Kombination aus Quantität und Qualität der Arbeitskräfte vorzunehmen. Ein Unternehmer, der eine gewisse Anzahl des Personals zur Reinigung übernimmt, kann allein mit diesen das Arbeitsergebnis erzielen. Handelt es sich jedoch um komplizierte Tätigkeiten, so muß der Unternehmer die wesentlichen Know-how-Träger und die Führungskräfte übernehmen, um die Tätigkeit weiterführen zu können. Auf den Reinigungsbereich bezogen bedeutet dies, daß eine Übernahme des wesentlichen Teils des Personals ausreichend ist. Das Merkmal eines nach "Sachkunde" wesentlichen Teils steht der Annahme eines Betriebs-

65 66

ZIP 1997, 531 (533). Von der Groeben I Thiesing I Eh1ermann I Krück, Art. 177 EGV Rn. 21 I 86.

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

Übergangs nicht entgegen, weil bestimmte Spezialkenntnisse nicht erforderlich sind67 • Der Erwerber muß eine bestehende Organisation übernehmen. Erforderlich ist dabei nicht, daß er alle Arbeitnehmer des Betriebs übernimmt, denn dann wäre das Merkmal des nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft überflüssig. Aus diesem Grund ist für einen Betriebsübergang durch Übernahme des Personals auch nicht erforderlich, daß der Unternehmer das Arbeitsergebnis durch die Übernahme exakt so wie zuvor erzielen kann, weil dies nur bei Übernahme aller Arbeitnehmer möglich ist. Entscheidend ist, ob der Unternehmer mit dem übernommenen Personal die bisherige Tätigkeit weitgehend unverändert weiterführen kann und auch weiterführt, ohne daß er eigenes bzw. neu einzustellendes Personal in erheblichem Maße einsetzen muß68 • Eine genaue Quote, wann z. B. in den Fällen der geringen Qualifikation ein nach Anzahl wesentlicher Teil gegeben ist, kann nicht aufgestellt werden. Vielmehr ist dies vom Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände abhängig. Es kommt darauf an, ob eine bestehende Organisation übernommen wird, ob also letztlich der Betrieb oder Betriebsteil so bestehen bleibt wie zuvor und nur der Inhaber wechselt. Die sich aus der Belegschaft zusammensetzende wirtschaftliche Einheit muß ihre Identität wahren. Ein nach Anzahl wesentlicher Teil dürfte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn die Anzahl der neu einzustellenden Arbeitnehmer gegenüber der bisherigen Belegschaft unbedeutend erscheint. Ein Betriebsübergang durch Übernahme der Belegschaft ist dann nicht gegeben, wenn Personen mit höherer Qualifikation, die dem Betrieb I Betriebsteil ein Gepräge geben, nicht übernommen werden. Ist es notwendig, viele und I oder hochqualifizierte Arbeitnehmer neu einzustellen, so ist ein Betriebsübergang abzulehnen. Handelt es sich dagegen um einen unbedeutenden Teil, der neu eingestellt werden muß, so ist ein Betriebsübergang gegeben. Die Übernahme höher qualifizierter Arbeitnehmer, deren Know-how dem Betrieb ein entscheidendes Gepräge gibt, kann die fehlende Übernahme einer großen Anzahl geringer qualifizierter Arbeitnehmer kompensieren. Dem Merkmal, daß eine bestehende Organisation übernommen werden muß, kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu. So hat das BAG69 einen Betriebsübergang in einem Fall der Auftragsneuvergabe bei einfachen Tätigkeiten in einem Krankenhaus (Wechseln von Betten, Transport von Essen, Getränken und Medikamenten, Abholen von Müll), bei der 75% der Belegschaft übernommen wurden, verneint. Zum einen war entscheidend, daß es sich nicht um Arbeitsplätze handelte, die hohe Anforderungen an die Qualifikation der Arbeitnehmer stellten. Daneben war ausschlaggebend, daß keine Betriebsmittel übernommen wurden und vor allem, daß es an der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor

67

68 69

Preis/Steffan, DB 1998, 309 (310). Brößke, BB 1997, 1412 (1413). 10. 12. 1998, DB 1999, 539 (540).

III. Die Voraussetzungen des § 613 a BGB

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und nach dem Übergang fehlte, weil der neue Auftragnehmer eine neue Ablaufund Arbeitsorganisation eingeführt hatte. Auch daran zeigt sich, daß das Merkmal der Übernahme des Personals innerhalb einer Gesamtschau aller für einen Betriebsübergang relevanten Merkmale zu berücksichtigen ist. In Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, ist es möglich, daß allein dadurch die Anwendung des § 613 a BGB ausgelöst wird. Ebenso können aber auch andere Gegebenheiten, die für oder gegen einen Betriebsübergang sprechen, hinzutreten bzw. kann die Übernahme von Arbeitnehmern andere Merkmale ergänzen. So kann die fehlende Übernahme von Personal unter Umständen gegen einen Betriebsübergang sprechen. b) Betrieb I Betriebsteil mit einem oder wenigen Arbeitnehmern Fraglich ist, ob ein Betriebsteilübergang auch in Betracht kommt, wenn, wie im Fall Christel Schmidt, das gesamte Personal eines Betriebs oder Betriebsteils aus einer einzigen Arbeitskraft besteht. Stellt man allein darauf ab, ob die Fortführung der Tätigkeit für den neuen Unternehmer möglich ist, so müßte man einen Betriebsübergang bejahen. Dies wird auch dadurch unterstützt, daß der EuGH weder auf die Größe eines Betriebes oder Betriebsteils noch auf die absolute Anzahl der übergehenden Arbeitnehmer abstellt. Für Brößke70 stellt sich jedoch die Frage, ob in einem solchen Fall von einer ebenso vom EuGH geforderten "organisierten Gesamtheit von Faktoren"71 gesprochen werden kann. Eine Antwort auf diese Frage gibt Brößke jedoch nicht. Bei der Reinigung von Räumen durch eine Arbeitskraft könnte diese Gesamtheit nur letztlich nur in der Person, die diese Arbeit ausführt, in Verbindung mit der Tätigkeit der Reinigung bestehen, da den Betriebsmitteln in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Fraglich ist, wann eine solche Gesamtheit von Faktoren zu bejahen ist.

aa) Anhaltspunkte in der Rechtsprechung des EuGH und des BAG

Der EuGH spricht in Rn 21 des Ayse-Süzen-Urteils72 von einer "Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind", als organisierter Gesamtheit von Faktoren, die dem Arbeitgeber die Fortsetzung der Tätigkeit erlaubt. Der betreffende Betrieb bzw. Betriebsteil identifiziert BB 1997, 1412 (1413). 11. 03. 1997, Rs. C-13/95 (Süzen), DB 1997,628 (630), Rn. 21. n 11. 03. 1997, Rs. C-13/95, DB 1997,628 ff.

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BOB

sich danach also durch die dort tätigen Arbeitnehmer und deren Verbindung untereinander durch die gemeinsame Tätigkeit. Diese Arbeitnehmer bilden eine Organisation, die in der Lage ist, das jeweilige Arbeitsergebnis zu erzielen. Übernimmt der Erwerber diese Organisation, so bleibt die Identität des Betriebes erhalten. In dem Fall der einen Arbeitskraft besteht keine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die dauerhaft verbunden sind. Dennoch bildet diese Arbeitskraft eine Organisation, die in der Lage ist, das Arbeitsergebnis zu erzielen. Das BAG73 führt aus, daß sich die Tätigkeitsbereiche, in denen die Arbeitnehmer leicht austauschbar sind, durch ihre Arbeitsorganisation, der sich daraus ergebenden Aufgabenzuweisung an den einzelnen Arbeitnehmer und dem in der Organisationsstruktur verkörperten Erfahrungswissen auszeichnen. Beschäftige der neue Unternehmer die Arbeitnehmer an den alten Arbeitsplätzen weiter, übernehme er eine bestehende Arbeitsorganisation. In den Fällen, in denen die Tätigkeit nur durch einen oder wenige Arbeitnehmer ausgeführt wird, zeichnet sich die Arbeitsorganisation nicht durch die Aufgabenzuweisung an den einzelnen Arbeitnehmer und einem Erfahrungswissen, das in dieser Organisationsstruktur verkörpert ist, aus. Legt man diese Ausführung zugrunde, wäre ein Betriebsübergang zu verneinen. Fraglich ist aber, ob das BAG einen allgemeinen Auslegungshinweis geben wollte, oder ob es sich um eine Argumentation handelte, die in dem Einzelfall für einen Betriebsübergang sprach, das BAG dantit aber nicht einen Betriebsübergang in anders gelagerten Konstellationen verneinen wollte. Neben dieser Unklarheit ist zu beachten, daß das BAG ntit dieser Ausführung verneint, daß eine besondere Sachkunde der Arbeitnehmer notwendig ist, um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit zu bejahen74. Vielmehr sei ein Betriebsübergang in diesen Bereichen dann gegeben, wenn eine hohe Anzahl von Arbeitnehmern weiterbeschäftigt werde. Es muß sich um einen großen Anteil der zuvor beschäftigten Arbeitnehmer handeln, wontit nicht gesagt ist, daß es sich absolut gesehen um eine große Anzahl handeln muß. Der Übergang einer großen Anzahl der zuvor beschäftigten Arbeitnehmer ist notwendig, um die Tätigkeit weiterführen zu können. Die Argumentation dient demnach zurrundest auch dazu, einen Betriebsübergang wegen der unveränderten Fortführung des Betriebs zu bejahen. Letztere ist jedoch auch dann gegeben, wenn in einem Betrieb oder Betriebsteil nur einer oder wenige Arbeitnehmer tätig sind. bb) Lösung ausgehend von dem Merkmal der wirtschaftlichen Einheit

Den Ansatzpunkt für die Beantwortung dieser Frage muß die Identität einer wirtschaftlichen Einheit vor und nach dem Übergang bilden. Eine wirtschaftliche Einheit, also ein Betrieb, ist eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sa73

74

11. 12. 1997, BB 1998,698 (699). Siehe dazu oben unter a).

III. Die Voraussetzungen des§ 613 a BGB

45

chen, bzw. nur von Personen, zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung75 • Bei einer Arbeitskraft ist keine Gesamtheit von Personen und Sachen bzw. nur von Personen gegeben. Fraglich ist, ob dennoch eine wirtschaftliche Einheit gegeben sein kann. Die Personen und Sachen sind zusarnrnengefaßt organisiert, um den Zweck bzw. den Teilzweck des Betriebs bzw. des Betriebsteils erfüllen zu können. Ziel ist also letztlich die Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks. Dies soll die organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen oder nur von Personen ermöglichen. Ein arbeitstechnischer Zweck oder Teilzweck kann jedoch auch durch eine Person erfüllt werden. Die eine Reinigungskraft erfüllt den Teilzweck "Reinigung der Sparkasse". Um den Zweck oder einen Teilzweck zu erfüllen, bedarf es also keiner organisatorischen Gesamtheit von Personen und Sachen. Das Vorliegen einer solchen Gesamtheit ist zwar der Regelfall, aber es kann auch eine einzige Person ausreichen. Aus diesen Gründen kann in der Person, die einen abgrenzbaren arbeitstechnischen Zweck erfüllt, in Verbindung mit ihrer Tätigkeit eine wirtschaftliche Einheit gesehen werden. Diese muß ihre Identität über den Inhaberwechsel hinaus bewahren. Das ist dann der Fall, wenn der neue Unternehmer die Arbeitskraft übernimmt und diese an ihrem alten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt In diesem Fall ändert sich nichts an der organisatorischen Einheit, die ihren Zweck unverändert erfüllt. Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit kann demnach auch bei der Übernahme nur einer Arbeitskraft gegeben sein. Für diese Auslegung spricht auch, daß es bezogen auf die Schutzbedürftigkeit keinen Unterschied macht, ob die Arbeitnehmer zusammen mit vielen anderen Arbeitnehmern den Betriebszweck verfolgen, oder ob sie dies allein oder zu zweit tun. Auch die eine Arbeitskraft hat ein Interesse daran, daß durch ihre Übernahme die Rechtsfolgen des § 613 a BGB ausgelöst werden und sie zu unveränderten und nicht zu schlechteren Bedingungen weiterbeschäftigt wird. c) Verhältnis der Übernahme der Belegschaft als Voraussetzung zu dem Übergang als Rechtsfolge I Würdigung dieses Merkmals Die freiwillige Übernahme der Belegschaft als Möglichkeit, einen Betriebsübergang auszulösen, scheint scheinbar im Widerspruch zu der Rechtsfolge des§ 613 a BGB, dem Übergang der Belegschaft, zu stehen. Möglich ist, daß der Übernehmer durch Ablehnung der Einstellung des Personals die Anwendung des § 613 a BGB verhindern kann 76• Ebenso können die Arbeitnehmer dem Übergang der Arbeitsverhältnisses widersprechen77 . Führt dies dazu, daß kein nach Zahl und Sachkunde BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698; zur Rechtsprechung des EuGH siehe oben unter 1. Nach Lorenz, ZIP 1997, 531 (533), ist dies mit dem durch die Richtlinie 77/187/EWG bezweckten Arbeitnehmerschutz nicht zu vereinbaren. 75

76

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

wesentlicher Teil der Arbeitnehmer auf den neuen Unternehmer übergeht, bleibt die Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht erhalten und die Arbeitnehmer verhindern selbst die Anwendung des§ 613 a BGB78 • Dies wirkt sich negativ auf die Arbeitnehmer, die nicht widersprechen und damit übernommen werden wollen, aus, weil ihnen die Norm des§ 613 a BGB nicht zugute kommt. Da die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs in diesem Fall nicht gegeben sind, läßt sich die Unanwendbarkeit des§ 613 a BGB nicht verhindern. Zu beachten ist jedoch, daß vor der diesbezüglichen Rechtsprechung ein Betriebsübergang nur durch die Übernahme von Personal nicht ausgelöst werden konnte. § 613 a BGB kam von vornherein nicht zur Anwendung. Gegenüber dieser Rechtslage stellt die Möglichkeit des Auslösens der Rechtsfolgen des§ 613 a BGB durch die Übernahme der Belegschaft eine Verbesserung der Rechtsstellung der Arbeitnehmer dar, weil bei Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils alle Arbeitnehmer des früheren Betriebs zu unveränderten Bedingungen bei dem neuen Unternehmer weiterbeschäftigt werden. Für die Arbeitnehmer ist es vorteilhaft, daß nun auch eine Anzahl an Arbeitnehmern eine wirtschaftliche Einheit darstellen kann. Allein durch die Fortführung der Tätigkeit durch den neuen Unternehmer kann kein Betriebsübergang ausgelöst werden, weil der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit nicht gegeben ist. Aus diesem Grund wäre die Alternative zu einem Betriebsübergang durch Übernahme der Belegschaft nur, daß auch dann, wenn eine nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen wird, das Vorliegen eines Betriebsübergangs verneint wird. Ist aber schon von vornherein die Auslösung des § 613 a BGB nicht möglich, so ist dies für die Arbeitnehmer von größerem Nachteil als die Möglichkeit, daß der neue Unternehmer die Auslösung des§ 613 a BGB verhindert, indem er keine Arbeitnehmer freiwillig übernimmt. Lehnen die Arbeitnehmer die Weiterarbeit bei dem neuen Unternehmer ab und verhindern dadurch die Anwendung des § 613 a BGB, so sind diejenigen, die widersprochen haben, schon deshalb nicht schutzwürdig, weil sie die Anwendung des§ 613 a BGB selbst verhindert haben. Nachteilig ist dies für die Arbeitnehmer, die nicht widersprochen haben, aber jetzt mangels Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals nicht in den Genuß der Regelung des § 613 a BGB kommen. Es besteht jedoch keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Ein Merkmal des Betriebsübergang kann nicht deshalb verneint werden, weil die Arbeitnehmer selbst das Vorliegen dieses Merkmals verhindern können. Daneben ist auch hier zu erwähnen, daß nach der früheren Rechtslage§ 613 a BGB gar nicht zur Anwendung kam79 .

Zum Widerspruchsrecht unten unter V. 1. Für I..orenz, ZIP 1997, 531 (533), ist diese Konsequenz nicht mehr nachvollziehbar. 79 Aus diesem Grund ist es nicht verständlich, wenn für I..orenz. ZIP 1997, 531 (533) die genannte Konsequenz nicht mehr nachvollziehbar ist. 77

78

III. Die Voraussetzungen des § 613 a BGB

47

Wie aufgezeigt bringt das Merkmal der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich. Es ist nicht immer eindeutig, ob die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt oder nicht. Durch den Anhaltspunkt, ob der Übernehmer eine bestehende Organisation übernimmt, mit der er die Tätigkeit weitgehend unverändert fortführen kann, wird die Einordnung vereinfacht. In der überwiegenden Zahl der Fälle dürfte dabei die Frage, ob ein Betriebsübergang gegeben ist, zu beantworten sein. Daneben sind stets die sonstigen für einen Betriebsübergang relevanten Merkmale heranzuziehen. Durch die Möglichkeit der Auslösung eines Betriebsübergangs durch Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals wird in den Branchen, die durch die menschliche Arbeitskraft und nicht durch die Betriebsmittel geprägt werden, wird die Anwendung des§ 613 a BGB ermöglicht. Ausgangspunkt für einen Betriebsübergang ist stets die Frage, ob die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt. Die wirtschaftliche Einheit kann in diesen Branchen nur in den Arbeitnehmern liegen. Zum Schutz der Arbeitnehmer in diesen Bereichen wird eine Annäherung an die durch die Betriebsmittel geprägten Branchen erreicht, in denen die Übernahme von Arbeitnehmern innerhalb einer Gesamtschau allerdings auch Bedeutung hat. Wenn dieser Schutz auch dadurch, daß die Auslösung des Betriebsübergangs letztlich in der Hand des Erwerbers liegt, nicht so umfassend ist, ist dies doch die einzige Möglichkeit, die für die Arbeitnehmer vorteilhafte Anwendung des § 613 a BGB zu erzielen. Darüber hinaus entscheidet auch bei einem Betriebsübergang durch Übernahme von Betriebsmitteln letztlich der Erwerber über die Anwendung des§ 613 a BGB. Die Ausweitung der Fälle des Betriebsübergangs ist nicht bedenklich, weil der Übernehmer selbst entscheiden kann, ob er einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Anteil der Belegschaft übernimmt. Unterläßt er dies und liegt auch unter keinem anderen Gesichtspunkt ein Betriebsübergang vor, treffen ihn auch nicht die Rechtsfolgen des§ 613 a BGB.

5. Definition des Betriebsteils Zunächst ist festzuhalten, daß das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 BetrVG für einen Betriebsteil im Sinne des§ 613 a BGB nicht erforderlich ist, weil in§ 4 BetrVG lediglich festgelegt ist, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebsteil als selbständiger Betrieb zur Bildung eines Betriebsrats gilt80• Betriebsteil ist eine Teilorganisation des Betriebs, in der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein sächlich und organisatorisch abgrenzbarer arbeitstechniso BAG 02. 10. 1974, BAGE 26, 301 (303); zum Betriebsteil im Sinne des § 4 BetrVG unten 3. Kapitel unter II. 1. b) und c ).

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

scher Teilzweck erfüllt wird, bei dem es sich auch um eine bloße Hilfsfunktion handeln kann 81 . Auch ein Betriebsteil erfüllt damit die Voraussetzungen des vom EuGH geprägten Begriffs der auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit82. Bei einer Übernahme von Betriebsmitteln ist es für einen Teilbetriebsübergang erforderlich, daß die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten, und der Erwerber nicht erst mit einzelnen, bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder Betriebsteil gründet83 . Ein Betriebsteil im Sinne des § 613 a BGB ist hiernach letztlich unter den gleichen Voraussetzungen zu bejahen wie der Betrieb. Es ist eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit zu fordern, die sich über eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung definiert84. Zusätzlich ist entscheidend, ob eine Teilorganisation, in der sächlich und organisatorisch abgrenzbare arbeitstechnische Teilzwecke erfüllt werden, gegeben ist. Für die Erfüllung eines Teilzwecks ist dabei die von einer abgrenzbaren Einheit zu erfüllende Aufgabe als Ganzes zu sehen. Der Teilzweck ist z. B. die Datenverarbeitung oder die Herstellung eines Vorprodukts. Ein Betriebsteil eines Reinigungsunternehmens ist die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die für ein bestimmtes Gebäude zuständig ist85 . Es handelt sich um eine eigene, abgrenzbare organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen mit einem eigenen, abgrenzbaren Zweck, der Reinigung des bestimmten Gebäudes. Ein Teilzweck ist nicht die Aufgabe, die eine Maschine oder ein einzelner Arbeitnehmer z. B. der EDV-Abteilung erfüllt. Der Zweck muß von den anderen Teilzwecken und von dem Zweck des gesamten Betriebs abgrenzbar sein. Legt man dies zugrunde, wird verhindert, daß einzelne Betriebsmittel, wie z. B. einzelne Maschinen, als Betriebsteil angesehen werden. Bezieht sich die Outsourcing-Maßnahme nicht auf den ganzen Betrieb eines Unternehmens, ist im Regelfall ein solcher Betriebsteil Gegenstand dieser Maßnahme, weil eine bestimmte Aufgabe als Ganzes fortan von einem anderen Unternehmen erfüllt wird. Ebenso verhält es sich auch bei der Auftragsneuvergabe86.

81 BAG 24. 04. 1997, NZA 1998, 253 (254); BAG 11 . 09. 1997, DB 1997, 2540 (2541); BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698. In BAG 22. 05. 1985, NZA 1985, 775 (776) wurde die Er-

füllung von untergeordneten Hi1fsfunktionen noch nicht als ausreichend angesehen. 82 BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698. 83 BAG 24. 04. 1997, NZA 1998; 253 (254). 84 BAG 11. 12. 1997, BB 1998, 698. 85 BAG 11. 12. 1997, BB 1998,698 (699). 86 Beachte zu der Frage, wann sich die Auftragsneuvergabe auf einen ganzen Betrieb und wann auf einen Betriebsteil bezieht, unten 3. Kapitel unter II. 1. c).

IV. Fälle des Betriebsübergangs

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IV. Fälle des Betriebsübergangs

bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe In den Fällen des Outsourcing und der Auftragsneuvergabe bei Hilfsfunktionen, wie Reinigung, Bewachung oder Wartung ist ein Betriebsübergang häufig nur unter den genannten Voraussetzungen der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals möglich, weil oft keine prägenden Betriebsmittel übergehen. So hat auch das BAG87 in dem Fall der Neuvergabe eines Bewachungsauftrags mangels Übernahme eines wesentlichen Teils des Personals das Vorliegen eines Betriebsübergang abgelehnt. Ein Betriebsübergang durch Übernahme von Betriebsmitteln kam nicht in Betracht, weil die relevanten komplizierten und teuren Sicherheitssysteme vom Auftraggeber vorgegeben und unterhalten wurden88. Diese gingen also nicht von dem vorherigen Bewachungsunternehmen auf das neue über. In einem solchen Fall, in dem die Betriebsmittel nicht im Eigentum des Unternehmens stehen, das die Tatigkeit ausführt, ist ein Betriebsübergang durch Übernahme der Betriebsmittel nur dann möglich, wenn die Betriebsmittel diesem Unternehmen zur eigenwirtschaftlichen Nutzung überlassen sind89. Dies ist nicht der Fall, wenn der Unternehmer nur eine (Dienst-) Leistung an fremden Geräten und Maschinen innerhalb fremder Räume erbringt, ohne daß er die Befugnis hat, über Art und Weise der Nutzung der Betriebsmittel in eigenwirtschaftlichem Interesse zu entscheiden90 . Diese Entscheidungsbefugnis war in dem genannten Fall des Bewachungsunternehmens nicht gegeben, weil die relevanten Systeme nur zeitweise von diesem, überwiegend aber von dem Auftraggeber genutzt wurden und dieser auch über die Benutzung entschied. In dem Fall der Auslagerung des Betriebs einer Kantine, oder einer Auftragsneuvergabe in diesem Bereich, sind die am Beispiel des Bewachungsunternehmens aufgestellten Grundsätze zum Betriebsübergang durch Übernahme der Betriebsmittel ebenso relevant, wobei die Betriebsmittel der Kantine dem Betreiber hier zur eigenwirtschaftlichen Nutzung überlassen sind, wenn sie nicht in dessen Eigentum stehen. Allerdings sind, wie stets, sämtliche den Vorgang betreffenden Umstände zu beriicksichtigen. So ist in diesem Bereich auch der Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang, der Übergang des Personals und der Übergang des Kundenstamms für die Frage der Identität der wirtschaftlichen Einheit relevant. So ist bei einem Restaurant ein Betriebsübergang trotz Übernahme des Inventars dann nicht gegeben, wenn z. B. zuvor gutbürgerliche Küche und im folgenden arabische Spezialitäten angeboten werden91 . Denn in einem solchen Fall

87

BAG 22. 01. 1998, NZA 1998, 638 (639).

88

BAG 22. Ol. 1998, NZA 1998, 638 (639).

90

BAG 11. 12. 1997, BB 1998,696 f. BAG 11. 12. 1997, BB 1998,696 f.

91

BAG 11. 09. 1997, DB 1997,2540 f.

89

4 Römer

50

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

spricht der Grad der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang, die Änderung des Kundenstamms, sowie die Nichtübernahme des Kochs als wesentlichem Know-how-Träger, der das Angebot und damit das Ansehen eines Restaurants entscheidend prägt, gegen die Anwendung des§ 613 a BGB92. In den Fällen der Kantine scheitert der Betriebsübergang allerdings meist nicht an der fehlenden Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang, weil das Speisenangebot meist ähnlich bleibt. Aus diesem Grund dürfte auch die fehlende Übernahme des Kochs nicht entscheidend sein, wenn sich dadurch nicht das Speisenangebot und das Ansehen der Kantine entscheidend ändert. Auch der Kundenstamm bleibt regelmäßig derselbe. Bei der Auslagerung von Primärfunktionen, wie der Fertigung eines notwendigen Vorprodukts, kommt der Übernahme der Betriebsmittel entscheidende Bedeutung zu. Produziert der neue Unternehmer mit denselben Maschinen an Ort und Stelle weiter, bleibt die Identität der wirtschaftlichen Einheit erhalten. Löst der Unternehmer jedoch den betreffenden Betriebsteil auf und vergibt die Fertigung dieses Produkts fremd, so liegt im Regelfall kein Betriebsübergang vor. Soll die Leistung im Bereich der Produktion nicht mehr auf dem Betriebsgelände erbracht werden, sondern an einem anderen Ort, wird regelmäßig keine Übernahme von Betriebsmitteln gegeben sein. Werden die Betriebsmittel allerdings an einen anderen Ort übertragen, kommt ein Betriebsübergang in Betracht, wenn auch die Organisation des Betriebs erhalten bleibt. Allein wegen eines Ortswechsels ist die Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht zu verneinen93 • Möglich ist auch, daß der Unternehmer, der die Aufgabe nun ausführt, einen wesentlichen Teil oder alle Arbeitnehmer, die in dem betreffenden Betriebsteil beschäftigt waren, übernimmt. Es handelt sich jedoch nicht um Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, so daß das Vorliegen der Identität der wirtschaftlichen Einheit allein durch die Übernahme der Belegschaft nicht angenommen werden kann. Allerdings kann für einen Betriebsübergang sprechen, wenn der wesentliche Know-how-Träger, der dem Betriebsteil ein entscheidendes Gepräge gibt, wie es bei der Fertigung sehr spezieller Produkte der Fall sein kann, übernommen wird. Ebenso ist es auch möglich, daß sämtliche oder zumindest ein großer Teil der Arbeitnehmer über spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, die dem Betriebsteil das Gepräge geben. Im Regelfall ist die Identität der wirtschaftlichen Einheit bei der Auslagerung der Fertigung eines Vorprodukts aber nur bei Übernahme der wesentlichen Betriebsmittel zu bejahen. Allerdings ist stets unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände eine Gesamtschau vorzunehmen. Schwierig zu beurteilen ist die Rechtslage bei vom Outsourcing häufig betroffenen EDV-Abteilungen. Relevant ist hier vor allem, inwiefern die EDV von den Betriebsmitteln, also den Computern und der Vernetzung, und inwiefern sie von den dort beschäftigten Arbeitnehmern abhängt. Häufig werden bei der Auslagerung der 92

BAG 11. 09. 1997, DB 1997, 2540 f.

93

Lorenz, ZIP 1997, 531 (534).

IV. Fälle des Betriebsübergangs

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EDV schon wegen des in diesem Bereich wichtigen und schnell voran schreitenden Standes der Technik die Betriebsmittel nicht übernommen. Ebenso ist es oft gerade der Zweck der Auslagerung, externes Know-how zu nutzen, so daß auch keine Übernahme des prägenden Know-hows bzw. deren Träger vorliegt. Dies spricht gegen die Identität der wirtschaftlichen Einheit. Fraglich ist, welche Rolle in diesem Fall die Übernahme des Personals spielt. Zu beachten ist dabei, daß die spezifische Durchführung der EDV unter Nutzung besonderer Programme dem Betrieb im Regelfall das Gepräge geben. Durch das Zusammenwirken der Knowhow-Träger mit den entsprechenden Betriebsmitteln identifiziert sich die wirtschaftliche Einheit. Ein Betriebsübergang allein durch Übernahme des Personals kann nur ausgelöst werden, wenn es sich um einen nach Sachkunde wesentlichen Teil des Personals handelt und die Betriebsmittel austauschbar sind. Werden die Mittel nicht übernommen, muß diese Sachkunde gegenüber den Mitteln bei einer Gesamtbetrachtung dergestalt im Vordergrund stehen, daß die Mittel eher als das Personal austauschbar sind. Wird beides übernommen, liegt ein Betriebsübergang nahe. Zu beachten ist jedoch, daß ein Unternehmen durch die Auslagerung der EDV häufig dieselbe verbessern, modernisieren und sich auswärtiges Know-how zu Nutze machen will. Oft wird dann kein Übergang von Betriebsmitteln oder von Know-how-Trägem gegeben sein. Auch wird der neue Unternehmer häufig kein Personal übernehmen. Relevant ist hier auch das Merkmal der Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang. Wird die EDV erheblich verändert, indem neue Programme und Verfahren angewandt werden, spricht schon dies gegen eine Identität der wirtschaftlichen Einheit. Es wird regelmäßig eine Stillegung der eigenen Abteilung und eine Fremdvergabe der EDV an ein Fremdunternehmen stattfinden, mit der Folge, daß die Anwendung des§ 613 a BGB ausscheidet. In den Fällen der Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft94 ist in der Regel ein Betriebsübergang gegeben, weil sich an der Identität des Betriebs regelmäßig nichts ändert und nur ein Inhaberwechsel stattfindet. Demgemäß verhält es sich bei allen Outsourcing-Maßnahmen, die nur mit einer Änderung der Inhaberschaft eines Betriebs oder Betriebsteils, nicht aber mit Veränderungen in einem Betrieb oder Betriebsteil selbst einhergehen. So verhält es sich regelmäßig auch bei einer Auslagerung des Vertriebs. Möglich ist hier allerdings auch, daß die Vertriebsabteilung aufgelöst wird und der Vertrieb von einem anderen Unternehmer von einem anderen Ort aus vorgenommen wird, ohne daß ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB stattfindet. Neben den materiellen Betriebsmitteln, wie Kraftfahrzeuge, spielen in diesem Fall auch die Kundenbeziehungen eine Rolle. Daneben kommt auch dem Know-how eine wesentliche Bedeutung zu, das auch in einem oder mehreren Arbeitnehmern verkörpert sein kann. Auch hier ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Gehen die Kundenbeziehungen, wie im Regelfall, und auch das wesentliche Know-how, unter Umständen verkörpert in Arbeitnehmern, über, spricht viel für einen Betriebsübergang. 94

4*

V gl. zu dieser Konstellation oben 1. Kapitel unter II. 2.

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

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V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite Ist ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB gegeben, können einige Folgeprobleme auftreten, die im Hinblick auf die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe relevant sind.

1. Widerspruchsrecht Geht das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe mit einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB einher und können die Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen, kann dies anschließend zu betriebsbedingten Kündigungen führen. Der Widerspruch kann im Hinblick auf eine Abfindung aus einem Sozialplan relevant werden95 .

a) Allgemeines Nach ständiger Rechtsprechung des BAG96 kann der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Dies hat zur Folge, daß das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbesteht. Das BAG beruft sich vor allem auf eine verfassungskonforme Auslegung des § 613 a BGB. Zum einen verbiete es das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl im Sinne des Art. 12 GG, dem Arbeitnehmer gegen seinen Willen einen Arbeitgeber aufzuzwingen, zum anderen folge aus der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG das Verbot, den Arbeitnehmer gegen seinen Willen zu "verkaufen'm. Der EuGH98 hat entschieden, daß ein Widerspruchsrecht nach nationalem Recht nicht europarechtswidrig ist. Der Arbeitnehmer kann das Widerspruchsrecht grundsätzlich bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs ausüben99 • Er muß sich nicht ab Kenntnis von dem bevorstehenden Betriebsübergang innerhalb eines bestimmten Zeitraums erklären, wenn er nicht dazu aufgefordert wird 100. Ein besonderer Grund braucht für den WiderSiehe dazu unten im 5. Kapitel unter II. Vgl. nur 02. 10. 1974, BAGE 26, 301 (304 ff.); 21. 05. 1992, AP Nr. 96 zu § 613 a BGB, BI. 5 ff. ; 22. 04. 1993, NJW 1994, 2170. Die Literatur stimmt dem teilweise zu, lehnt das Widerspruchsrecht aber teilweise auch ab; vgl. dazu MünchArbR/ Wank, § 120 Rn. 93 m.w.N. 97 22. 04. 1993, NJW 1994, 2170. 98 16. 12. 1992, 1 Rs. C 132/91, 138/91, 139/91, APNr. 97 zu§ 613 a BGB. 99 BAG 17. 11. 1977, NJW 1978, 1653; BAG 19. 03. 1998, AP Nr. 177 zu§ 613 a BGB, Bl.3. wo BAG 19. 03. 1998, AP Nr. 177 zu§ 613 a BGB, BI. 3. 95

96

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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spruch nicht angegeben zu werden 101 • Das Widerspruchsrecht kann auch noch nach dem Betriebsübergang ausgeübt werden, wenn der Arbeitnehmer erst danach von dem Betriebsübergang informiert wurde 102 . Nach dem Betriebsübergang muß der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht in der Regel unverzüglich nach Kenntniserlangung ausüben, wobei das BAG 103die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG analog anwendet. Der Widerspruch kann gegenüber dem Veräußerer oder dem Erwerber erklärt werden 104. Für den Widerspruch kann auch eine Erklärungsfrist gesetzt werden 105 . Das Widerspruchsrecht kann jedoch dann nicht mehr ausgeübt werden, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber einig waren, daß das Arbeitsverhältnis übergehen soll 106. Setzt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fort, so gilt sein Schweigen innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist als Zustimmung 107 . b) Soziale Auswahl gemäߧ 1 Abs. 3 KSchG

Spricht der Arbeitgeber gegenüber einem widersprechenden Arbeitnehmer eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 KSchG aus, weil er diesen nicht weiterbeschäftigen kann, ist in dem Restbetrieb grundsätzlich eine soziale Auswahl unter Berücksichtigung sowohl der widersprechenden als auch der verbleibenden Arbeitnehmer vorzunehmen 108. Denn der Arbeitnehmer soll durch das Widerspruchsrecht auch die Möglichkeit haben, bei dem Arbeitgeber zu bleiben, bei welchem der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses seiner Meinung nach am besten gewährleistet ist, so daß er nicht von vomherein von einer sozialen Auswahl ausgeschlossen werden kann 109• Der Arbeitnehmer hatte aber die Möglichkeit, seinen bisherigen Arbeitsplatz als Beschäftigungsmöglichkeit zu erhalten und wäre gegenüber anderen Arbeitnehmern privilegiert, wenn er dennoch durch die Ausübung seines Widerspruchsrechts bewirken könnte, daß sozial weniger schutzbedürftige Arbeitnehmer zu seinen Gunsten ihren Arbeitsplatz verlieren 110. In§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG, nach dem ein Arbeitnehmer dann von dem Geltungsbereich eines Sozialplans aus-

101

BAG 15. 02. 1984, NZA 1984, 32 (33).

102

BAG 22. 04. 1993, NJW 1994, 2170.

103

22. 04. 1993, NJW 1994, 2170 (2 171).

104

BAG 22. 04. 1993, NJW 1994, 2245.

106

BAG 22. 04. 1993 NJW 1994,2170. BAG 15. 02. 1984, NZA 1984, 32.

107

BAG 17. 11. 1977, NJW 1978, 1653.

10s

Siehe die Angaben in Fn. 113; aA Pietzko, Der Tatbestand des § 613 a BGB, S. 307, der die Sozialauswahl auf die widersprechenden Arbeitnehmer beschränkt. 109 Neef, NZA 1994,97 (102). no Oetker, DZWir 1993, 136 (143). 108

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

geschlossen werden kann, wenn er die Weiterbeschäftigung auf einem zurnutbaren Arbeitsplatz ablehnt 111 , sowie in den§§ 117 ff. SGB Ill, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld regeln, kommt die Wertung zum Ausdruck, daß derjenige keinen sozialen Schutz verdient, der seine Schutzbedürftigkeit selbst vorwerfbar herbeigeführt hat 112• Daraus folgt, daß sich der widersprechende Arbeitnehmer auf eine fehlerhafte Sozialauswahl nur dann berufen kann, wenn für den Widerspruch ein sachlicher Grund vorliegt 113 • Dieser sachliche Grund ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gerade nicht leichtfertig aufgibt114• Bei der Frage nach dem sachlichen Grund ist zu beachten, daß dann, wenn man diesen bejaht, statt des widersprechenden Arbeitnehmers ein Arbeitnehmer entlassen werden kann, der nicht die Aussicht auf die Weiterarbeit bei dem übernehmenden Unternehmer hatte 115 • Im Gegensatz zu diesem Arbeitnehmer gefährdet der widersprechende Arbeitnehmer den Bestand seines Arbeitsverhältnisses durch den Widerspruch selbst. Aus diesem Grund ist für den sachlichen Grund zu fordern, daß sich die Weiterarbeit bei dem Übernehmer ebenso auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses auswirken kann 116• Dabei reicht die bloße Möglichkeit nicht aus. Vielmehr müssen sich objektive Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Bestand des Arbeitsverhältnisses bei dem Übernehmer gefährdet ist, wobei nicht erforderlich ist, daß eine Entlassung als sicher gilt. Der sachliche Grund ist zu bejahen, wenn aufgrund objektiver Tatsachen zu befürchten ist, daß der Übernehmer den Betrieb oder Betriebsteil stillegen wird 117, was beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe allerdings nicht der Fall sein wird. Der sachliche Grund ist auch dann gegeben, wenn der Übernehmer erkennbar illiquide ist 118 und I oder bereits in der Vergangenheit bereits mehrere Siehe dazu unten 5. Kapitel unter II. 3. Oetker, DZWir 1993, 136 (143). 113 BAG 01. 04. 1993, NZA 1993, 795 (798); Lunk, NZA 1995, 711 (712 ff.); Neef, NZA 1994, 97 (102); Bauer, DB 1994, 217 (221); Henssler, NZA 1994, 294 (296); Tschöpe, Rechtsfolgen eines arbeitnehmerseiligen Widerspruchs beim Betriebsinhaberwechsel, S. 58; Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme beim Betriebsinhaberwechse1, 1989, S. 164; Hoffmeister AuR 1995, 132 (135); Münch/Komm Schaub§ 613 a BGB Rn. 79; Erman/ Hanau, § 613 a Rn. 62; Schiefer, RdA 1994, 83 (92); auch Soergel/ Raab, § 613 a Rn. 159 und Oetker, DZWir 1993, 136 (143), nach denen für einen Einbezug in die Sozialauswahl die Beschäftigung beim neuen Arbeitgeber unzumutbar sein müsse [dazu unten 5. Kapitel unter II. 3. b)]; aA Helpertz, DB 1990, 1562 (1563 f.); Jaeger, BB 1988, 1036 (1040); Hüper, der Betrieb im Untemehmerzugriff, S. 89 f., nach denen widersprechende Arbeitnehmer uneingeschränkt in die soziale Auswahl einzubeziehen sind. 114 Tschöpe, Rechtsfolgen eines arbeitnehmerseiligen Widerspruchs beim Betriebsinhaberwechsel, S. 58; Neef, NZA 1994,97 (102). 115 Lunk, NZA 1995,711 (716). 116 So im Ergebnis Lunk, NZA 1995,711 (716 f.). 117 Neef, NZA 1994, 97 (102); Tschöpe, Rechtsfolgen eines arbeitnehmerseiligen Widerspruchs beim Betriebsinhaberwechsel, S. 58. 118 Soergel/ Raab, § 613 a Rn. !59; Henssler, NZA 1994,294 (296). 111

112

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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Konkurse (bzw. Insolvenzen) versucht und/oder durchgeführt hat 119• Beim Outsourcing wird das outsoureende Unternehmen allerdings den Betrieb oder Betriebsteil nicht auf ein Unternehmen übertragen, von dem ein derartige finanzielle Situation bekannt ist, da das Unternehmen die Leistung weiterhin beziehen und mit dem Übernehmer der Aufgabe zusammenarbeiten will. Bei der Auftragsneuvergabe wird der Auftraggeber den Auftrag auch nicht an ein derartig finanzschwaches Unternehmen übertragen. Ein sachlicher Grund ist dagegen noch nicht gegeben, wenn der Übernehmer wirtschaftlich schwächer ist und damit eine Verringerung der Haftungssumme einhergeht120. Nicht berufen kann sich der Arbeitnehmer auf subjektive Erwägungen, wie darauf, daß ihm der bisherige Arbeitgeber besser zusagt als der Übernehmer, aber auch nicht auf einen längeren Anfahrtsweg oder auf erschwerte Arbeitsbedingungen 121 . Das LAG Hamm 122 hat einen sachlichen Grund für einen Widerspruch bejaht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit statt in einem mittelständischen Betrieb in einem Kleinbetrieb hätte fortsetzen müssen, in dem erheblich weniger aufgrund der Sozialdaten vergleichbare Arbeitnehmer beschäftigt waren und der nicht über mehr als zwanzig Arbeitnehmer verfügte, so daß die §§ 111 ff. BetrVG nicht anwendbar waren und eine Sozialplanabfindung nicht in Betracht kam. Beim Outsourcing eines Betriebsteils kann diese Situation eintreten. Ein sachlicher Grund kann entgegen dieser Ansicht aber höchstens dann bejaht werden, wenn aufgrund objektiver Tatsachen zu befürchten ist, daß es in dem Betrieb zu Entlassungen kommt und zu befürchten ist, daß auch das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers nach einer Sozialauswahl gefährdet ist 123• Auch die Tatsache, daß der Arbeitnehmer bei einer eventuellen Entlassung keine Sozialplanabfindung erhält, muß gegenüber dem Bestandsschutz des eventuell statt des widersprechenden Arbeitnehmers zu entlassenden Arbeitnehmer zuriicktreten. Die Verschlechterung des Arbeitsverhältnisses besteht hier nur darin, daß der Arbeitnehmer bei einer eventuellen Kündigung keinen finanziellen Vorteil hätte. Ware die Kündigung dagegen zum Zeitpunkt des Widerspruchs bereits zu erwarten, wäre dies bereits ein sachlicher Grund für den Widerspruch. Sachlich begrundet ist der Widerspruch auch dann nicht, wenn der Übernehmer von der Sozialplanpflicht gemäß § 112 a Abs. 2 BetrVG befreit ist, weil es sich um ein neugegriindetes Unternehmen handelt124. 119 Soergel I Raab, § 613 a Rn. 159; Tschöpe, Rechtsfolgen eines arbeitnehmerseitigen Widerspruchs beim Betriebsinhaberwechsel, S. 58 120 Soergel/ Raab, § 613 a Rn. 159. 121 Lunk, NZA 1995, 711 (716). 122 21. 06. 1994, NZA 1995,471 (474); 19. 07. 1994, DB 1994,2242 (2244). 123 Lunk, NZA 1995,711 (716). 124 Lunk, NZA 1995, 711 (717); vgl. zu§ 112 a Abs. 2 BetrVG aber unten im 5. Kapitel unter IV. 2.

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

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Ein sachlicher Grund ist auch dann nicht gegeben, wenn damit zu rechnen ist, daß sich nach Ablauf der Jahresfrist§ 613 a Abs. 1 S. 2 BGB oder wegen der Geltung eines anderen Tarifvertrags(§ 613 a Abs. 1 S. 3 BGB) die Rahmenbedingungen des Arbeitsvertrags ändem 125 . Neben der obigen Argumentation des Bestandsschutzinteresses spricht hiergegen insbesondere, daß das Gesetz diese Änderungen der Rahmenbedingungen gerade vorsieht und es einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, wenn ein Widerspruch der Arbeitnehmer aus diesen Griinden sachlich gerechtfertigt wäre 126• Festzuhalten ist also, daß der Widerspruch nur dann sachlich gerechtfertigt ist, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Dies ist beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe wohl in der Regel nicht der Fall 127 . c) Umwandlungen

Auch bei einer Umwandlung findet dann, wenn sich der Übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613 a BGB richtet, das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer Anwendung 128• Bei der Aufspaltung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG geht dieses Widerspruchsrecht jedoch ins Leere. Der übertragende Rechtsträger erlischt, so daß der Arbeitnehmer mit diesem das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortführen kann. Daraus wird teilweise gefolgert, daß ein Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers in diesem Fall nicht besteht 129 . Das Widerspruchsrecht folgt aber daraus, daß ein Aufdrängen einer anderen Person als Arbeitgeber gegen die Grundrechte des Arbeitnehmers verstößt. Lehnt man in diesem Fall ein Widerspruchsrecht ab, so wird dem Arbeitnehmer der neue Rechtsträger als Arbeitgeber aufgezwungen. Aus diesem Grund ist der Ansicht130 zu folgen, nach der das Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Rechtsträger bei Ausübung des Widerspruchsrechts erlischt. Das Widerspruchsrecht kommt in diesem Fall einem außerordentlichen Kündigungsrecht gleich 131 • Die Möglichkeit, sich von dem Vertragsverhältnis fristlos zu lösen, ist

So aber Oetker, DZWir 1993, 136 (143). Lunk, NZA 1995,711 (717). 121 Vgl. auch unten 5. Kapitel unter II. 3. b) zur Zumutbarkeit des Übergangs des Arbeitsverhältnisses in Bezug auf eine Abfindung aus einem Sozialplan. 128 Siehe die Angaben in den Fn. 130-132. 129 Kallmeyer/ Kallmeyer, § 132 UmwG, Rn. 14; Wlotzke, DB 1995, 40 (43); Kreß el, BB 1995, 925 (930); Dehmer § 131 Rn. 53; Hennrichs, ZIP 1995, 794 (799 f.), der aus diesem Grund unter dem Gesichtspunkt der Rechtsanwendungsgleichheit sogar ein Widerspruchsrecht bei Abspaltung und Ausgliederung verneint. 130 Boecken, ZIP 1994, 1087 (1092); Joost in Lutter (Hrsg.), UmwG, § 324 Rn. 28; ders. in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 323; Widmann/Mayer/Vossius, § 131 Rn. 58; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 169; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061); Rieble, ZIP 1997, 301 (306); Spirolke, Der Betriebsübergang nach§ 613 a BGB im neuen Umwand1ungsgesetz, S. 67. 125

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V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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insbesondere dann für den Arbeitnehmer von Vorteil, wenn eine ordentliche Kündigung im befristeten Arbeitsverhältnis ausgeschlossen ist oder die beiderseitigen Kündigungsfristen sehr lang sind 132•

2. Anspruch der Arbeitnehmer auf Abschluß eines Arbeitsvertrags Liegt ein Betriebsübergang vor, so tritt der neue Unternehmer kraft Gesetzes in die Arbeitsverhältnisse der in dem Betrieb bzw. Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer ein. Möglich ist aber unter Umständen auch, daß ein Betriebsübergang ausgelöst wird, nachdem der alte Unternehmer die Arbeitsverhältnisse bereits gekündigt hatte. Dies ist bei der Auftragsneuvergabe dann der Fall, wenn der Unternehmer wegen des Verlusts des Auftrags den Arbeitnehmern kündigt. Im folgenden wird dann aber z. B. durch Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals ein Betriebsübergang ausgelöst. Fraglich ist, ob und wenn ja, wann die Kündigungen in dem Fall des nachträglichen Betriebsübergangs wirksam sind. Sind sie wirksam, stellt sich die Frage, ob die Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den früheren Arbeitgeber und I oder einen Anspruch auf Einstellung gegen den Übemehmer haben. Dies ist im Hinblick auf einen Sozialplan relevant, weil die Arbeitnehmer dann ihren Arbeitsplatz nicht verlieren 133• a) Wirksamkeit der Kündigungen/Merkmal der Stillegongsabsicht

Für die Frage der Wirksamkeit der Kündigungen ist auf die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs abzustellen, und später eintretende Veränderungen bezüglich der Kündigungsgründe können die Wirksamkeit einer Kündigung nicht hindem 134• Die Stillegung des Betriebs oder eines Betriebsteils gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung abgeben kön131 Widmann/Mayer/Vossius § 131 Rn. 58; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 169; Rieble, ZIP 1997, 301 (306). Nach Bachner, NJW 1995, 2881 (2882) bestehe das Widerspruchsrecht, gehe aber ins Leere und sei daher durch ein außerordentliches Kündigungsrecht zu ersetzen. Im Ergebnis führt dies nur zu einer anderen Bezeichnung. 132 Rieble, ZIP 1997, 301 (306). 133 Siehe dazu unten 5. Kapitel unter I. 134 BAG 19. 05. 1988, BAGE 59, 12 (26); KR-Etzel, § 1 KSchG Rn. 259/569; Stahlhaekel Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 617; Hueck/von Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 156; Löwisch, KSchG, § l Rn. 70; Domdoif/Weller/Hauck § 1 Rn. 943/945.

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

nen 135 • Unter Betriebsstillegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, daß der Arbeitgeber die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen136. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten eine Kündigung erst nach Durchführung der Stillegung auszusprechen. Es kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stillegung in Betracht, wenn die betrieblichen Umstände für eine Stillegung greifbare Formen angenommen haben 137. Dies ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftliehen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung rechtfertigenden Grundes gegeben138. Die Stillegungsabsicht ist nicht gegeben, wenn ein Betriebsübergang im Sinne des§ 613 a BGB geplant ist. Die Veräußerung oder Überlassung des Betriebs allein ist keine Betriebsstillegung 139. Beim Betriebsübergang bleibt die Identität des Betriebs gewahrt, es findet lediglich ein Betriebsinhaberwechsel statt und der Betrieb wird nicht stillgelegt140. Betriebsstillegung und Betriebsübergang schließen einander aus 141 . Stehen zum Zeitpunkt der Kündigungen für den Arbeitgeber die einen Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen aber nicht fest und liegen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, daß die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt, sind die wegen der geplanten Stillegung ausgesprochenen Kündigungen wirksam 142. In den Outsourcing-Fällen und bei der Auftragsneuvergabe steht für den Arbeitgeber fest, daß er die Leistung fortan nicht mehr erbringen wird und er selbst den Betrieb oder Betriebsteil nicht aufrechterhält. Der Arbeitgeber kann die Absicht haben, die Betriebsgemeinschaft aufzulösen. Die Arbeitnehmer können in dem betreffenden Betrieb bzw. Betriebsteil nicht mehr beschäftigt werden, so daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmern kündigen oder diese versetzen wird. Anders ist dies nur dann, wenn der Arbeitgeber einen Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB plant, 135 BAG 10. 10. 1996, NZA 1997, 251 (252); KR-Etzel, § 1 KSchG Rn. 594; Huecklvon Hoyningen-Huene, § 1 Rn. 414. 136 BAG 28. 04. 1988, AP Nr. 74 zu§ 613 a BGB, BI. 4; BAG 10. 10. 1996, NZA 1997, 251 (252); KR-Etzel§ 1 KSchG Rn. 594. 137 BAG 10. 10. 1996, NZA 1997,251 (252). 138 BAG 10. 10. 1996, NZA 1997, 251 (252). 139 BAG 28. 04. 1988, AP Nr. 74 zu§ 613 a BGB, BI. 4; BAG 27. 07. 1994, AP Nr. 118 zu § 613 a BGB, BI. 2. 140 BAG 27. 07. 1994, AP Nr. 118 zu§ 613 a BGB, BI. 2. 141 BAG 27. 07. 1994, AP Nr. 118 zu§ 613 a BGB, BI. 2. 142 BAG 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (770); BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320) zu § 613 a Abs. 4 BGB (dazu im folgenden).

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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weil er den Betrieb bzw. Betriebsteil z. B. veräußern will. Im Falle des Betriebsübergangs gehen die Arbeitnehmer auf den Erwerber über. Der Arbeitgeber plant also entweder eine Stillegung des Betriebs bzw. des Betriebsteils oder er plant einen Betriebsübergang. Unerheblich ist dabei, ob der neue Unternehmer einzelne Betriebsmittel und/ oder Arbeitnehmer übernehmen soll, ohne daß dies einen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB auslöst. Da § 613 a BGB keine Anwendung findet und die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung haben, liegt für den Arbeitgeber ein dringendes betriebliches Erfordernis vor, diesen Arbeitnehmern zu kündigen. Die Planung einer Stillegung und eines Betriebsübergangs schließen sich bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe gegenseitig aus. In bezug auf die Wirksamkeit der Kündigungen ist zu beachten, daß später eintretende Veränderungen bezüglich der Kündigungsgründe die Wirksamkeit einer Kündigung nicht hindern können. Eine Kündigung wird also nicht schon dann unwirksam, wenn später z. B. ein Betriebsübergang stattfindet, der den Kündigungsgrund entfallen läßt, vorausgesetzt der Arbeitgeber war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung fest entschlossen, den Betrieb bzw. den Betriebsteil stillzulegen. Die Absicht der Stillegung liegt nach dem BAG 143 dann nicht vor, wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht und deswegen nur vorsorglich mit der Begründung kündigt, der Betrieb soll zu einem bestimmten Zeitpunkt stillgelegt werden, falls eine Veräußerung scheitert. In diesem Fall hat ein Betriebsübergang greifbare Formen angenommen, und eine Stillegungsabsicht ist nicht gegeben. Ein Teil der Literatur 144 verzichtet in dem Fall, in dem sich der Unternehmer um eine Veräußerung des Betriebs bemüht, für die Wirksamkeit der Kündigungen auf das Merkmal der endgültigen Stillegungsabsicht. Vielmehr soll es ausreichen, wenn der Unternehmer sich sicher ist, daß er die Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen wird. Ein verantwortungsbewußter Unternehmer versuche auch dann, wenn er sich schon zur Stillegung des Betriebs entschlossen habe, weiterhin, den Betrieb zu veräußern und die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Kündigungen in diesem Fall als unwirksam anzusehen, benachteilige den Unternehmer zu sehr. Den Unternehmer auf die Kündigungsmöglichkeit erst bei Scheitern aller Verhandlungen zu verweisen, führe, wegen der mitunter langen Kündigungsfristen, zu weiteren Lohnkosten, die den Unternehmer unbillig belasteten. Als Lösung wird vorgeschlagen, die Kündigungen als wirksam anzusehen und den Arbeitnehmern dann, wenn es noch vor Durchführung der Stillegung zu einem Betriebsübergang kommt, einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Übernehmer zu gewähren. Nach Loritz145 sei in diesem Fall wegen der bereits gegebenen Stillegung § 613 a BGB nicht mehr anwendbar. 143

144 145

BAG 27. 09. 1984, AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, BI. 5 R f. Willemsen, ZIP 1986,477 (483 f.); Loritz, RdA 1987, 65 (71). RdA 1987, 65 (71).

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

Letzteres ist wegen der zwingenden Schutzwirkung des § 613 a BGB nicht vertretbar, weil den Arbeitnehmern ohne die Anwendung des § 613 a BGB die Garantie der gleichbleibenden Arbeitsbedingungen genommen wird. Dariiber hinaus ist es aber schon abzulehnen, die Kündigungen trotz fehlender endgültiger Stilllegungsabsieht als wirksam anzusehen. Mit der Forderung dieser endgültigen Absicht wird der Unternehmer dazu angehalten, die Kündigungen erst als ultima ratio auszusprechen. Wäre dies nicht erforderlich, wären leichtfertige Kündigungen nicht auszuschließen. Da die Kündigungen wirksam wären, würde die Stillegung mit Ablauf der Kündigungsfristen eintreten, wenn vorher kein Betriebsübergang stattfände. Würde der Betrieb erst jetzt übernommen, fände § 613 a BGB keine Anwendung mehr. Durch die Verzögerung des Betriebsübergangs könnten der Veräußerer und der Erwerber also die Anwendung des § 613 a BGB verhindern, obwohl der Veräußerer den Betrieb nach Möglichkeit ohnehin verkaufen wollte. Diese leichtfertige Kündigung mit der genannten Folge ist aber ausgeschlossen, wenn man die endgültige Stillegungsabsicht fordert. Denn der Unternehmer, dem im Zweifel eine Veräußerung des gesamten Betriebs lieber ist, ist gehalten, die Arbeitsverhältnisse solange bestehen zu lassen wie die Verhandlungen einer Übernahme noch andauern. Erst wenn die Stillegung endgültig feststeht, kann gekündigt werden. Dadurch ist gewährleistet, daß der Unternehmer alle Möglichkeiten zur Veräußerung ausschöpft. Ebenso fordert § I Abs. 2 KSchG, daß sich aus der Planung dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung ergeben. Diese stehen nicht eindeutig fest, wenn der Unternehmer noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung steht. Entscheidend ist stets, ob ein Betriebsübergang zum Zeitpunkt der Kündigungen greifbare Formen angenommen hatte oder nicht. Dies ist insbesondere bei der Auftragsneuvergabe zu beriicksichtigen. Verliert der Unternehmer z. B. einen Bewachungsauftrag, wird er seinen Arbeitnehmern kündigen, sofern er sie nicht anderweitig einsetzen kann. Stehen die Betriebsmittel im Eigentum des Auftraggebers, kommt es für einen Betriebsübergang vor allem darauf an, ob der neue Auftragnehmer Arbeitnehmer übernimmt 146. Unter Umständen ist aber zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht sicher, ob der neue Auftragnehmer Arbeitnehmer übernehmen wird. Der Unternehmer hat in der Regel keinen Kontakt zu dem neuen Auftragnehmer und es ist auch nicht von ihm zu verlangen, daß er mit dem neuen Auftragnehmer in Kontakt tritt. Er erfahrt demnach regelmäßig nicht verbindlich, ob der neue Auftragnehmer Personal übernehmen wird. Der friihere Auftragnehmer hat hier keinen Einfluß auf das Auslösen eines Betriebsübergangs. Er weiß, daß er den Betrieb nicht fortführt und hat auch kein wirtschaftliches Interesse an einem Betriebsübergang. Es hängt allein von dem neuen Auftragnehmer ab, ob ein Betriebsübergang vorliegen wird. Haben hier die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen keine greifbaren Formen angenommen, ist dem Unternehmer also nicht be146

Zum Betriebsübergang bei einem Bewachungsauftrag siehe oben 2. Kapitel unter IV.

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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kannt, ob der neue Auftragnehmer einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernehmen wird, kann der Unternehmer den Arbeitnehmern wegen der geplanten Stillegung kündigen. Beim Outsourcing tritt der outsoureende Unternehmer dagegen mit dem Auftragnehmer in Kontakt. Es entsteht ein Schuldverhältnis über das Erbringen der Leistung, die bislang selbst erbracht wurde. In diesem Rahmen erfährt der Unternehmer im Regelfall die einen Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen. In die gleiche Richtung geht die Frage, wann die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wird und damit gegen § 613 a Abs. 4 BGB verstößt. Diesbezüglich hat das BAG 147 entschieden, daß eine Kündigung wegen eines Betriebsübergangs im Sinne des§ 613 a Abs. 4 BGB auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung den Betriebsübergang bereits geplant, dieser bereits greifbare Formen angenommen hat und die Kündigung aus der Sicht des Arbeitgebers ausgesprochen wird, um den geplanten Betriebsübergang vorzubereiten und zu ermöglichen. In diesem Fall war der Unternehmer auch nicht endgültig entschlossen, den Betrieb stillzulegen. Die Kündigungen sind dagegen nicht wegen eines Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, wenn zum Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens, also zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen noch nicht feststanden und auch noch keine greifbaren Formen angenommen hatten 148 . Ist kein Betriebsübergang geplant, sondern steht lediglich fest, daß die Tätigkeit von einem anderen Unternehmen fortgeführt wird, wie es beim Outsourcing und der Auftragsneuvergabe stets der Fall ist, führt dies nicht zu einem Verstoß gegen § 613 a Abs. 4 BGB bzw. zu einer fehlenden Stillegungsabsicht, weil die bloße Funktionsnachfolge keinen Betriebsübergang darstellt 149. Unter Umständen läßt sich nicht klären, welche Absicht der Unternehmer zum Zeitpunkt der Kündigungen hatte. Aus diesem Grund bedient sich das BAG tatsächlicher Vermutungen. Bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes durch den Unternehmer selbst spreche eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stillegungsabsicht 150. Da die Betriebsveräußerung keine Stillegung darstelle, gelte eine derartige Vermutung auch bei einer alsbaldigen Betriebs- (teil-) veräußerung und in verstärktem Maße dann, wenn es vorher noch gar nicht zu einer Betriebsschließung gekommen sei 151 . Dem BAG ist zuzustimmen, da anders eine fehlende Stillegungsabsicht des Unternehmers kaum zu beweisen ist. Diese Vermutungen kann der Unternehmer dadurch entkräften, daß er den überzeugenden Beweis füh19. 05. 1988, BB 1989, 1122. 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320). 149 Siehe dazu oben 2. Kapitel unter Ill. 3. 150 BAG 27. 09. 1984, AP Nr. 39 zu§ 613 a BGB, BI. 5 R; BAG 23. 05. 1997, ZIP 1997, 1555 (1557). 15 1 BAG 27. 09. 1984, AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, BI. 5 R. 147 148

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re, erst nach durchgeführter Stillegung sei der Kontakt zu dem Erwerber aufgenommen worden 152 . In dem genannten Fall der Auftragsneuvergabe ist diese Umkehr der Beweislast nicht anzuwenden, da der Unternehmer, der den Auftrag verliert, nicht mit dem neuen Auftragnehmer in Kontakt treten muß. Im Gegensatz zu einer Veräußerung kann hier nicht vermutet werden, daß der Unternehmer zum Zeitpunkt der Kündigungen von einem Betriebsübergang ausging. b) Wiedereinstellungsanspruch gegen den früheren Unternehmer Die Wirksamkeit der Kündigungen im Falle der ernsthaften und endgültigen Stillegungsabsicht hat das BAG 153 wie folgt kompensiert: "Beruht eine betriebsbedingte Kündigung auf der Prognose des Arbeitgebers, er könne den Arbeitnehmer (z. B. wegen Betriebsstillegung) bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr weiterbeschäftigen, und erweist sich diese Prognose noch während des Laufs der Kündigungsfrist als falsch, (z. B. weil es doch zu einem Betriebsübergang kommt), so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der Kündigungen noch keine Dispositionen getroffen hat und ihm die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zurnutbar ist" 154 . In diesem Fall hat§ 242 BGB ausnahmsweise anspruchsbegrundende Wirkung, weil sich der Arbeitgeber rechtsmißbräuchlich verhält, wenn er bei Wegfall des betriebsbedingten Kündigungsgrundes den veränderten Umständen nicht Rechnung trägt und dem Arbeitnehmer nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbietet bzw. sich nicht mit einem regelmäßig in einer Wiedereinstellungsklage liegenden entsprechenden Vertragsangebot des Arbeitnehmers einverstanden erklärt 155 . Der Arbeitgeber hat im bestehenden Arbeitsverhältnis seine Verpflichtungen so zu erfüllen und die Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Beriicksichtigung der betrieblichen Belange und der Belange der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann 156 . Der Wiedereinstellungsanspruch besteht auch, wenn der ArDKK/Däubler § 111 Rn. 38. BAG, 27. 02. I997, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 3. 154 ebenso Hueck/von Hoyningen-Huene § 1 Rn. 156 a ff.; Löwisch, KSchG, § 1 Rn. 74; Stahlhacke I Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 645; KR-Etzel § I KSchG Rn. 569; Domdorf/Weller/Hauck § I Rn. 946; Zwanziger, BB I997, 42; MünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 89; Beckschulze, DB I998, 4I7; Bram/Rühl, NZA 1990, 753 (754 ff.); aA Boemke, AR-Blattei, Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis, X Rn. 165 ff. 155 BAG, 27. 02. 1997, AP Nr. I zu§ I KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 3 R f.; Hueck/ von Hoyningen-Huene § 1 Rn. 156 b und MünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 89 nennen den Vertrauensschutz als Rechtsgrundlage; nach KR-Etzel§ I KSchG Rn. 569, Löwisch, KSchG, § I Rn. 75 und Domdorf/Weller I Hauck § I Rn. 946 beruht der Anspruch auf der nachwirkenden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Alle Ansprüche beruhen letztlich auf§ 242 BGB. 156 BAG, 27. 02. 1997, AP Nr. I zu§ I KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 4. 152 153

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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beitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhoben hat, weil der Arbeitnehmer, der die Rechtswirksamkeit der Kündigung verständlicherweise anerkennt, nicht schlechter gestellt werden kann als ein klagender Arbeitnehmer 157. Für den Wiedereinstellungsanspruch ist Voraussetzung, daß der Arbeitgeber im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigungen noch keine Dispositionen getroffen hat und ihm die unveränderte Fortführung der Arbeitsverhältnisse zurnutbar ist 158. Die schutzwerten Interessen des Arbeitnehmers müssen das Interesse des Arbeitgebers überwiegen, es beim Ergebnis der Kündigung, also der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, zu belassen 159. Im Regelfall ist insbesondere die Möglichkeit der Beschäftigung in dem Betrieb Voraussetzung für den Wiedereinstellungsanspruch160. Denn der Arbeitgeber kann von der endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehen und entsprechende Dispositionen treffen, weil ihn vor Wegfall des Kündigungsgrundes keine nachwirkenden Vertragspflichten treffen 161 . In den Fällen, in denen unerwartet ein Betriebsübergang ausgelöst wird, ist die Beschäftigungsmöglichkeit in dem Betrieb aber regelmäßig unproblematisch, weil gerade durch den Betriebsübergang die Beschäftigungsmöglichkeit in dem Betrieb oder Betriebsteil bestehen bleibt. Ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers kann aber auch gegeben sein, wenn bei einer im Kündigungszeitpunkt beabsichtigten Stillegung die spätere Chance, den Betrieb zu veräußern, davon abhängt, daß der Veräußerer Rationalisierungsmaßnahmen durchführt oder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer ändert 162. Müßte der Veräußerer die Arbeitnehmer zu den gleichen Bedingungen wiedereinstellen, würde die Veräußerung scheitern und es würde doch zu einer Stillegung kommen. Der Wiedereinstellungsanspruch besteht nur, wenn die Veränderung der tatsächlichen Umstände noch während der laufenden Kündigungsfrist eintritt 163. Nach Ablauf der Kündigungsfrist besteht keine vertragliche Beziehung mehr zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Grundlage für die Anwendung des § 242 BGB mit ausnahmsweise anspruchsbegründender Wirkung sein kann 164. Auch die nachwirkende Fürsorgepflicht geht nicht so weit, einen Anspruch auf Neubegründung des Vertrags zu gewähren, da diese nur das Weiterbestehen bestimmter NebenMünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 89; Löwisch, KSchG, § 1 Rn. 74. BAG, 27. 02. 1997, AP Nr. I zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 3; KR-Etzel § 1 KSchG Rn. 569; MünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 90 ff.; Bram/Rühl, NZA 1990, 753 (755 f.). 159 BAG, 27. 2. 1997, AP Nr. 1 zu§ 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, B. 5. 160 Bram! Rühl, NZA 1990, 753 (755 f.); MünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 91. 161 Bram/Rühl, NZA 1990,753 (755). 162 BAG, 27. 02. 1997, AP Nr. 1 zu§ 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 5. 163 BAG, 27. 02. 1997, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, BI. 3; BAG 06. 08. 1997, NZA 1998, 254 (255); Hueck/von Hoyningen-Huene § 1 Rn. 156 c; Löwisch, KSchG, § 1 Rn. 75; Stahlhacke I Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 645; Beckschulze, DB 1998,417 (418). 164 Beckschulze, DB 1998,417 (418); Hueck!von Hoyningen-Huene § 1 Rn. 156 c. 157 158

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

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pflichten betrifft und demnach keinen Anspruch auf Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann 165. Nach dem Ablauf der Kündigungsfrist ist der Rechtssicherheit und der vertraglichen Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers der Vorrang einzuräumen 166. Aus diesen Gründen ist die Ansicht abzulehnen, nach der auch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände nach Ablauf der Kündigungsfrist, also dann, wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet worden ist, diesbezüglich berücksichtigt werden kann 167 . Es besteht keine Frist, innerhalb der der Arbeitnehmer den Wiedereinstellungsanspruch geltend machen muß 168. Insbesondere ist eine analoge Anwendung des § 4 KSchG, also eine Dreiwochenfrist ab dem Zeitpunkt des Wegfalls des Kündigungsgrundes, abzulehnen 169. Dagegen spricht bereits, daß der Arbeitnehmer von dem Wegfall des Kündigungsgrundes nicht unbedingt unmittelbar Kenntnis erlangt. Möglich wäre also nur, die Frist ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Wegfall des Kündigungsgrundes beginnen zu lassen. Dagegen spricht aber, daß der Wegfall des Kündigungsgrundes zeitlich nicht so genau festzulegen ist, wie der Zugang der Kündigung 170. Daneben ist der Anspruch dann, wenn der Unternehmer bereits anderweitige Dispositionen getroffen hat, ohnehin nicht gegeben, so daß es auch nicht aus Gründen der Rechtssicherheit dieser kurzen Frist bedarf. Vielmehr sind die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung heranzuziehen 171 . Ein Anspruch ist dann verwirkt, wenn seit seiner Entstehung ein erheblicher Zeitraum abgelaufen ist und der Anspruchsgegner darauf vertrauen durfte, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht 172 . Hierbei ist auf den Einzelfall abzustellen. Die Verwirkung tritt dann ein, wenn der Arbeitnehmer trotz sicherer Kenntnis des Wegfalls des Kündigungsgrundes den Anspruch eine unangemessen lange Zeit nicht geltend macht und der Arbeitgeber darauf vertrauen kann, daß dies nicht mehr geschieht. Ebenso ist der Wiedereinstellungsanspruch verwirkt, wenn der Arbeitnehmer in Kenntnis des Anspruchs eine anderweitige Tätigkeit aufnimmt bzw. bei Kenntniserlangung die Beendigung des zwischenzeitlich eingegangenen anderen Arbeitsverhältnisses nicht unverzüglich einleitet 173 . In dem Fall, in dem aus einer größeren Anzahl gekündigter Arbeitnehmer nur einige eingestellt werden, ist der Arbeitgeber bei der Wiedereinstellung nicht an die Grundsätze der sozialen Auswahl gebunden 174.

165 166 167 168 169 170 171 172 173

BAG 06. 08. 1997, NZA 1998,254 (255).

Stahlhacke I Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rn. 645. So Bram/ Rühl, NZA 1990, 753 (756 f.); MünchArbR I Berkowsky § 130 Rn. 90 f. Bram/Rühl, NZA 1990, 753 (757); Zwanziger, BB 1997, 42 (45). Zwanziger, BB 1997,42 (45); aA Hambitzer, NJW 1985, 2239 (2242). Bram/Rühl, NZA 1990, 753 (757); Zwanziger, BB 1997,42 (45). Bram/Rühl, NZA 1990,753 (757); Zwanziger, BB 1997,42 (45). Palandt/ Heinrichs, § 242 Rn. 93 ff. Bram/ Rühl, NZA 1990, 753 (757).

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

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c) Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übemehmer

Das BAG 175 hat in einem Fall, in dem ein Reinigungsauftrag neu vergeben wurde und der neue Unternehmer einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernommen hat, ohne daß dies zum Zeitpunkt der Kündigungen dem vorherigen Unternehmer bekannt war, entschieden, daß die Kündigungen wirksam sind, aber die gekündigten Arbeitnehmer gegen den Übernehmer einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrages zu unveränderten Bedingungen unter Wahrung ihres Besitzstandes haben 176. Die Kündigungen waren auch in diesem Fall wirksam, weil die den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen zum Zeitpunkt der Kündigungen weder vorlagen noch greifbare Formen angenommen hatten177. Nach dem BAG ist die Rechtsprechung vom 27. 02. 1997 178 für den Fall, daß der Betriebsübergangs durch willentliche Übernahme der Hauptbelegschaft und nicht durch Übernahme materieller und I oder immaterieller Betriebsmittel ausgelöst werde, dahingehend zu ergänzen, daß diese Übernahme im Anschluß an den Wechsel der beauftragten Unternehmen den Fortsetzungsanspruch der Arbeitnehmer auslöst. Auch in diesem Fall tritt der Übergang der Arbeitsverhältnisse "ipso jure" ein und ist nicht von einem Willensentschluß des Übernehmers abhängig179. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des§ 613 a BGB 180. Dieser Anspruch folgt also unmittelbar aus§ 613 a BGB 181 , im Gegensatz zu dem Anspruch gegen den früherer Unternehmer, der mit § 242 BGB begründet wird. Gemäß § 613 a BGB tritt der neue Inhaber in die Arbeitsverhältnisse ein, die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehen. Das sind auch die gekündigten Arbeitsverhältnisse, wenn sie infolge der Kündigungsfrist noch nicht beendet sind 182. Übernimmt der Erwerber den Betrieb I Betriebsteil während des Laufs der Kündigungsfrist eines Arbeitnehmers, so setzt sich das Arbeitsverhältnis zwischen diesem und dem Erwerber fort. DerErwerber tritt in das Arbeitsverhältnis so, wie es zum Zeitpunkt des Übergangs besteht, ein. Würde es dabei bleiben, müßte der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Betrieb ausscheiden. Dies wäre aber 174 BAG 15. 03. 1984, NZA 1984, 226; Domdorf/Weller/Hauck § I Rn. 947; MünchArbR/ Berkowsky § 130 Rn. 90; aA Hambitzer, NJW 1985, 2239 (2241), die jedoch abzulehnen ist, weil für eine Sozialauswahl jede gesetzliche Grundlage fehlt. 175 BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320). 176 Fortführend BAG 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 ff. (Wartungsunternehmen); dafür auch Preis/Steffan, DB 1998, 309 (312); Erman/ Hanau § 613 a Rn. 138. m Vgl. BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320). 178 AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung. Dazu oben unter b). 179 BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320). 180 BAG 13. 11. 1997, BB 1998,319 (320). 181 BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 (320); Preis!Steffan, DB 1998, 309 (312); wohl auch Erman/ Hanau, § 613 a Rn. 138. 182 BAG 22. 02. 1978 BB 1978,914. 5 Römer

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nicht sachgerecht, weil der Grund für die Kündigung, die Stillegung, durch die Übernahme entfallen ist. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch gegen den Übernehmer auf Abschluß eines Arbeitsvertrags zu unveränderten Bedingungen. Aber auch die Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber wegen der Stillegung gekündigt hat und deren Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits abgelaufen ist, deren Arbeitsverhältnis also bereits beendet ist, haben einen Anspruch gegen den Übernehmer auf Abschluß eines Arbeitsvertrags 183 . Hierin unterscheidet sich der Anspruch von dem Wiedereinstellungsanspruch gegen den früheren Unternehmer, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gegeben ist 184 . Dies beruht darauf, daß der Anspruch gegen den Übernehmer unmittelbar aus § 613 a BGB folgt, der Anspruch gegen den früheren Unternehmer jedoch aus § 242 BGB resultiert. Nach dem Wortlaut des§ 613 a BGB tritt derErwerbernur in die Arbeitsverhältnisse ein, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehen. Um zu begründen, daß auch die Arbeitnehmer, deren Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist, einen Wiedereinstellungsanspruch haben, ist auf den Sinn und Zweck des§ 613 a BGB abzustellen. Sinn und Zweck des§ 613 a BGB ist unter anderem der Schutz der Arbeitnehmer durch Sicherung des Arbeitsplatzes 185 • Im Falle eines Betriebsübergangs ist gewährleistet, daß die Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze behalten. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmern nicht wegen des Betriebsübergangs kündigen. Das Gesetz sieht vor, daß der Erwerber die Arbeitnehmer übernimmt und die Belegschaft eines Betriebs bei dem Wechsel dessen Inhabers dieselbe bleibt. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmern wegen 183 So ausdrücklich BAG 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 (1134) unter Verweis auf BAG 13. 11. 1997, BB 1998, 319 f., wo der Auftragnehmer den Arbeitnehmern zum 30. 09. 1993 gekündigt hatte und der neue Auftragnehmer den Betrieb ab dem 01. 10. 1993 fortführte. Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs waren die Kündigungsfristen also schon abgelaufen. So auch Preis/Steffan, DB 1998, 309 (312). 184 Daß der Anspruch nach dem BAG nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur noch gegen den Erwerber geltend gemacht werden kann, folgt daraus, daß das BAG die Rechtsprechung vom 27. 02. 1997, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung, in der der Anspruch gegen den friiheren Unternehmer auf die Zeit des Laufs der Kündigungsfrist beschränkt wird, in den Urteilen vom 13. 11. 1997, BB 1998,319 (320) und vom 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 (1134) nicht aufhebt, sondern ausdrücklich ergänzt. Irreführend führt das BAG in dem Urteil vom 12. 11. 1998 aus, daß bei einem Betriebsübergang durch Übernahme der Belegschaft das Fortsetzungsverlangen gegenüber dem Erwerber zu erklären ist, woraus geschlossen werden könnte, daß der Anspruch gegen den Veräußerer auch bei einem Betriebsübergang während der Kündigungsfrist nicht besteht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß das BAG die in dem Urteil vom 27. 02. 1997 entwickelte Rechtsprechung, nach der während der Kündigungsfrist ein Anspruch auch gegen den Veräußerer besteht, aufheben will. Ebenso war in dem Urteil vom 12. 11. 1998 die Kündigungsfrist bei dem Betriebsübergang bereits abgelaufen. 185 Daneben tritt der Schutz der Funktion und Kontinuität des Betriebs und des Betriebsrats sowie die Regelung der Haftung des neuen und des bisherigen Betriebsinhabers (BAG 17. 01. 1980, AP Nr. 18 zu§ 613 a BGB, BI. 3; Palandt/ Putzo § 613 a Rn. 1).

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einer Stillegung gekündigt. Die Kündigungen bleiben auch wirksam, weil es diesbezüglich auf die Absicht des früheren Unternehmers zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ankomrnt 186• Der Kündigungsgrund fällt aber durch den Betriebsübergang weg 187• Objektiv ist statt einer Stillegung ein Betriebsübergang gegeben. § 613 a BGB sieht vor, daß die Belegschaft trotz eines Inhaberwechsels dieselbe bleibt. Diesbezüglich ist auf die Belegschaft abzustellen, wie sie ohne die Stilllegung wäre, weil letztere wegen des Betriebsübergangs nicht stattfindet. Es sind also alle Arbeitnehmer des Betriebs einschließlich derer, deren Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist, zu berücksichtigen. Hätte ein Betriebsübergang von vornherein festgestanden, wäre den Arbeitnehmern nicht gekündigt worden. Sie haben demnach einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer. Demgegenüber basiert der Anspruch gegen den früherer Unternehmer auf § 242 BGB. Aus§ 613 a BGB folgt, daß derErwerberdie Arbeitnehmer zu übernehmen hat, nicht aber, daß der Veräußerer die im oben genannten Sinne gekündigten Arbeitnehmer wiedereinstellen muß. Letzteres kann nur aus der vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer resultieren, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Zu beachten ist, daß die Arbeitnehmer, denen aus anderen Gründen gekündigt worden ist, keinen Fortsetzungs- bzw. Wiedereinstellungsanspruch haben, weil diese Kündigungen auch ohne den Betriebsübergang stattgefunden hätten und mit diesem in keinem Zusammenhang stehen. Das BAG bejaht den Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer ausdrücklich nur für die Fälle, in denen der Betriebsübergang durch Übernahme der Belegschaft und nicht durch die Übernahme materieller und/ oder immaterieller Betriebsmittel begründet wird 188 . Für eine solche Einschränkung besteht indes kein Grund 189 . Der Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags ergibt sich daraus, daß ein Betriebsübergang ausgelöst wird, nachdem den Arbeitnehmern wegen einer Stillegung gekündigt wurde. Aus welchen Merkmalen sich der Betriebsübergang ergibt, ist dabei nicht relevant. Liegen die Voraussetzungen des § 613 a BGB vor, ergibt sich als Rechtsfolge auch der genannte Anspruch. Die Arbeitnehmer müssen den Anspruch auf Einstellung gegen den Übernehmer nach Betriebsübergang unverzüglich nach Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, die den Betriebsübergang ausmachen, geltend machen 190. Um die Unverzüglichkeit zu konkretisieren, ist die Drei-Wochen-Frist heranzuziehen, Siehe oben unter a). Siehe oben unter b). 188 BAG 13. II. 1997, BB 1998,319 (320). 189 Die Ungleichbehandlung des Betriebsübergangs durch Übernahme von Betriebsmitteln und durch Übernahme von Personal hält auch Hanau, ZIP 1998, 1817 (1818) nicht für "unmittelbar einleuchtend". 190 BAG 12.11.1998,NJW 1999, 1132(1134);Preis/Steffan, DB 1998,309(310). 186 187

5*

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

innerhalb derer nach dem Betriebsübergang nach dem BAG 191 in analoger Anwendung des § 4 KSchG das Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang geltend zu machen ist 192 . Daraus, daß sich das BAG 193 auf die Grundsätze zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang bezieht, folgt, daß der Anspruch bis zum Betriebsübergang ungeachtet des Zeitpunktes der Kenntniserlangung geltend gemacht werden kann und erst nach dem Betriebsübergang unverzüglich geltend zu machen ist, auch wenn das BAG dies nicht ausdrücklich ausführt. Denn der Widerspruch kann ungeachtet einer früheren Kenntnisnahme des Arbeitnehmers bis zu dem Betriebsübergang ausgeübt werden 194. Die Parallele zum Widerspruchsrecht ergibt sich daraus, daß es in beiden Fällen darum geht, ob zum Betriebserwerber ein Arbeitsverhältnis besteht. In beiden Fällen muß der Erwerber erfahren, welche Arbeitnehmer künftig in seinem Betrieb tätig sind. Nach dem BAG 195 rechtfertige der Zweck des Bestandsschutzes des § 613 a BGB zwar den Anspruch gegen den Übernehmer, nicht aber eine vermeidbare Ungewißheit über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Erwerber. Dabei obliegt es grundsätzlich dem Veräußerer oder dem Erwerber, die Arbeitnehmer, die vom Betriebsübergang betroffen sind, über diesen zu unterrichten und die Arbeitnehmer aufzufordern, dem Betriebsübergang zu widersprechen, wenn sie nicht wollen, daß ihr Arbeitsverhältnis übergeht 1%. Daraus rechtfertigt es sich, daß der Anspruch auf Einstellung gegen den neuen Unternehmer zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden kann 197 . Die Drei-Wochen-Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Arbeitnehmer von dem Betriebsübergang erfährt. Es besteht keine Pflicht des Arbeitnehmers, sich bei seinen ehemaligen Arbeitskollegen zu erkundigen, ob sie von dem Erwerber übernommen wurden, denn der Arbeitnehmer kann mitunter gar nicht wissen und muß auch nicht damit rechnen, daß zwischenzeitlich ein Betriebsübergang durch die Übernahme eines wesentlichen Teils der Belegschaft ausgelöst worden ist 198 . Der Unterschied zu dem Anspruch gegen den früheren Unternehmer, bei dem die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG nicht heranzuziehen ist, ergibt sich aus den unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen. Die Anwendung der Regeln über die Unverzüglichkeit resultiert aus§ 613 a BGB.

191 192 193 194 195 196 197 198

22. 04. 1993, NJW 1994, 2170; siehe oben unter 1. a). BAG 12. 11. 1998, NJW 1999, 1132 (1134); Preis/Steffan, DB 1998,309 (3 10). BAG 12. 11.1998,NJW 1999, 1132(1134). sieh oben unter I. a). 12. 11. 1998, NJW 1999, II32 (1134). Staudinger I Richardi I Annuß, § 613 a Rn. 125. Preis!Steffan, DB 1998, 309 (310). Preis/Steffan, DB 1998, 309 (310).

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d) Ergebnis

Plant der Unternehmer eine Outsourcing-Maßnahme oder wird ihm ein Auftrag gekündigt, hat er entweder die Absicht, den Betrieb oder den Betriebsteil stillzulegen, oder diesen gemäß § 613 a BGB zu übertragen. Die für die Wirksamkeit der Kündigungen erforderliche ernsthafte und endgültige Stillegungsabsicht liegt in diesen FäHen vor, wenn der Betriebsübergang zum Zeitpunkt der Kündigungen noch keine greifbaren Formen angenommen hat. Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der ernsthaften Absicht, den Betrieb oder den Betriebsteil sti11zulegen, und wird während Laufs der Kündigungsfrist ein Betriebsübergang ausgelöst, hat der Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, sofern dies für den Arbeitgeber zurnutbar ist. Ebenso besteht ein Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übemehmer, den auch die Arbeitnehmer haben, deren Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist. Der Anspruch gegen den Übemehmer ist in analoger Anwendung des § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen geltend zu machen. Bei dem Wiedereinstellungsanspruch gegen den früheren Arbeitgeber sind für eine Frist die aUgemeinen Grundsätze der Verwirkung heranzuziehen.

3. Die Zuordnung der Arbeitnehmer Ist ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang gegeben, steHt sich die Frage, welche Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber übergehen. Gerade bei dem in den Outsourcing-Fällen häufig gegebenen Betriebsteilübergang ist nicht immer eindeutig, welche Arbeitnehmer diesem Betriebsteil angehören, welche Arbeitnehmer also übergehen und welche bei dem auslagemden Unternehmer verbleiben. Erörtert wird an dieser SteHe nur eine Zuordnung im Rahmen des § 613 a BGB. Außer Betracht bleibt hier eine Zuordnung bei Umwandlungen in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag sowie eine Zuordnung in einem Interessenausgleich. Beides wird unten im 4. Kapitel unter IV. ausführlich dargestellt. Neben der Relevanz im Rahmen einer Zuordnung in einem Interessenausgleich ist eine Zuordnung der Arbeitnehmer bei § 613 a BGB auch im Rahmen eines Sozialplans relevant, weil sich aus der Zuordnung ergibt, welche Arbeitsverhältnisse auf den Übemehmer übergehen. Probleme können sich zum einen hinsichtlich der Arbeitnehmer ergeben, die nicht fest in die Arbeitsorganisation eines Betriebes oder Betriebsteils eingebunden sind. Sind Arbeitnehmer für mehrere Betriebe oder Betriebsteile tätig und wird einer von diesen übertragen, so stellt sich die Frage, ob die Arbeitnehmer übergehen oder im alten Unternehmen bzw. Betrieb verbleiben. Es handelt sich hierbei um Arbeitnehmer auf Arbeitsplätzen, die sich auf der Schnittstelle zwischen dem übergehenden Betriebsteil und einem oder mehreren weiteren Betriebsteilen befin-

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BOB

den 199 . Diese Arbeitnehmer werden, wie z. B. die Springer, für jeden dieser Betriebe oder Betriebsteile zu einem bestimmten prozentualen Teil ihrer Arbeitszeit tätig und sind insoweit auch in die jeweilige Betriebs- bzw. Betriebsteilorganisation eingegliedert. Sie tragen zum Erreichen des Zwecks dieses Betriebs oder Betriebsteils direkt bei. Sie führen die Tatigkeit aus, die auch die Arbeitnehmer ausführen, die dem Betrieb oder Betriebsteil eindeutig angehören. Der Springer wird jeweils in den Betrieben oder Betriebsteilen tätig, in denen gerade beispielsweise durch den Ausfall von Arbeitskräften oder wegen eines erhöhten Bedarfs durch einen Großauftrag eine Arbeitskraft benötigt wird. In dieser Zeit ist seine Arbeitskraft Bestandteil der Planung des Arbeitsablaufs in dem Betrieb bzw. Betriebsteil, er ist in die Organisation des Betriebs bzw. Betriebsteils eingegliedert und gehört der wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 613 a BGB an. Zum anderen ist die Zuordnung der Arbeitnehmer problematisch, die zu keinem Zeitpunkt in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingegliedert sind, aber dennoch von dem Übergang betroffen sind. Diese Arbeitnehmer werden deshalb auch als "mittelbar übergangsbetroffen" bezeichnet200• Dies sind zum einen Arbeitnehmer, die zwar einer anderen Betriebsabteilung angehören, aber dennoch für den übergehenden Betrieb oder Betriebsteil tätig sind. Solche Arbeitnehmer finden sich häufig in der Verwaltungsabteilung oder in Stabsstellen eines Betriebs. Auch mit der EDV beschäftigte Arbeitnehmer können überwiegend für einen bestimmten Betrieb oder Betriebsteil tätig werden, ohne ihm anzugehören. Bei diesen Arbeitnehmern wird das Arbeitsverhältnis stets am selben Arbeitsplatz erfüllt, ist in seiner Funktion aber auf einen dritten Betrieb oder Betriebsteil ausgerichtet. So kann ein Arbeitnehmer der Lohnbuchhaltung für die Lohnabrechnung ausschließlich eines Betriebsteils zuständig sein. Geht dieser Betriebsteil auf einen anderen Unternehmer über, so kann der Tatigkeitsbereich auch für den Arbeitnehmer in der Lohnbuchhaltung wegfallen. Zum anderen gehören hierzu auch die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht stets am selben Arbeitsplatz erfüllt wird, die aber dennoch zu keinem Zeitpunkt in die Abteilung, in der sie gerade tätig werden, eingegliedert sind. So verhält es sich zum Beispiel bei einem Wartungs- oder einem Montageteam, das für alle Maschinen des Betriebs zuständig ist und ständig in anderen Betriebsteilen tätig ist, sowie bei Spezialisten, denen kein Arbeitsbereich fest zugewiesen ist, sondern die in versebeidenen Bereichen des Betriebs übergreifend tätig werden. Diese Arbeitnehmer sind zwar als Arbeitnehmer des gesamten Betriebs, nicht aber eines bestimmten Betriebsteils anzusehen. Im Gegensatz zu den oben genannten Arbeitnehmern auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen führen diese Arbeitnehmer nicht die reguläre Tatigkeit eines Arbeitnehmers in einem bestimmten Betriebsteil aus. Ihre Arbeitskraft ist nicht Bestandteil Annuß, NZA 1998,70 (76). zoo Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1870).

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der Planung des Arbeitsablaufs in dem Sinne, daß sie an dem Erreichen des jeweiligen Betriebsteilzwecks direkt beteiligt sind. Diese Arbeitnehmer gehören nicht der wirtschaftlichen Einheit im Sinne des§ 613 a BGB an. Ebenso verhält es sich bei Arbeitnehmern, die auf diese Art und Weise unternehmensweit eingesetzt werden, in bezug auf die Zugehörigkeit zu einzelnen Betrieben. In diese Fallgruppe sind auch die Hausmeister einzuordnen. Die Besonderheit der Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen ist, daß diese in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils für eine bestimmte Zeit eingegliedert sind. Dies ist die Grundvoraussetzung für die Fallgruppe der Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, so daß die Arbeitnehmer, die zu keinem Zeitpunkt in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingegliedert sind, der Fallgruppe der mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer angehören. a) Die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen

Fraglich ist, wie die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen bei einem Betriebsübergang zuzuordnen sind.

aa) Subjektive Zuordnung und Kritik

Die Rechtsprechung des BAG201 sowie ein Teil der Literatur202 stellt hier in erster Linie auf den Willen aller Beteiligten, also des Veräußerers, des Erwerbers und des Arbeitnehmers, ab. In Grenz- und Zweifelsfällen sei es nicht sinnvoll, die Belegschaft nach objektiven Merkmalen gegen den Willen der Beteiligten aufzuteilen. Der Schutzzweck des § 613 a BGB gebiete nur, daß eine eindeutige Zuordnung erreicht werde, die der Funktion der Betriebsveräußerung genüge und den betroffenen Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze und ihre sozialen Besitzstände erhalte. Nur in den Fällen, in denen kein übereinstimmender Wille gegeben sei, sei auf objektive Kriterien zurückzugreifen und danach zu entscheiden, für welchen Betriebsteil der Arbeitnehmer überwiegend tätig geworden ist. Der Übergang der Belegschaft ist aber eine gesetzliche Rechtsfolge, die der Disposition der Parteien entzogen ist203 . Würde man zulassen, daß eine subjektive Zuordnung zur Anwendung des § 613 a BGB führen kann bzw. diese verhindem kann, so ergäbe sich daraus, daß einzelne Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vor2o1

20. 07. 1982, ZIP 1983, 107 (109); 25. 06. 1985, ZIP 1985, 1523 (1525).

2o2 Erman/ Hanau § 613 a Rn. 47; KR-Pfeiffer § 613 a Rn. 58; Heinze, ZfA 1983, 409

(591); MünchKomm/Schaub § 613 a Rn. 37; Bauer; DB 1983, 1097; Bachner; AiB 1996, 291 (300). 203 ErfK/ Preis§ 613 a BGB Rn. 44.

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

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schrift zur Disposition der Parteien stünden. Dies ist mit dem Schutzzweck des § 613 a BGB nicht zu vereinbaren. Diesbezüglich argumentiert das BAG204, daß der Schutzfunktion des § 613 a BGB genüge getan sei, weil die zugeordneten Arbeitnehmer sowohl ihren Arbeitsplatz als auch ihre sozialen Besitzstände behielten. Dagegen ist jedoch einzuwenden, daß bei einer einvernehmlichen Zuordnung die Arbeitnehmer, die im Betrieb verbleiben sollen, keinen Übergang erreichen können. Es ist nicht auszuschließen, daß einige Arbeitnehmer in der einvernehmlichen Zuordnung zwischen Veräußerer, Erwerber und den betreffenden Arbeitnehmern bevorzugt behandelt werden, und andere Arbeitnehmer benachteiligt werden. Aus diesen Gründen müssen objektivierbare Kriterien bestehen, nach denen sich die Anwendung des§ 613 a BGB richtet. Es besteht jedoch die Möglichkeit, daß ein Übergang dort, wo § 613 a BGB nicht greift, zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer gemeinsam vereinbart werden kann und Übergang auf diese Art und Weise ausgeschlossen werden kann, wenn § 613 a BGB greift. Dabei handelt es sich jedoch um rechtsgeschäftliches Handeln und nicht um einen Anwendungsfall des § 613 a BGB205 • Auf die aufgrund einer solchen Vertrags übergehenden Arbeitnehmer findet § 613 a BGB keine Anwendung. Eine dreiseitige Vertrag ist erforderlich, weil der Veräußerer, der Erwerber und der Arbeitnehmer nur an § 613 a BGB als Übergangstatbestand gebunden sind. Soll eine Abweichung von § 613 a BGB Bindungswirkung zwischen den drei Parteien entfalten, müssen alle an dem Vertrag mitwirken. An eine Vereinbarung zwischen Veräußerer und Erwerber wäre der Arbeitnehmer nicht gebunden, weil als gesetzliche Regelung nur§ 613 a BGB zwingend ist, von dem gerade abgewichen werden soll. Ebenso wäre der Erwerber nicht an eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Veräußerer gebunden, weil er nur gemäߧ 613 a BGB Arbeitnehmer übernehmen muß. Soll die Anwendung des§ 613 a BGB ausgeschlossen werden, ist die Mitwirkung des Erwerbers erforderlich, weil das Arbeitsverhältnis bei Anwendung des § 613 a BGB mit ihm fortzusetzen ist. Der umwandlungsrechtliche Übergang von Arbeitsverhältnissen, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet, wird unten im 4. Kapitel unter V. 1. b) aa) behandelt. Nach Gentgel06 ist für die Zuordnung der Arbeitnehmer zwischen zwei verschiedenen Situationen des Betriebsübergangs zu unterscheiden. Entweder sei das Rechtsgeschäft von vomherein darauf ausgerichtet, daß derErwerbereinen funktionsflihigen Betrieb oder Betriebsteil übernimmt oder die Parteien möchten die Folgen des Betriebsübergangs vermeiden bzw. diese sind aus ihrer Sicht kein wich20. 07. 1982, ZIP 1983, 107 (109); 25. 06. 1985, ZIP 1985, 1523 (1525). So auch Annuß, NZA 1998, 70 (76); Müller!Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1870 f.); Kreitner, NZA 1990,429 (430); MünchArbR/Wank § 120 Rn. 114; Loritz, RdA 1987,65 (79 f.); ErfK/ Preis§ 613 a BGB Rn. 44. 206 RdA 1996, 265 ff. 204 205

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tiger Bestandteil des Rechtsgeschäfts207. Im ersten Fall könne davon ausgegangen werden, daß alle Arbeitsverhältnisse dem Veräußerer oder dem Erwerbernach einem nachvollziehbaren Unternehmerischen Konzept zugeordnet werden, welches keiner Korrektur mehr bedürfe208 . Gentges führt im folgenden aus, daß es den Parteien erlaubt sei, die gesetzlichen Rechtsfolgen des § 613 a BGB zu gestalten. So könne unabhängig von§ 613 a BGB eine andere Vereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer getroffen werden209• Letzteres ist richtig, widerspricht jedoch der Aussage, daß die gesetzlichen Rechtsfolgen des § 613 a BGB gestaltet werden könnten, weil nur unabhängig von § 613 a BGB und nicht innerhalb der Anwendung desselben eine andere Regelung getroffen werden kann. Gegen die Ansicht Gentges' spricht vor allem aber, daß auch durch ein unternehmerisches Konzept die Benachteiligung oder Bevorzugung einzelner Arbeitnehmer nicht ausgeschlossen ist. Ebenso ist es auch in diesem Fall der einvernehmlichen Übernahme eines funktionsfähigen Betriebsteils durchaus möglich, daß die Parteien keine Einigung über die genaue Zuordnung der Arbeitnehmer erzielen. In der zweiten Fallkonstellation, in der die Parteien die Folgen des § 613 a BGB vermeiden möchten oder diese kein wichtiger Bestandteil des Rechtsgeschäfts sind, vertritt auch Gentges eine objektive Zuordnung210. Liegt ein dreiseitiger Vertrag nicht vor, ist eine Zuordnung nach objektiven Kriterien vorzunehmen211 .

bb) Objektive Zuordnung

Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsteil übergeht, ist auf den bisherigen Schwerpunkt der Tätigkeit der Arbeitnehmer abzustellen212 • Als Kriterien für die Bestimmung dieses Schwerpunkts werden genannt213 : überwiegender Arbeitsort, überwiegender zeitlicher Aufwand, Bedeutung einzelner Tätigkeiten für das Gesamtunternehmen, Zahl der jeweils unterstellten Arbeitnehmer, jeweils erzielter Umsatz und die Zuordnung zu Vorgesetzten und Mitarbeitern. Kreitne? 14 verlangt dabei einen deutlichen Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses Gentges, RdA 1996, 265 (270). Gentges, RdA 1996, 265 (273). 209 Gentges, RdA 1996, 265 (273). 210 Gentges, RdA 1996, 265 (270). 211 Siehe die Angaben in Fn. 203 und 205. 212 Annuß, NZA 1998, 70 (77); Kreitner, NZA 1990, 429 (430); Bauer, DB 1983; 1097; MünchKomm/ Schaub§ 613 a Rn. 37; auch nach dem BAG und dem Teil der Literatur, der vorwiegend auf eine subjektive Zuordnung abstellt (siehe Fn. 201 und 202), ist dies erforderlich, wenn ein übereinstimmender Wille nicht festgestellt werden kann. 213 Kreitner, NZA 1990, 429 (430); MünchArbR/Wank § 120 Rn. 114; Bachner, AiB 1996, 291 (300). 214 NZA 1990,429 (430). 207 208

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

in dem entsprechenden BetriebsteiL Andere215 lassen es ausreichen, daß der Arbeitnehmer nur einen größeren Teil seiner Arbeitszeit in dem betreffenden Betriebsteil verbracht hat, daß also überhaupt ein Übergewicht festzustellen ist. Die Frage stellt sich freilich dann nicht, wenn von z. B. drei Betriebsteilen zwei beim Veräußerer verbleiben und nur ein Teil übergeht, weil hier das Arbeitsverhältnis eindeutig nicht übergeht. Die Ansicht Kreitners bringt die Frage mit sich, wann ein deutlicher Schwerpunkt vorliegt. Läßt sich rechnerisch ein relatives Übergewicht ermitteln, ist noch nicht klar, ob bzw. wann dies eindeutig ist. Dieses Abgrenzungsproblem stellt sich bei der anderen Auffassung nicht. Es ist demnach der letztgenannten Auffassung zu folgen. Es reicht aus, wenn sich ein relativer Tatigkeitsschwerpunkt ausmachen läßt, also ein Übergewicht der Tatigkeit in einem Bereich gegeben ist. Bestehen hier Zweifel oder ist die Feststellung eines Übergewichts nicht möglich, kann das Arbeitsverhältnis objektiv nicht zugeordnet werden216. Da § 613 a BGB den Arbeitsplatz möglichst auf Dauer erhalten will, ist für die Ermittlung des Schwerpunkts der Tatigkeit das Arbeitsverhältnis und seine Entwicklung insgesamt zu betrachten, um den jeweiligen Schwerpunkt zu bestimmen, wobei vor allem auch der Arbeitsvertrag entscheidend ist217 • Hat sich der Arbeitnehmer beispielsweise zu einem unternehmensweiten Arbeitseinsatz verpflichtet und ist nicht abzusehen, daß er in Zukunft in einem der zu übertragenen Betriebsteile fest eingesetzt werden wird, dann handelt es sich im Regelfall um ein nicht zuordenbares Arbeitsverhältnis, auch wenn zum Zeitpunkt des Übergangs eventuell ein Schwerpunkt besteht218 . Möglich ist, daß ein Arbeitnehmer nur in letzter Zeit verstärkt in einem bestimmten Betriebsteil gearbeitet hat, er aber schon bald wieder woanders eingesetzt werden soll, da seine Arbeitskraft in dem erstgenannten Betriebsteil nicht mehr benötigt wird, er aber in dem letztgenannten Betriebsteil gebraucht wird. Ordnet man den Arbeitnehmer nun dem erstgenannten Betriebsteil zu, hilft dies weder dem Arbeitnehmer noch dem jeweiligen Arbeitgeber. Auch der zukünftige Bedarf der Arbeitskraft ist demnach bei der Bestimmung des Schwerpunkts zu beriicksichtigen. cc) Objektiv nicht zuordenbare Arbeitnehmer

Läßt sich nach diesen Kriterien ein Schwerpunkt nicht ausmachen, so ist die weitere Vorgehensweise umstritten.

215 Loritz, RdA 1987, 65 (80); Annuß, NZA 1998, 70 (77); Spirolke, Der Betriebsübergang nach§ 613 a BGB im neuen Umwand1ungsgesetz, S. 61 216 Siehe zur Behandlung dieser objektiv nicht zuordenbaren Arbeitnehmer unten unter cc). 217 Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1873). 21s Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1873).

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(1) Meinungsstand

Einer Ansicht219 nach liegt in diesem Fall kein Arbeitsverhältnis vor, das dem übertragenen Betriebsteil angehört, so daß dieses auch nicht übergeht. Zum Teil wird dies damit begründet, daß eine eindeutige Zuordnung ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 613 a BGB sei 220 • Baue?-21 fordert in Anlehnung an § 315 BGB222, ein Recht des Veräußerers, über den Übergang zu bestimmen. Nach Annuß223 unterliegt der gesamte Vorgang des Betriebsübergangs der Organisationsgewalt des Arbeitgebers. Daher müsse dem Arbeitgeber bei Vorliegen eines echten Zweifelsfalls ein originäres Zuweisungsrecht zukommen, welches sich unmittelbar aus § 613 a BGB ergebe und wofür§ 315 BGB nicht erforderlich sei. Einer anderen Ansiche24 zufolge ist dem Arbeitnehmer in diesem Fall ein Wahlrecht dahingehend einzuräumen, ob sein Arbeitsverhältnis übergeht oder nicht. Einer weiteren Meinung225 nach gebietet es die Schutzfunktion des§ 613 a BGB, daß das Arbeitsverhältnis im Zweifel übergeht. Der Arbeitnehmer könne dann durch den Widerspruch auch einen Verbleib in dem Betrieb erzielen. (2) Stellungnahme Bei der Frage der Zuordnung objektiv nicht zuordenbarer Arbeitnehmer ist zum einen zu beachten, daß sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber im Fall des Behaltens bzw. des Übemehmens eines Arbeitnehmers vor dem Problem stehen, wie sie ihn den Rest der Zeit einsetzen. War der Arbeitnehmer beispielsweise vor 219 Kreitner, NZA 1990,429 (431 f.); MünchArbR/Wank § 120 Rn. 114; in bezugauf das Umwandlungsrecht und ohne nähere Ausführungen auch Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 71; ders. ZIP 1994, 1087 (1091); Däubler, RdA 1995, 136 (142); Widmann/Mayer/Vollrath § 323 UmwG Rn. 35 nach denen in einem solchen Fall § 613 a BOB keine Anwendung finde und sich die Zuordnung nach den Regeln des UmwG richte. 22o Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 71, der sich auf die diesbezügliche Ausführung Kreitners, NZA 1990, 429 beruft. Kreitner nutzt diese Feststellung jedoch nur, um auf das Erfordernis einer Zuordnung hinzuweisen. Die Ablehnung des§ 613 a BOB in den Fällen der nicht zuordenbaren Arbeitnehmer begriindet er damit aber nicht. 221 DB 1983, 1097. 222 Gemäß § 315 Abs. 1 BOB ist dann, wenn die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden soll, im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. 223 NZA 1998, 70 (77). 224 V. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977, 329 (334); Erman/ Hanau, § 613 a Rn. 47; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 64; Bachner, AiB 1996,291 (300); Kittner/Trittin, KSchR, § 613 a BOB Rn. 147; Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1873 f.); ErfK/ Preis§ 613 a BOB Rn.44. 225 Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 64, der sich auch nicht gegen ein Wahlrecht ausspricht, nach dem diese Lösung aber zu einem ähnlichen Ergebnis führt.

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

dem Übergang in zwei Betriebsteilen zu je 50% tätig, so fallen bei Veräußerung des einen Teils 50% seines Tätigkeitsbereichs weg. Ebenso sind im neuen Betrieb wahrscheinlich 50% seiner ursprungliehen Betätigungsmöglichkeit nicht mehr vorhanden. Kann der jeweilige Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht anderweitig einsetzen, so drohen dem Arbeitnehmer in beiden Fällen betriebsbedingte Kündigungen. Dies benachteiligt diesen Arbeitnehmer deutlich gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die einer der beiden Unternehmer sinnvoll einsetzen kann und die nur dann mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen müssen, wenn sie einem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil angehören und dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Gegen die Ansicht, § 613 a BGB nicht anzuwenden, spricht, daß § 613 a BGB verhindern will, daß die Arbeitnehmer wegen des Wechsels des Betriebsinhabers ihren Arbeitsplatz verlieren. In dem Fall, in dem ein Betrieb derart aufgeteilt wird, daß alle Betriebsteile auf neue Inhaber übergehen und der ursprungliehe Betrieb erlischt, wie dies bei der Aufspaltung gemäߧ 123 Abs. 1 UmwG der Fall ist, kann eine fehlende Zuordnung nur dazu führen, daß der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliert226. Dieses Ergebnis ist nicht sachgerecht. Es wird argumentiert, daß es für die Anwendung der Norm auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Gesetzgebers Voraussetzung sei, daß dieses dem übergehenden Betriebsteil eindeutig zugeordnet werden könne227 . Wahrscheinlich hatte der Gesetzgeber ursprunglieh eine eindeutige Zuordnung vor Augen. Im Grundfall des Übergangs des ganzen Betriebs ist die Zuordnung ohnehin eindeutig, und ein Übergang ist für den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse zwingend erforderlich. Bei einem Übergang eines Betriebsteils ist es für die ausschließlich dort tätigen Arbeitnehmer ebenso zwingend erforderlich, überzugehen, weil ihr Arbeitsplatz bei dem übertragenden Unternehmer wegfällt. In diesen Fällen ist ohnehin kein Raum für eine abweichende Zuordnung. Daraus, daß dies der Regelfall ist, kann jedoch noch nicht geschlossen werden, daß eine eindeutige Zuordnung zwingende Voraussetzung für§ 613 a BGB ist. Es ist nicht der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, diese Voraussetzung zwingend aufzustellen und damit den Schutz des § 613 a BGB durch die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu denselben Bedingungen nicht für solche Arbeitnehmer gelten zu lassen, bei denen die Zuordnung zu einem Betrieb bzw. Betriebsteil zweifelhaft ist. Diese Lösung würde die nicht zuordenbaren Arbeitnehmer gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern benachteiligen. Der Schutzzweck des § 613 a BGB, den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Falle eines Betriebsübergangs zu sichern, hätte für die nicht zuordenbaren Arbeitnehmer keine Bedeutung. Zu berucksichtigen ist insbesondere, daß diese Arbeitnehmer zumindest teilweise in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind und demnach nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Regelung des § 613 a BGB eingreift. Aus diesen Grunden ist die Auffassung, § 613 a 226 221

Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1873). Siehe oben unter (1).

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BGB finde für die objektiv nicht zuordenbaren Arbeitsverhältnisse keine Anwendung, abzulehnen. Gegen die Ansicht, das Arbeitsverhältnis im Zweifel übergehen zu lassen, spricht, daß gerade nicht zu ermitteln ist, ob die Überleitungsnorm des § 613 a BGB eingreift oder nicht. Die betroffenen Arbeitnehmer sind teilweise in die Organisation des übergehenden und teilweise in die des verbleibenden Betriebs oder Betriebsteils eingegliedert. Ebenso wie nicht auszuschließen ist, daß § 613 a BGB eingreift, ist aber auch nicht auszuschließen, daß dies nicht der Fall ist. Annuß228 begründet ein Bestimmungsrecht des Veräußerers damit, daß der gesamte Vorgang des Betriebsübergangs mit Blick auf die Auswahl der übergehenden Betriebsmittel der Organisationsgewalt des veräußernden Arbeitgebers unterliege, der in Ausübung seiner Unternehmerfreiheit als "Herr des Verfahrens" erscheine. Demnach ergebe sich das Zuweisungsrecht bereits aus § 613 a BGB selbst. Auch dieser Ansatz ist nicht überzeugend. Sicherlich ist der Veräußerer in seiner Entscheidung frei, welche Betriebsteile und I oder welche Betriebsmittel er übertragen will. Letztlich entscheidet er dadurch meist auch über die Anwendung des§ 613 a BGB. Für diesen Fall stellt § 613 a BGB sicher, daß die Arbeitnehmer dadurch nicht ihre Arbeitsplätze verlieren. Die Organisationsfreiheit des Arbeitgebers bezieht sich also gerade nicht auf die Frage, ob die Arbeitsverhältnisse übergehen oder nicht. Darüber hinaus ist der übertragende Unternehmer gerade bei einem Betriebsübergang durch Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals keineswegs Herr des Verfahrens, weil nur der Erwerber die Wirkungen des § 613 a BGB auslösen kann. Ebenso bleibt unklar, nach welchen Kriterien sich der Veräußerer richten muß und wie eine sachgerechte Auswahl gewährleistet ist.

Zu beachten ist vor allem, daß sich eine Zuweisung des Arbeitsverhältnisses ohne Beteiligung des Arbeitnehmers verbietet. Die Anwendung des § 613 a BGB ist nicht klar. Es ist gerade nicht zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer zu dem übergehenden Betriebsteil gehört oder nicht. Das zwingende Arbeitnehmerschutzrecht des § 613 a BGB, dessen Anwendung nicht auszuschließen ist, kann nicht durch ein Bestimmungsrecht, bei dem nicht ausgeschlossen ist, daß die Zuordnung den Interessen der Arbeitnehmer zuwiderläuft, umgangen werden. Andererseits kann es auch möglich sein, daß § 613 a BGB nicht eingreift. In diesem Fall kann ein Übergang des Arbeitsverhältnisses nur durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer erfolgen. Aus diesem Grund ist auch ein Bestimmungsrecht des Arbeitgebers in Anlehnung an § 315 BGB abzulehnen. Darüber hinaus setzt § 315 BGB voraus, daß sich die Parteien zumindest stillschweigend darüber einig sind, daß der einen Partei ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen so11 229. Eine ausdrückliche dahingehende Vereinbarung zwischen Veräuße-

228 229

NZA 1998, 70 (77). Palandt/ Heinrichs§ 315 Rn. 4.

78

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

rer und Erwerber ist jedoch regelmäßig wohl nicht gegeben230. Da eine solche Bestimmung durch den Veräußerer auch nicht üblich ist, kann auch von einer stillschweigenden Vereinbarung nicht ausgegangen werden. Gegen die Auffassung, dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zuzugestehen, wird vorgebracht, § 613 a BGB solle nur eine Sicherung des Bestandsschutzes und keine Erweiterung desselben gewährleisten231 . Ein Wahlrecht bewirke jedoch eine Besserstellung dieser Arbeitnehmer gegenüber den übrigen Arbeitnehmern des Betriebs, weil erstere im Gegensatz zu letzteren zwischen zwei potentiellen Arbeitgebern wählen könnten. Hier ist zu beachten, daß zum einen die ·Arbeitnehmer, die von § 613 a BGB erfaßt werden, durch einen Widerspruch auch ein Verbleiben im Betrieb erreichen können, so daß diesen letztlich auch ein Wahlrecht zusteht. Dies unterscheidet sich zwar von dem erstgenannten dadurch, daß hier eine Rechtsfolge des § 613 a BGB angewandt wird, im ersteren Fall aber über die Anwendung des § 613 a BGB entschieden wird. Im Ergebnis bedeutet dies jedoch in bezugauf die Arbeitnehmer, die von§ 613 a BGB erfaßt werden, keinen Unterschied, so daß hier keine Besserstellung, sondern eine Gleichstellung der Arbeitnehmer erreicht wird. Zum anderen können aber die Arbeitnehmer, die nicht von § 613 a BGB erfaßt werden, den Übergang nicht herbeiführen. Gegenüber diesen Arbeitnehmern sind die objektiv nicht zuordenbaren Arbeitnehmer, denen ein Wahlrecht zusteht, auf den ersten Blick besser gestellt. Zu beachten ist aber, daß die objektiv nicht zuordenbaren Arbeitnehmer gegenüber denjenigen, die einem Betrieb oder Betriebsteil fest zugeordnet werden können, schon dadurch benachteiligt sind, daß die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bei dem einen oder anderen Arbeitgeber wegen des Fortfalls eines Teils des Tätigkeitsbereichs stets gegeben ist. Der Tätigkeitsbereich der fest zuordenbaren Arbeitnehmer bleibt jedoch voll erhalten. Unter diesem Aspekt wird durch das Wahlrecht letztlich auch hier eine Gleichstellung oder Annäherung der Positionen, nicht aber eine Besserstellung erreicht. Gegen ein Wahlrecht der Arbeitnehmer wird ebenso eingewandt, daß ein solches zu einer einseitigen Ausrichtung an den Wünschen der Arbeitnehmer führe, was dem Grundgedanken eines durch die objektive Anknüpfung zu erreichenden Konfliktausgleichs der im Fall des Betriebsübergangs widerstreitenden Interessen in § 613 a BGB widerspreche232 • Ein solches Wahlrecht könne dazu führen, daß die Arbeitnehmer in dem Fall, in dem das eine Unternehmen für die Arbeitnehmer z. B. aus Solvenzgesichtspunkten interessanter ist als das andere, mehr oder weniger geschlossen das solventere Unternehmen wählen 233 . Dies wäre sowohl aus Sicht der Arbeitnehmer, die in einem solchen Fall in verstärktem Maße mit betriebsbedingten Kündigungen rechnen müßten, als auch aus Sicht der Arbeitgeber So auch Kreitner, NZA 1990, 429 (431). Kreitner, NZA 1990, 429 (431 ); Müller-Ehlen, Der Übergang von Arbeitsverhältnissen im Umwandlungsrecht, S. 40 f. 232 Menge/, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 150 f. 233 Menge/, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 151. 230 231

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

79

keine angemessene Verteilung der Arbeitnehmer234 . Gegen diese Argumentation spricht jedoch, daß ein durch die objektive Anknüpfung zu erreichender Konfliktausgleich gerade nicht erzielt werden kann, und eben für diesen Fall eine Lösung zu finden ist. Zu beachten ist daneben, daß es sich bei den nicht zuordenbaren Arbeitnehmern regelmäßig nicht um eine allzu große Anzahl handeln dürfte, weil der überwiegende Anteil der Arbeitnehmer nach seiner Zugehörigkeit zu einem Betrieb oder Betriebsteil verteilt wird. Die Auswirkungen sind demnach als nicht allzu gravierend anzusehen. Darüber hinaus würde es den Arbeitnehmern zum Nachteil gereichen, wenn sie mehr oder weniger geschlossen einen Arbeitgeber auswählen würden, da die Kapazitäten dafür bei beiden Arbeitgebern nicht ausreichen dürften. Informieren die Arbeitgeber die Arbeitnehmer über die Kapazitäten und wird ein Konzept erarbeitet, lassen sich solche Entscheidungen der Arbeitnehmer im Vorfeld verhindern. Nur durch ein Wahlrecht ist letztlich das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers gewährleistet. § 613 a BGB dient den Interessen des Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis von einem Betriebsübergang betroffen ist. Er selbst soll daher darüber entscheiden können, wo er sein Arbeitsverhältnis fortsetzt, zumal er ohnehin schon durch den Wegfall eines Teils seiner bisherigen Beschäftigung der Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung in verstärktem Maße ausgesetzt ist. Dieser Gefahr können die Arbeitnehmer am besten dadurch entgehen, daß sie sich vor ihrem Wechsel über die Einsatzkapazitäten informieren. Ein Wahlrecht ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auch als systemkonform anzusehen. Auch durch das Widerspruchsrecht entscheidet der Arbeitnehmer letztlich über die Anwendung des § 613 a BGB. Daran wird deutlich, daß eine letztlich subjektive "Zuordnung" seines eigenen Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer dem§ 613 a BGB nicht fremd ist. Der Arbeitnehmer selbst kann auf den Schutz durch§ 613 a BGB wirksam verzichten. Entscheidet sich der Arbeitnehmer für den Übergang des Arbeitsverhältnisses, findet § 613 a BGB für ihn Anwendung. b) Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer

Bei den mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmern, die zu keinem Zeitpunkt in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind, deren Tätigkeit sich aber auf diesen bezieht, liegt die Problematik anders. Das Zuordnungsproblem entsteht dann, wenn diese Arbeitnehmer für einen anderen Betriebsteil tätig sind, wie es bei Arbeitnehmern in der Verwaltung häufig der Fall ist, und dieser andere Betriebsteil übertragen wird. Beispielsweise kann sich die Tätigkeit eines mit der Lohnabrechnung beschäftigten Arbeitnehmers nur auf

234

Menge/, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 151.

2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

80

die Arbeitnehmer des Betriebsteils beziehen, der Gegenstand der OutsourcingMaßnahme ist. Zu diesem Problem führt der EuGH235 aus, daß der Betriebserwerber keinesfalls in Arbeitsverhältnisse mit solchen Arbeitnehmern eintritt, die zwar nicht zum übertragenen Teil des Unternehmens gehören, aber entweder bestimmte Tätigkeiten mit den Betriebsmitteln des übertragenen Teils ausführen oder als Angehörige einer Verwaltungsabteilung des Unternehmens, die selbst nicht übertragen wurde, Tätigkeiten für den übertragenen Betriebsteil verrichten. Das BAG236 führt dementsprechend aus, daß es nicht ausreichend ist, wenn der Arbeitnehmer, ohne dem Betriebsteil anzugehören, bestimmte Tätigkeiten mit Betriebsmitteln des übertragenen Betriebsteils verrichte bzw. daß der Arbeitnehmer als Beschäftigter einer nicht übertragenen Abteilung Tätigkeiten für den übertragenen Betriebsteil verrichte237. Diese Ansicht folgt daraus, daß der bloße Übergang einer Funktion ohne Übernahme von Betriebsmitteln oder einer Gesamtheit von Arbeitnehmern nicht als Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB angesehen werden kann238 . Es ist also für den Betriebsübergang nicht an die Funktion, sondern an die betriebliche Organisation anzuknüpfen. So bejaht der EuGH einen Betriebsübergang bei Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals nur dann, wenn der Übernehmer den Betrieb unter Aufrechterhaltung der Organisation auch tatsächlich fortführt239. Die Arbeitnehmer können diesem Betrieb aber nur dann angehören, wenn sie - zumindest teilweise - in dessen Organisation eingebunden sind. Ein reiner Bezug der Tätigkeit auf diesen Betrieb reicht hierbei nicht aus. Nur ein an Funktionen orientiertes Verständnis des Betriebsübergangs kann dazu führen, die mittelbar übergangsbezogenen Arbeitnehmer in§ 613 a BGB mit einzubeziehen240. Ein solches Verständnis ist jedoch mit der Rechtsprechung abzulehnen. Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer gehören nicht zu dem übergehenden Betriebsteil und gehen demnach nicht gemäߧ 613 a BGB auf den neuen Inhaber über. Davon unberührt bleibt selbstverständlich die Möglichkeit, daß der Veräußerer, der Erwerber und einige oder alle mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer sich auf einen Übergang einigen. In diesem Fall gehen die Arbeitnehmer jedoch nicht nach § 613 a BGB über, sondern durch eine vertragliche Regelung. Eine diesbezüglich andere Auffassung hat Lieb241 zum Fall einer zentralen Unternehmensorganisation entwickelt. Seiner Ansicht nach könne die Reichweite des 235 236 237 238 239 240

241

EuGH07. 02. 1985, Rs. 136/83 (Botzen), EuGHE 1985,519 (528), Rn. 16: 11. 09. 1997, DB 1997,2540 (2541).

13.11.1997,NZA1998,249(251). Annuß, NZA 1998, 70 (76); siehe dazu oben unter Ill. 3. Siehe dazu oben unter III. 4. Müller/Thüsing, ZIP 1997, 1869 (1876). ZfA 1994, 229 ff.

V. Probleme auf der Rechtsfolgenseite

81

§ 613 a BGB nicht von organisatorischen Zufälligkeilen abhängen, so daß es nicht sachgerecht sei, daß Arbeitsverhältnisse, die bei dezentraler Organisationsform mit übergingen, in zentral organisierten Betrieben schutzlos gestellt seien242• Aus diesem Grund sei ein zentral geführter Betrieb für die Anwendung des § 613 a BGB gedanklich zu dezentralisieren. Dafür solle zunächst der Gesamtumfang der in zentralen Abteilungen für den veräußerten Betrieb oder Betriebsteil erbrachten Leistungen ermittelt und in Arbeitsplätze umgerechnet werden. In einem zweiten gedanklichen Schritt seien diese Arbeitsplätze mit Arbeitnehmern der Zentralabteilung zu besetzen, wobei die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 b, Abs. 3 KSchG analog anzuwenden seien, also nach sozialen Kritereien und der Belastung durch den Arbeitgeberwechsel zu entscheiden sei243 . Diese Ansicht geht jedoch von einer funktionsbezogenen Zuordnung der Arbeitnehmer aus. Sie beachtet nicht, daß nur die Arbeitnehmer, die in die Organisation eines bestimmten Betriebsteils eingegliedert sind, von § 613 a BGB erfaßt werden, wenn dieser Betriebsteil übergeht.

Auf die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer findet § 613 a BGB also keine Anwendung und die Arbeitnehmer verbleiben in dem Betrieb. Eine abweichende Zuordnung kann nur durch einen dreiseiligen Vertrag erzielt werden. Gemäß § 323 Abs. 2 UmwG kann dann, wenn bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung ein Interessenausgleich zustandekommt, in dem diejenigen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet werden, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, diese Zuordnung der Arbeitnehmer vom Arbeitsgericht nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Auf diese Problematik wird unten im 4. Kapitel unter V. vertieft eingegangen. c) Ergebnis

Bei der Zuordnung der Arbeitnehmer ist zunächst zwischen Arbeitnehmern auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, die in die Organisation unterschiedlicher Betriebe oder Betriebsteile zeitweise eingebunden sind, und den mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmern, die zu keinem Zeitpunkt in die Organisation eines übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingegliedert sind, deren Tätigkeit sich aber zumindest teilweise auf einen übergehenden Betrieb oder Betriebsteil bezieht, zu unterscheiden. Bei ersteren ist eine Zuordnung objektiv zu dem Betrieb oder Betriebsteil vorzunehmen, in dem sie die meiste Zeit ihrer Tätigkeit verbracht haben, wobei auch die Umstände des Arbeitsvertrags und der künftige Bedarf der Arbeitskraft zu beachten sind. Ist ein Schwerpunkt der Tatigkeit nicht festzustellen, können die Arbeitnehmer wählen, ob sie beim alten Arbeitgeber verbleiben oder ob sie zu dem neuen Inhaber wechseln wollen. Davon unberührt bleibt eine abwei242 243

Lieb, ZfA 1994,229 (234). Lieb, ZfA 1994, 229 (242 ff.).

6 Römer

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2. Kap.: Der Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB

chende Vereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer. Auf die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer findet § 613 a BGB wegen der Ablehnung einer funktionsbezogenen Auslegung dieser Norm keine Anwendung. Auch hier kann eine Zuordnung durch einen dreiseitigen Vertrag vorgenommen werden. Dabei reicht es aus, daß sich der Veräußerer und der Erwerber über eine Zuordnung einigen und der Arbeitnehmer in Kenntnis der Rechtslage bezüglich § 613 a BGB dieser Zuordnung zustimmt.

3. Kapitel

Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG I. Grundsätzliches In § 111 BetrVG ist festgelegt, wann eine Maßnahme des Unternehmers in einem Betrieb mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern eine Betriebsänderung darstellt. Der Unternehmer hat gemäß § 111 S. 1 BetrVG den Betriebsrat von einer geplanten Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teil der Belegschaft zur Folge haben kann, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten. Dabei ist nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Betriebsrat anzustreben, in dem festgelegt wird, ob, wann und in welcher Form die vom Unternehmer geplante Betriebsänderung erfolgen soll 1 • Gemäߧ§ 112 Abs. 2 und 3 BetrVG ist ein solcher Interessenausgleich nicht erzwingbar, sondern die Einigungsstelle hat nur eine Einigung der Betriebsparteien zu versuchen. Demnach bleibt die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers in wirtschaftlichen Angelegenheiten unangetastet2 • Der Unternehmer hat aber alle Verständigungsmöglichkeiten auszuschöpfen und es soll eine Lösung gefunden werden, die sowohl den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers, als auch den sozialen Belangen der Arbeitnehmer gerecht wird3 . Es ist also möglichst ein Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und der Belange der Arbeitnehmer zu erzielen. Es wird dabei versucht, auf die Entscheidung des Unternehmers zur Betriebsänderung selbst Einfluß zu nehmen. Demnach ist es auch erforderlich, daß das Interessenausgleichsverfahren vor der Betriebsänderung stattfindet. Gemäß § 113 BetrVG wird dem Arbeitgeber dann, wenn er nicht oder zu spät verhandelt oder wenn er von einem Interessenausgleich ohne zwingenden Grund abweicht, die Zahlung eines Nachteilsausgleichs, insbesondere von Abfindungen, als Sanktion auferlegt. Verhandelt der Arbeitgeber ordnungsgemäß, kann er an der Durchführung seiner Maßnahme nicht gehindert werden. Abzuwägen hat er aber die Vorteile der Betriebsänderung stets mit den Nachteilen, die ihn durch einen Sozialplan treffen können. Dieser beinhaltet gemäß § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG einen I BAG 27. 10. 1987, AP Nr. 41 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 5; DKK/ Däubler § 111 Rn. 3; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 5. 2 Fitting!Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 5. 3 Fitting/Kaiser/Heither/ Engels, § 111 Rn. 5.

6*

84

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Ausgleich oder eine Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Im Gegensatz zum Interessenausgleich, bei dem die Einigungsstelle nur eine Einigung der Parteien zu versuchen hat, entscheidet gemäß § 112 Abs. 4 BetrVG die Einigungsstelle über die Aufstellung des Sozialplans, so daß dieser erzwingbar ist, wenn nicht eine Ausnahme nach § 112 a BetrVG eingreift. Aus diesen Gründen kommt den §§ 111 bis 113 BetrVG zum einen eine Steuerungsfunktion zu4 . Der Unternehmer soll bei seiner Entscheidung über Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Betriebsänderung die Kosten und den Aufwand von Interessenausgleichsverhandlungen und Sozialplan berücksichtigen. Die gesetzliche Regelung bietet eine gewisse Gewähr dafür, daß sich der Unternehmer nicht leichtfertig und ohne Rücksicht auf die Arbeitnehmer zu einer Betriebsänderung entschließt und daß er diese in einer für die Belegschaft möglichst schonenden Form durchführt5 . Neben diese Steuerungsfunktion tritt die Funktion des Schutzes der Arbeitnehmer, indem diese aufgrund der Betriebsänderung möglichst keine Nachteile erleiden sollen bzw. entstehende Nachteile durch einen Sozialplan zumindest ausgeglichen oder gemildert werden sollen6 .

II. Betriebsgröße und Betriebsrat Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats gemäß §§ 111 ff. BetrVG setzt einen Betrieb mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern voraus.

1. Betrieb a) Definition

Betrieb im Sinne des BetrVG ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen7 . 4

DKK/ Däubler. § 111 Rn. 4.

s BAG 20. 04. 1982, AP Nr. 15 zu§ 112 BetrVG 1972, Bl. 2 R. 6 DKK I Däubler. § 111 Rn. 5. 7 HueckiNipperdey, 1. Band, S. 93; ständige Rechtsprechung des BAG, siehe nur BAG

14. 09. 1988, AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, Bl. 2 R; Richardi, § 1 Rn. 17; Galperinl Löwisch, § 1 Rn. 4; Hess I Schlochauer I Glaubitz, § 1 Rn. 2; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 1 Rn. 55.

II. Betriebsgröße und Betriebsrat

85

Ein Unternehmen ist dagegen eine organisatorische Einheit, mit welcher der Unternehmer seine wirtschaftlichen oder ideellen Zwecke verfolgt8 . Ein Unternehmen setzt einen einheitlichen Rechtsträger voraus9 . Ein Unternehmen kann mehrere Betriebe haben, ein einheitlicher Betrieb kann aber auch von mehreren gesellschaftsrechtlich selbständigen Unternehmen gebildet werden 10• Ein Betrieb liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen Betriebsmittel für den oder für die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefaßt, geordnet und gezielt eingesetzt werden und wenn der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wirdll. Die Art des verfolgten Zwecks spielt keine Rolle und kann z. B. in der Produktion, dem Vertrieb, der Verwaltung oder in Dienstleistungen bestehen 12• Innerhalb eines Betriebs können mehrere arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden 13 . Die Zwecke müssen sich nicht "beriihren", sondern es reicht aus, daß die arbeitstechnischen Zwecke innerhalb einer einheitlichen, auf einen einheitlichen Gesamtzweck gerichteten Organisation verfolgt werden, wie es z. B. bei der Produktion und dem Versand innerhalb eines Betriebs oder bei der Verwaltung und der Produktion der Fall ist 14. Entscheidendes Kriterium für den Betrieb als betriebsverfassungsrechtliche Einheit ist die Einheit der Entscheidung in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten, also der einheitliche Leitungsapparat 15 . Denn über den Betriebsbegriff wird die Einheit bestimmt, innerhalb derer eine sinnvolle Ordnung der Betriebsverfassung und damit eine sachgerechte Wahrnehmung der Beteiligungsrechte für die Arbeitnehmer möglich ist 16• Dabei kommt es darauf an, daß die Arbeitgeberfunktionen vor allem in personellen und sozialen Angelegenheiten, weniger in wirtschaftlichen Angelegenheiten, im Kern ausgeübt werden 17. Fehlt ein Leitungsaps GK-Kraft, § 4 Rn. 7; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 4 Rn. 7. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 144.

9

Siehe zum gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen unten unter IV. BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 2; BAG 25. 09. 1986, AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972, BI. 4; BAG 14. 09. 1988, AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, BI. 2 R; BAG 18. 01. 1990, 18. 01. 1990, NZA 1990, 977 (978); Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 53; Richardi § 1 Rn. 26. 12 GK-Kraft, § 4 Rn. 5; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 57. 13 BAG 23. 02. 1982, AP Nr. 3 zu§ 4 BetrVG, BI. 2; Richardi, § 1 Rn. 23, Hess/Schlochauer I Glaubitz, § 1 Rn. 3; Fitting I Kaiser I HeitherI Engels, § 1 Rn. 61. 14 Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 1 Rn. 3; Fitting/ Kaiser/ Heither/ Engels, § 1 Rn. 61. 15 BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972, BI. 2; BAG 25. 09. 1986, AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972, BI. 4; BAG 14. 09. 1988, AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, BI. 2 R; BAG 18. 01. 1990, 18. 01. 1990, NZA 1990, 977 (978); Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 63; GK-Kraji, § 4 Rn. 20. 16 Galperin/Löwisch, § 1 Rn. 5; Fitting /Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 59; GK-Kraft, § 4 Rn. 20. 17 BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 2 R; Galperin/Löwisch, § 1 Rn. 7; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 1 Rn. 63. 10

11

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

parat in diesem Sinne, kann eine organisatorische Einheit nicht selbst ein Betrieb, sondern nur Teil eines Betriebs sein 18 . Handelt es sich beispielsweise um ein Unternehmen, das in eine Hauptverwaltung und mehrere Produktionsstätten gegliedert ist, so liegt ein einheitlicher Betrieb vor, wenn die Unternehmensleitung selbst die gesamte Leitung in den mitbestimmungserheblichen Sachverhalten innehat, es sind aber mehrere Betriebe gegeben, wenn jeweils ein eigenständiger Leitungsapparat vorliegt 19 • Die räumlichen Einheit verschiedener Arbeitsstätten ist zwar ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines einheitlichen Betriebs, nicht aber ein diesbezügliches Merkma1 20• Auch auf das Vorhandensein einer "Betriebsgemeinschaft", also auf die Verbundenheit von Belegschaften in verschiedenen Arbeitsstätten, kommt es nicht an21 . Gegen die andere Ansicht22, nach der auch die soziale Einheit der Beschäftigung entscheidend ist, ist einzuwenden, daß es im Interesse der Rechtssicherheit nicht auf die subjektive Einstellung der Beschäftigten ankommen kann23 . Insbesondere bei nicht standortgebundenen Tatigkeiten können die Merkmale der räumlichen Einheit sowie der Verbundenheit der Arbeitnehmer nicht verfangen24. Auswärtige Arbeitsstätten können sich allerdings zu einem Betrieb entwickeln25 , wobei wiederum entscheidend ist, ob dort ein eigener Leitungsapparat in wirtschaftlichen und personellen Angelegenheiten gegeben ist. b) Selbständiger Betriebsteil und Nebenbetrieb im Sinne des§ 4 BetrVG Ein Betriebsteil, der nach § 4 S. 1 BetrVG als Betrieb gilt, ist auch für die Anwendung des§ 111 BetrVG als Betrieb anzusehen 26• Gemäß § 4 S. 1 BetrVG gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § l BetrVG erfüllen und entweder räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind. Ein Betriebsteil in diesem Sinne ist ein in die Organisation des Betriebs eingegliederter Teil des Betriebs, der von diesem räumlich und I oder organi18 GK-Kraft, § 4 Rn. 21; Riclulrdi § I Rn. 26; zum Betriebsteil im Sinne des§ 4 BetrVG siehe unten unter b). 19 BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 2 f. 20 BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972, BI. 3; Riclulrdi § 1 Rn. 31; Hessl Schlocluluer I Glaubitz, § 1 Rn. 10; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 1 Rn. 63. 21 BAG 23. 09. 1982, AP Nr. 3 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 3; FittingiKaiseriHeitheriEngels. § 1 Rn. 67; GK-Kraft, § 1 Rn. 18. 22 Kohte, RdA 1992, 302 (310). 23 GK-Kraft, §I Rn. 18; FittingiKaiseriHeitheriEngels, §I Rn. 67. 24 Riclulrdi, § 1 Rn. 35. 25 Fitting I Kaiser I Heither I Engels. § 1 Rn. 66. 26 BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 (1920).

II. Betriebsgröße und Betriebsrat

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satorisch abgrenzbar und relativ selbständig ist27 . Er verfügt aber nicht über einen eigenen Leitungsapparat, der die wesentlichen beteiligungspflichtigen Entscheidungen im personellen und sozialen Bereich trifft28• Beispiele für Betriebsteile sind die Druckerei eines Zeitungsbetriebs, die Lackiererei einer Automobilfabrik, die Reparaturwerkstatt eines Spediteurs29, oder das Reisebüro eines Warenhauses30. Gerade diese Bereiche können vom Outsourcing betroffen sein. Liegen die Voraussetzungen für einen Betriebsteil im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG nicht vor, gehört der Betriebsteil zum Hauptbetrieb und die Arbeitnehmer sind dort wahlberechtigt. Hauptbetrieb ist dabei die Stelle, in der die Leitungsaufgaben auch für den Betriebsteil wahrgenommen werden 31 . Voraussetzung dafür, daß die Betriebsteile in diesem Sinne als eigenständige Betriebe gelten, ist gemäß § 4 S. 1 BetrVG zunächst, daß sie die Voraussetzungen des § 1 BetrVG erfüllen, also über mindestens fünf wahlberechtigte und drei wählbare Arbeitnehmer verfügen. Ist dies nicht der Fall, gehören die Arbeitnehmer zur Belegschaft des Hauptbetriebs und sind dort wahlberechtige2 . Voraussetzung ist aber nicht, daß tatsächlich ein Betriebsrat für den Betriebsteil gebildet ist. Wenn die übrigen Voraussetzungen des § 4 S. 1 BetrVG vorliegen, können die Arbeitnehmer ihre Eingliederung in die Betriebsverfassung des Hauptbetriebs nicht dadurch erreichen, daß sie keinen Betriebsrat wählen33 . Sie sind im Hauptbetrieb nicht wahlberechtigt34. Räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind die Betriebsteile, wenn ein erfolgreiches Zusammenwirken unter den Arbeitnehmern und mit einem gemeinsamen Betriebsrat in Fragen der Betriebsverfassung nicht zu erwarten ist35. Entscheidend sind insbesondere die Verkehrsmöglichkeiten sowie die Frage, ob die Betriebsratsmitglieder gegebenenfalls kurzfristig zu einer Sitzung zusammentreten können und auch die Arbeitnehmer den Betriebsrat leicht erreichen können36 . Eine Entfernung von 40 km ist bei guten Straßen- und Bahnverbindungen noch nicht räumlich weit entfernt37 . Ebenso ist es bei 60 km und einer Mindestfahrzeit von einer Stunde38. Der Entfernungsbereich zwischen 45 und 60 km dürfte als 27 BAG 29. 05. 1991, AP Nr. 5 zu § 4 BetrVG 1972, BI. 2 R; BAG 28. 06. 1995, NZA 1996, 276; GK-Kraft, § 4 Rn. 50. 28 GK-Kraft, § 4 Rn. 50.

29 30

31

32 33

34 35 36

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Vgl. Fitting/ Kaiser/ Heitherl Engels, § 4 Rn. 5. Vgl. Hess!Schlochauer/Glaubitz, § 4 Rn. 11. Fitting/ Kaiser! Heitherl Engels, § 4 Rn. 10. Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 4 Rn. 3; Fitting I Kaiser/Heither/Engels, § 4 Rn. 8. Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 11.

Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 11. Richardi, § 4 Rn. 21. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 4 Rn. 12. BAG 24 02.1976, AP Nr. 2 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 3. lAG München 21. 10. 1987, BB 1988, 1182.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

der Bereich gelten, in dem eine klare Entscheidung nicht ohne weiteres möglich ist39 . Ein Betriebsteil gilt gemäß § 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG auch dann als eigenständiger Betrieb, wenn er durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist. Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs bedeutet, daß die dem Betriebsteil obliegenden Aufgaben von den sonst im Betrieb verfolgten Aufgaben deutlich abgegrenzt sind40. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betriebsteil im Verhältnis zum Gesamtbetrieb fachfremde Hilfsfunktionen ausführt, also z. B. Verpakkungsmaterial für das eigentliche Produkt herstellt41 . Ebenso hat die Reparaturwerkstatt oder der Fuhrpark eine solche Hilfsfunktion inne42. Nicht erfaßt ist der Fall, daß mehrere Arbeitsstätten parallele, also gleiche Zwecke verfolgen, wie es sich z. B. bei verschiedenen Filialen einer Lebensmittelkette verhält43 . Problematisch an der Eigenständigkeit der Organisation ist, daß sich der Betriebsteil gerade dadurch auszeichnet, daß er nicht über einen eigenständigen Leitungsapparat in personellen und sozialen Angelegenheiten verfügt und in die Organisation des Hauptbetriebs eingegliedert ist. Liegt ein eigenständiger Leitungsapparat in diesem Sinne vor, wird meist schon ein eigener Betrieb vorliegen. In§ 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG kann es demnach nur auf eine relative Eigenständigkeit ankommen44. Der Betriebsteil muß über eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende eigene Leitung verfügen, von der das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeübt wird45 • Davon ausgenommen sind Gebiete, die der Unternehmensleitung vorbehalten sind, so daß eine einheitliche kaufmännische Leitung des Gesamtunternehmens der Annahme eines selbständigen Einzelbetriebs nicht entgegen steht46 • Auch die Freiheit von Weisungen ist nicht erforderlich, wenn der Leitung des Betriebsteils Raum für eigene Entscheidungen bleibt47 . Nebenbetriebe gemäß § 4 S. 2 BetrVG sind organisatorisch selbständige Betriebe, die unter eigener Leitung auch einen eigenen Betriebszweck verfolgen, also alle Voraussetzungen eines Betriebs erfüllen, jedoch in ihrer Aufgabenstellung auf Hilfeleistung für einen Hauptbetrieb ausgerichtet sind und den dort erstrebten Betriebszweck unterstützen48 . Ein Nebenbetrieb kann Gegenstand des Outsourcing 39 DKK/ Trümner, § 4 Rn. 38 mit weiteren Beispielen. Beispiele auch bei Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 13. 40 Richardi, § 4 Rn. 31. 41 Richardi, § 4 Rn. 31; Fitting/ Kaiser/Heither/Engels, § 4 Rn. 15. 42 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 4 Rn. 15. 43 BAG, 24. 02. 1976, AP Nr. 2 zu§ 4 BetrVG 1972, BI. 2 R; DKK/Trümner, § 4 Rn. 50. 44 GK-Kraft, § 4 Rn. 63. 45 BAG 29. 05. 1991, NZA 1992,74 (76); BAG 28. 06. 1995, NZA 1996,276. 46 Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 14. 47 Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 14. 48 BAG 29. 01. 1992 NZA 1992, 894 (897).

li. Betriebsgröße und Betriebsrat

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sein. Es besteht jedoch grundsätzlich kein Unterschied zu einem selbständigen Betrieb, weil stets ein eigener Betriebsrat zu wählen ist. Allerdings gehört der Nebenbetrieb dann, wenn er nicht betriebsratsfähig ist, betriebsverfassungsrechtlich zu dem Hauptbetrieb49 • c) Vorliegen eines Betriebs bzw. Betriebsteils im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe Bezieht sich das Outsourcing auf bestimmte Funktionen innerhalb eines Betriebs, werden diese nicht räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt erbracht und sind diese nicht durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig (§ 4 S. 1 Nr. 1 und 2 BetrVG), so ergeben sich keine Probleme. Es besteht ein einheitlicher Betrieb mit einem einheitlichen Betriebsrat. Auf diesen gesamten Betrieb kommt es für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG an. Liegen die oben genannten Voraussetzungen für einen Betriebsteil im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG vor, ist in dem Betriebsteil ein eigenständiger Betriebsrat zu wählen. Die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG bezieht sich dann auf diese Einheit. Ein in Aufgabenbereich und Organisation selbständiger Betriebsteil gemäߧ 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG kann beispielsweise die Lackiererei einer Autofabrik sein. Diese führt eine Hilfsfunktion aus. Voraussetzung für die Eigenständigkeit der Organisation ist, daß der Betriebsteil über eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende eigenständige Leitung verfügt. Liegt allerdings ein eigenständiger Leitungsapparat vor, der für die personellen und sozialen Angelegenheiten umfassend zuständig ist, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb. Die Unterscheidung ist letztlich hier nicht von Relevanz, weil es in beiden Fällen für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG allein auf die betriebliche Einheit "Lackiererei" ankommt. Schwieriger stellt sich die Frage nach dem für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG maßgeblichen Betrieb bei Bereichen dar, auf die sich eine Auftragsneuvergabe beziehen kann. Die Auftragsneuvergabe ist häufig im Bereich der Hilfsfunktionen, wie Reinigung oder Bewachung des Betriebsgeländes, die hier als Beispiele herangezogen werden sollen, gegeben. Die Hilfstunktionen werden häufig von Unternehmen ausgeführt, die die gleiche Dienstleistung in mehreren verschiedenen Arbeitsstätten verrichten. Zudem wird es eine zentrale Hauptverwaltung geben. Dabei dürften die Entscheidungen über z. B. Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen (Personelle Angelegenheiten, §§ 99 ff. BetrVG) sowie z. B. über Arbeitszeit und Vergütung (Soziale Angelegenheiten, §§ 87 ff. BetrVG) im Regelfall zentral bei der Unternehmensleitung verbleiben. In diesem Fall sind die einzelnen Betriebsstätten, zunächst einmal abgesehen von § 4 BetrVG, zusammen mit der Hauptverwaltung als einheitlicher Betrieb

49

Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 4 Rn. 17.

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

90

anzusehen. Wie dargestellt50, steht dem die fehlende räumliche Einheit der Arbeitsstätten, sowie die fehlende Verbundenheit der Belegschaften nicht entgegen. Möglich ist auch, daß für mehrere Arbeitsstätten in einem bestimmten Bereich eine regionale Verwaltungsstelle die Leitung ausübt. Dann bildet diese Stelle zusammen mit den einzelnen Arbeitsstätten einen Betrieb. Betriebsteile gemäß § 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG können die einzelnen Arbeitsstätten nicht sein, weil sie parallele arbeitstechnische Zwecke und keine Hilfsfunktionen erfüllen51 . Allerdings können die einzelnen Arbeitsstätten räumlich weit von der Hauptverwaltung als Hauptbetrieb entfernt sein. In diesem Fall kommt ein Betriebsteil im Sinne des § 4 S. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht. Erforderlich ist dafür aber, daß die Tatigkeit über einen längeren Zeitraum von derselben Belegschaft ausgeführt wird. Findet ein ständiger Austausch der Arbeitnehmer statt, besteht keine einheitliche Belegschaft des Betriebsteils, die für die Wahl eines eigenen Betriebsrats Voraussetzung ist. Verfügt die jeweilige Einheit über einen eigenen Leitungsapparat in personellen und sozialen Angelegenheiten, liegt ein eigenständiger Betrieb vor. Dies kann im Ausnahmefall bei großen Bewachungsobjekten, für die über einen längeren Zeitraum dieselbe organisatorische Einheit zuständig ist, der Fall sein. d) Betriebsratswahl unter Verkennung des BetriebsbegritTs Bei der Problematik, auf welche betriebliche Einheit für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG abzustellen ist, ist insbesondere relevant, ob und wenn ja, in welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt wurde. Möglich ist, daß in einem Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt wurde, obwohl die Voraussetzungen des § 4 S. 1 BetrVG nicht gegeben sind und der Betriebsteil zum Hauptbetrieb gehört. Die Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl, sondern die Wahl ist nur nach § 19 Abs. 1 BetrVG anfechtbar52 • Unterbleibt die Anfechtung, bleibt der Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt. Der Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Betriebsrat gewählt wurde, gilt dann auch für die Anwendung des § lll BetrVG als Betrieb bzw. als Betriebsteil im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG53 . Würde der Betriebsrat wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs in der Ausübung seines Amtes beschränkt, widerspräche dies der in§ 19 BetrVG zum Ausdruck kommenSiehe oben unter a). Siehe oben unter b). 52 BAG 07. 12. 1988, AP Nr. 15 zu§ 19 BetrVG 1972,81. 1 R m. w. N. aus der Rechtsprechung des BAG. 53 BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 (1920). 50 51

II. Betriebsgröße und Betriebsrat

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den Wertung, daß ein die Anfechtung der Wahl begründender Rechtsverstoß unbeachtlich wird, wenn die Anfechtung unterbleibt54 . Bei der Ausübung der Beteiligungsrechte stets über die Frage zu streiten, ob der Betriebsrat für einen Betrieb oder Betriebsteil gewählt worden ist, würde dem Gebot der Rechtssicherheit, dem § 19 BetrVG dient, zuwiderlaufen55 . Ist also in einem Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt worden, obwohl auf diesen Betriebsteil § 4 S. 1 BetrVG keine Anwendung findet und der Betriebsteil zu dem Hauptbetrieb gehört, ist auch für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG auf diesen Betriebsteil abzustellen, wenn die Wahl nicht angefochten wurde. Wie dargestellt56 kann dagegen dann, wenn ein Betriebsteil die Voraussetzungen des § 4 S. 1 BetrVG erfüllt, dort aber kein Betriebsrat gewählt wurde, dieser Betriebsteil nicht dem Hauptbetrieb zugeordnet werden. Der Betriebsteil bleibt in diesem Fall vertretungslos5 7 .

2. Betriebsgröße Für die Mitbestimmung gemäß §§ 111 ff. BetrVG ist ein Betrieb mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern erforderlich. Entscheidend ist nicht die Zahl zu einem bestimmten Stichtag, sondern die für den Betrieb im allgemeinen kennzeichnende Stärke der Belegschaft58 . Es ist eine wertende Gesamtwürdigung vorzunehmen, die auch eine Prognose der weiteren Entwicklung des Betriebs einschließt, wobei sich bei einem Personalabbau die Würdigung nur auf die vorangegangene Entwicklung beziehen kann59• Für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl ist der Zeitpunkt des Entstehens der Beteiligungsrechte, also der Zeitpunkt der Beendigung der Planungsüberlegungen, entscheidend60. § 111 S. 1 BetrVG beschränkt die Mitbestimmung auf Betriebe mit mehr als zwanzig Arbeitnehmern. In§ 106 BetrVG stellt der Gesetzgeber auf das Unternehmen ab, so daß in § 111 BetrVG bewußt auf den Betrieb Bezug genommen wurde. Die Ausklamrnerung von Kleinbetrieben mit zwanzig und weniger Beschäftigten verstößt grundsätzlich nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 54

BAG27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 (1920).

55

BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 (1920).

Siehe oben unter b). Siehe aber unten unter 3. zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. 58 BAG 10. 12. 1996, DB 1997, 1084. 59 BAG 10. 12. 1996, DB 1997, 1084. 60 GK-Fabricius, § 111 Rn. 48; Rumpff!Boewer, H. Rn. 40; MünchArbR/Matthes, § 351 Rn. 3. 56

57

92

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Eine willkürliche und sachfremde Differenzierung zwischen den verschiedenen Betriebsgrößen ist nicht gegeben, weil kleine Unternehmen normalerweise weniger belastungsfähig und nicht so finanzkräftig sind und deshalb einen größeren unternehmerischen Entscheidungsspielraum ohne finanzielle Folgelasten benötigen61. Die Gesetzesbegründung zum BetrVG 1952 sprach von "wirtschaftlichen Opfern zugunsten der geschädigten Arbeitnehmer" 62. Daraus ist zu schließen, daß der Gesetzgeber dieses wirtschaftliche Opfer in Kleinbetrieben mit bis zu zwanzig Arbeitnehmern nicht wollte63 . Die Verfassungsmäßigkeit wird demgemäß auch allgemein nicht in Frage gestellt, soweit das gesamte Unternehmen nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt64. Diese Argumentation wird allerdings dann problematisch, wenn ein Betrieb mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern gegeben ist, der in ein Unternehmen eingebunden ist, bei dem insgesamt mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt sind65 . Wenn für die Finanzkraft des Unternehmers auf die Zahl der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer abgestellt wird, ist es unerheblich, ob der Unternehmer die Arbeitnehmer in einem oder mehreren Betrieben beschäftigt. Darüber hinaus könnte der Unternehmer seinen Betrieb in mehrere Kleinbetriebe aufteilen und so der Soziaiplanpflicht entgehen66 . Die Begrenzung der Anwendbarkeit der §§ 111 ff. BetrVG kann sich insbesondere bei Betriebsteilen im Sinne des§ 4 Abs. 1 BetrVG negativ auswirken67 . Auch Betriebsteile nach § 4 S. 1 BetrVG bilden einzelne Betriebe im Sinne des § 111 BetrVG68 . Möglich ist also, daß für einen Betriebsteil gemäߧ 4 S. 1 BetrVG, der räumlich weit entfernt ist und nur über 18 Arbeitnehmer verfügt, kein Sozialplan aufgestellt werden kann. Ware er dagegen räumlich nicht weit entfernt, würde er dem Hauptbetrieb angehören und die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG käme in Betracht, wobei auch für das Vorliegen einer Betriebsänderung auf den gesamten Betrieb abgestellt werden müßte. Die weite Entfernung rechtfertigt es, daß der Betriebsteil einen eigenen Betriebsrat bildet. Dies geschieht auch zugunsten der Arbeitnehmer, die einen besseren Kontakt zu ihrem Betriebsrat pflegen können. Die weite Entfernung führt allerdings auch dazu, daß kein Sozialplan aufgestellt werden kann.

BAG 17. 10. 1989, NZA 1990,443 (444); DKK/ Däubler § 111 Rn. 29. BT-Drucks. 111546, S. 62 (zu§ 81). 63 BAG 17. 10. 1989, NZA 1990, 443. 64 LAG Frankfurt, 10. 05. 1988, BB 1988, 2460; bestätigt durch BAG 17. 10. 1989, NZA 1990,443 (444) m. w. N. aus der Literatur. 6t

62

65

MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 6; GK-Fabricius, § 111 Rn. 53; DKK/ Däubler; § 111

66

DKK/ Däubler § 111 Rn. 29. Ohl, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz, S. 40. Siehe dazu oben unter l. b).

Rn. 29; Richardi, § 111 Rn. 17. 67

68

II. Betriebsgröße und Betriebsrat

93

Teilweise wird aus diesen Gründen gefordert, § 111 BetrVG für die Fälle, in denen ein Betrieb mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern in ein größeres Unternehmen eingebunden ist, über den Wortlaut hinaus nach Sinn und Zweck der Norm auszulegen und in diesen Fällen die Kleinbetriebe in die Regelung der §§ 111 ff. BetrVG mit einzubeziehen69 . Ein andere Ansicht hält das Nichteinbeziehen dieser Betriebe wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig und will im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung die §§ 111 ff. BetrVG auch auf die kleinen Betrieb in diesem Sinne anwenden70. Allerdings stellen die Autoren, die diese beiden Ansichten vertreten, trotz der genannten Auslegung bei den einzelnen Betriebsänderungen gemäß § 111 BetrVG für die Anzahl der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer nur auf Betriebe mit mehr als zwanzig Arbeitnehmern ab71 . Diesbezüglich wird keine Lösung für kleinere Betriebe angeboten. Im Rahmen einer Auslegung § 111 BetrVG auch auf Betriebe mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern anzuwenden, ist aber nicht möglich. Dies folgt daraus, daß § 111 S. 1 BetrVG eine Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft mit sich bringt, fordert. Neben der Betriebsgröße von mehr als zwanzig Arbeitnehmern werden auch gewisse Auswirkungen auf die Belegschaft des Betriebs gefordert72. Würde man dann, wenn es sich um einen Betrieb mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern innerhalb eines größeren Unternehmens handelt, nicht auf die Größe des Betriebs sondern auf die Größe des Unternehmens abstellen, so könnte einmal auch für die Frage nach den negativen Auswirkungen auf die Größe des Unternehmens abgestellt werden. Dann wäre aber für die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer des Kleinbetriebs nicht viel gewonnen. Denn je größer das Unternehmen ist, desto mehr Arbeitnehmer des Unternehmens müßten nachteilig betroffen sein, um 69 Ziegler, Der Begriff der Betriebsänderung, S. 12 ff. Nach dem BAG 17. 10. 1989, NZA 1990, 443 ist, soweit § 111 S. 1 BetrVG die Mitbestimmung auf Betriebe mit mehr als zwanzig Arbeitnehmern beschränkt, der Wortlaut eindeutig, so daß eine Auslegungsmöglichkeit nicht besteht. 70 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 29; Richardi, § 111 Rn. 17 f. ; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 23. Nach Mothes, AuR 1974, 325 (329 f.) spricht einiges dafür, den Begriff "Betrieb" in § 111 S. 1 BetrVG im Sinne von "Unternehmen" zu lesen. Diese Überlegung Mothes hält das lAG Baden-Württemberg 25. 03. 1980, DB 1980, 1076, für beachtenswert. Nur auf den Betrieb stellen ab: Galperinl Löwisch, § 111 Rn. 5; Stege/Weinspach, §§ 111-113 Rn. 7; Vogt, Sozialpläne in der betrieblichen Praxis, S. 17; Gaul!Gajewski, Betriebsänderung, S. 2 f.; Ohl, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz, S. 41 f. 71 V gl. DKK I Däubler, § 111 Rn. 48; Richardi, § 111 Rn. 69; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 79 f.; Ziegler, Der Begriff der Betriebsänderung, S. 93; vgl. zu den Zahlengrenzen im einzelnen unten unter VI. zu den einzelnen Betriebsänderungen. 72 Zur Frage, inwiefern diese Nachteile in den einzelnen Betriebsänderungen zu prüfen sind, unten unter 111. l. und 2.

94

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

eine Betriebsänderung anzunehmen73 . Bei einem Kleinbetrieb innerhalb eines sehr großen Unternehmens wären bei einer Entlassung aller Arbeitnehmer des Betriebs beispielsweise keine erheblichen Teile der Belegschaft des Unternehmens betroffen, bei einem Betrieb derselben Größe innerhalb eines kleineren Unternehmens dagegen schon. Das Abstellen auf die Nachteile der Arbeitnehmer des Unternehmens ist auch deshalb nicht möglich, weil sich das Mandat des Betriebsrats allein auf die Arbeitnehmer des Betriebs bezieht und die Auswirkungen auf andere Arbeitnehmer des Unternehmens nicht zu berücksichtigen sind74. Im übrigen geht es in den § 111 BetrVG um die Änderung des Betriebs und nicht des Unternehmens. Im Regelungszusammenhang der §§ 111 ff. BetrVG wäre es aber auch nicht möglich, für die relevante Größenordnung auf das Unternehmen, für die Auswirkungen aber auf den Betrieb abzustellen. Denn § 112 a Abs. 1 BetrVG geht für die Voraussetzungen für das Aufstellen eines Sozialplans bei einer Betriebsänderung, die allein in der Entlassung von Arbeitnehmern besteht, ebenso von der Mindestgröße des Betriebs aus, indem die dort genannten Zahlengrenzen für Entlassungen bei einer Anzahl von mehr als zwanzig Arbeitnehmern im Betrieb beginnen75 . Diese Norm wäre auf einen kleineren Betrieb nicht anwendbar. Dann wäre aber problematisch, welche Größenordnung von Entlassungen bei einem Kleinbetrieb für die Aufstellung eines Sozialplans zu fordern ist. Eine bestimmte Zahlengrenze zu entwickeln, liefe der gesetzgebensehen Konzeption zuwider, diese Frage gesetzlich zu regeln. Möglich ist es auch nicht, nur die nicht in § 112 a Abs. 1 BetrVG angesprochenen Betriebsänderungen für Kleinbetriebe zuzulassen, weil dies der Einheitlichkeit der§§ 111 ff. BetrVG zuwiderliefe. Die Gesamtregelung der §§ 111 ff. BetrVG basiert demnach auf einer Mindestbetriebsgröße von zwanzig Arbeitnehmern. Es würde der gesetzgebensehen Konzeption widersprechen, diese Normen auch auf kleinere Betriebe anzuwenden. Es ist demnach nicht möglich, § 111 BetrVG nach Sinn und Zweck oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß in den genannten Fällen auch ein Betrieb mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern ausreicht. Für die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG ist demnach ein Betrieb mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern zu fordern.

3. Betriebsrat Zuständig für die Unterrichtung und die Verhandlungen gemäß §§ 111 , 112 BetrVG ist grundsätzlich der Betriebsrat des einzelnen Betriebs76 . Der Gesamtbe73 74 75

76

Ohl, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz, S. 41. Zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats siehe unten unter 3. Siehe zu § 112 a Abs. 1 BetrVG unten unter VI. l . b). DKK/ Däubler, § 111 Rn. 117, Vogt, Sozialpläne in der betrieblichen Praxis, S. 18.

II. Betriebsgröße und Betriebsrat

95

triebsrat (vgl. §§ 47 ff. BetrVG) ist ausnahmsweise zuständig, wenn die Unternehmerische Maßnahme mindestens zwei Betriebe eines einheitlichen Unternehmens betrifft und eine einheitliche Regelung zwingend geboten ist (vgl. § 50 Abs. I BetrVG)77 . Das BAG bejaht dies bei einer Stillegung aller Betriebe eines Unternehmens78 und bei einem unternehmensweiten Personalabbau ohne Rücksicht auf betriebliche Besonderheiten79• Ebenso gilt dies beim Zusammenschluß mehrerer Betriebe oder Betriebsteile, etwa Verwaltungsabteilungen, eines einheitlichen Unternehmens80. Liegt das Outsourcing in der Auslagerung oder Stillegung eines Betriebsteils oder mehrerer Betriebsteile, ist nur der Betrieb betroffen. Anders ist dies aber dann, wenn das Outsourcing eines Betriebs oder eines Betriebsteils sich auch auf andere Betriebe eines Unternehmens auswirkt, indem diese mittelbar von dem Outsourcing betroffen sind. So können vom Outsourcing eines Betriebs, der eine Vorprodukt fertigt, andere Betriebe betroffen sein, die dem ausgelagerten Betrieb z. B. teilweise zuarbeiteten. Das Outsourcing kann dann auch in dem zuarbeitenden Betrieb zu Entlassungen führen. Ebenso können Arbeitnehmer in Verwaltungsabteilungen oder Stabsstellen betroffen sein, die für mehrere oder alle Betriebe eines Unternehmens zuständig sind. Ist der Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung, in die auch ein betriebsratsloser Betrieb oder ein Betrieb mit weniger als zwanzig Arbeitnehmern einbezogen ist, zu beteiligen, so bezieht sich die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auch auf diesen Betrieb81 . Das BAG82 hat dies für Betriebe, in denen kein Betriebsrat gewählt worden ist, abgelehnt, weil der Gesamtbetriebsrat von den Arbeitnehmern dieser Betriebe nicht einmal mittelbar ein Vertretungsmandat habe. Dagegen ist jedoch einzuwenden, daß neben das Prinzip der demokratischen Legitimation des Gesamtbetriebsrats das Prinzip der einheitlichen Mitbestimmung im Unternehmen tritt, wie es in § 50 BetrVG Abs. I BetrVG zum Ausdruck kommt83 . Der Gesamtbetriebsrat muß bei Angelegenheiten, die sich auf das DKK/ Däubler, § 111 Rn. 118. 17.02.1981,APNr.ll zu§ 112BetrVG,Bl.3R. 79 20. 04. 1994, OB 1994,2038 (2039). 80 Vogt, Sozialpläne in der betrieblichen Praxis, S. 18. 81 LAG Bremen 31. 10. 1986, OB 1987, 895; DKK/ Däubler, § 111 Rn. 119; Mothes, AuR 1974, 325 (329); MünchArbR/Joost, § 305 Rn. 48; Vogt, Sozialpläne in der betrieblichen Praxis, S. 18; Ohl, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz, S. 85 ff.; Richardi, § 111 Rn. 25; Teichmüller, Betriebsänderung, S. 47; Ziegler, Der Begriff der Betriebsänderung, S. 18 ff.; DKK/ Däubler, § 111 Rn. 119; einschränkend GK-Fabricius, § 111 Rn. 54, der Bedenken gegen die Einbeziehung betriebsratsfähiger Betriebe hat, in denen kein Betriebsrat gewählt worden ist; aA Galperin/Löwisch, § 111 Rn. 5 a; Stege/Weinspach, §§ 111-113 Rn. 7; Gaul/Gajewski, Betriebsänderung, S. 2 f. 82 16. 08. 1983, AP Nr. 5 zu§ 50 BetrVG, BI. 2 f. ; für Kleinbetriebe hat das BAG dies dort offen gelassen (BI. 3 R). 83 MünchArbR I Joost, § 305 Rn. 48. 77

78

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

gesamte Unternehmen beziehen, auch die Interessen aller Arbeitnehmer im Unternehmen wahren84 . Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG verbietet es, die von einer einheitlichen Maßnahme in gleicher Weise betroffenen Arbeitnehmer ungleich zu behandeln85 . Die fehlende demokratische Legitimation für betriebsratsfähige Betriebe ohne Betriebsrat ist nicht entscheidend, weil die Arbeitnehmer auf die Ausübung ihres Wahlrechts verzichtet haben 86. Für die Arbeitnehmer nichtbetriebsratsfähiger Betriebe wäre die Alternative, sie auch bei unternehmensbezogenen Angelegenheiten nicht zu beteiligen, was mit dem Argument des demokratischen Defizits nicht ausreichend gerechtfertigt ist87 • Erforderlich ist allerdings, daß einer der betroffenen Betriebe über mehr als zwanzig Arbeitnehmer verfügt und die Maßnahme dort eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG darstellt. Wirkt sich diese Maßnahme auch auf andere (Klein-) Betriebe aus, kann der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan auch für die Arbeitnehmer dieser Betriebe abschließen.

111. Verhältnis der Sätze 1 und 2 Problematisch ist das Verhältnis von § 111 S. 1 BetrVG zu § 111 S. 2 BetrVG. Zum einen ist umstritten, ob die Voraussetzungen des § 111 S. 1 2. HS BetrVG auch in den Tatbeständen des Satzes 2 gesondert geprüft werden müssen, ob also für eine Betriebsänderung im Sinne eines der Tatbestände des Satzes 2 zu prüfen ist, ob sie wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben kann. Zum anderen wird diskutiert, ob Satz 2 eine abschließende Aufzählung der Betriebsänderungen enthält, oder ob Betriebsänderungen möglich sind, die keinen der Tatbestände des Satzes 2 erfüllen, aber unter Satz 1 zu subsumieren sind.

1. Fiktion der Nachteile des Satzes 1 in Satz 2 Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 111 S. 1 BetrVG auch für die einzelnen Fälle des Satzes 2 erforderlich sind, läßt sich anband der Formulierung des Satzes 2 "als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten" lösen. In der deutschen Gesetzessprache drückt das Wort "gelten" typischerweise eine Fiktion, also eine rechtliche Gleichbewertung verschiedener Tatbestände, aus 88 . Auf die Tatbestände 84 85 86 87

88

MünchArbR I Joost, § 305 Rn. 48. DKK/ Däubler; § 111 Rn. 119; GK-Fabricius, § 111 Rn. 54. MünchArbR/ Joost, § 305 Rn. 49. MünchArbR/ Joost, § 305 Rn. 49. Esser; Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen, S. 30.

III. Verhältnis der Sätze 1 und 2

97

des Satzes 2 werden also die Rechtsfolgen des Satzes 1 übertragen, ohne daß die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen müssen. Die in Satz 2 aufgeführten Betriebsänderungen sind bereits solche "im Sinne des Satzes 1", so daß die dort geforderten Merkmale als gegeben angesehen werden. Der Formulierung ist zu entnehmen, daß in Satz 2 nur Betriebsänderungen aufgeführt sind, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 über die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer als erfüllt gelten. Ebenso dient es der Rechtssicherheit, wenn der Relativsatz nicht geprüft zu werden braucht und bereits bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen der Tatbestände des Satzes 2 eine Betriebsänderung gegeben ist89• Plant der Unternehmer eine der dort genannten Betriebsänderungen, hat er den Betriebsrat davon zu unterrichten und die Betriebsänderung mit dem Betriebsrat zu beraten. Es ist ein Interessenausgleich zu versuchen und - bei Vorliegen wirtschaftlicher Nachteile - ist ein Sozialplan aufzustellen. Wäre eine Betriebsänderung nur gegeben, wenn wesentliche Nachteile für die Belegschaft gegeben sind, so müßte bereits im Stadium der Planung umfassend gepriift werden, ob diese entstehen. Problematisch kann dann aber die Feststellung sein, ob Nachteile vorliegen, wann diese wesentlich sind und ob ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist. Es würde also einer umfassenden Priifung bedürfen, die unter Umständen schwierig ist. Möglich ist auch, daß der Unternehmer zu dem Ergebnis kommt, daß die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht gegeben sind und sich später herausstellt, daß dies doch der Fall war. Dies würde zum einen den Arbeitnehmern zum Nachteil gereichen, da Interessenausgleich und Sozialplan entfallen. Der Unternehmer sieht sich in diesem Fall dem Nachteilsausgleichsanspruch gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG ausgesetzt, da er eine Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne einen Interessenausgleich versucht zu haben. Für beide Parteien ist es vorteilhafter, wenn die Priifung der Nachteile entfällt und sie sich nur an den Voraussetzungen des Satzes 2 orientieren müssen, wenn die Priifung der Voraussetzungen einer Betriebsänderung also weniger kompliziert ist. Dadurch wird eher verhindert, daß fälschlicherweise eine Betriebsänderung verneint wird und Interessenausgleich und Sozialplan entfallen. Bei den Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan sind dann die Nachteile und der Kreis der betroffenen Arbeitnehmer aufzuzeigen. Dies kann immer noch dazu führen, daß keine oder nur wenige Sozialplanansprüche entstehen und so der Unternehmer entlastet wird. Gewährleistet ist aber, daß die Verhandlungen stattfinden. Für diese Auslegung spricht auch, daß die Tatbestände des Satzes 2 in Nr. 1 und 2 wesentliche Betriebsteile und in Nr. 4 und 5 grundlegende Änderungen verlangen. Die Tatbestände erfordern also bereits Auswirkungen in gewissem Umfang. Wären aber innerhalb dieser Tatbestände die wesentlichen Nachteile des Satzes 1 zu priifen, hätte auf dieses gewisse Ausmaß der Änderungen in Satz 2 verzichtet werden können, weil dies schon durch das Erfordernis des Satzes 1 gewährleistet ware. 89

Pottmeyer, Überleitung der Arbeitsverhältnisse, S. 199.

7 Römer

98

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Der in Satz 1 enthaltene Relativsatz, nach dem Nachteile für die Belegschaft zu erwarten sein müssen, ist demnach nicht auf die Fälle des Satzes 2 zu übertragen90.

2. Satz 1 als Interpretationshilfe für Satz 2 Auch unter den genannten91 Vertretern, nach denen die Voraussetzungen des § 111 S. 1 BetrVG in§ 111 S. 2 BetrVG nicht zu prüfen sind, herrscht Einigkeit, daß der Relativsatz in Satz 1 dennoch nicht bedeutungslos ist. Er macht als eine Art "Gesetzesbegründung"92 das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, ist nach seiner systematischen Stellung als Grundnorm zu begreifen und ist daher bei der Auslegung der Tatbestände des Satzes 2 als Interpretationshilfe zu berücksichtigen93 . Durch die Betonung der nachteiligen Auswirkung für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu Beginn des § 111 BetrVG wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, einen gewissen Größenumfang der Betriebsänderung zu fordern, um § 111 BetrVG zu bejahen.

3. Frage der abschließenden Aufzählung der Betriebsänderungen in Satz 2 Fraglich ist weiter, ob § 111 S. 2 BetrVG eine abschließende Aufzählung der Betriebsänderungen enthält94. 90 BAG 17. 08. 1982, AP Nr. 11 zu§ 111 BetrVG, BI. 2 f.; Richardi, § 111 Rn. 44; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 960; GK-Fabricius, § 111 Rn. 95 ff.; Gnade/Kehnnannl Schneider I Blanke I Klebe, § 111 Rn. 3; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 111 Rn. 40; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 12; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 32; Rumpff/Boewer, H. Rn. 49; Zöllner I Loritz, § 49 li 1 d; Bauer, DB 1994, 217 (218); Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 77 f.; Heckelmann, AR-B1attei, Sozialplan, Rn. 16; aAStege/Weinspach, §§ 111-113 Rn. 13; Galperin/Löwisch, § 111 Rn. 20; v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 15 li. 1.; eine durch den Unternehmer widerlegbare Vermutung nehmen an: Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 18 und Hunold, BB 1984,2275 (2281). 91 Siehe Fn. 90. 92 So Hanau, ZfA 1974, 89 (93), der jedoch davon ausgeht, daß dieses "Stück Gesetzesbegründung versehentlich in den Text hineingeraten ist" und S. 1 letztlich überflüssig ist. 93 BAG 17. 08. 1982, AP Nr. 11 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 2 R; Richardi, NZA 1984, 177 (179); Rumpff/Boewer, H. Rn. 63; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 34; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 14; Richardi, Rn. 46 ff. 94 Dagegen: DKK/ Däubler; § 111 Rn. 33; GK-Fabricius, § 111 Rn. 111; Fitting/Kaiser/ Heither/Engels, § 111 Rn. 42; v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, § 15 li. 1.; Rumpff/Boewer, H. Rn. 50; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 961; Zöllner/Loritz, § 49 li I d; Hecke/mann, AR-Biattei Sozialplan, Rn. 20; Gaul/Gajewski, Betriebsänderung, S. 5 f.; Gnade/Kehrmann/Schneider!Blanke/Klebe, § 111 Rn. 3; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 77 f.; dafür: Richardi, § 111 Rn. 40 ff.; Galperin/

III. Verhältnis der Sätze 1 und 2

99

a) Wortlaut Auszugehen ist von der oben dargestellten Fiktion in Satz 2 des § 111 BetrVG. Die Bedeutung einer Fiktion liegt darin, die Rechtsfolgen eines Tatbestandes auch auf den anderen Tatbestand anzuwenden95 . Der Gesetzgeber bestimmt, daß der andere Tatbestand vom Anwender des Gesetzes so angesehen wird, als ob es ein Fall des einen Tatbestands wäre96. Eine Fiktion setzt zwei Tatbestände voraus, den primären und den sekundären, wobei die Rechtsfolgen des primären auf den sekundären zu übertragen sind97 • Daraus folgt, daß Satz 1 einen eigenständigen Tatbestand darstellt98. Die Gleichstellung in Satz 2 "als Betriebsänderungen im Sinne des S. 1 gelten" hat nur dann einen Sinn, wenn es eine bestimmte Bezugsgröße gibt99 • Geht man von der genannten Fiktion aus, spricht die Formulierung des Satzes 2 also dafür, daß über die enumerativ aufgeführten Fälle des Satzes 2 hinaus ein allgemeiner Begriff der Betriebsänderung existieren muß. Der Wortlaut der Vorschrift streitet demnach unter dieser Voraussetzung für die Auffassung, daß § 111 S. 2 BetrVG keine abschließende Aufzählung der Betriebsänderungen enthält.

b) Entstehungsgeschichte Teilweise wird aus der Entstehungsgeschichte hergeleitet, daß Satz 2 abschließend ist 100• Fraglich ist, ob die Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte für das Verhältnis der Sätze 1 und 2 des § 111 BetrVG bietet.

aa) Formulierung des Satzes 2 Zunächst ist auf die Entstehungsgeschichte des BetrVG 1952 einzugehen. Der Entwurf der Fraktionen von CDU/CSU 101 und SPD 102 sah den Wortlaut "als BeLöwisch, § 111 Rn. 19; Hess!Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 17; Bauer; DB 1994, 217 (218); Stege/Weinspach, §§ 111-113 Rn. 27; Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 19; Lange, Betriebsaufspaltung, S. 91 ff.; Träxler; Betriebsänderung nach § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG, S. 5. Das BAG hat diese Frage bislang offengelassen: BAG 17. 2.1981, AP Nr. 9 zu§ 111 BetrVG 1972, Bl. 1 R; 17. 8. 1982 AP Nr. 11 zu§ lll BetrVG 1972; Bl. 2 R; 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ lll BetrVG 1972, Bl. 3. 95 Larenz. Methodenlehre, S. 262. 96 Larenz, Methodenlehre, S. 262. 97 GK-Fabricius, § 111 Rn. 95. 98 GK-Fabricius, § 111 Rn. 95; Rumpff/Boewer; H. Rn. 53; LAG Baden-Württemberg 16. 06. 1987, LAGE,§ lll BetrVG 1972, S. 27; DKK/ Däubler; § lll Rn. 33. 99 DKK/ Däubler; § 111 Rn. 33. 100 Lange, Betriebsaufspaltung, S. 91 ff.; Träxler; Betriebsänderung nach § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG, S. 5. 101 BT-Drucks. 11970, S. 13 (§ 45 Abs. 1 S. 2). 7*

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

100

triebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten insbesondere" vor, wodurch klargestellt wurde, daß keine abschließende Regelung gewollt war. Dagegen formulierte der Entwurf der Bundesregierung 103 "wirtschaftliche Angelegenheiten sind ..." und forderte damit einen abschließenden Katalog. Keiner dieser Vorschläge wurde übernommen, und statt dessen die Formulierung "als Betriebsänderung im Sinne des Satzes 1 gelten ..." gewählt. Durch diese Formulierung spricht sich der Gesetzgeber nicht eindeutig für oder gegen einen der beiden Vorschläge aus, so daß die Entstehungsgeschichte des BetrVG 1952 weder für noch gegen eine abschließende Aufzählung spricht. Auch die Entstehungsgeschichte des BetrVG 1972 hilft nicht weiter. Der Entwurf der SPD sah einen beispielhaften Katalog vor ("insbesondere") 104• Die CDU wollte durch die Formulierung "Betriebsänderungen... sind" eine abschließende Aufzählung schaffen 105 . Der Regierungsvorschlag sah vor, daß der Katalog gänzlich abgeschafft wird und nur noch darauf abgestellt wird, ob die geplante Maßnahme für eine bestimmte Zahl an Arbeitnehmern Nachteile zur Folge haben kann 106. Auch diese Vorschläge wurden nicht übernommen und es blieb bei der bisherigen Regelung, so daß sich auch hieraus keine Rückschlüsse auf eine Antwort der oben gestellten Frage ziehen lassen. bb) Argument der Rechtssicherheit unter Berücksichtigung desformellen und des materiellen Betriebsänderungsbegriff in § 111 S. 1 BetrVG

Aus der Ablehnung des Regierungsvorschlags mit der Begriindung, daß eine Anknüpfung an im einzelnen katalogmäßig umschriebene Maßnahmen eine größere Rechtssicherheit mit sich bringe 107, schließt ein Teil der Literatur 108 , daß § 111 S. 2 BetrVG der Entstehungsgeschichte nach einen abschließenden Katalog enthalten sollte. Eine diesbezügliche Folgerung aus der Entstehungsgeschichte ist indes keineswegs zwingend. Ein völliger Verzicht auf einen Katalog läßt schon Anhaltspunkte dafür vermissen, was als Betriebsänderung gelten kann. Das damit verbundene alleinige Anknüpfen an die Nachteile wäre zu unbestimmt. Das Argument der fehlenden Rechtssicherheit ist jedoch in bezug auf eine bei dieser Frage ebenso relevante Auslegung des Satzes 1 zu beriicksichtigen. Ließe 102 103 104

105 106 107 lOB

BT-Drucks. II 1229, S. 6 f. (§ 13). BT-Drucks. II 1546, S. 23 (§ 75). BT-Drucks. V I 3658, S. 15 (§ 72 Abs. 1 S. 3). BT-Drucks. VI/ 1806, S. 9 (§ 43 Abs. 2 S. 1). BT-Drucks. VI I 1786, TextS. 23 (§ 111), Begründung S. 54. BT-Drucks. zu Vll2729, S. 32. Lange, Betriebsaufspa1tung, S. 91 ff.; Träxler, Betriebsänderung nach§ 111 S. 2 Nr. 1

BetrVG, S. 5.

III. Verhältnis der Sätze 1 und 2

101

man für Satz 1 genügen, daß jede Maßnahme des Unternehmers, die zu wesentlichen Nachteilen führt, die Rechtsfolgen der §§ 111 ff. BetrVG mit sich bringt, so wären auch Betriebsänderungen erfaßt, die mit den Tatbeständen des Satzes 2 nicht im Zusammenhang stehen. Der Intention des Gesetzgebers, durch eine enumerative Aufzählung größere Rechtssicherheit zu erzielen, wäre nicht genüge getan, da jede nachteilige Maßnahme eine Betriebsänderung darstellen würde und wiederum feste Anhaltspunkte dafür fehlen würden, wann eine mitbestimrnungspflichtige Maßnahme gegeben ist. Aus diesem Grund geht das BAG 109, die Rechtsprechung der Instanzgerichte 110 sowie die überwiegende Ansicht in der Literatur 111 von dem sog. materiellen Betriebsänderungsbegriff in Satz 1 aus. Der in Frage stehende Vorgang müsse eine Änderung des Betriebs zum Gegenstand haben, was nur dann der Fall sei, wenn entweder die organisatorische Einheit des Betriebs, die Betriebsmittel, der Betriebszweck oder die in der Belegschaft zusamrnengefaßten Arbeitnehmer eine Änderung in quantitativer oder qualitativer Hinsicht erführen. Diese Meinung geht demnach von einer Wechselwirkung zwischen § 111 S. 2 BetrVG und § 111 S. 1 BetrVG aus. Auf die Voraussetzung einer sich an Satz 2 orientierenden Änderung verzichten hingegen die Vertreter des formellen Betriebsänderungsbegriffs. Nach diesen ist jede zu Nachteilen führende Änderung in Bestandteilen und Funktionsweisen des Betriebs ausreichend, wobei die Maßnahme zu Abweichungen vom bisherigen Erscheinungsbild des Betriebs führen muß 112• Wegen der fehlenden Definition einer Betriebsänderung spricht gegen diese Ansicht die oben dargestellte Argumentation der fehlenden Rechtssicherheit Ebenso wäre bei Zugrundelegen dieser Ansicht letztlich die enumerative Aufzählung in Satz 2 nicht von großer Bedeutung, da ohnehin jede Abweichung des Erscheinungsbilds eine Betriebsänderung darstellen würde. Auch wird durch diesen formellen Betriebsänderungsbegriff die unternehmensehe Entscheidungsfreiheit zu stark eingeschränkt 113 . Der materielle Begriff hingegen gewährleistet die nötige Rechtssicherheit durch die Forderung einer Vergleichbarkeit von Betriebsänderungen nach Satz 1 mit den Tatbeständen des Satz BAG 17. 02. 1981, AP Nr. 9 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 1 R f. LAG Baden-Württemberg 16. 06. 1987, LAGE§ 111 BetrVG 1972, S. 27; LAG Frankfurt 13. 01. 1977, DB 1977, 2054. 111 Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 132; Eich, DB 1980, 255 (256); Heither; ZIP 1985, 513 (514 f.); Teichmüller; Betriebsänderung, S. 48 f.; Gnade/Kehrmann!Schneider! Blanke I Klebe, § 111 Rn. 2; Schaub, § 244 li. 2. a); auch Galperinl wwisch, § 111 Rn. 19 a, nach denen § 111 S. 2 BetrVG die Betriebsänderungen allerdings abschließend aufzählt und die den materiellen Betriebsänderungsbegriff bevorzugen würden, wenn man entgegen ihrer Ansicht eine Betriebsänderung nach Satz 1 zuließe. Ähnlich Richardi, § 111 Rn. 43, der ebenso eine abschließende Aufzählung vertritt. ll2 Engels, DB 1979, 2227 (2230 f.); GK-Fabricius, § 111 Rn. 202; Pottmeyer; Überleitung der Arbeitsverhältnisse, S. 227 f. 113 Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 62. 109 11o

102

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

2. Ebenso bleibt die Bedeutung der Tatbestände des Satz 2 in vollem Umfang erhalten. Legt man in Satz 1 den materiellen Betriebsänderungsbegriff zugrunde, ist die Rechtssicherheit gewährleistet. Aus dem Argument der fehlenden Rechtssicherheit folgt demnach nicht, daß es sich bei § lll S. 2 um eine abschließende Regelung handelt.

c) Sonstige Erwägungen Weiterhin wird für einen abschließenden Katalog angeführt, daß weitere Fälle einer Betriebsänderung als die, die in Satz 2 des § 111 BetrVG genannt sind, praktisch nicht denkbar seien 114• Abgesehen davon, daß diskutiert wird, ob der Betriebsübergang als solcher eine Betriebsänderung im Sinne des Satzes 1 ist 115, trifft dies nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wohl zu. Jedoch kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß - gerade aufgrund der immer schneller fortschreitenden technischen und wirtschaftlichen Entwicklung - sich in Zukunft keine weiteren Fallgruppen bilden, die eine Betriebsänderung darstellen und eine Mitbestimmung des Betriebsrats erfordern 116• Dies spricht aus Griinden des Arbeitnehmerschutzes gegen eine abschließende Aufzählung, die keine anderen Fälle als Betriebsänderung zuläßt und demnach unter Umständen einen Schutz der Arbeitnehmer vor Nachteilen, die aus einer Betriebsänderung resultieren, verhindert. Nach Balze!Rebel/Schuck117 folgt eine abschließende Aufzählung aus Art. 13 Nr. 2 UmwBerG, der § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG dahingehend ergänzt, daß die Spaltung von Betrieben als Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG gilt. Damit ist wohl gemeint, daß der Gesetzgeber die Ergänzung nur vornehmen mußte, wenn § 111 S. 2 BetrVG abschließend ist, da man die Spaltung andernfalls auch unter Satz I hätte subsumieren können. Es ist jedoch ebensogut möglich, daß der Gesetzgeber nur klarstellen wollte, daß eine Spaltung von Betrieben in jedem Fall eine Betriebsänderung darstellt und eine Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 unterbleibt, die eventuell auch nicht vorliegen können. Aus diesem Grund sind auch die anderen Alternativen in Satz 2 aufgeführt. Es ist dem Standpunkt zu folgen, der § 111 S. 2 BetrVG als nicht abschließend ansieht.

114 Richardi, § 111 Rn. 43; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 13, der die Frage einer abschließenden Aufzählung aus diesem Grund offenläßt 115 Siehe zu dieser Problematik unten unter V. 1. 116 Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 64. m Kapitel 3 Rn. 19.

IV. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen

103

IV. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen Bevor auf die Betriebsänderungen gemäß § 111 BetrVG eingegangen wird, ist die Figur des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen zu behandeln, da die Entstehung eines solchen Betriebs Auswirkungen auf das Vorliegen einer Betriebsänderung haben kann.

1. Definition In Rechtsprechung 118 und Literatur 119 ist anerkannt, daß mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden können. Voraussetzung für einen gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist nach dem BAG 120, daß die Betriebsmittel in einer Betriebsstätte für den verfolgten arbeitstechnischen Zweck zusanunengefaßt geordnet und gezielt eingesetzt werden, und der Einsatz der Arbeitnehmer von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird, wobei sich die Unternehmen zur gemeinsamen Führung des Betriebs rechtlich verbunden haben müssen. Besteht eine einheitliche Personalabteilung und werden die Fragen der Ordnung des Betriebs, der Arbeitszeit und der Vergütung bzw. betrieblicher Sozialeinrichtungen einheitlich gehandhabt, sind aber mehrere Unternehmen Inhaber der verschiedenen Betriebsteile, liegt ein Betrieb mehrerer Unternehmen vor121 • Die rechtliche Verbindung zur gemeinsamen Führung des Betriebs kann nach dem BAG 122 auch durch eine stillschweigende rechtliche Vereinbarung geschehen, wobei sich eine solche aus den tatsächlichen Umständen ergeben kann. In der Literatur wird dagegen teilweise auf das Erfordernis einer rechtlichen Vereinbarung verzichtet 123• Wenn der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, so deutet dies aber nach dem BAG 124 auf eine gemeinsame Führungsvereinbarung hin, so daß sich die Ansichten kaum voneinander unterscheiden. Im Regelfall indizieren also die für einen Gemeinschaftsbetrieb maßgeblichen tatsächlichen Umstände schon die rechtliche Vereinbarung, so daß letzterer dann keine eigenständige Bedeutung zukommt. Verdeutlicht wird die Ähnlichkeit der Ansichten auch dadurch, daß in den vom BAG Ständige Rechtsprechung des BAG, zuletzt 18. 01. 1990, NZA 1990,977 (977 f.). GK-Kraft, § 4 Rn. 23; FittingiKaiseriHeitheriEngels, § l Rn. 75; Richardi, § 1 Rn. 64; DKK/Trümner, § 1 Rn. 74 m. w. N. 12o BAG 18. 01. 1990, NZA 1990, 977 (978). 121 Hohenstatt, in PreisiWillemsen, Umstrukturierung von Betrieb und Unternehmen im Arbeitsrecht, D Rn. l 0. 122 18. 01. 1990, NZA 1990,977 (977 f.). 123 DKK/Trümner, § 1 Rn. 74 b; Konzen, SAE 1988, 94 (96); Wendeling-Schröder, NZA 1984, 247 (249); Fitting I KaiserI Heither I Engels, § l Rn. 80. 124 18. 01. 1990, NZA 1990, 977 (977 f .). 118 119

104

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

zu entscheidenden Fällen meist keine ausdrücklich geschlossene Führungsvereinbarung vorlag 125 . Infolge einer Outsourcing-Maßnahme kann ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entstehen. Dies ist der Fall, wenn ein Betriebsteil auf ein anderes Unternehmen übertragen wird, der Betrieb aber so wie zuvor bestehen bleibt und fortan für den Betriebsteil und den Restbetrieb ein einheitlicher Leitungsapparat zur Ausübung der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich gegeben ist. Es ändern sich also nur auf der Unternehmensebene die rechtlichen Verhältnisse. Insbesondere bei der Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft ist dies der Fall. Aber auch bei den sonstigen Outsourcing-Vorgängen kann ein gemeinsamer Betrieb entstehen, wenn der ausgelagerte Betriebsteil nicht einer eigenständigen organisatorischen Leitung in bezug auf die personellen und sozialen Angelegenheiten unterstellt wird und sich die Verhältnisse auf der Betriebsebene nicht ändern. Die Leistung in einem Bereich, der von einer Auftragsneuvergabe betroffen ist, wird bereits von einem anderen Unternehmer als dem Inhaber des Restbetriebs erbracht. Hier ist aber im Bereich der HUfsfunktionen kein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen gegeben, da die Leitung im sozialen und personellen Bereich z. B. bei dem Reinigungs- oder Bewachungsunternehmen liegen wird. Ist allerdings eine Primärfunktion, wie die Herstellung eines Vorprodukts ausgelagert und liegt ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vor, kann dieser auch erhalten bleiben, wenn ein neues Unternehmen mit der Herstellung des Vorprodukts beauftragt wird.

2. § 322 Abs. 1 UmwG Gemäß § 322 Abs. 1 UmwG wird dann, wenn im Fall des § 321 Abs. 1 UmwG, also bei einer Spaltung oder TeilÜbertragung, die Organisation des gespaltenen Betriebs nicht geändert wird, für die Anwendung des BetrVG vermutet, daß dieser Betrieb von den an der Spaltung beteiligten Rechtsträgem gemeinsam geführt wird. Die Betriebsstruktur muß daher erhalten bleiben, so daß unter einem gespaltenen Betrieb im Sinne dieser Vorschrift ein Betrieb zu verstehen ist, der lediglich rechtlich auf verschiedene Rechtsträger aufgeteilt wird, aber so wie zuvor bestehen bleibt. In der Literatur 126 wird überwiegend vertreten, daß die Formulierung, daß eine Spaltung ohne Änderung der Organisation Voraussetzung für die Anwendung des § 322 Abs. 1 UmwG ist, offensichtlich mißglückt ist. Eine Spaltung des Betriebs sei gerade nicht gegeben, weil nur eine Änderung auf der Unternehmensebene vorgenommen werde. Dagegen ist einzuwenden, daß es dem Gesetzgeber frei12s

Vgl. Siek, BB 1992, 1129.

Däubler; RdA 1995, 136 (143); Joost, in Lutter; Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 308 f.; Dehmer; § 322 Rn. 3. 126

IV. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen

105

steht, unter einer Spaltung des Betriebs in§§ 321 Abs. 1, 322 Abs. 1 UmwG auch eine Teilung des Betriebs zu verstehen, die sich rechtlich in bezug auf dessen Rechtsträger vollzieht 127 . Es ist kein Grund dafür ersichtlich, daß eine Spaltung des Betriebs nur bei einer Organisationsänderung gegeben sein soll 128 • Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß sich der Gesetzgeber an den Begriff der Spaltung des Betriebs in § 111 Nr. 3 BetrVG anlehnt, bei dem eine rein rechtliche Teilung des Betriebs nicht ausreicht 129• Die Formulierung ist nicht mißglückt, sondern unter Spaltung und Teilübertragung ist in diesen Normen auch eine Aufteilung eines Betriebs auf verschiedene Rechtsträger zu verstehen. Fraglich ist, wann eine unveränderte Organisation im Sinne dieser Vorschrift gegeben ist. Hierbei ist von Bedeutung, daß nach dem Gesetzgeber mit der Regelung des § 322 Abs. 1 UmwG an die Rechtsprechung des BAG zur Führung eines gemeinsamen Betriebs durch verschiedene Unternehmen angeknüpft werden sollte 130. Legt man diese zugrunde, ergibt sich, daß eine Änderung der Organisation dann nicht gegeben ist, wenn nach der oben genannten Definition ein Gemeinschaftsbetrieb entsteht, also die Betriebsmittel in einer Betriebsstätte für den verfolgten arbeitstechnischen Zweck zusamrnengefaßt geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der Arbeitnehmer von einem einheitlichen Leitungsapparat bezogen auf die sozialen und personellen Angelegenheiten gesteuert wird. Ist dies der Fall, wird nach § 322 Abs. 1 UmwG das Vorliegen der gemeinsamen Führungsvereinbarung vermutet 131 • Letztlich wird also nicht der gemeinsame Betrieb vermutet, sondern dieser ist Voraussetzung für die Vermutung der Führungsvereinbarung. Entscheidend ist also allein, daß trotz der Spaltung weiterhin nur ein Betrieb existiert. Es geschieht eine lediglich rechtliche Teilung des Betriebs, die zwar dazu führt, daß unterschiedliche Unternehmen an dem Betrieb beteiligt sind, aber eine einheitliche Leitung in den sozialen und personellen Angelegenheiten gegeben ist. Nach Däubler132 sind bei der "Nichtänderung der Organisation" großzügige Maßstäbe anzulegen. Eine Änderung liege nur vor, wenn die Arbeitsabläufe oder der arbeitstechnische Zweck in deutlich sichtbarer Weise andere geworden seien. Danach soll es wohl nicht auf die unveränderte Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten ankommen. Däubler folgert dies daraus, daß die SPD-Fraktion im Rechtsausschuß den Antrag gestellt hatte, den Begriff der Nichtänderung insofern zu spezifizieren, als sich "insbesondere die mitbestimrnungspflichtigen AngeBoecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 388. So aber Dehmer; § 322 Rn. 4. 129 Zur Spaltung gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG unten unter VI. 6. 130 BR-Drucks. 75/94, S. 174. 131 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 390; Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 310; Wlotzke, DB 1995,40 (46); Heinze, ZfA 1997, 1 (11); Widmann/Mayer/Vollrath, § 322 UmwG Rn. 9; aA Däubler; RdA 1995, 136 (143), siehe dazu im folgenden; nach Dehmer; § 322 UmwG Rn. 11 wird die gemeinsame Führung und nicht nur deren Vereinbarung vermutet. 132 RdA 1995, 136 (143). 127 128

106

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

legenheiten nicht ändern" dürften 133 • Dies wurde von der Ausschußmehrheit mit dem Argument zurückgewiesen, dies könne als Einengung der Vorschrift mißverstanden werden 134. Entgegen Däubler135 ist das Argument der Einengung der Vorschrift jedoch nicht zwingend dahingehend zu verstehen, daß das Abstellen auf die Mitbestimmung überhaupt schon eine Einengung der Vorschrift wäre. Vielmehr kann die genannte Einengung genauso gut so verstanden werden, daß die Formulierung der SPD-Fraktion auch die wirtschaftlichen Angelegenheiten erfaßt, es nach dem BAG aber nur auf eine einheitliche Leitung in sozialen und personellen Angelegenheiten ankommt 136. Es ergibt sich durch § 322 Abs. 1 UmwG demnach kaum eine Änderung zur bisherigen Regelung bzw. zur Regelung außerhalb des UmwG, da durch die Möglichkeit einer konkludenten Führungsvereinbarung im Regelfall kein Bedürfnis für eine Vermutung der Führungsvereinbarung besteht 137 .

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung Das Outsourcing sowie die Auftragsneuvergabe können zu einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB führen 138 . Fraglich ist, in welchem Verhältnis zueinander ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB und eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG stehen.

1. Betriebsübergang als Betriebsänderung Fraglich ist, ob ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB als solcher bereits eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG darstellen kann. Dies ist insbesondere im Hinblick auf eine Aufspaltung in eine Besitz und in eine Betriebsgesellschaft relevant, weil in diesem Fall meist keine Änderung der organisatorischen Einheit "Betrieb" eintritt und kein Tatbestand des § 111 S. 2 BetrVG eingreift.

BT-Drucks. 1217850, S. 145. BT-Drucks. 12/7850, S. 145. 13s RdA 1995, 136 (143). 136 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 389 Fn. 204. 137 So auch Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 392; Heinze, ZfA 1997, I (11). ns V gl. dazu oben 2. Kapitel unter V. 133

134

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

107

a) Meinungsstand

Einer Meinung 139 zufolge ist der Betriebsübergang als solcher eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 1 BetrVG. Teilweise wird vertreten, daß eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 1 BetrVG jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn der Wechsel des Arbeitgebers zu einer Änderung der wirtschaftlichen Substanz auf der Arbeitgeberseite bzw. zu einer Verringerung der ursprünglichen Haftungssumme führt, was vor allem bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft der Fall ist, bei der die Arbeitnehmer auf die haftungsrechtlich "arme" Betriebsgesellschaft übergehen und demnach bei zukünftigen Betriebsänderung geringe oder keine Sozialplanansprüche zu erwarten haben 140. Einmal wird argumentiert, das BAG und die herrschende Lehre stellten zu sehr auf ein gegenständlich-technisches Betriebsverständnis ab 141 . Aufgrund der engen Verknüpfung des Betriebsbegriffs in § 111 ff. BetrVG mit der Wahrung von Arbeitnehmerinteressen müsse neben den Arbeitnehmern auch der Arbeitgeber als Bestandteil des Betriebs angesehen werden, so daß eine Änderung in dessen Person eine Betriebsänderung darstellen könne. Schon nach der Definition des Betriebsbegriffs des BAG könnten neben sächlichen auch immaterielle Mittel, wie Knowhow und Good-will zu den Betriebsmitteln zählen, da auch diese die Handlungsmöglichkeiten des Betriebs auf dem Markt beeinflußten. Faktoren wie finanzielle Reserven oder Haftungsbegrenzungen wirkten sich ebenso auf diese Handlungsmöglichkeiten aus, so daß insbesondere eine relevante Änderung in der wirtschaftlichen Substanz auf der Arbeitgeberseite eine Änderung der Identität des Betriebs bedeute 142. Außerdem wird darauf abgestellt, daß gerade in dem Fall, in dem der neue Arbeitgeber eine Produktionsgesellschaft ohne wesentliches eigenes Vermögen ist, den Arbeitnehmern eine sehr viel geringere Haftungsmasse zur Verfügung stehe143. Dies könne insbesondere beim Sozialplan zu schweren Nachteilen führen, über die die Betriebsparteien zu verhandeln hätten. Zum anderen habe § 613 a 139 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 102; Gaul, BB 1999, 582 (582 f.); GK-Fabricius, § 111 Rn. 267; Pottmeyer, Überleitung der Arbeitsverhältnisse, S. 227 f.; Engels, DB 1979, 2227 (2230); Teichmüller, Betriebsänderung, S. 53 ff. 140 Blank/ Blanke I Klebe I Kümpel/Wendeling-Schröder /Wolter, Arbeitnehmerschutz, S. 120 f. ; Weiss!Weyand, § 111 Rn. 5; Simon, ZfA 1987,311 (317 f.), beschränkt die Annahme einer Betriebsänderung durch einen Betriebsübergang auf diesen Fall; so auch das LAG Baden-Württemberg, DB 1979, 114 (115) und Hüper, Der Betrieb im Unternehmerzugriff, S. 260 ff., die bei Verringerung der Haftungssumme eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG bei einer Spaltung in einer Besitz- und eine Betriebsgesellschaft bejahen. 141 Blank/ Blanke I Klebe I Kümpel/Wendeling-Schröder/Wolter, Arbeitnehmerschutz, S. 120 f.; Hüper, Der Betrieb im Unternehmerzugriff, S. 260 ff.; Simon, ZfA 1987, 311 (317 f.); Teichmüller, Betriebsänderung, S. 56. 142 Simon, ZfA 1987, 311 (317 f.); Blank!Blanke/Klebe/Kümpel/Wendeling-Schröder/ Wolter, Arbeitnehmerschutz, S. 120 f. 143 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 94; Weiss/Weyand, § 111 Rn. 5.

108

3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

BGB nicht den Sinn, den durch andere Vorschriften gewährten Arbeitnehmerschutz auf irgendeine Weise einzuschränken. Gau/ 144 stellt auf die Richtlinie 77 I 187 IEWG ab. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77 I 187 IEWG sind der Veräußerer und der Erwerber bei einem Betriebsübergang verpflichtet, die Vertreter ihrer Arbeitnehmer über den Zeitpunkt, den Grund, die Folgen für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen rechtzeitig zu informieren 145 . Der Veräußerer muß diese Information rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs übermitteln. Gemäß Abs. 2 ist der Veräußerer bzw. der Erwerber dann, wenn er Maßnahmen hinsichtlich seiner Arbeitnehmer in Betracht zieht, verpflichtet, die Vertreter seiner Arbeitnehmer rechtzeitig zu diesen Maßnahmen zu konsultieren, um eine Übereinkunft anzustreben.

Diese Informations- und Konsultationspflicht kann nur in den §§ 111 ff. BetrVG begründet sein. Daraus schließt Gaul, daß nach richtlinienkonformer Auslegung ein Betriebsübergang eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG sein müsse, da andernfalls keine Informationspflicht bestünde. Das BAG 146 und ein anderer Teil der Literatur 147 sehen dagegen den Betriebsübergang als solchen nicht als Betriebsänderung an. Im Betrieb ändere sich allein durch den Wechsel des Inhabers nichts 148 . b) Stellungnahme aa) Richtlinie 77I 187I EWG

Gegen die Ansicht Gauls ist einzuwenden, daß gemäß Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 77 I 187 I EWG in Mitgliedstaaten, in denen die Arbeitnehmervertreter eine Schiedsstelle anrufen können, die Verpflichtungen gemäß den Absätzen 1 und 2 auf den Fall beschränkt werden können, in dem der vollzogene Übergang eine Betriebsänderung hervorruft, die wesentliche Nachteile für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer zur Folge haben kann. Damit ist in Deutschland nicht das Grundmodell der Absätze 1 und 2 verwirklicht, sondern die Einschränkungsbefugnis des BB 1999, 582 (582 f.). Abgedruckt in ABlEG Nr. L 201, 17. 07. 1998, S. 88 (91). 146 BAG 04. 12. 1979, AP Nr. 6 zu § 1ll BetrVG 1972, BI. 2; BAG 21. 10. 1980, DB 1991, 698; BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671 f.; BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). 147 Fitting I Kaiser/Heither/ Engels, § 111 Rn. 48 f.; Staudinger/Richardi/Annuß, § 613 a Rn. 234/236; Richardi, § 111 Rn. 117 I 121; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § lll Rn. 55; Stege/Weinspach, § 1ll Rn. 48; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 121 f.; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 972/1078, Eich, DB 1980, 255 (256 f.); ErfK/ Hanau/ Kania, § III Rn. 10; Löwisch, BetrVG, § ll1 Rn. 7; Gaul/Gajewski, Betriebsänderung, S. 8 f. ; Schaub, § 244, II. 2. b). 148 BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). 144 145

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

109

Absatzes 3 wurde in Anspruch genomrnen 149• Die Richtlinie selbst geht wohl davon aus, daß der Betriebsübergang als solcher noch keine Betriebsänderung darstellt, weil andernfalls ohnehin eine Betriebsänderung mit der Folge einer Infonnationspflicht gegeben wäre und Abs. 3 überflüssig wäre. Die Richtlinie läßt es darüber hinaus zu, daß bezüglich eines Betriebsübergangs, der keine Betriebsänderung darstellt, auch keine Infonnationspflicht besteht 150. Im übrigen ist Ausgangspunkt der Lösung der Frage, ob ein Betriebsübergang eine Betriebsänderung darstellt, die Feststellung, daß ein Betriebsübergang nur unter § lll S. 1 BetrVG subsumiert werden kann, weil er als solcher keinen der Tatbestände des Satzes 2 erfüllt.

149 Oetker; NZA 1998, 1193 (1197); Willemsen!Annuß, NJW 1999,2073 (2079). Die vollständige Verwirklichung des Modells des Art. 6 Abs. 3 in Deutschland könnte allerdings zweifelhaft sein, weil gemäß § 112 a Abs. 2 BetrVG ein Unternehmen in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung nicht der Sozialplanpflicht unterliegt und demnach eine Entscheidung der Einigungsstelle nicht zwingend ist (vgl. § 112 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 BetrVG). Abs. 3 der Richtlinie sieht aber vor, daß die Arbeitnehmervertreter eine Schiedsstelle anrufen können, um eine Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen zu erhalten, woraus geschlossen werden könnte, daß eine Erzwingbarkeit einer Entscheidung Voraussetzung ist (so Colneric, FS für Steindorff, S. 1130 (1135), Oetker; NZA 1998, 1193 [1198 ff.]). Allerdings läßt sich die Formulierung des Abs. 3 ebenso dahingehend auslegen, daß diejenigen Mitgliedstaaten, die die Verpflichtungen aus den Abs. 1 und 2 beschränken wollen, zwar eine Schiedsstelle vorsehen müssen, die eine Entscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen fallt, die näheren Voraussetzungen der Anrufung dieser Stelle aber von dem betreffenden Mitgliedstaat nach eigenem Ermessen ausgestaltet werden können, worauf das Fehlen näherer Angaben über die Beschaffenheit der Schiedsstelle hindeutet (v. Alvensleben, Die Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 332). Dafür spricht auch, daß sich auch die Voraussetzungen für eine Betriebsänderung nach dem nationalen Recht richten, und aus diesem Grund schon die erste Voraussetzung für das Anrufen der Einigungsstelle ohnehin der Regelung des Mitgliedstaats überlassen bleibt. Darüber hinaus schreibt Art. 3 der Richtlinie letztlich die Information und Konsultation des Betriebsrats bei einem Betriebsübergang vor. Die Erzwingbarkeit des Sozialplans hilft diesbezüglich nicht weiter, da zu diesem Zeitpunkt das ob und wie der Maßnahmeaufgrund des (versuchten) Interessenausgleichs, der auch durch§ 112 a Abs. 2 BetrVG unberührt bleibt, bereits feststeht und nur noch die Nachteile für die Arbeitnehmer ausgeglichen werden. AA Colneric, FS für Steindorff, S. 1130 (1135), Oetker; NZA 1998, 1193 (1198 ff.), nach denen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie wegen§ 112 a Abs. 2 BetrVG nicht vollständig verwirklicht ist. (siehe allgemein zu§ 112 a Abs. 2 BetrVG unten 5. Kapitel unter IV). Nach Colneric, FS für Steindorff, S. 1130 (1136) gründet die unvollständige Umsetzung auch darauf, daß § 112 a Abs. 1 BetrVG Zahlengrenzen für die Aufstellung des Sozialplans bei einer Betriebsänderung durch reinen Personalabbau vorsieht [siehe dazu unten unter VI. 1. b) ]. Die Quoten stellen aber eine Konkretisierung des in Abs. 3 verwandten Begriffs "wesentliche Teile" der Belegschaft dar, dessen Auslegung dem Mitgliedsstaat überlassen bleibt (Oetker; NZA 1998, 1193 [1200]). Die Mitgliedsstaaten können die Voraussetzungen der Betriebsänderung eben selbst bestimmen. 1so Aus diesem Grund folgt selbst dann, wenn durch § 11 2 a Abs. 2 BetrVG das Modell des Abs. 3 nicht vollständig verwirklicht ist, nicht aus dieser Richtlinie, daß ein Betriebsübergang als solcher bereits eine Betriebsänderung darstellen muß.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

bb) Materieller Betriebsänderungsbegriff in§ 111 S. 1 BetrVG

Wie dargestellt 151 folgt aus dem Gedanken der Rechtssicherheit, daß sich eine Betriebsänderung an den Tatbeständen des Satzes 2 orientieren muß, und demnach der in Frage stehende Vorgang eine Änderung des Betriebs zum Gegenstand haben muß, was nur dann der Fall ist, wenn entweder die organisatorische Einheit des Betriebs, die Betriebsmittel, der Betriebszweck oder die in der Belegschaft zusammengefaßten Arbeitnehmer eine Änderung in quantitativer oder qualitativer Hinsicht erfahren (materieller Betriebsänderungsbegriff in Satz 1). Für eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG reicht nicht jede zu Nachteilen führende Änderung in Bestandteilen und Funktionsweisen des Betriebs aus, die zu Abweichungen vom bisherigen Erscheinungsbild des Betriebs führt (formeller Betriebsänderungsbegriffin Satz 1) 152 . Fraglich ist, wie unter diesem Aspekt die Ansicht zu behandeln ist, nach der der Arbeitgeber als Teil des Betriebs anzusehen ist und demnach eine Veränderung in seiner Person unter Umständen eine Betriebsänderung im Sinne des Satzes 1 darstellen kann. Ein sich an Satz 2 orientierender Betriebsänderungsbegriff in Satz 1 kann dies nicht zulassen. Zwar müssen die Tatbestände des Satzes 2 nicht genau erfüllt sein, da Satz 1 sonst keine Bedeutung hätte, aber es ist in Satz 2 auch kein Tatbestand enthalten, der einem Wechsel in der Person des Arbeitgebers nahe kommt. Zu beachten ist jedoch, daß der materielle Betriebsänderungsbegiff gegenüber dem formellen Betriebsänderungsbegriff vorzugswürdig ist, da der materielle Begriff eine höhere Rechtssicherheit bietet. Ein Wechsel des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Verringerung der Haftungssumme ist ein abgrenzbarer Tatbestand. Läßt man das als Betriebsänderung gelten, führt dies nicht zu einer Rechtsunsicherheit, da für jedermann erkennbar ist, daß bei einem derartigen Wechsel des Arbeitgebers eine Betriebsänderung in Betracht kommt. Problematisch hieran ist jedoch, daß der Wechsel des Arbeitgebers als solcher den Betrieb als arbeitstechnische Einheit unberiihrt läßt 153 . Aus diesem Grund wird von der Gegenansicht unter anderem eine "ganzheitliche Betrachtungsweise der Betriebseinheit" gefordert, nach der auch die Änderung der wirtschaftlichen Lage des Betriebs eine Betriebsänderung darstellen kann 154• Dieser Betrachtungsweise kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in den §§ 111 ff. BetrVG beziehen sich nicht auf die umfassende Unternehmerische Willensbildung sondern nur darauf, wie sich die Entscheidungen des Unternehmers konkret "am Arbeitsplatz" entfalten 155 • Als Betriebsänderungen Siehe oben unter III. 3. b) bb). Siehe dazu oben unter III. 3. b) bb). 153 BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379), wonach sich allein durch den Wechsel des Arbeitgebers im Betrieb nichts ändere. 154 Hüper, Der Betrieb im Unternehmerzugriff, S. 261 ; Teichmüller; Betriebsänderung, S. 56. 155 Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 70. 151

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V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

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können nur solche Maßnahmen verstanden werden, die eine Änderung des Betriebs selbst zum Gegenstand haben. Der Wechsel des Inhabers als solcher wirkt sich - im Gegensatz zu einer Änderung auch der organisatorischen Leitung (§ 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG) - auf die arbeitstechnische Einheit "Betrieb" aber nicht aus. Auch die nach der dargestellten Meinung für eine Betriebsänderung relevante Änderung der Handlungsmöglichkeiten des Betriebs auf dem Markt, also eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf Unternehmerseite, bringt, a priori, keine Änderungen im Arbeitsprozeß, also am Arbeitsplatz des einzelnen Arbeitnehmers, mit sich 156• Eine Betriebsänderung ist schließlich auch nicht dann gegeben, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmers infolge riskanter Vermögensgeschärte oder einer Kreditaufnahme verschlechtert und damit ändert. Es tritt also keine Änderung in der arbeitstechnischen Einheit "Betrieb" ein, die für die §§ 111 ff. BetrVG Voraussetzung ist. Allein der sich an Satz 2 orientierende materielle Betriebsänderungsbegriff des Satzes 1 beachtet diese Voraussetzung. Nach diesem ist jedoch der Wechsel des Betriebsinhabers, der mit einer Verringerung der Haftungssumme einhergeht, nicht als Betriebsänderung anzusehen. cc) Sinn und Zweck des§§ 111 ff. BetrVG

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der§§ 111 ff. BetrVG. Die Steuerungsfunktion soll dazu führen, daß der Unternehmer die Vorteile der Maßnahme vor deren Durchführung gegen die Nachteile für die Arbeitnehmer und eventuell für sich selbst durch Aufstellung eines Sozialplans abwägt 157 . Die Schutzfunktion soll möglichst Nachteile der Arbeitnehmer verhindern und die dennoch entstehenden Nachteile der Arbeitnehmer ausgleichen. Insofern fordert § 111 S. 1 BetrVG auch, daß die Möglichkeit von Nachteilen für einen Teil der Arbeitnehmer besteht. Dies wird in den Maßnahmen des § 111 S. 2 BetrVG, die eine Änderung der organisatorischen Einheit "Betrieb" mit sich bringen, fingiert. Das Gesetz geht also davon aus, daß die Maßnahmen, die zu einer Änderung des Betriebs als arbeitstechnischer Einheit führen, Nachteile für die Arbeitnehmer nach sich ziehen können. Bei einem Betriebsübergang, der nicht mit einer Änderung der organisatorischen Einheit einhergeht, ändert sich jedoch lediglich der Inhaber des Betriebs. Es tritt nur eine Änderung auf der Unternehmensebene ein, die eine Anwendung des § 111 BetrVG gerade nicht auslöst. Wie dargestellt 158 , reicht allein die Möglichkeit von Nachteilen noch nicht für eine Betriebsänderung aus. Eine Auslegung über das Gesetz hinaus wäre - und auch dies ist wegen der zwingenden Änderung im Betrieb äußerst zweifelhaft - höchstens dann geboten, wenn die Ab156 Siehe dazu, ob die Verringerung der Haftungssumme auf Arbeitgeberseite dann, wenn eine Betriebsänderung gegeben ist, in einem Sozialplan Berücksichtigung finden kann unten im 5. Kapitel unter I. 2. 157 Zur Funktion des § 111 BetrVG siehe oben unter I. 158 Siehe oben unter III. 3. b) bb).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

lehnung der Mitbestimmung in diesem Fall einen eklatanten Widerspruch zu Sinn und Zweck des Gesetzes darstellen würde. Dies wäre der Fall, wenn allein aufgrund des Betriebsübergangs regelmäßig gravierende Nachteile für die Arbeitnehmer entstünden, die einer Mitbestimmung gemäß § 111 BetrVG bedürften. Alle Übergänge, die mit einer Änderung des Betriebs einhergehen, können jedoch unter die Tatbestände des § 111 S. 2 BetrVG fallen. Insbesondere nach der Einführung des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist dies beim Betriebsteilübergang meist gegeben, da es nur der Bildung einer eigenständigen organisatorischen Leitung bedarf. Es bleiben also nur die Fälle des Teilübergangs ohne Änderung der Organisation des Betriebs, also die Fälle der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs, und die des Übergangs des ganzen Betriebs. Hier sind aber durch den Erhalt der wirtschaftlichen Einheit und den Übergang der Arbeitsverhältnisse gravierende Nachteile der Arbeitnehmer, also insbesondere der Verlust des Arbeitsplatzes, ausgeschlossen. Dadurch, daß sich auch im verbleibenden Betrieb nichts ändert, führt die Maßnahme auch für die Arbeitnehmer des Restbetriebs nicht zu Nachteilen. Möglich ist nur, daß Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen und daraufhin ihren Arbeitsplatz verlieren. Wenn der Nachteil des Verlustes des Arbeitsplatzes in diesem Fall überhaupt berücksichtigungsfähig ist 159, stellt dieser jedoch - wegen der Mitwirkung des Arbeitnehmers selbst- keinen so gravierenden Nachteil dar, aufgrund dessen eine Erstreckung der Anwendung des § 111 BetrVG auf einen Fall, der keine Änderung des Betriebs mit sich bringt, gerechtfertigt wäre. dd) § 134 UmwG

Es wird geltend gemacht, daß die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG insbesondere bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft erforderlich sei, bei der die Arbeitnehmer auf die haftungsrechtlich "arme" Betriebsgesellschaft übergingen und demnach bei zukünftigen Betriebsänderung geringe oder gar keine Sozialplanansprüche zu erwarten hätten 160 • Neben den genannten Argumenten gegen diese Auffassung ist zu beachten, daß diese Problematik durch § 134 UmwG abgeschwächt wird, der sich auf den Fall bezieht, daß ein Rechtsträger sein Vermögen in der Weise spaltet, daß die zur Führung eines Betriebes notwendigen Vermögensteile im wesentlichen auf einen oder mehrere Rechtsträger übertragen werden und die Tatigkeit dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger sich im wesentlichen auf die Verwaltung dieser Vermögensteile beschränkt (Anlagegesellschaft), während dem übertragenden Rechtsträger diese Vermögensteile bei der Führung seines Betriebs zur Nutzung überlassen werden (Betriebsgesellschaft). Bei dieser Aufspaltung in eine Anlage- und eine 159 160

Siehe dazu unten 5. Kapitel unter I. 2. Siehe Fn. 140.

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

113

Betriebsgesellschaft haftet die Anlagegesellschaft auch für die Forderungen der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft als Gesamtschuldner, die binnen fünf Jahren nach dem Wirksamwerden der Spaltungaufgrund der§§ 111-II3 BetrVG begründet werden, wobei an den an der Spaltung beteiligten Rechtsträgern im wesentlichen dieselben Personen beteiligt sein müssen. Gemäß § 134 S. 2 UmwG gilt dies auch dann, wenn die Vermögensteile bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben und dem übernehmenden oder neuen Rechtsträger oder den übernehmenden oder neuen Rechtsträgem zur Nutzung überlassen werden. Gemäß der Nachhaftungsbegrenzungdes § 134 Abs. 3 i.V.m. § 133 Abs. 3-5 UmwG müssen die Ansprüche innerhalb von zehn Jahren nach Bekanntmachung der Spaltung fällig und gerichtlich geltend gemacht werden bzw. schriftlich anerkannt werden. Als Spaltungsart im Sinne des§ 134 UmwG kommt neben der Abspaltung auch die Ausgliederung in Betracht 161 . Zwar sind die Gesellschafter der Betriebsgesellschaft in diesem Fall nicht der oder die Gesellschafter der Anlagegesellschaft, sondern die Anlagegesellschaft selbst, jedoch kann die in§ 134 Abs. 1 UmwG geforderte Beteiligungsidentität auch bei mittelbarer Beteiligung des im wesentlichen identischen Personenkreises erfüllt sein162 • Problematisch ist aber, daß dem Wortlaut zufolge der übertragende Rechtsträger entweder als Anlage- oder als Betriebsgesellschaft fortbestehen muß und demnach die Aufspaltung gemäߧ 123 Abs. 1 UmwG, bei der sich der übertragende Rechtsträger auflöst, nicht erlaßt wird. Die Interessenlage ist jedoch bei der Aufspaltung identisch und es ist kein Grund für eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Umwandlungsformen ersichtlich. Ebenso könnte die Haftung des § 134 UmwG dann, wenn die Aufspaltung nicht erlaßt wäre, problemlos durch Auflösung der ursprünglichen und Gründung einer weiteren Gesellschaft umgangen werden. Aus diesen Gründen ist von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen und§ 134 UmwG analog auf die Aufspaltung anzuwenden 163 • Weiterhin wirkt sich die gesamtschuldnerische Haftung des§ 134 UmwG bereits bei der Bemessung der Sozialplanleistungen aus, da der Sinn und Zweck der Norm, die mit der Spaltung für die Arbeitnehmer verbundenen Nachteile im Hinblick auf Anspruche aus den §§ 111 ff. BetrVG auszugleichen, verfehlt würde, wenn man die Sozialplanleistungen ausschließlich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der haftungsrechtlich "armen" Betriebsgesellschaft bestimmen würde 164. Die Höhe der Sozialplanansprüche richtet sich demnach auch nach dem Vermögen der Anlagegesellschaft 161 KallmeyeriWillemsen, § 134Rn.5;Dehmer, § 134Rn. l7;Lutter1Hommelhoff, § 134 Rn.47. 162 KallmeyeriWillemsen, § 134Rn. 5;Dehmer, § 134Rn.17. 163 Lutter I Hommelhoff, § 134 Rn. 45 f.; Kallmeyer I Wi/lemsen, § 134 Rn. 4; aA Dehmer, § 134 Rn. 15; Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 47. 164 Bachner, NJW 1995, 2881 (2885); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 250; Däubler, RdA 1995, 136 (144).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Allerdings ist § 134 UmwG nicht analog auf die Einzelrechtsnachfolge anwendbar165. Die Haftung bei der Einzelrechtsnachfolge ist in § 613 a BGB geregelt, so daß es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt 166. Darüber hinaus ist die Haftung für Verbindlichkeiten eines fremden Rechtsträgers eine Regelung, die im Zivilrecht nicht häufig ist und die mit einem erheblichen Eingriff in die Eigentumsposition verbunden ist, so daß nicht von einem allgemeinen Rechtsgedanken ausgegangen werden kann 167. Vielmehr hat der Gesetzgeber im Umwandlungsgesetz ein spezifisches Haftungssystem etabliert, daß in seinem Gläubigerschutz über die Haftung bei der Einzelrechtsnachfolge hinausgeht. Durch§ 134 UmwG ist bei einer Umwandlung eine weitgehende Sicherstellung der Anspruche aus einem Sozialplan gewährleistet. Auch wenn dies bei der Einzelrechtsnachfolge nicht der Fall ist, stellt, wegen der genannten sonstigen Griinde, der Betriebsübergang als solcher keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG dar. Im übrigen dürfte die Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft in der Regel durch eine Umwandlung vorgenommen werden. Der Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB als solcher ist demnach keine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG.

2. Betriebsänderung bei Betriebsübergang nach§ 613 a BGB Bei einer Kombination von einem Betriebsübergang und einer Betriebsänderung nach § 111 S. 2 BetrVG können durch den Übergang der Arbeitsverhältnisse Nachteile für die übergehenden Arbeitnehmer ausgeschlossen sein. Es fragt sich, ob der Schutz der übergehenden Arbeitnehmer in diesem Fall ausschließlich durch§ 613 a BGB gewährleistet wird, oder ob daneben die §§ 111 ff. BetrVG Anwendung finden. Es ist also zu priifen, für welche Arbeitnehmer die Rechtsfolgen der Betriebsänderung eingreifen, bezüglich welcher Arbeitnehmer also ein Interessenausgleich zu versuchen und gegebenenfalls ein Sozialplan aufzustellen ist. a) Meinungsstand

Nach dem BAG 168 sind in dem Fall, in dem sich der Betriebsübergang nicht in dem bloßen Inhaberwechsel erschöpft, sondern mit Maßnahmen verbunden ist, die als solche einen der Tatbestände des § 111 BetrVG erfüllen, die Beteiligungsrechte 165 Kallmeyer/Willemsen, § 134 Rn. 6; Dehmer, § 134 Rn. 16; Widmann/Meyer/Vossius, § 134 Rn. 13116. 166 Ka11meyer/Willemsen, § 134 Rn. 6; Dehmer, § 134 Rn. 16. 167 Dehmer; § 134 Rn. 16. 168 BAG 04. 12. 1979, AP Nr. 6 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 2; BAG 21. 10. 1980, DB 1991, 698; BAG 16. 06. 1987, NZA 1987,671 f.; BAG 10. 12. 1996, AuR 1997,377 (379).

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

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der §§ 111, 112 BetrVG zu wahren. So hat das BAG in dem Beschluß vom 16. 06. 1987 169 die dortige Aufteilung eines Unternehmens in eine mit Produktion, Entwicklung und Konstruktion befaßte GmbH sowie in eine verbleibende Gesellschaft für Verwaltung, Vertrieb und Service als grundlegende Änderung der Betriebsorganisation und des Betriebszwecks gemäߧ 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG angesehen und trotz § 613 a BGB einen Anspruch des Betriebsrats auf Verhandlungen über einen Sozialplan bezüglich aller Arbeitnehmer des ursprünglich einheitlichen Betriebs bejaht. Ob durch§ 613 a BGB Nachteile der übergehenden Arbeitnehmer ausgeschlossen seien, sei bei dem Anspruch auf Verhandlungen noch nicht relevant, sondern erst im Rahmen der Verhandlungen und notfalls durch die Einigungsstelle zu prüfen. Auch nach der Literatur 170 kann der Betriebsübergang mit Maßnahmen verbunden sein, die einen der Tatbestände des § 111 BetrVG erfüllen. Anders als die Rechtsprechung lehnt aber ein Teil der Literatur 171 bei einem Betriebsteilübergang das Vorliegen einer Betriebsänderung in bezug auf die Arbeitnehmer ab, die in dem übergehenden Betriebsteil beschäftigt sind. Deren Schutz vor Nachteilen aus Anlaß der Betriebsteilveräußerung werde ausschließlich durch § 613 a BGB gewährleistet, durch den alle Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer unverändert bestehen blieben. Die Betriebsänderung beziehe sich nur auf die im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer. Einige Autoren 172 beziehen sich für diese Ansicht auf das Urteil des BAG vom 24. 07. 1979 173, in dem das Gericht den Schutz der übergehenden Arbeitnehmer ebenso durch § 613 a BGB gewährleistet sah und einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers aus § 113 Abs. 3 BetrVG abgelehnt hat. In dem Beschluß vom 16. 06. 1987 174 nimmt das BAG ausdrücklich auf diese Entscheidung Bezug und betont, diese Entscheidung schließe nicht aus, daß die übergehenden Arbeitnehmer geltend machen könnten, sie hätten durch die Betriebsänderung Nachteile erlitten, die ausgeglichen werden müßten. Aus der Entscheidung folge lediglich, daß die Arbeitnehmer keinen Nachteilsausgleich gemäߧ 113 Abs. 3 BetrVG dafür geltend machen könnten, daß sie ihren Arbeitsplatz bei dem alten Arbeitgeber verloren hätten. Nachteile wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes einerseits und andere wirtschaftliche Nachteile müßten auseinandergehalten werden. Das BAG NZA 1987,671 f. no Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 48 f.; Staudinger/Richardi!Annuß, § 613 a Rn. 234/236; Richardi, § 111 Rn. 117 /121; Hess!Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 55; Stege/Weinspach, § 111 Rn. 48; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 121 f.; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 972/1078, Eich, DB 1980, 255 (256 f.); ErfK/ Hanau/ Kania, § 111 Rn. 10; Löwisch, BetrVG, § 111 Rn. 7. 171 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 51; Stege/Weinspach, § 111 Rn. 49; Eich, DB 1980, 255 (258); DKK/ Däubler, § 111 Rn. 106. 172 Stege/Weinspach, § 111 Rn. 49; DKK/ Däubler, § 111 Rn. 106. 173 DB 1980, 164. 174 AP Nr. 19 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 4 f. 169

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

folgert aus dem Urteil vom 24. 07. 1979 also nicht, daß der Übergang des Arbeitsverhältnisses die Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG für diese Arbeitnehmer ausschließt. b) Stellungnahme

Ein Argument der von Teilen der Literatur vertretenen Ansicht ist, daß der Schutz der überwechselnden Arbeitnehmer ausschließlich durch § 613 a BGB gewährleistet wird und deshalb § 111 BetrVG keine Anwendung finde. Dagegen läßt sich zunächst einwenden, daß der Wortlaut der beiden Vorschriften keine Rückschlüsse auf eine derartige Deutung zuläßt. § 613 a BGB enthält keinen Hinweis darauf, daß bei einem Betriebsübergang der Schutz durch die §§ 111 ff. BetrVG ausgeschlossen sein soll. Ebenso ist § 111 BetrVG nicht zu entnehmen, daß im Falle eines Betriebsübergangs diese Vorschrift keine Anwendung findet. Weiterhin ist zu beachten, daߧ 613 a BGB einen individualrechtlich wirkenden Übergang der Arbeitsverhältnisse vorsieht, wohingegen die §§ 111 ff. BetrVG kollektivrechtliche Regelungen sind. Diese beiden Normen haben einen unterschiedlichen Regelungsgehalt Während § 613 a BGB den einzelnen Arbeitnehmer vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes schützen soll, ist es die Funktion der §§ 111 ff. BetrVG durch den Interessenausgleich und durch den Sozialplan die Nachteile zu verhindern bzw. auszugleichen, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen. Ein Ausschluß des kollektivrechtlichen Schutzes durch den individualrechtliehen Schutz kann höchstens dann angenommen werden, wenn in beiden Bereichen Normen bestehen, die genau dasselbe regeln. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es ist demnach kein Grund dafür ersichtlich, warum die individualrechtliche Norm des § 613 a BGB den kollektiven Schutz durch die §§ 111 ff. BetrVG ausschließen sollte. Beide Normen sind unabhängig voneinander anzuwenden. Bei jeder Norm ist für sich zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind oder nicht. Liegen sie vor, sind die Rechtsfolgen anzuwenden. Weiterhin wird argumentiert, daß die Anwendung des§ 613 a BGB dazu führe, daß den Arbeitnehmern keine wirtschaftlichen Nachteile erwüchsen, die auszugleichen seien, da ihre Arbeitsverhältnisse zu unveränderten Bedingungen fortgeführt würden 175 • Hiergegen spricht zunächst, daß der Nachweis von Nachteilen nicht Voraussetzung für eine Betriebsänderung ist, sondern dies erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen ist 176• Die Prognose, daß den Arbeitnehmern wegen § 613 a BGB keine Nachteile erwachsen werden, führt also nicht dazu, daß eine Betriebsänderung ausgeschlossen ist. Zudem ist für einen Interessenausgleich das Vorliegen wirtschaftlicher Nachteile nicht erforderlich, sondern es reichen auch

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Fitting / Kaiser!Heither/Engels, § 111 Rn. 51; Eich, DB 1980,255 (258). Siehe oben unter III. 1.

V. Betriebsübergang und Betriebsänderung

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immaterielle Nachteile aus 177 . Das Vorliegen wirtschaftlicher Nachteile ist erst für einen Sozialplan notwendig. Daraus, daß ein Sozialplan eventuell nicht aufzustellen ist, kann nicht hergeleitet werden, daß schon eine Betriebsänderung nicht gegeben ist. Andernfalls wäre auch die Möglichkeit eines lnteressenausgleichs, dem eine wichtige Steuerungsfunktion zukommt 178 , ausgeschlossen. Wegen des FehJens wirtschaftlicher Nachteile kann die Anwendung des § 111 BetrVG demnach nicht verneint werden. Ebenso ist nicht nachzuvollziehen, inwiefern eine Maßnahme nur für einen Teil der Arbeitnehmer eine Betriebsänderung sein soll. Es ist entweder eine Änderung des Betriebs gegeben oder nicht. Auch wenn sich dieselbe nicht auf alle Arbeitnehmer auswirkt, handelt es sich dennoch nicht nur für einen Teil der Arbeitnehmer um eine Betriebsänderung, weil von einer Betriebsänderung verbunden mit dem Übergang eines Teils des Betriebs alle Arbeitnehmer des fruheren Betriebs betroffen sein können. Deshalb ist auch für alle Arbeitnehmer des ursprungliehen Betriebs zu prufen, ob und wenn ja, welche Nachteile ihnen aus der Betriebsänderung erwachsen sind. Für die Betriebsänderung ist auf den ursprungliehen Betrieb, also auch auf sämtliche Arbeitnehmer des ursprungliehen Betriebs abzustellen 17 9 • So bezieht sich auch § 111 S. 1 BetrVG auf die Nachteile der Belegschaft bzw. eines Teils derselben und beschränkt diese nicht auf im Betrieb verbleibende Arbeitnehmer. Welche Arbeitnehmer auf den neuen Unternehmer übergehen, steht unter Umständen zum Zeitpunkt der Betriebsänderung noch gar nicht fest. Der Betriebsübergang steht unabhängig neben der Betriebsänderung und hat auf deren Vorliegen keinen Einfluß. Eine Betriebsänderung bezieht sich also auf alle Arbeitnehmer, gleich ob sie übergehen oder bei dem ursprungliehen Betrieb verbleiben. Erst bei den Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan können nicht benachteiligte Arbeitnehmer ausgenommen werden. Hierbei kann es sogar so sein, daß gerade die verbleibenden Arbeitnehmer im Gegensatz zu den übergehenden keine Nachteile erlitten haben. Auch dies spricht dagegen, die Betriebsänderung nur auf die verbleibenden Arbeitnehmer zu beziehen. Aus diesen Ausführungen folgt, daß in dem Fall, in dem neben dem Betriebsübergang Maßnahmen gegeben sind, die eine Betriebsänderung darstellen, diese auch auf die Arbeitnehmer zu beziehen ist, deren Arbeitsverhältnisse gemäߧ 613 a BGB auf den neuen Arbeitgeber übergehen. Ein Ausschluß der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergehen, von dem Geltungsbereich eines Sozialplans, kann jedoch in dem Sozialplan vereinbart werden I so.

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Zum Inhalt des Interessenausgleichs unten 4. Kapitel unter I. Siehe oben unter I. BAG 16. 06. 1987, NZA 1987,671. Siehe dazu unten 5. Kapitel unter II. am Anfang

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG 1. Nr.l: Einschränkung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen Eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG ist eine erhebliche, ungewöhnliche und nicht nur vorübergehende Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs unter Weiterverfolgung des Betriebszwecks, wobei betriebstypische Schwankungen außer Betracht bleiben 181 • Eine Verringerung der Leistungsfähigkeit kommt dadurch zum Ausdruck, daß der Betrieb weniger Stückzahlen produziert oder weniger Aufträge erledigt 182• Es ist erforderlich, daß die Kapazität des Betriebs sinkt183 • Dabei ist es gleichgültig, ob die Verminderung der Leistungsfähigkeit durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen oder durch Personalreduzierung erfolgt, so daß eine Betriebseinschränkung auch gegeben sein kann, wenn die sächlichen Betriebsmittel als solche unverändert bleiben, jedoch in beträchtlichem Umfang Personal abgebaut wird 184• Durch den 1985 eingefügten § 112 a Abs. 1 BetrVG hat der Gesetzgeber die diesbezügliche Rechtsprechung des BAG bestätigt, indem dort ausdrücklich die Entlassung von Arbeitnehmern als Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG angesehen wird 185 • Auch wenn eine Stillegung eines Betriebsteils gegeben ist, kann eine Betriebseinschränkung vorliegen. Die Tatbestände des § 111 S. 2 BetrVG sind rechtlich selbständig, so daß eine geplante Maßnahme des Unternehmers mehrere Tatbestände des S. 2 erfüllen kann 186• 181 BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (114); BAG AP Nr. 32 zu § ll1 BetrVG 1972, BI. 2; Hanau, ZfA 1974, 89 (98); Richardi, § 111 Rn. 64 f.; Fitting/Kaiser/Heither!Engels, § 111 Rn. 67 f.; Hess/Schlochauer!Glaubitz, § 111 Rn. 36; DKK/Däubler, § 111 Rn. 40; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 23. 182 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 40. 183 Diese Vokabel in BAG 02. 08. 1983, NJW 1984, 1781 (1782). 184 BAG AP Nr. 4 zu§ ll1 BetrVG 1972; BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (114); BAG 28. 04. 1993, AP Nr. 32 zu§ ll1 BetrVG 1972, BI. 2; Richardi, § 111 Rn. 65; Galperin/[)jwisch, § 106 Rn. 60; Ohl, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz, S. 44; Zöllner/Loritz, § 49 II 1 e); DKK/ Däubler, § 111 Rn. 47; Fitting! Kaiser!Heither/Engels, § 111 Rn. 69; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 27; Hanau, ZfA 1974, 89 (98); siehe aber zu der Frage, ob die Verringerung der Leistungsfähigkeit auch bei einer Einschränkung durch Personalreduzierung erforderlich ist, unten unter b). 185 Siehe dazu unten unter b). 186 Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 111 Rn. 58. Aus diesem Grund ist die Ansicht Rumpff!Boewers, H. Rn. 64 und Fn. 95 abzulehnen, nach dem bei der Stillegung eines Betriebsteils keine Einschränkung in Betracht kommt. Zwar ist an der dort geäußerten Auffassung richtig, daß es bei einer Einschränkung im Gegensatz zu einer Stillegung erforderlich ist, daß der Zweck des gesamten Betriebs bestehen bleibt. Der Zweck der Betriebsteile muß aber, entgegen Rump.ff!Boewer, nicht aufrechterhalten werden.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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a) Betriebseinschränkung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen Fraglich ist, ob und wenn ja, wann eine Einschränkung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen den Tatbestand des § lll S. 2 Nr. 1 BetrVG beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe erfüllen kann. In der Literatur wird diese Frage in Bezug auf das Outsourcing unterschiedlich beantwortet, wobei pauschal eine Betriebseinschränkung durch Ausgliederung oder Auslagerung entweder bejaht1s7 oder verneint 1ss wird, ohne daß deutlich wird, warum es sich um eine Betriebseinschränkung durch Außerbetriebsetzung von Anlagen und I oder durch Personalreduzierung handelt oder nicht. aa) Outsourcing der Fertigung eines Teil- oder Vorprodukts Werden Primärfunktionen, wie die Fertigung eines Vorprodukts, ausgelagert, können Betriebsanlagen außer Betrieb gesetzt werden. Fraglich ist, ob in einem solchen Fall eine Einschränkung des Betriebs gegeben sein kann.

(1) Meinungsstand

Das BAG 1s9 hat im Fall der Auslagerung einer Schärerei mit drei Arbeitnehmern, die in einer Weberei mit insgesamt 27 Arbeitnehmern ein Vorprodukt herstellt, zwar das Vorliegen einer Betriebseinschränkung angeprüft, dies jedoch nur im Hinblick auf eine Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau. Diese hat es jedoch verneint, weil nicht genügend Arbeitnehmer betroffen waren. Anschließend hat das BAG auf die Stillegung eines wesentlichen Betriebsteils abgestellt. Nicht geprüft hat das BAG, ob durch die Außerbetriebsetzung der Maschine, die das Vorprodukt herstellt, eine Verringerung der Leistungsfähigkeit des Betriebs vorliegt. Offen bleibt, ob das BAG eine Verringerung der Leistungsfähigkeit dann nicht annimmt, wenn nur die Produktion eines Vorprodukts aufgegeben wird, sich jedoch an der Quantität des gefertigten Endprodukts nichts ändert, oder ob eine Verringerung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen nicht geprüft wurde, weil zumindest wohl keine erhebliche Einschränkung vorlag. An anderer Stelle fordert das BAG 190 eine "Kapazitätsverringerung", bei der es wohl darauf ankom187 GK-Fabricius, § 111 Rn. 304; RumpffiBoewer; H. Rn. 83 bei rechtlicher Verselbständigung; in Bezug auf Spaltungen im Sinne von § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG [dazu unten unter 6. b)], führen Wlotzke, DB 1995,40 (47) und Gaul, DB 1995, 2265 (2267), aus, daß diese Spaltungen auch eine Einschränkung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG sein können. 188 Hess I Schlochauer I Glaubitz, § 111 Rn. 46, anders für die Ausgliederung von Betriebsabteilungen als selbständige Unternehmen in Rn. 47. 189 BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (114). 190 Diese Vokabel in BAG 02. 08. 1983, NJW 1984, 1781 (1782).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

men soll, ob der Betrieb insofern weniger produziert, als daß die Anzahl der gefertigten Endprodukte abnimmt 191 • Nach Däubler192 erbringt der Betrieb beim Outsourcing der Fertigung eines Teil- oder Vorprodukts als solcher eine geringere arbeitstechnische Leistung, auch wenn sich an der Stückzahl der Endprodukte nichts ändert. Beim Betrieb komme es, anders als beim Unternehmen, auf Umfang und Gegenstand der Arbeitsprozesse an. Von der Steuerungs- und Schutzfunktion des § 111 BetrVG her könne es keinen Unterschied machen, ob nur noch ein Teilprodukt hergestellt werde, oder ob sich am Endprodukt nichts ändere, jedoch zu dessen Herstellung nur teilweise eigene Ressourcen genutzt werden. Demnach ist dieser Ansicht nach bei der Auslagerung der Fertigung eines Vorprodukts das Vorliegen einer Betriebseinschränkung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG möglich. Gegen diese Auffassung Däublers wenden Balze/Rebel/Schuck 193 ein, daß es beim betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff gerade auf die organisatorische Einheit und nicht auf einzelne arbeitstechnische Zwecke ankomme und demnach das Outsourcing der Fertigung notwendiger Vor- oder Teilprodukte den Betrieb insgesamt unberiihrt lasse. (2) Stellungnahme Diese Frage ist unter Beriicksichtigung der Begriffe des Betriebs und des Betriebsteils zu beantworten. Die arbeitstechnischen Zwecke des ganzen Betriebs sind diejenigen Güter und Dienstleistungen, mit denen Gewinne erzielt und Bedürfnisse befriedigt werden sollen 194• Der arbeitstechnische Zweck eines Produktionsbetriebs ist demnach die Herstellung des Endprodukts. Für eine Einschränkung des Betriebs ist allerdings nicht Voraussetzung, daß der Betriebszweck eingeschränkt oder verändert wird. Eine Änderung des Betriebszwecks fallt unter § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG. Vielmehr ist bei der Analyse dieses Problems, wie es Balze I RebellSchuck auch tun, auf den Betrieb als organisatorische Einheit abzustellen und zu überpriifen, ob die Leistungsfähigkeit der organisatorischen Einheit infolge der geplanten Maßnahme abnimmt. Dabei ist die Einschränkung des Betriebs abzugrenzen von der Stillegung oder Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils, die ebenfalls unter § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG fallen. Bei einer Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils ist auf die organisatorische Einheit des Betriebsteils abzustellen und zu überpriifen, ob dessen Leistungsfähigkeit aufgehoben oder eingeschränkt wird. Dabei ist auf das Produkt abzustellen, das in dem jeweili191 So verstehen das BAG auch Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel3 Rn. 32. 192 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 42 a. 193 Kapitel 3 Rn. 32. 194 BAG 17. 12. 1985, NZA 1986,804.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ lll S. 2 BetrVG

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gen Betriebsteil gefertigt wird, bzw. auf den Verarbeitungsprozeß, der in dem Betriebsteil vorgenommen wird. Ein Betriebsteil eines Produktionsbetriebs identifiziert sich über ein Vor- oder Teilprodukt, das dort hergestellt wird. Im Unterschied dazu kann sich der ganze Betrieb nur über das Endprodukt identifizieren. In bezug auf die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit ist auf den Prozeß abzustellen, mit dem sich der ganze Betrieb und nicht ein bestimmter Betriebsteil identifiziert. Eine Einschränkung des Betriebs ist beim Outsourcing der Fertigung eines Vorprodukts auch begrifflich nicht gegeben, weil die ausgelagerte Leistung dem Betrieb erhalten bleibt. Die Kapazität des Betriebs wird nicht verringert sondern bleibt gleich oder wird erhöht. Der Betrieb erbringt die gleiche oder eine höhere Leistung. Das Arbeitsergebnis wird nur auf andere Art und Weise erzielt. Demnach ist eine Herabsenkung der Leistungsfähigkeit des ganzen Betriebs nur anzunehmen, wenn die Quantität des Endprodukts, also die Kapazität des Betriebs, abnimmt.

bb) Sonstige Auslagerung

Werden im Falle des Outsourcing Funktionen wie die Reinigung der Betriebsgebäude, das Betreiben der Kantine, die Bewachung des Betriebsgeländes, die EDV oder die Rechtsabteilung nicht mehr von dem Betrieb selbst, sondern von einer fremden Firma erledigt, ist keine Einschränkung des Betriebs durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen gegeben. Denn dieser Prozeß hat keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des gesamten Betriebs. Einer Ansicht 195 zufolge liegt bei dem Outsourcing des Vertriebs eine Einschränkung vor, da sich die Kapazität des bisher einheitlichen, verwaltenden, Produkte erzeugenden und Produkte vertreibenden Betriebs durch die Herausnahme des Vertriebs unmittelbar vermindere. Dem ist nicht zu folgen. Wenn der Betrieb so wie zuvor bestehen bleibt und sich nur auf der Unternehmensebene die Verhältnisse ändern, scheidet eine Einschränkung des Betriebs aus. Das ist dann der Fall, wenn ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht. Anders ist dies dann, wenn der zuvor einheitliche Betrieb dagegen auch organisatorisch in zwei Teile getrennt wird und der Vertrieb fortan nicht mehr zu dem Betrieb gehört. Da eine einheitliche Leitung Voraussetzung für einen einheitlichen Betrieb ist, ist dies bereits dann der Fall, wenn der Vertrieb einer eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird. In diesem Fall ist aber zu beachten, daß die Leistungsfähigkeit des Betriebs durch diese Aufspaltung nicht eingeschränkt wird. Denn die Kapazität in bezug auf die produzierten Güter bleibt gleich. Diese 195 Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 91; Bauer, DB 1994, 217 (219); Balze I Rebe/ I Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 29.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

werden auch weiterhin veräußert. Dadurch, daß der Vertrieb nicht mehr von dem Betrieb selbst, sondern von einem anderen Betrieb vorgenommen wird, leistet der Betrieb nicht weniger. Der Vertrieb als solches ist zwar ebenso ein Zweck des Betriebs, er dient aber der Veräußerung, die letztlich mit jeder Produktion bezweckt wird. Die Leistung eines Produktionsbetriebs ist aber nicht der Vorgang der Veräußerung, sondern die Herstellung der zu veräußernden Güter. Auch wenn ersteres von einem anderen Betrieb übernommen wird, erbringt der produzierende Betrieb weiterhin genauso wie zuvor die eigentliche Leistung der Produktion der Güter, die veräußert werden und mit denen Gewinne erzielt und Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Das BAG 196 hat in einem Fall, in dem es um die Aufteilung eines Unternehmens in eine mit Produktion, Entwicklung und Konstruktion befaßte GmbH sowie in eine verbleibende Gesellschaft für Verwaltung, Vertrieb und Service ging, eine Betriebseinschränkung ebenfalls nicht geprüft, sondern nur auf § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG abgestellt. cc) Aufspaltung

Bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft kommt eine Einschränkung durch Außerbetriebsetzung der Betriebsanlagen nicht in Betracht, weil dadurch, daß sich die Eigentumsverhältnisse in dem Betrieb ändern, der Betrieb nicht eingeschränkt wird. Eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG kann allgemein nur bei einer Änderung auf der Betriebsebene gegeben sein. Wenn sich bei einer Aufspaltung in eine Betriebs- und eine Produktionsgesellschaft die Verhältnisse lediglich auf der Unternehmensebene ändern, indem an dem Betrieb fortan zwei Unternehmen beteiligt sind, kommt eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 2 BetrVG nicht in Betracht. dd) Auftragsneuvergabe

Bei der Auftragsneuvergabe wird der Betrieb bzw. der Betriebsteil, der mit dem Auftrag befaßt ist, nicht eingeschränkt, sondern er geht - bei Wahrung der Identität - auf den neuen Auftragnehmer über. Ist dies nicht der Fall, wird der Betrieb oder der Betriebsteil als Ganzes stillgelegt. Eine Einschränkung des Betriebs kommt dann in Betracht, wenn ein Unternehmen, das die Leistung in mehreren verschiedenen Arbeitsstätten erbringt, als Ganzes oder mehrere Arbeitsstätten zusammen, einen Betrieb bilden 197 , da in diesem Fall der Gesamtbetrieb einen Bereich verliert. In diesen Branchen (insbesondere Reinigung, Bewachung) spielen die Be-

196

BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671 (672 f .).

197

Siehe dazu oben unter II. 1. c).

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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triebsmittel jedoch eine untergeordnete Rolle, so daß eine Einschränkung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen nicht in Betracht kommt.

b) Betriebseinschränkung durch Personalreduzierung Eine Outsourcing-Maßnahme kann es erforderlich machen, einem Teil oder allen Arbeitnehmern des betroffenen Betriebs oder Betriebsteils zu kündigen oder diese zu versetzen. Dies ist überwiegend nur dann der Fall, wenn es nicht zu einem Betriebsübergang kommt 198 • Abgesehen davon können Kündigungen oder Versetzungen in anderen Bereichen des Betriebs notwendig werden, die zwar nicht ausgelagert werden, die aber mittelbar von der Auslagerung betroffen sind, indem sie der auszulagernden Abteilung beispielsweise zuarbeiten. Ebenso können auch übergeordnete Bereiche, wie die Verwaltungsabteilung, mittelbar von einer ausgelagerten Abteilung abhängen. Die Personalverwaltung, die sich nur oder überwiegend auf die Arbeitnehmer der auszulagernden Abteilung bezieht, kann von dem Outsourcing betroffen sein und es können Veränderungen in der Personalstruktur notwendig werden. Aber auch auf Bereiche der Hilfsfunktionen wie Reinigung, Bewachung oder Wartung, kann sich das Outsourcing einer Abteilung, für den die genannten Bereiche unter anderem zuständig sind, auswirken. Auch durch den Verlust eines Auftrags werden Kündigungen oder Versetzungen notwendig, wenn es nicht zu einem Betriebsübergang kommt. Gemäß § 112 a Abs. 1 BetrVG kann eine geplante Betriebsänderung im Sinne des§ 111 S. 2. Nr. 1 BetrVG auch allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehen. Für diesen Fall der Betriebseinschränkung bestimmt§ 112 a Abs. 1 BetrVG für die Aufstellung eines Sozialplans bestimmte Zahlengrenzen für die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. Die Betriebsänderung findet hier allein in der Entlassung von Arbeitnehmern ihren Ausdruck199. Liegt daneben z. B. eine Stillegong des Betriebs oder eines Betriebsteils vor, findet§ 112 a Abs. 1 BetrVG keine Anwendung200. Das Gesetz fordert keine anderen Merkmale als die Entlassung von Arbeitnehmern. Es kommt demnach hier auch nicht darauf an, ob durch diese Entlassungen die Leistungsfahigkeit des Betriebs abnimmt201 . Auch das BAG fordert für diese Betriebsänderung nicht, daß die Leistungsfähigkeit des Betriebs herabgesetzt wird. Das BAG202 hat § 112 a Abs. 1 BetrVG in einem Fall angewandt, in dem ein Betrieb aufgelöst wurde und die einzelnen Betriebsteile an verschiedene Unternehmer veräußert wurden. Es wurden auch die Arbeitnehmer mit einberechnet, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gemäߧ 613 a BGB widerspro198

199 200

201 2o2

Zu dem Sonderfall der Widersprüche gegen einen Betriebsübergang unten unter dd). BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2. BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2. Gaul/Gajewski, Betriebsänderung, S. 26; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 52. 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

chen haben203 . Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Betriebs lag hier nicht vor, weil der ursprüngliche Betrieb nach der Umstrukturierung nicht mehr bestand. Weiterhin hat das BAG § 112 a Abs. 1 BetrVG auch bei der Auflösung einer betriebseigenen Reinigungsabteilung angewandt, bei der ebenso nicht die Leistungsfähigkeit des Betriebs eingeschränkt wurde204. Vielmehr kann § 112 a Abs. 1 BetrVG dahingehend angewandt werden, daß immer dann, wenn eine den dortigen Zahlengrenzen entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern entlassen wird, unabhängig von den sonstigen Gegebenheiten ein Sozialplan aufgestellt werden kann205 . So hat auch das BAG in dem genannten Fall allein auf§ 112 a Abs. 1 BetrVG abgestellt, obwohl daneben andere Betriebsänderungen gemäß § 111 S. 2 BetrVG in Betracht kamen. Das BAG206 führt aus, daß die Frage nach den übrigen Betriebsänderungen dahingestellt bleiben könne, weil die Gesamtheit aller Maßnahmen eine Betriebseinschränkung nach § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG darstelle. Unerheblich ist, in welchen Bereichen des Betriebs Arbeitnehmer entlassen werden207. Die Entlassungen werden addiert, wenn es sich um eine einheitliche Betriebsänderung handelt. Wann dies der Fall ist wird unten unter cc) und dd) behandelt.

aa) Beendigung des Arbeitsverhältnisses § 112 a Abs. I S. 1 BetrVG formuliert, daß die Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen "entlassen" werden. Gemäߧ 112 a Abs. 1 S. 2 BetrVG gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlaßte Ausscheiden von Arbeitnehmern aufgrund von Aufhebungsverträgen als Entlassung. Dazu zählen auch Arbeitnehmer, die auf Veranlassung des Arbeitgebers selbst kündigen208 . Vom Arbeitgeber veranlaßt ist die Eigenkündigung dann, wenn der Arbeitgeber in einer Betriebsversammlung, durch Rundschreiben, Aushang oder die Presse die Schließung einer Abteilung, eines Betriebsteils oder eines Betriebs bekannt gibt und der Arbeitnehmer nach verständiger Würdigung seinen Arbeitsplatz als gefährdet ansehen kann209 . Änderungskündigungen werden nur dann erfaßt, wenn der Arbeitnehmer entweder das Angebot abgelehnt oder nicht fristgerecht einen Vorbehalt erklärt hat210. BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788). BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2. 2os MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 39. 206 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788). 2o1 Vgl. BAG 10. 12. 1996, NZA 1997,787 (788). 2os BAG 23. 08. 1988, BB 1988, 2387 (2388); 08. 11. 1989, BB 1989, 773 (774); 28. 10. 1992, AP Nr. 65 zu§ 112 BetrVG 1972; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 112 a Rn. 10; GK-Fabricius, § 112, 112 a Rn. 127; DKK/ Däubler, § lll Rn. 54; Richardi, § 111 Rn. 72; Hümmerich/Spirolke, BB 1995, 42. 209 Hümmerich/Spirolke, BB 1995,42 (48). 203

204

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Als Entlassungen sind auch Versetzungen in andere Betriebe des Unternehmens anzusehen 211 • Bei der Personalreduzierung aus betrieblichen Gründen kommt es auf die äußere Fonn der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an212 • Entscheidend ist bei § 112 a Abs. 1 BetrVG ein vom Arbeitgeber veranlaßtes Ausscheiden aus dem Betrieb213 • Dieses ist auch gegeben, wenn die Arbeitnehmer in andere Betriebs des Unternehmens versetzt werden. bb) Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer Für den Umfang der Personalreduzierung, der eine Einschränkung des Betriebs darstellt, sind nach herrschender Meinung214 trotz § 112 a Abs. 1 BetrVG die Zahlen- und Prozentangaben des § 17 KSchG als Richtschnur heranzuziehen, wobei mindestens 5% der Belegschaft betroffen sein müssen. Diesen Zahlengrenzen zufolge müssen in Betrieben mit in der Regel mehr als zwanzig und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer betroffen sein, in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10% oder mehr als 25 Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer. Eine in diesem Sinne erhebliche Reduzierung von Personal könne auch dann vorliegen, wenn der Zahlenschlüssel des § 17 KSchG "geringfügig" unterschritten wird215 • Das Heranziehen dieser Zahlengrenzen folgt letztlich daraus, daß § 111 S. 1 BetrVG Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft fordert216• Rumpff!Boewe? 17 zufolge sollen aber auch für die Frage, ob eine Betriebsänderung gegeben ist, bereits die höheren Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG entscheidend sein. 2to LAG Baden-Württemberg, 16. 06. 1987, LAGE, § 111 BetrVG 1972 Nr. 6; S. 23 f.; GK-Fabricius, § 112, 112 a Rn. 127. 211 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 74; DKK/Däubler, § 111 Rn. 56; ders. § ll2, 112 a Rn. 31; Matthes, FS für Gaul, S. 397 (399); aA Scherer, NZA 1985, 764 (768); Richardi, §§ 112a Rn. 5. 212 Hümmerich/Spirolke, BB 1995, 42; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 74. 213 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 74; Richardi, § 111 Rn. 72. 214 BAG 02. 08. 1983, NJW 1984, 1781 (1782); BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 2 R; BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788); Fitting/Kaiser!Heither/ Engels, § 111 Rn. 70; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 43; DKK/Däubler, § 111 Rn. 48; Richardi, § 111 Rn. 69; MünchArbR I Matthes, § 351 Rn. 29; Zöllner I La ritz, § 49 II 1 e); Gaul/Gajewski, Betriebsänderung, S. 24 ff.; Schaub, § 244 II. 3. b). 215 BAG07. 08. 1990, NZA 1991,113 (114). 216 BAG 22. 01. 1980, AP Nr. 7 zu§ lll BetrVG 1972, BI. 5 R. 217 H. Rn. 74 ff.; auch Heinze, NZA 1987, 41 (51), sieht einen Widerspruch in den unterschiedlichen Zahlengrenzen, fordert aber keine Erstreckung der Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG auch schon für die Betriebsänderung, da diese Ansicht nicht mit Unterstützung in Rechtsprechung und Literatur rechnen könne.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Gemäߧ 112 a Abs. 1 BetrVG müssen für die Anwendung des § 112 Abs. 4 und

5 BetrVG in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitneh-

mern 20%, mindestens aber 6 Arbeitnehmer entlassen werden, in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20%, mindestens aber 37 Arbeitnehmer, in Betrieben bis 500 Arbeitnehmern müssen 15%, mindestens aber 60 Arbeitnehmer betroffen sein und in Betrieben mit mindestens 500 Arbeitnehmern müssen 10%, mindestens aber 60 Arbeitnehmer entlassen werden. Gegen die Ansicht Rumpff/ Boewers spricht bereits der Wortlaut des § 112 a Abs. 1 BetrVG, der zwischen der Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG durch die Entlassung von Arbeitnehmern und der Aufstellung eines Sozialplans in diesem Fall ausdrücklich unterscheidet und nur für die Aufstellung des Sozialplans die besonderen Zahlengrenzen fordert. Es wird nicht formuliert, daß eine Betriebsänderung nur bei den genannten Zahlengrenzen vorliegt. Diese Formulierung hätte aber automatisch auch die Zahlengrenzen für einen Sozialplan mit einbezogen, so daß die Formulierung des § 112 a Abs. I BetrVG für eine Unterscheidung der Voraussetzungen für eine Betriebsänderung und für einen Sozialplan spricht.

Rumpff/Boewe? 18 führen weiter aus, die Informations- und Beratungspflicht des § 111 BetrVG sei Mittel zum Zweck des Interessenausgleichs, der wieder Mittel zum Zweck des Sozialplans sei, so daß die Voraussetzungen gleich sein müßten. Dagegen läßt sich aber einwenden, daß der Interessenausgleich nicht nur den Zweck hat, einen Sozialplan vorzubereiten, sondern auch, die Entscheidung des Unternehmers vor Durchführung der Maßnahme im Hinblick auf die Nachteile für die Arbeitnehmer zu beeinflussen. Ein Interessenausgleich hat demnach auch ohne einen Sozialplan einen Sinn. Weiter wird argumentiert, daß es zu einer Ungleichbehandlung führen würde, wenn in dem Fall, in dem gleichzeitig mit der Personalreduzierung auch Betriebsanlagen außer Betrieb gesetzt würden, ein Sozialplan aufgestellt werden könnte, dies aber bei einer reinen Personalreduzierung noch nicht der Fall wäre219 • Dabei ist aber festzuhalten, daß eine Betriebsänderung durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen nur gegeben ist, wenn auch eine erhebliche Verringerung der Leistungsfähigkeit damit einhergeht. Eine Einschränkung allein durch die Reduzierung von Personal, die für die Aufstellung des Sozialplans die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG erfordert, liegt auch dann vor, wenn zwar Betriebsanlagen außer Betrieb gesetzt werden, dies aber nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führt, also nicht allein durch die Außerbetriebsetzung der Anlagen eine eigene Betriebsänderung gegeben ist. Dies folgt aus dem Wortlaut des§ 112 a Abs. 1 BetrVG, nach dem die Betriebsänderung für die dortigen Zahlengrenzen allein in der Entlassung von Arbeitnehmern liegen darf, weil in diesem Fall eine Betriebsänderung eben nicht in der Außerbetriebsetzung von Anlagen liegt und 218 219

Rumpff/Boewer, H. Rn. 74 unter Hinweis auf Heinze, NZA 1987,41 (50). Rumpff/Boewer, H. Rn. 79.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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nur in der Personalreduzierung zu sehen ist. Es ist demnach nicht so, daß immer dann, wenn neben einem Personalabbau auch Anlagen außer Betrieb gesetzt werden, die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. l BetrVG für einen Sozialplan nicht erforderlich sind. Vielmehr handelt sich bei einer Einschränkung allein durch die Reduzierung von Personal und einer solchen durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen letztlich um zwei verschiedene Betriebsänderungen. Aber auch für die sonstigen Betriebsänderungen des § 111 S. 2 BetrVG sind die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG für die Aufstellung des Sozialplans nicht erforderlich. Der Gesetzgeber fordert nur für den Fall, daß die Betriebsänderung allein in der Personalreduzierung liegt, für die Aufstellung eines Sozialplans die Zahlengrenzen des§ 112 a Abs. 1 BetrVG. cc) Mehrere Maßnahmen des Unternehmers

Zu beachten ist, daß die Entlassungen in mehreren Schritten vorgenommen werden können. Die Frage, ob die Zahlengrenzen des § 17 KSchG insgesamt zu erreichen sind oder ob bei der jeweiligen Maßnahme dementsprechend viele Arbeitnehmer entlassen werden müssen, um eine Einschränkung anzunehmen, hängt davon ab, ob es sich insgesamt nur um eine Betriebsänderung handelt oder ob die Maßnahmen als einzelne Betriebsänderungen zu behandeln sind. Es ist beispielsweise möglich, daß der Unternehmer zwei Abteilungen auslagern möchte. Dies kann entweder zeitgleich oder nacheinander geschehen. Wie sich aus § 111 BetrVG ergibt, ist für eine Betriebsänderung stets auf den Zeitpunkt der Planung abzustellen. Ob eine oder mehrere Betriebsänderungen gegeben sind, hängt davon ab, ob der Unternehmer die Maßnahmenaufgrund einer einheitlichen Planungsentscheidung ergreift oder ob mehrere Planungsentscheidungen gegeben sind220• Unerheblich ist, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zu welchem Zeitpunkt tatsächlich durchführt221 • Entscheidet sich der Unternehmer beispielsweise für das Outsourcing der Fertigung eines bestimmten Vorprodukts und sind davon zwei Betriebsteile betroffen, so liegt eine einheitliche Planungsentscheidung und demnach nur eine Betriebsänderung vor. Eine einheitliche Planungsentscheidung ist nicht schon deswegen gegeben, weil der Unternehmer die Maßnahmen zeitgleich durchführt222. Handelt es sich um verschiedene Maßnahmen, liegt eine einheitliche Planungsentscheidung zum einen dann vor, wenn die Maßnahmen betriebswirtschaftlich-organisatorisch so eng zusammenhängen, daß über die Maßnahmen nur einheitlich entschieden werden kann223 . Dies ist beim 22o LAG Düsseldorf 14. 05. 1986, DB 1987, 180; Baeck!Diller, NZA 1997, 689 (691); DKK/ Däubler, § 111 Rn. 113 f.; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 30; Hess/Schlochauer/ Glaubitz, § 111 Rn. 37. 221 Baeckl Diller, NZA 1997, 689 (691). 222 Baeck/ Diller, NZA 1997, 689 (693). 223 Baeck/ Diller, NZA 1997, 689 (693).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Outsourcing zum Beispiel der Fall, wenn nur noch die Produktion eines Produkts aufrechterhalten werden soll und die verschiedenen Abteilungen, die Teil- oder Vorprodukte fertigen, ausgelagert werden sollen. Zum anderen ist eine solche einheitliche Planungsentscheidung gegeben, wenn die Umsetzung einer Maßnahme notwendig die andere bedingt224. Dies ist beim Outsourcing der Fall, wenn die Abteilung, die ein Vorprodukt herstellt, ausgelagert werden soll und dadurch auch die diesem zuarbeitenden Betriebsteile nicht mehr notwendig sind. Schließlich liegt eine einheitliche Planungsentscheidung vor, wenn die Maßnahmen auf einem einheitlichen von außen auf den Betrieb einwirkenden Ereignis, wie z. B. dem Ende einer wichtigen Geschäftsbeziehung oder einer Naturkatastrophe beruhen225 . Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, liegen getrennte Planungsentscheidungen vor. Problematisch ist auch der Fall, daß der Unternehmer mehrere Planungsentscheidungen getroffen hat, die auf einer einheitlichen Rahmenentscheidung beruhen. Dies ist z. B. gegeben, wenn der Unternehmer beschließt, Umstrukturierungen durch Outsourcing vorzunehmen, die einzelnen Maßnahmen aber jeweils erneut beschlossen werden. In diesen Fällen ist danach zu unterscheiden, ob die Rahmenentscheidung die Umstrukturierungen bereits bindend festgelegt hat und nur noch bestimmte Einzelheiten (das "wie") in Frage stehen, oder ob auch das "ob" der jeweiligen Maßnahme noch nicht festgelegt ist226. In letzterem Fall liegt keine einheitliche Planungsentscheidung vor. In die gleiche Richtung geht die Problematik, daß spätere Maßnahmen von Bedingungen abhängen. Ein Unternehmen verfügt beispielsweise über zwei EDV-Abteilungen, die jeweils für einen bestimmten Bereich zuständig sind. Der Unternehmer beschließt, die EDV einer Abteilung fremdzuvergeben und möchte dementsprechend bei der anderen Abteilung vorgehen, wenn sich das Outsourcing bewährt. Nach Baeck/Diller27 liege in einem solchen Fall dann, wenn zu einem späterem Zeitpunkt noch einmal alle Umstände des Einzelfalls geprüft und überdacht werden sollten, eine getrennte Planungsentscheidung vor. Dagegen sei eine einheitliche Planungsentscheidung gegeben, wenn die Maßnahme definitiv beschlossen sei und die Durchführung nur noch vom Eintritt äußerer Umstände abhänge. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn eine Maßnahme nur noch des Zuflusses staatlicher Förderungsmittel oder der Erteilung oder dem Wegfall eines Großauftrags bedürfe oder wenn die weitere Maßnahme davon abhänge, daß sich eine erste bewähre, die Umstände des Einzelfalls bereits feststünden und es überwiegend wahrscheinlich sei, daß die zweite Maßnahme ebenso durchgeführt würde. Dem ist zu folgen. Denn in den genannten Fällen ist der Unternehmer zu der Maßnahme bereits fest entschlossen und die Planung ist bereits abgeschlossen. Bei 224 225 226 227

Baeck!Diller; NZA 1997,689 (693). Baeck/ Diller; NZA 1997, 689 (693). Baeck/ Diller; NZA 1997, 689 (693 f .). NZA 1997, 689 (694).

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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Eintritt der jeweiligen Umstände kann die Maßnahme sofort umgesetzt werden. Aus diesem Grund ist es notwendig, daß über einen Interessenausgleich der Maßnahmen bereits vor Eintritt der Bedingungen verhandelt werden kann. Denn in diesem Fall kann und soll das "ob" und "wie" der Maßnahme vom Betriebsrat beeinflußt werden. Hängt die Vomahme der Maßnahme nur noch von äußeren Bedingungen ab, ist ein Interessenausgleichsverfahren einzuleiten. Tritt die Bedingung ein, soll nach der Planung des Unternehmers die Änderung unmittelbar vorgenommen werden, so daß ein Interessenausgleichsverfahren zu spät sein könnte. Allgemeine Unternehmerische Ziele wie Rationalisierung und I oder Kostensenkung werden dagegen in der Regel ständig verfolgt und führen nicht dazu, daß verschiedene Maßnahmen, die diesen Zwecken dienen, als einheitliche Planungsentscheidung anzusehen sind228 . Entschließt sich der Unternehmer also dazu, die Reinigung des Betriebsgeländes sowie die Fertigung eines bestimmten Vorprodukts auszulagern, so liegen getrennte Planungsentscheidungen und verschiedene Betriebsänderungen vor. In bezug auf eine Einschränkung durch reinen Personalabbau müssen jeweils die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht werden. Die Entlassungen können hier nicht addiert werden. dd) Kündigungenaufgrund von Widersprüchen der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse

Problematisch ist auch der Fall, daß Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen und anschließend entlassen werden. (1) Einschränkung allein durch Entlassung widersprechender Arbeitnehmer Hier stellt sich zunächst die Frage, ob die Entlassungen der widersprechenden Arbeitnehmer eine eigene Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau darstellen können, wenn die Anzahl der widersprechenden Arbeitnehmer die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht. Einer Ansicht229 nach liegt bei einem Personalabbau, der wegen der Widersprüche erforderlich wird, keine Betriebsänderung vor, weil es dem Schutzzweck des § 613 a BGB zuwiderliefe, wenn die Arbeitnehmer durch die Erhebung des Widerspruchs den gesetzlich vorgesehenen Schutz des Übergangs der Arbeitsverhältnisse durch den Schutz von Sozialplanleistungen austauschen könnten.

Baeck/ Diller, NZA 1997, 689 (693). Röder/Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 44; Galperin!Löwisch, § 111 Rn. 23 f.; Bauer, DB 1994, 217 (220); wohl auch Baeck / Diller, NZA 1997, 689 (694 Fn. 29). 228

229

9 Römer

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Dem ist nicht zu folgen, da die §§ lll ff. BetrVG und § 613 a BGB unterschiedlichen Schutzzwecken dienen230 . Es ist jeweils gesondert zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der jeweiligen Norm erfüllt sind231 . Im Rahmen der§§ 111 BetrVG ist zu prüfen, ob eine Betriebsänderung gegeben ist und ob den Arbeitnehmern ausgleichspflichtige Nachteile entstehen. Ob daneben ein Betriebsübergang gegeben ist, ist irrelevant. Ob widersprechenden Arbeitnehmern auf der Rechtsfolgenseite eine Abfindung aus dem Sozialplan versagt werden kann, ist eine von den Voraussetzungen einer Betriebsänderung zu trennende Frage232. Ob eine Betriebsänderung gegeben ist, richtet sich allein nach den tatsächlichen Verhältnissen. Abzulehnen ist auch die Ansicht Baueri33 , nach dem sich die Arbeitnehmer bei sachlich unbegründeten Widersprüchen den Verlust des Arbeitsplatzes selbst zuzuschreiben haben, weshalb es an dem Tatbestandsmerkmal "wesentliche Nachteile" des § 111 S. 1 BetrVG fehlt. Denn dieses Merkmal ist, nach der hier vertretenen Ansicht234, in den Tatbeständen des § 111 S. 2 BetrVG grundsätzlich nicht gesondert zu prüfen. Ebenso ist dagegen einzuwenden, daß das Setzen einer Mitursache für den Nachteil des Verlusts des Arbeitsplatzes nichts daran ändert, daß ein Nachteil aufgrund der Betriebsänderung des Unternehmers gegeben ist. Es ist also möglich, daß eine Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau dadurch ausgelöst wird, daß einem Betriebsübergang widersprechende Arbeitnehmer entlassen werden und deren Anzahl den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entspricht235. (2) Widersprüche innerhalb einer gegebenen Betriebsänderung

Zu beachten ist daneben der Fall, daß beispielsweise im Rahmen einer Outsourcing-Maßnahme ein Betriebsteil übertragen wird und im Rahmen derselben Planungsentscheidung in einem anderen Betriebsteil Entlassungen vorgenommen werden236. Möglich ist auch, daß neben einem Betriebsübergang ein Personalabbau stattfindet. Hier sind also bereits ohne die Kündigungen widersprechender Arbeitnehmer Entlassungen gegeben. Fraglich ist, ob und wenn ja, inwiefern widersprechende Arbeitnehmer zu der Anzahl der ursprünglich entlassenen Arbeitnehmer in bezug auf eine Betriebseinschränkung durch Personalreduzierung hinzugerechnet werden. Siehe oben unter V. 2. b). Siehe oben unter V. 2. b). 232 BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788); zu den Auswirkungen eines Widerspruchs auf Leistungen aus dem Sozialplan unten 5. Kapitel unter II. 233 Bauer; in Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, V. Rn. 109. 234 Siehe oben unter III. 1. 235 Gaul, DB 1995, 2265 (2266); Henssler; NZA 1994, 913 (922); Schlachter; NZA 1995, 705 (709 f.); Hüper; Der Betrieb im Untemehmerzugriff, S. 91. 236 Siehe zu diesbezüglichen Beispielen oben unter b) am Anfang. 230 231

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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Die widersprechenden Arbeitnehmer können nur dann hinzugerechnet werden, wenn ihre Entlassungen keine eigene Betriebsänderung darstellen, sondern Teil der ursprünglich geplanten Betriebsänderung sind. Auch bei dieser Frage kommt es darauf an, ob eine oder mehrere Planungsentscheidungen des Untemehmers gegeben sind. Kommt man zu dem Ergebnis, daß die Kündigungen aufgrund des Widerspruchs auf einerneuen Planungsentscheidung des Unternehmers beruhen, können diese Arbeitnehmer nicht in die Anzahl der sonstigen gekündigten Arbeitnehmer eingerechnet werden. Dies ist aber möglich, wenn eine einheitliche Planungsentscheidung gegeben ist. Nach dem BAG237 sind bei der Frage, ob eine Einschränkung des Betriebs vorliegt, ob also die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erfüllt sind, auch die Arbeitnehmer mit einzubeziehen, denen nur deshalb gekündigt werden muß, weil sie dem Übergang widersprochen haben und eine Beschäftigungsmöglichkeit im Restbetrieb nicht mehr besteht. Nach Baeck/ Dille?-38 beruht die Kündigung nicht auf dem Entschluß zur Betriebsänderung, sondern es liegt mit den Kündigungen aufgrund des Widerspruches eine getrennte Planungsentscheidung vor. Dies müsse auch dann gelten, wenn dem Unternehmer die Möglichkeit von Widersprüchen bewußt war, da über die konkrete Reaktion auf diese Widersprüche erst entschieden werden könne, wenn Zahl und Zeitpunkt derselben feststehe. Gegenstand der Gesamtplanung und damit kein Ausschlußgrund für Sozialplanansprüche seien die Kündigungen jedoch in dem Fall, in dem der Unternehmer selbst künftig keinen Betrieb mehr unterhalten will und den gesamten Betrieb überträgt, da hier von vornherein feststehe, daß widersprechende Arbeitnehmer entlassen werden239. Festzuhalten ist zunächst, daß dann, wenn für den Unternehmer von vomherein feststeht, daß er widersprechende Arbeitnehmer nicht mehr weiterbeschäftigen kann, sondern entlassen muß, diese Entlassungen Bestandteil der Gesamtplanung sind240. Dies ist stets bei einer Aufspaltung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG der Fall, bei der sich der ursprüngliche Rechtsträger auflöst. Ebenso verhält es sich aber dann, wenn ein Betriebsteil oder mehrere Betriebsteile ausgelagert werden, deren Arbeitnehmer in dem verbleibenden Restbetrieb nicht beschäftigt werden können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Vertrieb ausgelagert wird und die Arbeitnehmer in den verbleibenden produzierenden Abteilungen nicht beschäftigt werden können. Das Problem stellt sich häufig bei der Auslagerung eines Betriebsteils, dessen Arbeitskräfte in dem Restbetrieb wegen eines anderen Berufsbilds nicht be237

BAG, 10. 12. 1996, NZA 1997,787 (788); dem folgend Richardi, § 111 Rn. 73.

238

NZA 1997,689 (693 f.). Baeck/Diller, NZA 1997, 689 (693 f.); so auch BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787

239

(788).

240 BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788). In diesem Fall war es das Ziel des Unternehmers, den Betrieb aufzulösen, so daß widersprechende Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden konnten. 9*

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

schäftigt werden können. Wird in einem Betrieb, der Autos produziert, die Lackiererei ausgelagert, können die Lackierer in dem Restbetrieb regelmäßig nicht mehr beschäftigt werden. Ebenso verhält es sich bei der Auslagerung von Hilfsfunktionen, da die Beschäftigten der Kantine oder der Reinigung nicht in anderen Bereichen eingesetzt werden können. In diesen Fällen steht von vomherein fest, daß widersprechende Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Die Entlassungen sind Bestandteil der Gesamtplanung. Daß nicht klar ist, ob und wenn ja, wieviele Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen, ist irrelevant. Es kommt nur darauf an, daß im Fall eines Widerspruchs Entlassungen notwendig sind241 . Dies beruht darauf, daß der Unternehmer mit Widerspruchen stets rechnen muß. Die Widerspruche sind dann aber nur noch der Eintritt eines äußeren Umstandes, der Bedingung für die Durchführung der für diesen Fall bereits geplanten Maßnahme ist242. Fraglich ist, ob es sich dann anders verhält, wenn zum Zeitpunkt der Planung nicht feststeht, ob widersprechenden Arbeitnehmern gekündigt wird, diese versetzt werden oder weiterbeschäftigt werden können. Liegt der Fall, daß der Unternehmer künftig keinen Betrieb mehr unterhält, nicht vor, ist nach Baeck I Diller243 bei den Kündigungen der widersprechenden Arbeitnehmern stets eine neue, von der ursprungliehen Betriebsänderung zu trennende, Planungsentscheidung gegeben. Über die Reaktion auf die Widerspruche könne grundsätzlich erst entschieden könne, wenn Zahl und Zeitpunkt der Widerspruche feststünden. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses, kann bzw. muß unter Umständen statt seiner ein anderer Arbeitnehmer des Restbetriebs entlassen werden. Denn in dem Fall, in dem Entlassungen durch Widerspruche notwendig werden, ist in dem Restbetrieb eine Sozialauswahl unter Berucksichtigung sowohl der widersprechenden als auch der verbleibenden Arbeitnehmer vorzunehmen, wenn für den Widerspruch ein sachlicher Grund vorlag244• Es ist also richtig, daß über die konkrete Reaktion auf die Widerspruche, also über die Frage, wer entlassen wird, regelmäßig erst später entschieden werden kann. Für die Planungsentscheidung ist es jedoch nicht ausschlaggebend, welche und wieviele Arbeitnehmer entlassen werden, sondern nur, daß der Unternehmer zu Entlassungen fest entschlossen ist. Denn in dem Fall, in dem der Unternehmer später keinen Betrieb mehr unterhält, ist auch nicht sicher, ob Entlassungen notwendig sind. Da nicht ersichtlich ist, ob und wenn ja, wer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widerspricht, reicht für eine einheitliche Planungsentscheidung aus, daß 241 So wohl auch das BAG 10. 12. 1996, NZA 1997, 787 (788), das auf diese Problematik nicht eingeht. 242 Zu dem äußeren Umstand als Merkmal oben unter cc). 243 Baeckl Diller, NZA 1997, 689 (693 f.). 244 Die widersprechenden Arbeitnehmer werden allerdings nur dann in eine Sozialauswahl einbezogen, wenn für die Widersprüche ein sachlicher Grund gegeben ist [siehe oben 2. Kapitel unter V. I. b)].

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

133

die Entlassung widersprechender Arbeitnehmer feststeht. Dann kann es aber keinen Unterschied machen, ob die widersprechenden Arbeitnehmer selbst oder statt ihrer andere Arbeitnehmer entlassen werden. Aus diesem Grund sind die Entlassungen dann, wenn der Unternehmer schon bei der Planung der Betriebsänderung fest entschlossen ist, bei Widersprüchen überhaupt Entlassungen gleich welcher Arbeitnehmer vorzunehmen, Bestandteil der Gesamtplanung. Dabei müssen die Entlassungen nicht als sicher vorhersehbar sein. Es reicht vielmehr aus, wenn Entlassungen mit hoher Wahrscheinlichkeit notwendig werden. Dies folgt daraus, daß zum Zeitpunkt der Planung regelmäßig noch nicht sicher feststeht, welche Auswirkungen die Betriebsänderung letztlich haben wird. Widersprüche gegen den Betriebsübergang sind von dem Unternehmer stets in die Planung mit einzubeziehen. Besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß Widersprüche zu Entlassungen gleich welcher Arbeitnehmer führen, ist dies Bestandteil der Gesamtplanung. Die sich oben245 ergebende Problematik, ob vor Durchführung der späteren Maßnahme noch einmal alle Umstände des Einzelfalls geprüft und überdacht werden sollen, stellt sich hierbei nicht, da es sich nicht um eine umfassende, neue organisatorische Maßnahme, sondern um Entlassungen handelt, die letztlich auf der ursprünglichen Betriebsänderung beruhen. An die Entlassungen als Bestandteil der Gesamtplanung nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen, ist auch unter dem Aspekt geboten, daß möglicherweise Arbeitnehmern des verbleibenden Restbetriebs nur gekündigt wird, weil andere Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Diesen Arbeitnehmern eine Abfindung zu versagen, weil die Entlassungen nicht die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreichen und demnach keine eigene Betriebsänderung darstellen, erscheint nicht sachgerecht246. Daß aufgrund von Widersprüchen mit hoher Wahrscheinlichkeit Entlassungen notwendig sind, ist in der Regel der Fall. Denn durch den Übergang eines Betriebsteils fallt ein Tätigkeitsbereich weg. Daß in diesem Fall im verbleibenden Restbetrieb keine Kündigungen notwendig sind, dürfte kaum vorkommen, insbesondere wenn eine hohe Anzahl an Arbeitnehmern widerspricht. Denkbar wäre höchstens, daß ein Unternehmer einen Teil seiner Produktion auslagert, den Restbetrieb stark expandiert und dort neue Arbeitnehmer einstellen muß. Hier könnte unter Umständen von vornherein feststehen, daß sämtliche widersprechende Arbeitnehmer im Restbetrieb weiterbeschäftigt werden können. In einem solchen Fall kommt es dann aber im Regelfall auch nicht zu Entlassungen, so daß sich die Frage nach der Abfindung nicht stellt. Sollte dies doch der Fall sein, läge in der Tat eine neue Planungsentscheidung vor. Siehe unter cc). So wird auch, ohne diese Fragestellung zu problematisieren, vertreten, daß ein gekündigter Arbeitnehmer, der von einem widersprechenden Arbeitnehmer in der Sozialauswahl verdrängt wurde, einen Anspruch auf Sozialplanleistungen hat (Bauer, DB 1994, 217 [220]; Jaeger, BB 1988, 1036 [1040]). 245

246

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ lll BetrVG

In der absolut überwiegenden Anzahl der Fälle sind aber die Kündigungen im Anschluß an Widersprüche gegen den Betriebsübergang Bestandteil der Gesamtplanung des Unternehmers. Die widersprechenden Arbeitnehmern werden bezüglich der Zahlengrenzen des § 17 KSchG zu den sonstigen entlassenen Arbeitnehmern hinzugerechnet Eine andere Frage ist allerdings, ob und wenn ja, wann widersprechende Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausgeschlossen werden können. Diese Frage wird unten im 5. Kapitel unter II. behandelt. c) Ergebnis

Eine Einschränkung des Betriebs gemäß § 111 S. 2 Nr. I BetrVG durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen ist beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe nicht gegeben. Eine Einschränkung durch Personalabbau ist in beiden Fällen dann gegeben, wenn eine den Zahlenangaben des § 17 KSchG entsprechenden Anzahl, bei Großbetrieben aber mindestens 5%, der Gesamtbelegschaft, entlassen werden. Als Entlassung gilt neben der betriebsbedingten Kündigung und einem von dem Arbeitgeber veranlaSten Aufhebungsvertrag auch eine vom Arbeitgeber veranlaSte Eigenkündigung und eine Versetzung in einen anderen Betrieb des Unternehmens. Unerheblich ist, in welchen Bereichen innerhalb des Betriebs die betroffenen Arbeitnehmer tätig sind. Auch eine Einschränkung der Leistungsfcihigkeit ist nicht erforderlich. Geschieht die Personalreduzierung in mehreren Schritten, werden die betroffenen Arbeitnehmer im Hinblick auf die erforderlichen Zahlengrenzen dann zusammengerechnet, wenn es sich um eine Betriebsänderung aufgrund einer einheitlichen Planungsentscheidung handelt. Hinzugerechnet werden in aller Regel auch die Arbeitnehmer, die entlassen werden, weil sie oder andere Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen haben. Auch allein in der Entlassung einer den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechenden Anzahl widersprechender Arbeitnehmer liegt eine Einschränkung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG. Für die Aufstellung des Sozialplans sind die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG relevant, wenn nicht außer einer Betriebseinschränkung durch Personalreduzierung eine andere Betriebsänderung gegeben ist. d) Einschränkung von wesentlichen Betriebsteilen

aa) Betriebsteil im Sinne des§ 111 BetrVG

Betriebsteil im Sinne des § 111 BetrVG kann jedes einigermaßen abgrenzbare Stück des Betriebes sein247 . Hierbei muß es sich nicht um eine Betriebsabteilung

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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im Rechtssinne (§ 15 Abs. 5 KSchG) handeln, und auch die Voraussetzungen des § 4 BetrVG müssen nicht erfüllt sein248 • Nach Fabriciui49 bilden daneben sowohl die Betriebsmittel in ihrer Zusammenfassung, aber auch als einzelne Gegenstände, als auch die Belegschaft, aber auch einzelne Personen, einen eigenständigen Betriebsteil im Sinne des § 111 BetrVG. Außer von Fabricius wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten, daß die Betriebsmittel oder das Personal als solches jeweils einen eigenständigen Betriebsteil im Sinne der Vorschrift darstellen können. Vielmehr wird unter einem Betriebsteil ein einzelner Bereich des Betriebs verstanden, der wiederum über Personal und Betriebsmittel bzw. nur über Personal verfügt. So ordnet auch das BAG250 eine Reinigungsabteilung deshalb als Betriebsteil innerhalb der Gesamtorganisation des Betriebs ein, weil diese mit der Reinigung der Betriebsräume einen eigenen arbeitstechnischen Zweck habe und die zu diesem Zweck beschäftigten Arbeitnehmer unter einer einheitlichen Leitung organisatorisch zusarnmengefaßt seien. Eine eigenständige organisatorische Leitung ist allerdings nicht Voraussetzung für einen Betriebsteil, weil diese für die Abgrenzbarkeil vom Restbetrieb nicht Voraussetzung ist. Die sonstigen Merkmale des Betriebsbegriffs werden aber für die Definition des Betriebsteils herangezogen. Die Arbeitnehmer sowie die Betriebsmittel stellen nur eine Komponente, einen "Bestandteil" des Betriebs, also auch des Betriebsteils, dar, können aber nicht für sich einen eigenständigen Betriebsteil bilden. Für diese Definition spricht einmal, daß der Gesetzgeber "Betrieb" und "wesentlicher Betriebsteil" in § 111 S. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG gleichbedeutend nebeneinander stellt. Daraus folgt, daß der Betriebsteil letztlich ähnliche Merkmale aufweisen muß wie der Betrieb. Für diese Sichtweise spricht auch, daß nur "wesentliche" Betriebsteile erfaßt werden, die in ihrer Bedeutung mit dem Betrieb als Ganzes vergleichbar sind. Ebenso ist nach der Ansicht Fabricius' in dem Fall, in dem die Arbeitnehmer als Betriebsteil aufgefaßt werden, eine Stillegung eines Betriebsteils nicht möglich, da es eine "Stillegung" der Arbeitnehmer begrifflich nicht gibt. Auch mit einer Verlegung dürfte ein Ortswechsel einer betrieblichen Einheit, nicht aber der Arbeitnehmer gemeint sein. Auch dies spricht deutlich dafür, daß der Gesetzgeber nicht von der Definition Fabricius' ausgegangen ist. Demnach sind die Betriebsmittel und die Arbeitnehmer als solches nicht als Betriebsteil im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG anzusehen. Vielmehr ist sowohl ein Betrieb als auch ein Betriebsteil eine Zusammenfassung von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern zur Verfolgung eines arbeitstechnischen Zwecks. Der Betrieb muß dabei über einen einheitlichen Leitungsapparat verfügen, wobei ein eigener Lei-

249

DKK/ Däubler, § 111 Rn. 45. Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 111 Rn. 65. GK-Fabricius, § 111 Rn. 163 f.

250

BAG 06. 12. 1988, APNr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2.

247 248

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

tungsapparat für einen Betriebsteil nicht Voraussetzung ist. In Dienstleistungsbetrieben, in denen die Betriebsmittel nur eine untergeordnete Rolle spielen, reicht eine Zusammenfassung von Arbeitnehmern für einen Betrieb oder einen Betriebsteil aus. Die Arbeitnehmer als Ganzes bilden den Betrieb. Ein Betriebsteil im Sinne des § lll BetrVG ist ein Teil der Arbeitnehmer, der in einem einigermaßen abgrenzbaren Teilbereich einen eigenständigen arbeitstechnischen Zweck verfolgt. In einem Reinigungsunternehmen, in dem die Betriebsmittel nur eine untergeordnete Rolle spielen, bilden alle mit der Reinigung beschäftigten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit den Betrieb251 . Sie verfolgen den Zweck der Reinigung von Gebäuden. Die Arbeitnehmer als Ganzes bilden hier nicht nur einen BetriebsteiL Einen solchen stellt zum Beispiel der Bereich des Betriebes dar, der sich nur mit der Reinigung eines bestimmten Gebäudes beschäftigt und somit einen Teilzweck verfolgt. Bei den vom Outsourcing betroffenen Bereichen handelt es sich um solche, die vom Rest des Betriebes abgrenzbar sind und einen eigenen Teilzweck erfüllen. Es wird ein Teil- oder Vorprodukt hergestellt oder eine Hilfsfunktion erfüllt. Ein Betriebsteil, der von einer Outsourcing-Maßnahme betroffen ist, muß schon deshalb abgrenzbar sein, um einzeln ausgelagert werden zu können. Beim Outsourcing ist also stets ein Betrieb oder ein Betriebsteil Gegenstand der Auslagerung. Auch bei den von der Auftragsneuvergabe betroffenen Bereichen handelt es sich um Betriebsteile im Sinne des § 111 BetrVG, wenn nicht ein eigenständiger Betrieb gegeben ist252 . bb) Der Begriff" wesentlich" Zur Qualifizierung eines Betriebsteils als wesentlich werden von der Rechtsprechung alternativ zwei Gesichtspunkte herangezogen. Zum einen wird eine qualitative Abgrenzung erwogen, nach der dem Betriebsteil eine wesentliche Bedeutung innerhalb der Gesamtorganisation des Betriebs zukommen muß253 oder der Teil eine wesentliche Bedeutung für die Erreichung des arbeitstechnischen Gesamtzwecks innehaben muß254. Die Rechtsprechung hat jedoch unter diesem Gesichtspunkt bislang - soweit ersichtlich - noch keinen Betriebsteil als wesentlich qualifiziert255 . So wurden die Reinigungsabteilung eines Druckereibetriebs256 nicht als wesentlich eingestuft, 251 Siehe dazu, welche Einheit in den Fällen der Auftragsneuvergabe den Betrieb darstellt oben unter II. 1. c). 252 Siehe dazu, wann dies der Fall sein kann oben unter II. 1. c) 253 BAG 06. 06. 1978, AP Nr. 2 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 2 R. 254 BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 3. 255 Vgl. DKK/ Däubler, § 111 Rn. 44. 256 BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 3.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

137

und auch die Herstellung eines notwendigen Vorprodukts mache einen Betriebsteil nicht zu einem wesentlichen257 . In der Praxis wird vorwiegend der zweite Gesichtspunkt, eine quantitative Betrachtungsweise, zur Bestimmung des wesentlichen Betriebsteils herangezogen. Danach ist das Kriterium dann erlüllt, wenn in dem betreffenden Teil des Betriebs ein erheblicher Teil der Belegschaft tätig ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Anzahl der Arbeitnehmer die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG erlüllt und dort mindestens fünf Prozent der Gesamtbelegschaft beschäftigt sind258 . Für einen Teil der Literatur259 kommt es für die Wesentlichkeit nur darauf an, ob der Betriebsteil von erheblicher Bedeutung für den wirtschaftlichen, produktionstechnischen und funktionellen Status des Betriebs ist. Nach Stege /Weinspach260 muß diese erhebliche Bedeutung gegeben sein und die Anzahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb muß die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreichen. Andere261 verstehen den Begriff der Wesentlichkeit - wie die Rechtsprechung - sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht, so daß in dem Betriebsteil entweder genügend Arbeitnehmer tätig sein müssen oder er von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein muß. Wieder andere262 sehen einen Betriebsteil dann als wesentlich an, wenn die Möglichkeit besteht, daß sich eine Einschränkung oder Stillegung nachteilig auf einen erheblichen Teil der Belegschaft auswirkt, wobei § 17 KSchG als Richtschnur für die Erheblichkeit des Teils der Arbeitnehmer herangezogen wird. Im Unterschied zu der quantitativen Betrachtungsweise der Rechtsprechung geht es hier darum, daß insgesamt im Betrieb diese Anzahl von Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung nachteilig betroffen werden könnte. Nach der Rechtsprechung kommt es darauf an, daß die Arbeitnehmer in dem Betriebsteil, auf den sich eine Betriebsänderung bezieht, die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreichen. An der Frage, ob eine Einschränkung oder Stillegung wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft mit sich bringt, ist die Wesentlichkeit nicht festzumachen. Die Voraussetzung der wesentlichen Nachteile des § 111 S. 1 2. HS BetrVG ist in den Tatbeständen des Satzes 2 nicht gesondert zu prüfen263 . Vielmehr ist zunächst eine anderweitige Definition zu versuchen, beBAG 07. 08. 1990, NZA 1991 , 113 (115). BAG 06. 06. 1978, AP Nr. 2 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2 R; BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2; BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (114). 259 Hunold, BB 1984,2275 (2277); Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 61. 260 §§ 111-113 Rn. 31 f. 261 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 65 f.; DKK/Däubler; § 111 Rn. 44 f.; Etzel, Rn. 970; auch Rumpff/Boewer; H. Rn. 97, die bei der quantitativen Bewertung allerdings nicht auf die Zahlen des § 17 KSchG, sondern auf die des § 112 a Abs. I S. I BetrVG abstellen. 262 GK-Fabricius, § 111 Rn. 168; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 53; Richardi, § 111 Rn. 78; Weiss/Weyand, § 111 Rn. 10. 263 Siehe oben unter III. 1. 257

258

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

vor hilfsweise auf § 111 S. 1 abgestellt wird. Führt dies zu einem eindeutigen Ergebnis, so braucht die Möglichkeit der Nachteile nicht mehr geprüft zu werden. Nur wenn sich nicht zweifelsfrei klären läßt, ob der jeweilige Tatbestand gegeben ist, ist die Frage nach den Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu stellen264. Wie dargestellt265 ist es für den Unternehmer häufig nur schwer absehbar ist, zu welchen Nachteilen die Maßnahme und ob ein den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechender Teil von Arbeitnehmern betroffen sein kann. Ob die Nachteile wirklich gegeben sind, ist erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen. Die Betriebsänderung führt zunächst nur zu Verhandlungen über einen lnteressenausgleich. Diesen zu verhindern, weil die Zahlengrenzen wohl nicht erreicht werden, obwohl es sich um eine relativ bedeutende Änderung handelt, erscheint nicht sachgerecht. Auch kann es sein, daß der Arbeitgeber sich bei Planung der Maßnahme über die Auswirkungen täuscht, er fälschlich nicht davon ausgeht, daß eine ausreichend große Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist und die Maßnahme durchführt. Sind die entsprechenden Nachteile gegeben, sieht er sich dem Nachteilsausgleichsanspruch des § 113 Abs. 3 BetrVG ausgesetzt. Auch für den Arbeitgeber ist es mithin günstiger, wenn eine Betriebsänderung nicht von dem unsicheren Merkmal des möglichen Eintritts von Nachteilen abhängt. Die Auswirkungen einer Maßnahme sind nicht in die tatbestandliehen Voraussetzungen derselben hineinzuinterpretieren, sondern vielmehr unabhängig davon zu bestimmen266. Darüber hinaus stellt der Gesetzgeber die Begriffe "Betrieb" und "Betriebsteil" gleichbedeutend nebeneinander. Ein Betrieb ist auch nicht dann gegeben, wenn eine Einschränkung Nachteile für viele Arbeitnehmer nach sich ziehen kann. Die Wesentlichkeit eines Betriebsteils ist nicht über die Folgen dessen Einschränkung zu definieren, sondern über dessen Quantität oder Qualität und die dadurch gegebene Vergleichbarkeit zum ganzen Betrieb. Nur an der wirtschaftlichen Bedeutung die Wesentlichkeit zu messen, bringt vor allem Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich. Die Definition der wirtschaftlichen Bedeutung ist zu unscharf, um allein hierauf die Anwendung des § 111 BetrVG zu stützen. Ebenso kann auch die Schließung eines für den Status des Betriebs unbedeutenden Betriebsteils, wie z. B. der Kantine, das Erfordernis eines Ausgleichs der Nachteile für einen größeren Teil der Arbeitnehmer mit sich bringen. Auch ein solcher Betriebsteil kann unter die Definition eines Betriebsteils fallen. Sind dort viele Arbeitnehmer beschäftigt, wäre ein Ausschluß aus § 111 BetrVG nicht sachgerecht. Aus diesem Grund ist auch die Ansicht abzulehnen, die die Merkmale "wirtschaftliche Bedeutung" und "Quantität der Arbeitnehmerschaft" kumulativ fordert.

265

BAG 26. 10. 1982, SAE 1984,269 (274). Siehe oben unter III. 1.

266

Hunold, BB 1984, 2275 (2279).

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VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Zu beachten ist auch der Fall, daß wenige Arbeitnehmer in einem Betriebsteil tätig sind, aber Arbeitnehmer von anderen Abteilungen nachteilig betroffen sein können. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn Auswirkungen auf viele Arbeitnehmer gegeben sind, die nur zum Teil in diesem Betriebsteil tätig sind, oder mittelbar von der Betriebsänderung betroffen sind267 . Stellt man streng auf das Erreichen der Zahlengrenzen in dem Betriebsteil ab, wäre eine Betriebsänderung ausgeschlossen, obwohl erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des Betriebs entstehen. Dieser Fallläßt sich über eine Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Bedeutung eines Betriebsteils einbeziehen. Nach der Rechtsprechung kann ein Betriebsteil unter anderem dann wesentlich sein, wenn ihm eine wesentliche Bedeutung innerhalb der Gesamtorganisation des Betriebs zukommt268 . Einem Betriebsteil kommt diese Bedeutung auch dann zu, wenn er mit der Gesamtorganisation des Betriebs derart verflochten ist, daß viele Arbeitnehmer von ihm abhängig sind. Das kann der Fall sein, wenn die Arbeitnehmer teilweise dort tätig sind oder sie mittelbar betroffen sind, indem sie etwa in der Verwaltungsabteilung in bezug auf den Betriebsteil tätig sind oder sie in einer Abteilung tätig sind, die dem ausgelagerten Betriebsteil zuarbeitet. Dies widerspricht nicht der Ablehnung der Auffassung, die Wesentlichkeil von den Nachteilen abhängig zu machen, da es hier nicht auf die Nachteile ankommt, sondern die Verflechtung des Betriebsteils in der Gesamtorganisation entscheidend ist. Die Ansicht der Rechtsprechung und eines Teils der Literatur ist zu bevorzugen, nach der die Wesentlichkeil gegeben ist, wenn die Anzahl der Arbeitnehmer in dem Betriebsteil entweder die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht oder es sich um einen Betriebsteil von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung handelt. Diese Definition bietet eine sichere Handhabe und vermeidet ungerechte Ergebnisse.

cc) Die Zuordnung der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Zahlengrenzen des § 17 KSchG Auch im Hinblick auf die Frage, ob in einem Betriebsteil die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht werden, kann sich die Frage stellen, welche Arbeitnehmer diesem Betriebsteil angehören. Bei Arbeitnehmern auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen269, die in mehreren Betriebsteilen tätig sind, ist hier- ebenso wie bei einer Zuordnung nach § 613 a BGB- entscheidend, in welchem Betriebsteil sie überwiegend tätig sind. Anders als bei § 613 a BGB, bei dem ein hier nicht hilfreiches Wahlrecht angenommen wird270, sind die Arbeitnehmer, die sich danach nicht zu267 Zu den Arbeitnehmern, die nicht eindeutig einem Betrieb oder Betriebsteil angehören, vgl. oben zu§ 613 a BGB 2. Kapitel unter V. 3. 268 BAG 06. 12. 1988, AP Nr. 26 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 3. 269 Siehe zu diesem Begriff oben zu § 613 a BGB 2. Kapitel unter V. 3.; zur Zuordnung dieser Arbeitnehmer bei § 613 a BGB dort unter 3. a). 270 Siehe dazu oben 2. Kapitel unter V. 3. a) cc) (2).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

ordnen lassen, zu dem betroffenen Betriebsteil zu zählen. Dies beruht darauf, daß die §§ 111 ff. BetrVG letztlich zum Ziel haben, Nachteile der Arbeitnehmer zu verhindem bzw. auszugleichen. Ein Arbeitnehmer, der zeitweise in die Organisation des Betriebsteils eingegliedert ist, auf den sich eine Betriebsänderung bezieht, ist von der Betriebsänderung betroffen. Zwar kommt es für die Frage einer Betriebsänderung nicht auf die Nachteile, die dieselbe mit sich bringen kann, an, die nicht zuordenbaren Arbeitnehmer können aber entweder zu dem Betriebsteil gezählt werden oder nicht. Werden sie dazu gezählt, ist es möglich, daß aus diesem Grund die Zahlengrenzen des § 17 KSchG mit der Folge von Interessenausgleich und Sozialplan bejaht werden. Dies ist angebracht, weil die Maßnahme in jedem Fall Auswirkungen auf die nicht zuordenbaren Arbeitnehmer haben kann. Diese Vorgehensweise ist auch aus dem Grund vorzuziehen, daß keine gesetzlichen Vorgaben gegeben sind, die zu beachten sind, und ein objektives Überwiegen nicht festgestellt werden kann. Die Zuordnung muß sich dann an Sinn und Zweck der Norm ausrichten. Dies wird durch eine Zuordnung zu dem betreffenden Betriebsteil erreicht. Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer271 , deren Tatigkeit sich zwar auf den betroffenen Betriebsteil bezieht, die aber nicht in dessen Organisation einbezogen sind, können auch hier- wie bei § 613 a BGB -nicht dem Betriebsteil zugeordnet werden. Denn unter Betrieb im Sinne des§ 111 BetrVG wird die organisatorische Einheit, innerhalb der ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, verstanden272. Auch bei einem Betriebsteil kommt es demnach auf eine organisatorische Einheit an. Als Arbeitnehmer desselben können nur die Arbeitnehmer angesehen werden, die - zumindest zeitweise in die Organisation eingebunden sind. Mittelbar können diese Arbeitnehmer aber, wie dargelegt273 , wegen einer Verflechtung ihres Bereichs mit dem betreffenden Betriebsteil bei der Frage nach der Wesentlichkeit dieses Betriebsteils eine Rolle spielen. Bei dem Ausgleich der Nachteile durch Interessenausgleich und Sozialplan sind diese Arbeitnehmer ohnehin einzubeziehen. dd) Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe

Bei einer Einschränkung durch reinen Personalabbau müssen stets die Zahlengrenzen des § 17 KSchG schon durch die Anzahl der entlassenen Arbeitnehmer erreicht werden. Ein Personalabbau in dieser Größenordnung stellt immer eine Einschränkung des ganzen Betriebs dar. Würde ein Personalabbau geringeren Um271 Siehe zu diesem Begriff oben zu § 613 a BGB 2. Kapitel unter V. 3.; zur Zuordnung dieser Arbeitnehmer bei§ 613 a BGB dort unter 3. b). 272 Siehe oben unter II. 1. a). 273 Siehe oben unter bb).

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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fangs die Einschränkung eines Betriebsteils darstellen können, wären letztlich quantitativ deutlich unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Tatbestände des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG zu stellen. Der Gesetzgeber hat jedoch schon durch die Anforderung, daß ein wesentlicher Betriebsteil gegeben sein muß, deutlich gemacht, daß die Anforderungen an die einzelnen Betriebsänderungen zumindest nahezu gleich sein müssen. Es würde der Systematik des § 111 BetrVG zuwider laufen, in bezug auf die gleiche Änderung deutlich unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Tatbestände des § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG zu stellen. Der reine Personalabbau fallt daher stets schon unter die Einschränkung des ganzen Betriebs. Eine Einschränkung eines Betriebsteils durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen kann dann gegeben sein, wenn dadurch die Quantität des in dem Betriebsteil hergestellten Produkts oder der weiterver- bzw. weiterbearbeiteten Stücke abnimmt. Beim Outsourcing werden jedoch die betreffenden Betriebsteile insgesamt ausgelagert, so daß durch diesen Prozeß eine Einschränkung eines Betriebsteils nicht gegeben ist. Bei der Auftragsneuvergabe bezieht sich die Maßnahme ebenso auf den ganzen BetriebsteiL Eine Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils ist daher bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe nicht gegeben.

2. Nr. 1: Stillegong des Betriebs oder eines wesentlichen Betriebsteils a) Definition der Stillegung

Bei einer Stillegung handelt es sich um die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufgrund eines ernstlichen und endgültigen Entschlusses des Unternehmers, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben 274. Der ar274 BAG 16. 06. 1987, AP Nr. 20 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2 R; 19. 06. 1991, DB 1991, 2442; 09. 02. 1994, DB 1994, 1731; BAG 27. 09. 1984, AP Nr. 39 zu§ 613 a BGB, BI. 4 R; Richardi, § 111 Rn. 50; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 61; Galperin/Löwisch, § 106 Rn. 54; Hess!Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 51; DKK/Däubler, § 111 Rn. 35; Hueck, KSchG, § .15 Rn. 67; aA GK-Fabricius, § 111 Rn. 147; Ziegler, Betriebsänderung, S. 110 ff., nach denen es nicht notwendig sei, daß die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufgelöst wird, sondern die Aufhebung der Zweckbestimmung ausreiche. Da die Aufhebung des Betriebszwecks regelmäßig mit einer Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft einhergeht, unterscheiden sich die Ansichten diesbezüglich praktisch kaum. Weiterhin komme es dieser Ansicht nach nicht darauf an, daß der Betriebszweck dauernd oder für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufgelöst werde, sondern es reiche schon ein vorübergehender, nicht unerheblicher Zeitraum aus. Das Outsourcing bezieht sich aber stets mindestens auf einen wirtschaftlich erheblichen Zeitraum,

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

beitstechnische Zweck des Betriebs sind diejenigen Güter oder Dienstleistungen, mit denen Gewinne erzielt oder Bedürfnisse befriedigt werden sollen275 • Eine Stilllegung liegt also dann vor, wenn die Produktion eingestellt oder eine Dienstleistung nicht mehr erbracht wird und die dem Betriebszweck dienende Organisation aufgelöst wird. Der Wille, den Betrieb oder Betriebsteil stillzulegen, kommt nach außen dadurch zum Ausdruck, daß der Unternehmer Maßnahmen ergreift, durch die die betriebliche Organisation aufgelöst wird. Die nach außen erkennbaren Maßnahmen zur Auflösung dieser Organisation bestehen in der Versetzung oder Kündigung der betroffenen Arbeitnehmer276 • Die Stillegung eines Betriebsteils ist gegeben, wenn der Zweck des Betriebsteils aufgegeben wird. Der arbeitstechnische Zweck eines Betriebsteils sind die Güter, die dieser Teil des Betriebs herstellt bzw. der Verarbeitungsprozeß, der an dieser Stelle des Betriebs vorgenommen wird oder die Dienstleistung, die dieser Teil des Betriebs erbringt. Die Stillegung eines Betriebsteils liegt vor, wenn die Produktion in diesem Teil des Betriebs aufgegeben wird oder dieser Teil die vorher erbrachte Dienstleistung nicht mehr erbringt und die Organisation aufgelöst wird. Wesentlich ist der Betriebsteil wiederum dann, wenn er von wirtschaftlicher Bedeutung für den Gesamtbetrieb ist oder wenn die Anzahl der in ihm tätigen Arbeitnehmer die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht. Auffällig ist, daß bei einer quantitativen Bestimmung eines Betriebsteils als wesentlich eine Stillegung eines Betriebsteils mit der Folge der Entlassung der dort tätigen Arbeitnehmer immer auch eine Einschränkung des Betriebs darstellt. Bei der Einschränkung durch reinen Personalabbau müssen aber für die Aufstellung eines Sozialplans die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG erfüllt sein. Auch wenn bei der Stillegung eines Betriebsteils der Stillegung von Betriebsmitteln unter Umständen keine wesentliche Bedeutung zukommt, weil es sich um einen Bereich handelt, in dem es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, liegt neben dem Personalabbau die Aufgabe des Zwecks dieses Betriebsteils vor. Dies stellt die eigentliche Betriebsänderung dar, deren Folge die Entlassungen sind. Die Stillegung eines Betriebsteils ist demnach kein reiner Personalabbau im Sinne des§ 112 a Abs. I BetrVG, so daß die dortigen Zahlen für die Aufstellung eines Sozialplans nicht erreicht werden müssen277 • Kommt man und der Verlust eines Auftrags ist stets endgültig, so daß dieser Unterschied der beiden Ansichten hier nicht relevant ist. 275 BAG 17. 12. 1985, NZA 1986, 804; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 75. 276 Richardi, § 111 Rn. 54; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 111 Rn. 61; Hess I SchlochaueriGlaubitz, § 111 Rn. 53. 277 Schon dieser Unterschied ist bedeutend, so daß es keineswegs zwingend ist, wegen dieser Überschneidungen den Begriff der Wesentlichkeil anders zu bestimmen; so aber MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 47 ff., nach dem ein weiteres Argument für die Notwendigkeit der anderen Bestimmung der Wesentlichkeil ist, daß keine Einschränkung eines Betriebsteils durch reinen Personalabbau möglich ist. Dies ist jedoch ebenso hinzunehmen, da eine Ein-

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dazu, daß die wirtschaftliche Bedeutung eines Betriebsteils zu dessen Wesentlichkeil führt, so ist nicht zwangsläufig eine Einschränkung wegen Personalabbaus gegeben, da die Zahlengrenzen des § 17 KSchG nicht erreicht sein müssen. Ebenso bleibt ein Anwendungsbereich für den Tatbestand der Stillegong eines wesentlichen Betriebsteils, wenn die Arbeitnehmer nicht entlassen oder in andere Betriebe des Unternehmens versetzt werden, sondern in anderen Betriebsteilen desselben Betriebs weiterbeschäftigt werden278 . In diesem Fallliegt eine Betriebseinschränkung durch reinen Personalabbau nicht vor. b) Verhältnis der Stillegong zum Betriebsübergang

Der Betriebsübergang als solcher ist keine Stillegung279. Bei einem Betriebsübergang bleibt die Identität des Betriebs gewahrt und es findet lediglich ein Betriebsinhaberwechsel statt. Der ursprüngliche Betriebszweck wird mit demselben Betrieb durch den Erwerber weiterverfolgt, so daß die für eine Stillegong maßgebliche Voraussetzung der Aufgabe des Betriebszwecks nicht gegeben ist280. Auch setzt sich die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen den Arbeitnehmern und dem neuen Arbeitgeber fort und wird nicht aufgelöst. Beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe wird die Funktion eines Betriebs oder Betriebsteils fortan von einem anderen Unternehmer wahrgenommen. Plant der Unternehmer keinen Betriebsübergang, muß er den Arbeitnehmern kündigen oder sie versetzen, weil er selbst den Betrieb oder Betriebsteil nicht aufrechterhält. Der Unternehmer plant also hier entweder eine Stillegong oder einen Betriebsübergang281. Fraglich ist, ob beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe in den Fällen eines Betriebsübergangs stets eine Stillegong gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG ausscheidet und ob dann, wenn kein Betriebsübergang gegeben ist, immer eine Stilllegung vorliegt. schränkung eines Betriebsteils durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen möglich bleibt. 278 Auch dieser Anwendungsbereich ist so bedeutend, daß einige Überschneidungen hinzunehmen sind (vgl. auch Fn. 277). 279 Siehe oben 2. Kapitel unter V. 2. a); aus der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur DKK/ Däubler; § 111 Rn. 35; Richardi, § 111 Rn. 62; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 55 aA Kittner; Anm. zu BAG 17. 02. 1981, AP Nr. 9 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 3 R. 280 Anders Kittner; Anm. zu BAG 17. 02. 1981, AP Nr. 9 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 3 R, der in der Verpachtung des Betriebes durch die Besitzgesellschaft an die Produktionsgesellschaft eine Stillegung des Betriebs im Sinne des§ 111 S. 2 Nr. I BetrVG sieht und dies damit begründet, daߧ 613 a BGB das Vorliegen des§ 111 BetrVG nicht ausschalte. Kittner verkennt jedoch, daß sich Übergang und Stillegung nicht wegen dieser Vorschriften ausschließen, sondern weil die Voraussetzungen der Stillegung durch die Weiterverfolgung des Betriebszwecks nicht gegeben sind. 281 Siehe oben 2. Kapitel unter V. 2. a).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

Das BAG282 führt in einer Entscheidung zur Verlegung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 2 BetrVG aus, daß eine Verlegung und keine Stillegung dann gegeben ist, wenn die Betriebsgrundlagen oder Teile davon funktionsfähig in die neuen Geschäftsräume überführt werden und eine solche Anzahl von Arbeitnehmern übergeht, die die Identität der Betriebsgemeinschaft wahren. Bei einer Verlegung ist die Wahrung der Identität erforderlich283 , so daß die Ausführungen zur Identitätswahrung bei der Verlegung auch hier heranzuziehen sind. Für die Wahrung der Identität ist also der Verbleib zumindest eines Teils der Arbeitnehmer zwingend erforderlich. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit im Sinne des§ 613 a BGB kann dagegen auch gegeben sein, wenn nur die Betriebsmittel, nicht aber die Arbeitnehmer übernommen werden. Würde es dabei bleiben, wäre trotz des Betriebsübergangs die Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern aufgelöst. Folge der Auslösung des § 613 a BGB ist es aber, daß die Arbeitnehmer übergehen und die Produktionsgemeinschaft demnach auch in diesem Sinne erhalten bleibt. Anders ist es nur, wenn ein Teil der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widerspricht. Fraglich ist in diesem Fall, wieviele Arbeitnehmer in dem übergehenden Betrieb verbleiben müssen, damit dieser seine Identität im Sinne des § 111 BetrVG wahrt und eine Stillegung ausscheidet. Auf einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals kann hier nicht abgestellt werden, da sich die Wahrung der Identität nicht allein nach der Übernahme des Personals richtet. Die für die Identitätswahrung erforderliche Anzahl der Arbeitnehmer hängt davon ab, um was für eine Branche es sich handelt. Es kommt beispielsweise darauf, ob in dem betreffenden Betrieb oder Betriebsteil ein hohes Maß an Fluktuation bestehr284. In diesem Fall dürfte es ausreichen, wenn ein relativ kleiner Teil der Belegschaft (etwa ein Drittel) bei dem neuen Unternehmer weiterbeschäftigt wird285 . Allerdings ist entscheidend, in welchem Maße die Betriebsmittel und in welchem Maße die Arbeitnehmer dem Betrieb bzw. Betriebsteil das Gepräge geben. Handelt es sich um eine Branche, in der zwar die Betriebsmittel von Bedeutung sind, aber spezielles Know-how der Arbeitnehmer erforderlich ist, wie z. B. eine spezielle EDV-Abteilung, so ist die Weiterbeschäftigung eines größeren Teils der Arbeitnehmer erforderlich als bei der Bedienung von gängigen Maschinen. In letzterem Fall bleibt die Identität auf jeden Fall erhalten, wenn über 50 % der Arbeitnehmer weiterhin in dem Betrieb arbeiten286. In dem Fall der EDV-Abteilung dürfte es aber erforderlich sein, daß mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer übergehen. 282

BAG 12. 02. 1987, AP Nr. 67 zu§ 613 a BGB, BI. 3 R.

Siehe unten unter 3. a). DKK/ Däubler; § 111 Rn. 66 zur Verlegung, für die die Wahrung der Identität erforderlich ist. Däubler führt dort auch aus, daß in dem Fall, in dem die Verlegung nicht gegeben ist, eine Stillegung vorliegt, so daß die Argumentation voll auf den hier gegeben Fall übertragen werden kann. 285 DKK/ Däubler; § 111 Rn. 66. 286 DKK/ Däubler; § 111 Rn. 66, der diese Anzahl pauschal ausreichen läßt. 283

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VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Dieses Problem stellt sich dann nicht, wenn es sich um einen Betrieb oder Betriebsteil handelt, in dem es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Denn in diesem Fallliegen keine Betriebsmittel vor, die dem Betrieb oder Betriebsteil in entscheidendem Maße das Gepräge geben und es kommt nur auf die Arbeitnehmer an. Geht ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil der Belegschaft auf den Erwerber über, ist ein Betriebsübergang gegeben. Ist dies nicht der Fall, liegt eine Stillegung vor. Eine Stillegung ist dabei auch gegeben, wenn ein Betriebsübergang geplant ist, aber eine solche Anzahl von Arbeitnehmern widerspricht, daß die wirtschaftliche Einheit nicht ihre Identität wahrt und ein Betriebsübergang ausscheidet. Wird den Arbeitnehmern - wie im Regelfall - anschließend betriebsbedingt gekündigt, liegt dann, wenn es sich um einen ganzen Betrieb oder um einen wesentlichen Betriebsteil handelt, eine Stillegung vor287 • Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Reinigung des Betriebs fremdvergeben wird, ein Betriebsübergang durch Übernahme der gesamten Belegschaft geplant ist, die Arbeitnehmer diesem aber widersprechen und entlassen werden. Bei einem Betriebsübergang wäre keine Stillegung gegeben. Durch die Entlassungen verliert die wirtschaftliche Einheit, die sich über die Arbeitnehmer identifiziert hat288, ihre Identität und es liegt eine Stillegung vor289. Eine Stillegung liegt also immer dann vor, wenn die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgelöst wird. Ein Betriebsübergang kommt nur dann in Betracht, wenn diese Gemeinschaft erhalten bleibt. Diese Abgrenzung ist in bezug auf das Outsourcing dann unproblematisch, wenn der Arbeitgeber entweder allen Arbeitnehmern gekündigt hat oder alle Arbeitnehmer nebst Betriebsmittel auf den neuen Unternehmer übergehen. Problematisch wird diese Abgrenzung jedoch dann, wenn dies nur teilweise geschieht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn ein Teil der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widerspricht. In diesem Fall sind die genannten Grundsätze für die Frage der Wahrung der Identität heranzuziehen. Bleibt danach die Identität nicht erhalten, ist eine Stillegung gegeben. Der Zweck des Betriebs oder Betriebsteils ist durch das Outsourcing in jedem Fall weggefallen. In diesem Betrieb oder Betriebsteil können die Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigt werden. Für die Stillegung ist es unerheblich, ob den Arbeitnehmern gekündigt wird, oder ob diese versetzt werden. Entscheidend ist, daß die betriebliche Organisation aufgelöst und der Zweck dieses Betriebs oder Betriebsteils nicht weiterverfolgt wird. In § 111 BetrVG kommt es darauf an, ob die dort genannten Maßnahmen vom Unternehmer geplant sind. Die Rechtsfolgen der §§ 111 ff. BetrVG werden nicht erst ausgelöst, wenn die Maßnahmen auch tatsächlich vorgenommen werden. 287

BAG 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (771).

Siehe dazu oben 2. Kapitel unter 111. 4. a). Zur Ansicht, die eine Betriebsänderung bei Widerspruch gegen den Übergang ablehnt siehe oben unter l. b) dd) (1); zur Auswirkung dieses Widerspruchs auf Leistungen aus dem Sozialplan siehe unten 5. Kapitel unter li. 288

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Demnach ist es möglich, daß eine Stillegung geplant ist, die die Rechtsfolgen der §§ 111 ff. BetrVG auslöst, anschließend aber dennoch ein Betriebsübergang stattfindet. Insbesondere bei der Auftragsneuvergabe kann dies vorkommen, weil der Unternehmer, der den Auftrag verliert, in keiner Beziehung zu seinem Nachfolger steht, keinen Betriebsübergang in Betracht ziehen muß und den Arbeitnehmern betriebsbedingt kündigen kann290• Entscheidend für die Frage, ob eine Stillegung geplant ist, ist der ernstliche und endgültige Entschluß des Unternehmers, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks aufzugeben. Dieser ist ebenso auch für die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund einer Stillegung gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG maßgebend. Eine geplante Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG und die Wirksamkeit der Kündigungen gehen also miteinander einher. Die Frage, wann der Unternehmer ernsthaft entschlossen ist, den Betrieb stillzulegen, wurde bereits oben291 im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Kündigungen für einen Wiedereinstellungsanspruch erörtert. Diese Ausführungen sind hier ebenso relevant. Im weiteren Gang der Darstellung ist für das Verhältnis der Stillegung zum Betriebsübergang danach zu unterscheiden, ob der Unternehmer ernsthaft entschlossen war, den Betrieb stillzulegen, oder nicht.

aa) Stillegungsabsicht des Unternehmers Hatte der Unternehmer den ernsthaften und endgültigen Entschluß, den Betrieb oder Betriebsteil, z. B. wegen des Verlusts des Auftrags, stillzulegen, so sind die aus diesem Grund ausgesprochenen Kündigungen wirksam292. Bei ausreichender Größenordnung liegt eine Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG vor, mit der Folge, daß ein Interessenausgleich vorzunehmen und- bei Vorliegen wirtschaftlicher Nachteile - auch ein Sozialplan aufzustellen ist. Wird im folgenden ein Betriebsübergang ausgelöst, indem z. B. ein ausreichender Teil der Belegschaft übernommen wird, so ändert dies nichts an der - geplanten - Stillegung. Der Anspruch des Betriebsrats auf Interessenausgleich und Sozialplan bleibt demnach bestehen. Sämtliche Arbeitnehmer des ursprünglichen Betriebs bzw. Betriebsteils haben daneben einen Anspruch gegen den früheren und/ oder neuen Unternehmer auf Wiedereinstellung bzw. auf Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses293 • Eine geplante Stillegung und ein Betriebsübergang stehen demnach völlig unabhängig nebeneinander. Zu beachten ist hier ein Urteil des BAG, das die Neuvergabe eines Bewachungsauftrages betraf294. Die Bundesrepublik Deutschland kündigte einen Bewachungs290 291 292 293

Siehe auch oben 2. Kapitel unter V. 2. a). 2. Kapitel unter V. 2. a). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 2. a). Genaueres oben 2. Kapitel unter V. 2. b) und c).

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auftrag für militärische Objekte und vergab ihn an ein anderes Unternehmen. Der Unternehmer kündigte allen dort beschäftigen Arbeitnehmern, von denen sich die meisten beim neuen Auftragnehmer bewarben und von ihm übernommen wurden. Der Betriebsrat verlangte einen Sozialplan wegen einer Betriebsstillegung. Der Unternehmer verweigerte ihn mit der Begründung, die Kündigungen seien unwirksam gewesen, weil in Wirklichkeit ein Betriebsübergang und keine Stillegung vorgelegen habe. Das BAG hat in diesem Fall nicht entschieden, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht295 • Es hat eine Stillegung jedoch auch unter der Annahme bejaht, daß ein Betriebsübergang gegeben ist. Die Arbeitgeberio könne sich entgegen ihrem eigenen vorherigen Tun - der Entlassung sämtlicher dort beschäftigten Arbeitnehmer- nicht auf die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 613 a BGB berufen, indem sie die Unwirksamkeit der Kündigungen einwendet. Das BAG beruft sich zur Begründung auf den auf § 242 BGB beruhenden Grundsatz des venire contra factum proprium, nach dem die Rechtsausübung dann unzulässig sein kann, wenn sie zu früherem Verhalten in Widerspruch steht296 • Dies sei dann der Fall, wenn sich jemand zu seinem Vorteil auf eine Rechtsvorschrift beruft, die er selbst mißachtet. Gegen diesen Grundsatz verstoße die Arbeitgeberin, wenn sie die Arbeitnehmer darauf verweise, sie hätten gegen die Kündigungen den Schutz des§ 613 a BGB in Anspruch nehmen müssen, anstatt auf die Wirksamkeit der Kündigungen und die Betriebsstillegung zu vertrauen und einen Sozialplan zu fordern. Die Arbeitgeberio habe durch die Stillegung und die darauf gegründeten Kündigungen gegenüber der Belegschaft die Rechtsposition vertreten, daß die Entlassungen zulässig waren, und müsse sich daran festhalten lassen. Sie habe die Befugnis für sich in Anspruch genommen, den Betrieb stillzulegen und damit einen sozialplanpflichtigen Tatbestand zu schaffen, so daß sie die Forderung nach einem Sozialplan nicht durch nachträgliche Berufung auf die Unwirksamkeit der Kündigungen und damit auf die Rechtswidrigkeit des eigenen Verhaltens abwenden könne. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Der Zuhilfenahme des Grundsatzes des venire contra factum proprium bedarf es allerdings in diesem Fall nicht. Für die §§ 111 ff. BetrVG kommt es lediglich auf die Planung einer Stillegung an. Diese lag vor, so daß die §§ 111 ff. BetrVG anzuwenden sind und der Anspruch des Betriebsrats auf Interessenausgleich und Sozialplan bestehen bleibt. Ob ein Betriebsübergang stattfindet, kann sich auf den Inhalt des Sozialplans auswirken, da die Abfindungen meist für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt werden297 . Dies ändert jedoch nichts an dem grundsätzlichen Anspruch auf den Abschluß des Sozialplans. Ebenso können Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wi294

BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 ff.

Nach der neueren Rechtsprechung liegt hier wegen der Übernahme des wesentlichen Teils der Belegschaft ein Betriebsübergang vor. 296 BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 (1921). 297 Siehe dazu unten 5. Kapitel unter II. am Anfang. 295

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

dersprechen, so daß für sie der Verlust des Arbeitsplatzes gegeben ist, wenn sie anschließend entlassen werden298 .

bb) Fehlende Stillegungsabsicht des Unternehmers Anders verhält es sich, wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht die Absicht hatte, den Betrieb endgültig stillzulegen. In diesem Fall liegt grundsätzlich keine Stillegung vor und die Kündigungen sind gemäß § I Abs. 2 S. I KSchG unwirksam299. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Unternehmer zum Kündigungszeitpunkt von einem Betriebsübergang ausging oder ein solcher bereits greifbare Formen angenommen hatte300. Unter Umständen liegt dann auch ein Verstoß gegen § 613 a Abs. 4 BOB vor. Probleme ergeben sich jedoch dann, wenn man die oben im Urteil zur Auftragsneuvergabe301 dargelegten Grundsätze auf diese Konstellation überträgt. Beruft sich im Fall der fehlenden Stillegungsabsicht der Arbeitnehmer nicht auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern verlangt der Betriebsrat einen Sozialplan, so könnte dieser konsequenterweise nicht aufgestellt werden, da - im Gegensatz zu dem oben dargestellten Fall - keine Stillegung gemäß § I11 S. 2 Nr. I BetrVG gegeben ist und demnach auch keine Sozialplanpflicht gemäߧ 112 Abs. 1 BetrVG besteht. Im Fall der Stillegungsabsicht ist der Sozialplan aufzustellen, obwohl ein Betriebsübergang gegeben ist. Hier müßte dies konsequenterweise anders sein, obwohl der Unternehmer widersprüchlich gehandelt und nach außen eine Stillegung ohne dahingehende Absicht vorgenommen hat. Das Problem liegt letztlich darin, daß die Arbeitnehmer zum einen des Schutzes des§ 613 a BOB bedürfen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren, andererseits aber weiterhin das Bedürfnis für die Aufstellung eines Sozialplans bestehen kann. Lehnt man im Fall der fehlenden Stillegungsabsicht eine Stillegung stets ab, so fehlt die Betriebsänderung als Voraussetzung für den Sozialplan, obwohl die Arbeitnehmer durch die Kündigungen zunächst mit einer Stillegung gerechnet haben und der Arbeitgeber sich zunächst so verhalten hat. Möglich ist auch, daß den Arbeitnehmern bereits eine Abfindung zugesprochen worden ist, sie sich eventuell bereits erfolgreich um einen neuen Arbeitsplatz bemüht haben und an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht mehr interessiert sind. Entscheidend ist bei diesen Konstellationen, daß die fehlende ernsthafte Stilllegungsabsieht erst zu einem späteren Zeitpunkt deutlich wird. Demnach haben die Arbeitnehmer zunächst auf die Stillegung vertraut, und nicht für jeden ist es vor298 Zur Frage, ob ein Anspruch auf eine Abfindung trotz eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses besteht, unten 5. Kapitel unter II. und unter III. 2. 299 BAG 27. 09. 1984, AP Nr. 39 zu§ 613 a BGB, BI. I R. 300 Siehe dazu auch oben 2. Kapitel unter V. 2. a). 301 BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 ff.; dazu oben unter aa).

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teilhaft, daß die Kündigungen unwirksam sind, aber auch keine Abfindung gezahlt wird. Hier hilft die auf dem Grundsatz des venire contra factum proprium basierende Lösung des BAG in der Entscheidung zur Fremdvergabe eines Bewachungsauftrags302. Wie dargestellt muß sich danach der Unternehmer an seinem nach außen zum Ausdruck gekommenen Verhalten festhalten lassen. Wenn er gegenüber den Arbeitnehmern die Position vertreten hat, die Kündigungen seien wirksam und er habe die ernsthafte und endgültige Absicht, den Betrieb stillzulegen, so kann er sich hinterher nicht auf eine fehlende Stillegung durch einen Betriebsübergang und unwirksame Kündigungen berufen. Dies gilt nach dem BAG dann, wenn die Kündigungen wirksam sind und eine Stillegung tatsächlich vorgelegen hat. Im vorliegenden Fall sind die Kündigungen dagegen unwirksam. Der Arbeitgeber hat sich aber so verhalten, als wären sie wirksam. Könnte der Arbeitgeber jetzt aus diesem Grund den Sozialplan verweigern, so stünde er besser als in dem Fall, in dem er zunächst wirklich von einer Stillegung ausgegangen ist, obwohl er sich hier nach außen entgegen seiner Planung verhalten hat. Denn die Folgen des § 613 a BGB werden in beiden Fällen ausgelöst, in den Fällen der wirksamen Kündigung in Form des Wiedereinstellungsanspruchs bzw. des Anspruchs auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer. Liegt die Stillegungsabsicht vor, kann der Arbeitgeber einen Sozialplan nicht verweigern. Dem Gesetz nach müßte er dies bei fehlender Stillegungsabsicht aber können, da letztlich keine Stillegung vorgelegen hat. Hier kann der Grundsatz des venire contra factum proprium helfen. Der Arbeitgeber muß sich an seinem tatsächlichen Tun festhalten lassen. Bringt er durch die Kündigungen nach außen seine Stillegungsabsicht zum Ausdruck, so daß die Beteiligten davon ausgehen können, der Betrieb werde stillgelegt und hierauf beruhende Kündigungen seien wirksam, so muß im Hinblick auf das Vertrauen der Arbeitnehmer in die Stillegung in bezug auf die Rechtsfolgen der Stillegung ein entgegenstehender Wille des Unternehmers unbeachtlich sein303 . Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen der Stillegung bereits Verhandlungen bezüglich eines Interessenausgleichs aufgenommen wurden und eventuell bereits ein Sozialplan aufgestellt ise04. Daran, daß nach außen hin ursprunglieh eine Stillegung vorgelegen hat, ändert sich nichts dadurch, daß der Unternehmer keine ernsthafte Stilllegungsabsieht hatte. Daneben ist ein Betriebsübergang gegeben. Demnach bestehen die Arbeitsverhältnisse wegen der Unwirksamkeit der Kündigungen nach wie vor und gehen gemäߧ 613 a BGB auf den Erwerber über. Dennoch muß sich BAG 27. 06. 1995, ZIP 1995, 1919 ff.; dazu oben unter aa). Däubler (DKK, § 111 Rn. 37) führt ebenso aus, daß sich der Arbeitgeber an seinem tatsächlichen Tun festhalten lassen muß. Allerdings bezieht er dies auf den umgekehrten Fall, daß der Unternehmer erklärt er werde stillegen, er aber Maßnahmen trifft, die eine alsbaldige Fortsetzung der Produktion vorbereiten sollen. Hier müsse sich der Arbeitgeber an den tatsächlich getroffenen Maßnahmen festhalten lassen. 304 Siehe dazu, wann in diesen Fällen die Geschäftsgrundlage des Sozialplans entfallen kann, unten 5. Kapitel unter 111. 1. 302

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

der Unternehmer an dem Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan festhalten lassen305 . Durch die genannte Lösung wird zum einen erreicht, daß durch den Anspruch auf Abschluß eines Sozialplans die Arbeitnehmer geschützt werden, die auf eine Abfindung vertraut haben und nicht an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses interessiert sind. Zum anderen findet wegen des späteren Betriebsübergangs § 613 a BGB Anwendung, wodurch der Bestand der Arbeitsverhältnisse gewährleistet ist. Für den Arbeitgeber ist diese Lösung insofern nicht unzumutbar, als daß die Arbeitnehmer, die übernommen werden, meist keinen Anspruch auf eine Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes haben306. c) Vorliegen einer Stillegong bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe Bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe ist eine Stillegung dann gegeben, wenn es sich um einen ganzen Betrieb oder um einen Betriebsteil handelt, der von wirtschaftlicher Bedeutung für den Gesamtbetrieb ist oder bei dem die Anzahl der dort tätigen Arbeitnehmer die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht (wesentlicher Betriebsteil) und wenn kein Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB stattfindet. Liegt ein Betriebsübergang vor und widerspricht ein Teil der Belegschaft dem Übergang, ist eine Stillegung gegeben, wenn nicht ein Teil der Arbeitnehmer auf den neuen Inhaber übergeht, der die Identität des Betriebs im Sinne des § 111 BetrVG wahrt. Wie groß der übergehende Anteil sein muß, ist branchenabhängig, wobei ein Übergang von zwei Dritteln der Belegschaft in jedem Fall identitätswahrend ist. Wird eine Abteilung aufgelöst und den Arbeitnehmern gekündigt, so liegt die (geplante) Stillegung eines Betriebs oder eines Betriebsteils vor. Es besteht ein Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan. Dies gilt wegen des Grundsatzes des venire contra factum proprium auch dann, wenn der Unternehmer nicht die Absicht hatte, den Betrieb oder den Betriebsteil endgültig stillzulegen, obwohl in letzterem Fall letztlich keine durchgeführte Stillegung gegeben ist und die Kündigungen unwirksam sind. An der geplanten Stillegung ändert sich auch dadurch nichts, daß nachträglich ein Betriebsübergang ausgelöst wird. Eine Stillegung liegt nicht nur bei Aufgabe des alten Betriebszwecks vor, sondern auch dann, wenn der bisherige Betriebszweck weiterverfolgt, aber eine nicht unerhebliche räumliche Verlegung des Betriebs vorgenommen wird, die alte Betriebsgemeinschaft tatsächlich aufgelöst und der Betrieb an einem neuen Ort mit einer im wesentlichen neuen Belegschaft fortgeführt wird307 • Beim Outsourcing Beachte aber zum Wegfall der Geschäftsgrundlage unten 5. Kapitel unter III. 1. Dazu unten 5. Kapitel unter 111. 1. und 2. 307 BAG 12. 02. 1987, AP Nr. 67 zu§ 613 a BGB, BI 3 R; Richardi, § 111 Rn. 84; Hess/ Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 56; KR-Etzel, § 15 KSchG Rn. 79. 305

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VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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kann es vorkommen, daß der Erwerber die Tätigkeit an einem anderen Ort fortführt3os. Im Fall der Fertigung eines Vorprodukts ist es bei einer Stillegung im Regelfall nicht möglich, daß der neue Unternehmer am alten Ort weiterproduziert, da in diesem Fall regelmäßig die Betriebsmittel übernommen werden und dadurch ein Betriebsübergang ausgelöst wird. Hilfsfunktionen, wie Reinigung oder Bewachung des Betriebsgeländes, werden allerdings weiterhin am gleichen Ort erbracht, ohne daß ein Betriebsübergang gegeben sein muß, da dieser mangels Übernahme von Betriebsmitteln nicht zwingend ausgelöst wird.

3. Nr. 2: Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen Eine Verlegung ist die Veränderung der örtlichen Lage eines Betriebs oder Betriebsteils309. Es muß sich dabei um wesentliche Veränderungen handeln. Ganz geringfügige Veränderungen, wie zum Beispiel der Umzug innerhalb desselben Gebäudes oder auf die andere Straßenseite reichen nicht aus310. Eine Verlegung ist in letzteren Fällen abzulehnen, da die anderen Tatbestände des § 111 S. 2 BetrVG eine bedeutende Änderung für den Arbeitnehmer mit sich bringen, was bei einer Verlegung des Betriebs auf die andere Straßenseite ohne sonstige Veränderungen nicht der Fall ist. Ausreichend ist jedoch die Verlegung an einen ca. 5 km entfernten neuen Standort in derselben Stadt3n. Beim Outsourcing kommt eine Verlegung dann in Betracht, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil ausgelagert wird und dieser von einem neuen Unternehmer an einem anderen Ort fortgeführt wird. Beim Outsourcing von HUfsfunktionen ist dies ausgeschlossen, da diese auf einen Betrieb bezogen sind und zwangsläufig auf dem Betriebsgelände ausgeführt werden. Anders ist dies aber bei der Auslagerung von Verwaltungsfunktionen oder der EDV. Ebenso ist es möglich, daß die Fertigung eines Vorprodukts oder der Vertrieb ausgelagert und fortan an einem anderen Ort vorgenommen wird.

Zur Verlegung siehe unten unter 3. GK-Fabricius, § 111 Rn. 151; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 64; Richardi, § 111 Rn. 84. 310 BAG 17. 08. 1982, AP Nr. ll zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2; Fitting/Kaiser/Heither/ Engels, § ll1 Rn. 77; Richardi, § 111 Rn. 85; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 63; Galperin/Löwisch, § 106 Rn. 63; DKK/ Däubler; § ll1 Rn. 64; Rumpff/Boewer; H. Rn. ll9; aA GK-Fabricius, § 111 Rn. 152; Teichmüller; Betriebsänderung, S. 59. 3ll BAG 17. 08. 1982, AP Nr. 11 zu§ 111 BetrVG 1972, BI. 2. 308 309

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

a) Identität Eine Verlegung ist aber nur dann gegeben, wenn die Identität des Betriebs oder Betriebsteils erhalten bleibt, wobei hier insbesondere von Bedeutung ist, daß die Arbeitnehmer Teil der betrieblichen Organisation sind312 . Für eine Verlegung ist erforderlich, daß die Belegschaft am neuen Betriebssitz im wesentlichen die gleiche ise 13 . Stillegung und Verlegung schließen einander derart aus, daß in dem Fall, in dem die Wahrung der Identität nicht gegeben ist, stets eine Stillegung vorliegt314. Die Verlegung kann mit dem Erwerb durch einen neuen Unternehmer, also mit einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB, zusammenfallen 315 . Daß ein neuer Unternehmer die Leistung fortan erbringt, ist beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe stets der Fall. Damit ist freilich nicht zwangsläufig ein Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB verbunden. Eine Verlegung kommt nur dann in Betracht, wenn der Betrieb oder Betriebsteil von dem neuen Unternehmer an einem anderen Ort weitergeführt wird und der Betrieb oder Betriebsteil seine Identität bewahrt. Es gelten hier die oben bei der Abgrenzung der Stillegung von dem Betriebsübergang aufgezeigten Grundsätze316. Liegt danach ein Betriebsübergang verbunden mit einem Ortswechsel vor, ist eine Verlegung gegeben.

b) Zurechnung der Verlegung zum Erwerber oder zum vorherigen Arbeitgeber In den vorliegenden Fällen geht die Verlegung stets mit einem Betriebsinhaberwechsel einher. Fraglich kann dabei sein, ob die Verlegung dem Erwerber oder dem Veräußerer zuzurechnen ist. Dafür ist relevant, wer die Verlegung des Betriebs als dessen Inhaber organisiert317 . DerErwerber wird mit dem Betriebsübergang Inhaber. Maßgebender Zeitpunkt für einen Betriebsübergang ist die Übernahme der Leitungsbefugnis318 . Erhält derErwerberalso zuerst die Leitungsbefugnis und verlegt er anschließend den Betrieb, so ist die Verlegung ihm zuzurechnen und ihn treffen die Rechtsfolgen der§§ 111 ff. BetrVG. So kommt es vor, daß der Übernehmer zunächst die Räumlichkeiten des Veräußerers nutzen will und erst später "umziehen" möchte. Organisiert der Veräußerer eine Verlegung oder liegt eine gemein312 DKK/Däubler, § 111 Rn. 66. BAG 12. 02. 1987, AP Nr. 67 zu§ 613 a BGB, BI. 1 R; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 56; Richardi, § 111 Rn. 84; Hessl SchlochaueriGlaubitz, § 111 Rn. 63. 314 BAG 12. 02. 1987, AP Nr. 67 zu§ 613 a BGB, BI. 3 R; MünchArbR/ Matthes, § 351 Rn. 56; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 111 Rn. 78; DKK I Däubler, § 111 Rn. 66. 315 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 68. 316 Siehe oben unter 2. b). 317 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 68. 318 BAG08.11.1988,NZA 1989,679(680). 313

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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same Organisation vor, so tritt der Betriebsinhaberwechsel auch erst am neuen Standort ein, da die Direktion des Veräußerers oder die bloße "Mit-Direktion" des Erwerbers nicht die Rechtsfolgen des § 613 a BGB auslöst319 . Die Verlegung ist dann dem Veräußerer zuzurechnen.

4. Nr. 4: Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen a) Änderung der Betriebsorganisation Die Betriebsorganisation umschreibt die Art und Weise, wie Menschen und Betriebsanlagen so koordiniert werden, daß der gewünschte arbeitstechnische Erfolg eintritt320. Darunter fallen der Betriebsaufbau bzw. die Gliederung des Betriebs und die Zuständigkeiten321 . Ebenso gehört die Organisation des betrieblichen Leitungsapparats hierher, nicht aber die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die unter Änderung der Betriebsanlagen oder unter § 111 S. 2 Nr. 5 BetrVG gefaßt werden kann 322.

aa) Das Merkmal "grundlegend" Einer Meinung nach 323 ist eine grundlegende Änderung der Organisation gegeben, wenn es sich um eine einschneidende, weitgehende Änderung des Betriebsaufbaus bzw. der Gliederung des Betriebs oder der Zuständigkeiten handelt. In einer Entscheidung zur grundlegenden Änderung von Betriebsanlagen 324 fordert das BAG für das Merkmal "grundlegend", daß die Änderung für den gesamten Betriebsablauf von erheblicher Bedeutung ist. In erster Linie stellt das BAG hierfür in bezug auf die Änderung der Anlagen auf die technischen Begebenheiten ab. Lasse sich danach nicht zweifelsfrei beurteilen, ob eine erhebliche Bedeutung gegeben sei, könne auf die Zahl der von der Änderung betroffenen Arbeitnehmer abgestellt werden, wobei die Zahlengrenzen des§ 17 KSchG entscheidend seien325 . Auf eine qualitative Betrachtungsweise verzichtet die ·andere Ansicht326 , nach der nur darauf abzustellen sei, ob sich die Änderung für einen erheblichen Teil der 319 320 321 322 323 324 325 326

DKK/ Däubler, § 111 Rn. 68. DKK/ Däubler, § 1ll Rn. 75. BAG 21. 10. 1980, DB 1981 698 (699); Fitting/ Kaiser/ Heither/Engels, § ll1 Rn. 85. Richardi, § ll1 Rn. 98. BAG 21. 10. 1980, DB 1981, 698 (699); DKK/ Däubler, § 111 Rn. 85 ff. BAG 26. 10. 1982, SAE 1984,269 (274). BAG 26. 10. 1982, SAE 1984,269 (274). GK-Fabricius, § 111 Rn. 190; Richardi, § 111 Rn. 108.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Belegschaft nachteilig auswirken kann. Zu beachten ist aber, daß grundsätzlich in den Tatbeständen des Satzes 2 fingiert wird, daß die Nachteile eintreten können. Wie dargestelle 27 kann der Relativsatz des Satzes 1 zwar als Auslegungshilfe in Satz 2 herangezogen werden. Dies ist aber die Ausnahme. Demnach muß in den Tatbeständen des Satzes 2 zunächst versucht werden, deren Voraussetzungen unabhängig davon zu bestimmen, ob es zu Nachteilen bei der Belegschaft kommen kann. Nur im Zweifel ist die Frage nach den Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu stellen. Vielmehr ist die Definition der Rechtsprechung zugrunde zu legen. Ob eine weitgehende Änderung des Aufbaus bzw. der Gliederung des Betriebs oder der Zuständigkeiten gegeben ist, kann auch daran festgemacht werden, ob es einen erheblichen organisatorischen Aufwand erfordert, sich der Veränderung anzupassen. Zu beachten ist, daß es sich um eine Änderung der Organisation des ganzen Betriebs handeln muß. Macht sich die Veränderung im Gesamtbetrieb nicht oder nur kaum bemerkbar, ist der grundlegende Charakter abzulehnen. Führt die Maßnahme jedoch dazu, daß Abteilungen neue Zuständigkeiten bekommen und andere wegfallen oder daß geschäftliche Beziehungen größeren Umfangs mit Dritten aufgenommen werden müssen, so liegt eine grundlegende Änderung nahe. Unter Umständen ist darauf abzustellen, ob die Maßnahme für einen den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechenden Teil der Belegschaft nachteilige Auswirkungen haben kann. Dabei müssen zunächst wesentliche Nachteile für die Arbeitnehmer möglich sein. Die Nachteile müssen für die Arbeitnehmer von so besonderem Gewicht sein, daß sie ihnen nicht zugemutet werden können. Dabei ist auf den Grundsatz von Treu und Glauben und auf die Verkehrssitte abzustellen und zu prüfen, ob ein sich in der gleichen Lage befindlicher objektiver Beobachter die Verschlechterung gegenüber seiner rechtlichen und tatsächlichen Gesamtlage als so gravierend ansieht, daß er sie nicht hinnehmen kann328. Darunter fallen neben dem Verlust des Arbeitsplatzes auch ein geringerer Verdienst aufgrund einer Versetzung oder aufgrund von Teilzeitarbeie29• Daneben können auch eine Erschwerung der Arbeit (z. B. eine Temposteigerung), ein Qualifikationsverlust und ein längerer Anfahrtsweg verbunden mit höheren Fahrtkosten einen solchen Nachteil darstellen 330. Ebenso ist eine doppelte Haushaltsführung als wirtschaftlicher Nachteil möglich 331 . Es muß sich aber nicht um wirtschaftliche Nachteile handeln332. Vielmehr werden, wegen des Umkehrschlusses aus§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG ("wirtschaftliche NachSiehe oben unter III. 2. GK-Fabricius, § 111 Rn. 214. 329 DKK/ Däubler; § 111 Rn. 94. 330 Gnade/Kehnnann/Schneider/Blanke/Klebe, § 111 Rn. 2. 331 GK-Fabricius, § 111 Rn. 216. 332 MünchArbR/ Matthes § 351 Rn. 16; DKK/ Däubler; § 111 Rn. 94; GK-Fabricius, § 111 Rn. 216. 327 328

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § !II S. 2 BetrVG

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teile"), auch immaterielle Nachteile, wie Leistungsverdichtung, Qualifikationsverluste, psychische Belastung durch zusätzliche Kontrolle oder schlechteres Betriebsklima, Änderung der materiellen Arbeitsbedingungen sowie der Verlust von sozialem Ansehen erfaßt333 . Die Rechtsprechung zu § 113 BetrVG334 bemißt die Abfindung, die ein Arbeitnehmer bei nicht versuchtem Interessenausgleich erhält, auch nach den immateriellen Einbußen, die der Verlust des Arbeitsplatzes mit sich bringt. So wurde der Verlust von sozialen Beziehungen als ein solcher Nachteil angesehen335. Nicht wesentlich sind die Nachteile, wenn sie nach einer Zeit der Eingewöhnung und Einarbeitung wieder wegfallen336. Es wird nicht vorausgesetzt, daß diese Nachteile mit Sicherheit eintreten, sondern es reicht eine nicht ganz fernliegende Gefahr aus337. bb) Grundlegende Änderung der Betriebsorganisation bei Outsourcing

Fraglich ist, wann beim Outsourcing eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation vorliegt. Bei der Auslagerung von Primär- und Hilfstunktionen verringert sich die Zahl der Betriebsabteilungen, wodurch sich die statische Struktur des Betriebs ändert, wenn kein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht und die Abteilungen dem Betrieb erhalten bleiben. Daneben ist es notwendig, eine Beziehung zu einem Dritten aufzubauen und ein Dauerschuldverhältnis über den Erwerb eines Produkts oder einer Dienstleistung zu vereinbaren. Es findet eine Umstellung von der eigenen Fertigung bzw. der eigenen Erfüllung der Sekundärtätigkeit auf den Fremdbezug derselben statt. Hierin liegt eine Änderung der Betriebsorganisation338. Zuvor selbst erbrachte Teilaufgaben entfallen und Schnittstellen zur Kommunikation mit den betriebsfremden Dritten müssen neu errichtet werden339. So hat auch das BAG in einem Fall, in dem die Gaststätte eines Supermarkts ausgelagert wurde, eine Änderung der Betriebsorganisation angenommen 340. Die Änderung der Betriebsorganisation muß jedoch grundlegend sein. Beim Outsourcing von Hilfstunktionen wie Kantine oder Reinigung liegt keine einschneidende, weitgehende Änderung des Betriebsaufbaus bzw. der Gliederung des Betriebs 333 334 335 336 337

DKK/ Däubler, § 111 Rn. 94; GK-Fabricius, § 111 Rn. 216. 09. 07. 1985, AP Nr. 13 zu§ 113 BetrVG 1972, BI. 4 R. BAG 09. 07. 1985, AP Nr. 13 zu§ 113 BetrVG 1972,4 R. GK-Fabricius, § 111 Rn. 216. DKK/Däubler, § 111 Rn. 94;

338 Eine Änderung der Organisation halten für möglich: BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (115); DKK/ Däubler, § 111 Rn. 88; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 85; GKFabricius, § 111 Rn. 304; Pottmeyer, Überleitung der Arbeitsverhältnisse, S. 222 f. 339 Kreuder, AiB 1994,731 (733). 340 BAG 21. 10. 1980, DB 1981, 698 (699).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

oder der Zuständigkeiten vor, die zu einer grundlegenden Änderung der Organisation führt. Die Organisation bezüglich des eigentlichen arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs, wie der Herstellung eines bestimmten Produkts, bleibt von dieser Auslagerung weitgehend unberührt. Es muß sich um eine grundlegende Änderung der Organisation des ganzen Betriebs handeln. Die Auslagerung der Hilfstunktionen hat jedoch im Regelfall weder auf die Organisation noch auf die Arbeitnehmer anderer Abteilungen entscheidende Auswirkungen. Die geschäftlichen Beziehungen mit den Fremdfirmen, die die Leistung fortan erbringen, sind regelmäßig im Verhältnis zum Gesamtbetrieb nicht von solchem Umfang, daß sie zu einem grundlegenden Charakter der Änderung führen. So hat auch das BAG in dem oben genannten Fall der Auslagerung der Gaststätte aus einem Supermarkt eine grundlegende Änderung der Organisation abgelehnt, da die Gaststätte nur ein Anhängsel des Supermarkts gewesen sei und von einer einschneidenden, weitgehenden Veränderung nicht die Rede sein könne. In den Fällen der Auslagerung dieser Hilfsfunktionen scheidet eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation daher aus 341 . Die Auslagerung der Fertigung eines Vorprodukts kann unter Umständen einschneidende Veränderungen des Betriebsaufbaus oder der Zuständigkeiten mit sich bringen. Machte die Fertigung dieses Produkts einen bedeutenden Teil der Gesamtproduktion aus, so ändert sich die Organisation des Betriebs deutlich durch die Auslagerung, da umfassende Verträge mit Dritten geschlossen werden müssen, von denen das Produkt fortan bezogen wird. Der Leitungsapparat ist fortan für einen kleineren Betrieb und für die Beziehungen zu dem oder den Dritten zuständig. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn das Vorprodukt zwar für das Endprodukt notwendig ist, aber dessen Fertigung verhältnismäßig unbedeutend ist. Dies ist zum Beispiel in dem vom BAG342 entschiedenen Fall gegeben, wenn aus einer Weberei mit ca. 30 Arbeitnehmern die Schärerei ausgelagert wird, in der 3 Arbeitnehmer tätig waren. Läßt sich nach diesen Grundsätzen nicht feststellen, ob eine einschneidende Änderung gegeben ist oder nicht, kann ausnahmsweise darauf zurückgegriffen werden, ob von der Maßnahme ein nach§ 17 KSchG zu bestimmender Teil der Belegschaft betroffen ist. Bei der Frage, ob eine Änderung grundlegend ist, ist insbesondere zu beachten, daß die Auslagerung der Fertigung eines Vorprodukts dazu führen kann, daß Arbeitnehmer anderer Abteilungen fortan Aufgaben übernehmen müssen, die vorher in der ausgelagerten Abteilung erfüllt wurden, um den Verlust derselben zu kompensieren. Ebenso kann es in der Verwaltung Veränderungen geben, indem die Lohnabrechung für einen Teil der Belegschaft entfällt, für den eventuell ein bestimmter Mitarbeiter zuständig war. 341 Zu weitgehend ist die Ansicht Däublers (DKK/ Däubler, § 111 Rn. 88), der zwar richtigerweise auch nicht auf die Zahlengrenzen des § 17 KSchG abstellt, nach dem aber die Entscheidung für die Fremdvergabe von Aufträgen und damit für die Reduzierung der Fertigungstiefe auf jeden Fall grundlegenden Charakter habe. 342 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (115).

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Wird der Vertrieb ausgelagert und entsteht kein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen, ist regelmäßig eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation gegeben. Ursprunglieh verfügten die Bereiche Produktion und Vertrieb über eine einheitliche Organisation. Diese wird im Rahmen der Auslagerung aufgehoben und es entstehen zwei neue Betriebe, die organisatorisch selbständig sind und über einen eigenen Leitungsapparat verfügen. Jeder Betrieb organisiert die Koordination von Betriebsmitteln und Personal für sich allein und trägt dafür die alleinige Verantwortung. Dieser Prozeß erfordert regelmäßig eine grundlegende Änderung der Organisation des Betriebs, so daß dann eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 gegeben ise43 . Bei der Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft tritt im Regelfall keine Änderung auf der Betriebsebene ein und eine Änderung der Betriebsorganisation scheidet aus.

b) Änderung des Betriebszwecks Mit Betriebszweck im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG ist der konkrete arbeitstechnische Zweck gemeint344. Das sind diejenigen Güter und Dienstleistungen, mit denen Gewinne erzielt oder Bedürfnisse befriedigt werden sollen345 . Eine Änderung des Betriebszwecks liegt dann vor, wenn das Unternehmen ein anderes Produkt oder eine Dienstleistung mit anderem Inhalt anbietee46 . Relevant ist vorliegend, daß der Tatbestand nach dem BAG347 auch dann erfüllt ist, wenn wesentliche arbeitstechnische Zwecke nicht weiterverfolgt werden. Das BAG hatte in diesem Fall zu entscheiden, ob die Aufteilung eines Unternehmens in eine mit Produktion, Entwicklung und Konstruktion befaßte GmbH sowie in eine verbleibende Gesellschaft für Verwaltung, Vertrieb und Service eine Betriebsänderung darstellt. Nach dem BAG gehörten zu den Zwecken des ursprungliehen Betriebs die Verwaltung, der Vertrieb und der Kundendienst einerseits und die Entwicklung, Konstruktion und Produktion andererseits. Fortan würden wesentliche Betriebszwecke, die im alten Betrieb verfolgt wurden, in den neuen Betrieben nicht mehr weiterverfolgt, so daß eine Betriebsänderung in Form einer Änderung des Betriebszwecks zu bejahen sei. Bei einer Auslagerung des Vertriebs fällt dann, wenn kein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht, der Zweck des Vertriebs weg. Da es sich um einen

343 So auch BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671; Engelen, Sozialplan bei Betriebsaufspaltung?, S. 96. 344 BAG 17. 12. 1985, NZA 1986, 804. 345 BAG 17. 12. 1985, NZA 1986, 804. 346 DKK I Däubler, § 111 Rn. 83. 347 BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671 (672 f.).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

Hauptzweck handelte, liegt eine Änderung des Betriebszwecks im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG vor, die regelmäßig auch grundlegend348 sein dürfte. Zu beachten ist in diesen Fällen, daß sich der Betriebszweck dadurch ändert, daß zwei neue Betriebe entstehen, von denen der eine den Zweck des Vertriebs und der andere den der Produktion verfolgt. Vorher bestand ein Betrieb der beide Zwecke verfolgte. Es entstehen allein aus dem Grund zwei neue Betriebe, daß fortan jeder Betrieb über einen eigenen Leitungsapparat verfüge49. Eine Änderung des Betriebszwecks ist dann nicht gegeben, wenn bei dem ursprünglichen Betrieb auch der Leitungsapparat derselbe bleibt und letztlich nach wie vor nur ein Betrieb besteht. So ist keine Änderung des Betriebszwecks gegeben, wenn sich lediglich die Eigentumsverhältnisse auf Unternehmensebene ändern, und es zu einem gemeinsamen Betriebzweier Unternehmen kommt. In den Fällen der Auslagerung von Abteilungen, die mit der Herstellung eines Vorprodukts befaßt sind oder Hilfsfunktion erfüllen, ändert sich am arbeitstechnischen Zweck des gesamten Betriebs nichts, da nach wie vor ein bestimmtes Produkt produziert und/ oder vertrieben wird. Die Fertigung eines Vorprodukts stellt nur den Zweck eines Betriebsteils dar, dessen Fortfall nicht zu einer Änderung des gesamten Betriebszwecks führt. In diesen Fällen kommt eine Änderung des Betriebszwecks gemäߧ 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG nicht in Betracht. c) Änderung der Betriebsanlagen

Betriebsanlagen sind alle Gegenstände, die nicht zur Veräußerung bestimmt sind, sondern den arbeitstechnischen Produktions- und Leistungsprozeß gestalten350. Eine Änderung von Betriebsanlagen liegt beim Outsourcing nicht vor. Es liegt aber häufig ein Wegfall von Betriebsanlagen vor. In einer Entscheidung führt das BAG aus, daß eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen auch dann vorliegen kann, wenn dieselben wegfallen351 . Es handelte sich jedoch um eine für den Gesamtbetrieb relativ unbedeutende Anlage, so daß dieser Tatbestand verneint wurde. Außer wohl von Däubler352 wird in der Literatur nicht vertreten, daß auch ein Wegfall der Betriebsanlagen erlaßt ist, sich aber auch nicht dagegen ausgesprochen353 .

Zu diesem Begriff oben unter a). Siehe zur Definition des Betriebs oben unter II. 1. a). 350 GK-Fabricius, § 111 Rn. 197; Richardi, § 111 Rn. 104; RumpffiBoewer, H. Rn. 137; BAG 26. 10. 1982, SAE 1984, 269 (274). 351 BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (115). 352 DKK/ Däubler, § 111 Rn. 84. 353 V gl. MünchArbR I Matthes, § 351 Rn. 69; Hess I Schlochauer I Glaubitz. § 111 Rn. 72; GK-Fabricius, § 111 Rn. 197. 348

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VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 BetrVG

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Wegen des eindeutigen Wortlauts ("Änderung" und nicht "Wegfall") kann nicht jeder Wegfall von einzelnen Betriebsanlagen von dem Tatbestand der Änderung der Betriebsanlagen erlaßt sein. Eine Änderung der Anlagen kann zwar mit einem Wegfall zusammenfallen, wenn bei Anschaffung neuer Anlagen, die vorherigen nicht mehr gebraucht werden. Entscheidend für den Tatbestand dürfte jedoch die Erneuerung der Anlagen sein, die zu einer Änderung des Betriebs führen kann und durch die Umstellung Nachteile für die Arbeitnehmer mit sich bringen kann. Ebenso ist es möglich, daß durch neue Anlagen weniger Arbeitnehmer benötigt werden und Arbeitsplätze wegfallen. Es ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber die Nachteile durch die technische Entwicklung ausgleichen wollte und demnach nur von einer Änderung der Anlagen und nicht von einem Wegfall derselben spricht. Der reine Wegfall einzelner Anlagen, ohne die Anschaffung von neuen ist demnach wegen des eindeutigen Wortlauts nicht unter diesen Tatbestand zu subsumieren. Es kommt eine Einschränkung des Betriebs oder eines Betriebsteils gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen oder eine Stillegung in Betrache54. Auch in Abgrenzung zu diesen Tatbeständen ist die dargestellte Auslegung geboten. Zu beachten ist aber, daß Anlagen auch die Anlagen in ihrer Gesamtheit sind355 . Der Wegfall einzelner Anlagen kann zu einer Änderung der Anlagen in ihrer Gesamtheit führen. Voraussetzung dazu ist jedoch, daß die einzelnen Anlagen innerhalb der Gesamtheit der Anlagen von wesentlicher Bedeutung sind, so daß ein Wegfall derselben bei objektiver Betrachtungsweise eine Änderung der Gesamtheit der Anlagen mit sich bringt. Dies ist bei den Anlagen, die zur Verwirklichung der Hilfsfunktionen benötigt werden, wie den Gerätschaften der Kantine, den Reinigungsgeräten oder den Bewachungsanlagen, nicht der Fall. Aber auch der Wegfall von Anlagen zur Produktion eines Vorprodukts wird im Regelfall nicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes führen, da er bei objektiver Betrachtung nicht zu einer Änderung der Anlagen in ihrer Gesamtheit führen dürfte. Vielmehr bleiben die Anlagen, die das Endprodukt fertigen, also den eigentlichen Betriebszweck ausmachen, bestehen. Eine Änderung der Betriebsanlagen in ihrer Gesamtheit bei objektiver Betrachtungsweise ist mithin bei der Aufgabe der Eigenfertigung eines Vorprodukts grundsätzlich nicht gegeben. Eine Änderung der Betriebsanlagen ist daher beim Outsourcing nicht gegeben356.

354

Siehe dazu oben unter 1. und 2.

m Hess I SchlocluJuer I Glaubitz. § 111 Rn. 72.

356 Hersehe/, Anm. zu BAG 17. 02. 1981, AuR 1981, 387 (388) bejaht bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft eine Änderung der Betriebsanlagen. Dies ist abwegig, weil die Anlagen lediglich den Eigentümer wechseln, dadurch aber unangetastet bleiben und sich im Betrieb nichts ändert.

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

d) Ergebnis zu§ 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG In den Outsourcing-Fällen ist im Regelfall eine Änderung der Betriebsorganisation gegeben, die jedoch in den Fällen der Auslagerung von Hilfsfunktionen meist und in den Fällen der Auslagerung der Fertigung notwendiger Teil- oder Vorprodukte häufig nicht grundlegend ist. Die Auslagerung des Vertriebs stellt im Regelfall sowohl eine Änderung der Betriebsorganisation als auch eine Änderung des Betriebszwecks dar. Eine Änderung der Betriebsanlagen ist beim Outsourcing nicht gegeben. Eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG scheidet bei der Auftragsneuvergabe aus.

5. Nr. 5 Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren Gemäß § 111 S. 2 Nr. 5 BetrVG ist eine Betriebsänderung auch die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Die Voraussetzungen von Nr. 5 und Nr. 4 des § 111 S. 2 BetrVG überschneiden sich stark und sind schwer voneinander abgrenzbar. Nr. 5 geht jedoch der Nr. 4 vor, da es sich um die speziellere Vorschrift handelt357 . Nr. 4 bezieht sich auf den Einsatz von sächlichen Betriebsmitteln. Bei Nr. 5 steht im Vordergrund, wie der Betrieb die menschliche Arbeitskraft zur Erledigung seiner Aufgaben einsetzt358• Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsänderung nach Nr. 5 ist also, daß der Einsatz menschlicher Arbeitskraft in seiner Art und Weise grundlegend verändert wird. Die Einführung einer grundlegend neuen Arbeitsmethode oder eines grundlegend neuen Fertigungsverfahrens kann auch bei der Aufgabe der Eigenfertigung eines notwendigen Vorprodukts vorliegen 359. Es müssen sich aber für den verbleibenden Betrieb Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren gegenüber dem bisherigen Zustand ändem 360• Denn allein der Wegfall einer Eigenfertigung bringt nicht die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren mit sich. Eine Betriebsänderung in diesem Sinne liegt also bei der Aufgabe der Eigenfertigung eines Produkts nur vor, wenn dies zu einer grundlegenden Änderung des Einsatzes Arbeitskraft in seiner Art und Weise im verbleibenden Restbetrieb führt. Es ist also erforderlich, daß die Aufgabe der Eigenfertigung auch zu einer Änderung der betrieblichen Prozesse im Restbetrieb führt, indem dort durch den Wegfall die verbleibenden Arbeitnehmer anders eingesetzt werden oder bedeutend mehr oder andere Tätigkeiten verrichten müssen. Wegen des Erfordernisses grundlegend GK-Fabricius, § 111 Rn. 200. Richardi, § 111 Rn. 112; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 78; DKK/Däubler; § 111 Rn. 89, Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 89. 357 358

359

BAG 07. 08. 1990, NZA 1991, 113 (115).

360

Hunold, Lean Production, S. 51 f.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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neuer Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren muß der Wegfall zu deutlichen Änderungen führen. Beim Outsourcing verhält es sich jedoch regelmäßig so, daß das zuvor selbst gefertigte Vor- oder Teilprodukt fortan fremdbezogen wird, in dem Restbetrieb aber weiterhin dieselben Prozesse stattfinden. Im Regelfall führt der Wegfall einer solchen Abteilung nicht zu grundlegenden Änderungen des Einsatzes der Arbeitskraft im Restbetrieb. Nur wenn mehrere Eigenfertigungen gleichzeitig aufgegeben werden und I oder eine solche einen bedeutenden Teil der betrieblichen Tätigkeit ausmachte, die mit dem Restbetrieb eng verknüpft war, kann es ob dieser Umstellung zu einer grundlegenden Änderung des Einsatzes der menschlichen Arbeitskraft im Restbetrieb kommen. Dies dürfte aber in den überwiegenden Outsourcing-Fällen nicht der Fall sein. Eine Betriebsänderung nach § 111 S. 2 Nr. 5 BetrVG scheidet demnach beim Outsourcing in der Regel aus.

6. Nr. 3 Zusammenschluß mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben a) Zusammenschluß mit anderen Betrieben Der Tatbestand des Zusammenschlusses mit anderen Betrieben gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG erfaßt einmal den Vorgang, daß sich zwei Betriebe zu einer Einheit vereinigen, als auch den, daß ein Betrieb einen anderen aufnimme61 • Erfaßt sind auch Betriebsteile und Nebenbetriebe im Sinne des § 4 BetrVG, auch wenn diese mit dem Hauptbetrieb zusammengeschlossen werden 362, weil diese auch für die Anwendung des§ 111 als Betrieb gelten 363 . Der Wortlaut erfaßt aber nicht den Fall des Zusammenschlusses wesentlicher Betriebseile. Daraus, daß der Gesetzgeber die wesentlichen Betriebsteile in § 111 S. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG erfaßt hat, dies aber in Nr. 3 unterlassen wurde, ist zu schließen, daß nur der Zusammenschluß von Betrieben eine Betriebsänderung im Sinne des§ 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG sein soll364 . Im übrigen besteht auch kein Bedürfnis, den Zusammenschluß von Betriebsteilen in den Tatbestand mit einzubeziehen, da in den Fällen, in denen sich zwei wesentliche Betriebsteile verschiedeDKK/ Däubler, § 111 Rn. 70; Fitting/ Kaiser/ Heither/Engels, § 111 Rn. 80. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn.81;DKK/Däubler, § 111 Rn. 70;Richardi, § 111 Rn. 93; GK-Fabricius, § 111 Rn. 178; Hanau, ZfA 1974, 89 (96); aA Hess/ Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 67. 363 Siehe oben unter II. 1. b ). 364 GK-Fabricius, § 111 Rn. 177; aA DKK/ Däubler, § 111 Rn. 71; Richardi, § 111 Rn. 94; Hanau, ZfA 1974,89 (96); Fitting/Kaiser/Heither!Engels, § 111 Rn. 81. 361

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

ner Betriebe zusammenschließen, zuvor eine Spaltung eines Betriebs gegeben ist365. Ist ein ganzer Betrieb Gegenstand des Outsourcing, kann es vorkommen, daß dieser Betrieb mit einem anderen Betrieb zusammengeschlossen wird. Ein einheitlicher Betrieb entsteht dann, wenn die in der neuen Betriebsstätte vorhandenen materiellen Betriebsmittel und die Arbeitnehmer des vorherigen und des neuen Betriebs oder Betriebsteils für den arbeitstechnischen Zweck zusarnmengefaßt, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Möglich ist beispielsweise, daß ein Betrieb, in dem ein bestimmtes Vorprodukt gefertigt wurde, sich als ganzes, also samt Betriebsmitteln und Arbeitnehmern mit einen anderen Betrieb zusammenschließt und die Gesamtheit fortan von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. In diesem Fall liegt ein Zusammenschluß eines Betriebs gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG vor.

b) Spaltung von Betrieben Durch Art. 13 Nr. 2 des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG) vom 28. 10. 1994 ist§ 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG zum 1. Januar 1995 neu gefaßt worden und beinhaltet nun - neben dem zuvor einzigen Tatbestand des Zusammenschlusses - auch die Spaltung von Betrieben. Hierin wird gemeinhin lediglich eine Klarstellung der Rechtslage und im Grunde nicht die Einführung eines neuen Tatbestandes gesehen, da die Spaltung von Betrieben ohnehin eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG darstelle, wenn damit- wie häufig - eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation einhergehe366 oder auch eine Einschränkung des Betriebs gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG vorliegen könne367 .

aa) Spaltung im Sinne des UmwG und außerhalb des UmwG Die Tatsache, daß die Änderungaufgrund des UmwBerG eingefügt worden ist, gibt Anlaß zu der Frage, ob nur Spaltungen im Sinne des UmwG erfaßt sein sollen. Die Ergänzungen in den§§ 106 Abs. 3 Nr. 8 und 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG sind aufgeund des UmwBerG und nicht aufgrund des UmwG eingefügt worden. Das UmwG selbst ist aufgrund des Art. 1 UmwBerG neu gefaßt worden, so daß das Siehe dazu unten unter b) bb). BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 351; Wlotzke, DB 1995, 40 (47); Gaul, DB 1995, 2265 (2267); Däubler, RdA 1995, 136 (144); Lingemann/Göpfen, NZA 1997, 1325 (1326). 367 Wlotzke, DB 1995, 40 (47); Gaul, DB 1995, 2265 (2267). 365 366

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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UmwBerG die Grundlage bildet und für den Begriff in § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG nicht auf den Begriff im Sinne des UmwG abzustellen ist. Die gesetzgebensehe Entwicklung läßt es demnach zu, auch Spaltungen außerhalb des UmwG unter diesen Tatbestand zu fassen368 • Ein gewichtigerer Grund für diese Auslegung ist, daß im UmwG die Spaltung von Unternehmen geregelt wird, das BetrVG jedoch auf den Betrieb bezogen ist und so § 111 S. 2 Nr. 3 auch von einer Spaltung von Betrieben spricht. Dadurch, daß § 111 BetrVG stets eine Änderung der Betriebsstruktur erfordert, sind Vorgänge, die sich allein auf der Ebene des Unternehmens abspielen, wie die umwandlungsbedingt herbeigeführte, lediglich rechtliche Spaltung eines Betriebs unter Wahrung seiner organisatorischen Einheit, keine Betriebsänderung369 . Zu beachten ist aber, daß zu dieser organisatorischen Einheit auch der Leitungsapparat des Betriebs gehört, so daß diesbezügliche Änderungen zu einer Betriebsänderung führen können. Eine Spaltung auf Unternehmensebene muß aber nicht zu einer Änderung des Leitungsapparats führen. Spaltungen nach dem UmwG können freilich mit einer Spaltung des Betriebs einhergehen, die dann eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG darstellen kann. Ausschlaggebend ist jedoch nicht die Spaltung des Unternehmens im Sinne des UmwG, sondern die Betriebsspaltung. Deutlich wird diese Unterscheidung durch den Gesetzgeber dadurch, daß in§ 106 Abs. 3 Nr. 8 BetrVG sowohl die Spaltung von Unternehmen als auch die von Betrieben aufgeführt ist, in § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG jedoch nur von der Spaltung von Betrieben die Rede ist370. Es werden von § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG also Spaltungen von Betrieben unabhängig davon erlaßt, ob diese auf der Unternehmensebene mit einer Umwandlung einhergehen371 . bb) Begriff der Spaltung I Spaltung bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe

Eine Spaltung kann entweder auf einer Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen einer Umwandlung oder auf einer Veräußerung eines Betriebsteils, die nur von § 613 a BGB erlaßt wird, beruhen372. Erlaßt ist auch der Fall des Betriebsübergangs ohne eine Veräußerung, wie es bei der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals der Fall ist. Ausschlaggebend ist, daß ein Betriebs368 GK-Fabricius, § 111 Rn. 173; Willemsen, NZA 1996, 791 (797); Däubler RdA 1995, 136 (144). 369 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 352; Willemsen, NZA 1996, 791 (797). 370 Gaul, DB 1995, 2265 (2267). 371 Siehe die Angaben in Fn. 368 sowie Boecken Rn. 351; Bauer/Lingemann NZA 1994; 1057 (1063). Nicht ausdrücklich auf das UmwG bezogen aber mit gleicher Aussage BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378). 372 BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378). 11*

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

teil im Verhältnis zu dem Restbetrieb einer eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird und nicht mehr dem bisherigen Arbeitgeber unterstehe 73 • Handelt es sich um ein produzierendes Unternehmen, steht nicht entgegen, daß die Produktion in dem Betriebsteil noch in den gleichen Räumen stattfindet. Eine Spaltung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG kann bei einer Auslagerung oder Auslagerung von Hilfsfunktionen, der Fertigung von Vor- oder Teilprodukten sowie des Vertriebs gegeben sein, wenn der betreffende Betriebsteil einer eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird und nicht mehr dem bisherigen Arbeitgeber untersteht. Bei dem Verlust eines Auftrags ist eine Spaltung dann gegeben, wenn verschiedene Arbeitsstätten gemeinsam einen Betrieb bilden und in einer Arbeitsstätte aufgrund einer Auftragsneuvergabe ein Betriebsteilübergang stattfindet. Erforderlich ist stets, daß der Betrieb gespalten wird. Die Spaltung eines Unternehmens, die die organisatorische Einheit Betrieb unberührt läßt, ist keine Betriebsänderung. Wird ein ganzer Betrieb einer neuen organisatorischen Leitung unterstellt, führt dies nicht zu einer Spaltung eines Betriebs, sondern höchstens zu einer solchen des Unternehmens. Führt die Maßnahme des Unternehmers zu einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen, ist eine Spaltung nicht gegeben, da der Betriebsteil in diesem Fall nicht einer im Verhältnis zu dem Restbetrieb eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird, sondern ein gemeinsamer Leitungsapparat des auslagernden und des übernehmenden Unternehmens in bezug auf die personellen und sozialen Angelegenheiten vorliege74 . Die Spaltung kann auch mit einer Veränderung der örtlichen Lage einhergehen und es kann gleichzeitig eine Verlegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 2 BetrVG vorliegen. Nicht gegeben ist eine Spaltung dann, wenn ein Betriebsteil stillgelegt wird, um ein Produkt fremdzubeziehen, ohne daß ein Betriebsteilübergang gegeben ist, da die organisatorische Leitung dieses Betriebsteils nicht abgetrennt, sondern aufgegeben wird. Bei einer Stillegung verliert der Betriebsteil seine Identität. Eine Spaltung kann begriffsnotwendig aber nur vorliegen, wenn der Betriebsteil seine Identität wahrt. Möglich ist aber, daß der Unternehmer zunächst eine Stillegung plant und dann, wegen des doch stattfindenden Betriebsübergangs, eine Spaltung gegeben ist.

373 BAG, Urteil vom 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378), in dem das BAG die Ausgliederung des Betriebsteils "Fertigung Elektronik" aus einem Unternehmen der optischen Industrie zur Übertragung auf ein neugegründetes Unternehmen als Spaltung ansieht. 374 Auch das BAG, 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378), lehnt eine Spaltung bei der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes ab, indem es die Bildung eines solchen ausschließt und damit die eigenständige organisatorische Leitung begründet, die Voraussetzung für eine Spaltung ist. So im Ergebnis auch Heinze. ZfA 1997, 1 ( 11 ), der § 322 Abs. 1 UmwG als speziellere Vorschrift gegenüber § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ansieht, so daß eine Betriebsänderung ausscheide.

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Nicht erforderlich ist, daß zwei betriebsverfassungsrechtlich eigenständige Betriebe entstehen375 . Vielmehr ist eine Spaltung auch dann zu bejahen, wenn der Betriebsteil ausgelagert wird, und unter Wahrung seiner Identität in einen schon bestehenden anderen Betrieb integriert wird. Entscheidend ist für die Spaltung, daß der abgespaltene Betriebsteil nicht mehr der vorherigen Leitung unterstellt ist, sondern eine Trennung von dieser stattfindet. Dies folgt aus dem Begriff der Spaltung, der auf den Aspekt der Trennung zweier oder mehrerer Einheiten gerichtet ist, ohne Rücksicht darauf, ob der abgespaltene Teil fortan eigenständig ist. Auch bei einer (Unternehmens-) Spaltung gemäߧ 123 UmwG kommt es nicht darauf an, ob ein neuer Rechtsträger gegriindet wird oder ob das Vermögen auf einen anderen schon bestehenden Rechtsträger übertragen wird. Insbesondere geht § 321 UmwG, der ein Übergangsmandat infolge einer Spaltung eines Betriebs behandelt, davon aus, daß Betriebsteile infolge einer Spaltung in andere Betrieb eingegliedert werden können 376. Möglich ist dies insbesondere dann, wenn ein wesentlicher Betriebsteil, der eine Hilfsfunktion ausführt, wie z. B. die Reinigungsabteilung, aus einem Betrieb ausgelagert wird. Der Unternehmer, der fortan für die Reinigung zuständig ist, übernimmt die Arbeitnehmer. Auch wenn der Bereich fortan nicht als eigenständiger Betrieb gilt, sondern die verschiedenen Arbeitsstätten des Reinigungsunternehmens als ganzes einen Betrieb bilden, liegt in dem Outsourcing eine Spaltung des ursprungliehen Betriebs vor. Dieser Vorgang ist ebenso bei einer Auftragsneuvergabe möglich. cc) Größenordnung der Spaltung

Dem Wortlaut zufolge sind sämtliche Spaltungen von Betrieben ohne Rücksicht auf die Größe des abgespaltenen Betriebsteils erfaßt, so daß beispielsweise auch die Auslagerung eines kleinen, unwesentlichen Betriebsteils ausreichen würde. Darin unterscheidet sich Nr. 3 des § 111 S. 2 BetrVG von den anderen Tatbeständen des Satzes 2, bei denen, wie dargestellt, stets grundlegende Änderungen bzw. wesentliche Betriebsteile erforderlich sind. Ob bei der Spaltung eine Anpassung an die anderen Tatbestände trotz des differierenden Wortlauts erforderlich ist, ist Gegenstand einer Kontroverse. (1) Rechtsprechung In dem oben genannten Urteil377 vertritt das BAG den Standpunkt, daß der Annahme einer Spaltung nicht entgegenstehe, daß es sich um einen relativ kleinen 375 376 377

So aber Lingemann!Göpfert, NZA 1997, 1325 (1326). Siehe zu § 321 UmwG unten 4. Kapitel unter I. 2. BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

Betriebsteil handelt. Um dies zu begründen, stellt das BAG zum einen auf den Wortlaut ab, der nicht fordert, daß ein erheblicher oder wesentlicher Teil abgespalten wird. Weiterhin führt das BAG aus: "Wird ein Betriebsteil - wie hier - veräußert, setzt dies eine veräußerungsfahige Einheit voraus. Diese ist aber regelmäßig erst bei einer wirtschaftlich relevanten Größenordnung und einer abgrenzbaren, eigenständigen Struktur gegeben. Die Ausgliederung im Zusammenhang mit einer solchen Übertragung erfüllt daher regelmäßig auch den Begriff der Spaltung."

Im übrigen erreiche die Zahl der in dem Betriebsteil tätigen Arbeitnehmer auch fast die Werte des § 17 KSchG, die sonst für die Bestimmung eines wesentlichen Betriebsteils oder einer grundlegenden Änderung herangezogen würden. Da 24 Arbeitnehmer betroffen seien, werde die nach § 17 KSchG erforderliche Zahl von 26 Arbeitnehmern nur knapp unterschritten, so daß auch aus diesem Grund nicht von einer Bagatellausgliederung die Rede sein könne. Diese Ausführungen machen zwar deutlich, warum im vorliegenden Fall eine Spaltung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG gegeben ist, sie lassen jedoch eine eindeutige Stellungnahme zu dieser Problematik vermissen. Es läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, wie das BAG entschieden hätte, wenn die Zahlen des § 17 KSchG deutlich unterschritten gewesen wären. Anhaltspunkte für eine verallgemeinerungsfähige Ansicht des BAG lassen sich jedoch durch Auslegung seiner Argumentation erreichen. Zunächst ist festzuhalten, daß das BAG mit seinen Ausführungen widerlegt, daß es sich um eine Bagatellausgliederung handelt. Demnach läßt es eine Bagatellausgliederung wohl nicht für eine Spaltung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG genügen. Zudem läßt es eine veräußerungsfähige Einheit deshalb ausreichen, weil diese regelmäßig eine wirtschaftlich relevante Größenordnung aufweist. Daraus ist zu entnehmen, daß nach Ansicht des BAG diese Größenordnung für die Bejahung einer Spaltung erforderlich ist. Ebenso muß der betreffende Betriebsteil eine eigenständige, abgrenzbare Struktur aufweisen, damit für die Rechtsprechung der Tatbestand der Spaltung erfüllt sein kann. Daher ist davon auszugehen, daß nicht jede Abspaltung eines Betriebsteils unabhängig von dessen Größe eine Spaltung des Betriebs sein soll. Dafür spricht auch, daß das BAG aus den oben genannten Eigenschaften des Betriebsteils herleitet, daß damit fingiert sei, daß aufgrund der Spaltung wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile davon eintreten können 378 . Als Grund für die Fiktion gibt es die Größenordnung des Betriebsteils an. Daraus läßt sich schließen, daß nach Ansicht des BAG die Fiktion bei einem völlig unbedeutenden Betriebsteil nicht angenommen werden kann.

378

BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378).

VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ 111 S. 2 BetrVG

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Auch wenn dem Urteil zu entnehmen ist, daß eine gewisse Bedeutung des Betriebsteils gefordert werden muß, so ist damit die Frage nach einer genauen Abgrenzung noch nicht beantwortet und läßt sich auch anband des Urteils nicht beantworten. Festhalten läßt sich jedoch, daß das BAG eine Bagatellausgliederung nicht ausreichen läßt und ein abgespaltener Betriebsteil eine wirtschaftlich relevante Größenordnung sowie eine eigenständige abgrenzbare Struktur aufweisen muß, damit der Tatbestand des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG bejaht werden kann. Daraus, daß das BAG die Zahlengrenzen des § 17 KSchG als zusätzliches Argument anführt, ist wohl zu entnehmen, daß hilfsweise auch diese ein Indiz für die Bejahung der Abspaltung eines Betriebsteils im Sinne dieser Norm bilden können379.

(2) Die Ansichten der Literatur

In der Literatur überwiegen die Stimmen, die § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG eng auslegen wollen, also nicht jede Abspaltung ausreichen lassen wollen. Nach Willemsen 380 spricht vieles dafür, die Rechtsprechung, die vor Einführung der neuen Nr. 3 bei der Abspaltung eines unwesentlichen Betriebsteils das Vorliegen einer Betriebsänderung ablehnte, auch auf Nr. 3 anzuwenden. Es sei nicht einzusehen, warum die Abspaltung von Betriebsteilen unabhängig von ihrer Größe stets eine Betriebsänderung darstelle, ihre Stillegung dagegen nur, wenn es sich um einen wesentlichen Betriebsteil handele. Nach Balze/Rebel/Schuck381 hat der Gesetzgeber hier nur vergessen, das Wort "wesentliche" im Gesetzestext aufzunehmen382. Um die Systematik der in§ 111 S. 2 Nr. 1-5 BetrVG genannten Tatbestände nicht zu sprengen, sollten die zu Nr. 1 entwickelten Grundsätze auch bei Nr. 3 angewandt werden.

Lingemann!Göpferf83 fordern, daß die Zahlengrenzen des§ 17 KSchG erreicht werden, wobei nicht deutlich wird, ob die Anzahl der Arbeitnehmer des betroffenen Betriebsteils diese Zahl erreichen müssen, oder ob die Möglichkeit von Nachteilen für diese Zahl von Arbeitnehmern des Betriebs ausreicht. Weiterhin schließen sich Lingemann I Göpfert der Rechtsprechung dahingehend an, daß der ausgelagerte Betriebsteil eine abgrenzbare, eigenständige Struktur aufweisen muß, und folgern hieraus das Erfordernis, daß der ausgelagerte Bereich im Unternehmen eine derart eigenständige Funktion hatte, daß er nach der Auslagerung ohne weite379 380 381

So auch Lingemann/Göpfert, NZA 1997, 1325 (1326). NZA 1996, 791 (797). Kapitel 3 Rn. 35.

382 Fraglich ist dabei, auf welches Wort in Nr. 3 sich das Wort "wesentliche" beziehen sollte. Eine "wesentliche Spaltung" gibt es begrifflich nicht. Hätte der Gesetzgeber das Wort "wesentlich" verwenden wollen, hätte er z. B. von der ,,Abspaltung von Betrieben oder wesentlichen Betriebsteilen" sprechen müssen. Dieser Wortlaut wäre deutlich unterschiedlich, so daß es nicht leicht fällt, dem Gesetzgeber ein Vergessen zu unterstellen. 383 NZA 1997, 1325 (1326).

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

res fortgeführt werden kann. Aus diesem Grund schieden Auslagerungen solcher Einheiten aus, die im Altbetrieb ohne die übrigen Teilfunktionen nicht selbständig hätten handeln können. Ausdrücklich bezeichnen sie die Pforte, die Werkstatt und die Fahrdienste als solche Einheiten. Nach der von ihnen gegebenen Definition müßten wohl alle Hilfsfunktionen, also auch z. B. die Reinigung oder die Bewachung des Betriebsgeländes von § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ausgenommen sein. Durch die Annahme, daß die Voraussetzungen des Satzes 1 bei Satz 2 nicht vorliegen müßten, kommt Däubler384 zu dem Ergebnis, daß auch Bagatellausgründungen von § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG erfaßt sind, daß also jede Auslagerung eines Betriebsteils eine Spaltung in diesem Sinne darsteness. (3) Stellungnahme Abzulehnen ist zunächst die Ansicht, daß eine Auslagerung von Hilfstunktionen nicht von § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG erfaßt wird386• Diese Ansicht wird damit begründet, daß diese Abteilungen nach einer Auslagerung nicht ohne weiteres fortgeführt werden könnten, da sie schon im Altbetrieb nicht ohne die übrigen Teilfunktionen selbständig hätten handeln können. Zwar werden diese Abteilungen nach einer Auslagerung im Regelfall nicht verselbständigt, sondern die jeweilige Aufgabe wird von einem anderen Dienstleister übernommen. Solche Abteilungen, die mit Sekundärfunktionen befaßt sind, können aber ebenso eine abgrenzbare eigenständige Struktur aufweisen. Sie sind zwar vom Bestehen des Restbetriebs abhängig, da sich die Aufgaben dieser Abteilungen auf den gesamten Betrieb beziehen. Diese Abteilungen können aber dennoch unabhängig von der organisatorischen Struktur des Restbetriebs eigenständig bestehen. Dies ist sogar der Regelfall, da die Reinigung des Gebäudes oder der Pförtnerdienst unabhängig von der Organisation beispielsweise der Fertigung eines bestimmten Produkts ist. Im übrigen ist auch die Herstellung eines Vorprodukts auf den Restbetrieb bezogen. Eine Abspaltung einer solchen Abteilung kann aber zweifellos erfaßt sein. Die Darstellung der anderen Tatbestände des S. 2 hat ergeben, daß Änderungen, die mit einer Bagatellausgliederung zu vergleichen sind, also nur einen kleinen Teil des Betriebs oder der Arbeitnehmer betreffen, nicht von § 111 BetrVG erfaßt werden. Es würde zu Widersprüchen innerhalb des § 111 S. 2 BetrVG führen, wenn bei Nr. 3 eine Auslagerung eines wirtschaftlich irrelevanten Betriebsteils, von der DKK/ Däubler, § 111 Rn. 77; wohl auch Richardi, § 111 Rn. 95. Auch Bachner, NJW 1995, 2881 (2887) spricht sich in diesem Zusammenhang für die Fiktion aus. Daher komme dem Tatbestand der Spaltung keineswegs nur klarstellende Bedeutung zu. Dies deutet darauf hin, daß auch er Nr. 3 weit auslegt. Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 352 nimmt aus dem Grund, daß die Nachteile nicht vorliegen müßten, einen Einschluß sämtlicher umwandlungsbedingt herbeigeführter Spaltungen an. 386 So aber Lingemann/Göpfert NZA 1997, 1325 (1326). 384

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VI. Die einzelnen Betriebsänderungen im Sinne des§ lll S. 2 BetrVG

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nur sehr wenige Arbeitnehmer betroffen sind, ausreichen würde. Ebenso zeigt § 111 S. 1 BetrVG, daß geringfügige Änderungen ausgeschlossen sein sollen. Eine Auslegung spricht dafür, den Begriff der Spaltung einzuschränken. Das Merkmal der wirtschaftlich relevanten Größenordnung, das von der Rechtsprechung herangezogen wird, entbehrt nicht einer gewissen Unschärfe und ist aus diesem Grund nur bedingt geeignet387 . Eine Einschränkung könnte man dadurch erreichen, daß es sich bei der auszugliedernden Einheit um einen wesentlichen Betriebsteil handeln muß388 . Dies bringt daneben eine Angleichung an die anderen Tatbestände des § lli S. 2 BetrVG sowie eine greifbarere Handhabe mit sich. Ein Betriebsteil ist zum einen wesentlich, wenn ihm eine wesentliche Bedeutung innerhalb der Gesamtorganisation des Betriebes zukommt oder er eine wesentliche Bedeutung für die Erreichung des arbeitstechnischen Gesamtzwecks innehat. Zum anderen ist ein Betriebsteil wesentlich, wenn die Anzahl der in ihm tätigen Arbeitnehmer die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreicht und mindestens 5% der Gesamtbelegschaft dort tätig sind389. Bei dieser Vorgehensweise sind Bagatellausgliederungen von § lil S. 2 Nr. 3 ausgeschlossen und eine Abgrenzung läßt sich ebenso wie bei § 111 S. 2 Nr. I und 2 BetrVG vornehmen. Allerdings fordert der Wortlaut diese Einschränkung gerade nicht. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der Spaltung im Sinne des § III S. 2 Nr. 3 BetrVG zu berücksichtigen. Die dargestellte Einschränkung auf das Erfordernis eines wesentlichen Betriebsteils kann demnach (noch) nicht zu einem Ausschluß einer Spaltung führen. Andererseits ergibt sich aus der Systematik und der teleologischen Auslegung des § 11I S. 2 BetrVG, daß unerhebliche Änderungen nicht erfaßt werden. Wie dargestellt ist im Zweifel hilfsweise § 111 S. I BetrVG heranzuziehen und zu fragen, ob die Maßnahme wesentliche Nachteile für einen erheblichen Teil der Belegschaft mit sich bringen kann. Für die Frage, ob wesentliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlengrenzen des § 17 KSchG als Richtschnur heranzuziehen, wobei mindestens 5 % der Belegschaft betroffen sein müssen390• Dabei So auch Lingemann/Göpfert, NZA 1997, 1325 (1326). Gegen dieses direkte Heranziehen des Merkmals des wesentlichen Betriebsteils ist wohl das BAG, 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378), weil es in diesem Urteil im Zusarrunenhang mit der Größe des abgespaltenen Betriebsteils betont, daß der Tatbestand einen wesentlichen Betriebsteil gerade nicht fordert. Andererseits betont das BAG im folgenden hilfsweise, daß in dem Betriebsteil fast die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erfüllt seien. Mit diesem quantitativen Element wird auch der wesentliche Betriebsteil im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG bestimmt. Siehe zur Definition des wesentlichen Betriebsteils oben unter 1. d) aa) und bb). 389 Siehe oben unter 1. d) bb). 390 BAG 26. 10. 1982, SAE 1984, 269 (274 f .); DKK/ Däubler, § l1l Rn. 95; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 111 Rn. 45. aA Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 111 Rn. 22, die es für erforderlich halten, daß 10% der Belegschaft betroffen sind. Hunold, BB 1984, 2275 (2277) vertritt diese 10%- Grenze für eine Einschränkung durch Entlassungen aus betriebsbedingten Gründen. Das Erfordernis, daß 10% der Arbeitnehmer betroffen sein müssen, ist abzuleh387

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

kommt es auf alle Arbeitnehmer des zuvor bestehenden Betriebs an. Es ist nicht erforderlich, daß die jeweiligen Zahlengrenzen genau erreicht werden. Vielmehr handelt es sich lediglich um Richtwerte. Denn zum Zeitpunkt der Planung sind die genauen Auswirkungen der Maßnahme noch nicht absehbar. Es kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, wieviele Arbeitnehmer betroffen sein werden und welche Nachteile sie treffen können. Aus der Steuerungs- und Schutzfunktion des Interessenausgleichs ergibt sich, daß dieser vorzunehmen ist, sobald sich ein Erreichen der Zahlengrenzen ungefähr abzeichnet. Wann die Nachteile in diesem Sinne gegeben sind, wurde oben unter 4. a) bb) erläutert. Aus diesem Ergebnis folgt eine Prüfungsreihenfolge für § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG. Ist ein wesentlicher Betriebsteil Gegenstand der Spaltung, indem er ausgelagert wird, ist eine Spaltung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG gegeben. Läßt sich dies nicht zweifelsfrei klären oder ist kein wesentlicher Betriebsteil von der Spaltung betroffen, ist zu prüfen, ob sich die Maßnahme auf einen den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechenden Teil der Belegschaft negativ auswirken kann. Die Anforderungen in diesem Sinne sind aber häufig strenger als die Anforderung des wesentlichen Betriebsteils, da in letzterem Fall die Abspaltung eines wesentlichen Betriebsteils erlaßt ist, auch wenn dieser auf einen anderen Inhaber übergeht, in diesem Fall aber wesentliche Nachteile für die Belegschaft nicht unbedingt gegeben sein müssen. Aus diesem Grund wird regelmäßig die Bejahung der Frage nach dem wesentlichen Betriebsteil für das Vorliegen einer Spaltung im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ausreichen, da in dem Fall, in dem kein wesentlicher Betriebsteil gegeben ist, in der Regel auch keine nachteiligen Auswirkungen für einen erheblichen Teil der Belegschaft vorliegen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil bei der Frage nach der Wesentlichkeit eines Betriebsteils auch zu berücksichtigen ist, inwiefern der Betriebsteil innerhalb des Gesamtbetriebs verflochten ist391 • Die nachteiligen Auswirkungen auf Arbeitnehmer in anderen Betriebsteilen werden über diesen Weg berücksichtigt. dd) Abgrenzung zu den anderen Tatbeständen des§ 111 S. 2 BetrVG

Die Spaltung gemäߧ 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG und die Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG schließen einander aus. Bei der Spaltung ist erforderlich, daß der ausgelagerte Betriebsteil seine Identität behält. Geht ein wesentlicher Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über, ist eine Spaltung gegeben. Wird ein wesentlicher Betriebsteil stillgelegt, ist § 111 S. 2 Nr. 1 erfüllt.

nen, da es die Steuerungs- und Schutzfunktion schon früher erfordert, Nachteile der Belegschaft auszugleichen. 391 Siehe oben unter I. d) bb).

VII. Ergebnis zur Anwendung des § 111 BetrVG

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In der zwingenden Wahrung der Identität unterscheidet sich der Tatbestand der Spaltung von dem Tatbestand der grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG, für den nicht erforderlich ist, daß der ausgelagerte Teil seine Identität behält. Bei der Änderung der Betriebsorganisation ist in bezugauf das Outsourcing in erster Linie die Umstellung auf den Fremdbezug ausschlaggebend, die auch bei einer Stillegung und anschließender Fremdvergabe gegeben ist. Parallelen zwischen der Organisationsänderung und der Spaltung ergeben sich aber dadurch, daß eine "grundlegende" Änderung der Organisation im Zweifel gegeben sein kann, wenn eine den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern nachteilig betroffen sein kann. Andererseits ist bei einer Spaltung Voraussetzung, daß der ausgelagerte Teil einer im Verhältnis zum Restbetrieb eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird. Dadurch, daß also letztlich für den alten Betrieb nur die Leitung für eine Abteilung entfallen muß, ist nicht automatisch auch eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation gegeben. Zwar muß bei der Spaltung ein wesentlicher Teil der Belegschaft betroffen sein, daß jedoch stets eine einschneidende, weitgehende Veränderung des Betriebsaufbaus gegeben ist, ist keineswegs zwingend. Demnach ist bei einer Spaltung nicht notwendig auch eine Organisationsänderung gegeben. Die Einführung des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG dient also nicht nur der Klarstellung. Vielmehr sind Spaltungen denkbar, die nicht gleichzeitig Organisationsänderungen im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG darstellen.

VII. Ergebnis zur Anwendung des § 111 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe Der Betriebsübergang als solcher ist keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und in eine Betriebsgesellschaft, bei der die Organisation des Betriebs unverändert bleibt. Ist der Betriebsübergang mit Maßnahmen verbunden, die eine Betriebsänderung darstellen, bezieht sich diese auch auf die übergehenden Arbeitnehmer. Führt das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe dazu, daß ein den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechender Teil der Belegschaft ungeachtet welchen Betriebsteils, mindestens aber 5%, entlassen oder in andere Betriebe des Unternehmens versetzt werden soll, liegt eine geplante Betriebseinschränkung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG vor. Sollen die Entlassungen und Versetzungen in mehreren Schritten geschehen, werden sie zusammengerechnet, wenn insgesamt nur eine Betriebsänderung aufgrund einer einheitlichen Planungsentscheidung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die Maßnahmen betriebswirtschaftlich-organisatorisch so

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3. Kap.: Die Betriebsänderung gemäߧ 111 BetrVG

eng zusammenhängen, daß über die Maßnahmen nur einheitlich entschieden werden kann. Einberechnet werden auch die Arbeitnehmer, denen aufgrund von Widersprüchen gegen einen Betriebsübergang gekündigt wird. Die Kündigung einer den Zahlengrenzen des § I7 KSchG entsprechenden Anzahl widersprechender Arbeitnehmer ist ebenso eine Betriebseinschränkung gemäß § III S. 2 Nr. I BetrVG. Liegt daneben keine andere Betriebsänderung, also auch keine Stillegung gemäß § III S. 2 Nr. I BetrVG, vor, sind für die Aufstellung eines Sozialplans die Zahlengrenzen des § I12 a Abs. 1 BetrVG zu beachten. Eine Stillegung des ganzen Betriebs gemäß § III S. 2 Nr. 1 BetrVG, wenn sich das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe auf einen ganzen Betrieb (auch einen Betriebsteil im Sinne des § 4 S. I BetrVG) eines Unternehmens bezieht, bzw. eines Betriebsteils im Sinne des § Ill BetrVG, wenn ein solcher ausgelagert wird, ist dann nicht geplant, wenn der Betrieb oder Betriebsteil gemäß § 6I3 a BGB auf einen anderen Unternehmer übergehen soll. Andernfalls soll der Zweck des Betriebs bzw. des Betriebsteils aufgegeben werden und die Produktionsgemeinschaft zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern aufgelöst werden. Im Falle des ganzen Betriebs ist eine Stillegung gemäß § lii S. 2 Nr. 1 BetrVG geplant. Betrifft die Maßnahme einen Betriebsteii, ist dieser wesentlich im Sinne der Vorschrift, wenn die Arbeitnehmer in dem Betriebsteil entweder die Zahlengrenzen des § I7 KSchG erreichen oder es sich um einen Betriebsteil von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung handelt. Ist dies der Fall, liegt die Planung der Stillegung eines wesentlichen Betriebsteils vor. Ist ein Betriebsübergang geplant und widerspricht ein Teil der Belegschaft dem Übergang, liegt eine geplante Stillegung vor, wenn nicht ein Teil der Arbeitnehmer auf den neuen Inhaber übergeht, der die Identität des Betriebs im Sinne des § III BetrVG wahrt. Wie groß der übergehende Anteil sein muß, ist branchenabhängig, wobei ein Übergang von zwei Dritteln der Belegschaft in jedem Fall identitätswahrend ist. Eine geplante Stillegung mit der Folge des Anspruches auf Interessenausgleich und Sozialplan ist auch dann gegeben, wenn der Unternehmer den Arbeitnehmern mit Stillegungsabsicht kündigt, es anschließend aber zu einem Betriebsübergang kommt. Die Anwendung des§ 6I3 a BGB mit der Folge der Wiedereinstellungsansprüche gegen den früheren Unternehmer bzw. der Ansprüche auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer wird dadurch nicht berührt. Nach dem Grundsatz des venire contra factum proprium bleibt der Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan wegen der geplanten Stillegung aber auch dann bestehen, wenn der Unternehmer den Arbeitnehmern ohne Stillegungsabsicht gekündigt hat. Eine Verlegung gemäß § III S. 2 Nr. 2 BetrVG ist beim Outsourcing geplant, wenn der Betrieb oder Betriebsteil unter Wahrung seiner Identität die örtliche Lage und den Inhaber wechseln soll, wobei insbesondere die Belegschaft im wesentlichen gleich bleiben muß.

VII. Ergebnis zur Anwendung des § 111 BetrVG

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Eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG ist bei der Auslagerung von Hilfstunktionen im Regelfall nicht geplant. Bei der Auslagerung von Primärfunktionen kommt aber eine solche Änderung in Betracht, wenn sie deutliche Veränderungen mit sich bringt. Die Auslagerung des Vertriebs stellt im Regelfall eine Änderung der Betriebsorganisation sowie des Betriebszwecks im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG dar. Bei Entstehung eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen scheidet eine Betriebsänderung gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG aus. Ein Zusammenschluß von Betrieben gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist geplant, wenn ein ganzer Betrieb Gegenstand des Outsourcing ist und dieser mit einem anderen Betrieb derart zusammengeschlossen werden soll, daß ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht. Eine Spaltung gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist geplant, wenn Gegenstand von Outsourcing oder Auftragsneuvergabe ein wesentlicher Betriebsteil ist, der seine Identität wahren und auf einen anderen Inhaber übergehen soll. Erforderlich ist, daß er im Verhältnis zum Restbetrieb einer eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird. Bestehen Zweifel daran, ob ein wesentlicher Betriebsteil gegeben ist, oder liegt ein solcher nicht vor, ist zu prüfen, ob ein den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechender Teil der Belegschaft von der Spaltung nachteilig betroffen sein kann. Eine Spaltung scheidet aus, wenn ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht. Plant der Unternehmer mehrere Maßnahmen, soll sich das Outsourcing also beispielsweise auf mehrere Betriebsteile beziehen, liegt eine einheitliche Betriebsänderung immer dann vor, wenn eine einheitliche Planungsentscheidung gegeben ist. Es ist immer zunächst danach zu unterscheiden, ob die Maßnahme mit einem Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB einhergehen soll oder nicht. Bei einem Betriebsübergang kommt eine Spaltung und eine Organisationsänderung (§ 111 S. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG) in Betracht. Ist kein Betriebsübergang gegeben oder widerspricht eine erhebliche Anzahl an Arbeitnehmern dem Übergang der Arbeitsverhältnisse, kann eine Einschränkung und/ oder eine Stillegung (§ 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG) vorliegen.

4. Kapitel

Der Interessenausgleich I. Zuständigkeit Eine Outsourcing-Maßnahme bzw. der Verlust eines Auftrags führt im Regelfall dazu, daß die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Arbeitnehmer des Betriebs oder für einen Teil der Arbeitnehmer des Betriebs endet. Anders ist dies nur dann, wenn ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht. Insbesondere dann, wenn eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG sowie ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang gemäß § 613 a BGB gegeben ist, kann problematisch sein, welcher Betriebsrat über die Aufstellung von Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln hat und mit welchem Arbeitgeber dies zu geschehen hat. Beim Übergang eines gesamten Betriebs bleibt der Betriebsrat als Organ bestehen, solange die Identität des Betriebs fortbesteht 1• Dabei tritt der Erwerber in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des früheren Betriebsinhabers ein2 • Der Betriebserwerber wird als Rechtsnachfolger auch Träger der Rechte und Pflichten, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz dem Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat obliegen3 • Auch in ein anhängiges Einigungsstellenverfahren tritt der Erwerber ein4 • Das BAG5 führt aus, daß eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht nur den jeweiligen Inhaber des Betriebs als "Arbeitgeber" im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes trifft und demnach der Erwerber auch in ein anhängiges Beschlußverfahren über betriebsverfassungsrechtliche Pflichten eintritt. Besteht beim Übergang des gesamten Betriebs noch kein Interessenausgleich und kein Sozialplan, verhandelt der Betriebsrat diesen Grundsätzen zufolge mit dem neuen Inhaber. Dies gilt dann, wenn der Veräußerer die Betriebsänderung durchgeführt hat und die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan noch nicht begonnen haben oder noch nicht beendet sind oder der Erwerber selbst I BAG 28. 09. 1988, NZA 1989, 188 (189); BAG 05. 02. 1991, NZA 1991, 639 (641); Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 21 Rn. 31; Galperin/Löwisch, § 21 Rn. 25; DKK!Buschmann, § 21 Rn. 46; Soergell Raab, § 613 a Rn. 139. 2 BAG 27. 07. 1994, DB 1995, 431. 3 BAG 05. 02. 1991, NZA 1991,639 (641). 4 Röder I Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 46. 5 BAG 28. 09. 1988, NZA 1989, 188.

I. Zuständigkeit

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eine Betriebsänderung durchführt, sei es, daß die Änderung auf die Planung des Veräußerers zurückgeht, sei es, daß der Erwerber sie geplant oder die von dem Veräußerer geplante geändert hat6 . Geht der ganze Betrieb im Rahmen des Outsourcing oder einer Auftragsneuvergabe über, ist für die gesamte Belegschaft ohne Unterbrechung eine Interessenvertretung vorhanden, da der Betriebsrat bestehen bleibt und ein jeweils zuständiger Arbeitgeber gegeben ist. Der Betriebsrat bleibt aber auch im Amt, wenn ein Betriebsteil oder mehrere Betriebs teile ausgelagert werden7 • Ebenso verhält es sich bei der Stillegong von Betriebsteilen8. Das Erfordernis von Neuwahlen ergibt sich gemäß § 13 Abs. 2 BetrVG dann, wenn die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50 gesunken ist (Nr. I), die Zahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist (Nr. 2) oder sonstige Tatbestände des § I3 Abs. 2 BetrVG erfüllt sind. Gemäß § 22 BetrVG bleibt der Betriebsrat bis zur Wahl des neuen Betriebsrats mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Der ausgelagerte Betriebsteil wird entweder, bei Verselbständigung, zunächst betriebsratslos oder er wird in einen bestehenden Betrieb eingegliedert, in dem entweder ein Betriebsrat besteht oder nicht. Fraglich ist, ob die Rechte der Arbeitnehmer des ausgelagerten Betriebsteils weiterhin durch einen Betriebsrat gewahrt werden können. Wird dies bejaht, stellt sich die Frage, welcher Betriebsrat zuständig ist. Dieses Problem stellt sich dann nicht, wenn ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht, weil hier der Betriebsrat auch weiterhin für den ausgelagerten Betriebsteil zuständig ist, der nach wie vor zu dem Betrieb gehört. Zu beachten ist, daß sich die Zuständigkeit des Betriebsrats auf den jeweiligen Betrieb, von dessen Belegschaft er gewählt worden ist, erstreckt. Es ist ein grundlegendes Prinzip der Betriebsverfassung, daß die betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben betriebsbezogen sind (vgl. § I BetrVG)9 . Hieraus ergibt sich, daß der Betriebsrat nur für den Betrieb zuständig ist, in dem er gewählt worden ist, und sein Mandat grundsätzlich nicht auf einen anderen Betrieb ausgedehnt werden kann 10.

6 Röder/Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 45 f.; Neef, NZA 1994, 97 (99 f.); Bauer; DB 1994, 217 (221). Ein Eintritt in die Rechte und Pflichten nach dem BetrVG verdeutlicht auch BAG 05. 02. 1991, NZA 1991, 639 (641). 7 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 21 Rn. 41. 8 DKK/ Buschmann,§ 21 Rn. 39; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 21 Rn. 28. 9 BAG 23. 11. 1988, NZA 1989,433. 1o BAG 23. 11. 1988, NZA 1989,433 (434).

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4. Kap. : Der Interessenausgleich

1. Restmandat des Betriebsrats Ist beim Outsourcing durch Auslagerung eines Betriebsteils sowohl eine Betriebsänderung als auch ein Betriebsübergang gegeben, ist es möglich, daß die Verhandlungen über Interessenausgleich und/oder Sozialplan bei Übergang des Betriebsteils noch nicht stattgefunden oder schon begonnen haben, aber noch nicht abgeschlossen sind. In diesem Fall steht dem Betriebsrat des ursprünglichen Betriebs ein Restmandat zu, so daß er mit dem bisherigen Inhaber über Interessenausgleich und Sozialplan sowohl bezüglich der verbleibenden als auch bezüglich der übergehenden Arbeitnehmer zu verhandeln hat 11 • Hierbei spielt es keine Rolle, ob der ausgelagerte Betriebsteil verselbständigt wird oder in einen anderen Betrieb mit oder ohne Betriebsrat eingegliedert wird. Das Restmandat, das vom BAG für die Fälle der Betriebsstillegung entwickelt worden ist 12, betrifft die Wahrnehmung der sich im Zusammenhang mit der Stillegung bzw. Teilübertragung ergebenden Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte. Das Erfordernis dieses Restmandats erklärt sich hier daraus, daß die Verpflichtungen der §§ 111 ff. BetrVG den Arbeitgeber vor Durchführung der Betriebsänderung treffen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat gemäß § 111 S. 1 BetrVG von einer geplanten Betriebsänderung rechtzeitig zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten. Zuständig in bezug auf alle Arbeitnehmer, also auch auf die, die übergehen, ist allein der Betriebsrat, der vor der geplanten Betriebsänderung besteht, und dieser ist auch Partner des Arbeitgebers im Einigungsstellenverfahren, in dem es um die Aufstellung eines Sozialplans geht 13 . Der Betriebsrat hat die Pflicht, die Interessen der Arbeitnehmer solange wahrzunehmen, bis ein Sozialplan rechtswirksam zustande gekommen oder die Verpflichtung zu dessen Aufstellung rechtskräftig abgelehnt wurde 14• Dies gilt auch dann, wenn in einem abgespaltenen Betriebsteil ein neuer Betriebsrat gebildet wird 15 . Genauso verhält es sich, wenn der übergehende Betriebsteil in einen Betrieb eingegliedert wird, in dem ein Betriebsrat besteht. Die Betriebsänderung betrifft den Betrieb, wie er vorher bestand und alle Arbeitnehmer dieses ursprünglichen Betriebs. Nur ein Teil der Arbeitnehmer wird in den neuen Betrieb eingegliedert. Der Betriebsrat dieses Betriebs ist zwar für die neuen Arbeitnehmer zuständig, aber erst in Angelegenheiten, die nach dem Betriebsübergang auftreten. Die Interessen aller Arbeitnehmer des Betriebs anläßlich der Betriebsänderung sind schon vor dem Betriebsübergang zu wahren, so daß nur der Betriebsrat des ursprünglichen Betriebs zuständig sein kann 16• Das RestII BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671; BAG 01. 04. 1998, NZA 1998, 768 (769 f.); Bauer, DB 1994, 217 (221); Neef, NZA 1994, 97 (100); Gaul, DB 1995, 2265 (2268); DKK/ Buschmann § 21 Rn. 55; zweifelnd Röder I Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 45. 12 BAG 30. 10. 1979, AP Nr. 9 zu§ 112 BetrVG 1972. BI. 2. 13 BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671. 14 BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671. 15 BAG 16. 06. 1987, NZA 1987, 671.

I. Zuständigkeit

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mandat gilt insbesondere auch dann, wenn die Outsourcing-Maßnahme oder der Verlust eines Auftrags zur Stillegong eines Betriebsteils führt, da auch in diesem Fall die Zuständigkeit für den Betriebsteil endet. Das Restmandat ist erforderlich, da andernfalls die Beteiligungsrechte nicht mehr gewährleistet wären, wenn der Betriebsrat nicht mehr tätig werden könnte oder wenn er für einen Teil der Arbeitnehmer nicht mehr zuständig wäre, weil sie fortan einem anderen Betrieb angehören. Verhandlungen über einen Sozialplan dauern vielfach längere Zeit und eine Einigung der Betriebspartner ist während der Amtszeit häufig nicht zu erzielen 17 . Dies gilt vor allem dann, wenn mangels Einigung die Einigungsstelle angerufen werden muß und deren Bildung im Verfahren gemäß § 98 ArbGG betrieben werden muß oder es zu einem Gerichtsverfahren über die Wirksamkeit eines Spruches der Einigungsstelle kommt 18 . Würde die Zuständigkeit des Betriebsrats bezüglich der übergehenden Arbeitnehmer enden, müßte ein Sozialplan zwingend vor Ende des Mandats vereinbart werden, und Streitigkeiten hieriiber könnten nach diesem Zeitpunkt nicht mehr begonnen bzw. zu Ende geführt werden. Eine zeitliche Begrenzung des Abschlusses eines Sozialplans sieht das BetrVG aber nicht vor und ein Ausschluß der Entscheidung der Streitigkeiten ist nicht zu rechtfertigen 19. Würde etwas anderes gelten, könnte der Arbeitgeber durch das Hinauszögern der Sozialplanverhandlungen letztlich die Beteiligungsrechte der §§ 111 ff. BetrVG verhindern20. Hat der Veräußerer die Betriebsänderung durchgeführt, so sind dann, wenn durch einen Betriebsteilübergang die Zuständigkeit des Betriebsrats für einen Teil der Arbeitnehmer endet, die Verhandlungspartner ausschließlich der Betriebsrat des vorherigen Betriebs und der vorherige Arbeitgeber. Die Zuständigkeit bezieht sich auf alle Arbeitnehmer des vorherigen Betriebs also auch auf diejenigen des ausgelagerten Betriebsteils, der auf einen anderen Inhaber übergeht. Dies widerspricht nicht den obigen Ausführungen bezüglich des Übergangs des ganzen Betriebs. Geht der ganze Betrieb über, bleibt der Betriebsrat im Amt. Auf Arbeitgeberseite wird der Übernehmer auch dann zuständig, wenn der Veräußerer die Betriebsänderung durchgeführt hat, die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan aber noch nicht begonnen haben oder noch nicht abgeschlossen sind. In diesem Fall betrifft die Betriebsänderung alle Arbeitnehmer des Betriebs in gleichem Maße. Der Betriebsrat bleibt für alle Arbeitnehmer zuständig und die Vertretung aller Arbeitnehmer ist gewährleistet. Der Erwerber tritt in die

16 Dies übersehen Röder/Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 46, die ein Restmandat, wenn überhaupt, nur zulassen, wenn nach der Übertragung für den Betriebsteil kein neuer Betriebsrat (z. B. durch Eingliederung) zuständig wird. 17 BAG 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (770). 1s BAG 01. 04. 1998, NZA 1998, 768 (770). 19 BAG 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (770). 2o BAG 01. 04. 1998, NZA 1998, 768 (770).

12 Römer

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

betriebsverfassungsrechtliche Stellung ein. Für ein Restmandat und eine Verhandlung mit dem früheren Unternehmer besteht kein Bedarf. Im Unterschied zum Übergang des ganzen Betriebs endet beim Betriebsteilübergang aber die Zuständigkeit des Betriebsrats für einen Teil der Arbeitnehmer, so daß deren Vertretung nicht kontinuierlich gewährleistet und ein Restmandat erforderlich ist. Die die Betriebsänderung betreffenden Verhandlungen können aber, wie dargestellt, nur bezüglich aller Arbeitnehmer des vorherigen Betriebs als Gesamtheit durchgeführt werden. Das Betriebsverfassungsgesetz kennt keinen Betriebsrat für unselbständige Betriebsteile, sondern nur für den Betrieb als Ganzen. Das Mandat kann sich demnach auch nicht nur auf einen Teil der Arbeitnehmer beziehen. Auf Arbeitgeberseite muß aus diesem Grund auch mit dem Arbeitgeber verhandelt werden, der für alle Arbeitnehmer des ursprünglichen Betriebs zuständig war, also mit dem friiheren Inhaber. Das Restmandat gilt insbesondere auch für die Fälle der Betriebsstillegung. Demnach ist ein Restmandat auch gegeben, wenn die Outsourcing-Maßnahme zur Stillegung eines ganzen Betriebs führt. Hier verliert der Betrieb seine Identität und das Amt des Betriebsrats endet. Ebenso verhält es sich bei der Auftragsneuvergabe, wenn kein Betriebsübergang stattfindet, sondern eine Stillegung gegeben ist21 . Das Restmandat erweitert jedoch nicht die Zuständigkeit des Betriebsrats auf Betriebsänderungen, die erst nach dem Übergang des Betriebsteils dort geplant und vorgenommen werden. Die Zuständigkeit des Betriebsrats des Betriebs, zu dem der Betriebsteil zuvor gehörte, bezieht sich nach dem Betriebsübergang nicht auf Betriebsänderungen in dem übergegangenen BetriebsteiL In diesem Fall ist vielmehr der Betriebsrat des Betriebs zuständig, in den der Teil eingegliedert wurde, bzw. ein neuzuwählender Betriebsrat, wenn der Betriebsteil verselbständigt wurde. Hier kann sich das Problem ergeben, daß der Betriebsteil in einen betriebsratslosen Betrieb eingegliedert wird bzw. bei Verselbständigung ein neuer Betriebsrat noch nicht gewählt ist und die Arbeitnehmer für eine Übergangszeit ohne betriebsverfassungsrechtlichen Schutz sind. Es stellt sich die Frage, ob der bisherige Betriebsrat für eine gewisse Übergangszeit auch für den ausgelagerten Betriebsteil zuständig sein kann.

2. Übergangsmandat des Betriebsrats Im Umwandlungsgesetz wird dem Betriebsrat in § 321 ein Übergangsmandat zuerkannt. Danach bleibt in dem Fall, in dem die Spaltung oder Teilübertragung eines Rechtsträgers die Spaltung eines Betriebs zur Folge hat, dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile 21 Das BAG, 01. 04. 1998, NZA 1998, 768 ff., hat das Restmandat bei der dortigen Auftragsneuvergabe anerkannt.

I. Zuständigkeit

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weiter, soweit diese über die in § 1 BetrVG genannte Arbeitnehmerzahl verfügen und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht. Gemäߧ 321 S. 2 UmwG hat der Betriebsrat insbesondere unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen. Gemäߧ 321 S. 3 UmwG endet das Übergangsmandat, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung oder der Teilübertragung des Rechtsträgers. Dieses Übergangsmandat beinhaltet eine vorübergehende Zuständigkeit des Betriebsrats des Ursprungsbetriebs für neue betriebliche Einheiten, die im Zusammenhang mit der Umwandlung entstanden sind22 • Dabei ist eine Spaltung des Betriebs Voraussetzung. Nicht erlaßt ist der Fall, in dem ein gesamter Betrieb Gegenstand einer Umwandlung ist. Denn in diesem Fall bleibt der Betriebsrat im Amt und ist weiterhin für den gesamten Betrieb zuständig. Eines Übergangsmandats bedarf es nicht. Eine Spaltung des Betriebs kann grundsätzlich auch eine lediglich rechtliche Teilung auf der Unternehmensebene bedeuten, bei der die Organisation nicht geändert wird23 • Im Regelfall entsteht hier aber ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen (§ 322 Abs. 1 UmwG24), der Betriebsrat bleibt im Amt und ein Übergangsmandat ist nicht erforderlich. Die Rechtsprechung zum Restmandat wird durch § 321 UmwG nicht berührt25 • Dies erklärt sich daraus, daß sich das Restmandat auf Mitbestimmungsrechte bezieht, die ihren Ursprung noch im alten Betrieb haben, das Übergangsmandat jedoch eine Zuständigkeit für die Rechte des Betriebsrats regelt, die in einem neuen Betrieb entstehen. Die Kompetenz zur Regelung von Angelegenheiten, die den vorherigen Betrieb betreffen und noch nicht abgeschlossen wurden, besteht nicht aufgrunddes Übergangs- sondern aufgrunddes Restmandats 26. Letztlich begründen beide Mandate eine Zuständigkeit des ursprünglichen Betriebsrats. Sie haben jedoch jeweils einen anderen Anwendungsbereich. Anders sieht dies Feudne?7 , nach dem das Restmandat durch die Regelung des § 321 UmwG überholt ist. Diese Norm schließe ein Restmandat dann aus, wenn der Betriebsteil in einen Betrieb eingegliedert werde, in dem ein Betriebsrat bestehe. In diesem Fall bestehe keine mitbestimmungsrechtliche Lücke, da der neue Betriebsrat zuständig sei und ein Restmandat nicht mehr benötigt werde. Diese Auffassung beachtet nicht die unterschiedlichen Anwendungsbereiche der beiden Mandate. Deutlich wird dies an dem Beispiel, in dem mit einer Spaltung nach dem UmwG eine Spaltung des Betriebs Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 356. Siehe oben 3. Kapitel unter IV. 2. zu§ 322 Abs. 1 UmwG, der auf§ 321 UmwG Bezug nimmt. 24 Siehe dazu oben 3. Kapitel unter IV. 2. 25 Heinze, ZfA 1997, 1 (10); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 359. 26 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 380. 27 BB 1996, 1934 (1935). 22 23

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG einhergeht und ein Anspruch des Betriebsrats auf Interessenausgleich und Sozialplan entsteht. Ist die Umwandlung durchgeführt und das Verfahren hierüber noch nicht abgeschlossen, wird nicht für die Arbeitnehmer des übergehenden Betriebsteils der Betriebsrat des neuen Betriebs für diese Verhandlungen zuständig. Das Übergangs- und das Restmandat sind voneinander zu trennen. Letzteres ist keineswegs durch§ 321 UmwG überholt. a) Inhalt des Übergangsmandats gemäß § 321 UmwG Gemäߧ 321 Abs. 1 S. 2 UmwG besteht die Hauptaufgabe des Betriebsrats bei Wahrnehmung des Übergangsmandats darin, unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen, damit möglichst schnell ein neuer Betriebsrat gewählt werden kann. Nach herrschender Meinung 28 handelt es sich bei dem Übergangsmandat um ein Vollmandat, das dem Betriebsrat darüber hinaus sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Kompetenzen, also auch Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan, zuweist. Heinze 29 ist dagegen der Auffassung, daß das Übergangsmandat auf die Mitwirkung in personellen Angelegenheiten beschränkt ist. Regelungszweck sei es nicht, einen nicht mehr zuständigen Betriebsrat in seinen Funktionen zu festigen, sondern nur, für eine Übergangszeit einen betriebsratslosen Betrieb zu verhindern. Dadurch, daߧ 613 a Abs. 1 S. 2-4 BGB die Weitergeltung der bisherigen Kollektivnormen sicherstelle und durch das Restmandat gewährleistet sei, daß bereits eingeleitete Mitbestimmungsverfahren mit den alten Betriebsverfassungsparteien auch noch nach Vollzug der Umwandlung abgeschlossen würden, sei der kollektivrechtliche Schutz der Arbeitnehmer in den anderen Angelegenheiten gewährleistet. Gemäߧ 321 Abs. 1 S. 1 UmwG führt der Betriebsrat aber "die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter". Nach § 321 S. 2 UmwG hat der Betriebsrat "insbesondere" die Wahlvorstände zu bestellen. Der Wortlaut des § 321 UmwG schränkt die Mitbestimmung des Betriebsrats im Rahmen des Übergangsmandatsalso in keiner Weise ein. Ebenso gewährleisten§ 613 a Abs. 1 S. 24 BGB und das Restmandat nicht, daß die Arbeitnehmer in neuen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten vertreten werden. Vielmehr kann es gerade in der mit einer Umwandlung einhergehenden Umbruchsphase dazu kommen, daß der Unternehmer in einem ausgelagerten Betriebsteil eine neue Betriebsänderung vornimmt, bevor ein neuer Betriebsrat gewählt ist. Hierbei handelt es sich um ein 28 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, § 21 Rn. 51; Kreßel, BB 1995, 925 (927); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 378; Däubler; RdA 1995, S. 136 (144); Bachner, DB 1995, 2068 (2070); ders., AiB 1996, 291 (301); Wlotzke, DB 1995, 40 (46); ders., AiB 1996, 291 (301); zweifelnd Feudner, BB 1996, 1934 (1936). 29 ZfA 1997, 1 (10).

I. Zuständigkeit

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neues Mitbestimmungsverfahren, das nicht mehr von dem Restmandat des Betriebsrats erlaßt wird und das auch nicht durch § 613 a Abs. 1 S. 2-4 BGB, der nur den Bestand bereits bestehender Rechte gewährleistet, entbehrlich wird. Gerade für die kollektiven Maßnahmen kann das Übergangsmandat erforderlich sein. Zudem ist es dem BetrVG fremd, das Mandat des Betriebsrats nur auf bestimmte Mitbestimmungstatbestände zu beschränken. Das Übergangsmandat weist dem Betriebsrat also sämtliche Kompetenzen zu. b) Erstreckung des Übergangsmandats auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs Ein Betriebsteil kann infolge der Umwandlung verselbständigt werden, in einen Betrieb mit bestehendem Betriebsrat eingegliedert werden oder in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem kein Betriebsrat besteht. Letzteres kann der Fall sein, wenn dem aufnehmenden Betrieb zuvor die gemäß § 1 BetrVG zur Errichtung eines Betriebsrats erforderliche Anzahl von fünf Arbeitnehmern fehlte. Ebenso ist möglich, daß der aufnehmende Betrieb neu entstanden ist und noch kein Betriebsrat gewählt worden ist. Das kann z. B. gegeben sein, wenn ein Unternehmen einen Betrieb auslagert, der sich verselbständigt, und in diesen Betrieb ein Betriebsteil eines anderen Betriebs eingegliedert wird. Diese Konstellation ist z. B. bei einem joint venture möglich. Dariiber hinaus wird nicht in allen betriebsratsfähigen Betrieben auch ein Betriebsrat gewählt. Fraglich ist, ob sich im Fall der Eingliederung eines ausgelagerten Betriebsteils in einen Betrieb das Übergangsmandat auch auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs erstreckt30. Dafür spricht, daß eine Beschränkung der Zuständigkeit auf die Arbeitnehmer des alten Betriebsteils nicht mit dem Grundsatz zu vereinbaren ist, daß das BetrVG keinen Betriebsrat für unselbständige Betriebsteile, sondern nur für den Betrieb als Ganzen kennt31 • Insbesondere kann ein Wahlvorstand nicht nur für einen unselbständigen Betriebsteil aufgestellt werden 32. Daneben fallen auch dann, wenn Arbeitnehmer nach der Betriebsratswahl in einen Betrieb eintreten, diese Arbeitnehmer in die Zuständigkeit eines Betriebsrats, den sie nicht gewählt haben, da eine Neuwahl nur in den Fällen des § 13 BetrVG erforderlich ist33 . Für den Fall, daß ein Betriebsteil in Folge einer Umwandlung in 30 Dafür FittingiKaiseriHeitheriEngels, § 21 Rn. 47; DKK!Buschmann, § 21 Rn. 64; Bachner I Köstler ITrittiniTrümner. Arbeitsrecht bei Untemehmensumwandlungen, S. 75; auch Engels, DB 1991,966 (967) zu§ 13 SpTrUG. 31 FittingiKaiseriHeitheriEngels, § 21 Rn. 47; BachneriKöstleriTrittiniTrümner; Arbeitsrecht bei Untemehmensumwand1ungen, S. 75. 32 Bachner I Köstler ITrittiniTrümner; Arbeitsrecht bei Untemehmensumwandlungen, S. 75; Menge/, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 300 f.

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

einen Betrieb eingegliedert wird, in dem bereits ein Betriebsrat besteht, geht das Gesetz in § 321 UmwG selbstverständlich davon aus, daß dieser Betriebsrat auch für die neuen Arbeitnehmer zuständig ist. Möglich ist aber, daß es sich um einen Betriebsteil handelt, in dem in Relation zu dem aufnehmenden Betrieb eine große Anzahl von Arbeitnehmern tätig ist. Das Betriebsratsmandat erstreckt sich in diesem Fall auf eine große Anzahl von Arbeitnehmern, die auf dessen Wahl keinen Einfluß hatten. Demnach ist nicht ausschlaggebend, daß die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs nunmehr der Zuständigkeit eines Betriebsrats unterliegen, den sie nicht gewählt haben. Teilweise wird diese Erstreckung der Zuständigkeit auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs aber unter Hinweis auf die Formulierung in § 321 Abs. I S. I UmwG, daß der Betriebsrat die Geschäfte "für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile" weiterführt, abgelehnt34. Diese Formulierung spricht aber nicht zwingend gegen eine Erstreckung des Mandats auf die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs. Naheliegend ist, daß der Gesetzgeber mit dieser Formulierung nur klarstellen wollte, daß der Betriebsrat die Geschäfte nicht für Betriebsteile weiterführt, für die er schon bislang nicht zuständig war. Das Betriebsratsmandat bezieht sich stets auf einen ganzen Betrieb und nicht auf unselbständige Betriebsteile oder einen Teil der Arbeitnehmerschaft Insbesondere werden von diesem Mandat keine Arbeitnehmer ausgeschlossen. Es ist nicht davon auszugehen, daß der Gesetzgeber mit dieser Formulierung die dem Gesetz fremde Situation schaffen wollte, daß sich das Betriebsratsmandat nur auf einen Teil der Arbeitnehmer eines Betriebs bezieht, während für die anderen keine betriebliche Interessenvertretung zuständig ist. Nach Mengez3 5 ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts zu differenzieren. Die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen sei auf die Arbeitnehmer des eingegliederten Betriebsteils zu begrenzen und nur für die kollektiven Mitbestimmungsrechte, insbesondere für die Betriebsratswahlen, auf diese Arbeitnehmer zu erweitern. Dagegen spricht aber, daß es dem BetrVG fremd ist, das Mandat nur auf einen Teil der Mitbestimmungsrechte zu beschränken. Eine Mitwirkung des Betriebsrats nur für die Arbeitnehmer des eingegliederten Betriebsteils ist unter dem Aspekt des Erfordernisses einer betrieblichen Interessenvertretung auch nicht im Interesse der dort schon zuvor tätigen Arbeitnehmer. Bis ein Betriebsrat neu gewählt ist, entspricht es dem Interesse der Arbeitnehmer, von demjenigen des neuen Betriebsteils vertreten zu werden, da die Alternative wäre, daß bis zu dem Zeitpunkt der Neuwahl für sie kein Betriebsrat zuständig ist, obwohl die notwendige Arbeitnehmerzahl gegeben ist. Es würde eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer des bisherigen Betriebs bedeuten, wenn für sie keine Siehe oben unter I. Feudner; BB 1996, 1934 (1936); Oetker/Busche, NZA 1991, Beilage 1, 18 (23 f.) zu § 13 SpTrUG. 35 Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 300 f. 33

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I. Zuständigkeit

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Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen bestehen würde. Denn diese Arbeitnehmer gehören demselben Betrieb an wie die Arbeitnehmer des eingegliederten Betriebsteils. Besteht für kollektive Maßnahmen eine einheitliche Interessenvertretung, muß dies aus Gründen der Gleichbehandlung auch für personelle Einzelmaßnahmen gelten. Ein Betriebsratsmandat bezieht sich auf einen ganzen Betrieb und nicht auf unselbständige Betriebsteile. Dieses Prinzip gilt für kollektive ebenso wie für Einzelmaßnahmen.

c) Frage des Übergangsmandats bei der Einzelrechtsnachfolge Fraglich ist, ob ein Übergangsmandat nur bei einer Umwandlung in Betracht kommt oder ob auch bei einer Einzelrechtsnachfolge dem Betriebsrat ein Übergangsmandat zustehen kann. Die im Umwandlungsgesetz geregelten Vorgänge können ebenso im Wege der Einzelrechtsnachfolge vorgenommen werden. So kann die in§ 321 UmwG vorausgesetzte Spaltung des Betriebs entweder mit einer Spaltung gemäß § 123 Abs. 3 UmwG einhergehen, wenn der übertragende Rechtsträger Anteile oder Mitgliedschaften erhält, oder ein Betriebsteil kann an einen Dritten veräußert werden, so daß eine Einzelrechtsnachfolge gegeben ist. Die Spaltung des Betriebs im Sinne des § 321 UmwG ist bei der Einzelrechtsnachfolge entsprechend gegeben, wenn ein Betriebsteil im Wege der Einzelrechtsnachfolge gemäߧ 613 a BGB auf einen anderen Inhaber übergeht, da in diesem Fall die Zuständigkeit des Betriebsrats für diesen Teil endet und der Betriebsteil zunächst ohne Vertretung ist, wenn er nicht in einen Betrieb mit Betriebsrat eingegliedert wird. Fraglich ist, ob auch in diesen Fällen der Einzelrechtsnachfolge ein Übergangsmandat in analoger Anwendung des§ 321 UmwG gegeben sein kann. In diesem Zusammenhang ist relevant, daß ebenso wie§ 321 UmwG unter anderem auch § 13 SpTrUG, § 6 b Abs. 9 VermG, §§ 15, 20 DBGrG und § 25 PostPersRG die Regelung eines Übergangsmandates enthalten.

Gemäß Art. 5 Unterabsatz 4 der durch die Richtlinie 98 I 50 I EG geänderten Richtlinie 77 I 187 /EWG treffen die Mitgliedstaaten für den Fall, daß das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil seine Selbständigkeit nicht behält, die erforderlichen Maßnahmen, damit die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer, die vor dem Übergang vertreten wurden, während des Zeitraums, der für die Neubildung oder Neubenennung der Arbeitnehmervertretung erforderlich ist, im Einklang mit dem Recht oder der Praxis der Mitgliedsstaaten weiterhin angemessen vertreten werden. Diese Norm ordnet ein Übergangsmandat an, da nicht auf andere Weise als durch ein Fortbestehen der ursprünglichen Arbeitnehmervertretung eine "angemessene" Vertretung der Arbeitnehmer erreicht werden kann36 . Eine angemessene Ver-

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

tretung ist nur dann gegeben, wenn dem Betriebsrat sämtliche bisherigen Befugnisse verbleiben, so daß es sich um ein Vollmandat handelt37 . Der Wortlaut erlaßt nicht den Fall, daß die Selbständigkeit des Betriebs bestehen bleibt, die Zuständigkeit aber für einen Teil der Arbeitnehmer endet, wie es bei einem Betriebsteilübergang der Fall ist. Zweck der Vorschrift ist es, die Vertretung der vor dem Übergang vertretenen Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang zu gewährleisten, so daß die Auslegung ergibt, daß die Richtlinie auch in diesem Fall ein Übergangsmandat anerkennt. Die Richtlinie regelt demnach den Vorgang, der in § 321 UmwG als Spaltung des Betriebs bezeichnet wird. Das deutsche Betriebsverfassungsrecht ordnet ein solches Übergangsmandat bei einem Betriebsübergang nicht an. Fraglich ist demnach, ob das deutsche Betriebsverfassungsrecht ein Übergangsmandat im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung zuläßt. Dabei ist zu beachten, daß die Umsetzungsfrist der Richtlinie am 17. 07. 200 I abläuft. Die Pflicht einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts besteht erst, wenn der Gesetzgeber bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist nicht tätig geworden ise8 • Eine richtlinienkonforme Auslegung findet ihre Grenze erst in einem eindeutig entgegenstehenden Inhalt des nationalen Rechts 39• Eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts ist ab dem 17. 07. 2001 also dann erforderlich, wenn das Betriebsverfassungsrecht nicht einem allgemeinen Übergangsmandat bei einem Betriebsübergang eindeutig entgegensteht. Allerdings ist eine richtlinienkonforme Auslegung dann nicht erforderlich, wenn bereits das geltende Recht ein Übergangsmandat auch bei einem Betriebsübergang außerhalb einer Umwandlung erfordert. Zu priifen ist also, ob, abgesehen von der Richtlinie, ein Übergangsmandat in den Fällen anzuerkennen ist, in denen bei einem Betriebsteilübergang gemäß § 613 a BGB der Betriebsrat sein Mandat ganz oder für einen Betriebsteil oder mehrere Betriebsteile verliert und die entstehenden betrieblichen Einheiten ohne ein Übergangsmandat für eine Übergangszeit ohne betriebliche Interessenvertretung wären. aa) Meinungsstand

Einer Ansicht40 nach ist§ 321 UmwG analog auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Spaltung des Betriebs mit einer Einzelrechtsnachfolge einhergeht. Krause, NZA 1998, 1201 (1203). Krause, NZA 1998, 1201 (1203); Gaul, BB 1999, 582 (584). 38 BGH 05. 02. 1998, NJW 1998, 2208 (2211) unter Hinweis auf die dementsprechende Rechtsprechung des EuGH. Das Recht einer richtlinienkonformen Auslegung durch die Gerichte vor Ablauf der Umsetzungsfrist bleibt danach unberührt. 39 BAG 05. 03. 1996, NZA 1996,751 (755). 40 lAG Berlin, 08. 01. 1996, BB 1996, 1937; ArbG Düsse/dorf, 17. 09. 1996, AiB 1997, 602 f. mit zust. Anm. von Thannheiser; ArbG Duisburg, 03. 09. 1996, AiB 1997, 287 f. mit 36

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I. Zuständigkeit

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Dies wird überwiegend damit begründet, daß aufgrund der Einführung der genannten41 Normen ein allgemeines Rechtsprinzip bestehe, daß bei betrieblichen Organisationsänderungen eine betriebsratslose Zeit vermieden werden solle42. Dieses Übergangsmandat gelte entsprechend § 321 UmwG als die allgemeinste der gesetzlichen Regelungen für sechs Monate, jedoch längstens bis zur Wahl eines neuen Betriebsrats. Die andere Meinung43 läßt dagegen ein Übergangsmandat nur in den gesetzlich geregelten Fällen zu. Es liege keine Lücke im Gesetzesrecht vor, die auszufüllen sei44. Daraus, daß der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des UmwG zwar die §§ 111 und 106 BetrVG geändert habe, aber nur in § 321 UmwG und nicht im BetrVG ein Übergangsmandat geregelt habe, folge im Urnkehrschluß, daß sich der Gesetzgeber gegen ein solches Übergangsmandat entschieden habe45 . Das BAG46 hat bei einem Betriebsteilübergang ein Übergangsmandat abgelehnt. Das Betriebsratsmandat sei zwingend an den Betrieb gebunden und erfasse nicht einen Betriebsteil, der auf einen anderen Inhaber übertragen worden sei47 .

bb) Stellungnahme Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, ob in den Fällen, in denen dem Vorgang der Spaltung des Betriebs im Sinne des § 321 UmwG eine Einzelzust. Anm. von Bachner; FittingiKaiseriHeitheriEngels, § 21 Rn. 52; DKKIBuschmann § 21 Rn. 68 ff.; ErfKI Eisemann, § 21 BetrVG, Rn. 8; GK-WieseiKreutz, § 21 Rn. 82; Menget, Unternehmensumwandlungen im Arbeitsrecht, S. 442 ff.; Bachner; DB 1995, 2068 (2069); ders. AiB 1996,291 (301); Klar; NZA 1997,470 (471 f.); Däubler; RdA 1995, S. 136 (146). 41 Siehe oben unter c). 42 LAG Berlin, 08. 01. 1996, BB 1996, 1937; ArbG Düsseldorf, 17. 09. 1996, AiB 1997, 602 f. mit zust. Anm. von Thannheiser; ArbG Duisburg, 03. 09. 1996, AiB 1997, 287 f. mit zust. Anm. von Bachner; Fitting I Kaiser I Heither I Engels, § 21 Rn. 52; DKK I Buschmann § 21 Rn. 68 ff.; ErfKI Eisemann, § 21 BetrVG, Rn. 8. 43 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 358; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1058 f.); Gaul, DB 1995, 2265 (2268); Heinze, FS für Schaub, S. 275 (285 f.); Feudner; BB 1996, 1934 f.; Staudinger I RichardilAnnuß, § 613 a Rn. 238. 44 Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1058 f.); Heinze, FS für Schaub, S. 275 (285 f.); Feudner; BB 1996, 1934 f. 45 Heinze, FS für Schaub, S. 275 (286); Gaul, DB 1995, 2265 (2268). 46 NZA 1989,433 (434 f.). 47 Das BAG lehnt dort richtigerweise insbesondere eine analoge Anwendung des § 22 BetrVG ab, nach dem der Betriebsrat in den Fällen des § 13 Abs. 2 Nm. 1 bis 3 BetrVG (Erfordernis der Neuwahl) die Geschäfte weiterführt, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist. Die Betriebsbezogenheit des Betriebsratsamtes sei eine wesentlicher Grundgedanke des § 13 Abs. 2 Nm. 1 bis 3 BetrVG, so daß es nicht gerechtfertigt sei, § 22 BetrVG auf einen Fall der Erstreckung des Betriebsratsamtes über den Betrieb hinaus entsprechend anzuwenden.

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

rechtsnachfolge und keine Umwandlung zugrundeliegt, ein Übergangsmandat in Betracht kommt. Diese Konstellation liegt auch der Richtlinie 771187 /EWG zugrunde. Es ist demnach die Frage nach einer analogen Anwendung des § 321 UmwG zu stellen. Für eine Analogie ist eine Regelungslücke Voraussetzung, die planwidrig ist, die also nicht vom Gesetzgeber gewollt ist48 . Eine einer Analogie zugängige offene Gesetzeslücke liegt vor, wenn das Gesetz für eine bestimmte Fallgruppe keine Regel enthält, die auf sie anwendbar wäre, obwohl es nach seiner eigenen Teleologie eine solche Regel enthalten sollte49. Im Betriebsverfassungsgesetz sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 613 a BGB) ist ein Übergangsmandat für die Fälle einer Spaltung des Betriebs im Wege der Einzelrechtsnachfolge nicht vorgesehen. Fraglich ist aber, ob sich aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht ergibt, daß ein Übergangsmandat in diesen Fällen gewollt ist. Zum einen ist es ein grundlegendes Prinzip der Betriebsverfassung, daß die betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben betriebsbezogen sind (vgl. § I BetrVG)50. Der Betriebsrat ist nur für den Betrieb zuständig, in dem er gewählt worden ist, und sein Mandat kann grundsätzlich nicht auf einen anderen Betrieb ausgedehnt werden51 . Dieses Prinzip spricht gegen eine planwidrige Regelungslücke, da die neu entstehenden Einheiten nicht mehr zu dem ursprünglichen Betrieb gehören, für den der Betriebsrat gewählt worden ist, der Wille des Gesetzgebers aber dahingeht, das Betriebsratsmandat an den Betrieb zu binden. Zum anderen ist aber zu beachten, daß das BetrVG den Schutz der Arbeitnehmer gegen Maßnahmen des Arbeitgebers durch die Mitwirkung einer betrieblichen Interessenvertretung zum Gegenstand hat. Der Betriebsrat wird von den Arbeitnehmern des Betriebs gewählt und ist demnach durch diese demokratisch legitimiert. In den§§ 16 ff. BetrVG ist geregelt, daß der neue Betriebsrat zu wählen ist, bevor die Amtszeit des vorherigen endet. Zum Schutz der Arbeitnehmer soll keine betriebsratslose Zeit eintreten. Aus Sinn und Zweck des BetrVG ergibt sich, daß die Interessenvertretung der Arbeitnehmer möglichst kontinuierlich sein soll. Diese Kontinuität bezieht sich nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes allerdings ausschließlich auf den Betrieb52• Demgegenüber enthalten einige GeLarenz, Methodenlehre, S. 373 f. Larenz, Methodenlehre, S. 377. 5o BAG 23. 11. 1988, NZA 1989,433. 5t BAG 23. 11. 1988, NZA 1989,433 (434). 52 Anders GK-Wiese/Kreutz, § 21 Rn. 43 f., nach denen entscheidend ist, daß der Betriebsrat für eine volle Amtsperiode gewählt wird und vorzeitige Neuwahlen nach Betriebsumstrukturierungen nicht vorgesehen sind. Bei Betriebsaufspaltungen und Betriebsahspaltungen bleibe der Betriebsrat demnach für die Dauer seiner Amtszeit und ohne Zuständigkeitseinbuße im Amt. Dem ist nicht zu folgen, weil das Betriebsverfassungsrecht betriebsbezogen ist und demnach dann, wenn der Betrieb seine Identität verliert, grundsätzlich auch das Amt des Betriebsrats endet. Es kommt nur ein Übergangsmandat in Betracht, um eine betriebsratslose Zeit zu überbrücken, das aber endet, sobald eine Neuwahl, die unverzüglich einzuleiten 48

49

I. Zuständigkeit

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setze53 aber dennoch ein Übergangsmandat Der Gesetzgeber hat dadurch gezeigt, daß das Prinzip der Bindung des Betriebsrats an den Betrieb nicht unbedingt zwingend ist und die Gewährleistung der Kontinuität der Interessenvertretung in Fällen, in denen aus einem zuvor einheitlichen Betrieb neue betriebliche Einheiten entstehen, durchaus Vorrang haben kann. Es kommt zum Ausdruck, daß es sich bei der Bindung des Betriebsratsmandats an den Betrieb nicht um ein unumstößliches Prinzip handelt, das nicht durchbrochen werden kann54. Der Gesetzgeber erkennt zum Schutz der Arbeitnehmer an, daß sich das Betriebsratsmandat für eine Übergangszeit weiterhin auf einen Betriebsteil oder mehrere Betriebsteile beziehen kann, für den bzw. für die die Zuständigkeit grundsätzlich nicht mehr besteht. Auch für die Arbeitnehmer dieses Betriebsteils oder dieser Betriebsteile und durch diese ist der Betriebsrat gewählt worden. Das Prinzip der Bindung des Betriebsratsmandats an den Betrieb kann demnach durchbrachen werden und spricht nicht zwingend gegen eine planwidrige Regelungslücke. Für eine planwidrige Regelungslücke ist hier aber Voraussetzung, daß sich aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht ergibt, daß in den Fällen einer Spaltung des Betriebs im Wege der Einzelrechtsnachfolge ein Übergangsmandat vom Gesetzgeber gewollt ist. Problematisch daran ist, daß der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des UmwG zwar die§§ 111 und 106 BetrVG geändert hat, aber nur in§ 321 UmwG und nicht im Betriebsverfassungsgesetz ein Übergangsmandat geregelt hat. Daraus ist aber nicht zwingend zu folgern, daß sich der Gesetzgeber gegen ein Übergangsmandat im Falle der Spaltung des Betriebs im Wege der Einzelrechtsnachfolge richtet. Vielmehr ergibt sich aus der Einführung des § 321 UmwG, daß in den Fällen, in denen der Betrieb in diesem Sinne gespalten wird, die Kontinuität der Interessenvertretung gewährleistet sein soll. Das Betriebsverfassungsrecht ist aber betriebsbezogen. Die Vorgänge auf der Unternehmensebene sind irrelevant. Im Hinblick auf das Betriebsratsamt macht es keinen Unterschied, ob der Spaltung eines Betriebs im Sinne des § 321 UmwG eine Umwandlung zugrundeliegt oder ob dies im Wege der Einzelrechtsnachfolge geschieht. Der Vorgang ist auf der Betriebsebene in beiden Fällen identisch. Nur auf der Unternehmensebene unterscheiist, stattgefunden hat. Das Mandat des Betriebsrats kann nicht regulär bis zum Ende der Amtszeit bestehen bleiben, da es für einen Betrieb gewählt wird, der in dieser Form nicht mehr besteht. 53 Siehe oben unter c). 54 Die Entscheidung des BAG (23. 11. 1988, NZA 1989, 433 ff.), in der eine zwingende Bindung der Betriebsratsmandats an den Betrieb vertreten wird, ist vor lnkrafttreten der Regelungen vorgenommen worden, die ein Übergangsmandat anerkennen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Anerkennung durch den Gesetzgeber und der damit in Einzelfällen einhergehende Bruch des Prinzips der Bindung des Betriebsrats an den Betrieb auch die Rechtsprechung zu einem Umdenken veranlassen wird. Zu weitgehend aber Klar; NZA 1997, 470 (472), nach dem die Rechtsprechung aus dem Jahre 1988 durch die neuenGesetze ungültig geworden ist.

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

den sich die Fälle dadurch, daß der übertragende Rechtsträger oder dessen Anteilsinhaber in den Fällen des Umwandlungsgesetzes Anteile oder Mitgliedschaften an dem neuen Rechtsträger erhalten, in den Fällen der Einzelrechtsnachfolge hingegen der Betriebsteil veräußert wird und auf den Erwerber übergeht. Für die Arbeitnehmer und für den Betriebsrat sind die Veränderungen auf der Unternehmensebene in dieser Hinsicht nicht relevant. Demnach ist davon auszugehen, daß der Wille des Gesetzgebers dahin geht, auch in den Fällen der Spaltung des Betriebs, die mit einer Einzelrechtsnachfolge einhergeht, ein Übergangsmandat anzuerkennen. Es liegt mithin eine planwidrige Regelungslücke vor. Die Übertragung der für einen Tatbestand im Gesetz gegebenen Regel auf einen vom Gesetz nicht geregelten ähnlichen Tatbestand (Analogie) erfordert, daß beide Tatbestände infolge ihrer Ähnlichkeit in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten gleich zu bewerten sind, um der Forderung der Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln, genüge zu tun55 . Aufgrund des identischen Vorgangs auf der betrieblichen Ebene und der gleichen Interessenlage sind die Vorgänge einer Spaltung des Betriebs im Rahmen einer Umwandlung und im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge ähnlich und rechtlich gleich zu bewerten. Die Voraussetzungen für eine Analogie sind demnach erfüllt. § 321 UmwG ist analog auch auf die Fälle anzuwenden, in denen der Betrieb gespalten wird, der Spaltung aber auf der Unternehmensebene keine Umwandlung sondern eine Einzelrechtsnachfolge zugrunde liegt. Die Richtlinie 77 I 187 I EWG bestätigt damit das bereits jetzt im Wege der Analogie geltende Recht. Es bedarf demnach keiner richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts zur Bejahung eines Übergangsmandats.

d) Ergebnis Für die Mitbestimmungsrechte der §§ 111 ff. BetrVG, die aufgrund der Outsourcing-Maßnahme oder des Verlusts eines Auftrags vor dem Betriebsübergang entstehen, hat der Betriebsrat ein Restmandat, aufgrund dessen er mit dem ursprungliehen Arbeitgeber die Verhandlungen zu Ende führt. Endet infolge des Outsourcing oder des Verlusts eines Auftrags die Zuständigkeit für einen Teil der Arbeitnehmer, hat der Betriebsrat ein Übergangsmandat längstens für 6 Monate gemäß oder analog § 321 UmwG, aufgrunddessen er für diese Übergangszeit sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der Arbeitnehmer, für die er zuvor zuständig war, ausübt. Er verhandelt dabei mit dem jeweiligen (neuen) Arbeitgeber der Arbeitnehmer. Dieses Mandat gilt auch ftir die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs, wenn ein Betriebsteil in einen Betrieb ohne Betriebsrat integriert wird. 55

Larenz. Methodenlehre, S. 381.

II. Inhalt des Interessenausgleichs

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II. Inhalt des Interessenausgleichs Dem Gesetz ist der Inhalt des Interessenausgleichs nicht direkt zu entnehmen. Einen Anhaltspunkt bietet zum einen aber schon der Begriff. Ziel ist ein Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und der Interessen der Arbeitnehmer am status quo. Zum zweiten läßt sich aus der Definition des Sozialplans (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG) im Umkehrschluß entnehmen, daß der Ausgleich aus der Betriebsänderung resultierender wirtschaftlicher Nachteile nicht Inhalt eines Interessenausgleichs sein kann (sog. Subtraktionsmethode)56. Durch den Interessenausgleich soll vermieden werden, daß wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Nachteile der Arbeitnehmer entstehen, und alle nichtwirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer sollen ausgeglichen werden. Die wirtschaftlichen Nachteile werden dann in einem Sozialplan zu einem Ausgleich gebracht. Der Interessenausgleich soll vor der Betriebsänderung die Frage klären, ob, wann und wie die Betriebsänderung durchgeführt wird und er soll auf die Entscheidung des Arbeitgebers einwirken57. Die Betriebsparteien können sich dabei unter anderem auf bestimmte Entlassungen oder Versetzungen58, auf eine bestimmte Personalplanung59, oder eine bestimmte Organisation des Betriebs einigen. Zu beachten ist, daß nicht nur die Nachteile der Arbeitnehmer auszugleichen sind, die in dem Betrieb oder Betriebsteil tätig sind, auf den sich die Betriebsänderung bezieht, sondern die aller Arbeitnehmer, die nachteilig betroffen sind60. Nachteile, die in einem Interessenausgleich zu herlieksichtigen sind, sind z. B. der Wegfall oder die Einschränkung von innerbetrieblichen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, sowie geringere Aufstiegschancen durch eine geringere Betriebsgröße und eine geringere Zahl von Betriebsabteilungen61 . Ebenso kann die Bildung von Fahrgemeinschaften zwischen den Arbeitnehmern nach einem Betriebsübergang nur noch eingeschränkt möglich sein62. In Betracht kommt auch der Wegfall beim bisherigen Arbeitgeber bestehender Rabatte für den Kauf unternehmenseigener Erzeugnisse63 . Daneben können Nachteile allgemein in veränderten Arbeitsbedingungen oder in einer veränderten Arbeitszeit liegen 64• Auch die Ent56 BAG 20. 10. 1983, AP Nr. 13 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, BI. 3 R; BAG 17. 09. 1991, AP Nr. 59 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 4; Fitting!Kaiser!Heither!Engels, §§ 112, 112 a Rn. 17; DKK/Däubler § 112, 112 a Rn. 13; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 17. 57 BAG 27. 10. 1987, AP Nr. 41 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 5. 58 BAG 17. 09. 1991, AP Nr. 59 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 4. 59 BAG 17. 09. 1991, AP Nr. 59 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 4.

60

61 62 63 64

DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 45. BAG 16. 06. 1987, NZA 1987,671 (673). BAG 16. 06. 1987, NZA 1987,671 (673). Jaeger, BB 1988, 1036 (1039). Gaul, DB 1995, 2265 (2267).

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

wertung eines langjährigen Wissens oder der Verlust sozialer Beziehungen können berücksichtigt werden65 . Beim Outsourcing ist es zum einen Ziel des Interessenausgleichs, die Maßnahme im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zu analysieren. Den oben im I. Kapitel66 dargestellten betriebswirtschaftliehen Motiven stehen mögliche Nachteile für die Belegschaft gegenüber. Bei Entlassungen hat der Arbeitgeber die Pflicht zur Zahlung von Abfindungen zu erwarten, die sich finanziell erheblich auswirken können. Von den Betriebsparteien kann erwogen werden, die Entlassungen durch einen Betriebsübergang zu verhindern, wobei der Erwerber allerdings häufig die für ihn oft nachteiligen Folgen des § 613 a BGB zu verhindem sucht. Ein Betriebsübergang ist beim Outsourcing häufig insoweit eine Alternative, als daß die Leistung im folgenden weiter erbracht wird und demnach unter Umständen die Kapazitäten in bezug auf Betriebsmittel und Personal bereits vorhanden sind und eventuell nur ausgebaut werden müssen. Dabei kann eine Verlegung des Betriebs nötig sein, die einen Betriebsübergang aber nicht ausschließt. Im Falle des Betriebsübergangs ist die Wahrscheinlichkeit und die Auswirkung möglicher Widersprüche abzuwägen. Zu beachten sind beim Interessenausgleich auch schon die Nachteile der Arbeitnehmer, die in einem Sozialplan auszugleichen sind, da die finanziellen Auswirkungen für den Unternehmer Gegenstand der Entscheidung über das "ob" und "wie" der Betriebsänderung sein können. Es ist ein Ausgleich der Interessen in bezug auf die Belegschaft zu erörtern. Die zukünftige Organisation des Betriebs spielt dabei eine Rolle. Diese ist unter anderem dann problematisch, wenn die Arbeitnehmer des Betriebs, der die Leistung künftig erbringt, auf dem Betriebsgelände tätig werden. Ein wichtiger Bereich wird bei dem Interessenausgleich insbesondere die Personalplanung sein. Kündigungen, Versetzungen, Änderungskündigungen und Übergänge der Arbeitsverhältnisse müssen erwogen werden. In diesem Zusanunenhang stellt sich auch die Frage der Zuordnung von Arbeitnehmern im Interessenausgleich (§ 323 Abs. 2 UmwG)67 • Bei einer Auftragsneuvergabe kommt dem Interessenausgleich eine geringere Bedeutung zu. Die entscheidende Frage ist, ob ein Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB ausgelöst wird oder nicht. Dies hängt aber insbesondere in Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, vorwiegend von dem neuen Auftragnehmer ab (Übernahme des Personals). Jedoch kann in einem Interessenausgleich erwogen werden, ob, und wenn ja, welche Maßnahmen zur Herbeiführung eines Betriebsübergangs ergriffen werden. Eine Zuordnung der Arbeitnehmer spielt bei der Auftragsneuvergabe keine Rolle, da die mit der Aufgabe beschäftigten Arbeitnehmer feststehen. Geregelt werden kann aber, ob und wenn ja, welche Arbeitnehmer trotz des Auftragsverlustes bei anderen Aufträgen

65 66 67

DKK/ Däubler, §§ 112, 112 a Rn. 39. Siehe dort unter III. Siehe dazu unten unter V.

III. Rechtswirkungen

191

weiterbeschäftigt werden können und welchen Arbeitnehmern gekündigt werden muß. Eine zeitliche Höchstgrenze für das Interessenausgleichsverfahren, wie sie noch § 113 Abs. 3 S. 2 und 3 BetrVG a. F. vorsah, besteht nicht.

111. Rechtswirkungen Während dem Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung zukommt, und dieser demnach gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG zwingende Bindungswirkung entfaltet, fehlt eine gesetzliche Regelung der rechtlichen Wirkung eines lnteressenausgleichs. In Frage steht zum einen die Wirkung im Verhältnis von Betriebsrat und Unternehmer und zum anderen die Wirkung im Verhältnis von Arbeitnehmer und Unternehmer.

1. Wirkung im Verhältnis von Betriebsrat und Unternehmer Aus dem Umkehrschluß aus § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG, der dem Sozialplan die Wirkung einer Betriebsvereinbarung beilegt, folgt, daß es sich bei einem Interessenausgleich nicht um eine Betriebsvereinbarung handelt. Der Interessenausgleich ist vielmehr eine kollektive Vereinbarung besonderer Art und bindet als solche den Unternehmer, der die Betriebsänderung nur durchführen darf, wie es im Interessenausgleich festgelegt ist und nur aus zwingendem Grund von ihm abweichen da.rt-68 • Das Gesetz sieht als Rechtsfolge einer Nichtbeachtung durch den Unternehmer zwar nur den Nachteilsausgleichsanspruch gemäߧ 113 BetrVG vor. Daraus folgt aber nicht, daß der Betriebsrat keinen Anspruch gegen den Unternehmer darauf hat, daß dieser alle dem Interessenausgleich widersprechenden Maßnahmen unterläßt, da § 113 BetrVG nur Individualrechte gewährt und das Verhältnis der Betriebsparteien zueinander nicht beriihrt69• Der Unternehmer geht freiwillig eine Verpflichtung ein. Daß der Unternehmer hieran nicht gebunden sein soll, geht aus § 113 BetrVG nicht hervor70 • Entscheidend ist, daß es sich bei dem Interessenausgleich um einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat handelt, der von den Parteien einzuhalten ist71 • Anders ist dies mit Rücksicht auf § 113 Abs. 1 68 Richardi § 112 Rn. 40; Fitting/Kaiser/Heither!Engels, §§ 112, 112 a Rn. 48; MünchArbR/ Matthes, § 352 Rn. 16; ders, FS für W1otzke, S. 393 (396); LAG München 16. 07. 1997, AuR 1998, 89 f.; Zwanziger, BB 1998, 477 (478 f.); Molkenbur/Schulte, DB 1995, 269 (270 f.); DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 16 c; aA BAG 28. 08. 1991, BAGE 68, 232 (242); Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 112 Rn. 13; Galperin!Löwisch, §§ 112, 112 a Rn. 13; GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 22; Bauer, DB 1994, 217 (221 Fn. 49), nach denen die Einhaltung des Interessenausgleichs nicht erzwungen werden kann. 69 LAG München 16. 07. 1997, AuR 1998, 89 (90). 70 MünchArbR I Matthes, § 352 Rn. 17.

192

4. Kap.: Der Interessenausgleich

BetrVG nur dann, wenn ein zwingender Grund für eine Abweichung gegeben ist72. Ein solcher Grund liegt vor, wenn aus diesem Grund nach Abschluß des Interessenausgleichs eine Änderung des Interessenausgleichs erforderlich wird, nicht aber wenn dieser Grund zur Betriebsänderung überhaupt Anlaß gegeben hat73 • Daraus, daß der Abschluß eines Interessenausgleichs nicht erzwingbar ist, folgt, daß der Schutz der Unternehmerischen Freiheit, eine Betriebsänderung ohne Mitbestimmung des Betriebsrats durchzuführen, nicht beeinträchtigt wird74 • Auch der Betriebsrat ist an den Interessenausgleich gebunden und darf nicht, wenn er einer Betriebsänderung zugestimmt hat, dieselbe innerhalb der Mitwirkung anläßlich der Durchführung verhindem oder erschweren75 .

2. Wirkung im Verhältnis von Arbeitnehmer und Unternehmer I Freiwillige Betriebsvereinbarung Der Interessenausgleich hat hingegen keine normative Wirkung auf das einzelne Arbeitsverhältnis76 • Dies folgt zum einen im Umkehrschluß daraus, daß dem Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG die zwingende Wirkung einer Betriebsvereinbarung(§ 77 Abs. 4 BetrVG) zukommt, und zum anderen aus§ 113 BetrVG, der dem Arbeitnehmer bei Verstoß des Unternehmers gegen den Interessenausgleich oder Nichtdurchführung eines Interessenausgleichs vor einer Betriebsänderung nur einen Nachteilsausgleichsanspruch gewährt. Andernfalls wäre die Regelung des Nachteilsausgleichs überflüssig, da die Arbeitnehmer im Falle einer normativen Wirkung des Interessenausgleichs Schadensersatzanspruche wegen Nichterfüllung geltend machen könnten77 . Der Interessenausgleich ist eine rein kollektivrechtliche Vereinbarung und wirkt sich nicht unmittelbar und zwingend auf das einzelne Arbeitsverhältnis aus78 . Die Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Einhaltung des Interessenausgleichs gegen den Arbeitgeber und können auch keine Anspruche aus demselben herleiten. Allerdings drohen dem Arbeitgeber bei Verstoß Nachteilsausgleichsansprüche gemäß § 113 BetrVG. Diese Norm bietet eine gewisse Gewähr für die Einhaltung der kollektivrechtlichen Regelung. 71 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 49; LAG München 16. 07. 1997, AuR 1998, 89. 72 MünchArbR I Matthes, § 352 Rn. 16. 73 BAG 17. 09. 1974, AP Nr. 1 zu§ 113 BetrVG 1972, BI. 4; Fitting/Kaiser/Heither/ Engels, § 113 Rn. 4. 74 MünchArbR/ Matthes, § 352 Rn. 17. 75 MünchArbR/ Matthes, § 352 Rn. 18. 76 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 50; GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 22; Zwanziger, BB 1998, 477; Willemsen/Hohenstatt, NZA 1997,345 (347). 77 Zwanziger, BB 1998,477. 78 Siehe die Angaben in Fn. 76.

IV. Freiwilliger Interessenausgleich

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Den Betriebsparteien steht es allerdings frei, anläßlich einer Betriebsänderung bestimmte oder alle diesbezüglichen Fragen durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) zu regeln, die gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG normativ auf das einzelne Arbeitsverhältnis wirkt79 • Möglich sind beispielsweise Regelungen über soziale Angelegenheiten, wie die Gewährung bestimmter Leistungen, über Ansprüche auf Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen, über die Arbeitsorganisation oder über eine zahlenmäßige Obergrenze für Kündigungen oder den Personalabbau insgesamt80. Auch können nach § 106 Abs. 2 BetrVG Kündigungen von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht werden81 • In entgegenstehende oder weitergehende einzelvertragliche Rechte kann eine freiwillige Betriebsvereinbarung aber nicht eingreifen, es sei denn die Einzelarbeitsverträge stehen unter dem Vorbehalt einer ablösenden Betriebsvereinbarung82. Als Repräsentant der Belegschaft muß der Betriebsrat auch in der Weise auf die Interessen der Arbeitnehmer Rücksicht nehmen, daß er nicht Betriebsvereinbarungen abschließt, die die einzelvertraglichen Rechte einzelner oder aller Arbeitnehmer schmälern83 .

IV. Freiwilliger Interessenausgleich Ob eine von dem Unternehmer geplante Maßnahme eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG ist, ist im Stadium der Planung nicht immer eindeutig. Beispielsweise ist mitunter nicht abzusehen, ob die Anzahl der zu kündigenden Arbeitnehmer die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreichen wird oder ob ein wesentlicher Betriebsteil gegeben ist, zumal in letzterem Fall die Voraussetzungen desselben bereits problematisch sind. Auch kann fraglich sein, ob und wenn ja, zu welchen Nachteilen bei wievielen Arbeitnehmern eine Maßnahme des Unternehmers führen kann. Dies kann nach der hier vertretenen Auffassung bei einer Spaltung nach § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG und bei einer Änderung der Organisation gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG relevant sein84. Ebenso kann zweifelhaft sein, ob ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB stattfindet oder nicht. Dabei kann zum einen zum Zeitpunkt der Planung fraglich sein, ob der Unternehmer, der im folgenden mit der Aufgabe betraut ist, Betriebsmittel und I oder Arbeitnehmer übernimmt. Zum anderen können, insbesondere wegen der komplizierten Voraussetzungen des

79 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 19 rn. w. N.; Fitting/Kaiser/Heither/Engels §§ 112, 112a Rn. 50; Molkenbur I Schulte, DB 1995,269 (271); Rumpff/Boewer, I. Rn. 22. 80 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 19. 81 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 19. 82 BAG 12. 08. 1982, AP Nr. 4 zu§ 77 BetrVG 1972, BI. 3 f. 83 BAG 12. 08. 1982, AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972, BI. 3 f. 84 Siehe dazu oben 3. Kapitel unter V. 6. b) cc) (3) und 4. a) aa).

13 Römer

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

§ 613 a BGB, auch Unklarheiten darüber bestehen, ob die Übernahme von Betriebsmitteln und I oder Personal einen Betriebsübergang darstellt.

Aus diesem Grund empfiehlt das BAG85 , vor der Durchfiihrung einer Maßnahme, die eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG sein könnte, in einem gerichtlichen Beschlußverfahren zu klären, ob die geplante Maßnahme Beteiligungsrechte gemäß § § 111 ff. BetrVG auslöst. Dieser Vorschlag dürfte in der Praxis aber häufig nicht praktikabel sein, da es oft zeitlich nicht möglich ist, die Dauer eines Verfahrens abzuwarten, bevor die Maßnahme durchgeführt wird. Der Arbeitgeber wird vielmehr häufig daran interessiert sein, trotz noch bestehender Zweifel das Interessenausgleichsverfahren durchzuführen, um die Maßnahme vornehmen zu können, weil dieses Verfahren Voraussetzung für die Durchführung der Maßnahme ist. Verzichtet er auf dieses Verfahren, besteht das Risiko der Nachteilsausgleichsansprüche nach § 113 Abs. 3 BetrVG. Es dürfte demnach in der Praxis nicht selten sein, daß ein Interessenausgleich versucht wird, obwohl Zweifel über das Vorliegen einer Betriebsänderung bestehen. Wenn keine Betriebsänderung gegeben ist, wird ein Interessenausgleich, der unter diesen Umständen zustandekomrnt, auch als freiwilliger Interessenausgleich bezeichnet86• Diese Bezeichnung ist nicht ganz korrekt, da der Interessenausgleich ohnehin nicht erzwingbar und sein Abschluß stets freiwillig ist. Zum anderen liegt in diesem Fall kein Interessenausgleich im Sinne des § 112 BetrVG, weil fiir diesen das Vorliegen einer Betriebsänderung Voraussetzung ist87 • Insbesondere sind die Folgen des § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG dann, wenn der Arbeitgeber von dem Interessenausgleich abweicht, nicht gerechtfertigt88 ist. Zur Abgrenzung soll dieser Begriff aber im folgenden verwendet werden. Auch hier liegt ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vor, der Bindungswirkungen zwischen den Parteien entfaltet. Der Abschluß eines Sozialplans in diesen Fällen wird im 5. Kapitel unter Ill. 3. behandelt.

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich Bei einer Outsourcing-Maßnahme kann sich die Frage stellen, welche Arbeitnehmer dem Betrieb oder Betriebsteil angehören, der ausgelagert wird, und welche Arbeitnehmer in dem outsoureenden Unternehmen verbleiben. Dabei können bei 10. 11. 1987, NZA 1988, 287 (288 f.). Kappenhagen, NZA 1998, 968; Schiefer, Anm. zu ArbG Bonn 05. 02. 1997, DB 1997, 1518 (1519); Zwanziger, DB 1997,2174 (2175). 87 GK-Fabricius, § 112, 112 a, Rn. 16. 88 GK-Fabricius, § 112, 112 a, Rn. 16. 85

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V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

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einigen Arbeitnehmern Zweifel bezüglich der Zugehörigkeit zu den einzelnen Betrieben und I oder Betriebsteilen bestehen, die ausgeräumt werden sollen. Zweifel bestehen insbesondere bei Arbeitnehmern auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, die nur zeitweise in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind89. Problematisch sind auch die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer, die nicht in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind, aber dennoch von dessen Übergang betroffen sind (z. B. Arbeitnehmer in der Verwaltungsabteilung)90• Aber auch unabhängig von diesen Fällen kann der Wunsch bestehen, personelle Umstrukturierungen vorzunehmen. Bei der Frage nach der Zuordnung der Arbeitnehmer ist die Betriebs- und die Unternehmensebene zu unterscheiden. Mit einer Zuordnung zu einem Betrieb oder Betriebsteil kann ein Wechsel des Arbeitsplatzes der Arbeitnehmer verbunden sein, der grundsätzlich durch Individualmaßnahmen des Arbeitgebers, also durch Versetzungen durch Ausübung des Direktionsrechts (§ 315 BGB), einvernehmliche Vertragsänderung oder Änderungskündigung (§ 2 KSchG) umzusetzen ist91 • Dabei geht es um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses des einzelnen Arbeitnehmers. Es soll geklärt werden, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer in welchem Betrieb oder Betriebsteil ausführen soll. Daneben ist fraglich, welche Arbeitsverhältnisse beim Outsourcing auf den Unternehmer übergehen, der fortan die Leistung erbringt, und welche bei ihrem bisherigen Arbeitgeber verbleiben92.

1. Umwandlungen Wegen der speziellen Regelungen des UmwG wird zunächst die Zuordnung der Arbeitnehmer bei Umwandlungen diskutiert. Hier ist neben einer Zuordnung im Interessenausgleich gemäߧ 323 Abs. 2 UmwG einmal§ 324 UmwG i.V.m. § 613 a BGB und zum anderen der Spaltungs- und Übernahmevertrag (§ 126 Abs. 1 UmwG) relevant. a) Allgemeines zu § 323 Abs. 2 UmwG Gemäß § 323 Abs. 2 UmwG kann dann, wenn bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung ein Interessenausgleich zustandekommt, in dem 89 Siehe zu weiteren Beispielen und zur Zuordnung dieser Arbeitnehmer gemäß § 613 a BGB oben 2. Kapitel unter V. 3. am Anfang und dort unter a). 90 Siehe zu weiteren Beispielen und zur Zuordnung dieser Arbeitnehmer gemäß § 613 a BGB oben 2. Kapitel unter V. 3. am Anfang und dort unter b). 91 Dazu unten unter c) 92 Diese Problematik wurde oben 2. Kapitel unter V. 3. bereits im Hinblick auf§ 613 a BGB erörtert.

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

diejenigen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet werden, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, diese Zuordnung der Arbeitnehmer vom Arbeitsgericht nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Zum Zweck der Verringerung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten wegen der Zuordnung von Arbeitnehmern zu bestimmten Betrieben bzw. Betriebsteilen ordnet die Norm die Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten an93 . Nach der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags94 lehnt sich die eingeschränkte richterliche Überprüfbarkeit an ähnliche Vorschriften in der Insolvenzordnung an. Gemeint ist§ 125 lnsO, nach dem unter anderem die soziale Auswahl der in einem Interessenausgleich namentlich bezeichneten zu kündigenden Arbeitnehmer nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Im Gegensatz zu § 125 InsO bezieht sich § 323 Abs. 2 UmwG nicht ausdrücklich auf eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG. Das Betriebsverfassungsrecht sieht aber nur in § 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG einen Interessenausgleich vor, so daß es sich nach überwiegender Ansicht95 auch bei § 323 Abs. 2 um einen Interessenausgleich aufgrund einer Betriebsänderung handelt. Dagegen setzt Richardi96 zufolge § 323 Abs. 2 UmwG keine Betriebsänderung voraus. Auch in Situationen, in denen keine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG gegeben ist, kann Bedarf für eine Zuordnung der Arbeitnehmer bestehen. Gegen die Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG auch ohne eine Betriebsänderung spricht aber, daß die Beschränkung der Überprüfbarkeit auf grobe Fehlerhaftigkeit eine Verkürzung des Individualrechtsschutzes bedeutet. Diese Verkürzung setzt gemäß § 323 Abs. 2 UmwG eine Regelung in einem Interessenausgleich voraus, der gemäß § 112 BetrVG bei Vorliegen einer Betriebsänderung abgeschlossen wird. Für einen Interessenausgleich im Sinne des § 112 BetrVG ist eine Betriebsänderung zwingende Voraussetzung. Der Gesetzgeber hat die eingeschränkte Überpriifbarkeit einer Zuordnung der Arbeitnehmer auf die Fälle begrenzt, in denen eine Betriebsänderung gegeben ist. Erst bei einer Änderung eines Betriebs in der in § 111 BetrVG geforderten Größenordnung soll eine Zuordnung der Arbeitnehmer im Hinblick auf eine größere Rechtssicherheit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden können. Damit legt das Gesetz eine Grenze fest, die nicht unterschritten werden kann. § 323 UmwG ist demnach nicht anzuwenden, wenn keine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG vorliegt. Die Regelung des § 323 Abs. 2 UmwG ist demnach auch dann nicht anwendbar, wenn ein Interessenausgleich abgeschlossen wird, obwohl nicht feststeht, ob die Voraussetzungen des § 111 BetrVG erfüllt sind (freiwilliger Interessenausgleich97 ) Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 124. BT-Drucks. 1217850, S. 145. 95 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 124; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061); Wlotzke, DB 1995,40 (45). 96 § 112 Rn. 19. 97 Siehe dazu oben unter IV. 93 94

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

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und eine Betriebsänderung letztlich nicht gegeben ist. Ein Interessenausgleich setzt eine Betriebsänderung voraus. Liegt diese nicht vor, handelt es sich nicht um einen Interessenausgleich im Sinne des § 112 BetrVG, der aber Voraussetzung für die Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG ist. Bei einem freiwilligen Interessenausgleich ist keine Betriebsänderung gegeben und die für eine Verkürzung des Individualrechtsschutzes erforderlich Größenordnung ist nicht erreicht. Im Prozeß hat der Arbeitgeber das Vorliegen einer Betriebsänderung zu beweisen, wenn er sich auf die eingeschränkte Überprüfbarkeil der Zuordnung berufen will, weil dies sich zu seinen Gunsten auswirkt. Daß die Darlegungs- und Beweislast den Arbeitgeber trifft, folgt auch daraus, daß ein Interessenausgleich im Sinne des Gesetzes nur gegeben ist, wenn eine Betriebsänderung vorliegt. Gelingt dem Arbeitgeber der Beweis nicht, kann die Zuordnung im Interessenausgleich von dem Gericht voll überprüft werden. § 323 UmwG spricht von einer Zuordnung zu Betrieben oder Betriebsteilen nach der Umwandlung. Fraglich ist dabei, ob und wenn ja, inwiefern sich eine Zuordnung zu Betrieben oder Betriebsteilen im Interessenausgleich auf die grundsätzlich für eine Änderung des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers erforderliche Individualmaßnahme der Versetzung auswirkt [dazu unten unter c)].

Gemäß § 323 Abs. 2 UmwG werden die Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden. Damit ist der Fall erlaßt, daß die Zuordnung erst nach der Umwandlung, gegebenenfalls durch Individualmaßnahmen des Arbeitgebers98 , vorgenommen werden soll. Gleichbedeutend ist der Fall, daß die Zuordnung bereits vor der Umwandlung mit Wirkung für die Zeit danach vorgenommen wird. § 323 Abs. 2 UmwG erlaßt aber nicht den Fall einer Zuordnung der Arbeitnehmer bereits vor der Umwandlung, die auch bereits vor der Umwandlung Wirkung erlangt. Der Arbeitgeber ist auch durch§ 613 a BGB nicht gehindert, vor der Umwandlung Versetzungen vorzunehmen, die durchaus auch bereits auf die Umwandlung abzielen können99• Diesbezüglich gelten die allgemeinen individualrechtliehen Grundsätze 100. Zu beachten ist, daß die Bezeichnung von Arbeitnehmern im Interessenausgleich, die nach der Umwandlung einem Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, der auf einen anderen Rechtsträger übergeht, auch eine Zuordnung zu diesem Rechtsträger bedeutet. Es stellt sich demnach die Frage, ob und wenn ja, inwiefern eine Zuordnung zu Betrieben oder Betriebsteilen im Interessenausgleich Einfluß auf den Übergang bzw. Nichtübergang von Arbeitsverhältnissen auf einen Rechtsträger haben kann. 98 Siehe dazu, ob diese trotz einer Zuordnung im Interessenausgleich erforderlich bleiben, unten unter c ). 99 Willemsen, RdA 1993, 133 (137). wo Siehe dazu unten unter c).

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

b) Übergang bzw. Nichtübergang der Arbeitsverhältnisse Fraglich ist zunächst, ob mit einer Zuordnung von Arbeitnehmern im Interessenausgleich wirksam über den Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Rechtsträger oder den Verbleib bei einem Rechtsträger entschieden werden kann. aa) Umwandlungsrechtlicher Übergang von Arbeitsverhältnissen

Für die Lösung dieser Frage ist zu beachten, daß Arbeitsverhältnisse auch umwandlungsrechtlich übergehen können. Gemäß § 131 Abs. I Nr. I UmwG geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers zum Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung entsprechend der im Spaltungs- und Übemahmevertrag 101 vorgesehenen Aufteilung als Gesamtheit auf den oder die übernehmenden Rechtsträger über. Nach§ 126 Abs. I Nr. 9 UmwG muß der Spaltungs- und Übernahmevertrag oder sein Entwurf die genaue Bezeichnung und Aufteilung der Gegenstände des Aktivund Passivvermögens, die an jeden der übernehmenden Rechtsträger übertragen werden, sowie der übergehenden Betriebe und Betriebsteile unter Zuordnung zu den übernehmenden Rechtsträgem, enthalten. Der Begriff "Gegenstand" ist im zivilrechtlichen Sinne, also im Sinne des § 90 BGB zu verstehen 102• Dieser Begriff beinhaltet auch Rechte, so daß § 126 Nr. 9 UmwG auch die Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfaßt 103 • Im Spaltungs- und Übernahmevertrag kann demnach eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Rechtsträgem vorgenommen werden 104• 101 Bei der Spaltung zur Neugründung tritt gemäߧ 136 UmwG der Spaltungsplan an die Stelle des Spaltungs- und Übernahmevertrags. Gemäß der Verweisung in § 135 Abs. 1 UmwG gelten die den Spaltungs- und Übernahmevertrag betreffenden Vorschriften auch für den Spaltungsplan. 102 Vgl. die Begründung zu § 126 Abs. 1 Nr. 9 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 75 I 94, s. 118. 103 Baumann, DStR 1995, 888; WidmanniMayeriVossius, § 131 UmwG Rn. 49; Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 55171; von einer Bezeichnung auch der Arbeitsverhältnisse geht insbesondere auch die Begründung zu§ 126 Abs. 1 Nr. 9 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 75194, S. 118, aus. 104 WidmanniMayeriMayer, § 126 Rn. 183 f.; KallmeyeriKallmeyer, § 126 Rn. 35; Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 302; Wlotzke, DB 1995, 40 (43); Dehmer § 323 UmwG Rn. 17; Boecken, ZIP 1994, 1087 (1089); Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechse1, S. 320; Däubler, RdA 1995, 136 (142); Düwell, NZA 1996, 393 (396 f.). So auch die Begründung zum Regierungsentwurf (siehe BR-Drucks. 15 I 94, S. 118); auch der Gesetzgeber geht demnach von der Möglichkeit der Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag aus. Demnach greift die Argumentation einer Mindermeinung (Bauer I Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061); GoutieriKnopfiTullochl Berme/,§ 323 Rn. 13), nach der der Gesetzgeber durch die Einführung des § 323 Abs. 2 UmwG gezeigt habe, daß eine Zuordnung nur noch in einem Interessenausgleich möglich sei, nicht ein. Dagegen spricht auch, daß der Arbeitgeber zum Abschluß eines Interessenausgleich nicht verpflichtet ist.

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

199

Zu beachten ist dabei aber, daß dann, wenn bei einer Spaltung ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Rechtsträger übergeht, für die Überleitung der in diesem Betrieb bzw. Betriebsteil bestehenden Arbeitsverhältnisse zwingend die Regelung des§ 613 a BGB gilt 105 . In diesem Fall kommt der Bezeichnung der Arbeitsverhältnisse im Spaltungs- und Übernahmevertrag nur deklaratorische Bedeutung zu 106. Eine Bezeichnung der Arbeitsverhältnisse ist allerdings dann unverzichtbar, wenn durch die Spaltung nicht auch der Betrieb oder Betriebsteil, bei dem diese Arbeitsverhältnisse bestehen, übertragen wird 107. Die Arbeitsverhältnisse, die nicht von § 613 a BGB erlaßt werden und die im Spaltungs- und Übernahmevertrag dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet sind, können also umwandlungsrechtlich gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen [auf welche Arbeitsverhältnisse dies zutrifft wird unten unter bb) erörtert]. Es stellt sich aber die Frage, ob der Arbeitnehmer an dem Übergang des Arbeitsverhältnisses mitwirken muß. Einer Ansicht 108 nach ist in diesem Fall § 132 UmwG zu beachten, nach dem allgemeine Vorschriften, die die Übertragbarkeit ausschließen oder an bestimmte Voraussetzungen knüpfen, durch die Wirkungen der Eintragung nach§ 131 UmwG unberührt bleiben. Aus§ 613 S. 2 BGB folge für die Übertragbarkeit der Arbeitsverhältnisse, daß die Arbeitnehmer dem umwandlungsrechtlichen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zustimmen müßten. Der Schutzzweck dieser Norm, dem Dienstverpflichteten nicht gegen seinen Willen einen neuen Dienstberechtigten aufzuzwingen, greife auch bei der umwandlungsrechtlichen Übertragung von Arbeitsverhältnissen ein 109. Der Gegenmeinung 110 zufolge ist eine solche Zustimmung nicht erforderlich. Es wird argumentiert, daߧ 613 S. 2 BGB die Übertragbarkeit nur "im Zweifel" ausschließt111. Dieser Zweifel werde durch die Rechtsnachfolge des Arbeitgebers BR-Drucks. 75 I 94, S. 118; siehe die Angaben unten in Fn. 120. BR-Drucks. 75194, S. 118. 107 BR-Drucks. 75194, S. 118. 108 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 104 ff.; ders. ZIP 1994, 1087 (1092 f.); Däubler, RdA 1995, 136 (142); Dehmer § 131 UmwG Rn. 53; Widmann/ Mayer/Mayer § 132 UmwG Rn. 35; Kallmeyer!Willemsen § 324 Rn. 23; Baumann, DstR 1995, 888 f.; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 168; Müller-Ehlen, Der Übergang von Arbeitsverhältnissen im Umwandlungsrecht, S. 44; Düwell, NZA 1996, 393 (396 f.); von dem Zustimmungserfordernis geht wohl auch Widmann/Mayer/ Vollrath, § 324 Rn. 12 aus, nach dem ein Zustimmungserfordernis richtigerweise nicht das Widerspruchsrecht des spezielleren§ 613 a BGB verdrängen kann. 109 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 104; Däubler, RdA 1995, 136 (142) HO Heinze, ZfA 1997, I (6); Hennrichs, ZIP 1995,794 (800); Kallmeyer/ Kallmeyer, § 126 Rn. 35; Goutier/Knopf/Tulloch/ Bermel, § 323 Rn. 17; auch lsing/Thiell, DB 1991, 2082 (2083 f.) für den Übergang der Arbeitsverhältnisse bei einer Spaltung nach dem SpTrUG. 105

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

kraft Gesetzes im Umwandlungsgesetz widerlegt. Wenn der Gesetzgeber selbst die Sukzession regele, sei kein Raum mehr für die Problematik, daß der Arbeitnehmer im Vollzug des rechtsgeschäftliehen Übergangs vom Subjekt zum würdelosen Objekt werde 112 • Es sei ein Unterschied zwischen rechtlichem und gesetzlichem Übergang zu machen, da beim gesetzlichen Übergang alle Gläubiger gleichermaßen betroffen seien und es unsinnig sei, die Arbeitnehmer unter Berufung auf den Subjektcharakter im Sinne der Art. 1 und 2 GG ausnehmen zu wollen, alle anderen Gläubiger aber nicht 113 • Gegen diese Argumentation ist zum einen einzuwenden, daß der "Zweifel'' in § 613 S. 2 BGB sich auf die Position des Arbeitnehmers beziehen dürfte 114• Ergeben sich in der konkreten Situation keine Zweifel, daß der Arbeitnehmer mit einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses einverstanden ist, ist das Arbeitsverhältnis übertragbar. Der Zweifel, daß sich der Arbeitnehmer mit einem Wechsel seines Arbeitgebers einverstanden erklärt, wird jedoch nicht dadurch ausgeräumt, daß es sich um einen gesetzlichen Übergang handelt, von dem alle Gläubiger gleichermaßen betroffen sind. Aus Sicht des Arbeitnehmers macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen rechtsgeschäftliehen oder einen gesetzlichen Übergang handelt. In beiden Fällen ändert sich der Arbeitgeber und gegebenenfalls auch das ArbeitsplatzprofiL Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Arbeitnehmer nur im Fall des rechtsgeschäftliehen Übergangs zum Objekt werden sollte, im Fall des gesetzlichen Übergangs aber nicht. Durch§ 613 S. 2 BGB wird gerade die spezifische Situation der i)bertragbarkeit von Arbeitsverhältnissen herausgestellt, so daß auch der Vergleich mit den anderen Gläubigern hier zu keinem anderen Ergebnis führt. Der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer spricht für eine Anwendung des Zustimrnungserfordernisses. Das Widerspruchsrecht in§ 613 a BGB basiert nicht direkt auf den spezifischen Voraussetzungen des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB, sondern auf der Überlegung, daß dem Arbeitnehmer nicht ein neuer Arbeitgeber gegen seinen Willen aufgezwungen werden soll. Dieses Problem besteht jedoch bei einem Übergang der Arbeitsverhältnisse außerhalb von§ 613 a BGB in identischer Art und Weise. Aus diesen Griinden hat der Arbeitnehmer gemäߧ 132 UmwG i.V.m. § 613 S. 2 BGB einem umwandlungsrechtlichen Übergang seines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zuzustimmen. Anders ist dies gemäß § 613 S. 2 BGB aber dann, wenn keine Zweifel daran bestehen, daß der Arbeitnehmer mit einer Übertragung einverstanden ist. Aus den Umständen ergibt sich eine Übertragbarkeit jedenfalls dann, 111 112

113

Heinze. ZfA 1997, 1 (6). Heinze, ZfA 1997, 1 (6). Heinze. ZfA 1997, 1 (6); Hennrichs. ZIP 1995,794 (800).

114 Vgl. Palandt/ Putzo. § 613 Rn. 5, wonach die Übertragbarkeit vereinbart oder sich aus den Umständen ergeben muß. Das sei insbesondere bei sog. Zeitarbeitsunternehmen gegeben. Die Umstände ergeben sich also aus den Umständen des konkreten Arbeitsplatzes bzw. des Arbeitsvertrags und nicht aus den Umständen des Übergangs.

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

201

wenn der Arbeitsvertrag die Deutung zuläßt, daß der Arbeitnehmer die Dienstleistung auch für einen anderen Berechtigten erbringen muß115 . Zweifel bestehen aber jedenfalls dann, wenn mit der Übertragung eine Änderung des Leistungsinhalts verbunden ist116• Dies führt dazu, daß eine Übertragung von Arbeitsverhältnissen höchstens dann ohne Zustimmung möglich ist, wenn der Übergang keine Änderung des Dienstleistungsinhalts zur Folge hat bzw. kein Herauslösen aus dem betrieblichen Kontext eintritt 117 • Hier stehen jedoch Arbeitsverhältnisse in Rede, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet. Nur diese können umwandlungsrechtlich übergehen. Gehörten die Arbeitnehmer einem anderen Betrieb oder Betriebsteil an, als dem, der übergeht, liegt ein Herauslösen aus dem betrieblichen Kontext vor. Ebenso verhält es sich bei einem Übergang mittelbar übergangsbetroffener Arbeitnehmer. Findet auf den Übergang des Betriebs oder Betriebsteils insgesamt§ 613 a BGB keine Anwendung, verliert die wirtschaftliche Einheit ihre Identität und es tritt eine Änderung des betrieblichen Kontextes ein. Der Arbeitnehmer muß also einem umwandlungsrechtlichen Übergang seines Arbeitsverhältnisses zustimmen. Die Zustimmung kann gemäß §§ 182 ff. BGB durch (vorherige) Einwilligung oder (nachträgliche) Genehmigung erteilt werden 118 • Die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung gewährleistet, daß das Arbeitsverhältnis auch dann noch übergehen kann, wenn der Arbeitnehmer eine vorherige Einwilligung - eventuell aus Gründen mangelnder Information - nicht erteilt hat, obwohl er mit einem Übergang einverstanden war, und die fehlende Einwilligung unter Umständen zu einer betriebsbedingten Kündigung geführt hat 119• Die Arbeitsverhältnisse, die im Spaltungs- und Übernahmevertrag dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet sind und die nicht von § 613 a BGB erlaßt werPalandt/ Putzo § 613 Rn. 5. Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 106; ders. ZIP 1994, 1087 (1093). Zweifel bestehen auch dann, wenn es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, das, im Gegensatz zu einem betriebsbezogenen Arbeitsverhältnis, vor allem durch eine persönliche Bindung an einen bestimmten Arbeitgeber geprägt ist (so die bis zum lokrafttreten des§ 613 a BGB zu§ 613 S. 2 BGB vertretene Auffassung des BAG [26. 05. 1955, AP Nr. I zu § 613 BGB, BI. I R], daß nur die betriebsbezogenen Arbeitsverhältnisse im Falle einer Veräußerung des Betriebs ohne Zustimmung der Arbeitnehmer übertragen werden konnten; so auch Hueck/Nipperdey, 1. Band, S. 514 f.). 117 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 106. 118 Boecken, ZIP 1994, S. 1087 (1093). 119 Aus diesem Grund besteht keine Notwendigkeit für die Vorgehensweise Balze/Rebell Schucks, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 359 ff.), die die Anwendung des § 613 S. 2 BGB zwar für dogmatisch richtig aber vom Schutzzweck her für nicht konsequent halten (Rn. 368), da der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verlieren würde, wenn er nicht zustimme. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Arbeitsrechtsordnung sei von einer Rechtsfolgenverweisung in § 324 UmwG auszugehen und das Widerspruchsrecht auch in Fällen der umwandlungsrechtlichen Übertragung von Arbeitsverhältnissen anzuwenden (Rn. 369). Eine Rechtsfolgenverweisung wurde bereits oben im 2. Kapitel unter li. abgelehnt, und die Benachteiligung ist durch die Möglichkeit der Genehmigung ausgeräumt. 115

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4. Kap.: Der Interessenausgleich

den, gehen also umwandlungsrechtlich gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG auf den übernehmenden Rechtsträger über, wenn der Arbeitnehmer diesem Übergang zustinunt. Fraglich ist aber, welche Arbeitsverhältnisse in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag zugeordnet werden können und welche Bedeutung einer Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich in diesem Zusanunenhang zukonunt. bb) Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB Anwendung findet

Bei einem Betriebsübergang richtet sich die Zuordnung der Arbeitsverhältnisse zu den Rechtsträgem stets nach § 613 a BGB und eine diese Norm mißachtende Regelung in einem Spaltungs- und Übernahmevertrag oder in einem Interessenausgleich ist unwirksam120. Gemäߧ 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG wird im Spaltungs- und Übernahmevertrag festgelegt, ob überhaupt ein Betrieb oder Betriebsteil übergeht, und wenn ja, auf welchen Rechtsträger. Gemäß § 324 UmwG i.V.m. § 613 a BGB gehen die Arbeitsverhältnisse, die diesen Betrieben oder Betriebsteilen angehören, auf den neuen Rechtsträger über. Zu diesen Arbeitsverhältnissen zählen auch diejenigen, die vor der Umwandlung diesen Betrieben oder Betriebsteilen zugeordnet worden sind und bei denen diese Zuordnung durch die entsprechenden Einzelmaßnahmen umgesetzt worden ist. Der Arbeitgeber ist auch durch§ 613 a BGB nicht daran gehindert, vor der Umwandlung Versetzungen durchzuführen, die auch schon auf die Umwandlung abzielen 121 • In der umwandlungsrechtlichen Literatur 122 wird einer Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. im Interessenausgleich für die Fälle Bedeutung 12o Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 125; Dehmer, § 323 UmwG Rn. 18; Wlotzke, DB 1995,40 (42/45); Kreßel, BB 1995,925 (928); Balze/Rebell Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel 3 Rn. 324/325; Willemsen, NZA 1996, 791 (799); Kailmeyer!Willemsen, § 324 Rn. 19/25; Däubler, RdA 1995, 136 (142); Widmann/ Mayer!Mayer § 126 UmwG Rn. 183; Lutter!Joost, § 323 Rn. 26; anders ders. in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 321, wonach die Zuordnung im Interessenausgleich einer Zuordnung nach § 613 a BGB vorgehe. Jedoch hätten die Betriebsparteien kein Ermessen, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers eine von § 613 a BGB abweichende Zuordnung im Interessenausgleich vorzunehmen, so daß Joost hier letztlich zum gleichen Ergebnis kommt. aA aber Widmann/Mayer/Vossius, § 131 UmwG Rn. 56; Kallmeyer, ZIP 1994, 1746 (1757). Diese Ansicht istjedoch mit dem Schutzzweck des§ 613 a BGB nicht zu vereinbaren. Der Regierungsentwurf BR-Drucks. 75/94, S. 118 läßt eine von§ 613 a BGB abweichende Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag nicht zu [siehe oben unter aa)]. 121 Willemsen, RdA 1993, 133 (137). 122 Bachner, AuA 1996, 217 (220); Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061; Däubler, RdA 1995, 136 (142); Müller-Ehlen, Der Übergang von Arbeitsverhältnissen im Umwandlungsrecht, S. 67; Wlotzke, DB 1995, 40 (45); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 71; ders. ZIP 1994, 1087 (1091); Widmann/Mayer/Vollrath § 323 UmwG Rn. 35;

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

203

beigemessen, in denen Zweifel über die Zuordnung der Arbeitsverhältnisse bestehen, da diese in mehreren Betriebsteilen oder auf Stabsstellen eingesetzt sind. Es wird davon ausgegangen, daß die Zuordnung in den Zweifelsfällen nicht durch § 613 a BGB vorgezeichnet ist, sondern im Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. im Interessenausgleich vorgenommen werden kann 123 • Zu beachten ist diesbezüglich, daß die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen und die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer unterschiedlich zu behandeln sind. Wie dargestellt 124 findet auf die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmern, die nicht in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind, die aber dennoch von dem Übergang betroffen sind (z. B. Arbeitnehmer in der Verwaltungsabteilung), § 613 a BGB keine Anwendung. Für sie kommt daher eine Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag und I oder in einem Interessenausgleich in Betracht [siehe dazu unten unter cc)]. Die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, die nur zeitweise in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind 125, sind aber zunächst objektiv zuzuordnen, indem zu prüfen ist, ob ein Überwiegen der Tätigkeit in einem der Betriebe I Betriebsteile festgestellt werden kann 126• Ist das der Fall, weil der Arbeitnehmer beispielsweise 70% der Zeit in einem Betriebsteil und 30% in einem anderen Betriebsteil gearbeitet hat, so findet§ 613 a BGB auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, wenn der erste Betriebsteil übertragen wird. Wird der zweite Betriebsteil übertragen, verbleibt der Arbeitnehmer in dem Betrieb. In dem Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. in einem Interessenausgleich können die so zuzuordnenden Arbeitnehmer bezeichnet werden. Die zwingende Wirkung des § 613 a BGB ist aber auch in diesem Fall zu beachten, so daß von dieser objektiven Zuordnung nicht abgewichen werden kann und einer solchen Bezeichnung nur deklaratorische Wirkung zukommt. Die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, die objektiv nicht zugeordnet werden können, haben ein Wahlrecht, ob ihr Arbeitsverhältnis übergehen soll oder nicht 127 . Entscheidet sich der Arbeitnehmer für den Übergang, findet§ 613 a BGB Anwendung. Für die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen ist charakteristisch, daß sie teilweise in die Organisation des übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingebunden sind und nicht zu ermitteln ist, ob § 613 a BGB auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet oder nicht. Dem trägt das Wahlrecht Rechn~ng, durch das eine Gleichbehandlung der Arbeitnehmer erreicht wird 128 • Da ge123 124 125

126 127

128

Siehe auch oben 2. Kapitel unter V. 3. a) cc) (1). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3. b). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3. a). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3 a) aa) und bb). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3 a) cc) (2). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3 a) cc) (2).

204

4. Kap.: Der Interessenausgleich

radenicht feststeht, ob§ 613 a BGB Geltung erlangt oder nicht, kann die Anwendung dieser Norm nicht durch eine Zuordnung des Arbeitnehmers im Spaltungsund Übernahmevertrag oder im Interessenausgleich ausgeschlossen werden. Auch das Wahlrecht ist zwingend, so daß auch in den Fällen der Umwandlung die objektiv nicht zuordenbaren Arbeitsverhältnisse auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen nicht wirksam anderweitig im Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. in einem Interessenausgleich zugeordnet werden können. Eine Zuordnung der nicht zuordenbaren Arbeitnehmer, denen ein Wahlrecht zusteht, ist aber insofern im Interessenausgleich sinnvoll, als daß durch eine allen Interessen dienende Zuordnung dem Arbeitnehmer eine Wahl vorgegeben wird, die den Bestand seines Arbeitsverhältnisses am besten gewährleistet. Gebunden ist er an diese Vorgabe allerdings nicht. Allerdings kann in einem dreiseitigen Vertrag zwischen Unternehmer, Übernehmerund Arbeitnehmer eine von§ 613 a BGB abweichende Zuordnung vorgenommen werden 129 . So kann hier also vereinbart werden, daß ein Arbeitnehmer, auf den§ 613 a BGB Anwendung findet, dennoch bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibt. Wird ein Arbeitnehmer gemäß § 323 Abs. 2 UmwG in einem Interessenausgleich bezeichnet, auf den § 613 a BGB Anwendung findet, der aber nach der Umwandlung einem Betrieb oder Betriebsteil, der bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibt, angehören soll, kommt dieser Zuordnung nur Bedeutung zu, wenn sie anschließend Inhalt eines dreiseiligen Vertrages zwischen altem und neuem Arbeitgeber sowie dem Arbeitnehmer wird. Die Regelung der Überprüfung lediglich auf grobe Fehlerhaftigkeit ist in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz, da von der Zuordnung gemäߧ 613 a BGB ohnehin nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer abgewichen werden kann. Solche Verträge in einem Interessenausgleich vorzubereiten, ist sinnvoll, da auf diese Weise ein für alle Seiten günstiges Zuordnungsergebnis erzielt werden kann. Abgesehen von diesem Ausnahmefall kommt einer von § 613 a BGB abweichenden Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag oder im Interessenausgleich keine Bedeutung zu. Wird in einem Interessenausgleich ein Arbeitnehmer bezeichnet, der nach der Umwandlung bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibt, so ist diese Zuordnung dann nicht zu beachten, wenn der Arbeitnehmer einem Betrieb oder Betriebsteil angehört, der den Rechtsträger wechselt. Andernfalls wäre die zwingende Wirkung des§ 613 a BGB nicht beachtet. cc) Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet

Anders verhält es sich bei Arbeitnehmern, die dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil nicht angehören und deren Arbeitsverhältnis nicht gemäß § 613 a

129

Siehe zu der Konstellation oben 2. Kapitel unter V. 3. a) aa).

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

205

BGB übergeht. Wie dargestellt 130 findet auf die Arbeitsverhältnisse der mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer (z. B. der in einer Verwaltungsabteilung tätigen) § 613 a BGB keine Anwendung, wenn ein anderer Betrieb oder Betriebsteil übertragen wird. Daneben kann es sein, daß die Rechtsträger abgesehen von den mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmern Arbeitsverhältnisse übertragen wollen, die nicht dem zu übertragenden Betrieb oder Betriebsteil angehören, sondern einem anderen. Ebenso ist möglich, daß im Fall einer Umwandlung kein Betriebsübergang gegeben ist und § 613 a BGB keine Anwendung findet. In diesen Fällen geschieht ein Übergang nicht gemäߧ 613 a BGB. Ein Übergang dieser Arbeitsverhältnisse kann umwandlungsrechtlich gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG oder durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger sowie dem Arbeitnehmer geschehen. Fraglich ist, welche Bedeutung diesbezüglich einer Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich zu einem Betrieb und I oder Betriebsteil, der den Rechtsträger wechselt, zukommt. Zu beachten ist hier, daß der übernehmende Rechtsträger gemäß § 324 UmwG i.V.m. § 613 a BGB verpflichtet ist, die Arbeitnehmer, die zu dem ihm im Spaltungs- und Übernahmevertrag zugeordneten Betrieb bzw. Betriebsteil gehören, zu übernehmen. Dabei enthält gemäߧ 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG der Spaltungs- und Übernahmevertrag die Bezeichnung des Vermögens, das auf den neuen Rechtsträger übergeht. Der Spaltungs- und Übernahmevertrag enthält also das Vermögen, über dessen Übergang sich die beiden Rechtsträger einigen. Greift § 613 a BGB ein, gehen die Arbeitnehmer, die dem betroffenen Betrieb bzw. Betriebsteil angehören, nach dieser Norm über. Die Arbeitnehmer, die nicht von§ 613 a BGB erfaßt werden, gehen nicht auf den neuen Rechtsträger über, es sei denn, sie sind im Spaltungs- und Übernahmevertrag dem neuen Rechtsträger zugeordnet worden und der Arbeitnehmer hat zugestimmt. In diesem Fall hat sich der übernehmende Rechtsträger mit dem übertragenden über den Übergang der Arbeitsverhältnisse geeinigt. Diese Einigung ist für den Übergang der Arbeitsverhältnisse ohne § 613 a BGB notwendig. Ein Interessenausgleich wird zwischen dem übertragenden Rechtsträger und dem Betriebsrat vereinbart. Auch wenn der übernehmende Rechtsträger als Arbeitgeber gegebenenfalls in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des vorherigen Rechtsträgers eintritt 131 , ergibt sich aus dem Interessenausgleich nicht für ihn bindend, ob die Arbeitnehmer überhaupt auf ihn übergehen. Denn zum Zeitpunkt des Übergangs ist der neue Rechtsträger noch nicht Arbeitgeber, so daß ihn die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten zu diesem Zeitpunkt noch nicht treffen können und er nicht an einen vom vorherigen Rechtsträger abgeschlossenen Interes130 13 1

Siehe oben 2. Kapitel unter V. 3. b). Siehe oben unter I.

206

4. Kap.: Der Interessenausgleich

senausgleich gebunden sein kann. Nur§ 613 a BGB sowie eine Regelung im Spaltungs- und Übernahmevertrag verpflichtet bezüglich der Übernahme der Arbeitsverhältnisse den übernehmenden Rechtsträger. Regelt der Interessenausgleich eine Zuordnung eines Arbeitnehmers zu dem neuen Rechtsträger, so besteht keine Grundlage dafür, daß dieser den Arbeitnehmer auch übernehmen muß. Ist der übernehmende Rechtsträger mit der Zuordnung nicht einverstanden, so kann er ohne weiteres eine Übernahme der ihm zugeordneten Arbeitnehmer ablehnen. Die Regelung in einem Interessenausgleich über die Zuordnung der Arbeitnehmer kann allerdings anschließend Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags oder eines dreiseitigen Vertrags zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger sowie dem Arbeitnehmer werden. Mit Willemsen 132 ist der Interessenausgleich im Sinne des § 323 Abs. 2 UmwG in diesem Fall als Ergänzung des Spaltungs- und Übernahmevertrags anzusehen. Wird der Interessenausgleich Inhalt dieses Vertrags, wird die Zuordnung in bezug auf den Rechtsträgerwechsel auf diese Weise umgesetzt. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse geschieht dann umwandlungsrechtlich, wenn der Arbeitnehmer zustimmt. Ebenso kann auch die Zuordnung in einem Interessenausgleich anschließend Inhalt eines dreiseitigen Vertrages zwischen übertragenem und übernehmenden Rechtsträger sowie dem Arbeitnehmer werden. Enthält der Spaltungs- und Übernahmevertrag im Gegensatz zu einem Interessenausgleich keine Regelung über die Zuordnung der Arbeitnehmer, ist davon auszugehen, daß die Zuordnung des Interessenausgleichs nach dem Willen der Parteien Inhalt des Vertrags werden soll, wenn die Vertragsparteien Kenntnis von der Zuordnung in dem Interessenausgleich haben. Aus diesem Grund stellt sich auch nicht Frage nach einem Vorrangverhältnis zwischen einer Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag und einer solchen im Interessenausgleich 133, wenn jeweils unterschiedliche Regelungen getroffen werden. Da der übernehmende Rechtsträger nur die ihm im Spaltungs- und Übernahmevertrag zugeordneten Arbeitnehmer übernehmen muß, an eine Zuordnung im Interessenausgleich aber nicht gebunden ist, hat die Zuordnung im Interessenausgleich bezüglich des Übergangs der Arbeitsverhältnisse keine Bedeutung, wenn der Interessenausgleich nicht Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags wird. Im übrigen dürfte es in der Praxis kaum vorkommen, daß der übertragende ArbeitKallmeyer/Willemsen, § 324 UmwG Rn. 27; ders., NZA 1996, 791 (799). Für einen Vorrang des der Zuordnung im Interessenausgleich plädiert Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Forrnwechsel, S. 320, der entgegen der in Fn. 104 aufgeführten Ansicht, bei Betrieben ohne Betriebsrat eine Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag erlaubt und eine solche Zuordnung demnach nicht völlig ablehnt. Aus der Einführung des § 323 Abs. 2 UmwG folge aber, daß bei Betrieben mit Betriebsrat die..Zuordnung der Arbeitsverhältnisse nur im Interessenausgleich und nicht im Spaltungs- und Ubemahmevertrag möglich sei. Für einen Vorrang der Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag spricht sich dagegen Dehmer; § 323 Rn. 17 aus, nach dem im Falle eines Vorranges der Bestimmungen des Interessenausgleichs den Betriebspartnern die Möglichkeit eingeräumt würde, in die ausschließliche Kompetenz der Anteilsinhaberversammlung einzugreifen. 132 133

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

207

geber im Spaltungs- und Übernahmevertrag eine andere Zuordnung vereinbart als im lnteressenausgleich. Denn in diesem Fall würde der übertragende Rechtsträger von dem Interessenausgleich abweichen, und sich, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 113 BetrVG, Nachteilsausgleichsansprüchen der Arbeitnehmer ausgesetzt sehen. Im Ergebnis kann eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu Betrieben und I oder Betriebsteilen im Interessenausgleich nur dann Einfluß auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse auf einen anderen Rechtsträger haben, wenn der Interessenausgleich Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags wird. Die Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet, gehen dann - die Zustimmung vorausgesetzt- umwandlungsrechtlich auf den Rechtsträger über, der den Betrieb und/ oder Betriebsteil übernimmt, dem sie zugeordnet worden sind. Der Interessenausgleich kann auch Inhalt eines dreiseitigen Vertrags werden.

c) Rechtsträgerinterne Zuordnung zu einzelnen Betrieben

und Betriebsteilen

Fraglich ist aber weiterhin, welche Bedeutung es rechtsträgerintern hat, wenn Arbeitnehmer, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, im Interessenausgleich bezeichnet werden. Ein Arbeitnehmer soll also beispielsweise innerhalb eines Betriebs, der bei dem Rechtsträger verbleibt, nach der Umwandlung einem anderen Betriebsteil zugeordnet werden. Grundsätzlich muß die Zuordnung zu einzelnen Betrieben und Betriebsteilen innerhalb des Unternehmens an dem Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers gemessen und individualrechtlich umgesetzt werden. Dafür ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz tätig werden soll. Behält der Arbeitnehmer seinen im Arbeitsvertrag bestimmten Arbeitsplatz und ändert sich gegebenenfalls nur der Arbeitgeber, so ist keine Versetzung erforderlich, weil der Arbeitsplatz weiterhin dem Arbeitsvertrag entspricht. Anders ist dies aber dann, wenn sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses ändern soll, wenn der Arbeitnehmer also auf einem anderen Arbeitsplatz tätig werden soll. Individualrechtlich ist in diesem Fall eine Versetzung, also die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs (vgl. § 95 Abs. 3 BetrVG), erforderlich. Diese kann aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers (§ 315 BGB) zulässig sein. Wenn das nicht möglich ist, kann eine einvernehmliche Vertragsänderung vorgenommen oder eine Vertragsänderung durch Änderungskündigung (§ 2 KSchG) herbeigeführt werden. Ob eine Versetzung aufgrunddes Direktionsrechts möglich ist, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit eventuellen weiteren Regelungen wie einem Tarifvertrag. Der Arbeitsvertrag bestimmt im Regelfall den Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers, also auch den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erfüllt. Je weniger detailliert die Tätigkeit des Arbeitnehmers dort umschrieben ist, desto

208

4. Kap.: Der Interessenausgleich

weiter sind die sich daraus ergebenden Grenzen für den Arbeitgeber 134 . So kann der Arbeitsvertrag vorsehen, daß der Arbeitnehmer auch in anderen Betrieben bzw. Betriebsteilen des Unternehmens eingesetzt werden kann. Der Arbeitsbereich ist notfalls durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln. Innerhalb dieser Grenzen kann der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts Versetzungen vornehmen. Will der Arbeitgeber diese Grenzen verlassen, muß er entweder den Vertrag einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer ändern oder eine Änderungskündigung aussprechen. Problematisch ist dies bei Arbeitnehmern, die keinem Betrieb und I oder Betriebsteil zuzuordnen sind, weil sie übergreifend tätig werden, die aber fortan nur noch für einen Betrieb I Betriebsteil tätig werden sollen. Auch hier ändert sich aber der Tätigkeitsbereich, indem er eingeschränkt wird. Eine demnach erforderliche Versetzung, die hier in der Zuweisung eines eingeschränkteren Tatigkeitsbereichs besteht, dürfte regelmäßig von dem Direktionsrecht gedeckt sein. Als Beispiel ist hier der Mitarbeiter eines Wartungsteams zu nennen, das für alle Maschinen eines Betriebs zuständig ist. Im Rahmen der Umwandlung soll der Arbeitnehmer einem Betriebsteil zugeordnet werden und fortan nur noch für die Wartung der dortigen Maschinen zuständig sein. Letztlich handelt es sich um eine Versetzung in diesen BetriebsteiL Nehmen die Betriebsparteien eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einzelnen Betrieben oder Betriebsteilen in einem Interessenausgleich vor, ist fraglich, ob dieser die Individualmaßnahmen des Arbeitgebers (Ausübung des Direktionsrechts, einvernehmliche Vertragsänderung, Änderungskündigung) ersetzen kann. Es wird vertreten, daß bereits unmittelbar durch den Interessenausgleich eine Zuordnung der Arbeitsverhältnisse zu einzelnen Betrieben und Betriebsteilen herbeigeführt wird, daß die Zuordnung also letztlich dinglich auf das einzelne Arbeitsverhältnis wirkt 135 . Es wird dem Interessenausgleich durch § 323 Abs. 2 UmwG letztlich eine unmittelbare Wirkung auf das Arbeitsverhältnis zuerkannt, die- wie dargestellt 136 - bis dato allgemein abgelehnt wurde. Aus diesem Grund verneint ein anderer Teil der Literatur auch eine solche Wirkung auf das einzelne Arbeitsverhältnis 137 .

134 135

Zöllner/Loritz, § 12 III. 1. c). Fitting/ Kaiser/ Heither/Engels, §§ ll2, 112 a Rn. 55.

Siehe oben unter III. 2. m Hartmann, ZfA 1997, 21 (31 f.); Baumann, DStR 1995, 888 (892); Dehmer; § 323 UmwG Rn. 22; Däubler; RdA 1995, 136 (141); Willemsen, NZA 1996, 791 (799); Kallmeyer/Willemsen, § 324 Rn. 27; Widmann/Mayer/Vollrath, § 323 UmwG Rn. 31; ErfK/ Ascheid, § 323 UmwG Rn. 10. Häufig wird in der Literatur der Aspekt der Wirkung des Interessenausgleichs auf eine rechtsträgerinterne Zuordnung zu Betrieben und Betriebsteilen gar nicht angesprochen (vgl. Bachner; AuA 1996, 217 [219 f.); Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 320 ff.; Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 123 ff.). Vielmehr wird dort einer Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich lediglich im Hinblick auf eine Zuordnung zu verschiedenen Rechtsträgem Bedeutung beigemessen und insbesondere das Verhältnis zu§ 613 a BGB problematisiert. 136

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

209

Da bislang eine individualrechtsgestaltende Wirkung des Interessenausgleichs auch unter Hinweis auf das Gesetz (Urnkehrschluß aus§ 112 Abs. l S. 3 BetrVG, § 113 BetrVG) allgemein abgelehnt wurde, müßte sich, will man sie annehmen, eine unmittelbar konstitutive Wirkung zwingend aus § 323 Abs. 2 UmwG ergeben. Gemäß § 323 Abs. 2 UmwG kann eine Zuordnung in einem Interessenausgleich nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Das bedeutet lediglich, daß die Gerichte die Regelung im Interessenausgleich nur eingeschränkt überprüfen können. Die Wirkung einer Zuordnung im Interessenausgleich auf das einzelne Arbeitsverhältnis wird durch diese Norm nicht geregelt. Vielmehr kann auch eine Zuordnung im Interessenausgleich gemeint sein, die anschließend noch durch Einzelmaßnahmen umgesetzt werden muß. Dafür spricht insbesondere der Wortlaut, nach dem im Interessenausgleich die Arbeitnehmer "bezeichnet" werden, die nach der Umwandlung "zugeordnet werden" 138. Der Interessenausgleich ordnet nicht direkt die Arbeitnehmer zu, sondern diese sollen erst noch zugeordnet werden 139• Dies geschieht nach der Umwandlung durch die jeweiligen Individualmaßnahmen des Arbeitgebers. Dem entspricht auch die Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags zu § 323 Abs. 2 UmwG 140, nach der sich die eingeschränkte richterliche Überprüfbarkeit an § 125 InsO anlehnt, nach dem die Arbeitnehmer in einem Interessenausgleich genannt werden können, denen zu kündigen ist. Auch hier werden die Kündigungen noch individualrechtlich umgesetzt. Aus der Regelung des § 323 Abs. 2 UmwG folgt demnach nicht, daß eine Zuordnung konstitutiv auf das einzelne Arbeitsverhältnis wirkt. Eine Zuordnung in einem Interessenausgleich zu den einzelnen Betrieben und I oder Betriebsteilen ist also durch den Arbeitgeber durch Individualmaßnahmen umzusetzen. Im Interessenausgleich kann mithin festgelegt werden, welche Arbeitnehmer nach der Umwandlung oder mit Wirkung für die Zeit nach der Umwandlung rechtsträgerintern zu versetzen sind und bei welchen eine Einigung auf eine Vertragsänderung erzielt werden soll bzw. eine Änderungskündigung ausgesprochen werden muß. Der Betriebsrat wirkt an der Zuordnung der Arbeitnehmer mit. Aus diesem Grund ist das Mitbestimmungsrecht des§ 99 BetrVG konsumiert 141 . Eine rechtsträgerinterne Zuordnung ist auch dann gegeben, wenn Arbeitnehmer, die einem Betrieb angehören, der den Rechtsträger wechselt, innerhalb dieses BeHartmann, ZfA 1997,21 (32). Hartmann, ZfA 1997, 21 (32). 140 BT-Drucks. 1217850, S. 145. 141 Däubler; RdA 1995, 136 (141); Hartmann, ZfA 1997, 21 (32). Nach Galperin!Lö· wisch, § 112 Rn. 15, ist der Betriebsrat bei der nachfolgenden Mitbestimmung nur an den Interessenausgleich gebunden. Da der Betriebsrat die Zuordnung aber bereits in einem Mitbestimmungsverfahren gebilligt hat, bedarf es eines weiteren Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht mehr. !38 139

14 Römer

210

4. Kap.: Der Interessenausgleich

triebs einem anderen Betriebsteil zugeordnet werden. Der Erwerber tritt bei Übernahme des ganzen Betriebs in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung ein 142 • Der übernehmende Rechtsträger hat die Individualmaßnahme dann so wie im Interessenausgleich vereinbart umzusetzen. Für § 323 Abs. 2 UmwG ist eine Betriebsänderung Voraussetzung. Bei der Übertragung eines ganzen Betriebs kann unter Umständen eine Änderung der Betriebsorganisation innerhalb dieses Betriebs gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG gegeben sein. Ändert sich an dem Betrieb, der den Rechtsträger wechselt, allerdings nichts, liegt keine Betriebsänderung vor - der Betriebsübergang stellt keine Betriebsänderung dar 143 -und eine Zuordnung in einem Interessenausgleich kommt nicht in Betracht. Möglich ist auch, daß der übernehmende Rechtsträger einen Betriebsteil oder mehrere Betriebsteile übernimmt und die Arbeitnehmer innerhalb eines Betriebsteils oder von einem in einen anderen Betriebsteil versetzt werden sollen. Hier tritt der übernehmende Rechtsträger nur dann in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung ein, wenn zusammen mit dem verbleibenden Restbetrieb ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht, die Identität des ganzen Betriebs gewahrt bleibt und der übernehmende Rechtsträger die Arbeitgeberstellung bezüglich des gesamten Betriebs innehat. In diesem Fall ändert sich aber an dem Betrieb nichts, eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG scheidet aus und § 323 Abs. 2 UmwG findet keine Anwendung. d) Grob fehlerhafte Zuordnung in § 323 Abs. 2 UmwG aa) Individualmaßnahmen des Arbeitgebers

Bezüglich der rechtsträgerinternen Zuordnung zu einem Betrieb und I oder Betriebsteil könnte die Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit relevant werden, wenn der Arbeitnehmer gegen die Individualmaßnahme des Arbeitgebers, also gegen die Ausübung des Direktionsrechts oder gegen eine Änderungskündigung, klagt. Diese Maßnahmen wären dann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar144. Eine Bedeutung des § 323 Abs. 2 UmwG für die Individualmaßnahmen des Arbeitgebers wird teilweise abgelehnt und die Bedeutung auf eine Zuordnung von Arbeitsverhältnissen zu Rechtsträgem beschränkt 145 • Dagegen spricht aber, daß sich der Wortlaut auf eine Zuordnung zu Betrieben und Betriebsteilen bezieht, die durch Individualmaßnahmen des Arbeitgebers umSiehe oben unter I. Siehe oben 3. Kapitel unter V. 1. 144 So Hartmann, ZfA 1997, 21 ff., Dehmer; § 323 Rn. 15; Kittner/Trittin, § 323 UmwG Rn. 35. 145 So ohne Begründung ErfK/ Ascheid, § 323 UmwG, Rn. 11. 142 143

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

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zusetzen ist. Ebenso lehnt sich die eingeschränkte richterliche Überpriifbarkeit nach der Begrundung des Rechtsausschusses des Bundestags 146 an§ 125 InsO an. Dieser beinhaltet gerade die Überpriifung der Sozialauswahl bei Kündigungen auf grobe Fehlerhaftigkeit (§ 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Gegen den Willen des Gesetzgebers, bei Änderungskündigungen nur eine Überpriifung auf grobe Fehlerhaftigkeit zuzulassen, könnte allerdings sprechen, daß der Gesetzgeber mit dem Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. 12. 1998 147 den durch das AFG 1996148 eingefügten § I Abs. 5 KSchG wieder aufgehoben hat. Gemäß § 1 Abs. 5 S. I KSchG a. F. wurde dann, wenn bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind, vermutet, daß die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Gemäß S. 2 konnte die soziale Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überpriift werden. Allerdings hat Gesetzgeber nur § 1 Abs. 5 KSchG a. F., nicht aber § 323 Abs. 2 UmwG aufgehoben. Dariiber hinaus bedeutete § 1 Abs. 5 KSchG a. F. mit der Vermutungsregelung, also mit einer Umkehr der Beweislast, eine erhebliche Einschränkung des Arbeitnehmerschutzes. Zudem knüpfte § 1 Abs. 5 KSchG a. F. nur an eine Betriebsänderung an. Bereits bei einer Betriebsänderung durch reinen Personalabbau, bei der ein Interessenausgleich mit Namensliste aufgestellt wurde, wurden die Aussichten der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozeß eingeschränkt. Bei § 323 Abs. 2 UmwG liegt dem Interessenausgleich jedoch eine Umwandlung zugrunde, die mit einer Umstrukturierung eines Betriebs einhergeht. In dieser Umbruchsphase des Unternehmens ist eine Verringerung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten wünschenswert. Auch erfaßte § 1 Abs. 5 KSchG sämtliche Kündigungen. § 323 Abs. 2 UmwG findet nur auf Versetzungen durch Ausübung des Direktionsrechts sowie durch Änderungskündigung, nicht aber auf die sonstigen Kündigungen Anwendung. Mit den von § 323 Abs. 2 UmwG erfaßten Maßnahmen geht also nicht sicher ein Arbeitsplatzverlust einher, so daß die Beeinträchtigung der Arbeitnehmerinteressen durch die Beschränkung der Überpriifbarkeit nicht so gravierend ist, wie bei § 1 Abs. 5 KSchG. Vor allem knüpft § 323 Abs. 2 UmwG aber an § 125 lnsO an, der weiterhin Bestand hat. Aus der Aufhebung des § 1 Abs. 5 KSchG a. F. folgt demnach nicht, daß eine Überpriifung der Individualmaßnahmen in § 323 Abs. 2 UmwG auf grobe Feh1erhaftigkeit ausgeschlossen ist. § 323 Abs. 2 UmwG beschränkt die Überpriifungsmöglichkeit bei einer Klage gegen eine Versetzung durch Ausübung des Direktionsrechts (§ 315 BGB) oder durch eine Änderungskündigung(§ 2 KSchG) auf grobe Fehlerhaftigkeit.

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BT-Drucks. 1217850, S. 145. BGBI. I, 3843. BGBI. I, 1476.

212

4. Kap.: Der Interessenausgleich

Die Ausübung des Direktionsrechts muß der Billigkeit gemäß § 315 Abs. 3 BGB entsprechen. An die Stelle des Maßstabs der Billigkeit tritt hier der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit 149. Die Maßnahme, die auf der Zuordnung im Interessenausgleich basiert, ist also nicht schon dann unwirksam, wenn sie nur unbillig ist, sondern erst dann, wenn sie grob fehlerhaft ist. Das ist der Fall, wenn die Zuordnung willkürlich, also ohne angemessene Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers und ohne Zugrundelegung sachlich gerechtfertigter Gesichtspunkte vorgenommen worden ist 150. Diese Willkür ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer einem Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet wird, in dem die Tätigkeit mit seiner bisherigen in keinem Zusammenhang steht 151 . Ebenso ist grobe Fehlerhaftigkeit anzunehmen, wenn einem Arbeitnehmer ein Arbeitsplatz zugewiesen wird, für den er ungeeignet ist 152. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber, da dieser die Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB zu beweisen hat 153 • Der Arbeitgeber hat also die Umstände zu beweisen, aus denen sich ergibt, daß die Versetzung nicht grob fehlerhaft ist. Eine Änderungskündigung muß gemäß § 2 i.V.m. § 1 Abs. 2, 3 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Die soziale Rechtfertigung ist in der vorliegenden Konstellation nicht voll überprüfbar, sondern sie ist dann nicht grob fehlerhaft, wenn für die Zuordnung des Arbeitnehmers nachvollziehbare Gründe betriebsbedingter Art vorliegen154. Die Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) ist grob fehlerhaft, wenn die Gewichtung der Sozialindikatoren (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten) jede Ausgewogenheit vermissen läßt 155 • Dies ist der Fall, wenn bezüglich dieser Gewichtung ganz naheliegende Gesichtspunkte nicht in die Überlegungen einbezogen worden sind, womit die gebotene Ausgewogenheit evident verfehlt worden ist 156. Grobe Fehlerhaftigkeit ist z. B. dann anzunehmen, wenn einzelne der Sozialdaten überhaupt nicht, eindeutig unzureichend oder mit eindeutig überhöhter Bedeutung berücksichtigt werden 157 oder bei der Frage des betrieblichen 149 Hartmann, ZfA 1997,21 (40). Dehmer § 323 UmwG Rn. 20. Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 131. 152 Däubler, RdA 1995, S. 136 (141); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 131. 153 Hartmann, ZfA 1997, 21 (41). 154 Hartmann, ZfA 1997, 21 (41), der auch noch die personen-und die verhaltensbedingten Gründe mit einbezieht. Dem ist zu widersprechen, weil Kündigungen aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen mit der Umwandlung in keinem Zusammenhang stehen und demnach § 323 Abs. 2 UmwG auf diese Kündigungen keine Anwendung findet. 155 FK-InsO/ Eisenbeis, § 125 Rn. 10 zu § 125 InsO, an den sich § 323 Abs. 2 UmwG anlehnt. 156 Bader, NZA 1996, 1125 (1131) zu§ 1 Abs. 4 KSchG. Gemäߧ 1 Abs. 4 KSchG kann eine Bewertung der Sozialindikatoren zueinander, die in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung gemäß § 95 BetrVG festgelegt ist, nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. 150 151

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

213

Interesses an der Weiterbeschäftigung (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG) allein auf die subjektive Entscheidung des Arbeitgebers abgestellt worden ist 158 • Daneben ist aber auch die Festlegung des Auswahlbereichs, also die arbeitsplatzbezogene Bestimmung, welche Arbeitnehmer miteinander vergleichbar sind, nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar159. Grobe Fehlerhaftigkeit liegt z. B. dann vor, wenn vergleichbare Arbeitnehmer gar nicht in die Sozialauswahl einbezogen worden sind 160• Für eine fehlerhafte Sozialauswahl trägt der Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 S. 3 KSchG die Beweislast 161 • Für die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl bei der oben dargelegten Änderungskündigung ist der Arbeitnehmer beweispflichtig. Die in§ 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO enthaltene Vermutungsregelung der dringenden betrieblichen Erfordernisse ist allerdings in § 323 Abs. 2 UmwG nicht gegeben, so daß diese Beweislastumkehr nicht auf § 323 Abs. 2 UmwG übertragen werden kann. Die betriebsbedingten Gründe hat gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der Arbeitgeber zu beweisen. Der Arbeitgeber hat die Umstände zu beweisen, aus denen sich ergibt, daß die Kündigung in bezug auf die betrieblichen Erfordernisse nicht grob fehlerhaft ist. bb) Übergang bzw. Nichtübergang der Arbeitsverhältnisse

Die Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit kann aber auch dann relevant werden, wenn der Interessenausgleich eine Zuordnung von Arbeitnehmern, die nicht gemäߧ 613 a BGB übergehen, zu einem anderen Rechtsträger vornimmt und der Interessenausgleich anschließend Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags wird. Hier können die Arbeitnehmer, die übergehen sollen, und die, die bei dem Rechtsträger verbleiben sollen, im Rahmen einer (Weiter-) Beschäftigungsklage eine ihrem Vertrag oder dem Gesetz entsprechende Zuordnung durchsetzen 162• Diese Klage ist gegen den Rechtsträger zu richten, dem der Arbeitnehmer meint zuzuordnen zu sein 163 • Auch in diesen Verfahren ist die Zuordnung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Hier ist zu beachten, daß sich die Zuordnung der Arbeitnehmer grundsätzlich nach § 613 a BGB richtet. Liegt ein Betriebsübergang vor, findet aber § 613 a BGB auf einige Arbeitnehmer keine Anwendung, so ist es sachgerecht, KR-Etzel, § 1 KSchG Rn. 727 zu § 1 Abs. 4 KSchG. Löwisch, RdA 1997, 80 (82) zu§ I Abs. 5 KSchG a. F. 159 FK-InsO I Eisenbeis, § 125 Rn. 11. 160 Löwisch, RdA 1997, 80 (82) zu§ 1 Abs. 5 KSchG a. F. 161 Zu beachten ist aber das System der abgestuften Darlegungs- und Beweislast (siehe dazu KR-Etzel, § 1 KSchG Rn. 714 ff.). 162 Berscheid, FS für Stah1hacke, S. 15 (39); Kittner /Trittin, § 323 UmwG Rn. 34. 163 Berscheid, FS für Stahlhacke, S. 15 (39 f.); Kittner/Trittin, § 323 UmwG Rn. 34. 157

158

214

4. Kap.: Der Interessenausgleich

wenn sich die Zuordnung dieser Arbeitnehmer dennoch an den gesetzlichen Wertungen des § 613 a BGB orientiert, um eine Ungleichbehandlung weitgehend zu vermeiden 164. Grobe Fehlerhaftigkeit liegt in diesen Fällen dann vor, wenn die Wertung des§ 613 a BGB, daß jeder Arbeitnehmer möglichst seine bisherige Aufgabe weiter fortführen soll, vollständig mißachtet wird. So ist grobe Fehlerhaftigkeit anzunehmen, wenn die Fähigkeiten des Arbeitnehmers nicht ausreichend berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind auch hier die oben bei der Zuordnung zu Betrieben und Betriebsteilen im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB genannten Begriffsbestimmungen der groben Fehlerhaftigkeit heranzuziehen. Die Beweislast für die grob fehlerhafte Zuordnung trägt letztlich der Arbeitnehmer165. Sachgerecht ist es aber, im Rahmen einer abgestuften Darlegungs-und Beweislast dem Arbeitgeber, nachdem der Arbeitnehmer die grobe Fehlerhaftigkeit behauptet hat, aufzuerlegen, die Kriterien für die Zuordnung darzulegen 166. Ergibt sich daraus keine grobe Fehlerhaftigkeit, muß der Arbeitnehmer beweisen, daß für den Arbeitgeber andere Erwägungen zugrunde gelegen haben oder daß sich aus anderen Gründen eine grobe Fehlerhaftigkeit ergibt.

e) Ergebnis der Zuordnung der Arbeitnehmer bei Umwandlungen Im Spaltungs- und Übernahmevertrag wird festgelegt, welche Betriebe und I oder Betriebsteile auf welchen Rechtsträger übergehen. Ist ein Betriebsübergang gegeben, folgen die zugehörigen Arbeitnehmer gemäߧ 324 UmwG i.V.m. § 613 a BGB dem Betrieb bzw. Betriebsteil nach. Dazu gehören auch diejenigen, .die vor der Umwandlung und mit Wirkung für die Zeit vor der Umwandlung von dem Arbeitnehmer in diese Betriebe und I oder Betriebsteile versetzt wurden. Die nicht zuordenbaren Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen haben ein Wahlrecht bezüglich ihrer Zuordnung. Eine Zuordnung kann deklaratorisch in einem Interessenausgleich vorgenommen werden. In einem dreiseitigen Vertrag zwischen übertragenden und übernehmenden Rechtsträger sowie dem Arbeitnehmer kann vereinbart werden, daß ein Arbeitnehmer, auf den § 613 a BGB Anwendung findet, bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibt. Dieser Vertrag kann in einem Interessenausgleich vorbereitet werden. Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet, sowie die sonstigen Arbeitnehmer, die nicht gemäß § 613 a BGB übergehen, können in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag zugeordnet 164 Dehmer § 323 Rn. 20; Joost, in Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 321. 165 Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057 (1061); Wlotzke, DB 1995, S. 40 (45); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 132; Lutter I Joost, § 323 UmwG Rn. 29. 166 Dehmer; § 323 UmwG Rn. 21.

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

215

werden und gehen dann gemäߧ 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG auf den übernehmenden Rechtsträger über, wenn sie zustimmen (§ 132 UmwG i.V.m. § 613 S. 2 BGB ). Im Fall einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG kann ein Interessenausgleich ebenso eine Zuordnung der Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet, enthalten. Der Interessenausgleich kann Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags werden, so daß die Arbeitnehmer, die einem Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet worden sind, der den Rechtsträger wechselt, umwandlungsrechtlich auf diesen übergehen. Ist eine Zuordnung nur in einem Interessenausgleich und nicht in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgenommen worden und hat der übernehmende Rechtsträger Kenntnis von dem Interessenausgleich, ist davon auszugehen, daß der übernehmende Rechtsträger diese Zuordnung billigt und der Interessenausgleich konkludent Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags wird. Neben den Arbeitsverhältnissen, die gemäß § 613 a BGB auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, muß der übernehmende Rechtsträger von den Arbeitnehmern, auf die§ 613 a BGB keine Anwendung findet, nur diejenigen übernehmen, die ihm vertraglich zugeordnet sind. An den Interessenausgleich ist er bezüglich des Übergangs der Arbeitsverhältnisse nicht gebunden. Soll rechtsträgerintern eine Zuordnung zu einzelnen Betrieben und I oder Betriebsteilen vorgenommen werden, sind die individualrechtliehen Maßnahmen der Versetzung, der einvernehmlichen Vertragsänderung bzw. der Änderungskündigung trotz eines Interessenausgleichs notwendig. Der Interessenausgleich kann aber die Arbeitsverhältnisse bezeichnen, mit denen der Arbeitgeber anschließend entsprechend zu verfahren hat. § 323 Abs. 2 UmwG findet mit der Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit nur Anwendung, wenn es sich um eine Zuordnung nach der Umwandlung handelt oder die Zuordnung erst nach der Umwandlung wirksam werden soll. Die Individualmaßnahmen hat der Übemehmer dem Interessenausgleich entsprechend vorzunehmen, wenn er einen ganzen Betrieb übernimmt und demnach in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des übertragenden Unternehmers eintritt. Bei Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG bei einer Klage gegen eine Versetzung ist statt des Maßstabs der Billigkeit (§ 315 Abs. 3 BGB) der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzusetzen. Bei einer Änderungskündigung ist dieser Maßstab im Rahmen der sozialen Rechtfertigung heranzuziehen. Bei einer Zuordnung im Spaltungs- und Übernahmevertrag können sowohl die Arbeitnehmer, die übergehen sollen, als auch die, die verbleiben sollen, eine (Weiter-) Beschäftigungsklage gegen den Rechtsträger erheben, dem sie meinen zuzuordnen zu sein. Auch hier ist die Überprüfung der Zuordnung auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt. Die Beweislast trägt der Arbeitnehmer, wobei der Arbeitgeber die Kriterien für die Zuordnung darzulegen hat. Als Fazit ist festzuhalten, daß trotz der letztlich stark eingeschränkten Wirkung der Interessenausgleich in verstärktem Maße die Möglichkeit bietet, in bezug auf

216

4. Kap.: Der Interessenausgleich

die Zuordnung der Arbeitnehmer ein für alle Seiten günstiges Ergebnis zu erzielen. Es werden die geplanten Maßnahmen und deren Auswirkungen von dem Betriebsrat als Interessenvertreter der Arbeitnehmer einerseits und dem Arbeitgeber andererseits diskutiert und es wird versucht, ein Ausgleich der Interessen zu erzielen. Dies ist ein geeigneter Rahmen, um die Zuordnung der Arbeitnehmer vorzunehmen, weil die Umstände und die Folgen der Betriebsänderung Inhalt der Verhandlungen sind. Es besteht hier eine gute Möglichkeit, eine zufriedenstellende Zuordnung der Arbeitnehmer zu erzielen. Im Interessenausgleich können den Fähigkeiten der Arbeitnehmer entsprechende Arbeitsplätze besetzt werden. Findet§ 613 a BGB auf einige oder alle Arbeitnehmer keine Anwendung, kann der Interessenausgleich Teil des Spaltungs- und Übernahmevertrags werden und die Arbeitnehmer können umwandlungsrechtlich übergehen, wenn sie zustimmen. Sollen Arbeitnehmer bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben, können Abweichungen von § 613 a BGB im Interessenausgleich vorbereitet werden, die anschließend Inhalt eines dreiseitigen Vertrags zwischen dem übernehmenden und dem übertragenden Rechtsträger sowie dem Arbeitnehmer werden können. Durch die eingeschränkte Überprüfbarkeit werden arbeitsrechtliche Streitigkeiten verringert und es ist eine größere Rechtssicherheit gegeben. Insbesondere besteht darin der Anreiz für den Arbeitgeber, eine Zuordnung in einem Interessenausgleich, zu dessen Abschluß er nicht gezwungen ist, vorzunehmen.

2. Einzelrechtsnachfolge Auch bei der Einzelrechtsnachfolge kann die Zuordnung der Arbeitnehmer in einem Interessenausgleich vorgenommen werden, weil dieser die Frage des "wie" einer Betriebsänderung regelt. Die Zuordnung der Arbeitnehmer betrifft das Ausmaß der Betriebsänderung. Ebenso zeigt der Gesetzgeber mit der Regelung des § 323 Abs. 2 UmwG, daß eine Zuordnung der Arbeitnehmer in einem Interessenausgleich Platz hat. Die Ergebnisse der Zuordnung der Arbeitnehmer bei Umwandlungen sind bezüglich der Rechtswirkungen des Interessenausgleichs auf die Einzelrechtsnachfolge zu übertragen, weil auch bei den Umwandlungen von einer zwingenden Wirkung des§ 613 a BGB und einer fehlenden dinglichen Wirkung des Interessenausgleichs ausgegangen wurde. Die Ausführungen zu den individualrechtliehen Voraussetzungen sowie zu der zwingenden Wirkung des § 613 a BGB gelten auch hier. Der Unterschied in bezug auf die Voraussetzungen einer verbindlichen Regelung besteht aber darin, daß im Gegensatz zu der Gesamtrechtsnachfolge bei der Einzelrechtsnachfolge kein Spaltungs- und Übernahmevertrag im Sinne des § 126 UmwG existiert, dessen Teil der Interessenausgleich werden könnte. Die in einem Interessenausgleich zugeordneten Arbeitsverhältnisse können nicht auf diese Wei-

V. Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich

217

se auf den Erwerber übergehen. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse kann - abgesehen von § 613 a BGB - nur durch einen dreiseitigen Vertrag geschehen, in dem auch ein Verbleib des Arbeitnehmers entgegen § 613 a BGB geregelt werden kann. Dieser Vertrag kann in einem Interessenausgleich vorbereitet werden. Auch die Individualmaßnahmen der Versetzung oder der Änderungskündigung können hier ebenso wie bei der Umwandlung in einem Interessenausgleich vorbereitet werden. Eine analoge Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG demgemäß, daß auch bei der Einzelrechtsnachfolge die eingeschränkte Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit gilt, scheidet aus 167 . Eine Zuordnung der Arbeitnehmer kann auch ohne diese Vorschrift vorgenommen werden, so daß schon keine Regelungslücke besteht. Daneben besteht keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dafür, eine betriebsverfassungsrechtliche Norm, also eine Norm des Arbeitnehmerschutzrechts, analog zu Lasten des Arbeitnehmers anzuwenden, indem die Zuordnung in einem Interessenausgleich nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar ist 168 •

167 Bachner, AiB 1996, S. 291 (300). Für eine Analogie de lege ferenda aber Gentges, RdA 1996, S. 265 (274). 168 Bachner, AiB 1996, S. 291 (300).

5. Kapitel

Der Sozialplan I. Wirtschaftliche Nachteile Gemäß § 112 Abs. I S. 2 BetrVG ist der Sozialplan eine "Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen". Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG 1 sind die Betriebspartner bei der Aufstellung des Sozialplans in ihrer Entscheidung frei, welche Nachteile welcher von einer Betriebsänderung betroffener Arbeitnehmer sie in welchem Umfang ausgleichen oder mildem. Insbesondere sind sie - im Gegensatz zu der Einigungsstelle - nicht an die Ermessensrichtlinien des § 112 Abs. 5 BetrVG gebunden 2 • Der Sozialplan gilt für alle Personen, die durch die Betriebsänderung einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden3. Wegen des eindeutigen Wortlauts muß es sich bei den Nachteilen um materielle Nachteile handeln, also um solche, die sich in Geldeswert ausdrücken lassen. Nicht erfaßt werden immaterielle Nachteile4 , so daß z. B. die Entwertung eines langjährigen Wissens oder der Verlust sozialer Beziehungen nicht in einem Sozialplan ausgeglichen werden kann5 . Wie aus § 112 Abs. I S. 2 BetrVG sowie aus § 112 Abs. 5 Nr. 1 BetrVG folgt, ist es unerheblich, ob es sich um wesentliche Nachteile handelt6 . Möglich ist, daß eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG nur wegen des Vorliegens wesentlicher Nachteile gegeben ist. Bei den Tatbeständen des § 111 S. 2 BetrVG kann es erforderlich sein, die Voraussetzung der wesentlichen Nachteile des Satzes I als Interpretationshilfe heranzuziehen 7 . Wegen des eindeutiI BAG 24. 01. 1996, NZA 1996, 834 (835); BAG 20. 04. 1994, NZA 1995, 489 (490), BAG 30. 11. 1994, NZA 1995,492 (493); BAG 28. 09. 1988, NZA 1989, 186. 2 MünchArbR/Matthes, § 354 Rn. 11; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 78/82. 3 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 45. 4 GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 33; Richardi, §§ 112, 112 Rn. 84; Fitting I Kaiser/ Heitherl Engels, §§ 112, 112 a Rn. 78; Hanau, ZfA 1974, 89 (101); DKK/ Däubler; §§ 112, 112 a Rn. 39; Galperinl Löwisch, § 112 Rn. 18. 5 DKK/ Däubler; §§ 112, 112 a Rn. 39. 6 Rumpf!/ Boewer; I. Rn. 47. 7 Siehe oben 3. Kapitel unter lU. 2.; nach den hier vertretenen Ansichten ist Satz 1 als Interpretationshilfe bei Nr. 4 im Zweifel heranzuziehen und bei Nr. 3 zu prüfen sofern nicht

I. Wirtschaftliche Nachteile

219

gen Wortlauts in § 112 BetrVG sind bei der Aufstellung des Sozialplans dennoch nicht nur wesentliche Nachteile zu berücksichtigen. Die Nachteile, die zu einer Betriebsänderung führen und diejenigen, die in einem Sozialplan berücksichtigungsfähig sind, sind voneinander zu trennen.

1. Verlust des Arbeitsplatzes I Versetzungen In bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes wird dem Sozialplan einmal im Wege einer zukunftsbezogenen Betrachtung eine Überbrückungsfunktion beigemessen8. Die nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses auftretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie Arbeitslosigkeit, Umschulungsbedarf oder geringere Vergütung am neuen Arbeitsplatz sollen ausgeglichen werden9• Eine andere Ansicht 10 geht dagegen im Wege einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung von einer Entschädigungsfunktion des Sozialplans für den Verlust des Arbeitsplatzes aus und sieht den Verlust des Arbeitsplatzes als solches als Nachteil an. Bei der Aufstellung eines Sozialplans bei zukunftsorientierter Betrachtung sind auf Erfahrung beruhende Prognosen - z. B. daß Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit und höherem Lebensalter geringe Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz haben - möglich und die Betriebsparteien sowie die Einigungsstelle sind auf diese Prognosen meist auch angewiesen 11 • Die Höhe der pauschalierten Soziaiplanleistungen in Form einer Abfindung kann dabei von den für die zu erwartenden Nachteile relevanten Faktoren, wie Alter, Betriebszugehörigkeit und Familienstand abhängig gemacht werden 12. Die Berechnung dieser Abfindungen kommt der Berechnung nahe, die einer Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zugrundeliegt 13, so daß die Kontroverse um die Vergangenheits- bzw. Zukunftsorientierung praktisch von relativ geringer Bedeutung ist 14• Auch dadurch, daß die ein wesentlicher Betriebsteil Gegenstand der Spaltung ist (siehe oben 3. Kapitel unter VI. 4. a) aa) und 6. b) cc) (3). s So BAG 28. 10. 1992, NZA 1993, 515 (516); BAG 11. 08. 1993, DB 94, 102; BAG 09. II. 1994, AP Nr. 85 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 3 R; Wiedemann/Willemsen, Anrn. zu BAG 08. 12. 1976, AP Nr. 3 zu § 112 BetrVG 1972, BI. 8 R; Galperin!Löwisch, § 112 Rn. 19; MünchArbR/ Matthes, § 354 Rn. 8; GK-Fabricius, § 112, 112 a, Rn. 51. 9 Wiedemann/Willemsen, Anrn. zu BAG 08. 12. 1976, AP Nr. 3 zu § 112 BetrVG 1972, BI. SR. 10 Richardi, Sozialplan im Konkurs, S. 14; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 28 ff.; Heinze, DB 1974, 1814 (1817); Weiß!Weyand, § 112 Rn. 23. II BAG 23. 04. 1985, NZA 1986, 628 (629); Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 80/82. 12 BAG 23. 04. 1985, NZA 1986, 628 (629). 13 BAG 23. 04. 1985, NZA 1986,628 (629). 14 DKK/Däubler, § 112, 112 a Rn. 41; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 82.

220

5. Kap.: Der Sozialplan

Einigungsstelle die Dauer der Betriebszugehörigkeit innerhalb ihres Ermessens zu berücksichtigen hat und so ein Bezug zur Vergangenheit des Arbeitsverhältnisses häufig gegeben ist 15 , nähern sich die Ansichten an. Ein Unterschied der Ansichten wäre aber beispielsweise dann denkbar, wenn bei zukunftsorientierter Betrachtung wirtschaftliche Nachteile dadurch entfallen, daß ein Teil der Arbeitnehmer von einem anderen Unternehmen in der Nachbarschaft zu gleichen Bedingungen weiterbeschäftigt wird 16. Der zukunftsorientierten Ansicht, daß dem Sozialplan eine Überbrückungsfunktion zukommt, ist der Vorzug zu geben, weil durch den Sozialplan wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen werden sollen. Der Arbeitnehmer erleidet aber keine finanziellen Einbußen, wenn der Arbeitnehmer einen gleichwertigen Arbeitsplatz im Betrieb, im Unternehmen oder in einem anderen Unternehmen erhält. Zudem hat der Gesetzgeber der Einigungsstelle in § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG aufgegeben, einen Ausgleich für künftige Nachteile, wie beispielsweise Umzugskosten oder höhere Fahrtkosten (Nr. l), zu schaffen und die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen (Nr. 2). Zwar ist nur die Einigungsstelle an diese Ermessensrichtlinien gebunden und die Betriebsparteien sind in ihrer Entscheidung frei, aber der Gesetzgeber hat gezeigt, daß die künftige Situation des Arbeitnehmers bei der Aufstellung des Sozialplans entscheidend ist. Der Gesetzgeber hat der Einigungsstelle dagegen nicht aufgegeben, vorwiegend die Situation des Arbeitnehmers in der Vergangenheit zu beachten. Neben oder anstelle einer Abfindung kann ein Sozialplan die Zahlung von Lohnausgleich oder einer Auslösung bei Versetzung, Beihilfen für Umschulungsund Weiterbildungsmaßnahmen, Weitergewährung von Deputaten, Gewinnbeteiligungen, vermögenswirksame Leistungen, Arbeitgeberdarlehen, Werkwohnungen, Bewerbungskosten oder die Aufrechterhaltung von Pensionsanwartschaften vorsehen17. Auch eine zunächst geringere Urlaubsdauer oder eine Wohnungssuche kann ausgeglichen werden 18• Führt das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe zu Versetzungen, kommen als wirtschaftliche Nachteile insbesondere Einkommensrninderungen, höhere Fahrtkosten, Umzugskosten oder der Verlust von Sozialleistungen in Betracht (vgl. § 112 Abs. 5 Nr. 1 BetrVG und die dort aufgeführten weiteren Nachteile). Beispielsweise wird für den ausgelagerten Betriebsteil eine eigene Pforte eingerichtet, an die ein Arbeitnehmer unter Abgruppierung von seiner bisherigen Gehaltsstufe versetzt wird 19 •

15 16 17 18

19

Richardi, § 112 Rn. 53. Galperin!Löwisch, § 112 Rn. 19 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112aRn.l04. Galperin/Löwisch, § 112 Rn. 19. Jaeger, BB 1988, 1036 (1039 f. Fn. 51).

I. Wirtschaftliche Nachteile

221

Bei einem Betriebsübergang sind wirtschaftliche Nachteile in aller Regel dadurch ausgeschlossen, daß die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen zu gleichen Bedingungen weiterbeschäftigt werden müssen. Möglich ist aber, daß der Betrieb verlegt wird und höhere Anfahrtskosten und/oder Umzugskosten in Betracht kommen. Auf Nachteile im Rahmen eines Betriebsübergangs wird unten unter 2. und 3. vertieft eingegangen. Der Sozialplan soll vor Beginn der Betriebsänderung aufgestellt werden20. Entscheidet die Einigungsstelle erst später, hat sie die Verhältnisse zugrunde zu legen, die vor der Betriebsänderung bestanden, also den Zeitpunkt, zu dem der Sozialplan hätte aufgestellt werden müssen21 .

2. Verringerung der Haftungssumme Beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe in Verbindung mit dem Übergang der Arbeitsverhältnisse auf einen neuen Unternehmer ist es möglich, daß der neue Arbeitgeber nicht so vermögend ist, wie der vorherige. Hiermit geht eine Verringerung der Haftungssumme insbesondere für künftige Sozialplanansprüche einher. Ob dies einen ausgleichspflichtigen Nachteil im Sinne des § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG darstellt, wird unterschiedlich bewertet. Dabei geht es hier nicht um die oben22 bereits negativ beantwortete Frage, ob ein mit einer Verringerung der Haftungssumme einhergehender Betriebsinhaberwechsel eine Betriebsänderung darstellen kann. Vielmehr ist hier problematisch, ob bei Vorliegen einer Betriebsänderung die Verringerung der Haftungssumme einen Nachteil darstellt, der gemäß den §§ 111 ff. BetrVG auszugleichen ist. a) Meinungsstand

Einer Ansicht zufolge23 ist der Fall der Verringerung der Haftungssumme bei dem neuen Unternehmer als ein solcher Nachteil anzusehen. In diesem Fall seien 2o BAG 23. 04. 1985, AP Nr. 26 zu § 112 BetrVG 1972, BI. 4 R. 21 BAG 23. 04. 1985, AP Nr. 26 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 4 R; Fitting!Kaiser!Heitherl Engels, §§ ll2, ll2 a Rn. 83. 22 Siehe oben 3. Kapitel unter V. 1. 23 Kittner, Anm. zu 17. 02. 1981, AP Nr. 9 zu § 111 BetrVG 1972, BI. 3 R; Hersehe/, Anm. zu BAG 17. 02. 1981, AuR 1981, 387 (388); Gnade/Kehrmann/Schneider/Blankel Klebe § 111 Rn. 9; ebenso die Vertreter, die schon wegen der Verringerung der Haftungssumme eine sozialp1anpflichtige Betriebsänderung bejahen (s.o. 3. Kapitel Fn. 140); Blank/ Blanke I Klebe I Kümpel /Wendeling-Schröder /Wo/per, Arbeitnehmerschutz bei Betriebsaufspa1tung und Unternehrnensteilung, S. 123 und Hüper; Der Betrieb im Untemehmerzugriff, S. 264 schlagen für die Aufspaltung vor, daß der für die Betriebsausgliederung aufzustellende Sozialplan entsprechende Bürgschafts- oder Garantieverpflichtungen der Besitzgesellschaft vorsieht.

222

5. Kap.: Der Sozialplan

bei einem künftigen Personalabbau sehr viel geringere Abfindungen für die Arbeitnehmer zu erwarten. Dies sei bei der Gestaltung des Sozialplans zu berücksichtigen. Der rein rechtliche Bestandsschutz gemäß § 613 a BGB gebe keine Sicherheit gegen mögliche finanzielle Nachteile, welche unter Umständen dadurch eintreten könnten, daß nur noch die verminderte Haftungsmasse des ausgelagerten Betriebsteils an die Stelle des bisherigen Haftungsvermögens des gesamten Betriebs trete. Diesen Standpunkt lehnt das BAG24 und ihm folgend ein Teil der Literatur25 ab. In dem Fall, in dem die Betriebsänderung mit einem Betriebsübergang zusammenfalle, seien nur diejenigen Nachteile im Rahmen der §§ ll1 ff. BetrVG zu berücksichtigen, die die Betriebsänderung selbst verursache, die also nicht durch § 613 a BGB abschließend geregelt seien26. In einem Fall, der die Spaltung gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG betrifft, führt das BAG27 aus, daß zwischen den spaltungsbedingten Nachteilen und denjenigen Nachteilen, die auf dem Teilbetriebsübergang beruhen, zu unterscheiden sei. Wirtschaftliche Nachteile aus Vorgängen, die selbst keine Betriebsänderung und auch nicht deren notwendige Folge darstellten, seien nicht zu berücksichtigen28. Die Verringerung der Haftungssumme beruhe auf dem Betriebsübergang und nicht auf der Spaltung. Sehe man diese Nachteile als auszugleichende Folge der Spaltung an, würde das zu dem Ergebnis führen, daß bei einem Teilbetriebsübergang die betroffenen Arbeitnehmer einen Ausgleich für die genannten Nachteile erhielten, während bei einer Veräußerung des gesamten Betriebs auf ein neugegriindetes Unternehmen mangels Betriebsänderung alle Arbeitnehmer diese Nachteile hinnehmen müßten. Im übrigen seien Gläubiger nun einmal nur eingeschränkt gegen die Reduzierung der Haftungssumme des Schuldners geschützt29.

b) Stellungnahme Die auszugleichenden Nachteile müssen unmittelbare Folge der Betriebsänderung sein. Das folgt aus der Formulierung in § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG, nach der der Sozialplan Nachteile ausgleicht, die den Arbeitnehmern "infolge" der geplanten Betriebsänderung entstehen. Der Nachteil der Verringerung der Haftungssumme folgt unmittelbar aus dem Wechsel des Betriebsinhabers. Dieser stellt für sich allein keine Betriebsänderung dar. Fraglich ist aber, ob der Betriebsübergang nicht unter Umständen notwendige BAG 17. 02. 1981, AuR 1981,386 (387); BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). Jaeger, BB 1988, 1036 (1039); Bauer, DB 1994, 217 (220); Balze/Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel3 Rn. 99 f.; Staudinger I Richardi/Annuß, § 613 a Rn. 237. 26 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). 27 BAG 10. 12. 1996, AuR 1997,377 (379). 28 BAG 10. 12. 1996, AuR 1997,377 (378). 29 BAG 17. 02. 1981, AuR 1981,386 (387); BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). 24 25

I. Wirtschaftliche Nachteile

223

Folge der Betriebsänderung sein kann. Das BAG30 lehnt dies in bezug auf eine Spaltung ab, weil die Spaltung unabhängig von einem Wechsel des Inhabers und der dabei gewählten rechtlichen Konstruktion sei. Spaltung sei nur die tatsächliche Aufspaltung des bisher einheitlichen Betriebs, wobei gesellschaftsrechtliche Veränderungen ohne Bedeutung seien. Dieser Ansicht des BAG ist zu folgen. Zweck der §§ 111 ff. BetrVG ist es, einen Ausgleich für eine Änderung auf Betriebsebene zu schaffen. Die Mitwirkungsund Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in den §§ 111 ff. BetrVG beziehen sich nicht auf die umfassende Unternehmerische Willensbildung sondern nur darauf, wie sich die Entscheidungen des Unternehmers konkret "am Arbeitsplatz" entfalten31. Als Betriebsänderungen können nur solche Maßnahmen verstanden werden, die eine Änderung des Betriebs selbst zum Gegenstand haben32• Änderungen auf Unternehmensebene sind keine Betriebsänderung. Demnach können die Nachteile, die aus einer Änderung auf der Unternehmensebene resultieren, auch nicht ausgleichspflichtig sein. Die Verringerung der Haftungssumme beruht auf dem Wechsel des Betriebsinhabers, also auf einer Änderung auf der Unternehmensebene. Die Betriebsänderung besteht nur in dem ersten Schritt, z. B. der Aufspaltung oder der Einschränkung des Betriebs. Der Übergang des Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Unternehmer ist erst ein möglicher zweiter Schritt, der sich, wenn die Voraussetzungen des § 613 a BGB überhaupt gegeben sind, auf der Unternehmensebene vollzieht. Der zweite Schritt ist nicht zwingende Folge des ersten Schritts. Beide stehen vielmehr unabhängig nebeneinander. Für Nachteile, die aus dem zweiten Schritt des Übergangs resultieren, bieten die §§ lll ff. BetrVG keinen Ausgleich. Für diese Lösung spricht zudem die Erwägung, daß die Arbeitnehmer auch nicht dagegen geschützt sind, daß sich die Haftungssumme des Arbeitgebers dadurch verringert, daß er schlecht wirtschaftet, riskante Geschäfte abschließt oder Immobilien veräußert. Die Arbeitsbedingungen sind für einen Arbeitnehmer nicht auf Dauer garantiert. Ebenso wie dies durch einen Betriebsübergang geschehen kann, kann auch der bisherige Unternehmer z. B. durch Verbandsaustritt die Tarifbindung ändern oder durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat eine andere Rechtsgrundlage für die Arbeitsverhältnisse schaffen33 . Ohne eine Betriebsänderung ist der Arbeitnehmer also auch nicht gegen die Verringerung der Haftungssumme auf Arbeitgeberseite geschützt. Daneben ist es bei einem Betriebsübergang selten der Fall, daß der Übernehmer über eine identische Haftungssumme verfügt. Differenzen nach unten sind durchaus üblich. Ware dies beriicksichtigungsfähig, wäre problematisch, ab wann die Differenz relevant ist.

32

BAG 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (378). Konzen, Untemehmensaufspaltungen, S. 70. Heither, ZIP 1985, S. 513 (514).

33

BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624).

30 31

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5. Kap.: Der Sozialplan

Die Verringerung der Haftungssumme ist also nicht als ein nach den§§ 111 ff. BetrVG ausgleichspflichtiger Nachteil anzusehen. Durch das Outsourcing kann auch der Fall eintreten, daß die Auslagerung eines Betriebsteils dazu führt, daß die Haftungsssumme im Restbetrieb geringer wird. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn mit dem Outsourcing eine Verringerung derbetrieblichen Anlagen einhergeht. Auch dies ist in einem Sozialplan bezüglich der im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer nicht berücksichtigungsfähig. Auch für die im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer müssen neben dem Betriebsinhaberwechsel "weitere Nachteile" vorliegen 34. Der Nachteil der Verringerung der Haftungssumme beruht nicht unmittelbar auf der jeweiligen Betriebsänderung, sondern auf einer Änderung der Gegebenheiten auf der Unternehmensebene. Im übrigen ist auch hier zu beachten, daß diese Problematik in Bezug auf künftige Ansprüche aus einem Sozialplan durch § 134 UmwG, nach dem bei einer Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft auch die Besitzgesellschaft für neu entstehende Sozialplanansprüche haftet und sich die Höhe der Ansprüche auch nach dem Vermögen der Besitzgesellschaft richtet, abgeschwächt wird35 .

3. Sonstige Nachteile durch einen Betriebsübergang Diese Lösung ist auf sämtliche Probleme zu übertragen, die auf dem Wechsel des Betriebsinhabers beruhen. So ist es möglich, daß es sich bei dem neuen Unternehmer um ein neugegründetes Unternehmen handelt, auf das das Privileg der Befreiung von der Sozialplanpflicht des § 112 a Abs. 2 BetrVG in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung anzuwenden ist36. Die Arbeitnehmer verlieren bei einem Übergang also ihre Sozialplananwartschaft Auch dieser Nachteil kann dadurch, daß er aus dem Betriebsübergang resultiert, nicht in einem Sozialplan berücksichtigt werden37 • Beim Outsourcing ist in vielen Fällen der Verlust des Arbeitsplatzes durch § 613 a BGB ausgeschlossen, so daß der Verlust des Arbeitsplatzes dann keinen wirtschaftlichen Nachteil darstellt. Zudem muß der Arbeitnehmer zu den gleichen Bedingungen übernommen werden, so daß eine etwaige schlechtere Bezahlung oder sonstige Änderungen des Arbeitsvertrags zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht in Betracht kommen. Allerdings ist die Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers gemäߧ 613 a Abs. 1 S. 2 BGB nach Ablauf eines Jahres möglich. Auch hier resultiert der Nachteil unmittelbar aus dem BeJaeger; BB 1988, 1036 (1040), Bauer; DB 1994,217 (220). Siehe zu § 134 UmwG oben 3. Kapitel unter V. 1. b) dd). 36 Siehe dazu aber unten 5. Kapitel unter IV. 2. 37 BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624); Staudinger!Richardi!Annuß, § 613 a Rn. 237; aA DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 35; Hanau, FS für Gaul, S. 287 (295). 34 35

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers

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triebsübergang, so daß er nicht berücksichtigungsfähig ist. Ebenso verhält es sich, wenn die Arbeitsverhältnisse bei dem Betriebserwerber gemäߧ 613 a Abs. 1 S. 3 BGB durch einen anderen- ungünstigeren- Tarifvertrag geregelt werden 38 . Die gesetzliche Regelung des § 613 a BGB mutet dem Arbeitnehmer im Interesse des Erhalts des Arbeitsplatzes solche Nachteile zu39 . Anders verhält es sich dagegen bei Nachteilen, die nicht auf dem Wechsel des Inhabers, also auf einer Änderung auf der Unternehmensebene, beruhen, sondern auf einer Änderung auf Betriebsebene. So kann mit einem Betriebsübergang ein Ortswechsel einhergehen. Hier sind höhere Anfahrtskosten oder Kosten eines Umzugs in einem Sozialplan zu berücksichtigen.

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf Sozialplanleistungen Geht das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe mit einem Betriebsübergang einher, so ist bezüglich eines Sozialplans zu beachten, daß die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die nicht widersprechen, mit dem neuen Arbeitgeber fortbestehen. Ein Sozialplan kann die übergehenden Arbeitnehmer von seinem Geltungsbereich ausnehmen40. Dies beruht darauf, daß die Abfindungen hauptsächlich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt werden, der hier nicht gegeben ist. Es liegt kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil es nicht sachfremd ist, wenn in Sozialplänen die unterschiedlichen Situationen der Arbeitnehmer bei der Anspruchsberechtigung berücksichtigt werden41 . Den übergehenden Arbeitnehmern können aber selbstverständlich auch Leistungen gewährt werden42. Liegt keine ausdrückliche Regelung vor, ist - über den reinen Wortlaut hinaus - der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung durch Auslegung zu errnitteln43 . Zu beachten ist aber, daß ein eventueller Ausschluß auch fur den Arbeitnehmer erkennbar sein muß. Leistungen dürften nach dem Willen der Betriebspartner beispielsweise dann ausgeschlossen sein, wenn die Abfindungen ausdrücklich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt werden. Ebenso verhält es sich dann, wenn der Sozialplan So auch BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624). BAG05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624). 40 BAG 17. 04. 1996, NZA 1996, 1113 (1114 f.); Neef!Schrader, NZA 1998, 804 (805); Gaul, DB 1998, 1513 (1517). 41 BAG 17. 04. 1996, NZA 1996, 1113 (1114 f.) ; Neef/Schrader, NZA 1998,804 (805). 42 Neef I Schrader, NZA 1998, 804 (805). 43 Neef ! Schrader, NZA 1998, 804 (805); zur Auslegung BAG 16. 03. 1994, NZA 1994, 1147 (1148); BAG 28. 10. 1992, NZA 1993, 717 (718). 38

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5. Kap.: Der Sozialplan

ausdrücklich für solche Arbeitnehmer Abfindungen vorsieht, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen44. Auch eine bestimmte Höhe der Abfindungen kann darauf schließen lassen, daß diese nur für Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, vorgesehen ist. Problematisch ist aber vor allem, ob denjenigen Arbeitnehmern, die widersprechen, und denen anschließend betriebsbedingt gekündigt wird, eine Abfindung aus einem Sozialplan versagt werden kann bzw. ob sich dies zwangsweise ergibt, wenn eine diesbezügliche Regelung nicht getroffen worden ist.

1. Kausalität der Betriebsänderung für den Verlust des Arbeitsplatzes In diesem Fall ist zunächst problematisch, ob der Kausalzusammenhang zwischen der Betriebsänderung und den Nachteilen dieser Arbeitnehmer gegeben ist, weil der Verlust des Arbeitsplatzes ohne den Widerspruch nicht eingetreten wäre. Das BAG hat in einer neueren Entscheidung45 ausdrücklich offen gelassen, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz aus Anlaß einer Betriebsänderung verloren hat und dadurch wirtschaftliche Nachteile erlitten hat oder nicht. Die Nachteile müssen unmittelbare Folge der Betriebsänderung sein. Die Kündigung erfolgt jedoch nicht aufgrund der Betriebsänderung, sondern aufgrund des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses, woraus sich Zweifel an dieser Kausalität ergeben. Zu beachten ist hier zunächst, daß in verschiedenen Maßnahmen eine Betriebsänderung gesehen werden kann. Zum einen kann die Anzahl der widersprechenden Arbeitnehmer so hoch sein, daß nur die Entlassung derselben die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erfüllt und eine Einschränkung durch Personalabbau gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG gegeben ist46• Liegen auch die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG vor, ist ungeachtet einer eventuellen vorherigen Betriebsänderung allein aufgrund dieser Entlassungen grundsätzlich ein Sozialplan aufzustellen. In diesem Fall stellt sich die Frage der Kausalität der Betriebsänderung für den Verlust des Arbeitsplatzes nicht. Denn die Betriebsänderung besteht erst in den Entlassungen der Arbeitnehmer. Daß diese erst aufgrund der Widersprüche erforderlich wurden, steht dem nicht entgegen. Anders verhält es sich dann, wenn bereits eine Betriebsänderung gegeben ist, die mit einem Betriebsübergang einhergeht. Einige Arbeitnehmer widersprechen dem Betriebsübergang, verlieren wegen der fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ihren Arbeitsplatz und beanspruchen eine Abfindung aus einem Sozial44

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Vgl. BAG 17. 04. 1996, NZA 1996, lll3 (1114). BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623. Siehe oben 3. Kapitel unter VI. 1. b) dd) (1).

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers

227

plan47 . In diesem Fall beruht der Nachteil des Verlustes des Arbeitsplatzes letztlich auf dem Widerspruch gegen den Betriebsübergang. Ohne einen Widerspruch, allein aufgrundder ursprünglichen Betriebsänderung, wäre der Nachteil nicht eingetreten. Die Kausalität der Betriebsänderung für den Nachteil ist hier also fraglich. Bei dieser Problematik ist auf die bereits oben48 dargestellte Frage zu verweisen, ob die Entlassungenaufgrund der Widersprüche auf einerneuen Planungsentscheidung des Unternehmers beruhen und eine eigene Betriebsänderung darstellen, oder ob sie Bestandteil der Gesamtplanung sind und zu der ursprünglichen Betriebsänderung hinzugerechnet werden. Denn wenn die Entlassungen Bestandteil der Gesamtplanung waren, ist auch die Kausalität zwischen denselben und der ursprünglichen Betriebsänderung gegeben. So vertreten auch Baeck/Diller49 , die sich für eine getrennte Planungsentscheidung aussprechen, daß die Betriebsänderung für die Beendigung der Arbeitsverhältnisse nicht ursächlich sei und ein Sozialplananspruch ausscheide50• Wie ausgeführt51 , sind die Entlassungenaufgrund der Widersprüche in aller Regel Bestandteil der Gesamtplanung. Dann ist auch die Kausalität zwischen der ursprünglichen Betriebsänderung und dem Nachteil des Verlustes des Arbeitsplatzes gegeben. Dies ist auch unter dem Aspekt erforderlich, daß einem Arbeitnehmer, der aufgrund einer sozialen Auswahl52 statt eines widersprechenden Arbeitnehmers entlassen wird, ein Anspruch aus dem Sozialplan zustehen muß. Oben53 bereits abgelehnt wurde auch die Ansicht Bauers54 , nach dem sich die Arbeitnehmer bei sachlich unbegründeten Widersprüchen den Verlust des Arbeitsplatzes selbst zuzuschreiben hätten, weshalb es an dem Tatbestandsmerkmal "wesentliche Nachteile" des § 111 BetrVG fehle. Zwar setzt der Arbeitnehmer eine Mitursache für den Nachteil des Verlusts des Arbeitsplatzes. Dies ändert aber nichts daran, daß letztlich für den Verlust des Arbeitsplatzes die Betriebsänderung kausal ist. Scheitert ein Anspruch aus dem Sozialplan nicht an der Kausalität zwischen der Betriebsänderung und dem Nachteil des Arbeitnehmers, so stellt sich die weitere Frage, ob widersprechende Arbeitnehmer von dem Geltungsbereich eines Sozialplans ausgeschlossen werden können bzw. automatisch ausgeschlossen werden. 47 Die widersprechenden Arbeitnehmer werden in die für eine Betriebsänderung notwendige Anzahl von Arbeitnehmer einberechnet Siehe dazu oben 3. Kapitel unter VI. 1. b) dd) (2). 48 Siehe 3. Kapitel unter VI. 1. b) dd) (2) und cc). 49 NZA 1997, 689 (693 f.). 50 So auch Balze!Rebel/Schuck, Outsourcing und Arbeitsrecht, Kapitel3 Rn. 85. 51 Siehe 3. Kapitel unter VI. 1. b) dd) (2). 52 Vgl. oben 2. Kapitel unter V. 1. b). 53 Siehe 3. Kapitel unter V. 1. b) dd) (1). 54 Bauer; in Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, V. Rn. 109.

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5. Kap.: Der Sozialplan

2. Frage der grundsätzlichen Zulässigkeil eines Ausschlusses der widersprechenden Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen Einer Ansicht55 nach darf sich der aus einem aus einem höchstpersönlichen Recht folgende Widerspruch bei der Bemessung von Leistungen nicht zum Nachteil des Betroffenen auswirken(§ 612 a BGB). Dem ist mit dem BAG56, das diese Frage im Zusammenhang mit einer derartigen Regelung im Tarifvertrag behandelt hat, zu widersprechen. An die Ausübung des Widerspruchsrechts nachteilige Rechtsfolgen zu knüpfen, steht nicht im Widerspruch zu der verfassungsrechtlich nach Art. 1 und 12 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition, die Grund für das Widerspruchsrecht ist57. Das Widerspruchsrecht räumt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit ein, sich bei einem Betriebsübergang frei für oder gegen die Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes zu entscheiden. Das Widerspruchsrecht gewährleistet aber nicht, daß das Arbeitsverhältnis im Anschluß an den Widerspruch ebenso behandelt wird, wie ein solches, das nicht von dem Betriebsübergang betroffen war58 . Aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht der freien Arbeitsplatzwahl folgt nicht, daß an eine Arbeitsplatzwahl keine sonstigen nachteiligen Rechtsfolgen geknüpft werden dürfen. Ebenso kann der Arbeitnehmer einen solchen Nachteil verhindern, indem er nicht widerspricht. Bei der Prognose, in welchem Umfang die jeweiligen Arbeitnehmer von dem betriebsbedingten Verlust ihres Arbeitsplatzes wirtschaftlich nachteilig betroffen sind, können die Tarifvertragsparteien aus der Ausübung des Widerspruchsrechts auf einen fehlenden Ausgleichsbedarf schließen59. Zu beachten ist dabei aber, daß der Übergang des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer zurnutbar sein muß60. Diese Grundsätze gelten auch für die Betriebspartner bei der Aufstellung eines Sozialplans61. Die Ansicht Däublers ist mithin abzulehnen. Es ist grundsätzlich möglich, daß sich der Widerspruch bei der Bemessung von Leistungen aus dem Sozialplan zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirkt. 55 DKK/ Däubler § 111 Rn. 106; ähnlich Weber, Anmerkung zu BAG 10. 12. 1996, AiB 1997, 670, nach dem dies aus dem Urteil des BAG folge, in dem das Gericht aber nur einen Nachteilsausgleichsanspruch widersprechender Arbeitnehmer gemäß § 113 BetrVG bejaht hat. Das BAG läßt den Ausschluß widersprechender Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen aber zu (dazu im folgenden). 56 BAG 10. 11. 1993, NZA 1994,892 ff. 57 BAG 10. 11. 1993, NZA 1994,892 (895). 58 BAG 10. 11. 1993, NZA 1994, 892 (895). 59 BAG 10. 11. 1993, NZA 1994, S. 892 (895). 60 Zur Begründung unten unter 3. a); zur Frage, wann die Zumutbarkeit gegeben ist, unten unter 3. b). 6t BAG 05. 02. 1997, OB 1997, 1623 (1624).

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers

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3. § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG Zu beachten ist im Hinblick auf die vorliegende Problematik insbesondere die Regelung des § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG, nach der die Einigungsstelle Arbeitnehmer, die in einem zurnutbaren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen, von Leistungen ausschließen soll. a) Anwendung bei Betriebsübergang

Dem BAG62 ist darin zu folgen, daß ein Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses ohne triftigen Grund der Ablehnung eines zurnutbaren Arbeitsplatzes gleichzustellen ist. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, daß ein Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat, nach einer Kündigung eine Abfindung aus einem Sozialplan forderte, der von seinem Geltungsbereich solche Mitarbeiter ausnahm, die einen angebotenen zurnutbaren Arbeitsplatz ablehnten. Der Sozialplan sah also vor, was § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG der Einigungsstelle als Ermessensgrundsatz aufträgt. Auch ohne einen ausdrücklichen Bezug auf die widersprechenden Arbeitnehmer gilt für diese die Regelung in einem Sozialplan, daß Arbeitnehmer, die einen zurnutbaren Arbeitsplatz ablehnen, von Leistungen ausgeschlossen werden, ebenso. Im Hinblick auf§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG kann der Sozialplan also Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses ohne triftigen Grund widersprochen haben, von Abfindungszahlungen ausschließen63 . Zwar regelt§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG nur die Weiterbeschäftigung im seihen Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder Konzerns und beim Betriebsübergang löst sich das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen und häufig auch vom Konzern, doch ist der Besitzstand mit dem einer unternehmens- oder konzerninternen Versetzung vergleichbar64. Eine überzeugende Begründung liefert hierfür auch Nee/5 , nach dem die Situation eintreten kann, daß gerade die Arbeitnehmer, die der Erwerber braucht, widersprechen und eine Abfindung erhalten. Anschließend könnten sie sich dann vom Betriebserwerber wieder einstellen lassen. Sinn des § 613 a BGB ist es aber nicht, BAG05.02. 1997,DB 1997,1623. Neef. NZA 1994, 97 (101); Gaul, DB 1995, 2265 (2268); Jaeger, 88 1988, 1036 (1040); Henssler, NZA 1994, 913 (922); ders. NZA 1994, 294 (296); Baeck / Diller, NZA 1997, 689 (694 Fn. 29). 64 Neef. NZA 1994, 97 (101). 65 Neef. NZA 1994, 97 (101). 62

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5. Kap.: Der Sozialplan

den arbeitsrechtlichen Besitzstand abzugelten, sondern diesen zu erhalten66. Dies führt letztlich zu einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, weil diejenigen, die direkt auf den neuen Unternehmer übergehen, keine Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes erhalten. Zur Begründung eines Ausschlusses widersprechender Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen wird auch angegeben, daß es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nur widerspreche, um eine Abfindung aus dem Sozialplan zu erhalten67 . Der Ausschluß widersprechender Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ist auch dann möglich, wenn eine große Zahl von Arbeitnehmern dem Übergang widerspricht und erst die folgenden Entlassungen die Betriebsänderung darstellen. Wenn der Übergang für alle Arbeitnehmer zurnutbar war, ist unter Umständen gar kein Sozialplan aufzustellen. Fraglich ist, ob der Sozialplan die Regelung, daß für Arbeitnehmer, die eine zumutbare Weiterbeschäftigung ablehnen bzw. dem Betriebsübergang widersprechen, keine Leistungen vorgesehen sind, enthalten muß oder ob ein Ausschluß der Leistungen auch dann zu gelten hat, wenn der Sozialplan keine diesbezügliche Regelung enthält. Nach dem LAG Berlin68 haben Arbeitnehmer, die aus überwiegend persönlichen Gründen dem Übergang eines Arbeitsverhältnisses widersprechen und deshalb vom Betriebsveräußerer entlassen werden müssen, selbst dann keinen Anspruch auf Sozialplanabfindung, wenn der Sozialplan eine derartige Einschränkung nicht ausdrücklich enthält. Dem ist zu widersprechen. Zum einen ist, wie dargestellt69, ein grundsätzlicher Ausschluß widersprechender Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen abzulehnen. Darüber hinaus dürfte dies im Regelfall auch nicht zweifellos dem Willen der Betriebsparteien entsprechen, weil es durchaus üblich ist, auch widersprechenden Arbeitnehmern Ansprüche zu gewähren70. Anders kann dies allerdings dann sein, wenn sich ein dementsprechender Wille ohne Zweifel durch Auslegung ergibt. Schließlich spricht gegen einen solchen Ausschluß, daß es für den Arbeitnehmer nicht erkennbar ist, daß er im Fall des Widerspruchs keine Abfindung erhält. Aus

66 Neef, NZA 1994, 97 (101); vgl. zum Schutzzweck des § 613 a BGB oben 2. Kapitel unter V. 2. c) und dort Fn. 185. Dieses Problem übersieht Gutbrod, Anm. zu BAG 24. 07. 1979, DB 1980, 164 (165), der die Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers zwischen Abfindung oder Übergang seines Arbeitsverhältnisses als Argument dafür anführt, daß es sachgerecht sei, einen Betriebsübergang nicht als Betriebsänderung anzusehen. 67 Hanau, FS für Gaul, S. 287 (292). Zu beachten ist allerdings stets, daß der Übergang auch unzumutbar sein kann (dazu im folgenden). 68 15. 05. 1995, NZA-RR 1996, 132 (133) dem folgend Baeck/Diller; NZA 1997, 689 (694 Fn. 29). 69 Siehe oben unter I. 70 Vgl. BAG 17. 04. 1996, NZA 1996, 1113 (1114).

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers

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diesem Grund muß ein Ausschluß, der durch Auslegung ermittelt wird, so offensichtlich sein, daß er auch für den Arbeitnehmer ersichtlich ist.

b) Zumutbarkeit des Übergangs des Arbeitsverhältnisses Die Fälle des Widerspruchs gegen den Betriebsübergang sind denen der Ablehnung des Angebots eines Arbeitsplatzes in demselben Betrieb I Unternehmen gleichzusetzen. Entscheidend ist in beiden Fällen die Frage, ob der angebotene Arbeitsplatz bzw. der Arbeitsplatz bei dem neuen Betriebsinhaber für den Arbeitnehmer zurnutbar ist. Wegen der Gleichstellung des Betriebsübergangs mit dem Angebot eines Arbeitsplatzes in demselben Betrieb I Unternehmen ist für die Frage der Zumutbarkeit beim Betriebsübergang auf die zu§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG zum Angebot eines Arbeitsplatzes aufgestellten Grundsätze abzustellen. Zu beachten ist daneben, daß im Rahmen des Outsourcing oder bei einer Auftragsneuvergabe Arbeitnehmern auch andere Arbeitsplätze innerhalb des Unternehmens angeboten werden können. Auch hier stellt sich die Frage, wann der andere Arbeitsplatz zuroutbar ist. Die Frage, wann ein Arbeitsplatzangebot zurnutbar ist, unterliegt der Regelung der Betriebspartner71 bzw. kann die Einigungsstelle im Rahmen ihres Ermessensspielraums beurteilen und in ihrem Spruch (Sozialplan) selbst festlegen, welche anderen Arbeitsplätze zurnutbar sind72. Zurnutbar ist ein Ersatzarbeitsplatz, wenn die neue Tätigkeit der Vorbildung und der Berufserfahrung des Arbeitnehmers entspricht73 • In der Regel müssen gleichwertige Arbeitsbedingungen in finanzieller und beruflicher Hinsicht gegeben sein74• Aber auch ein schlechter bezahlter Arbeitsplatz kann im Rahmen der Betrachtung im Einzelfall noch als zurnutbar angesehen werden, insbesondere wenn es sich um einen Teilzeitarbeitsplatz handelt, mit dem auch eine geringere Arbeitszeit einhergeht75 . Nicht berufen kann sich der Arbeitnehmer auf persönliche und familiäre Gründe, wie auf die Betreuung von Angehörigen oder auf den Hinweis, daß er auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist76 • Dies gilt sogar 71 72

BAG 25. 10. 1983, AP Nr. 18 zu§ 112 BetrVG, BI. 4. BAG 27. 10. 1987, AP Nr. 41 zu § 112 BetrVG 1972, Bl. 5 R, BAG 28. 09. 1988, AP

Nr. 47 zu§ 112 BetrVG 1972, Bl. 5. 73 BAG 25. 10. 1983, AP Nr. 18 zu§ 112 BetrVG, Bl. 3 R. 74 Richardi §§ 112, 112 a Rn. 128 f.; FittinglKaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112a Rn. 177 f. 75 BAG 18. 04. 1996, NZA 1997, 553 (554) zu§ 2 des Tarifvertrags zur sozialen Absicherung vom 06. 07. 1992. 76 BAG 26. 10. 1995, DB 1996, 835 (836); BAG 18. 04. 1996, NZA 1997,553 (554); beide zu § 2 des Tarifvertrags zur sozialen Absicherung vom 06. 07. 1992.

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5. Kap.: Der Sozialplan

dann, wenn das Erfordernis der arbeitstägigen Bahnfahrt einen Umzug notwendig macht77 . Im Interesse des Erhalts des Arbeitsplatzes ist auch dies dem Arbeitnehmer zuzumuten. Es ist aber stets ein Würdigung der gesamten Umstände vorzunehmen. Durch die Anwendung des § 613 a BGB wird gewährleistet, daß die Arbeitsbedingungen gleich bleiben und innerhalb eines Jahres nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden können. Im Falle eines Betriebsübergangs ist daher grundsätzlich davon auszugehen, daß der betroffene Arbeitnehmer auf einem zurnutbaren Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann78 . Die Ausnahme ist die Unzumutbarkeit, für die der Arbeitnehmer die Darlegungs-und Beweislast trägt79. Nur der Wechsel des Betriebsinhabers reicht für eine Unzumutbarkeit nicht aus80. Wenn schon die Weiterarbeit auf einem anderen Arbeitsplatz zurnutbar sein kann, muß dies erst recht für die Weiterarbeit auf demselben Arbeitsplatz gelten81 . Auch wenn die Arbeitsverhältnisse beim Erwerber durch einen anderen - ungünstigeren- Tarifvertrag geregelt werden(§ 613 a Abs. 1 S. 3 BGB) oder zu befürchten ist, daß der Erwerbernach der Jahresfrist des§ 613 a Abs. 1 S. 2 BGB die Rahmenbedingungen ändert, ist keine Unzumutbarkeit gegeben82. Wie bereits bei der Frage, wann ein sachlicher Grund für einen Widerspruch gegeben ist, aufgrund dessen der Arbeitnehmer in eine Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG einzubeziehen ist83 , sieht diese Änderung das Gesetz gerade vor, so daß dies nicht zu einer Unzumutbarkeit führen kann. Auch wenn Erwerber von der Sozialplanpflicht befreit ist (§ 112 a Abs. 2 BetrVG) oder wirtschaftlich schwächer ist, ist noch keine Unzumutbarkeit gegeben84. Das gleiche gilt, wenn der neue Betrieb nicht über mehr als zwanzig Arbeitnehmer verfügt und die §§ 111 ff. nicht anwendbar sind. Diese Faktoren haben keinen Einfluß auf die Arbeitsbedingungen oder auf die Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes. Ob der Arbeitsplatz zurnutbar ist, muß sich auf den Betrieb beziehen. Es kann nicht auf die Verhältnisse auf Unternehmensebene abgestellt werden. Daneben kann der Sozialplan keinen Ausgleich für derartige Nachteile vorsehen85• Würden die Arbeitnehmer wegen dieser Nachteile widersprechen können und im Falle einer Kündigung eine Abfindung wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes erhalten, würden diese Arbeitnehmer letztlich einen Ausgleich für diese Nachteile erhalten. Dies führt zu einer Ungleichbehandlung zu den nicht widersprechenden Ar77

78 79 80

8t 82

83 84

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BAG 26. 10. 1995, DB 1996, 835 (836). BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623.

Neef/Schrader, NZA 1998, S. 804 (808). BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623. BAG05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624). BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1623 f.). Siehe oben 2. Kapitel unter V. 1. b). BAG 05. 02. 1997, DB 1997, 1623 (1624). Siehe oben unter I. 2. und 3.

II. Einfluß eines Widerspruchs des Arbeitnehmers

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beitnehmern, bei denen im Sozialplan diese Nachteile nicht berücksichtigungsfähig sind. Die genannten Nachteile führen also nicht zu einer Unzumutbarkeit der Weiterarbeit beim neuen Unternehmer. Ebenso ist der Arbeitnehmer auch abgesehen von einem Betriebsübergang nicht davor geschützt, daß sich die Haftungssumme des Unternehmers verringert86• Ebenso wie der Widerspruch gegen den Übergang sachlich begründet ist und zu einem Einbezug in die Sozialauswahl führt, ist der Übergang aber dann unzumutbar, wenn aufgrund objektiver Tatsachen zu befürchten ist, daß der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist87. Dies ist der Fall, wenn zu erwarten ist, daß der Übernehmer den Betrieb oder Betriebsteil stillegen wird, der Übernehmer erkennbar illiquide ist und I oder bereits in der Vergangenheit mehrere Konkurse (bzw. Insolvenzen) versucht und/ oder durchgeführt hat88 . Eine Verringerung der Haftungssumme ist zwar zumutbar89 . Anders ist dies jedoch, wenn offensichtlich ist, daß der Arbeitnehmer um den alsbaldigen Verlust seines Arbeitsplatzes fürchten muß. In diesem Fall können sich die Verhältnisse auf der Unternehmensebene auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses auswirken. Eine Unzumutbarkeit aus diesen Gründen dürfte beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe allerdings in der Regel entfallen, da die Leistung weiterhin bezogen werden soll und die Unternehmer von einer Übertragung auf derart finanzschwache Unternehmen absehen werden. Ein weiteres Beispiel für eine Unzumutbarkeit findet sich unten unter III. 2. im Rahmen der Problematik, daß nach Abschluß eines Sozialplans die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, denen betriebsbedingt gekündigt wurde, wegen eines Betriebsübergangs übergehen können. Es zeigt sich, daß die Voraussetzungen für einen sachlich begründeten Widerspruch, der zu einem Einbezug des Arbeitnehmer in die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG führt, und für eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG identisch sind90. Dies bietet sich an, weil sowohl ein Ausschluß widersprechender Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen als auch ein Ausschluß dieser Arbeitnehmer von einer sozialen Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG auf der Wertung beruhen, daß der Arbeitnehmer letztlich selbst vorwerfbar seine Schutzbedürftigkeit hervorgerufen hat. Für diese beiden Fragen von denselben Voraussetzungen auszugehen, führt auch zu sachgerechten Ergebnissen, da ein Arbeitnehmer dann, wenn der Übergang unzumutbar war, in eine soziale Auswahl einbezogen Siehe oben unter I. 2. b ). Siehe oben 2. Kapitel unter V. l. b). 88 Siehe oben 2. Kapitel unter V. I. b). 89 So auch Soergel/ Raab, § 613 a Rn. 159. 90 Auch Oetker, DZWir 1993, 136 (143) hält eine Einbeziehung widersprechender Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 KSchG dann für gerechtfertigt, wenn die Weiterarbeit bei dem neuen Arbeitgeber unzumutbar im Sinne des § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG ist. Ohne auf§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG abzustellen, plädiert auch Soergel/ Raab, § 613 a Rn. 159, dafür, daß ein Einbezug in eine Sozialauswahl nur gerechtfertigt ist, wenn die Beschäftigung bei dem neuen Arbeitgeber unzumutbar ist. 86 87

234

5. Kap.: Der Sozialplan

wird und eine Abfindung erhält, wenn ihm gekündigt wird. Er hat seine Schutzbedürftigkeit nicht vorwertbar herbeigeführt, so daß sein Arbeitsverhältnis nicht anders behandelt werden kann, als das eines Arbeitnehmers, dem ohne einen Widerspruch gegen einen Betriebsübergang betriebsbedingt gekündigt wird. War der Übergang dagegen zumutbar, ist ihm seine Schutzbedürftigkeit vorzuwerfen, so daß er nicht in eine Sozialauswahl einbezogen wird und auch von Sozialplanleistungen ausgeschlossen werden kann. Die Nachteile, die hier als nicht berücksichtigungsfahig angesehen wurden, sind dem Arbeitnehmer im Interesse des Erhaltes seines Arbeitsplatzes und des Arbeitsplatzes eines statt seiner im Rahmen einer sozialen Auswahl zu entlassenden Arbeitnehmers zuzumuten.

4. Ergebnis Der Nachteil des Verlustes des Arbeitsplatzes aufgrund eines Widerspruchs beruht auf der ursprünglichen Betriebsänderung des Unternehmers. Widersprechende Arbeitnehmer können aber von Ansprüchen aus dem Sozialplan ausgeschlossen werden (vgl. § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG). Nimmt ein Sozialplan solche Arbeitnehmer von Ansprüchen aus, die eine zurnutbare Weiterbeschäftigung ablehnen, sind auch die Arbeitnehmer erlaßt, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Der Sozialplan muß eine solche Regelung aber enthalten oder sie muß sich durch Auslegung ergeben. Ein Ausschluß ist nicht gerechtfertigt, wenn der Sozialplan auf diese Arbeitnehmer nicht eingeht. Erforderlich ist aber stets, daß die Weiterbeschäftigung bei dem anderen Unternehmer zurnutbar ist, was dann nicht der Fall ist, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

111. Auswirkungen eines Betriebsübergangs nach Abschluß eines Sozialplans auf Leistungen aus demselben Probleme im Hinblick auf eine Abfindung aus dem Sozialplan wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes können sich dann ergeben, wenn nach Abschluß eines Sozialplans ein Betriebsübergang ausgelöst wird. Insbesondere bei der Auftragsneuvergabe kann es vorkommen, daß der Unternehmer, der den Auftrag verliert, die Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen kann und diesen kündigt. Er plant eine Betriebsänderung in Form einer Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG mit der Folge von Interessenausgleich und Sozialplan. Im folgenden übernimmt der neue Auftragnehmer einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals, führt dadurch einen Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB herbei und sämtliche Arbeitnehmer des ursprünglichen Betriebs

III. Auswirkungen eines Betriebsübergangs

235

bzw. Betriebsteils haben einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Unternehmer bzw. einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer91. Hier kann es vorkommen, daß wegen der geplanten Stillegung bereits ein Sozialplan aufgestellt worden ist, nach dem den Arbeitnehmern wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung zu gewähren ist. Möglich ist auch, daß diese Abfindung bereits ausgezahlt wurde. War der Unternehmer endgültig entschlossen, den Betrieb stillzulegen, sind die Kündigungen wirksam und die Anwendung des § 613 a BGB führt zu einem Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer. Wie dargestellt92 wird durch einen späteren Betriebsübergang die geplante Betriebsänderung der Stillegung nicht berührt, so daß der Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan bestehen bleibt. Dieser Anspruch bleibt nach dem Grundsatz des venire contra factum proprium auch dann bestehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ohne ernsthafte Stillegungsabsicht gekündigt hat93. Das Problem besteht darin, daß die Betriebsparteien von mit der Betriebsänderung verbundenen Verlusten der Arbeitsplätze ausgingen, die Abfindungen aus diesem Grund gewährt werden sollen und die Abfindungen auf diesen Verlust zugeschnitten sind. Wegen der Anwendung des § 613 a BGB haben die Arbeitnehmer dann aber einen Anspruch auf Neueinstellung und es kommt letztlich zu einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer, die nicht widersprechen. Zu beachten ist zwar, daß neben dem Verlust des Arbeitsplatzes noch andere Nachteile in Betracht kommen können, auf die sich eine Abfindung beziehen kann und eine solche kann auch unabhängig von einem Betriebsübergang gewährt werden. Hier haben die Betriebsparteien den Sozialplan aber dem Verlust der Arbeitsplätze angepaßt. Dem ist Rechnung zu tragen, wenn ein Betriebsübergang ausgelöst wird und die nicht widersprechenden Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden. Eine Kündigung des Sozialplans ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Betriebspartner hatten eine abweichende Regelung getroffen94. Die Betriebsparteien können den Sozialplan jederzeit mit Wirkung für die Zukunft abändern, wobei die neue Betriebsvereinbarung nicht in Ansprüche eingreifen darf, die schon auf der Grundlage des früheren Sozialplans entstanden sind, indem sie diese einschränkt oder entfallen läßt95 . Die Ansprüche entstehen mit dem Ausspruch der Kündigung96, die hier bereits ausgesprochen ist, so daß auf diese Weise eine Abänderung nicht in Betracht kommt. Etwas anderes kann sich aber nach dem Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben. 91

Siehe dazu oben 2. Kapitel unter V. 2. b) und c)

Siehe oben 3. Kapitel unter VI. 2. b) aa). Siehe oben 3. Kapitel unter VI. 2. b) bb). 94 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 136. 95 BAG 23. 10. 1990, BAGE 66, 145 (149); GK-Kreutz, § 77 Rn. 168, 279; DKK/ Schneider, § 77 Rn. 12; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 77 Rn. 57. 96 BAG 28. 08. 1996, NZA 1997, 109 (110). 92 93

236

5. Kap.: Der Sozialplan

1. Wegfall der Geschäftsgrundlage Bei Änderung der Voraussetzungen fürden Sozialplan ist die Anpassung oderim Ausnahmefall - auch die Aufhebung des Sozialplans wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage möglich97• Für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage ist eine wesentliche Änderung, ein Überschreiten der Grenzen der Risikozuweisung sowie die Unzumutbarkeit des Festhaltens an den unveränderten Vereinbarungen erforderlich98. Beiderseitige Geschäftsgrundlage ist in jedem Fall die Durchführung der Betriebsänderung99. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt auch dann in Betracht, wenn beim Abschluß des Sozialplans falsche Vorstellungen über die zur Verfügung stehende Finanzmasse geherrscht habenl 00. Das BAG hat einen Wegfall der Geschäftsgrundlage bejaht, wenn es nach Beginn einer Stillegung und Kündigungen der Arbeitnehmer zu einem Betriebsübergang kommtl 01 • Durch diesen Vorgang ändere sich eine wesentliche Voraussetzung des von den Betriebspartnern vereinbarten Sozialplans grundlegend. Unter diesen Umständen sei es dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben nicht zuzumuten, die für den Verlust des Arbeitsplatzes gedachten Abfindungen noch zu zahlen. Dem ist zu folgen. Wenn die .Betriebsparteien von einer Stillegung ausgingen, ist Grundlage der Festlegung der Abfindungszahlungen im Sozialplan, daß die betreffenden Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren 102 . Wird jedoch im nachhinein ein Betriebsübergang ausgelöst, so liegt bei den nicht widersprechenden Arbeitnehmern kein Verlust des Arbeitsplatzes vor. In diesen Fällen ist eine Geschäftsgrundlage des Sozialplans, der Verlust des Arbeitsplatzes, entfallen. Hier verhält es sich anders als in dem üblichen Fall, daß die entlassenen Arbeitnehmer später einen neuen Arbeitsplatz finden. Dies wird im Sozialplan vorausgesetzt. Es ist nicht Geschäftsgrundlage, daß die Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz mehr finden. Die Parteien gehen jedoch davon aus, daß ein Betriebsübergang gerade nicht vorliegt und die Arbeitnehmer wegen der Stillegung ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Unternehmer gewährt deswegen die Abfindungen. Wirdjetzt ein Betriebsübergang ausgelöst, ist das Festhalten an der ursprünglichen Regelung unzumutbar und es liegt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor 103 . Nach dem BAG kann die anpassende Regelung auch schon entstandene Ansprüche von Arbeitnehmern zu deren Ungunsten abändern, weil die Arbeitnehmer dies97 BAG 10. 08. 1994, NZA 1995, 314 (317 f.); BAG 28. 08. 1996, NZA 1997, 109 (110); DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 137; Heckelmann, AR-Blattei, Sozialplan, Rn. 192. 98 Palandt/ Heinrichs§ 242 Rn. 125 ff.

Heckelmann, AR-Blattei, Sozialplan, Rn. 192. BAG 17. 02. 1981, AP Nr. 11 zu§ 112 BetrVG 1972, BI. 5 R. lOl BAG 28. 08. 1996, NZA 1997, 109 (110 f.). l02 So auch Neef I Schrader; NZA 1998, 804 (808). l03 So auch Neef/Schrader; NZA 1998, 804 (808).

99

lOO

III. Auswirkungen eines Betriebsübergangs

237

bezüglich keinen Vertrauensschutz genießen 104. Ansprüche auf Leistungen aus einem Sozialplan seien keine erdienten Ansprüche und stellten auch keine Entschädigung für den Verlust erworbener Rechte oder Besitzstände dar, sondern dienten dem Ausgleich der Nachteile, die den Arbeitnehmern gerade wegen der Betriebsänderung entstehen 105 . Ebenso hätten die von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, daß es überhaupt zu einem Sozialplan komme, da die Beanspruchung und der Inhalt desselben allein im pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsrats liege 106. Dem ist zu folgen, weil dann, wenn die Betriebsänderung nicht wie geplant durchgeführt wird und Nachteile nicht entstehen, auch der Anspruch der Arbeitnehmer entfallen muß, der nur dem Ausgleich dieser Nachteile dient. Dies gilt grundsätzlich auch für Arbeitnehmer, die bereits aus dem Betrieb ausgeschieden und deren Arbeitsverhältnisse bereits beendet sind, was auch darauf beruht, daß die Vereinbarung eines Sozialplans in vielen Fällen erst zu einem Zeitpunkt möglich ist, in dem eine Betriebsänderung bereits durchgeführt ist und die Arbeitsverhältnisse der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitsverhältnisse beendet sind 107 . Der Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Erwerber besteht auch dann noch, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist 108 . Zu beachten ist aber, daß die Kündigungen wirksam sind, und mit der Durchführung der Stillegung begonnen wurde. Die Arbeitnehmer waren auch nicht verpflichtet, das Angebot des Übernehmers auf Abschluß eines Arbeitsvertrages anzunehmen. Lehnen sie ab, endet ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist109. Im einzelnen können die Arbeitnehmer beachtliche und vernünftige Gründe haben, den Abschluß des Arbeitsvertrages abzulehnen, etwa weil sie aufgrund der Kündigung ihr berufliches Leben in Erwartung der Abfindung aus dem Sozialplan anders geplant hatten" 0. Es ist nicht auszuschließen, daß einigen Arbeitnehmer durch eine sich an die Ablehnung der Weiterbeschäftigung anschließende Kündigung doch wirtschaftliche Nachteile entstanden sind, die durch Sozialplanleistungen auszugleichen oder zu mildern sind, so daß der Sozialplan nicht aufzuheben, sondern den veränderten rechtlichen Umständen anzupassen ist'". Möglich ist, daß die Abfindungen bereits ausbezahlt wurden. Die Rückabwicklung richtet sich nach Bereicherungsrecht112.

105

BAG 10. 08. 1994, NZA 1995, 314 (318). BAG 10. 08. 1994, NZA 1995, 314 (318).

106

BAG 10. 08. 1994, NZA 1995, 314 (318).

107

BAG 10. 08. 1994, NZA 1995, 314 (318); siehe dazu aber unten unter 2.

104

Siehe oben 2. Kapitel unter V. 2 . c); siehe dazu auch unten unter 2. Siehe dazu unten unter 2. 110 BAG 28. 08. 1996, NZA 1997, 109 (111). 111 BAG 28. 08. 1996, NZA 1997, 109 (111); siehe zur Anpassung in bezugauf Arbeitnehmer, die das Angebot auf Abschluß des Arbeitsvertrags ablehnen, unten unter 2. 112 BGH 25. 10. 1989, BGHZ 109, 139 (144); Palandt/ Heinrichs, § 242 Rn. 132. 108

109

238

5. Kap.: Der Sozialplan

2. Ablehnung des Angebots auf Abschluß eines Arbeitsvertrags Bei der Anpassung des Sozialplans ist zu berücksichtigen, daß trotz des Betriebsübergangs weiterhin Nachteile der Arbeitnehmer bestehen können. Die Arbeitnehmer können das Angebot auf Abschluß des Arbeitsvertrags ablehnen und ihnen wird gekündigt. Diese Arbeitnehmer verlieren trotz der neuen Situation des Betriebsübergangs ihren Arbeitsplatz. Für diesen Verlust ist die ursprünglich geplante Stillegungauch kausal 113, weil die aufgrunddessen ausgesprochene Kündigung nach wie vor Bestand hat und aufgrund derselben das Arbeitsverhältnis endet. Daß der Arbeitnehmer durch die Ablehnung des Angebots eine Mitursache setzt, ändert daran nichts. Durch die Kündigungen hat der Arbeitgeber bereits mit der Betriebsänderung begonnen. Nach außen kommt die ernsthafte und endgültige Absicht zum Ausdruck, daß diese Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden. Daran ändert sich durch den späteren Betriebsübergang nichts. Der Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan bleibt bestehen. Dies folgt insbesondere auch daraus, daß dann, wenn die Arbeitnehmer nicht bei dem neuen Unternehmer tätig werden, ihre Arbeitsverhältnisse enden und sich die Identität der wirtschaftlichen Einheit auflöst. Dies ist aber keine neue Betriebsänderung sondern die ursprüngliche Stillegung, die durch den Betriebsübergang nicht verhindert wird. Es kommt für einen Anspruch aus dem Sozialplan nicht darauf an, ob eine den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechende Zahl der Arbeitnehmer den Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags ablehnt und ihnen gekündigt wird. Eine darin liegende neue Betriebsänderung ist nicht erforderlich. Die Ansprüche bestehen weiterhin aufgrund der ursprünglichen geplanten Betriebsänderung. Die Arbeitnehmer, die das Angebot eines neuen Arbeitsvertrags ablehnen, sind bei der Anpassung des Sozialplans zu berücksichtigen. Wie dargestellt 114 können sie aufgrund dessen eine Änderung der Planung ihrer beruflichen Zukunft vorgesehen oder sogar bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben. Hat ein Arbeitnehmer in der Zwischenzeit einen neuen Arbeitsplatz gefunden, tritt durch den Betriebsübergang letztlich keine Änderung seiner Situation ein. In bezug auf die Regelung des§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG bedeutet dies, daß in diesen Fällen die Annahme des Arbeitsplatzes bei dem Übernehmer nicht zurnutbar und eine Abfindung vorzusehen ist. Anders verhält es sich bei Arbeitnehmern, die im Hinblick auf den Verlust des Arbeitsplatzes noch keine Maßnahmen ergriffen haben. Für diese ist der Übergang zurnutbar und eine Abfindung kann ihnen versagt werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Arbeitnehmer wußten, daß es unter Umständen zu einem Betriebsübergang kommt. Durch die Kündigungen konnten bzw. mußten sich die Arbeitnehmer darauf einstellen, daß ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist endet. Aufgrund der Kündigung ist es zu erwarten, daß die Arbeitnehmer ihre berufliche Zukunft anderweitig planen. Diese 113

114

Dazu oben unter II. 1. Siehe oben unter 1.

III. Auswirkungen eines Betriebsübergangs

239

Kenntnis verhindert nicht, daß die Arbeitnehmer sich auf eine Unzumutbarkeit berufen können.

3. "Vorsorglicher Sozialplan" bei ungewissem Betriebsübergang Den Betriebspartnern steht es frei, Rahmensozialpläne in Form einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) für noch nicht geplante Betriebsänderungen aufzustellen 115 . Diese vorsorglichen Sozialpläne kommen nicht in Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach den §§ 112 ff. zustande und können nicht nach § 112 Abs. 4 BetrVG erzwungen werden, da insoweit eine konkret geplante Betriebsänderung Voraussetzung ist 116• Der Annahme einer solchen freiwilligen Regelung steht aber nicht entgegen, daß der Sozialplan von einer Einigungsstelle aufgestellt wurde 117 • Sieht der Rahmensozialplan ohne Bezugnahme auf eine konkrete Betriebsänderung sozialplanähnliche Leistungen für künftige Betriebsänderungen vor, kann dieser die Ausübung des Mitbestimmungsrechts gemäß §§ 111 ff. BetrVG allerdings nicht einschränken 118• Der Betriebsrat hat im Falle der Betriebsänderung weiterhin den Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan, da der Betriebsrat nicht von vornherein sein Einverständnis zu allen künftigen in Art und Ausmaß noch ungewissen Betriebsänderungen erteilen kann. Dies liefe auf einen unzulässigen Verzicht auf die Beteiligungsrechte hinaus. Nach dem BAG119 können die Betriebspartner dann, wenn bei Kündigung eines Auftrags über bestimmte Dienstleistungen und Neuvergabe dieses Auftrags an einen anderen Auftragnehmer ungewiß ist, ob ein Betriebsübergang vom bisherigen auf den neuen Auftragnehmer vorliegt, vorsorglich einen Sozialplan für den Fall vereinbaren, daß kein Betriebsübergang vorliegt und daher in den vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen eine Betriebsänderung zu sehen ist. Das BAG begründet dies damit, daß es für den Auftragnehmer schwierig festzustellen ist, ob die Neuvergabe des Auftrags an ein anderes Unternehmen einen Betriebsübergang darstellt, aufgrund dessen die Arbeitnehmer beim neuen Auftragnehmer weiterbeschäftigt werden, oder ob er infolge der Kündigung des Auftrags den Betrieb stilllegen und seinen Arbeitnehmern kündigen muß. Zwischen ihm und dem neuen 115 BAG 26. 08. 1997, NZA 1998, 216; DKK/ Däubler, §§ 112, 112 a Rn. 130 f.; MünchArbR!Matthes, § 354 Rn. 7; Löwisch, BetrVG, § 112 Rn. 30; Fitting/Kaiser/Heither/ Engels,§§ 112, 112 a Rn. 60; GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 27. 116 BAG 26. 08. 1997, NZA 1998, 216 (218); Fitting!Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a Rn. 60; MünchArbR/ Matthes, § 354 Rn. 7. 117 BAG 26. 08. 1997, NZA 1998, 216 (217). 118 Rumpff/Boewer, I. Rn. 78 ff.; DKK/Däubler, §§ 112, 112 a Rn. 131 ; Galperinl Löwisch, § 112 Rn. 23 a. 119 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (770).

240

5. Kap.: Der Sozialplan

Auftragnehmer bestünden keine Rechtsbeziehungen, über die er verbindlich erfahre, in welcher Form der Auftrag weitergeführt werde, und nur so könne er beurteilen, ob die Identität des Betriebs im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gewahrt werde 120. Trotz der Unsicherheit über die Frage, ob ein Betriebsübergang oder eine Stilllegung gegeben ist, kann so die Mitbestimmung gemäß §§ 111 ff. BetrVG effektiv ausgeübt werden. Ebenso kann verhindert werden, daß der Sozialplan später im Wege des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepaßt werden muß. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß der Sozialplan ausdrucklieh nur für den Fall gelten soll, daß die Stillegung durchgeführt wird. Denn in diesem Fall erlangt der Sozialplan dann, wenn ein Betriebsübergang ausgelöst wird, keine Wirksamkeit und es bedarf keiner Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Zu beachten ist hierbei, daß dieser Sozialplan - im Gegensatz zu einem Rahmensozialplan - in Ausübung des Mitbestimmungsrechts der § 112 BetrVG zustandekommt. Die Situation, daß nicht feststeht, ob eine durchzuführende Maßnahme eine Betriebsänderung darstellt, ist von der Situation der noch nicht geplanten Betriebsänderung zu unterscheiden, in der ein Sozialplan abgeschlossen wird, obwohl unklar ist, ob bzw. wann eine bestimmte Maßnahme tatsächlich durchgeführt wird. Ist eine Betriebsänderung noch nicht geplant und wird ein Sozialplan abgeschlossen, so handelt es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung, die nicht in Ausübung des Mitbestimmungsrechts des § 112 BetrVG zustandekommt Im vorliegenden Fall, steht für den Unternehmer aber fest, daß dann, wenn kein Betriebsübergang ausgelöst wird, die Arbeitnehmer entlassen werden und der Betrieb stillgelegt wird. Die Betriebsänderung ist also geplant. Es ist lediglich unklar, ob die geplante Maßnahme mit den Rechtsfolgen des§ 613 a BGB einhergeht. Es handelt sich also um die reguläre Ausübung des Mitbestimmungsrechts gemäß § 112 BetrVG. Von Bedeutung ist auch die Frage der Wirksamkeit der Kündigungen. Der Arbeitgeber war sich nicht sicher, ob ein Betriebsübergang ausgelöst wird oder nicht. Zu beachten ist aber, daß der Arbeitgeber aufgrund des Auftragsverlustes fest entschlossen war, daß er den Betrieb nicht fortführen wird und die Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann. Es hing allein von dem neuen Auftragnehmer ab, ob ein Betriebsübergang ausgelöst wird oder nicht. Zum Zeitpunkt der Kündigungen hatte der Betriebsübergang noch keine greifbaren Formen angenommen. In diesem Fall sind die Kündigungen in der ernsthaften und endgültigen Absicht der Stillegung ausgesprochen worden 121 • Die Kündigungen sind also wirksam. Ist die Stillegung gegeben, endet das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist und sie erhalten die Abfindung aus dem (vorsorglichen) Sozialplan.

12o

BAG 01. 04. 1998, NZA 1998,768 (770).

121

Siehe oben 2. Kapitel unter V. 2. a).

IV. Neugründungen von Unternehmen

241

Wenn ein Betriebsübergang ausgelöst wird, erlangt der Sozialplan keine Wirksamkeit. Er ist nur für den Fall der Stillegung abgeschlossen worden, die dann aber nicht eintritt. Es kann aber sein, daß den Arbeitnehmern trotz des Betriebsübergangs Nachteile entstehen 122 . Wegen der geplanten Stillegung bleibt der Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan auch hier bestehen, wobei es sich hier nicht um die Anpassung 123 sondern um die Aufstellung eines neuen Sozialplans handelt.

4. Ergebnis Wird ein Sozialplan für den Fall einer Betriebsstillegung aufgestellt und wird anschließend ein Betriebsübergang ausgelöst, fällt die Geschäftsgrundlage des Sozialplans weg und dieser ist an die neue Situation anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es für einige Arbeitnehmer unzumutbar sein kann, ihre Tatigkeit bei dem Übemehmer fortzuführen, etwa weil sie ihr berufliches Leben in Erwartung der Abfindung bereits anders geplant hatten. Diese Arbeitnehmer können weiterhin eine Leistung aus dem Sozialplan erhalten, weil eine Kündigung aufgrund eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf der ursprünglich geplanten Stillegung beruht. Wenn es insbesondere bei dem Verlust eines Auftrags ungewiß ist, ob der neue Auftragnehmer einen Betriebsübergang auslösen wird, können die Betriebsparteien vorsorglich für den Fall der Stillegung einen Sozialplan vereinbaren. Dieser kommt in regulärer Ausübung des Mitbestimmungsrechts des § 112 BetrVG zustande.

IV. Neugründungen von Unternehmen Gemäß § 112 a Abs. 2 S. 1 BetrVG finden die Absätze 4 und 5 des § 112 BetrVG keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Zweck dieser Vorschrift ist es, dem Unternehmer die schwierige Phase des Aufbaus zu erleichtem 124, indem er von dem Risiko befreit wird, im Falle des Scheiteros seiner Neugründung mit Sozialplanverpflichtungen

123

Siehe oben unter I. und 2. Siehe dazu oben unter I.

124

BT-Drucks. 10/2102, S. 28.

122

16 Römer

242

5. Kap.: Der Sozialplan

belastet zu werden 125 . Die Erleichterung von Neugründungen bringt eine Zunahme derselben und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen mit sich.

1. Relevanz des § 112 a Abs. 2 BetrVG bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe Stellt die Outsourcing-Maßnahme selbst die Betriebsänderung dar, ist die Betriebsänderung dem vorherigen Unternehmer zuzurechnen und der Sozialplan ist entweder bereits von dem vorherigen Unternehmer abgeschlossen worden, oder der neue Unternehmer setzt die Sozialplanverhandlungen des vorherigen Unternehmers fort bzw. führt diese als Rechtsnachfolger durch. In diesen Fällen, in denen es sich nicht um Sozialplanverhandlungen kraft eigener Entscheidung, sondern höchstens um solche kraft Rechtsnachfolge handelt, ist § 112 a Abs. 2 BetrVG nicht anwendbar 126. Dies erklärt sich daraus, daß es in diesem Fall für den Erwerber vorhersehbar ist, ob er mit Sozialplanverpflichtungen konfrontiert wird und in welcher Höhe diese bestehen können. Der Zweck der Vorschrift, den Unternehmer von dem Risiko zu befreien, im Falle des Scheiteros seiner Neugründung mit Sozialplanverpflichtungen belastet zu werden, greift in diesem Fall nicht ein, weil diese Sozialplanverpflichtungen bereits bei Übernahme ersichtlich sind und dort, beispielsweise bei der Höhe des Kaufpreises, berücksichtigt werden können 127• Häufig verhält es sich jedoch so, daß der übernehmende Unternehmer den Betrieb oder Betriebsteil nach dessen Übernahme ändern will. Geht die Planung hier auch auf den früheren Unternehmer zurück, so daß die Änderung letztlich schon Inhalt der Outsourcing-Maßnahme war, so findet § 112 a Abs. 2 BetrVG ebenso keine Anwendung, weil es sich auch hier zumindest nicht ausschließlich um Sozialplanverhandlungen kraft eigener Entscheidung handelt. Auch hier kann der Erwerber das Risiko bei Übernahme abschätzen. Die Verneinung des Privilegs des § 112 a Abs. 2 BetrVG ist in diesen Fällen auch aus dem Grund zumutbar, daß die Betriebsänderung zumindest auch dem vorherigen Unternehmer zuzurechnen ist und dieser neben dem neuen Unternehmer für die Sozialplanverpflichtungen haftet 128 . Anders verhält es sich jedoch dann, wenn es sich um eine Betriebsänderung des übernehmenden Unternehmers krafteigener Entscheidung handelt. In diesem Fall ist die Betriebsänderung nicht mehr dem Veräußerer zuzurechnen und die VorFitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112aRn. 67. Neef, NZA 1994, S. 97 (100). 127 Aus diesem Grund ist die Gegenansicht Röder/Baecks, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 46 abzulehnen, die auch in diesem Fall § 112 a Abs. 2 BetrVG anwenden wollen und nur bei einer Übergabe des Betriebs oder Betriebsteils zum Zwecke einer (sozialplanfreien) Stillegung einen Rechtsmißbrauch annehmen. 12s Siehe dazu unten unter V. l. 125

126

IV. Neugründungen von Unternehmen

243

schrift des § 112 a Abs. 2 BetrVG ist nicht aus diesem Grund ausgeschlossen. Hier stellt sich die Frage, wann es sich um ein neugegründetes Unternehmen im Sinne der genannten Vorschrift handelt. Problematisch ist dies dann, wenn das Unternehmen, das einen Betrieb oder Betriebsteil übernimmt, noch nicht älter als vier Jahre ist, sondern nur der Betrieb selbst. Es wird beispielsweise ein Betrieb eines Unternehmens, in dem schon seit vielen Jahren ein bestimmtes Vorprodukt gefertigt wird, ausgelagert und von einem Unternehmen, das noch nicht älter als vier Jahre ist, übernommen. Bei der Auftragsneuvergabe ist dies der Fall, wenn das Unternehmen, das den Auftrag fortan ausführt, noch nicht älter als vier Jahre ist und den älteren Betrieb vom früheren Auftragnehmer gemäߧ 613 a BGB übernimmt.

2. Übernahme eines älteren Betriebs durch ein neugegriindetes Unternehmen Wie der Fall zu behandeln ist, in dem ein neugegründetes Unternehmen einen älteren Betrieb oder Betriebsteil übernimmt und in diesem eine Betriebsänderung durchführt, ist umstritten. Nach dem BAG129 und einem Teil der Literatur 130 kommt auch in diesem Fall dem neugegründeten Unternehmen § 112 a Abs. 2 BetrVG zugute. Die Privilegierung seitens des Gesetzgebers beziehe sich aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts des§ 112 a Abs. 2 S. 1 BetrVG allein auf das Unternehmen(..... in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung"). Demnach komme es nicht auf das Alter des betroffenen Betriebs sondern nur auf das Alter des Unternehmens an. Die Gegenmeinung 131 fordert für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 112 a Abs. 2 S. 1 BetrVG jedoch, daß auch der Betrieb, in dem die Betriebsänderung durchgeführt werden soll, noch nicht älter als vier Jahre ist. Mit Fabricius 132 ist zunächst festzustellen, daß der Wortlaut nicht unbedingt dagegen spricht, für das Sozialplanprivileg auch einen neuen Betrieb zu fordern. Fabricius 133 führt treffend aus, daß nach dem System des Betriebsverfassungsge129 13. 06. 1989, NZA 1989,974 (975 f.); BAG 22. 02. 1995, DB 1995, 1182; 10. 12. 1996, AuR 1997, 377 (379). no Willemsen, DB 1990, 1405 (1406 f.); Heinze, NZA 1987, 41 (49); Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 1049; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 112 a Rn. 12; Loritz, NZA 1993, 1105 (1109 f.); Gaul, DB 1995, 2265 (2269); Richardi § 112 a Rn. 15; MünchArbR/ Matthes, § 354 Rn. 46; Neef, NZA 1994, 97 (100). 131 Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112 a, Rn. 73 f.; DKK/ Däubler §§ 112, 112 a, Rn. 35; Rumpff/Boewer, I. Rn. 58 ff.; Weiss/Weyand, § 112 a Rn. 5; GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 233 ff.; rechtspolitische Bedenken gegen die andere Ansicht haben Gaui/Gajewski, Betriebsänderung, S. 142 ff. 132 GK-Fabricius, §§ 112, 112 a, Rn. 233. 133 GK-Fabricius, §§ 112, 112 a, Rn. 233.

16*

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5. Kap.: Der Sozialplan

setzes der Begriff Unternehmen notwendig zumindest einen Betrieb einschließt. Der Betrieb ist wesentlicher Bestandteil des Unternehmens, so daß dann, wenn das Gesetz von "Gründung" oder "Neugründung" eines Unternehmens spricht, ebenso gemeint sein kann, daß die Neugründung eines Betriebs eingeschlossen ist 134 . Die Gesetzesbegründung 135 formuliert: "Die Ausnahmeregelung knüpft an die Neugründung des Unternehmens, nicht des Betriebs an. Bereits länger als vier Jahre bestehende Unternehmen, die neue Betriebe errichten, können sich nicht auf die Regelung des Abs. 2 berufen ...". Daraus, daß der zweite Satz die Neugründung eines Betriebs ausdrücklich erwähnt, folgt wohl, daß im ersten Satz im Zusammenhang mit der "Neugründung des Unternehmens" die Neugründung des Betriebs vorausgesetzt wird 136 . Ebenso macht diese Formulierung deutlich, daß der Gesetzgeber insbesondere deswegen auf das Unternehmen und nicht auf den Betrieb abstellt, weil nicht der Fall erfaßt sein soll, daß ein älteres Unternehmen einen neuen Betrieb gründet und auf diesen dann das Sozialplanprivileg Anwendung findet. Diese Formulierung fordert aber nicht zwingend, daß auch der Fall erfaßt ist, daß ein neues Unternehmen einen älteren Betrieb übernimmt. Demnach spricht der Wortlaut nicht zwingend für die Ansicht des BAG. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift spricht einmal für die Gegenmeinung, daß sich bei einem schon länger existierenden Betrieb sehr viel leichter eine Prognose abgeben läßt, ob voraussichtlich ein Sozialplan nötig sein wird und was er kosten kann 137, so daß der Schutz vor unvorhergesehenen Betriebsänderungen zumindest in der Regel nicht so erforderlich ist wie bei der Neugründung des Betriebs. Auch werden mit einer Betriebsübernahme keine neuen Arbeitsplätze geschaffen und es sind dadurch, daß der Betrieb bereits lange besteht und sich etabliert hat, Erleichterungen für die Anfangsphase eines Unternehmens keineswegs so notwendig wie bei Gründung eines neuen Betriebs 138. Zudem steht die Ansicht des BAG und eines Teils der Literatur im Widerspruch zum Grundgedanken des§ 613 a BGB 139 . Das neue Unternehmen tritt in die Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt der Übernahme im älteren Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Konnte der frühere oder neue Unternehmer Betriebsänderungen nur mit einer Sozialplanverpflichtung durchführen, sollte gleiches auch für den Erwerber gelten, auch wenn sein Unternehmen noch keine vier Jahre alt ist 140. Entgegen der Intention des Gesetzgebers, daß bei einem Betriebsübergang zu134 GK-Fabricius, §§ 112, 112 a, Rn. 233, nach dem dies nicht nur möglich ist, sondern die Neugründung des Betriebs zwingend eingeschlossen ist. 135 BT-Drucks. 10/2102, S. 28. 136 GK-Fabricius, §§ 112, 112 a Rn. 233. 137 DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 35. 138 Fitting/ Kaiser/Heither/ Engels, §§ 112, 112 a Rn. 74. 139 DKK/Däubler §§ 112, 112 a Rn. 35; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 11 2, 112 a, Rn. 74. 140 Fitting I Kaiser/Heither/ Engels, §§ 112, 112 a Rn. 74.

IV. Neugründungen von Unternehmen

245

nächst keine rechtliche Verschlechterung eintreten soll, wird den betroffenen Beschäftigten die Aussicht auf einen Sozialplan genmnmen 141 . Wie gezeigt 142, kann der Verlust der Sozialplananwartschaft dann, wenn man § 112 a Abs. 2 BetrVG wie das BAG für anwendbar erachtet, allerdings keinen wirtschaftlichen Nachteil im Sinne des § 112 Abs. I S. 2 BetrVG darstellen, weil dieser auf dem Betriebsübergang und nicht auf der Betriebsänderung beruht. Eine Orientierung an§ 613 a BOB führt aber dazu, daß das Sozialplanprivileg des § 112 a Abs. 2 BetrVG für ein neues Unternehmen, das einen alten Betrieb übernimmt, keine Anwendung findet. Ob und wenn ja, wie die Unternehmer dies bei einem Betriebsübergang beriicksichtigen, bleibt ihnen überlassen. Dabei kann z. B. der Veräußerer für den Fall von Betriebsänderungen beim Erwerber die Stellung eines "Sozialplangaranten" übernehmen und anstelle des Erwerbers über einen Sozialplan verhandeln und diesen finanzieren. Übernimmt ein Unternehmen, das noch nicht älter als vier Jahre ist, einen Betrieb oder Betriebsteil, der bereits seit mehr als vier Jahren besteht, kommt dem übernehmenden Unternehmer das Sozialplanprivileg des § 112 a Abs. 2 BetrVG nicht zugute.

3. Rechtliche Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen Nach § 112 a Abs. 2 S. 2 BetrVG gilt die Befreiung von der Sozialplanpflicht nicht für Unternehmensneugriindungen, die im Zusammenhang mit bloßen rechtlichen Umstrukturierungen von Unternehmen und Konzernen erfolgen. Mit dieser Ausnahmeregelung wollte der Gesetzgeber Unternehmen und Konzerne, die rechtlich umstrukturiert werden und bei denen Unternehmen nur formal neugegriindet werden, von der Privilegierung des§ 112 a Abs. 2 S. I BetrVG ausnehmen 143 . Eine solche Umstrukturierung liegt vor, wenn ein bisher verfolgtes unternehmerisches Engagement nur in einer neuen Rechtsform aufrechterhalten wird, wobei eine Erweiterung der Zielsetzung nicht schadet 144 . Die Gesetzesbegriindung 145 führt beispielhaft die Verschmelzung von Unternehmen zu einem neuen Unternehmen, die Umwandlung in ein neues Unternehmen, die Auflösung eines Unternehmens und die Übertragung seines Vermögens auf ein neues Unternehmen, die Aufspaltung eines Unternehmens auf mehrere neugegriindete Unternehmen oder die Abspaltung von Unternehmensteilen auf neugegründete Tochtergesellschaften an, wobei es insgesamt nicht auf die gewählte rechtliche Konstruktion ankomme. 141

DKK/ Däubler §§ 112, 112 a Rn. 35.

142

Siehe oben unter I. 2. b).

143 144

BAG 22. 02. 1995, DB 1995, 1182. BAG 22. 02. 1995, DB 1995, 1287 (1288).

145

BT-Drucks. 10/2102, S. 28.

246

5. Kap.: Der Sozialplan

Erfaßt sind insbesondere die Tatbestände des Umwandlungsgesetzes 146. Im Einklang mit der Gesetzesbegründung ist es aber irrelevant, ob die Umstrukturierung in Form einer Umwandlung durchgeführt wird 147 . Es ist also nicht danach zu unterscheiden, ob bei der Neugründung Tatbestände einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG erfüllt sind oder nur rechtsgeschäftliche Übertragungen im Sinne von § 613 a BGB vorgenommen werden. Der Wortlaut beschränkt diese Vorschrift nicht auf die Fälle der Umwandlung, und die Fälle der Einzelrechtsnachfolge unterscheiden sich in bezug auf eine Sozialplanpflicht nicht von der Gesamtrechtsnachfolge, so daß die Ansicht Gauls 148, nach dem die Übernahme im Zusammenhang mit einer Umwandlung stehen muß, abzulehnen ist. Letztlich erfaßt § 112 a Abs. 2 S. 2 BetrVG den Fall, daß die Unternehmerischen Aktivitäten bestehen bleiben, aber innerhalb von rechtlichen Strukturen wahrgenommen werden, die sich von bisher bestehenden unterscheiden 149 . Würde das Sozialplanprivileg auch in den Fällen des § 112 a Abs. 2 S. 2 BetrVG gelten, wäre eine "Flucht aus dem Sozialplan" bezüglich der schon vor der Umstrukturierung im Unternehmern beschäftigten Arbeitnehmer möglich, obwohl es nicht zu einem Unternehmerischen Neuengagement kommt, auf das sich§ 112 a Abs. 2 S. I bezieht 150. Das Sozialplanprivileg gilt demnach nicht bei internem Outsourcing, bei dem der Betrieb oder Betriebsteil nicht auf einen völlig fremden Dritten, sondern auf eine Tochtergesellschaft oder auf eine Beteiligungsgesellschaft übertragen wird. Auch die Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft ist hier erfaßt. Wegen des Abstellens auf das Neuengagement ist die Anwendung des Ausnahmetatbestandes auch dann abzulehnen, wenn zwei bereits bestehende Unternehmen einzelne Betriebe auf ein neugegründetes Unternehmen übertragen, welches die Betriebe mit einer auf dem Zusammenschluß beruhenden Unternehmerischen Zielsetzung fortführen soll 151 • Das Sozialplanprivileg gilt daher nicht bei Gründung eines Joint-Venture.

V. Haftung für Ansprüche aus dem Sozialplan Ist bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe ein Sozialplan gegeben, stellt sich schließlich die Frage, wer für die Ansprüche aus demselben haftet.

146 147 148 149

150 151

DKK/ Däubler, §§ 112, 112 a, Rn. 37. DKK/ Däubler, §§ ll2, 112 a, Rn. 37. OB 1995, 2265 (2269). BAG 22. 02. 1995, DB 1995, 1182 (1183). BAG22. 02. 1995, DB 1995, 1182 (1183). BAG 22. 02. 1995, DB 1995, 1287 f.

V. Haftung für Ansprüche aus dem Sozialplan

247

1. Haftungssystem des§ 613 a BGB Zunächst ist der Blick auf die Haftung bei einem Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB, der nicht mit einer Umwandlung einhergeht, zu richten. DerErwerber haftet gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2-4 BGB für die Ansprüche der Arbeitnehmer aus einem Sozialplan. Diese Ansprüche werden Inhalt des Arbeitsverhältnisse. Darüber hinaus tritt der Erwerber bei Übergang eines ganzen Betriebs in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung ein. Auch aus diesem Grund hat der Erwerber dann die Sozialplanansprüche zu erfüllen. Gemäß § 613 a Abs. 2 S. 1 BGB haftet der bisherige Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Abs. 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Hat der Veräußerer also selbst den Sozialplan abgeschlossen, so haftet er für die Ansprüche daraus, wenn diese vor Ablauf eines Jahres nach dem Übergang fallig werden. Problematisch ist jedoch der Fall der Haftung des Veräußerers für Ansprüche aus einem Sozialplan, den derErwerbervereinbart hat. Gemäߧ 613 a Abs. 2 S. 1 BGB kommt es darauf an, ob die Verpflichtungen vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind. Zu beachten ist hierbei, daß ein Sozialplananspruch durch die eingeleitete Betriebsänderung entsteht, weil bereits zu diesem Zeitpunkt dessen tatbestandliehe Voraussetzungen vorliegen 152. Das BAG fordert, daß für eine Haftung des Betriebsveräußerers die Betriebsänderung diesem zuzurechnen sein muß 153 . Daraus folgt, daß der Betriebsveräußerer dann gemäߧ 613 a Abs. 2 S. 1 BGB für Ansprüche aus einem Sozialplan des Betriebserwerbers haftet, wenn er eine Betriebsänderung eingeleitet hat 154• Dabei ist es möglich, daß die Verhandlungen über einen Sozialplan und ein eventuelles Einigungsstellenverfahren vor dem Betriebsübergang nicht stattfinden oder nicht beendet werden 155• In diesen Fällen haften sowohl der Betriebsveräußerer (wenn die Ansprüche vor Ablauf eines Jahres fällig werden) als auch der Erwerber für die Ansprüche aus dem Sozialplan. Das Sozialplanprivileg des § 112 a Abs. 2 BetrVG - sofern man dieses für anwendbar erachtet - greift nicht ein, da Sozialplanverhandlungen kraft Rechtsnachfolge und nichtkrafteigener Entscheidung vorliegen 156•

152

Neef, NZA 1994, S. 97 (100).

153

BAG 17. 03. 1987, DB 1987, 1540; so auch Gaul, DB 1995, 2265 (2269). Neef, NZA 1994, 97 (100); Gaul, DB 1995, 2265 (2269). Zum Restmandat des Betriebsrats bei Betriebsteilübergang siehe oben 4. Kapitel unter

154 155

I.l. 156

Siehe dazu oben unter IV. l.

248

5. Kap.: Der Sozialplan

2. Haftung nach dem UmwG Für Sozialplanverbindlichkeiten im Falle der Spaltung bildet§ 134 UmwG eine Ausnahme für die "klassischen Fälle" der Unternehmensaufspaltung in eine Anlage- und eine Betriebsgesellschaft Danach haftet die Anlagegesellschaft auch für Forderungen der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft als Gesamtschuldner, die binnen fünf Jahren nach dem Wirksamwerden der Spaltung auf Grund der§§ 111 bis 113 BetrVG begründet werden 157 • Problematisch ist die Frage der Haftung des übertragenden Rechtsträgers für Verpflichtungen, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind. Hier konkurriert das Haftungssystem des UmwG mit dem des BGB. Der dargestellte Fall wird zum einen in § 613 a Abs. 2 BGB und zum anderen in § 133 UmwG geregelt. § 613 a Abs. 2 BGB sieht eine Haftung des Veräußerers für Verpflichtungen, die vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig werden, vor. Dagegen bestimmt § 133 Abs. 1 UmwG eine uneingeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind. Gemäß § 133 Abs. 3 UmwG haften die Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten im Spaltungsvertrag nicht zugewiesen worden sind, für diese Verbindlichkeiten nur, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig und daraus Ansprüche gegen sie gerichtlich geltend gemacht sind. Der übertragende Rechtsträger haftet nach dem UmwG für Altverbindlichkeiten also bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen noch fünf Jahre lang, im Gegensatz zu einem Jahr nach dem BGB. Hier richtet sich die Haftung nach § 133 UmwG, so daß der übertragende Rechtsträger in dem Fall, in dem ihm die Verbindlichkeiten aus dem Sozialplan nicht im Spaltungsvertrag zugewiesen worden sind und diese vor der Spaltung begründet wurden, dann haftet, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig werden und daraus Ansprüche gegen ihn gerichtlich geltend gemacht worden sind. § 613 a Abs. 2 BGB findet auf die Fälle der Spaltung nach dem UmwG keine Anwendung 158 • Dafür spricht vor allem die Vorschrift des § 324 UmwG, nach der nur die Absätze 1 und 4 des§ 613 a BGB unberührt blieben und nicht auch Abs. 2. Weiterhin läßt § 133 UmwG nur §§ 25, 26 HGB ausdrücklich unberührt, nicht auch § 613 a Abs. 2 BGB. Das UmwG enthält offensichtlich eine eigenständige Regelung des Gläubigerschutzes 159 •

Siehe dazu oben 3. Kapitel unter V. I. b) dd). Wlotzke, DB 1995, 40 (43); MünchKomm/ Schaub§ 613 a Rn. 218; Gaul, DB 1995, 2265 (2269); Lutter I Joost, § 324 Rn. 36; aA Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 227 ff. 159 Siehe auch oben 3. Kapitel unter V. 1. b) dd) zu§ 134 UmwG. 157

158

6. Kapitel

Zusammenfassung der Ergebnisse I. Grundlagen Der Begriff "Outsourcing" beinhaltet sämtliche Vorgänge, die dazu führen, daß eine zuvor selbst erbrachte Leistung fortan fremdbezogen wird. Einzelne Betriebe oder Betriebsteile werden ausgelagert und auf einen völlig fremden Dritten (externes Outsourcing) oder auf eine- eventuell zu diesem Zweck gegründete -Tochtergesellschaft oder eine Beteiligungsgesellschaft (internes Outsourcing) übertragen. Der Betrieb oder der Betriebsteil kann entweder von einem schon bestehenden Unternehmen aufgenommen werden oder es entsteht ein neues Unternehmen. Die Infrastruktur kann auf den Dritten übergehen oder aber es können die eigenen Kapazitäten stillgelegt und Aufträge an einen Dritten fremdvergeben werden. Die Übertragung einer bestimmten Abteilung auf ein anderes Unternehmen kann einmal in Form der Einzelrechtsnachfolge durchgeführt werden, wobei schuldrechtliche Verträge, wie z. B. Kauf-, Pacht- oder Leasingverträge zur Übertragung von Einzelgegenständen auf Dritte abgeschlossen werden. Zum anderen ist die Durchführung des Outsourcing gesellschaftsrechtlich in Form einer Spaltung gemäß §§ 123 ff. UmwG möglich. Ist eine Funktion ausgelagert, kann Bedarf bestehen, den fremdvergebenen Auftrag an einen anderen Unternehmer zu vergeben. Auch hier können sich, ebenso wie beim Outsourcing, die Fragen eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB sowie eines Interessenausgleichs und Sozialplans stellen. Die eventuelle Pflicht zur Aufstellung von Interessenausgleich und Sozialplan trifft beim Outsourcing den Unternehmer, der eine Leistung fremdvergibt, bei der Auftragsneuvergabe den Unternehmer, der eine fremdvergebene Leistung ausführt und den Auftrag verliert. Ein Unternehmen entscheidet sich für das Outsourcing zum einen aus Kostengründen und zum anderen, um externes Know-how nutzen zu können.

250

6. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

II. Der Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB Ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB liegt vor, wenn die wirtschaftliche Einheit trotz des Inhaberwechsels ihre Identität bewahrt, wobei sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen sind. Ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Übernehmer dieselbe Tätigkeit ausführt. Bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe kann nur dann ein Betriebsübergang ausgelöst werden, wenn der Unternehmer, der die Leistung fortan erbringt, materielle und I oder immaterielle Betriebsmittel und I oder Arbeitnehmer übernimmt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den Schluß auf die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit zulassen. Vor allem in Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann die Identität der wirtschaftlichen Einheit auch dann gewahrt sein, wenn der Übernehmer einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals weiterbeschäftigt Dabei ist entscheidend, ob der Übernehmer mit dem übernommenen Personal die Tatigkeit so wie zuvor weiterführen kann und er eine bestehende Organisation übernimmt. Unerheblich ist, ob es sich es sich um einen Betrieb oder Betriebsteil mit einem oder wenigen Arbeitnehmern handelt. Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, was auch bei einer Umwandlung möglich ist, werden nur dann in die soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG einbezogen, wenn der Widerspruch sachlich gerechtfertigt ist. Die sachliche Rechtfertigung ist nur dann gegeben, wenn durch den Übergang der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Dies ist beim Outsourcing und bei der Auftragsneuvergabe wohl in der Regel nicht der Fall. Im Hinblick auf einen Wiedereinstellungsanspruch gekündigter Arbeitnehmer ist entscheidend, daß dann, wenn der Unternehmer eine Outsourcing-Maßnahme plant oder ihm ein Auftrag gekündigt wird, er entweder die Absicht hat, den Betrieb oder den Betriebsteil stillzulegen oder diesen gemäß § 613 a BGB zu übertragen. Die für die Wirksamkeit der Kündigungen erforderliche ernsthafte und endgültige Stillegungsabsicht liegt in diesen Fällen vor, wenn der Betriebsübergang zum Zeitpunkt der Kündigungen noch keine greifbaren Formen angenommen hat. Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in der ernsthaften Absicht, den Betrieb oder den Betriebsteil stillzulegen, und wird während des Laufs der Kündigungsfrist ein Betriebsübergang ausgelöst, hat der Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, sofern dies für den Arbeitgeber zuroutbar ist. Ebenso besteht ein Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer, den auch die Arbeitnehmer haben, deren Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist. Der Anspruch gegen den Übernehmer ist in analoger Anwendung des § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen geltend zu machen. Bei dem Wiedereinstel-

III. Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG

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lungsanspruch gegen den früheren Arbeitgeber sind für eine Frist die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung heranzuziehen. Insbesondere bei einem Betriebsteilübergang kann sich die Frage stellen, welche Arbeitnehmer übergehen. Bei der Zuordnung der Arbeitnehmer zu Betrieben und Betriebsteilen ist zunächst zwischen Arbeitnehmern auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen, die in die Organisation unterschiedlicher Betriebe oder Betriebsteile zeitweise eingebunden sind, und den mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmern, die zu keinem Zeitpunkt in die Organisation eines übergehenden Betriebs oder Betriebsteils eingegliedert sind, deren Tätigkeit sich aber zumindest teilweise auf einen übergehenden Betrieb oder Betriebsteil bezieht, zu unterscheiden. Bei ersteren ist eine Zuordnung objektiv zu dem Betrieb oder Betriebsteil vorzunehmen, in dem sie die meiste Zeit ihrer Tätigkeit verbracht haben, wobei auch die Umstände des Arbeitsvertrags und der künftige Bedarf der Arbeitskraft zu beachten sind. Ist ein Schwerpunkt der Tätigkeit nicht festzustellen, können die Arbeitnehmer wählen, ob sie beim alten Arbeitgeber verbleiben oder ob sie zu dem neuen Inhaber wechseln wollen. Davon unberührt bleibt eine abweichende Vereinbarung zwischen Veräußerer, Erwerber und Arbeitnehmer. Auf die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer findet § 613 a BGB wegen der Ablehnung einer funktionsbezogenen Auslegung dieser Norm keine Anwendung. Auch hier kann eine Zuordnung durch eine dreiseitigen Vertrag vorgenommen werden. Dabei reicht es aus, daß sich der Veräußerer und der Erwerber über eine Zuordnung einigen und der Arbeitnehmer in Kenntnis der Rechtslage bezüglich§ 613 a BGB dieser Zuordnung zustimmt.

111. Die Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG Die Anwendung der §§ 1ll ff. BetrVG setzt einen Betrieb mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern voraus. Es ist nicht möglich, § 111 BetrVG nach Sinn und Zweck oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß unter Umständen auch ein Betrieb mit zwanzig oder weniger Arbeitnehmern ausreicht. Der in § 111 S. 1 BetrVG enthaltene Relativsatz, nach dem Nachteile für die Belegschaft zu erwarten sein müssen, ist nicht auf die Fälle des Satzes 2 zu übertragen. Durch die Betonung der nachteiligen Auswirkung für die Belegschaft oder erhebliche Teile derselben zu Beginn des § ll1 BetrVG wird aber das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, einen gewissen Größenumfang der Betriebsänderung zu fordern, um § 111 BetrVG zu bejahen. § ll1 S. 2 BetrVG zählt die Betriebsänderungen nicht abschließend auf.

Der Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB als solcher ist keine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG.

252

6. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

In dem Fall, in dem neben dem Betriebsübergang Maßnahmen gegeben sind, die eine Betriebsänderung darstellen, ist diese auch auf die Arbeitnehmer zu beziehen, deren Arbeitsverhältnisse gemäß § 613 a BGB auf den neuen Arbeitgeber übergehen. Führt das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe dazu, daß ein den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechender Teil der Belegschaft ungeachtet welchen Betriebsteils, mindestens aber 5%, entlassen oder in andere Betriebe des Unternehmens versetzt werden soll, liegt eine geplante Betriebseinschränkung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG vor. Unerheblich ist, ob es sich um Arbeitnehmer handelt, denen aufgrund von Widersprüchen gegen einen Betriebsübergang gekündigt werden soll. Sollen die Entlassungen und Versetzungen in mehreren Schritten geschehen, werden sie zusammengerechnet, wenn insgesamt nur eine Betriebsänderung aufgrund einer einheitlichen Planungsentscheidung vorliegt, also über die Maßnahmen nur einheitlich entschieden werden kann. Liegt daneben keine andere Betriebsänderung, also auch keine Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG, vor, sind für die Aufstellung eines Sozialplans die Zahlengrenzen des § 112 a Abs. 1 BetrVG zu beachten. Eine Stillegung des ganzen Betriebs gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG, wenn sich das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe auf einen ganzen Betrieb (auch einen Betriebsteil im Sinne des § 4 S. 1 BetrVG) eines Unternehmens bezieht, bzw. eines Betriebsteils im Sinne des § 111 BetrVG, wenn ein solcher ausgelagert wird, ist dann nicht geplant, wenn der Betrieb oder Betriebsteil gemäß § 613 a BGB auf einen anderen Unternehmer übergehen soll. Andernfalls soll der Zweck des Betriebs bzw. des Betriebsteils aufgegeben werden und die Produktionsgemeinschaft zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern aufgelöst werden. Im Falle des ganzen Betriebs ist eine Stillegung gemäß § 111 S. 2 Nr. 1 BetrVG geplant. Betrifft die Maßnahme einen Betriebsteil, ist dieser wesentlich im Sinne der Vorschrift, wenn die Arbeitnehmer in dem Betriebsteil entweder die Zahlengrenzen des § 17 KSchG erreichen oder es sich um einen Betriebsteil von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung handelt. Ist ein Betriebsübergang geplant und widerspricht ein Teil der Belegschaft dem Übergang, liegt eine geplante Stillegung vor, wenn nicht ein Teil der Arbeitnehmer auf den neuen Inhaber übergeht, der die Identität des Betriebs im Sinne des § 111 BetrVG wahrt. Wie groß der übergehende Anteil sein muß, ist branchenabhängig, wobei ein Übergang von zwei Dritteln der Belegschaft in jedem Fall identitätswahrend ist. Eine geplante Stillegung mit der Folge des Anspruches auf Interessenausgleich und Sozialplan ist auch dann gegeben, wenn der Unternehmer den Arbeitnehmern mit Stillegungsabsicht kündigt, es anschließend aber zu einem Betriebsübergang kommt. Die Anwendung des§ 613 a BGB mit der Folge der Wiedereinstellungsansprüche gegen den früheren Unternehmer bzw. der Ansprüche auf Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen den Übernehmer wird dadurch nicht berührt. Nach dem

IV. Der Interessenausgleich

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Grundsatz des venire contra factum proprium bleibt der Anspruch auf Interessenausgleich und Sozialplan wegen der geplanten Stillegung aber auch dann bestehen, wenn der Unternehmer den Arbeitnehmern ohne Stillegungsabsicht gekündigt hat. Bei der Auslagerung von Primärfunktionen, wie der Fertigung eines Vorprodukts, kommt eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation gemäß § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG in Betracht, wenn sie deutliche Veränderungen mit sich bringt. Die Auslagerung des Vertriebs stellt im Regelfall eine Änderung der Betriebsorganisation sowie des Betriebszwecks im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 4 BetrVG dar. Eine Spaltung gemäß § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist geplant, wenn Gegenstand von Outsourcing oder Auftragsneuvergabe ein wesentlicher Betriebsteil ist, der seine Identität wahren und auf einen anderen Inhaber übergehen soll. Erforderlich ist, daß er im Verhältnis zum Restbetrieb einer eigenständigen organisatorischen Leitung unterstellt wird. Bestehen Zweifel daran, ob ein wesentlicher Betriebsteil gegeben ist, oder liegt ein solcher nicht vor, ist zu prüfen, ob ein den Zahlengrenzen des § 17 KSchG entsprechender Teil der Belegschaft von der Spaltung nachteilig betroffen sein kann. Wenn ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht, scheiden § 111 S. 2 Nr. 3 und 4 aus. Plant der Unternehmer mehrere Maßnahmen, soll sich das Outsourcing also beispielsweise auf mehrere Betriebsteile beziehen, liegt eine einheitliche Betriebsänderung immer dann vor, wenn eine einheitliche Planungsentscheidung gegeben ist. Es ist immer zunächst danach zu unterscheiden, ob die Maßnahme mit einem Betriebsübergang gemäߧ 613 a BGB einhergehen soll oder nicht. Bei einem Betriebsübergang kommt eine Spaltung und eine Organisationsänderung (§ 111 S. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG) in Betracht. Ist kein Betriebsübergang gegeben oder widerspricht eine erhebliche Anzahl an Arbeitnehmern dem Übergang der Arbeitsverhältnisse, kann eine Einschränkung und/ oder eine Stillegung (§ 111 S. 2 Nr. I BetrVG) vorliegen.

IV. Der Interessenausgleich Für die Mitbestimmungsrechte der §§ 111 ff. BetrVG, die aufgrund der Outsourcing-Maßnahme oder des Verlusts eines Auftrags vor dem Betriebsübergang entstehen, hat der Betriebsrat ein Restmandat, aufgrund dessen er mit dem ursprünglichen Arbeitgeber die Verhandlungen zu Ende führt. Endet infolge des Outsourcing oder des Verlusts eines Auftrags die Zuständigkeit für einen Teil der Arbeitnehmer, hat der Betriebsrat längstens für 6 Monate ein

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6. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

Übergangsmandat gemäß § 321 UmwG bei Umwandlungen bzw. analog § 321 UmwG bei der Einzelrechtsnachfolge, aufgrund dessen er für diese Übergangszeit sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der Arbeitnehmer, für die er zuvor zuständig war, ausübt. Dieses Mandat gilt auch für die Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs, wenn ein Betriebsteil in einen Betrieb ohne Betriebsrat integriert wird. Ziel des Interessenausgleichs ist ein Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und der Interessen der Arbeitnehmer am status quo. Beim Outsourcing soll der Interessenausgleich die Maßnahme im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer analysieren. Den betriebswirtschaftliehen Motiven stehen mögliche Nachteile für die Belegschaft gegenüber. Bei Entlassungen hat der Arbeitgeber die Pflicht zur Zahlung von Abfindungen zu erwarten, die sich finanziell erheblich auswirken können. Von den Betriebsparteien kann erwogen werden, die Entlassungen durch einen Betriebsübergang zu verhindern, wobei der Erwerber allerdings häufig die für ihn oft nachteiligen Folgen des § 613 a BGB zu verhindern sucht. Ein wichtiger Bereich wird bei dem Interessenausgleich insbesondere die Personalplanung sein. Eine Zuordnung von Arbeitnehmern zu Betrieben und Betriebsteilen im Interessenausgleich bei Umwandlungen (§ 323 Abs. 2 UmwG) ändert nichts an der zwingenden Geltung des§ 613 a BGB, der gemäߧ 324 UmwG auch bei Umwandlungen anzuwenden ist. Die dem Betrieb oder Betriebsteil angehörenden Arbeitnehmer gehen über, und die Arbeitnehmer auf Schnittstellen-Arbeitsplätzen haben ein Wahlrecht. Die mittelbar übergangsbetroffenen Arbeitnehmer, auf die § 613 a BGB keine Anwendung findet, sowie die sonstigen Arbeitnehmer, die nicht gemäß § 613 a BGB übergehen, können in dem der Spaltung zugrundeliegenden Spaltungs- und Übernahmevertrag zugeordnet werden und gehen dann gemäߧ 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG umwandlungsrechtlich auf den übernehmenden Rechtsträger über, wenn sie zustimmen(§ 132 UmwG i.V.m. § 613 S. 2 BGB). Im Fall einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG kann ein Interessenausgleich ebenso eine Zuordnung der Arbeitnehmer, auf die§ 613 a BGB keine Anwendung findet, enthalten. Der Interessenausgleich kann Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags werden, so daß die Arbeitnehmer, die einem Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet worden sind, der den Rechtsträger wechselt, umwandlungsrechtlich auf diesen übergehen. Ist eine Zuordnung nur in einem Interessenausgleich und nicht in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgenommen worden und hat der übernehmende Rechtsträger Kenntnis von dem Interessenausgleich, ist davon auszugehen, daß der übernehmende Rechtsträger diese Zuordnung billigt und der Interessenausgleich konkludent Inhalt des Spaltungs- und Übernahmevertrags wird. Neben den Arbeitsverhältnissen, die gemäß § 613 a BGB auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, muß der übernehmende Rechtsträger von den Arbeitnehmern, auf die§ 613 a BGB keine Anwendung findet, nur diejenigen übernehmen,

V. Der Sozialplan

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die ihm vertraglich zugeordnet sind. An den Interessenausgleich ist er bezüglich des Übergangs der Arbeitsverhältnisse nicht gebunden. Soll rechtsträgerintern eine Zuordnung zu einzelnen Betrieben und/ oder Betriebsteilen vorgenommen werden, sind die individualrechtliehen Maßnahmen der Versetzung, der einvernehmlichen Vertragsänderung bzw. der Änderungskündigung trotz eines Interessenausgleichs notwendig. Der Interessenausgleich kann aber die Arbeitsverhältnisse bezeichnen, mit denen der Arbeitgeber anschließend entsprechend zu verfahren hat. § 323 Abs. 2 UmwG findet mit der Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit nur Anwendung, wenn es sich um eine Zuordnung nach der Umwandlung handelt oder die Zuordnung erst nach der Umwandlung wirksam werden soll. Die Individualmaßnahmen hat der Übernehmer dem Interessenausgleich entsprechend vorzunehmen, wenn er einen ganzen Betrieb übernimmt und demnach in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des übertragenden Unternehmers eintritt. Bei Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG bei einer Klage gegen eine Versetzung ist statt des Maßstabs der Billigkeit (§ 315 Abs. 3 BGB) der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzusetzen. Bei einer Änderungskündigung ist dieser Maßstab im Rahmen der sozialen Rechtfertigung heranzuziehen. Eine analoge Anwendung des § 323 Abs. 2 UmwG demgemäß, daß auch bei der Einzelrechtsnachfolge die eingeschränkte Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit gilt, scheidet aus.

V. Der Sozialplan Der Sozialplan dient gemäß § 112 Abs. I S. 2 BetrVG dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Neben dem Verlust des Arbeitsplatzes kommen dann, wenn das Outsourcing oder die Auftragsneuvergabe zu Versetzungen führt, als wirtschaftliche Nachteile insbesondere Einkommensminderungen, höhere Fahrtkosten, Umzugskosten oder der Verlust von Sozialleistungen in Betracht. Nachteile, die unmittelbar auf einem Wechsel des Betriebsinhabers beruhen, können in einem Sozialplan nicht berücksichtigt werden. So verhält es sich bei der Verringerung der Haftungssumme, dem Privileg der Befreiung von der Sozialplanpflichtgemäß § 112 a Abs. 2 BetrVG bei dem neuen Unternehmer, der Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers gemäߧ 613 a Abs. 1 S. 2 BGB nach Ablauf eines Jahres oder dem Fall, daß die Arbeitsverhältnisse bei dem Betriebsecwerber gemäߧ 613 a Abs. I S. 3 BGB durch einen anderen- ungünstigeren - Tarifvertrag geregelt werden.

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6. Kap.: Zusammenfassung der Ergebnisse

Berücksichtigungsfähig sind dagegen Nachteile, die nicht auf dem Wechsel des Inhabers, also auf einer Änderung auf der Unternehmensebene, beruhen, sondern auf einer Änderung auf Betriebsebene. So kann mit einem Betriebsübergang ein Ortswechsel einhergehen, der bei den Arbeitnehmern zu höheren Anfahrtskosten oder Kosten eines Umzugs führt. Der Nachteil des Verlustes des Arbeitsplatzes aufgrund eines Widerspruchs beruht auf der ursprünglichen Betriebsänderung des Unternehmers. Widersprechende Arbeitnehmer können aber von Ansprüchen aus dem Sozialplan ausgeschlossen werden (vgl. § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG). Nimmt ein Sozialplan solche Arbeitnehmer von Ansprüchen aus, die eine zurnutbare Weiterbeschäftigung ablehnen, sind auch die Arbeitnehmer erfaßt, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Der Sozialplan muß eine solche Regelung aber enthalten oder sie muß sich durch Auslegung ergeben. Ein Ausschluß ist nicht gerechtfertigt, wenn der Sozialplan auf diese Arbeitnehmer nicht eingeht. Erforderlich ist aber stets, daß die Weiterbeschäftigung bei dem anderen Unternehmer zurnutbar ist, was dann nicht der Fall ist, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Wird ein Sozialplan für den Fall einer Betriebsstillegung aufgestellt und wird anschließend ein Betriebsübergang ausgelöst, fällt die Geschäftsgrundlage des Sozialplans weg und dieser ist an die neue Situation anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es für einige Arbeitnehmer unzumutbar sein kann, ihre Tätigkeit bei dem Übernehmer fortzuführen, etwa weil sie ihr berufliches Leben in Erwartung der Abfindung bereits anders geplant hatten. Diese Arbeitnehmer können weiterhin eine Leistung aus dem Sozialplan erhalten, weil eine Kündigung aufgrund eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf der ursprünglich geplanten Stillegung beruht. Wenn es insbesondere bei dem Verlust eines Auftrags ungewiß ist, ob der neue Auftragnehmer einen Betriebsübergang auslösen wird, können die Betriebsparteien vorsorglich für den Fall der Stillegung einen Sozialplan vereinbaren. Dieser kommt in regulärer Ausübung des Mitbestimmungsrechts des § 112 BetrVG zustande. Das Sozialplanprivileg des § 112 a Abs. 2 BetrVG kommt dem übernehmenden Unternehmer nicht zugute, wenn ein Unternehmen, das noch nicht älter als vier Jahre ist, einen Betrieb oder Betriebsteil, der bereits seit mehr als vier Jahren besteht, übernimmt. Das Sozialplanprivileg gilt nicht bei internem Outsourcing, bei dem der Betrieb oder Betriebsteil nicht auf einen völlig fremden Dritten, sondern auf eine Tochtergesellschaft oder auf eine Beteiligungsgesellschaft übertragen wird. Bei der Frage nach der Haftung für Sozialplanverbindlichkeiten im Falle der Spaltung ist§ 134 UmwG zu beachten, nach dem in den "klassischen Fällen" der Unternehmensaufspaltung in eine Anlage- und eine Betriebsgesellschaft die Anla-

V. Der Sozialplan

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gegesellschaft auch für Forderungen der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft als Gesamtschuldner haftet, die binnen fünf Jahren nach dem Wirksamwerden der Spaltung auf Grund der §§ 111 bis 113 BetrVG begründet werden. Die fünfjährige Haftung des § 133 UmwG geht der einjährigen Haftung des § 613 a Abs. 2 BGB für Sozialplanverpflichtungen, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind, vor.

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Sachwortverzeichnis Änderung der Betriebsanlagen 158 ff. Änderung der Betriebsorganisation 153 ff. - Merkmal "grundlegend" 153 ff. Änderung des Betriebszwecks 157 ff. Änderungskündigung - bei Zuordnung nach § 323 Abs. 2 UmwG 212f. Aufspaltung 24 f. Auftragsneuvergabe 21 f., 28, 249 Ausgliederung 24 f.,27 f. Auslagerung 24 Betriebsänderung 83 ff., 251 ff. - bei Betriebsübergang 114 ff. - bei Kündigungen aufgrund von Widersprüchen bei§ 613a BGB 129ff., 226f. - bei mehreren Maßnahmen des Unternehmers 127ff. - Betriebsgröße 91 ff. - Betriebsrat 94 ff. - Betriebsübergang als Betriebsänderung 106 ff. - Einschränkung des Betriebs 118 ff. - formeller Betriebsänderungsbegriff 101 f., llOff. - materieller Betriebsänderungsbegriff 101 f., 110 ff. - Verhältnis der Sätze 1 und 2 des § 111 S. 1 BetrVG 96ff. - Zusammenhang mit § 613 a BGB 29, 106ff. Betriebsbegriff 84 ff., 89 f. Betriebsratswahl - unter Verkennung des Betriebsbegriffs 90f. Betriebsteil - bei Betriebsübergang 47 ff. - im Sinne des § 4 BetrVG 86 ff., 89 f. - im Sinne des§ 111 BetrVG 134ff. Betriebsübergang 29 ff., 250 f.

- Abgrenzung zur Funktionsnachfolge 36ff. - als Betriebsänderung 106 ff. - Anspruch auf Einstellung 57 ff. - bei Aufspaltung 51 - bei EDV-Abteilungen 50f. - bei Outsourcing und Auftragsneuvergabe 49ff. - bei Umwandlungen 30 ff. - Betriebsteil 47 ff. - durch Übernahme von Personal 39 ff. - Folgen bei zunächst geplanter Stillegung 146 ff. - Haftungssystem 247 - Nutzungsüberlassung von Betriebsmitteln 49 - Sozialplan 221 ff., 234 ff. - und Betriebsänderung 114 ff. - Verhältnis zur Stillegung 57 ff., 143 ff. - Voraussetzungen 32 ff. - Wiedereinstellungsanspruch 57 ff., 62 ff. - Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer 52ff. - Zuordnung der Arbeitnehmer 69 ff. - Zusammenhang mit§§ 111 ff. BetrVG 29, 106ff. Einführung neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren 160 f. Einschränkung des Betriebs 118 ff. - Begriff der Entlassung in§ 112 a BetrVG 124f. - bei Kündigungen aufgrund von Widersprüchen bei§ 613a BGB 129ff., 226f. - bei mehreren Maßnahmen des Unternehmers 127ff. - durch Außerbetriebsetzung von Betriebsanlagen 119 ff. - durch Personalreduzierung 123 ff. - Einschränkung von Betriebsteilen 134 ff.

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Sachwortverzeichnis

- erforderliche Anzahl entlassener Arbeitnehmer 125 ff. Entlassung 124ff. Formwechsel 27 Fremdvergabe 21 ff. Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen 103 ff. - § 322 UmwG 104 ff. Haftung ll2 ff., 224, 246 ff. lnsourcing 24 Interessenausgleich 174 ff., 253 ff. - freiwilliger 193 f. - Inhalt 189 ff. - Nachteile 189f. - Rechtswirkungen 191 ff. - Restmandat 176 ff. - Übergangsmandat 178 ff. - Zuordnung der Arbeitnehmer 194 ff. - Zuständigkeit 174 ff. Joint-Venture 25 - Sozialplanprivileg 246 Kerngeschäft 26 Kündigung - wegen geplanter Stillegung 57 ff. - wegen Widerspruchs bei § 613 a BGB 53ff. lean production 26 Nachteile - im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG 154 f. - Interessenausgleich 189 f. - wirtschaftliche 218 ff. - Verlust des Arbeitsplatzes 219 ff. - Verringerung der Haftungssumme 221 - Versetzungen 219 ff. Nebenbetrieb 88 f. Outsourcing 21 ff., 250 - Begriff 21 ff. - Erscheinungsformen 22 ff. - Externes 22 f.

-

Internes 24 f. Motive 25 f. Nachteile 26 Rechtliche Grundlagen 26 ff.

Personalreduzierung 123 ff. Reduzierung der Fertigungstiefe 26 Restmandat 176 ff. - Verhältnis zum Übergangsmandat 179 f. Richtlinie 98150 I EG 31 ff. Richtlinie 771187 I EWG 31 ff., 108 ff. Sozialauswahl - bei Wiedereinstellung 53 ff. - bei Zuordnung nach § 323 Abs. 2 UmwG 212f. Sozialplan 218 ff., 255 ff. - Abänderung 235 - Betriebsübergang 221 ff., 234 ff. - Haftung ll2 ff., 224, 246 ff. - Kündigung 235 - Neugründungen von Unternehmen 241 ff. - Wegfall der Geschäftsgrundlage 236 ff. - Widerspruch bei§ 613 a BOB 225 ff. - wirtschaftliche Nachteile 218 ff. - vorsorglicher 239 ff. Sozialplanprivileg 224, 241 ff. - bei Übernahme eines älteren Betriebs durch neues Unternehmen 243 ff. - bei Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen 245 f. Spaltung 27 f. - Haftung nach§ 134 UmwG 112ff., 224 - im Sinne des § 111 S. 2 Nr. 3 BetrVG 162 ff. - im Sinne der§§ 321, 322 UmwG 104f., 179 Spaltungsplan 30 Spaltungsvertrag 30 - Zuordnung der Arbeitnehmer 202 ff. Stillegung des Betriebs 58, 141 ff. - bei späterem Betriebsübergang 146 ff. - Verhältnis zum Betriebsübergang 143 ff. Subtraktionsmethode 189 Übergangsmandat 178 ff. -analog§ 321 UmwG 184ff.

Sachwortverzeichnis - bei Einzelrechtsnachfolge 183 ff. - Erstreckung auf Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs 181 ff. - gemäß § 321 UmwG 178 ff. - Inhalt 180 f. - Verhältnis zum Restmandat 179 f. Übernahmevertrag 30 - Zuordnung der Arbeitnehmer 202 ff. Umwandlung - Fonnen 27 f. - Haftung 112 ff., 224, 248 - Übergang der Arbeitsverhältnisse 198 ff. - und Betriebsübergang 30 ff. - Zuordnung der Arbeitnehmer 194 ff. - Zustimmung des Arbeitnehmers 199 ff. Verlegung des Betriebs 151 ff. Vennögensübertragung 28 Verringerung der Haftungssumme 107 ff., 221 ff. Verschmelzung 27 Versetzung 207f., 219f. Vorsorglicher Sozialplan 239 ff. Wegfall der Geschäftsgrundlage - des Sozialplans 236 ff. Wesentlicher Betriebsteil 136 ff. - Zuordnung der Arbeitnehmer 139 f.

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Widerspruch bei § 613 a BGB 52 ff. - bei Umwandlungen 56 f. - Soziale Auswahl bei Kündigung 53 - Sozialplan 225 ff., 238 ff. Wirtschaftliche Nachteile 218 ff. Zumutbarkeit des Übergangs des Arbeitsverhältnisses - bei § 112 Abs. 5 BetrVG 231 ff., 238 f. - bei § 1 Abs. 3 KSchG 53 ff. Zuordnung der Arbeitnehmer - bei Bestimmung eines wesentlichen Betriebsteils 139 - bei Betriebsübergang 69ff., 194ff. - gemäߧ 323 Abs. 2 UmwG 195ff. - grobe Fehlerhaftigkeit 210 ff. - im Interessenausgleich bei Einzelrechtsnachfolge 216f. - im Interessenausgleich bei Umwandlung 194 ff. - im Spaltungs- und Übernahmevertrag 202ff. - rechtsträgerinterne 207 ff. - Übergang der Arbeitsverhältnisse 198 ff. Zusammenschluß mit Betrieben 161 f. Zuständigkeit für Interessenausgleich und Sozial plan 174 ff.