Insolvenzbuchhaltung: Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren einschließlich Eigenverwaltung [3 ed.] 9783814558509

Das Werk beschreibt die gesamte Rechnungslegung, angefangen von der Erstellung der Verzeichnisse über die Verwalterbuchf

319 103 1MB

German Pages 478 [470] Year 2023

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Insolvenzbuchhaltung: Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren einschließlich Eigenverwaltung [3 ed.]
 9783814558509

Citation preview

Zimmer Insolvenzbuchhaltung

Kanzleipraxis 1

Insolvenzbuchhaltung Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren einschließlich Eigenverwaltung Rechnungslegungspflichten – Verzeichnisse – Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung – Kontenrahmen SKR InsO – Schlussrechnung – Rechnungsprüfung – Umsatzsteuer (Grundlagen)

3. Auflage

von Rechtsanwalt Dr. Frank Thomas Zimmer, Köln

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG ˜ Köln

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischem oder anderen Wegen und der Speicherung in elektronischen Medien. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: Hundt Druck GmbH, Köln

Vorwort zur 3. Auflage Die interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters gewinnt weiterhin zunehmend an Bedeutung und wird daher stetig umfangreicher und komplexer. Dies hatte der Verordnungsgeber ausdrücklich zum Anlass genommen, die Regelvergütung des § 2 Abs. 1 InsVV zum 1.1.2021 etwas anzuheben. Im Jahr 2021 wurde ferner der SKR InsO überarbeitet und an weitere Erfordernisse der Praxis bzw. an Gesetzesänderungen und Rechtsprechung angepasst. Kapitel G des vorliegenden Werks besteht unverändert darin, diese Sachkonten zu kommentieren. Auch die allgemeine Darstellung in Kapitel F, was einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen eigentlich so besonders macht, war aufgrund einiger Neuerungen zu überarbeiten. Selbiges gilt für die Darstellung der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD als Nachfolger von GoBS, GDPdU und GoBIT) als Ergänzung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) in Kapitel E. Die Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die interne Rechnungslegung aus der Perspektive aller Beteiligten in Kapitel A wurde ebenfalls überarbeitet, wobei gerade die Eigenverwaltung besonderer Aufmerksamkeit bedurfte. Da die Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 – 154 InsO (Kapitel B) Bestandteil der Rechnungslegung sind, ist das vorliegende Werk wohl inzwischen die umfangreichste Kommentierung nicht nur zu § 66 InsO, sondern auch zu diesen Normen, die in der Praxis gelegentlich vernachlässigt und bei Wechseln in der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis innerhalb des Verfahrens sogar ignoriert werden. Zu aktualisieren waren die Ausführungen zur Umsatzsteuer (Kapitel H) maßgeblich im Hinblick auf die zweifache Umsatzsteuerberichtigung und die (vorläufige) Eigenverwaltung. Selbstverständlich wurden auch alle anderen Kapitel überarbeitet und teils ergänzt. Das Werk ist weiterhin bemüht, die interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren aus allen Blickwinkeln und damit für alle Beteiligten umfassend darzustellen, damit Insolvenzverwalter, Buchhalter, Rechtspfleger und Richter am Insolvenzgericht, Mitglieder von Gläubigerausschüssen, eigenverwaltende Schuldner und deren Berater sowie weitere Interessierte davon ausgehen können, dass sie hier an einer gemeinsamen Sache arbeiten. Denn auch in aktuellen Kommentaren und Aufsätzen finden sich unter dem Begriff der Schlussrechnung z. T. recht antiquierte Vorstellungen. Gleichwohl ist die Nutzung des SKR InsO nur eine Selbstverpflichtung, sodass unverändert eine entsprechende Regelung analog §§ 342 f. HGB in einem neuen § 66a InsO zu fordern ist (Kapitel G.I.2).

Köln, im Dezember 2022

Frank Thomas Zimmer

V

Vorwort zur 2. Auflage Die erste Auflage dieses Buchs war schnell vergriffen und musste nachgedruckt werden. Gleichwohl wurde mit der Erstellung der zweiten Auflage gewartet, bis das Thema Umsatzsteuer in der Insolvenz in der Bewertung durch BFH und BMF ein halbwegs schlüssiges Konzept darstellt. Denn der Buchhalter muss entscheiden, welches Sachkonto für den jeweiligen Geschäftsvorfall das richtige und ob mit oder ohne Steuerschlüssel zu buchen ist. Daher wurde das entsprechende Kapitel zur Umsatzsteuer vollständig überarbeitet und erheblich ausgeweitet. Es gibt gleichwohl immer noch Differenzen zwischen der BFH-Rechtsprechung, der Praxis und den Regelungen des BMF, die jetzt jedoch identifizierbar sind. Gleichwohl ist das Thema derart komplex, dass hier sinnvollerweise mit dem Inhaltsverzeichnis zu arbeiten ist, da ein Stichwortverzeichnis nicht die erforderliche Gliederungstiefe haben kann. Auch das Thema Sondermassen musste vertieft werden, da es derer doch recht viele gibt. Hier sind nach wie vor Verteilungsfehler nicht ausgeschlossen, wenn die Geschäftsvorfälle nicht korrekt erfasst werden. Da eine Diskussion über Compliance im Insolvenzverfahren beginnt, wurde zunächst einmal die interne Revision innerhalb eines Insolvenzverfahrens in die Neuauflage aufgenommen, da ohne eine solche Revision keine Compliance-Prüfung möglich ist. Der Standardisierte Kontenplan SKR-InsO scheint zunehmende Anwendung zu finden. Obgleich dieser Kontenplan nicht vollständig ist und immer noch Detailfragen offenlässt, scheint eine Überarbeitung durch den zuständigen Fachausschuss nicht ersichtlich. Daher wird in der zweiten Auflage eine gesetzliche Regelung vorgeschlagen. Im Übrigen erfolgten Ergänzungen und Änderungen aufgrund von Anregungen aus der Praxis oder von Seminarteilnehmern, aber auch aufgrund der Ergebnisse von Schlussrechnungsprüfungen, deren Umfang und Zulässigkeit ebenfalls in der Darstellung vollständig überarbeitet wurde.

Köln, im Februar 2016

VI

Frank Thomas Zimmer

Vorwort 1. Auflage Der Wunsch nach Rechnungslegung ist so alt wie die Arbeitsteilung unter Menschen.1) Vieh, Sklaven und andere Handelswaren wurden schon rd. 30.000 v. Chr. durch eine Anzahl von Kerben im sog. Kerbholz dokumentiert, worauf noch immer die Redewendung basiert, etwas auf dem Kerbholz zu haben. Die sog. doppelte Buchhaltung (Doppik), die durch Bildung von Buchungssätzen für jeden Geschäftsvorfall sowohl Bestandskonten als auch Erfolgskonten anspricht, lässt sich bis zu italienischen Kaufleuten im 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Im heutigen Deutschland verbreitete sie sich im 16. Jahrhundert, vornehmlich durch die europäische Kaufmannsfamilie Fugger. Die wohl erste Gesamtdarstellung zur Doppik stammt von Luca Pacioli aus dem Jahr 1494 (Summa de Arithmetica Geometria Proportioni et Proportionalita), der Begriff des Buchhalters soll erstmals im Jahr 1498 in Innsbruck nachzuweisen sein. Im 19. Jahrhundert lässt sich auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Buchhaltung erkennen. Auf dem Prinzip der Doppik beruht die gesamte Buchhaltung nach den im Jahr 1897 geschaffenen §§ 238 ff. HGB, aber auch die internationale Buchhaltung nach IFRS (International Financial Reporting Standards). Neben der steuerlichen Komponente der Buchführung (vgl. nur §§ 140 ff. AO, § 5 Abs. 1 EStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) dient die HGB-Buchführung vordringlich dem Gläubigerschutz und der Kapitalerhaltung, während die Buchführung nach IFRS hauptsächlich den Eignern als Investorenschutz dient. Gemeinsam sind beiden Ansätzen also die Information und der Schutz der Kapitalgeber mit unterschiedlichen Prioritäten. Gemeinsam ist den auf der Doppik beruhenden Buchhaltungssystemen ferner die Information der Geschäftsführung zwecks Vorbereitung und Überprüfung administrativer und operativer Entscheidungen; Nahtstelle zwischen Geschäftsführung und Buchhaltung ist insoweit das Controlling. Die Buchhaltung ist in ihrem Ergebnis, d. h. in der Darstellung der Bilanz und GuV im Jahresabschluss, ein hoch komplexes Rechtsgebiet geworden, das durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz2) im Jahr 2009 die größte Rechtsreform seit rd. 25 Jahren erlebt hat. Diese Ausführungen sollen zeigen, dass Buchhaltung im Wirtschaftsleben eine tragende Säule ist. Ohne eine ausreichende Buchhaltung lässt sich ein Wirtschaftsunternehmen nicht steuern. Auf der anderen Seite stehen die Regelungen zur Rechnungslegung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. In §§ 666, 259 Abs. 1 BGB wird für die Abwicklung fremder Vermögensmassen lediglich eine einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung verlangt, die im Grunde nicht mehr ist als ein Kassenbuch. Dies kann jedoch bei näherer Betrachtung nur für einfache Vermögensabwicklungen gelten, wie z. B. die des Vormunds, des rechtlichen Betreuers, des Pflegers sowie des Testamentsvollstreckers. Schon der WEG-Verwalter ___________ 1) 2)

Rehse, S. 229. Gesetz v. 25.5.2009, BGBl I 2009, 1102.

VII

Vorwort 1. Auflage

kommt ohne Nutzung spezifischer Konten nicht aus und für den Zwangsverwalter ist die Verwendung von Sachkonten sogar gesetzlich vorgegeben (§ 15 ZwVwV). Die Buchführung im Insolvenzverfahren sitzt zwischen diesen beiden Stühlen, da der Gesetzgeber in § 155 InsO und § 66 InsO ohne Konkretisierungen beide Buchführungen verlangt. Allerdings verlangt der Gesetzgeber für die Verwalterbuchführung u. a. eine Abgrenzung von freier Masse und Absonderungsgut (vgl. §§ 166 ff. InsO, § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV), eine Abgrenzung von Abwicklung und Fortführung (vgl. §§ 151 Abs. 2 Satz 2, 157 Satz 1 InsO, § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV), eine Abgrenzung von Verfahrenskosten, sonstigen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen (vgl. §§ 53 – 55, 209, 38, 39 InsO, § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV) etc. Diese Abgrenzungen können nur durch die Verwendung von Sachkonten erfolgen, sodass etwas anderes als die doppelte Buchführung nicht in Betracht kommen kann. Der Gesetzgeber verlangt sogar eine Bestandsermittlung (§§ 151 – 153 InsO), ohne jedoch buchhalterische Konsequenzen daraus zu ziehen, also den Bogen zur Doppik zu spannen. Eine objektiv vernünftige Verwalterbuchführung hat sich daher an handels- und steuerrechtlichen Grundsätzen zu orientieren, nicht weil handels- oder steuerrechtliche Pflichten damit zu erfüllen wären, sondern weil im dortigen Kontext in einem Prozess von offenbar 30.000 Jahren ein System entwickelt wurde, dass heutzutage unter dem Stichwort der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchhaltung nicht nur etabliert, sondern unbestritten als Instrument der Unternehmensführung fest in der Betriebswirtschaftslehre verankert ist. Dies ist sowohl Anforderung an Insolvenzverwalter, Sachbearbeiter und Gerichtspersonal als auch Mahnung an die Befürworter von Kennzahlensystemen, die gelegentlich Zielkonflikte zwischen einer vernünftigen Buchhaltung einerseits und einer Bewertung der Verwalterleistung durch Kennzahlen andererseits provozieren. Vor diesen Hintergründen ist das vorliegende Buch bemüht, die Verwalterbuchführung entsprechend zu erläutern. Da der Adressatenkreis groß ist, wird der Leser die eine oder andere Darstellung als zu simpel oder als zu komplex wahrnehmen. Dies muss hingenommen werden, da die verschiedenen Beteiligten eines Insolvenzverfahrens auf unterschiedlichen Wissensständen „abgeholt“ werden müssen und evtl. auch divergierende Ansprüche an ein Buchhaltungssystem haben. Bereits jetzt gilt mein Dank den weit über eintausend Teilnehmern meiner insolvenzspezifischen Buchhaltungs- und Steuerseminare in den letzten sieben Jahren für zahlreiche Anregungen.

Köln, im Mai 2013

VIII

Frank Thomas Zimmer

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

Vorwort zur 3. Auflage .................................................................................. V Vorwort zur 2. Auflage ................................................................................. VI Vorwort 1. Auflage ...................................................................................... VII Literaturverzeichnis ................................................................................ XXIII A. Einleitung und Rechtsgrundlagen ............................................ 1 ........ 1 I.

Die Beteiligten .............................................................................. 1 1. Perspektive Insolvenzgericht ............................................... 2 2. Perspektive Insolvenzgläubiger ............................................ 7 3. Perspektive Gläubigerversammlung ................................... 12 4. Perspektive Gläubigerausschuss ......................................... 16 5. Perspektive Massegläubiger ................................................ 20 6. Perspektive Schuldner ......................................................... 26 7. Perspektive Insolvenzverwalter .......................................... 31 8. Perspektive Finanzamt ........................................................ 35 9. Besonderheiten in der Eigenverwaltung ............................ 37

II. Einschlägige Berufsauffassungen und privatrechtliche Kodifikationen ............................................................................ 1. „Uhlenbruck-Kommission“ ............................................... 2. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) ............................... 3. Gemeinschaftsprojekt Standardisierter Kontenplan/ Standardisierte Schlussrechnung ........................................ 4. Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung (VID) ...................................................................................

........ 1 ........ 1 ........ 4 ........ 5 ........ 6 ........ 8 ...... 11 ...... 12 ...... 13 ...... 13

44 ...... 16 45 ...... 16 46 ...... 16 48 ...... 17 50 ...... 18

III. Abgrenzung interne und externe Rechnungslegung ................ 53 ...... 19 IV. Funktionen der internen Rechnungslegung .............................. 54 ...... 19 B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens ............................................................... 56 ...... 21 I.

Einleitung .................................................................................... 56 ...... 21

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO) ................................................. 60 ...... 22 1. Bestandsaufnahme des Aktivvermögens ............................ 62 ...... 22 a) Aufgaben und Ziele der Bestandsaufnahme/ Inventur ........................................................................ 62 ...... 22

IX

Inhaltsverzeichnis

2.

3. 4.

5.

6.

Rz.

Seite

b) Grundsätze ................................................................... 64 c) Erfassung und Aufzeichnung der Massegegenstände durch Inventur ............................................................. 67 d) Insolvenzmasse einschließlich Neuerwerb ................ 72 e) Drittrechte ................................................................... 77 f) Zeitpunkt der Inventur ............................................... 83 g) Inventurverfahren ........................................................ 85 h) Delegierbarkeit der Inventur und Mitwirkung des Schuldners .............................................................. 87 Bewertung der Vermögensgegenstände ............................. 89 a) Angabe von Fortführungs- und Zerschlagungswerten ........................................................................... 90 b) Ermittlung der Zerschlagungswerte ........................... 91 c) Ermittlung der Fortführungswerte ............................. 95 d) Einzelfragen der Wertermittlung .............................. 106 Gliederung des Masseverzeichnisses ................................ 111 Hinzuziehung eines Sachverständigen ............................. 116 a) Einleitung ................................................................... 116 b) Inventur und Bewertung im Antragsverfahren ........ 117 c) Inventur und Bewertung im eröffneten Verfahren .................................................................... 119 Besonderheiten in der Eigenverwaltung .......................... 120 a) Vorläufige Eigenverwaltung ...................................... 120 b) Anordnung im Eröffnungsbeschluss/ Allgemeines ................................................................ 121 c) Nachträgliche Anordnung ........................................ 126 d) Aufhebung der Eigenverwaltung .............................. 131 Verzicht auf das Masseverzeichnis (§ 151 Abs. 3 InsO) .......................................................... 133

...... 23

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) ......................................... 1. Insolvenzgläubiger – Prinzip der Vollständigkeit/ Stichtag .............................................................................. 2. Absonderungsberechtigte und nachrangige Gläubiger ..... a) Absonderungsberechtigte Insolvenzgläubiger ......... b) Nachrangige Insolvenzgläubiger .............................. 3. Aufrechnungslagen ........................................................... 4. Aussonderungsberechtigte Gläubiger .............................. 5. Kohärenz mit Masseverzeichnis ....................................... 6. Masseverbindlichkeiten .................................................... a) Regelinsolvenzverfahren/Allgemeines ..................... b) Treuhandkontenmodell ............................................. 7. Zusammenfassung/Übersicht möglicher Rangklassen ..... 8. Gliederung ......................................................................... 9. Besonderheiten in der Eigenverwaltung .......................... 10. Besonderheiten bei Masseunzulänglichkeit ..................... X

...... ...... ...... ...... ......

24 25 27 28 29

...... 30 ...... 30 ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......

30 31 31 34 36 42 42 43

...... 44 ...... 44 ...... 44 ...... 45 ...... 46 ...... 47 ...... 47

135 ...... 48 137 ...... 145 ....... 146 ...... 154 ...... 156 ...... 159 ...... 163 ...... 168 ...... 168 ...... 182 ...... 184 ...... 189 ...... 191 ...... 197 ......

48 50 50 52 53 54 54 56 56 58 59 61 64 65

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

IV. Vermögensübersicht (§ 153 InsO) .......................................... 1. Allgemeines ....................................................................... 2. Eidesstattliche Versicherung des Schuldners .................. 3. Besonderheiten in der Eigenverwaltung ..........................

198 198 206 209

...... ...... ...... ......

65 65 67 67

V. Frist zur Einreichung (§ 154 InsO) ........................................ 1. Allgemeines ....................................................................... 2. Schriftliches Verfahren ..................................................... 3. Verbraucherinsolvenzverfahren ....................................... 4. Besonderheiten in der Eigenverwaltung ..........................

211 211 213 214 216

...... ...... ...... ...... ......

68 68 68 69 69

VI. Fortführung der Verzeichnisse ................................................ 1. Einführung und Grundkritik ............................................ 2. Handelsrechtliche Ansätze zur Fortschreibung des Masseverzeichnisses ................................................... 3. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses I – Grundmodell ....................................... 4. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses II – erweitertes Grundmodell .................. 5. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses III – Vorgriff auf eine Standardisierte Schlussrechnung (ZEFIS) .................................................

221 ...... 70 221 ...... 70 230 ...... 73 234 ...... 74 239 ...... 75

249 ...... 80

C. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (BGB) ............................ 251 ...... 83 I.

Kassenbuch […] ....................................................................... 251 ...... 83

II. […] untauglich und nicht zeitgemäß ...................................... 252 ...... 83 III. Parallele Zwangsverwalter ........................................................ 253 ...... 83 IV. Auswirkung auf die Eignung als Insolvenzverwalter (§ 56 InsO) ............................................................................... 256 ...... 84 V. Auswirkung auf die Eignung des Gerichtspersonals .............. 257 ...... 85 VI. Sprachgebrauch ......................................................................... 258 ...... 86 D. Doppelte Buchführung (Doppik) ......................................... 259 ...... 87 I.

Einführung ................................................................................ 259 ...... 87

II. Bestandskonten – Bilanz .......................................................... 1. Aktiva gemäß § 266 Abs. 2 HGB ..................................... 2. Passiva gemäß § 266 Abs. 3 HGB .................................... 3. T-Konten ........................................................................... 4. Staffelkonten .....................................................................

261 262 264 266 268

...... ...... ...... ...... ......

87 87 89 90 90

III. Erfolgskonten – GuV ............................................................... 270 ...... 91

XI

Inhaltsverzeichnis Rz.

1. 2. 3. 4.

GuV – Gesamtkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 2 HGB ............................................................. GuV – Umsatzkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 3 HGB ............................................................. T-Konten ........................................................................... Staffelkonten .....................................................................

Seite

271 ...... 91 273 ...... 92 274 ...... 92 276 ...... 93

IV. Insolvenzbezug ......................................................................... 278 ...... 93 V. Amerikanisches Journal ........................................................... 284 ...... 95 E.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) .......... 287 ...... 99

I.

Einleitung .................................................................................. 287 ...... 99

II. Relevante Normen des HGB und der AO .............................. 288 ...... 99 III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) .............................................................. 1. Grundsatz der Ordnung (Kontenfunktion) .................... 2. Grundsatz der Vollständigkeit ......................................... 3. Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit ......................................................................... 4. Grundsatz der Richtigkeit ................................................ 5. Grundsatz der zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen ................................................................ 6. Belegwesen (Belegfunktion) ............................................. 7. Saldierungsverbot .............................................................. 8. Beweiskraft einer ordnungsmäßigen Buchführung ......... 9. Grundsatz der Unveränderbarkeit („Radierbuchungen“) ........................................................

289 .... 100 291 .... 100 293 .... 101 294 .... 102 295 .... 102 297 298 303 304

.... .... .... ....

103 103 105 105

305 .... 105

F.

Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen ......................................................................... 312 .... 109

I.

Einführung ................................................................................ 312 .... 109

II. Kontenrahmen im Allgemeinen ............................................... 315 .... 109 III. Vorfrage: Brutto- oder Netto-Buchführung ........................... 319 .... 110 IV. Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung (Grundprinzip) ......................................................................... 323 .... 111 V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten ......................... 339 .... 116 1. Verwertung durch den Insolvenzverwalter und Einbehalt der gesetzlichen Kostenbeiträge ...................... 339 .... 116

XII

Inhaltsverzeichnis Rz.

2. 3. 4.

5. 6. 7.

Verwertung durch den Insolvenzverwalter und Einbehalt frei vereinbarter Kostenbeiträge ...................... Verwertung durch den besitzenden Absonderungsgläubiger (§ 173 InsO) ...................................................... Verwertung durch den Absonderungsgläubiger nach Überlassung durch den Insolvenzverwalter (§ 170 Abs. 2 InsO) .......................................................... Übernahme durch den Absonderungsgläubiger (§ 168 Abs. 3 InsO) .......................................................... Abfindung des Absonderungsgläubigers ......................... Fazit und Zusammenfassung ............................................

Seite

356 .... 121 366 .... 123

370 .... 124 374 .... 125 376 .... 126 382 .... 127

VI. Abgrenzung Betriebs- und Privatvermögen ........................... 387 .... 128 VII. Berücksichtigung von Sondermassen ...................................... 1. Einleitung .......................................................................... 2. Verfahrenskostenvorschüsse Dritter ............................... 3. Zuschüsse Dritter zum Insolvenzplan ............................. 4. Mietkautionen ................................................................... 5. WEG-Verwaltung ............................................................. 6. Persönliche Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft (§ 93 InsO) .................................... 7. Vermögensvermischungshaftung bei Kapitalgesellschaften (§ 93 InsO analog) .................................... 8. Insolvenzverschleppungshaftung (§ 92 InsO) ................ 9. Schadenersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter (§§ 60, 92 Satz 2 InsO) ..................................................... 10. Schadenersatzansprüche gegen Mitglieder von Gläubigerausschüssen (§ 71 InsO) .................................. 11. Fiktives Einkommen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295a Abs. 1 InsO) .......................................................... 12. Freiwillige Zuzahlungen zur vorzeitigen Restschuldbefreiung ............................................................................ a) Vom 1.7.2014 eröffnete bis zum 30.9.2020 beantragte Insolvenzverfahren (§ 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO a. F.) ............................................. b) Ab dem 1.10.2020 beantragte Insolvenzverfahren (§ 300 Abs. 2 InsO) ................................................... 13. Einkommen nach Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 300a InsO) .................................................................... 14. Fazit und Zusammenfassung ............................................

388 388 391 396 399 405

VIII. Zeitliche Abgrenzungen ......................................................... 1. Ausgabenseite .................................................................... 2. Einnahmenseite ................................................................. 3. Auswertungen ................................................................... 4. Auswirkungen auf den Kontenplan .................................

443 443 446 449 453

.... .... .... .... .... ....

129 129 129 130 131 133

409 .... 135 420 .... 138 422 .... 139 428 .... 142 431 .... 142 433 .... 143 434 .... 143

434 .... 143 435 .... 144 436 .... 144 437 .... 144 .... .... .... .... ....

147 147 148 149 150

XIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

IX. Steuerliche Besonderheiten ...................................................... 460 .... 151 X. Sonderfall Aufrechnungslagen (Buchungstechnik) ................ 461 .... 152 XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten ......................... 1. Kasse und Verfahrenskonten ............................................ 2. Treuhandkontenmodell und Einzelermächtigung .......... a) Problemstellung ......................................................... b) Einzelermächtigung ................................................... c) Treuhandkontenmodell ............................................. d) Aus- und Absonderungsrechte ................................. e) Zahlungen während der vorläufigen Verwaltung ..... 3. Schuldnerische Konten ..................................................... a) Im Minus geführte Konten ....................................... b) Im Plus geführte Konten ........................................... 4. Interimskonten .................................................................. a) Geldtransit ................................................................. b) Durchlaufende Posten ............................................... c) Verrechnungskonten ................................................. d) Zahlungen mit EC- oder Kreditkarte, PayPal etc. .................................................................. 5. Insolvenzgeldvorfinanzierungskonto .............................. 6. Saldenvorträge ................................................................... 7. Zusammenfassung Geld- und Interimskonten ...............

465 465 470 470 471 472 475 477 479 479 483 485 485 487 492

.... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... ....

152 152 155 155 155 156 158 158 159 159 160 160 160 161 162

493 497 503 505

.... .... .... ....

162 163 165 166

XII. Zusammenfassender Überblick der Kontenklassen ............... 506 .... 167 XIII. Summen- und Saldenliste ....................................................... 507 .... 167 XIV. Ermittlung relevanter Finanzergebnisse ................................ 511 .... 170 G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO ........................ 519 .... 173 I.

Einführung ................................................................................ 519 .... 173 1. Organisatoren und Historie ............................................. 519 .... 173 2. Vorschlag für eine gesetzliche oder berufsrechtliche Verankerung ...................................................................... 529 .... 176

II. SKR-InsO: Grundkonzept ...................................................... 531 .... 177 III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) – Übersicht und Synopse SKR 03-InsO und SKR 04-InsO ..................................................................... 1. Vorbemerkung .................................................................. 2. Einnahme-Konten ............................................................. 3. Ausgabe-Konten ............................................................... 4. Geld- und Interimskonten ................................................

XIV

540 540 541 544 549

.... .... .... .... ....

179 179 180 189 197

Inhaltsverzeichnis Rz.

IV. SKR-InsO (2021-01): Strukturziffern (fünfte und sechste Stelle) – Erläuterung .................................................... 1. Übersicht Strukturziffern ................................................. 2. Strukturziffer 00 (bei Unbeachtlichkeit jeglicher Unterscheidungen) ........................................................... 3. Strukturziffer 01 (vor vorläufiger Verwaltung begründet) ......................................................................... 4. Strukturziffern 1x und 2x (in vorläufiger (Eigen-)Verwaltung begründet) ....................................... 5. Strukturziffern 3x und 5x (nach Insolvenzeröffnung begründet) ......................................................................... 6. Strukturziffern 4x und 6x (nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet) ............................ 7. Zusammenfassende Übersicht .......................................... 8. Strukturziffer 7x (keine Belegung, zuvor: Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO) ....................... 9. Strukturziffer 8x (keine Belegung, zuvor: Eigenverwaltung) ........................................................................ 10. Strukturziffer 9x (keine Belegung) .................................. 11. Keine Regelung für Sondermassen ................................... 12. Keine Regelung für Verwaltung von Absonderungsgut .............................................................. 13. Auswirkungen auf die Summen- und Saldenlisten .......... V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen ............................... 1. Vorbemerkung .................................................................. 2. 3821 – 3822 (Abführung Umsatzsteuer/Erstattung Vorsteuer) .......................................................................... 3. 4000 (Ungeklärte Einnahmen) ......................................... 4. 4005 – 4006 (Übernahme Bank- und Kassenguthaben) ........................................................................... 5. 4010 – 4012 (Schuldnereinkommen als Insolvenzmasse einschließlich Beträgen nach „Freigabe“ Geschäftsbetrieb) .............................................................. a) Abhängig Beschäftigte und Lohnersatzleistungen .... b) Zahlungen nach „Freigabe“ Geschäftsbetrieb (§§ 35 Abs. 2, 295a InsO) ......................................... 6. 4020 – 4021 (Lebensversicherungen) ................................ 7. 4030 – 4031 (Sonstige Einnahmen) ................................... 8. 4032 – 4033 (Einnahmen im Kontext Nachfolgegesellschaft) ....................................................................... 9. 4034 – 4036 (Einnahmen Wohlverhaltensphase) ............. 10. 4037 (Einnahmen aus ungerechtfertigter Bereicherung) .................................................................... 11. 4040 (Kostenerstattung Rechtsverfolgung) .................... 12. 4050 (Einnahmen aus Anfechtung) .................................

Seite

551 .... 198 551 .... 198 553 .... 199 554 .... 199 558 .... 200 563 .... 200 565 .... 201 571 .... 202 573 .... 203 575 .... 203 577 .... 204 578 .... 204 579 .... 204 580 .... 204 581 .... 205 581 .... 205 583 .... 206 593 .... 208 595 .... 209

601 .... 210 602 .... 211 609 .... 213 611 .... 214 614 .... 214 617 .... 215 622 .... 216 627 .... 216 637 .... 219 644 .... 220 XV

Inhaltsverzeichnis Rz.

13. 4051 – 4052 (Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen) ......................................................................... 14. 4053 – 4057 (Haftung Gesellschafter und Geschäftsführer) ............................................................... 15. 4058 (Deliktische Ansprüche) ......................................... 16. 4060 – 4086 (Kostenbeiträge) ............................................ a) Grundstruktur ........................................................... b) Verwertung (sonstige) immaterielle Vermögensgegenstände ................................................................ c) Verwertung Grundvermögen .................................... d) Verwertung Technische Anlagen und Maschinen ... e) Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung .... f) Verwertung Forderungen .......................................... g) Verwertung Vorräte ................................................... h) Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Betriebsvermögen) ................................................... i) Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen) ....................................................... j) Verwertung Finanzanlagen/Wertpapiere ................. k) Verwertung sonstige Vermögensgegenstände ......... 17. 4090 (Massekostenvorschuss) .......................................... 18. 4091 (Zuzahlungen Insolvenzplan) ................................. 19. Exkurs: Zuzahlungen Dritter zur Verkürzung der Restschuldbefreiung ................................................... 20. Exkurs: Massedarlehen ..................................................... 21. 4200 – 4261 (Forderungseinzug Lieferung und Leistung) ............................................................................ 22. 4290 – 4296 (Forderungseinzug/Abzüge Konditionsvereinbarung) .................................................................... 23. 4281 – 4285 (Mieteinnahmen) ........................................... 24. Exkurs: Immobilienverwaltung, Hausverwaltung und „kalte“ Zwangsverwaltung (einschl. Buchungstechnik) ... 25. 4831 (Erstattung Versicherungsprämien) ........................ 26. 4871 – 4898 (Verwertungserlöse) ...................................... a) Betriebsvermögen als freie Masse (4871 – 4880) ...... b) Betriebsvermögen als Absonderungsgut (4881 – 4890) .............................................................. c) Privatvermögen als freie Masse (4891 – 4894) .......... d) Privatvermögen als Absonderungsgut (4895 – 4898) .............................................................. 27. 4980 (Investitionszulage) ................................................. 28. 5200 – 5840 (Wareneingang) ............................................. 29. 6000 – 6120 (Lohn- und Lohnnebenkosten einschl. Insolvenzgeldvorfinanzierung) ........................................ a) Laufende Ausgaben ...................................................

XVI

Seite

651 .... 222 654 661 665 665

.... .... .... ....

223 224 225 225

673 675 678 680 682 684

.... .... .... .... .... ....

228 228 229 229 230 230

686 .... 231 688 690 692 694 697

.... .... .... .... ....

231 232 233 233 234

700 .... 235 702 .... 236 706 .... 237 713 .... 239 716 .... 239 723 735 739 740

.... .... .... ....

241 244 245 245

743 .... 246 744 .... 246 745 .... 247 746 .... 247 749 .... 248 753 .... 249 753 .... 249

Inhaltsverzeichnis Rz.

30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.

42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54.

b) Besonderheiten in der vorläufigen Verwaltung (u. a. Insolvenzgeldvorfinanzierung) ....................... c) Besonderheiten nach Freistellung (u. a. Differenzlöhne) ......................................................................... 6300 – 6301 (Sonstige betriebliche Aufwendungen und Gebühren) .................................................................. 6303/6306 (Fremdleistungen) .......................................... 6307 (Kosten Transfergesellschaften) ............................. 6305/6310 – 6350 (Miete, Raumkosten u. a.) ................... 6360 – 6361 (Ausgaben im Kontext Nachfolgegesellschaft) ....................................................................... 6400 – 6430 (Versicherungen und Beiträge) ..................... 6450 – 6495 (Reparaturen und Instandhaltungen) ........... 6497 – 6499 (Anschaffungen, Leasing, Mietkauf) ............ 6500 (Fahrzeugkosten) ..................................................... 6600 – 6650 (Werbe- und Reisekosten) ............................ 6700 – 6815 (Weitere Betriebsausgaben) .......................... 6825/6826/6828/6840 (Rechts- und Beratungskosten sowie Kosten der Rechtsverfolgung) ............................... a) Rechts- und Steuerberatung im Allgemeinen (6825) ......................................................................... b) Gerichtskosten (6840) ............................................... c) Sonstige Kosten der Rechtsverfolgung (6826) ........ d) Kostenfestsetzungen (Einnahmen/Ausgaben) ........ 6827 (Abschluss- und Prüfkosten) .................................. 6830 (Buchführungskosten) ............................................. 6832 (Lohnbuchführungskosten) .................................... 6850 (Sonstiger Betriebsbedarf) ....................................... 6851 (Masseverbindlichkeiten bei Nachlassinsolvenz, § 324 InsO) ....................................................................... 6855 (Nebenkosten des Geldverkehrs) ........................... 6859 (Abraum- und Abfallbeseitigung) ........................... 6880 (Kursdifferenzen) .................................................... 6901 (Ausgaben ungerechtfertigte Bereicherung) .......... 7100/7300 (Zinsen – Einnahmen und Ausgaben) ........... 7501 – 7511 (Verfahrenskosten gemäß § 54 InsO) .......... 7515 (Ausgaben Insolvenzverbindlichkeiten) ................. 7520 – 7526 (Auskehrungen Drittrechte) einschl. Buchungstechnik ............................................................... a) Grundstruktur der Hauptkonten und Problem der Strukturziffern ..................................................... b) Vollständigkeit der Hauptkonten/fehlende Hauptkonten .............................................................. c) Buchungstechnik ....................................................... aa) Verwertung durch Insolvenzverwalter ............

Seite

758 .... 250 762 .... 251 765 767 777 780

.... .... .... ....

252 252 255 255

785 790 793 795 802 804 806

.... .... .... .... .... .... ....

256 257 258 258 259 260 260

808 .... 260 808 821 824 826 831 835 840 843

.... .... .... .... .... .... .... ....

260 264 265 265 266 266 267 268

844 849 851 852 856 860 865 879

.... .... .... .... .... .... .... ....

268 270 270 270 271 272 273 276

881 .... 276 881 .... 276 887 .... 278 888 .... 280 889 .... 280

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz.

55. 56. 57. 58.

bb) Verwertung durch Absonderungsgläubiger .... 7530 – 7536 (Abfindungen Drittrechte) ........................... 7540 (Unterhalt des Schuldners) ..................................... 7560 – 7585 (Abschlags- und Schlussverteilung einschl. Sozialplan und Motivationsrabatt) ................................... 7600 – 7686 (Steuern – Einnahmen und Ausgaben) ........

Seite

894 .... 281 896 .... 282 907 .... 285 911 .... 286 919 .... 289

H. Grundzüge der Umsatzsteuer ................................................ 934 .... 295 I.

Einleitung .................................................................................. 934 .... 295

II. Allgemeines Prüfungsschema .................................................. 1. Unternehmereigenschaft .................................................. a) Allgemeine Tatbestandsmerkmale ............................ b) Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft ....... c) Besonderheiten bei § 35 Abs. 2 InsO („Freigabe“ eines Geschäftsbetriebs) ............................................ 2. Steuerbarer Vorgang ......................................................... a) Allgemeines ................................................................ b) Geschäftsveräußerung im Ganzen ............................ c) Verwertung von Sicherungsgut und Kostenbeiträge – Vorbemerkung .......................................... d) Verwertung von Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens ............................................ e) Verwertung von Sicherungsgut (außer Grundstücken) innerhalb des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter unter Einbehalt gesetzlicher Kostenbeiträge ...................................... f) Unterfall: Übernahme durch den Absonderungsgläubiger (§ 168 Abs. 3 InsO) .................................. g) Verwertung durch den Absonderungsgläubiger nach Überlassung durch den Insolvenzverwalter (§ 170 Abs. 2 InsO) ................................................... h) Verwertung durch den besitzenden Absonderungsgläubiger (§ 173 InsO) .............................................. i) Verwertung eines Grundstücks sowie „kalte“ Zwangsverwaltung/frei ausgehandelter Kostenbeitrag ............................................................. j) Frei ausgehandelte Kostenbeiträge im Übrigen/ Abweichen von gesetzlichen Kostenbeiträgen ........ k) Kostenbeiträge in der vorläufigen Verwaltung ........ l) Nutzung von Sicherungsgut im eröffneten Verfahren .................................................................... m) Nutzung von Sicherungsgut in der vorläufigen Verwaltung ................................................................. 3. Steuerbefreiungen .............................................................

XVIII

939 939 939 942

.... .... .... ....

296 296 296 297

944 951 951 953

.... .... .... ....

298 300 300 300

957 .... 301 960 .... 302

962 .... 302 978 .... 306

981 .... 308 983 .... 308

987 .... 309 991 .... 310 992 .... 311 993 .... 311 995 .... 311 996 .... 312

Inhaltsverzeichnis Rz.

4.

5. 6. 7. 8.

Steuersatz ........................................................................... 999 a) Regelsteuersatz und ermäßigter Steuersatz ............. 999 b) Durchschnittssteuersätze ........................................ 1002 c) Änderung des Steuersatzes ..................................... 1003 Bemessungsgrundlage ..................................................... 1004 Steuerbetrag ..................................................................... 1005 Entstehung der Umsatzsteuer (Soll-/ Ist-Besteuerung) ............................................................. 1006 Vorsteuerabzug ............................................................... 1009

III. Umsatz- und Vorsteuerkorrektur im Allgemeinen .............. 1. Allgemeine Grundsätze (§ 17 UStG) ............................ 2. Erfüllungswahlrecht (§ 103 InsO) ................................. a) Ablehnung der Erfüllung ........................................ b) Wahl der Erfüllung .................................................. 3. Vorsteuerkorrektur nach Anfechtung einer vorinsolvenzlichen Zahlung ............................................ 4. Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG (Grundzüge) .... 5. Steuerberichtigung nach § 14c UStG (Grundzüge) ...... IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens – zweifache Umsatzsteuerberichtigung) ..... 1. Allgemeine Grundsätze und historischer Problemaufriss ............................................................................... a) Ist-besteuerter Schuldner ........................................ b) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag Insolvenzeröffnung .................................................................. c) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag „starke“ vorläufige Verwaltung ............................................. d) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag „schwache“ vorläufige Verwaltung ............................................. 2. Abschn. 17.1 Abse. 11 ff. UStAE ................................... a) Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung ..................................................................... b) Anordnung der „starken“ vorläufigen Verwaltung ..................................................................... c) Eröffnung des Verfahrens ohne vorläufige Verwaltung (allgemeine Grundsätze) ..................... d) Zusammenfassung ................................................... e) Vereinnahmung (vorinsolvenzlich) wertberichtigter Forderungen in der vorläufigen Verwaltung .......... f) Vereinnahmung während der vorläufigen Verwaltung wertberichtigter Forderungen in der vorläufigen Verwaltung ..................................... g) Regelungen für den Rechnungsempfänger (Debitor) ..................................................................

1019 1019 1026 1027 1029

Seite

.... .... .... .... .... ....

313 313 313 314 314 315

.... 315 .... 316 .... .... .... .... ....

319 319 320 320 321

1031 .... 321 1033 .... 322 1036 .... 323 1038 .... 324 1038 .... 324 1038 .... 324 1039 .... 325 1047 .... 326 1050 .... 327 1058 .... 329 1059 .... 329 1061 .... 330 1063 .... 331 1063 .... 331 1068 .... 333

1070 .... 333 1072 .... 334

XIX

Inhaltsverzeichnis Rz.

3.

h) Regelungen für die Gläubiger (Kreditoren) ........... i) Besonderheiten bei Eigenverwaltung ..................... Auswirkungen von § 55 Abs. 4 InsO ............................. a) § 55 Abs. 4 InsO als Rangvorschrift ....................... b) BMF-Schreiben zu § 55 Abs. 4 InsO ..................... c) Besonderheiten bei Bestellung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters vor dem 1.1.2015 .................................................................... d) Besonderheiten bei Eigenverwaltung .....................

V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge) .................................... 1. Übersicht ......................................................................... 2. Steuerermittlungsverfahren ............................................ 3. Steuerfestsetzungsverfahren ........................................... 4. Veranlagungszeitraum .................................................... a) Kalenderjahr ............................................................. b) Voranmeldungen und Vorauszahlungen ................ 5. Festsetzungsverjährung .................................................. 6. Kleinunternehmerprivileg ............................................... 7. Steuererhebungsverfahren .............................................. 8. Fakultative Verfahren .....................................................

1073 1075 1078 1078 1082

Seite

.... .... .... .... ....

334 335 336 336 337

1179 .... 359 1184 .... 360 1187 1187 1188 1189 1192 1192 1194 1198 1202 1203 1208

.... .... .... .... .... .... .... .... .... .... ....

361 361 361 361 363 363 363 365 365 366 367

I.

Auswertungen ........................................................................ 1209 .... 369

I.

Gemeinsamkeiten zum Auswertungsaufbau ......................... 1209 .... 369

II. Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters ......... 1223 .... 373 III. Zwischenrechnung im eröffneten Verfahren ........................ 1229 .... 374 IV. Schlussrechnung zum eröffneten Verfahren ......................... 1232 .... 375 1. Allgemeines ..................................................................... 1232 .... 375 2. Standardisierte Schlussrechnung (ZEFIS) ..................... 1239 .... 376 V. Fortgeführte Schlussrechnung ............................................... 1243 .... 381 J.

(Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut ............................................................................ 1246 .... 383

I.

Masseunzulänglichkeit – Einleitung ...................................... 1246 .... 383

II. Führung einer Massetabelle ................................................... 1250 .... 384 III. Zahlungsverkehr ..................................................................... 1256 .... 386 IV. Weitere Auswirkungen ........................................................... 1257 .... 386 V. Erneute und wiederholte Masseunzulänglichkeit ................. 1259 .... 387 VI. Gesonderte Rechnungslegung ............................................... 1262 .... 388

XX

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

VII. Drohende Masseunzulänglichkeit ......................................... 1265 .... 389 VIII. Massearmut ........................................................................... 1266 .... 389 IX. Massetabelle als Bestandteil des Schlussberichts .................. 1268 .... 389 X. Besonderheiten bei Eigenverwaltung .................................... 1270 .... 390 K. Insolvenzplan ......................................................................... 1274 .... 391 I.

Grundsätzliches ...................................................................... 1274 .... 391

II. Dauer der Rechnungslegungspflicht – Schlussrechnung ..... 1275 .... 391 III. Verwendung des liquiden Massebestandes des Insolvenzverwalters ................................................................................ 1282 .... 393 IV. Vereinbarte Tätigkeiten nach Verfahrensaufhebung ............ 1285 .... 394 V. Planüberwachung .................................................................... 1286 .... 394 VI. Kreditrahmen/Vorrangforderungen (§ 264 InsO) ............... 1288 .... 395 L.

Prüfung des Rechnungswesens ............................................ 1290 .... 397

I.

Internes Kontrollwesen – interner Nutzen ........................... 1290 .... 397 1. Allgemeine Erwägungen ................................................. 1290 .... 397 2. Eigenständige Revisionsabteilung .................................. 1295 .... 398

II. Prüfung durch das Insolvenzgericht ...................................... 1297 .... 405 III. Prüfung durch den Gläubigerausschuss ................................ 1. Einführung ....................................................................... 2. Prüfungsumfang .............................................................. 3. Vergütung der Ausschussmitglieder (aus buchhalterischer Sicht) ...........................................

1306 .... 408 1306 .... 408 1312 .... 411 1317 .... 412

IV. Prüfung durch die Gläubigerversammlung ........................... 1321 .... 413 V. Prüfung durch Sachverständige ............................................. 1. Beauftragung durch das Insolvenzgericht ..................... 2. Beauftragung durch Mitglieder des Gläubigerausschusses ...................................................................... 3. Beauftragung auf Initiative der Gläubigerversammlung ................................................................... 4. Prüfungsumfang .............................................................. 5. Sachverständigenvergütung aus buchhalterischer Sicht ................................................................................. a) Beauftragung durch das Insolvenzgericht .............. b) Beauftragung durch Gläubigerausschussmitglieder ................................................................. c) Beauftragung für die Gläubigerversammlung ........

1326 .... 415 1326 .... 415 1338 .... 419 1343 .... 420 1344 .... 420 1345 .... 420 1345 .... 420 1348 .... 421 1354 .... 422 XXI

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

VI. Prüfung durch den Schuldner ................................................ 1356 .... 423 M. Besonderheiten bei Verwalterwechsel ................................ 1360 .... 425 I.

Massebegriff/Übernahme Geldbestände .............................. 1361 .... 425

II. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) ............................................. 1366 .... 426 III. Schlussrechnung des Amtsvorgängers .................................. 1374 .... 428 Stichwortverzeichnis ................................................................................... 431

XXII

Literaturverzeichnis Kommentare, Handbücher, Monographien Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021, 2021 Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 4. Band: Materialien zur Konkursordnung (1881), Neudruck 1983 (zit.: Hahn, Materialien zur Konkursordnung) Jaeger Kommentar zur InsO, Band 5/1 (§§ 148 – 155), 2016 (zit.: Jaeger/Bearbeiter, InsO) Kübler/Prütting (Hrsg.) Das neue Insolvenzrecht, RWS-Dok. 18, 2. Aufl., 2000 (zit.: Kübler/Prütting, RWS-Dok. 18) Oepen Massefremde Masse, 1999 Uhlenbruck/Hirte/Vallender Kommentar zur Insolvenzordnung, 15. Aufl., 2019 (zit.: Uhlenbruck/Bearbeiter, InsO) Zimmer Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, 2008 Zimmer Kommentar zur InsVV, 2. Aufl., 2021 Aufsätze und Beiträge Bork Zur Anwendung des § 181 BGB bei der Einrichtung eines Doppeltreuhandkontos, NZI 2005, 530 Büttner Eine fehlende Einzelermächtigung und die Folgen für die Schlussrechnung, ZInsO 2020, 810 Cranshaw Anderkonto, Insolvenz-Sonderkonto und Zahlungsdienstleister, NZI 2019, 609 Eble Der Gruppenkoordinator in der reformierten EuInsVO – Bestellung, Abberufung und Haftung, ZIP 2016, 1619

XXIII

Literaturverzeichnis

Franke/Goth/Firmenich Die (gerichtliche?!) Schlussrechnungsprüfung im Insolvenzverfahren – zwischen Legalitäts- und Legitimitätskontrolle, ZInsO 2009, 123 Frind Treuhandkonto – geeignete Umgehung der „Einzelermächtigung“?, ZInsO 2005, 1296 Frind Bedeutung und Stellenwert von Beraterkosten im Eigenverwaltungsverfahren, ZIP 2019, 1945 Ganter Betriebsfortführung im Insolvenzeröffnungs- und Schutzschirmverfahren, NZI 2012, 433 Ganter Die „erneute Masseunzulänglichkeit“, NZI 2019, 7 Ganter Besondere Kontoformen zum Schutz von Aus- und Absonderungsrechten, NZI 2019, 873 Graeber/Graeber Zur Zulässigkeit der Beauftragung externer Schlussrechnungsprüfer durch Insolvenzgerichte, NZI 2014, 298 Gutmann Grundsätze ordnungsgemäßer Planungsrechnungen in Restrukturierung und Insolvenz, NZI 2022, 457 Haarmeyer/Basinski/Hillebrand/Weber Durchbruch in der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung – Bericht über den aktuellen Stand der Forschungsgruppe „Schlussrechnung“ des Rheinland-Pfälzischen Zentrums für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis (ZEFIS), ZInsO 2011, 1874 Haarmeyer/Hillebrand Insolvenzrechnungslegung, Diskrepanz zwischen gesetzlichem Anspruch und Wirklichkeit, Teil I, ZInsO 2010, 412 Haarmeyer/Hillebrand Insolvenzrechnungslegung, Diskrepanz zwischen gesetzlichem Anspruch und Wirklichkeit, Teil II, ZInsO 2010, 702 Haertlein Die Einschaltung privater Sachverständiger bei der Schlussrechnungsprüfung durch das Insolvenzgericht (§ 66 II 1 InsO), NZI 2009, 577 Hebenstreit Prüfung der Schlussrechnungen durch das Insolvenzgericht, ZInsO 2013, 276

XXIV

Aufsätze und Beiträge

Heerma/Rinck Banken als Hinterlegungsstellen im Insolvenzverfahren – Schutzpflichten und Kontenausgestaltung, ZIP 2019, 2000 Heni Rechnungslegung im Insolvenzverfahren – Zahlenfriedhöfe auf Kosten der Gläubiger?, ZInsO 1999, 609 Hillebrand Rechnungslegung in der Eigenverwaltung, ZInsO 2018, 1650 Horstkotte/Martini Die Einzelermächtigung – ein zusätzliches Haftungsrisiko?, ZInsO 2010, 750 Kahlert Ein neuer Schöpfungsakt des V. BFH-Senats zur Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren und seine Entschlüsselung, ZIP 2015, 11 Küpper/Heinze Neues zu den Betriebsausgaben im Rahmen der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters, ZInsO 2010, 214 Lackhoff/Vogel Hat ein Massegläubiger Anspruch auf Einsicht in die Insolvenzakten?, ZInsO 2011, 1974 Langer/Bausch Die fortschreibende Rechnungslegung im Rahmen standardisierter Gutachten und Zwischenberichte – Ein Beitrag des AG Aachen zur Arbeitserleichterung und Qualitätssicherung im Insolvenzverfahren, ZInsO 2011, 1287 Langer/Bausch Anforderungen des Insolvenzgerichts Aachen an die Berichte und die Schlussrechnungslegung in der Eigenverwaltung, ZInsO 2018, 1138 Laroche Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter, NZI 2010, 965 Madaus Grundlagen und Grenzen der Bestellung von Sachverständigen in der gerichtlichen Schlussrechnungsprüfung, NZI 2012, 119 Pott Verjährung von Sozialansprüchen in der Insolvenz, NZI 2015, 539 Reck Inhalte und Grundsätze der Schlussrechnungsprüfung, ZInsO 2008, 495

XXV

Literaturverzeichnis

Rickert/Tielmann/Trostheide Besteuerung in der vorläufigen Eigenverwaltung – Ausgewählte Folgen der Neufassung des § 55 IV InsO, NZI 2022, 463 Runkel Verjährungsproblematiken im Insolvenzverfahren, in: Festschrift Kübler (2015), S. 595 Saager/d’Avoine/Berg Die praktische Ausgestaltung des Insolvenz-Sonderkontos, ZIP 2019, 2041 Schirmer Kosten für einen externen Kassenprüfer im Insolvenzverfahren – Auslagen oder Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO?, DStR 2012, 733 Scholz/Hölken Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) durch die subsidiäre Kostentragungslast bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach §§ 171, 172 HGB durch den Insolvenzverwalter, ZInsO 2019, 1509 Stapper/Schädlich Betriebsfortführung durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter, ZInsO 2011, 249 Staufenbiel/Karlstedt Der Liquiditätsplan im Insolvenzverfahren, ZInsO 2010, 2059 Thole Aktuelle Fragen der Kommanditistenhaftung gem. §§ 171, 172 HGB in der Insolvenz der KG, ZRI 2020, 49 Uhlenbruck Von der Notwendigkeit richterlicher „Augenhöhe“ im Insolvenzverfahren, in: Festschrift Kübler (2015), S. 709 Vierhaus Zur Verfassungswidrigkeit der Übertragung von Rechtspflegeraufgaben auf Private, ZInsO 2008, 521 Wazlawik Die Hemmung der Verjährung nachrangiger Insolvenzforderungen, NZI 2020, 1081 de Weerth Dreifachumsatz bei Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände im eröffneten Insolvenzverfahren?, NZI 2014, 597 de Weerth Die „neue Welt“ zur Umsatzsteuer bei Insolvenz und insbesondere bei der Sicherungsgutverwertung, NZI 2015, 884 Weitzmann Rechnungslegung und Schlussrechnungsprüfung, ZInsO 2007, 449 XXVI

Aufsätze und Beiträge

Wenner/Jauch Die Verjährung von Masseverbindlichkeiten im Insolvenzverfahren bei Masseunzulänglichkeit, ZIP 2009, 1894 Werres Das Treuhandmodell – Zulässigkeit und Praxis, ZInsO 2006, 918 Wilhelm/Oppermann/Chérestal Besprechung BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361 zur Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses, ZInsO 2014, 2562 Windel Sondermassen, ZIP 2019, 441 Wipperfürth Qualitätssicherung durch den ForStaB (Fortgeschriebener Standardisierter Zwischenbericht) – Eine Zwischenbilanz im Interview mit Repräsentanten des AG Aachen, InsbürO 2014, 60 Wipperfürth Qualitätssicherung durch den ForStaB (Fortgeschriebener Standardisierter Zwischenbericht) – Eine Zwischenbilanz aus Sicht eines Insolvenzverwalters, InsbürO 2015, 51 Wipperfürth „Die Freigabe“ der selbstständigen Tätigkeit gem. § 35 Abs. 2 InsO im Lichte der Gesetzesänderungen, ZInsO 2021, 1148 Zimmer Die Vergütung des Belegprüfers aus buchhalterischer Sicht, ZInsO 2009, 1806 Zimmer Die Nachtragsverteilung in InsO und InsVV, KTS 2009, 199 Zimmer Das Tilgungsbestimmungsrecht des Insolvenzverwalters bei Erlösauskehr nach Verwertung von Absonderungsgut, ZInsO 2010, 1261 Zimmer Schlussrechnung des ausgeschiedenen Insolvenzverwalters, ZInsO 2010, 2203 Zimmer Haushaltsbegleitgesetz 2011 (§ 55 Abs. 4 InsO n. F.) – erste Anwendungsprobleme, ZInsO 2010, 2299 Zimmer Keine Haftung der Gesellschafter für Masseverbindlichkeiten in der Insolvenz der Personengesellschaft einschl. § 55 Abs. 4 InsO?, ZInsO 2011, 1081

XXVII

Literaturverzeichnis

Zimmer Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit nach § 210a InsO (ESUG), ZInsO 2012, 390 Zimmer Wann kann ein (vorläufiger) Sachwalter Gläubiger einer sonstigen Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 InsO sein? – Eigenverwaltung und Insolvenzvergütungsrecht, ZInsO 2013, 2305 Zimmer Vergütung des Insolvenzverwalters für Hausverwaltung und „kalte“ Zwangsverwaltung, InsbürO 2015, 510 Zimmer Die Rückstellung für die Treuhändervergütung und ihre (Folge-)Probleme, InsbürO 2016, 324 Zimmer Umsatzsteuersatz bei Verfahrenskosten in Insolvenzverfahren, NZI 2020, 710 Zimmer Surrogation im Vergütungsrecht – Die Erstattung von Prozesskosten und nicht verbrauchter Gerichtskosten in der Berechnungsgrundlage gem. § 1 Abs. 2 InsVV, InsbürO 2021, 229 Zimmer Prozessfinanzierung und Vergütung des Insolvenzverwalters, DZWIR 2022, 225

XXVIII

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen I. Die Beteiligten Eine Rechtsgrundlage dafür, dass ein Insolvenzverwalter laufend Rechnung zu 1 legen hat, ist in der Insolvenzordnung nicht enthalten. Es finden sich jedoch verschiedene Vorschriften, die aus unterschiedlichem Adressatenblickwinkel eine solche Rechnungslegung einfordern oder unterstellen. Im Folgenden erfolgt daher eine Darstellung von Rechtsgrundlagen, Funktionen und Aufgaben der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung, orientiert am Adressatenkreis. Dabei wird auch angedeutet, welchen Einfluss der unterschiedliche Adressatenkreis auf die Gestaltung eines insolvenzspezifischen Kontenplans hat, dessen konkrete Ausgestaltung eines der Hauptprobleme der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ist, und der in den weiteren Kapiteln sukzessive erläutert wird. 1. Perspektive Insolvenzgericht Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 InsO steht der Insolvenzverwalter unter der Auf- 2 sicht des Insolvenzgerichts. Die Norm gilt entsprechend für den vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO), den Sachwalter (§ 274 Abs. 1 InsO), den vorläufigen Sachwalter (§§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 1 InsO), den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren alten Rechts (§ 313 Abs. 1 Satz 3 InsO a. F.) in den bis zum 30.6.2014 beantragten Verfahren (Art. 103h Satz 1 EGInsO), den Treuhänder in der Wohlverhaltensphase (§ 292 Abs. 3 Satz 2 InsO), den Verfahrenskoordinator (§ 269f Abs. 3 InsO) sowie den Sonderinsolvenzverwalter1). Ob der Gruppenkoordinator (Art. 77 Abs. 1 EuInsVO) der Aufsichtspflicht eines nationalen Insolvenzgerichts oder des Koordinationsgerichts unterliegt, scheint gegenwärtig noch ungeklärt.2) Ein Restrukturierungsbeauftragter steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts (§ 75 Abs. 1 StaRUG), dies gilt ebenso für den Sanierungsmoderator (§ 96 Abs. 5 Satz 1 StaRUG). Ein eigenverwaltender Schuldner steht hingegen nicht aufgrund eines konkre- 3 ten Verweises auf § 58 InsO unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts, da er – bzw. seine Organe – nicht vom Staat als Organ der Rechtspflege oder Verwalter fremden Vermögens eingesetzt wird. Dieses Ergebnis ist jedoch unbefriedigend, da der eigenverwaltende Schuldner selbstverständlich eine maßgebliche Funktion in einem Gerichtsverfahren und entsprechende Grundsätze zu wahren hat. Zu Recht wird daher vertreten, der eigenverwaltende Schuldner handele im eröffneten Verfahren nicht mehr aufgrund privatauto___________ 1) 2)

BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – IX ZB 303/05, ZIP 2008, 1294. Eble, ZIP 2016, 1619, 1623.

1

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

nomer Rechtsmacht, sondern als Amtswalter in eigenen Angelegenheiten;3) dies macht auch eine Anwendung des § 58 InsO auf den Schuldner möglich und notwendig.4) Nach hier vertretener Ansicht muss § 58 InsO auch schon für den vorläufig eigenverwaltenden Schuldner gelten, auch wenn der vorläufig eigenverwaltende Schuldner noch nicht als Amtswalter in eigenen Angelegenheiten handelt.5) Denn durch den Verzicht auf ein allgemeines Verfügungsverbot und auf die Bestellung eines mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters soll lediglich vermieden werden, dass der Schuldner im Eröffnungsverfahren die Kontrolle über sein Vermögen verliert und das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung des Schuldners und deren Sanierungskonzept zerstört wird.6) Dem steht eine Aufsicht durch das Insolvenzgericht ersichtlich nicht entgegen. Außerdem benötigt auch der vorläufig eigenverwaltende Schuldner für die Begründung von Masseverbindlichkeiten eine Ermächtigung des Insolvenzgerichts (§ 270c Abs. 4 Satz 1 InsO);7) dies wäre sinnfrei, wenn nicht auch eine Aufsicht des Insolvenzgerichts gälte. 4 Das Gericht kann gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung vom Insolvenzverwalter verlangen, was für den Insolvenzverwalter, der einen Insolvenzplan zu überwachen hat, nochmals in § 261 Abs. 2 Satz 2 InsO wiederholt wird (für einen planüberwachenden Sachwalter gilt selbiges, wenngleich die Formulierung in § 284 Abs. 2 InsO unvollständig ist). Da sich diese Auskunftsverpflichtung naturgemäß auf die Abwicklung des Insolvenzverfahrens bezieht, zu der die Verwertung des schuldnerischen Vermögens und ggf. eine Betriebsfortführung gehören, dürfte selbstverständlich sein, dass eine Berichterstattung in Textform um eine Unterlegung mit Zahlen zu ergänzen ist, was eine laufende Buchführung im Insolvenzverfahren erfordert. Verstöße des Insolvenzverwalters können durch die Maßnahmen der §§ 58 Abs. 2 Satz 1, 59 InsO sanktioniert werden. Unterlässt der Insolvenzverwalter die (Vorlage einer) Rechnungslegung und reagiert er auch nicht auf Zwangs-

___________ 3)

4) 5) 6) 7)

2

BFH, Urt. v. 27.9.2018 – V R 45/16, Tz. 30, ZIP 2018, 2232 = BStBl. II 2019, 356; BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole). A. A. Hillebrand, ZInsO 2018, 1650, 1651; Langer/Bausch, ZInsO 2018, 1138. BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole); BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, Tz. 21, ZRI 2020, 477. BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 9, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole). §§ 270 – 270c InsO ersetzt durch §§ 270 – 270f InsO durch Art. 5 Nr. 37 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) v. 22.12.2020 (BGBl. I 2020, 3256). Zu § 270a InsO in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung: BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole). Zu § 270b InsO in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung: BGH, Beschl. v. 24.3.2016 – IX ZR 157/14, ZIP 2016, 831; BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 114/15, ZIP 2016, 1295.

I. Die Beteiligten

geldfestsetzungen, kann die unterlassene Rechnungslegung sogar die Entlassung des Insolvenzverwalters rechtfertigen.8) Außerdem hat das Insolvenzgericht die Schlussrechnung des Insolvenzver- 5 walters zu prüfen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 InsO). Gleiches gilt für die Schlussrechnungen des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO) sowie des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren alten Rechts (§ 313 Abs. 1 Satz 3 InsO a. F.) in den bis zum 30.6.2014 beantragten Verfahren (Art. 103h Satz 1 EGInsO). Zwar ist Adressat der Schlussrechnung die Gläubigerversammlung (§ 66 Abs. 1 InsO), jedoch obliegt dem Insolvenzgericht die Vorprüfung (§ 66 Abs. 2 Satz 1 InsO). Da sich die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters nach §§ 56, 58, 59 InsO richtet9) und auch § 57 InsO in Betracht kommen kann,10) und weil sich die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters nach §§ 63 – 65 InsO richtet,11) muss zwangsläufig auch § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten. Hinsichtlich des Verfahrenskoordinators enthält § 269f InsO keinen Verweis auf § 66 InsO, da diesem Amtsträger keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zusteht, sodass eine Rechnungslegung entfällt; seine Vergütung berechnet sich nach den Berechnungsgrundlagen der koordinierten Verfahren (§ 269g Abs. 1 Satz 2 InsO). Auch den Gruppenkoordinator nach Art. 77 Abs. 1 EuInsVO trifft mangels Verfügungsbefugnis keine Rechnungslegungspflicht. Ob den Restrukturierungsbeauftragten eine Rechnungslegungspflicht trifft, hängt von den ihm übertragenen Aufgaben ab, z. B. Übertragung der Kassenführungsbefugnis (§ 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. b StaRUG). Für den Sanierungsmoderator ist eine Rechnungslegungspflicht derzeit nicht ersichtlich. Für die Schlussrechnung des Treuhänders in der Wohlverhaltensphase ist das Insolvenzgericht originärer Adressat (§ 292 Abs. 3 Satz 1 InsO), da es in diesem Verfahrensstadium keine Gläubigerversammlung mehr geben kann. Zwar findet sich hier kein Verweis auf § 66 InsO, jedoch muss schon wegen § 58 InsO aus § 292 Abs. 3 Satz 1 InsO abgeleitet werden, dass das Insolvenzgericht diese Schlussrechnung nicht nur zur Akte nehmen, sondern auch prüfen muss. Hinsichtlich der Besonderheiten in der Eigenverwaltung sei auf Rz. 37 verwiesen.

___________ 8) 9) 10) 11)

BGH, Beschl. v. 12.1.2012 – IX ZB 157/11, ZIP 2012, 1092. BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – IX ZB 303/05, Rz. 18, ZIP 2008, 1294. Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 163 ff. BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – IX ZB 303/05, Rz. 11, ZIP 2008, 1294; BGH, Beschl. v. 26.3.2015 – IX ZB 62/13, ZIP 2015, 1034; BGH, Beschl. v. 14.1.2021 – IX ZB 27/18, ZIP 2021, 531, dazu EWiR 2021, 307 (Zimmer); BGH, Beschl. v. 11.11.2021 – IX ZB 13/21, ZRI 2022, 32.

3

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

6

Merke: Im Wesentlichen aus der Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts und dessen Pflicht zur (Vor-)Prüfung der Schlussrechnung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters bzw. anderer Verpflichteter ist abzuleiten, dass sich das Insolvenzgericht nicht nur eine Berichterstattung in Textform, sondern auch eine Rechnungslegung vorlegen lassen kann (Zwischenberichte) bzw. muss (Schlussrechnung). Wie eine solche Rechnungslegung auszusehen hat, ist jedoch nicht kodifiziert, sodass auch aufseiten interessierter Insolvenzgerichte eine Standardisierung der Rechnungslegung gewünscht wird. 2. Perspektive Insolvenzgläubiger

7 Das Insolvenzverfahren dient als Gesamtvollstreckungsverfahren (als Gegenstück zur Einzelzwangsvollstreckung) der Befriedigung der Insolvenzgläubiger, d. h. jenen Gläubigern, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§§ 1, 38 InsO). 8

Merke: Der einzelne Insolvenzgläubiger hat außerhalb einer Gläubigerversammlung keinen Informationsanspruch gegen den Insolvenzverwalter, sofern es nicht seine Tabellenforderung betrifft (§§ 174 ff. InsO).

9 Nach der Konzeption der Insolvenzordnung finden eine Information der Insolvenzgläubiger und eine Ausübung von Mitwirkungsrechten ausschließlich in den Gläubigerversammlungen statt. Da jedoch jeder Insolvenzgläubiger ein Recht auf Einsicht in die Gerichtsakte hat, werden den Insolvenzgläubigern zur Entlastung der Insolvenzgerichte regelmäßig Informationen zur Verfügung gestellt, die sie über den Verfahrensablauf informieren. Eine unmittelbare bzw. rechtliche Auswirkung auf die interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters hat dies jedoch nicht, insbesondere besteht außerhalb einer Gläubigerversammlung kein Anspruch auf Einsicht in die Rechnungslegung oder auf Auswertungen hieraus. Hieran hat sich auch durch Einführung des § 5 Abs. 5 InsO in den ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren nichts geändert. 10 Da die Insolvenzordnung verschiedene Arten von Insolvenzgläubigern kennt, sollte allerdings ein insolvenzspezifischer Kontenplan differenzieren können, an welche Gläubiger- bzw. Ranggruppe gezahlt wurde. Da die Buchführung in einem Insolvenzverfahren bis zur Auflösung aller Verfahrenskonten fortzuführen ist, müssen auch Konten für Abschlagsverteilungen bzw. die Schlussverteilung und ggf. eine Nachtragsverteilung zur Verfügung stehen. Hierin liegt eine gravierende Abweichung von einem handelsrechtlichen Kontenplan, der keine Rangfolge unter den Gläubigern kennt und zudem Auszahlungen an Gläubiger i. d. R. (Bilanzierung) nicht als Aufwand erfasst (was schon bei Einbuchung der Verbindlichkeit erfolgte), während eine insolvenzrechtliche Buchführung derartige Unterscheidungen zwischen Aufwand, Aus4

I. Die Beteiligten

zahlung und Ausgabe nicht kennt, dafür aber Zahlungen an Aus- und Absonderungsgläubiger separat ausweisen muss. 11

Der insolvenzspezifische Kontenplan sollte differenzieren können zwischen Zahlungen an: x

(einfache) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 38 InsO;

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO (seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der einfachen Insolvenzgläubiger);

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Insolvenzverfahren entstehen);

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten);

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO (Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners);

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen);

x

(nachrangige) Insolvenzgläubiger i. S. d. § 39 Abs. 2 InsO (Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart wurde).

3. Perspektive Gläubigerversammlung Die Gläubigerversammlung ist originärer Adressat der Schlussrechnung 12 (§§ 66 Abs. 1, 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Sie kann dem Insolvenzverwalter ferner durch Beschluss aufgeben, zu bestimmten Zeiten während des Verfahrens Zwischenrechnung zu legen (§ 66 Abs. 3 Satz 1 InsO). Davon macht die Gläubigerversammlung allerdings nur selten Gebrauch, da bereits das Gericht eine regelmäßige Berichterstattung einfordert. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass hierfür lediglich ein Zwischenbericht zu Händen des Insolvenzgerichts einzureichen ist, dem auch Zahlenmaterial beizufügen ist; eine Prüfungspflicht analog § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO ist damit nicht verbunden, sodass eine Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts erst mit Einreichung der Schlussrechnung entsteht. Sollte aber die Gläubigerversammlung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 InsO Zwischenrechnungen einfordern, besteht die Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts für jede Zwischenrechnung, weshalb auch Insolvenzgerichte wenig Interesse an einem solchen Beschluss der Gläubigerversammlung haben. Wenn nach § 66 Abs. 3 Satz 1 InsO Zwischenrechnungsle5

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

gung eingefordert wird, scheint es denklogisch, auch regelmäßige Gläubigerversammlungen einzuberufen, da ansonsten überhaupt kein Adressat für diese Zwischenrechnungen existiert. 13 Außerdem ist die Gläubigerversammlung gemäß § 79 Satz 1 InsO berechtigt, vom Insolvenzverwalter einzelne Auskünfte und einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung zu verlangen. Da dies in obligatorischen Gläubigerversammlungen ohnehin selbstverständlich ist, entfaltet § 79 Satz 1 InsO nur Bedeutung für fakultative Gläubigerversammlungen. Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, kann die Gläubigerversammlung den Geldverkehr und Geldbestand des Insolvenzverwalters prüfen lassen (§ 79 Satz 2 InsO). Die praktische Bedeutung dieser Norm ist gering. Die Gläubigerversammlung müsste hierfür einen Beschluss des Inhalts fassen, dass der Insolvenzverwalter beauftragt wird, seinerseits einen externen Rechnungsprüfer zu beauftragen, denn die Gläubigerversammlung ihrerseits ist weder rechtsfähig noch zur Begründung von Masseverbindlichkeiten befugt. Gleichwohl ist die Norm nicht unbedeutend, da sie es ermöglicht, den Geldverkehr und -bestand etwas intensiver als durch das Insolvenzgericht prüfen zu lassen, ohne gleich die Einsetzung eines Gläubigerausschusses beschließen zu müssen. Es erstaunt, dass hiervon kaum Gebrauch gemacht wird. 14 Die eigentliche Bedeutung der Gläubigerversammlung ergibt sich aus ihrem Recht, im Berichtstermin über die Fortführung oder Stilllegung des schuldnerischen Unternehmens beschließen zu können (§ 157 Satz 1 InsO) oder den Insolvenzverwalter mit der Erstellung eines Insolvenzplans zu beauftragen (§ 157 Satz 2 InsO). Dies geschieht aufgrund vorheriger Berichterstattung des Insolvenzverwalters über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und die Aussichten, das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen zu erhalten (§ 156 Abs. 1 InsO). Zumindest die Abwicklungs- bzw. Fortführungserfolge bis zum Berichtstermin können anhand einer insolvenzspezifischen Buchführung (auch Verwalterbuchführung oder Insolvenzbuchführung) dargestellt werden. Zwingend ist dies jedoch nicht, da auch auf die handelsrechtliche Buchführung abgestellt werden kann, die gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO vom Insolvenzverwalter zu veranlassen und zudem für eine in die Zukunft gerichtete Planungsrechnung einzig maßgeblich heranzuziehen ist. 15

Merke: Sofern die Gläubigerversammlung keine regelmäßige Zwischenrechnungslegung des Insolvenzverwalters beschließt, ist sie lediglich Adressat der Schlussrechnung. Sie kann jedoch regelmäßig den Geldverkehr und -bestand durch externe Sachverständige bzw. Dienstleister prüfen lassen, ohne allein hierfür die Einsetzung eines Gläubigerausschusses beschließen zu müssen. 4. Perspektive Gläubigerausschuss

16 Die Gläubigerversammlung, der so viele Rechte zugesprochen werden, ist lediglich während eines Gerichtstermins existent, teilweise also nur für wenige 6

I. Die Beteiligten

Minuten. Dies ist zur Wahrung von Gläubigerautonomie i. S. e. Mitgestaltung des Verfahrensablaufs nicht hinreichend. Daher kann die Gläubigerversammlung beschließen, dass ein Gläubigerausschuss eingesetzt werden soll (§ 68 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dessen Aufgaben werden in § 69 InsO wie folgt beschrieben: § 69 InsO 1

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. 2Sie haben sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten sowie die Bücher und Geschäftspapiere einsehen und den Geldverkehr und Geldbestand prüfen zu lassen.

Dies setzt theoretisch nicht einmal das Vorhandensein einer Verwalterbuch- 17 führung voraus, da eine handelsrechtliche Buchführung ausreichen würde. Soweit die „großen“ Themen, wie z. B. Betriebsfortführung, übertragende Sanierung oder Insolvenzplan im Raum stehen, kann ohnehin nur das handelsrechtliche Rechenwerk sinnvoll herangezogen werden. Daher ist die Prüfung der Verwalterbuchführung oftmals nur eine Prüfung der Vollständigkeit der Belege, nicht aber eine korrekte Zuordnung zu Sachkonten nach insolvenz(vergütungs)rechtlichen Kriterien oder eine Aufdeckung haftungsrelevanter Sachverhalte. Ferner haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters zu prüfen (§ 66 Abs. 2 Satz 2 InsO). Auch hier fokussiert sich die Prüfungshandlung meist auf das Belegwesen, insbesondere werden die vergütungsrechtlichen Zuordnungen kaum hinterfragt. Sofern die Gläubigerversammlung dem Insolvenzverwalter aufgegeben hat, zu bestimmten Zeitpunkten während des Verfahrens Zwischenrechnung zu legen, greift auch insoweit die Prüfungspflicht der Ausschussmitglieder (§ 66 Abs. 3 Satz 2 InsO). Für die Mitglieder des im Insolvenzeröffnungsverfahren eingesetzten vorläu- 18 figen Gläubigerausschusses gilt § 69 InsO entsprechend (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO). Mangels Verweisung auf § 66 InsO hat der vorläufige Gläubigerausschuss jedoch nicht das Recht bzw. die Pflicht, die Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters zu prüfen. Dies ist konsequent, da das Amt der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses ebenfalls mit Beendigung des Eröffnungsverfahrens endet. Die Prüfungspflicht des vorläufigen Gläubigerausschusses beschränkt sich daher auf den laufenden Geldverkehr, nicht aber auf eine Endabrechnung. Das Ergebnis ist unbefriedigend, über nachlaufende Pflichten müsste diskutiert werden. Im eröffneten Insolvenzverfahren kann das Gericht noch vor der ersten 19 Gläubigerversammlung einen einstweiligen Gläubigerausschuss einsetzen (§ 67 Abs. 1 InsO). Für diesen Ausschuss gilt aufgrund der Gesetzessystematik auch ohne ausdrückliche Verweisung § 69 InsO unmittelbar. Da sein Amt in der ersten Gläubigerversammlung endet, sofern die Gläubigerversammlung keine Beibehaltung eines (endgültigen) Gläubigerausschusses beschließt, kann der einstweilige Gläubigerausschuss denklogisch nicht die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegt, prüfen. 7

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

Nicht geregelt ist, ob dieser einstweilige Gläubigerausschuss die Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu prüfen hat. Liegt eine solche Schlussrechnung in dieser Phase zwischen Insolvenzeröffnung und erster Gläubigerversammlung (Berichtstermin) bereits vor, dürfte eine Prüfungspflicht greifen, damit sich die anschließende Gläubigerversammlung (Berichtstermin) gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 InsO auf eine entsprechende Vorprüfung verlassen kann. Wird eine solche Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters jedoch erst nach dem Berichtstermin erstellt, dürfte für deren Prüfung erst der – soweit eingesetzt – endgültige Gläubigerausschuss zuständig sein. Hier wäre zu überlegen, dem vorläufigen Insolvenzverwalter grundsätzlich aufzugeben, seine Schlussrechnung bis zum Berichtstermin zu erstellen. Zum einen ist die Erstellung ohnehin bei Amtsbeendigung des vorläufigen Insolvenzverwalters fällig, d. h. mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, zum anderen ist dann die erste Gläubigerversammlung (i. d. R. Berichtstermin) regelmäßiger Adressat einer solchen Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters. Diese Gläubigerversammlung sollte sich darauf verlassen können, dass eine solche Schlussrechnung dann auch schon vom einstweiligen Gläubigerausschuss geprüft wurde. So, wie § 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO die Erörterung der Schlussrechnung im Schlusstermin vorgibt, sollte auch im Berichtstermin eine Erörterung der Schlussrechnung für die vorläufige Verwaltung erfolgen. Mindestens aber sollten im Berichtstermin die Ergebnisse bisheriger Kassenprüfungen im Auftrag des vorläufigen oder einstweiligen Gläubigerausschusses präsentiert werden. 5. Perspektive Massegläubiger 20 Massegläubiger haben grundsätzlich keinen insolvenzspezifischen Informationsanspruch gegen den Insolvenzverwalter, sie sind nach § 74 Abs. 1 Satz 2 InsO auch nicht zur Teilnahme an einer Gläubigerversammlung berechtigt. Dies gilt selbst dann, wenn das Verfahren nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit eingestellt werden soll (§ 211 InsO), also sogar Massegläubiger nur quotal befriedigt werden können. Ein Massegläubiger hat regelmäßig auch kein Recht auf Einsicht in die Gerichtsakte. Lediglich der Gläubiger eines Massedarlehens kann ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse haben, wenn das Massedarlehen bei Fälligkeit nicht zurückgeführt wird.12) Im Grunde werden Massegläubiger daher als Vertragspartner des Insolvenzverwalters und nicht als Parteien des Insolvenzverfahrens betrachtet, die somit auch kaum insolvenzspezifische Rechte haben. 21 Ausnahmen für das fehlende Teilnahmerecht von Massegläubigern an Gläubigerversammlungen bestehen nur für die abschließende Gläubigerversammlung bei beabsichtigter Einstellung des Verfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Abs. 2 InsO) sowie für den Abstim___________ 12) OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 18.1.2010 – 20 VA 6/09 u. 9/09, ZInsO 2010, 1850; hierzu Lackhoff/Vogel, ZInsO 2011, 1974.

8

I. Die Beteiligten

mungs- und Erörterungstermin bei einem beabsichtigten Insolvenzplan nach angezeigter Masseunzulänglichkeit (§§ 210a Nr. 1, 235 Abs. 3 Satz 1 InsO);13) in solchen Fällen scheint es angezeigt, auch ein Akteneinsichtsrecht der Massegläubiger zu bejahen, da dieses Recht an das Teilnahmerecht anknüpft. Eine Auswirkung auf die insolvenzrechtliche Rechnungslegung ergibt sich al- 22 lerdings insoweit, als jederzeit die Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO einzuhalten ist. Diese Befriedigungsreihenfolge gilt immer, auch wenn keine Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde.14) Dies ist im Zusammenhang mit § 53 InsO zu sehen, der bereits vorgibt, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) und die sonstigen Masseverbindlichkeiten (im Wesentlichen § 55 InsO) vorweg, d. h. vor einer Ausschüttung an Insolvenzgläubiger zu bedienen sind. 23

Der insolvenzspezifische Kontenplan sollte nach der Definition der Verfahrenskosten in § 54 InsO Ausgabe-Konten enthalten für Zahlungen an: x

Massegläubiger i. S. d. § 54 Nr. 1 InsO: Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren nebst Auslagen der Gerichtskasse;

x

Massegläubiger i. S. d. § 54 Nr. 2 InsO: Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses, über den Gesetzeswortlaut hinaus auch für Vergütungen und Auslagen des (vorläufigen) Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren alten Rechts,15) des (vorläufigen) Sachwalters, der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren, des Sonderinsolvenzverwalters,16) des Verfahrenskoordinators17) und des Gruppenkoordinators.18) Hinsichtlich der Vergütung nebst Auslagen des Treuhänders in der Wohlverhaltensphase vertritt der BGH die Auffassung, es handele sich um Verfahrenskosten eigener Art.19). 24

Der insolvenzspezifische Kontenplan sollte nach der Definition der sonstigen Masseverbindlichkeiten in § 55 InsO Ausgabe-Konten enthalten für Zahlungen an: x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO: Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters (bzw. des eigen-

___________ 13) Ausführlich Zimmer, ZInsO 2012, 390. 14) BGH, Beschl. v. 14.10.2010 – IX ZB 224/08, ZInsO 2010, 2188 (Umsatzsteuer in Stundungsverfahren nicht abzuführen, wenn Verfahrenskosten nicht gedeckt sind). 15) §§ 312 – 314 InsO aufgehoben durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte v. 15.7.2013 (BGBl. I 2013, 2379). 16) BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 46/15, Rz. 20, ZIP 2016, 1688. 17) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 111. 18) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 110. 19) BGH, Beschl. v. 20.11.2014 – IX ZB 16/14, ZIP 2015, 85; kritisch Zimmer, InsbürO 2016, 324; wieder in Zweifel gezogen durch BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 46/15, Rz. 24, ZIP 2016, 1688.

9

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

verwaltenden Schuldners oder – soweit zulässig – des Sachwalters) oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;

25

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO: Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bzw. mit Einzelermächtigung20) oder von einem vorläufig eigenverwaltenden Schuldner mit Einzelermächtigung21) begründete Verbindlichkeiten;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bzw. mit Einzelermächtigung22) oder von einem vorläufig eigenverwaltenden Schuldner mit Einzelermächtigung in Anspruch genommene Leistungen aus einem Dauerschuldverhältnis;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO: bestimmte Steuerverbindlichkeiten, die vom „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom vorläufig eigenverwaltenden Schuldner während der vorläufigen Verwaltung „begründet“ wurden.

Der insolvenzspezifische Kontenplan sollte nach der Definition der sonstigen Masseverbindlichkeiten an anderen Stellen der Insolvenzordnung ferner Ausgabe-Konten u. a. enthalten für Zahlungen an: x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 100 Abs. 1 InsO: Unterhalt aus der Insolvenzmasse;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO: Verbindlichkeiten aus einem Sozialplan unter Berücksichtigung der sog. Drittelgrenze;

___________ 20) BGH, Urt. v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, ZIP 2002, 1625. 21) BGH, Urt. v. 24.3.2016 – IX ZR 157/14, ZIP 2016, 831 (§ 270b InsO a. F.); BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZInsO 2018, 2796 (§ 270a InsO a. F.). 22) Vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2014 – IX ZR 166/14, ZInsO 2015, 261.

10

I. Die Beteiligten

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO: eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung in der Version MoMiG,23) d. h. Ausgleichsanspruch des Gesellschafters für den Gebrauch oder die Ausübung eines Gegenstandes;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 169 Satz 1 InsO: Schadenersatz für verzögerte Verwertung von Absonderungsgut;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 172 Abs. 1 InsO: Wertersatz für die Nutzung von beweglichen Sachen, an denen Absonderungsrechte bestehen;

x

sonstige Massegläubiger i. S. d. § 324 InsO: Masseverbindlichkeiten bei Nachlassinsolvenz.

6. Perspektive Schuldner Der Schuldner wird in der Diskussion um die Abwicklung eines Insolvenz- 26 verfahrens oft ignoriert, wenn nicht gerade ein Insolvenzplan oder die Eigenverwaltung zur Rede stehen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass der Insolvenzverwalter nicht nur Organ der Rechtspflege und Treuhänder für die Gläubiger ist, sondern auch Treuhänder für den Schuldner. Treuhandverhältnisse werden zivilrechtlich analog Auftragsrecht behandelt, und hier fordert § 666 BGB: § 666 BGB Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Umfang dieser Rechenschaftspflicht24) ist in § 259 Abs. 1 BGB beschrieben: 27 § 259 Abs. 1 BGB Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

Diese Norm lässt sich von ihrem Aussagegehalt her lange in der Geschichte 28 zurückverfolgen. Schon das Allgemeine Preußische Landrecht von 1791 enthielt eine Rechnungslegungspflicht für Solche, die aufgrund eines Vertragsoder anderen Rechtsverhältnisses für Rechnung eines anderen oder für gemeinschaftliche Rechnung Geschäfte besorgen, und bereits das römische Recht kannte Rechnungslegungspflichten für die Verwaltung fremden Vermögens (wobei unter fremdem Vermögen hauptsächlich jenes von Stiftun___________ 23) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 24) Das BGB verwendet die Begriffe „Rechnung legen“ und „Rechenschaft ablegen“ als Synonyma.

11

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

gen verstanden wurde). Insoweit ist eine zivilrechtliche Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Schuldner unzweifelhaft.25) 29

Merke: §§ 666, 259 BGB sind somit die Kernvorschriften dafür, dass überhaupt eine (laufende) Rechnungslegung durch den Insolvenzverwalter zu erfolgen hat, die Normen der Insolvenzordnung erweitern insoweit lediglich den Adressatenkreis und gestalten den Kontenplan.

30 Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch § 51a GmbHG erwähnt. Nach dieser Norm haben die Gesellschafter einer GmbH Auskunftsansprüche gegen den Geschäftsführer. Da dieser mit Insolvenzeröffnung jedoch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verliert, richten sich die Auskunftsansprüche gegen den Insolvenzverwalter. Zeitlich sollen die Auskünfte jedoch auf den vorinsolvenzlichen Zeitraum beschränkt sein,26) was jedoch gegen die treuhänderische Bindung der Insolvenzverwaltung verstößt. Können alle Gläubiger befriedigt werden und steht eine Überschussherausgabe nach § 199 InsO im Raum, sollen Gesellschafter beschwerdeberechtigt im Hinblick auf die Vergütung des Insolvenzverwalters sein.27) Da es also im Ergebnis immer auf ein Rechtsschutzinteresse ankommt, können den Gesellschaftern einer Gesellschaft gleich welcher Rechtsform die entsprechenden Informationen nicht verweigert werden.28) 7. Perspektive Insolvenzverwalter 31 Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter seinen umfangreichen Pflichten aus der Insolvenzordnung nur nachkommen kann, wenn er seine Geschäfte ordentlich führt und dokumentiert. Zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung gehört eine ordnungsgemäße Buchführung. Zur Konkretisierung kann § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB analog herangezogen werden, der in direkter Anwendung allerdings nur für die handelsrechtliche Buchführung gilt: § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich zu machen.

___________ 25) Einen missverständlichen Leitsatz enthält insoweit die Entscheidung des OLG Koblenz, Beschl. v. 5.1.2015 – 3 W 616/14, ZIP 2015, 392, hierzu EWiR 2015, 397 (Kremer). Ausweislich der Entscheidungsgründe ging es in dem Rechtsstreit nur um die Frage, ob der Schuldner (natürliche Person) einen Anspruch auf zügige Abwicklung des eröffneten Verfahrens hat, um schnellstmöglich den Übergang in die Wohlverhaltensphase zu erreichen. Hintergrund war eine Erbschaft, die im eröffneten Verfahren wegen §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1 InsO vollständig in die Masse fiel, in der Wohlverhaltensphase wegen § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO a. F. (nunmehr § 295 Satz 1 Nr. 2 InsO) aber nur hälftig an den Treuhänder herauszugeben gewesen wäre. 26) BayObLG, Beschl. v. 8.4.2005 – 3Z BR 246/04, ZIP 2005, 1087. 27) BGH, Beschl. v. 20.2.2014 – IX ZB 32/12, ZInsO 2014, 622. 28) BGH, Urt. v. 21.7.2020 – II ZR 175/19, Rz. 15, ZRI 2020, 541 (Kommanditisten).

12

I. Die Beteiligten

Die geforderte Qualität der Buchführung ergibt sich sodann aus § 238 Abs. 1 32 Sätze 2 und 3 HGB analog. Wie bereits ausgeführt, gelten die vorstehenden Normen des HGB unmittelbar nur im dortigen Anwendungsbereich, d. h. für die handelsrechtliche Buchführung. Gleichwohl handelt es sich bei der Qualitätsbeschreibung in § 238 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB um eine allgemeingültige Aussage für die Erstellung von Buchführungen, die auch für den steuerlichen Bereich herangezogen wird, denn § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO stimmen wörtlich mit § 238 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB überein: § 238 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB und § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

Schließlich erstellt der Insolvenzverwalter die insolvenzrechtliche Buchfüh- 33 rung auch im eigenen Interesse, da sich die Vergütung seiner Geschäftsführung (so wörtlich § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO) nach der Schlussrechnung richtet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Wie die nachstehenden Kapitel zeigen, ist die Bestimmung der Berechnungsgrundlage komplex geregelt, weswegen gilt: 34

Merke: Der insolvenzspezifische Kontenplan wird im Wesentlichen vom Vergütungsrecht geprägt. 8. Perspektive Finanzamt

Gegenüber dem Finanzamt hat der Insolvenzverwalter lediglich die Pflichten 35 des Schuldners zu erfüllen (§ 155 Abs. 1 InsO, § 34 AO), er wird nicht selbst Steuerpflichtiger oder Steuerschuldner. Maßgeblich für das Besteuerungsverfahren ist regelmäßig die handelsrechtliche Buchführung. Allerdings gibt § 145 Abs. 2 AO lediglich vor, dass Aufzeichnungen so vorzunehmen sind, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. Daher kann der Insolvenzverwalter mit einer vernünftigen insolvenzrechtlichen Buchführung durchaus ein Besteuerungsverfahren im hinreichenden Maße ermöglichen, zumal Umsatzsteuervoranmeldungen bereits sehr häufig aus der Verwalterbuchführung generiert werden, sodass gilt: 36

Merke: Der insolvenzspezifische Kontenplan wird auch vom Insolvenzsteuerrecht geprägt. 9. Besonderheiten in der Eigenverwaltung

Soweit § 281 Abs. 3 Satz 1 InsO ausführt, zur Rechnungslegung i. S. d. § 66 37 InsO sei der Schuldner verpflichtet, ist zunächst einmal nur erkennbar, dass

13

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

der Schuldner anstelle des Insolvenzverwalters bei Beendigung des Verfahrens einer Gläubigerversammlung Rechnung zu legen hat (vgl. § 66 Abs. 1 InsO). Diese Rechnungslegung muss nach denselben Kriterien erfolgen wie bei einem Regelinsolvenzverfahren. Ein Abstellen auf die handelsrechtliche Buchführung genügt nicht, da dort nicht alle Besonderheiten des Insolvenzrechts, des Insolvenzsteuerrechts und des Insolvenzkostenrechts abgebildet werden können. Umgekehrt werden aber diese insolvenzspezifischen Besonderheiten die schuldnerischen Mitarbeiter überfordern. Daher muss akzeptiert werden, dass in der Eigenverwaltung zu Lasten der Masse Dienstleister beauftragt werden, was beim Insolvenzverwalter an § 4 Abs. 1 Satz 1 InsVV scheitern würde. Keinesfalls hingegen durfte in den bis zum 31.12.2020 beantragten Insolvenzverfahren diese Insolvenzbuchführung vom Sachwalter erstellt werden, da aus dem Selbstprüfungsverbot des § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a HGB abzuleiten ist, dass der Sachwalter nichts erstellen kann, was er kraft Amtes anschließend zu prüfen hat.29) In den ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren kann das Gericht jedoch anordnen, dass der Sachwalter den Schuldner bei der insolvenzrechtlichen Buchführung unterstützen kann (§ 274 Abs. 2 Satz 2 InsO). Die Frage, ob hier eine laufende insolvenzrechtliche Buchführung mit zeitnaher Erfassung der Geschäftsvorfälle geschuldet ist, dürfte sich gleichwohl nicht stellen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn (neben einer ordnungsgemäßen handels- und steuerrechtlichen Buchführung) zu geeigneten Stichtagen die notwendigen Auswertungen einer Insolvenzbuchführung zur Verfügung stehen. Die zeitnahe Erfassung ist lediglich eine Selbstverpflichtung einiger Insolvenzverwalter und somit für eigenverwaltende Schuldner nicht bindend. 38 Diese vom Schuldner zu erstellende Schlussrechnung ist vom Sachwalter zu prüfen. Letzterer hat schriftlich zu erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (§ 281 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 InsO). Da § 281 Abs. 3 Satz 1 InsO auf die vollständige Norm des § 66 InsO verweist, bedarf es einer weiteren Prüfung durch das Insolvenzgericht (§ 66 Abs. 2 Satz 1 InsO).30) Da § 69 Satz 2 InsO die Mitglieder des Gläubigerausschusses in die Verantwortung nimmt, sind somit drei Prüfungen erforderlich. Die sinnvollste Vorgehensweise ist daher aus Kostengesichtspunkten die Bestellung eines sachverständigen Rechnungsprüfers im Einvernehmen von Schuldner, Sachwalter, Gläubigerausschuss und Insolvenzgericht ab Verfahrensbeginn. 39 Ob bereits im Eröffnungsverfahren eine spezielle Rechnungslegungspflicht des Schuldners i. S. d. § 66 InsO besteht, ist nicht eindeutig geregelt. In Betracht käme eine analoge Anwendung von § 281 Abs. 3 Satz 1 InsO oder eine analoge Anwendung von §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 66 InsO. Insoweit muss von einem unvollständigen Regelungswerk ausgegangen werden, sodass für ___________ 29) Zimmer, ZInsO 2013, 2305, 2310. 30) So auch Hillebrand, ZInsO 2018, 1650, 1654.

14

I. Die Beteiligten

das Eröffnungsverfahren nichts anderes gilt als für das eröffnete Verfahren. Der Schuldner hat demnach eine insolvenzspezifische Rechnungslegung für das Eröffnungsverfahren zu erstellen, die vom (vorläufigen) Sachwalter und vom Insolvenzgericht zu prüfen ist. Auch hier wäre zu fordern, dass die geprüfte Schlussrechnung Gegenstand der Erörterungen im Berichtstermin wird. Obgleich selten praktiziert, dürfte es selbstverständlich sein, dass die Gläubi- 40 gerversammlung gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 InsO berechtigt ist, dem eigenverwaltenden Schuldner regelmäßige Zwischenrechnungslegungen abzuverlangen, da § 281 Abs. 3 Satz 1 InsO auf die vollständige Norm des § 66 InsO verweist und die Kodifikation der Eigenverwaltung ersichtlich keine Reduzierung der Gläubigerrechte beabsichtigt. Nach den obigen Ausführungen muss auch insoweit § 281 Abs. 3 Satz 2 InsO gelten, d. h. auch diese Zwischenrechnungen sind vom Sachwalter und vom Insolvenzgericht zu prüfen. Verlangt der (vorläufige) Sachwalter vom Schuldner, dass alle eingehenden 41 Gelder nur von ihm entgegengenommen und Zahlungen nur von ihm geleistet werden dürfen (Kassenführungsbefugnis gemäß § 275 Abs. 2 InsO), ändert sich an vorstehenden Grundsätzen nichts, d. h. es bleibt die Pflicht aus § 66 InsO bzw. § 281 Abs. 3 Satz 1 InsO gleichwohl beim Schuldner. Soweit vertreten wird, aus § 259 BGB ergäbe sich das Erfordernis einer zusätzlichen Rechnungslegung durch den Sachwalter,31) ist dies nur dann richtig, wenn der Sachwalter – soweit rechtlich zulässig – ein eigenes Sonderkonto, also nicht die schuldnerischen Kontokorrentkonten verwendet. Denn die Erfassung derselben Geschäftsvorfälle in zwei Rechnungslegungen (womöglich noch mit unterschiedlichen Kontenplänen) wäre weder transparent noch zielführend. Nicht geregelt ist eine eigene Rechnungslegungspflicht des Sachwalters für 42 den ihm nach § 280 InsO obliegenden Aufgabenbereich. Der Sachwalter – und nicht der Schuldner – hat die Haftung nach §§ 92, 93 InsO geltend zu machen. Ebenso ist nur der Sachwalter zur Durchsetzung von anfechtungsrechtlichen Rückgewähransprüchen (§§ 129 ff. InsO) berechtigt. Hinsichtlich der Anfechtungsansprüche wird davon auszugehen sein, dass der Sachwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis i. S. d. §§ 35, 80 Abs. 1 InsO ausübt, er also wie ein Insolvenzverwalter agiert. Für diesen Bereich muss § 66 InsO unmittelbar für den Sachwalter gelten, d. h. es ist eine eigenständige Rechnungslegung und Schlussrechnung des Sachwalters erforderlich, mit der der Schuldner eigentlich nichts zu tun hat. Hinsichtlich der Ansprüche nach §§ 92, 93 InsO ist zu erwähnen, dass diese Ansprüche nicht von § 80 Abs. 1 InsO erfasst werden. Dieses Problem besteht aber schon in einem Regelinsolvenzverfahren, dort müssten eigentlich Sondermassen für derartige Ansprüche gebildet werden (ĺ Rz. 409 ff.). An dieser Stelle ist nur von Bedeutung, dass solche Vorgänge nicht in die Schlussrechnung des Schuld___________ 31) Hillebrand, ZInsO 2018, 1650, 1653.

15

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

ners gehören, sondern in die separate Schlussrechnung des Sachwalters. Von dieser Trennung weicht die Praxis sehr häufig ab, d. h. auch die im Rahmen des § 280 InsO anfallenden Geschäftsvorfälle werden einheitlich in der Insolvenzbuchführung bzw. Schlussrechnung des Schuldners erfasst. Dies ist nicht zu beanstanden, wenn und weil kein Informationsverlust droht, hier muss die Praktikabilität Vorrang haben. 43

Merke: Trotz Regelungslücken in der InsO und Abweichungen in der Praxis gelten in der Eigenverwaltung die allgemeinen Grundsätze mit einigen Besonderheiten. Die schuldnerische Buchführung muss es ermöglichen, die Anforderungen von InsO, InsVV und Insolvenzsteuerrecht zu erfüllen, sodass ein insolvenzspezifischer Kontenplan auch den Fall der Eigenverwaltung abbilden können muss. II. Einschlägige Berufsauffassungen und privatrechtliche Kodifikationen

44 Soweit nachvollziehbar, soll in historischer Reihenfolge kurz dargestellt werden, welche Berufsauffassungen sich zur internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters entwickelt haben, wobei die Entwicklung der letzten Jahre im Vordergrund steht. 1. „Uhlenbruck-Kommission“ 45 Eine aus 33 Mitgliedern bestehende Kommission „Qualitätskriterien zur Vorauswahl und Bestellung von Insolvenzverwaltern sowie Transparenz, Aufsicht und Kontrolle in Insolvenzverfahren“ hat im Jahr 2007 unter dem Vorsitz des ehemaligen Kölner Insolvenzrichters Prof. Dr. Wilhelm Uhlenbruck einen Abschlussbericht32) mit konkreten Empfehlungen vorgelegt. In diesem Bericht geht es um die Frage des Auswahl- und Bestellungsverfahrens des Insolvenzverwalters. Um in eine sog. Vorauswahlliste bei den Insolvenzgerichten aufgenommen werden zu können („Listing“), ist hiernach der Nachweis theoretischer Kenntnisse der Rechnungslegung in der Insolvenz erforderlich (Ziffer B. II. 2.). Zu einem „Delisting“ kann es nach Abmahnung u. a. wegen fehlerhafter Rechnungslegung kommen (Ziffer B. IV. c) aa)). Empfohlen wird dort ferner eine Standardisierung der Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 ff. InsO sowie der Schlussrechnung (Ziffer D. III.). 2. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) 46

Im Jahr 2008 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) drei Rechnungslegungshinweise verabschiedet, die zahlreiche ___________ 32) Uhlenbruck-Kommission, NZI 2007, 509.

16

II. Einschlägige Berufsauffassungen und privatrechtliche Kodifikationen

Hinweise zur Verzahnung von handelsrechtlicher und insolvenzspezifischer Buchführung liefern: x

Bestandsaufnahme im Insolvenzverfahren (IDW RH HFA 1.010)33)

x

Insolvenzspezifische Rechnungslegung im Insolvenzverfahren (IDW RH HFA 1.011)34)

x

Externe (handelsrechtliche) Rechnungslegung im Insolvenzverfahren (IDW RH HFA 1.012)35)

Das IDW hat damit die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer niedergelegt, 47 welche Anforderungen sich aus den Rechnungslegungspflichten von Unternehmen während der Insolvenz ergeben. Diese Hinweise werden von Wirtschaftsprüfern bei der Erstellung der Rechnungslegung und ihrer Prüfung zugrunde gelegt; sie sollen auch anderen Beteiligten, wie z. B. dem Insolvenzverwalter oder den Mitgliedern des Gläubigerausschusses, Hinweise zur Konkretisierung ihrer gesetzlichen Rechte und Pflichten geben.36) Die Hinweise, die keine Rechtsgrundlagen sind, wurden zuvor bereits in der insolvenzrechtlichen Literatur weitgehend einheitlich beschrieben, sodass die Hinweise keine gravierenden Neuerungen, aber eine wertvolle Zusammenfassung enthalten und eine Chance auf Standardisierung bieten. Von praktischer Bedeutung sind aber lediglich die Hinweise zur handelsrechtlichen Buchführung und zur Bestandsaufnahme; der Rechnungslegungshinweis zur insolvenzspezifischen Rechnungslegung (Verwalterbuchführung) hat seit Einführung des Standardisierten Kontenplans (SKR-InsO) keine eigenständige Bedeutung mehr. 3. Gemeinschaftsprojekt Standardisierter Kontenplan/Standardisierte Schlussrechnung Auf Grundlage eines Kooperationsvertrages vom 20.10.2009 zur Errichtung 48 des Rheinland-Pfälzischen Zentrums für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis (ZEFIS) zwischen der Universität Trier, der Fachhochschule Koblenz (Rhein-Ahr-Campus Remagen) und der Fachhochschule Trier (Campus Birkenfeld) wurde ein Forschungsprojekt Schlussrechnungsprüfung initiiert, das u. a. die Gestaltung einer Standardisierten Schlussrechnung und die Schaffung eines einheitlichen Kontenrahmens zum Inhalt hat. Die entsprechenden Vertreter haben nach einem empirischen Befund37) und ersten Thesen38) in___________ 33) Stand 13.6.2008, FN-IDW 2008, 309 = ZInsO 2009, 74. 34) Stand 13.6.2008, FN-IDW 2008, 321 = ZInsO 2009, 130. 35) FN-IDW 2008, 331 = ZInsO 2009, 179. Neugefasst am 10.6.2011, FN-IDW 2011, 460. Neugefasst mit Stand 11.9.2015, ZInsO 2015, 2568. Letzter Stand 6.12.2018, IDW Life 1/2019, S. 74. 36) FN-IDW 2008, 321 Rz. 1 f. 37) Haarmeyer/Hillebrand, ZInsO 2010, 412. 38) Haarmeyer/Hillebrand, ZInsO 2010, 702.

17

A. Einleitung und Rechtsgrundlagen

tensive Gespräche mit dem Gravenbrucher Kreis und dem Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e. V. (VID) geführt, um eine Anwendungssicherheit bei den Insolvenzverwaltern zu erreichen. Ebenfalls wurden Gespräche mit dem BAKinso Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e. V. geführt, um eine Akzeptanz bei den Insolvenzgerichten zu sichern.39) Das Gemeinschaftsprojekt hat im Jahr 2012 zur Ausgestaltung eines Standardisierten Kontenplans (SKRInsO 2012-01) geführt. Die aktuelle Fassung (SKR-InsO 2021-01) gilt seit dem 1.2.2021 (ĺ Rz. 519 ff.), seither existiert auch ein Diskussionsforum unter www.skrinso.de 49 Ein erster Entwurf einer Standardisierten Schlussrechnung war bislang jedoch nicht konsensfähig (ĺ Rz. 1239 ff.). 4. Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung (VID) 50 Der Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e. V. (VID) hatte am 4.11.2006 für seine Mitglieder zunächst nur Berufsgrundsätze beschlossen, die inhaltlich keinen Bezug zu Themen der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters aufwiesen. Am 5.5.2012 wurden sodann die Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung (GOI) beschlossen (aktueller Stand als Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenz- und Eigenverwaltung (GOI) vom 15.12.202040)). Hier wird den Mitgliedern des VID eine fortschreibende Rechnungslegung aufgegeben (Ziffer III. 8.). 51 Aus den Motiven/Erläuterungen: „Standardisierte Rechnungslegungen dienen der Transparenz und somit der Kontrolle der Verwalterleistung. Über den bisher allgemein anerkannten Standard hinaus ermöglicht die fortschreibende Rechnungslegung eine verbesserte Informationsbasis.“ Ferner gilt: Ziffer III. 10 GOI (VID) Die insolvenzrechtliche Rechnungslegung (Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) erfolgt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) mittels eines Systems, das Radierbuchungen gem. [Ziffer] III. „Buchung“ (Tz. 3 der GoBS41)) ausschließt. In ab dem 1.1.2013 eröffneten Verfahren verwendet der Verwalter die Standardkontenrahmen in der Fassung, die zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Insolvenzeröffnungsverfahrens von dem Fachausschuss SKR-InsO in Kraft gesetzt sind. Zahlungswirksame Geschäftsvorfälle auf den Konten sind regelmäßig innerhalb von 10 Arbeitstagen buchhalterisch zu verarbeiten.

___________ 39) www.zefis.org/htm/rechnung.htm (abgerufen am 22.6.2021). 40) www.vid.de/der-verband/qualitaetsstandards/goi/ (abgerufen am 31.12.2021). 41) Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) vom 7.11.1995, BStBl. I 1995, 738. Die GoBS sind allerdings zum 1.1.2015 in die unmittelbar von der Finanzverwaltung entwickelten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) überführt und teilweise modernisiert worden. Diese neue Verwaltungsvorschrift löste zudem die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) ab. Die aktuelle Fassung der GoBD (BStBl. I 2019, 1269) gilt seit dem 1.1.2020.

18

III. Abgrenzung interne und externe Rechnungslegung

Ziffer III. 7. der GOI (VID) gibt vor, dass die nach dem sog. Treuhandkon- 52 tenmodell als Alternative zur Einzelermächtigung analog § 55 Abs. 2 InsO in der vorläufigen Verwaltung angelegten Treuhandkonten „gegenüber dem Insolvenzgericht abzurechnen“ sind, obwohl sie qua Definition nicht Bestandteil der Insolvenzmasse sein können. In der Praxis besteht insoweit Uneinigkeit, ob dies die Aufnahme in den insolvenzspezifischen Kontenplan bedeutet oder die Erstellung einer „Nebenbuchhaltung“ (ĺ Rz. 470 ff.). III. Abgrenzung interne und externe Rechnungslegung In der Literatur wird regelmäßig zwischen interner und externer Rechnungs- 53 legung unterschieden, wobei die Begriffe jedoch nicht einheitlich definiert werden. Adressaten der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung sind nur die Beteiligten des Insolvenzverfahrens (ĺ Rz. 1 ff.). Bei einem Insolvenzverfahren handelt es sich um ein Gerichtsverfahren, dessen Termine nicht öffentlich sind. Die Rechnungslegung ist also an einen geschlossenen Kreis und nicht an die Allgemeinheit gerichtet. Folglich wird hier präferiert, die insolvenzrechtliche Rechnungslegung als interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters zu bezeichnen; die externe Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ist in § 155 InsO vorgegeben und bezieht sich auf die handelsund steuerrechtliche Rechnungslegung. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens werden die Begriffe der internen und externen Rechnungslegung jedoch anhand anderer Kriterien abgegrenzt, wobei die o. g. Rechnungslegungshinweise des IDW dieser Definition ebenfalls folgen. IV. Funktionen der internen Rechnungslegung Anhand der bereits beschriebenen Adressatenkreise lassen sich die Funktionen der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters wie folgt zusammenfassen: x

Dokumentation der Inbesitznahme, Verwaltung und Verwertung der Masse (§§ 148 ff. InsO);

x

Informationsfunktion für das Insolvenzgericht, die Gläubigerversammlung, den Gläubigerausschuss und den Schuldner;

x

Kontrollfunktion für das Insolvenzgericht, die Gläubigerversammlung, den Gläubigerausschuss und den Schuldner;

x

Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters und die Gerichtskosten.

54

All dies setzt eine laufende und insolvenzspezifische Buchführung voraus, ist 55 aber auch schon Indiz dafür, dass neben den Geschäftsvorfällen (Einnahmen und Ausgaben) auch – vergleichbar einer handelsrechtlichen Buchführung – Bestände zu erfassen sind, was zum nächsten Kapitel zu den Verzeichnissen i. S. d. §§ 151 ff. InsO überleitet.

19

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens I. Einleitung Nach § 154 InsO sind das Masseverzeichnis, das Gläubigerverzeichnis sowie die 56 Vermögensübersicht spätestens eine Woche vor dem Berichtstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 156 InsO) auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Eine eindeutige Regelung zu der Frage, ob diese Verzeichnisse Bestandteil des Rechnungswesens sind oder nur der einmaligen Gläubigerinformation dienen, existiert nicht. Es muss jedoch von einer Zugehörigkeit zum Rechnungswesen ausgegangen werden, wenn ein Vergleich zur handelsrechtlichen Buchführung gezogen wird. Bestandteile der handelsrechtlichen Buchführung sind u. a. eine Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) sowie eine Bilanz. Die GuV bildet die Bewegungen auf den Aufwands- und Ertragskonten ab, die Bilanz die Bestände an Aktiva und Passiva. Ausgangslage jeder Buchführung ist die Erstellung einer Eröffnungsbilanz. Die insolvenzspezifische Rechnungslegung wird oftmals nur als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung verstanden, die jedoch nur mit der GuV vergleichbar ist. Als Parallele zur Bilanz bietet sich ergänzend an, die Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 ff. InsO heranzuziehen, um neben den Einnahmen und Ausgaben auch die Bestände abzubilden. Allerdings können hier Einschränkungen vorgenommen werden, denn das Gläubigerverzeichnis (in der handelsrechtlichen Buchführung: Kreditoren bzw. Verbindlichkeiten als Passiva) wandelt sich gemäß §§ 174 ff. InsO durch Forderungsanmeldungen und Prüfungstermine zur Insolvenztabelle um, sodass das Gläubigerverzeichnis zumindest in Bezug auf Insolvenzforderungen nur einem einmaligen Überblick zu Verfahrensbeginn dient. Im Wesentlichen kommt es also für das Rechnungswesen auf das Masseverzeichnis an, das die Vermögenswerte des Schuldners abbildet (vergleichbar einem Anlagenspiegel in der handelsrechtlichen Buchführung). Schon in der amtlichen Begründung zu § 113 KO42) (ab 1898: § 123 KO) findet sich die Formulierung, das Masseverzeichnis diene der Kontrolle des Verwalters und als Basis seiner Rechnungslegung.43) Daher wird an anderer Stelle noch auf die Diskussion eingegangen, ob mit jedem Zwischenbericht – und erst recht mit der Schlussrechnung – ein fortgeschriebenes Masseverzeichnis einzureichen ist. 57

Merke: Das Masseverzeichnis ist Bestandteil der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters. ___________ 42) Konkursordnung v. 10.2.1877 (RGBl. 1877, 351), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Abschaffung der Gerichtsferien v. 28.10.1996 (BGBl. I 1996, 1546), aufgehoben mit Wirkung zum 1.1.1999 durch Art. 2 Nr. 4 EGInsO. 43) Hahn, Materialien zur Konkursordnung, S. 311.

21

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

58 Dieses Masseverzeichnis ist zwar erst für den Berichtstermin zu erstellen, jedoch entsteht es bereits sukzessive im Insolvenzeröffnungsverfahren. Das Ergebnis der dortigen Ermittlungen ist das Eröffnungsgutachten, das für den Bericht zum Berichtstermin im Hinblick auf Aktiva und Passiva zum Masseverzeichnis und Gläubigerverzeichnis auf den Stichtag Insolvenzeröffnung fortgeschrieben wird. Abweichungen zwischen beiden Darstellungen ergeben sich u. a. aus den Geschäftsvorfällen zwischen Diktat des Eröffnungsgutachtens und Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber auch aus rechtlichen und wirtschaftlichen Neubewertungen der Vermögensgegenstände aufgrund neuer Erkenntnisse nach Insolvenzeröffnung. Das Eröffnungsgutachten bzw. der Bericht zum Berichtstermin wird daher oft als Ausgangslage für eine Schlussrechnungsprüfung herangezogen: was war da, was wurde prognostiziert, was wurde realisiert? Insoweit lässt sich plakativ formulieren: 59

Merke: Die Schlussrechnung fängt bereits mit dem Eröffnungsgutachten an. II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO) § 151 InsO

60 1

(1) Der Insolvenzverwalter hat ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse aufzustellen. 2Der Schuldner ist hinzuzuziehen, wenn dies ohne eine nachteilige Verzögerung möglich ist. (2) 1Bei jedem Gegenstand ist dessen Wert anzugeben. 2Hängt der Wert davon ab, ob das Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt wird, sind beide Werte anzugeben. 3Besonders schwierige Bewertungen können einem Sachverständigen übertragen werden. (3) 1Auf Antrag des Verwalters kann das Insolvenzgericht gestatten, dass die Aufstellung des Verzeichnisses unterbleibt; der Antrag ist zu begründen. 2Ist ein Gläubigerausschuss bestellt, so kann der Verwalter den Antrag nur mit Zustimmung des Gläubigerausschusses stellen.

61 Die im Masseverzeichnis auszuweisenden Vermögenswerte stellen die Aktivseite einer Insolvenzbilanz dar. 1. Bestandsaufnahme des Aktivvermögens a) Aufgaben und Ziele der Bestandsaufnahme/Inventur 62

Die Aufgaben und Ziele der Bestandsaufnahme werden wir folgt beschrieben:44) x

Information der Gläubigerversammlung zur Vorbereitung der Entscheidung über die Fortführung des Geschäftsbetriebs bzw. Zerschlagung des Unternehmens;

___________ 44) Vgl. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309.

22

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

x

Information über den Massebestand zur Vorbereitung der Entscheidung über die Fortsetzung des Insolvenzverfahrens oder die Einstellung mangels Masse;

x

Information über die zu erwartende Insolvenzquote;

x

Dokumentation der Vermögensverhältnisse des Schuldners;

x

Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Verteilung der Insolvenzmasse;

x

Grundlage für die Kontrolle der Tätigkeit des Insolvenzverwalters durch den Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht;

x

Grundlage für die Aufstellung eines Insolvenzplans.

Die vorgenannten Ziele und Aufgaben bringen zum Ausdruck, dass sich der 63 Begriff der Bestandsaufnahme sowohl auf die Aktivseite (Masseverzeichnis) als auch die Passivseite (Gläubigerverzeichnis) einer Insolvenzbilanz (Vermögensübersicht) bezieht. Einige Aussagen ergeben über die einmalige Information der Gläubiger im Berichtstermin hinaus jedoch nur dann Sinn, wenn eine Fortschreibung zumindest des Masseverzeichnisses gefordert wird. b) Grundsätze Im Verzeichnis der Massegegenstände werden i. S. e. Rohvermögensrech- 64 nung allein die Aktivposten berücksichtigt. Die einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse sind hierfür nach Art und Menge zu erfassen und in tabellarischer Form darzustellen. Hieraus resultieren zwei Grundsätze: Rohvermögensrechnung bedeutet, dass die Vermögenswerte ungeachtet ihrer 65 schuld- und sachenrechtlichen Belastungen auszuweisen sind. Belastungen und Verbindlichkeiten, z. B. durch Aus- oder Absonderungsrechte bzw. Aufrechnungslagen, sind grundsätzlich Bestandteil des Gläubigerverzeichnisses und nur dort auszuweisen.45) Diese Aussage darf nicht falsch verstanden werden. Zunächst einmal geht es darum, zu Verfahrensbeginn alle Vermögenswerte zu erfassen, die dem Schuldner zuzuordnen sind. Erst in einem zweiten Schritt erfolgen anhand von Prüfungen und Ermittlungen eine Konkretisierung und die Berücksichtigung etwaiger Drittrechte. Dass Drittrechte nur im Gläubigerverzeichnis auszuweisen sein sollen, ist lediglich so zu verstehen, dass keine Saldierung erfolgen darf; im Masseverzeichnis wird jedoch selbstverständlich eine Spalte gebildet, in der den Vermögensgegenständen entsprechende Drittrechte gegenübergestellt werden. Ein Beispiel für Spaltenüberschriften findet sich in Abb. 1: VermögensWert des Ver./. Drittrechte + Kostenbeiträge = freie Masse gegenstand mögensgegenstands (§§ 170, 171 InsO) (Abb. 1)

___________ 45) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 6.

23

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

66 Es hat eine Inventur zu erfolgen, die – unter Berücksichtigung insolvenzspezifischer Besonderheiten – den handelsrechtlichen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Inventur zu entsprechen hat.46) c) Erfassung und Aufzeichnung der Massegegenstände durch Inventur 67 Als allgemeine Grundsätze einer ordnungsmäßigen Inventur (GoI) werden vier Punkte genannt:47) 68 Einzelerfassung der Bestände. Vermögenswerte werden mittels körperlicher Bestandsaufnahme durch Messen, Zählen und Wiegen erfasst und aufgezeichnet. Bei gleichartigen Gegenständen kann eine Gruppenbildung erfolgen.48) Immaterielle Vermögensgegenstände können durch Urkunden, Verträge bzw. Saldenbestätigungen erfasst werden. 69 Vollständigkeit der Bestandsaufnahme. Es sind grundsätzlich sämtliche Vermögensgegenstände zu erfassen, ungeachtet einer Verwertungsmöglichkeit. Unbeachtlich ist, ob der Vermögensgegenstand handels- oder steuerrechtlich bilanzierungspflichtig ist.49) Ausschlaggebend ist allein der insolvenzrechtliche Massebegriff (ĺ Rz. 72 ff.), sodass bei Privatpersonen auch privat genutztes Vermögen zu erfassen ist. Nach § 148 InsO hat der Insolvenzverwalter die Gegenstände der Insolvenzmasse in Besitz zu nehmen. Für das Masseverzeichnis ist jedoch irrelevant, ob eine Inbesitznahme erfolgen konnte. Auch solche Vermögensgegenstände, bei denen eine (mittelbare) Inbesitznahme noch nicht erfolgen konnte, sind in das Masseverzeichnis aufzunehmen.50) Teilweise wird vertreten, der Insolvenzverwalter könne auf eine Inbesitznahme i. S. d. § 148 Abs. 1 InsO verzichten, wenn die Gegenstände wertlos oder die mit der Inbesitznahme verbundenen Kosten zu hoch seien. Dies ist jedoch missverständlich. Solche Gegenstände müssen zumindest für eine juristische Sekunde in (mittelbaren) Besitz genommen werden, können dann jedoch freigegeben werden.51) Folglich entfällt auch nicht die Erfassung im Masseverzeichnis,52) da die Werthaltigkeit erst im zweiten Schritt eine Frage der Bewertung darstellt (ĺ Rz. 89 ff.), sodass im Zweifel Null- oder Erinnerungswerte angezeigt sind, falls eine Freigabe oder Entsorgung erfolgen soll. 70 Aus den beiden vorgenannten Punkten erfolgt sogleich das Erfordernis der Klarheit, Nachprüfbarkeit und Dokumentation der Bestandsaufnahme.

___________ 46) 47) 48) 49) 50) 51) 52)

24

IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 7. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 7. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 18. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 12. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 12. Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 276. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 13.

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

Wahrheit, Richtigkeit und Willkürfreiheit der Bestandsaufnahme. Ohne 71 diesen Grundsatz hat eine Inventur keinen Aussagegehalt. Wertungen haben erst nach der Bestandsaufnahme, d. h. bei der (finanziellen) Bewertung zu erfolgen (ĺ Rz. 89 ff.). Die Vermögenswerte können daher nicht aus dem Rechnungswesen des Schuldners übernommen werden, da dies einerseits selten vollständig und aktuell ist, andererseits keine Insolvenzspezifika berücksichtigt. Sie dürfen im Grunde auch nicht aus dem Rechnungswesen übernommen werden, da der Insolvenzverwalter nach § 148 Abs. 1 InsO verpflichtet ist, das Vermögen des Schuldners in Besitz zu nehmen. Soweit der Insolvenzverwalter im Einzelfall auf eine eigene Bestandsaufnahme verzichtet, hat er jedenfalls die Unterlagen des Schuldners zu prüfen.53) d) Insolvenzmasse einschließlich Neuerwerb Die Insolvenzmasse wird durch §§ 35 – 37 InsO definiert: Das Insolvenzver- 72 fahren erfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Neuerwerb). Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung (nach der Zivilprozessordnung) unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Besonderheiten bestehen beim Gesamtgut einer Gütergemeinschaft. Auch in laufenden Insolvenzverfahren wurde darüber hinaus der Regelungsbereich des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO seit dem 1.1.2022 in § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO verschoben, gleichzeitig wurde (ohne Übergangsregelung) § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO neugefasst.54) Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll dies die Betriebsfortführung erleichtern, um zuvor unpfändbare Gegenstände bis zu einer Freigabeentscheidung nutzen zu können.55) Hierdurch können seit dem 1.1.2022 bis dahin unpfändbare Gegenstände unter den Insolvenzbeschlag fallen, wenn der Schuldner keine überwiegend persönlichen Leistungen erbringt.56) Mit Verfahrenseröffnung entstehende Ansprüche (z. B. anfechtungsrecht- 73 liche Rückgewähransprüche, Haftungsansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer o. Ä.) sind zu erfassen.57) An der Erfassung bestehen insoweit keine Zweifel. Ob viele der in diesem Zusammenhang genannten Ansprüche jedoch tatsächlich erst mit Insolvenzeröffnung entstehen, kann dogmatisch zweifelhaft sein. Die gesellschaftsrechtlichen Ansprüche könnten auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens von den Gesellschaftern oder einem neuen Geschäftsführer geltend gemacht werden, entstehen also gesellschafts___________ 53) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 11. 54) Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes v. 7.5.2021 (BGBl. I 2021, 850). 55) Begründung zu § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO, BT-Drucks. 19/27636, S. 34 f. 56) Zur Problematik ausführlich Wipperfürth, ZInsO 2021, 1148. 57) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 12.

25

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

rechtlich und z. T. aufgrund des Vorliegens einer Krise, nicht aber erst aufgrund Insolvenzeröffnung. Auch bei zahlreichen anfechtungsrechtlichen Rückgewähransprüchen ließe sich vertreten, sie entstünden außerhalb des Insolvenzrechts nach dem Anfechtungsgesetz, die Insolvenzordnung enthielte lediglich eine Konkretisierung und eine Zuweisung zur Insolvenzmasse zur Vermeidung von Sondermassen wie bei § 93 InsO. 74

Hintergrund: Was sind anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche? Bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners, die in einem bestimmten Zeitraum vor oder nach Insolvenzantragstellung vorgenommen wurden, sollen durch das Anfechtungsrecht rückgängig gemacht werden (Einzelheiten in §§ 129 – 147 InsO bzw. außerhalb eines Insolvenzverfahrens im Anfechtungsgesetz – AnfG). Damit erfolgt eine Erweiterung des Massebegriffs um Vermögenswerte, die im relevanten Zeitraum aus dem schuldnerischen Vermögen entfernt wurden.

75 Neuerwerb soll hingegen nicht erfasst werden.58) Dies beruht auf einer Ungenauigkeit des Gesetzes. § 151 InsO, der das Masseverzeichnis vorschreibt, enthält keinen Stichtag. § 153 InsO, der das Masseverzeichnis als Bestandteil des Vermögensverzeichnisses beschreibt, gibt als Stichtag jedoch den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor. Nach § 154 InsO sollen diese auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzielenden Rechenwerke der Vorbereitung des Berichtstermins dienen, der erst mehrere Wochen nach der Verfahrenseröffnung stattfindet. Der Gesetzgeber geht in §§ 157 ff. InsO davon aus, dass vor dem Berichtstermin keine Verwertungshandlungen stattfinden, was nicht der Realität entspricht. Falls nicht ohnehin die kontinuierliche Fortschreibung der Verzeichnisse gefordert wird (ĺ Rz. 221 ff.), ist die Berücksichtigung des Neuerwerbs auch bei dem auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung rekurrierenden Masseverzeichnis wenigstens mit einem Erinnerungswert sinnvoll.59) Regelfall des Neuerwerbs ist pfändbares Einkommen bei natürlichen Personen. Hier können bei sicherem Arbeitsverhältnis die voraussichtlich pfändbaren Beträge für sechs Monate ab Insolvenzeröffnung berücksichtigt werden, sofern mit einem früheren Verfahrensabschluss nicht gerechnet werden kann. 76 Was auf Betriebsfortführung beruht, also im Wesentlichen neue Forderungen aus Lieferung und Leistung, ist nicht zu erfassen. Stattdessen werden die per Stichtag Insolvenzeröffnung bereits vorhandenen Vermögenswerte mit dem sog. Fortführungswert erfasst (ĺ Rz. 95 ff.). Dies liegt auch darin begründet, dass der Gesetzgeber hier nicht von Neuerwerb, sondern von Surrogation ausgeht, da mit bereits vorhandenen Mitteln der Masse generiert.60) ___________ 58) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 13. 59) In diesem Sinne auch IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 20. 60) Begründung zu § 35 InsO (§ 42 RegE), abgedruckt bei Kübler/Prütting, RWS-Dok. 18, S. 203.

26

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

e) Drittrechte Absonderungsbehaftete Vermögensgegenstände sind zunächst mit ihrem 77 vollen Wert zu erfassen, d. h. nach dem Brutto-Prinzip, ohne Verrechnung mit dem Drittrecht.61) Es hat jedoch in einer separaten Spalte des Verzeichnisses ein Ausweis des Drittrechts zu erfolgen, das mit den Angaben im Gläubigerverzeichnis korrespondieren muss. In einer weiteren Spalte hat schließlich der Ausweis der Kostenbeiträge nach §§ 170, 171 InsO zu erfolgen, damit der für die freie Masse des Insolvenzverfahrens realisierbare Wert ersichtlich wird (ĺ Rz. 65). Vergleiche auch die Darstellung im Gläubigerverzeichnis (ĺ Rz. 146 ff.). 78

Hintergrund: Was sind Absonderungsrechte? Der Schuldner ist Besitzer eines Vermögensgegenstandes, ein Dritter beansprucht jedoch aufgrund eines bestimmten Sachverhalts den Verwertungserlös für sich. Beispiel: Der Schuldner war Eigentümer eines Fahrzeugs. Zur Besicherung eines Kredits hatte er das Fahrzeug jedoch an eine Bank sicherungsübereignet. Das Sachenrecht nach §§ 854 ff. BGB kennt allerdings keine Sicherungsübereignung! Das rechtliche Eigentum ging durch die Übereignung auf die Bank über. In einer Sicherungsabrede – meist innerhalb des Darlehensvertrags – wird jedoch zwischen Bank und Schuldner vereinbart, dass der Schuldner wirtschaftlicher Eigentümer bleiben soll. Damit muss auch er – und nicht die Bank – das Fahrzeug in seiner Buchführung als Anlage- oder Umlaufvermögen führen. Lediglich im Sicherungsfall, d. h. wenn das Darlehen gekündigt wird, darf die Bank das Fahrzeug verwerten und den Erlös mit eigenen Forderungen verrechnen. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die sog. Globalzession, d. h. die Abtretung von Forderungen aus Lieferung und Leistung zur Absicherung eines Gläubigers. Nach § 166 InsO geht das Verwertungsrecht auf den Insolvenzverwalter über.

Gegenstände, die einem Aussonderungsrecht unterliegen, sind ebenfalls zu 79 erfassen. Das IDW empfiehlt daher grundsätzlich das Brutto-Prinzip, sodass der Vermögensgegenstand mit seinem vollen Wert auszuweisen ist, das Aussonderungsrecht als Drittrecht.62) Das IDW rekurriert im Wesentlichen auf die unter einfachem Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenstände, die als Vorratsvermögen auszuweisen sind. Es gibt jedoch zahlreiche andere Aussonderungsrechte, wie z. B. die gemietete Betriebsimmobilie, geleaste Gegenstände etc. Dass solche Positionen, die rechtlich unstreitig nicht zur Insolvenzmasse gehören, in das Masseverzeichnis aufzunehmen sind, ergibt sich aus verschiedenen Gründen. Die Berichtigung der Ist-Masse zur Soll-Masse ist erst dem Zeitraum nach Verfahrenseröffnung zugewiesen. Die Beteiligten benötigen die Information, was genutzt oder gar in Geld liquidiert werden kann. ___________ 61) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 16. 62) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 18.

27

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

Ferner kann auch Aussonderungsgut für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV) oder des vorläufigen Sachwalters (§ 12a Abs. 1 Satz 4 InsVV) von Bedeutung sein. Nicht berücksichtigt werden muss indes eine gemietete Betriebsimmobilie, hier genügt ein Hinweis im Berichtswesen. (Ein-)Bauten auf fremden Grundstücken indes sind zu erfassen. 80

Hintergrund: Was sind Aussonderungsrechte? Der Schuldner ist weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer eines Vermögensgegenstands. Er ist lediglich Besitzer aufgrund eines Besitzüberlassungsvertrags, z. B. Miete, Pacht oder Leasing. Daher darf der Schuldner den Vermögensgegenstand, z. B. ein geleastes Fahrzeug, auch nicht bilanzieren. Außerhalb des Insolvenzverfahrens besteht insoweit ein Herausgabeanspruch des Eigentümers, innerhalb des Insolvenzverfahrens wandelt sich der Anspruch gegen den Schuldner auf Herausgabe in einen Anspruch gegen den Insolvenzverwalter auf Aussonderung um. Ein weiteres praxisrelevantes Beispiel ist der einfache Eigentumsvorbehalt der Lieferanten an Warenvorräten. Etwas komplexer ist der Mietkauf, der je nach Vertragsgestaltung zu einem Aus- oder Absonderungsrecht führt.

81 Vergleiche auch die Darstellung im Gläubigerverzeichnis (ĺ Rz. 159 ff.). 82 Feststehende Aufrechnungslagen sollten saldiert werden, streitige Aufrechnungslagen eher mit Einzelausweis. Das IDW empfiehlt jedoch in beiden Fällen das Brutto-Prinzip, sodass die Forderung des Schuldners mit ihrem vollen Wert auszuweisen ist, die Gegenforderung als Drittrecht.63) Beides führt zum selben Ergebnis. Die Auffassung des IDW beruht auf einer handelsrechtlichen Betrachtung (Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB), die hiesige Auffassung hingegen auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV (Saldierungsgebot). Vergleiche auch die Darstellung im Gläubigerverzeichnis (ĺ Rz. 156 f.). f) Zeitpunkt der Inventur 83 § 151 InsO enthält keinen Stichtag. Aus § 153 InsO ergibt sich jedoch, dass die Inventur auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zu erfolgen hat. Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter und/oder ein Sachverständiger im Insolvenzeröffnungsverfahren bestellt, erfolgt i. d. R. bereits eine Inventur auf den Stichtag der entsprechenden Anordnung. Im Regelfall bleibt nach Verfahrenseröffnung die Pflicht zu einer weiteren Inventur aber grundsätzlich unberührt,64) da sich der Bestand an Vorräten in einer (vorläufigen) Insolvenzverwaltung mit Betriebsfortführung nahezu täglich ändert. Verfügt das Unternehmen jedoch über ein ausreichendes Warenwirtschaftssystem, in dem Zugänge und Abgänge zuverlässig erfasst werden, kann auf eine weitere ___________ 63) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 17. 64) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 24.

28

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

zeitaufwendige Inventur auf den Stichtag Insolvenzeröffnung verzichtet werden. 84

Merke: Maßgeblich für die Erstellung des Masseverzeichnisses ist insoweit nur, dass auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung eine zuverlässige Angabe über Bestand und Wert des schuldnerischen Vermögens erfolgen kann. g) Inventurverfahren

Aus dem Stichtag der Inventur folgt das Prinzip der Stichtagsinventur. 85 Nach § 240 Abs. 1 HGB verlangt die Stichtagsinventur eine körperliche Bestandsaufnahme für einen bestimmten Tag. Abschnitt R 5.3 Abs. 1 Satz 2 EStR 2012 zu § 5 EStG gewährt für die Durchführung der Inventur einen Zeitkorridor von zehn Tagen vor oder nach dem Abschlussstichtag. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Bestandsveränderungen zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bestandsaufnahme anhand von Belegen oder Aufzeichnungen ordnungsgemäß berücksichtigt werden. Dieser handelsrechtliche Rahmen soll auch bei der insolvenzrechtlichen Inventur Anwendung finden, soweit nicht Besonderheiten des Insolvenzrechts strengere Maßstäbe erfordern.65) Bei einer Stichprobeninventur wird mit Hilfe mathematisch-statistischer 86 Methoden ein Durchschnittswert für eine Stichprobe ermittelt. Der Gesamtwert ergibt sich durch Multiplikation des Durchschnittswerts mit der Anzahl erfasster Vermögensgegenstände. Soweit die Verfahren der Stichprobeninventur den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen, sind sie nach § 241 Abs. 1 HGB zulässig. Auch dieses Prinzip soll – allerdings als Ausnahmefall – für die Erstellung insolvenzrechtlicher Rechnungslegungswerke zulässig sein.66) Hierbei ist jedoch größte Skepsis geboten. Nur wenn der Schuldner bis zum Insolvenzantrag eine Buchführung unterhielt, die diesem Namen Ehre gereicht, kann auch der Sachverständige bzw. der vorläufige Insolvenzverwalter hieran anknüpfen. Jeder Verdacht eines Materialschwunds muss zur Durchführung einer Stichtagsinventur führen. Überdies gehen bei der Stichprobeninventur Bestandserfassung und Bewertung ineinander über. Dies ist handelsrechtlich sinnvoll, da für die Bilanz letztendlich die Euro-Werte ausschlaggebend sind; im Insolvenzverfahren geht es aber zunächst einmal darum, die Vermögensgegenstände des Schuldners überhaupt zu ermitteln, auch um ggf. Aus- und Absonderungsrechte (z. B. von Lieferanten des Vorratsvermögens) ermitteln zu können.

___________ 65) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 26. 66) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 28.

29

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

h) Delegierbarkeit der Inventur und Mitwirkung des Schuldners 87 Die Pflicht zur Durchführung der Inventur obliegt schon wegen § 148 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter. Er muss die Inventur jedoch nicht persönlich durchführen,67) sondern lediglich durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Vorgänge, die zur Verletzung der Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur führen könnten, verhindert bzw. aufgedeckt und korrigiert werden.68) Grundsätzlich ist für die Inventur schuldnerisches Personal einzusetzen. Genießt das Personal nicht das Vertrauen des Verwalters, ist es nicht mehr vorhanden oder soll es sinnvollerweise primär im operativen Prozess eingesetzt werden, so kann eine Fremdvergabe der Inventur erfolgen. Gleiches gilt, wenn der Schuldner in früherer Zeit ebenfalls Dritte mit der jährlichen Inventur beauftragt hatte. Regelaufgabe des Insolvenzverwalters i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 InsVV ist insoweit nur die Organisation und Überwachung der Inventur. Die Frage der Zulässigkeit der Delegation im Hinblick auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO einerseits und im Hinblick auf die vergütungsrechtlichen Auswirkungen andererseits sind jedoch umstritten (zu den Einzelheiten siehe Rz. 116 ff.). 88 Der Schuldner, der ohnehin nach §§ 97, 101 InsO zur umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet ist, soll nach § 151 Abs. 1 Satz 2 InsO hinzugezogen werden, wenn dies ohne nachteilige Verzögerung möglich ist. Obgleich der Schuldner selbst keinen Einfluss auf die Inventur und die Erstellung der Verzeichnisse hat, kann er über § 98 InsO verpflichtet werden, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Masseverzeichnisses an Eides Statt zu versichern (ĺ Rz. 206 f.). 2. Bewertung der Vermögensgegenstände 89 Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Durchführung der Inventur erläutert wurde, ist nun zu erörtern, mit welchem Wert die Vermögensgegenstände im Masseverzeichnis anzusetzen sind. a) Angabe von Fortführungs- und Zerschlagungswerten 90 Grundsätzlich entscheidet erst die Gläubigerversammlung im Berichtstermin über die Fortführung oder Stilllegung des Geschäftsbetriebs des Schuldners (§ 157 InsO). Folgerichtig fordert § 151 Abs. 2 Satz 2 InsO den Ausweis sowohl der Zerschlagungswerte als auch der Fortführungswerte im Masseverzeichnis. Ist der Geschäftsbetrieb bei Einleitung bzw. Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits eingestellt, ist ein Ausweis der Fortführungswerte entbehrlich.

___________ 67) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 31. 68) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 31.

30

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

b) Ermittlung der Zerschlagungswerte Nach dem Rechnungslegungshinweis des IDW zur Bestandsaufnahme69) 91 werden die Zerschlagungswerte wie folgt ermittelt: Anzusetzen ist der Liquidationswert eines jeden Gegenstands. Dies ist der 92 am konkret vorhandenen – ggf. insolvenzspezifischen – Absatzmarkt im Wege der Einzelveräußerung erzielbare Preis. Nicht ausschlaggebend ist insoweit der Buchwert. Zunächst sind die wertbestimmenden Faktoren zu berücksichtigen. Hierzu gehören Fabrikat, Baujahr, Leistung, Alter bzw. Nutzungsdauer, bei Gruppenbewertungen auch die Menge etc. Des Weiteren zu berücksichtigen ist die Marktfähigkeit, d. h. das Vorhandensein eines Absatzmarkts, die voraussichtliche Verwertungszeit und die Verwertungsart. Etwaige Verwertungskosten sind wegen des Prinzips der Rohvermögensrechnung (ĺ Rz. 65) bei den Masseverbindlichkeiten (ĺ Rz. 168 ff.) zu erfassen, eine Verrechnung mit dem Vermögenswert im Masseverzeichnis findet nicht statt. 93

Merke: Maßgeblich ist der mögliche Veräußerungserlös an einem Absatzmarkt, der für gängige Vermögenswerte (wie z. B. Autos) sehr einfach und überschaubar sein kann. Für hoch spezialisierte Maschinen jedoch können sich weltweit vielleicht nur eine Handvoll Kaufinteressenten ermitteln lassen, sodass der Absatzmarkt entsprechend eingeschränkt und die Bewertung schwierig ist.

Die Zerschlagungswerte im Masseverzeichnis sollten mit den Werten der 94 Überschuldungsbilanz bei negativer Fortführungsprognose übereinstimmen. c) Ermittlung der Fortführungswerte Es ist nicht immer leicht verständlich, warum ein einzelner Vermögensge- 95 genstand im Fall der Fortführung des schuldnerischen Geschäftsbetriebs einen anderen, insbesondere höheren Wert haben soll als bei Liquidation. Gedanklich lässt sich dies wie folgt begründen. Ein Gegenstand des Sachanlageoder Umlaufvermögens, der aufgrund seines Zustands oder seiner Art am freien Markt zwar veräußerbar wäre, leistet bei Fortführung noch längere Zeit seine Dienste im schuldnerischen Unternehmen. Auf den ersten Blick wirkt sich dieser Umstand auf die Möglichkeit aus, weitere Forderungen aus Lieferung und Leistung generieren zu können. Daher könnte daran gedacht werden, solche prognostizierten Forderungen aus Lieferung und Leistung im Masseverzeichnis unter eben jener Position – Forderungen aus Lieferung und Leistung – anzugeben. Dies geht jedoch wegen des Stichtagsprinzips nicht, da unter der Position Forderungen aus Lieferung und Leistung nur die ___________ 69) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 34, 35.

31

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

am Stichtag Insolvenzeröffnung bereits vorhandenen Forderungen zu berücksichtigen sind. Eine Verzeichnisposition „prognostizierter Fortführungsüberschuss nach Insolvenzeröffnung“ existiert ohnehin nicht, weder in einer handelsrechtlichen Darstellung noch in einem Masseverzeichnis. Damit sich der prognostizierte Fortführungsüberschuss aber im Masseverzeichnis nun irgendwie widerspiegeln kann, könnte er auf diejenigen Positionen verteilt werden, die zum Stichtag der Inventur vorhanden sind und maßgeblichen Einfluss auf künftige Erlösgenerierung haben. Jeder Vermögensgegenstand hätte damit einen Zerschlagungswert zzgl. eines Anteils an prognostizierten Forderungen aus Lieferung und Leistung. Dies entspricht gedanklich einem Ertragswertverfahren. 96 Das IDW formuliert insoweit: Anzusetzen ist der Betrag, der den einzelnen Vermögenswerten „als Bestandteil des Gesamtkaufpreises des Unternehmens bei konzeptgemäßer Fortführung beizulegen wäre“.70) Die Fortführungswerte im Masseverzeichnis sollten nach diesem Modell mit den Werten der Überschuldungsbilanz bei positiver Fortführungsprognose übereinstimmen. Dies stellt nicht unbedingt eine Vereinfachung der Ermittlung dar, da zunächst ein Fortführungskonzept vorliegen muss, aus dem sich auch ein Unternehmenskaufpreis ergeben müsste, der dann wiederum auf die einzelnen Vermögenswerte zu verteilen wäre. Insoweit entstünde auch eine Verwechslung mit dem sog. good will, der bereits einen Unternehmenskaufpreis abzgl. Zerschlagungswerten repräsentiert. Einen good will als separaten Vermögenswert auszuweisen kann jedoch erheblich größere Vorteile mit sich bringen als der Ausweis höherer Fortführungswerte, da der good will nur äußerst selten mit einem Absonderungsrecht belegt ist. Der Definitionsversuch des IDW ist mit insolvenzrechtlichen Besonderheiten daher nicht vollständig in Einklang zu bringen. 97 Alternativ wird vertreten, für die Fortführungswerte die jeweiligen Wiederbeschaffungswerte anzusetzen. Dies ist jedoch auch nicht hilfreich. Statt eines Veräußerungserlöses muss nun ein Kaufpreis für jeden Vermögensgegenstand ermittelt werden. Die Wiederbeschaffungswerte sind dann nichts anderes als die Zerschlagungswerte zzgl. einer zu prognostizierenden Händlerspanne für den Erwerb gebrauchter Gegenstände. 98 Teilweise werden auch steuerliche Berechnungen herangezogen, um zu Fortführungswerten zu gelangen.71) Diese Methode hat jedoch die geringste Aussagekraft. 99 Insgesamt ist der Fortführungswert i. S. d. § 151 InsO folglich nicht legaldefiniert, kaum zuverlässig zu ermitteln und wird teilweise sogar für völlig überflüssig erachtet.72) Hier muss schlicht und ergreifend der Zweck der Unter___________ 70) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 37. 71) Jaeger/Eckardt, InsO, § 151 Rz. 41 (Teilwertbestimmung analog § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). 72) Heni, ZInsO 1999, 609.

32

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

scheidung zwischen Zerschlagungs- und Fortführungswerten in Erinnerung gerufen werden: 100

Merke: Anhand der Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 – 154 InsO soll die Gläubigerversammlung im Berichtstermin die Entscheidung darüber treffen, ob eine Fortführung oder eine Zerschlagung erfolgen soll. Wie die Fortführungswerte ermittelt werden, ist insoweit völlig gleichgültig, sofern hierdurch nicht die Gläubigerversammlung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben zu einem Fortführungsbeschluss „verführt“ wird. Die Gefahr ist jedoch gering, da der Auftragsbestand und Planrechnungen maßgeblich sind. Nicht unwichtig ist die Unterscheidung zwischen Zerschlagungs- und Fortführungswerten allerdings auch für die Ermittlung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters.73)

Dies ist sogar einer einfachen Kontrolle zugänglich, wenn auch erst zu einem 101 späteren Zeitpunkt: 102

Merke: Insoweit wird sich spätestens bei der Schlussrechnung als Ergebniskontrolle zeigen müssen, ob der Betriebsfortführungsüberschuss plus Kaufpreis (aus übertragender Sanierung) die Summe der im Masseverzeichnis prognostizierten Fortführungswerte erreicht.

Daher ist auch ein negativer Fortführungsüberschuss nicht zu beanstanden, 103 wenn z. B. durch die Fortführung überhaupt erst eine übertragende Sanierung ermöglicht wird.74) Beispiel:

104

Prognose: Zerschlagungswerte gemäß Masseverzeichnis

T€

10

Fortführungswerte gemäß Masseverzeichnis

T€

50

Fortführungsüberschuss

T€

./. 10

Kaufpreis übertragende Sanierung inkl. Firmenwert

T€

60

Summe

T€

50

Realisierte Werte:

___________ 73) Zimmer, InsVV, § 11 Rz. 99. 74) Aus der Rechtsprechung zum Vergütungsrecht: BGH, Beschl. v. 24.5.2005, IX ZB 6/03, NZI 2005, 567; BGH, Beschl. v. 16.10.2008, IX ZB 179/07, NZI 2009, 49; BGH, Beschl. v. 1.7.2010, IX ZB 208/08, NZI 2010, 942.

33

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

105 Trotz der defizitären Fortführung waren die zu Verfahrensbeginn recht hoch prognostizierten Fortführungswerte somit nicht unangemessen, da sie unter Einbeziehung des Kaufpreises aus übertragender Sanierung letztlich auch erzielt wurden, wenngleich verschoben in den Bereich der Abwicklung. d) Einzelfragen der Wertermittlung 106 Einzelfragen der Wertermittlung werden in der Literatur umfangreich erörtert und hier nur in Anlehnung an den IDW-Rechnungslegungshinweis zur Bestandsaufnahme75) skizziert. Da die Werte nicht ausschließlich für das Masseverzeichnis ermittelt werden, gehört die Frage der Wertermittlung auch in die Themengebiete „Gutachtenerstellung“ bzw. „Insolvenzgründe“. x

Konzessionen und gewerbliche Schutzrechte: Barwert der zukünftigen Erlöse (Marktpreise).

x

Geschäfts- oder Firmenwert: Berücksichtigung im Masseverzeichnis nur, wenn eine übertragende Sanierung überwiegend wahrscheinlich ist; ein konkretes Kaufangebot muss jedoch noch nicht vorliegen.76) Firmenwert = tatsächlicher Gesamtkaufpreis abzgl. Summe der prognostizierten Einzelzerschlagungswerte. Der Firmenwert hat insoweit besondere Bedeutung, als er Absonderungsrechte an den einzelnen Vermögensgegenständen „aushebelt“, sodass auf diese Weise freie Masse generiert werden kann. Daher wird hier der Geschäfts- oder Firmenwert mit dem good will gleichgesetzt. Davon zu unterscheiden sind Namensrechte (Marktwert der Firma).

x

Geleistete Anzahlungen: voraussichtliche Realisationswerte, insbesondere bei Nichterfüllungswahl (§ 103 InsO), die zu einem Erstattungsanspruch führen.

x

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte: Verkehrswert (Substanzwert oder Ertragswert).

x

Technische Anlagen und Maschinen sowie andere Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattung: Marktwert (Zerschlagung) bzw. Fortführungswert.

x

Anlagen im Bau: Ausweis mit Null (Zerschlagung) bzw. mit vorsichtig geschätztem Herstellungswert (Fortführung).

x

Anteile an verbundenen Unternehmen und Beteiligungen: Unternehmensbewertung erforderlich.

___________ 75) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 39 ff. 76) A. A. Jaeger/Eckardt, InsO, § 151 Rz. 50.

34

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

x

Ausleihungen und andere Forderungen an verbundene oder beteiligte Unternehmen: grundsätzlich Nominalwerte, ggf. Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen erforderlich, insbesondere bei Gruppeninsolvenzen.

x

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe: Einzelveräußerungswerte unter eventueller Abschreibung bis hin zum Schrottpreis (Zerschlagung) bzw. Fortführungswert.

x

Unfertige Erzeugnisse und unfertige Leistungen: Einzelveräußerungswerte unter eventueller Abschreibung bzw. Wertberichtigung bis hin zum Schrottpreis (Zerschlagung) bzw. Fortführungswert.

x

Fertige Erzeugnisse: Einzelveräußerungswerte (Fortführung), ggf. unter Berücksichtigung von Preisnachlässen (Zerschlagung).

x

Forderungen aus Lieferung und Leistung: Nennwert (Fortführung), ggf. unter Berücksichtigung von Gewährleistungseinbehalten, Wertberichtigungen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen oder Schadenersatzforderungen als Gegenforderungen (Zerschlagung).

x

Wertpapiere: aktuelle Markt- bzw. Börsenwerte.

x

Ansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer aus verschiedenen Rechtsgründen: unabhängig von Fortführung und Zerschlagung, allerdings zu Verfahrensbeginn nur selten bereits ausreichend konkretisiert • Erinnerungswert.

x

Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten: Nennwert.

x

Aktive Rechnungsabgrenzungsposten: nur für die handelsrechtliche Buchführung von Bedeutung. Reduzierung auf null, wenn der Position kein verwertbarer Vorteil zugrunde liegt.

x

Umsatzsteuer: alle vorgenannten Werte sind mit ihrem Brutto-Wert auszuweisen, die abzuführende Umsatzsteuer gehört als Masseverbindlichkeit in das Gläubigerverzeichnis.

Ausschlaggebend (wegen der Erfolgsmessung bei Verfahrensbeendigung) ist 107 letztlich immer die (subjektive) Einschätzung des Insolvenzverwalters. Hieraus folgt, dass die Bewertung auf der individuellen Erfahrung des Insolvenzverwalters zu beruhen hat. Gleichwohl sorgt die Marktorientierung dafür, dass die Schätzung auch objektiv ist.

35

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

108

Merke: Einzelheiten und Erläuterungen (insbesondere die Bewertungsmaßstäbe) sollten sich aus dem Berichtswesen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters einschließlich Eröffnungsgutachten ergeben. Dort kann er z. B. erläutern, warum eine im Jahresabschluss noch mit T¼ 100 bewertete Maschine nur noch einen Zerschlagungswert von T¼ 5 hat, oder warum die in der Debitorenliste des Schuldners aufgeführten Forderungen aus Lieferung und Leistung nur einen erheblich geringeren Wert als dort ausgewiesen haben. Die Hintergründe einer Bewertung spielen auch eine Rolle bei der Frage einer nachträglichen Abänderung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 InsO77) oder des vorläufigen Sachwalters gemäß § 12a Abs. 2 InsVV.78)

109 Das Masseverzeichnis bzw. der Bericht zum Berichtstermin bzw. das insoweit vorbereitende Eröffnungsgutachten sind Ausgangspunkt für jede weitere Prüfung des Rechnungswesens79) oder erneut: 110

Merke: Die Schlussrechnung fängt bereits mit dem Eröffnungsgutachten an. 3. Gliederung des Masseverzeichnisses

111 Für das Masseverzeichnis existiert keine gesetzliche Vorgabe einer Gliederung. Es dient jedoch dem Insolvenzverwalter selbst und den im Zweifel betriebswirtschaftlich geschulten Teilnehmern der Gläubigerversammlung, sich am Aufbau einer Handelsbilanz zu orientieren. Insolvenzspezifische Gliederungen (nach Liquidierbarkeit oder insolvenzrechtlicher Grundlage) sind zwar möglich und werden auch in der Theorie erörtert, führen jedoch zur Unübersichtlichkeit. Grundsätzlich sollte der Aufbau also demjenigen der Aktivseite einer Bilanz (§ 266 HGB) entsprechen. Die allgemeinen Grundsätze des HGB sind zunächst heranzuziehen, bevor Insolvenzspezifika zu berücksichtigen sind. Bei natürlichen Personen ergeben sich Vermögenswerte, die das HGB nicht kennt (pfändbares Einkommen, Hausrat u. a.), zudem sollte dem Steuerrecht folgend zwischen Betriebsvermögen und privat genutztem Vermögen differenziert werden. 112 Die Aufstellung muss sowohl Zerschlagungs- als auch Fortführungswerte enthalten (§ 151 Abs. 2 Satz 2 InsO), damit die Gläubigerversammlung über die Stilllegung oder Fortführung des schuldnerischen Unternehmens entscheiden kann (§ 157 Satz 1 InsO). ___________ 77) Zimmer, InsVV, § 11 Rz. 151 ff. 78) Zimmer, InsVV, § 12a Rz. 41 ff. 79) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 10.

36

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

Die Aufstellung muss geltend gemachte Drittrechte erkennen lassen. Dies 113 ergibt sich im Umkehrschluss aus den Anforderungen an das Gläubigerverzeichnis (ĺ Rz. 129 ff.), da dort Drittrechte kenntlich zu machen sind (§ 152 Abs. 2 Satz 3 InsO) und das Masseverzeichnis mit dem Gläubigerverzeichnis korrespondieren muss, was wiederum aus den Anforderungen an die Vermögensübersicht (Insolvenzbilanz) gemäß § 153 InsO (ĺ Rz. 198 ff.) folgt. Im Zusammenhang mit Drittrechten sind auch die sog. Kostenbeiträge i. S. d. §§ 170, 171 InsO zu berücksichtigen. Gelegentlich wird eine Saldierung von Drittrechten und Kostenbeiträgen vorgenommen; dies spart zwar eine Spalte in der Darstellung, widerspricht jedoch dem Prinzip der Rohvermögensrechnung (ĺ Rz. 65) und dem Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB (ĺ Rz. 303); das Saldierungsgebot des § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV gilt hier nicht. Ein Beispiel für ein Masseverzeichnis zu Zerschlagungswerten findet sich in 114 Abb. 2. Die Darstellung eines Masseverzeichnisses zu Fortführungswerten unterscheidet sich hinsichtlich der Gliederung nicht, sodass auf eine separate Darstellung verzichtet werden kann; zu ändern sind lediglich die Überschrift und selbstverständlich das Zahlenmaterial. Innerhalb der einzelnen Gliederungsüberschriften sind alle Vermögensgegenstände einzeln aufzuführen. Dass sich in der Praxis oft nur Summen finden, ohne dass die einzelnen Gegenstände erkennbar wären, erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen. 115

Liquidationswerte Buchwert

A.

Wert bei Stilllegung

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeiträge

Freie Masse

Anlagevermögen I.

Immaterielle Vermögensgegenstände 1.

Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte

2.

entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten

3.

Geschäfts- oder Firmenwert

(Abb. 2)

37

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens Liquidationswerte Buchwert Wert bei Stilllegung

II.

III.

B.

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeiträge

Freie Masse

Sachanlagen 1.

Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken

2.

technische Anlagen und Maschinen

3.

andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung

4.

Fuhrpark80)

Finanzanlagen 1.

Anteile an verbundenen Unternehmen

2.

Ausleihungen an verbundene Unternehmen

3.

Beteiligungen

4.

Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht

5.

Wertpapiere des Anlagevermögens

Umlaufvermögen I.

Vorräte 1.

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

2.

unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen

3.

fertige Erzeugnisse und Waren

(Abb. 2) Fortsetzung

___________ 80) Der Fuhrpark ist keine eigenständige Vermögensposition in der handelsrechtlichen Darstellung, jedoch wünschen viele Rechtspfleger einen separaten Ausweis, weswegen der SKR-InsO auch eigene Sachkonten für Verwertungserlöse bereithält. Gelegentlich, wie z. B. bei Kfz-Händlern, gehören die Fahrzeuge allerdings zum Umlaufvermögen. Auch dort sind sie so zu erfassen, dass eine zweifelsfreie Identifizierung möglich ist.

38

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO) Liquidationswerte Buchwert Wert bei Stilllegung

II.

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeiträge

Freie Masse

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1.

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen a) vor vorläufiger Verwaltung begründet b) in vorläufiger Verwaltung begründet81) c) nach Insolvenzeröffnung begründet82)

2.

sonstige Vermögensgegenstände a) ausstehende Stammeinlage b) Ansprüche gegen Gesellschafter83) c) Ansprüche gegen Geschäftsführer84)

III.

Wertpapiere 1.

Anteile an verbundenen Unternehmen

2.

sonstige Wertpapiere

(Abb. 2) Fortsetzung

___________ 81) Der separate Ausweis ist erforderlich, da an solchen Forderungen i. d. R. keine Absonderungsrechte aus Zession bestehen können und vergütungsrechtlich auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter ein eigenständiger Fortführungsüberschuss zu ermitteln ist. 82) Wegen des Stichtags der Insolvenzeröffnung kann hier (von Anzahlungen abgesehen) denklogisch noch kein Wert ausgewiesen werden, jedoch ist diese Position für eine Fortschreibung des Masseverzeichnisses hilfreich. 83) Aus „optischen“ Gründen oftmals als insolvenzspezifische Ansprüche ausgewiesen, um dem Eindruck entgegenzutreten, Gesellschafter würden „verschont“. 84) Aus „optischen“ Gründen oftmals als insolvenzspezifische Ansprüche ausgewiesen, um dem Eindruck entgegenzutreten, Geschäftsführer würden „verschont“.

39

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens Liquidationswerte Buchwert Wert bei Stilllegung

IV.

1.

Kasse Schuldner

2.

Kasse Insolvenzverwalter

3.

Bankkonto Schuldner

4.

Sonderkonto Insolvenzverwalter

5.

Sonderkonto Treuhandkontenmodell85)

Rechnungsabgrenzungsposten86)

D.

Aktive latente Steuern87)

E.

Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung88)

F.

Privatvermögen, z. B.:

II.

+

=

Kostenbeiträge

Freie Masse

Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks

C.

I.

./. Drittrechte

Immaterielle Vermögensgegenstände 1.

Patente

2.

Rechte an Domains etc.

Sachvermögen 1.

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte

(Abb. 2) Fortsetzung

___________ 85) Einzelheiten siehe Rz. 470 ff. 86) Insolvenzrechtlich entbehrlich. Jedoch wünschen manche Insolvenzgerichte die Beibehaltung der handelsrechtlichen Gliederung. Zudem ist durch die Aufnahme dieser Position ein vollständiger Abgleich mit den Buchwerten des Schuldners möglich. 87) Insolvenzrechtlich entbehrlich. Jedoch wünschen manche Insolvenzgerichte die Beibehaltung der handelsrechtlichen Gliederung. Zudem ist durch die Aufnahme dieser Position ein vollständiger Abgleich mit den Buchwerten des Schuldners möglich. 88) Insolvenzrechtlich entbehrlich. Jedoch wünschen manche Insolvenzgerichte die Beibehaltung der handelsrechtlichen Gliederung. Zudem ist durch die Aufnahme dieser Position ein vollständiger Abgleich mit den Buchwerten des Schuldners möglich.

40

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO) Liquidationswerte Buchwert Wert bei Stilllegung

III.

IV.

2.

Hausrat

3.

Fahrzeuge89)

4.

Schmuck, Wertgegenstände

5.

Sonstige

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeiträge

Freie Masse

Finanzvermögen 1.

Bankguthaben

2.

Wertpapiere

3.

Forderungen (Darlehen, Erbengemeinschaft, Schadenersatzansprüche etc.)

4.

Bausparguthaben

5.

Lebensversicherungen

6.

Sonstige

pfändbares Einkommen 1.

pfändbares Einkommen (laufend)90)

2.

Pfändbares Einkommen (rückständig)91)

(Abb. 2) Fortsetzung

___________ 89) Eine typische Position bei natürlichen Personen, bei der vergessen wird, zwischen Betriebs- und Privatvermögen zu differenzieren, obgleich auch im Hinblick auf die Umsatzbesteuerung von einiger Bedeutung. 90) Schätzwert für einen angemessenen Zeitraum nach Verfahrenseröffnung. Auch wenn es sich um Neuerwerb handelt, der eigentlich nicht in das Masseverzeichnis aufgenommen werden soll, sollte mindestens ein Erinnerungswert angesetzt werden. Außerdem dient diese Zeile einer Fortschreibung des Masseverzeichnisses. 91) Begründet vor Verfahrenseröffnung. Nicht selten haben Schuldner noch (titulierte) Ansprüche aus früheren Arbeitsverhältnissen.

41

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens Liquidationswerte Buchwert

Wert bei Stilllegung

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeiträge

Freie Masse

G. Insolvenzspezifische Ansprüche I.

Anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche92)

II.

Ansprüche gegen Gesellschaftsorgane, soweit nicht unter B.II.2. erfasst.

III.

Sonstige

H. Sondermassen93)

I.

I.

Haftung von Personengesellschaftern nach § 128 HGB i. V. m. § 93 InsO oder §§ 171, 172 Abs. 4 HGB

II.

Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 15a, 92 Satz 1 InsO

III.

Sonstige

Summe Aktiva

(Abb. 2) Fortsetzung

4. Hinzuziehung eines Sachverständigen a) Einleitung 116 Nach § 151 Abs. 2 Satz 3 InsO kann der Insolvenzverwalter einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn es um eine besonders schwierige Bewertung einer Vermögensposition geht. Diese Einschränkung gilt also nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht auch für die Durchführung der Inventur. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Bestandsaufnahme und Bewertung regelmäßig bereits im Antragsverfahren vorgenommen werden, sodass die Norm auch ein bisschen an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. In der Praxis wird daher etwas großzügiger von der Einschaltung externer Dienstleister Gebrauch ge___________ 92) Hier wäre im Grunde ebenfalls zwischen Betriebs- und Privatvermögen zu differenzieren. Allerdings nur aus steuerlichen Gründen: zum einen ist die Relevanz für die Ertragbesteuerung zu klären, zum anderen kommt es für den Vorsteuerabzug aus der Verwaltervergütung auf die Aufteilung zwischen Betriebs- und Privatvermögen an. Maßgeblich aber kann ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch eine Vorsteuerberichtigung mit der Folge einer Masseverbindlichkeit erforderlich machen, aber eben auch nur, wenn die angefochtene Rechtshandlung etwas mit dem Betriebsvermögen zu tun hatte. 93) Das Problem der Sondermassen wird in der Praxis meist völlig verkannt. Zu den Einzelheiten siehe Rz. 388 ff.

42

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

macht. Regelmäßig nimmt das beauftragte Unternehmen sowohl die Bestandserfassung (Inventur) als auch die Bewertung vor und liefert dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter den entsprechenden Teil des Masseverzeichnisses. Das IDW hält diese Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt des § 60 InsO (Haftung des Insolvenzverwalters) sogar für erforderlich.94) Bei einer solchen Delegation entsteht jedoch die Diskussion der vergütungsrechtlichen Auswirkung. Daher ist zu differenzieren: b) Inventur und Bewertung im Antragsverfahren Sofern im Antragsverfahren eine Inventur nebst Bewertung auf Initiative des 117 Gutachters erfolgt, wird § 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO analog heranzuziehen sein. Dann ist der Bewerter ein vom Insolvenzgericht (auf Vorschlag des Gutachters) zu bestellender Untersachverständiger, der einen eigenständigen Vergütungsanspruch nach JVEG gegen die Staatskasse hat,95) im weiteren Verfahrensverlauf als Masseverbindlichkeit nach § 54 Nr. 1 InsO (Auslagen der Gerichtskasse) zu behandeln. Dies wäre die Lösung mit der größten Rechtssicherheit. Ein zweiter Ansatz ist der, den Bewerter als Hilfskraft des Gutachters zu behandeln. Dann wäre der Bewerter zunächst vom Gutachter zu entlohnen, der Gutachter seinerseits hätte anschließend einen Auslagenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG. Allerdings kann das Insolvenzgericht die Angemessenheit der Vergütung dieser Hilfsperson prüfen,96) was meist dahingehend beantwortet wird, dass der Bewerter keinen höheren Stundensatz als der Gutachter verlangen können soll. Oftmals wird der Bewerter auf Initiative des „schwachen“ vorläufigen Insol- 118 venzverwalters tätig. Da der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter in Ermangelung einer Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis keine Verpflichtungsgeschäfte für den Schuldner tätigen kann, käme in Betracht, dass der Schuldner selbst den Bewerter beauftragt und der „schwache“ vorläufige Verwalter anschließend der Zahlung des Honorars zustimmt. Dies scheint jedoch insbesondere bei Gläubigeranträgen auf Insolvenzeröffnung praxisfremd und wird noch problematischer, wenn die Rechnung des Bewerters erst nach Verfahrenseröffnung gezahlt werden soll (dann handelt es sich nur noch um eine ungesicherte Insolvenzforderung i. S. d. § 38 InsO). Sofern die Insolvenzgerichte entsprechendes Problembewusstsein haben, sollte daher eine Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts angestrebt werden. Damit wäre einerseits die Begleichung als sonstige Masseverbindlichkeit analog § 55 Abs. 2 InsO geklärt und andererseits indiziert, dass es sich um eine delegationsfähige Sonderaufgabe handelt. Denn es ist zwar Aufgabe des „schwachen“ vorläufigen Verwalters, das Vermögen des Schuldners zu sichern (§ 22 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO), und eine solche Sicherung setzt ___________ 94) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 56. 95) AG Hamburg, Beschl. v. 29.4.2013 – 67g IN 327/11, ZInsO 2014, 1071. 96) OLG Jena, Beschl. v. 20.1.2012 – 9 W 580/11, IBR 2012, 425 = JurionRS 2012, 11525.

43

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

voraus, dass das zu Sichernde erst einmal (durch Bestandsaufnahme) ermittelt wird. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, der „schwache“ vorläufige Verwalter habe eine Inventur selbst durchzuführen. Er schuldet lediglich die Organisation und Überwachung der Inventur (ĺ Rz. 87). Dem steht auch nicht entgegen, dass mit der Inventur zugleich eine Bewertung durch einen externen Dienstleister einhergeht. Abgesehen davon, dass § 151 Abs. 2 Satz 3 InsO nicht im Antragsverfahren gilt, beziehen sich derartige Fremdbewertungen regelmäßig nur auf die Positionen A. II. 2., A. II. 3. und B. I. der umfangreichen Abb. 2 (ĺ Rz. 115). Es wird also keineswegs ein vollständiges Eröffnungsgutachten oder Masseverzeichnis von dritter Seite eingeholt. Ferner haben externe Dienstleister die bessere Marktübersicht und können schon in dieser Phase der Bewertung die Marktsituation berücksichtigen. Unrealistische Werte nützen dem Adressaten, d. h. dem Insolvenzgericht und der Gläubigerversammlung, nichts. Wo es aufgrund der Haltung einiger Insolvenzgerichte an einer Einzelermächtigung fehlt, sollte die zwangsläufige Begleichung einer Insolvenzforderung unbeanstandet bleiben. c) Inventur und Bewertung im eröffneten Verfahren 119 Auch wenn das Gesetz zu unterstellen scheint, dass eine Inventur und Bewertung grundsätzlich im eröffneten Verfahren zu erfolgen hat, ist dies aufgrund vorstehender Ausführungen doch eher die Ausnahme. Hierzu gehört die Verfahrenseröffnung ohne vorläufige Verwaltung, aber auch ein Wechsel in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch Auswechselung des Insolvenzverwalters oder bei einem Wechsel von Eigenverwaltung zu Regelinsolvenzverfahren bzw. umgekehrt. Auch der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren schuldet lediglich die Organisation und Überwachung der Inventur (ĺ Rz. 87). Hinsichtlich der Bewertung ist nun § 151 Abs. 2 Satz 3 InsO zu berücksichtigen, sodass nur „besonders schwierige“ Bewertungen an externe Dienstleister übertragen werden dürfen. Wie bereits ausgeführt, ist hier – im Lichte des § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV – jedoch ein großzügiger Maßstab anzulegen, sodass angemessene Honorare Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufgrund delegierter Sonderaufgaben sind. 5. Besonderheiten in der Eigenverwaltung a) Vorläufige Eigenverwaltung 120 Für die ab dem 1.1.2021 beantragten Eigenverwaltungsverfahren (Art. 103m Satz 1 EGInsO) wurde die vorläufige Eigenverwaltung neu kodifiziert. Gemäß § 270a Abs. 1 InsO hat der Schuldner bereits mit den Antragsunterlagen eine Eigenverwaltungsplanung vorzulegen. Behebbare Mängel stehen einer einstweiligen Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung nicht entgegen (§ 270b Abs. 1 Satz 2 InsO). Der vorläufige Sachwalter hat die Eigenverwaltungsplanung zu prüfen (§ 270c Abs. 1 Nr. 1 InsO). Gelegentlich wird der vorläufige Sachwalter ergänzend als Sachverständiger beauftragt zu prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt. Nach hier vertretener Auffassung führt all 44

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

dies dazu, dass nicht anders als bei der vorläufigen Verwaltung eine Inventur auf den Stichtag der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung zu erfolgen hat. b) Anordnung im Eröffnungsbeschluss/Allgemeines Die Eigenverwaltung ist im Eröffnungsbeschluss (erneut) anzuordnen (§ 270f 121 InsO). Die Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 ff. InsO sind vom Schuldner selbst zu erstellen; der Sachwalter hat sie jedoch zu prüfen und schriftlich zu erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (§ 281 Abs. 1 InsO). Insoweit muss der Sachwalter erkennen können, welches Inventurverfahren (ĺ Rz. 85 ff.) mit welchem Zuverlässigkeitsgrad vom Schuldner angewendet wurde. Vorzugswürdig ist auch hier die Durchführung einer Stichtagsinventur. Wie auch bei einer Inventur auf Veranlassung des Insolvenzverwalters kann eine Stichprobeninventur nur zulässig sein, wenn der Schuldner über ein ausreichendes Warenwirtschaftssystem verfügt, bei dem auch mehrere Stichproben nicht zu Abweichungen des IstBestands vom Soll-Bestand führen. Allerdings sollten diese Stichproben dann vom Sachwalter selbst ausgewählt werden. Hinsichtlich der Aufstellung des Masseverzeichnisses kann auf die allgemei- 122 nen Grundsätze verwiesen werden. Da Eigenverwaltungen schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit Betriebsfortführungen beantragt werden, sind hauptsächlich die Fortführungswerte einschlägig. Gleichwohl sind auch Zerschlagungswerte anzugeben, da es auch in der Eigenverwaltung der Gläubigerversammlung obliegt darüber zu entscheiden, ob es zu einer Einstellung des Geschäftsbetriebs oder einer Betriebsfortführung kommen soll (§ 157 Satz 1 InsO). Für die Bestimmung des Umfangs der Prüfungspflicht des Sachwalters kann 123 § 274 Abs. 2 Satz 1 InsO herangezogen werden. Hiernach hat der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen. Dies schließt es im Grundsatz aus, dass sich der Sachwalter bei der Prüfung des Masseverzeichnisses auf Stichproben oder eine Plausibilitätskontrolle beschränken kann. Der Kenntnisstand des Sachwalters muss daher im Ergebnis demjenigen eines Insolvenzverwalters entsprechen; andernfalls wäre er nicht in der Lage, belastbare Aussagen zum Masseverzeichnis zu treffen. Um dem Sachwalter die entsprechende Prüfung zu ermöglichen, verweist 124 § 274 Abs. 2 Satz 3 InsO auf § 22 Abs. 3 InsO, der in abgewandelter Begrifflichkeit lautet: § 22 Abs. 3 InsO 1

Der Sachwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. 2Der Schuldner hat dem Sachwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. 3Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben

45

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 InsO gelten entsprechend.

125 Anders als in der vorläufigen Verwaltung ist die Bestandsaufnahme vom Schuldner zu veranlassen. Er hat dem Sachwalter dezidiert die jeweiligen Bewertungsmaßstäbe darzulegen. Insgesamt kann auch der Schuldner einen professionellen Bewerter beauftragen, wobei es aus Gründen der Verfahrenseffizienz hilfreich zu sein scheint, dass sich Schuldner und (vorläufiger) Sachwalter auf einen insolvenzrechtlich bewanderten Sachverständigen einigen, oftmals bereits vorbereitet durch die schuldnerischen Berater. c) Nachträgliche Anordnung 126 Gemäß § 271 InsO ist auch eine nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung möglich, wenn die Gläubigerversammlung dies beantragt und der Schuldner zustimmt. Sofern es sich bei der Gläubigerversammlung um den Berichtstermin handelt, ändert sich nichts daran, dass der Insolvenzverwalter die Inventur durchzuführen hat(te), da das Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO aufgrund § 154 InsO bereits vor dem Berichtstermin einzureichen war. Hat vor dem Berichtstermin jedoch eine fakultative Gläubigerversammlung i. S. d. § 75 InsO stattgefunden, die zur nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung führte, geht die Zuständigkeit für die Erstellung der Verzeichnisse aufgrund § 281 Abs. 1 Satz 1 InsO zwar auf den Schuldner über; da die Inventur allerdings auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung rekurriert, wird sie dann bereits zeitnah vom Insolvenzverwalter durchgeführt worden sein, sodass sich der Schuldner ggf. auf diese Inventur des (vormaligen) Insolvenzverwalters berufen kann. Ob der Schuldner bei nachträglicher Anordnung der Eigenverwaltung dennoch eine erneute Inventur durchzuführen hat, ist nicht geklärt. Sofern jedoch – wie hier – vertreten wird, das Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO gehöre zum internen Rechnungswesen (ĺ Rz. 56), das bei Eigenverwaltung wiederum dem Schuldner obliegt (§ 281 Abs. 3 Satz 1 InsO), müsste eine Inventur nebst Bewertung auf den Stichtag der nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung zwingend sein. Gelangt der Schuldner zu anderen Werten als es der (vormalige) Insolvenzverwalter bereits vorbereitet hatte, so kann der (nunmehr personenidentische) Sachwalter seine eigenen Zwischenergebnisse für die Prüfung und Stellungnahme i. S. d. § 281 Abs. 1 InsO heranziehen. 127 Wird die Eigenverwaltung erst nach dem Berichtstermin angeordnet, so ist analog § 151 InsO ein vom Schuldner zu erstellendes Masseverzeichnis auf den Stichtag der Anordnung der Eigenverwaltung zu fordern. Folglich sind auch neue Bewertungen erforderlich, die vom Schuldner vorzunehmen und vom Sachwalter zu prüfen sind. Hierfür müsste der (vormalige) Insolvenzverwalter im Grunde eine Schlussbilanz seiner Tätigkeit i. S. d. § 153 InsO erstellen, mindestens aber das Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO bis zum Ende seiner Tätigkeit fortschreiben. Weichen die Werte von der Eröffnungs-

46

II. Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

bilanz der Eigenverwaltung ab, hat der (nunmehr personenidentische) Sachwalter entsprechende Ausführungen zu machen. Insgesamt gelten auch hier die Grundsätze, die bei einem Verwalterwechsel 128 gelten (ĺ Rz. 1360): 129

Merke: Bei jedem Wechsel in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist vom neuen Verwaltungs- und Verfügungsbefugten ein eigenständiges Masseverzeichnis zu erstellen, das auf einer eigenen Bestandsaufnahme basiert.

Freilich dürfen solche Verzeichnisse nicht zum Selbstzweck führen. In vielen 130 Fällen wird es genügen, vorgefundene Verzeichnisse zu aktualisieren oder zu kommentieren. Solche Einsparungen bei der Darstellung ändern aber nichts daran, dass jeder Verwaltungs- und Verfügungsbefugte zu prüfen hat, was die Ausgangslage seines Handelns und seiner Rechenschaftspflicht sein soll. d) Aufhebung der Eigenverwaltung Kommt es zu einer Aufhebung der Eigenverwaltung unter Bestellung eines 131 Insolvenzverwalters, hat aus den vorgenannten Erwägungen erneut eine Inventur nebst Bewertung zu erfolgen. Da das Masseverzeichnis zur Rechnungslegung des nach § 80 Abs. 1 InsO Verwaltungs- und Verfügungsbefugten gehört, kommt es bei der Frage nach einer Inventur oder eines Masseverzeichnisses nicht auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung an, obgleich die systematische Stellung des § 151 InsO dies vermuten lassen könnte. Maßgeblich ist allein die Frage, wer für welchen Zeitraum zur Rechenschaftslegung verpflichtet ist. Insgesamt gelten auch hier die Grundsätze, die bei einem Verwalterwechsel 132 (ĺ Rz. 1360) bzw. einer nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung (ĺ Rz. 126 ff.) gelten. 6. Verzicht auf das Masseverzeichnis (§ 151 Abs. 3 InsO) § 151 Abs. 3 InsO

133

1

Auf Antrag des Verwalters kann das Insolvenzgericht gestatten, dass die Aufstellung des Verzeichnisses unterbleibt; der Antrag ist zu begründen. 2Ist ein Gläubigerausschuss bestellt, so kann der Verwalter den Antrag nur mit Zustimmung des Gläubigerausschusses stellen.

Im Grunde käme die Norm nur bei „verkappten“ Verbraucherinsolvenzver- 134 fahren in Betracht. Und selbst dort stellte sich die Frage, ob nicht die Aufzählung einiger weniger Vermögensgegenstände weniger zeitraubend wäre als ein entsprechender Verzichtsantrag einschließlich dessen Bearbeitung. Da das Masseverzeichnis Bestandteil der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ist, aber auch Grundlage für die Aufsicht der Insolvenzgerichte (§ 58 InsO), die regelmäßig auch die Vollständigkeit der Masseverwer47

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

tung prüfen, dürfte eine Befreiung von der Erstellung des Masseverzeichnisses schon generell nicht in Betracht kommen; erst recht nicht in denjenigen Verfahren, die so groß sind, dass ein Gläubigerausschuss eingesetzt wurde. Gleiches gilt für die Eigenverwaltung. Im Ergebnis hat die Norm also keinen relevanten Anwendungsbereich. Sie ist ein Überbleibsel aus der Konkursordnung, zu deren Zeiten noch völlig andere Auffassungen von Inhalt und Notwendigkeit des Masseverzeichnisses oder gerichtlicher Aufsicht gelebt wurden. Etwas anderes mag gelten, wenn schon der obligatorische Berichtstermin zugleich Erörterungs- und Abstimmungstermin i. S. e. Insolvenzplans sein soll und wenigstens eine Bestandsaufnahme auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung nachgewiesen wird. Dennoch bleiben rechtliche Bedenken, da das Masseverzeichnis auch zur Rechnungslegung i. S. d. §§ 666, 259 Abs. 1 InsO gehört; diese Rechte aus der Rechenschaftslegung stehen dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger zu, sodass ohne deren Anhörung auch das Gericht keinen Verzicht verfügen kann. III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) § 152 Abs. 1 InsO

135

Der Insolvenzverwalter hat ein Verzeichnis aller Gläubiger des Schuldners aufzustellen, die ihm aus den Büchern und Geschäftspapieren des Schuldners, durch sonstige Angaben des Schuldners, durch die Anmeldung ihrer Forderungen oder auf andere Weise bekannt geworden sind. § 152 Abs. 2 Satz 2 InsO Bei jedem Gläubiger sind die Anschrift sowie der Grund und der Betrag seiner Forderung anzugeben.

136 Die im Gläubigerverzeichnis auszuweisenden Gläubiger nebst ihrer Forderungen stellen die Passivseite einer Insolvenzbilanz dar. 1. Insolvenzgläubiger – Prinzip der Vollständigkeit/Stichtag 137 Im Gläubigerverzeichnis werden sämtliche Gläubiger erfasst, die dem Ersteller auf gleichwelche Weise bekannt werden. Es gilt das Prinzip der Vollständigkeit, ungeachtet einer späteren Forderungsanmeldung oder Befriedigungsmöglichkeit. Zunächst einmal geht es um die Erfassung der Insolvenzgläubiger. 138

Merke: Insolvenzgläubiger sind persönliche Gläubiger des Schuldners, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO).

139 Während der Schuldner gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 InsO bei der Erstellung des Masseverzeichnisses ausdrücklich hinzugezogen werden soll (ĺ Rz. 87 f.), fehlt eine entsprechende Regelung in § 152 InsO für das Gläubigerver-

48

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

zeichnis. Allerdings sehen §§ 97 ff. InsO ohnehin als Generalnormen entsprechende Mitwirkungspflichten des Schuldners vor, sodass der Schuldner entsprechend auskunftspflichtig ist. In diesem Kontext spielt auch die Postsperre i. S. d. § 99 InsO eine Rolle. 140

Merke: An die Ermittlung in Betracht kommender Gläubiger sind vergleichbare Anforderungen zu stellen wie an die Inventur bzw. Ermittlung der Vermögenswerte, d. h. der Insolvenzverwalter hat jedem Hinweis nachzugehen und jede Information auszuwerten. Dies bezieht sich jedoch nur auf die Frage, ob ein Dritter als Insolvenzgläubiger potentiell in Betracht kommen könnte, um Zustellungen an ihn vornehmen und ihm eine Forderungsanmeldung ermöglichen zu können.

Bei natürlichen Personen wird im Masseverzeichnis zwischen Betriebs- und 141 Privatvermögen unterschieden. Beim Gläubigerverzeichnis wird bislang darauf verzichtet, da diese Aufteilung keinen sinnstiftenden Nutzen hatte. Hinsichtlich der Berechtigung zum Vorsteuerabzug (aus der Verwaltervergütung) ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Aufteilung anhand der angemeldeten Insolvenzforderungen zu erfolgen hat.97) Da das Gläubigerverzeichnis und die Insolvenztabelle in einem engen (technischen) Zusammenhang stehen, sollte auch bei Insolvenzforderungen differenziert werden, ob die Verbindlichkeiten im Privat- oder Betriebsvermögen entstanden sind. Insoweit würde sich eine ganz andere Aufteilung bestimmter Gläubiger (z. B. Banken, Finanzamt) ergeben, bereits bei Eingabe in das Gläubigerverzeichnis oder in die Insolvenztabelle zu berücksichtigen. Unter dem Begriff der Anschrift in § 152 Abs. 2 Satz 2 InsO ist die ladungs- 142 fähige Anschrift des Gläubigers zu verstehen, da dieser mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens – jedenfalls mit Anmeldung seiner Forderung zur Insolvenztabelle – Partei eines Gerichtsverfahrens wird. Aus diesem Grund sind die Gläubigerbezeichnungen exakt zu formulieren, d. h. einschließlich gesetzlicher Vertretungsverhältnisse und etwaiger Verfahrensbevollmächtigter.98) Zivilrechtliche Probleme, wie z. B. eine Gesamtgläubigerschaft99) o. ä., sind zu berücksichtigen, was je nach eingesetzter Software primär ein Problem der technischen Umsetzung ist. Erfolgen Forderungsanmeldungen, werden die Gläubiger in der EDV meist nicht neu angelegt, sondern die Stammdaten werden aus dem Gläubigerverzeichnis übernommen. Dann fällt oft erst bei der Schlussverteilung auf, dass die Gläubigerbezeichnungen ungenau sind, was zu Ermittlungsaufwand, Ermittlungskosten und ggf. Auseinandersetzun___________ 97) BFH, Urt. v. 15.4.2015 – V R 44/14, ZIP 2015, 1237, dazu EWiR 2015, 489 (Schmittmann); BFH, Urt. v. 21.10.2015 – XI R 28/14, ZIP 2016, 731. 98) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 65. 99) Zu den Anforderungen an eine Forderungsanmeldung von Gesamtgläubigern siehe BGH, Urt. v. 5.7.2018 – IX ZR 167/15, NZI 2018, 743.

49

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

gen mit der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts führen kann; dies kann schon zu Verfahrensbeginn vermieden werden, indem bei der Erstellung des Gläubigerverzeichnisses größtmögliche Sorgfalt angewendet wird. Negative Beispiele sind Ungenauigkeiten bei der Bezeichnung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (wer verbirgt sich hinter einer Müller & Meier GbR?) sowie bei Inhabern von Einzelfirmen mit Phantasienamen. 143

Merke: Orientierungsmaßstab zur vollständigen Bezeichnung des Gläubigers im Gläubigerverzeichnis ist die Definition der (Prozess-)Partei i. S. d. § 4 InsO i. V. m. §§ 50 ff. ZPO, da es sich bei dem Insolvenzverfahren um ein Gerichtsverfahren handelt, in dem die Insolvenzgläubiger Parteien sind.

144 § 152 InsO enthält keinen Stichtag. § 153 InsO, der jedoch das Gläubigerverzeichnis als Bestandteil der Vermögensübersicht beschreibt, gibt als Stichtag den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor. Dies ist schon deswegen selbstverständlich, weil die Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen Kernaufgabe auf der Passivseite ist. Nicht selten übersehen werden hier Insolvenzgläubiger aus dem Antragsverfahren. 2. Absonderungsberechtigte und nachrangige Gläubiger § 152 Abs. 2 Satz 1 InsO

145

In dem Verzeichnis sind die absonderungsberechtigten Gläubiger und die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger gesondert aufzuführen. § 152 Abs. 2 Satz 3 InsO Bei den absonderungsberechtigten Gläubigern sind zusätzlich der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht besteht, und die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls zu bezeichnen; § 151 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

a) Absonderungsberechtigte Insolvenzgläubiger 146 Absonderungsberechtigte Gläubiger sind i. d. R. ganz „normale“ Insolvenzgläubiger. Sie können jedoch gemäß §§ 49 – 51 InsO Absonderungsrechte an bestimmten Vermögensgegenständen des Schuldners geltend machen. Solche Gläubiger können – vereinfacht ausgedrückt – an einer Schlussverteilung nur mit dem Betrag teilnehmen, der nach Anrechnung eines Erlöses aus der Verwertung des Absonderungsguts als persönliche Forderung verbleibt (§§ 52, 190 InsO). 147

Merke: Da absonderungsberechtigte Insolvenzgläubiger im unmittelbaren Zusammenhang mit einem im Masseverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstand stehen (ĺ Rz. 74 ff.), müssen sie im Gläubigerverzeichnis besonders kenntlich gemacht werden.

50

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

Die Angaben müssen grundsätzlich mit den Angaben im Masseverzeichnis 148 korrespondieren. Dies wird dadurch erleichtert, dass der Vermögensgegenstand, an dem das Absonderungsrecht geltend gemacht wird, im Verzeichnis der (absonderungsberechtigten) Gläubiger (nochmals) genannt werden muss (§ 152 Abs. 2 Satz 3 InsO). Werden im Masseverzeichnis unterschiedliche Werte für Liquidation und Fortführung genannt, muss dies auch für die Berechnung des voraussichtlichen Ausfalls im Gläubigerverzeichnis erfolgen; dies folgt aus dem Verweis auf § 151 Abs. 2 Satz 2 InsO in § 152 Abs. 2 Satz 3 InsO. Allerdings dürfte sich das Absonderungsrecht stets nur auf den Zerschlagungswert beziehen, da dem Absonderungsgläubiger in der Einzelvollstreckung auch kein höherer Wert zuflösse. Dies ist der Grund, warum die Differenz zwischen den Werten im tatsächlichen Kaufvertrag bei übertragender Sanierung (asset deal) in einen good will „verschoben“ wird. Die Absonderungsrechte beruhen i. d. R. auf schuldrechtlichen Verträgen 149 oder dinglichen Verfügungen (Globalzession, Sicherungsübereignung, Vermieterpfandrecht etc.), die der Insolvenzverwalter zu prüfen hat. Nach diesem ersten Schritt der zivilrechtlichen Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Absonderungsrechts ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob das Absonderungsrecht durch die Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) beseitigt werden kann. Daher kann es durchaus vorkommen, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Verzeichnisse die Berechtigung des Absonderungsrechts noch nicht abschließend geklärt werden konnte. Hier scheint es sinnvoll, vom schlechtestmöglichen Ergebnis für die Masse auszugehen, d. h. in den Verzeichnissen ist das Absonderungsrecht vollumfänglich zu berücksichtigen. Im Textteil, d. h. im Bericht zum Berichtstermin, kann darauf eingegangen werden, inwieweit Aussichten bestehen, das Absonderungsrecht noch abwehren zu können. Absonderungsberechtigte Gläubiger sind auch dann aufzuführen, wenn ihnen 150 keine persönlichen Forderungen gegen den Schuldner zustehen.100) So ist es kein Ausnahmefall, dass aus dem Vermögen des Schuldners eine Sicherheit für Forderungen des Gläubigers gegen einen Dritten bestellt wurde. Beispiel:

151

Bestellung einer Grundschuld auf einem Grundstück der Besitzgesellschaft (Schuldner) als Sicherheit für persönliche Forderungen des Gläubigers gegen die Betriebsgesellschaft (Dritter). Ein besonderer Fall sind konkurrierende Drittrechte. So kann z. B. der ver- 152 längerte Eigentumsvorbehalt eines Lieferanten mit den Rechten einer Bank aus einem Raumsicherungsübereignungsvertrag konkurrieren. Aus Sicht der Masse besteht dann in jedem Fall ein Absonderungsrecht, es steht aber noch nicht fest, zu wessen Gunsten. Für die hiesige Darstellung ist nur die techni___________ 100) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 67.

51

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

sche Umsetzung im Gläubigerverzeichnis problematisch. Insoweit kann jedoch keine Lösung aufgezeigt werden, da die Software-Programme dieses Problem unterschiedlich lösen. Das IDW empfiehlt für das Gläubigerverzeichnis die Ausweisung eines Werts ohne konkrete Gläubigerzuordnung.101) Hierfür müsste in der EDV ein nicht real existierender Gläubiger angelegt werden; die neueren Software-Produkte für die Erstellung der Verzeichnisse bieten allerdings elegantere Lösungen an. 153 Revolvierende Sicherheiten, wie z. B. die Sicherungsübereignung eines Warenlagers oder eine Globalzession mit wechselndem Bestand, sind auch im Falle eines Freigabeanspruchs auszuweisen, im Zweifel mit einem Erinnerungswert.102) Hier ist allerdings auch zu berücksichtigen, ob die Entstehung von Absonderungsrechten der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) unterliegt. b) Nachrangige Insolvenzgläubiger 154 Hat das Gericht gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO die nachrangigen Insolvenzgläubiger zur Forderungsanmeldung aufgefordert oder erkennt der Insolvenzverwalter, dass solche Forderungen bestehen, sind zusätzlich die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Gläubiger darzustellen. Zu einer Aufforderung des Gerichts wird es in dieser Phase der Verzeichniserstellung (vor dem Berichtstermin) kaum kommen. Dass aber der Insolvenzverwalter aufgrund seiner Auswertung der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen muss, dass es nachrangige Insolvenzgläubiger gibt, ist ein häufiger Fall. Der Katalog der nachrangigen Insolvenzforderungen ist in Rz. 184 aufgeführt. Kommt es dann später zu einer Aufforderung des Gerichts, die nachrangigen Insolvenzforderungen anzumelden, stellt sich regelmäßig die Frage der Verjährung, da nur die wirksame Anmeldung zur Insolvenztabelle verjährungshemmende Wirkung i. S. d. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB hat.103) Höchstrichterlich geklärt ist lediglich, dass wegen der Akzessorietät der Haftung eine Verjährung nicht eintritt, wenn es sich um Nebenansprüche zum Hauptanspruch handelt (§ 217 BGB),104) was allerdings nur für § 39 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 InsO zutrifft. Aber auch generell wird vertreten, dass es nicht Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist, dem Gläubiger auf diese Weise seine Forderung zu nehmen.105) 155 Eine Kombination aus nachrangiger Forderung und Absonderungsrecht ist durchaus möglich. Da das Absonderungsrecht auch die nachrangigen Forderungen sichert, z. B. die nach Verfahrenseröffnung entstehenden Zinsen,106) ___________ 101) 102) 103) 104) 105) 106)

52

IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 69. IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 70. Hierzu ausführlich Wazlawik, NZI 2020, 1081. BGH, Hinweisbeschl. v. 13.10.2020 – II ZR 40/20, Rz. 31, n. v. OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 30.8.2022 – 16 U 358/22, ZRI 2022, 975. BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, ZInsO 2008, 915; BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZR 46/08, ZInsO 2008, 1324.

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

ist eine entsprechende Aufteilung im Gläubigerverzeichnis erforderlich. Daher wäre es wünschenswert, dem Insolvenzverwalter ein Tilgungsbestimmungsrecht zuzugestehen, damit er Auskehrungen aus der Verwertung von Absonderungsgut so vornehmen kann, dass zunächst die einfachen Insolvenzforderungen getilgt werden (was der Gläubigergesamtheit zugutekommt, weil der Gesamtbetrag der im Schlussverzeichnis zu berücksichtigenden Forderungen sinkt) und nicht die Zinsen als nachrangige Insolvenzforderungen (auf die es regelmäßig keine Quote gibt).107) Die Rechtsprechung ist jedoch der Auffassung, dass der Insolvenzverwalter nicht berechtigt ist, die Auskehrung des Erlöses aus der Verwertung von Sicherungsgut auf Masseverbindlichkeiten gegenüber dem Sicherungsnehmer anzurechnen, wenn der Sicherungsnehmer den Erlös auf Insolvenzforderungen angerechnet wissen will.108) Daher könnte dem Insolvenzverwalter auch das Tilgungsbestimmungsrecht fehlen, derartige Erlösauskehrungen auf einfache Insolvenzforderungen anzurechnen, wenn der Gläubiger eine Anrechnung auf nachrangige Insolvenzforderungen vornimmt. 3. Aufrechnungslagen § 152 Abs. 3 Satz 1 InsO

156

Weiter ist anzugeben, welche Möglichkeiten der Aufrechnung bestehen.

Feststehende Aufrechnungslagen sollten saldiert, streitige Aufrechnungslagen 157 eher mit Einzelausweis angegeben werden. Das IDW empfiehlt jedoch in beiden Fällen das Brutto-Prinzip, sodass die Forderung des Schuldners mit ihrem vollen Wert – aber unter Berücksichtigung eines Drittrechts – im Masseverzeichnis auszuweisen ist, die Gegenforderung des Gläubigers im Gläubigerverzeichnis.109) Beides führt zum selben Ergebnis. Die Auffassung des IDW beruht auf einer handelsrechtlichen Betrachtung (Saldierungsverbot), die hiesige Auffassung auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV (Saldierungsgebot). Erforderlich ist jedenfalls eine Abstimmung mit dem Masseverzeichnis (ĺ Rz. 79). Die dem Schuldner entgegengehaltenen Forderungen beruhen – wie auch die 158 Absonderungsrechte – i. d. R. auf schuldrechtlichen Verträgen, die der Insolvenzverwalter zu prüfen hat. Auch hier ist neben der zivilrechtlichen Aufrechnungsmöglichkeit ergänzend aus insolvenzrechtlicher Perspektive zu prüfen, ob die Zulässigkeit der Aufrechnung durch Insolvenzspezifika beseitigt werden kann (§§ 94 – 96 InsO). Aus Vorsichtsgründen sollte die Aufrechnungslage nach der whorst-case-Methode berücksichtigt werden, soweit nicht eine abschließende Klärung vor Erstellung der Verzeichnisse erfolgen konnte; entsprechende Erläuterungen können im Bericht zum Berichtstermin erfolgen. ___________ 107) Ausführlich Zimmer, ZInsO 2010, 1261. 108) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 69/14, ZIP 2014, 2248, dazu EWiR 2014, 783 (Mordhorst). 109) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 73.

53

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

4. Aussonderungsberechtigte Gläubiger 159 § 152 InsO enthält keine Aussage zu aussonderungsberechtigten Gläubigern. Dies beruht schlicht darauf, dass Aussonderungsgut – anders als Absonderungsgut – überhaupt kein Massebestandteil i. S. d. § 35 InsO, also nach § 151 InsO auch nicht im Masseverzeichnis enthalten sein soll. Hier wird jedoch anders verfahren. Aussonderungsgläubiger sollten daher in Übereinstimmung mit dem Masseverzeichnis (ĺ Rz. 79 f.) aufgeführt werden. 160 Die mit Umsetzung des MoMiG110) geänderte eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung stellt insoweit einen Sonderfall dar, als nun eine Masseverbindlichkeit für diese Nutzungsüberlassung zu berücksichtigen ist: § 135 Abs. 3 InsO 1

Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. 2Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.

161 Ein solcher Aussonderungsgegenstand soll grundsätzlich nicht im Masseverzeichnis aktiviert werden, da der Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO gehört. Lediglich aus technischen Gründen empfiehlt sich der Ausweis eines Erinnerungswerts, damit diesem Vermögensgegenstand entsprechende Masseverbindlichkeiten im Gläubigerverzeichnis gegenübergestellt werden können, um den Zusammenhang zwischen Vermögensgegenstand und Masseverbindlichkeit erkennen zu können. 162 Selbiges gilt, wenn Aussonderungsgut, das regelmäßig im Zusammenhang mit anderen Dauerschuldverhältnissen steht (Miete und Leasing beweglicher Sachen), für eine Zeit nach Verfahrenseröffnung genutzt werden soll. Wenn die hiermit verbundenen Masseverbindlichkeiten in das Gläubigerverzeichnis gehören, sollte auch das Aussonderungsgut wenigstens mit einem Erinnerungswert im Masseverzeichnis erfasst werden. 5. Kohärenz mit Masseverzeichnis 163 Wie bereits an verschiedenen Stellen ausgeführt, muss das Gläubigerverzeichnis mit dem Masseverzeichnis korrespondieren. Dies ergibt sich schon daraus, dass Masseverzeichnis und Gläubigerverzeichnis nach § 153 InsO in einem Vermögensverzeichnis gegenüberzustellen sind (ĺ Rz. 185 ff.). Wie in ___________ 110) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BGBl. I 2008, 2026.

54

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

einer handelsrechtlichen Bilanz müssen sich Aktiva und Passiva im Ergebnis entsprechen (wofür natürlich auf der Aktivseite eine Position Unterdeckung erforderlich ist). Beispiel:

164

Zur Insolvenzmasse gehört eine Maschine mit einem Zerschlagungswert in Höhe von € 10.000.111) In der handelsrechtlichen Buchführung des Schuldners wird die Maschine nach den Abschreibungen der vergangenen Jahre noch mit € 15.000 ausgewiesen. Die Maschine ist der Bank X sicherungsübereignet. Besichert wurde ein Darlehen, das per Stichtag Insolvenzeröffnung mit € 20.000 valutiert. Ausweis im Masseverzeichnis (Abb. 3): Liquidationswerte Buchwert

A.

Wert bei Stilllegung

./. Drittrechte

+ Kostenbeiträge

= Freie Masse

Anlagevermögen II.2.

Sachanlagen – technische Anlagen 15.000 und Maschinen

10.000

10.000

900

900

(Abb. 3)

Gleichermaßen muss ein Ausweis im Gläubigerverzeichnis erfolgen (Abb. 4). 165 Die Forderung der Bank in Höhe von ¼ 20.000 mindert sich im ersten Schritt um den Zerschlagungswert in Höhe von ¼ 10.000, da ein entsprechender Verwertungserlös des Insolvenzverwalters an den Absonderungsgläubiger auszukehren wäre. Im zweiten Schritt erhöht sich aber die Forderung wieder um die Kostenbeiträge in Höhe von ¼ 900, da diese Beiträge vom Absonderungsgläubiger an die Insolvenzmasse zu entrichten sind (§ 171 InsO). Als Kosten der Zwangsvollstreckung112) kann der Absonderungsgläubiger diese Kostenbeiträge dann im dritten Schritt wieder gegen den Schuldner geltend machen (§ 4 InsO i. V. m. § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO), allerdings nur als Insolvenzforderung; in der Praxis geschieht all dies in einem Arbeitsschritt, es müssen aber die Teilschritte verinnerlicht werden. Ausweis im Gläubigerverzeichnis: Gläubiger A.

Insolvenzforderungen § 38 InsO

1.

Kreditinstitute

Verbindlichkeiten gesamt

20.000

./.

+

=

Absonderungsrechte

Kostenbeiträge

Insolvenzforderungen

10.000

900

10.900

(Abb. 4)

Werden im Masseverzeichnis z. B. anfechtungsrechtliche Rückgewähran- 166 sprüche aktiviert, muss der Vorgang vorsorglich auch im Gläubigerverzeichnis passiviert werden, da sich die Forderung des Insolvenzgläubigers nach er___________ 111) Zur Vereinfachung wird in diesem Beispiel die Umsatzsteuer außer Acht gelassen. 112) Das Insolvenzverfahren ist ein gerichtliches Gesamtvollstreckungsverfahren.

55

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

folgreicher Anfechtung um den angefochtenen Betrag erhöht (§ 144 Abs. 2 Satz 2 InsO). 167 Einzelheiten und Erläuterungen (insbesondere die Bewertungsmaßstäbe sowie rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheiten) sollten sich aus dem Berichtswesen des Insolvenzverwalters ergeben. 6. Masseverbindlichkeiten a) Regelinsolvenzverfahren/Allgemeines § 152 Abs. 3 Satz 2 InsO

168

Die Höhe der Masseverbindlichkeiten im Falle einer zügigen Verwertung des Vermögens des Schuldners ist zu schätzen.

169 Der Satz enthält gleich zwei sprachliche Fehler bzw. Missverständnisse. Erstens lässt die Aussage, „die Höhe der Masseverbindlichkeiten […] ist zu schätzen“, die Interpretation zu, dass für sämtliche Masseverbindlichkeiten eine einzige Zahl als Schätzung Berücksichtigung finden könnte. Dem ist nicht so. Bei den Masseverbindlichkeiten ist zwischen den Verfahrenskosten (§ 54 InsO) und den zahlreichen Arten der sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) zu differenzieren. Zweitens lässt die Grammatik des Gesetzeswortlauts nichts anderes zu, als dass Masseverbindlichkeiten nur dann zu schätzen sind, wenn eine zügige Verwertung angestrebt ist. Auch dies ist natürlich unzutreffend. Was wohl im Gesetz zum Ausdruck kommen sollte, ist erstens der generelle Ausweis der Masseverbindlichkeiten im Gläubigerverzeichnis und zweitens die Prämisse eines zügigen Verfahrensablaufs zur Begrenzung der Masseverbindlichkeiten. 170 In der Forderung eines Ausweises der Masseverbindlichkeiten liegt zudem auf den ersten Blick ein Widerspruch, da die Verzeichnisse auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung zu erstellen sind. Mit diesem Stichtag sind zwar die Gerichtskosten fällig, jedoch noch nicht die Vergütung des Insolvenzverwalters und die sonstigen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 InsO. Abweichend vom Einnahmen-Ausgaben-Prinzip der Verwalterbuchführung gilt bei den Verzeichnissen also das (eher handelsrechtliche) Prinzip der Bestandserfassung, das auch Rückstellungen für künftige Verpflichtungen kennt. Da jedoch die handelsrechtliche Buchungstechnik zunehmend Eingang in die Verwalterbuchführung findet, kann dieser Widerspruch hingenommen werden, denn schließlich soll die Vermögensübersicht gemäß § 153 InsO auch bereits eine Prognose hinsichtlich der Befriedigungsquote der Insolvenzgläubiger ermöglichen. 171 Relativ leicht zu prognostizieren sind die Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO.

56

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

172

Merke: Jeder, der derartige Verzeichnisse erstellt, sollte sich in der Berechnung von Gerichtskosten und im System der insolvenzrechtlichen Vergütung (InsVV) auskennen. Passen die prognostizierten Gerichtskosten bzw. Vergütungen nicht einmal ansatzweise zum sonstigen Zahlenwerk, wird das Vertrauen in das restliche Zahlenwerk sicherlich beeinträchtigt sein.

In der Praxis finden sich oft grobe Zusammenfassungen der sonstigen Masse- 173 verbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Bei Verwaltern mit entsprechender Erfahrung kann dies akzeptabel sein, birgt aber gerade im Fall der angestrebten Fortführung ein entsprechendes Risikopotenzial. Grundsätzlich wird im Rahmen der Haftung des Insolvenzverwalters (§§ 60, 61 InsO) eine stetige Liquiditätsplanung gefordert.113) Man wird jedoch nicht so weit gehen müssen, eine solche Anforderung auch an das Verzeichnis der Massegläubiger zu stellen. Die sog. Verwaltungskosten (z. B. Rechtsberatung, Steuerberatung, Archivierung, Entsorgung etc.) werden oft ebenfalls pauschal geschätzt, und dies meist viel zu niedrig. Eine konkrete Zuordnung zu einzelnen Gläubigern ist hier oftmals (noch) nicht möglich, sodass je nach EDV-System ein virtueller Gläubiger angelegt werden muss. Lediglich für die Masseverbindlichkeiten aus Miete, Arbeitsverhältnissen, Steuern etc. ist der Gläubiger eindeutig identifizierbar. 174

Merke: Die sonstigen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sollten angemessen geschätzt werden, problematisch ist allenfalls die technische Zuordnung zu einzelnen Gläubigern.

Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO fallen nicht in jedem 175 Insolvenzverfahren an und sollten deswegen gesondert ausgewiesen werden. Solche Verbindlichkeiten fallen aufgrund eines Erfüllungsverlangens des Insolvenzverwalters an (vgl. §§ 103, 107 InsO) oder aufgrund eines gesetzlichen Erfüllungszwangs (z. B. Grundstücksmiete oder Löhne für den Zeitraum zwischen der Vertragskündigung und Ablauf der Kündigungsfrist). Im Fall des gesetzlichen Erfüllungszwangs (§ 108 InsO) wird auch von oktroyierten, d. h. aufgezwungenen Masseverbindlichkeiten gesprochen. 176

Merke: Der gesonderte Ausweis der oktroyierten Masseverbindlichkeiten i. S. d. §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 108 InsO empfiehlt sich schon deswegen, um den Adressaten der Verzeichnisse die reduzierte Einflussmöglichkeit des Insolvenzverwalters zu verdeutlichen. Gleichermaßen empfiehlt sich ein separater Ausweis der Masseverbindlichkeiten nach §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 103, 107 InsO, um umgekehrt die finanziellen Folgen der Erfüllungswahl hervorzuheben. ___________ 113) BGH, Urt. v. 17.12.2004 – IX ZR 185/03, NZI 2005, 222.

57

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

177 Gemäß § 55 Abs. 4 InsO gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmte Steuerzahllasten, die während einer „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwaltung oder – in den ab dem 1.1.2021 beantragten Verfahren – während einer vorläufigen Eigenverwaltung entstanden sind, als sonstige Masseverbindlichkeiten. 178

Merke: Es empfiehlt sich ein separater Ausweis der Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO, um den Adressaten der Verzeichnisse die finanzielle Auswirkung der Regelung zu verdeutlichen.

179 Eine vergleichbare Besonderheit ergibt sich aus § 55 Abs. 2 InsO, der ebenfalls Masseverbindlichkeiten aus der vorläufigen Verwaltung betrifft. In der vorläufigen Verwaltung kann grundsätzlich nur ein „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter Masseverbindlichkeiten begründen, da er bereits über die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis i. S. d. § 80 Abs. 1 InsO verfügt. Um eine Begleichung von Verbindlichkeiten aus der vorläufigen Verwaltung auch nach Verfahrenseröffnung zu ermöglichen, kann sich jedoch auch ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter durch Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts ermächtigen lassen, bestimmte Masseverbindlichkeiten zu begründen (Einzelheiten ĺ Rz. 471). 180

Merke: Auch für Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 2 InsO empfiehlt sich ein separater Ausweis, um eine Zuordnung der Masseverbindlichkeiten zum Eröffnungsverfahren zu ermöglichen.

181 Ein zusammenfassender Katalog der möglichen Masseverbindlichkeiten ist in Rz. 185 ff. aufgeführt. b) Treuhandkontenmodell 182 Alternative zu den soeben angesprochenen Masseverbindlichkeiten aus der vorläufigen Verwaltung, begründet vom „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts, ist das sog. Treuhandkontenmodell (Einzelheiten ĺ Rz. 470 ff.). Der rechtlichen Begründung dieses Modells folgend wären hierüber begründete Verbindlichkeiten nicht als sonstige Masseverbindlichkeiten im Gläubigerverzeichnis auszuweisen, da diese Verbindlichkeiten nicht die Masse, sondern ein gesondertes Treuhandvermögen betreffen sollen. Die Transparenz und der Zusammenhang mit der Verwalterbuchführung scheinen einen entsprechenden Ausweis jedoch zu fordern.

58

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

183

Merke: Wählt der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter das Treuhandkontenmodell, sind auch die das Treuhandvermögen betreffenden Verbindlichkeiten als sonstige Masseverbindlichkeiten in das Gläubigerverzeichnis aufzunehmen. 7. Zusammenfassung/Übersicht möglicher Rangklassen

Zwischen folgenden Gläubigern ist im Gläubigerverzeichnis mithin zu unter- 184 scheiden: x

Gläubiger § 38 InsO: einfache Insolvenzgläubiger.

x

Gläubiger § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO: seit Eröffnung entstandene Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der einfachen Insolvenzgläubiger.

x

Gläubiger § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO: Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Insolvenzverfahren entstehen, z. B. wenn ein Gläubiger sich bei der Forderungsanmeldung durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, der dem Gläubiger hierfür nach RVG ein Honorar in Rechnung stellt.

x

Gläubiger § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten.

x

Gläubiger § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO: Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners.

x

Gläubiger § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO: nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

x

Gläubiger § 39 Abs. 2 InsO: Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart wurde.

x

Gläubiger § 54 Nr. 1 InsO: Staatskasse: Gerichtsgebühren für das Insol- 185 venzverfahren einschließlich Auslagen des Gerichts.

Gläubiger § 54 Nr. 2 InsO: Vergütung und Auslagen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters, des (vorläufigen) Sachwalters, des Sonderinsolvenzverwalters,114) des Verfahrenskoordinators i. S. d. § 269e Abs. 1 InsO,115) des Gruppenkoordinators i. S. d. Art. 77 Abs. 1 EuInsVO116) sowie der Mitglieder des (vorläufigen, einstweiligen oder endgültigen) Gläubigerausschusses. ___________ x

114) BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 46/15, Rz. 20, ZIP 2016, 1688. 115) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 111. 116) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 110.

59

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

Die Vergütung eines Treuhänders in der Wohlverhaltensphase als Verfahrenskosten eigener Art117) wäre im Gläubigerverzeichnis nur zu berücksichtigen, falls im eröffneten Verfahren Rückstellungen für diese Vergütung gebildet werden dürfen.118) Nicht zu den Verfahrenskosten gehören z. B. die Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger,119) des gemeinsamen Vertreters nach § 6 SpruchG,120) eines Kanzleiabwicklers,121) eines für den Schuldner bestellten Prozesspflegers122) oder externe Beratungskosten des eigenverwaltenden Schuldners.123) 186 x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO: Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO: Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse – da das Gläubigerverzeichnis auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung rekurriert, ist ein dortiger Ausweis einer solchen Verbindlichkeit nur denkbar, wenn zuvor ein „starker“ vorläufiger Verwalter bestellt worden war.

187 x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter entweder mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis oder mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts begründete Verbindlichkeiten.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO: von einem Schuldner in vorläufiger Eigenverwaltung mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts begründete Verbindlichkeiten.

___________ 117) BGH, Beschl. v. 20.11.2014 – IX ZB 16/14, ZIP 2015, 85; kritisch Zimmer, InsbürO 2016, 324; wieder in Zweifel gezogen durch BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 46/15, Rz. 24, ZIP 2016, 1688. 118) Bejahend BGH, Beschl. v. 20.11.2014 – IX ZB 16/14, ZIP 2015, 85; verneinend Zimmer, InsbürO 2016, 324. 119) BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 46/15, Rz. 21, ZIP 2016, 1688; BGH, Urt. v. 12.1.2017 – IX ZR 87/16, Rz. 16, ZIP 2017, 383. 120) BGH, Beschl. v. 15.1.2019 – II ZB 2/16, ZIP 2019, 722. 121) BGH, Urt. v. 28.11.2019 – IX ZR 239/18, ZVI 2020, 141 = NJW 2020, 1303 (mit umfangreicher Auseinandersetzung mit abweichenden Ansichten). Zu Auskunfts- und Herausgabeansprüchen des Insolvenzverwalters gegen einen (ehemaligen) Kanzleiabwickler siehe BGH, Urt. v. 7.2.2019 – IX ZR 5/18, NJW-RR 2019, 637. 122) BGH, Beschl. v. 11.1.2018 – IX ZB 99/16, ZVI 2018, 200. 123) Frind, ZIP 2019, 1945, 1949 ff.; a. A. AG Hamburg, Beschl. v. 7.5.2019 – 67g IN 118/19, ZIP 2019, 978.

60

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter entweder mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis oder mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts124) in Anspruch genommene Gegenleistungen aus einem Dauerschuldverhältnis.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO: von einem Schuldner in vorläufiger Eigenverwaltung mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts in Anspruch genommene Gegenleistungen aus einem Dauerschuldverhältnis.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 4 InsO: bestimmte Steuerverbindlichkeiten, die vom „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter während der vorläufigen Verwaltung „begründet“ wurden.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 4 InsO: bestimmte Steuerverbindlichkeiten, die in den ab dem 1.1.2021 beantragten Verfahren vom vorläufig eigenverwaltenden Schuldner „begründet“ wurden.

x

Masseverbindlichkeiten § 100 Abs. 1 InsO: Unterhalt für den Schuldner 188 aus der Insolvenzmasse.

x

Masseverbindlichkeiten § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO: Verbindlichkeiten aus einem Sozialplan unter Berücksichtigung der sog. Drittelgrenze.

x

Masseverbindlichkeiten § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO: eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung in der Version MoMiG, d. h. für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich.

x

Masseverbindlichkeiten § 169 Satz 1 InsO: Schadenersatz (Zinsen) für verzögerte Verwertung von Absonderungsgut.

x

Masseverbindlichkeiten § 172 Abs. 2 Satz 1 InsO: Wertersatz für die Nutzung von beweglichen Sachen, an denen Absonderungsrechte bestehen.

x

Masseverbindlichkeiten § 324 InsO: Masseverbindlichkeiten bei Nachlassinsolvenz.

8. Gliederung Ein Beispiel für ein Gläubigerverzeichnis findet sich in Abb. 5. Hierbei han- 189 delt es sich jedoch nur um die Gliederungspositionen. Innerhalb der einzelnen Gliederungsüberschriften sind alle Gläubiger einzeln aufzuführen. Dass sich in der Praxis oft nur Summen finden, ohne dass die einzelnen Gläubiger erkennbar wären, erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen. ___________ 124) BGH, Beschl. v. 4.12.2014 – IX ZR 166/14, ZInsO 2015, 261.

61

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

190 Gläubiger

Verbindlichkeiten gesamt

A. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Insolvenzforderungen § 38 InsO Kreditinstitute Verbindlichkeiten aus LuL Löhne und Gehälter Sozialversicherungsträger Berufsgenossenschaft Finanzamt/Steuergläubiger Sonstige Pensionsrückstellungen Summe § 38 InsO

100.000,00 200.000,00 30.000,00 15.000,00 2.000,00 500.000,00 30.000,00 0,00 877.000,00

B. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Nachrangige Insolvenzforderungen § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO § 39 Abs. 2 InsO Summe § 39 InsO

0,00 0,00 2.000,00 0,00 30.000,00 100.000,00 132.000,00

C. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Verfahrenskosten (§ 54 InsO) Gerichtskosten Vergütung vorläufiger Verwalter/Sachwalter Vergütung Verwalter/Sachwalter Vergütung vorläufiger Gläubigerausschuss Vergütung einstweiliger Gläubigerausschuss Vergütung Gläubigerausschuss Summe § 54 InsO

10.000,00 25.000,00 50.000,00 0,00 0,00 0,00 85.000,00

D. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Sonstige Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO (vorl. Verwalter) § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO (Schuldner in Eigenverwaltung) § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO (vorl. Verwalter) § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO (Schuldner in Eigenverwaltung) § 55 Abs. 4 InsO („schwacher“ vorläufiger Verwalter) § 55 Abs. 4 InsO (vorläufig eigenverwaltender Schuldner) § 100 Abs. 1 InsO § 123 Abs. 2 InsO § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO § 172 Abs. 2 Satz 1 InsO § 324 InsO Summe § 55 InsO

10.000,00 0,00 0,00 5.000,00 0,00 0,00 0,00 3.000,00 0,00 0,00 0,00 0,00 2.000,00 0,00 20.000,00

E.

Summe

(Abb. 5)

62

1.114.000,00

III. Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) ./. Absonderungsrechte

+ Kostenbeiträge

100.000,00 50.000,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 150.000,00

9.000,00 4.500,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 13.500,00

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

Masseverbindlichkeiten

= Insolvenzforderungen

= Nachrangige Insolvenzforderungen

9.000,00 154.500,00 30.000,00 15.000,00 2.000,00 500.000,00 30.000,00 0,00 740.500,00 0,00 0,00 2.000,00 0,00 30.000,00 100.000,00 132.000,00 10.000,00 25.000,00 50.000,00 0,00 0,00 0,00 85.000,00 10.000,00 0,00 0,00 5.000,00 0,00 0,00 0,00 3.000,00 0,00 0,00 0,00 0,00 2.000,00 0,00 20.000,00

150.000,00

13.500,00

105.000,00

740.500,00

132.000,00

63

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

9. Besonderheiten in der Eigenverwaltung 191 Im Fall der Eigenverwaltung ist das Gläubigerverzeichnis vom Schuldner selbst zu erstellen; der Sachwalter muss das Verzeichnis jedoch prüfen und schriftlich erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (§ 281 Abs. 1 InsO). 192 Hinsichtlich der Aufstellung des Gläubigerverzeichnisses kann auf die allgemeinen Grundsätze verwiesen werden. 193 Der Umfang der Prüfungspflicht des Sachwalters im Übrigen orientiert sich an § 274 Abs. 2 Satz 1 InsO. Hiernach hat der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen. Dies dürfte ausschließen, dass sich der Sachwalter bei der Prüfung des Gläubigerverzeichnisses auf Stichproben oder eine Plausibilitätskontrolle beschränken kann. Der Kenntnisstand des Sachwalters muss demjenigen eines Insolvenzverwalters entsprechen; andernfalls wäre er nicht in der Lage, belastbare Aussagen zum Gläubigerverzeichnis zu treffen. Zeichnet sich ab, dass der Schuldner die Übersicht über Höhe und Struktur seiner Verbindlichkeiten verloren hat, dürfte dies in der entsprechenden Stellungnahme des Sachwalters nicht zugunsten der Beibehaltung der Eigenverwaltung führen. 194 Um dem Sachwalter die entsprechende Prüfung zu ermöglichen, verweist § 274 Abs. 2 Satz 3 InsO auf § 22 Abs. 3 InsO, der in abgewandelter Begrifflichkeit lautet: § 22 Abs. 3 InsO 1

Der Sachwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. 2Der Schuldner hat dem Sachwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. 3Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 InsO gelten entsprechend.

195 Wurde mit dem Insolvenzantrag zugleich Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung gestellt, obliegt es dem Gericht zu entscheiden, ob dennoch ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird oder lediglich ein vorläufiger Sachwalter (§ 270b InsO). Wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ergeben sich zum bereits Gesagten keine Unterschiede. Wurde jedoch lediglich ein vorläufiger Sachwalter bestellt, sind Einzelermächtigungen des Insolvenzgerichts zur Begründung von Masseverbindlichkeiten im Insolvenzantragsverfahren i. S. d. § 55 Abs. 2 InsO nicht dem vorläufigen Sachwalter, sondern dem Schuldner zu erteilen (§ 270c Abs. 4 Satz 1 InsO).125) Kommt es jedoch noch innerhalb des Insolvenzantragsverfahrens zu einem Wechsel von der vorläufigen Eigenverwaltung zur vorläufigen Insolvenzverwaltung, scheint es sinnvoll zu sein, bei der (späteren) Darstellung der Masseverbind___________ 125) Zu den bis zum 31.12.2020 beantragten Insolvenzverfahren so bereits BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole).

64

IV. Vermögensübersicht (§ 153 InsO)

lichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 2 InsO im Gläubigerverzeichnis zu differenzieren zwischen den vom Schuldner (mit Einzelermächtigung) begründeten und den vom vorläufigen Insolvenzverwalter (mit Einzelermächtigung oder mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis) begründeten Verbindlichkeiten. Eine Besonderheit ergibt sich daraus, dass § 55 Abs. 4 InsO in der Eigenver- 196 waltung bislang nicht galt,126) was entsprechende Auswirkungen auf die Darstellung im Gläubigerverzeichnis hatte. Für die ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren gilt § 55 Abs. 4 InsO jedoch auch in der Eigenverwaltung. 10. Besonderheiten bei Masseunzulänglichkeit Wird bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseunzulänglichkeit 197 angezeigt, wären die im Gläubigerverzeichnis ausgewiesenen sonstigen Masseverbindlichkeiten nach Maßgabe des § 209 Abs. 1 InsO eigentlich in Alt- und Neu-Masseverbindlichkeiten aufzuteilen. Betroffen wären als Alt-Masseverbindlichkeiten jene aus § 55 Abs. 2 InsO und § 55 Abs. 4 InsO. Bislang wird eine solche Aufteilung der sonstigen Masseverbindlichkeiten nach Vorgabe des § 209 InsO im Gläubigerverzeichnis jedoch nicht gefordert. Dies scheint konsequent, da die Verzeichnisse primär den Insolvenzgläubigern als Informationsquelle dienen, nicht den Massegläubigern. IV. Vermögensübersicht (§ 153 InsO) 1. Allgemeines § 153 Abs. 1 InsO

198

1

Der Insolvenzverwalter hat auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesonderte Übersicht aufzustellen, in der die Gegenstände der Insolvenzmasse und die Verbindlichkeiten des Schuldners aufgeführt und einander gegenübergestellt werden. 2Für die Bewertung der Gegenstände gilt § 151 Abs. 2 entsprechend, für die Gliederung der Verbindlichkeiten § 152 Abs. 2 Satz 1.

Die Vermögensübersicht stellt eine Insolvenzbilanz dar. Im Grunde könnten 199 daher das Masseverzeichnis (§ 151 InsO) und das Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) nebeneinandergestellt werden, wie es bei handelsrechtlichen Bilanzen üblich ist. Dies scheitert jedoch am Umfang der Einzelwerke, sodass Aktiva und Passiva nacheinander dargestellt werden. Eine Darstellung der Zerschlagungs- und Fortführungswerte innerhalb einer Vermögensübersicht ist ebenfalls unübersichtlich. Daher wird üblicherweise jeweils eine Vermögensübersicht zu Zerschlagungswerten und Fortführungswerten erstellt. Einzelheiten und Erläuterungen (insbesondere die Bewertungsmaßstäbe) sollten sich aus dem Berichtswesen des Insolvenzverwalters ergeben.

___________ 126) BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole); BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, ZRI 2020, 477.

65

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

200 Auf ein Beispiel für eine Vermögensübersicht wird aus Platzgründen verzichtet. Vereinfacht gilt (Abb. 6): Aktiva

Vermögensübersicht (§ 153 InsO)

Masseverzeichnis (§ 151 InsO)

80 Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO)

Unterdeckung

20

Summe

100 Summe

Passiva 100 100

(Abb. 6)

201 Der Ausweis einer Unterdeckung in der insolvenzrechtlichen Vermögensübersicht ist rein informativ und hat keine (handelsrechtliche) Bedeutung. Er muss jedoch ausgewiesen werden, da dem handelsrechtlichen Grundschema einer Bilanz folgend die „Bilanzsummen“ auf beiden Vermögensseiten identisch zu sein haben. 202

Merke: Die Vermögensübersicht ist zu Verfahrensbeginn ein „Arbeitspapier“, das den Gläubigern die notwendigen Informationen liefern soll.

203 Hierzu sei an die Gesetzessystematik erinnert. §§ 148 – 150 InsO regeln die Inbesitznahme bzw. Sicherung der Masse und §§ 151 – 154 InsO die vorbeschriebenen Verzeichnisse, damit gemäß §§ 156 – 164 InsO die Verwertung der Masse unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Gläubigerversammlung bzw. des Gläubigerausschusses erfolgen kann, wobei §§ 165 – 173 InsO Besonderheiten für die Verwertung von Absonderungsgut enthalten. Der Gesetzgeber hat so z. B. der Gläubigerversammlung die Entscheidung auferlegt, ob ein Unternehmen fortgeführt oder eingestellt werden soll (§ 157 Satz 1 InsO); dass die Entscheidung vom Insolvenzverwalter vorbereitet wird, ist selbstverständlich. Aber auch unabhängig von diesen konkreten Entscheidungskompetenzen der Gläubigerversammlung dient die Vermögensübersicht zusammen mit dem Bericht zum Berichtstermin der Information der Gläubiger über die Vermögenssituation des Schuldners. Vielen Gläubigern ist schließlich bis zur Insolvenz kaum mehr bekannt gewesen als die eigene Forderung. Im Berichtstermin wird nun vermittelt, was die Krise ausgelöst hat, ob sich eine Fortführung und/oder ein Insolvenzplan lohnen und welches Ergebnis jeweils voraussichtlich für die Gläubiger zu erwarten ist. 204 Gleichfalls ist die Vermögensübersicht Ausgangslage für die Prüfung der Verfahrensabwicklung durch den Gläubigerausschuss oder das Gericht bzw. den sachverständigen Rechnungsprüfer, sodass der Insolvenzverwalter die Vermögensübersicht – zumindest die Aktivseite (Masseverzeichnis) – sinnvollerweise gleich als „To-do-List“ für sich selbst erstellen kann. 205 Letzteres steht auch im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Fortschreibung der Verzeichnisse erfolgen soll (ĺ Rz. 221 ff.).

66

IV. Vermögensübersicht (§ 153 InsO)

2. Eidesstattliche Versicherung des Schuldners § 153 Abs. 2 InsO

206

1

Nach der Aufstellung der Vermögensübersicht kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Verwalters oder eines Gläubigers dem Schuldner aufgeben, die Vollständigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern. 2Die §§ 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2 gelten entsprechend.

Hiervon sollte nur Gebrauch gemacht werden, wenn sich Anhaltspunkte für 207 unvollständige Angaben des Schuldners ergeben haben. Bestehen hingegen konkrete Anhaltspunkte für ein Verschweigen von Vermögenswerten, ist die eidesstattliche Versicherung unergiebig, denn der Verwalter kann einen Erinnerungswert in die Vermögensübersicht einstellen und den Vorgang im weiteren Verfahren aufklären. Oft genug bestehen jedoch eher intuitive Zweifel an den Angaben des Schuldners, die sich einer konkreten Darstellung entziehen. Für diese Fälle scheint die eidesstattliche Versicherung einen größeren Anwendungsbereich zu haben, da die Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung ein notwendiges und effektives Druckmittel gegen den Schuldner darstellt. Der Schuldner kann die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Voll- 208 ständigkeit der vom Insolvenzverwalter gefertigten Vermögensübersicht nicht pauschal unter Berufung auf Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten verweigern. Vielmehr obliegt es dem Schuldner, die vom Insolvenzverwalter vorgelegten Verzeichnisse entsprechend seinen Kenntnissen zu korrigieren oder zu vervollständigen.127) Dies verlangt natürlich auch, dass bereits die vom Insolvenzverwalter erstellte Vermögensübersicht alle Vermögensgegenstände (Masseverzeichnis) und Passiva (Gläubigerverzeichnis) im Detail benennt, denn bloße Gruppenbewertungen sind als Gegenstand einer eidesstattlichen Versicherung untauglich.128) Da die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in der Praxis selten eingefordert wird oder aber seitens des Schuldners freiwillig erfolgt, jedenfalls kaum Gerichtsentscheidungen hierzu ersichtlich sind, sei wegen der Verfahrensfragen auf die Kommentarliteratur verwiesen.129) 3. Besonderheiten in der Eigenverwaltung Im Fall der Eigenverwaltung sind die Verzeichnisse vom Schuldner selbst zu 209 erstellen; der Sachwalter muss die Verzeichnisse jedoch prüfen und schriftlich erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (§ 281 Abs. 1 InsO). Da die Vermögensübersicht nur eine Gegenüberstellung von Masseverzeichnis und Gläubigerverzeichnis ist, kann hinsichtlich der Besonderheiten bei Eigenverwaltung auf die entsprechenden Ausführungen zum ___________ 127) BGH, Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZB 24/10, ZInsO 2010, 2292. 128) Jaeger/Eckardt, InsO, § 153 Rz. 17. 129) Ausführlich z. B. Jaeger/Eckardt, InsO, § 153 Rz. 15 ff.

67

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

Masseverzeichnis (ĺ Rz. 120 ff.) und zum Gläubigerverzeichnis (ĺ Rz. 191 ff.) verwiesen werden. Wegen der Auswirkungen einer nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung wird auf die Ausführungen zur (fristgerechten) Einreichung der Verzeichnisse (ĺ Rz. 218) verwiesen. 210 Relevant im hiesigen Kontext ist noch die Frage einer möglichen eidesstattlichen Versicherung des Schuldners zur Richtigkeit der Angaben in der Vermögensübersicht. Hinsichtlich einer Antragsbefugnis des Sachwalters fehlt eine gesetzliche Grundlage, da der Sachwalter durch § 281 Abs. 1 Satz 2 InsO auf die Pflicht und Möglichkeit einer Stellungnahme beschränkt wird. Antragsberechtigt i. S. d. § 153 Abs. 2 InsO sind insoweit nur die Insolvenzgläubiger. V. Frist zur Einreichung (§ 154 InsO) 1. Allgemeines § 154 InsO

211

Das Verzeichnis der Massegegenstände, das Gläubigerverzeichnis und die Vermögensübersicht sind spätestens eine Woche vor dem Berichtstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen.

212 Da der Berichtstermin im Regelfall in einem Zeitfenster von sechs Wochen bis drei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfinden soll (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO), besteht ausreichend Zeit für die Erstellung der Verzeichnisse, zumal die Vermögenswerte regelmäßig schon in der Gutachtenphase bzw. in der vorläufigen Insolvenzverwaltung inventarisiert werden. Nach § 151 Abs. 3 Satz 1 InsO kann der Verwalter jedoch beim Insolvenzgericht beantragen, dass eine Aufstellung des Masseverzeichnisses unterbleiben kann. Folgerichtig entfiele dann auch das Vermögensverzeichnis, nicht jedoch das Gläubigerverzeichnis. Ein solcher Verzicht stößt jedoch auf Bedenken (ĺ Rz. 134). 2. Schriftliches Verfahren 213 § 154 InsO gilt auch für den (Regel-)Fall, dass gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 InsO das schriftliche Verfahren durchgeführt wird, da sich gerade in diesem Fall die Gläubiger anhand der Gerichtsakte informieren können müssen. Dass das schriftliche Verfahren inzwischen den gesetzlichen Regelfall darstellt,130) führt folglich zu keinen Änderungen im Hinblick auf die Erstellung der Verzeichnisse.

___________ 130) Änderung des § 5 Abs. 2 Satz 1 InsO durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl. I 2013, 2379) für die ab dem 1.7.2014 beantragten Insolvenzverfahren (Art. 103h Satz 1 EGInsO).

68

V. Frist zur Einreichung (§ 154 InsO)

3. Verbraucherinsolvenzverfahren Durch die Reform der Verbraucherinsolvenz für die ab dem 1.7.2014 bean- 214 tragten Insolvenzverfahren131) sind im Zehnten Teil der Insolvenzordnung § 311 InsO neugefasst und §§ 312 – 314 InsO aufgehoben worden. Folglich gibt es seither bei Verbraucherinsolvenzverfahren keine Besonderheiten mehr, d. h. die §§ 151 – 154 InsO gelten uneingeschränkt. Ohnehin dürfte es wegen der Abschaffung der §§ 312 – 314 InsO für die ab 215 dem 1.7.2014 beantragten Insolvenzverfahren gar kein eröffnetes Verbraucherinsolvenzverfahren geben, da sich die im Zehnten Teil der InsO verbliebenen §§ 304 – 311 InsO ausschließlich auf das Antragsverfahren beziehen. Daher dürfte es auch nur einen „normalen“ Insolvenzverwalter geben, indes keinen Insolvenzverwalter im Verbraucherinsolvenzverfahren. 4. Besonderheiten in der Eigenverwaltung Im Fall der Eigenverwaltung, soweit spätestens mit Eröffnungsbeschluss 216 angeordnet, sind die Verzeichnisse vom Schuldner selbst zu erstellen; der Sachwalter hat sie jedoch zu prüfen und jeweils schriftlich zu erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (§ 281 Abs. 1 InsO). 217

Merke: Der Sachwalter muss dem eigenverwaltenden Schuldner möglichst schriftlich aufgeben, seinen Bericht so rechtzeitig beim Sachwalter vorzulegen, dass auch genug Zeit für die Vorbereitung einer solchen Stellungnahme des Sachwalters (angemessen sind zwei Wochen132)) verbleibt. Gesetzlich geregelt ist hier bedauerlicherweise nichts.

Wird die Eigenverwaltung nachträglich angeordnet, gilt, dass die Verzeich- 218 nisse bereits vom Insolvenzverwalter erstellt wurden; eine Pflicht zur Erstellung von Verzeichnissen durch den Schuldner nach Anordnung der Eigenverwaltung existiert im Gesetz nicht. Allerdings bedeutet die nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung einen Wechsel in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, sodass eine analoge Anwendung der §§ 151 ff. InsO zwingend scheint. Mindestens eine Inventur und ein Masseverzeichnis auf den Stichtag der Anordnung der Eigenverwaltung sind nach hier vertretener Auffassung zwingend erforderlich, auch weil das Masseverzeichnis Bestandteil der bei Eigenverwaltung dem Schuldner obliegenden Insolvenzbuchführung ist. ___________ 131) Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl. I 2013, 2379) für die ab dem 1.7.2014 beantragten Insolvenzverfahren (Art. 103h Satz 1 EGInsO). 132) Hillebrand, ZInsO 2018, 1650, 1652.

69

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

219

Merke: Bei nachträglicher Anordnung der Eigenverwaltung hat der Schuldner zumindest ein Masseverzeichnis auf den Stichtag der nachträglichen Anordnung zu erstellen, eine gesetzliche Grundlage und eine Fristbestimmung existieren jedoch nicht.

220 Eine Besonderheit stellt der zumindest theoretisch denkbare Fall dar, dass eine fakultative Gläubigerversammlung i. S. d. § 75 Abs. 1 InsO vor dem Berichtstermin liegt, oder genauer gesagt vor Ablauf der Frist des § 154 InsO (eine Woche vor Berichtstermin), und es aufgrund eines dortigen Antrags zur Anordnung der Eigenverwaltung zwischen Insolvenzeröffnung und Berichtstermin kommt. Dann liegt die Zuständigkeit für die Erstellung der Verzeichnisse und Vorlage im Berichtstermin beim Schuldner. Die fristgerechte Erstellung der Verzeichnisse wird dann kaum möglich sein, weswegen im Grunde der Berichtstermin aufzuheben und neu zu terminieren wäre, wenn nicht Schuldner und Sachwalter so konstruktiv zusammenarbeiten, dass die Verzeichnisse doch noch fristgerecht niedergelegt werden können. VI. Fortführung der Verzeichnisse 1. Einführung und Grundkritik 221 Ob die Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 – 153 InsO Bestandteil einer laufenden insolvenzspezifischen Rechnungslegung sind, ist nicht geklärt. Von Buchführung kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn solche Verzeichnisse fortgeschrieben werden, ansonsten handelt es sich lediglich um eine einmalige Auflistung. 222 Eine gesetzliche Regelung fehlt bislang. In einem aufgegebenen Gesetzesvorhaben aus dem Jahr 2007 (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung und Vereinfachung der Aufsicht in Insolvenzverfahren – GAVI) auf Initiative der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen133) und in der Entwurfsfassung des Bundesrats134) war u. a. ein § 58a InsO-GAVI des Inhalts vorgesehen, dass das Masseverzeichnis (§ 151 InsO) und die Vermögensübersicht (§ 153 InsO) mit jedem Zwischenbericht fortgeschrieben einzureichen sein sollen. Die Bundesregierung hielt dies in einer Stellungnahme für zu bürokratisch.135) Auch die Sachverständigen, die in einer Sitzung des Rechtsausschusses angehört wurden,136) lehnten die verpflichtende Fortschreibung der Verzeichnisse ab. Die Literatur geht teilweise mit größter Selbstverständlichkeit und ohne nennenswerte Diskussion davon aus, dass diese Verzeichnisse Bestandteil der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung ___________ 133) 134) 135) 136)

70

BR-Drucks. 566/07 vom 15.8.2007. BR-Drucks. 566/07 vom 12.10.2007 = ZVI 2007, 577. BT-Drucks. 16/7251 S. 32 = ZVI 2008, 124, 125. U. a. Frind, Haarmeyer, Hirte, Pape, Vallender.

VI. Fortführung der Verzeichnisse

sind, jedoch ohne explizit eine Fortschreibung der Verzeichnisse zu verlangen. Gleichwohl wird zur Schlussrechnung vertreten, es müsse eine Schlussbilanz beigefügt werden, was auf eine fortgeschriebene Vermögensübersicht i. S. d. § 153 InsO hindeutet. Rechtsprechung zu diesem Thema ist nicht ersichtlich. Auch das IDW vertritt keine brauchbare Auffassung. Einerseits wird im Rechnungslegungshinweis RH HFA 1.010 gefordert, dass hinsichtlich des Masseverzeichnisses neue Erkenntnisse zur Sach- und Rechtslage der Insolvenzmasse bis zum Zeitpunkt der Niederlegung in das Masseverzeichnis einzuarbeiten sind (Prinzip der Wertaufhellung);137) andererseits wird dort vertreten, nach dem Berichtstermin obläge es dem Insolvenzverwalter, neue Sachverhalte oder sonstige Änderungen anderweitig zu dokumentieren, um im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens seiner Informationspflicht in Sachstandsberichten und weiteren Rechenwerken nachkommen zu können,138) während der Rechnungslegungshinweis RH HFA 1.011 dann doch mit der Schlussrechnung eine Schlussbilanz i. S. e. fortgeschriebenen Vermögensübersicht verlangt.139) In vielen Darstellungen fehlt eine gedankliche Verknüpfung von §§ 151 – 154 223 InsO mit § 66 InsO. Das Dilemma ist hier leicht erkennbar. Eine Transparenz der Verfahrensabwicklung wird stets gefordert, aber in der Praxis werden allenfalls die in Textform abgefassten Berichte des Insolvenzverwalters gelesen, wobei nicht selten auch das bloße Abheften im Vordergrund steht. Die Rechenwerke hingegen werden oftmals lediglich vom Schlussrechnungsprüfer oder versierten Mitgliedern des Gläubigerausschusses ausgewertet. Dies widerspricht völlig einem buchhalterischen Verständnis von Rechenschaftsbericht. In der handelsrechtlichen Buchführung steht innerhalb des Jahresabschlusses hingegen die Bilanz im Vordergrund, für Analysezwecke wird noch die GuV hinzugezogen. Den in Textform gehaltenen Anhang mit seinen zahlreichen Erläuterungen lesen die Wenigsten. Insgesamt stehen dort somit die Zahlenwerke im Fokus, da von jedem Adressaten eine entsprechende Fachkunde erwartet wird. Bei der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ist dies bislang gerade andersherum. Jedoch gibt es auch eine andere Seite der Medaille. Die Buchführung des In- 224 solvenzverwalters, manchmal auch noch zweifelhaft als Gerichtsbuchhaltung bezeichnet, orientiert sich seit jeher am BGB-Verständnis einer Buchführung, die für die Abwicklung fremden Vermögens in §§ 666, 259 Abs. 1 BGB lediglich eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vorsieht. Auch die Erstellung von Verzeichnissen beruhte im Wesentlichen auf einer Interpretation des BGB, das für viele Befassungen mit fremden Vermögenswerten lediglich eine einmalige Auflistung einfordert, z. B. für den Vormund (§ 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB), den rechtlichen Betreuer (§§ 1908i, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder den ___________ 137) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 21. 138) IDW RH HFA 1.010, FN-IDW 2008, 309 Rz. 22. 139) IDW RH HFA 1.011, FN-IDW 2008, 321 Rz. 56.

71

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

Pfleger (§§ 1915, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch im Erbrecht wird nur ein einmaliges Verzeichnis (z. B. in §§ 1993 ff., 2121 und 2215 BGB) und eine einfache, an §§ 666, 259 BGB angelehnte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erwartet, wenn zum Nachlass nicht gerade ein Unternehmen gehört. 225 Daher wird die Angleichung der insolvenzrechtlichen Buchführung an die Vorgaben und Möglichkeiten einer handelsrechtlichen Buchführung oft als Bürokratie wahrgenommen, die aufseiten des Insolvenzverwalters einen erhöhten Aufwand, und damit zusätzliche Kosten bedeutet, ohne dass damit für die Insolvenzgläubiger eine Quotenverbesserung einherginge.140) Diese Auffassung wird hier geteilt, das Rad der Entwicklung lässt sich jedoch vermutlich nicht mehr zurückdrehen. Die Insolvenzverwalter hatten dem § 58a InsO-GAVI nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen, nun haben außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens andere Protagonisten einen Weg gefunden, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Folglich muss der Weg konsequent zu Ende beschritten werden, wobei es allerdings zielführender wäre, handelsrechtliche Definitionen zu übernehmen, als in Eigenregie entwickelte Tabellen zum Standard erheben zu wollen. 226 Richtigerweise ist daher davon auszugehen, dass eine Fortschreibung zumindest des Masseverzeichnisses zu fordern ist, um die Verwertung des schuldnerischen Vermögens zu dokumentieren. Anhand der Einnahmen-Ausgabenbzw. Schlussrechnung des Insolvenzverwalters kann zwar nachvollzogen werden, welche Beträge vereinnahmt wurden, aber oftmals nicht bzw. nur mit großem Aufwand, welche Vermögensgegenstände wann und mit welchem Ergebnis verwertet (oder freigegeben) wurden, wenn und weil nicht einmal die Buchungstexte hinreichend sind, was sich allerdings in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Dies entspricht nicht der Treuepflicht gegenüber Gläubigern und Schuldner, erschwert dem Verwalter selbst seinen Verfahrensabschluss und dem Gericht, dem Gläubigerausschuss, der Gläubigerversammlung sowie einem externen Sachverständigen die Prüfung der Verfahrensabwicklung. Daher scheint es denklogisch, von der Notwendigkeit der Fortführung des Masseverzeichnisses auszugehen, zumal die handelsrechtliche Buchführung neben der Finanzbuchhaltung eine Anlagenbuchhaltung vorsieht, hier also keine Forderung außerhalb eines anerkanntes Buchführungssystems gestellt würde; das Gegenteil ist der Fall. 227 Die Fortführung des Gläubigerverzeichnisses hingegen scheint sinnwidrig, da mit der ohnehin fortzuführenden Insolvenztabelle und einer im Zweifel anzulegenden Massetabelle (ĺ Rz. 1246 ff.) bei Masseunzulänglichkeit bzw. Massearmut alle Informationen zur Verfügung stehen. Der Insolvenzverwalter sollte kontinuierlich die Masseverbindlichkeiten als Rückstellung anpassen, um nicht einerseits den Eintritt von Masseunzulänglichkeit oder Massearmut ___________ 140) Vgl. Jaeger/Eckardt, InsO, § 151 Rz. 18.

72

VI. Fortführung der Verzeichnisse

„zu verpassen“, andererseits um Nachfragen nach einer Quote für die Gläubiger beantworten zu können. Wenn nur noch das Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO fortzuführen ist, 228 nicht aber das Gläubigerverzeichnis i. S. d. § 152 InsO, scheint sich zu ergeben, dass die Fortführung der Vermögensübersicht (§ 153 InsO) sinnfrei ist. Jedoch nur auf den ersten Blick, da das Gläubigerverzeichnis durch die Insolvenztabelle und das Verzeichnis der Massegläubiger ersetzt werden kann, sodass diese Rechenwerke zur Passivseite einer abschließenden Vermögensübersicht (Schlussbilanz) gemacht werden können. 229

Merke: Zum (internen) Rechnungswesen des Insolvenzverwalters gehören neben der klassischen Buchführung von Geldbewegungen (Finanzbuchhaltung) auch die Fortführung des Masseverzeichnisses (Anlagebuchhaltung) sowie die Erstellung einer abschließenden Vermögensübersicht (Schlussbilanz). 2. Handelsrechtliche Ansätze zur Fortschreibung des Masseverzeichnisses

Einige Insolvenzgerichte verlangen inzwischen aufgrund vorstehender Über- 230 legungen – oder anderer Erwägungen – mit jedem Zwischenbericht ein fortgeschriebenes Verzeichnis der Massegegenstände. Das Problem, das sich hierbei stellt, ist allerdings das vom Handelsrecht abweichende Buchhaltungsverständnis aufseiten der Gerichte. Handelsrechtlich verschieben sich die Vermögenswerte durch Verwertung anhand eines Beispiels wie folgt: Beispiel:

231

Verzeichnis der Massegegenstände zum Stichtag Eröffnung, vorgelegt im Bericht zum Berichtstermin, d. h. zumindest nach der Vorstellung des Gesetzgebers noch vor der Verwertung (Abb. 7), wobei hier nur die markierten Vermögensgegenstände relevant sind: Vermögenswerte B.

C.

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeitrag

Freier Wert einschl. Kostenbeitrag

Anlagevermögen Maschine A

5.000,00

0,00

0,00

5.000,00

Maschine B

5.000,00

5.000,00

450,00

450,00

Umlaufvermögen Sonderkonto des Verwalters

E.

Wert zum Stichtag Insolvenzeröffnung

Summe Aktiva

0,00

0,00

0,00

0,00

10.000,00

5.000,00

450,00

5.450,00

(Abb. 7)

Bis zum nächsten Zwischenbericht wird Maschine A zum prognostizierten 232 Wert von ¼ 5.000,00 veräußert. D. h. die Position fällt weg, dafür entsteht in

73

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

Höhe des Kaufpreises ein Guthaben auf dem Sonderkonto des Insolvenzverwalters. Handelsrechtlich hätte dieser Aktivtausch auf den Stichtag des Zwischenberichts folgende Auswirkung (Abb. 8):

Vermögenswerte

B.

C.

./.

+

=

Drittrechte

Kostenbeitrag

Freier Wert einschl. Kostenbeitrag

Anlagevermögen Maschine A

0,00

0,00

0,00

0,00

Maschine B

5.000,00

5.000,00

450,00

450,00

Umlaufvermögen Sonderkonto des Verwalters

E.

Wert zum Stichtag Zwischenbericht

Summe Aktiva

5.000,00

0,00

0,00

5.000,00

10.000,00

5.000,00

450,00

5.450,00

(Abb. 8)

233 Gegen Verfahrensende müssten somit alle Positionen gleich null sein, abgesehen vom Bestand auf dem Sonderkonto des Insolvenzverwalters, da alle Vermögensgegenstände in Geld liquidiert wurden. Damit ist jenseits der Vollständigkeit der Masseverwertung jedoch kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn verbunden. 3. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses I – Grundmodell 234 Einige Gerichte möchten eine andere Darstellung, die eher einer sog. Bewegungs- bzw. Beständedifferenzenbilanz ähnelt. Sie möchten anhand des Verzeichnisses der Massegegenstände erkennen können, welche Erlöse erzielt wurden, ohne in die Buchführung des Verwalters Einblick nehmen zu müssen. Ein solches fortgeschriebenes Verzeichnis soll dann wie folgt aussehen (Abb. 9):

Vermögenswerte

B.

A

B

C

Freie Masse per Stichtag Insolvenzeröffnung

./. Bisherige Einnahmen

= Freier Wert fortgeschrieben, d. h. noch zu erwartende Einnahmen

Anlagevermögen Maschine A

5.000,00

5.000,00

0,00

Maschine B

450,00

0,00

450,00

0,00

0,00

0,00

5.450,00

5.000,00

450,00

C. Umlaufvermögen Sonderkonto des Verwalters wird nicht aufgeführt! E.

Summe Aktiva

(Abb. 9)

235 Spalte A wird immer aus dem Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO übernommen, d. h. die Spalte verändert sich von Zwischenbericht zu Zwischenbericht nicht. Ausgewiesen wird der freie Wert, d. h. im Zweifel nur die Kostenbeiträge auf Absonderungsgut; ansonsten bedürfte es weiterer Spalten.

74

VI. Fortführung der Verzeichnisse

Spalte B weist die bisher erzielten Einnahmen aus, die auf die jeweilige Ver- 236 mögensposition entfallen sind. Ob die Einnahmen höher oder niedriger als prognostiziert ausgefallen sind, spielt keine Rolle. Bei Verfahrensende kann anhand der Spalten A und B beurteilt werden, ob der Verwalter insgesamt mehr oder weniger als zu Verfahrensbeginn prognostiziert erzielt hat. Spalte C wird von Bericht zu Bericht fortgeschrieben, d. h. hier werden die 237 Positionen ausgebucht, wenn sie verwertet wurden. In dieser Spalte sind auch Veränderungen vorzunehmen, wenn sich die Bewertung ändert oder ein Vermögenswert wegen Wertlosigkeit/Freigabe ausgebucht werden musste. Erst wenn die Spalte C keine zu erwartenden Einnahmen mehr ausweist, ist dies ein Zeichen dafür, dass die Masseverwertung abgeschlossen ist. Das Sonderkonto des Insolvenzverwalters wird grundsätzlich nicht als Ver- 238 mögenswert aufgeführt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn aus der vorläufigen Verwaltung ein Guthaben übernommen wurde, das insoweit einen eigenen Vermögenswert darstellt. Der Wert einer solchen Darstellung tendiert gegen null. Folglich sind weitere Entwicklungen zu erkennen. 4. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses II – erweitertes Grundmodell Das vorstehende Grundmodell ist sehr einfach und insolvenzspezifischer 239 Natur. In Anlehnung an einen Vorstoß des Amtsgerichts Aachen141) wurde ein komplexeres Modell der Fortschreibung des Masseverzeichnisses entwickelt, basierend auf dem vorgenannten Grundmodell. Dieses Verzeichnis hat zunächst die Besonderheit, dass die Nummerierung des Bilanzschemas des HGB immer beibehalten werden soll, auch wenn solche Positionen nicht vorhanden sind. Eine Gliederung des hierauf aufbauenden Masseverzeichnisses wurde bereits dargestellt (ĺ Rz. 111 ff.). Solche Gliederungen werden derzeit offenbar an vielen Insolvenzgerichten erörtert, bis es zunächst an einzelnen Gerichten, dann in einzelnen Bundesländern und später vielleicht auch bundesweit zu einer Standardisierung der Gliederung kommen wird. Offenbar befasst sich eine Untergruppe „fortschreibende Rechnungslegung“ des Workshops „Elektronische Kommunikation zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht“ am Justizministerium Nordrhein-Westfalen mit einer derartigen Standardisierung, auch zur Vorbereitung der Einführung der elektronischen Akte an den Insolvenzgerichten. Maßgebliche Neuerung ist neben der Gliederungstiefe jedoch die Einfügung zusätzlicher Spalten dafür, dass sich der ursprünglich in der Insolvenzeröffnungsbilanz angegebene Wert durch Wertberichtigungen ändern kann. Ein aus Platzgründen zusammengefasstes Beispiel findet sich in Abb. 10 mit den nachfolgenden Erläuterungen; Umsatzsteuer wurde aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt. ___________ 141) Ausführlich Langer/Bausch, ZInsO 2011, 1287.

75

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

240 Die Spalten (1) bis (5) befassen sich mit den Vermögensgegenständen. In Spalte (1) wird der Wert eingetragen, der sich aus dem Masseverzeichnis ergibt, das gemäß §§ 151, 154 InsO eingereicht wurde. Dieser Wert verändert sich bei Fortschreibung des Verzeichnisses also nie. 241 In Spalte (2) werden nun in einem ersten Arbeitsschritt Veränderungen der Bewertung auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung eingetragen. Dies kann vielfältige Ursachen haben. Es sind (negative) Wertberichtigungen möglich, wenn sich nach Einreichung des Masseverzeichnisses ergibt, dass ein Vermögensgegenstand wohl nicht mehr den ursprünglich prognostizierten Wert erreicht. So kann sich die Zahlungsunfähigkeit eines Drittschuldners herausstellen, oder die Bewertung von Rechtsfragen hat sich durch neue Sachverhaltserkenntnisse geändert. Positive Wertabweichungen können sich ergeben, wenn im Masseverzeichnis rein vorsorglich nur ein geringerer Wert bzw. ein Erinnerungswert angesetzt wurde, sich im Berichtszeitraum aber wertaufhellende Erkenntnisse ergeben haben. Es geht insgesamt nur um eine Anpassung der Prognose, die auch für eine Abänderung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters oder Sachwalters Bedeutung haben kann. Spalte (3) ist dann nur die Summe von Spalte (1) plus/minus Spalte (2), d. h. es ist nur eine Formel hinterlegt. 242 Spalte (4) entspricht nun dem Prinzip einer Bewegungs- bzw. Beständedifferenzenbilanz, d. h. es werden dem Vermögensgegenstand in einem zweiten Arbeitsschritt die bisherigen Zahlungseingänge zugeordnet. Die Eintragungen resultieren mithin aus der Verwalterbuchführung. Spalte (5) ist dann wiederum nur das Ergebnis von Spalte (3) minus Spalte (4), sodass sich die per Erstellung des Zwischenberichts noch zu erwartenden Verwertungsergebnisse ergeben. 243 Spalten (6) bis (10) befassen sich mit den Drittrechten. In Spalte (6) wird der Wert eingetragen, der sich aus dem Masseverzeichnis ergibt, das gemäß §§ 151, 154 InsO eingereicht wurde. Dieser Wert verändert sich bei Fortschreibung des Verzeichnisses also ebenfalls nie. In der bisherigen Entwicklung dieses Models werden die Drittrechte und die Kostenbeiträge (schon aus Platzgründen) saldiert, obwohl dies dem Prinzip der Rohvermögensrechnung und dem Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 Satz 1 HGB) als Bestandteilen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung widerspricht. 244 In Spalte (7) werden nun in einem dritten Arbeitsschritt Veränderungen der Bewertung der Drittrechte auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung eingetragen. Zum einen müssen hier die Veränderungen aus dem ersten Arbeitsschritt (s. o.) nachvollzogen werden. Wird in Spalte (2) beispielsweise der Wert einer sicherungsübereigneten Maschine verändert, ändert sich naturgemäß auch der Wert des Absonderungsrechts (Obergrenze ist die persönliche Forderung des Gläubigers, die im Zweifel der Forderungsanmeldung zu entnehmen ist). Zum anderen führen neue rechtliche Bewertungen zu Änderungen des Drittrechts. Stellt sich beispielsweise die Anfechtbarkeit eines Ab-

76

VI. Fortführung der Verzeichnisse

sonderungsrechts heraus, muss in Spalte (7) folglich eine Korrektur bis auf null erfolgen. Es geht insgesamt auch hier nur um eine Anpassung der Prognose. Spalte (8) ist dann nur die Summe von Spalte (6) plus/minus Spalte (7), d. h. es ist nur eine Formel hinterlegt. Spalte (9) entspricht wiederum dem Prinzip einer Bewegungs- bzw. Bestän- 245 dedifferenzenbilanz, d. h. es werden dem Vermögensgegenstand in einem vierten Arbeitsschritt die bisherigen Auskehrungen an Drittrechtsgläubiger zugeordnet. Die Eintragungen resultieren aus der Verwalterbuchführung. Spalte (10) ist das Ergebnis von Spalte (8) minus Spalte (9), sodass sich die per Erstellung des Zwischenberichts noch zu berücksichtigenden Drittrechte ergeben. Die Spalten (11) und (12) beruhen auf dem Prinzip: Vermögenswert minus 246 Drittrechte gleich freie Masse. Spalte (11) weist die im ursprünglichen Verzeichnis ausgewiesene freie Masse aus und verändert sich bei der Fortschreibung nicht; im fortgeschriebenen Verzeichnis ist in Spalte (11) lediglich als Formel hinterlegt: „Spalte (1) minus Spalte (6)“. In Spalte (12) findet sich durch die Formel „Spalte (3) minus Spalte (8)“ das durch die Korrekturen bereinigte Ergebnis der voraussichtlich freien Masse. Bei einer einwandfreien Buchführung und einem strukturierten Berichtswesen 247 handelt es sich nicht um eine Arbeitserleichterung, sondern um Mehraufwand, der – so ist es in unserer Zeit allerdings üblich – als Qualitätssteigerung präsentiert wird. Daher nimmt es nicht Wunder, dass die ersten Erfahrungen sowohl aus der Perspektive des Gerichts142) als auch aus der Perspektive der Verwalter143) als positiv bezeichnet werden. Nach hier vertretener Auffassung hat sich jedoch seit der Sachverständigenanhörung zum GAVI im Jahre 2008 nichts geändert: es ist zusätzliche Bürokratie ohne Erkenntnismehrwert. Zuzugestehen ist nur eines: wer sein Berichtswesen bislang nicht am Masseverzeichnis und an der Insolvenzbuchführung orientiert hat, bekommt mit dem vorgeschlagenen Modell Gelegenheit zur Selbstoptimierung.

___________ 142) Wipperfürth, InsbürO 2014, 60. 143) Wipperfürth, InsbürO 2015, 51.

77

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

248

Aktiva

Masse (1)

(2)

Wert Stichtag Eröffnung A.

(4)

(5)

./. = = Wert Stichtag Noch zu Bisherige Eröffnung (fort- Einnahmen erwartende geschrieben) Einnahmen

Anlagevermögen II.

B.

(3)

+/– Wertberichtigung

Sachanlagen 1.

Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken

100.000

2.

technische Anlagen und Maschinen

10.000

3.

andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung

50.000144)

150.000

145)

5.000

150.000

0

146)

2.500

5.000

5.000

0

2.000 – 147) 4.000

18.000

16.000

2.000

148)

12.500

12.500

0

149)

2.500

–5.000

5.000

2.500

Umlaufvermögen II.

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1.

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen a) vor Insolvenzantrag begründet

2.

20.000

sonstige Vermögensgegenstände a) ausstehende Stammeinlage c) Ansprüche gegen Geschäftsführer

1 5.000

12.499

–2.500

2.500

IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks 4. H.

Sonderkonto Insolvenzverwalter150)

Summe Aktiva

2.000 142.001

52.999

2.000

2.000

0

195.000

188.000

7.000

(Abb. 10)

___________ 144) Das Grundstück wurde nach dem Berichtstermin veräußert. Statt erwarteter ¼ 100.000 konnten ¼ 150.000 erzielt werden. 145) Eine von zwei gleich hoch bewerteten Maschinen musste entgegen der ursprünglichen Planung verschrottet werden. 146) Die zweite Maschine konnte zwar zum Preis von ¼ 5.000 veräußert werden, jedoch ist erst eine von zwei gleich hohen Kaufpreisraten geflossen. 147) Auf eine lange vor Insolvenzantrag vom Schuldner in einem anderen Insolvenzverfahren angemeldete Forderung aus Lieferung und Leistung erfolgte nach dem Berichtstermin ein unerwarteter Zahlungseingang in Höhe von ¼ 2.000. Dafür ist ein anderer Drittschuldner unerwartet in Insolvenz gefallen, sodass ¼ 4.000 auszubuchen waren. 148) Nach dem Berichtstermin konnte die wirksame Einzahlung des Stammkapitals abschließend geprüft werden, es hat sich ein Anspruch in Höhe von ¼ 12.500 ergeben. 149) Ansprüche aus § 64 GmbHG a. F. bzw. § 15b InsO konnten nicht abschließend nachgewiesen werden. Es wurde ein Vergleich über ¼ 2.500 geschlossen; Zahlung ist noch nicht erfolgt. 150) Es handelt sich nur hinsichtlich des Bestands per Insolvenzeröffnung (Saldo aus vorläufiger Verwaltung) um einen Vermögenswert, der sich grundsätzlich nicht mehr ändert. Die Besonderheit der vorliegenden Bewegungsbilanz liegt gerade darin, die Einnahmen bei den einzelnen Vermögenspositionen zu vermerken; Ausgaben werden hier ohnehin nicht berücksichtigt.

78

VI. Fortführung der Verzeichnisse ./. Fremdrechte (6)

(7)

Wert Stichtag Eröffnung

(8)

+/– Wertberichtigung

152)

47.500

154)

–4.550

95.000

9.100

142.500

157)

122.300

(11)

142.500

0

Bemerkungen

(12)

Wert Wert StichStichtag tag EröffEröffnung nung (fortgeschrieben)

5.000

7.500

155)

4.550

4.550

900

450

156)

4.550

4.550

5.000

450

2.000 158) –5.640

12.560

6.560

1.800

5.440

1

12.500

5.000

2.500

4.550

18.200

(10)

./. = = Wert Stichtag Bisherige Noch zu Eröffnung (fortAusberückgeschrieben) kehrungen sichtigen

153)

151)

= Freie Masse (9)

41.860

164.160

6.000

148.500

15.660

2.000

2.000

19.701

30.840

___________ 151) Derzeit keine „offizielle“ Spalte, aber hilfreich. 152) Mit dem Absonderungsgläubiger konnte eine Massebeteiligung von 5 % vereinbart werden. 153) Das Absonderungsrecht erhöht sich zunächst um ¼ 50.000 entsprechend der Werterhöhung in Spalte (2). Die Massebeteiligung in Höhe von 5 % setzt sich allerdings auch an der Werterhöhung fort, d. h. die Werterhöhung wird nur zu 95 % berücksichtigt. 154) Beide Maschinen waren sicherungsübereignet. Berücksichtigt wurden die gesetzlichen Kostenbeiträge in Höhe von insgesamt 9 % gemäß § 171 InsO. 155) Die Verschrottung einer der beiden Maschinen im ursprünglichen Wert von ¼ 5.000 muss auch bei den Absonderungsrechten nachvollzogen werden, allerdings nur mit ¼ 4.550, d. h. mit dem um die Kostenbeiträge geminderten Betrag. 156) Hier wurde nach dem Berichtstermin eine bislang nicht berücksichtigte Sicherungsübereignung bekannt. Berücksichtigt wurden die gesetzlichen Kostenbeiträge in Höhe von insgesamt 9 % gemäß § 171 InsO. 157) Sämtliche Forderungen unterfielen bei der ursprünglichen Bewertung einer Globalzession. Berücksichtigt wurden die gesetzlichen Kostenbeiträge in Höhe von insgesamt 9 % gemäß § 171 InsO. 158) Die beiden Sachverhalte aus Spalte (2) müssen auch hier berücksichtigt werden, sodass eine Erhöhung um ¼ 2.000 und eine Minderung um ¼ 4.000 erfolgt. Allerdings wurde drittens festgestellt, dass Forderungen in Höhe von ¼ 4.000 im anfechtungsrelevanten Zeitraum entstanden sind, sodass aufgrund einer entsprechenden Anfechtung das Absonderungsrecht um weitere ¼ 4.000 reduziert wird, ausgewiesen in Höhe von ¼ 3.640, d. h. um die Kostenbeiträge gemindert.

79

B. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) als Teil des Rechnungswesens

5. Insolvenzspezifische Fortschreibung des Masseverzeichnisses III – Vorgriff auf eine Standardisierte Schlussrechnung (ZEFIS) 249 Im Vorgriff auf spätere Ausführungen (ĺ Rz. 1239 ff.) soll ein Teil der diskutierten Standardisierten Schlussrechnung vom Grundprinzip her dargestellt werden (Abb. 11), da sie ein fortgeschriebenes Verzeichnis der Massegegenstände enthalten soll, das ebenfalls auf dem Grundprinzip einer Bewegungsbzw. Beständedifferenzenbilanz fußt, jedoch mit anderen Spaltenüberschriften. 250

Standardschlussrechnung Verwertungsübersicht

A.

Letzte verfügbare Aufstellung des Vermögens vor Insolvenzantrag

Vermögensübersicht des Insolvenzverwalters

Einnahmen aus Verwertungshandlungen

Auszahlungen auf Ausund Absonderungsrechte

Freie Masse

Konzessionen, Patente, Markenrechte

0

0

0

0

0

2.

Software

0

0

0

0

0

3.

Firmenwert

0

0

0

0

0

Summen

0

0

0

0

0

1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte

0

0

0

0

0

2. Technische Anlagen und Maschinen

0

0

0

0

0

3. Betriebs- und Geschäftsausstattung

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

1. Anteile an verbundenen Unternehmen, Beteiligungen

0

0

0

0

0

2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen, Beteiligungen

0

0

0

0

0

3. Wertpapiere des Anlagevermögens

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

Anlagevermögen I.

Immaterielle Vermögensgegenstände 1.

II.

Sachanlagen

Summen III.

Finanzanlagen

Summen

80

VI. Fortführung der Verzeichnisse Standardschlussrechnung Verwertungsübersicht

B.

Letzte verfügbare Aufstellung des Vermögens vor Insolvenzantrag

Vermögensübersicht des Insolvenzverwalters

Einnahmen aus Verwertungshandlungen

Auszahlungen auf Ausund Absonderungsrechte

Freie Masse

Umlaufvermögen I.

II.

III.

Vorräte 1.

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

0

0

0

0

0

2.

Unfertige Erzeugnisse

0

0

0

0

0

3.

Fertige Erzeugnisse und Waren

0

0

0

0

0

Summen

0

0

0

0

0

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1.

Altforderungen aus Lieferungen und Leistungen

0

0

0

0

0

2.

Forderungen aus dem vorläufigen Verfahren

0

0

0

0

0

3.

Sonstige Vermögensgegenstände

0

0

0

0

0

Summen

0

0

0

0

0

Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten 1.

Sonderkonto Insolvenzverwalter

0

0

0

0

0

2.

Sonstige Geschäftskonten

0

0

0

0

0

Kasse

0

0

0

0

0

Summen

0

0

0

0

0

Rechnungsabgrenzungsposten

0

0

0

0

0

Einnahmen-Überschuss aus der Verwertungsübersicht

0

0

0

0

0

3. C.

(Abb. 11)

81

C. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (BGB) I. Kassenbuch […] Das Gesetz sieht keine Form für eine insolvenzrechtliche Einnahmen-Aus- 251 gaben-Rechnung vor, sodass die einfachste Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ähnlich einem Kassenbuch (Abb. 12) genügen würde. Datum

Beleg Nr.

Geschäftsvorfall

Einnahme

Ausgabe

Summen (Abb. 12)

II. […] untauglich und nicht zeitgemäß Es dürfte unbestritten sein, dass die Darstellung in Form eines Kassenbuchs 252 den heutigen Anforderungen nicht mehr genügt. Es lässt sich u. a. weder zwischen Abwicklung und Fortführung differenzieren noch können die Auskehrungen an Absonderungsgläubiger den entsprechenden Einnahmen aus der Verwertung von Absonderungsgut gegenübergestellt werden. Weder können Verfahrenskosten (§ 54 InsO) von sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) getrennt noch kann zwischen Alt- und Neu-Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 209 Abs. 1 InsO unterschieden werden. Es handelt sich um eine reine Erfassung von Geldbewegungen ohne einen über die Kontoauszüge hinausgehenden Informationsgehalt. Eine solch einfache Darstellung basiert auf dem Verständnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach §§ 666, 259 Abs. 1 BGB, das auf eher einfachen Rechnungslegungen beruht, wie z. B. des Vormunds (§§ 1840, 1841 BGB), des rechtlichen Betreuers (§§ 1908i, 1840, 1841 BGB), des Pflegers (§§ 1915, 1840, 1841 BGB) sowie des Testamentsvollstreckers (§§ 2218, 666, 259 BGB); falls nicht ein Unternehmen zum fremden Vermögen gehört, denn dann wird auf die handelsrechtliche Buchführung nach §§ 238 ff. HGB verwiesen. III. Parallele Zwangsverwalter Schon der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG-Ver- 253 walter) hat bei seiner Rechnungslegung (§ 28 WEG) einige zusätzliche Unterscheidungen zu ermöglichen, z. B. eine Unterteilung in (auf die Mieter) umlagefähige und nicht umlagefähige Kosten, eine Abgrenzung von laufenden Geschäftsvorfällen zu Verwendungen der Instandhaltungsrücklage und Geldbewegungen der Sonderumlagen, eine Zuweisung der Aufwendungen zu den verschiedenen Eigentümern anhand mehrerer Verteilungsschlüssel (nach Personen, nach Miteigentumsanteilen, nach Wohneinheiten, nach Verbrauch)

83

C. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (BGB)

etc. Dies geschieht durch Ausgestaltung eines entsprechenden Kontenplans, der die notwendigen Differenzierungen ermöglichen soll. 254 Gleiches gilt für den Zwangsverwalter (§§ 146 ff. ZVG), der seine Rechnungslegung nach verschiedenen Mietverhältnissen und Ausgabe-Kategorien zu unterteilen hat. Während gemäß § 21 ZwVerwVO a. F. die Buchführung in Absprache mit dem Gericht einigermaßen frei eingerichtet werden konnte, sind bereits seit dem 1.1.2004 die §§ 13 – 15 ZwVwV zwingend, sodass gilt: § 15 ZwVwV (1) Die Soll- und Isteinnahmen sind nach folgenden Konten zu gliedern: 1.

Mieten und Pachten nach Verwaltungseinheiten,

2.

andere Einnahmen.

(2) Der Saldo der vorigen Rechnung ist als jeweiliger Anfangsbestand vorzutragen. (3) Die Gliederung der Ausgaben erfolgt nach folgenden Konten: 1.

Aufwendungen zur Unterhaltung des Objektes;

2.

öffentliche Lasten;

3.

Zahlungen an die Gläubiger;

4.

Gerichtskosten der Verwaltung;

5.

Vergütung des Verwalters;

6.

andere Ausgaben.

(4) Ist zur Umsatzsteuer optiert worden, so sind Umsatzsteueranteile und Vorsteuerbeträge gesondert darzustellen.

255 Dies dient der Transparenz, aber auch den Bemühungen des Verordnungsgebers um eine Standardisierung. Von Interesse ist, dass § 14 Abs. 2 ZwVwV eine jährliche Abrechnung vorsieht. Eine korrespondierende Regelung für den Insolvenzverwalter fehlt. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass in der Zwangsverwaltung etwas der Betriebsfortführung Vergleichbares als längerfristiger Zustand gesehen wird, während die Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren nur als etwas kurzzeitig Vorübergehendes betrachtet wird, da die Verwertung des schuldnerischen Vermögens im Vordergrund steht. IV. Auswirkung auf die Eignung als Insolvenzverwalter (§ 56 InsO) 256 Noch deutlicher als mit der Ausgestaltung des § 15 ZwVwV kann nicht zum Ausdruck kommen, dass der Gesetzgeber Rechnungslegungen im Zweifel selbst zu standardisieren bereit ist, wenn die Praxis nur widerwillig vernünftige Rechenwerke abliefert. Da das Insolvenzrecht noch um einiges komplizierter ist als das Recht der Zwangsverwaltung, muss daher damit gerechnet werden, dass eine Standardisierung der internen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters erfolgen wird, wenn in der Praxis weiterhin Buchführungen

84

V. Auswirkung auf die Eignung des Gerichtspersonals

erstellt werden, die sich jeglichen Entwicklungen hin zu mehr Transparenz und ferner einer Implementierung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zu entziehen versuchen. Insolvenzverwalter, die sich weiterhin auf einfachste Auswertungen stützen, sind fachlich ungeeignet i. S. d. § 56 InsO, da sie sich der rechtlichen und tatsächlichen Weiterentwicklung einer tragenden Säule der Abwicklung fremden Vermögens als Treuhänder nachhaltig zu entziehen versuchen. Da entsprechende Diskussionen schon seit Jahren geführt werden und vernünftige EDV-Programme schon mindestens seit Einführung der Insolvenzordnung flächendeckend am Markt vertreten sind, dürfte auch eine entsprechende Übergangsphase, in der noch einfachste Auswertungen akzeptiert werden könnten, längst abgeschlossen sein. Eine Mehrheit von Insolvenzverwaltern verwendet inzwischen sachgerechte Kontenpläne, was mit Investitionen und laufendem Aufwand verbunden ist. Daher ist die Anhebung der Prozentsätze in den meisten Staffelstufen des § 2 Abs. 1 InsVV für die ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren auch mit gestiegenen Anforderungen u. a. an die Rechnungslegung begründet worden.159) Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Regelvergütung des Insolvenzverwalters auch eine zeitgemäße und professionelle Rechnungslegung einfordert. V. Auswirkung auf die Eignung des Gerichtspersonals Rechtspfleger, die weiterhin einfachste Auswertungen als Schlussrechnung 257 akzeptieren, und Insolvenzrichter, die derartige Insolvenzverwalter dennoch – und ohne Besserungsaussicht – erneut bestellen, laufen Gefahr, als befangen abgelehnt werden zu können, da sie sich parteiisch auf die Seite einer mangelhaften oder zumindest intransparenten Abwicklung fremden Vermögens stellen. Daher sollte sichergestellt werden, dass die Insolvenzgerichte in die Überlegungen einer standardisierten Buchführung kontinuierlich einbezogen werden. Ferner sind die einschlägigen Justizbehörden aufgefordert, ein entsprechendes Weiterbildungsangebot zu konzipieren, das den Rechtspflegern ermöglicht, auch in diesem Bereich ihrer Überwachungspflicht aus § 58 InsO souverän nachkommen zu können; insoweit bedarf es einer gewissen Augenhöhe mit dem Insolvenzverwalter.160) Ein Akteur mit mangelnder Einsicht sind möglicherweise die Landesjustizverwaltungen mit ihren Basiszahlen (Minutenansätzen) nach PEBB§Y,161) d. h. es ist nicht überzeugend si-

___________ 159) BT-Drucks. 19/24181, S. 206. 160) Hierzu ausführlich Uhlenbruck, in: Festschrift Kübler, S. 709 ff. 161) PEBB§Y (Personalbedarfsberechnungssystem) ist die Kurzbezeichnung für ein System zur Personalbedarfsberechnung für die deutschen Justizbehörden. Die offizielle Bezeichnung lautet: Erarbeitung eines Systems der Personalbedarfsberechnung für den richterlichen, staatsanwaltlichen und Rechtspflegerdienst in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. PEBB§Y ist in Deutschland seit 2005 das aktuelle System für die Personalbedarfsplanung der Landesjustizverwaltungen.

85

C. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (BGB)

chergestellt, dass die Rechtspfleger ihren anspruchsvollen Aufgaben überhaupt nachkommen sollen. VI. Sprachgebrauch 258 Der Begriff Kassenbuch lässt sich gleichwohl nicht aus der Praxis ausmerzen. Er wird aber nur als Reminiszenz an alte Zeiten verwendet. Oft findet er sich als Überschrift über einer Auswertung, die inhaltlich ein Journal zu einem Geldkonto darstellt. Letzteres aber nur, wenn auch Gegenkonten zu erkennen sind, ansonsten ist die Auswertung schlicht unbrauchbar.

86

D. Doppelte Buchführung (Doppik) I. Einführung Das Prinzip der doppelten Buchführung besteht darin, einen Geschäftsvor- 259 fall sowohl ertragswirksam als auch bestandswirksam darzustellen (Abb. 13). Buchungssatz

Bestandskonten (ĺ Rz. 261 ff.)

Aktiva

Erfolgskonten (ĺ Rz. 270 ff.)

Passiva

Aufwandskonten

Ertragskonten

(Abb. 13)

Daraus folgt, dass bei jeder Buchung zwei Konten anzusprechen sind, zum einen 260 ein Bestandskonto, zum anderen ein Erfolgskonto. Nur bei der doppelten Buchführung entstehen somit die klassischen Buchungssätze nach dem Prinzip: Soll an Haben II. Bestandskonten – Bilanz Die Bestandskonten stellen die Bestände auf der Aktiv- oder Passivseite einer 261 Bilanz dar. Bestandskonten werden zu jenen Positionen gebildet, die in einer Bilanz nach § 266 HGB aufgeführt werden. Die Bestandskonten werden aufgeteilt in Konten für Aktiva (Abb. 14) und Konten für Passiva (Abb. 15). 1. Aktiva gemäß § 266 Abs. 2 HGB Die Darstellung der Bilanz nach HGB ist in § 266 HGB vorgegeben. Für 262 große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (Größenkriterien nach § 267 HGB) ist nachfolgende Gliederung vorgegeben. Kleine Kapitalgesellschaften brauchen hingegen nur eine verkürzte Bilanz aufzustellen. Die Gliederung wird grundsätzlich auch für Personengesellschaften angewandt, wobei Modifizierungen insbesondere beim Eigenkapital erforderlich sind. Die Darstellung der Aktiva erfolgt hiernach wie folgt (Abb. 14): 263

A. Anlagevermögen I.

Immaterielle Vermögensgegenstände 1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte

87

D. Doppelte Buchführung (Doppik) 2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten 3. Geschäfts- oder Firmenwert 4. geleistete Anzahlungen II.

Sachanlagen 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken 2. technische Anlagen und Maschinen 3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau

III. Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen 3. Beteiligungen 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 5. Wertpapiere des Anlagevermögens 6. sonstige Ausleihungen B. Umlaufvermögen I.

Vorräte 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen 3. fertige Erzeugnisse und Waren 4. geleistete Anzahlungen

II.

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 4. sonstige Vermögensgegenstände

III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. sonstige Wertpapiere IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks C. Rechnungsabgrenzungsposten D. Aktive latente Steuern E. Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung (Abb. 14)

88

II. Bestandskonten – Bilanz

2. Passiva gemäß § 266 Abs. 3 HGB Wie bereits ausgeführt, ergibt sich die Gliederung der Bilanz aus § 266 HGB. 264 Die Darstellung der Passiva erfolgt hiernach wie folgt (Abb. 15): 265

A. Eigenkapital I.

Gezeichnetes Kapital

II.

Kapitalrücklage

III. Gewinnrücklagen 1. gesetzliche Rücklage 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen 3. satzungsmäßige Rücklagen 4. andere Gewinnrücklagen IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag V.

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

B. Rückstellungen 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen 2. Steuerrückstellungen 3. sonstige Rückstellungen C. Verbindlichkeiten 1. Anleihen, davon konvertibel 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 8. sonstige Verbindlichkeiten, davon aus Steuern davon im Rahmen der sozialen Sicherheit D. Rechnungsabgrenzungsposten E. Passive latente Steuern (Abb. 15)

89

D. Doppelte Buchführung (Doppik)

3. T-Konten 266 Die einzelnen Sachkonten können in Staffelform oder als T-Konten geführt werden. Zu didaktischen Zwecken wird heute immer noch auf die T-Konten zurückgegriffen. Beispiele für T-Konten (Abb. 16, Abb. 17): Aktives Bestandskonto

Soll Anfangsbestand

Haben

100.000,00 Bestandsminderung 1

15.000,00

Bestandsmehrung 1

20.000,00 Bestandsminderung 2

35.000,00

Bestandsmehrung 2

10.000,00 Endbestand (Saldo)

80.000,00

Summe

130.000,00 Summe

130.000,00

(Abb. 16)

Passives Bestandskonto

Soll Bestandsminderung 1

Haben

5.000,00 Anfangsbestand

40.000,00

Bestandsminderung 2

17.000,00 Bestandsmehrung 1

Endbestand (Saldo)

50.000,00 Bestandsmehrung 2

10.000,00 22.000,00

Summe

72.000,00 Summe

72.000,00

(Abb. 17)

267 Aus der Darstellung ergibt sich als allgemeiner Grundsatz: Aktiva mehren sich im Soll, Passiva mehren sich im Haben Umgekehrt gilt: Aktiva mindern sich im Haben, Passiva mindern sich im Soll 4. Staffelkonten 268 Aufgrund des inzwischen allgemein verbreiteten Einsatzes von EDV-gestützten Programmen und wegen der übersichtlicheren Darstellung hat sich in der Praxis die Form der Staffelkonten durchgesetzt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen aber nur um eine geänderte Form der Darstellung; an der Buchungstechnik als solcher hat sich nichts geändert. 269 Beispiele für Staffelkonten (Abb. 18, Abb. 19): Aktives Bestandskonto Anfangsbestand

100.000,00

Bestandsmehrung 1

+

20.000,00

Bestandsminderung 1

./.

15.000,00

Bestandsminderung 2

./.

35.000,00

Bestandsmehrung 2

+

10.000,00

Endbestand (Saldo) (Abb. 18)

90

80.000,00

III. Erfolgskonten – GuV Passives Bestandskonto Anfangsbestand

40.000,00

Bestandsmehrung 1

+

10.000,00

Bestandsminderung 1

./.

5.000,00

Bestandsminderung 2

./.

17.000,00

Bestandsmehrung 2

+

22.000,00

Endbestand (Saldo)

50.000,00

(Abb. 19)

III. Erfolgskonten – GuV Die Erfolgskonten stellen den (positiven oder negativen) Erfolg der unter- 270 nehmerischen Tätigkeit dar. Erfolgskonten werden zu jenen Positionen gebildet, die in einer Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) nach § 275 HGB aufgeführt werden. Die Erfolgskonten werden aufgeteilt in Konten für Aufwand und Konten für Ertrag. 1. GuV – Gesamtkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 2 HGB Auch die Gliederung der Gewinn- und Verlust-Rechnung richtet sich nach 271 den Vorgaben des HGB. § 275 Abs. 1 HGB sieht eine Wahlmöglichkeit zwischen der Darstellung nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs. 2 HGB) oder nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB) vor. Die Gliederung für das Gesamtkostenverfahren sieht wie folgt aus (Abb. 20): 272

Gewinn- und Verlustrechnung 1.

Umsatzerlöse

2.

Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen

3.

andere aktivierte Eigenleistungen

4.

sonstige betriebliche Erträge

5.

Materialaufwand a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen

6.

Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung

7.

Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten

91

D. Doppelte Buchführung (Doppik) Gewinn- und Verlustrechnung 8.

sonstige betriebliche Aufwendungen

9.

Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen 14. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 15. Ergebnis nach Steuern 16. sonstige Steuern 17. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag (Abb. 20)

2. GuV – Umsatzkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 3 HGB 273 Beim Umsatzkostenverfahren wird von den Umsatzerlösen der Umsatzaufwand abgezogen, sodass auf eine Berücksichtigung der Bestandsveränderungen verzichtet werden kann. Daher unterscheiden sich die ersten Positionen bei der Gliederung. Wird diese Form der GuV gewählt, muss der Material- und Personalaufwand gleichwohl gemäß § 285 Nr. 8 HGB im Anhang nach § 275 Abs. 2 Nrn. 5 bzw. 6 HGB aufgeteilt werden. Auf eine weitere Darstellung wird verzichtet, da das Gesamtkostenverfahren dominiert und transparenter ist. 3. T-Konten 274 Auch bei den Erfolgskonten können die einzelnen Sachkonten grundsätzlich in Staffelform oder als T-Konten geführt werden. Beispiele für T-Konten (Abb. 21, Abb. 22): Soll

Aufwandskonto

Aufwand 1

2.000,00

Aufwand 2

1.500,00

Aufwand 3

2.500,00

Summe (Saldo)

6.000,00 Summe

(Abb. 21)

92

Haben

0,00

IV. Insolvenzbezug Soll

Summe

Ertragskonto

Haben

Ertrag 1

12.000,00

Ertrag 2

12.500,00

Ertrag 3

2.500,00

0,00 Summe

27.000,00

(Abb. 22)

Aus der Darstellung ergibt sich ein weiterer allgemeiner Grundsatz. Da 275 Aufwandskonten bei der Buchung im Soll angesprochen werden und Ertragskonten im Haben, lässt sich vereinfacht für die Buchungstechnik ausdrücken: Aufwand an Ertrag 4. Staffelkonten Aufgrund des inzwischen allgemein verbreiteten Einsatzes von EDV-ge- 276 stützten Programmen und wegen der übersichtlicheren Darstellung hat sich in der Praxis die Form der Staffelkonten durchgesetzt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen aber nur um eine geänderte Form der Darstellung; an der Buchungstechnik als solcher hat sich nichts geändert. Beispiele für Staffelkonten (Abb. 23, Abb. 24):

277

Aufwandskonto Aufwand 1

2.000,00

Aufwand 2

1.500,00

Aufwand 3

2.500,00

Summe (Saldo)

6.000,00

(Abb. 23)

Ertragskonto Ertrag 1

12.000,00

Ertrag 2

12.500,00

Ertrag 3

2.500,00

Summe (Saldo)

27.000,00

(Abb. 24)

IV. Insolvenzbezug In der sog. Insolvenz- oder Verwalterbuchführung sind die Bestandskonten 278 als Aktiva auf Geldkonten beschränkt. Die übrigen Aktiva finden sich im (fortgeführten) Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO. Die für die Betriebsfortführung wichtige Aktivposition „Forderungen aus Lieferung und Leistung“ wird oftmals der handelsrechtlichen Buchführung entnommen. Einige EDV-Programme lassen jedoch auch für die Verwalterbuchführung Konten 93

D. Doppelte Buchführung (Doppik)

für diese übrigen Aktiva zu, um einen Gleichlauf mit der handelsrechtlichen Buchführung zu ermöglichen. Die Auswertungen für die Gerichte enthalten jedoch nur die Geldkonten. 279 Passivkonten werden i. d. R. nicht geführt. Für vorinsolvenzlich begründete Verbindlichkeiten werden die Passivkonten ersetzt durch das Gläubigerverzeichnis i. S. d. § 152 InsO bzw. die Insolvenztabelle. Für Verbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung begründet werden, wird im Rahmen der Betriebsfortführung ebenfalls oftmals auf die handelsrechtliche Buchführung rekurriert. Erneut sind Software-Produkte zu erwähnen, die auch für die Verwalterbuchführung – im Hintergrund – Passivkonten ermöglichen. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Nicht-Erfassung von Passiva ergibt sich jedenfalls bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit, weil nun die Gläubiger derjenigen Masseverbindlichkeiten, die nicht sofort bzw. nicht vollständig befriedigt werden können (§ 209 InsO), in eine Massetabelle aufgenommen werden müssen (ĺ Rz. 1246 ff.). Dies ergibt sich u. a. aus § 211 Abs. 3 InsO, der auch bei Einstellung des Verfahrens nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Nachtragsverteilung zulässt, wofür natürlich erfasst sein muss, welche Massegläubiger davon profitieren sollen; dasselbe gilt auch bei einer Einstellung wegen Massearmut nach § 207 InsO,162) da die Verfahrenskosten immer absolute Priorität genießen. Da die Nachtragsverteilung gemäß § 205 Satz 1 InsO anhand des Schlussverzeichnisses zu erfolgen hat, das identisch mit dem Verteilungsverzeichnis i. S. d. § 188 InsO ist, muss die Liste der offenen Massegläubiger in den Fällen der Massearmut oder -unzulänglichkeit bei Verfahrensabschluss zum Bestandteil des Schlussverzeichnisses gemacht werden, mindestens ist eine solche Liste mit dem Schlussbericht einzureichen. 280

Merke: Grundsätzlich gibt es als Bestandskonten in der Verwalterbuchführung nur die Geldkonten, d. h. Kasse, Sonderkonto, Festgeld, schuldnerische Konten u. a.

281 Eine größere Spannbreite besteht bei den Erfolgskonten, d. h. den Aufwands- und Ertragskonten. Entsprechend dem Sprachgebrauch des § 259 Abs. 1 BGB ist bei Rechenschaftslegungen allerdings nur von EinnahmeKonten und Ausgabe-Konten zu sprechen, da Aufwand und Ertrag auch eine ertragsteuerliche Komponente bei bloßer Bestandsveränderung ohne Zahlungsfluss beinhalten.

___________ 162) Ausführlich Zimmer, KTS 2009, 199, 216 f.; dann auch BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 40/13, ZIP 2013, 2320; dazu EWiR 2014, 19 (Zimmer).

94

V. Amerikanisches Journal

282

Merke: Bei der handelsrechtlichen Buchführung steht die Bilanzierung im Vordergrund. Von zentraler Bedeutung ist die Veränderung der Bestände. Die Aufwands- und Ertragskonten werden zum Jahresende lediglich benötigt, um durch Zusammenstellung in einer Gewinn- und Verlust-Rechnung den Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag zu ermitteln. Dieser wiederum wird lediglich als ein einziger Wert in die Bilanz übernommen. Entscheidend ist der Bilanzgewinn zur Ermittlung des steuerrelevanten Gewinns (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Im Übrigen werden Aufwands- und Ertragskonten nur als Aufzeichnungen für die Ermittlung der Umsatzsteuer benötigt. Bei der Verwalterbuchführung hingegen sind die Bestandsveränderungen ohne Bedeutung. Hier steht im Vordergrund der Nachweis der Vermögensverwertung anhand der Einnahmen sowie die Rechenschaft über die Mittelverwendung anhand der Ausgaben, in den Teilbereichen der Betriebsfortführung oder der Drittrechte auch der jeweilige Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben.

Gerade wegen der Notwendigkeit und Spannbreite der Einnahme-Konten 283 und Ausgabe-Konten, die in späteren Kapiteln erläutert werden, ist die Doppik in der Verwalterbuchführung zur Selbstverständlichkeit geworden.163) Sie verlangt aber sowohl dem Ersteller als auch dem Leser ein qualifiziertes Buchhaltungsverständnis ab. Gelegentlich gibt es hierbei Unklarheiten bei der Verwendung von Begriffen. Wenn im Kontext Verwalterbuchführung von „doppelter Buchführung“ oder „kaufmännischer Buchführung“ die Rede ist, ist damit nicht die handelsrechtliche Buchführung (§§ 238 ff. HGB) im Zusammenhang mit der Bilanzierung (§§ 242 ff. HGB) als Ziel gemeint; vielmehr geht es nur um die Buchungstechnik der Doppik als Weg, d. h. die Darstellung auf Bestandskonten und Erfolgskonten muss korrespondieren. V. Amerikanisches Journal Das in einem früheren Kapitel dargestellte Kassenbuch (ĺ Kap. C. I.) als 284 einfachste Einnahmen-Ausgaben-Rechnung lässt sich so erweitern, dass es der Doppik gerecht wird. Es werden hierzu Spalten angefügt, denen jeweils ein Aufwands- oder Ertrags-Konto zugewiesen wird. Es entsteht das sog. Amerikanische Journal (Abb. 25) als einfachste Form der doppelten Buchführung. Alle Geschäftsvorfälle werden anhand von Belegen in zeitlich geordneter Reihenfolge in einen sachlichen Zusammenhang gebracht. Als Bestandskonten werden nur Geldkonten geführt. Das Amerikanische Journal hat den Nachteil, dass eine Darstellung bei Ver- 285 wendung vieler Aufwands- und Ertrags-Konten schon von der Breite des Papiers her kaum sinnvoll möglich ist. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, ___________ 163) So auch Reck, ZInsO 2008, 495, 496.

95

D. Doppelte Buchführung (Doppik)

dass das Amerikanische Journal zur ältesten Technik der doppelten Buchführung, nämlich zur Übertragungsbuchhaltung, gehört. Da hier das Grundbuch bzw. Journal (chronologische Sortierung nach dem französischen Ursprung des Wortes le jour) und das Hauptbuch (sachliche Zuordnung) in einem Gesamtbuch vereinigt werden, wird diese Technik auch Einheitsbuchhaltung genannt. Das Amerikanische Journal findet auch heute noch Anwendung. Es kann in Schreibwarengeschäften als Kladde erworben werden, wird inzwischen ebenfalls als Software angeboten und eignet sich für die Ausbildung besser als moderne EDV-Programme, weil die Zusammenhänge der Doppik auf einen Blick erkennbar sind. Manch insolvenzspezifische Software bietet auch heute noch Auswertungen nach diesem Schema an. 286

Bestandskonten Geldkonten Bank

Datum

Geschäftsvorfall

USt.satz

Beleg Nr.

Betrag

1.8.2021

Saldovortrag Eröffnung

2.8.2021

Einzug Meier RE 50/2021

19 %

1

2.380,00

5.8.2021

Material Schubert RE 12/2021

19 %

2

1.190,00

7.8.2021

Zahlung Müller RE 38/2021

19 %

3

238,00

7.8.2021

Material Schubert RE 13/2021

19 %

4

119,00

9.8.2021

Warenverkauf RE 1/2021

19 %

5

11.900,00

15.8.2021

USt.VA 07/2021

7

1.691,00

16.8.2021

Verkauf Maschine

19 %

8

5.950,00

31.8.2021

Kontoführungsgebühren

6

20,00

31.8.2021

Zinsen

6

1,00

Summen Saldo

(Abb. 25)

96

Kasse

(1)

(2)

(3)

(4)

Einnahme

Ausgabe

Einnahme

Ausgabe

0,00

0,00

0,00

0,00

2.380,00 1.190,00 238,00 119,00 11.900,00 1.691,00 5.950,00 20,00 1,00

20.231,00

2.901,00

17.330,00

238,00 119,00

119,00

V. Amerikanisches Journal Erfolgskonten Fortführung Wareneinkauf

Umsatzerlöse

Abwicklung Forderungseinzug

Verwertungserlöse

Steuerkonten

Kto.Geb.

Zinsen

VSt.

USt.

Umsatzsteuer

(5)

(6)

(7)

(8)

(9)

(10)

(11)

(12)

(13)

(14)

Aufwand

Ertrag

Ertrag

Ertrag

Aufwand

Ertrag

durchl. Posten

durchl. Posten

Ertrag

Aufwand

2.000,00

380,00

1.000,00

190,00 200,00

38,00

100,00

19,00 10.000,0 0

1.900,00 1.691,00 5.000,00

950,00 20,00 1,00

1.100,00

10.000,0 0

8.900,00

2.200,00

5.000,00 7.181,00

20,00

1,00

209,00

3.268,00

3.059,00

0,00

1.691,00

–1.691,00

97

E. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) I. Einleitung Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) setzen sich aus 287 verschiedenen gesetzlichen Anforderungen (HGB und AO) und ungeschriebenen Regeln zusammen, wobei Letztere aus der Praxis, Rechtsprechung und Fachliteratur abgeleitet werden, inzwischen maßgeblich durch Verwaltungsanweisungen des Bundesfinanzministeriums ergänzt. II. Relevante Normen des HGB und der AO Die relevanten Normen des HGB und der AO lauten:

288

§ 238 Abs. 1 Satz 1 HGB Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. § 238 Abs. 1 Satz 2 HGB = § 145 Abs. 1 Satz 1 AO Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. § 239 Abs. 2 HGB (entspricht § 146 Abs. 1 Satz 1 AO) Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. § 238 Abs. 1 Satz 3 HGB = § 145 Abs. 1 Satz 2 AO Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. § 239 Abs. 1 HGB (entspricht § 146 Abs. 3 AO) 1

Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer lebenden Sprache zu bedienen. 2 Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. § 238 Abs. 2 HGB Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten. § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB Der Jahresabschluss hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

99

E. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden.

III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) 289 Historisch gesehen wurden die GoB aus der Papierbuchführung entwickelt. Aufgrund des zunehmenden und heute nahezu selbstverständlichen Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungssysteme waren die GoB entsprechend weiterzuentwickeln. Die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) waren daher von der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV) ausgearbeitet worden und enthielten Regeln zur Buchführung mittels Datenverarbeitungssystemen. Die letzte Fassung der GoBS war von der deutschen Finanzverwaltung durch Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 7.11.1995164) mit entsprechenden Anmerkungen herausgegeben worden. In der Folgezeit erließ das Bundesfinanzministerium als Verwaltungsanweisung ergänzend die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) mit Inkrafttreten zum 1.1.2002.165) Parallel hierzu befanden sich die GoBS in Überarbeitung, sie sollten nach einem Entwurf aus dem Jahr 2012 fortan als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim IT-Einsatz (GoBIT) bezeichnet werden. 290 Stattdessen ist das Bundesministerium der Finanzen einen eigenen Weg gegangen und hat mit BMF-Schreiben vom 14.11.2014166) die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) mit Inkrafttreten zum 1.1.2015 bekannt gegeben. Die GoBD haben sowohl die GoBS als auch die GDPdU ersetzt. Die aktuelle Fassung der GoBD gilt seit dem 1.1.2020.167) Es ist davon auszugehen, dass die Grundsätze auch außerhalb des Handels- und Steuerrechts gelten, also auch für die Rechnungslegung nach § 66 InsO. 1. Grundsatz der Ordnung (Kontenfunktion) 291 Der Grundsatz der Klarheit verlangt u. a. eine systematische Erfassung und übersichtliche, eindeutige und nachvollziehbare Buchungen.168) Über die Über___________ 164) 165) 166) 167) 168)

100

BMF-Schreiben v. 7.11.1995, IV A 8 – S 0316 – 52/95, BStBl. I 1995, 738. BStBl. I 2001, 415. BMF-Schreiben v. 14.11.2014, IV A 4 – S 0316/13/10003, BStBl. I 2014, 1450. BMF-Schreiben v. 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003, BStBl. I 2019, 1269. Rz. 53 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern

schneidungen mit anderen Grundsätzen hinaus wird hier gefordert, dass die Buchungen einzeln und sachlich geordnet darzustellen sind (Kontenfunktion).169) Im Ergebnis verlangt werden mithin ein feststehendes System (z. B. doppelte Buchführung) und ein systematischer (z. B. insolvenzspezifischer) Kontenrahmen. Die GoBD unterstellen die doppelte Buchführung, erläutern sie aber auch. 292 Die fortlaufende Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle erfolgt zunächst im Grundbuch (Grundaufzeichnungsfunktion), um die Belegsicherung und die Garantie der Unverlierbarkeit des Geschäftsvorfalls zu gewährleisten. Sämtliche Geschäftsvorfälle müssen der zeitlichen Reihenfolge nach und materiell mit ihrem richtigen und erkennbaren Inhalt festgehalten werden170) (Journal). Dies betrifft in der Insolvenzbuchführung folglich die Erfassung auf den Geldkonten des Kontenplans. Die Geschäftsvorfälle sind darüber hinaus in einem Hauptbuch so zu verarbeiten, dass sie geordnet darstellbar sind (Kontenfunktion) und damit die Grundlage für einen Überblick über die Vermögens- und Ertragslage darstellen. Die Kontenfunktion verlangt, dass die im Journal in zeitlicher Reihenfolge einzeln aufgezeichneten Geschäftsvorfälle auch in sachlicher Ordnung auf Konten dargestellt werden.171) In der Insolvenzbuchführung handelt es sich um Einnahme-Konten und AusgabeKonten. Durch Grundbuch und Hauptbuch entsteht ein Gesamtbuch. Auch in der Insolvenzbuchführung müssen separate Auswertungen zu Geld- und Sachkonten erfolgen. 2. Grundsatz der Vollständigkeit Maßgeblicher Lebenssachverhalt ist nicht nur die Aufzeichnung der in Geld 293 bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners mit ausreichender Bezeichnung des Geschäftsvorfalls.172) Geschäftsvorfälle wiederum sind alle rechtlichen und wirtschaftlichen Vorgänge, die innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts den Gewinn bzw. Verlust oder die Vermögenszusammensetzung in einem Unternehmen dokumentieren oder beeinflussen bzw. verändern.173) Bezogen auf die Rechnungslegung nach § 66 InsO bedeutet dies im Wesentlichen die Erfassung aller Geldbewegungen, da die Geldkonten die einzigen Bestandskonten darstellen. Die Geschäftsvorfälle sind vollzählig und lückenlos aufzuzeichnen (Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht).174) Die Einzelaufzeichnungspflicht gilt auch für die Insolvenzbuchführung, insbesondere bei Aufrechnungen. Einschränkungen der Einzelaufzeichnung gelten für die Verwen___________ 169) 170) 171) 172) 173) 174)

Rz. 57 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 85 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 95 f. der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 37 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 16 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 36 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

101

E. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)

dung einer offenen Ladenkasse.175) Die Vorgaben der GoBD machen deutlich, dass auch der Buchungstext eine zentrale Rolle spielt, da nur er den Lebenssachverhalt konkretisieren kann. 3. Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit 294 Im Wesentlichen beschränkt sich dieser Grundsatz176) auf die Forderung, dass die Buchführung so beschaffen sein muss, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können muss und sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos nachvollziehen lassen müssen. Die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit erfordert eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation und ein hinreichendes Belegwesen. Die Anforderungen beziehen sich in der Insolvenzbuchführung maßgeblich auf die Ansprache des einschlägigen Sachkontos und die Formulierung hinreichender Buchungstexte. Bei Forderungen oder Verbindlichkeiten aus Lieferungen oder Leistungen ist z. B. anzugeben der Name des Einzahlers bzw. Empfängers (weil nicht mit Personenkonten gearbeitet wird), die Rechnungsnummer und das Rechnungsdatum. Bei Steuern ist der Veranlagungszeitraum anzugeben, auch bei Lohnkosten ist der Leistungszeitraum von Bedeutung. Bei Absonderungsrechten muss bei den erforderlichen Buchungen erkennbar sein, welche Einnahmen und Ausgaben zusammengehören, auch weil die meisten Softwareprodukte für Insolvenzbuchführungen keine Splittbuchungen ermöglichen. 4. Grundsatz der Richtigkeit 295 Geschäftsvorfälle sind in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften inhaltlich zutreffend durch Belege abzubilden, der Wahrheit entsprechend aufzuzeichnen und zutreffend zu kontieren.177) Ein Lebenssachverhalt, der zu einem Zahlungsfluss führt, muss sich demgemäß in einer Buchführung zutreffend wiederfinden. Umgekehrt muss aus einer Buchung erkennbar sein, welcher Lebenssachverhalt stattgefunden hat. 296

Merke: Allein die Kombination aus Sachkonto und Buchungstext (sowie softwareabhängigen Belegfeldern) muss dem Leser hinreichenden Aufschluss über den Lebenssachverhalt geben, ohne die Kernaussagen erst dem Beleg oder gar der Gerichtsakte entnehmen zu müssen.

___________ 175) Rz. 37 ff. der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 176) Rz. 30 ff. der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 177) Rz. 44 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

102

III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern

5. Grundsatz der zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen Erforderlich ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Vorgängen und 297 ihrer buchmäßigen Erfassung.178) Es widerspricht dem Wesen der kaufmännischen Buchführung, sich zunächst auf die Sammlung von Belegen zu beschränken und nach Ablauf einer langen Zeit aufgrund dieser Belege die Geschäftsvorfälle in Grundaufzeichnungen oder Grundbüchern einzutragen.179) Eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn Tagen ist unbedenklich180) (Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind allerdings täglich zu erfassen; § 146 Abs. 1 Satz 2 AO). Hintergrund dieses Grundsatzes ist es zu verhindern, dass die Geschäftsvorfälle buchmäßig für längere Zeit in der Schwebe gehalten werden und sich hierdurch die Möglichkeit eröffnet, sie später anders darzustellen, als sie richtigerweise darzustellen gewesen wären, oder sie ganz außer Betracht zu lassen und sie im privaten Bereich abzuwickeln.181) Diese Hintergründe zeigen auf, dass sie zur Rechnungslegung i. S. d. § 66 InsO nicht passen. Da hier nur die Geldkonten als Bestandskonten fungieren, kann bei Vorliegen lückenloser Kontoauszüge und hinreichender Belege überhaupt keine Information verloren gehen. Zwingend ist dieser Grundsatz der zeitnahen Erfassung daher nicht, soweit nicht eine Berufsordnung anderes vorsieht. 6. Belegwesen (Belegfunktion) Jeder Geschäftsvorfall ist urschriftlich bzw. als Kopie der Urschrift zu bele- 298 gen, d. h. keine Buchung ohne Beleg. Ist kein Fremdbeleg vorhanden, muss ein Eigenbeleg erstellt werden. Zweck der Belege ist es, den sicheren und klaren Nachweis über den Zusammenhang zwischen den Vorgängen in der Realität einerseits und dem aufgezeichneten oder gebuchten Inhalt in Büchern oder sonst erforderlichen Aufzeichnungen und ihre Berechtigung andererseits zu erbringen (Belegfunktion).182) Nicht die Bucheintragung als solche, sondern erst die Verbindung von buchmäßiger Aufzeichnung und zugrunde liegendem Beleg genügen folglich der geforderten Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung. Daraus ergibt sich jedoch auch, dass der Beleg nur eine Beweisfunktion hat, d. h. sein Vorhandensein beseitigt ersichtlich nicht die Notwendigkeit eines aussagekräftigen Buchungstextes und die Ansprache des einschlägigen Sachkontos. Empfangene oder abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe erhalten erst 299 mit dem Kontierungsvermerk und der Verbuchung auch die Funktion eines ___________ 178) 179) 180) 181) 182)

Rz. 45 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 46 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 47 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 47 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 61 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

103

E. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)

Buchungsbelegs,183) damit der Zusammenhang zwischen Buchung und Beleg erkannt werden kann. Auf die Kontierung der Belege wird in der Insolvenzbuchführung nicht selten verzichtet, was zumindest erhöhten Prüfungsaufwand zur Folge haben kann. Denn wenn primär der Belegordner für die Prüfung herangezogen wird, könnte erst durch Prüfung des Journals (Geldkonto) festgestellt werden, auf welchem Sachkonto der Vorgang erfasst wurde. 300 Bei Papierbelegen erfolgt eine Sicherung z. B. durch laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Lieferscheine und Rechnungen, durch laufende Ablage in besonderen Mappen und Ordnern, durch zeitgerechte Erfassung in Grund(buch)aufzeichnungen oder durch laufende Vergabe eines Barcodes und anschließende bildliche Erfassung der Papierbelege i. S. d. § 147 Abs. 2 AO.184) Hier muss berücksichtigt werden, dass die Ablage der Belege in der handelsrechtlichen Buchführung in separaten Ordnern (Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen)185) erfolgt. Für die Insolvenzbuchführung dürfte hinreichend sein, die Belege hinter dem jeweiligen Kontoauszug abzuheften. Im Zusammenhang mit Aufbewahrungspflichten regeln die GoBD ergänzend, dass eine E-Mail, mit der der Beleg lediglich als Anlage übersandt wurde, ebenso wenig aufzubewahren ist wie weiland ein Briefumschlag.186) Zum Umgang mit digitalen oder digitalisierten Belegen bzw. Dateiformaten enthalten die GoBD weitere hilfreiche Ausführungen. 301 Die Zuordnung zwischen dem einzelnen Beleg und der dazugehörigen Grund(buch)aufzeichnung oder Buchung kann anhand von eindeutigen Zuordnungsmerkmalen (z. B. Index, Paginiernummer, Dokumenten-ID) und zusätzlichen Identifikationsmerkmalen für die Papierablage oder für die Such- und Filtermöglichkeit bei elektronischer Belegablage gewährleistet werden.187) Die Ablage der Belege und die Zuordnung zwischen Beleg und Aufzeichnung müssen in angemessener Zeit nachprüfbar sein. Enthält ein Kontoauszug mehrere Blätter, ist die Blattnummer als weiteres Zuordnungsmerkmal ebenfalls zu verwenden.188) Aufgrund des Umstandes, dass die Geldkonten in der Insolvenzbuchführung die einzigen Bestandskonten darstellen, und wegen der Ablage der Belege hinter den Kontoauszügen ist die Auszugsnummer (und ggf. Blattnummer) im Grunde einziges und zwingendes Zuordnungsmerkmal, also in der Buchführung (in einem Belegfeld) zu erfassen.

___________ 183) Rz. 63 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 184) Rz. 68 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 185) Grundbuch meint die Erfassung auf dem Geldkonto (Journal) wie in einem einfachen Kassenbuch ohne Gegenkonten. Die Sachkonten als Gegenkonten (doppelte Buchführung) gehören zum Hauptbuch, insgesamt entsteht ein Gesamtbuch. 186) Rz. 121 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 187) Rz. 71 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). 188) Rz. 74 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

104

III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern

Jeder Beleg muss als notwendigen Inhalt erkennen lassen eine eindeutige Be- 302 legnummer, den Belegaussteller, den Belegempfänger, den Betrag nebst Währungsangabe und ggf. Wechselkurs, eine hinreichende Erläuterung des Geschäftsvorfalls und das Belegdatum.189) Für umsatzsteuerliche Zwecke sind weitere Angaben erforderlich (§§ 14, 14a UStG, § 33 UStDV). Nur soweit im konkreten Fall von Bedeutung sind anzugeben Einzelpreis, Valuta, Fälligkeit, Angaben zu Skonto und Rabatten, Zahlungsart oder ggf. Angaben zur Steuerbefreiung.190) Sowohl für steuerliche Zwecke als auch wegen insolvenzrechtlicher Zuordnungen zu den jeweiligen Verfahrensabschnitten ist ferner der Leistungszeitraum anzugeben. Bei Dauersachverhalten sind die Ursprungsbelege maßgeblich,191) meist bezeichnet als Dauerrechnung i. S. d. § 14 UStG. 7. Saldierungsverbot Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung bzw. nach dem Einzelerfassungs- 303 grundsatz dürfen Aktiva und Passiva bzw. Aufwendungen und Erträge bzw. Einnahmen und Ausgaben nicht verrechnet werden, auch als Saldierungsverbot bezeichnet (§ 246 Abs. 2 Satz 1 HGB). Hierbei ist jedoch § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV zu berücksichtigen, der nur einen der Masse zufließenden Überschuss aus einer Aufrechnungslage in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters einbezieht, sodass hier zumindest im Ergebnis ein Saldierungsgebot besteht. Die Norm ist jedoch nur anwendbar, wenn die Gegenforderung Insolvenzforderung (§ 38 InsO) ist192) (ĺ Kap. F. X.). 8. Beweiskraft einer ordnungsmäßigen Buchführung Nach § 158 AO sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuer- 304 pflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 – 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden,193) d. h. eine ordnungsmäßige Buchführung hat Beweiskraft. Nichts anderes gilt für eine ordnungsmäßige Rechnungslegung nach § 66 InsO. 9. Grundsatz der Unveränderbarkeit („Radierbuchungen“) Gelegentlich diskutiert wird die Frage, ob die Insolvenzbuchführung sog. 305 Radierbuchungen enthalten darf. Dies stützt sich auf den handels- und steuerlichen Grundsatz:

___________ 189) 190) 191) 192) 193)

Rz. 77 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 79 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Rz. 81 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269). Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 102. Rz. 11 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

105

E. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) § 239 Abs. 3 HGB = § 146 Abs. 4 AO 1

Eine Eintragung [bzw. eine Buchung] oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. 2Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.

306 Das Problem der Radierbuchungen stellt sich gerade beim Einsatz einer EDVgestützten Buchführung, weshalb auch die GoBD hierzu Stellung beziehen: Ziffer 3.2.5 GoBD194) […] Veränderungen und Löschungen von und an elektronischen Buchungen oder Aufzeichnungen müssen daher so protokolliert werden, dass die Voraussetzungen des § 146 Absatz 4 AO bzw. § 239 Absatz 3 HGB erfüllt sind. Für elektronische Dokumente und andere elektronische Unterlagen, die gem. § 147 AO aufbewahrungspflichtig und nicht Buchungen oder Aufzeichnungen sind, gilt dies sinngemäß.

307 Hier muss jedoch der Zweck der GoB und der GoBD berücksichtigt werden, der im Wesentlichen in der Erfüllung handels- und steuerrechtlicher Pflichten liegt. Wird hiergegen verstoßen, ist dies sanktioniert. Sollen mit der Verwalterbuchführung auch handels- und steuerrechtliche Zwecke erfüllt werden, ist auch das Verbot von Radierbuchungen einschlägig. 308 Nicht sanktioniert hingegen sind Buchungsveränderungen, die allein aus dem Insolvenz- bzw. Insolvenzvergütungsrecht resultieren. Wie sich aus den Folgekapiteln ergibt, gibt es nur zwei wesentliche Quellen für einen insolvenzspezifischen Kontenplan. Zum einen § 1 Abs. 2 InsVV, der eine Abgrenzung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung sowie eine Abgrenzung zwischen freier Masse und Drittrechten vorsieht. Zum anderen die Insolvenzordnung, die verschiedene Zeitabschnitte vorgibt (vor vorläufiger Verwaltung, in vorläufiger Verwaltung, im eröffneten Verfahren, nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit, in der Wohlverhaltensphase) und verschiedene Personen kennt („schwacher“ bzw. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter, Insolvenzverwalter, vorläufiger Sachwalter, Sachwalter, vorläufig eigenverwaltender Schuldner, eigenverwaltender Schuldner, Treuhänder in der Wohlverhaltensphase). Kommt es bei der Komplexität des hieraus resultierenden insolvenzspezifischen Kontenplans zu Fehlern in der insolvenzrechtlichen Bewertung, können entsprechende Buchungen auch so verändert werden, dass die ursprüngliche Buchung nicht mehr erkennbar ist. Der Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters wird erst im Zusammenhang mit der Einleitung der Beendigung des Verfahrens gestellt, sodass auch die Vorgaben des § 1 InsVV erst zu diesem Zeitpunkt erfüllt sein müssen. 309 Wird z. B. ein Verwertungserlös auf ein Sachkonto für freie Masse gebucht, erfährt die Buchhaltung jedoch anschließend, dass an dem Vermögensge___________ 194) Rz. 59 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

106

III. Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern

genstand ein Absonderungsrecht bestand, besteht keine Veranlassung einer erkennbaren Umbuchung oder einer Stornierung zzgl. Neubuchung, vielmehr müssen Radierbuchungen zulässig sein, sodass für den Vorgang nachträglich das Sachkonto geändert werden kann. Handels- und steuerrechtlich ist kein Unterschied zwischen freier Masse und Drittrecht gegeben, die vergütungsrechtliche Auswirkung zeigt sich erst bei Einreichung von Schlussbericht, Schlussrechnung und Vergütungsantrag. Selbiges gilt für die Einschätzung, ob ein Zahlungsfluss der Betriebsfortführung oder der Abwicklung zuzurechnen ist; auch dies ist ausschließlich für den erst gegen Verfahrensende relevanten § 1 InsVV von Bedeutung. Soweit die Grundsätze ordnungsmäßiger Insolvenzverwaltung (GOI) des 310 VID zur Anwendung kommen, ist verbandsspezifisch zu berücksichtigen: Ziffer III. 10 GOI des VID (12/2020) Die insolvenzrechtliche Rechnungslegung (Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) erfolgt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) mittels eines Systems, das Radierbuchungen […] ausschließt.

311

Merke: In vielen Buchführungssystemen kann bei der Buchung eines Geschäftsvorfalls neben dem insolvenzspezifischen Sachkonto auch ein handelsrechtliches Konto angesprochen werden. Ändert sich nur die insolvenzrechtliche Bewertung und Kontenauswahl, ohne dass gleichzeitig auch das angesprochene handelsrechtliche Konto geändert werden müsste, sind Radierbuchungen bis zur Vergütungsfestsetzung zulässig. Nur wenn auch das handelsrechtliche Konto geändert werden muss, sind Radierbuchungen unzulässig, es haben in diesem Fall Storni und Neubuchungen zu erfolgen. Unzulässig sind Radierbuchungen ferner nach einer Zwischenrechnungslegung i. S. d. § 66 Abs. 3 InsO bzw. zu Händen des Gläubigerausschusses (§ 69 Satz 2 InsO), da die Prüfungsberichte des Gerichts bzw. des Gläubigerausschusses oder eines externen Rechnungsprüfers ansonsten zeitaufwendig daraufhin zu prüfen wären, warum wann was geändert wurde. Darüber hinaus ist die Frage der Ablehnung von Radierbuchungen eine rein berufsrechtliche oder kanzleiinterne Angelegenheit, jedenfalls kein zwingendes Recht.

107

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen I. Einführung Von zentraler Bedeutung ist die Gestaltung eines Kontenrahmens, der nun 312 erörtert wird. Denn die Kernfrage lautet: warum unterscheidet sich überhaupt ein insolvenzspezifischer Kontenrahmen vom handelsrechtlichen Kontenrahmen? In diesem Kapitel wird daher anhand der Vorgänge innerhalb eines Insolvenzverfahrens dargestellt, für welche Lebenssachverhalte Konten zur Verfügung stehen müssen und welche Anforderungen an einen Kontenrahmen zu stellen sind.

313

Hier werden rechtliche Hintergründe zu den Fragen, warum wann wie zu 314 buchen ist, d. h. die insolvenzrechtlichen und insolvenzvergütungsrechtlichen Hintergründe erörtert, da dieses Grundlagenwissen entscheidend für das Verständnis eines Standardisierten Kontenrahmen ist. Ferner soll dieses Kapitel dort hilfreich sein, wo (noch) nicht mit dem Standardisierten Kontenrahmen gearbeitet wird. II. Kontenrahmen im Allgemeinen Der Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie (GKR) ist in zehn Kon- 315 tenklassen (0 bis 9) gegliedert und folgt dem Prozessgliederungsprinzip, d. h. die Reihenfolge der Konten soll dem Geschäftsablauf entsprechen. Der Industriekontenrahmen (IKR) besteht ebenfalls aus zehn Kontenklassen (0 bis 9), ist jedoch nach dem Abschlussgliederungsprinzip (Bilanz und GuV) strukturiert. Er stellt ein Zweikreissystem dar: Rechnungskreis I (Finanzbuchhaltung, externes Rechnungswesen) und Rechnungskreis II (Kostenund Leistungsrechnung, internes Rechnungswesen) sind in sich geschlossene Kontenkreise. Der IKR wird vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) herausgegeben und hat den GKR in den vergangenen Jahren weitgehend abgelöst. Für Handel, Banken, Versicherungen und weitere Wirtschaftszweige gibt es Standardkontenrahmen (SKR). In der Praxis werden meist entsprechende DATEV-Kontenrahmen auf Basis der Standardkontenrahmen eingesetzt. Gängige – oder interessante – Standardkontenrahmen und von DATEV dar- 316 aus abgeleitete Kontenrahmen hiernach sind:195) x

SKR 03: publizitätspflichtige Firmen – Prozessgliederungsprinzip (GKR)

x

SKR 04: publizitätspflichtige Firmen – Abschlussgliederungsprinzip (IKR)

___________ 195) Jeweils als PDF-Datei kostenfrei verfügbar auf der Homepage von DATEV.

109

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

x

SKR 14: Land- und Forstwirtschaft

x

SKR 45: Soziale Einrichtungen nach Pflege-Buchführungsverordnung (PBV)

x

SKR 49: Verein, Stiftung, Gemeinnützige GmbH

x

SKR 51: Kfz-Gewerbe (Kfz-Händler und Werkstätten)

x

SKR 70: Hotel und Gaststätten

x

SKR 99: Krankenhäuser

x

Kontenrahmen Apotheken (Basis SKR 03/04, sechsstellig)

x

Kontenrahmen Zahnärzte (Basis SKR 04, sechsstellig)

x

Kontenrahmen Ärzte (Basis SKR 03, sechsstellig)

x

Kontenrahmen Gartenbau (Basis SKR 03, sechsstellig)

x

Kontenrahmen Tankstellen (Basis SKR 03, sechsstellig)

x

Kontenrahmen McDonald’s (Basis SKR 03/04, sechsstellig)

x

Kontenrahmen Tupperware (Basis SKR 03, sechsstellig)

317 Grundsätzlich sollte sich der Kontenrahmen der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung an einem DATEV-Standardkontenrahmen orientieren. Dies vereinfacht die Buchführung für professionelle Buchhalter mit Erfahrung außerhalb des Insolvenzrechts erheblich. Außerdem kann durch DATEVSchnittstellen ein Transfer in die handelsrechtliche Buchführung erfolgen, was wiederum die Arbeit des Steuerberaters erleichtert. Auch umgekehrt ist ein Transfer möglich, d. h. es wird im Betrieb vor Ort gebucht und die Konten werden dann per Schnittstelle in die interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters importiert. 318

Die Erarbeitung eines Kontenrahmens in diesem Kapitel orientiert sich aus didaktischen Gründen ausdrücklich nicht an einem DATEV-Standardkontenrahmen. Daher stehen für die nachfolgende Darstellung die Kontenklassen 1 bis 9 „ohne Vorbelastung“ zur Verfügung. III. Vorfrage: Brutto- oder Netto-Buchführung

319 Eine nicht unwichtige Vorfrage ist die, ob eine Brutto- oder Netto-Buchführung erfolgen soll. Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wird auf dem entsprechenden Einnahme- oder Ausgabe-Konto der Brutto-Betrag einschließlich Umsatzsteuer ausgewiesen. Dies wird hier als Brutto-Buchführung bezeichnet und ist in der Verwalterbuchführung die am weitesten verbreitete Darstellungstechnik.

110

IV. Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung (Grundprinzip)

In der handelsrechtlichen Buchführung werden hingegen auf den Aufwands- 320 und Ertrags-Konten nur Netto-Beträge ausgewiesen. Die Umsatz- bzw. Vorsteuer wird automatisch auf separaten Konten (Steuerkonten) ausgewiesen. Hintergrund ist der, dass Umsatzsteuer und Vorsteuer aus den einzelnen Geschäftsvorfällen handels- und steuerrechtlich nur als durchlaufender Posten gewertet wird (Zwangssaldierung gemäß § 16 Abs. 2 UStG), ohne Einfluss auf das operative Ergebnis zu haben; lediglich der Jahressaldo stellt einen Aufwand oder Ertrag dar. Dies wird hier als Netto-Buchführung bezeichnet. Manch Insolvenzverwalter baut in Anlehnung an die handelsrechtliche Buchführung auch die Verwalterbuchführung so auf. Für die Netto-Buchführung besteht insolvenzrechtlich allerdings keine zwingende Notwendigkeit, da sich allein durch die Buchungstechnik an der Qualität der Umsatz- bzw. Vorsteuer als (vergütungsrechtlich relevante) Einnahme und Ausgabe (als Masseverbindlichkeit) nichts ändert; insolvenzvergütungsrechtlich ist die Umsatzsteuer eben nicht nur durchlaufender Posten.196) Steuerrechtlich ist die Netto-Buchführung ebenfalls nicht zwingend, da die Einnahme- und Ausgabe-Buchungen mit Steuerschlüssel erfolgen können, sodass die Software in der Lage ist, die erforderlichen Daten für eine Umsatzsteuerveranlagung zu liefern. Im Ergebnis sind also beide Techniken möglich. Allerdings muss auch an die 321 Adressaten der Rechnungslegung gedacht werden. Für den häufigsten Leser, den Rechtspfleger, könnte es irritierend sein festzustellen, dass die Zahlen auf dem Kontoauszug meist nicht mit dem entsprechenden Betrag auf dem Einnahme- oder Ausgabe-Konto übereinstimmen, da Umsatz- bzw. Vorsteuer immer herausgerechnet und auf ein anderes Konto gebucht wurde. Gelegentlich werden nicht einmal die separaten Steuerkonten in den Auswertungen (z. B. Schlussrechnung) ausgewiesen, sodass der Saldo von Einnahmen und Ausgaben nicht mit dem Bestand auf den Geldkonten übereinstimmt (was ausschließlich ein Softwareproblem ist, mit dem sich der Leser allerdings nicht zu befassen hat). 322

Merke: Insoweit ist die Netto-Buchführung als Insolvenzbuchführung nicht empfehlenswert, eine Brutto-Buchführung dient dem besseren Verständnis des Lesers. IV. Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung (Grundprinzip)

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV ist bei Fortführung des 323 schuldnerischen Unternehmens nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben für die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen. Dies stellt eine Ausnahme von dem für die Abwicklung kodifizierten Grundsatz dar, dass Masseverbindlichkeiten von den Einnahmen nicht ___________ 196) BGH, Beschl. v. 25.10.2007 – IX ZB 147/06, NZI 2008, 97; Zimmer, InsbürO 2021, 229.

111

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

abzuziehen sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV). Die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters setzt sich – abgesehen von dem Komplex der Drittrechte – also vereinfacht ausgedrückt aus zwei Komponenten zusammen, nämlich allen Einnahmen aus der Abwicklung des schuldnerischen Vermögens einerseits und dem Einnahmen-AusgabenÜberschuss aus der Betriebsfortführung andererseits. Es liegt mithin im Interesse des Insolvenzverwalters, den Kontenplan so zu gestalten, dass die Berechnungsgrundlage anhand der Verwalterbuchführung zu erkennen ist. Dies ist auch im Interesse des Rechtspflegers, der die Vergütung festzusetzen und die korrekte Ermittlung der Berechnungsgrundlage zu prüfen hat. 324

Merke: Der insolvenzspezifische Kontenplan wird im Wesentlichen vom Vergütungsrecht geprägt.

325 Lange Zeit war selbstverständlich, dass aufgrund der Einheit des Kostenrechts ein Gleichlauf von § 1 InsVV mit § 58 Abs. 1 GKG erfolgt, d. h. die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage und der Gegenstandswert für die Gerichtskosten waren identisch. Dies wurde zwischenzeitlich in Zweifel gezogen, da § 58 Abs. 1 GKG nur Hinweise zu Absonderungsrechten enthält, jedoch die Betriebsfortführung nicht erwähnt. Folglich seien für die Gerichtskosten die Ausgaben der Betriebsfortführung nicht von der Berechnungsgrundlage abzuziehen.197) Diese Rechtsansicht überzeugt jedoch nicht und wird überwiegend abgelehnt.198) Seit der Einführung von § 58 Abs. 1 Satz 3 und 4 GKG durch das KostRÄG 2021199) gilt nun auch bei dem Gegenstandswert für die Gerichtskosten eindeutig das Überschussprinzip. ___________ 197) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.7.2010 – 10 W 60/10, ZIP 2010, 1977; OLG München, Beschl. v. 8.8.2012 – 11 W 832/12, ZInsO 2012, 1722; OLG München, Beschl. v. 25.4.2017 – 21 W 2/17, ZIP 2017, 1035; LG Konstanz, Beschl. v. 5.4.2013 – 62 T 11/13 A, ZIP 2013, 1240. 198) OLG Dresden, Beschl. v. 26.8.2013 – 3 W 739/13, ZInsO 2013, 1859; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.3.2012 – 3 W 286/11, ZIP 2012, 1089; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2015 – 3 W 20/14, ZInsO 2015, 1581; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.9.2019 – I-3 W 46/19, ZRI 2020, 99 (Eigenverwaltung); OLG Hamm, Beschl. v. 18.1.2013 – 25 W 262/12, ZIP 2013, 470, dazu EWiR 2013, 277 (Prasser); OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2013 – 15 W 198/12, ZIP 2013, 1924; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.1.2014 – 12 W 640/13, ZIP 2014, 385; OLG München, Urt. v. 15.2.2022 – 11 W 1320/21 (ausdrücklich Änderung der Rechtsprechung), ZRI 2022, 949; OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.8.2020 – 5 W 421/20, NZI 2020, 1013; OLG Schleswig, Beschl. v. 4.8.2021 – 9 W 64/21, ZRI 2021, 900; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2014 – 8 W 149/14, ZInsO 2014, 1177; LG Duisburg, Beschl. v. 15.11.2016, 7 T 27/16, ZIP 2017, 148 (Eigenverwaltung); AG Osnabrück, Beschl. v. 10.9.2013 – 38 IN 57/01, JurionRS 2013, 48488. 199) § 58 Abs. 1 Satz 3 und 4 GKG eingeführt durch das Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) v. 21.12.2020 (BGBl. I 2020, 3229).

112

IV. Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung (Grundprinzip)

Ungeachtet des Kostenrechts ist es natürlich auch für die Gläubiger und den 326 Schuldner von Interesse, mit welchem Ergebnis der Insolvenzverwalter eine Betriebsfortführung vorgenommen hat. 327

Merke: Hieraus folgt für die Verwalterbuchführung, dass für die Einnahmen und Ausgaben einer Betriebsfortführung andere Sachkonten anzusprechen sind als für die Einnahmen und Ausgaben der Abwicklung des Insolvenzverfahrens als Gesamtvollstreckungsverfahren.

Problematisch können bei der Abgrenzung zwischen Abwicklung und Fort- 328 führung die sog. Sowieso-Kosten sein. Hierzu gehören diejenigen Ausgaben, die auch ohne Fortführung angefallen wären, z. B. Miet- und Lohnkosten bis zum Ablauf der Kündigungsfristen. Wird die Leistung für die Betriebsfortführung in Anspruch genommen, ist auch die Gegenleistung (Geldzahlung) fortführungsbedingt.200) Dient die Leistung nur Abwicklungszwecken oder fällt die oktroyierte Verbindlichkeit ohne Leistung an (z. B. Differenzlöhne freigestellter Arbeitnehmer), handelt es sich um abwicklungsbedingte Ausgaben. Betriebsfortführung und Abwicklung können vorübergehend parallel verlaufen, d. h. bei jedem Geschäftsvorfall ist ein Fortführungsbezug zu prüfen. Die Abgrenzungsfragen gehen so weit, dass auch bei der Abführung von 329 Umsatzsteuer und Ertragsteuern zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung zu unterscheiden ist.201) Dasselbe gilt bei enger Auslegung für die Kosten der handels- und steuer- 330 rechtlichen Buchführung, der Lohnbuchführung sowie der Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen,202) soweit eine solche Abgrenzung mit hinreichender Plausibilität und zumutbarem Prüfungsaufwand möglich ist.203) Ungeklärt war lange die sog. Ausproduktion. Um eine solche handelt es 331 sich, wenn keine dauerhafte Betriebsfortführung möglich ist, aber Restaufträge mit überwiegend bereits vorhandenen Warenvorräten abgearbeitet werden können, ggf. unter sukzessivem Personalabbau. Inzwischen ist jedoch davon auszugehen, dass es sich bei der Ausproduktion vergütungsrechtlich ebenfalls um eine Betriebsfortführung handelt.204) Daher ist auch buchhalte-

___________ 200) BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZB 179/07, NZI 2009, 49. 201) Zur Einkommensteuer BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – IX ZB 5/13, ZIP 2015, 230. Zur Umsatzsteuer BGH, Beschl. v. 7.10.2021 – IX ZB 42/20, ZRI 2022, 40. 202) Vgl. BGH, Beschl. v. 21.7.2011 – IX ZB 148/10, ZInsO 2011, 1615. 203) Einzelheiten bei Zimmer, InsVV, § 4 Rz. 20 ff. 204) BGH, Beschl. v. 27.9.2012 – IX ZB 243/11, Tz. 9, ZInsO 2013, 840.

113

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

risch von einer Erfassung wie bei der Betriebsfortführung auszugehen. Beim Abverkauf ist die Abgrenzung vom Einzelfall abhängig.205) 332 Im Fall der Betriebsfortführung in Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen ist sorgfältig zwischen Entlohnung des Inhabers (von den Einnahmen abzuziehende, weil fortführungsbedingte Ausgabe) und Unterhaltsgewährung (nicht von den Einnahmen abzuziehen, da abwicklungsbedingte Ausgabe) zu differenzieren. Grundsätzlich wird vermutet, dass Zahlungen an den Betriebsinhaber auf einer Entlohnung seiner Tätigkeit beruhen, also fortführungsbedingte Ausgaben sind; behauptet der Insolvenzverwalter, es handele sich lediglich um eine nicht fortführungsbezogene Unterhaltszahlung i. S. d. § 100 InsO, liegt die Beweislast beim Insolvenzverwalter.206) 333 Für den didaktischen Kontenplan bedeutet dies beispielsweise die Verwendung folgender Kontenklassen: Kontenklasse 2 – Einnahmen Fortführung 2001

Einnahmen Fortführung

etc. Kontenklasse 6 – Ausgaben Fortführung 6001

Ausgaben Material

6002

Ausgaben Netto-Gehälter

6003

Ausgaben Sozialversicherungsabgaben

6004

Ausgaben Lohnsteuer

6005

Ausgaben Umsatzsteuer

etc. Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3001

Einnahmen ausstehende Stammeinlage

3002

Einnahmen Verwertung unbewegliches Anlagevermögen

3003

Einnahmen Verwertung bewegliches Sachanlagevermögen

3004

Einnahmen Verwertung Sachumlaufvermögen

3005

Übernahme Bank- und Kassenguthaben

3006

Einnahmen Alt-Forderungen aus Lieferung und Leistung

3007

Einnahmen anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche

3010

Umsatzsteuererstattungen

3011

Körperschaft- oder Einkommensteuererstattungen

etc.

___________ 205) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 140. 206) BGH, Beschl. v. 4.5.2006 – IX ZB 202/05, NZI 2006, 595.

114

IV. Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung (Grundprinzip) Kontenklasse 7 – Ausgaben Abwicklung 7001 7002 7003 7004 7005 7010 7011 7012 7013 7020 7021 7030 etc.

Ausgaben Differenzlöhne Ausgaben Sozialversicherungsabgaben Ausgaben Lohnsteuer Ausgaben Rechtsberatung Ausgaben Steuerberatungskosten Ausgaben Gerichtskosten Insolvenzverfahren Ausgaben Vergütung des vorläufigen Verwalters Ausgaben Vergütung Insolvenzverwalter Ausgaben Vergütung Gläubigerausschuss Schlussverteilung an Insolvenzgläubiger § 38 InsO Schlussverteilung an Insolvenzgläubiger § 39 InsO Auskehrung Überschuss an Schuldner § 199 InsO

Für eine Summen- und Saldenliste bzw. Schlussrechnung ergibt sich somit 334 folgender (vorläufiger) Aufbau unter Zugrundelegung der Staffelform, wobei die Zahlen willkürlich sind (Abb. 26): Einnahmen Einnahmen Abwicklung (Kontenklasse 3) Einnahmen Fortführung (Kontenklasse 2)

¼ ¼

50.000 100.000

Summe Einnahmen



150.000

¼ ¼

20.000 80.000

Summe Ausgaben



100.000

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss



50.000

Ausgaben Ausgaben Abwicklung (Kontenklasse 7) Ausgaben Fortführung (Kontenklasse 6)

(Abb. 26)

Für die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage ergibt sich (Abb. 27): 335 Berechnungsgrundlage (§ 1 InsVV) Einnahmen Abwicklung (Kontenklasse 3) Überschuss Fortführung

¼ ¼

50.000 20.000

Summe



70.000

(Abb. 27)

Vergütungsrechtlich ist auch ein negativer Fortführungsüberschuss nicht zu 336 beanstanden, wenn z. B. durch die Fortführung überhaupt erst eine übertragende Sanierung ermöglicht wird.207) Daher gilt: ___________ 207) Aus der Rechtsprechung zum Vergütungsrecht: BGH, Beschl. v. 24.5.2005 – IX ZB 6/03, NZI 2005, 567; BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZB 179/07, NZI 2009, 49; BGH, Beschl. v. 1.7.2010 – IX ZB 208/08, NZI 2010, 942.

115

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

337

Merke: Der Fortführungsüberschuss ist vergütungsrechtlich immer mit mindestens ¼ 0,00 anzusetzen.

338 Nicht selten werden auch viele abwicklungsbedingte Ausgaben den für die Betriebsfortführung vorbehaltenen Sachkonten zugewiesen, um bewusst einen Fortführungsverlust zu suggerieren. Als Motivation wird angegeben, dann auf eine Vergleichsrechnung im Rahmen des § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV verzichten zu können. Das Argument verfängt jedoch nicht, eine solche Buchführung wäre unrichtig. V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten 1. Verwertung durch den Insolvenzverwalter und Einbehalt der gesetzlichen Kostenbeiträge 339 Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 InsVV werden Massegegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind, bei der Bestimmung der Berechnungsgrundlage berücksichtigt, wenn eine Verwertung durch den Verwalter erfolgte. Allerdings darf der Mehrbetrag der Vergütung, der auf diese Gegenstände entfällt, 50 % der Feststellungskostenbeiträge für diese Gegenstände nicht überschreiten (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV). Was dies für die Verwaltervergütung und die Gestaltung des Kontenplans bedeutet, soll im Folgenden dargestellt werden. 340 Verwertet der Insolvenzverwalter das Absonderungsgut und kehrt er die Einnahme abzgl. der Kostenbeiträge gemäß §§ 170 171 InsO an den Absonderungsgläubiger aus, kommen die vorgenannten § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV wie folgt zur Anwendung. Abweichend von der grundsätzlichen Struktur des § 1 InsVV wird nicht die Berechnungsgrundlage erhöht, sondern es entsteht eine Mehrvergütung (die auch nicht mehr die Regelvergütung des § 2 Abs. 1 InsVV als Basis für Zuschläge erhöht).208) Die Mehrvergütung bemisst sich aus der Differenz zweier Vergütungsberechnungen mit und ohne Berücksichtigung der Absonderungsrechte. Zunächst erfolgt die „normale“ Berechnung, wobei die Auskehrung an den Absonderungsgläubiger sowie der Einbehalt von Kostenbeiträgen berücksichtigt werden (Abb. 28). In einer zweiten Berechnung wird nun das Vorhandensein von Absonderungsrechten ignoriert (es wird also freie Masse unterstellt) und eine fiktive Vergütung berechnet (Abb. 29). Die positive Differenz beider Vergütungsberechnungen ist die sog. Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV, jedoch gekappt auf die Hälfte der Feststellungskostenbeiträge (Abb. 30).

___________ 208) BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805.

116

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

Beispiel:

341

„Echte“ Berechnungsgrundlage Verwertung von Absonderungsgut Berechnungsgrundlage im Übrigen

¼ ¼

59.500,00 100.000,00

Auskehrung an Absonderungsgläubiger

¼

–59.500,00

Einbehalt Umsatzsteuer aus Verwertung Absonderungsgut Einbehalt Feststellungskostenbeitrag (4 %)

¼ ¼

9.500,00 2.380,00

Einbehalt Verwertungskostenbeitrag (5 %)

¼

2.975,00

Berechnungsgrundlage



114.855,00

Regelvergütung (§ 2 Abs. 1 InsVV)

26.464,13

(Abb. 28)

„Fiktive“ Berechnungsgrundlage Verwertung von Absonderungsgut Berechnungsgrundlage im Übrigen

¼ ¼

59.500,00 100.000,00

Auskehrung an Absonderungsgläubiger Einbehalt Umsatzsteuer aus Verwertung Absonderungsgut

¼ ¼

0,00 0,00

Einbehalt Feststellungskostenbeitrag

¼

0,00

Einbehalt Verwertungskostenbeitrag

¼

0,00

Berechnungsgrundlage



159.500,00

Regelvergütung (§ 2 Abs. 1 InsVV)

29.812,50

(Abb. 29)

Mehrvergütung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV) „Fiktive“ Vergütung

¼

29.812,50

„Echte“ Vergütung

¼

26.464,13

Mehrvergütung (positive Differenz)

¼

3.348,37

aber: Kappung der Mehrvergütung auf 50 % der Feststellungskostenbeiträge, d. h.: 50 % von € 2.380,00



1.190,00

„Echte“ Vergütung Mehrvergütung

¼ ¼

26.464,13 1.190,00

Summe



27.654,13

(Abb. 30)

342

Merke: Daraus folgt für die Verwalterbuchführung, dass einerseits die Einnahmen bzw. Auskehrungen im Zusammenhang mit der Verwertung von Absonderungsgut separat darzustellen sind, und andererseits, dass auch Feststellungsund Verwertungskostenbeiträge sowie der Einbehalt der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft getrennt gebucht werden müssen.

117

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

343 Hierfür bieten sich folgende didaktischen Kontenklassen an, wobei dem praktischen Sprachgebrauch folgend die Absonderungsrechte als Drittrechte ausgewiesen werden. Kontenklasse 4 – Einnahmen Drittrechte (DR) 4001

Einnahmen DR unbewegliches Anlagevermögen

4002

Einnahmen DR bewegliches Sachanlagevermögen

4003

Einnahmen DR Sachumlaufvermögen

4004

Einnahmen DR Forderungen aus Lieferung und Leistung

etc.

344 Da die Einnahmen an die Absonderungsberechtigten auszukehren sind, muss auch für die Ausgaben ein Kontengerüst zur Verfügung stehen, das zwecks Übersichtlichkeit mit den Konten der Einnahmen-Kontenklasse korrespondiert, also z. B.: Kontenklasse 8 – Ausgaben Drittrechte (DR) 8001

Auskehrung DR unbewegliches Anlagevermögen

8002

Auskehrung DR bewegliches Sachanlagevermögen

8003

Auskehrung DR Sachumlaufvermögen

8004

Auskehrung DR Forderungen aus Lieferung und Leistung

etc.

345 Gegen Ende des Insolvenzverfahrens müssen sich die Salden der vorgenannten Kontenklassen 4 und 8 ausgleichen, d. h. das Ergebnis muss null betragen. Es darf sich weder ein Überschuss der Einnahmen noch ein Überschuss der Ausgaben ergeben, denn dieses Kapitel behandelt den Fall gesetzlicher Kostenbeiträge, unterstellt also eine wertausschöpfende Belastung des Vermögensgegenstands. Dies scheint auf den ersten Blick verwirrend und wird in vielen Buchhaltungssystemen anders, zum Teil auch falsch dargestellt. Zur Erinnerung:

118

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

346

Hintergrund: Was sind Absonderungsrechte? Der Schuldner ist Besitzer eines Vermögensgegenstandes, ein Dritter beansprucht jedoch aufgrund eines bestimmten Sachverhalts den Verwertungserlös für sich. Beispiel: Der Schuldner war Eigentümer eines Fahrzeuges. Zur Besicherung eines Kredits hatte er das Fahrzeug jedoch an eine Bank sicherungsübereignet. Das Sachenrecht nach §§ 854 ff. BGB kennt allerdings keine Sicherungsübereignung! Das rechtliche Eigentum ging durch die Übereignung auf die Bank über. In einer Sicherungsabrede – meist innerhalb des Darlehensvertrags – wird jedoch ergänzend zwischen Bank und Schuldner vereinbart, dass der Schuldner wirtschaftlicher Eigentümer bleiben soll. Damit muss auch er – und nicht die Bank – das Fahrzeug in seiner Buchführung als Anlage- oder Umlaufvermögen führen. Lediglich im Sicherungsfall, d. h. wenn das Darlehen gekündigt wird, darf die Bank das Fahrzeug verwerten und den Erlös mit eigenen Forderungen verrechnen. Das Beispiel gilt für die Abtretung von Forderungen aus Lieferung und Leistung (meist Globalzession) entsprechend. Nach § 166 InsO geht das Verwertungsrecht auf den Insolvenzverwalter über.

Schuldrechtlich muss der Insolvenzverwalter also den gesamten Verwertungs- 347 erlös, sogar einschließlich der vereinnahmten Umsatzsteuer, an den Sicherungsgläubiger auskehren. Dies ist in zweifacher Hinsicht für den Schuldner bzw. die Insolvenzmasse ungünstig. Zum einen muss die vereinnahmte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden; die Masse würde somit doppelt mit dem entsprechenden Betrag belastet. Zum anderen hätte die Insolvenzmasse nichts von dem Verwertungserfolg, der vollständig an den Sicherungsgläubiger auszukehren ist. Eben deswegen sind insolvenzrechtlich die sog. Kostenbeiträge gemäß §§ 170, 348 171 InsO geschaffen worden. Zunächst einmal muss der Insolvenzverwalter nach § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft vom Absonderungsberechtigten zurückverlangen. Des Weiteren muss der Insolvenzverwalter vom Absonderungsberechtigten die Kosten der Feststellung (i. d. R. pauschal 4 % des Verwertungserlöses gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO) sowie die Kosten der Verwertung (i. d. R. pauschal 5 % des Verwertungserlöses gemäß § 171 Abs. 2 Satz 1 InsO) für die Masse beanspruchen. Dies sind eigenständige Ansprüche der Insolvenzmasse gegen den Absonderungsberechtigten aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Damit nun nicht zuerst eine Auskehrung des gesamten Betrags an den Ab- 349 sonderungsgläubiger erfolgt und der Insolvenzverwalter die vorgenannten Kostenbeiträge anschließend zurückverlangen muss, sieht § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Aufrechnungsbefugnis des Insolvenzverwalters vor, die in der Praxis zur sog. „Einbehaltung der Kostenbeiträge“ führt.

119

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

350

Merke: Die „Einbehaltung“ von Kostenbeiträgen ändert nichts daran, dass es sich bei dem Auskehrungsanspruch des Absonderungsgläubigers und dem Anspruch der Masse auf Kostenbeiträge um zwei einander gegenüberstehende Ansprüche handelt, die in der Buchführung separat zu erfassen sind (Grundsatz des Saldierungsverbots).

351 Weil der Schuldner aufgrund der Sicherungsabrede immer noch wirtschaftlicher Eigentümer war und eben deswegen die Vermögensgegenstände in seiner Buchführung aktiviert wurden, wurden diese Vermögensgegenstände auch im Masseverzeichnis i. S. d. § 151 InsO aufgeführt. Aus der Buchführung müssen sich nun die Verwertung und der Verwertungserlös ablesen lassen. Auch dies macht es erforderlich, die eben dargestellten Geschäftsvorfälle separat zu erfassen. 352

Merke: Eben weil sich das Absonderungsrecht zivilrechtlich auf den Brutto-Verwertungserlös bezieht, ist es auch gerechtfertigt, die Feststellungs- und Verwertungskostenpauschalen auf den Brutto-Verwertungserlös zu berechnen. Handelsrechtliche Ansätze, nach denen eine Bezugnahme auf den Netto-Verwertungserlös erfolgen soll, sind hier nicht einschlägig.

353 Da die Einnahmen aus den Kostenbeiträgen bislang noch nicht buchhalterisch erfasst wurden, bieten sich nun folgende Konten an, wobei auf die bereits bestehende Kontenklasse 3 (Einnahmen Abwicklung) zurückgegriffen werden kann. Aus dem Vergütungsrecht resultiert nun, dass die Kostenbeiträge nicht in einer Summe auf ein einziges Sachkonto gebucht werden können, da sonst die Hälfte der Feststellungskostenbeiträge (siehe § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV) nicht ohne Weiteres aus der Buchführung abgelesen werden kann. Somit gilt für den didaktischen Kontenplan: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3020

Einnahmen § 171 InsO Feststellungskostenbeiträge 4 %

3021

Einnahmen § 171 InsO Verwertungskostenbeiträge 5 %

3030

Einnahmen § 171 InsO Umsatzsteuerbeiträge

354 Dabei wird davon ausgegangen, dass derartige Kostenbeiträge stets im Rahmen der Abwicklung anfallen, nicht im Bereich der Betriebsfortführung. 355 Ob die Kostenbeiträge ihrerseits Gegenleistung für eine sonstige Leistung i. S. d. § 1 Nr. 1 UStG sind, also umsatzsteuerbar sind, wird in Rz. 957 ff. erläutert.

120

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

2. Verwertung durch den Insolvenzverwalter und Einbehalt frei vereinbarter Kostenbeiträge Oftmals versucht der Insolvenzverwalter, höhere als die in § 171 InsO vor- 356 gesehenen Kostenbeiträge auszuhandeln. Übernimmt der Insolvenzverwalter den Einzug des zedierten Forderungsbestands, handelt er mit dem Absonderungsgläubiger z. B. einen Kostenbeitrag von 25 % aus. Oder es besteht bei Grundstücken überhaupt kein Anspruch der Insolvenzmasse auf derartige Kostenbeiträge, der Insolvenzverwalter handelt mit dem Grundpfandrechtsgläubiger jedoch Kostenbeiträge aus. Gelegentlich wird bei derartigen Vereinbarungen mit den Absonderungsgläubigern übersehen, hier eine Unterscheidung zwischen Feststellungs- und Verwertungskostenbeiträgen vorzunehmen, wie es jedoch die obige Darstellung erforderlich macht, um eine Mehrvergütung i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV beanspruchen zu können. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob und wie bei der Buchung der Geldbewe- 357 gungen eine vergütungsrechtlich erforderliche Aufteilung in Feststellungsund Verwertungskostenbeiträge erfolgen kann und soll, denn die sog. Mehrvergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV auf die Hälfte der Feststellungskostenbeiträge beschränkt. Der BGH hatte die Frage zunächst mehrfach offengelassen.209) Erfolgt z. B. eine pauschale Vereinbarung über eine Massebeteiligung in Höhe 358 von 25 %, könnte eine sog. „4:5-Regel“ angewendet werden, sodass 4/9 der vereinbarten 25 % als Feststellungskostenbeitrag gebucht werden könnten und 5/9 der vereinbarten 25 % als Verwertungskostenbeitrag. Diese Auffassung wäre jedoch in ihrer Pauschalität nicht systemgerecht. Die gesetzliche Feststellungskostenpauschale ist ein pauschalierter Schadenersatz der Insolvenzmasse dafür, dass der Insolvenzverwalter sich mit dem Absonderungsrecht der gesicherten Gläubiger zu befassen hat, während die Vergütung des Insolvenzverwalters über § 54 InsO nur von den ungesicherten Gläubigern zu tragen ist. In den Fällen, in denen mit dem Absonderungsgläubiger eine höhere Massebeteiligung ausgehandelt werden kann, ist wohl kaum das Bestehen des Drittrechts als solches problematisch; der höhere Masseanteil wird wegen des Verwertungsaufwands ausgehandelt. Daher scheint bei einem gesetzlichen Anspruch auf eine Feststellungskostenpauschale richtig zu sein, dass in solchen Fällen immer 4 % als Feststellungskostenpauschale zu buchen sind und der Differenzbetrag zur frei ausgehandelten Gesamtpauschale als Verwertungskostenpauschale. Denn regelmäßig liegen die Schwierigkeiten in der Verwertung des Absonderungsguts und nicht in der Feststellung des Absonderungsrechts. Sollte ausnahmsweise bereits die Feststellung des Absonderungsrechts mit Mehraufwand verbunden sein, liegt kein Fall des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV (Mehrvergütung), sondern ein Fall des § 3 Abs. 1 Buchst. a ___________ 209) BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 157/05, Rz. 2 (n. v.); BGH, Beschl. v. 17.4.2013 – IX ZB 141/11, Rz. 2, ZInsO 2013, 1104; BGH, Beschl. v. 9.6.2016 – IX ZB 17/15, ZIP 2016, 1299.

121

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

InsVV (Zuschlag) vor. Besteht hingegen kein gesetzlicher Anspruch auf Kostenbeiträge (z. B. bei Grundstücken), so dürfte der Ansatz von 4/9 der Gesamtpauschale als Feststellungskostenbeitrag zulässig sein.210) 359 Gelegentlich wird bei Grundstücken eine Pauschale weit unterhalb von 9 % ausgehandelt und wegen § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV vollständig als Einnahme aus Feststellungskostenpauschalen verbucht. Dies dürfte aufgrund vorgenannter Überlegungen unzutreffend sein, da der Insolvenzverwalter aufgrund der Vereinbarung mit dem Absonderungsgläubiger eine Verwertungsleistung zu erbringen hat, nämlich die Suche nach Kaufinteressenten und die Teilnahme am notariellen Veräußerungsprozess, sodass ein angemessener Teil der Gesamtpauschale auf Verwertungskostenbeiträge zu buchen wäre. Wie soeben ausgeführt, dürfte folglich nur ein Anteil von 4/9 der Gesamtpauschale als Feststellungskostenpauschale zu behandeln sein. 360 Durch eine Entscheidung vom 22.7.2021211) hat der BGH diesen Diskussionen weitgehend ein Ende bereitet, soweit es um die Verwertung eines Grundstücks geht. Grundsätzlich kann die Aufteilung in Feststellungs- und Verwertungskosten vertraglich mit dem Absonderungsgläubiger geregelt werden. Fehlt eine solche Regelung, gilt grundsätzlich die vorgenannte 4/9 : 5/9-Regelung. Wie hoch auch immer der Anteil der Feststellungskosten in Vertrag und Buchführung ist, die Mehrvergütung ist auf 2 % des Verwertungserlöses beschränkt (sodass maximal 4 % als Feststellungskosten eingebucht werden sollten). Die Entscheidungsgründe lassen vermuten, dass all dies auch gilt, wenn von gesetzlichen Kostenbeiträgen abgewichen werden soll. 361

Merke: Insgesamt ist bei der Frage, wie frei ausgehandelte Kostenbeiträge in der Verwalterbuchführung auf Feststellungskostenbeiträge und Verwertungskostenbeiträge verteilt werden, immer darauf zu achten, dass der Rechtsgedanke des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV gewahrt bleibt. Es muss der Eindruck vermieden werden, dass die Aufteilung ausschließlich der Anhebung der Mehrvergütung dient.

362 Aus Gründen der Transparenz bietet sich an, nicht die im didaktischen Kontenplan bereits angelegten Konten für Kostenbeiträge, sondern separate Konten für frei vereinbarte Kostenbeiträge zu nutzen: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3022

Einnahmen Feststellungskostenbeiträge frei vereinbart

3023

Einnahmen Verwertungskostenbeiträge frei vereinbart

___________ 210) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 93. 211) BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805.

122

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

Ob die Kostenbeiträge ihrerseits Gegenleistung für eine sonstige Leistung 363 i. S. d. § 1 Nr. 1 UStG sind, also umsatzsteuerbar sind, wird in Rz. 957 ff. erläutert. In der vorläufigen Verwaltung mit Zustimmungsvorbehalt vorgenommene 364 Verwertungen führen nicht zu einer unmittelbaren Anwendung der §§ 166 ff. InsO, sodass jeglicher Kostenbeitrag frei auszuhandeln ist. Erfolgt der Einzug zur Sicherheit abgetretener Forderungen jedoch nach Anordnung durch das Insolvenzgericht (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 InsO), gelten §§ 170, 171 InsO analog, d. h. es gelten die allgemeinen Grundsätze zu gesetzlichen Kostenbeiträgen. 365

Merke: Bei Forderungseinzug in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung entscheidet eine Anordnung des Insolvenzgerichts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 InsO darüber, ob gesetzliche Kostenbeiträge anfallen. Ist dies nicht der Fall, ist eine Vereinbarung mit dem Abtretungsgläubiger erforderlich, sonst fallen nicht einmal frei vereinbarte Kostenbeiträge an. 3. Verwertung durch den besitzenden Absonderungsgläubiger (§ 173 InsO)

Verwertet der Absonderungsgläubiger das Sicherungsgut selbst (§ 173 InsO), 366 weil er sich bereits vorinsolvenzlich in den Besitz des Absonderungsguts gebracht hat, erzielt er jedoch nur – wie im Regelfall – einen Verwertungserlös unterhalb der valutierenden persönlichen (schuldrechtlichen) Forderung, fließen auf den ersten Blick keine Verwertungseinnahmen an die Insolvenzmasse. Dies ist jedoch nicht ganz richtig, da es für die grundsätzliche Erfassung von Erlösen aus der Verwertung von Massegegenständen nicht darauf ankommt, wer den Erlös erzielt hat. Ausschlaggebend ist – abgesehen von umsatzsteuerlichen Erwägungen – allein, dass ein im Masseverzeichnis aufgeführter Gegenstand verwertet wird und die Masse hiervon profitiert (Minderung der Ausfallforderung). Die Verwertung ist daher dergestalt zu erfassen, dass der an den Absonderungsgläubiger geflossene Kaufpreis als Einnahme gebucht wird, in selbiger Höhe aber auch eine Auskehrung an den Absonderungsgläubiger (Ausgabe); vergütungsrechtlich ist dies neutral, da sich die Beträge auf null saldieren. Einen Feststellungs- und Verwertungskostenbeitrag kann der Insolvenzverwal- 367 ter nicht beanspruchen, wohl aber analog § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG, §§ 170 Abs. 2, 171 Abs. 2 Satz 3 InsO die Herausgabe der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft, da die Umsatzsteuer von der Masse zu deklarieren und als Masseverbindlichkeit abzuführen ist.212) ___________ 212) BGH, Urt. v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, ZIP 2007, 1126. Vgl. auch BFH, Beschl. v. 19.7.2007 – V B 222/06, ZIP 2007, 1998; BFH, Beschl. v. 1.3.2010 – XI B 34/09, NZI 2010, 451.

123

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

368 Für die Gestaltung des didaktischen Kontenplans ergeben sich somit keine Änderungen, benötigt wird nur das bereits angelegte Konto: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3030

Einnahmen § 171 InsO Umsatzsteuerbeiträge

369 Erzielt der Absonderungsgläubiger – ausnahmsweise – einen Verwertungserlös oberhalb der valutierenden persönlichen (schuldrechtlichen) Forderung, hat die Insolvenzmasse neben dem vorgenannten Anspruch auf Herausgabe der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft selbstverständlich auch einen Anspruch auf Herausgabe des Übererlöses. Zunächst gilt auch hier, dass der vom Absonderungsgläubiger erzielte Kaufpreis als Einnahme zu buchen ist, da die Verwertung der Insolvenzmasse anhand der Buchführung nachvollziehbar sein muss. Nun wird derjenige Betrag, den der Absonderungsgläubiger behalten darf (persönliche Forderung), als Auskehrung an den Absonderungsgläubiger gebucht. Buchhalterisch übersteigen die Einnahmen also die Ausgaben um exakt denjenigen Betrag, den der Absonderungsgläubiger tatsächlich an die Masse gezahlt hat. 4. Verwertung durch den Absonderungsgläubiger nach Überlassung durch den Insolvenzverwalter (§ 170 Abs. 2 InsO) 370 Überlässt der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 InsO berechtigt ist, dem Gläubiger zur Verwertung, hat dieser aus dem von ihm erzielten Verwertungserlös einen Betrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrags (aus dem Veräußerungsgeschäft) an die Masse abzuführen (§ 170 Abs. 2 InsO). Diese Konstellation unterscheidet sich von dem vorangegangenen Sachverhalt dadurch, dass der Insolvenzverwalter bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Besitz des Absonderungsguts war, anschließend jedoch ein Verzicht des Insolvenzverwalters auf sein Verwertungsrecht erfolgte. 371 Kommt es nun – wie im Regelfall – zu einem Verwertungserlös unterhalb der persönlichen (schuldrechtlichen) Forderung des Absonderungsgläubigers, gilt zunächst erneut, dass der Verwertungserlös in der Buchführung als Einnahme abzubilden ist, da die Verwertung der Insolvenzmasse anhand der Buchführung nachvollziehbar sein muss. In selbiger Höhe erfolgt eine Ausgabe-Buchung (Auskehrung an den Absonderungsgläubiger). Für den Betrag, den der Absonderungsgläubiger tatsächlich an die Masse auszahlt, können zur Erfassung der Kostenbeiträge die bereits angelegten Konten verwendet werden: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3020

Einnahmen § 171 InsO Feststellungskostenbeiträge 4 %

3030

Einnahmen § 171 InsO Umsatzsteuerbeiträge

124

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

Allerdings ist bei der Buchung des Feststellungskostenbeitrags im vergü- 372 tungsrechtlichen Kontext Vorsicht geboten. Denn die sog. Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV entsteht nur, wenn der Insolvenzverwalter verwertet. Ein Feststellungskostenbeitrag bei Verwertung durch den Gläubiger erhöht zwar die Berechnungsgrundlage im Allgemeinen, führt aber nicht zu dieser Mehrvergütung. Wenn insoweit kein separates Einnahme-Konto angelegt wird, sollte wenigstens aus dem Buchungstext hervorgehen, dass eine Verwertung durch den Gläubiger erfolgte, damit später nicht versehentlich eine Mehrvergütung beantragt wird. Kommt es ausnahmsweise zu einem Verwertungserlös oberhalb der persön- 373 lichen (schuldrechtlichen) Forderung des Absonderungsgläubigers, sind die Einnahmen aus der Verwertung höher als die buchhalterische Auskehrung an den Absonderungsgläubiger. Dies genügt zur Darstellung des Übererlöses i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV; eine Verteilung dieses Übererlöses auf verschiedene Sachkonten (Umsatzsteuer, Feststellungskostenbeitrag, verbleibender Übererlös) ist nicht erforderlich (der Anfall einer Mehrvergütung in diesem Fall ist allerdings streitig). 5. Übernahme durch den Absonderungsgläubiger (§ 168 Abs. 3 InsO) Einen besonderen Fall regelt § 168 Abs. 3 Satz 1 InsO, der von einer Übernah- 374 me des Absonderungsguts durch den Absonderungsgläubiger spricht. Dies bedeutet umgangssprachlich, dass der Insolvenzverwalter den Absonderungsgegenstand an den Absonderungsgläubiger verkauft. Juristisch ist dies etwas komplexer, da der Absonderungsgläubiger (Sicherungsnehmer) durch die vorinsolvenzliche Sicherungsübereignung zivilrechtlich ohnehin Eigentümer ist. Mit der Sicherungsübereignung ist aber regelmäßig eine Zweckerklärung verbunden, wonach der Sicherungsnehmer nur im sog. Sicherungsfall die Verwertung durchführen darf, ansonsten ist er zur Rückübereignung an den Sicherungsgeber (Schuldner) verpflichtet. Rechtlich liegt also kein (erneuter) Verkauf des Insolvenzverwalters an den Absonderungsgläubiger (Sicherungsnehmer) vor, sondern der Insolvenzverwalter verzichtet auf die Rechte aus der Zweckerklärung und erhält hierfür eine Gegenleistung, nämlich eine Minderung der zur Tabelle angemeldeten Forderung und zusätzlich die Kostenbeiträge nach § 171 InsO. Damit geht neben dem juristischen Eigentum auch das wirtschaftliche Eigentum an dem Gegenstand auf den Sicherungsnehmer (Absonderungsgläubiger) über, sodass der Gegenstand nun auch handelsrechtlich nicht mehr beim Schuldner zu bilanzieren ist; durch die Übernahme erlischt die Sicherungsabrede. Anders als im Fall des § 170 Abs. 2 InsO, bei dem die Masse neben der Um- 375 satzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft nur die Feststellungskostenpauschale erhält, erhält die Masse bei einer Vorgehensweise nach § 168 Abs. 3 InsO zusätzlich die Verwertungskostenpauschale.213) Dabei beinhaltet ein ___________ 213) BGH, Urt. v. 3.11.2005 – IX ZR 181/04, ZIP 2005, 2214.

125

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

Vorgehen nach § 168 Abs. 3 InsO selbstverständlich ein Einigsein über den Wert des Gegenstands. Da es sich insgesamt um eine Verwertungsmaßnahme des Insolvenzverwalters handelt, werden keine zusätzlichen Konten benötigt. Es können – neben der Erfassung als Verwertungseinnahme und korrespondierende Auskehrung – die bereits angelegten Konten verwendet werden: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3020

Einnahmen § 171 InsO Feststellungskostenbeiträge 4 %

3021

Einnahmen § 171 InsO Verwertungskostenbeiträge 5 %

3030

Einnahmen § 171 InsO Umsatzsteuerbeiträge

6. Abfindung des Absonderungsgläubigers 376 Findet der Insolvenzverwalter den Absonderungsgläubiger durch Zahlung ab, ist § 1 Abs. 2 Nr. 2 InsVV einschlägig. Hiernach soll die positive Differenz zwischen dem Sachwert des Absonderungsguts (objektiver Verkehrswert, nicht tatsächlicher Veräußerungserlös) und dem Ablösebetrag zur vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage gerechnet werden. Verwertet der Insolvenzverwalter anschließend den nun unbelasteten Gegenstand zum vorher ermittelten Sachwert, fließt der Erlös nicht noch einmal in die Berechnungsgrundlage ein, weil sonst eine doppelte Berücksichtigung erfolgen würde. Bei einem Erlös oberhalb des Sachwerts fließt jedoch die Differenz erhöhend in die Berechnungsgrundlage mit ein; ein Erlös unterhalb des zuvor ermittelten Sachwerts ist ohne Einfluss auf die Berechnungsgrundlage. Diese Formulierung des Gesetzgebers lässt sich nicht sinnvoll in der Buchführung umsetzen. 377 So könnte die Ablösung des Gläubigers als Ausgabe im Bereich der Abwicklung gebucht werden („Anschaffung“ des Gegenstands) und die anschließende Verwertung als Einnahme, ebenfalls im Bereich der Abwicklung. In diesem Fall müssen im Vergütungsantrag Angaben zur notwendigen Korrektur der Berechnungsgrundlage gemacht werden, denn sonst wird die Einnahme vergütungsrechtlich berücksichtigt, die Ausgabe jedoch nicht. Einschlägig ist diese Vorgehensweise, wenn der Vorgang der Abwicklung zuzuordnen ist, der Absonderungsgläubiger auf eine zügige Verwertung drängt, der Insolvenzverwalter sich jedoch durch Zuwarten und weitere Kaufverhandlungen einen höheren Veräußerungserlös verspricht. Manchmal legt auch ein Kaufinteressent (z. B. aus dem Ausland) Wert darauf, dass die Frage der Absonderung vor dem Verkauf geklärt ist, damit der Gegenstand lastenfrei ist. 378 Auch denkbar ist die Buchung in den Kontenklassen Fortführung, da auch dort nur der Überschuss aus „An- und Verkauf“ des Gegenstands ausgewiesen wird, sodass die Technik des Kontenplans genutzt wird. Ist die spätere Einnahme jedoch niedriger als die vorherige Ausgabe, schädigt sich der Insolvenzverwalter auf den ersten Blick selbst, da dieser Vorgang isoliert betrachtet zu einem negativen Fortführungsüberschuss führt, der zwischen all den anderen Buchungsvorgängen der Betriebsfortführung am Ende nicht mehr

126

V. Berücksichtigung von Absonderungsrechten

auffällt. Akzeptabel ist diese Vorgehensweise dennoch, wenn der Absonderungsgegenstand für die Betriebsfortführung benötigt wird, denn es muss berücksichtigt werden, dass die Abfindung gewählt wird, um durch Betriebsfortführung Forderungen aus Lieferung und Leistung zu generieren, die ihrerseits die Berechnungsgrundlage erhöhen. Dritte Möglichkeit ist die Buchung der Ausgabe für die Ablösung sowie der 379 späteren Einnahme aus der anschließenden Verwertung im Bereich der Drittrechte. Auch damit wird die Technik des Kontenplans genutzt, inhaltlich auch zutreffend im Zusammenhang mit dem Ausweis von Absonderungsrechten. Allerdings stimmen die Einnahmen Drittrechte und die Ausgaben Drittrechte nicht mehr überein. Vierte Möglichkeit schließlich ist die Buchung der Ausgabe für die Ablösung 380 als negative Einnahme auf demjenigen Konto im Bereich von Abwicklung oder Fortführung, auf dem später der Zahlungseingang aus der Verwertung verbucht wird. Evtl. sind ergänzende Erläuterungen im Vergütungsantrag sinnvoll. Hierdurch werden allerdings Vor- und Umsatzsteuer vermischt. Insoweit wird immer der Einzelfall entscheiden müssen, welche Darstellung 381 am sinnvollsten ist. 7. Fazit und Zusammenfassung Der insolvenzspezifische Kontenrahmen ist im Hinblick auf Absonderungs- 382 rechte sehr präzise auszugestalten. Hintergrund ist eine korrekte Abrechnung der Einnahmen aus der Verwertung von Absonderungsgut mit den Absonderungsgläubigern einerseits, aber auch eine korrekte Ermittlung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage anhand der Verwalterbuchführung andererseits. Ferner wird mit der korrekten Darstellung der Drittrechte in der Verwalter- 383 buchführung die Begründung eines Prozesskostenhilfeantrags erleichtert, da dem Prozessgericht verdeutlicht werden kann, dass ein entsprechender Teil des liquiden Massebestands von Drittrechten erfasst wird, mithin nicht der Gläubigergesamtheit und somit nicht einer Prozessführung zur Verfügung steht. Aus der Praxis sind andere Vorgehensweisen bekannt, die nicht zwingend 384 falsch sein müssen. So wird gelegentlich der Auskehrungsbetrag als Ausgabe Drittrechte gebucht. Was in Gestalt der Kostenbeiträge (§§ 170, 171 InsO) in der Masse verbleibt, ist dann die Differenz zwischen dem EinnahmeKonto für die Verwertung und dem Ausgabe-Konto für die Auskehrung. So muss aber einerseits wieder auf die erläuternde Akte zurückgegriffen werden, um für die Mehrvergütung i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV die Hälfte der Feststellungskostenbeiträge ermitteln zu können, was den Vergütungsantrag erschwert. Andererseits möchten die Rechtspfleger gerne ohne unnötigen Aufwand prüfen, ob die Kostenbeiträge korrekt ermittelt und einbehalten

127

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

wurden, ohne hierfür umständlich eine geeignete Stelle im Berichtswesen, Belegwesen oder Vergütungsantrag suchen oder selbst den Taschenrechner bemühen zu müssen. Insoweit mag diese Vorgehensweise bei der Buchung der Auskehrung einfacher sein, es entsteht jedoch später ein viel größerer Mehraufwand. 385 Es wurden für den didaktischen Kontenplan insgesamt folgende Konten angelegt: Kontenklasse 4 – Einnahmen Drittrechte (DR) 4001

Einnahmen DR unbewegliches Anlagevermögen

4002

Einnahmen DR bewegliches Sachanlagevermögen

4003

Einnahmen DR Sachumlaufvermögen

4004

Einnahmen DR Forderungen aus Lieferung und Leistung

etc. Kontenklasse 8 – Ausgaben Drittrechte (DR) 8001

Auskehrung DR unbewegliches Anlagevermögen

8002

Auskehrung DR bewegliches Sachanlagevermögen

8003

Auskehrung DR Sachumlaufvermögen

8004

Auskehrung DR Forderungen aus Lieferung und Leistung

etc. Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3020

Einnahmen § 171 InsO Feststellungskostenbeiträge 4 %

3021

Einnahmen § 171 InsO Verwertungskostenbeiträge 5 %

3022

Einnahmen Feststellungskostenbeiträge frei vereinbart

3023

Einnahmen Verwertungskostenbeiträge frei vereinbart

3030

Einnahmen § 171 InsO Umsatzsteuerbeiträge

386 Erforderlich ist immer auch eine Information an die Insolvenztabelle, da der Insolvenzverwalter im Zweifel selbst den Ausfall des Absonderungsgläubigers zu schätzen hat, wenn er selbst verwertet hat (§ 190 Abs. 3 InsO). Einen Ausfallgläubiger nicht in das Schlussverzeichnis aufzunehmen, obgleich der Insolvenzverwalter das Absonderungsgut verwertet hat, und nur weil der Gläubiger nicht auf die Aufforderung zur Bezifferung seines Ausfalls reagiert, kann daher zur Haftungsfalle für den Insolvenzverwalter werden. VI. Abgrenzung Betriebs- und Privatvermögen 387 Bei der Darstellung der Verzeichnisse wurde erläutert, dass es sinnvoll ist, zwischen Betriebs- und Privatvermögen natürlicher Personen zu differenzieren. Separate Kontenklassen für Betriebs- und Privatvermögen sind daher erforderlich. Auf die Bildung didaktischer Sachkonten sei jedoch verzichtet.

128

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

Der insolvenzspezifische Kontenplan SKR-InsO enthält solche Sachkonten, auf die dortigen Ausführungen kann verwiesen werden. VII. Berücksichtigung von Sondermassen 1. Einleitung Sondermassen sind nach hiesiger Definition Vermögensmassen, die der In- 388 solvenzverwalter im Zusammenhang mit der Verfahrensabwicklung verwaltet, die aber dennoch nicht zur Insolvenzmasse gehören. Soweit es darüber hinaus Sondermassen gibt, für die ein Dritter als Verwahrstelle bestellt wird (z. B. §§ 99 Abs. 3, 100 KAGB), seien diese außer Betracht gelassen. Gleiches gilt für die Fälle, in denen sich lediglich die Befriedigungsreihenfolge ändert (z. B. § 315 VAG bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens). 389

Merke: Einnahmen und Ausgaben einer Sondermasse müssen sich ausgleichen, bevor eine Schlussrechnung erstellt wird, spätestens vor der Schlussverteilung.

Bislang geht das Thema in der Diskussion um die Verwalterbuchführung 390 vollständig unter, was zu Haftungsgefahren für den Insolvenzverwalter führen kann, wenn eingenommene Gelder einer Sondermasse zuzuordnen sind, jedoch rechts- und zweckwidrig der allgemeinen Insolvenzmasse zugeführt werden. Jedenfalls vor Erstellung einer Schlussrechnung sollten die Vorgänge anhand nachstehender Ausführungen überprüft werden, damit nicht im Wege der Schlussverteilung Gelder, die evtl. nur einzelnen Gläubigern zustehen, an die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger ausgezahlt werden. Um eine Sondermasse zu bilden, ist die Anlage eines eigenständigen Sonderkontos erforderlich, da es sonst an der Trennung der Vermögensmassen fehlt. Die Bildung einer Sondermasse ist gerichtlich nicht anfechtbar.214) Nachfolgend Beispiele für derartige Sondermassen. 2. Verfahrenskostenvorschüsse Dritter Wenn der Schuldner selbst einen Verfahrenskostenvorschuss leistet, flösse 391 ein solcher Vorschuss in die Insolvenzmasse und wäre auch vergütungsrechtlich als Einnahme zu behandeln. Dieser Fall ist jedoch seit Einführung der Verfahrenskostenstundung vor vielen Jahren nicht mehr praxisrelevant. Denn sämtliches pfändbare Vermögen des Schuldners ist vom Massebeschlag erfasst. Leistet jedoch der Schuldner nach Abweisung eines Stundungsantrags einen Vorschuss aus seinem insolvenzfreien Vermögen, z. B. aus dem unpfändbaren Teil des Einkommens, liegt nach hier vertretener Auffassung ein Fall einer Sondermasse vor.215) Hier muss mit dem Schuldner vereinbart ___________ 214) Vgl. LG Stendal, Beschl. v. 16.8.2013 – 25 T 133/13, ZInsO 2013, 1914. 215) Ähnlich BGH, Beschl. v. 11.11.2021 – IX ZB 38/20, ZRI 2022, 71.

129

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

werden, ob die von ihm eingezahlten Beträge, die gegen Ende des Verfahrens nicht zur Verfahrenskostendeckung benötigt werden, an ihn zurückgezahlt werden müssen (Regelfall ohne Vereinbarung, da der Schuldner dann als Dritter zu behandeln ist) oder an die Insolvenzgläubiger verteilt werden dürfen (Vereinbarung erforderlich, dann keine Sondermasse). 392 Leistet ein Dritter einen Verfahrenskostenvorschuss, handelt es sich um einen Fall der Sondermasse. Die so beim Insolvenzverwalter eingegangenen Gelder fließen weder in die Insolvenzmasse noch sind sie als Einnahme bei der Bestimmung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV). Diese Sondermasse darf für nichts anderes verwendet werden als die Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO), und dies auch nur dann, wenn die reguläre Insolvenzmasse nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht. Der nicht verbrauchte Teil des Vorschusses ist an den Einzahler zurückzuzahlen. 393 Um einen Dritten in diesem Sinne handelt es sich auch dann, wenn derjenige, der pflichtwidrig einen Insolvenzantrag nicht gestellt hat, auf Erbringung eines Vorschusses in Anspruch genommen wird (§ 26 Abs. 4 InsO); hierbei wird es sich regelmäßig um den Geschäftsführer einer GmbH handeln, der den Vorschuss aus seinem Privatvermögen zu leisten hat. 394 Ebenfalls um einen Dritten handelt es sich dann, wenn aus der Insolvenzmasse einer Kommanditgesellschaft ein Vorschuss erbracht wird, um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Komplementärs (z. B. Komplementär-GmbH) zu ermöglichen; die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens sei hier nicht weiter hinterfragt. 395 Für den didaktischen Kontenplan bieten sich folgende Konten an: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5001

Verfahrenskostenvorschuss Dritter

5002

Verfahrenskostenvorschuss Schuldner insolvenzfreies Vermögen

etc. Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9001

Verwendung Verfahrenskostenvorschuss für Verfahrenskosten

9002

Rückzahlung nicht verbrauchter Verfahrenskostenvorschuss

etc.

3. Zuschüsse Dritter zum Insolvenzplan 396 Nach § 1 InsO kann von dem Ablauf eines Regelinsolvenzverfahrens abgewichen werden, wenn die Gläubigerversammlung einen Insolvenzplan beschließt. Die Einzelheiten sind in §§ 217 ff. InsO geregelt. Im sog. gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO) kann geregelt werden, dass ein Dritter einen Beitrag zur Befriedigung der Gläubiger leistet. Es handelt sich 130

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

dann um eine Zuzahlung. Diese Zahlung wird regelmäßig erst nach Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Planbestätigung fällig (§ 254 Abs. 1 InsO), je nach Ausgestaltung des Plans auch erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens i. S. d. § 258 Abs. 1 InsO. Ein solcher Zuschuss ist bei der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage nicht zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV); er fällt auch grundsätzlich nicht in die Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO, da es sich weder um Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch um sog. Neuerwerb des Schuldners handelt. Dies ist insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn der Zuschuss bereits vorher an den Insolvenzverwalter gezahlt wird, beispielsweise um die Gläubigerversammlung schon vor der Abstimmung über den Insolvenzplan von der Durchführbarkeit der angedachten Planregelungen zu überzeugen. Für den didaktischen Kontenplan bietet sich folgendes Einnahme-Konto an: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5010

Zuschuss Dritter Insolvenzplan

Für den Fall, dass nach Leistung eines solchen Zuschusses der Insolvenzplan 397 doch nicht zustande kommt, sollte rein vorsorglich auch ein Ausgabe-Konto angelegt werden: Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9020

Rückzahlung Zuschuss Dritter Insolvenzplan

Kommt es nach Planbestätigung und Verfahrensaufhebung zu einer planmä- 398 ßigen Verwendung, hängen die weiteren Buchungen davon ab, was im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vereinbart wurde. Wenn diese Sondermasse zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger kommt, wird für die Buchung der Auszahlungen ebenfalls ein Konto benötigt, z. B.: Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9021

Verwendung Zuschuss Dritter gemäß Insolvenzplan

4. Mietkautionen Sowohl in Wohnraummietverträgen als auch in gewerblichen Mietverträgen 399 ist regelmäßig vereinbart, dass der Mieter eine Kaution an den Vermieter zu leisten hat. Der Mieter darf die Zahlung der Kaution an den Vermieter von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos abhängig machen, da der Vermieter die Kaution wie ein Treuhandvermögen oder Mündelgeld zu behandeln hat, um den Mieter im Fall der Insolvenz des Vermieters zu schützen und das Pfandrecht der kontoführenden Bank an dem Kautionskonto auszuschließen.216) Hatte der Schuldner als Vermieter die Mietkaution nicht in___________ 216) BGH, Urt. v. 13.10.2010 – VIII ZR 98/10, NZI 2010, 1006; BGH, Beschl. v. 9.6.2015 – VIII ZR 324/14, NZM 2015, 736.

131

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

solvenzfest angelegt, hat der Mieter nur eine Insolvenzforderung. Im Übrigen hat der Insolvenzverwalter des insolventen Vermieters diese Treuhandguthaben zu übernehmen und ebenfalls separat von der Insolvenzmasse zu führen. Auch sollte der Insolvenzverwalter prüfen, ob die Mietkaution überhaupt geleistet wurde, sonst ist sie als Sondermasse vom Mieter einzufordern, auch um Mietausfälle im eröffneten Insolvenzverfahren abzusichern. Kommt es nach Insolvenzeröffnung zur Beendigung des Mietverhältnisses, hat der Mieter gegenüber dem Insolvenzverwalter ein entsprechendes Aussonderungsrecht. 400 Auch wenn der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung selbst eine Vermietung vornimmt und eine Kaution beansprucht, hat er die vorgenannten Grundsätze zu wahren, d. h. er hat die Mietkaution getrennt von der Insolvenzmasse zu halten (§ 551 Abs. 3 Satz 3 BGB). Da es sich folglich bei Mietkautionen grundsätzlich nicht um Insolvenzmasse handelt, kann vertreten werden, diese Vorgänge in der Verwalterbuchführung nicht abzubilden. Jedoch spricht einerseits die Transparenz der Verwalterbuchführung für eine Erfassung, andererseits hat der Insolvenzverwalter so selbst einen Überblick, über welche Kautionen er (noch) verfügt, um eine entsprechende Abwicklung der Kautionen – einschließlich eines eventuellen Zugriffs bei Mietrückständen – vornehmen zu können. 401 Grundsätzlich hat der Vermieter eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen (§ 551 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Erträge stehen dem Mieter zu (§ 551 Abs. 3 Satz 3 BGB), sodass auch Zinseinnahmen zu erfassen sind. Für den didaktischen Kontenplan bieten sich folgende Konten an: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5100

Einnahmen Mietkautionen

5101

Zinseinnahmen Mietkautionen

Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9100

Rückzahlung Mietkautionen einschl. Zinsen

402 Wird die Mietkaution jedoch einbehalten, weil Mietrückstände bestehen, erfolgt eine Umbuchung vom Kautionskonto auf das Mieteinnahme-Konto. Soweit es die Sondermasse betrifft, wird daher noch ein entsprechendes Konto benötigt, um die Sondermasse zum Ausgleich zu bringen: Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9110

Verwendung Mietkautionen für Kautionsfälle

403 Kommt es während des laufenden Insolvenzverfahrens und während des laufenden Mietverhältnisses zu einer Veräußerung der Immobilie aus der Insolvenzmasse an einen Dritten, hat der Insolvenzverwalter die Mietkaution an

132

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

den Erwerber herauszugeben, sodass auch insoweit ein Auszahlungsvorgang stattfindet. Bei Abschluss des Insolvenzverfahrens sollten die Einnahmen aus Mietkautionen gleich den Ausgaben sein, d. h. hier sollte sich kein positiver oder negativer Saldo ergeben. Beim Schuldner als Mieter besteht eine andere Situation. Wird das Mietver- 404 hältnis aufgelöst, fällt der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegen den Vermieter als Neuerwerb in die Insolvenzmasse. Der Anspruch entsteht bereits – aufschiebend bedingt durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache – in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Kaution gestellt hatte; daher ist der Kautionserstattungsanspruch regelmäßig auch dann Bestandteil der Masse und einer Nachtragsverteilung zugänglich, wenn eine vorinsolvenzlich geleistete Kaution erst nach Verfahrensaufhebung zur Rückzahlung fällig wird.217) Insbesondere unterfällt die Mietkaution weder dem Pfändungsschutz des § 850i Abs. 1 ZPO noch sozialgesetzlichen Aufrechnungsmöglichkeiten.218) Der Zahlungseingang kann als sonstige Einnahme gebucht werden. Hatte der Insolvenzverwalter allerdings eine Enthaftungserklärung i. S. d. § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO abgegeben, ist der Rückzahlungsanspruch vom Insolvenzbeschlag befreit, soweit nicht die gesetzliche Höhe der Mietkaution überschritten wurde.219) Soweit jedoch kein (vollständiger) Rückzahlungsanspruch besteht, weil dem Vermieter noch solche durch die Kaution gesicherte Ansprüche zustehen, ist freilich das Absonderungsrecht des Vermieters zu berücksichtigen.220) 5. WEG-Verwaltung Im deutschen Recht kann an Grundstücken und darauf errichteten Immo- 405 bilien nicht separates Eigentum erworben werden. Grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks immer auch Eigentümer der Immobilie, die insoweit lediglich wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ist nicht ganz so selbstverständlich wie es klingt, denn in anderen Rechtssystemen – z. B. in der ehemaligen DDR – war durchaus separates Eigentum an Grundstücken und Gebäuden möglich. Durch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist es jedoch – erst seit 1951 – möglich, Miteigentumsanteile an der Gesamtimmobilie zu erwerben, verbunden mit der Zuweisung der Wohnung als Sonder- bzw. Teileigentum, definiert in der sog. Teilungserklärung (§ 8 WEG). Hierdurch entsteht eine sog. Eigentümergemeinschaft (§§ 10 ff. WEG). Seit der Reform des WEG mit Wirkung ___________ 217) BGH, Beschl. v. 9.10.2014 – IX ZA 20/14, ZInsO 2014, 2320. 218) BGH, Beschl. v. 21.2.2019 – IX ZB 7/17, ZVI 2019, 199. 219) BGH, Beschl. v. 16.3.2017 – IX ZB 45/15, ZVI 2017, 275; BGH, Beschl. v. 13.7.2017 – IX ZB 33/16, ZVI 2017, 471. 220) Zur Reichweite der Abtretung eines Sparguthabens für Ansprüche des Vermieters BGH, Urt. v. 27.1.2022 – IX ZR 44/21, ZRI 2022, 289.

133

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

zum 1.12.2020221) handelt es sich zwar nicht mehr um eine Bruchteilsgemeinschaft, sondern um einen vollrechtsfähigen Verband sui generis,222) jedoch ist die WEG weiterhin223) selbst nicht insolvenzfähig (§ 9a Abs. 5 WEG). Das Gesamtobjekt muss jedoch verwaltet werden (§§ 18 ff. WEG), wozu ein sog. WEG-Verwalter bestellt wird (§§ 26 ff. WEG). Dieser WEG-Verwalter bewirtschaftet also fremdes Vermögen. 406 Wird über das Vermögen eines WEG-Verwalters ein Insolvenzverfahren eröffnet, hat der Insolvenzverwalter zu differenzieren, was Insolvenzmasse ist. Hierzu gehört nur der Honoraranspruch des WEG-Verwalters gegen die Eigentümergemeinschaft (Forderungen aus Lieferungen und Leistungen). Die Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich der Bewirtschaftung des Objekts hingegen bilden auch keine Sondermasse, da es sich um Eigentum der Wohnungseigentümer handelt (Aussonderungsrecht). Nur wenn der WEGVerwalter ausnahmsweise entgegen § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG a. F. keine Sonderkonten für die Eigentümergemeinschaften geführt, also dieses Vermögen mit eigenem Vermögen untrennbar vermischt hat, könnte ein Massebeschlag der zu Verfahrensbeginn vorgefundenen Bankguthaben zu bejahen und ein Aussonderungsrecht der Wohnungseigentümer zu verneinen sein. Spätestens seit der Reform des WEG müssen solche Konten die vollrechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Kontoinhaber ausweisen, ein Treuhandkonto genügt nicht den Anforderungen. Falls zu Verfahrensbeginn ein nicht den Anforderungen entsprechendes Konto vorgefunden wird, muss unverzüglich ein Konto mit der Eigentümergemeinschaft als Kontoinhaber mit dem Schuldner oder dem vorläufigen Insolvenzverwalter als Vollmachtsinhaber eingerichtet werden; hier ist insgesamt fraglich, ob eine „schwache“ vorläufige Verwaltung mit Einzelermächtigungen ausreicht oder nicht zwingend eine „starke“ vorläufige Verwaltung unumgänglich ist. 407 Da es sich all dessen ungeachtet um rechtmäßige Handlungen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters handelt, stellt sich für hiesige Zwecke die Frage, ob das Kontokorrentkonto der WEG und die dortigen Geschäftsvorfälle in der Verwalterbuchführung abzubilden sind. Diese Frage ist zu verneinen, zumal WEG-Verwalter regelmäßig über eine eigene Software verfügen, die für die Abrechnung gegenüber den Wohnungseigentümern geeigneter ist. Außerdem ist der Kontenplan eines WEG-Verwalters ebenfalls recht umfangreich. Für jedes einzelne Objekt müsste nun ein WEG-Kontenplan in die Buchführung des Insolvenzverwalters integriert werden, was sich am Rande der Darstellbarkeit bewegt, zumal hierfür zwingend Personenkonten anzulegen wä___________ 221) Änderung des WEG durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kostenund grundbuchrechtlichen Vorschriften v. 16.10.2020 (BGBl. I 2020, 2187). 222) Dötsch/Schultzky/Zschieschack, Kap. 3 Rz. 19 ff. 223) Zum alten Recht LSG Hessen, Urt. v. 5.12.2013 – L 1 KR 180/12, ZInsO 2014, 1508; LG Dresden, Beschl. v. 15.5.2006 – 5 T 105/06, ZIP 2006, 1210.

134

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

ren, die in einer regulären Einnahmen-Ausgaben-Rechnung grundsätzlich nicht vorkommen. Grundsätzlich anders ist dies jedoch bei der sog. „kalten“ Zwangsverwaltung 408 (ĺ Rz. 725 ff.). Denn hier gehört die Immobilie dem Schuldner. 6. Persönliche Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft (§ 93 InsO) Die Personengesellschaft ist i. d. R. rechtsfähig (offene Handelsgesellschaft 409 gemäß § 124 Abs. 1 HGB, Kommanditgesellschaft gemäß §§ 162 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB, Partnerschaftsgesellschaft gemäß § 7 Abs. 2 PartG i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts i. S. d. §§ 705 ff. BGB als Außen-GbR gemäß Rechtsprechung224)). Soweit eine Personengesellschaft nicht rechtsfähig ist (typische stille Gesellschaft i. S. d. §§ 230 ff. HGB, reine Innen-GbR), ist sie auch nicht insolvenzfähig, sodass sie bei hiesiger Betrachtung irrelevant ist. Wegen der grundsätzlichen Rechtsfähigkeit haftet zunächst das Gesellschafts- 410 vermögen. Reicht dieses für die Befriedigung der Gesellschafter jedoch nicht aus, greift die persönliche Haftung der Gesellschafter (§§ 128 ff. HGB): § 128 HGB 1

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. 2Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Mit Insolvenzeröffnung würde nun ein Wettrennen der Insolvenzgläubiger 411 beginnen, möglichst als erster die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Um dies zu vermeiden, ist § 93 InsO geschaffen worden: § 93 InsO Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Die persönliche Haftung der Personengesellschafter ist jedoch ein eigenstän- 412 diges Rechtsgebiet, das an dieser Stelle nicht vollständig dargestellt werden kann. Gerade wenn es vorinsolvenzlich zu Auswechselungen in der Gesellschafterstruktur gekommen ist, kann jedoch folgende Konstellation auftreten: x

Gesellschafter A haftet für die Forderungen der Insolvenzgläubiger 1 – 10

x

Gesellschafter B haftet für die Forderungen der Insolvenzgläubiger 5 – 15

x

Gesellschafter C haftet für die Forderungen der Insolvenzgläubiger 1 – 20

___________ 224) BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, ZIP 2001, 330.

135

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

413 Über § 93 InsO kann der Insolvenzverwalter gegen den Gesellschafter A nur die Forderungen der Insolvenzgläubiger 1 – 10 gelten machen, da A gemäß § 128 HGB im vorliegenden Fall nur jenen Gläubigern persönlich haftet. Was der Insolvenzverwalter über diese Geltendmachung an Einnahmen realisiert, darf er folglich auch nur an diese Insolvenzgläubiger 1 – 10 auskehren. Diese Gelder stehen mithin nicht der allgemeinen Insolvenzmasse zur Verfügung, dürfen insbesondere nicht im Wege der Schlussverteilung allen Insolvenzgläubigern gleichermaßen zugutekommen. Entsprechendes gilt ergänzend für die Haftung der Gesellschafter B und C. Hintergrund ist die Ausgestaltung der persönlichen Haftung als Außenhaftung, d. h. die Gesellschafter haften den Gläubigern unmittelbar, nicht der Gesellschaft. Das Gegenmodell ist beispielsweise die Haftung der Gesellschafter einer GmbH auf Zahlung der Stammeinlage, die eben nicht gegenüber den Gläubigern besteht, sondern gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung). 414

Merke: Für die Geltendmachung der persönlichen Haftung von Personengesellschaftern sind entsprechende Sondermassen zu bilden. Da die Geschäftsvorfälle i. d. R. gleichwohl über das reguläre Sonderkonto des Insolvenzverwalters abgewickelt werden, sollte die rechtliche Existenz dieser Sondermassen zumindest im Kontenplan zum Ausdruck kommen.

415 Dies dient erstens der Transparenz für alle Beteiligten, insbesondere aber dem Schutz des Insolvenzverwalters vor Verteilungsfehlern und einer daraus resultierenden persönlichen Haftung. Im Rahmen des didaktischen Kontenplans werden hierfür folgende Konten angelegt: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5301

Einnahmen Haftungsansprüche § 93 InsO Gesellschafter A

5302

Einnahmen Haftungsansprüche § 93 InsO Gesellschafter B

5303

Einnahmen Haftungsansprüche § 93 InsO Gesellschafter C

etc. Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9301

Auskehrung an Gläubiger wg. Haftung Gesellschafter A

9302

Auskehrung an Gläubiger wg. Haftung Gesellschafter B

9303

Auskehrung an Gläubiger wg. Haftung Gesellschafter C

etc.

416 Wie bereits angedeutet, bestehen im Rahmen des § 93 InsO – und der vergleichbaren Anspruchsgrundlage §§ 171, 172 Abs. 4 HGB – zahlreiche und nicht abschließend geklärte Rechtsprobleme. Soweit jedoch für den Kontenplan von Interesse, soll an dieser Stelle wenigstens darauf hingewiesen werden, dass schon fraglich ist, wer die Kosten eines Rechtsstreits gegen einen Gesellschafter zu tragen hat, insbesondere bei Verlust eines entsprechenden Zi-

136

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

vilprozesses und einem Prozesskostenerstattungsanspruch der Gegenseite. Hier wird vorgeschlagen, die reguläre Insolvenzquote der privilegierten Gläubiger entsprechend zu kürzen;225) eine Nachschusspflicht bestehe jedenfalls nicht.226) Ansonsten verbliebe nur die Kostentragung durch die reguläre Insolvenzmasse.227) Nicht abschließend geklärt ist ferner die Frage, ob derartige Einnahmen bei 417 Massearmut oder Masseunzulänglichkeit auch zur Befriedigung der Massegläubiger (§§ 54, 55 InsO) eingesetzt werden dürfen. Für sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO tendiert der IX. Zivilsenat des BGH inzwischen zu einer Haftung der Personengesellschafter, wenn die Verbindlichkeit vor Insolvenzeröffnung entstanden ist, auch z. B. für Verbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO.228) Der II. Zivilsenat des BGH verlangt indes (ergänzend) eine Einflussmöglichkeit der Gesellschafter auf das Entstehen der Verbindlichkeit, ohne die auch keine Haftung entstehen könne.229) Für Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO liegt noch kein abschließendes Konzept vor, da diese Frage vom BGH mehrfach offengelassen wurde.230) Allerdings hat er eine Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, da ein solcher Einwand des Gesellschafters gegen seine Inanspruchnahme für Verfahrenskosten zumindest nicht unerheblich sei.231) Ein Teil der Literatur232) und der Untergerichte233) stellen in diesem Zusammenhang die Ordnungsfunktion des Insolvenzverfahrens in den Vordergrund und verlangen den Sondermassegläubigern ein entsprechendes Sonderopfer ab. Gleichwohl finden sich Stimmen, die eine Verwendung der Sondermasse für Verfahrenskosten ablehnen.234) Dass bei Vorliegen von Masseunzulänglichkeit die Anwendung des § 93 InsO suspendiert sein soll,235) ist jedenfalls abzulehnen.236) Weiterhin ist indes ungeklärt, ob der Insolvenzverwalter für die Verwaltung der Sondermasse durch Geltendmachung von Ansprüchen über § 93 InsO eine eigenständige Vergütung ___________ 225) 226) 227) 228) 229) 230)

231) 232) 233) 234) 235) 236)

Windel, ZIP 2019, 441, 445. Windel, ZIP 2019, 441, 445. Oepen, Rz. 183. BGH, Urt. v. 28.1.2021 – IX ZR 54/20, ZRI 2021, 245. So bereits Zimmer, ZInsO 2011, 1081 ff. BGH, Urt. v. 15.12.2020 – II ZR 108/19, ZRI 2021, 143 (zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO bei Steuerzahllast aufgrund Aufdeckung stiller Reserven). BGH, Urt. v. 24.9.2009 – IX ZR 234/07, Rz. 25, ZIP 2009, 2204; BGH, Urt. v. 17.12.2015 – IX ZR 143/13, Rz. 11, ZIP 2016, 274; BGH, Urt. v. 21.7.2020 – II ZR 175/19, Rz. 30, ZRI 2020, 541; BGH, Urt. v. 29.4.2021 – IX ZR 154/20, Rz. 17, ZRI 2021, 537; BGH, Urt. v. 11.1.2022 – II ZR 199/20, ZRI 2022, 168. BGH, Urt. v. 10.11.2020 – II ZR 132/19, Rz. 25, ZInsO 2021, 102. Scholz/Hölken, ZInsO 2019, 1509 m. w. N. AG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2007 – 67g IN 370/07, ZInsO 2007, 1283. OLG München, Beschl. v. 23.4.2019 – 18 U 2990/18, ZIP 2019, 2072. LG Traunstein, Urt. v. 16.3.2018 – 5 O 589/17, ZInsO 2018, 1057. BGH, Urt. v. 15.12.2020 – II ZR 108/19, Rz. 59 f., ZRI 2021, 143; OLG Koblenz, Urt. v. 28.9.2018 – 6 U 1197/17, ZInsO 2018, 2377, Thole, ZRI 2020, 49.

137

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

erhalten soll,237) oder ob die so erzielten Einnahmen in die reguläre vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage einfließen sollen. 418 Angeboten werden können folgende Konten als Denkanstoß: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5311

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

5312

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

5313

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

5320

Kostenausgleich § 93 InsO durch Zuschuss reguläre Masse238)

etc. Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9311

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9312

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9313

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9321

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9322

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9323

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9331

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9332

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9333

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9340

Rückführung Kostenvorschuss § 93 InsO an reguläre Insolvenzmasse239)

etc.

419 Der didaktische Kontenplan ist um größtmögliche Transparenz bemüht und soll auf Probleme aufmerksam machen. Dies schließt jedoch nicht aus, im Einzelfall einen pragmatischeren Weg einzuschlagen. Aber auch das verlangt zumindest die Kenntnis des Problems, damit es bewusst anders und nicht grob fahrlässig falsch gemacht wird. 7. Vermögensvermischungshaftung bei Kapitalgesellschaften (§ 93 InsO analog) 420 Unter der gesetzlich nicht geregelten Vermögensvermischungshaftung wird eine Verschleierung der Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verstanden, sodass insbesondere die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften, deretwegen die Haftungsbeschränkung in ei___________ 237) Bejahend Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 207. 238) Da es sich um eine interne Umbuchung handelt, ist in der Kontenklasse 3 (Abwicklung) ein entsprechendes Ausgabe-Konto anzulegen. 239) Da es sich um eine interne Umbuchung handelt, ist in der Kontenklasse 3 (Abwicklung) ein entsprechendes Einnahme-Konto anzulegen.

138

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

ner Kapitalgesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen allein vertretbar ist, unkontrollierbar wird.240) Die Rechtfertigung für eine Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG entfällt, wenn und weil der Stand des Gesellschaftsvermögens nicht zuverlässig bestimmt und somit nicht beurteilt werden kann, ob z. B. eine Auszahlung an einen Gesellschafter gegen § 30 GmbHG verstößt oder Insolvenzreife vorliegt. Folglich ist die Haftung eine solche wegen Missbrauchs der Rechtsform. Die Einzelheiten sind jedoch sehr umstritten. Die Vermögensvermischungshaftung führt in der GmbH241) zur Anwendung 421 der persönlichen Haftung der Gesellschafter als Gesamtschuldner analog §§ 128, 129 HGB.242) Die GmbH (Kapitalgesellschaft) wird also faktisch behandelt wie eine oHG (Personengesellschaft). Die Haftung ist damit gleichermaßen Verhaltens- wie Durchgriffshaftung. Daraus folgt, dass es sich um eine Außenhaftung des Gesellschafters handelt, die in der Insolvenz über § 93 InsO vom Insolvenzverwalter geltend zu machen ist.243) Falls einmal der seltene Fall auftritt, dass der Insolvenzverwalter eine solche Vermögensvermischungshaftung geltend macht, gelten für den Kontenplan dieselben Ausführungen zu den erforderlichen Sondermassen wie im vorangegangenen Kapitel zur Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft. Auf eine Darstellung notwendiger Konten wird daher verzichtet. 8. Insolvenzverschleppungshaftung (§ 92 InsO) Nach § 15a Abs. 1 InsO haben die Mitglieder des Vertretungsorgans (bei der 422 GmbH: Geschäftsführer) bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft ohne schuldhaftes Zögern, spätestens binnen drei Wochen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Diese Norm ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger, also grundsätzlich Außenhaftung. Auch hier würde also ein Wettrennen entstehen, welcher Insolvenzgläubiger am schnellsten und am Insolvenzverfahren vorbei das Vertretungsorgan in Anspruch nimmt. Jedoch ist zu differenzieren: Neu-Gläubiger sind solche Gläubiger, deren Forderung erst nach dem Zeit- 423 punkt, in dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, begründet wurde. Jenen Gläubigern haftet der Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1 InsO auf das negative Interesse; d. h. die Gläubiger können nicht Vertragserfüllung verlangen, sondern sie müssen so gestellt werden, wie ___________ 240) BGH, Urt. v. 13.4.1994 – II ZR 16/93, NJW 1994, 1801; BGH, Urt. v. 16.9.1985 – II ZR 275/84, NJW 1986, 188; BGH, Urt. v. 14.11.2005 – II ZR 178/03, ZIP 2006, 467. 241) In der Aktiengesellschaft ist die Vermögensvermischungshaftung ausgeschlossen, da es i. d. R. an einem tatbestandlichen Verhalten der Aktionäre fehlt. 242) BGH, Urt. v. 16.9.1985 – II ZR 275/84, NJW 1986, 188. 243) BGH, Urt. v. 14.11.2005 – II ZR 178/03, ZIP 2006, 467.

139

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

wenn sie das Geschäft nicht abgeschlossen hätten.244) Der Grund hierfür liegt darin, insolvente Gesellschaften grundsätzlich vom Geschäftsverkehr fernzuhalten.245) Mit solchen Ansprüchen der Neu-Gläubiger hat der Insolvenzverwalter folglich nichts zu tun. Diese Gläubiger können außerhalb des Insolvenzverfahrens ihre Ansprüche gegen das Vertretungsorgan verfolgen. Soweit aus der Rechtsprechung abzuleiten, geschieht dies am häufigsten durch Sozialversicherungsträger; Banken und Lieferanten scheinen hier nicht sehr aktiv zu sein. 424 Alt-Gläubiger sind solche Gläubiger, die ihre Forderung schon vor dem Zeitpunkt, in dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, erworben haben. Jenen Gläubigern haftet der Geschäftsführer ebenfalls nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1 InsO. Allerdings ist die Haftung auf den Betrag beschränkt, um den sich die Insolvenzquote, die sich bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung für den Gläubiger ergeben hätte, durch die Verzögerung der Insolvenzantragstellung verringert (sog. Quotenschaden).246) Dieser Quotenschaden war nach früherer Rechtsprechung zur Konkursordnung in die Insolvenzmasse zu leisten.247) Seit Einführung der Insolvenzordnung normiert § 92 Satz 1 InsO, dass Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können. Dies bedeutet nun nicht mehr, dass der Schadenersatz allgemein an die Masse zu leisten ist. Die Schadenersatzansprüche werden nicht Gegenstand der Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO, sodass der Insolvenzverwalter auch nicht verwaltungs- und verfügungsbefugt i. S. d. § 80 Abs. 1 InsO ist. Der Insolvenzverwalter wird lediglich zum Einzug ermächtigt. Insoweit liegt eine Parallele zum bereits dargestellten § 93 InsO vor (ĺ Rz. 409 ff.). Der Insolvenzverwalter muss auch hier eine Sondermasse bilden und darf eine Ausschüttung nur an jene Gläubiger vornehmen, die Alt-Gläubiger sind. Neu-Gläubiger, die als Insolvenzgläubiger ebenfalls eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet haben, dürfen von dieser Sondermasse nicht profitieren. Da es sich um einen Schaden einiger Insolvenzgläubiger handelt, dürften von den so eingenommenen Geldern im Grunde noch nicht einmal die Verfahrenskosten oder Masseverbindlichkeiten beglichen werden, was bei massearmen oder masseunzulänglichen Verfahren von ___________ 244) BGH, Urt. v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, NJW 1994, 2220; BGH, Urt. v. 7.11.1994 – II ZR 8/93, ZIP 1995, 124; BGH, Urt. v. 7.11.1994 – II ZR 108/93, NJW 1995, 398; BGH, Urt. v. 30.3.1998 – II ZR 146/96, NJW 1998, 2667; BGH, Urt. v. 5.2.2007 – II ZR 234/05, ZIP 2007, 676; BGH, Urt. v. 27.4.2009 – II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220. 245) BGH, Urt. v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, NJW 1994, 2220. 246) BGH, Urt. v. 16.12.1958 – VI ZR 245/57, NJW 1959, 623. 247) BGH, Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 20.9.1993 – II ZR 292/91, NJW 1993, 2931.

140

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

erheblicher Bedeutung ist. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zu § 93 InsO verwiesen werden. Die Geltendmachung dieser Insolvenzverschleppungshaftung ist selten ge- 425 worden, weil mit zahlreichen Problemen behaftet. Zunächst muss herausgefunden werden, wann der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, d. h. wann erstmals ein Insolvenzgrund vorlag. Dann muss auf diesen Zeitpunkt ein fiktives Insolvenzverfahren durchgespielt werden, einschließlich Betriebsfortführung, Absonderungsrechten etc., was augenscheinlich sehr spekulativ ist. Für dieses fiktive Insolvenzverfahren muss dann eine fiktive Insolvenzquote ermittelt werden. Nun muss die Insolvenzquote im aktuellen Insolvenzverfahren prognostiziert werden, was ebenfalls mit Ungenauigkeiten behaftet ist. Nur wenn die fiktive Insolvenzquote aus dem fiktiven Insolvenzverfahren höher ist als die prognostizierte Insolvenzquote im aktuellen Insolvenzverfahren, ist überhaupt ein Quotenschaden gegeben. Dann schließlich muss anhand der Insolvenztabelle gefiltert werden, wer nach obiger Definition Alt-Gläubiger ist und wer Neu-Gläubiger. Nur für die Alt-Gläubiger ist die Summe des Quotenschadens zu bilden, der gegen den Geschäftsführer geltend zu machen ist. Meist wird auf eine Geltendmachung verzichtet, weil es einfachere Ansprü- 426 che gibt, die den Geschäftsführer bereits in seiner wirtschaftlichen Leistungskraft erschöpfen, z. B. § 64 GmbHG a. F. bzw. § 15b InsO. Im Grunde würde der Insolvenzverwalter sogar eine insolvenzspezifische Pflichtverletzung i. S. d. § 60 InsO begehen, wenn er für eine Sondermasse Ansprüche geltend macht, ohne zuvor alle massezugehörigen Ansprüche gegen den Geschäftsführer durchgesetzt zu haben. Falls eine Insolvenzverschleppungshaftung geltend gemacht wird, müsste der 427 Kontenplan entsprechend ausgestaltet werden, wobei dieselben Probleme zu berücksichtigen sind wie bei der Haftung nach § 93 InsO (ĺ Rz. 409 ff.). Auch hier nur als Denkanstoß mögliche Sachkonten: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5400

Einnahmen § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

5410

Kostenerstattung § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

5411

Kostenausgleich § 92 InsO durch Zuschuss reguläre Masse248)

etc. Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9400

Rechtsberatungskosten § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

9401

Gerichtskosten § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

9402

Sondervergütung Verwalter § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

___________ 248) Da es sich um eine interne Umbuchung handelt, ist in der Kontenklasse 7 (Abwicklung) ein entsprechendes Ausgabe-Konto anzulegen.

141

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9410

Auskehrung § 92 InsO an Alt-Gläubiger Insolvenzverschleppungshaftung

9420

Rückführung Kostenvorschuss § 92 InsO an reguläre Masse249)

etc.

9. Schadenersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter (§§ 60, 92 Satz 2 InsO) 428 Ein ähnliches Problem besteht – kaum diskutiert und auch hier nur kurz angerissen – in den Fällen, in denen ein (vormaliger) Insolvenzverwalter in Regress genommen wird. Die Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 Abs. 1 InsO besteht gegenüber „allen Beteiligten“. Der Schuldner selbst ist insoweit zwar auch Beteiligter. Sein Schaden ist jedoch zugleich Schaden der Insolvenzgläubiger, mindestens aber würde ein Schadenersatzanspruch des Schuldners gegen einen Insolvenzverwalter unter den Neuerwerb fallen, also Insolvenzmasse darstellen. Dieser Fall der Innenhaftung ist im Grunde unproblematisch. Von Ausnahmen abgesehen sind Massegläubiger keine Beteiligten des Insolvenzverfahrens, sondern Vertragspartner des Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes. Einzelnen Aus- und Absonderungsgläubigern haftet der Insolvenzverwalter unmittelbar (Außenhaftung). 429 Erst jetzt wird es problematisch: Auch Insolvenzgläubigern haftet der Insolvenzverwalter im Wege der Außenhaftung unmittelbar. Jedoch gibt § 92 Satz 2 InsO vor, dass ein solcher Gesamtschaden der Insolvenzgläubiger vom (neuen) Insolvenzverwalter geltend zu machen ist. Insoweit besteht dieselbe Problematik wie in den vorangegangenen Kapiteln. Wird der Insolvenzverwalter für einen Gesamtschaden der Insolvenzgläubiger erfolgreich in Anspruch genommen, darf dieses Geld auch nur den Insolvenzgläubigern zugutekommen. Dies klingt selbstverständlich, ist aber in den Fällen der Massearmut und Masseunzulänglichkeit eine Haftungsfalle. Denn jetzt erhalten die Insolvenzgläubiger Zahlungen, obgleich die Verfahrenskosten (§ 54 InsO) oder sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) nicht gedeckt sind. Wird dies zu Lasten der Sondermassegläubiger übersehen, steht direkt der nächste Gesamtschaden im Raum. 430 Auf die Bildung von Konten im Rahmen des didaktischen Kontenplans sei verzichtet, da das Prinzip der Sondermassen hinreichend beschrieben wurde. 10. Schadenersatzansprüche gegen Mitglieder von Gläubigerausschüssen (§ 71 InsO) 431 Die Mitglieder des Gläubigerausschusses können gemäß § 71 Satz 1 InsO den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern regress___________ 249) Da es sich um eine interne Umbuchung handelt, ist in der Kontenklasse 3 (Abwicklung) ein entsprechendes Einnahme-Konto anzulegen.

142

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

pflichtig sein. Der Schaden der Insolvenzgläubiger ist zwar Außenhaftung, also nicht Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO, aber nach § 92 Satz 1 InsO vom Insolvenzverwalter geltend zu machen. Wiederum ist eine Sondermasse zu bilden, aus der nur die Geschädigten befriedigt werden dürfen. Diese Gelder dürfen bei Massearmut oder Masseunzulänglichkeit also erneut nicht zur Befriedigung von Verfahrenskostengläubigern (§ 54 InsO) oder Gläubigern sonstiger Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) eingesetzt werden; lediglich die Kosten der Geltendmachung solcher Ansprüche, die aus der Insolvenzmasse vorfinanziert wurden, sind von der Verteilung an die Geschädigten abzuziehen.250) Auch hier sei von der Bildung von Konten für den didaktischen Kontenplan 432 abgesehen. 11. Fiktives Einkommen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295a Abs. 1 InsO) Das fiktive pfändbare Einkommen des Schuldners im Falle der §§ 35 Abs. 2 433 Satz 2, 295a Abs. 1 InsO stellt keine Sondermasse dar. Zwar könnte diese Regelung so verstanden werden, dass die Zahlungen ausschließlich den Insolvenzgläubigern zustehen, also nicht für Masseverbindlichkeiten i. S. d. §§ 53 – 55 InsO verwendet werden dürfen; dem ist jedoch nicht so. Denn die Insolvenzgläubiger sollen wirtschaftlich so gestellt werden, wie wenn der Schuldner ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Dann aber wäre das echte pfändbare Einkommen auch einer Verwendung für (sonstige) Masseverbindlichkeiten zugänglich gewesen. Eine Besserstellung der Insolvenzgläubiger durch fiktives Einkommen ist mit dem Regelwerk nicht beabsichtigt gewesen. 12. Freiwillige Zuzahlungen zur vorzeitigen Restschuldbefreiung a) Vom 1.7.2014 eröffnete bis zum 30.9.2020 beantragte Insolvenzverfahren (§ 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO a. F.) In den vom 1.7.2014 eröffneten (Art. 103h EGInsO) bzw. bis zum 30.9.2020 434 beantragten (Art. 103k Abs. 1 EGInsO) Insolvenzverfahren besteht nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO a. F. die Möglichkeit der vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn drei Jahre seit der Verfahrenseröffnung verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Insolvenzforderungen in Höhe von mindestens 35 % ermöglicht. Für die hiesige Darstellung ist lediglich von Bedeutung, dass es sich bei den freiwilligen Zahlungen Dritter nicht um eine Sondermasse handelt. Vom Schuldner aktivierte

___________ 250) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZIP 2014, 2242, dazu EWiR 2014, 781 (Krüger).

143

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

entgeltliche oder unentgeltliche Direktzahlungen aus Drittmitteln (an die Masse) gelten als in die Masse geflossen.251) b) Ab dem 1.10.2020 beantragte Insolvenzverfahren (§ 300 Abs. 2 InsO) 435 In den ab dem 1.10.2020 beantragten Insolvenzverfahren wurde zum einen § 300 InsO dahingehend geändert, dass eine vorzeitige Restschuldbefreiung nur noch möglich ist, wenn die Insolvenzgläubiger vollständig befriedigt werden oder keine Forderungsanmeldungen vorliegen. Zum anderen wurde § 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV dahingehend ergänzt, dass solche Zuzahlungen Dritter nicht in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung einfließen sollen, wobei allerdings § 14 InsVV nicht geändert wurde, solche Zuzahlungen also doch vergütungsrelevant sein müssen, wenn sich der Vorgang erst in der Wohlverhaltensphase abspielt. Die vergütungsrechtlichen Auswirkungen stehen im Streit.252) Gleichwohl handelt es sich bei der Zuzahlung weiterhin um keine Sondermasse. 13. Einkommen nach Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 300a InsO) 436 Nach § 300a Abs. 1 Satz 1 InsO gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ablauf der Abtretungsfrist erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse. Ist das Insolvenzverfahren bis dahin jedoch noch nicht abgeschlossen, muss der Insolvenzverwalter den Neuerwerb dennoch vereinnahmen, jedoch nur treuhänderisch. Bei Aufhebung bzw. Einstellung des Verfahrens hat der Insolvenzverwalter die so vereinnahmten Beträge – Rechtskraft der Restschuldbefreiung unterstellt – an den Schuldner herauszugeben. Es handelt sich somit um ein zusätzliches Treuhandverhältnis, mithin eine Sondermasse. Dies gilt zunächst nicht nur für die ab dem 1.7.2014 eröffneten Verfahren (Art. 103h EGInsO), sondern auch in den Alt-Verfahren.253) Neu seit dem 1.7.2014 sind lediglich die expliziten Regelungen einer separaten Rechnungslegungspflicht für diesen Zeitraum und eines eigenständigen Vergütungsanspruchs (§ 300a Abs. 3 InsO). Werden die Ansprüche des Schuldners aus dieser Sondermasse verletzt, haftet der Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 InsO bzw. der Treuhänder nach §§ 280 Abs. 1, 249 BGB persönlich.254) 14. Fazit und Zusammenfassung 437 Der insolvenzspezifische Kontenplan ist im Hinblick auf Sondermassen präzise auszugestalten. Hintergrund ist eine korrekte Abgrenzung der von einschlägigen Sachverhalten betroffenen Einnahmen und Ausgaben von der regulären Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO. Fließt Vermögen, das einer Son___________ 251) Begründung zu § 300 InsO, BT-Drucks. 17/11268, S. 30. 252) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 151 f. 253) BGH, Beschl. v. 3.12.2009 – IX ZB 247/08, ZInsO 2010, 102; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 – IX ZB 23/13, ZInsO 2014, 603. 254) LG Lübeck, Urt. v. 7.7.2022 – 14 S 122/21, ZVI 2022, 420.

144

VII. Berücksichtigung von Sondermassen

dermasse zugehörig ist, versehentlich in die Insolvenzmasse und über eine Schlussverteilung an die Gläubigergesamtheit, begeht der Insolvenzverwalter einen Verteilungsfehler, und er riskiert eine persönliche Haftung gegenüber den Gläubigern der Sondermasse. Vergleichbares gilt, wenn von einer Sondermasse, die ausschließlich Insolvenzgläubigern zur Verfügung steht, in unzulässiger Weise Masseverbindlichkeiten (§§ 54, 55 InsO) befriedigt werden. Da die Einbeziehung von Sondermassen in die vergütungsrechtliche Berech- 438 nungsgrundlage i. S. d. § 1 InsVV streitig ist, dient eine korrekte Darstellung in der Insolvenzbuchführung auch einer Vereinfachung des Vergütungsantrags. Vertreten werden kann hier jede Ansicht, aber dann muss auch das Zahlenmaterial zur Verfügung stehen. Die korrekte Buchung von Sondermassen erleichtert die Liquiditätsplanung 439 des Insolvenzverwalters, damit er anhand seiner Insolvenzbuchführung jederzeit erkennen kann, ob von dem liquiden Massebestand noch Sondermassegläubiger zu bedienen sind. Ferner wird mit der korrekten Darstellung der Sondermassen in der Verwal- 440 terbuchführung die Begründung eines Prozesskostenhilfeantrags bei Massearmut oder Masseunzulänglichkeit erleichtert, da dem Prozessgericht verdeutlicht werden kann, dass ein entsprechender Teil des liquiden Massebestands eben nicht Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO ist, mithin nicht der Gläubigergesamtheit und somit nicht einer Prozessführung zur Verfügung steht. Umgekehrt gibt es aber keine eigenständige Masseunzulänglichkeit für eine Sondermasse,255) sodass Prozesskostenhilfeanträge hier etwas schwierig zu begründen sein dürften. Es wurden für den didaktischen Kontenplan insgesamt folgende Konten an- 441 gelegt: Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5001

Verfahrenskostenvorschuss Dritter

5002

Verfahrenskostenvorschuss Schuldner insolvenzfreies Vermögen

5010

Zuschuss Dritter Insolvenzplan

5100

Einnahmen Mietkautionen

5101

Zinseinnahmen Mietkautionen

5301

Einnahmen § 93 InsO Haftungsansprüche Gesellschafter A

5302

Einnahmen § 93 InsO Haftungsansprüche Gesellschafter B

5303

Einnahmen § 93 InsO Haftungsansprüche Gesellschafter C

5311

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Gesellschafter A

5312

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Gesellschafter B

5313

Kostenerstattung § 93 InsO wg. Gesellschafter C

___________ 255) Windel, ZIP 2019, 441, 445.

145

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen Kontenklasse 5 – Einnahmen Sondermasse 5320

Kostenausgleich § 93 InsO durch Zuschuss reguläre Masse

5400

Einnahmen § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

5410

Kostenerstattung § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

5411

Kostenausgleich § 92 InsO durch Zuschuss reguläre Masse

etc. Kontenklasse 9 – Ausgaben Sondermasse 9001

Verwendung Verfahrenskostenvorschuss für Verfahrenskosten

9002

Rückzahlung nicht verbrauchter Verfahrenskostenvorschuss

9020

Rückzahlung Zuschuss Dritter Insolvenzplan

9021

Verwendung Zuschuss Dritter gemäß Insolvenzplan

9100

Rückzahlung Mietkautionen einschl. Zinsen

9110

Verwendung Mietkautionen für Kautionsfälle

9301

Auskehrung an Gläubiger § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9302

Auskehrung an Gläubiger § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9303

Auskehrung an Gläubiger § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9311

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9312

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9313

Rechtsberatungskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9321

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9322

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9323

Gerichtskosten § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9331

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter A

9332

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter B

9333

Sondervergütung Verwalter § 93 InsO wg. Haftung Gesellschafter C

9340

Rückführung Kostenvorschuss § 93 InsO an reguläre Insolvenzmasse

9400

Rechtsberatungskosten § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

9401

Gerichtskosten § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

9402

Sondervergütung Verwalter § 92 InsO Insolvenzverschleppungshaftung

9410

Auskehrung § 92 InsO an Alt-Gläubiger Insolvenzverschleppungshaftung

9420

Rückführung Kostenvorschuss § 92 InsO an reguläre Masse

etc.

442

Merke: Gegen Ende des Verfahrens – auch bei einer Einstellung nach §§ 207, 211 InsO – muss der Saldo der Einnahmen Sondermasse gleich dem Saldo der Ausgaben Sondermasse sein; ansonsten ist eine rechtswidrige Vermischung von Insolvenzmasse und Sondermassen indiziert.

146

VIII. Zeitliche Abgrenzungen

VIII. Zeitliche Abgrenzungen 1. Ausgabenseite Die wichtigste Abgrenzung in zeitlicher Hinsicht ist die Abgrenzung zwi- 443 schen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten auf der Ausgabenseite. § 38 InsO Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger). § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

Folglich ist anhand des Zeitpunkts der Begründung einer Verbindlichkeit zu 444 prüfen, ob es sich um eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit handelt. Liegt der Zeitpunkt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich grundsätzlich um eine Insolvenzforderung. Liegt der Zeitpunkt hingegen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich grundsätzlich um eine Masseverbindlichkeit. Der Zeitpunkt des Zahlungsflusses ist gleichgültig. In steuerlichen Zusammenhängen ist die Abgrenzung teils etwas schwieriger, da § 38 AO nicht auf das Begründen, sondern auf das Entstehen einer Steuerforderung abstellt. Auch bei Dauerschuldverhältnissen ist das (i. d. R. monatliche) Entstehen der Verbindlichkeit maßgebend, während der Zeitpunkt der Begründung bereits mit dem Vertragsschluss zusammenfiel. Gemäß § 53 InsO sind die Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO sowie die sonstigen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO vorweg zu berichtigen. Für die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlich- 445 keiten sind jedoch ergänzende Rangvorschriften zu berücksichtigen. Obwohl es sich wegen der Begründung der Verbindlichkeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens um Insolvenzforderungen handelt, sind als Masseverbindlichkeiten zu behandeln: x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter entweder mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis oder mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts begründete Verbindlichkeiten.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO: von einem Schuldner in vorläufiger Eigenverwaltung mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts begründete Verbindlichkeiten.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO: von einem vorläufigen Insolvenzverwalter entweder mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis

147

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

oder mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts in Anspruch genommene Gegenleistungen aus einem Dauerschuldverhältnis. x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO: von einem Schuldner in vorläufiger Eigenverwaltung mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts in Anspruch genommene Gegenleistungen aus einem Dauerschuldverhältnis.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 4 InsO: bestimmte Steuerverbindlichkeiten, die vom „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter während der vorläufigen Verwaltung „begründet“ wurden.

x

Masseverbindlichkeiten § 55 Abs. 4 InsO: bestimmte Steuerverbindlichkeiten, die vom vorläufig eigenverwaltenden Schuldner während der vorläufigen Eigenverwaltung „begründet“ wurden.

2. Einnahmenseite 446 Auch hier gilt der Grundsatz, dass die Zuordnung zu den einzelnen Verfahrensabschnitten danach erfolgt, wann die Forderung gegen einen Drittschuldner begründet wurde bzw. entstanden ist. Besonders deutlich wird dies beim Einzug von Forderungen aus Lieferung und Leistung, da eine wesentliche Aufgabe des Insolvenzverwalters darin besteht, die vorinsolvenzlich begründeten Forderungen gegen Drittschuldner (Debitoren) zu realisieren. Eine weitere Aufgabe besteht darin, den Geschäftsbetrieb des Schuldners in der vorläufigen Verwaltung fortzuführen und weitere Forderungen aus Lieferung und Leistung gegen Drittschuldner zu generieren. Selbige Aufgabe trifft den Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren, sofern nicht eine Betriebseinstellung erfolgt ist. In allen drei Fällen gehört der Bestand an Forderungen aus Lieferung und Leistung zur Insolvenzmasse i. S. d. § 35 InsO; in den beiden ersten Fällen, weil es sich um vor Eröffnung des Verfahrens begründete Vermögenswerte des Schuldners handelt, im letzten Fall wegen der Einbeziehung des sog. Neuerwerbs in die Insolvenzmasse bzw. wegen des Grundsatzes der Surrogation. Schließlich können solche Forderungen auch noch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet werden. 447 Ein weiteres Beispiel auf der Einnahmenseite ist die Erfüllungswahl nach § 103 InsO, wenn der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung erklärt, einen vorinsolvenzlich geschlossenen, aber noch nicht vollzogenen Kaufvertrag zu erfüllen, aus dem der Kaufpreis für die Masse zu realisieren ist. Dann allerdings ist der Kaufpreisanspruch zwar vor Insolvenzeröffnung begründet worden, jedoch wird der Erfolg dem Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren zugerechnet, da die Erklärung nach § 103 InsO erst nach Insolvenzeröffnung abgegeben werden kann. Dies korrespondiert mit § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, der Verbindlichkeiten aus solchen Vorgängen – obgleich vorinsolvenzlich begründet – zu den sonstigen Masseverbindlichkeiten erklärt. Insoweit gibt es auch bei den Einnahmen Rangvorschriften.

148

VIII. Zeitliche Abgrenzungen

Insgesamt wird die Bedeutung der Abgrenzung der Zeiträume auch auf der 448 Einnahmenseite jedoch nur verständlich, wenn die Frage gestellt wird, wann und warum Auswertungen der Buchhaltung vorgenommen werden, hierzu sogleich. 3. Auswertungen Zunächst ist festzustellen, dass vorläufiger Insolvenzverwalter und Insol- 449 venzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren zwei verschiedene Ämter sind. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit eine eigene Schlussrechnung zu erstellen (§§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 InsO), ebenso hat der Insolvenzverwalter Schlussrechnung zu legen (§ 66 Abs. 1 InsO). Folglich haben beide Amtsträger eine eigenständige Buchführung vorzunehmen, die jeweils ihre Tätigkeit und ihren Erfolg abbildet. In der Praxis ist jedoch eine durchgehende Buchführung üblich. Allein das Filtern nach Zeiträumen hilft bei der Abgrenzung zwischen vorläufiger Verwaltung und eröffnetem Insolvenzverfahren nicht weiter, da nur die Geldbewegungen, nicht aber der Zeitpunkt der Begründung des Geschäftsvorfalls ersichtlich sind. Um den Erfolg beider Ämter voneinander abzugrenzen, kommt es auch an dieser Stelle darauf an, wann bzw. von welchem Amtsträger eine Forderung oder Verbindlichkeit begründet wurde, hingegen nicht auf den Zahlungsfluss. Vorgenannte Grundsätze sind im Übrigen auch bei der Berechnung der Vergütung beider Amtsträger zu beachten; jeder Amtsträger soll nur für seine eigene Tätigkeit honoriert werden, was auch bei einem Verwalterwechsel und bei einem Wechsel von Regelinsolvenz zu Eigenverwaltung (oder umgekehrt) zu beachten ist. Im eröffneten Insolvenzverfahren tritt durch Anzeige der Masseunzuläng- 450 lichkeit (§ 208 InsO) eine weitere Zäsur ein, da der Insolvenzverwalter für die beiden Zeiträume vor und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (MUZ) separat Rechnung zu legen hat (§ 211 Abs. 2 InsO). Auch hier kommt es nicht auf den Zeitpunkt von Zahlungsflüssen an, sondern auf die Frage des Begründungszeitpunkts einer Forderung oder Verbindlichkeit. Selbiges gilt innerhalb der Rangvorschrift des § 209 InsO für die Abgrenzung von Alt-Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO (vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet) und Neu-Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO (nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet). 451

Merke: Die Abgrenzung der einzelnen Geschäftsvorfälle erfolgt daher immer nach dem Zeitpunkt der Begründung einer Forderung oder Verbindlichkeit. Es sind insgesamt vier zeitliche Bereiche zu unterscheiden, in denen die Begründung einer Forderung oder Verbindlichkeit erfolgt sein kann (Abb. 31). Soweit es auf das Entstehen einer Forderung oder Verbindlichkeit ankommt, sei dies unter dem Begriff der Begründung subsummiert:

149

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

Vor Anordnung vorläufiger (Eigen-) Verwaltung

Innerhalb der vorläufigen (Eigen-) Verwaltung

Eröffnetes Verfahren bis Anzeige der Masseunzulänglichkeit

Eröffnetes Verfahren ab Anzeige der Masseunzulänglichkeit

(Abb. 31)

452 Bei Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen, die Restschuldbefreiung beantragt haben, ist noch ein fünfter Zeitabschnitt zu berücksichtigen, nämlich die restliche Wohlverhaltensphase nach Aufhebung bzw. Einstellung des Insolvenzverfahrens. Hier tritt mit dem Treuhänder ein weiterer Amtsträger auf den Plan, der ebenfalls eigenständig zur Rechnungslegung verpflichtet ist. 4. Auswirkungen auf den Kontenplan 453 Die Differenzierung zwischen den verschiedenen Zeiträumen könnte grundsätzlich anhand neuer Kontenklassen erfolgen, was aber im didaktischen Kontenplan an der vollständigen Belegung der Kontenklassen 1 bis 9 scheitert. Mithin – aber auch in der Praxis – werden oftmals einzelne Konten neu angelegt bzw. bestehende Konten dupliziert. Ein Beispiel anhand des Forderungseinzugs: Kontenklasse 2 – Einnahmen Fortführung 2000

Forderungen LuL (begründet in vorläufiger Verwaltung)

2001

Forderungen LuL (begründet im eröffneten Verfahren vor MUZ)

2002

Forderungen LuL (begründet im eröffneten Verfahren nach MUZ)

Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3006

Forderungen LuL (begründet vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung)

454 Damit sind die vier möglichen zeitlichen Bereiche klar abgegrenzt. Welches Konto anzusprechen ist, hängt davon ab, wann die Forderung begründet wurde, der Zahlungszeitpunkt ist ohne Bedeutung. Aufgrund der zeitlichen Abgrenzung werden aus einem handelsrechtlichen Konto somit vier insolvenzrechtliche Konten. Wenn nun auch noch berücksichtigt wird, dass Forderungen aus Lieferung und Leistung häufig einer Globalzession (Absonderungsrecht) unterliegen, ergibt sich noch ein weiteres Konto: Kontenklasse 4 – Einnahmen Drittrechte 4004

Forderungen LuL besichert (begründet vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung)256)

___________ 256) Eine Globalzession spielt schon in der vorläufigen Verwaltung keine Rolle, erst recht nicht im eröffneten Insolvenzverfahren. Hintergrund ist die Auswirkung einer Zession erst in dem Moment, in dem auch die Forderung entsteht. Eine Forderung, die erst in der vorläufigen Verwaltung entsteht, kann jedoch wegen des Insolvenzanfechtungsrechts i. S. d. §§ 129 ff. InsO nicht mehr anfechtungsfest zur Abtretung gelangen (BGH, Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, ZIP 2008, 183).

150

IX. Steuerliche Besonderheiten

Damit kommen alleine für Einnahmen aus dem Einzug von Forderungen aus 455 Lieferung und Leistung insgesamt fünf Konten zur Auswahl, obgleich handelsrechtlich nur ein Konto verwendet würde. Entsprechendes gilt nun auch für Ausgaben, z. B.:

456

Kontenklasse 2 – Ausgaben Fortführung 6000

Materialaufwand (begründet in vorläufiger Verwaltung)

6001

Materialaufwand (begründet im eröffneten Verfahren vor MUZ)

6005

Materialaufwand (begründet nach MUZ)

Ein Konto „Materialaufwand (begründet vor Anordnung der vorläufigen 457 Verwaltung)“ ist im Grunde undenkbar, da dann eine Insolvenzforderung beglichen worden sein würde. Soweit hier ein Aus- oder Absonderungsrecht aus den verschiedenen Arten des Eigentumsvorbehalts bedient wird, könnten Sachkonten aus dem Bereich Drittrechte angesprochen werden. Allerdings erfolgen solche Abfindungen i. d. R. zum Zwecke der Betriebsfortführung, sodass hier ausnahmsweise das Datum des Zahlungsflusses für die Auswahl des Sachkontos maßgeblich sein könnte, um den Kontenplan nicht überkomplex auszugestalten. Abschließend muss für die korrekte Darstellung in den Auswertungen jedem 458 Konto eine entsprechende Gliederungsposition zugewiesen werden. In der handelsrechtlichen Buchführung ist es beispielsweise selbstverständlich, dass jedem Bestandskonto eine Bilanzposition und jedem Erfolgskonto eine GuV-Position zugewiesen wird. Selbiges muss für die Erstellung einer Schlussrechnung nach § 66 InsO bzw. andere Auswertungen erfolgen. 459

Merke: Anders als die Bildung didaktischer Konten vielleicht suggeriert, stehen die genannten Konten in den Auswertungen dann nicht untereinander, sondern werden verschiedenen Gliederungsüberschriften einer Summenund Saldenliste bzw. Schlussrechnung zugewiesen (ĺ Rz. 1221). IX. Steuerliche Besonderheiten

An dieser Stelle, d. h. bei der Entwicklung eines didaktischen Kontenplans, 460 werden steuerliche Besonderheiten nicht erörtert. Zwar wird an späterer Stelle noch auf steuerliche Probleme eingegangen, im Wesentlichen auf die Umsatzsteuer, jedoch wird in der Praxis fast ausschließlich mit individuellen Steuerschlüsseln bei den einzelnen Buchungssätzen gearbeitet. Eine Darstellung an hiesiger Stelle würde nur Sinn ergeben, wenn die in der Praxis verwendeten Konten mit einer Steuerautomatik versehen wären, d. h. wenn bei Ansprache eines Kontos automatisch mit bzw. ohne Umsatzsteuer gebucht würde. Da dies nicht einheitlich der Fall ist, wird auf spätere Ausführung

151

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

verwiesen. An dieser Stelle ist lediglich zu erwähnen, dass jedem Sachkonto in der Verwalterbuchführung eine Position der Umsatzsteuervoranmeldung zuzuordnen ist, um die Voranmeldungen aus der Verwalterbuchführung heraus erstellen zu können; insbesondere bei der Neuanlage von Sachkonten kann hier ein Fehler zur unrichtigen steuerlichen Veranlagung führen. X. Sonderfall Aufrechnungslagen (Buchungstechnik) 461 Besteht eine Aufrechnungslage, ist nur der der Masse zufließende Überschuss vergütungsrelevant (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV), wobei allerdings die Gegenforderung vorinsolvenzlich entstanden sein muss. Soll die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage aus der insolvenzrechtlichen EinnahmenAusgaben-Rechnung generiert werden, wäre folglich nur der saldierte Betrag zu verbuchen (nur dieser Betrag wird auch tatsächlich auf dem Kontoauszug zu sehen sein). 462 Manchmal besteht jedoch die Besonderheit, dass trotzdem die zur Aufrechnung gestellten Beträge separat gebucht werden müssen, um steuerlichen Anforderungen gerecht zu werden. Denn in der Forderung kann Umsatzsteuer enthalten sein, in der Verbindlichkeit Vorsteuer. Dann kann als erste Möglichkeit herangezogen werden die Buchung beider Vorgänge in den Kontenklassen Einnahmen/Ausgaben Fortführung, selbst wenn es sich um einen Fall der Abwicklung handelt. Auch dann fließt nur der Überschuss in die Berechnungsgrundlage ein, (umsatz-)steuerrechtlich wurde aber korrekt und nachvollziehbar gebucht. 463 Zweite Möglichkeit ist die Buchung im Bereich der Einnahmen/Ausgaben Drittrechte, da auch Aufrechnungslagen als Drittrechte bezeichnet werden. Die Aufrechnung hat jedoch i. d. R. zur Folge, dass eine der Parteien noch einen Differenzbetrag erhält. Dieser Differenzbetrag würde nun dazu führen, dass im Gesamtergebnis die Einnahmen Drittrechte nicht mehr den Ausgaben Drittrechten entsprechen würden. Dies erfordert ggf. eine Erläuterung im Vergütungsantrag. 464 Dritte Möglichkeit ist die Buchung der Einnahme und der Ausgabe durch zwei Buchungssätze unter Ansprache ein und desselben Sachkontos. Dabei wird das Sachkonto bei einer der beiden Buchungen mit einem negativen Betrag angesprochen, wobei dann allerdings Umsatzsteuer mit Vorsteuer saldiert wird, was eigentlich nicht zulässig ist. XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten 1. Kasse und Verfahrenskonten 465 Die bisherige Darstellung macht es selbstverständlich, dass das Verfahrenskonto des Insolvenzverwalters (etwas altertümlich, aber immer noch rechtlich zutreffend: Hinterlegungsstelle i. S. d. § 149 Abs. 1 InsO) in die Buchführung einbezogen werden muss. Gleiches gilt für die Kasse, die Einrich-

152

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

tung von Festgeldkonten oder sonstige Geldkonten. Dies ergibt sich bereits aus der Rechnungslegungspflicht des Treuhänders nach §§ 666, 259 Abs. 1 BGB. Geldkonten sind im Grunde die einzigen Bestandskonten in einem insolvenzspezifischen Kontenplan, dessen Besonderheiten eher bei den Erfolgskonten bzw. Einnahme- und Ausgabe-Konten liegen. Da es bei Kassen keine Kontoauszüge gibt, bedarf es zum Nachweis der Geschäftsvorfälle und des Kassenbestands sorgsam geführter Kassenbücher (Beweiskraft gemäß Abschn. 122 AEAO zu § 158 AO) und Kassenzählberichte. Für den didaktischen Kontenplan bedeutet die Nutzung von Geldkonten beispielsweise: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1000

Kasse

1101

Sonderkonto des (vorläufigen) Insolvenzverwalters

1102

Festgeldkonto

etc.

Nicht selten findet sich in der Buchführung oder im Berichtswesen etwas 466 unbedarft der Begriff des Anderkontos. Dies ist jedoch meist unzutreffend. Ein Anderkonto kann nach den AGB der Banken und Sparkassen regelmäßig nur von bestimmten Berufsgruppen unterhalten werden, Insolvenzverwalter gehören hierzu nicht.257) Manchmal wird jedoch individuell vereinbart, dass für ein Treuhandkonto die AGB für Anderkonten gelten sollen. Allerdings enthalten diese AGB Regelungen, die mit dem Amt als Insolvenzverwalter nicht vereinbar sind, wie z. B. die Führung von Sammelanderkonten, sodass ein Anderkonto als Verfahrenskonto ungeeignet ist.258) Auch handelt es sich bei einem Anderkonto (auf den Kontoauszügen teils mit RAK für Rechtsanwaltsanderkonto abgekürzt) um ein sog. Vollrechtstreuhandkonto, bei dem der Kontoinhaber wirtschaftlicher Berechtigter ist,259) obgleich im Insolvenzverfahren einerseits weiterhin der Schuldner wirtschaftlicher Berechtigter sein soll und andererseits das schuldnerische Vermögen den Insolvenzgläubigern als Haftungsmasse zugewiesen ist. Als zulässig erachtet wird daher ausschließlich260) ein Ermächtigungstreu- 467 handkonto,261) z. T. auch als Sonderkonto bezeichnet.262) Dies muss die An___________ 257) Cranshaw, NZI 2019, 609, 610. 258) Cranshaw, NZI 2019, 609, 610. 259) BFH, Beschl. v. 12.8.2013 – VII B 188/12, ZIP 2013, 2370 (Insolvenzverwalter); BGH, Urt. v. 19.5.1988 – III ZR 38/87, ZIP 1988, 1136 (Konkurs- und Vergleichsverwalter); BGH, Urt. v. 20.9.2007 – IX ZR 91/06, ZIP 2007, 2279 („schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter); BGH, Urt. v. 18.12.2008 – IX ZR 192/07, ZIP 2009, 531 (Insolvenzverwalter); BGH, Urt. v. 12.5.2011 – IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 (Insolvenzverwalter); BGH, Urt. v. 26.3.2015 – IX ZR 302/13, ZIP 2015, 1179 („schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter). 260) Differenzierend Ganter, NZI 2019, 873. 261) BGH, Urt. v. 5.3.2015 – IX ZR 164/14 (Insolvenzverwalter), ZIP 2015, 738. 262) BGH, Urt. v. 7.2.2019 – IX ZR 47/18, ZIP 2019, 718.

153

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

forderung erfüllen, dass wirtschaftlicher Berechtigter der Schuldner mit seinem massebefangenen Vermögen ist, aber nur der Insolvenzverwalter verwaltungs- und verfügungsbefugt ist.263) Selbst wenn dieses Sonderkonto bei derjenigen Bank errichtet wird, bei der der Schuldner seine Konten unterhält, wird es nicht von vorinsolvenzlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gegen die Bank erfasst.264) Auf den Kontoauszügen muss beides ersichtlich sein, d. h. sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Schuldner müssen sich identifizieren lassen. Der Begriff Treuhandkonto (THK) – oder nun (Insolvenz-) Sonderkonto (ISK) – muss nicht unbedingt erwähnt werden, findet sich jedoch häufig. Problematisch ist allerdings, dass die Ermächtigungstreuhand von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis abhängt, die ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter nicht hat. Daher wird vertreten, der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter müsse durch Beschluss des Insolvenzgerichts zur Kontoführung gesondert ermächtigt werden,265) was aufgrund § 21 Abs. 1 Satz 1 InsO zulässig sein dürfte. Ein vergleichbares Problem besteht beim Treuhänder in der Wohlverhaltensphase; auch hier wird zur Fortführung des Sonderkontos oder zur Anlage eines neuen Sonderkontos ein gerichtlicher Beschluss für erforderlich erachtet,266) obgleich allerdings keine Norm ersichtlich ist, die das Gericht hierzu befugen würde. Für den Sachwalter, der die Kassenführung an sich gezogen hat, wird hingegen vertreten, er könne auch ohne Ermächtigung des Insolvenzgerichts ein Sonderkonto verwenden.267) 468 Ob im Ergebnis ein Anderkonto oder ein Ermächtigungstreuhandkonto bzw. Sonderkonto vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die einem Zeugenbeweis grds. nicht zugänglich ist,268) aber durch Auslegung der Erklärungen der Beteiligten (Bank und Kontoinhaber) beantwortet werden kann.269) Praktische Auswirkungen hat der Unterschied bei ungerechtfertigten Bereicherungen, bei Untreuehandlungen des Insolvenzverwalters und einer Haftung der kontoführenden Bank. Allerdings hat der BGH die Führung eines Anderkontos durch einen Insolvenzverwalter grds. für unzulässig erklärt.270) Die Diskussion ist schwerlich nachzuvollziehen, da sie suggeriert, erst in der jüngeren Zeit hätten Bankkonten den Bargeldverkehr verdrängt. 469 Werden für die Abwicklung von Sondermassen (ĺ Rz. 388 ff.) eigene Konten geführt, die Darstellung der Geschäftsvorfälle jedoch in der Verwalter___________ 263) BGH, Urt. v. 7.2.2019 – IX ZR 47/18, ZIP 2019, 718. 264) AG Hannover, Beschl. v. 24.7.2020 – 904 IK 1132/19, ZVI 2021, 32 (Kontoeröffnung nach Insolvenzeröffnung). 265) Heerma/Rinck, ZIP 2019, 2000, 2002; Saager/d’Avoine/Berg, ZIP 2019, 2041, 2046. 266) Saager/d’Avoine/Berg, ZIP 2019, 2041, 2046. 267) AG Dresden, Beschl. v. 10.7.2019 – 532 IN 876/19, ZInsO 2020, 1261. 268) BGH, Beschl. v. 22.5.2014 – IX ZR 146/13, JurionRS 2014, 17525. 269) BGH, Urt. v. 7.2.2019 – IX ZR 47/18, Rz. 27, ZIP 2019, 718. 270) BGH, Urt. v. 7.2.2019 – IX ZR 47/18, ZIP 2019, 718.

154

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

buchführung abgebildet, um die erforderliche Transparenz zu wahren, sind folglich auch diese Konten in den Kontenplan aufzunehmen, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1110

Konto Sondermasse 1

1111

Konto Sondermasse 2

1120

Mietkautionskonto

etc.

2. Treuhandkontenmodell und Einzelermächtigung a) Problemstellung Im Rahmen der Betriebsfortführung ist der „schwache“ vorläufige Insolvenz- 470 verwalter in der Situation, dass er Verbindlichkeiten auslösen271) muss (z. B. für den Materialeinkauf oder den Bezug von Energie etc.), diese aber nach Verfahrenseröffnung im Grundsatz nicht mehr bezahlen darf, weil es sich um vor Verfahrenseröffnung begründete Insolvenzforderungen handelt, die zur Tabelle angemeldet werden müssten. Dass hier kein Vertragspartner „freiwillig“ mitspielt, liegt auf der Hand. Eine Begleichung solcher Verbindlichkeiten nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten aus der Insolvenzmasse ohne separate Konstruktion scheidet aus,272) wenngleich dies gelegentlich noch praktiziert wird. Da die Diskussion nun schon einige Jahre währt und zu verschiedenen Lösungsansätzen geführt hat, muss doch angemerkt werden, dass das Ignorieren dieses Problems eine grobe Pflichtverletzung des Verwalters darstellt. Auch in der Eigenverwaltung ist zu prüfen, welche der noch während der vorläufigen Eigenverwaltung begründeten Verbindlichkeiten nach Verfahrenseröffnung beglichen werden dürfen. b) Einzelermächtigung Ein Lösungsansatz ist der, dass der Richter am Insolvenzgericht in der Phase 471 der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung jede beabsichtigte Begründung einer

___________ 271) Vom Begriff der „Begründung“ einer Verbindlichkeit wird hier Abstand genommen, da der vorläufige Insolvenzverwalter überhaupt keine Verbindlichkeiten begründen kann. Verpflichtungsgeschäfte kann nur der Schuldner alleine vornehmen; der Zustimmungsvorbehalt des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. die Verfügungsbefugnis des „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters bezieht sich ausschließlich auf Verfügungsgeschäfte, d. h. hier die Zahlung. Dass der vorläufige Insolvenzverwalter gleichwohl z. B. Bestellungen zustimmt, hat rechtlich keine Bedeutung, es dient allein der „Beruhigung“ des Lieferanten dahingehend, dass ihm die Kenntnis des vorläufigen Verwalters von dem Vorgang angezeigt wird. Die damit oft verbundenen Zahlungszusagen haben rechtlich ebenfalls keine Bedeutung, da sie alleine noch keine Verpflichtung des Schuldners auslösen. 272) Hierzu auch Küpper/Heinze, ZInsO 2010, 214, 215 ff.

155

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

Verbindlichkeit im Wege der Einzelermächtigung i. S. d. §§ 21, 22 InsO273) vorab274) prüft und genehmigt.275) Dann ist der vorläufige Verwalter quasi punktuell „starker“ vorläufiger Verwalter, die Verbindlichkeiten erhalten nach Verfahrenseröffnung den Rang von Masseverbindlichkeiten analog § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO. Auch die in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung entstehenden Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen sind nur dann Masseverbindlichkeiten analog § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO, wenn das Gericht eine Einzelermächtigung erteilt hat.276) Flexibler sind sog. Gruppenermächtigungen. Jede Ermächtigung muss hinreichend bestimmt sein.277) Dieses Ermächtigungsmodell scheint derzeitig die einzige rechtlich abgesicherte Möglichkeit zu sein, ist aber dennoch bei vielen Insolvenzrichtern unbeliebt, da es für sie zusätzliche Arbeit bedeutet; denn der Insolvenzrichter könnte sich vergewissern müssen, ob die Begründung der Verbindlichkeit, z. B. Materialeinkauf, erforderlich (Zweckmäßigkeitsprüfung) und die Verbindlichkeit voraussichtlich auch gedeckt ist (Liquiditätsprüfung).278) In einer vorläufigen Eigenverwaltung ist die Einzelermächtigung dem Schuldner zu erteilen, mithin nicht dem vorläufigen Sachwalter,279) was sich seit dem 1.1.2021 aus § 270c Abs. 4 InsO ergibt. c) Treuhandkontenmodell 472 In der Praxis wurde als Alternative das sog. Treuhandkontenmodell entwickelt. Die Einzelheiten zur Zulässigkeit und praktischen Ausgestaltung sind umstritten. Denn gespeist wird dieses Konto von Zahlungszuflüssen, die aus den ebenfalls in der vorläufigen Verwaltung begründeten Forderungen des Schuldners gegenüber Drittschuldnern (Kunden, Debitoren) resultieren. Es ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der vorläufige Verwalter befugt sein könnte, die Umleitung solcher Gelder auf ein fremdes Konto (Verfügungsgeschäft) zuzulassen (Zustimmungsvorbehalt), das – sonst würde die Konstruktion keinen Sinn ergeben – weder dem Schuldner noch dem vorläufigen Insolvenzverwalter, sondern ausgewählten Gläubigern „gehört“.

___________ 273) BGH, Urt. v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, ZInsO 2002, 819; BGH, Urt. v. 7.5.2009 – IX ZR 61/08, ZInsO 2009, 1102. 274) Nochmals ausdrücklich hervorgehoben von BGH, Beschl. v. 4.12.2014 – IX ZR 166/14, ZInsO 2015, 261. 275) Ausführlich Laroche, NZI 2010, 965. 276) BGH, Beschl. v. 4.12.2014 – IX ZR 166/14, ZInsO 2015, 261. 277) OLG Dresden, Urt. v. 15.10.2014 – 13 U 1605/13, ZIP 2015, 1937, dazu EWiR 2015, 707 (Zimmer). 278) Befürwortend Uhlenbruck/Vallender, InsO, § 22 Rz. 240; Staufenbiel/Karlstedt, ZInsO 2010, 2059, 2060. Ablehnend Horstkotte/Martini, ZInsO 2010, 750. 279) BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole).

156

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

Gegen die frühere Ansicht der Zulässigkeit280) bestehen daher erhebliche Bedenken.281) Ob dieses separate Treuhandkonto in der Insolvenzbuchführung erscheinen soll, ist ungeachtet dessen nicht geregelt. Manche Insolvenzverwalter verzichten hierauf und verweisen ggf. auf die Darstellung in der handelsrechtlichen Buchführung oder Nebenbuchführungen. Rechtlich ist dies konsequent, denn nach dem Treuhandkontenmodell gehört das separierte Vermögen gerade nicht zur Insolvenzmasse. Es scheint jedoch aus steuerlichen Gründen und zur Wahrung der Transparenz sinnvoll, das Konto einschließlich seiner Geschäftsvorfälle in die insolvenzrechtliche Buchführung zu integrieren.282) Für die Buchführung bedeutet dies die Anlage eines weiteren Geldkontos, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1103

Konto Treuhänder Fortführung vorläufige Verwaltung

Nun stellt sich die Frage, ob bei den Einnahme- und Ausgabe-Konten eben- 473 falls Handlungsbedarf besteht. Bereits in einem vorangegangenen Kapitel zur Auswirkung der Abgrenzung verschiedener Zeiträume auf die Gestaltung des Kontenplans wurden Konten eingerichtet, anhand derer eine solche Abgrenzung zwischen Erfolg der vorläufigen Verwaltung und Erfolg im eröffneten Verfahren vorgenommen werden kann. Vorgeschlagen wurden dort u. a.: Kontenklasse 2 – Einnahmen Fortführung 2000

Forderungen LuL (begründet in vorläufiger Verwaltung)

etc. Kontenklasse 6 – Ausgaben Fortführung 6000

Materialaufwand (begründet in vorläufiger Verwaltung)

etc.

Folglich reichen die im didaktischen Kontenplan bereits eingerichteten Sach- 474 konten aus. Nach Abwicklung des Treuhandverhältnisses wird sich auf dem gesonderten Treuhandkonto ein Überschuss befinden, der auf das „normale“ Sonderkonto des Insolvenzverwalters zu transferieren ist. Dies ist dann handelsrechtlich kein zusätzlicher Erfolg und in der Verwalterbuchführung keine zusätzliche Einnahme i. S. d. Mehrung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage, sondern lediglich Geldtransit, denn die Geldbewegungen wurden bereits gegen Einnahme-Konten und Ausgabe-Konten gebucht. ___________ 280) Instruktiv Ganter, NZI 2012, 433 m. w. N. Im Einzelnen BGH, Urt. v. 12.10.1989 – IX ZR 184/88, NJW 1990, 45 (Vergleichsverwalter); BGH, Urt. v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028 (Sequester); AG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2006 – 67g IN 513/05, ZInsO 2006, 218 (Insolvenzverwalter); Bork, NZI 2005, 530; Stapper/ Schädlich, ZInsO 2011, 249; Werres, ZInsO 2006, 918 m. w. N. Kritisch Frind, ZInsO 2005, 1296. 281) OLG Koblenz, Urt. v. 29.12.2020 – 3 U 383/20, ZInsO 2021, 147. 282) Vgl. auch Ziffer III. 7. Buchst. b der GOI (VID).

157

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

d) Aus- und Absonderungsrechte 475 Liegen weder eine Einzelermächtigung noch ein Treuhandkontenmodell vor, ist zu beachten, dass z. B. Lieferanten auch in der vorläufigen Verwaltung unter den verschiedenen Formen des Eigentumsvorbehalts liefern, also nach Verfahrenseröffnung ein Aus- oder Absonderungsrecht haben. Folglich können diese Verbindlichkeiten auch nach Verfahrenseröffnung noch beglichen werden. In der buchhalterischen Darstellung könnte ein Ausweis z. B. als Materialeinkauf (Betriebsfortführung vorläufige Verwaltung) gewählt werden, wenn die Sachkontenbezeichnung eindeutig auf eine Begründung während der vorläufigen Verwaltung hinweist, also keine Verquickung mit dem eröffneten Verfahren erfolgt. Alternative ist ein Ausweis als Befriedigung eines Ausund Absonderungsgläubigers. Dann würde sich allerdings die Frage stellen, ob auch Kostenbeiträge i. S. d. §§ 170, 171 InsO anfallen. Um diese Problematik zu umgehen, sollte keine Darstellung als Auskehrung an einen Absonderungsgläubiger erfolgen, sondern eine Buchung als Abfindung eines Aus- oder Absonderungsberechtigten. Der noch zu erörternde SKR-InsO hält hierfür ein eigenes Sachkonto vor und auch § 1 Abs. 2 Nr. 2 InsVV kennt derartige Abfindungen. 476 Problematisch sind hiernach also nur Zahlungen an Gläubiger ohne Aus- oder Absonderungsrechte (z. B. Dienstleister, Energieversorger etc.), sodass im Umkehrschluss eigentlich auch nur für diese Verbindlichkeiten eine Diskussion um Ermächtigungsmodell oder Treuhandkontenmodell erforderlich ist. e) Zahlungen während der vorläufigen Verwaltung 477 Direkte Anwendung findet § 55 Abs. 2 InsO nur bei „starker“ vorläufiger Verwaltung, bei der der vorläufige Verwalter bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis innehat. Analoge Anwendung findet § 55 Abs. 2 InsO auf Geschäftsvorfälle, die im Rahmen einer „schwachen“ vorläufigen Verwaltung oder einer vorläufigen Eigenverwaltung aufgrund einer Einzel- oder Gruppenermächtigung des Insolvenzgerichts begründet wurden. Insgesamt muss angesichts des teils missverständlichen Sprachgebrauchs jedoch erinnert werden, dass weder der „starke“ noch der „schwache“ vorläufige Verwalter befugt sind, Verpflichtungsgeschäfte für den Schuldner einzugehen; die Befugnisse beziehen sich immer nur auf die Verfügungsgeschäfte. Daher handelt es sich bei § 55 Abs. 2 InsO nur um eine Rangvorschrift, die erst nach Verfahrenseröffnung Bedeutung entfaltet. Nichts anderes gilt für § 55 Abs. 4 InsO. 478 Während einer vorläufigen (Eigen-)Verwaltung existiert der Begriff der sonstigen Masseverbindlichkeiten mithin noch nicht. Die Berechtigung von Zahlungen in dieser Phase ist anders zu definieren. Im Rahmen seiner Sicherungs- und Erhaltungspflicht darf der vorläufige Verwalter der Erfüllung von Verbindlichkeiten des Schuldners zustimmen, soweit dies – insbesondere zur Fortführung des schuldnerischen Unternehmens – im Interesse der

158

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

Gläubigergemeinschaft erforderlich oder wenigstens zweckmäßig scheint.283) Dabei ist unerheblich, ob dem vorläufigen Verwalter gemäß § 22 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO vom Insolvenzgericht aufgegeben wurde, das Unternehmen fortzuführen, da sich dies bereits aus der allgemeinen Sicherungspflicht und der Entscheidungsbefugnis der Gläubigerversammlung zu einem erst späteren Zeitpunkt (§ 157 InsO) ergibt. Unzweifelhaft gilt hier ein strenger Maßstab, der sich zu orientieren hat an der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (vgl. § 64 Satz 2 GmbHG a. F. bzw. § 15b InsO), am Insolvenzzweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung, an den Regelungen des Bargeschäftsprivilegs des § 142 InsO sowie an den mit Insolvenzeröffnung entstehenden Aus- und Absonderungsrechten gerade im Hinblick auf Lieferanten von Vorbehaltsware; Letzteres ermöglicht sogar Zahlungen an Lieferanten, deren Forderung vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründet wurde, wenn die Vorbehaltsware bei Anordnung der vorläufigen Verwaltung noch vorhanden war und für die Betriebsfortführung benötigt wurde. Insgesamt ist folglich außerhalb des § 55 InsO nach berechtigten und unberechtigten (Zustimmungen zu) Verfügungsgeschäften in Gestalt von Zahlungen zu differenzieren. Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen Zweckmäßigkeitsentscheidung und einer Pflichtverletzung kann im Einzelfall problematisch sein, insbesondere auch bei Dauerschuldverhältnissen. 3. Schuldnerische Konten a) Im Minus geführte Konten Der Schuldner verfügt regelmäßig über Geschäftsverbindungen mit Kreditin- 479 stituten. Darlehens-, Avalkonten und dergleichen werden selbstverständlich nicht in die Verwalterbuchführung übernommen. Auch Kontokorrentkonten weisen regelmäßig einen negativen Saldo aus, sodass sich grundsätzlich eine Abbildung in der Verwalterbuchführung verbietet, zumal Giroverträge mit Insolvenzeröffnung grundsätzlich erlöschen.284) Etwas anderes ist es jedoch, wenn das schuldnerische Kontokorrentkonto 480 trotz negativen Saldos weiter verwendet werden soll. Nach Variante 1 wird dieses Kontokorrentkonto nicht erfasst, lediglich eine spätere Auskehrung dort eingegangener Zahlungen seitens der kontoführenden Bank, die aus anfechtungsrechtlichen Gründen keine Aufrechnungen mehr vornehmen darf, wird buchhalterisch erfasst. Für Juristen wäre das eine Einnahme aus Anfechtung, für Buchhalter, die auch gleich gegen das Debitorenverzeichnis buchen und Umsatzsteuervoranmeldungen generieren wollen, eine Einnahme aus Forderungen aus Lieferung und Leistung. Beides wäre richtig, unpräzise wäre lediglich eine Erfassung als Übernahme Bankguthaben. ___________ 283) BGH, Urt. v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, Tz. 19, ZIP 2004, 2442. 284) BGH, Urt. v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17, ZVI 2019, 143.

159

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

481 Nach Variante 2 werden das schuldnerische Kontokorrentkonto und die laufenden Geschäftsvorfälle erfasst, nur dass eben der negative Anfangssaldo nicht gebucht wird. Dann allerdings werden die Bestände nicht zutreffend wiedergegeben. Dies könnte jedoch hingenommen werden, wenn zumindest die Bestandsveränderung insgesamt dem Saldo der Einnahmen und Ausgaben (zulässig dürften nur Kontoführungsgebühren sein) entspricht. 482 Sinnvoll wäre Variante 3, bei der die Bank den negativen Saldo per Anordnung der vorläufigen Verwaltung auf ein Darlehenskonto oder ein internes CpDKonto285) umbucht, sodass das schuldnerische Kontokorrentkonto bei null beginnt und unproblematisch benutzt und buchhalterisch erfasst werden kann. b) Im Plus geführte Konten 483 Befindet sich auf dem Geschäftskonto hingegen ein Guthaben, ist dies im Grundsatz auf das Sonderkonto des (vorläufigen) Insolvenzverwalters zu transferieren. Dann handelt es sich jedoch nicht um Geldtransit, sondern um eine „echte“ Einnahme aus der Übernahme von Bankguthaben. Daher wird zunächst als Einnahme-Konto benötigt: Kontenklasse 3 – Einnahmen Abwicklung 3005

Übernahme Bank- und Kassenguthaben

484 Wird das schuldnerische Konto dann noch fortgeführt, weil z. B. die Kunden weiterhin dorthin überweisen (sollen), ist eine Abbildung des schuldnerischen Kontos in der Verwalterbuchführung unumgänglich: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1105

Schuldnerisches Konto

4. Interimskonten a) Geldtransit 485 Da zwischen den Geldkonten auch Überträge stattfinden (z. B. Einzahlungen aus der Kasse auf das Sonderkonto oder Überträge vom Sonderkonto auf das Festgeldkonto), muss es ein sog. Transferkonto geben. Der Hintergrund hierzu ergibt sich aus dem System der doppelten Buchführung, die aus Bestands- und Erfolgskonten besteht. Die Bestände bilden in der handelsrechtlichen Buchführung die Positionen einer Bilanz ab, d. h. Aktiva und Passiva. Es würde den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung widersprechen, von einem Bestandskonto auf ein anderes Bestandskonto zu buchen, da das System der doppelten Buchführung gerade darauf beruht, jeden Geschäftsvorfall mit einem Buchungssatz sowohl bestands- als auch ertragswirksam darzustellen. ___________ 285) Conto pro diverses. Hierbei handelt es sich um bankinterne Verrechnungskonten.

160

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

Wird jedoch kein Ertragskonto benötigt, weil z. B. ein Geldtransfer eben 486 keinen Erfolg darstellt, ist zur Ermöglichung eines Buchungssatzes ein erfolgsneutrales Interimskonto anzusprechen, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1200

Geldtransit

b) Durchlaufende Posten Auch in anderen Fällen wird man zu dem Ergebnis kommen, dass ein Ge- 487 schäftsvorfall zwar in der Buchführung abgebildet werden muss, z. B. weil eine Geldbewegung auf dem Kontoauszug dokumentiert ist, er jedoch keine Auswirkungen auf den Erfolg haben soll. Mit Erfolg i. S. d. Verwalterbuchführung ist dabei im Wesentlichen die Auswirkung auf die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage gemeint, die nach Möglichkeit aus der Verwalterbuchführung abgeleitet werden soll. Erfolgt beispielsweise ein Zahlungseingang auf dem Sonderkonto, obwohl der Insolvenzmasse dieser Zahlungseingang nicht zusteht, und erfolgt später die Erstattung, soll dies ggf. keine Auswirkung auf den Erfolg, d. h. die Einnahmen i. S. d. Berechnungsgrundlage haben. Auch insoweit muss ein erfolgsneutrales Konto zur Verfügung stehen, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1201

durchlaufende Posten

Sofern bei der Buchung einer Geldbewegung noch nicht feststeht, welchen 488 Sachverhalt sie betrifft, sollte bis zur abschließenden Klärung des Vorgangs ebenfalls ein erfolgsneutrales Konto angesprochen werden, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1202

zu klärende Posten

Da es dieses Interimskonto in den wenigsten Kontenplänen gibt, wird auch 489 hier meist mit durchlaufenden Posten agiert. 490

Merke: Vereinfacht ausgedrückt: was in der handelsrechtlichen Buchführung keinen Erfolg darstellt, „gehört“ in die Interimskonten. Was in der Verwalterbuchführung (noch) nicht in die Berechnung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage einfließen soll, „gehört“ (zunächst) ebenfalls in die Interimskonten. Dasselbe gilt für Geschäftsvorfälle, bei denen das korrekte Einnahme-Konto oder Ausgabe-Konto noch nicht bestimmt werden kann, weil erst noch der Sachverhalt aufzuklären ist.

Ein Problem der durchlaufenden Posten kann sich bei Auswertungen 491 (Summen- und Saldenliste) ergeben, wenn diese die Interimskonten nicht ausweisen. Dann stimmt der Saldo der Einnahmen und Ausgaben nicht mit 161

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

dem Saldo der Geldbestände überein. Dies sollte im Berichtswesen erläutert, jedenfalls vor einer Schlussrechnung beseitigt werden. c) Verrechnungskonten 492 Gelegentlich finden sich Vorgänge, die den durchlaufenden Posten ähnlich sind, jedoch eine andere Darstellung erfordern, z. B. bei Verrechnungen oder bei durchlaufenden Posten, bei denen mit Umsatzsteuerschlüssel gebucht werden muss. Hierfür bietet sich z. B. an: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1220

Verrechnungskonto

d) Zahlungen mit EC- oder Kreditkarte, PayPal etc. 493 In vielen Branchen gibt es Bargeschäfte, die allerdings mittels EC-Karte oder Kreditkarte abgewickelt werden. Zunehmend kommen auch andere Zahlungsmethoden wie PayPal etc. zum Einsatz. Dies erfordert eine gesonderte Darstellung in der Buchführung. Zahlt der Kunde mit EC-Karte, wird dies im Kassenbuch erfasst. In der Buchführung wird dies wie folgt dargestellt: Kasse

an

Einnahme-Konto

494 Damit ist die Einnahme als Erlös erfasst. Es muss jedoch gleichzeitig erfasst werden, dass insoweit noch eine Forderung gegen den EC-Karten-Betreiber auf Auszahlung entstanden ist, denn es haben sich bislang nur die Einnahmen, nicht aber die tatsächlichen Bestände erhöht, d. h. ein Kassenzählbericht würde eine Differenz ausweisen. Daher ist zu buchen: Interimskonto EC-Karten

an

Kasse

495 Damit ist die Kasse ausgeglichen, dem Interimskonto EC-Karten ist eine Forderung gegen den EC-Karten-Betreiber zu entnehmen. Diese Buchung ist masseneutral. Zahlt der EC-Kartenbetreiber nun an den Insolvenzverwalter, ergibt sich als Buchung: Sonderkonto

an

Interimskonto EC-Karten

496 Damit ist das Interimskonto ausgeglichen. Auch diese Buchung ist masseneutral. Nachdem im ersten Buchungssatz also eine Einnahme dargestellt wurde, ergibt sich (erst) jetzt auch eine Erhöhung der tatsächlichen Geldbestände. Hierfür ergeben sich in der Buchführung insgesamt drei Geschäftsvorfälle.286) Für die Nutzung von Kreditkarten, PayPal etc. gilt Selbiges. Für jede Bezahlmethode sollte ein eigenes Interimskonto angelegt werden. Moderne Kassensysteme weisen die zu buchenden Teilbeträge in den Tagesbe___________ 286) Entsprechend angedeutet auch in Rz. 55 der GoBD (BStBl. I 2019, 1269).

162

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

richten separat nach Kartenbetreiber aus, sodass das Zahlenmaterial ohne Aufwand verfügbar ist. 5. Insolvenzgeldvorfinanzierungskonto Im Rahmen der Fortführung eines Insolvenzverfahrens in der vorläufigen Ver- 497 waltung bemüht sich der vorläufige Insolvenzverwalter regelmäßig um die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds, um die Mitarbeiter zu motivieren und ggf. Zurückbehaltungsrechte der Arbeitnehmer nach § 273 Abs. 1 BGB zu vermeiden. § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB III287) […] Arbeitnehmer […] haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie […] bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers.

Damit haben die Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Insolvenzer- 498 öffnung einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch das jeweilige Arbeitsamt. Zur Vermeidung einer Doppelzahlung gelten die arbeitsvertraglichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Schuldner als an die Bundesagentur für Arbeit abgetreten (§ 169 Satz 1 SGB III, sog. Anspruchsübergang). Nun hat also die Bundesagentur einen Anspruch gegen den Arbeitgeber (Schuldner). Da die Auszahlung des Insolvenzgelds erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, wurde diskutiert, ob dieser Anspruch der Bundesagentur eine Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abse. 1, 2 InsO sein könne. Um die Diskussion zu beenden, hat der Gesetzgeber in § 55 Abs. 3 InsO klargestellt, dass diese Forderungen der Bundesagentur lediglich den Rang von einfachen Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) haben. Es ist kein Geheimnis, dass vorläufige Insolvenzverwaltungen regelmäßig so lange dauern, wie der Insolvenzgeldzeitraum es zulässt, meist rd. drei Monate. Der Staat leistet folglich einen Sanierungsbeitrag, indem er die Netto-Löhne für drei Monate Betriebsfortführung in der vorläufigen Insolvenzverwaltung übernimmt, auf die entsprechende Insolvenzforderung jedoch nur eine Quote erstattet bekommt. Dass die Auszahlung von Insolvenzgeld durch die Arbeitsämter erst nach Ver- 499 fahrenseröffnung erfolgt, ist nicht zwingend Motivation für den Arbeitnehmer, dennoch bereits in der vorläufigen Verwaltung weiterzuarbeiten, zumal er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB berufen könnte. Ein solches Zurückbehaltungsrecht ist lediglich ausgeschlossen, wenn der Lohnrückstand verhältnismäßig geringfügig ist, nur eine kurzfristige Verzögerung der Lohnzahlung zu erwarten ist, wenn dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen kann oder wenn der Lohnanspruch auf andere Weise ge___________ 287) Drittes Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 20.12.2011, gültig ab 1.4.2012. Zuvor war das Insolvenzgeld in §§ 183 ff. SGB III geregelt.

163

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

sichert ist.288) Allein die Existenz eines Insolvenzgeldanspruchs beseitigt ein Zurückbehaltungsrecht nicht, solange der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ungewiss ist.289) Etwas anderes soll gelten, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter um eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes bemüht.290) Durch eine sog. Insolvenzgeldvorfinanzierung soll erreicht werden, dass die Arbeitnehmer ihren Netto-Lohn auch in der vorläufigen Verwaltung pünktlich erhalten, d. h. monatlich. In der Praxis sind hierzu verschiedene Modelle verbreitet. Gemeinsam ist allen Modellen, dass ein neutraler Dritter – oft ein Kreditinstitut – die entsprechenden Mittel für die Auszahlungen an die Arbeitnehmer zur Verfügung stellt und sich im Gegenzug die Ansprüche der Arbeitnehmer gegen die Bundesagentur abtreten lässt. Hierfür wird bei der kreditgebenden Bank ein (Kontokorrent-)Konto angelegt, das durch die Auszahlungen an die Arbeitnehmer überzogen wird. Ein weitgehender Ausgleich erfolgt Wochen oder Monate später bei Abrechnung des Insolvenzgelds durch die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der kreditgebenden Bank, die aufgrund der Abtretung durch die Arbeitnehmer Forderungsinhaber geworden ist. Durch die Überziehung des (Kontokorrent-)Kontos entstehen zwangsläufig Überziehungszinsen und Kontoführungsgebühren bzw. Provisionen, sodass der Endsaldo des Kontos i. d. R. negativ ist. Es erfolgt abschließend ein Ausgleich zulasten des „normalen“ Sonderkontos des Insolvenzverwalters. Dass bereits im Antragsverfahren Vorschüsse gezahlt werden, die nach Verfahrenseröffnung anteilig erstattet werden, ist an hiesiger Stelle irrelevant und soll neben der Absicherung des Kreditgebers lediglich die Notwendigkeit der bei „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwaltung oder vorläufiger Eigenverwaltung ansonsten erforderlichen Einzelermächtigung vermeiden. 500 Hier stellt sich die Frage, ob dieses (Kontokorrent-) Konto der Insolvenzgeldvorfinanzierung in der Verwalterbuchführung abzubilden ist. Da sich der Anspruch der Arbeitnehmer auf Insolvenzgeld nicht gegen die Masse richtet, sondern gegen die Bundesagentur für Arbeit, und auch das Darlehen nicht von der Masse aufgenommen wird, ist die Frage zu verneinen. Hinsichtlich des Kontenplans ändert sich also nichts, lediglich die Zahlung vom Sonderkonto auf dieses Insolvenzgeldvorfinanzierungskonto ist als Geschäftsvorfall zu buchen, sodass lediglich ein weiteres Ausgabe-Konto benötigt wird, z. B.: Kontenklasse 6 – Ausgaben Fortführung 6xxx

501

Kosten Insolvenzgeldvorfinanzierung

Merke: In Bezug auf Insolvenzgeldvorfinanzierung erfolgt lediglich die Buchung des Kostenaufwands. ___________ 288) BAG, Urt. v. 25.10.1984 – 2 AZR 417/83, ZIP 1985, 302. 289) BAG, Urt. v. 25.10.1984 – 2 AZR 417/83, ZIP 1985, 302, 304 f. 290) Uhlenbruck/Zobel, InsO, § 22 Rz. 177.

164

XI. Einbeziehung der Geld- und Interimskonten

Nur soweit vertreten wird, auch die Insolvenzgeldvorfinanzierung als solche 502 müsse in der Verwalterbuchführung abgebildet werden, würden weitere Konten benötigt, z. B.: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1xxx

Konto Vorfinanzierung Insolvenzgeld

Kontenklasse 6 – Ausgaben Fortführung 6xxx

Löhne und Gehälter (begründet in vorläufiger Verwaltung)

Kontenklasse 2 – Einnahmen Fortführung 2xxx

Insolvenzgeld Bundesagentur für Arbeit (begründet in vorläufiger Verwaltung)

6. Saldenvorträge Die heutigen Software-Produkte sind regelmäßig kompatibel, sodass der 503 Wechsel von einem System zum anderen System durch Datenübertragung unproblematisch ist. Auf diese Weise kann eine komplette Buchhaltung in ein neues System eingespielt werden. Sollten die Systeme jedoch nicht kompatibel sein, stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Entweder wird das Insolvenzverfahren im neuen System vollständig neu gebucht, was wohl am erforderlichen Zeitaufwand scheitern dürfte, oder es wird eine Auswertung des alten Buchhaltungssystems vorgenommen, ausgedruckt und archiviert, um dann für jedes einzelne – im alten System verwendete – Geld- und Sachkonto einen Saldovortrag im neuen Buchhaltungssystem einzubuchen. Dementsprechend müssen im neuen System entsprechende Saldenvortragskonten vorhanden sein. Aufgrund der bereits erfolgten Ausnutzung der Kontenklassen 1 – 9 erfolgt im didaktischen Kontenplan eine Ansiedelung im Bereich der Geld- und Interimskonten, zumal diese Kontenklasse generell keine Auswirkungen auf die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage hat: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1900

Saldenvorträge Geld- und Interimskonten

1901

Saldenvorträge Einnahmen Fortführung

1902

Saldenvorträge Einnahmen Abwicklung

1903

Saldenvorträge Einnahmen Drittrechte

1904

Saldenvorträge Einnahmen Sondermasse

1905

Saldenvorträge Ausgaben Fortführung

1906

Saldenvorträge Ausgaben Abwicklung

1907

Saldenvorträge Ausgaben Drittrechte

1908

Saldenvorträge Ausgaben Sondermasse

165

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

504

Merke: Da sämtliche Saldenvorträge erfasst werden, d. h. Einnahmen, Ausgaben und Geld- und Interimsbestände, muss der Saldo aller Saldenvorträge null sein. 7. Zusammenfassung Geld- und Interimskonten

505 Es wurden für den didaktischen Kontenplan insgesamt folgende Konten im Bereich der Geld- und Interimskonten angelegt: Kontenklasse 1 – Geld- und Interimskonten 1000

Kasse

1101

Sonderkonto des Insolvenzverwalters

1102

Festgeldkonto

1103

Konto Treuhänder Fortführung vorläufige Verwaltung

1105

Schuldnerisches Konto

1110

Konto Sondermasse 1

1111

Konto Sondermasse 2

1120

Mietkautionskonto

1200

Geldtransit

1201

durchlaufende Posten

1202

zu klärende Posten

1210 ff.

div. Interimskonten für EC- und Kreditkartenumsätze

1220

Verrechnungskonto

1900

Saldenvorträge Geld- und Interimskonten

1901

Saldenvorträge Einnahmen Fortführung

1902

Saldenvorträge Einnahmen Abwicklung

1903

Saldenvorträge Einnahmen Drittrechte

1904

Saldenvorträge Einnahmen Sondermasse

1905

Saldenvorträge Ausgaben Fortführung

1906

Saldenvorträge Ausgaben Abwicklung

1907

Saldenvorträge Ausgaben Drittrechte

1908

Saldenvorträge Ausgaben Sondermasse

166

XIII. Summen- und Saldenliste

XII. Zusammenfassender Überblick der Kontenklassen Insgesamt wurden für den didaktischen Kontenrahmen folgende Konten- 506 klassen definiert: Übersicht Kontenklassen Kontenklasse 1

Geld- und Interimskonten

Kontenklasse 2

Einnahmen Fortführung

Kontenklasse 3

Einnahmen Abwicklung

Kontenklasse 4

Einnahmen Drittrechte

Kontenklasse 5

Einnahmen Sondermasse

Kontenklasse 6

Ausgaben Fortführung

Kontenklasse 7

Ausgaben Abwicklung

Kontenklasse 8

Ausgaben Drittrechte

Kontenklasse 9

Ausgaben Sondermasse

XIII. Summen- und Saldenliste Da die Bildung verschiedener Kontenklassen notwendig war, um zahlreichen 507 Anforderungen des Insolvenz(vergütungs)rechts gerecht zu werden, muss die klassische Summen- und Saldenliste ebenfalls angepasst werden. Der Begriff der Summen- und Saldenliste ist nicht zwingend identisch mit dem Begriff der Schlussrechnung, jedenfalls wenn die „Schlussrechnung“ begrifflich noch weiteres enthalten soll, wie z. B. den Schlussbericht, einen Verteilungsvorschlag oder ein fortgeschriebenes Masseverzeichnis. Erforderlich ist generell, dass jedem verwendeten Konto eine Position in der Summen- und Saldenliste zugewiesen wird. Eine insolvenzspezifische Summen- und Saldenliste muss folglich ebenso entwickelt werden wie ein insolvenzspezifischer Kontenplan. Die einfachste Summen- und Saldenliste als Ausgangslage sieht wie folgt aus 508 (Abb. 32): € A. Einnahmen/Ausgaben I. Einnahmen [einzelne Konten] II. Ausgaben [einzelne Konten] III. Einnahmen-Ausgaben-Überschuss B. Geld- und Interimskonten [einzelne Konten] Summe (Abb. 32)

167

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

509 Aufgrund der dem Insolvenzvergütungsrecht (§ 1 Abs. 2 InsVV) folgenden Trennungen zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung einerseits (ĺ Rz. 323 ff.) sowie zwischen freier Masse und Drittrechten andererseits (ĺ Rz. 339 ff.) ergibt sich unter Einbeziehung der sog. Sondermassen (ĺ Rz. 388 ff.) folgende (vorläufige) Summen- und Saldenliste, wobei aus Platzgründen der Hinweis auf die Darstellung einzelner Konten weggelassen wird (Abb. 33): € A. Einnahmen/Ausgaben I. Einnahmen 1. Abwicklung 2. Fortführung 3. Drittrechte 4. Sondermassen II. Ausgaben 1. Abwicklung 2. Fortführung 3. Drittrechte 4. Sondermassen III. Einnahmen-Ausgaben-Überschuss B. Geld- und Interimskonten I. Masse II. Sondermassen III. Summe (Abb. 33)

510 Nun müssen jedoch auch noch die Besonderheiten der Insolvenzordnung berücksichtigt werden, namentlich die Abgrenzung von vorläufiger Verwaltung und eröffnetem Verfahren sowie die gesonderte Rechnungslegung nach angezeigter Masseunzulänglichkeit, sodass die o. g. Gliederung der Summenund Saldenliste weiter verfeinert werden muss (Abb. 34): € A. Einnahmen/Ausgaben I. Einnahmen 1. Abwicklung a) vor vorläufiger Verwaltung begründet b) in vorläufiger Verwaltung begründet c) nach Insolvenzeröffnung begründet d) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet (Abb. 34)

168

XIII. Summen- und Saldenliste € 2. Fortführung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 3. Drittrechte (Verwaltung Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 4. Drittrechte (Verwertung Aus-/Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 5. Sondermassen II. Ausgaben 1. Abwicklung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 2. Fortführung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 3. Drittrechte (Auskehrungen Verwaltung Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 4. Drittrechte (Auskehrungen Verwertungen Absonderungsgut/ Abfindungen) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 5. Sondermassen III. Saldo Einnahmen/Ausgaben B. Geld- und Interimskonten I. Masse II. Sondermassen III. Interimskonten IV. Summe Bestände (Abb. 34) Fortsetzung

169

F. Anforderungen an einen insolvenzspezifischen Kontenrahmen

XIV. Ermittlung relevanter Finanzergebnisse 511 Soeben wurde der Mindeststandard einer insolvenzspezifischen Summenund Saldenliste dargestellt. Im Grunde müsste noch eine weitere Aufteilung erfolgen, da wesentliche Zwischensummen fehlen. Dies erfolgt jedoch regelmäßig in einer manuellen Darstellung: 512 Prüfung der vollständigen Auskehrung eingenommener Gelder aus der Verwertung von Absonderungsgut, d. h. Prüfung der Abwicklung bzw. Darstellung von Drittrechten (Abb. 35), wobei für die Verwaltung von Absonderungsgut eine separate Darstellung erfolgen sollte.: € Einnahmen Drittrechte ./.

Ausgaben Drittrechte Saldo

0,00!

(Abb. 35)

513 Dass der Saldo null betragen soll, basiert auf dem Grundmodell, bei dem der Masse nur Kostenbeiträge bleiben, die Bestandteil der abwicklungsbedingten Einnahmen sind. Übererlöse aus der Sicherheitenverwertung können hier zu einem positiven Saldo führen, Abfindungen an Aus- und Absonderungsgläubiger zu einem – auch vergütungsrelevanten – negativen Saldo. 514 Prüfung der vollständigen Abwicklung von Sondermassen (Abb. 36): € Einnahmen Sondermassen ./.

Ausgaben Sondermassen Saldo

0,00!

(Abb. 36)

515 Ermittlung des Überschusses aus der Betriebsfortführung für den vorläufigen Insolvenzverwalter (Abb. 37), wobei mit „Einnahmen“ nicht Einnahmen im pagatorischen Sinne gemeint sind, sondern Einnahmen auf die in der vorläufigen Verwaltung begründeten Forderungen, unabhängig vom Datum des Zahlungsflusses; selbiges gilt für die Ausgaben.291) Diese Zuordnung erfolgt wiederum anhand der einzelnen Konten, die den Gliederungspositionen der Summen- und Saldenliste (automatisch) zugeordnet werden: ___________ 291) Für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gelten gemäß § 63 Abs. 3 InsO i. V. m. § 11 InsVV andere Grundsätze, insoweit ist das Masseverzeichnis von Bedeutung. Die bereits in der vorläufigen Verwaltung realisierten Einnahmen aus Betriebsfortführung sind zu ergänzen um die per Stichtag Insolvenzeröffnung noch offenen Forderungen aus Betriebsfortführung (Aktivierung). Die bereits in der vorläufigen Verwaltung getätigten Ausgaben aufgrund Betriebsfortführung sind zu ergänzen um die per Stichtag Insolvenzeröffnung noch offenen Verbindlichkeiten (Passivierung).

170

XIV. Ermittlung relevanter Finanzergebnisse € Einnahmen Fortführung (in vorläufiger Verwaltung begründet) ./.

Ausgaben Fortführung (in vorläufiger Verwaltung begründet) Saldo

(Abb. 37)

Ermittlung des Überschusses aus der Betriebsfortführung für den Insolvenz- 516 verwalter im eröffneten Verfahren (Abb. 38): € Einnahmen Fortführung (nach Insolvenzeröffnung begründet) Einnahmen Fortführung (nach Masseunzulänglichkeit begründet) ./.

Ausgaben Fortführung (nach Insolvenzeröffnung begründet)

./.

Ausgaben Fortführung (nach Masseunzulänglichkeit begründet) Saldo

(Abb. 38)

Ermittlung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage für die Ver- 517 gütung des Insolvenzverwalters (Abb. 39): € Einnahmen Abwicklung +

Überschuss Drittrechte

+

Überschuss Fortführung (mindestens ¼ 0,00) Saldo

(Abb. 39)

Eine gesonderte Prüfung der Summen- und Salden für die Aufteilung vor 518 und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist vergütungsrechtlich nicht erforderlich, da die jeweiligen Ergebnisse gleichgültig sind. Es soll nur der Prüfung zugänglich sein, ob die Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO eingehalten wurde, d. h. ob erst die Verfahrenskosten beglichen wurden, dann die Neu-Masseverbindlichkeiten und zuletzt – wenn überhaupt – die Alt-Masseverbindlichkeiten.

171

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO I. Einführung 1. Organisatoren und Historie Die bisherigen Überlegungen zeigen auf, dass bereits der didaktische Kon- 519 tenplan für die insolvenzrechtliche Buchführung aufgrund erster Überlegungen äußerst filigran ist. In der Praxis findet sich eine Vielzahl von Kontenplänen, die viele – aber meist nicht alle – notwendigen Anforderungen erfüllen. Als zweites Problem kommt hinzu, dass die Kontenpläne nicht einheitlich verwendet werden, sodass die Gerichte sich bei jedem Verwalter auf einen anderen Kontenplan bzw. eine andere Darstellung von Geschäftsvorfällen einlassen müssen. Prüft ein Rechtspfleger (oder ein Schlussrechnungsprüfer) einen Verwalter zum ersten Mal, besteht der größte Aufwand i. d. R. darin, das Buchhaltungssystem zu verstehen, bevor die eigentliche Prüfungshandlung vorgenommen werden kann. Aufgrund der Vielzahl von Verwaltern kann dem Leser der Schlussrechnung aber auch nicht abverlangt werden, dass er sich dieses System bis zur nächsten Schlussrechnung desselben Verwalters merkt. In der handelsrechtlichen Buchführung herrscht dagegen ein einheitliches Buchhaltungsverständnis. Aus diesen Gründen wurden Bemühungen um einen Standardisierten Kon- 520 tenplan angestellt. Auf Grundlage eines Kooperationsvertrages vom 20.10.2009 zur Errichtung des Rheinland-Pfälzischen Zentrums für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis (ZEFIS) zwischen der Universität Trier, der Fachhochschule Koblenz (Rhein-Ahr-Campus Remagen) und der Fachhochschule Trier (Campus Birkenfeld) wurde ein Forschungsprojekt Schlussrechnungsprüfung initiiert, das u. a. die Gestaltung einer Standardisierten Schlussrechnung und die Schaffung eines einheitlichen Kontenrahmens zum Inhalt hat. Die Verantwortlichen haben intensive Gespräche mit dem Gravenbrucher Kreis und dem Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e. V. (VID) geführt, um eine Anwendungssicherheit bei den Insolvenzverwaltern zu erreichen. Ebenfalls wurden Gespräche mit dem BAKinso Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e. V. geführt, um eine Akzeptanz bei den Insolvenzgerichten zu sichern;292) aufseiten der Gerichte bestand zunächst die größte Skepsis, da teilweise nur ein Instrument für eine Kennzahlengewinnung gefordert wurde, d. h. es war das Ziel von Interesse, weniger der Weg. Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen war der SKR-InsO 2011-09. Der Standardisierte Kontenrahmen soll seit dem 1.1.2012 im OLG-Bezirk 521 Zweibrücken in allen neu eingeleiteten Insolvenzverfahren über Kapital- und

___________ 292) www.zefis.org/htm/rechnung.htm (zuletzt abgerufen am 22.6.2021).

173

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

Personengesellschaften zur Anwendung kommen.293) Weitere Stellungnahmen zur Anwendung: 522

VID-Newsletter 6/2011 vom 12. Dezember 2011 Am 1. Dezember 2011 haben sich VID, Gravenbrucher Kreis und ZEFIS im Rahmen eines gemeinsamen Treffens in Düsseldorf auf das weitere Vorgehen zur Standardisierung eines Kontenrahmens geeinigt. Danach soll dieser gemeinsame Kontenrahmen, der den Namen „SKR-InsO“ tragen wird und aus dem bereits bekannten DATEV-Kontenrahmen SKR 04 entwickelt wurde, in diesen Tagen an die Softwareanbieter übermittelt werden, um eine Übernahme in die Standard-Software-Programme zu ermöglichen. Änderungen sollen von da ab nur noch mit Zustimmung aller drei Organisationen möglich sein. Die weitere Besetzung des gemeinsamen Fachausschusses zur Fortentwicklung („Fachausschuss SKR-InsO“), dem in Zukunft auch Sachverständige aus dem Kreis der Justiz und Schlussrechnungsprüfer angehören sollen, soll sich ebenfalls am Prinzip der Einstimmigkeit orientieren. Mit den geschilderten Schritten erscheint eine flächendeckende Umsetzung des neuen Kontenrahmens im Laufe des Frühjahrs 2012 möglich. Die individuelle Umsetzung des neuen Kontenrahmens steht bis zu einer evtl. späteren Einbindung in den Pflichtenkreis der GOI im Ermessen jedes Mitgliedes. Bereits heute spricht der Vorstand jedoch eine Empfehlung zur Übernahme dieses Kontenrahmens aus.

523 Der Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e. V. (VID) hat im weiteren Verlauf am 5.5.2012 die Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung (GOI) beschlossen (ĺ Rz. 50 ff.). Hier wird den Mitgliedern des VID eine fortschreibende Rechnungslegung aufgegeben (Ziffer III. 8.) und für ab dem 1.1.2013 eröffnete Insolvenzverfahren die Verwendung des Standardisierten Kontenplans vorgegeben (Ziffer III. 10). 524

Pressemitteilung Gravenbrucher Kreis vom 12. Dezember 2011 Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands e. V. (VID), das Rheinland-Pfälzische Zentrum für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis (ZEFIS) und der Gravenbrucher Kreis haben sich in der vergangenen Woche auf einen von allen Beteiligten befürworteten Standardkontenrahmen geeinigt. In dem konsentierten „SKR-InsO“ sollen zukünftig alle Geschäftsvorfälle eines Insolvenzverfahrens verbucht werden, um Transparenz und Vergleichbarkeit insbesondere für die Insolvenzgerichte zu erhöhen. Der vereinbarte „SKR-InsO“ wird zwecks Software-Umsetzung kurzfristig an die Softwareanbieter übergeben werden. […] Die Mitglieder des Gravenbrucher Kreises stellen bereits ab 2012 bei neuen Insolvenzverfahren auf den eigens für die Insolvenzbuchhaltung entwickelten Standardkontenrahmen um. Entgegen vormaligen Planungen erfolgt die ___________ 293) Haarmeyer/Basinski/Hillebrand/Weber, ZInsO 2011, 1874, 1876.

174

I. Einführung

Buchungsumstellung der Mitglieder des Gravenbrucher Kreises allerdings erst zum 1. März 2012, da infolge der Einführung der sog. E-Bilanz die Softwarehäuser zunächst ihre sonstigen Programm-Anpassungen, die die Grundlage des SKR-InsO bilden, vornehmen müssen. Der Kontenrahmen soll anhand der Erfahrungen in der Praxis kontinuierlich 525 durch einen Fachausschuss gepflegt werden. Nochmals aus der o. g. Pressemitteilung des Gravenbrucher Kreises vom 12.12.2011: Änderungen an dem vereinbarten, aber zukünftig in der Praxis fortzuentwickelnden Kontenrahmen sollen ab dem kommenden Jahr in einem Fachgremium, dem „Fachausschuss SKR-InsO“, diskutiert und einvernehmlich festgelegt werden. Diesem Gremium sollen nach dem Willen der Gründungsmitglieder zukünftig neben Vertretern von ZEFIS, VID und Gravenbrucher Kreis auch Sachverständige aus dem Kreis der Justiz und der Schlussrechnungsprüfer angehören. Im Herbst 2012 wurde der Fachausschuss installiert und besetzt, so entstan- 526 den in der Folgezeit die Fassungen SKR-InsO 2012-09, SKR-InsO 201301294) und SKR-InsO 2014-01295). In der Folgezeit schwächelte die Fortentwicklung des Kontenrahmens etwas, erst im Jahr 2020 nahm die Sache Fortgang. Inzwischen gehörte neben den o. g. Gründungsmitgliedern auch die Neue Insolvenzverwaltervereinigung Deutschlands e. V. (NIVD) und der BAKinso Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e. V. zum neu organisierten Fachausschuss: 527

Pressemitteilung Fachausschuss SKR-InsO aus September 2020 Zum 1. Februar 2021 tritt ein neuer Kontenrahmen für die Buchhaltung im Zuge von Insolvenzverfahren in Kraft. Dafür hat der übergreifende Fachausschuss SKR-InsO eine Aktualisierung des Kontenrahmens erarbeitet, die nun im September 2020 bekannt gegeben wird. […] Derzeit gilt die Version SKR-InsO 01/2014 des Kontenrahmens. Die neue Version wird die Bezeichnung SKR 01-2021 tragen. […] Eine detaillierte Übersicht der Änderungen steht ab September 2020 auf der Homepage des Fachausschusses SKR-InsO bereit: https://www.skrinso.de/ Beibehalten wird die reibungslose Kompatibilität mit anderen wesentlichen Programmen, wie beispielsweise DATEV für steuerliche Belange. […] Der Kontenrahmen kann von unterschiedlichen Software-Anbietern genutzt und für deren Kunden zur Verfügung gestellt werden. Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten des neuen Kontenrahmens SKR 01-2021 im Februar 2021 ist so gewählt, dass er zeitlich mit Programm-Updates von ___________ 294) Gegenstand der ersten Auflage (2013). 295) Gegenstand der zweiten Auflage (2016).

175

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

DATEV harmoniert, um die Einführung für Anwender zu erleichtern. […] Für die Fragen und Anregungen von Praktikern wird zudem ab dem 1. Februar 2021 ein Internet-Forum eingerichtet, das vom Fachausschuss betreut werden wird. 528 Aufgrund allgemeiner Sortierkriterien wird statt der Bezeichnung SKR 012021 allerdings die Bezeichnung SKR 2021-01 bevorzugt. Ungeachtet dessen wurden im März 2021 noch kleinere Änderungen vorgenommen, die nicht zu einer neuen Versionsbezeichnung führten. 2. Vorschlag für eine gesetzliche oder berufsrechtliche Verankerung 529 Aus vorgenannten Gründen ist die Frage nach der Verbindlichkeit des Kontenrahmens unbefriedigend geregelt, da nur (mehr oder weniger befolgte) Selbstverpflichtungen auf Verbandsebene vorliegen. In Anlehnung an §§ 342 f. HGB (Privates Rechnungslegungsgremium) könnte über eine entsprechende Regelung nachgedacht werden, die wie folgt lauten könnte: § 66a InsO (Privates Rechnungslegungsgremium) (1) Das Bundesministerium der Justiz kann eine privatrechtlich organisierte Einrichtung durch Vertrag anerkennen und ihr folgende Aufgaben übertragen: 1.

Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die insolvenzrechtliche Rechnungslegung einschließlich verbindlicher Gestaltung eines einheitlichen Kontenrahmens für die Abwicklung von Insolvenzverfahren,

2.

Beratung des Bundesministeriums der Justiz bei Gesetzgebungsvorhaben zu insolvenzrechtlichen Vorschriften mit Bezug zur Rechnungslegung und

3.

Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in internationalen Standardisierungsgremien.

(2) 1Es darf jedoch nur eine solche Einrichtung anerkannt werden, die aufgrund ihrer Satzung gewährleistet, dass die Empfehlungen und Interpretationen unabhängig und in einem Verfahren entwickelt und beschlossen werden, das die fachlich interessierte Öffentlichkeit einbezieht. 2Ferner darf nur eine solche Einrichtung anerkannt werden, die sich mindestens aus folgenden Mitgliedern zusammensetzt:

176

1.

fünf seit mindestens drei Jahren regelmäßig in Regelinsolvenzverfahren bestellten Insolvenzverwaltern,

2.

je einem Richter und Rechtspfleger, der seit mindestens drei Jahren überwiegend mit Sachen nach der Insolvenzordnung befasst ist,

3.

einem Vertreter der wirtschaftsprüfenden Berufe mit nachgewiesenen Kenntnissen im Insolvenzrecht,

4.

einem seit mindestens drei Jahren regelmäßig von den Insolvenzgerichten bestellten Schlussrechnungsprüfer,

5.

einem Vertreter der Gläubigerinteressen und

6.

einem Vertreter der Wissenschaft.

II. SKR-InsO: Grundkonzept 3 Bei abweichender Zusammensetzung muss die Gewichtung der Interessengruppen nach Satz 2 gewahrt bleiben.

(3) Die Beachtung der die insolvenzrechtliche Rechnungslegung betreffenden Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wird vermutet, soweit vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bekanntgemachte Empfehlungen einer nach Absatz 1 anerkannten Einrichtung beachtet worden sind.

Vor dem Hintergrund, dass einerseits die insolvenzrechtliche Buchführung 530 in ihrer Komplexität inzwischen die handelsrechtliche Buchführung übertrifft, und andererseits der Gesetzgeber auch für die deutlich weniger komplexe Zwangsverwaltung schon Vorgaben für die Rechnungslegung gemacht hat (§ 15 ZwVwV), scheint eine solche Regelung jedenfalls nicht abwegig zu sein. Der bereits bestehende Fachausschuss würde alle genannten Anforderungen erfüllen, sodass die Kodifizierung ohne signifikanten Aufwand des Gesetzgebers lediglich der Herbeiführung einer Allgemeinverbindlichkeit des SKR-InsO dienen würde. Ersatzweise könnte eine vergleichbare Regelung in eine Berufsordnung implementiert werden. Denn auch dort könnte eine verpflichtende Anwendung eines einheitlichen Kontenrahmens nur geregelt werden, wenn auch das verantwortliche Gremium seine Existenz aus der Berufsordnung herleiten kann (Ermächtigungsgrundlage). II. SKR-InsO: Grundkonzept Die Entwicklungsstufen und Kernaussagen des Standardisierten Konten- 531 rahmens für die interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters lauten: 1. Schritt: Heranziehung von SKR 04 bzw. SKR 03, und damit handelsrechtlicher Kontenpläne mit vierstelligen Konten als Grundlage. 2. Schritt: Einfügung von (insolvenzspezifischen) Konten für Sachverhalte, die es in der handelsrechtlichen Buchführung nicht gibt (Anfechtung, Privatvermögen etc.). 3. Schritt: Duplizierung einiger Einnahme-Konten, um mit Absonderungsrechten behaftete Zahlungseingänge in der Buchführung separat darstellen zu können (Kontenzusatz „besichert“). Anlage entsprechender Ausgabe-Konten zur Darstellung der Auskehrungen an die Absonderungsgläubiger. Gleichzeitig Anlage einiger Einnahme-Konten zur Darstellung der Kostenbeiträge. 4. Schritt: Ausweitung der Konten um eine fünfte Stelle als standardisierte Zuweisung der Geschäftsvorfälle zu zeitlichen Abschnitten (vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung, in vorläufiger Verwaltung, im eröffneten Verfahren bzw. nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet) und zur Abgrenzung zwischen Abwicklung und Fortführung. 5. Schritt: Ausweitung der Kontonummern um eine sechste Stelle, die grundsätzlich zur freien Verfügbarkeit der Anwender steht, soweit nicht in Einzelfällen auch diese Stelle durch Standardisierung belegt ist.

177

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

532 Der erste Schritt ist unproblematisch, da jedem handelsrechtlich geschulten Buchhalter die gängigen DATEV-Kontenrahmen SKR 04 und SKR 03 bekannt sein sollten. Ein Vorteil besteht auch darin, nun leichter einen Bezug zur handelsrechtlichen Buchführung herstellen zu können. Diese vierstelligen Konten werden als Hauptkonten bezeichnet. 533 Für den zweiten Schritt muss auf der Einnahmenseite vergegenwärtigt werden, welche Gegenstände dem Massebeschlag unterfallen. Bei natürlichen Personen werden auch Einnahmen aus der Verwertung von Privatvermögen erzielt, für die es keine handelsrechtliche Erfassung gibt. Auch anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche (§§ 129 ff. InsO) sind zweifellos insolvenzspezifisch. Rechtlich zweifelhaft könnte sein, ob die zahlreichen Ansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer immer insolvenzspezifisch sind. Sie sind es im Grunde meist nicht, da sie im Gesellschaftsrecht angelegt sind und auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden könnten. Da handelsrechtlich jedoch eine Buchung als sonstiger Ertrag erfolgen würde, besteht das Insolvenzspezifikum allein darin, das Vorgehen gegen Gesellschafter und Geschäftsführer auch in der Buchführung besonders hervorzuheben. Dadurch entsteht insgesamt ein Zusammenhang mit der Gliederung des Masseverzeichnisses (ĺ Rz. 111 ff.). 534 Wiederum zweifelsohne insolvenzspezifisch auf der Ausgabenseite sind z. B. Verfahrenskosten (§ 54 InsO). Auskehrungen im Zusammenhang mit der Schlussverteilung sind nicht wirklich insolvenzspezifisch, da es sich handelsrechtlich um Auszahlungen an Kreditoren handelt. Auch hier besteht das Insolvenzspezifikum allein darin, die Befriedigung der Gläubiger aus der Rolle eines Gesamtvollstreckungsverwalters heraus im insolvenzspezifischen Kontenplan darzustellen. 535 Die Notwendigkeit einer separaten Darstellung von Einnahmen aus der Verwertung von Vermögensgegenständen, die einem Absonderungsrecht unterliegen, ergibt sich im dritten Schritt (im Wesentlichen) aus dem Insolvenzvergütungsrecht (ĺ Rz. 339 ff.) und der stets berechtigten Forderung nach Transparenz der Buchführung. Gleichzeitig müssen Ausgabe-Konten angelegt werden, um die Auskehrungen an die Absonderungsgläubiger darstellen zu können. Da jedoch die Kostenbeiträge in der Masse verbleiben, mussten entsprechende Einnahme-Konten für diese Kostenbeiträge angelegt werden. Insoweit ergeben sich auch positive Effekte für die Verfahrensabwicklung bzw. die Berichterstattung, da nun jederzeit erkennbar ist, ob die Absonderungsrechte (soweit sie zu Zahlungsflüssen geführt haben) abschließend bearbeitet wurden. Der bei den Einnahme-Konten verwendete Zusatz „besichert“ ist sprachlich freilich etwas missglückt, da natürlich nicht die Einnahme besichert ist; dies tut dem Gesamtverständnis jedoch keinen Abbruch. Was allerdings fehlt, sind Konten für die Verwaltung von Aus- und Absonderungsgut, soweit über bloße Nutzungen hinausgehend.

178

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten)

Im vierten Schritt werden zwei Abgrenzungen vorgenommen. Die Abgren- 536 zung zwischen Abwicklung und Fortführung ergibt sich wiederum aus dem Insolvenzvergütungsrecht (ĺ Rz. 323 ff.), aber auch aus der notwendigen Information der Adressaten der Rechnungslegung. Die Abgrenzung zwischen verschiedenen Verfahrensabschnitten ergibt sich sowohl aus der Insolvenzordnung als auch aus dem Insolvenzvergütungsrecht (ĺ Rz. 443 ff.). Diese Abgrenzungen anhand der fünften Stelle des jeweiligen Kontos stellen z. T. eine große Herausforderung für die Praxis dar und sind nicht selten Beanstandungspunkte bei Rechnungsprüfungen. Letztlich können im fünften Schritt spezielle Konten für den jeweiligen Einzel- 537 fall angelegt werden, ohne dass das vierstellige Hauptkonto verändert werden müsste. So kann z. B. bei Mieteinnahmen anhand der sechsten Stelle der Kontobezeichnung eine Zuordnung zu einzelnen Mietobjekten erfolgen. Nur in wenigen Fällen ist auch diese sechste Stelle standardisiert vorgegeben (u. a. Ausgaben im Zusammenhang mit Dienstleistern, Darstellung der Kostenbeiträge, Abgrenzung der Schlussverteilung nach Insolvenzstatistikgesetz – InsStatG). Im Grunde wurde durch die Entwicklung von Strukturziffern also eine Art 538 Kostenrechnung eingeführt. Da diese in einer handelsrechtlichen Buchführung nicht (ohne weitere Ausdrucke neben Bilanz und GuV) sichtbar ist, konnte dieses Instrument jedoch nicht unverändert übernommen werden, obgleich es auch von Insolvenzverwaltern, die professionelle Software zum Einsatz bringen, schon früher „im Hintergrund“ oder durch selbst entwickelte Kontenpläne angewendet wurde. Die in die EDV eingespielten Fassungen des SKR-InsO enthalten – je nach 539 Softwareanbieter – weitere Konten, die jedoch lediglich der handelsrechtlichen Verbuchung dienen. Bei jedem Buchungssatz kann – in einigen Software-Produkten – ein insolvenzrechtliches Einnahme- oder Ausgabe-Konto (EA-Konto) und ein handelsrechtliches Konto angesprochen werden. Dies kann einerseits das Einspielen einer im Unternehmen geführten handelsrechtlichen Buchführung in die Verwalterbuchführung erleichtern (DatenImport), umgekehrt kann in nicht allzu großen Verfahren auch die handelsrechtliche Buchführung aus der Verwalterbuchführung abgeleitet werden (Daten-Export). III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) – Übersicht und Synopse SKR 03-InsO und SKR 04-InsO 1. Vorbemerkung Nachfolgend wird der Standardisierte Kontenrahmen in seiner ab dem 540 1.2.2021 geltenden Fassung dargestellt, und zwar sowohl als SKR 03-InsO (erste Spalte) als auch als SKR 04-InsO (zweite Spalte). Die verwendeten Schreibweisen und Abkürzungen in den Kontobezeichnungen entsprechen ganz überwiegend der verabschiedeten Fassung des SKR-InsO. Grundsätzlich besteht das Hauptkonto aus den ersten vier Stellen des Sachkontos. So179

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

weit im Einzelfall die Strukturziffer (fünfte und sechste Stelle) über deren eigentliche Funktion (Abgrenzung Verfahrensabschnitte und Abgrenzung Abwicklung/Betriebsfortführung) hinaus einen besonderen Sachverhalt beschreibt, wird dies in nachfolgende Übersicht ebenfalls aufgenommen. In den Fußnoten finden sich kursorische Hinweise zu Erläuterungen oder Problemfeldern. Die Darstellung unterscheidet zwischen den Einnahmen (ĺ Rz. 541 ff.) und den Ausgaben (ĺ Rz. 544 ff.). 2. Einnahme-Konten 541 Grundsätzlich ist die nachfolgende Übersicht nummerisch (Reihenfolge nach SKR 04) sortiert; nur in Einzelfällen wird aufgrund des Sachzusammenhangs eine abweichende Reihenfolge verwendet. SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukturKontobezeichnung ziffer

1545

3821

xx

Vorsteuererstattungen

E

8000

4000

xx

Ungeklärte Einnahmen

E

8005

4005

xx

Kassenbestands- und Guthabenübernahme

E E

8006

4006

xx

Kassenbestands- und Guthabenübernahme besichert

8010

4010

xx

Schuldnereinkommen

E

8011

4011

xx

Schuldnereinkommen besichert

E

8012

4012

00296)

Schuldnereinkommen § 295 Abs. 2 InsO analog nach Freigabe Geschäftsbetrieb bis WVP297)

E

8036

4036

00298)

Schuldnereinkommen pfändbar299)

E E E

8034

4034

00

Schuldnereinkommen § 295 Abs. 2 InsO Wohlverhaltensphase300)

8035

4035

00

Sonstige Einnahmen (RSB)

___________ 296) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da zumindest zwischen vor/nach Anzeige Masseunzulänglichkeit unterschieden werden können muss. 297) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Gemeint ist § 295 Abs. 2 InsO a. F. bzw. seit dem 31.12.2020 § 295a InsO. 298) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 01, 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 299) Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. Gemeint sind Ansprüche aus der Wohlverhaltensphase. 300) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Gemeint ist § 295 Abs. 2 InsO a. F. bzw. seit dem 31.12.2020 § 295a InsO.

180

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukturKontobezeichnung ziffer

8020

4020

00301)

Einnahmen aus Lebens- und Direktversicherung

E

8021

4021

00302)

Einnahmen aus Lebens- und Direktversicherung besichert

E

8030

4030

xx

Sonstige Einnahmen

E

8031

4031

xx

Sonstige Einnahmen besichert

E

8032

4032

xx

Einnahmen verauslagte Kosten Nachfolgefirma303)

E

304)

8033

4033

xx

Einnahmen Nachfolgefirma

E

8037

4037

00305)

Einnahmen aus ungerechtfertigter Bereicherung

E

8040

4040

xx

Kostenerstattung Rechtsverfolgung

E

8049

4050

00

Einnahmen aus Anfechtung

E

8051

4051

00306)

Einnahmen aus Darlehensrückzahlungsansprüchen Gesellschafter

E

8052

4052

00307)

Einnahmen aus Darlehensrückzahlungsansprüchen sonstige

E

8053

4053

00308)

Einnahmen aus Gesellschaftskapital und Kapitalerhaltung

E

8054

4054

00309)

Einnahmen aus Haftungsansprüchen Gesellschafter

E

___________ 301) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 01, 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 302) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 01, 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 303) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 304) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 305) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 306) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 01, 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 307) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da die Strukturziffern 01, 10, 30 und 40 in Betracht kommen. 308) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft. 309) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft.

181

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukturKontobezeichnung ziffer

8055

4055

00310)

Einnahmen aus Haftungsansprüchen Geschäftsführer

E

8056

4056

00311)

Einnahmen aus sonstigen gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen

E

8057

4057

00

Einnahmen aus sonstigen insolvenzspezifischen Ansprüchen

E

8058

4058

00312)

Einnahmen aus deliktischen Ansprüchen

E

542 Der nachfolgende Block verdient besondere Aufmerksamkeit. Da Kostenbeiträge für verschiedene Bilanzpositionen getrennt ausgewiesen werden sollen, wurden derart viele vierstellige Hauptkonten „verbraucht“, dass die Unterscheidung der vielfältig möglichen Kostenbeiträge (auch) über die sechste Stelle vorgenommen wird. Die fünfte Stelle, die zwischen den Verfahrensabschnitten einerseits sowie zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung andererseits unterscheidet, muss ergänzend berücksichtigt werden (nachfolgend mit „x“ als Platzhalter gekennzeichnet): SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukKontobezeichnung turziffer

8060

4060

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

8060

4060

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

8060

4060

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen – Verwertung durch Gläubiger

E

8061

4061

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8061

4061

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8061

4061

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung – Verwertung durch Gläubiger

E

___________ 310) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft. 311) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft. 312) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist zweifelhaft, da hier alle Strukturziffern in Betracht kommen können.

182

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukKontobezeichnung turziffer

8062

4062

01313)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen, vor A. vorl. V

E

8062

4062

02314)

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Forderungen, vor A. vorl. V

E

8062

4062

04315)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen, vor A. vorl. V – Verwertung durch Gläubiger

E

8062

4062

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen

E

8062

4062

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Forderungen

E

8062

4062

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen – Verwertung durch Gläubiger

E

8063

4063

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Vorräte

E

8063

4063

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Vorräte

E

8063

4063

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Vorräte – Verwertung durch Gläubiger

E

8064

4064

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO sonstiges Vermögen

E

8064

4064

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO sonstiges Vermögen

E

8064

4064

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO sonstiges Vermögen – Verwertung durch Gläubiger

E

___________ 313) Das Sachkonto mit dieser Strukturziffer sollte zum 1.2.2021 abgeschafft werden, da es missverständlich war. Es kommt nicht darauf an, wann die zedierten Forderungen begründet worden waren, sondern darauf, wann der Kostenbeitrag entsteht; das kann nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung der Fall sein. Möglicherweise ist das Konto jedoch weiterhin in den EDV-Fassungen enthalten. 314) Das Sachkonto mit dieser Strukturziffer sollte zum 1.2.2021 abgeschafft werden, da es missverständlich war. Es kommt nicht darauf an, wann die zedierten Forderungen begründet worden waren, sondern darauf, wann der Kostenbeitrag entsteht; das kann nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung der Fall sein. Möglicherweise ist das Konto jedoch weiterhin in den EDV-Fassungen enthalten. 315) Das Sachkonto mit dieser Strukturziffer sollte zum 1.2.2021 abgeschafft werden, da es missverständlich war. Es kommt nicht darauf an, wann die zedierten Forderungen begründet worden waren, sondern darauf, wann der Kostenbeitrag entsteht; das kann nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung der Fall sein. Möglicherweise ist das Konto jedoch weiterhin in den EDV-Fassungen enthalten.

183

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukKontobezeichnung turziffer

8065

4065

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark316)

E

8065

4065

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark317)

E

8065

4065

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark – Verwertung durch Gläubiger318)

E

8066

4066

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)319)

E

8066

4066

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)320)

E

8066

4066

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen) – Verwertung durch Gläubiger321)

E

8070

4070

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstige immaterielle Vermögenswerte322)

E

8070

4070

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstige immaterielle Vermögenswerte323)

E

8071

4071

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Grundvermögen324)

E

8071

4071

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Grundvermögen325)

E

8072

4072

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Technische Anlagen und Maschinen326)

E

8072

4072

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Technische Anlagen und Maschinen327)

E

8073

4073

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Betriebs- und Geschäftsausstattung328)

E

___________ 316) 317) 318) 319) 320) 321) 322) 323) 324) 325) 326) 327) 328)

184

Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021.

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukKontobezeichnung turziffer

8073

4073

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Betriebs- und Geschäftsausstattung329)

E

8074

4074

01330)

Kostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Forderungen, vor A. vorl. V

E

8074

4074

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Forderungen331)

E

8074

4074

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Forderungen332)

E

8075

4075

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Vorräte333)

E

8075

4075

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Vorräte334)

E

8076

4076

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Wertpapiere335)

E

8076

4076

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Wertpapiere336)

E

8077

4077

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstiges Vermögen337)

E

8077

4077

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstiges Vermögen338)

E

8080

4080

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

8081

4081

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Betriebsund Geschäftsausstattung

E

___________ 329) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 330) Das Sachkonto mit dieser Strukturziffer wurde zum 1.2.2021 abgeschafft, da es missverständlich war. Es kommt nicht darauf an, wann die zedierten Forderungen begründet worden waren, sondern darauf, wann der Kostenbeitrag entsteht; das kann nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung der Fall sein. 331) Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. 332) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 333) Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. 334) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 335) Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. 336) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 337) Sachkontenbezeichnung geändert zum 1.2.2021. 338) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

185

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

StrukKontobezeichnung turziffer

8082

4082

01339)

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Forderungen, vor A. vorl. V

8082

4082

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Forderungen E

8083

4083

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Vorräte

E E

E

8084

4084

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO sonstiges Vermögen340)

8085

4085

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark341)

E

8086

4086

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Grundvermögen342)

E

543 Die folgenden Konten folgen wieder dem allgemeinen Schema: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 8090

4090

00343)

Massekostenvorschuss Dritter

E

8091

4091

00344)

Vorschüsse345) Dritter InsO-Plan

E

8200

4200

xx

Forderungseinzug aus LuL – 19 % USt

E

8201

4201

xx

Forderungseinzug aus LuL – 19 % USt besichert

E

8210

4210

xx

Forderungseinzug aus LuL – 7 % USt

E

8211

4211

xx

Forderungseinzug aus LuL – 7 % USt besichert

E

8220

4220

xx

Forderungseinzug aus LuL – EU

E E

8221

4221

xx

Forderungseinzug aus LuL – EU besichert

8230

4230

xx

Forderungseinzug aus LuL – Drittland

E

8231

4231

xx

Forderungseinzug aus LuL – Drittland besichert

E E

8240

4240

xx

Forderungseinzug aus LuL – § 13b UStG

8241

4241

xx

Forderungseinzug aus LuL – § 13b UStG besichert E

8250

4250

xx

Forderungseinzug aus LuL – andere Steuersätze

E

xx

Forderungseinzug aus LuL – andere Steuersätze besichert

E

8251

4251

___________ 339) Das Sachkonto mit dieser Strukturziffer wurde zum 1.2.2021 abgeschafft, da es missverständlich war. Es kommt nicht darauf an, wann die zedierten Forderungen begründet worden waren, sondern darauf, wann der Kostenbeitrag entsteht; das kann nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung der Fall sein. 340) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 341) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 342) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 343) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. 344) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. 345) Gemeint sind nicht Vorschüsse, sondern Zuschüsse.

186

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 8260

4260

xx

Forderungseinzug aus LuL – steuerfrei

E E

E

8261

4261

xx

Forderungseinzug aus LuL – steuerfrei besichert

8281

4281

xx

Mieteinnahmen – steuerfrei

8282

4282

xx

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

E

8283

4283

xx

Mieteinnahmen – steuerpflichtig

E

8284

4284

xx

Mieteinnahmen – steuerpflichtig besichert

E

8285

4285

xx

Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)

E

8290

4290

xx

Forderungen aus LuL – 19 % USt diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8291

4291

xx

Forderungen aus LuL – 7 % USt diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8292

4292

xx

Forderungen aus LuL – EU diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8293

4293

xx

Forderungen aus LuL – Drittland diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8294

4294

xx

Forderungen aus LuL – § 13b UStG diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8295

4295

xx

Forderungen aus LuL – andere Steuersätze diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8296

4296

xx

Forderungen aus LuL – steuerfrei diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

2521

4831

xx

Erstattung Versicherungsprämien

E

8871

4871

xx

Verwertung Geschäfts- und Firmenwert

E

8872

4872

xx

Verwertung sonstige immaterielle Vermögenswerte

E

8873

4873

xx

Verwertung Grundvermögen

E

8874

4874

xx

Verwertung Technische Anlagen und Maschinen

E

8875

4875

xx

Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8876

4876

xx

Verwertung Finanzanlagen

E

8877

4877

xx

Verwertung Vorräte

E

8878

4878

xx

Verwertung Wertpapiere

E

8879

4879

xx

Verwertung sonstiges Umlaufvermögen

E

187

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 8880

4880

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark346)

E

8881

4881

xx

Verwertung Geschäfts- und Firmenwert besichert

E

8882

4882

xx

Verwertung sonstige immaterielle Vermögenswerte besichert

E

8883

4883

xx

Verwertung Grundvermögen besichert

E E

8884

4884

xx

Verwertung Technische Anlagen und Maschinen besichert

8885

4885

xx

Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung besichert

E

8886

4886

xx

Verwertung Finanzanlagen besichert

E

8887

4887

xx

Verwertung Vorräte besichert

E

8888

4888

xx

Verwertung Wertpapiere besichert

E

8889

4889

xx

Verwertung sonstiges Umlaufvermögen besichert

E

8890

4890

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark besichert347)

E

8891

4891

xx

Verwertung Grundvermögen (Privatvermögen)348)

E

8892

4892

xx

Verwertung bewegliches Vermögen (Privatvermögen)349)

E

8893

4893

xx

Verwertung sonstiges Vermögen (Privatvermögen)350)

E

8894

4894

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)351)

E

8895

4895

xx

Verwertung Grundvermögen besichert (Privatvermögen)

E

___________ 346) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 347) Sachkonto unter Verwendung des zuvor anders definierten Kontos (siehe nun 8891/4891) zum 1.2.2021 neu eingeführt. 348) Sachkonto umgegliedert zum 1.2.2021 (zuvor 8890/4890). 349) Sachkonto umgegliedert zum 1.2.2021 (zuvor 8891/4891). 350) Sachkonto umgegliedert zum 1.2.2021 (zuvor 8892/4892). 351) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

188

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 8896

4896

xx

Verwertung bewegliches Vermögen besichert (Privatvermögen)

E

8897

4897

xx

Verwertung sonstiges Vermögen besichert (Privatvermögen)

E

8898

4898

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark besichert (Privatvermögen)352)

E

2744

4980

xx

Einnahmen aus Investitionszulage

E

2650

7100

x0

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

E E

2650

7100

31

Sonstige Verzugszinsen – Anfechtung nach IE (Abwicklung)353)

2200

7600

xx

Einnahmen aus Körperschaftsteuererstattung

E

2208

7608

xx

Einnahmen aus Solidaritätszuschlagerstattung

E

4320

7610

xx

Einnahmen aus Gewerbesteuererstattung

E

2213

7631

xx

Einnahmen aus Kapitalertragsteuererstattung

E

4340

7650

xx

Einnahmen aus Sonstige Steuererstattung

E

2202

7660

xx

Einnahmen aus Einkommensteuererstattungen

E

4510

7685

xx

Einnahmen aus Kfz-Steuererstattung

E

3. Ausgabe-Konten Grundsätzlich ist die nachfolgende Übersicht nummerisch (Reihenfolge nach 544 SKR 04) sortiert; nur in Einzelfällen wird aufgrund des Sachzusammenhangs eine abweichende Reihenfolge verwendet. SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

1780

3822

xx

Umsatzsteuerzahlungen

3200

5200

xx

Wareneingang – 19 % USt

A

3220

5220

xx

Wareneingang – 7 % USt

A

A

3240

5240

xx

Wareneingang – EU (7 % VorSt/7 % USt)

A

3241

5241

xx

Wareneingang – EU (19 % VorSt/19 % USt)

A

3242

5242

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/7 % USt)

A

3243

5243

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/19 % USt)

A

___________ 352) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 353) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

189

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

3244

5244

xx

Wareneingang – EU (sonstige VorSt/sonstige USt)

3245

5245

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/sonstige USt) A

3260

5260

xx

Wareneingang – Drittland

3280

5280

xx

Wareneingang – sonstige Steuern

A

3800

5800

xx

Eingangsfrachten

A

3850

5840

xx

Zölle und Einfuhrabgaben

A

4100

6000

xx

Löhne und Gehälter

A

4101

6001

xx

Löhne und Gehälter – angestellte Zeitmanager

A

4102

6002

xx

Lohn-/Kirchensteuer

A

4130

6110

xx

Gesetzliche Sozialaufwendungen

A

A A

4105

6005

xx

Kosten der Insolvenzgeldvorfinanzierung

A

4106

6006

xx

Differenzlöhne und Gehälter354)

A

4106

6006

01

Differenzlöhne und Gehälter vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)355)

A

4107

6007

xx

Differenzlöhne Bundesanstalt für Arbeit356)

A

4107

6007

01

Differenzlöhne Bundesanstalt für Arbeit vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)357)

A

4108

6008

358)

xx

Differenzlöhne Lohnsteuer

A A A

4108

6008

01

Differenzlöhne Lohnsteuer vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)359)

4109

6009

xx

Differenzlöhne gesetzliche Sozialaufwendungen360)

4109

6009

01

Differenzlöhne gesetzliche Sozialaufwendungen A vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)361)

4138

6120

xx

Beiträge zur Berufsgenossenschaft

4900

6300

xx

Sonstige betriebliche Aufwendungen

A

4901

6301

xx

Sonstige Gebühren

A

4903

6303

xx

Fremdleistungen und Fremdarbeiten

A

4200

6305

xx

Raumkosten

A

___________ 354) 355) 356) 357) 358) 359) 360) 361)

190

Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

A

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten)

Der nachfolgende Block verdient besondere Aufmerksamkeit. Da „Insol- 545 venzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten“ nach einzelnen Tätigkeiten aufgegliedert werden sollen, hätte es dem System entsprochen, weitere (vierstellige) Hauptkonten anzulegen. Stattdessen wurde nur ein Hauptkonto angelegt, die weitere Unterscheidung erfolgt aus Platzgründen über die sechste Stelle des Kontos. Die fünfte Stelle, die zwischen den Verfahrensabschnitten einerseits sowie zwischen Abwicklung/Betriebsfortführung andererseits unterscheidet, muss ergänzend berücksichtigt werden (nachfolgend mit „x“ als Platzhalter gekennzeichnet): SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

Kontobezeichnung

4781

6306

x0

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – sonstige

A

4781

6306

x1

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – Inventarisierung

A

4781

6306

x2

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – Verwertung

A

4781

6306

x3

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – Zeitmanagement

A

4781

6306

x4

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – M&A und sonstige Unternehmensberatung

A

4781

6306

x5

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten – Akteneinlagerung

A

Die folgenden Konten folgen wieder dem allgemeinen Schema:

546

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4782

6307

xx

Kosten Transfergesellschaften362)

A

4210

6310

xx

Miete und Pacht

A

4240

6325

xx

Gas, Strom, Wasser

A

4250

6330

xx

Reinigung

A

4290

6350

xx

Grundstücksaufwendungen

A

4291

6360

xx

Weiterleitung an Nachfolgefirma363)

4292

6361

xx

A 364)

Verauslagte Kosten für die Nachfolgefirma

A

___________ 362) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 363) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 364) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

191

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4360

6400

xx

Versicherungen – allgemein

A

4361

6401

xx

Haftpflichtversicherung Gläubigerausschuss (§ 54 Nr. 2 InsO, § 18 Abs. 1 InsVV)365)

A

4362

6402

xx

Haftpflichtversicherung Insolvenzverwalter/ A Sachwalter (§ 54 Nr. 2 InsO, § 4 Abs. 3 InsVV)366)

4380

6420

xx

Beiträge

A

4390

6430

xx

Sonstige Abgaben

A

4801

6450

xx

Reparatur/Instandhaltung von Bauten

A A

4800

6460

xx

Reparatur/Instandhaltung von Anlagen u. Maschinen

4805

6470

xx

Reparatur/Instandhaltung von anderen Anlagen u. BGA

A

4809

6490

xx

Reparatur/Instandhaltung Sonstige

A

4806

6495

xx

Wartungskosten für Hard- und Software

A

4812

6497

xx

Anschaffung Anlagevermögen

A

4810

6498

xx

Mietleasing

A

4811

6499

xx

Mietkauf

A

4500

6500

xx

Fahrzeugkosten

A

4600

6600

xx

Werbekosten

A

4660

6650

xx

Reisekosten

A

4700

6700

xx

Kosten Warenabgabe

A

4730

6740

xx

Ausgangsfrachten

A

4910

6800

xx

Porto

A

4920

6805

xx

Telekommunikationskosten

A

4930

6815

xx

Bürobedarf

A

547 Der nachfolgende Block verdient besondere Aufmerksamkeit. Die sechste Stelle enthält ein zusätzliches Merkmal, das in engem Zusammenhang mit oft streitigen Fragen des Vergütungsrechts steht. Die fünfte Stelle, die zwischen ___________ 365) Sachkonto umbenannt zum 1.2.2021. 366) Sachkonto umbenannt zum 1.2.2021.

192

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten)

den Verfahrensabschnitten einerseits sowie zwischen Abwicklung/Betriebsfortführung andererseits unterscheidet, muss ergänzend berücksichtigt werden (nachfolgend mit „x“ als Platzhalter gekennzeichnet): SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4950

6825

x0

Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben) A

4950

6825

x1

Eigene Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben)

4950

6825

x2

Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben) A (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung)

4950

6825

x3

Rechts- und Beratungskosten aus Prozessführung

A

4950

6825

x4

Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben)

A A

A

4950

6825

x5

Eigene Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben)

4950

6825

x6

Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben) (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung)

A

4951

6826

xx

Nebenkosten der Rechtsverfolgung367)

A A

4958

6828

xx

Sonstige Aufwendungen i. Z. m. Prozessführung – Gegenseite368)

4966

6840

xx

Gerichtskosten der Masse369)

A

4957

6827

x0

Abschluss- und Prüfungskosten

A

4957

6827

x1

Eigene Abschluss- und Prüfungskosten

A

4957

6827

x2

Abschluss- und Prüfungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung)

A

4955

6830

x0

Buchführungskosten

A

4955

6830

x1

Eigene Buchführungskosten

A A

4955

6830

x2

Buchführungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung)

4956

6832

x0

Lohnbuchführungskosten

A

4956

6832

x1

Eigene Lohnbuchführungskosten

A

4956

6832

x2

Lohnbuchführungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung)

A

___________ 367) Sachkonto umbenannt zum 1.2.2021. 368) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 369) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021.

193

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

548 Die folgenden Konten folgen wieder dem allgemeinen Schema: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 4980

6850

xx

Sonstiger Betriebsbedarf

A A A

4981

6851

00370)

Ausgaben für Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 324 InsO

4970

6855

xx

Nebenkosten des Geldverkehr

4969

6859

xx

Aufwand Abraum-/Abfallbeseitigung

A

2150

6880

xx

Aufwendungen aus Kursdifferenzen

A

2321

6901

xx

Ausgaben ungerechtfertigte Bereicherung371)

A

2100

7300

xx

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

A

2001

7501

00

Gerichtskosten § 54 Nr. 1 InsO

A

2002

7502

00

Auslagen beauftragter Zustellung

A

00

Vergütung Sachverständiger (im vorl. V nach JVEG)

A

2003

7503

2004

7504

00

Vergütung vorl. Insolvenzverwalter

A

2005

7505

00

Vergütung Insolvenzverwalter

A

2006

7506

00

Treuhändervergütung § 292 InsO

A

InsO372)

2007

7507

00

Treuhändervergütung § 313

2008

7508

00

Vergütung Sachwalter

A

A

2009

7509

00

Vergütung Gläubigerausschuss

A

2010

7510

00

Vergütung Kassen- und Schlussrechnungsprüfer

A

2011

7511

00

Vergütung vorl. Sachwalter

A

2015

7515

00

Ausgaben Insolvenzverbindlichkeiten

A

2020

7520

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m.373) immateriellen Vermögenswerten

A

2021

7521

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

A

2022

7522

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

A

___________ 370) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist schon wegen der Möglichkeit einer Masseunzulänglichkeit nicht ausreichend. 371) Sachkonto eingeführt zum 1.2.2021. 372) Sachkonto abgeschafft zum 1.2.2021. 373) Die Abkürzung steht für „im Zusammenhang mit“.

194

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 2023

7523

2024

7524

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Betriebsund Geschäftsausstattung

A

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Vorräte

A A

2025

7525

01374)

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Altforderungen

2025

7525

10375)

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL (vorl. V)

A

2025

7525

30376)

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL nach IE

A

2026

7526

00377)

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

A

2030

7530

00378)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. immaterielA len Vermögenswerten

2031

7531

00379)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

A

2032

7532

00380)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

A

2033

7533

00381)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Betriebsund Geschäftsausstattung

A

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Vorräte

A

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Altforderungen

A

2034 2035

7534 7535

00

382)

01383)

___________ 374) Diese Strukturziffer ist problematisch, da es nicht darauf ankommt, wann die Forderung begründet worden war, sondern darauf, wann der Auskehrungsanspruch entstanden ist; das kann erst nach dem Forderungseinzug der Fall sein, also frühestens nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung. 375) Diese Strukturziffer ist aus vorgenannten Gründen ebenfalls missverständlich. 376) Diese Strukturziffer ist aus vorgenannten Gründen ebenfalls missverständlich. 377) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. 378) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen. 379) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen. 380) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen. 381) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen. 382) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen. 383) Die Strukturziffer ist nicht eindeutig. Wenn die Forderung aus LuL vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründet worden war, könnte die Abfindung dennoch fortführungsbedingt sein (Strukturziffer 20/50/60). Es kommt auf den Zeitpunkt und den Grund der Abfindung an und nicht darauf, wann die Forderung aus Lieferung und Leistung begründet worden war.

195

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 2035

7535

10384)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL (vorl. V)

A

2035

7535

30385)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL nach IE

A

2036

7536

00386)

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

A

2040

7540

xx

Unterhalt

A

2060

7560

00

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – allgemein

A

2060

7560

01

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

2060

7560

02

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Finanzämter (InsStatG)

A

2060

7560

03

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

2061

7561

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I. E. – allgemein

A

2061

7561

01

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I. E. – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

2061

7561

02

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I. E. – Finanzämter (InsStatG)

A

2061

7561

03

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I. E. – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

2062

7562

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Kosten nach I. E. – allgemein

A

2062

7562

01

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Kosten nach I. E. – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

___________ 384) Die Strukturziffer ist nicht eindeutig. Wenn die Forderung aus LuL während der vorläufigen Verwaltung begründet worden war, könnte auch die Abfindung fortführungsbedingt sein (Strukturziffer 20). Bei einer Abfindung nach Verfahrenseröffnung könnten auch die Strukturziffern 30, 40, 50 und 60 einschlägig sein, hier kommt es auf den Sachverhalt an. 385) Die Strukturziffer ist nicht eindeutig. Je nach Sachverhalt kommen auch andere Strukturziffern in Betracht. 386) Bei diesem Sachkonto ist keine Auswahl von Strukturziffern vorgesehen. Dies ist problematisch, da hier die Strukturziffern 10, 20, 30, 40, 50 und 60 in Betracht kommen.

196

III. SKR-InsO (2021-01): die ersten vier Stellen (Hauptkonten) SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 2062

7562

02

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Kosten nach I. E. – Finanzämter (InsStatG)

A

2062

7562

03

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Kosten nach I. E. – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

2063

7563

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO – Geldstrafen, Geldbußen usw.

A

2064

7564

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO – Unentgeltliche Leistungen

A

2065

7565

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – Kapitalersetzende Darlehen

A

2066

7566

00

Ausschüttung § 39 Abs. 2 InsO – Vereinbarter Nachrang

A

2070

7570

00

Vorrang § 264 InsO

A

2075

7575

00

Sozialplanansprüche § 123 InsO

A

2080

7580

00

Überschussherausgabe gemäß § 199 InsO

A

2085

7585

00

Motivationsrabatt gemäß § 292 I Satz 4 InsO387)

A

2201

7601

xx

Ausgaben Körperschaftsteuer

A

2209

7609

xx

Ausgaben Solidaritätszuschlag

A

4321

7611

xx

Ausgaben Gewerbesteuer

A

2215

7630

xx

Ausgaben Zinsabschlagsteuer

A

2218

7638

xx

Ausgaben Solidaritätszuschl. auf Zinsabschlagst.

A

4341

7651

xx

Ausgaben Sonstige Steuern

A

2205

7661

xx

Ausgaben Einkommensteuer

A

2375

7680

xx

Ausgaben Grundsteuer

A

4511

7686

xx

Ausgaben Kfz-Steuern

A

4. Geld- und Interimskonten Der SKR-InsO enthält keine Vorgaben zu Geld- und Interimskonten. Hier 549 wird in den EDV-Fassungen auf die handelsrechtlichen SKR abgestellt, ggf. müssen Konten manuell angelegt werden: SKR 03

Geldkonto

SKR 04

1000

Kasse

1600

1010

Nebenkasse 1

1610

1020

Nebenkasse 2

1620

1200

Bank

1800

___________ 387) Sachkonto abgeschafft zum 1.2.2021.

197

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03

Geldkonto

SKR 04

1210

Bank 1

1810

1220

Bank 2

1820

1230

Bank 3

1830

1240

Bank 4

1840

1250

Bank 5

1850

1590

durchlaufende Posten

1370

1360

Geldtransit

1460

1361 ff.

Interimskonten Kartenzahlungen u. a.388)

1460 ff.

1792

Verrechnungskonto

3630

1592

Fremdgeld

1374

550 Zur Erläuterung sei auf die allgemeinen Ausführungen in Kap. F. XI. verwiesen. IV. SKR-InsO (2021-01): Strukturziffern (fünfte und sechste Stelle) – Erläuterung 1. Übersicht Strukturziffern 551 Die fünfte und sechste Stelle des Kontos wird Strukturziffer genannt. Die fünfte Stelle ist hierbei wie folgt definiert: Fünfte Stelle des Kontos xxxx 00

Einzelhauptkonto

xxxx 01

"vor A. vorl. V“ = vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründete Geschäftsvorfälle

xxxx 1x

„vorl. V (Abwicklung)“ = während der vorläufigen Verwaltung begründete Geschäftsvorfälle (Abwicklung i. S. d. Vergütungsrechts)

xxxx 2x

„vorl. V (Betriebsfortführung)“ = während der vorläufigen Verwaltung begründete Geschäftsvorfälle (Betriebsfortführung i. S. d. Vergütungsrechts)

xxxx 3x

„nach IE (Abwicklung)“ = nach Insolvenzeröffnung begründete Geschäftsvorfälle (Abwicklung i. S. d. Vergütungsrechts)

xxxx 5x

„nach IE (Betriebsfortführung)“ = nach Insolvenzeröffnung begründete Geschäftsvorfälle (Betriebsfortführung i. S. d. Vergütungsrechts)

xxxx 4x

„nach IE (Abwicklung § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO)“ = nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründete Geschäftsvorfälle (Abwicklung i. S. d. Vergütungsrechts)

___________ 388) In handelsrechtlichen Kontenplänen nicht gesondert ausgewiesen, sondern i. d. R. über Geldtransit abgewickelt. Die Insolvenzbuchführung verlangt jedoch nach einer größeren Detailtiefe, da Forderungen gegen Kartenbetreiber und ähnliche Dienstleister auch nicht immer automatisch realisiert werden, zudem es hier z. T. einen größeren zeitlichen Versatz gibt.

198

IV. SKR-InsO (2021-01): Strukturziffern (fünfte und sechste Stelle) – Erläuterung Fünfte Stelle des Kontos xxxx 6x

„nach IE (Betriebsfortführung § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO)“ = nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründete Geschäftsvorfälle (Betriebsfortführung i. S. d. Vergütungsrechts)

xxxx 7x

§ 55 II InsO389)

xxxx 8x

Eigenverwaltung/Sachwaltung390)

Bei der zeitlichen Zuordnung kommt es nicht darauf an, wann der Zahlungs- 552 fluss erfolgte, sondern wann der Geschäftsvorfall begründet wurde bzw. entstanden ist. Ferner ist konsequent zwischen abwicklungs- und fortführungsbedingten Geschäftsvorfällen zu unterscheiden, was im Einzelfall schwierig und streitig sein kann. Nachfolgend werden die einzelnen Strukturziffern näher betrachtet. 2. Strukturziffer 00 (bei Unbeachtlichkeit jeglicher Unterscheidungen) Die Strukturziffer 00 kann immer verwendet werden, wenn es auf eine zeit- 553 liche Zuordnung oder auf eine Abgrenzung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung nicht ankommen kann. Dies betrifft z. B. die Verfahrenskosten (§ 54 InsO), die immer zur Abwicklung gehören und immer absoluten Vorrang haben (§§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Sofern im EDV-Kontenplan auch für andere Geschäftsvorfälle nur die 00 vorgesehen ist, muss dies nicht zwingend richtig sein, gelegentlich kommen auch andere Strukturziffern in Betracht, dann sind Sachkonten manuell anzulegen. 3. Strukturziffer 01 (vor vorläufiger Verwaltung begründet) Die Strukturziffer 01 soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die vor 554 Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründet worden waren. Hier lässt sich eine erste Kritik bereits erkennen, da die Abgrenzung system- 555 widrig durch die sechste Stelle des Kontos erfolgt und nicht – wie es dem System entsprechen sollte – durch die fünfte Stelle. Dies scheint jedoch für die praktische Handhabung des SKR-InsO wenig hinderlich zu sein. Eine weitere Kritik ergab sich in der bis Ende 2013 geltenden Fassung des 556 SKR-InsO aus der zeitlichen Bezugnahme auf die Stellung des Insolvenzantrags. Tatsächlich gemeint war aber auch früher schon die Bezugnahme auf die Anordnung der vorläufigen Verwaltung. Denn zwischen Stellung des Insolvenzantrags (maßgeblich ist das Eingangsdatum bei Gericht) und Anordnung der vorläufigen Verwaltung können durchaus einige Tage vergehen, in denen aber noch vom Schuldner Geschäftsvorfälle begründet werden; diese gehören dann noch unter die Strukturziffer 01. Bereits seit der Fassung SKRInsO (2014-01) ist dies nun klargestellt. ___________ 389) Strukturziffer abgeschafft zum 1.2.2021. 390) Strukturziffer abgeschafft zum 1.2.2021.

199

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

557 Allerdings ist die Strukturziffer 01 anders zu interpretieren, wenn es ohne vorläufige Verwaltung zur Insolvenzeröffnung kommt, was bei natürlichen Personen oft der Fall ist. Denn dann kommen die nachfolgend erläuterten Strukturziffern für die vorläufige Verwaltung nicht zur Anwendung, sodass die Strukturziffer 01 alle Geschäftsvorfälle erfasst, die vor Insolvenzeröffnung begründet wurden. 4. Strukturziffern 1x und 2x (in vorläufiger (Eigen-)Verwaltung begründet) 558 Die Strukturziffer 1x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die in der vorläufigen Verwaltung begründet wurden und die Abwicklung betreffen. Die Strukturziffer 2x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die in der vorläufigen Verwaltung begründet wurden und die Betriebsfortführung betreffen. Der Unterschied zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung folgt aus dem Vergütungsrecht. 559 Bereits mit den Änderungen im SKR-InsO (2014-01) wurde präzisiert, dass nicht das Antragsverfahren insgesamt erfasst wird, sondern der Zeitraum der vorläufigen Verwaltung. Geschäftsvorfälle, die zwischen Eingang des Insolvenzantrags beim Insolvenzgericht und Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründet wurden, fallen unter die Definition der Strukturziffer 01. 560 Ferner musste für den SKR-InsO (2014-01) präzisiert werden, dass grundsätzlich nur die sog. „schwache“ vorläufige Verwaltung gemeint war, da für die „starke“ vorläufige Verwaltung die Strukturziffer 7x vorgesehen war. Mit der Fassung des SKR-InsO (2021-01) wurde jedoch die Strukturziffer 7x abgeschafft, sodass die Strukturziffern 1x und 2x nunmehr auch die „starke“ vorläufige Verwaltung betreffen. Hintergrund der Änderung ist die zutreffende Ansicht, dass die Zahlungsberechtigung bei Ausgaben nicht zusätzlicher Parameter bei der Gestaltung des Kontenrahmens sein soll. 561 Mit der Fassung des SKR-InsO (2021-01) wurde ferner die Strukturziffer 8x abgeschafft, sodass die Strukturziffern 1x und 2x nunmehr auch die vorläufige Eigenverwaltung betreffen. 562 Hinsichtlich der Definition von Abwicklung und Betriebsfortführung kann auf die Ausführungen zu den Sachkonten verwiesen werden. In der vorläufigen (Eigen-) Verwaltung gelten dieselben Grundsätze.391) 5. Strukturziffern 3x und 5x (nach Insolvenzeröffnung begründet) 563 Die Strukturziffer 3x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und – sofern erfolgt – Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden und die Abwicklung betreffen. Die ___________ 391) BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – IX ZB 160/06, ZIP 2007, 1330 („starker“ vorläufiger Verwalter); BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – IX ZB 47/10, ZInsO 2011, 1519 („schwacher“ vorläufiger Verwalter); BGH, Beschl. v. 27.9.2012 – IX ZB 243/11, ZInsO 2013, 840 („schwacher“ vorläufiger Verwalter).

200

IV. SKR-InsO (2021-01): Strukturziffern (fünfte und sechste Stelle) – Erläuterung

Strukturziffer 5x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und – sofern erfolgt – Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden und die Betriebsfortführung betreffen. Im Grunde greifen die Strukturziffern 3x und 5x also zunächst für alle ab In- 564 solvenzeröffnung begründeten Geschäftsvorfälle. Hinsichtlich der Definition von Abwicklung und Betriebsfortführung kann auf die Ausführungen zu den Sachkonten verwiesen werden. Nur wenn nach § 208 InsO (drohende) Masseunzulänglichkeit angezeigt wird, erfolgt eine (weitere) zeitliche Zäsur: 6. Strukturziffern 4x und 6x (nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet) Die Strukturziffer 4x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die nach 565 Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden und die Abwicklung betreffen. Die Strukturziffer 6x soll verwendet werden bei Geschäftsvorfällen, die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden und die Betriebsfortführung betreffen. Die Anzeige der bloß drohenden Masseunzulänglichkeit steht der Anzeige der bereits eingetretenen Masseunzulänglichkeit gleich. Hintergrund der gesonderten Darstellung ist das Erfordernis aus § 211 Abs. 2 InsO, für den Zeitraum nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gesondert Rechnung zu legen. Wie bei jeder insolvenzrechtlichen Abgrenzung kommt es nicht auf die Zahlungsflüsse an, sondern auf den Zeitpunkt der Begründung der Forderung oder Verbindlichkeit. Soweit der SKRInsO bei den entsprechenden Sachkonten auf § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO verweist, ist dies natürlich nur für die Ausgaben zutreffend, da die Norm keine Auswirkungen auf Einnahmen hat. Für die Ermöglichung der gesonderten Rechnungslegung ist jedoch auch bei den Einnahmen entsprechend zu unterscheiden. In der Praxis wird eine gesonderte Rechnungslegung jedoch nicht immer eingefordert. Was unter Masseunzulänglichkeit zu verstehen ist und was ihre Folgen sind, 566 wird in Rz. 1246 ff. dargestellt. Grundsätzlich gelten für die Abgrenzung von Alt- zu Neu-Masseverbindlichkeiten dieselben Kriterien wie bei der Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten zu Insolvenzforderungen, d. h. es kommt immer auf den Zeitpunkt der Begründung einer Verbindlichkeit an. Hinsichtlich der Definition von Abwicklung und Betriebsfortführung kann auf die Ausführungen zu den Sachkonten verwiesen werden. Kommt es nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu der Situation, dass 567 auch die Neu-Masseverbindlichkeiten nicht mehr vollständig bedient werden können, tritt erneute Masseunzulänglichkeit ein (ĺ Rz. 1259 ff.). Dies hat jedoch an dieser Stelle keine Auswirkungen, d. h. an der Auswahl der Strukturziffern ändert sich nichts. Sofern die Masseunzulänglichkeit beseitigt werden konnte, ist dies dem In- 568 solvenzgericht ebenfalls anzuzeigen. Dies wäre eine weitere zeitliche Zäsur. Für Geschäftsvorfälle, die nach Eingang der Anzeige der Beseitigung der 201

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

Masseunzulänglichkeit bei Gericht begründet wurden, können dann wieder die Strukturziffern 3x und 5x verwendet werden. Für diejenigen Geschäftsvorfälle, die noch in der Phase der Masseunzulänglichkeit begründet worden waren, sind jedoch bei Zahlungsfluss erst nach Beseitigung der Masseunzulänglichkeit immer noch die Strukturziffern 4x und 6x einschlägig. 569 Nun kann es durchaus vorkommen, dass (einige Zeit) nach der Anzeige der Beseitigung der Masseunzulänglichkeit wiederholte Masseunzulänglichkeit eintritt. Diese ist nach § 208 InsO dem Gericht anzeigen, und es treten die entsprechenden Folgen der §§ 208 ff. InsO ein. Nun sind wieder die Strukturziffern 4x und 6x einschlägig. Bei den Auswertungen ist dann allerdings Vorsicht geboten, denn auf den mit den Strukturziffern 4x und 6x verwendeten Konten finden sich dann Geschäftsvorfälle aus der ersten und der zweiten Masseunzulänglichkeit. 570 Eine eher akademische Frage stellt sich in Stundungsverfahren. Denn so lange die Verfahrenskosten (§ 54 InsO) nicht durch den liquiden Massebestand gedeckt sind, dürfen sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) nicht beglichen werden.392) Daher könnte sich die Frage stellen, ob in Stundungsverfahren ab Insolvenzeröffnung grundsätzlich nur die Strukturziffern 4x und 6x in Betracht kommen. Dies ist jedoch zu verneinen, da ansonsten (nicht anzuzeigende) Massearmut und (nach § 208 InsO anzuzeigende) Masseunzulänglichkeit unlösbar miteinander verquickt würden. Auch wäre eine tatsächlich notwendige Anzeige der Masseunzulänglichkeit (beispielsweise wegen Verbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO) nicht sinnvoll buchhalterisch darstellbar. 7. Zusammenfassende Übersicht 571 Sofern nicht die Strukturziffer 00 ausreichend ist, sind die Strukturziffern den Sachverhalten anhand des Zeitpunkts der Begründung einer Forderung oder Verbindlichkeit wie folgt zugewiesen (Abb. 40): vor Anordnung vorläufige Verwaltung

in vorläufiger Verwaltung

im eröffneten Verfahren bis Anzeige Masseunzulänglichkeit

ab Anzeige Masseunzulänglichkeit

Abwicklung

01

1x

3x

4x

Betriebsfortführung

entfällt

2x

5x

6x

(Abb. 40)

___________ 392) BGH, Beschl. v. 14.10.2010 – IX ZB 224/08, ZInsO 2010, 2188.

202

IV. SKR-InsO (2021-01): Strukturziffern (fünfte und sechste Stelle) – Erläuterung

Wünschenswert wäre gewesen, die Strukturziffern 4x und 5x zu tauschen, da 572 dann an der fünften Stelle des Kontos die geraden Ziffern 2, 4 und 6 immer für die Betriebsfortführung gestanden hätten und die ungeraden Ziffern 1, 3 und 5 für die Abwicklung. 8. Strukturziffer 7x (keine Belegung, zuvor: Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO) Die Strukturziffer 7x sollte bis zum SKR-InsO (2014-01) verwendet werden 573 bei Geschäftsvorfällen, die im Insolvenzeröffnungsverfahren begründet wurden und dem § 55 Abs. 2 InsO unterfielen. Dies war jedoch problematisch. Während der vorläufigen Verwaltung existiert der Begriff der Masseverbindlichkeiten noch nicht. Als Rangvorschrift betrifft § 55 Abs. 2 InsO lediglich die Frage, ob offene Verbindlichkeiten aus der vorläufigen Verwaltung (entstanden als Insolvenzforderungen) nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten zu behandeln sind und beglichen werden dürfen. Die Frage der Zahlungsberechtigung ist jedoch keine Frage der buchhalterischen Darstellung. Ferner ist auch hinsichtlich der während einer vorläufigen Verwaltung begründeten Forderungen oder Verbindlichkeiten zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung zu differenzieren, was bei Vorhandensein von nur einer Strukturziffer ersichtlich nicht möglich ist. Letztlich war fraglich, ob auch die analoge Anwendung von § 55 Abs. 2 InsO zur Anwendung der Strukturziffer 7x führen soll, also z. B. bei der Verwendung von Einzelermächtigungen; keine Regelung bestand für das sog. Treuhandkontenmodell. Auch eine Verwendung der Strukturziffer für Verbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO war unklar. Wegen der Einzelheiten kann auf die Vorauflage verwiesen werden. Im SKR-InsO (2021-01) ist die Strukturziffer 7x aus vorgenannten Gründen 574 nicht mehr belegt, d. h. sie steht für anderweitige Differenzierungen zur freien Verfügung. 9. Strukturziffer 8x (keine Belegung, zuvor: Eigenverwaltung) Die Strukturziffer 8x sollte im SKR-InsO (2014-01) verwendet werden bei 575 Geschäftsvorfällen, die während der Eigenverwaltung begründet wurden. Dies war jedoch problematisch. Schon war nicht ersichtlich, ob die Abgrenzung von Antragsverfahren und eröffnetem Verfahren ebenso gleichgültig hätte sein sollen wie die Berücksichtigung einer angezeigten Masseunzulänglichkeit. Abgesehen von diesen zeitlichen Zuordnungen hätte auch eine Abgrenzung von Abwicklung und Betriebsfortführung ermöglicht werden müssen. Ferner wurde übersehen, dass der Schuldner in Eigenverwaltung selbst zur Rechnungslegung verpflichtet ist, d. h. das Ersetzen aller Strukturziffern durch nur eine einzige Strukturziffer war weitgehend sinnfrei. Einzige Bedeutung konnte die Strukturziffer 8x nur erlangen, wenn die Eigenverwaltung aufgehoben und ein Insolvenzverwalter bestellt wurde; dieser hätte dann diejenigen Geschäftsvorfälle, die noch unter der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners begründet worden waren, aus optischen Gründen separat erfassen können. Allerdings hätte allein dies die Notwen203

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

digkeit der zeitlichen und vergütungsrechtlichen Abgrenzungen nicht obsolet gemacht. Wegen der Einzelheiten kann auf die Vorauflage verwiesen werden. 576 Im SKR-InsO (2021-01) ist die Strukturziffer 8x aus vorgenannten Gründen nicht mehr belegt, d. h. sie steht für anderweitige Differenzierungen zur freien Verfügung. 10. Strukturziffer 9x (keine Belegung) 577 Die Strukturziffer 9x ist auch weiterhin nicht belegt und steht im Grunde zur freien Verfügung. Sofern diese Strukturziffer im Einzelfall verwendet werden soll, ist – wie bei Anlage zusätzlicher Konten generell – darauf zu achten, dass die einzelnen Sachkonten den entsprechenden Auswertungspositionen in der Summen- und Saldenliste zugewiesen werden. 11. Keine Regelung für Sondermassen 578 Der Standardisierte Kontenrahmen befasst sich nicht damit, dass ggf. Sondermassen zu bilden sind, die jedoch in der Verwalterbuchführung darzustellen sind (ĺ Rz. 388 ff.). Hier wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die derzeit freien Strukturziffern 7x, 8x oder 9x verwendet werden können; eine notwendige Ergänzung wäre dann die Anlage zusätzlicher Gliederungsüberschriften in den Auswertungen. 12. Keine Regelung für Verwaltung von Absonderungsgut 579 Der Standardisierte Kontenrahmen enthält zwar sehr viele Einnahme-Konten und Ausgabe-Konten für die Verwertung von Absonderungsgut nebst Auskehrung der Erlöse an den Absonderungsgläubiger, jedoch keine Sachkonten für die Verwaltung von Absonderungsgut. Eine solche kann in Betracht kommen z. B. bei einer „kalten“ Zwangsverwaltung. Hintergrund mag sein, dass bei Einführung der InsO die Überlegungen für einen gesetzlichen Kostenbeitrag für die Verwaltung von Absonderungsgut verworfen wurden. Hier wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die derzeit freien Strukturziffern 7x, 8x oder 9x verwendet werden können; eine notwendige Ergänzung wäre dann die Anlage zusätzlicher Gliederungsüberschriften in den Auswertungen. 13. Auswirkungen auf die Summen- und Saldenlisten 580 An der Gliederung einer Summen- und Saldenliste ändert sich durch die Verwendung von Strukturziffern im Grundsatz nichts (Abb. 41); Konten mit der Strukturziffer 00 sind ggf. individuell zuzuordnen: € A. Einnahmen/Ausgaben I. Einnahmen 1. Abwicklung a) vor Anordnung vorläufiger Verwaltung (Strukturziffer 01) (Abb. 41)

204

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen € b) vorläufige Verwaltung (Strukturziffer 1x) c) nach Insolvenzeröffnung (Strukturziffer 3x) d) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit (Strukturziffer 4x) 2. Fortführung a) vorläufige Verwaltung (Strukturziffer 2x) b) nach Insolvenzeröffnung (Strukturziffer 5x) c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit (Strukturziffer 6x) 3. Drittrechte (Konten mit dem Zusatz „besichert“ sowie für Kostenbeiträge) 4. Sondermassen (im Einzelfall zu bestimmen) II. Ausgaben 1. Abwicklung a) vorläufige Verwaltung (Strukturziffer 1x) b) nach Insolvenzeröffnung (Strukturziffer 3x) c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit (Strukturziffer 4x) 2. Fortführung a) vorläufige Verwaltung (Strukturziffer 2x) b) nach Insolvenzeröffnung (Strukturziffer 5x) c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit (Strukturziffer 6x) 3. Drittrechte (speziell hierfür eingerichtete Konten) 4. Sondermassen (im Einzelfall zu bestimmen) III. Einnahmen-Ausgaben-Überschuss B. Geld- und Interimskonten I. Masse II. Sondermassen III. Summe (Abb. 41) Fortsetzung

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen 1. Vorbemerkung Nachfolgend wird der Standardisierte Kontenplan in der Fassung 2021-01 581 dargestellt und erläutert. Die Erläuterungen orientieren sich im Grundsatz an der Reihenfolge innerhalb des SKR 04-InsO, betreffen im Wesentlichen die Hauptkonten und beruhen auf eigenen Erwägungen. Der Standardisierte Kontenplan SKR-InsO enthält weniger Konten als die in 582 die einschlägigen Software-Programme eingespielte Fassung des SKR-InsO. Dies liegt darin begründet, dass der EDV-SKR-InsO auch handelsrechtliche Konten vorhält. Bei jedem Buchungssatz kann in einschlägigen Softwareprodukten ein insolvenzrechtliches Einnahme- oder Ausgabe-Konto und ein han-

205

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

delsrechtliches Konto angesprochen werden. Damit soll es ermöglicht werden, einerseits die handelsrechtliche Buchführung vorzubereiten und andererseits das handelsrechtlich übliche System von Personenkonten (Debitoren und Kreditoren) zu nutzen. Die nachfolgenden Erläuterungen beschränken sich jedoch auf die insolvenzrechtlichen Einnahme- bzw. Ausgabe-Konten des SKR-InsO. 2. 3821 – 3822 (Abführung Umsatzsteuer/Erstattung Vorsteuer) 583

SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 1545

3821

xx

Vorsteuererstattungen

E

1780

3822

xx

Umsatzsteuerzahlungen

A

584 Der DATEV-SKR 04 sieht für Umsatzsteuervorauszahlungen das handelsrechtliche Konto 3820 vor. Da es sich handelsrechtlich um einen durchlaufenden Posten handelt, wird das Konto auch bei entsprechenden (Vorsteuer-)Erstattungen angesprochen. Insolvenz(vergütungs)rechtlich handelt es sich jedoch nicht um durchlaufende Posten,393) sodass zwischen Einnahmen und Ausgaben zu differenzieren ist. Daher wurden für den SKR 04-InsO die beiden Hauptkonten 3821 (Einnahme) und 3822 (Ausgabe) angelegt. Was Einnahmen und Ausgaben sind, scheint selbstverständlich. Allerdings muss auch eine vergütungsrechtliche Betrachtung erfolgen. Wurden z. B. Zahlungen aus der Masse geleistet und kommt es (aufgrund einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung oder einer Jahreserklärung) zu einer Erstattung, handelt es sich vergütungsrechtlich nicht um eine Einnahme, sondern um eine negative Ausgabe. 585 Zweifelsohne ist bei der Auswahl der Strukturziffer eine Abgrenzung zwischen den verschiedenen Zeiträumen vorzunehmen. Hier gelten die allgemeinen Regeln, d. h. es kommt auf den Zeitpunkt der Begründung der Zahllast oder des Steuererstattungsanspruchs an, wobei Begründung von Umsatzsteuer zu definieren ist als Entstehung von Umsatzsteuer (§ 38 AO). Eine besondere Erwähnung verdienen insoweit die Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO. Diese Verbindlichkeiten entstehen in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung oder (für die ab dem 1.1.2021 beantragten Verfahren) in der vorläufigen Eigenverwaltung, § 55 Abs. 4 InsO ist lediglich eine Rangvorschrift. Es ist mithin eine Strukturziffer für die vorläufige Verwaltung zu wählen. Selbiges gilt für Steuern aus der „starken“ vorläufigen Verwaltung wegen § 55 Abs. 2 InsO. 586 Innerhalb des eröffneten Verfahrens ist weiter zu differenzieren zwischen den Phasen vor und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Für Steuerverbindlichkeiten, die vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit „begründet“ ___________ 393) Vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.2010 – IX ZB 224/08, ZInsO 2010, 2188. Zu neueren Entwicklungen Zimmer, InsbürO 2021, 229.

206

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

wurden, besteht nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ein Vollstreckungsverbot gemäß §§ 210 InsO, 251 Abs. 2 Satz 1 AO. Gravierender ist jedoch, dass analog § 210 InsO auch ein Aufrechnungsverbot besteht. Alt-Masseverbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO können nicht mit Steuererstattungsansprüchen aus der Zeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit aufgerechnet werden.394) Da dies dennoch gelegentlich von Finanzämtern versucht wird, obliegt – je nach Kanzleiorganisation – der Buchhaltung eine entsprechende Überwachung. Ob auch zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung zu differenzieren 587 ist, scheint erläuterungsbedürftig. Wegen der Zwangssaldierung innerhalb eines jeden Veranlagungszeitraums gemäß § 16 Abs. 2 UStG, die im Übrigen nicht in anfechtbarer Weise gegen ein Aufrechnungsverbot verstößt,395) können im Grundsatz nicht die in die Voranmeldung eingeflossenen Vorsteuerbeträge als Einnahme, und die in die Voranmeldung eingeflossenen Umsatzsteuerbeträge als Ausgabe gebucht werden. Eine Differenzierung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung beruht jedoch auf der Definition der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage, für die nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV gilt, dass (nur) fortführungsbedingte Ausgaben die Berechnungsgrundlage mindern. Folglich ist eine Aufteilung einer Zahllast oder eines Erstattungsanspruchs in abwicklungs- und fortführungsbedingt im Grunde zwingend. Jedenfalls fortführungsbedingte Umsatzsteuer als Zahllast müsste entsprechend erfasst werden.396) Der Verzicht auf eine Aufteilung könnte also nur dazu führen, dass die ge- 588 samte Steuerzahllast als fortführungsbedingt erfasst werden müsste. Seit der sog. zweifachen Umsatzsteuerberichtigung ist der abwicklungsbedingte Steueranteil aus dem Alt-Forderungseinzug jedoch deutlich gestiegen, sodass sich eine Aufteilung im Einzelfall lohnt. Beispiel: Angenommen sei, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung eine Zahllast in Höhe von € 10 000 ausweist: Abwicklung Umsatzsteuerbeträge Vorsteuerbeträge Teilsummen Sachkonto (SKR 04-InsO)

Fortführung

5 000,00

19 000,00

./. 12 000,00

./. 2 000,00

./. 7 000,00

17 000,00

3821.30

3822.50

___________ 394) BFH, Urt. v. 4.3.2008 – VII R 10/06, ZIP 2008, 506. 395) BFH, Urt. v. 24.11.2011 – V R 13/11, ZIP 2011, 2481; BFH, Urt. v. 25.7.2012 – VII R 30/11, BFH/NV 2013, 603. 396) BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – IX ZB 5/13, ZIP 2015, 230 (Einkommensteuer); BGH, Beschl. v. 7.10.2021 – IX ZB 42/20, ZRI 2022, 40 (Umsatzsteuer).

207

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

589 In diesem Fall ist ein Voranmeldungssaldo folglich in eine abwicklungsbedingte Einnahme und eine fortführungsbedingte Ausgabe zu zerlegen. 590 Die handelsrechtlichen Kontenpläne enthalten noch weitere Hauptkonten für Umsatzsteuersachverhalte, die nicht in den SKR-InsO übernommen wurden. Wird z. B. eine Sondervorauszahlung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 UStDV geleistet, damit eine Fristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bewilligt wird, ist für die Buchung der Zahlung handelsrechtlich das Konto 3830 vorgesehen (SKR 04). Im SKR-InsO fehlt dieses Konto. Für die insolvenzrechtliche Einnahmen-Ausgaben-Rechnung soll insoweit 3822 xx (SKR 04InsO) angesprochen werden, gleichzeitig wird für die handelsrechtliche Buchführung Konto 3830 (SKR 04) angesprochen. Ergänzend sollte der Buchungstext entsprechend formuliert werden, damit die Information nicht verlorengeht. Denn die Sondervorauszahlung ist bei der Voranmeldung für den Dezember (bzw. IV. Quartal) in Abzug zu bringen (§ 48 Abs. 4 UStDV). Eine vorinsolvenzlich geleistete Sondervorauszahlung mindert auch dann lediglich die Insolvenzforderungen (§ 38 InsO), wenn der letzte Voranmeldungszeitraum des Jahres in eine vorläufige Verwaltung fällt.397) 591 Zahlungen auf Umsatzsteuer Vorjahr (handelsrechtliches Konto 3841 SKR 04) bzw. Umsatzsteuer frühere Jahre (handelsrechtliches Konto 3845 SKR 04) sind insolvenzrechtlich gleichgültig, d. h. die handelsrechtliche Kontierung weicht von der Kontierung für die Verwalterbuchführung ab. 592 Hervorzuheben ist noch das handelsrechtliche Konto 3837 SKR 04 (Umsatzsteuer nach § 13b UStG 19 %). War der Schuldner z. B. Gläubiger einer Forderung gegen einen Drittschuldner, die durch eine Sicherungsübereignung abgesichert wurde, so obliegt nun dem Insolvenzverwalter die Sicherheitenverwertung. Wenn sich der Drittschuldner nicht in einem Insolvenzverfahren befindet, kommt insoweit das sog. Reverse-Charge-Verfahren des § 13b UStG zur Anwendung. Der Insolvenzverwalter veräußert zwar das Sicherungsgut auf Rechnung des Drittschuldners, schuldet aber als Sicherungsnehmer nach § 13b UStG die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft. Handelsrechtlich wird bei Zahlung insoweit Konto 3837 (SKR 04) angesprochen, für die EinnahmenAusgaben-Rechnung jedoch nur das Konto 3822 xx (SKR 04-InsO). Dies ist unbefriedigend, wenn die Umsatzsteuervoranmeldung aus der EinnahmenAusgaben-Rechnung generiert werden soll, da die über § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer in ein separates Feld der Voranmeldung einzutragen ist. Im Zweifel sollte also ein separates Konto angelegt werden. 3. 4000 (Ungeklärte Einnahmen) 593

SKR 03 InsO 8000

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4000

xx

Ungeklärte Einnahmen

___________ 397) BFH, Beschl. v. 21.9.2021 – VII R 9/18, ZRI 2021, 1006.

208

E

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Der Ursprung des SKR-InsO liegt in einer reinen Einnahmen-Ausgaben- 594 Rechnung, die weder Geld- noch Interimskonten kennt. Daher war auf der Ebene der Sachkonten ein Konto für ungeklärte Geschäftsvorfälle anzulegen. Es dürfte jedoch eindeutig sein, dass solche Vorgänge auf der Ebene der Interimskonten als durchlaufende Posten erfasst werden müssen. Lediglich wenn bei Erstellung der Schlussrechnung ersichtlich ist, dass es sich um eine immer noch ungeklärte Einnahme handelt, die weder zuzuordnen noch zu erstatten ist, könnte das hier angesprochene Einnahme-Konto eine Daseinsberechtigung haben. 4. 4005 – 4006 (Übernahme Bank- und Kassenguthaben) SKR 03 InsO 8005 8006

595

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4005 4006

xx

Kassenbestands- und Guthabenübernahme

E

xx

Kassenbestands- und Guthabenübernahme besichert

E

Mit Beginn der Rechnungslegungspflicht (i. d. R. Anordnung der vorläufigen 596 Verwaltung) sind die schuldnerischen Konten sowie die Kasse als Geldkonten grds. in der Buchführung anzulegen (ĺ Rz. 479 ff.). Die positiven Anfangsbestände per diesem Stichtag sind als Übernahme Bank- und Kassenguthaben zu erfassen. Weitere Geschäftsvorfälle sind gegen einschlägige Einnahme-Konten und Ausgabe-Konten zu buchen, anschließende Überträge zwischen den Geldkonten stellen lediglich Geldtransit dar. Von diesem Grundprinzip ausgenommen können sein solche Konten, bei 597 denen keine Geschäftsvorfälle mehr zu erwarten sind, z. B. Sparbücher oder umsatzlose Konten; diese müssen nicht als Geldkonten angelegt werden, hier kann bei Auflösung der Auflösungsbestand als Übernahme Bankguthaben erfasst werden (unter gesonderter Buchung von Zinsen und Kontoführungsgebühren). Selbiges gilt für die Auflösung von Bausparverträgen oder gelegentlichen Einzahlungen von einem P-Konto des Schuldners. Ob hier auch ein Drittrecht bestehen kann, muss anhand des Einzelfalls ge- 598 prüft werden. Zumindest bei Bankguthaben unterhalb von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank wird i. d. R. das AGB-Pfandrecht des Kreditinstituts greifen, sodass es regelmäßig zur Aufrechnung seitens der Bank kommt. Zwar begründet ein solches Pfandrecht keinen Aussonderungs-, sondern einen Absonderungsanspruch, gleichwohl stehen der Masse keine Kostenbeiträge gemäß §§ 170, 171 InsO zu, da der Insolvenzverwalter nicht zur Verwertung berechtigt ist. Zudem erlischt ein Girovertrag grundsätzlich mit Insolvenzeröffnung (§ 116 InsO),398) sodass von einem Erlöschen einer Forderung gegen die Bank durch Pfandverwertung in der juristischen Sekunde der Insolvenz___________ 398) BGH, Urt. v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17, ZVI 2019, 143.

209

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

eröffnung auszugehen ist, was zur Folge hat, dass das Bankguthaben keinen vom Insolvenzverwalter zu verwertenden Vermögensgegenstand mehr darstellt. Eine solche Aufrechnung muss buchhalterisch nicht abgebildet werden. Etwas anderes kann im Hinblick auf Verwertungsrecht und Kostenbeiträge gelten, wenn das Guthaben nicht der kontoführenden Bank, sondern einem Dritten verpfändet ist. Wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Anfangsbestand auf dem Sonderkonto des Insolvenzverwalters manuell eingebucht, können aufgrund des in der vorläufigen Verwaltung erfolgten Einzugs zedierter Forderungen (Ersatz-) Absonderungsrechte des Absonderungsgläubigers an diesem „Eröffnungsbestand“ bestehen; auch insoweit käme das Hauptkonto 4006 in Betracht, um das Absonderungsgut in der Buchführung identifizieren zu können. Ein Kassenguthaben unterliegt regelmäßig nicht dem Vermieterpfandrecht.399) 599 Die Strukturziffern dürften nur eingeschränkte Bedeutung haben, da ein Bank- oder Kassenguthaben immer nur einmal vorhanden ist, nämlich am Tag der Anordnung der vorläufigen Verwaltung oder am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (bzw. am Tag des Verwalterwechsels), und immer der Abwicklung zuzuordnen ist, sodass im Grundsatz nur die Strukturziffern 10 und 30 in Betracht kommen. Etwas anderes mag gelten, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ein Zahlungseingang von einem P-Konto des Schuldners erfolgt (Strukturziffer 40). 600 Aufgrund der Trennung der Verfahrensabschnitte sind vorläufige Verwaltung und eröffnetes Verfahren zu trennen. Die Übernahme der Eröffnungsbestände auf den Geldkonten per Stichtag Insolvenzeröffnung stellt für den Insolvenzverwalter vergütungsrechtlich eine Einnahme dar. Gleichwohl erfolgt in den meisten Software-Programmen keine Einbuchung des Anfangsbestandes, der mit einer Ausbuchung des Endbestandes in der vorläufigen Verwaltung einhergehen müsste. Hier werden die Eröffnungsbestände manuell (oder bei Nutzung eines Vergütungsmoduls dieser Software automatisch) der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters hinzugerechnet. 5. 4010 – 4012 (Schuldnereinkommen als Insolvenzmasse einschließlich Beträgen nach „Freigabe“ Geschäftsbetrieb) 601

SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

8010

4010

xx

Schuldnereinkommen

E

8011

4011

xx

Schuldnereinkommen besichert

E

8012

4012

00

Schuldnereinkommen § 295 Abs. 2 InsO analog nach Freigabe Geschäftsbetrieb bis WVP

E

Kontobezeichnung

___________ 399) OLG Braunschweig, Beschl. v. 27.11.1979 – 2 U 175/79, MDR 1980, 403.

210

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

a) Abhängig Beschäftigte und Lohnersatzleistungen Die Hauptkonten 4010 und 4011 (SKR 04-InsO) sind weitgehend unprob- 602 lematisch. Das schuldnerische Einkommen ist in Höhe des pfändbaren Anteils Insolvenzmasse i. S. d. Neuerwerbs (§ 35 Abs. 1 InsO). Hat der Schuldner Restschuldbefreiung beantragt, hat er zugleich die pfändbaren Anteile gemäß § 287 Abs. 2 InsO an den Treuhänder abgetreten. Im eröffneten Insolvenzverfahren dominiert jedoch der Massebegriff des § 35 InsO, sodass die Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO ihre eigentliche Wirkung nur zwischen Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Ablauf der Wohlverhaltensphase bzw. Abtretungsfrist entfaltet. Erfasst wird hier jedes Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, Lohnersatzleistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Krankengeld), Rentenbezügen etc., nicht aber Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen, Vermietung etc. In zeitlicher Hinsicht endet die Einschlägigkeit der Hauptkonten mit Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens. Alle danach begründeten Ansprüche sind bei Zahlungsfluss auf dem Hauptkonto für die Wohlverhaltensphase zu erfassen (4036). In den bis zum 30.6.2014 eröffneten Insolvenzverfahren ist eine vorinsol- 603 venzliche Gehaltsabtretung gemäß § 114 Abs. 1 InsO a. F. für die Dauer von zwei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen. Falls der Arbeitgeber dennoch Zahlungen an den Insolvenzverwalter leistet, ist eine Besicherung des Abtretungsgläubigers (Zessionar) zu berücksichtigen, sodass das Hauptkonto mit dem Zusatz „besichert“ einschlägig ist. Für die ab dem 1.7.2014 eröffneten Insolvenzverfahren (Art. 103h EGInsO) wurde § 114 InsO abgeschafft. Gleichwohl hat das Hauptkonto mit dem Zusatz „besichert“ auch über den 30.6.2014 hinaus einen Anwendungsbereich. Denn die hier diskutierten Hauptkonten erfassen nicht nur laufendes Einkommen, sondern auch vorinsolvenzliches (d. h. rückständiges) Einkommen, das z. B. wegen Zahlungsschwierigkeiten des Arbeitsgebers oder etwaigen Rechtsstreiten bis zur Insolvenzeröffnung noch nicht hatte realisiert werden können; für diese Ansprüche sind Abtretungen und Pfändungen weiterhin zu berücksichtigen. Ist das Insolvenzverfahren bis zum Ablauf der Wohlverhaltensphase bzw. 604 Abtretungsfrist noch nicht beendet worden oder wurde dem Schuldner nach § 300 Abs. 1 InsO vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt, entfällt der Massebeschlag für Neuerwerb (§ 300a Abs. 1 Satz 1 InsO). Ab Rechtskraft einer vorzeitigen Restschuldbefreiung bzw. ab Ablauf der Wohlverhaltensphase bzw. Abtretungsfrist hat der Insolvenzverwalter den Neuerwerb (z. B. pfändbares Einkommen) nur noch treuhänderisch zu verwalten und – Rechtskraft der Restschuldbefreiung unterstellt – später an den Schuldner herauszugeben (§ 300a Abs. 2 Satz 1 InsO). Es entsteht somit eine Sondermasse (ĺ Rz. 436), für die eine separate Rechnungslegung erforderlich ist (§ 300a Abs. 3 InsO). Dies alles gilt nicht nur in den ab dem 1.7.2014 eröffneten Verfahren, sondern

211

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

auch in Alt-Verfahren.400) Um dies buchhalterisch in die Praxis umzusetzen, sollten die entsprechenden Einnahmen aus (quasi nur vorübergehend) pfändbarem Einkommen nicht mehr auf dem Einnahme-Konto 4010 erfasst werden, sondern – da im SKR-InsO die Sondermassen übersehen wurden – unter dem Konto „Schuldnereinkommen besichert“ (Konto 4011); „Aussonderungsgläubiger“ ist dann der Schuldner selbst. Dem Insolvenzverwalter gebührt für diese Sondermasse eine eigenständige Vergütung (§ 300a Abs. 3 InsO), die sich allerdings ausschließlich gegen diese Sondermasse richtet. Der Saldo aus den Einnahmen, der Entnahme der Sondervergütung und der Auszahlung an den Schuldner muss daher null betragen. 605 Die Strukturziffern sind im Grunde unproblematisch, sodass nur wenige – aber praxisrelevante – Besonderheiten zu erwähnen sind. Da das Einkommen stets abwicklungsbedingt ist, ist ab Insolvenzeröffnung die Strukturziffer 30 einschlägig, für nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit fällig gewordenes Einkommen die Strukturziffer 40. 606 Die Strukturziffer 01 betrifft pfändbares Einkommen vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung. Wurde das Verfahren ohne vorläufige Verwaltung direkt eröffnet, erfasst diese Strukturziffer alle Ansprüche auf Einkommen, die vor Insolvenzeröffnung begründet worden waren. Sind derartige Einkommen rückständig, fällt der per Stichtag Insolvenzeröffnung offene Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber in Höhe des pfändbaren Anteils in die Insolvenzmasse. In der Verwalterbuchführung soll jedoch ersichtlich sein, wann eine Forderung des Schuldners gegen Dritte begründet wurde. Daher bietet sich aufgrund der Kontensystematik an, bei entsprechenden Nachzahlungen das entsprechende Konto mit der Strukturziffer 01 anzusprechen, wobei hinsichtlich des Hauptkontos zunächst geprüft werden muss, ob hier eine vorinsolvenzliche Gehaltsabtretung bzw. eine wirksame Gehaltspfändung vorliegt. 607 Insoweit ist auch die Strukturziffer 10 unproblematisch, die dann zu verwenden ist, wenn die Forderung gegen den Dritten in der vorläufigen Verwaltung begründet wurde, die Zahlung jedoch erst nach Insolvenzeröffnung erfolgte. Buchhalterisch ist diese Strukturziffer natürlich auch dann einschlägig, wenn es schon in der vorläufigen Verwaltung zu Zahlungen kommt; hier ist jedoch fraglich, ob der pfändbare Anteil im Antragsverfahren überhaupt für die Masse beansprucht werden kann. Dem ist nicht so, da der Massebegriff erst ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens greift. Allerdings ist die Gewährung von Stundung und Restschuldbefreiung gefährdet, wenn der Schuldner nach seinem Insolvenzantrag Vermögen verschwendet. Um dies zu umgehen, müsste der Schuldner eigentlich selbst den pfändbaren Einkommensanteil zurücklegen; die Herausgabe an den Verwalter nach Insolvenzeröffnung wäre dann Übernahme Bankguthaben. Es scheint für die Praxis jedoch einfacher, dem Schuldner bzw. dem Arbeitgeber (der sich eigentlich wehren müsste) zu suggerieren, er müs___________ 400) BGH, Beschl. v. 3.12.2009 – IX ZB 247/08, ZInsO 2010, 102; BGH, Beschl. v. 13.2.2014 – IX ZB 23/13, ZInsO 2014, 603.

212

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

se den pfändbaren Anteil schon im Antragsverfahren abführen. Dies ist insgesamt keine buchhalterische Frage und kann an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Problematisch ist die Strukturziffer 20, die schuldnerisches Einkommen aus 608 Betriebsfortführung in der vorläufigen Verwaltung erfassen soll. Hintergrund soll möglicherweise folgender sein: der Schuldner ist selbstständig und wird in der vorläufigen Verwaltung dahingehend überwacht, ob sich diese Selbstständigkeit finanziell lohnt. Entsteht ein Gewinn oberhalb der Pfändungsfreigrenze, soll der Schuldner diesen Betrag an die Masse abführen, zu buchen unter der Strukturziffer 20. Nach Insolvenzeröffnung stellt sich die Frage, ob genauso bis zu einer „Freigabe“ des Geschäftsbetriebs nach § 35 Abs. 2 InsO vorgegangen werden soll, sodass auch noch die Strukturziffern 50 und 60 Anwendung fänden. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach Insolvenzeröffnung (und in der vorläufigen Verwaltung auch wegen § 23 Abs. 1 Satz 3 InsO) sind alle fortführungsbedingten Forderungen vom Insolvenzverwalter einzuziehen, der dann – soweit Mittel vorhanden sind – auch die Verbindlichkeiten zu befriedigen hat.401) Auch im Hinblick auf § 55 Abs. 4 InsO dürfte diese Vorgehensweise bedenklich sein. Sie führt insgesamt zu mehr Verwirrung als Transparenz. Wenn eine Betriebsfortführung erfolgt, ist sie auch zu buchen; was der Schuldner behalten können soll, kann als Unterhalt bzw. Unternehmerlohn erfasst werden. Dies leitet zum nächsten Thema über. b) Zahlungen nach „Freigabe“ Geschäftsbetrieb (§§ 35 Abs. 2, 295a InsO) Der Insolvenzverwalter hat die Möglichkeit, den Geschäftsbetrieb des 609 Schuldners nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Masse „freizugeben“. Aufgrund des Verweises auf § 295a InsO hat der Schuldner die Insolvenzgläubiger bei einer solchen „Freigabe“ des Geschäftsbetriebs durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Schuldverhältnis eingegangen wäre. § 295a InsO ist zwar erst für die ab dem 31.12.2020 beantragten Insolvenzverfahren eingeführt worden, jedoch fand sich die Regelung zuvor bereits in § 295 Abs. 2 InsO (weswegen die Bezeichnung des Kontos 4012 auch noch auf § 295 Abs. 2 InsO verweist), sodass dieses Konstrukt im Ergebnis schon für die ab dem 1.7.2007 beantragten Insolvenzverfahren gilt. Für solche Zahlungen des Schuldners enthält der SKR-04 InsO seit dem 1.2.2021 das Hauptkonto 4012. In zeitlicher Hinsicht kommt es hier ausschließlich auf den Zahlungsfluss an, d. h. nach Aufhebung bzw. Einstellung des Verfahrens geleistete Zahlungen gehören auf das Hauptkonto 4034 für die Wohlverhaltensphase. Selbst wenn aber der Schuldner noch im eröffneten Verfahren bereits alle auch erst in der Wohlverhaltensphase fällig

___________ 401) BGH, Beschl. v. 19.5.2011 – IX ZB 94/09, ZInsO 2011, 1412.

213

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

werdenden Zahlungen leistet, handelt es sich vergütungsrechtlich und buchhalterisch um eine Einnahme des eröffneten Verfahrens.402) 610 Dass der Kontenplan hier nur die Strukturziffer 00 vorsieht, ist missverständlich. Zunächst einschlägig ist die Strukturziffer 30. Auch in solchen Insolvenzverfahren kann Masseunzulänglichkeit eintreten, sodass hier auch die Strukturziffer 40 einschlägig werden kann. Wenn die Freigabe des Geschäftsbetriebs bereits durch einen „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter erfolgt, kann auch die Strukturziffer 10 gebraucht werden. 6. 4020 – 4021 (Lebensversicherungen) 611

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8020

4020

00

Einnahmen aus Lebens- und Direktversicherung

E

8021

4021

00

Einnahmen aus Lebens- und Direktversicherung besichert

E

612 Der Anwendungsbereich der Hauptkonten ist eindeutig. Dass der SKR-InsO allerdings nur die Strukturziffer 00 vorsieht, ist missverständlich, da es auf den Zeitpunkt der Kündigung ankommt. Hatte der Schuldner bereits vorinsolvenzlich eine Lebensversicherung gekündigt, fließt der Rückkaufswert jedoch erst nach Eröffnung auf das Sonderkonto des Verwalters, ist die Strukturziffer 01 einschlägig. Erfolgte die Kündigung in der vorläufigen Verwaltung mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters, ist bei Zahlungseingang die Strukturziffer 10 anzuwenden. Bei einer Kündigung nach Insolvenzeröffnung ist die Strukturziffer 30 anzuwenden, bei einer Kündigung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Strukturziffer 40. Was augenscheinlich nicht in Betracht kommt, sind Strukturziffern der Betriebsfortführung. 613 Auch Rückkaufswerte aus einer Lebensversicherung können – wenn der Schuldner ansonsten keine Einkünfte oberhalb der Pfändungsfreigrenze hat – dem Pfändungsschutz unterfallen.403) Eine (anteilige) Weiterleitung an den Schuldner ist als negative Einnahme zu erfassen. 7. 4030 – 4031 (Sonstige Einnahmen) 614

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8030

4030

xx

Sonstige Einnahmen

E

8031

4031

xx

Sonstige Einnahmen besichert

E

___________ 402) BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – IX ZB 10/19, NZI 2021, 190. 403) BGH, Beschl. v. 29.4.2021 – IX ZB 25/20, ZVI 2021, 354.

214

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Wie sich aus dem Wortlaut der Kontenbezeichnung ergibt, soll das Haupt- 615 konto 4030 lediglich Einnahmen erfassen, die zwar die Masse betreffen, gleichwohl nicht einem aussagekräftigeren Konto zugewiesen werden können. Insoweit handelt es sich um ein Hilfskonto. Dementsprechend selten dürfte der Anwendungsbereich des Hauptkontos 4031 sein, da ein Drittrecht nur selten an etwas Sonstigem bestehen kann; insoweit ist davon auszugehen, dass sich immer ein einschlägigeres Konto finden lässt. Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Grundsätze.

616

8. 4032 – 4033 (Einnahmen im Kontext Nachfolgegesellschaft) SKR 03 InsO

617

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8032

4032

xx

Einnahmen verauslagte Kosten Nachfolgefirma

E

8033

4033

xx

Einnahmen Nachfolgefirma

E

Nach einer übertragenden Sanierung (Übertragung der wesentlichen Vermö- 618 gensgegenstände und des operativen Geschäftsbetriebs durch einen sog. Asset Deal an eine Nachfolgegesellschaft unter weitgehendem Erhalt von Arbeitsplätzen) kommt es häufig zu der Situation, dass die Kunden auch nach der übertragenden Sanierung weiterhin auf das Sonderkonto des Insolvenzverwalters zahlen (Einzahlung). Diese Beträge sind i. d. R. an die Nachfolgegesellschaft weiterzuleiten (anschließende Auszahlung). Gleichfalls kann es vorkommen, dass aus der Masse noch Ausgaben getätigt werden (Auszahlungen), die von der Nachfolgegesellschaft an die Masse zu erstatten sind (anschließende Einzahlungen). Hierfür sieht der Kontenplan SKR InsO seit dem 1.2.2021 eigenständige Sachkonten vor. Das Hauptkonto 4033 erfasst die Einnahmen, die an die Nachfolgegesell- 619 schaft weiterzuleiten sind. Die entsprechende Ausgabe ist anschließend auf Ausgabe-Konto 6360 (SKR 04-InsO) zu erfassen. Das Hauptkonto 4032 erfasst die Erstattungen, die die Nachfolgegesellschaft 620 an die Masse zahlen muss. Vorherige Ausgaben sind auf Ausgabe-Konto 6361 (SKR 04-InsO) zu erfassen. Die Auswahl der Strukturziffer ist abhängig von der Frage, wie die Vorgän- 621 ge vergütungsrechtlich zu beurteilen sind. Es dürfte von der Anwendung eines Überschussprinzips auszugehen sein, sodass sich die Strukturziffern für Betriebsfortführung anbieten. Jedenfalls muss die Strukturziffer einheitlich für einander gegenüberstehende Einnahmen/Ausgaben verwendet werden.

215

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

9. 4034 – 4036 (Einnahmen Wohlverhaltensphase) 622

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8034

4034

00

Schuldnereinkommen § 295 Abs. 2 InsO Wohlverhaltensphase

E

8035

4035

00

Sonstige Einnahmen (RSB)

E

8036

4036

00

Schuldnereinkommen pfändbar

E

623 Das Hauptkonto 4035 „Sonstige Einnahmen (RSB)“ erfasst Geschäftsvorfälle, die auf § 295 Satz 1 Nr. 2 InsO (hälftige Erbschaften, Schenkungen, Lotteriegewinne) bzw. § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO (sonstige Leistungen) beruhen, d. h. auf Ansprüchen, die nach Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens begründet werden. Zahlungseingänge auf Geschäftsvorfälle, die noch im eröffnet*en Verfahren begründet worden waren, dürfen nicht hier, sondern müssen auf anderen einschlägigen Hauptkonten verbucht werden; dies ermöglicht die Prüfung, ob eine Zweitfestsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters einschlägig ist oder der Vorgang in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Treuhänders gehört. 624 Das Hauptkonto 4036 „Schuldnereinkommen pfändbar“ (vor dem 1.2.2021 lautete die Kontenbezeichnung „Einnahmen Wohlverhaltensphase“) soll Einnahmen aus pfändbarem Einkommen erfassen, das nach Aufhebung bzw. Einstellung des Verfahrens bis zum Ablauf der Wohlverhaltensphase bzw. Abtretungsfrist begründet wird. 625 Für das fiktiv pfändbare Einkommen i. S. d. § 295a InsO (vormals § 295 Abs. 2 InsO) nach „Freigabe“ eines Geschäftsbetriebs gemäß § 35 Abs. 2 InsO enthält der SKR-InsO seit dem 1.2.2021 ein eigenständiges Hauptkonto 4034. 626 Für die in der Wohlverhaltensphase begründeten Geschäftsvorfälle kommt ausschließlich die Strukturziffer 00 zum Einsatz. 10. 4037 (Einnahmen aus ungerechtfertigter Bereicherung) 627

SKR 03 InsO 8037

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4037

00

Einnahmen aus ungerechtfertigter Bereicherung

E

628 Eine ungerechtfertigte Bereicherung richtet sich zivilrechtlich nach §§ 812 ff. BGB, die im eröffneten Verfahren entstandene Rückzahlungsverpflichtung ist im Grundsatz Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Daher sollte – entgegen dem SKR-InsO – nicht auf eine korrekte Auswahl der Strukturziffer verzichtet werden. Eine ungerechtfertigte Bereicherung in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung führt nämlich nur zu einer Insolvenzforderung des Bereicherungsgläubigers, eine Bereicherung zwischen Verfahrenseröffnung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit führt zu einer Rück-

216

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

zahlungsverpflichtung nur als Alt-Masseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Grundsätzlich ist die Einnahme aus einer ungerechtfertigten Bereicherung 629 eine „echte“ Einnahme (i. S. d. Vergütungsrechts). Im Rahmen der Abwicklungstätigkeit bedeutet dies, dass die Einnahme auch die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage erhöht, ohne dass die Rückzahlung diesbezüglich von Bedeutung wäre (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV). Im Rahmen der Betriebsfortführung wird die Berechnungsgrundlage im Ergebnis nicht erhöht, da nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben in die Berechnungsgrundlage einfließt (Rückzahlung unterstellt). Ungeachtet der rechtlichen Wertung sollte jedoch differenziert werden, ob 630 es sich nicht bloß um eine Fehlbuchung handelt. Kehren z. B. die Prozessanwälte des Insolvenzverwalters eingezogenes Fremdgeld versehentlich auf ein Sonderkonto des falschen Insolvenzverfahrens aus und erfolgt anschließend eine Überweisung auf das Sonderkonto im richtigen Insolvenzverfahren, sollte dies aus „optischen Gründen“ im falschen Verfahren nicht unbedingt als „echte“ Einnahme gebucht werden; hierfür bieten sich die Interimskonten (durchlaufende Posten) an. Damit wird der Eindruck vermieden, der Insolvenzverwalter nutze auch solche Fehlbuchungen, um die Berechnungsgrundlage künstlich zu erhöhen. Über diese einfachen Grundsätze hinaus sind jedoch einige Besonderheiten 631 zu beachten. Verwendet der (vorläufige) Insolvenzverwalter ein Anderkonto, ist nicht der Schuldner oder die Masse ungerechtfertigt bereichert, sondern der (vorläufige) Insolvenzverwalter als Kontoinhaber persönlich.404) Die Rückzahlung hat daher außerhalb der (Befriedigungsreihenfolge der) InsO zu erfolgen. Erfolgte die ungerechtfertigte Bereicherung in der vorläufigen Verwaltung, ist die Rückzahlung daher nicht bloß Insolvenzforderung. Erfolgte die Bereicherung zwischen Verfahrenseröffnung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit, ist die Rückzahlung nicht bloß Alt-Masseverbindlichkeit. Der Zahlungseingang aus ungerechtfertigter Bereicherung stellt auch keine Einnahme i. S. d. § 1 InsVV dar. Ein Anderkonto ist ein Vollrechtstreuhandkonto, für das die besonderen Geschäftsbedingungen für Anderkonten der Banken vereinbart wurden. Bereicherungsvorgänge auf Anderkonten sind folglich lediglich durchlaufende Posten. Auch wenn nicht die AGB für Anderkonten vereinbart wurden, es sich aber 632 dennoch um ein Vollrechtstreuhandkonto handelt, gelten vorgenannte Grundsätze, d. h. eine Rückzahlungsverpflichtung außerhalb von InsO/InsVV.405) Ein Vollrechtstreuhandkonto liegt vor, wenn allein der (vorläufige) Insolvenzver___________ 404) BGH, Urt. v. 18.12.2008 – IX ZR 192/07, ZIP 2009, 531 (Insolvenzverwalter); BGH, Urt. v. 20.9.2007 – IX ZR 91/06, ZIP 2007, 2279 (vorläufiger Insolvenzverwalter). 405) BGH, Urt. v. 26.3.2015 – IX ZR 302/13, ZIP 2015, 1179 („schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter).

217

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

walter gegenüber der kontoführenden Bank berechtigt und verpflichtet ist, mithin als wirtschaftlicher Berechtigter anzusehen ist. Bereicherungsvorgänge auf Vollrechtstreuhandkonten sind folglich lediglich durchlaufende Posten. 633 In den vorgenannten Fällen (Anderkonto und Vollrechtstreuhandkonto) soll der Bereicherungsanspruch folglich gegen den Kontoinhaber persönlich bestehen. Dies ist misslich, wenn bei Aufdeckung des Sachverhalts keine ausreichende Liquidität mehr auf diesem Konto besteht, z. B. nach einer Schlussverteilung oder bereits nach angezeigter Masseunzulänglichkeit. Gerade Finanzämter hatten daher versucht, den Insolvenzverwalter persönlich für die Rückzahlung einer ungerechtfertigten Bereicherung in Anspruch zu nehmen, wenn er ein Anderkonto verwendet hatte.406) Dies ist jedoch unzulässig, denn auch wenn es sich um eine ungerechtfertigte Bereicherung handelt, war es zu keinem Zeitpunkt Absicht der Finanzbehörden, die Bereicherung im Privatvermögen des Insolvenzverwalters vorzunehmen.407) 634 Letztlich kommen die eingangs dargestellten Grundsätze (Rückzahlungsverpflichtung als Masseverbindlichkeit) also nur zum Tragen (und das Hauptkonto 4037 zur Anwendung), wenn die ungerechtfertigte Bereicherung auf einem Ermächtigungstreuhandkonto bzw. Sonderkonto des („starken“ vorläufigen) Insolvenzverwalters oder auf einem massezugehörigen schuldnerischen Kontokorrentkonto erfolgte. 635 Für die Rückzahlung eines solchen Betrags, d. h. für die Erfüllung des Bereicherungsanspruchs, sieht der SKR-04 InsO seit dem 1.2.2021 das Hauptkonto 6901 vor. 636 Betragsmäßig ist noch zu berücksichtigen, dass keine Rückzahlung in voller Höhe zu erfolgen hat. Denn wenn die Bereicherung nach o. g. Grundsätzen eine „echte“ Einnahme darstellt, weil die Masse bereichert wurde, erhöhen sich dadurch die Verfahrenskosten (Berechnungsgrundlage für Verwaltervergütung und Gerichtskosten). Mit diesen zusätzlichen Kosten dürfen aber die Insolvenzgläubiger und die anderen Massegläubiger nicht belastet werden. Deswegen muss dieser Betrag, um den sich die Verfahrenskosten erhöhen, ausgerechnet und von der Rückzahlung an den Bereicherungsgläubiger in Abzug gebracht werden.408)

___________ 406) FG Düsseldorf, Beschl. v. 4.5.2020 – 12 V 3362/19 AdV, NZI 2020, 645 (Einkommensteuer); FG Köln, Urt. v. 13.2.2019 – 4 K 1600/18, openJur 2019, 27616 (Einkommensteuer); FG Köln, Beschl. v. 25.3.2020 – 9 K 3169/16, openJur 2020, 46950 (Umsatzsteuer); FG München, Urt. v. 6.3.2019 – 6 K 3063/18, NZI 2019, 556 (Eigenheimzulage); FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.9.2017 – 5 K 42/15, ZInsO 2017, 2713 (Eigenheimzulage). 407) BFH, Beschl. v. 31.8.2021 – VII B 64/20 (AdV), ZRI 2021, 971. 408) BGH, Urt. v. 5.3.2015 – IX ZR 164/14, ZIP 2015, 738.

218

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

11. 4040 (Kostenerstattung Rechtsverfolgung) SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

8040

4040

xx

637

Kontobezeichnung Kostenerstattung Rechtsverfolgung

E

Gelegentlich werden Zahlungseingänge aus Rechtsverfolgung vollständig einem 638 entsprechenden Hauptkonto zugewiesen (z. B. Forderungseinzug). Richtig wäre zunächst einmal, die auf diese Weise erhaltenen Verzugszinsen separat zu buchen. Richtig ist auch, die von der Gegenseite erstatteten Kosten (Rechtsanwaltsgebühren, Gerichtskosten, Gerichtsvollzieherkosten etc.) separat zu buchen, damit auf dem Konto für die Hauptforderung nur der Betrag der realisierten Hauptforderung ablesbar ist, was auch einen Abgleich mit dem Masseverzeichnis erleichtert. Hintergrund des separaten Ausweises im SKR-InsO ist eine vergütungs- 639 rechtliche Frage. In der Verordnungsbegründung zu § 1 InsVV wird ausgeführt, dass § 2 Nr. 3 Satz 2 VergVO als Vorläufernorm der InsVV nicht übernommen wurde, da es selbstverständlich sei, dass erstattete Prozesskosten die Berechnungsgrundlage nicht vergrößern könnten. Diese Norm lautete: Gehen verauslagte Prozesskosten oder Vollstreckungskosten wieder ein, so werden sie gegen die verauslagten Kosten verrechnet. Dagegen wurde für den Anwendungsbereich der InsVV – auch in der Vorauflage – die Auffassung vertreten, bei der Prozesskostenerstattung handele es sich um Neuerwerb, der eine „echte“ Einnahme darstelle. Tatsächlich ist die Erstattung von Prozesskosten jedoch als sog. Surrogation zu verstehen,409) d. h. die bereits vorhandene Masse (Geld) wird eingesetzt, um einen anderen Vermögensgegenstand (Prozesskostenerstattung) zu erwerben. Daher erhöhen Prozesskostenerstattungen die Berechnungsgrundlage nicht.410) Um die Frage im Einzelfall in die Bewertung des Insolvenzverwalters bzw. 640 Rechtspflegers stellen zu können, bietet sich das o. g. Hauptkonto an. Steht jedoch fest, dass die Berechnungsgrundlage nicht erhöht werden soll, können Prozesskostenerstattungen auch als negative Einnahmen auf demjenigen Ausgabe-Konto erfasst werden, auf dem der Aufwand erfasst worden war. Ansonsten müssten die auf dem Hauptkonto 4040 erfassten Erstattungen manuell von der Berechnungsgrundlage in Abzug gebracht werden. Um „echte“ Einnahmen dürfte es sich jedoch bei den vereinnahmten Verzugszinsen handeln. Ist der Schuldner Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, ist jedoch zu beachten, 641 dass die Gegenseite regelmäßig nur den Netto-Betrag an die Masse erstattet, sodass auch nur dieser Netto-Betrag auf das Hauptkonto „Kostenerstattung“ zu buchen ist. Im Übrigen hat die Masse aus den ihr entstandenen Prozesskosten entsprechenden Vorsteuerabzug. Ist der Schuldner kein Unternehmer, ___________ 409) Zimmer, InsbürO 2021, 229. 410) BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – IX ZB 21/20, ZVI 2021, 161.

219

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

hat die Gegenseite die Prozesskosten in voller Höhe zu erstatten, d. h. einschließlich der Umsatzsteuer, die der Masse von ihren Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellt wurde, aber nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden konnte. 642 Problematisch wird eine Aufteilung in Hauptforderung, Zinsen und Kostenerstattung bei Vergleichen. In einem ersten Schritt wäre es wünschenswert, wenn bei den Vergleichsschlüssen zwischen Hauptforderung, Zinsen und Kostenerstattung differenziert würde. Da dies nicht immer erfolgt, wäre im zweiten Schritt eine quotale Aufteilung möglich. Dann kommt jedoch drittens ein ganz anderer Punkt ins Spiel, nämlich die sog. Kennzahlenerhebung. Es deutet sich ein Kennzahlensystem zur Bewertung der Insolvenzverwalter an, in dem auch die Frage eine Rolle spielt, wie hoch der Anteil nicht erstatteter Rechtsverfolgungskosten ist. Damit soll transparent gemacht werden, ob ein Insolvenzverwalter möglicherweise zu oft, zu früh oder zu erfolgslos Bevollmächtigte zu Lasten der Masse beauftragt, ohne zuvor selbst die Prozessaussichten geprüft zu haben. Es ist dann eine Frage der Geschäftspolitik des Insolvenzverwalters, ob er statt einer Quotelung den Vergleichsbetrag so auf die verschiedenen Konten aufteilt, dass zunächst die ausgelegten Rechtsverfolgungskosten vollständig ausgeglichen werden. 643 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Grundsätze. Allerdings kann für Hauptforderung, Zinsen und Kostenerstattung jeweils eine andere Strukturziffer einschlägig sein, da der Begründungszeitpunkt jeweils unterschiedlich ist. So wird für die erfolgreich geltend gemachte Hauptforderung oftmals die Strukturziffer 01 (z. B. bei Alt-Forderungseinzug) oder 30 (bei Anfechtung) einschlägig sein, für die Kostenerstattung hingegen die Strukturziffer 30 oder 40 (bei Kostengrundentscheidung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit). Hatte der Schuldner schon vorinsolvenzlich einen Kostenfestsetzungsbeschluss in einem Rechtsstreit erwirkt, ist nach Zahlungseingang die Strukturziffer 01 einschlägig. Bei der Abgrenzung vor/nach Insolvenzeröffnung bzw. vor/nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit richtet sich die Begründung des Anspruchs nicht nach dem Datum des Kostenfestsetzungsbeschlusses, sondern nach dem Datum der Kostengrundentscheidung.411) Dieser Grundsatz gilt auch für entsprechende Verbindlichkeiten.412) Ob hier auch die Strukturziffern für Betriebsfortführung einschlägig sein können, dürfte eine Frage des Einzelfalls, aber meist zu verneinen sein. 12. 4050 (Einnahmen aus Anfechtung) 644

SKR 03 InsO 8049

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4050

00

Einnahmen aus Anfechtung

___________ 411) BAG, Beschl. v. 11.3.2015 – 10 AZB 101/14, ZIP 2015, 1181. 412) OLG Celle, Beschl. v. 10.2.2020 – 2 Ws 43/20, ZVI 2020, 179.

220

E

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Gemäß §§ 129 ff. InsO können bestimmte vorinsolvenzliche Vorgänge ange- 645 fochten werden, sodass ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch entsteht. Bei Erfüllung des Anspruchs durch den Anfechtungsgegner durch Zahlung ist eine Einnahme zu buchen, für die dieses Hauptkonto zur Verfügung steht. Natürlich gibt es auch Anfechtungen, die nicht zu einem Zahlungseingang führen, sondern lediglich zur Verhinderung einer Auszahlung (z. B. Anfechtung einer Sicherungsübereignung oder Globalzession). Die entsprechenden Einnahmen (z. B. Verwertungserlöse), sollten dann aber auf den einschlägigen Einnahme-Konten verbleiben und nicht auf das hier diskutierte Einnahme-Konto umgebucht werden. Ob mit der Anfechtung einer Zahlung auf eine Verbindlichkeit, die Umsatz- 646 steuer enthielt, eine Vorsteuerkorrektur erforderlich wird, wird in Rz. 1031 f. erörtert. Nicht selten werden Zahlungseingänge aus Lastschriftwiderruf – soweit nach 647 Einführung des SEPA-Verfahrens noch möglich – ebenfalls auf dem hier diskutierten Hauptkonto erfasst. Möglich wäre allerdings auch eine Buchung auf dem Hauptkonto „Übernahme Bank- und Kassenguthaben“. Falls die Lastschrift erst nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung erfolgte, wäre der Lastschriftwiderruf nur eine negative Ausgabe. Grundsätzlich ist hier die Strukturziffer 00 vorgesehen. Dies scheint auf den 648 ersten Blick nicht einleuchtend zu sein, denn angefochten werden können sowohl Vorgänge, die sich vor dem Insolvenzantrag ereignet haben, als auch Vorgänge in der vorläufigen Verwaltung. Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch entsteht jedoch nach überwiegender Ansicht erst mit Insolvenzeröffnung, sodass ein solcher Anspruch erst im eröffneten Verfahren begründet werden kann. Da ein solcher Anspruch dann in der Sekunde der Eröffnung automatisch entsteht, eine Masseunzulänglichkeit aber erst angezeigt werden muss (und wenn es am Tage der Eröffnung ist), kann es auch nicht auf eine Abgrenzung vor/nach Masseunzulänglichkeit ankommen. Auf eine Abgrenzung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung kommt es ebenfalls nicht an. Kurzum: wenn ohnehin immer nur die Strukturziffer 30 einschlägig ist, kann auch die Strukturziffer 00 gewählt werden. Dies ist jedoch nicht ganz vollständig. Hatte ein (nachmaliger) Insolvenz- 649 gläubiger bereits vorinsolvenzlich einen solchen Anspruch nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) geltend gemacht, ist die Durchsetzung des Anspruchs ab Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter fortzuführen. Das könnte zur Anwendung der Strukturziffern 01 und 10 führen. Allerdings würde dies zu einer Scheingenauigkeit führen, sodass hierauf verzichtet werden kann. Nun kann es auch vorkommen, dass der „schwache“ vorläufige Verwalter unter einem gewissen „Erpressungsdruck“ eines Gläubigers Zahlung leistet, sich aber für den Fall der Verfahrenseröffnung die Anfechtung vorbehält. Die Ausgabe wird sicherlich als fortführungsbedingt zu behandeln sein, sodass die Frage im Raum steht, ob die anschließende Anfechtung bzw. der

221

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

hierauf beruhende Zahlungseingang ebenfalls mit einer Strukturziffer für Betriebsfortführung zu erfassen ist. Dies muss jedoch verneint werden, da die Anfechtung eine eigenständige Maßnahme des Insolvenzverwalters im eröffneten Verfahren ist, die nicht im Kontext mit der Betriebsfortführung der vorläufigen Verwaltung steht. 650 Insgesamt bestehen daher keine Bedenken, derartige Zahlungseingänge immer mit der Strukturziffer 00 zu erfassen, obgleich immer die Strukturziffer 30 (abwicklungsbedingte Geschäftsvorfälle nach Verfahrenseröffnung) einschlägig wäre. 13. 4051 – 4052 (Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen) 651

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8051

4051

xx

Einnahmen aus Darlehensrückzahlungsansprüchen Gesellschafter

E

8052

4052

xx

Einnahmen aus Darlehensrückzahlungsansprüchen sonstige

E

652 Gelegentlich haben Schuldner vorinsolvenzlich Darlehen ausgereicht. Bei der Rückzahlung an die Masse bzw. bei der Auswahl des Hauptkontos ist zu differenzieren, ob der Darlehensnehmer ein Gesellschafter der Schuldnerin oder ein Dritter ist. Diese Unterscheidung soll insbesondere eine Aussage darüber treffen, ob Ansprüche gegen die Gesellschafter der Schuldnerin bestanden haben und mit welchem Erfolg sie realisiert wurden. Die Unterscheidung ist buchhalterisch also nicht zwingend, sondern dient aus optischen Gründen dem Nachweis, auch die Gesellschafter nicht vor der Geltendmachung von Ansprüchen verschont zu haben, was für spätere Kennzahlensysteme von Bedeutung sein könnte. Für den Anspruch gegen Gesellschafter ist nicht immer ein förmlicher Darlehensvertrag erforderlich. Auch wenn Gesellschafter in Anspruch genommen werden, weil (vordringlich bei Personengesellschaften) die entsprechenden Personen- oder Verrechnungskonten in der handelsrechtlichen Buchführung Forderungen gegen den Gesellschafter ausweisen bzw. indizieren, handelt es sich schuldrechtlich um ein Darlehen. 653 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Grundsätze. Die zeitliche Begründung der Forderung hängt im Regelfall davon ab, ob das Darlehen vorinsolvenzlich bereits gekündigt worden war oder erst in der vorläufigen Verwaltung (mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters), nach Verfahrenseröffnung oder nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gekündigt und fällig wurde. Strukturziffern für eine Betriebsfortführung dürften nur selten in Betracht kommen, aber auch nicht in Gänze auszuschließen sein. In einem insolventen Konzernverbund kann es durchaus zu Darlehensgewährungen von einer Masse an die andere Masse kommen (für die Auszahlung, d. h. Darlehensgewährung, wäre allerdings ein neues Ausgabe-Konto anzulegen), wenn es der Betriebsfortführung dienlich ist. 222

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

14. 4053 – 4057 (Haftung Gesellschafter und Geschäftsführer) SKR 03 InsO

654

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8053

4053

00

Einnahmen aus Gesellschaftskapital und Kapitalerhaltung

E

8054

4054

00

Einnahmen aus Haftungsansprüchen Gesellschafter

E

8055

4055

00

Einnahmen aus Haftungsansprüchen Geschäftsführer

E

8056

4056

00

Einnahmen aus sonstigen gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen

E

8057

4057

00

Einnahmen aus sonstigen insolvenzspezifischen Ansprüchen

E

Das Hauptkonto 4053 soll angesprochen werden für Einzahlungen auf das 655 Stammkapital (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), Grundkapital (Aktiengesellschaft), Genossenschaftskapital oder Kommanditkapital (Kommanditgesellschaft) bzw. ganz allgemein für das satzungsmäßige Gesellschaftskapital. Es soll jedoch auch angesprochen werden für Ansprüche aus den Kapitalerhaltungsregeln (verbotene Rückzahlung des Gesellschaftskapitals, §§ 30, 31 GmbHG). Insbesondere bei Personengesellschaften kann aber auch die Bildung einer Sondermasse erforderlich sein, wenn das Kapital nur bestimmten Gläubigern als Haftungsmasse zusteht, z. B. beim Einzug von vorinsolvenzlichen Rückzahlungen an Kommanditisten (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB). Soweit Gesellschafter aus einem anderen gesellschaftsrechtlichen Grund der Masse 656 auf Zahlung haften, ist das Hauptkonto 4054 einschlägig. Nicht gemeint sind Ansprüche aus sonstigen Schuldverhältnissen (z. B. Darlehen, Kauf- oder Mietverträge etc.), für die andere Konten heranzuziehen sind. Geschäftsführer können aufgrund verschiedener Anspruchsgrundlagen der 657 Masse haften, z. B. nach § 43 GmbHG. Für entsprechende Einnahmen steht das Hauptkonto 4055 zur Verfügung. Nicht gemeint sind Ansprüche aus Insolvenzverschleppung, da insoweit eine Sondermasse zu bilden ist (ĺ Rz. 422 ff.). Das Hauptkonto 4056 ist ein Sammelkonto für sonstige gesellschaftsrechtliche 658 Ansprüche, die nicht den vorgenannten Konten zugeordnet werden können. Der Anwendungsbereich dieses Kontos dürfte aufgrund der vorgenannten Konten gering sein. Denkbar wären Ansprüche einer typischen stillen Gesellschaft gegen stille Gesellschafter, sofern in der Insolvenz durchsetzbar (bei einer atypischen stillen Gesellschaft wäre wieder das Problem der Sondermasse zu klären). Das Hauptkonto 4057 ist nicht eindeutig zu definieren, da es nur wenige in- 659 solvenzspezifische Ansprüche gibt. Oft werden Ansprüche gegen Geschäftsführer und Gesellschafter als insolvenzspezifisch bezeichnet, obwohl sie gesellschaftsrechtlicher oder schuldrechtlicher Natur sind. Zur Abgrenzung dient der 223

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

Grundsatz: was auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens von einem (neuen) Geschäftsführer oder den Gesellschaftern gegen die Geschäftsführung oder (andere) Gesellschafter geltend gemacht werden könnte, stellt einen gesellschaftsrechtlichen Anspruch dar; nur was ausschließlich ein Insolvenzverwalter geltend machen kann, ist insolvenzspezifisch. Insolvenzspezifisch sind z. B. anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche, für die es ein eigenständiges Konto gibt. Insolvenzspezifisch ist ferner die Insolvenzverschleppungshaftung, für die jedoch eine Sondermasse zu bilden ist (ĺ Rz. 422 ff.); zudem handelt es sich um eine deliktische Forderung, für die der Kontenplan auch das Konto 4058 (SKR 04-InsO) anbieten würde. Auch die Haftung aus § 64 Satz 1 GmbHG a. F. bzw. § 15b InsO (wegen verbotener Zahlungen des Geschäftsführers in der Krise) ist insolvenzspezifisch;413) dies aber nur aus dem Grund, dass die Norm auch auf ausländische Gesellschaften, die nicht dem GmbHG unterfallen, wohl aber dem deutschen Insolvenzrecht, Anwendung finden soll. 660 Bei den Strukturziffern erfolgt im SKR-InsO eine Beschränkung auf die Strukturziffer 00. Dies ist nicht ganz korrekt. Bei der Stammeinlage kommt es beispielsweise auf die Einforderung und Fälligkeit an. Nicht selten wird die sog. zweite Hälfte der Stammeinlage erstmals vom Insolvenzverwalter eingefordert (dann bei Zahlungseingang Strukturziffer 30), vielleicht auch erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (Strukturziffer 40). Es ist also nicht immer so, dass schon der Geschäftsführer vorinsolvenzlich zur Einzahlung aufgefordert hatte (in diesem Fall Strukturziffer 01). Manchmal zahlt der Gesellschafter auch in der vorläufigen Verwaltung, um das Thema zu beenden (Strukturziffer 10). 15. 4058 (Deliktische Ansprüche) 661

SKR 03 InsO 8058

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4058

00

Einnahmen aus deliktischen Ansprüchen

E

662 Der Anwendungsbereich dieses Kontos ist nicht ganz eindeutig. Um deliktische Ansprüche handelt es sich zweifelsohne, wenn der Schuldner auf Delikt (§§ 823 ff. BGB) gestützte Ansprüche gegen Dritte hat, z. B. Schadenersatzansprüche gegen Kunden, Lieferanten, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und sonstige Berater bzw. – bei natürlichen Personen – aus Körperverletzung, Arzthaftung o. ä. 663 Deliktisch ist auch die Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO, für die jedoch eine Sondermasse zu bilden ist, da sie nicht der Masse zusteht (ĺ Rz. 422 ff.). Nicht deliktisch ist hingegen die

___________ 413) EuGH, Urt. v. 10.12.2015 – Rs C-594/14, ZIP 2015, 2468; vgl. zuvor BGH, Vorlagebeschl. v. 2.12.2014 – II ZR 119/14, ZIP 2015, 68.

224

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Satz 1 GmbHG a. F.414) bzw. § 15b InsO. Hinsichtlich der Strukturziffern gelten – entgegen der Vorgabe des SKR- 664 InsO – die allgemeinen Regeln. Auch Strukturziffern der Betriebsfortführung können einschlägig sein, wenn z. B. entsprechende Ansprüche gegen Kunden und Lieferanten im Rahmen der Betriebsfortführung entstehen. 16. 4060 – 4086 (Kostenbeiträge) a) Grundstruktur Die ersten drei Stellen des Hauptkontos sind wie folgt aufgebaut: SKR 03 InsO

665

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

806x

406x

xx

Gesetzliche Kostenbeiträge

E

807x

407x

xx

frei vereinbarte Kostenbeiträge

E

808x

408x

xx

Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft

E

Gesetzliche Kostenbeiträge bestehen in Gestalt eines Feststellungskostenbei- 666 trags gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO (in Höhe von pauschaliert 4 % des Brutto-Verwertungserlöses) und eines Verwertungskostenbeitrags gemäß § 171 Abs. 2 Satz 1 InsO (in Höhe von pauschaliert 5 % des Brutto-Verwertungserlöses, wenn die tatsächlichen Verwertungskosten nicht erheblich höher oder niedriger waren). Als dritter gesetzlicher Kostenbeitrag besteht ein Anspruch der Masse auf Einbehalt der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft (§ 171 Abs. 2 Satz 3 InsO). Sofern kein gesetzlicher Anspruch auf Feststellungs- und Verwertungskos- 667 tenbeitrag besteht (z. B. bei Grundstücken), kann der Insolvenzverwalter eine Vereinbarung mit dem Absonderungsgläubiger treffen. Selbiges gilt, wenn dem Insolvenzverwalter eine Massebeteiligung von gesetzlich vorgesehenen 9 % nicht ausreichend scheint. Dies führt zu frei vereinbarten Kostenbeiträgen. Die Ausgestaltung des SKR InsO verlangt dabei eine Aufteilung in Feststellungs- und Verwertungskosten. Tatsächlich kann die Aufteilung in Feststellungs- und Verwertungskosten vertraglich mit dem Absonderungsgläubiger geregelt werden.415) Fehlt eine solche Regelung, gilt grundsätzlich ein Aufteilungsmaßstab von 4/9 als Feststellungskosten und 5/9 als Verwertungskosten.416) Da die sog. Mehrvergütung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV auch in diesen Fällen auf 2 % des Veräußerungserlöses beschränkt ist417) (also ___________ 414) 415) 416) 417)

BGH, Urt. v. 18.11.2020 – IV ZR 217/19, ZRI 2020, 22. BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805. BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805. BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805.

225

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

die Hälfte von 4 %), sollten maximal 4 % des Veräußerungserlöses als Feststellungskosten eingebucht werden. 668 Die vierte Stelle des Hauptkontos differenziert zwischen den Vermögensgegenständen, an denen das Absonderungsrecht besteht. Leider ist die Zuordnung jedoch nicht einheitlich: gesetzliche Kostenbeiträge

frei vereinbarte Kostenbeiträge

Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft

Technische Anlagen und Maschinen

0

2

0

Betriebs- und Geschäftsausstattung

1

3

1

Forderungen LuL

2

4

2

Vorräte

3

5

3

Sonstiges Vermögen

4

7

4

Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

5

(–)

5

Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

6

(–)

(–)

Sonstige immaterielle Vermögenswerte

(–)

0

(–)

Grundvermögen

(–)

1

6

Wertpapiere

(–)

6

(–)

Vermögensgegenstand

669 Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung ergibt sich jedoch weder aus der InsO noch aus der InsVV, auch nicht aus der handels- oder steuerrechtlichen Zuordnung und auch nicht aus einem Kennzahlensystem. Lediglich im Zusammenhang mit einem fortgeschriebenen Masseverzeichnis (ĺ Rz. 239 ff.) einer noch zu diskutierenden Standardisierten Schlussrechnung könnte sich Relevanz ergeben; dann sollte auch eine Vereinheitlichung der vierten Stelle des Hauptkontos erfolgen. 670 Die fünfte Stelle des Hauptkontos folgt den allgemeinen Regeln zur Abgrenzung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung einerseits sowie zwischen den zeitlichen Zuordnungen andererseits. Kostenbeiträge werden i. d. R. abwicklungsbedingt sein, jedoch sind in besonderen Fällen auch fortführungsbedingte Kostenbeiträge nicht völlig ausgeschlossen, z. B. wenn ein Massekredit mit fortführungsbedingten Forderungen aus Lieferung und Leistung besichert wurde und der Masse im Sicherungsfall nur die Kostenbeiträge zustehen. Im Grunde hängt die Frage, ob ein Kostenbeitrag abwicklungs- oder fortführungsbedingt ist, von der Frage ab, ob die Einnahme, auf die ein Kostenbeitrag erhoben wird, ihrerseits auf abwicklungs- oder fortführungsbedingten Geschäftsvorfällen beruht.

226

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Etwas problematischer ist die zeitliche Zuordnung, denn sie hängt von der 671 Frage ab, ob der Kostenbeitrag bereits dann (quasi automatisch) entsteht, wenn der Verwertungserlös beim (vorläufigen) Insolvenzverwalter eingegangen ist, oder erst mit der Abrechnung der Erlöse gegenüber dem Absonderungsgläubiger. Dies kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn in der vorläufigen Verwaltung bereits ein Einzug zedierter Forderungen erfolgt, die Abrechnung mit dem Absonderungsgläubiger aber erst nach Verfahrenseröffnung (oder nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit) vorgenommen wird. Nach hier vertretener Ansicht entsteht der Kostenbeitrag mit der Verwertungseinnahme, sodass sich die Strukturziffer für die Kostenbeiträge danach richtet, in welchem zeitlichen Abschnitt der Verwertungserlös erzielt wurde. Dies könnte eine rein akademische Frage sein oder nur für die gesonderte Rechnungslegung bei einer Verfahrenseinstellung nach § 211 InsO Bedeutung haben. Tatsächlich handelt es sich aber auch um eine Frage der Umsatzbesteuerung. Denn in einer „schwachen“ vorläufigen Verwaltung ohne eine gesonderte Anordnung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 InsO, also in fast allen vorläufigen Verwaltungen, gibt es keine gesetzlichen Kostenbeiträge, sondern nur (stillschweigend) frei vereinbarte Kostenbeiträge. Frei vereinbarte Kostenbeiträge stellen jedoch immer eine steuerbare Leistung dar (Umsatzsteuer auf Kostenbeiträge zu erheben), während gesetzliche Kostenbeiträge nur in besonderen Fällen – und z. T. streitig – der Umsatzbesteuerung unterfallen. Die sechste Stelle des Hauptkontos unterscheidet (jedoch nicht bei den 672 Hauptkonten für die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft) zwischen Feststellungs- und Verwertungskostenbeiträgen: sechste Stelle des Hauptkontos

Erläuterung

0

Der separate Ausweis beruht darauf, dass der Insolvenzverwalter für die Verwertung von Absonderungsgut eine sog. Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV erhält, die jedoch auf die Hälfte der Feststellungskosten beschränkt ist. Folglich müssen diese Feststellungskostenbeiträge in der Buchführung ersichtlich sein.

Feststellungskostenbeitrag bei Verwertung durch Absonderungsgläubiger

4

Der separate Ausweis beruht darauf, dass für die o. g. Mehrvergütung solche Feststellungskostenbeiträge unberücksichtigt bleiben, die die Masse aufgrund einer Verwertung durch den Absonderungsgläubiger erhalten hat.

Verwertungskostenbeitrag

1

Art des Kostenbeitrags

Feststellungskostenbeitrag bei Verwertung durch Insolvenzverwalter

227

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

b) Verwertung (sonstige) immaterielle Vermögensgegenstände 673 Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen bei der Verwertung von immateriellen Vermögensgegenständen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO immaterielle Vermögensgegenstände

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 II InsO immaterielle Vermögensgegenstände – Verwertung durch Gläubiger

(fehlt)

(fehlt)

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO immaterielle Vermögensgegenstände

8070

4070

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstige immaterielle Vermögenswerte

E

8070

4070

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstige immaterielle Vermögenswerte

E

(fehlt)

(fehlt)

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO immaterielle Vermögensgegenstände

674 Soweit einschlägige Einnahme-Konten fehlen, muss auf andere Konten ausgewichen werden (ĺ Rz. 692) oder eine Neuanlage von Konten erfolgen. Jedenfalls kann es auch bei immateriellen Vermögensgegenständen gesetzliche Kostenbeiträge und auch Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft geben. c) Verwertung Grundvermögen 675 Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen bei der Verwertung von Grundvermögen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8071

4071

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Grundvermögen

E

8071

4071

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Grundvermögen

E

8086

4086

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Grundvermögen

E

676 Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein, da es bei Grundstücken keine gesetzlichen Kostenbeiträge gibt. Soweit allerdings zwischen Betriebs- und Privatvermögen differenziert werden muss, müssten andere Konten verwendet oder neue Konten angelegt werden.

228

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Die Massebeteiligung bei sog. „kalter“ Zwangsverwaltung von Immobilien 677 wird nicht hier, sondern auf dem Hauptkonto 4285 erfasst; auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Dies liegt darin begründet, dass es ohnehin keine gesetzlichen Kostenbeiträge für die Verwaltung von Absonderungsgut gibt, sondern immer nur für die Verwertung von Absonderungsgut. d) Verwertung Technische Anlagen und Maschinen Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen 678 bei der Verwertung von Technischen Anlagen und Maschinen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8060

4060

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

8060

4060

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 II InsO Technische Anlagen und Maschinen – Verwertung durch Gläubiger

E

8060

4060

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

8072

4072

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Technische Anlagen und Maschinen

E

8072

4072

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Technische Anlagen und Maschinen

E

8080

4080

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Technische Anlagen und Maschinen

E

Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein.

679

e) Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen 680 bei der Verwertung von Betriebs- und Geschäftsausstattung: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8061

4061

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8061

4061

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung – Verwertung durch Gläubiger

E

8061

4061

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8073

4073

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

229

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8073

4073

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8081

4081

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Betriebsund Geschäftsausstattung

E

681 Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein. f) Verwertung Forderungen 682 Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen bei der Verwertung von Forderungen. Meist handelt es sich um Forderungen aus Lieferung und Leistung (im Betriebsvermögen). Jedoch kann sich der Anwendungsbereich auch auf andere Forderungen beziehen (auch im Privatvermögen). SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8062

4062

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen

E

8062

4062

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Forderungen – Verwertung durch Gläubiger

E

8062

4062

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Forderungen

E

8074

4074

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Forderungen

E

8074

4074

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Forderungen

E

8082

4082

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Forderungen

E

683 Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein. Soweit jedoch zwischen Betriebs- und Privatvermögen differenziert werden muss, muss auf andere Konten ausgewichen werden (ĺ Rz. 692) oder eine Neuanlage von Konten erfolgen. g) Verwertung Vorräte 684 Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen bei der Verwertung von Vorräten: SKR 03 InsO 8063

230

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4063

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Vorräte

E

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8063

4063

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Vorräte – Verwertung durch Gläubiger

E

8063

4063

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Vorräte

E

8075

4075

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Vorräte

E

8075

4075

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Vorräte

E

8083

4083

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Vorräte

E

Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein.

685

h) Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Betriebsvermögen) Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen 686 bei der Verwertung von Kraftfahrzeugen oder anderen Gegenständen eines Fuhrparks (z. B. Anhänger, Auflieger), die im Betriebsvermögen des Schuldners stehen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8065

4065

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

E

8065

4065

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark – Verwertung durch Gläubiger

E

8065

4065

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

E

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

(fehlt)

(fehlt)

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

8085

4085

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

E

Soweit einschlägige Einnahme-Konten fehlen, muss auf andere Konten aus- 687 gewichen werden (ĺ Rz. 692) oder eine Neuanlage von Konten erfolgen. i) Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen) Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen 688 bei der Verwertung von Kraftfahrzeugen oder anderen Gegenständen eines Fuhrparks (z. B. Anhänger, Auflieger, Fahrräder), die im Privatvermögen des Schuldners stehen:

231

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8066

4066

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

E

8066

4066

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen) – Verwertung durch Gläubiger

E

8066

4066

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

E

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

(fehlt)

(fehlt)

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

689 Soweit einschlägige Einnahme-Konten fehlen, muss auf andere Konten ausgewichen werden (ĺ Rz. 692) oder eine Neuanlage von Konten erfolgen. j) Verwertung Finanzanlagen/Wertpapiere 690 Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen bei der Verwertung von Wertpapieren. Vor dem Hintergrund, dass es bei den Verwertungserlösen auch ein Konto „Verwertung Finanzanlagen besichert“ gibt, ist vorab festzustellen, dass Konten für Kostenbeiträge hier fehlen. Ferner gibt es bei Wertpapieren nur Konten für frei ausgehandelte Kostenbeiträge, auch ist keine Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen vorgesehen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Finanzanlagen

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Finanzanlagen – Verwertung durch Gläubiger

(fehlt)

(fehlt)

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Finanzanlagen

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Finanzanlagen

(fehlt)

(fehlt)

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Finanzanlagen

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Wertpapiere

(fehlt)

(fehlt)

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Wertpapiere – Verwertung durch Gläubiger

232

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Wertpapiere

(fehlt)

(fehlt)

8076

4076

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Wertpapiere

E

8076

4076

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung Wertpapiere

E

Soweit einschlägige Einnahme-Konten fehlen, muss auf andere Konten aus- 691 gewichen werden (ĺ Rz. 692) oder eine Neuanlage von Konten erfolgen. Jedenfalls sind auch bei Wertpapieren gesetzliche Kostenbeiträge möglich. k) Verwertung sonstige Vermögensgegenstände Nachfolgend die Einnahme-Konten für die Erfassung von Kostenbeiträgen 692 bei der Verwertung von sonstigen Vermögensgegenständen: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8064

4064

x0

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO sonstiges Vermögen

E

8064

4064

x4

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO sonstiges Vermögen – Verwertung durch Gläubiger

E

8064

4064

x1

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO sonstiges Vermögen

E

8077

4077

x0

Feststellungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstiges Vermögen

E

8077

4077

x1

Verwertungskostenbeiträge – individuelle Vereinbarung sonstiges Vermögen

E

8084

4084

x0

Umsatzsteuerbeträge – § 171 InsO sonstiges Vermögen

E

693

Die Auswahl der Einnahme-Konten dürfte ausreichend sein. 17. 4090 (Massekostenvorschuss) SKR 03 InsO 8090

694

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4090

00

Massekostenvorschuss Dritter

E

Ein Einnahme-Konto für einen vom Schuldner selbst geleisteten Massekos- 695 tenvorschuss zur Abwendung der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse fehlt im Standardisierten Kontenplan. Seit Einführung der Verfahrenskostenstundung ist ein solcher Vorschuss allerdings auch die Ausnahme. Al-

233

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

lenfalls denkbar ist ein Vorschuss einer natürlichen Person aus dem insolvenzfreien Vermögen, also z. B. aus dem pfändungsfreien Einkommen, wenn ein Antrag auf Verfahrenskostenstundung abgelehnt wird. In einem solchen Fall läge jedoch eigentlich ein Fall der Sondermasse vor (ĺ Rz. 391). Regelmäßig wird jedoch mit dem Schuldner vereinbart, dass er auf eine Rückzahlung verzichtet, wenn die Verfahrenskosten durch andere Einnahmen gedeckt sind. Dann handelt es sich im Ergebnis um (vergütungsrelevante)418) freiwillige Zuzahlungen, die als „Sonstige Einnahmen“ erfasst werden sollten. 696 Ein von einem Dritten geleisteter Verfahrenskostenvorschuss soll auf das o. g. Konto gebucht werden. Dies ist bedenklich, da ein solcher Vorschuss als Sondermasse außerhalb des Insolvenzbeschlags zu verwahren ist (ĺ Rz. 392) und auch nicht in die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage einfließt (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV). Zudem fehlt dem SKR-InsO ein Ausgabe-Konto für die Rückzahlung eines nicht (vollständig) verbrauchten Vorschusses. Dies ist jedoch unschädlich, da die (anteilige) Rückzahlung als negative Einnahme erfasst werden kann. Beispiel: Bei Zahlungseingang eines von einem Dritten geleisteten Vorschusses in Höhe von ¼ 4.000,00 ist zunächst zu buchen: 1800 00

Sonderkonto

4.000,00

an

4090 00

Massekostenvorschuss Dritter

4.000,00

Wir der Vorschuss nicht benötigt, ist der Betrag vollständig an den Einzahler zu erstatten: 1800 00

Sonderkonto

–4.000,00

an

4090 00

Massekostenvorschuss Dritter

–4.000,00

Wird hingegen ein Teilbetrag für die Vergütung und die Gerichtskosten benötigt und der Restbetrag erstattet, wäre zu buchen: 7505 00

Vergütung Insolvenzverw.

7501 00

Gerichtskosten § 54 InsO

1800 00

Sonderkonto

1.915,90

an

1800 00

Sonderkonto

1.000,00

an

1800 00

Sonderkonto

–1.084,10

an

4090 00

Massekostenvorschuss Dritter

1.915,90 1.000,00 –1.084,10

18. 4091 (Zuzahlungen Insolvenzplan) 697

SKR 03 InsO 8091

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4091

00

Vorschüsse Dritter InsO-Plan

___________ 418) BGH, Beschl. v. 11.11.2021 – IX ZB 38/20, ZRI 2022, 71.

234

E

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Leistet ein Dritter eine Zuzahlung zur Durchführung eines Insolvenzplans, 698 ist erstens zu berücksichtigen, dass die im SKR-InsO gewählte Kontenbezeichnung „Vorschüsse“ unzutreffend ist, da ein Zuschuss etwas anderes ist als ein Vorschuss. Zweitens fließt ein solcher Zuschuss nicht in die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV). Drittens ist der Zuschuss zweckgebunden; wird eine entsprechende Zahlung vor Rechtskraft des Insolvenzplans geleistet, handelt es sich (zumindest vorläufig) um eine Sondermasse (ĺ Rz. 396), d. h. bei Nicht-Zustandekommen des Insolvenzplans ist der Betrag an den Dritten zurückzuzahlen und dann als negative Einnahme auf dem hier diskutierten Hauptkonto zu erfassen. Kommt der Insolvenzplan hingegen zustande, richtet sich die Verwendung 699 der beim Insolvenzverwalter befindlichen Gelder nach dem Inhalt des Plans, sodass geeignete Ausgabe-Konten anzusprechen sind (i. d. R. Ausschüttung an Insolvenzgläubiger). Ob es sich bei der Zuzahlung dann rechtlich immer noch um eine Sondermasse handelt, kann dahingestellt bleiben; irgendwelche Umbuchungen scheinen hier nicht notwendig. Eine Besonderheit ergibt sich nur dann, wenn der Zuschuss zur Begleichung von fortführungsbedingten Masseverbindlichkeiten verwendet werden soll, z. B. bei einem Insolvenzplan nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 210a InsO).419) Würden dann Ausgabe-Konten mit einer Strukturziffer für Betriebsfortführung angesprochen, würde sich zumindest buchhalterisch die Berechnungsgrundlage um diesen Betrag mindern. Dies kann so gelöst werden, dass auch das hier diskutierte Sachkonto (anteilig) für die Einnahme aus dem Zuschuss mit einer Strukturziffer für Betriebsfortführung verwendet wird. 19. Exkurs: Zuzahlungen Dritter zur Verkürzung der Restschuldbefreiung In den vom 1.7.2014 eröffneten bis 30.9.2020 beantragten Insolvenzverfah- 700 ren besteht nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO a. F. die Möglichkeit der vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn drei Jahre seit der Verfahrenseröffnung verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 % ermöglicht. Freiwillige Zuzahlungen Dritter sind keine Sondermasse (ĺ Rz. 434) und können auch dann in der Masse verbleiben, wenn die vorzeitige Restschuldbefreiung nicht erreicht werden kann. Für derartige Zahlungen fehlt ein entsprechendes Einnahme-Konto. Das Konto „Zuzahlungen Insolvenzplan“ sollte nicht verwendet werden, weil die Zuzahlungen i. S. d. § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO a. F. – anders als die Zuzahlungen zu einem Insolvenzplan – auch in die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage einfließen. Insoweit bleibt nur das Hauptkonto „Sonstige Einnahmen“ als sinnvoll anzusprechen.

___________ 419) Hierzu Zimmer, ZInsO 2012, 390.

235

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

701 In den ab dem 1.10.2020 beantragten Insolvenzverfahren wurde zum einen § 300 InsO dahingehend geändert, dass eine vorzeitige Restschuldbefreiung nur noch möglich ist, wenn die Insolvenzgläubiger vollständig befriedigt werden oder keine Forderungsanmeldungen vorliegen. Zum anderen wurde § 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV dahingehend ergänzt, dass solche Zuzahlungen Dritter nicht in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung einfließen sollen, wobei allerdings § 14 InsVV nicht geändert wurde, solche Zuzahlungen also doch vergütungsrelevant sein müssen, wenn sich der Vorgang erst in der Wohlverhaltensphase abspielt. Die vergütungsrechtlichen Auswirkungen stehen im Streit.420) Gleichwohl handelt es sich bei der Zuzahlung weiterhin um keine Sondermasse. Wer der Auffassung folgt, solche Zuzahlungen würden die Berechnungsgrundlage nicht erhöhen, kann das Konto „Zuzahlungen Insolvenzplan“ umbenennen und verwenden. Wer der Auffassung folgt, solche Zuzahlungen würden die Berechnungsgrundlage erhöhen, sollte das Hauptkonto „Sonstige Einnahmen“ (bei Zahlungseingang im eröffneten Verfahren) oder das Hauptkonto „Sonstige Einnahmen (RSB)“ (bei Zahlungseingang in der Wohlverhaltensphase) verwenden. 20. Exkurs: Massedarlehen 702 Die Aufnahme eines Massedarlehens ist grundsätzlich eine (auch vergütungsrelevante) Einnahme, die Rückzahlung dementsprechend eine Ausgabe (als sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 InsO). Der SKR-InsO sieht hierfür jedoch keine Hauptkonten vor, sodass diese im Bedarfsfall anzulegen sind. 703 Ein Massedarlehen wird jedoch kaum im Rahmen einer Zerschlagung aufgenommen werden, sondern regelmäßig im Zusammenhang mit einer Betriebsfortführung, was Auswirkung auf die Wahl der entsprechenden Strukturziffer hat. Da bei der Betriebsfortführung nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben vergütungsrelevant ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV), ist der Vorgang im Ergebnis mithin vergütungsneutral. 704 Für die Zinsen, die als Ausgaben für das Massedarlehen anfallen, sieht der SKR-InsO das Konto SKR 03 InsO 2100

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7300

xx

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

A

vor. Auch hier ist bei der Auswahl der Strukturziffer auf eine Betriebsfortführung abzustellen, sodass im Ergebnis sogar eine Reduzierung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage um den Zinsaufwand erfolgt. Nach Möglichkeit sollte jedoch die Trennung der Verfahrensabschnitte berück___________ 420) Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 151 f.

236

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

sichtigt werden (Zinsen für vorläufige Verwaltung, Zinsen vor/nach Anzeige Masseunzulänglichkeit). Neben diesem Grundfall ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Massedarle- 705 hen regelmäßig dergestalt gewährt wird, dass erst einmal nur eine Kontoüberziehung geduldet wird, also keine Einnahme aus der Aufnahme eines Darlehens vorliegt. Dies geschieht nicht auf dem normalen Sonderkonto des Insolvenzverwalters, sondern auf einem gesonderten Kontokorrentkonto, das als Geldkonto in die Buchführung aufgenommen wird. Kann das Darlehen später aus der Liquidität auf dem normalen Sonderkonto zurückgeführt werden, handelt es sich lediglich um Geldtransit. Auch hier bleiben nur die Zinsen zu buchen. 21. 4200 – 4261 (Forderungseinzug Lieferung und Leistung) SKR 03 InsO 8200

706

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4200

xx

Forderungseinzug aus LuL – 19 % USt

E E

8201

4201

xx

Forderungseinzug aus LuL – 19 % USt besichert

8210

4210

xx

Forderungseinzug aus LuL – 7 % USt

E E

8211

4211

xx

Forderungseinzug aus LuL – 7 % USt besichert

8220

4220

xx

Forderungseinzug aus LuL – EU

E

8221

4221

xx

Forderungseinzug aus LuL – EU besichert

E

8230

4230

xx

Forderungseinzug aus LuL – Drittland

E

Forderungseinzug aus LuL – Drittland besichert

E

8231

4231

xx

8240

4240

xx

Forderungseinzug aus LuL – § 13b UStG

E E

8241

4241

xx

Forderungseinzug aus LuL – § 13b UStG besichert

8250

4250

xx

Forderungseinzug aus LuL – andere Steuersätze

E

8251

4251

xx

Forderungseinzug aus LuL – andere Steuersätze besichert

E

8260

4260

xx

Forderungseinzug aus LuL – steuerfrei

E

xx

Forderungseinzug aus LuL – steuerfrei besichert

E

8261

4261

Die Hauptkonten für Forderungen aus Lieferung und Leistung sind im Grunde 707 selbsterläuternd. Nach hier vertretener Ansicht gehören auch Lizenzgebühren zu solchen Forderungen. Die Vielzahl der Konten resultiert zunächst aus der Übernahme der Sachkonten aus dem handelsrechtlichen Kontenrahmen, der wegen der dortigen Steuerautomatik für jede Art der umsatzsteuerlichen Behandlung

237

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

ein eigenes Sachkonto vorhält. Jedes dieser Konten wurde dupliziert, um drittrechtsbehaftete Einnahmen erfassen zu können. 708 Werden Forderungen eingezogen, darf die steuerliche Bewertung in der Sachkontenbezeichnung allerdings nicht verwirren. Die Kontenbezeichnung drückt lediglich aus, dass es sich im Grundsatz um einen steuerbaren Vorgang handelt. Ob der Zahlungseingang tatsächlich mit Steuerschlüssel zu buchen ist und unter welcher Steuernummer (Schuldner oder Masse) der Geschäftsvorfall zu deklarieren ist, richtet sich nach dem Insolvenzsteuerrecht (ĺ Kap. H.). Deswegen erfolgte auch keine Änderung des SKR-InsO im Hinblick auf die vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 geltende Absenkung der Steuersätze auf 16 %/5 %. Insoweit ist lediglich zwischen dem vollen und dem ermäßigten Steuersatz zu differenzieren und der richtige Steuerschlüssel zu verwenden. 709 Wird ein schuldnerisches Kontokorrentkonto auch nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung für den Forderungseinzug verwendet und kommt es erst später zu einem Übertrag des dortigen Guthabens auf das Sonderkonto des (vorläufigen) Insolvenzverwalters, ohne dass die bisherigen Geschäftsvorfälle buchhalterisch erfasst worden wären, ist dieser Übertrag durch eine Splittbuchung aufzulösen, jedenfalls dann, wenn Umsatzsteuervoranmeldungen aus der Insolvenzbuchführung generiert werden sollen. Nur das bei Anordnung der vorläufigen Verwaltung vorhandene Guthaben stellt eine „Übernahme Bankguthaben“ dar, die Zahlungseingänge auf Forderungen aus Lieferung und Leistung müssen auf die o. g. Konten gebucht werden, damit direkt gegen das Debitorenverzeichnis gebucht werden kann und auch die Umsatzsteuervoranmeldungen aus dem Buchhaltungssystem generiert werden können; auch wenn es sich insolvenzrechtlich vielleicht eher um einen Anspruch aus Anfechtung einer unzulässigen Aufrechnung der Bank mit einem Debetsaldo handelt. 710 Werden zunächst Hauptkonten mit dem Zusatz „besichert“ angesprochen, kann eine Einzelabtretung bzw. Globalzession später jedoch nach §§ 129 ff. InsO angefochten werden, oder stellt sie sich nachträglich als anderweitig unwirksam heraus, muss nicht zwingend eine Umbuchung auf andere Hauptkonten erfolgen. Es genügt im Berichtswesen darzustellen, dass eine Auskehrung der vereinnahmten Gelder nicht erforderlich war. Etwas anderes gilt aus Gründen der Transparenz, wenn sich eine solche Anfechtung bzw. Unwirksamkeit nur auf einen Teil der Einnahmen bezieht; um die Vorgänge auseinanderhalten zu können, sollten auf den Hauptkonten mit dem Zusatz „besichert“ nur diejenigen Geschäftsvorfälle verbleiben, auf die sich auch eine Auskehrung an Absonderungsgläubiger bezieht. 711 Wenn es den Drittschuldnern erlaubt ist, Skonto-Abzüge vorzunehmen, ist dies allein für die handels- und steuerliche Buchung zu berücksichtigen, nicht jedoch in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die nur den Zahlbetrag ausweist. 712 Im Bereich der Forderungen aus Lieferung und Leistung kommen die verschiedenen Strukturziffern zu ihrem hauptsächlichen Anwendungsbereich. 238

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Der Buchführung müssen entsprechende Informationen vorliegen (Rechnungen und ggf. Lieferscheine), wann die jeweilige Forderung begründet wurde, was nicht nur die Kontenauswahl, sondern auch die Beantwortung steuerlicher Fragen erleichtert. 22. 4290 – 4296 (Forderungseinzug/Abzüge Konditionsvereinbarung) SKR 03 InsO

713

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8290

4290

xx

Forderungen aus LuL – 19 % USt diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8291

4291

xx

Forderungen aus LuL – 7 % USt diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8292

4292

xx

Forderungen aus LuL – EU diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8293

4293

xx

Forderungen aus LuL – Drittland diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8294

4294

xx

Forderungen aus LuL – § 13b UStG diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8295

4295

xx

Forderungen aus LuL – andere Steuersätze diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

8296

4296

xx

Forderungen aus LuL – steuerfrei diverse Abzüge lt. Konditionsvereinbarungen

E

Bei diesen Hauptkonten handelt es sich um Erlösschmälerungen, d. h. hier 714 sind Auszahlungen als negative Einnahmen zu erfassen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn eine insolvente Einkaufsgenossenschaft fortgeführt wird, die Kunden jedoch am Jahresende anhand des Umsatzes eine prozentuale Erstattung („Bonusgutschrift“) erhalten. Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. Regelmäßig 715 wird es sich um fortführungsbedingte Geschäftsvorfälle handeln. Die zeitliche Abgrenzung ist von den vertraglichen Vereinbarungen abhängig. Die Abgrenzung Masseverbindlichkeit/Insolvenzforderung wird sicherlich schon im Vorfeld geklärt worden sein, aber die Abgrenzung Alt-/Neu-Masseverbindlichkeit kann hier schwierig werden. 23. 4281 – 4285 (Mieteinnahmen) SKR 03 InsO

716

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8281

4281

xx

Mieteinnahmen – steuerfrei

8282

4282

xx

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

E

8283

4283

xx

Mieteinnahmen – steuerpflichtig

E

8284

4284

xx

Mieteinnahmen – steuerpflichtig besichert

E

8285

4285

xx

Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)

E

E

239

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

717 Die ersten vier Hauptkonten erläutern sich selbst. Zu den Mieteinnahmen gehören auch laufende Einnahmen aus Erbbaurechten, Nießbrauch und anderen grundstücksgleichen Rechten. Die Konten mit dem Zusatz „besichert“ kommen zum Einsatz, wenn die Mieten vorinsolvenzlich wirksam an einen Dritten abgetreten worden waren. Solche Abtretungen erlöschen jedoch recht bald nach Verfahrenseröffnung (§ 110 Abs. 1 InsO), sodass nur in geringem Umfang zedierte Mieten vorliegen können. 718 Bei den hier erfassten Mietsachen handelt es sich immer um Grundstücke, die Vermietung von anderen Vermögensgegenständen wird als Forderungseinzug erfasst. Ob die Einnahmen auf steuerpflichtigen Vorgängen beruhen, hängt davon ab, ob der Schuldner oder der Insolvenzverwalter zur Umsatzbesteuerung optiert hat (ĺ Rz. 997). 719 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten im Prinzip die allgemeinen Regeln. Fraglich ist hier allerdings, wie eine Betriebsfortführung zu definieren ist.421) Zunächst ist bei natürlichen Personen zu berücksichtigen, dass Immobilien regelmäßig im Privatvermögen gehalten werden, selbst wenn der Schuldner im Übrigen als Unternehmer tätig ist (z. B. Freiberufler oder Gewerbetreibende, die sich über vermietete Immobilien eine Altersvorsoge aufbauen). Da es im Privatvermögen keine Betriebsfortführung geben kann, sind insoweit abwicklungsbedingte Strukturziffern einschlägig. Die entsprechenden Ausgaben für die Bewirtschaftung der Immobilie sind daher vergütungsrechtlich unbeachtlich. Dafür spricht auch eine Nähe zur Vergütung des Zwangsverwalters, die sich ebenfalls an den Einnahmen und nicht an einem Überschuss orientiert (§ 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwV). Nur soweit für eine entsprechende Immobilienverwaltung auch noch ein Zuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV geltend gemacht wird und es einer Vergleichsrechnung bedarf, würde sich – nicht zwingend – eine Erfassung als Betriebsfortführung anbieten. Sofern eine Immobilie allerdings im Betriebsvermögen steht, was bei Gesellschaften immer der Fall und bei natürlichen Personen im Einzelfall zu prüfen ist, ist von einer Betriebsfortführung auszugehen. 720 Bei mehreren Mietverhältnissen bzw. -objekten dürfte die sechste Stelle des Kontos geeignet sein, zwischen den Objekten zu unterscheiden. Anderenfalls sollten zusätzliche Hauptkonten angelegt werden. 721 Hinsichtlich der Thematik Mietkaution sei auf Rz. 399 ff. (Sondermasse) verwiesen, soweit der Schuldner Vermieter ist. Ist der Schuldner Mieter und besteht ein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution an die Masse,422) fehlt ein explizites Einnahme-Konto, sodass auf „sonstige Einnahmen“ zurückgegriffen werden muss. ___________ 421) Zimmer, InsbürO 2015, 510, 514. 422) Eine Enthaftungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO erstreckt sich auch auf die Mietkaution bis zur gesetzlichen Höhe (BGH, Beschl. v. 16.3.2017 – IX ZB 45/15, ZVI 2017, 275; BGH Beschl. v. 13.7.2017 – IX ZB 33/16, ZVI 2017, 471).

240

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Erläuterungsbedürftig ist das Konto „Mieteinnahmen Fremdverwaltung“. 722 Insoweit wird auf das folgende Kapitel verwiesen. 24. Exkurs: Immobilienverwaltung, Hausverwaltung und „kalte“ Zwangsverwaltung (einschl. Buchungstechnik) Zunächst ist die sog. WEG-Verwaltung zu erwähnen, für die Sondermassen 723 zu bilden sind (ĺ Rz. 405 ff.). Was in die Masse fließt, sind einzig die Honorare des WEG-Verwalters (Schuldners). Hierfür sieht der SKR-InsO kein gesondertes Einnahme-Konto vor, einschlägig sind die Konten zum Forderungseinzug, da der WEG-Verwalter (Schuldner) gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Forderung aus (Lieferung und) Leistung hat. Gleiches gilt, wenn fremde Immobilien außerhalb des WEG durch den Schuldner (Insolvenzverwalter) bewirtschaftet werden. Besteht die Masse aus Immobilien, die vom Insolvenzverwalter als Eigentum 724 des Schuldners zu bewirtschaften sind, gilt jedoch etwas anderes. Im Rahmen einer solchen Immobilienverwaltung sind Mieteinnahmen zu erzielen, für die die soeben angesprochenen Konten „Mieteinnahmen“ einschlägig sind. Im Ausgabenbereich sind verschiedene einschlägige Konten für die Immobilienbewirtschaftung zu wählen. Ob es sich hierbei um eine Betriebsfortführung handelt, wurde bereits erläutert (ĺ Rz. 719). Bestehen an den Immobilien des Schuldners dingliche Rechte von Absonde- 725 rungsgläubigern in Abt. III des Grundbuchs (Grundschuld, Hypothek), sind oftmals die Mieteinnahmen nicht schuldrechtlich an den Absonderungsgläubiger abgetreten worden. Selbst wenn, wäre eine solche Abtretung wegen § 110 Abs. 1 InsO weitgehend wertlos. Der Grundpfandrechts- bzw. Absonderungsgläubiger kann in diesem Fall von den Mieteinnahmen dann nur profitieren, wenn er die Zwangsverwaltung beantragt. Hierbei handelt es sich um ein eigenständiges Gerichtsverfahren nach §§ 146 ff. ZVG. Wird die Zwangsverwaltung angeordnet, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, die mit Insolvenzeröffnung auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist (§ 80 Abs. 1 InsO), in Bezug auf die Grundstücke auf den Zwangsverwalter über. Das hat zur Folge, dass der Insolvenzverwalter für die Dauer der Zwangsverwaltung nicht mehr für die Bewirtschaftung der Immobilie zuständig ist. Für diesen Zeitraum kann die Insolvenzmasse weder Mieteinnahmen beanspruchen noch kann sie mit Masseverbindlichkeiten belastet werden. Auch steuerlich gibt es nun zwei Vermögensverwalter i. S. d. § 34 AO mit zwei verschiedenen Haftungsmassen, sodass z. B. ein Zwangsverwalter auch die Einkommensteuer des Schuldners zu erklären und zu entrichten hat, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt.423)

___________ 423) BFH, Urt. v. 10.2.2015 – IX R 23/14, ZIP 2015, 1503, dazu EWiR 2015, 581 (Cranshaw).

241

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

726 Gelegentlich einigen sich Insolvenzverwalter und Grundpfandrechts- bzw. Absonderungsgläubiger auf den Verzicht eines solchen parallelen Zwangsverwaltungsverfahrens. Vereinbart wird die Bewirtschaftung einer solchen Immobilie im Rahmen einer „kalten“ Zwangsverwaltung durch den Insolvenzverwalter zugunsten des Absonderungsgläubigers. Im Einnahmenbereich werden dann Mieteinnahmen erzielt, für die die im vorangegangenen Kapitel angesprochenen Einnahme-Konten „Mieteinnahmen besichert“ verwendet werden können, auch wenn durch die „kalte“ Zwangsverwaltung kein Absonderungsrecht an den Mieten entsteht; es entsteht lediglich ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Insolvenzverwalter (für die Masse, nicht als Privatperson)424) und Gläubiger. Das Problem besteht eher auf der Ausgabenseite, da der SKR-InsO keine Verwaltung von Absonderungsgut kennt. Hier sind einschlägige Ausgabe-Konten für die Immobilienbewirtschaftung anzulegen. Da es im SKR-InsO freie Strukturziffern gibt, können alle benötigten Einnahme- und Ausgabe-Konten mit einer freien Strukturziffer angelegt werden, um den Zusammenhang erkennen zu können und um die Abrechnung mit dem Gläubiger zu erleichtern. 727 Für die „kalte“ Zwangsverwaltung wird regelmäßig ein Massebeitrag ausgehandelt, für den das Hauptkonto „Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)“ gedacht ist. Da insolvenzvergütungsrechtlich bei der „kalten“ Zwangsverwaltung ein Überschussprinzip gilt, fließt mithin nur dieser Kostenbeitrag in die Berechnungslage ein. Allerdings fehlt im SKR-InsO ein einschlägiges AusgabeKonto für die Darstellung der Auskehrung an den Gläubiger, sodass hierfür ein anderes Konto umgewidmet werden muss. Im Ergebnis gilt bei der buchhalterischen Darstellung dasselbe wie bei Kostenbeiträgen nach der Verwertung von Absonderungsgut, d. h. der gesamte Überschuss aus der „kalten“ Zwangsverwaltung ist (wie ein Verwertungserlös) als Auskehrung an den Gläubiger zu buchen, der Kostenbeitrag dann wieder als Einnahme. 728 Beispiel: Salden per Beendigung „kalte“ Zwangsverwaltung im SKR 04-InsO (Abb. 42): Einnahmen “kalte“ Zwangsverwaltung 4282 xx

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

Ausgaben “kalte“ Zwangsverwaltung xxxx xx

Bewirtschaftungskosten

Überschuss „kalte“ Zwangsverwaltung Überschuss (Abb. 42)

___________ 424) BGH, Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZB 31/14, ZInsO 2016, 1693.

242

€ 100.000,00 € 60.000,00 € 40.000,00

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Der Überschuss wird nun an den Berechtigten ausgekehrt. Buchungssatz im 729 SKR 04-InsO z. B.: 7526 00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

40.000

an

1800 00

Sonderkonto

40.000

730

Auswirkung auf die Summen- und Saldenliste (Abb. 43): €

Einnahmen “kalte“ Zwangsverwaltung 4282 xx

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

100.000,00 €

Ausgaben “kalte“ Zwangsverwaltung xxxx xx

Bewirtschaftungskosten

60.000,00

7526 00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

40.000,00 €

Überschuss „kalte“ Zwangsverwaltung

0,00

Überschuss (Abb. 43)

Damit ist die Prämisse erfüllt, dass Einnahmen Drittrechte und Ausgaben 731 Drittrechte ausgeglichen sein müssen. Nun sei ein ausgehandelter Kostenbeitrag von 10 % der Einnahmen angenommen, sodass der Masse gegen den Gläubiger ein Zahlungsanspruch in Höhe von ¼ 10.000,00 zusteht, der von der Auskehrung einbehalten wird. Buchungssatz im SKR 04-InsO z. B.: 1800 00

Sonderkonto

10.000

an

4285 xx

Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)

10.000

Auswirkung auf die Summen- und Saldenliste (Abb. 44): Einnahmen Abwicklung 4285 xx

Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)

Einnahmen “kalte“ Zwangsverwaltung 4282 xx

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

Ausgaben “kalte“ Zwangsverwaltung

732 € 10.000,00 € 100.000,00 €

xxxx xx

Bewirtschaftungskosten

60.000,00

7526 00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

40.000,00

(Abb. 44)

Bei der Auskehrung an den Gläubiger ist allerdings in zeitlicher Hinsicht 733 Vorsicht geboten. Entsteht durch einen solchen Überschuss aus der „kalten“ Zwangsverwaltung (vor Auskehrung an den Gläubiger) ein Überschuss, kann hieraus eine Belastung der Masse mit Ertragsteuern (meist Einkommensteuer) resultieren. Diese muss dem Gläubiger weiterbelastet werden; ansonsten läge eine Schädigung der Insolvenzmasse vor, die bei „echter“ Zwangsverwaltung eben nicht mit der Ertragsteuer belastet worden wäre, da vom Zwangs-

243

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

verwalter aus den Einnahmen zu bestreiten.425) Eine Auskehrung dürfte daher erst nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens erfolgen. Außerdem ist jede rückwirkende „kalte“ Zwangsverwaltung masseschädigend, weil hier drittrechtsfreie Ansprüche der Masse auf Mietzinsen allein aufgrund einer Vereinbarung mit einem einzelnen Gläubiger aus der Masse weggegeben werden. Ganz allgemein dürfen bei einer „kalten“ Zwangsverwaltung (vor der vergütungsrechtlichen Betrachtung) keine Belastungen der Masse verbleiben, die die vereinbarte Massebeteiligung betragsmäßig übersteigen, weil ansonsten die Masse zugunsten eines einzelnen Gläubigers ohne Aus- oder Absonderungsrecht geschädigt würde.426) Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Nachschusspflicht des Gläubigers nur bei vertraglicher Abrede besteht.427) Problematisch ist ferner, dass ein Schuldner, der seinen Lebensunterhalt aus Mieteinkünften bestreitet, also keine anderen Einkünfte hat, trotz „kalter“ Zwangsverwaltung Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte beantragen kann,428) d. h. aus den Mieteinnahmen wären die Ansprüche des Schuldners vor den Ansprüchen des Gläubigers zu bedienen. 734 In einer Entscheidung vom 28.7.2011429) hat der BFH festgestellt, dass eine solche „kalte“ Zwangsverwaltung auf einem Geschäftsbesorgungsvertrag beruht. Der mit dem Absonderungsgläubiger ausgehandelte Masseanteil ist Gegenleistung (§ 3 UStG) für die vom Verwalter erbrachte Dienstleistung (§ 1 UStG). Die Frage der Steuerbarkeit ist nicht davon abhängig, ob der Schuldner zur Umsatzsteuer optiert hat, also die Mieten Umsatzsteuer enthalten; ausschlaggebend ist allein, ob der Schuldner Unternehmer (§ 2 UStG) ist430) und die Immobilie zum Betriebsvermögen gehört. Ist dies der Fall, muss die für die Masse einbehaltene Beteiligung mit Steuerschlüssel gebucht werden, und dem Gläubiger ist eine Rechnung zu erteilen (§ 14 UStG). 25. 4831 (Erstattung Versicherungsprämien) 735

SKR 03 InsO 2521

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4831

XX

Erstattung Versicherungsprämien

E

736 Zu beachten ist, dass auf dieses Hauptkonto nur Einnahmen aus Prämienerstattungen zu buchen sind, was häufig bei Sachversicherungen der Fall ist, wenn ein Vertrag vorzeitig beendet wird bzw. Prämien überzahlt waren. Ein Beispiel bei Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen ist ___________ 425) 426) 427) 428) 429) 430)

244

BFH, Urt. v. 10.2.2015 – IX R 23/14, ZIP 2015, 1503. Zimmer, InsbürO 2015, 510, 514. OLG Köln, Urt. v. 13.11.2013 – 2 U 17/13, ZInsO 2016, 108. BGH, Beschl. v. 1.3.2018 – IX ZB 95/15, ZVI 2018, 290. BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZInsO 2011, 1904. BFH, Urt. v. 18.8.2005 – V R 31/04, ZIP 2005, 2119; BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZIP 2011, 1923, dazu EWiR 2011, 673 (Mitlehner).

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

auch eine Prämienerstattung privater Krankenversicherungen, wenn in den Vorjahren keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Es ist vorab zu klären, ob ein entsprechender Zahlungseingang nicht eher eine negative Ausgabe darstellt, wenn die Prämien zuvor aus der Masse beglichen wurden. Nicht gemeint sind Versicherungsleistungen. Hat der Schuldner gegen einen 737 Versicherer einen Anspruch aus einem Versicherungsfall, ist im SKR InsO zunächst lediglich das Konto 4030 (sonstige Einnahmen) einschlägig. Jedoch kann die Versicherungsleistung auch im Zusammenhang mit Ausgaben stehen; wird z. B. eine Versicherungsleistung für eine ausgefallene Maschine verwendet, um eine neue Maschine mit Mitteln der Masse zu erwerben, dürfte die Versicherungsleistung nur negative Ausgabe sein. Bei den Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln.

738

26. 4871 – 4898 (Verwertungserlöse) Für die Einnahmen aus der Verwertung von schuldnerischem Vermögen ste- 739 hen nachfolgende Hauptkonten zur Verfügung, die sich weitgehend selbst erläutern. Hinsichtlich der Strukturziffern steht die zeitliche Abgrenzung im Vordergrund, da es sich im Übrigen stets um Abwicklung handeln dürfte. a) Betriebsvermögen als freie Masse (4871 – 4880) SKR 03 InsO 8871

740

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4871

xx

Verwertung Geschäfts- und Firmenwert

E E

8872

4872

xx

Verwertung sonstige immaterielle Vermögenswerte

8873

4873

xx

Verwertung Grundvermögen

E

8874

4874

xx

Verwertung Technische Anlagen und Maschinen

E

8875

4875

xx

Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung

E

8876

4876

xx

Verwertung Finanzanlagen

E

8877

4877

xx

Verwertung Vorräte

E

8878

4878

xx

Verwertung Wertpapiere

E

8879

4879

xx

Verwertung sonstiges Umlaufvermögen

E

8880

4880

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark

E

Diese Differenzierung bei der Buchung von Veräußerungserlösen – und na- 741 türlich die handels- und steuerrechtlichen Vorgaben – verlangen selbstverständlich, dass die Differenzierung bereits im Kaufvertrag (und der Rechnung) vorgenommen wird, was insbesondere bei der übertragenden Sanierung (Asset Deal) von Bedeutung ist.

245

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

742 Zu den Finanzanlagen sollen auch Beteiligungen an anderen Gesellschaften/Unternehmen gehören. Da diese jedoch im Masseverzeichnis separat ausgewiesen werden, sollte auch ein separates Einnahme-Konto angelegt werden. Hierzu gehören nicht nur Beteiligungen an juristischen Personen (z. B. GmbH) oder Personengesellschaften, bei denen der Schuldner Gesellschafter ist, sondern auch Genossenschaftsanteile, die z. B. dann vorhanden sind, wenn der Schuldner Mitglied in einer Einkaufsgenossenschaft ist, er ein Bankkonto bei einer Genossenschaftsbank hat oder als natürliche Person in einer Genossenschaftswohnung wohnt. b) Betriebsvermögen als Absonderungsgut (4881 – 4890) 743 Um die notwendige Abgrenzung zwischen freier Masse und Drittrechten vornehmen zu können, wurden alle vorstehenden Konten dupliziert und erhielten den Zusatz „besichert“: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8881

4881

xx

Verwertung Geschäfts- und Firmenwert besichert

E

8882

4882

xx

Verwertung sonstige immaterielle Vermögenswerte besichert

E

8883

4883

xx

Verwertung Grundvermögen besichert

E E

8884

4884

xx

Verwertung Technische Anlagen und Maschinen besichert

8885

4885

xx

Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung besichert

E

8886

4886

xx

Verwertung Finanzanlagen besichert

E

8887

4887

xx

Verwertung Vorräte besichert

E

8888

4888

xx

Verwertung Wertpapiere besichert

E E E

8889

4889

xx

Verwertung sonstiges Umlaufvermögen besichert

8890

4890

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark besichert

c) Privatvermögen als freie Masse (4891 – 4894) 744 Um bei natürlichen Personen eine Abgrenzung zwischen Betriebs- und Privatvermögen vornehmen zu können, wurden einige zusätzliche Konten angelegt: SKR 03 InsO 8891 8892

246

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4891 4892

xx

Verwertung Grundvermögen (Privatvermögen)

E

xx

Verwertung bewegliches Vermögen (Privatvermögen)

E

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8893

4893

xx

Verwertung sonstiges Vermögen (Privatvermögen)

E

8894

4894

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark (Privatvermögen)

E

d) Privatvermögen als Absonderungsgut (4895 – 4898) Da auch insoweit Absonderungsrechte bestehen können, mussten auch diese 745 Konten dupliziert werden und den Zusatz „besichert“ erhalten: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

8895

4895

xx

Verwertung Grundvermögen besichert (Privatvermögen)

E

8896

4896

xx

Verwertung bewegliches Vermögen besichert (Privatvermögen)

E

8897

4897

xx

Verwertung sonstiges Vermögen besichert (Privatvermögen)

E

8898

4898

xx

Verwertung Kraftfahrzeuge/Fuhrpark besichert (Privatvermögen)

E

27. 4980 (Investitionszulage) SKR 03 InsO 2744

746

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 4980

xx

Einnahmen aus Investitionszulage

E

Das Hauptkonto ist eindeutig, wenngleich solche Geschäftsvorfälle selten 747 sind. Bei den Strukturziffern gelten die allgemeinen Grundsätze, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass solche öffentlich-rechtlichen Zulagen oftmals ratierlich gezahlt werden. Meist wurden Investitionszulagen vorinsolvenzlich bewilligt, dann ist bei Zahlungseingang z. B. grundsätzlich die Strukturziffer 01 einschlägig etc. Müssen jedoch für weitere Auszahlungen weitere Voraussetzungen erfüllt sein und ergeht ein weiterer Bewilligungsbescheid, ist dieses Datum maßgeblich für die zeitliche Zuordnung. Ist eine der weiteren Voraussetzungen z. B. die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, dürften die Strukturziffern für Betriebsfortführung einschlägig sein. Ergänzend ist zu beachten, dass mit der Gewährung Auflagen verbunden 748 sind. Werden diese nicht mehr erfüllt, kann es zur Rückforderung kommen, die dann Masseverbindlichkeit ist. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob die vorherige Einnahme in der Berechnungsgrundlage bleiben soll, dann wäre für die Rückzahlung ein Ausgabe-Konto vorzuhalten; ansonsten genügt eine Erfassung als negative Einnahme. Hinsichtlich der Strukturziffern dürften für eine Rückzahlung diejenigen einschlägig sein, die auch für die Einnahme einschlägig waren. 247

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

28. 5200 – 5840 (Wareneingang) 749

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

3200

5200

xx

Wareneingang – 19 % USt

A

3220

5220

xx

Wareneingang – 7 % USt

A

3240

5240

xx

Wareneingang – EU (7 % VorSt/7 % USt)

A

3241

5241

xx

Wareneingang – EU (19 % VorSt/19 % USt)

A

3242

5242

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/7 % USt)

A

3243

5243

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/19 % USt)

A

3244

5244

xx

Wareneingang – EU (sonstige VorSt/ sonstige USt)

A

3245

5245

xx

Wareneingang – EU (ohne VorSt/sonstige USt)

A

3260

5260

xx

Wareneingang – Drittland

A

3280

5280

xx

Wareneingang – sonstige Steuern

A

3800

5800

xx

Eingangsfrachten

A

3850

5840

xx

Zölle und Einfuhrabgaben

A

750 Die Hauptkonten sind weitgehend selbsterläuternd, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Wie bei den Forderungen aus Lieferung und Leistung beruht die Vielzahl der Konten darauf, dass in handelsrechtlichen Kontenplänen aufgrund der dort verwendeten Steuerautomatik für jede umsatzsteuerliche Konstellation ein eigenes Sachkonto existiert. Die (vorübergehende) Absenkung der Steuersätze für den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 hat keine Auswirkung auf die Auswahl des Sachkontos, vielmehr ist dies bei der Auswahl des Steuerschlüssels zu berücksichtigen. 751 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. Es dürfte sich nahezu ausschließlich um fortführungsbedingte Ausgaben handeln, da auch eine Ausproduktion wie eine Betriebsfortführung zu behandeln ist.431) Die zeitliche Abgrenzung ist hier wegen der Frage der Zahlungsberechtigung und der vergütungsrechtlichen Auswirkungen von besonderer Bedeutung und regelmäßiger Gegenstand von Rechnungsprüfungen. Daher sei hervorgehoben, dass der Zeitpunkt der Begründung einer Verbindlichkeit maßgeblich ist. Begründet ist die Forderung eines Lieferanten i. d. R. mit Ausführung der Lieferung, d. h. erst dann, wenn dem Besteller/Käufer (Schuldner bzw. Insolvenzverwalter) die Verfügungsmacht über den bestellten Gegenstand verschafft wurde (vgl. auch § 3 Abs. 1 UStG). Bis dahin besteht regelmäßig ein Rücktrittsrecht des Bestellers (vgl. auch § 103 InsO). Gleichfalls kann ein vorläufiger Insolvenzverwalter seine Zustimmung zur Entgegennahme der Lieferung verweigern. Für die zeitliche Abgrenzung und die Wahl der richtigen Strukturziffer muss daher das Lieferdatum bekannt sein. Wenn sich dies – ___________ 431) BGH, Beschl. v. 27.9.2012 – IX ZB 243/11, Tz. 9, ZInsO 2013, 840.

248

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG – nicht der Rechnung entnehmen lässt, sollte der Lieferschein den Belegen beigefügt werden. Sofern die Ware bei Anordnung der vorläufigen Verwaltung schon geliefert 752 worden war und noch vorhanden, aber die Rechnung noch offen ist, wäre theoretisch die Strukturziffer 01 einschlägig. Dies sollte jedoch vermieden werden. Da es hier um die Frage der Zahlungsberechtigung und um die vergütungsrechtliche Zuordnung geht, sollte bei Zahlung ein Sachkonto Wareneingang mit Strukturziffer 20 gewählt werden (weil die Zahlung nur geleistet wird, um die Ware für die Betriebsfortführung verwenden zu können), alternativ kann ein Sachkonto für „Abfindungen Drittrechte“ (7530 ff. SKR 04InsO) – aus selbigen Gründen mit Strukturziffer 20 – angesprochen werden (weil nicht auf die schuldrechtliche Forderung, sondern auf das dingliche Eigentumsvorbehaltsrecht gezahlt wird). 29. 6000 – 6120 (Lohn- und Lohnnebenkosten einschl. Insolvenzgeldvorfinanzierung) a) Laufende Ausgaben 753

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4100

6000

xx

Löhne und Gehälter

A

4101

6001

xx

Löhne und Gehälter – angestellte Zeitmanager

A

4102

6002

xx

Lohn-/Kirchensteuer

A

4130

6110

xx

Gesetzliche Sozialaufwendungen

A

4138

6120

xx

Beiträge zur Berufsgenossenschaft

A

Die Hauptkonten sind selbsterläuternd, Abweichungen von einer handels- 754 rechtlichen Definition bestehen nicht. Zu erwähnen ist lediglich der Zeitmanager, der mit einem (befristeten) Anstellungsvertrag für den Schuldner bzw. die Masse tätig wird. Die Heraushebung dieser Ausgabe beruht auf einer vergütungsrechtlichen Erwägung, denn derartige Ausgaben für ein Interimsmanagement können den für eine Betriebsfortführung geltend gemachten Zuschlag i. S. d. § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV reduzieren.432) Soweit Lohnkosten durch Dritte ausgeglichen werden, z. B. durch Kranken- 755 kassen bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Eingliederungsbeihilfen oder als Kurzarbeitergeld, handelt es sich um negative Ausgaben auf dem Sachkonto für Löhne und Gehälter. Anders nur, wenn solche Erstattungen für einen vorherigen Zeitabschnitt erfolgen (dann sonstige Einnahmen). Lohnnebenkosten im Zusammenhang mit Ansprüchen aus einem nach Ver- 756 fahrenseröffnung geschlossenen Sozialplan i. S. d. § 123 InsO sind nicht hier ___________ 432) BGH, Beschl. v. 11.3.2010 – IX ZB 122/08, ZIP 2010, 1909.

249

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

zu verorten, sondern dem entsprechenden Hauptkonto für Sozialplanzahlungen (Konto 7575 SKR 04-InsO) zuzuordnen. 757 Aufmerksamkeit verlangt im Wesentlichen die Auswahl der richtigen Strukturziffer im Hinblick auf die Abgrenzung von Abwicklung und Betriebsfortführung, Stichwort Sowieso-Kosten (ĺ Rz. 328). Auch auf eine sorgsame Abgrenzung von Alt- zu Neumasseverbindlichkeiten ist zu achten, da es gerade hier oftmals zu rechtlichen Fragen kommt (die natürlich schon vor der Begleichung der Verbindlichkeit zu prüfen sind). Erweist sich z. B. eine Kündigung, die das Arbeitsverhältnis spätestens zum ersten Termin beenden würde, zu dem der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte, als unwirksam, gelten die Ansprüche des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug für die Zeit nach diesem Termin als Neumasseverbindlichkeiten.433) b) Besonderheiten in der vorläufigen Verwaltung (u. a. Insolvenzgeldvorfinanzierung) 758

SKR 03 InsO 4105

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6005

xx

Kosten der Insolvenzgeldvorfinanzierung

A A

4106

6006

01

Differenzlöhne und Gehälter vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)

4107

6007

01

Differenzlöhne Bundesanstalt für Arbeit vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)

A

4108

6008

01

Differenzlöhne Lohnsteuer vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)

A

4109

6009

01

Differenzlöhne gesetzliche Sozialaufwendungen vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)

A

759 Hinsichtlich der Insolvenzgeldvorfinanzierung als solche sei auf die Ausführungen in Rz. 497 ff. verwiesen. Hier findet sich nun ein Ausgabe-Konto für die Kosten der Insolvenzgeldvorfinanzierung, meist in Gestalt von Zinsen und Bearbeitungsgebühren. Bei den Strukturziffern bestehen gelegentlich Unsicherheiten. Zum einen handelt es sich während der vorläufigen Verwaltung nicht um abwicklungs-, sondern um fortführungsbedingte Ausgaben. Zum anderen scheint die zeitliche Zuordnung nicht immer eindeutig. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Begründung jedweder Verbindlichkeiten – seien es Bearbeitungsprovisionen oder Zinsen – mit dem Vertragsschluss über die Darlehensaufnahme erfolgt, sodass im Ergebnis immer die Strukturziffer 20 einschlägig ist, auch wenn die Geschäftsvorfälle erst nach Verfahrenseröffnung liegen. Daher geht es auch um die Frage der Zahlungsberechtigung, da für die Kosten der Insolvenzgeldvorfinanzierung regelmäßig eine Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts erforderlich ist, da die Begründung der Verbindlichkeit ___________ 433) BAG, Urt. v. 22.2.2018 – 6 AZR 868/16, NZI 2018, 450.

250

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

in der vorläufigen Verwaltung erfolgt, eine Zahlung jedoch erst nach Verfahrenseröffnung vorgenommen wird. Zur Vermeidung einer Einzelermächtigung wird im Antragsverfahren regelmäßig ein Vorschuss geleistet, der hier zu erfassen wäre. Eine Erstattung des nicht verbrauchten Vorschusses nach Verfahrenseröffnung wäre jedoch nicht hier als negative Ausgabe zu buchen, sondern als sonstige Einnahme. Seit dem 1.2.2021 finden sich Ausgabe-Konten mit der Bezeichnung „Diffe- 760 renzlöhne […] vor A. vorl. V (revolvierende Zahlung)“. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um die Hauptkonten für Differenzlöhne handelt (ĺ Rz. 762), lediglich die Strukturziffer 01 soll hier besondere Aussagekraft haben bzw. einen konkreten Sachverhalt beschreiben. Nun steht der Begriff Differenzlohn grundsätzlich für die sog. Kündigungsfristlöhne nach Freistellung eines Arbeitnehmers, meist entstehend nach Verfahrenseröffnung (dann Strukturziffer 30), wenngleich auch in der vorläufigen Verwaltung Freistellungslöhne anfallen können (dann Strukturziffer 10), sofern nicht Anspruch auf Insolvenzgeld besteht. Die Kontenbezeichnung „vor A. vorl. V“ mit der Strukturziffer 01 ist daher irritierend und dürfte einen anderen Sachverhalt betreffen. Nicht gemeint sein kann die revolvierende Zahlung von Löhnen und Gehältern aus dem Zeitraum der vorläufigen Verwaltung (ohne Freistellung), wenn und weil diese länger dauert als der (restliche) Insolvenzgeldzeitraum, denn hier wäre das Ausgabe-Konto „Löhne und Gehälter“ mit der Strukturziffer 20 einschlägig. Somit verbliebe als Sachverhalt die Begleichung entsprechender Verbindlich- 761 keiten aus dem Zeitraum vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung (Befriedigung künftiger Insolvenzverbindlichkeiten), basierend auf der Annahme einer Zahlungsberechtigung aus dem möglichen Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers. Ungeachtet der Frage der tatsächlichen Zahlungsberechtigung würde eine solche Zahlung dann aber dem Ausgabe-Konto „Löhne und Gehälter“ mit der Strukturziffer 20 zuzuordnen sein, denn wenn ein Zurückbehaltungsrecht vermieden werden soll, dann offenbar zur Heranziehung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, was regelmäßig der Betriebsfortführung zuzuordnen ist. Ob das Argument der Zahlungsberechtigung für Arbeitnehmerforderungen auch für die Gläubiger der Lohnnebenforderungen gelten kann, dürfte eine weitere Rechtsfrage darstellen. Insgesamt sind diese Konten daher nicht eindeutig. Jedenfalls dürfte die Strukturziffer 01 hier nicht automatisch den Abzug von der Berechnungsgrundlage (bzw. vom Fortführungsüberschuss) ausschließen. c) Besonderheiten nach Freistellung (u. a. Differenzlöhne) 762

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4106

6006

xx

Differenzlöhne und Gehälter

A

4107

6007

xx

Differenzlöhne Bundesanstalt für Arbeit

A

251

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4108

6008

xx

Differenzlöhne Lohnsteuer

A

4109

6009

xx

Differenzlöhne gesetzliche Sozialaufwendungen

A

763 Vorgenannte Ausgabe-Konten sind zum 1.2.2021 eingeführt worden. Zuvor sind derartige Ausgaben auf den normalen Konten für Lohn- und Lohnnebenkosten erfasst worden, verwendet wurde eine Strukturziffer für Abwicklung. Aus dem Buchungstext ging hervor, dass es sich um Differenzlöhne bzw. entsprechende Lohnnebenkosten handelt. Nunmehr existieren hierfür eigene Hauptkonten. Mit den Zahlungen an die Bundesagentur für Arbeit ist der sog. Anspruchsübergang gemäß § 169 SGB III gemeint. Hintergrund sind die Lohnansprüche der Arbeitnehmer ab einer Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Hier besteht zwar voller Lohnanspruch, jedoch gemindert um die Leistungen aus Arbeitslosengeld. 764 An der Einschlägigkeit der Strukturziffern hat sich hierdurch nichts geändert, d. h. es kommen die Ziffern 30 und 40 in Betracht, wenn die Lohnansprüche nach Verfahrenseröffnung entstehen. Theoretisch sind auch Differenzlöhne während der vorläufigen Verwaltung denkbar (dann Strukturziffer 10), jedoch nur dann, wenn der Lohnanspruch nicht ohnehin vom Anspruch auf Insolvenzgeld gedeckt ist. 30. 6300 – 6301 (Sonstige betriebliche Aufwendungen und Gebühren) 765

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4900

6300

xx

Sonstige betriebliche Aufwendungen

A

4901

6301

xx

Sonstige Gebühren

A

766 Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Bei der Auswahl der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. 31. 6303/6306 (Fremdleistungen) 767

SKR 03 InsO 4903

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6303

xx

Fremdleistungen und Fremdarbeiten

A

768 Da das Hauptkonto 6303 dem handelsrechtlichen SKR 04 entnommen wurde, ist der Anwendungsbereich grundsätzlich eindeutig. Gemeint sind Leistungen Dritter im Rahmen des Produktionsprozesses, z. B. der Einsatz von Leiharbeitern, Lohnveredlern, Speditionen, Subunternehmern etc. Daher wird meist eine Strukturziffer für Betriebsfortführung einschlägig sein. Gleichwohl kann das Konto auch verwendet werden für (abwicklungsbedingte) Ausgaben außerhalb des Produktionsprozesses, z. B. Wachdienste, Erstellung von Gutachten, Grundstücksräumung etc. 252

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Differenzierter ist der Anwendungsbereich des Hauptkontos 6306, das in- 769 solvenzspezifische Fremdleistungen erfassen soll. Die Auswahl der fünften Stelle des anzusprechenden Kontos entspricht hierbei dem allgemeinen System der Strukturziffern, wobei die Strukturziffer 01 generell ausgeschlossen ist, da es sich sonst um die Befriedigung von Insolvenzforderungen handeln würde. Mit der sechsten Stelle des Kontos wird zwischen verschiedenen Arten der 770 Fremdleistungen differenziert, sodass nachfolgend aus Platzgründen nur diese Differenzierung dargestellt wird: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4781

6306

x0

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – sonstige

A

4781

6306

x1

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – Inventarisierung

A

4781

6306

x2

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – Verwertung

A

4781

6306

x3

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – Zeitmanagement

A

4781

6306

x4

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – M&A und sonstige Unternehmensberatung

A

4781

6306

x5

Insolvenzspezifische Fremdleistungen und Fremdarbeiten […] – Akteneinlagerung

A

Die Inventarisierung erfolgt meist schon im Antragsverfahren, um das Er- 771 öffnungsgutachten erstellen zu können. Jedoch können auch (erneute) Inventuren nach Verfahrenseröffnung erforderlich werden, z. B. zur Bezifferung des Kaufpreises für Warenvorräte im Zuge einer übertragenden Sanierung nach Betriebsfortführung. Kosten der Verwertung können u. a. in Gestalt von Provisionen des Ver- 772 wertungsunternehmens bzw. Versteigerers entstehen, aber auch durch Zeitungsanzeigen etc. Ein gesonderter Ausweis ist erforderlich, da im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Einschaltung eines Verwerters angemessen war oder der Insolvenzverwalter eine Regelaufgabe delegiert hat. Denn grundsätzlich ist die Verwertung der Masse Regelaufgabe des Verwalters. Die Einschaltung eines Verwerters, Maklers o. ä. wird nur dann als zulässig erachtet, wenn durch die besondere Sachkunde des Dritten ein höherer Verwertungserlös für die Masse zu erwarten ist; ansonsten ist ein Abschlag von der Vergütung nach § 3 Abs. 2 InsVV wegen Arbeitserleichterung zu prüfen.434) Auch wenn diese vergütungsrechtlichen Besonderheiten in der Eigenverwaltung nicht gelten, weil beim Schuldner selbst nicht zwischen Regel- und Sonderaufgaben differenziert wird, sollte das entsprechende Sachkonto verwendet werden. ___________ 434) BGH, Beschl. v. 11.10.2007 – IX ZB 234/06, ZIP 2007, 2323.

253

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

773 Kosten für ein Zeitmanagement können entstehen durch Einsetzung eines Interimsmanagers. Dies setzt regelmäßig eine Betriebsfortführung voraus, sodass nur die Strukturziffern 23, 53 und 63 in Betracht kommen. Der gesonderte Ausweis ist erforderlich, da die Kosten eines Interimsmanagements bei einem Zuschlag für Betriebsfortführung nach § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV mindernd zu berücksichtigen sind; die Masse darf für denselben Sachverhalt nicht doppelt mit Kosten belastet werden, einmal mit den Masseverbindlichkeiten eines Interimsmanagers, einmal durch Erhöhung der Verwaltervergütung.435) Wurde mit dem Interimsmanager ein (Zeit-) Arbeitsvertrag geschlossen, ist das Hauptkonto 6001 (SKR 04-InsO) einschlägig. Auch wenn diese vergütungsrechtlichen Besonderheiten in der Eigenverwaltung nur eingeschränkt gelten, sollte das entsprechende Sachkonto verwendet werden. 774 Bei Kosten für M&A und sonstige Unternehmensberatung müsste wohl hinsichtlich der Strukturziffern zu differenzieren sein, da sich beide Arten von Fremdleistungen sowohl auf eine Abwicklung (z. B. übertragende Sanierung, Insolvenzplan, Dual Track, sonstige betriebswirtschaftliche Gutachten) als auch auf eine Betriebsfortführung (laufende Unternehmensberatung oder betriebswirtschaftliche Begleitung) beziehen können. Ein gesonderter Ausweis beruht ungeachtet dessen auch hier auf vergütungsrechtlichen Erwägungen, da solche Ausgaben bei der Bemessung eines entsprechenden Zuschlags nach § 3 Abs. 1 InsVV (für Betriebsfortführung, übertragende Sanierung, Insolvenzplan o. ä.) mindernd zu berücksichtigen sind.436) Auch wenn diese vergütungsrechtlichen Besonderheiten in der Eigenverwaltung nur eingeschränkt gelten, sollte das entsprechende Sachkonto verwendet werden. 775 Unverständlich ist, weshalb Kosten der Akteneinlagerung insolvenzspezifisch sein sollen. Hier geht es ausschließlich um die Erfüllung handels- und steuerrechtlicher Pflichten (§ 257 HGB, § 147 f. AO), die in Bezug auf die Archivierung überdies immer abwicklungsbedingt sind. Offenbar sind oder waren Insolvenzverwalter aber auch an Archivierungsgesellschaften beteiligt, sodass die Anlage dieses Sachkontos eher optischen Gründen folgt; einschlägig ist tatsächlich das Hauptkonto 6303 (SKR 04-InsO) für sonstige Fremdleistungen mit einer abwicklungsbedingten Strukturziffer. 776 Unter sonstige insolvenzspezifische Fremdleistungen könnten – ungeachtet der vergütungsrechtlichen Einordnung – z. B. Kosten für ein elektronisches Gläubigerinformationssystem (GIS) zu verstehen sein. Auch die Einschaltung von Dienstleistern z. B. für die Bearbeitung der Insolvenzgeldvorfinanzierung oder der Differenzlöhne könnte hier verortet werden. Ungeklärt sind die Kosten des sog. Eigenverwalters, d. h. eines schuldnerischen Beraters, der auch gegenüber dem Insolvenzgericht diejenigen Aufgaben des Schuldners wahrnimmt, die ansonsten einem Insolvenzverwalter obliegen würden. Hinsichtlich des ___________ 435) BGH, Beschl. v. 11.3.2010 – IX ZB 122/08, ZIP 2010, 1909. 436) BGH, Beschl. v. 11.3.2010 – IX ZB 122/08, ZIP 2010, 1909.

254

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Hauptkontos dürfte von sonstigen insolvenzspezifischen Fremdleistungen auszugehen sein (einschließlich Auslagen und ggf. Prämien zur Haftpflichtversicherung). Hinsichtlich der Strukturziffern ist eine eindeutige Zuordnung zu Fortführung oder Abwicklung nur schwerlich möglich. 32. 6307 (Kosten Transfergesellschaften) SKR 03 InsO 4782

777

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6307

xx

Kosten Transfergesellschaften

A

Das zum 1.2.2021 eingeführte Hauptkonto erfasst Remanenzkosten der sog. 778 Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften, bei denen schuldnerische Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze nicht durch übertragende Sanierung erhalten bleiben können, die aber auch nicht arbeitslos werden sollen, in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft überführt werden. Hintergrund ist die Vermeidung eines Wiedereinstellungsanspruchs nach § 613a BGB. Gelegentlich kommt es vor, dass Ansprüche der Transfergesellschaften auf öffentliche Leistungen (Eingliederungsbeihilfen, Kurzarbeitergeld etc.) an die Masse ausgezahlt und dann weiterbelastet oder verrechnet werden. Solche Einzahlungen stellen jedoch lediglich negative Ausgaben dar. Bei den Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln, wobei aufgrund einer 779 Sachnähe zu Differenzlöhnen ausschließlich abwicklungsbedingte Strukturziffern einschlägig sein dürften. 33. 6305/6310 – 6350 (Miete, Raumkosten u. a.) 780

SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 4200

6305

xx

Raumkosten

A

4210

6310

xx

Miete und Pacht

A

4240

6325

xx

Gas, Strom, Wasser

A

4250

6330

xx

Reinigung

A

4290

6350

xx

Grundstücksaufwendungen

A

Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind auf den ersten Blick eindeutig, 781 Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Auch hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. Dennoch kann es im Einzelfall zu Definitionsfragen und zur Notwendigkeit weiter anzulegender Konten kommen. Gegenwärtig ist zu beachten, dass der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz befristet vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 von

255

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

19 % auf 7 % gesenkt wurde.437) Maßgeblich ist der letzte Tag des Abrechnungszeitraums, also der Tag der Zählerablesung.438) 782 Ist der Schuldner Mieter einer Betriebsimmobilie, sind die entsprechenden Ausgaben hier zu verorten. Dann ist nur noch bei den Strukturziffern darauf zu achten, ob abwicklungs- oder fortführungsbedingte Ausgaben vorliegen. Wird die Immobilie tatsächlich für eine Betriebsfortführung genutzt, handelt es sich um fortführungsbedingte Ausgaben. Unter Verweis auf das Stichwort „Sowieso-Kosten“ (ĺ Rz. 328) sei daran erinnert, dass es nicht darauf ankommt, dass die Mieten auch ohne eine Betriebsfortführung hätten bezahlt werden müssen. Nach Einstellung der Betriebsfortführung können jedoch weitere Kosten anfallen, die dann mit einer abwicklungsbedingten Strukturziffer zu buchen sind (z. B. Mieten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist i. S. d. § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO, Reinigung im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Rückgabe an den Vermieter etc.). 783 Ist der Schuldner Mieter eine selbstgenutzen Wohnimmobilie, sind die Aufwendungen bis zur Enthaftungserklärung i. S. d. § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO als abwicklungsbedingte Ausgaben hier zu verorten. Insoweit kann es zur Doppelnutzung von Sachkonten kommen, wenn der Schuldner als natürliche Person auch noch Mieter einer Betriebsimmobilie ist und dort abwicklungsbedingte Ausgaben anfallen. Sofern die Immobilien nicht über separate Sachkonten (z. B. sechste Stelle des Kontos) getrennt abgebildet werden, sind die Buchungstexte entsprechend eindeutig zu formulieren. 784 Ist der Schuldner Vermieter, kann auf die Ausführungen zur Immobilienverwaltung (ĺ Rz. 724 ff.) verwiesen werden. Ist der Schuldner gleichzeitig Mieter einer anderen Immobilie oder Vermieter mehrerer Immobilien, sollten zur Unterscheidung zusätzliche Sachkonten (z. B. sechste Stelle des Kontos) angelegt werden. 34. 6360 – 6361 (Ausgaben im Kontext Nachfolgegesellschaft) 785

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4291

6360

xx

Weiterleitung an Nachfolgefirma

A

4292

6361

xx

Verauslagte Kosten für Nachfolgefirma

A

786 Nach einer übertragenden Sanierung (Übertragung der wesentlichen Vermögensgegenstände und des operativen Geschäftsbetriebs an eine Nachfolgegesellschaft unter weitgehendem Erhalt von Arbeitsplätzen) kommt es häufig zu der Situation, dass die Kunden des Erwerbers auf das Sonderkonto des In___________ 437) Art. 1 des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasgesetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022, 1743). 438) Ausführlich BMF-Schreiben v. 25.10.2022 (GZ III C 2 – S 7030/22/10016 :005, DOK 2022/1014041).

256

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

solvenzverwalters zahlen (Einzahlung). Diese Beträge sind i. d. R. an die Nachfolgegesellschaft weiterzuleiten (anschließende Auszahlung). Gleichfalls kann es vorkommen, dass aus der Masse noch Ausgaben getätigt werden (Auszahlungen), die von der Nachfolgegesellschaft an die Masse zu erstatten sind (anschließende Einzahlungen). Hierfür sieht der Kontenplan SKR InsO seit dem 1.2.2021 eigenständige Sachkonten vor. Das Hauptkonto 6360 erfasst die Weiterleitung (Auszahlung) von Einzah- 787 lungen, die der Nachfolgegesellschaft zustehen. Die vorherige Einzahlung ist auf Einnahme-Konto 4033 zu erfassen. Das Hauptkonto 6361 erfasst Ausgaben, die die Masse im Interesse der 788 Nachfolgegesellschaft tätigt. Die spätere Erstattung ist auf Einnahme-Konto 4032 zu erfassen. Die Auswahl der Strukturziffer ist abhängig von der Frage, wie die Vorgän- 789 ge vergütungsrechtlich zu beurteilen sind. Es dürfte von der Anwendung eines Überschussprinzips auszugehen sein, sodass sich die Strukturziffern für Betriebsfortführung anbieten. Jedenfalls muss die Strukturziffer einheitlich für einander gegenüberstehende Einnahmen/Ausgaben verwendet werden. Wenn die Vorgänge keine vertragliche Grundlage haben und auch umsatzsteuerlich nicht von Bedeutung sind, können sie auch als durchlaufende Posten behandelt werden. 35. 6400 – 6430 (Versicherungen und Beiträge) SKR 03 InsO

790

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4360

6400

xx

Versicherungen – allgemein

A

4361

6401

xx

Haftpflichtversicherung Gläubigerausschuss (§ 54 Nr. 2 InsO, § 18 Abs. 1 InsVV)

A

4362

6402

xx

Haftpflichtversicherung Insolvenzverwalter/ Sachwalter (§ 54 Nr. 2 InsO, § 4 Abs. 3 InsVV)

A

4380

6420

xx

Beiträge

A

4390

6430

xx

Sonstige Abgaben

A

Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind im Grunde eindeutig. Handelt es 791 sich um eine Sachversicherung im Zusammenhang mit einem Grundstück, kann allerdings überlegt werden, dies den Grundstücksaufwendungen zuzuordnen, wenn es die Transparenz im Einzelfall erfordert. Bei den Strukturziffern gelten wiederum die allgemeinen Regeln, insbesondere zur Abgrenzung zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung. An dieser Stelle ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass Prämienerstattungen u. U. als negative Ausgaben zu erfassen sind, wenn die Prämien zuvor (im selben Verfahrensabschnitt) aus der Masse geleistet worden waren. Die Ausgabe-Konten für die Prämien zur Haftpflichtversicherung des In- 792 solvenzverwalters bzw. Sachwalters und der Gläubigerausschussmitglieder 257

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

wurden zum 1.2.2021 umbenannt, um klarzustellen, dass es sich trotz Verortung an hiesiger Stelle im Kontenplan nicht um sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO handelt, sondern um Verfahrenskosten nach § 54 Nr. 2 InsO. Insoweit bedarf es auch keiner Diskussion um Strukturziffern, einschlägig ist immer die Strukturziffer 00. Fraglich allein ist, ob die Prämien nur mit Zustimmung des Gerichts bezahlt werden dürfen; dies ist jedoch keine Frage der Buchführung. 36. 6450 – 6495 (Reparaturen und Instandhaltungen) 793

SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 4801

6450

xx

Reparatur u. Instandhaltung von Bauten

A

4800

6460

xx

Reparatur/Instandhaltung Anlagen u. Maschinen

A

4805

6470

xx

Reparatur/Instandhaltung von anderen Anlagen u. BGA

A

4809

6490

xx

Reparatur/Instandhaltung Sonstige

A

4806

6495

xx

Wartungskosten für Hard- und Software

A

794 Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Da der Kontenplan anderen Orts separate Sachkonten für den Fuhrpark enthält, müsste bei Reparaturkosten von Fahrzeugen lediglich entschieden werden, ob sie hier oder als „Fahrzeugkosten“ (6500 SKR 04-InsO) erfasst werden sollen. Bei der Auswahl der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. 37. 6497 – 6499 (Anschaffungen, Leasing, Mietkauf) 795

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4812

6497

xx

Anschaffung Anlagevermögen

A

4810

6498

xx

Mietleasing

A

4811

6499

xx

Mietkauf

A

796 Es ist in einem Produktionsprozess nicht auszuschließen, dass Gegenstände des Anlagevermögens gekauft werden müssen, sei es als Ersatzbeschaffung für ausgefallene Vermögensgegenstände, sei es im Rahmen einer Produktionsumstellung. Manchmal steht eine Produktionshalle auf einem Grundstück, das einem Dritten gehört; hier kann es z. B. für eine übertragende Sanierung sinnvoll sein, zunächst das Grundstück für die Masse zu erwerben. Für derartige Anschaffungen ist das Hauptkonto 6497 vorgesehen, wobei hier keine Identität mit dem handelsrechtlichen Konto 6497 (SKR 04) besteht. 797 Leasing ist im deutschen Schuldrecht nicht legaldefiniert, es werden in der rechtlichen Bewertung Elemente des Kaufs und der Miete verbunden. Steuerlich gibt es beim Leasing einige Probleme zu beachten. Von Bedeutung ist, 258

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

dass das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum regelmäßig bei einem Dritten (Leasinggeber) liegt, sodass der Vermögensgegenstand nicht beim Schuldner zu bilanzieren ist (Mietleasing). Aus der Perspektive des Schuldners handelt es sich bei den monatlichen Zahlungen um Aufwand. Wird ein solcher Vertrag fortgesetzt, sind die Leasingraten auf dem Hauptkonto 6498 zu erfassen. Wird der Vermögensgegenstand nach Ablauf der Leasingdauer für die Masse erworben, ist das Hauptkonto 6497 einschlägig. Um Kaufleasing handelt es sich hingegen, wenn schon die Übergabe an den 798 Leasingnehmer eine Lieferung i. S. d. § 3 UStG darstellte und der Gegenstand beim Leasingnehmer (Schuldner) zu bilanzieren ist. Für Kaufleasing steht im handelsrechtlichen SKR 04 das Konto 6250 zur Verfügung, das bei Bedarf auch in den SKR 04-InsO übernommen werden kann. Ansonsten ist das Hauptkonto 6497 einschlägig. Der Mietkauf ist ein Mietvertrag, bei dem der Vermieter dem Mieter das 799 Recht eingeräumt hat, die Sache innerhalb einer bestimmten Frist durch einseitige Erklärung zu erwerben. Der SKR-InsO lässt offen, ob nur der Kaufpreis oder vorher schon die Mietkaufraten auf das Hauptkonto 6499 zu buchen sind, was jedoch aus Gründen der Transparenz zu empfehlen ist, um den Gesamtaufwand für diesen Vermögensgegenstand erkennen zu können. Mietkauf ist rechtlich komplex. Je nach Vertragsgestaltung kann dem Vertragspartner ein Aus- oder Absonderungsrecht zustehen. Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln, insbesonde- 800 re im Hinblick auf die Abgrenzung von Abwicklung und Fortführung. Im Übrigen ist der vergütungsrechtliche Zusammenhang mit späteren Erlösen aus der Verwertung solcher Vermögensgegenstände zu klären. Bei neu angeschafften Gegenständen ist auch das Masseverzeichnis i. S. d. 801 § 151 InsO fortzuschreiben. Jedenfalls aber muss aus der Buchführung bzw. dem Berichtswesen hervorgehen, ob und wie diese Gegenstände am Ende wieder verwertet wurden. Gelegentlich werden „kleinere“ Anschaffungen (z. B. Laptops, Drucker, Kaffeevollautomaten etc.) getätigt, für die ein späterer Verwertungsnachweis fehlt. 38. 6500 (Fahrzeugkosten) SKR 03 InsO 4500

802

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6500

xx

Fahrzeugkosten

A

Die Kontenbezeichnung ist eindeutig, Abweichungen von einer handels- 803 rechtlichen Definition bestehen nicht. Auch bei den Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln.

259

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

39. 6600 – 6650 (Werbe- und Reisekosten) 804

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4600

6600

xx

Werbekosten

A

4660

6650

xx

Reisekosten

A

805 Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Regelmäßig wird den Geschäftsvorfällen eine Betriebsfortführung zugrunde liegen, was bei der Auswahl der Strukturziffern zu beachten ist. 40. 6700 – 6815 (Weitere Betriebsausgaben) 806

SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4700

6700

xx

Kosten Warenabgabe

A

4730

6740

xx

Ausgangsfrachten

A

4910

6800

xx

Porto

A

4920

6805

xx

Telekommunikationskosten

A

4930

6815

xx

Bürobedarf

A

807 Die Bezeichnungen der Hauptkonten sind eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Regelmäßig wird den Geschäftsvorfällen eine Betriebsfortführung zugrunde liegen, was bei der Auswahl der Strukturziffern zu beachten ist. 41. 6825/6826/6828/6840 (Rechts- und Beratungskosten sowie Kosten der Rechtsverfolgung) a) Rechts- und Steuerberatung im Allgemeinen (6825) 808 Aufmerksamkeit geboten ist beim Anwendungsbereich des Hauptkontos 6825, das Rechtsberatungs- und sonstige Beratungskosten einschließlich Kosten für die Erstellung von Steuererklärungen erfassen soll. Gesondert auf Hauptkonto 6306 (SKR 04-InsO) zu erfassen sind jedoch Beratungskosten, die als insolvenzspezifisch angesehen werden (ĺ Rz. 769 ff.). Die Gesamtdarstellung unter Einbeziehung der verschiedenen Strukturziffern als sechsstellige Konten umfasst über 40 mögliche Ausgabe-Konten, was sehr komplex erscheint. Wird ein Prozess unter Einschaltung eines Prozesskostenfinanzierers geführt, soll nur der Überschuss vergütungsrelevant sein439) (Frage des richtigen Einnahme-Kontos). Dagegen wird jedoch vertreten, jedenfalls die Prozesskosten (Anwaltsgebühren und Gerichtskosten) müssten wie abwicklungsbedingte Ausgaben separat erfasst werden.440) ___________ 439) BGH, Beschl. v. 16.12.2021 – IX ZB 24/21, ZRI 2022, 120. 440) Zimmer, DZWIR 2022, 225.

260

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Die Auswahl der fünften Stelle des anzusprechenden Kontos entspricht hier- 809 bei zunächst dem allgemeinen System der Strukturziffern, wobei die Strukturziffer 01 generell ausgeschlossen wird, da es sich sonst um die Befriedigung von Insolvenzforderungen handeln würde. Zur Erinnerung (Abb. 45): vor Anordnung vorläufiger Verwaltung begründet

in vorläufiger Verwaltung begründet

im eröffneten Verfahren begründet bis Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet

ab Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet

Abwicklung

entfällt

1x

3x

4x

Betriebsfortführung

entfällt

2x

5x

6x

(Abb. 45)

Mit der sechsten Stelle des Kontos werden zwei vergütungsrechtliche Kom- 810 ponenten erfasst. Erstens soll erfasst werden, ob der Insolvenzverwalter bereits anderweitig von dem Vorgang profitiert hat (§§ 5, 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a InsVV), weil er selbst Empfänger der Auszahlung ist. Zweitens soll differenziert werden, ob die delegierte und aus der Masse honorierte Aufgabe eine Regel- oder eine Sonderaufgabe (§§ 5, 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV) darstellt. Die sechste Stelle ist wie folgt definiert: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4950

6825

x0

Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben) […]

A

4950

6825

x1

Eigene Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben) […]

A

4950

6825

x2

Rechts- und Beratungskosten (Sonderaufgaben) (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung) […]

A

4950

6825

x3

Rechts- und Beratungskosten aus Prozessführung […]

A

4950

6825

x4

Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben) […]

A

4950

6825

x5

Eigene Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben) […]

A

4950

6825

x6

Rechts- und Beratungskosten (Regelaufgaben) (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung) […]

A

261

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

811 Nach einer anderen Sortierung lässt sich die sechste Stelle wie folgt ermitteln (Abb. 46): Wer wird beauftragt? Insolvenzverwalter beauftragt sich selbst (§ 5 InsVV) […]

Insolvenzverwalter beauftragt externen Dienstleister (§ 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV) […]

Insolvenzverwalter beauftragt Gesellschaft, an der er beteiligt ist, […]

Was wird beauftragt? […] mit einer delegationsfähigen Sonderaufgabe

x1

[…] mit einer nicht delegationsfähigen Regelaufgabe

x5

[…] mit einer delegationsfähigen Sonderaufgabe

x0

[…] mit einer nicht delegationsfähigen Regelaufgabe

x4

[…] mit einer delegationsfähigen Sonderaufgabe

x2

[…] mit einer nicht delegationsfähigen Regelaufgabe

x6

(Abb. 46)

812 Gemäß § 5 InsVV kann ein Insolvenzverwalter sich selbst mit Vorgängen beauftragen, für die eine Zulassung als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erforderlich ist. Dem liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass es (auch noch) kleinere Verwalterkanzleien gibt, in denen der Berufsträger eine Einzelkanzlei betreibt. Auf diese Weise der Masse entnommene Honorare müssen jedoch (mit dem Netto-Betrag, wenn der Schuldner zum Vorsteuerabzug berechtigt ist) von der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage in Abzug gebracht werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a InsVV). Dies benachteiligt die Einzelkanzleien, jedoch werden verfassungsrechtliche Bedenken verneint.441) 813 Der Regelfall sieht demnach vor, dass der Insolvenzverwalter mit derartigen Aufgaben einen Dritten beauftragt, d. h. einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater außerhalb der Verwalterkanzlei als externen Dienstleister (§ 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Derartige Honorare sind nicht von der Berechnungsgrundlage in Abzug zu bringen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV). 814 Die Realität sieht jedoch überwiegend so aus, dass der Insolvenzverwalter als Gesellschafter in eine Gesellschaft eingebunden ist (z. B. Sozietät, Rechtsanwalts-GmbH etc.). Beauftragt er als Verwalter nun seine eigene Kanzlei, so beauftragt er im Sprachgebrauch der o. g. Kontenbezeichnungen eine Gesellschaft, an der er beteiligt ist. Obgleich der Insolvenzverwalter folglich durch seine Beteiligung an dem Dienstleister von den aus der Masse entrichteten Honoraren wirtschaftlich profitiert, gilt § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a InsVV hier nicht, d. h. diese Honorare werden nicht von der Berechnungs___________ 441) BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – IX ZB 112/09, ZIP 2011, 2117; a. A. Zimmer, InsVV, § 1 Rz. 127, § 5 Rz. 9 ff.

262

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

grundlage in Abzug gebracht.442) Die Beauftragung der eigenen Kanzlei ist rechtlich zulässig, muss aber dem Insolvenzgericht angezeigt werden, damit dort kein negativer Eindruck entsteht.443) 815

Merke: Es muss mithin zunächst geprüft werden, wer beauftragt wurde. Diese Zuordnung anhand der linken Spalte der Abb. 46 muss nicht bei jedem Geschäftsvorfall neu überdacht werden. Von Ausnahmen abgesehen kommt für jede Verwalterkanzlei meist nur eine der drei Varianten in Betracht.

Die Beauftragung bzw. Honorierung zu Lasten der Masse darf jedoch nur er- 816 folgen, wenn die delegierte Aufgabe eine Sonderaufgabe ist. Um eine solche handelt es sich gerade nicht, wenn die Aufgabe nach allgemeiner Auffassung zu den Regelaufgaben des Insolvenzverwalters gehört, für die der Verwalter seine Verwaltervergütung erhält. Die Abgrenzung zwischen Regel- und Sonderaufgaben kann hier nicht vertieft werden, da sie im Vergütungsrecht sehr umstritten ist. Um nun allen Beteiligten die erforderliche Transparenz zu bieten, soll der Insolvenzverwalter bei der Buchung entsprechender Ausgaben eine Einschätzung darüber abgeben, ob es sich um eine Regel- oder um eine Sonderaufgabe handelte. 817

Merke: Die Abgrenzung zwischen Regel- und Sonderaufgabe (mittlere Spalte der Abb. 46) sollte nicht vom Buchhalter alleine vorgenommen werden, hier ist eine Absprache mit dem Insolvenzverwalter erforderlich.

Wenn beide Fragen geklärt sind, lässt sich in der rechten Spalte der Abb. 46 818 die sechste Stelle des Kontos ablesen. Bis hierin ist das Konzept der Strukturziffern zum Hauptkonto 6825 (SKR 819 04-InsO) schlüssig und nachvollziehbar. Es wird jedoch aufgefallen sein, dass in der Abb. 46 die Strukturziffer x3 fehlt. Diese Strukturziffer soll ausweislich der o. g. Kontenbezeichnung „Rechts- und Beratungskosten aus Prozessführung“ erfassen. Der Hintergrund dieses Kontos bzw. dieser Strukturziffer erschließt sich nur aus der Historie. ZEFIS hatte zunächst einen Entwurf einer Standardisierten Schlussrechnung vorgelegt. Dort sollten die Kosten für die Führung von Prozessen gesondert ausgewiesen werden. Hintergrund ist der Pauschalverdacht, Insolvenzverwalter würden zu oft unnütze Prozesse für die Masse führen, da sie von den entstehenden Anwaltshonoraren profitieren können. Um diese Position in der Standardisierten Schlussrechnung mit einem ___________ 442) BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – IX ZB 305/04, NZI 2007, 583. 443) BGH, Urt. v. 24.1.1991 – IX ZR 250/89, ZIP 1991, 324; BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – IX ZB 31/11, ZIP 2012, 1187.

263

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

Ausgabe-Konto zu verknüpfen, sollte das Konto „Rechtsberatung“ sinngemäß aufgeteilt werden in „Kosten für Prozessführung“ und „andere Rechtsberatungskosten“. 820 Da jedoch festgestellt wurde, dass eine Standardisierte Schlussrechnung ohne die vorherige Ausgestaltung eines Standardisierten Kontenrahmens sinnfrei ist, wurde eben jener entwickelt. Dabei ist jedoch offenbar übersehen worden, dass hier zwei Ziele gleichzeitig verfolgt werden sollten, sodass nun ein Zielkonflikt entstanden ist. Wer beide Ziele erfüllen möchte, müsste neben dem Hauptkonto 6825, das dann für allgemeine Rechtsberatung reserviert ist, ein zweites Hauptkonto anlegen, das ausschließlich für anwaltliche Prozesskosten verwendet wird; bei beiden Konten müssten dann die Strukturziffern gemäß Abb. 46 verwendet werden. Da allgemeine Rechtsberatung aber in einen Prozess übergehen kann und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) Anrechnungsvorschriften enthält, kann es hier zu unübersichtlichen Umbuchungen kommen, nur um Kennzahlen zu ermöglichen. Ob zu früh oder zu oft Prozesse geführt werden, ist ein berechtigtes Prüfungsanliegen, jedoch scheint eine Lösung nicht sinnvoll über die Buchführung möglich. b) Gerichtskosten (6840) 821 Da mit der Führung eines Prozesses auch Gerichtskosten einhergehen, wurde zum 1.2.2021 folgendes Ausgabe-Konto angelegt: SKR 03 InsO 4966

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6840

xx

Gerichtskosten der Masse

A

822 Das Hauptkonto 6840 ist eindeutig. Es erfasst allerdings nicht nur Gerichtskosten für die Prozessführung, sondern im Grunde alle Gerichtskosten, die nicht unter § 54 Nr. 1 InsO (Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens) fallen. Ob z. B. Gerichtskosten für Vollstreckungsmaßnahmen hier oder auf Hauptkonto 6826 (Nebenkosten der Rechtsverfolgung) erfasst werden, oder ob sich für Gerichtskosten für Eintragungen im Handelsregister oder Grundbuch andere Hauptkonten als sachnäher erweisen, dürfte ein Frage des Einzelfalls sein. Hinsichtlich der Strukturziffern dürfte stets die Abwicklung einschlägig sein. 823 Bei der Erstattung nicht verbrauchter Gerichtskostenvorschüsse oder bei Erstattungen durch die Gegenseite ist zu berücksichtigen, dass es sich um negative Ausgaben handelt,444) wenn die Zahlungen zuvor aus der Insolvenzmasse geleistet worden waren.

___________ 444) BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – IX ZB 21/20, ZVI 2021, 161.

264

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

c) Sonstige Kosten der Rechtsverfolgung (6826) Im Jahr 2013 unter der Bezeichnung „Sonstige Aufwendungen i. Z. m. Pro- 824 zessführung“ eingeführt und ab dem 1.2.2021 umbenannt wurde folgendes Hauptkonto: SKR 03 InsO 4951

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6826

xx

Nebenkosten der Rechtsverfolgung

A

Dieses Hauptkonto erfasst nun nicht mehr die Gerichtskosten, aber weiterhin 825 Gerichtsvollzieherkosten, Bonitätsauskünfte, Kosten für Einwohnermeldeamtsanfragen und Registerauskünfte etc. Bei den Strukturziffern dürften nur solche aus Abwicklung in Betracht kommen. Erstattete Vorschüsse bzw. Erstattungen durch die Gegenseite dürften als negative Ausgaben zu erfassen sein, wenn die Zahlungen zuvor aus der Insolvenzmasse geleistet worden waren.445) d) Kostenfestsetzungen (Einnahmen/Ausgaben) Regelmäßig beinhaltet eine streitige Auseinandersetzung auch ein Ergebnis 826 über die Kostentragung, bei Gerichtsprozessen ergeht grds. ein Kostenfestsetzungsbeschluss, wenn nicht ein Vergleich mit Kostenaufhebung geschlossen wurde. Hat die Insolvenzmasse einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegen- 827 seite, steht für eine Einnahme das Hauptkonto 4040 (Kostenerstattung Rechtsverfolgung) zur Verfügung. Da aber solche Erstattungen nicht die Berechnungsgrundlage erhöhen sollen, können die Erstattungen auch auf vorgenannte Ausgabe-Konten als negative Ausgaben verteilt werden. Hat jedoch die Gegenseite einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Mas- 828 se, findet sich für die Begleichung der Zahllast seit dem 1.2.2021 folgendes Hauptkonto: SKR 03 InsO 4958

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6828

xx

Sonstige Aufwendungen i. Z. m. Prozessführung – Gegenseite

A

Das Hauptkonto ist insoweit eindeutig. Ferner dürften ausschließlich ab- 829 wicklungsbedingte Strukturziffern in Betracht kommen. Bei der zeitlichen Abgrenzung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Verbindlichkeit mit Erlass der Kostengrundentscheidung entsteht.446) Das Datum der Zahlung ist daher ebenso wenig von Bedeutung wie das Datum des Erlasses des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Vielmehr muss in der gerichtlichen (Haupt-) Ent___________ 445) Vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – IX ZB 21/20, ZVI 2021, 161. 446) BAG, Beschl. v. 11.3.2015 – 10 AZB 101/14, ZIP 2015, 1181.

265

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

scheidung (Urteil oder Vergleich) nachgesehen werden, welches Datum es trägt. Dies ist natürlich schon vor der Zahlung insbesondere von Bedeutung für die Abgrenzung von Alt- und Neu-Masseverbindlichkeiten. 830 Letztlich enthalten Zahlungen auf Kostenfestsetzungsbeschlüsse meist auch Verzugszinsen. Ob diese als Einnahmen oder Ausgaben auf den hier thematisierten Hauptkonten erfasst werden oder als „Zinsen und sonstige Erträge“ (7100) bzw. „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ (7300), ist nicht vorgegeben, sollte jedoch kanzleiintern einheitlich vorgenommen werden. 42. 6827 (Abschluss- und Prüfkosten) 831 Selbige Aufmerksamkeit geboten ist beim Anwendungsbereich des Hauptkontos 6827 (SKR 04-InsO), das Abschluss- und Prüfkosten erfassen soll, d. h. die Kosten für die Erstellung (§ 242 HGB) und Prüfung (§§ 316 ff. HGB) von Jahresabschlüssen. Die offizielle Darstellung als sechsstellige Konten umfasst über 20 Strukturziffern, was komplex erscheint. Tatsächlich jedoch ist die Auswahl des richtigen Kontos überschaubar. 832 Die Auswahl der fünften Stelle des anzusprechenden Kontos entspricht hierbei dem allgemeinen System der Strukturziffern, wobei in zeitlicher Hinsicht die Strukturziffer 01 generell ausgeschlossen wird, da es sich sonst um die Befriedigung von Insolvenzforderungen handeln würde. 833 Mit der sechsten Stelle des Kontos wird eine vergütungsrechtliche Komponente erfasst. Es soll erfasst werden, ob der Insolvenzverwalter bereits anderweitig von dem Vorgang profitiert hat (§§ 5, 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a InsVV), weil er selbst Empfänger der Auszahlung ist. Die sechste Stelle ist wie folgt definiert: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4957

6827

x0

Abschluss- und Prüfungskosten […]

A

4957

6827

x1

Eigene Abschluss- und Prüfungskosten […]

A

4957

6827

x2

Abschluss- und Prüfungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung) […]

A

834 Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einer Selbstbeauftragung des Insolvenzverwalters (x1), der Beauftragung eines Dritten (x0) und der Beauftragung einer Gesellschaft, an der der Insolvenzverwalter beteiligt ist (x2), gelten die Ausführungen zum Hauptkonto 6825 entsprechend (ĺ Rz. 810 ff.), auch wenn hier z. T. abweichende Formulierungen in den Kontenbezeichnungen gewählt wurden. 43. 6830 (Buchführungskosten) 835 Die vorstehenden Ausführungen zum Hauptkonto 6827 gelten auch für das Hauptkonto 6830, das Honorare für die Erstellung der handelsrechtlichen 266

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Buchführung erfassen soll. Die sechste Stelle des Kontos ist wie folgt definiert: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 4955

6830

x0

Buchführungskosten […]

A

4955

6830

x1

Eigene Buchführungskosten […]

A

4955

6830

x2

Buchführungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung) […]

A

Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einer Selbstbeauftragung des Insol- 836 venzverwalters (x1), der Beauftragung eines Dritten (x0) und der Beauftragung einer Gesellschaft, an der der Insolvenzverwalter beteiligt ist (x2), gelten die Ausführungen zum Hauptkonto 6825 (SKR 04-InsO) entsprechend (ĺ Rz. 810 ff.), auch wenn hier z. T. abweichende Formulierungen in den Kontenbezeichnungen gewählt wurden. Die Auswahl der fünften Stelle des anzusprechenden Kontos entspricht hier- 837 bei dem allgemeinen System der Strukturziffern, wobei in zeitlicher Hinsicht die Strukturziffer 01 generell ausgeschlossen wird, da es sich sonst um die Befriedigung von Insolvenzforderungen handeln würde. Für Zeiträume der Betriebsfortführung sind auch die Buchführungskosten fortführungsbedingt. Oft wird in der Praxis übersehen, dass Einzelkaufleute, die an den Abschluss- 838 stichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als ¼ 600.000 Umsatzerlöse und ¼ 60.000 Jahresüberschuss aufweisen, überhaupt nicht zur handelsrechtlichen Buchführung verpflichtet sind (§ 241a HGB). Auch das Erfordernis einer steuerlichen Buchführung scheidet dann aus, da § 141 AO auf dieselben Größenkriterien rekurriert. Da ein Steuerberater diese Regelungen kennen sollte, und damit die Buchführung nicht „versehentlich“ erstellt und gegen die Masse abgerechnet wird, bedarf es einer gewissen Rechtfertigung derartiger Ausgaben, da sonst der Eindruck entstehen könnte, dass tatsächlich die Verwalterbuchführung gegen die Masse abgerechnet wird. Sehr auffällig ist es auch, wenn nach Jahren ohne handelsrechtliche Buchfüh- 839 rung ausgerechnet für das Jahr der Schlussberichtserstellung (wieder) eine handelsrechtliche Buchführung abgerechnet wird – durch einen Dienstleister, der die Erstellung von Schlussberichten und Schlussrechnungen in seinem Leistungskatalog aufführt. Dass hier die Erstellung der Schlussrechnung gegen die Masse abgerechnet wurde, scheint zumindest indiziert. 44. 6832 (Lohnbuchführungskosten) Die vorstehenden Ausführungen zum Hauptkonto 6827 gelten auch für das 840 Hauptkonto 6832, das Honorare für die Erstellung der Lohnbuchführung erfassen soll. Die sechste Stelle des Kontos ist wie folgt definiert: 267

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

4956

6832

x0

Lohnbuchführungskosten […]

A

4956

6832

x1

Eigene Lohnbuchführungskosten […]

A

x2

Lohnbuchführungskosten (Gesellschaft mit Verwalterbeteiligung) […]

A

6832

4956

841 Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einer Selbstbeauftragung des Insolvenzverwalters (x1), der Beauftragung eines Dritten (x0) und der Beauftragung einer Gesellschaft, an der der Insolvenzverwalter beteiligt ist (x2), gelten die Ausführungen zum Hauptkonto 6825 entsprechend (ĺ Rz. 810 ff.), auch wenn hier z. T. abweichende Formulierungen in den Kontenbezeichnungen gewählt wurden. 842 Die Auswahl der fünften Stelle des anzusprechenden Kontos entspricht hierbei dem allgemeinen System der Strukturziffern, wobei in zeitlicher Hinsicht die Strukturziffer 01 generell ausgeschlossen wird, da es sich sonst um die Befriedigung von Insolvenzforderungen handeln würde. Da es in diesem Bereich auch häufig fortführungsbedingte Ausgaben gibt und abwicklungsbedingte Ausgaben oftmals erst im späteren Verlauf anfallen (Differenzlöhne, Schlussverteilung) sollte ergänzend auf aussagekräftige Buchungstexte geachtet werden. 45. 6850 (Sonstiger Betriebsbedarf) 843

SKR 03 InsO 4980

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6850

xx

Sonstiger Betriebsbedarf

A

Die Bezeichnung des Hauptkontos ist eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Bei den Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. 46. 6851 (Masseverbindlichkeiten bei Nachlassinsolvenz, § 324 InsO) § 324 InsO

844

(1) Masseverbindlichkeiten sind außer den in den §§ 54, 55 bezeichneten Verbindlichkeiten:

268

1.

die Aufwendungen, die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 BGB aus dem Nachlass zu ersetzen sind;

2.

die Kosten der Beerdigung des Erblassers;

3.

die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlass zur Last fallenden Kosten des Verfahrens;

4.

die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlasspflegschaft, des Aufgebots der Nachlassgläubiger und der Inventarerrichtung;

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen 5.

die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlasspfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften;

6.

die Verbindlichkeiten, die für den Erben gegenüber einem Nachlasspfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Personen entstanden sind, soweit die Nachlassgläubiger verpflichtet wären, wenn die bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten.

(2) Im Falle der Masseunzulänglichkeit haben die in Absatz 1 bezeichneten Verbindlichkeiten den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3.

Für die Buchung der entsprechenden Ausgaben steht zur Verfügung: SKR 03 InsO 4981

845

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6851

00

Ausgaben für Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 324 InsO

A

Wenn der Tod des Schuldners bereits vor Einleitung des Nachlassinsolvenz- 846 verfahrens eingetreten ist, kommen auch die Strukturziffern 01 und 1x zur Anwendung, da die vor Verfahrenseröffnung begründeten Verbindlichkeiten lediglich durch die Rangvorschrift des § 324 Abs. 1 InsO zu sonstigen Masseverbindlichkeiten erhoben werden. Daher ist die Beschränkung auf die Strukturziffer 00 nicht zwingend. Im Übrigen gilt: Die für die Betriebsfortführung vorgesehenen Strukturziffern 2x, 5x und 6x 847 kommen für die in § 324 Abs. 1 InsO genannten Verbindlichkeiten nicht in Betracht. Da § 324 Abs. 2 InsO die Nachlassverbindlichkeiten ausdrücklich zu Alt-Masseverbindlichkeiten erklärt, scheidet auch die Strukturziffer 4x aus. Für Geschäftsvorfälle, die nach Verfahrenseröffnung begründet wurden, bleibt einzig einschlägig die Strukturziffer 3x. Materiell-rechtlich sind insbesondere bei § 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO besondere 848 Verjährungsfristen zu beachten; so erlischt z. B. nach §§ 1960 Abs. 1, 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB i. V. m. § 2 Satz 1 VBVG der Vergütungsanspruch eines Nachlasspflegers, wenn er nicht binnen 15 Monaten ab seiner Entstehung geltend gemacht wird, wobei mit Entstehung der Beginn der Tätigkeit gemeint ist.447) Eine bereits gezahlte Vergütung ist jedoch nicht anfechtbar.448) Von Besonderheit ist noch, dass ein nichterbender Angehöriger, der ohne rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Erben die Beerdigungskosten übernimmt, mit seinem Erstattungsanspruch nicht zu einem Massegläubiger wird.449)

___________ 447) OLG Naumburg, Beschl. v. 15.11.2011 – 2 Wx 15/11, Rpfleger, 2012, 319. 448) LG Göttingen, Hinweisbeschl. v. 22.2.2019 – 1 S 30/17, ZVI 2019, 326. 449) LG Frankfurt/Main, Beschl. v. 18.8.2020 – 9 T 269/20, NZI 2021, 152.

269

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

47. 6855 (Nebenkosten des Geldverkehrs) 849

SKR 03 InsO 4970

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6855

xx

Nebenkosten des Geldverkehr

A

Die Bezeichnung des Hauptkontos ist eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Neben Kontoführungsgebühren sind hier als Nebenkosten des Geldverkehrs zu erfassen auch Bankgebühren für Rücklastschriften oder Scheckwiderruf, Gebühren von EC-Karten- oder Kreditkartenunternehmen, Verwahrentgelte („Negativzinsen“) etc. 850 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. Abweichend von der Vorauflage sollte insbesondere eine Differenzierung von abwicklungs- und fortführungsbedingten Ausgaben erfolgen, da bei der Betriebsfortführung regelmäßig relativ hohe Ausgaben entstehen können, die nicht bloß die Zurverfügungstellung eines Sonderkontos als Hinterlegungsstelle betreffen. Beispiele sind Gebühren der EC- und Kreditkartenbetreiber sowie anderer Zahlungsdienstleister (z. B. Amazon, PayPal), Bankgebühren für Auslandsgeschäfte etc. 48. 6859 (Abraum- und Abfallbeseitigung) 851

SKR 03 InsO 4969

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6859

xx

Aufwand Abraum-/Abfallbeseitigung

A

Die Bezeichnung des Hauptkontos ist eindeutig, Abweichungen von einer handelsrechtlichen Definition bestehen nicht. Hier erfasst werden soll auch der Aufwand für die Aktenvernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen. Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. 49. 6880 (Kursdifferenzen) 852

SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

2150

6880

xx

Kontobezeichnung Aufwendungen aus Kursdifferenzen

A

853 Das Hauptkonto ist einschlägig für Währungsdifferenzen, die sich bei Zahlungsvorgängen ergeben können, wenn entweder die Eingangs- oder die Ausgangsrechnung in einer anderen Währung als Euro ausgestellt wurde. Zunächst ist dieses Konto allerdings handelsrechtlich zu verstehen, um Differenzen auf den Personenkonten (Debitoren oder Kreditoren) zu vermeiden. Dies dürfte bei der Insolvenzbuchführung als Argument entfallen. Ferner ist anzumerken, dass im Grunde auch ein Einnahme-Konto existieren müsste; nicht zu beanstanden wäre eine Erfassung als negative Ausgabe, da die Beträge

270

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

oftmals geringfügig sind. Grundsätzlich ist die Verwendung dieses Hauptkontos in der Insolvenzbuchführung daher nicht zwingend. Soll jedoch in der Insolvenzbuchführung ein Gleichlauf mit der handels- 854 rechtlichen Buchführung erfolgen, oder soll – was häufiger vorkommt – mit einer Einnahme auch gleich die Debitorenliste so abgearbeitet werden, dass nicht wegen der Währungsdifferenz eine Restforderung separat wertberichtigt werden muss, könnte sich als Buchungssatz anbieten z. B.: 1800

Sonderkonto

90

6880

Aufwendungen Kursdifferenzen

10

an

4230

Forderungseinzug Drittland

100

Ergänzend wäre die geeignete Strukturziffer zu prüfen. Hier können sich 855 bei akkurater Handhabung Verwerfungen ergeben, da die Währungsdifferenz zu einem anderen Zeitpunkt entsteht als die Forderung bzw. Verbindlichkeit. Da es sich i. d. R. um geringfügige Beträge handelt, muss das Problem nicht vertieft werden; es kann diejenige Strukturziffer verwendet werden, die auch für die Hauptforderung einschlägig ist. 50. 6901 (Ausgaben ungerechtfertigte Bereicherung) SKR 03 InsO 2321

856

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6901

xx

Ausgaben ungerechtfertigte Bereicherung

A

Das Hauptkonto ist zum 1.2.2021 eingeführt worden. Wegen der Problema- 857 tik der ungerechtfertigten Bereicherung kann zunächst auf die Ausführungen zum entsprechenden Einnahme-Konto 4037 (ĺ Rz. 628 ff.) verwiesen werden. Zusammenfassend gilt, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nur in bestimmten Fällen eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO darstellt, dann aber die Erhöhung der Verfahrenskosten an den Bereicherungsgläubiger weiterzubelasten bzw. bei der Rückzahlung einzubehalten ist. Fraglich ist die buchhalterische Darstellung. Wenn der Auskehrungsbetrag als Ausgabe hier niedriger ist als die Einnahme, 858 würde sich gerade wegen des Einbehalts eine Erhöhung der Berechnungsgrundlage ergeben, da die Einnahme eben höher ist als die Ausgabe. Gerade dies soll vermieden werden. Insoweit könnte im Vergütungsantrag die vom Bereicherungsgläubiger einbehaltene Differenz manuell herausgerechnet werden. Alternative ist die Darstellung der Rückzahlung in Höhe des geschuldeten 859 Betrages (Einnahme), sodass sich Einnahme und Ausgabe aufheben; ergänzend wäre – ähnlich den Kostenbeiträgen bei der Verwertung von Absonderungsgut – eine Einnahme in Höhe des einbehaltenen Betrages zu erfassen, wofür jedoch ein separates Einnahme-Konto „Sonstige Einnahmen ohne Vergütungsrelevanz“ angelegt werden müsste. Auch dies müsste beim Vergütungsantrag manuell berücksichtigt werden.

271

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

51. 7100/7300 (Zinsen – Einnahmen und Ausgaben) 860

SKR 03 InsO 2650

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7100

xx

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

E E A

2650

7100

31

Sonstige Verzugszinsen – Anfechtung nach IE Abwicklung

2100

7300

xx

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

861 Das Hauptkonto 7100 erfasst Einnahmen aus der Verzinsung des liquiden Massebestandes. Meist wird von der Zinsgutschrift ein Betrag für Kapitalertragsteuer, Zinsabschlagsteuer bzw. Abgeltungssteuer einbehalten. Dies ist jedoch unbeachtlich, sodass Zinsen und einbehaltene Beträge separat zu erfassen sind. 862 Inhaltlich fraglich ist, ob Einnahmen aus Verzugszinsen ebenfalls hier zu buchen sind. Dies ist anzunehmen, da es seit dem 1.2.2021 das Hauptkonto 7100 mit einer gesonderten Strukturziffer 31 gibt, das Verzugszinsen auf anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche erfassen soll. Folglich kann das Hauptkonto 7100 allgemein auch für Verzugszinsen aus anderen Ansprüchen verwendet werden. Die gesonderte Hervorhebung der Verzugszinsen auf Anfechtungsansprüche hat nur optische Gründe; offenbar war Insolvenzverwaltern vorgeworfen worden, zu oft auf Verzugszinsen zu verzichten. Dann aber ist die Strukturziffer 31 auch nicht immer richtig, da ein Teil der Zinsen auch erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit anfallen kann. 863 Als Ausgaben sind Zinsen nicht unbedingt der Regelfall, da ein Sonderkonto grds. nicht mit negativem Saldo geführt werden darf. Gleichwohl hier zu verorten sind insgesamt Zinsen für ein Massedarlehen, Verzugszinsen der Lieferanten (Kreditoren), Säumnis- und Verspätungszuschläge sowie Prozesszinsen aus verlorenen Prozessen, insbesondere aus gegnerischen Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Auch Avalprovisionen gelten als Schuldzinsen.450) Das o. g. Hauptkonto erfasst allerdings nicht die Zinsen aus einer Insolvenzgeldvorfinanzierung, insoweit ist das Hauptkonto 6005 (SKR 04-InsO) einschlägig. Eher selten kommt es vor, dass ein Absonderungsgläubiger Verzugszinsen wegen verspäteter Auskehr des Verwertungserlöses beansprucht.451) Hier dürfte es sich um abwicklungsbedingte Ausgaben handeln, die nicht dem Überschussprinzip bei Drittrechten folgen. 864 Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln.

___________ 450) BFH, Urt. v. 31.8.2022 – X R 15/21, juris. 451) BGH, Urt. v. 14.11.2019 – IX ZR 50/17, ZVI 2020, 101.

272

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

52. 7501 – 7511 (Verfahrenskosten gemäß § 54 InsO) SKR 03 InsO

865

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2001

7501

00

Gerichtskosten § 54 Nr. 1 InsO

A

2002

7502

00

Auslagen beauftragter Zustellung

A A

2003

7503

00

Vergütung Sachverständiger (im vorl. V nach JVEG)

2004

7504

00

Vergütung vorl. Insolvenzverwalter

A

2005

7505

00

Vergütung Insolvenzverwalter

A

2006

7506

00

Treuhändervergütung § 292 InsO

A

2007

7507

00

Treuhändervergütung § 313 InsO452)

A

2008

7508

00

Vergütung Sachwalter

A

2009

7509

00

Vergütung Gläubigerausschuss

A

2010

7510

00

Vergütung Kassen- und Schlussrechnungsprüfer

A

2011

7511

00

Vergütung vorl. Sachwalter

A

Wenngleich die Reihenfolge der Konten etwas unsortiert scheint, sind die 866 Hauptkonten weitgehend selbsterläuternd, sodass nur wenige Anmerkungen erforderlich sind: Das Hauptkonto „Gerichtskosten“ erfasst die Gerichtskosten für das Insol- 867 venzverfahren und sämtliche Auslagen der Gerichtskasse. Gelegentlich kommt es vor, dass die Gerichtsgebühr für eine nachträgliche Forderungsprüfung aus der Masse beglichen wird, obgleich der Insolvenzgläubiger diese Kosten zu tragen hat. Dies beruht dann regelmäßig darauf, dass der Insolvenzgläubiger seine Forderung zwar rechtzeitig angemeldet hat, die Forderung aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht im ersten Prüfungstermin geprüft wurde. Auch diese Kosten können hier erfasst werden. Dies gilt nicht für Gerichtskosten aufgrund einer Forderungsanmeldung in einem anderen Insolvenzverfahren; hierfür ist das Konto 6826 (SKR 04-InsO) einschlägig. Das Hauptkonto „Auslagen beauftragter Zustellung“ erfasst den Umstand, 868 dass die Zustellung von Beschlüssen an verschiedene Beteiligte eigentlich dem Insolvenzgericht obliegt, jedoch oftmals auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter übertragen wird (§ 8 Abs. 3 Satz 1 InsO). Dieser hat hierfür neben der Auslagenpauschale des § 8 Abs. 3 InsVV einen gesonderten Auslagenersatzanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 2 InsVV, der regelmäßig erst mit dem Vergütungsantrag geltend gemacht wird. Nach Festsetzung und Entnahme der Vergütung ist die Ausgabe daher im Wege der Splittbuchung zu erfassen. Einen gesonderten Erkenntniswert hat das Hauptkonto 7502 allerdings nur im Zusammenhang mit Kennzahlenerhebungen, da es sich bei diesen ___________ 452) Sachkonto abgeschafft zum 1.2.2021.

273

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

Auslagen tatsächlich nicht um eine Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters handelt, sondern um Kosten der Staatskasse im Rahmen der Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Hat der (vorläufige) Insolvenzverwalter wiederum die Zustellungen an einen Dritten delegiert, was gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 InsO zulässig ist, sind die entsprechenden Ausgaben ebenfalls an hiesiger Stelle zu erfassen. 869 Das Hauptkonto „Vergütung Sachverständiger im vorl. V nach JVEG“ ist ein Zugeständnis an die Praxis einiger Gerichte. Tatsächlich ist der Sachverständige durch die Staatskasse zu befriedigen, sodass diese Vergütung im Rahmen der Gerichtskostenabrechnung als Auslage des Gerichts geltend zu machen ist. Manche Insolvenzrichter bzw. Rechtspfleger wählen jedoch den Weg, dem Insolvenzverwalter aufzugeben, diese Vergütung des Sachverständigen direkt aus der Masse zu begleichen. Der abgekürzte Zahlungsweg ändert jedoch nichts an der rechtlichen Einordnung als Auslagen der Gerichtskasse, sodass das Hauptkonto 7503 zweifelhaft ist. Ungeachtet dessen dürfte bei der Buchung zu berücksichtigen sein, dass keine Vorsteuerabzugsberechtigung aus der Rechnung des Sachverständigen besteht, da Leistungsempfänger die Staatskasse ist. Sofern hier die Kosten eines Bewerters für die Inventaraufnahme gemeint sein sollen, wäre dies ebenfalls unzutreffend. Erfolgte eine Beauftragung als Untersachverständiger durch das Gericht, handelt es sich um Auslagen der Gerichtskasse. In allen anderen Fällen ist das Hauptkonto 6306 11 (SKR 04-InsO) einschlägig. 870 Die Hauptkonten „Vergütung vorläufiger Insolvenzverwalter“ und „Vergütung Insolvenzverwalter“ sind eindeutig. Erfasst werden jeweils die Vergütung einschließlich der Auslagenpauschale des § 8 Abs. 3 InsVV. Eine Besonderheit besteht bei einem Verwalterwechsel, da die Vergütungen des ehemaligen und des amtierenden Insolvenzverwalters zumindest bei Nutzung eines Kennzahlensystems auch buchhalterisch voneinander getrennt werden sollten. Hierfür könnte ein neues Hauptkonto angelegt oder ein unbenutztes Hauptkonto aus dem Bereich der Verfahrenskosten umbenannt werden. Wenn in einem Insolvenzverfahren ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt wird, hat dieser einen eigenständigen Vergütungsanspruch, der ebenfalls auf einem gesonderten Hauptkonto ausgewiesen werden sollte. 871 Das Hauptkonto „Treuhändervergütung § 313 InsO“ ist zum 1.2.2021 abgeschafft worden, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass sich Änderungen am Kontenplan immer nur auf künftige Verfahren auswirken. Soweit es noch Verbraucherinsolvenzverfahren gibt, die bis zum 30.6.2014 beantragt wurden, hat das Konto weiterhin seine Daseinsberechtigung, wenngleich es hier nur um Begrifflichkeiten geht. 872 Ein eigenständiges Hauptkonto für die Vergütung des Insolvenzverwalters für eine Nachtragsverteilung (§ 6 Abs. 1 InsVV) oder für die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 6 Abs. 2 InsVV) scheint entbehrlich, da das Hauptkonto „Vergütung Insolvenzverwalter“ insoweit ausreichend ist.

274

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Ebenfalls eindeutig sind die Hauptkonten „Vergütung Sachwalter“ und „Ver- 873 gütung vorläufiger Sachwalter“. Auch das Hauptkonto „Treuhändervergütung § 292 InsO“ ist selbsterläu- 874 ternd; der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase hat einen eigenständigen Vergütungsanspruch gemäß § 293 InsO i. V. m. §§ 14 ff. InsVV. Es soll – zweifelhaft453) – bereits vor der Schlussverteilung im eröffneten Insolvenzverfahren eine Rückstellung für die voraussichtlichen Vergütungsansprüche des Treuhänders gebildet werden,454) da sonst der Verlust des Vergütungsanspruchs zumindest gegen die Staatskasse (bei Verfahrenskostenstundung) droht.455) Für Insolvenzverfahren, die seit dem 1.7.2014 beantragt werden, könnte das Hauptkonto (seit Mitte des Jahres 2020) noch einen weiteren Fall erfassen: Kann das eröffnete Insolvenzverfahren nicht innerhalb der Abtretungsfrist abgeschlossen werden, hat der Insolvenzverwalter die nach Ablauf der Abtretungsfrist begründeten Ansprüche (i. d. R. aus pfändbarem Einkommen) nur noch treuhänderisch einzuziehen und bei Rechtskraft der Restschuldbefreiung an den Schuldner herauszugeben, sodass eine Sondermasse entsteht. Für diesen Teil der Einnahmen hat der Insolvenzverwalter gemäß § 300a Abs. 3 InsO einen eigenständigen Vergütungsanspruch, der auf § 293 InsO verweist, sodass §§ 14 ff. InsVV analog zur Anwendung kommen. Allerdings ist Schuldner dieser Vergütung weder die Masse noch die Staatskasse, sondern ausschließlich die Sondermasse bzw. der Schuldner mit seinem insolvenzfreien Vermögen. Hinsichtlich des Hauptkontos „Vergütung Gläubigerausschuss“ sei ergän- 875 zend auf die Ausführungen zum Hauptkonto 6401 (SKR 04-InsO) verwiesen, da Prämien für die Haftpflichtversicherung der Gläubigerausschussmitglieder als Auslagenerstattungsanspruch separat zu erfassen sind. Es fehlt ein Hauptkonto für die Vergütung der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses im Antragsverfahren, da dieser Ausschuss nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO rechtlich nicht mit dem nach Verfahrenseröffnung zu bildenden einstweiligen Gläubigerausschuss (§ 67 Abs. 1 InsO) oder dem endgültigen Gläubigerausschuss (§ 68 Abs. 1 Satz 1 InsO) identisch ist – auch wenn meist Personenidentität besteht. Außerhalb eines Kennzahlensystems dürfte das Fehlen eines gesonderten Hauptkontos jedoch unbeachtlich sein. Hinsichtlich des Hauptkontos „Vergütung des Kassen- und Schlussrech- 876 nungsprüfers“ wird auf die Ausführungen in Rz. 1345 ff. verwiesen. Das Hauptkonto ist zumindest dogmatisch nur einschlägig bei einer Prüfung im Auftrag der Gläubigerversammlung. Ansonsten handelt es sich um Auslagen des Gerichts, zu buchen auf Konto 7501 (SKR 04-InsO), oder um Auslagen der Mitglieder des Gläubigerausschusses, zu buchen auf Konto 7509 (SKR 04-InsO). Dies auch dann, wenn eine direkte Begleichung aus der Masse er___________ 453) Zimmer, InsVV, § 14 Rz. 75; Zimmer, InsbürO 2016, 324. 454) BGH, Beschl. v. 20.11.2014 – IX ZB 16/14, ZIP 2015, 85. 455) Vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – IX ZB 261/08, ZIP 2010, 145.

275

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

folgt, da sich durch den abgekürzten Zahlungsweg an dem Rechtscharakter als Auslagenersatz nichts ändert. 877 Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass immer die Strukturziffer 00 einschlägig ist, da es im Anwendungsbereich des § 54 InsO auf Abgrenzungen i. S. d. Strukturziffern nicht ankommt. 878 Vorschüsse sind dem jeweils einschlägigen Sachkonto zuzuordnen. Bei Zahlungen an die Gerichtskasse sollte zumindest im Buchungstext zwischen eigentlichen Gerichtskosten und Auslagen des Insolvenzgerichts differenziert werden, da diese Unterscheidung bei einer später eventuell notwendigen Quotelung i. S. d. § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO benötigt wird (vorrangige Bedienung der Auslagen unter Anrechnung geleisteter Vorschüsse). Daher sollten Vorschussanforderungen seitens des Insolvenzgerichts auch eine Unterscheidung zwischen Gebührenforderungen und Auslagen enthalten, was jedoch häufig nicht der Fall ist; im letzteren Fall dürfte der Insolvenzverwalter i. S. e. Tilgungsbestimmung annehmen dürfen, dass Vorschüsse immer zunächst die Auslagen der Staatskasse betreffen. 53. 7515 (Ausgaben Insolvenzverbindlichkeiten) 879

SKR 03 InsO 2015

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7515

00

Ausgaben Insolvenzverbindlichkeiten

A

880 Nach ursprünglicher Vorstellung sollten hier Ausgaben aus dem Antragsverfahren erfasst werden, die nicht mit Einzelermächtigung des Insolvenzgerichts bzw. nicht von einem „starken“ vorläufigen Verwalter begründet wurden und insoweit nach Verfahrenseröffnung nicht als sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO zu klassifizieren sind und folglich schon nicht hätten beglichen werden dürfen. Die Idee einer solchen Darstellung stammt jedoch aus der Zeit, als die Gestaltung einer Standardisierten Schlussrechnung im Vordergrund stand. Nachdem dieses Vorhaben durch die Gestaltung eines Standardisierten Kontenplans (bislang) verdrängt wurde, hat das Hauptkonto als Restant überholter Überlegungen tatsächlich keinen Anwendungsbereich. Anders nur, wenn hervorgehoben werden soll, dass tatsächlich versehentlich eine Insolvenzforderung beglichen wurde. 54. 7520 – 7526 (Auskehrungen Drittrechte) einschl. Buchungstechnik a) Grundstruktur der Hauptkonten und Problem der Strukturziffern 881

SKR 03 InsO 2020

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7520

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m.456) immateriellen Vermögenswerten

___________ 456) Die Abkürzung steht für „im Zusammenhang mit“.

276

A

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2021

7521

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

A

2022

7522

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

A

2023

7523

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Betriebs- und Geschäftsausstattung

A

2024

7524

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Vorräte

A A

2025

7525

01

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Altforderungen

2025

7525

10

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL (vorl. V)

A

2025

7525

30

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL nach IE

A

2026

7526

00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

A

Hinsichtlich der Darstellung der Absonderungsrechte im internen Rech- 882 nungswesen des Insolvenzverwalters muss zum Verständnis zunächst auf die Darstellung des Gläubigerverzeichnisses (ĺ Rz. 145 ff.) und des didaktischen Kontenplans (ĺ Rz. 339 ff.) verwiesen werden. Dann ergibt sich, dass die Vielzahl der Hauptkonten anhand verschiedener Bilanz- bzw. Verzeichnispositionen notwendig ist. Problematisch sind die Strukturziffern. Grundsätzlich ist die Strukturziffer 883 00 vorgesehen, lediglich beim Forderungseinzug unterscheidet der Kontenplan verschiedene Strukturziffern. Das System der Strukturziffern beruht u. a. auf der Frage, wann Geschäftsvorfälle begründet wurden. So stellt sich beim Auskehrungsanspruch – wie auch bei den Kostenbeiträgen – die Frage, ob der Auskehrungsanspruch bereits im Moment des Zahlungseingangs entsteht oder erst im Zeitpunkt der Abrechnung mit dem Absonderungsgläubiger. Dies kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn in der vorläufigen Verwaltung bereits ein Einzug zedierter Forderungen erfolgt, die Abrechnung mit dem Absonderungsgläubiger aber erst nach Verfahrenseröffnung (oder gar nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit) vorgenommen wird. Nach hier vertretener Ansicht entsteht der Kostenbeitrag mit der Verwertungseinnahme, sodass sich die Strukturziffer für die Kostenbeiträge danach richtet, in welchem zeitlichen Abschnitt der Verwertungserlös erzielt wurde. Folglich entsteht auch der Auskehrungsanspruch bereits in dem Moment, in dem der Verwertungserlös beim (vorläufigen) Insolvenzverwalter eingegangen ist. In den meisten Fällen unbeachtlich dürfte hingegen die Abgrenzung von Abwicklung und Betriebsfortführung sein, sodass dieses Thema hier ausgeklammert werden kann.

277

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

884 Da weder ein Kostenbeitrag noch ein Auskehrungsanspruch vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung entstanden sein kann, scheidet die Strukturziffer 01 aus. Insoweit ist der SKR InsO missverständlich, wenn er beim Forderungseinzug das Entstehen der Forderung mit dem Entstehen des Auskehrungsanspruchs verwechselt. Bei einer Summen- und Saldenliste muss jedenfalls darauf geachtet werden, dass das Konto 7525 01 (SKR 04-InsO) den Ausgaben Drittrechte zugewiesen wird und nicht den Ausgaben Abwicklung. Ferner ist eine gesonderte Rechnungslegung für den Zeitraum nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit – rechtlich erforderlich, wenn auch praktisch selten eingefordert – bei Verwendung dieses Sachkontos nicht möglich. 885 Abhängig von der Frage, wann ein Verwertungserlös beim (vorläufigen) Insolvenzverwalter eingegangen ist, wären daher grundsätzlich die Strukturziffern 10, 30 und 40 einschlägig. Der SKR InsO enthält zwar beim Forderungseinzug Sachkonten mit der Strukturziffer 10 und 30, jedoch sind diese unzutreffend definiert, da hier auf das Entstehen der Forderung abgestellt wird statt auf das Entstehen des Auskehrungsanspruchs. 886 Wer sich all diesen Problemen nicht widmen möchte, sollte grundsätzlich die Strukturziffer 00 wählen, dann aber aus vorgenannten Gründen auch bei der Auskehrung der Einnahmen aus dem Forderungseinzug. b) Vollständigkeit der Hauptkonten/fehlende Hauptkonten 887 Grundsätzlich sollte jedem Konto, das einem Sicherungsrecht unterfallende Einnahmen erfasst, auch ein Ausgabe-Konto für die Auskehrung an den Absonderungsgläubiger gegenüberstehen. Ein Abgleich anhand des SKR 04-InsO zeigt jedoch, dass dies nicht vollständig gelungen ist. Schon im Grundsatz ist festzustellen, dass bei zahlreichen Einnahme-Konten für die Darstellung von Verwertungserlösen einerseits und Kostenbeiträgen andererseits zwischen Betriebs- und Privatvermögen unterschieden wird, was jedoch bei den AusgabeKonten für die Darstellung der Auskehrung nicht der Fall ist. Im Einzelnen: Einnahmen Drittrechte SKR 04 InsO

Kontobezeichnung

Ausgaben Drittrechte SKR 04 InsO

Kontobezeichnung

4006

Kassenbestands- und Guthabenübernahme besichert

fehlt

möglich: 7526

4011

Schuldnereinkommen besichert

fehlt

möglich: 7526

4021

Einnahmen aus Lebens- und Direktversicherung besichert

fehlt

möglich: 7526

4031

Sonstige Einnahmen besichert

fehlt

möglich: 7526

4201

Forderungseinzug aus LuL – 19 % USt besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

278

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen Einnahmen Drittrechte SKR 04 InsO

Kontobezeichnung

Ausgaben Drittrechte SKR 04 InsO

Kontobezeichnung

4211

Forderungseinzug aus LuL – 7 % USt besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4221

Forderungseinzug aus LuL – EU besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4231

Forderungseinzug aus LuL – Drittland besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4241

Forderungseinzug aus LuL – § 13b UStG besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4251

Forderungseinzug aus LuL – andere Steuersätze besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4261

Forderungseinzug aus LuL – steuerfrei besichert

7525

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL

4282

Mieteinnahmen – steuerfrei besichert

fehlt

möglich: 7526

4284

Mieteinnahmen – steuerpflichtig besichert

fehlt

möglich: 7526

4285

Mieteinnahmen (Fremdverwaltung)

4881

Verwertung Geschäfts- und Firmenwert besichert

fehlt

möglich: 7520

4882

Verwertung sonstige immaterielle Vermögenswerte besichert

7520

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. immateriellen Vermögenswerten

4883

Verwertung Grundvermögen besichert

7521

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

4884

Verwertung Technische Anlagen und Maschinen besichert

7522

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

4885

Verwertung Betriebs- und Geschäftsausstattung besichert

7523

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Betriebs- und Geschäftsausstattung

4886

Verwertung Finanzanlagen besichert

fehlt

möglich: 7526

4887

Verwertung Vorräte besichert

7524

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Vorräte

4888

Verwertung Wertpapiere besichert

fehlt

möglich: 7526

4889

Verwertung sonstiges Umlaufvermögen besichert

fehlt

möglich: 7526

(ĺ Rz. 725 ff.)

279

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO Einnahmen Drittrechte SKR 04 InsO

Ausgaben Drittrechte SKR 04 InsO

Kontobezeichnung

Kontobezeichnung

4890

Verwertung Kraftfahrzeuge/ Fuhrpark besichert

fehlt

möglich: 7522, 7526

4895

Verwertung Grundvermögen besichert (Privatvermögen)

7521

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

4896

Verwertung bewegliches Vermögen besichert (Privatvermögen)

fehlt

möglich: 7526

4897

Verwertung sonstiges Vermögen besichert (Privatvermögen)

fehlt

möglich: 7526

4898

Verwertung Kraftfahrzeuge/ Fuhrpark besichert (Privatvermögen)

fehlt

möglich: 7522, 7526

c) Buchungstechnik 888 Zur Erläuterung der Buchungstechnik sollen nachfolgend typische Beispiele dargestellt werden, wobei jedoch grundsätzlich auf die Darstellung der Absonderungsrechte bei der Entwicklung eines didaktischen Kontenplans (ĺ Rz. 339 ff.) verwiesen wird. Da es hier nur um die Buchungstechnik geht, wird das Thema Umsatzsteuer auf Kostenbeiträge ausgeklammert. aa) Verwertung durch Insolvenzverwalter 889 Der Insolvenzverwalter veräußert nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Maschine, die an einen Absonderungsgläubiger sicherungsübereignet worden war, zum Preis von ¼ 11.900,00 einschließlich 19 % Umsatzsteuer. Bei Geldeingang auf dem Sonderkonto des Insolvenzverwalters ist zu buchen: 1800 00

Sonderkonto

11.900

an

4884 30 Verwertung Technische Anlagen und Maschinen besichert

11.900

890 Bei Auskehrung an den Absonderungsgläubiger wird wie folgt gebucht: 7522 00

280

Auskehrungen für Drittrechte i Z. m. technische Anlagen und Maschinen

11.900

an

4080 30 Umsatzsteuerbeiträge – § 171 InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

1.900

an

4060 30 Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

476

an

4060 31 Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

595

an

1800 00 Sonderkonto

8.929

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

Entsprechend dieser Buchung ist vorab die Abrechnung an den Absonde- 891 rungsgläubiger zu erstellen. Die o. g. Verbuchung hat zur Folge, dass auf dem Geldkonto Sonderkonto nur die tatsächliche Auskehrung in Höhe von ¼ 8.929,00 ersichtlich ist. Die obige Darstellung unterstellt, dass Splittbuchungen möglich sind; dies ist leider in vielen insolvenzspezifischen Software-Produkten nicht möglich, da sie ihren Ursprung nicht in der handelsrechtlichen Buchführung, sondern in (anwaltlichen) Einnahmen-AusgabenRechnungen haben. Das Konto Einnahmen Drittrechte und das Konto Auskehrung Drittrechte gleichen sich aus. Hieran kann man später bei der Auswertung oder Kontenabstimmung erkennen, dass die Drittrechte korrekt abgerechnet wurden. Wird im Verlauf des Verfahrens oder spätestens bei Erstellung der Schlussrechnung festgestellt, dass die Einnahmen Drittrechte und die Ausgaben Drittrechte nicht ausgeglichen sind, besteht Handlungsbedarf. Entweder sind noch Drittrechte abschließend zu prüfen oder es liegt ein Buchungsfehler vor. Möglich ist allerdings auch, dass Einnahmen nicht ausgekehrt werden müssen, da ein anfangs angenommenes Absonderungsrecht angefochten oder anderweitig beseitigt werden konnte. In diesen Fällen sollte geprüft werden, ob eine Umbuchung der Einnahmen erfolgen soll oder eine Darstellung im Berichtswesen ausreichend ist. Zur Frage des sog. Dreifachumsatzes nebst Erfassung des Erst- und Zweitumsatzes siehe Rz. 962 ff. Auf der Einnahmenseite im Bereich Abwicklung verbleiben letztendlich nur 892 die Einnahmen aus den Kostenbeiträgen und der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft. Dies führt dazu, dass nur die Kostenbeiträge und die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft als Überschuss aus der Verwertung absonderungsbehafteten Vermögens ausgewiesen werden und Eingang in die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage finden. Anders freilich bei sog. Übererlösen, bei denen der Absonderungsgläubiger nicht mehr den gesamten Verwertungserlös beanspruchen kann. Hier stellt sich die vergütungsrechtliche Frage, ob überhaupt Kostenbeiträge anfallen. Die Trennung zwischen den einzelnen Kostenbeiträgen führt ergänzend zur 893 Erleichterung der Prüfung der Feststellungskosten i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV (sog. Mehrvergütung). bb) Verwertung durch Absonderungsgläubiger Hat der absonderungsberechtigte Gläubiger die o. g. Maschine nach Verfah- 894 renseröffnung selbst verwertet, nachdem der Verwalter ihm das Absonderungsgut hierzu überlassen hat (§ 170 Abs. 2 InsO), fließt der Veräußerungserlös i. d. R. nicht über das Sonderkonto, und der Masse stehen nur der Feststellungskostenbeitrag und die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft zu. Für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung ist es hilfreich, von einem fiktiven Geldfluss über das Sonderkonto auszugehen, da dann das Einnahme-Konto mit Steuerschlüssel angesprochen werden kann. Gleichzeitig erfüllt die interne Rechnungslegung damit die Pflicht, die (vollständige) Verwertung der schuldnerischen Masse 281

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

(zu der auch das Absonderungsgut gehört) in der Buchführung abzubilden. Selbstverständlich ist dann der fiktiven Einnahme aus der Verwertung eine gleichlautende Auskehrung an den Absonderungsgläubiger gegenüberzustellen. 895 Obgleich auf dem Sonderkonto nur eine Geldbewegung stattfindet (Zahlung vom Gläubiger an die Masse), ist mithin zu buchen: 1800 00

Sonderkonto

7522 00

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

2.376 11.900

an

4884 30 Verwertung Technische Anlagen und Maschinen besichert

an

4080 30 Umsatzsteuerbeiträge – § 171 InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

1.900

an

4060 34 Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen – Verwertung durch Gläubiger, nach IE (Abwicklung)

476

11.900

55. 7530 – 7536 (Abfindungen Drittrechte) 896 Etwas anderes als die soeben dargestellten Auskehrungen an Absonderungsgläubiger sind Abfindungen von Aus- und Absonderungsgläubigern. Umgangssprachlich lässt sich die Abgrenzung wie folgt formulieren: 897

Merke: Wird aus der Verwertung eines Absonderungsguts eine Einnahme erzielt, so ist der Betrag (abzgl. der Kostenbeiträge) an den Absonderungsgläubiger auszukehren. Zahlt der Insolvenzverwalter jedoch ohne (vorherige) Verwertung einen Betrag an den Absonderungsgläubiger, um den Vermögensgegenstand drittrechtsfrei zur freien Verwendung in der Masse zu haben, handelt es sich um eine Abfindung des Absonderungsgläubigers. Wird auf eine Herausgabe an einen Aussonderungsgläubiger verzichtet, weil der Gegenstand für die Masse benötigt wird, so liegt eine Abfindung des Aussonderungsgläubigers vor. Einen Anspruch auf Auskehrung eines (evtl. versehentlich erzielten) Verwertungserlöses hätte er ohnehin nicht, allenfalls einen Anspruch auf Ersatzaussonderung (§ 48 Satz 2 InsO). Die Abfindung eines Aussonderungsgläubigers ist daher dem Erwerb von Anlage- oder Umlaufvermögen nicht unähnlich. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass nicht auf eine schuldrechtliche Forderung (oder Rechnung) bezahlt wird, sondern sachenrechtlich auf ein Herausgaberecht.

898 So können durchaus Lieferanten, die vor Insolvenzeröffnung – und gar vor Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung – einen Anspruch gegen 282

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

den Schuldner erworben haben, befriedigt werden. Entweder hatten sie einen einfachen Eigentumsvorbehalt, dann stellt ihr Herausgabeanspruch einen Aussonderungsanspruch dar. Oder sie hatten einen erweiterten Eigentumsvorbehalt, dann haben sie einen Absonderungsanspruch an den Erlösen aus denjenigen im Rahmen der Betriebsfortführung begründeten Forderungen aus Lieferung und Leistung, die unter Verarbeitung der gelieferten Waren generiert wurden. Der Insolvenzverwalter muss lediglich prüfen und darlegen, dass diejenige Ware, an denen die Drittrechte geltend gemacht werden, auch tatsächlich vorgefunden und im Rahmen der Betriebsfortführung verarbeitet wurde. Anders als bei Auskehrungen vorher vereinnahmter Beträge kann bei Abfindungen keine unmittelbare Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben erfolgen. Man stelle sich den Fall vor, dass Tausende Kleinteile verschiedener Lieferanten verarbeitet werden, um hunderte Forderungen gegen Kunden zu generieren. Selbiges gilt bei anderen Vermögensgegenständen. Ist z. B. ein Vermögens- 899 gegenstand sicherungsübereignet worden, hätte der Absonderungsgläubiger ein Absonderungsrecht an dem Verwertungserlös. Möchte der Insolvenzverwalter den Gegenstand jedoch nicht (zeitnah) verwerten oder rechnet er mit einem (späteren) Verwertungserlös, der die persönliche Forderung des Absonderungsgläubigers übersteigt, kann er das Absonderungsrecht des Gläubigers durch Zahlung abfinden. Vergleichbares gilt – allerdings rechtlich unzulässig – für Lästigkeitsprämien, wie z. B. für eine „Schornsteinhypothek“. Einen Sonderfall stellt es dar, wenn sich nach einer Verwertungseinnahme 900 herausstellt, dass kein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters bestand und nun Ersatzaus- oder -absonderungsrechte zu bedienen sind. Dies kann der Fall sein, wenn der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter Forderungseinzug betrieben oder Ware weiterverarbeitet hat, obgleich der Absonderungsgläubiger dem widersprochen hat.457) Hier bestünde zum einen die Möglichkeit, Einnahmen und Ausgaben im Bereich der ungerechtfertigten Bereicherung darzustellen, wobei jedoch noch die Steuerschuldnerschaft zu klären wäre. Ungünstig wäre eine Darstellung der Zahlung an den Gläubiger im Bereich Auskehrungen, da der Leser der Schlussrechnung dann Kostenbeiträge erwarten würde. Folglich wäre es drittens möglich, die Zahlung an den Ersatzaus- oder -absonderungsgläubiger hier als Abfindung darzustellen. Wird z. B. ein Leasinggeber „abgefunden“, handelt es sich tatsächlich um ei- 901 ne Anschaffung (6497 SKR 04-InsO). Dies macht deutlich, dass sich die Abfindung von Aussonderungsgläubigern ohnehin nur auf Lieferanten mit einfachem Eigentumsvorbehalt beziehen kann. Der Standardisierte Kontenplan sieht für derartige Zahlungen folgende Kon- 902 ten vor: ___________ 457) BGH, Urt. v. 24.1.2019 – IX ZR 110/17, ZIP 2019, 472.

283

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2030

7530

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. immateriellen Vermögenswerten

A

2031

7531

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Grundvermögen

A

2032

7532

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

A

2033

7533

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Betriebsund Geschäftsausstattung

A

2034

7534

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Vorräte

A A

2035

7535

01

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Altforderungen

2035

7535

10

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL (vorl. V)

A

2035

7535

30

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. Forderungen LuL nach IE

A

2036

7536

00

Abfindungen für Drittrechte i. Z. m. sonstigen Vermögensgegenständen

A

903 Welches Hauptkonto einschlägig ist, ergibt sich aus der Art des Vermögensgegenstandes. Gemäß § 169 Satz 1 InsO gebühren dem Absonderungsgläubiger Zinsen für die verzögerte Verwertung von Absonderungsgut. Gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 InsO steht dem Absonderungsgläubiger ein Wertersatz für die Nutzung zu. Auch solche Zahlungen können grundsätzlich hier erfasst werden. Vergütungsrechtlich stellte sich allerdings die Frage, ob die Zinsen nicht eher abwicklungsbedingt sind, also nicht dem Überschussprinzip bei Drittrechten folgen, und ob Nutzungsentschädigungen mit der Strukturziffer für Betriebsfortführung zu erfassen sind. 904 Etwas unglücklich geregelt sind die Strukturziffern. Entgegen der Vorgabe des Kontenplans ist zunächst zwischen Abwicklung und Betriebsfortführung zu differenzieren. Werden z. B. Lieferanten abgefunden, dann in erster Linie deshalb, weil die vorgefundene Ware für die Weiterverarbeitung im Rahmen der Betriebsfortführung benötigt wird. Die Alternative wäre eine Rückgabe und Neuanschaffung, was durch die Abfindung eben vermieden werden soll. In solchen Fällen ist zwingend eine Strukturziffer für Betriebsfortführung zu wählen, da sonst der Fortführungsüberschuss unzutreffend ermittelt werden würde. Die Normkonkurrenz zwischen § 1 Abs. 2 Nr. 2 InsVV (Überschussprinzip bei Abfindungen von Aus- und Absonderungsgläubigern) und § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b InsVV (Überschussprinzip bei Betriebsfortführung) ist hier zugunsten der Betriebsfortführung aufzulösen. Entsprechendes gilt auch für andere Vermögensgegenstände, die weiter für die Betriebsfortführung genutzt werden sollen, sodass abwicklungsbedingte Abfindungen eher die Ausnahme sind. Die Darstellung als fortführungsbedingt

284

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

erfolgt nicht nur wegen der Nutzung; Abfindungen müssten im Grundsatz im Bereich Drittrechte immer von der Berechnungsgrundlage in Abzug gebracht werden. Werden sie jedoch der Betriebsfortführung zugeordnet und liegt ein negativer Fortführungsüberschuss vor, erfolgt gleichwohl keine weitere Kürzung der Berechnungsgrundlage, da ein Fortführungsüberschuss immer mit mindestens null anzusetzen ist. Darüber hinaus kommt es auch auf die Frage an, wann der Abfindungsan- 905 spruch entstanden ist. Dies ist der Zeitpunkt der Vereinbarung zwischen (vorläufigem) Insolvenzverwalter und Aus- bzw. Absonderungsgläubiger. Daher ist die im Kontenplan vorgesehene Strukturziffer 01 unzutreffend, da eine solche Vereinbarung nicht vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung geschlossen werden kann. Soweit der Kontenplan bei den Altforderungen auch die Strukturziffern 10 und 30 vorhält, sind auch diese unzutreffend definiert, da es nicht darauf ankommt, wann die Forderung aus Lieferung und Leistung begründet worden war. Ungeachtet dessen fehlen hier die Strukturziffern für Geschäftsvorfälle nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Damit sind im Ergebnis alle im SKR InsO vorgesehenen Strukturziffern un- 906 zutreffend. 56. 7540 (Unterhalt des Schuldners) SKR 03 InsO 2040

907

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7540

xx

Unterhalt

A

Bis zum Berichtstermin als i. d. R. erster Gläubigerversammlung kann der In- 908 solvenzverwalter dem Schuldner und seinen Familienangehörigen nach Maßgabe des § 100 Abs. 2 InsO Unterhalt aus der Insolvenzmasse zahlen. Hierfür bedarf es des Beschlusses eines (vorläufigen oder einstweiligen) Gläubigerausschusses (§ 100 Abs. 2 Satz 1 InsO); ist ein solcher nicht bestellt, muss der Insolvenzverwalter nachweisen, dass der Schuldner nicht mit fortführungsbedingten Aufgaben betraut wurde, sonst handelt es sich um fortführungsbedingten Unternehmerlohn. Ab der ersten Gläubigerversammlung ist ausschließlich diese für die Entscheidung über eine Unterhaltsgewährung zuständig (§ 100 Abs. 1 InsO). Der Anspruch auf Unterhalt kann auch nach „Freigabe“ des Geschäftsbetriebs (§ 35 Abs. 2 InsO) noch bestehen, wenn der Schuldner seinen Lebensunterhalt nicht aus den Gewinnen bestreiten kann.458) Solche Zahlungen soll das o. g. Hauptkonto erfassen. Hinsichtlich der Strukturziffer gilt: Im Fall der Betriebsfortführung bei In- 909 solvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen oder Personengesellschaften (praxisrelevant an dieser Stelle die GbR) ist sorgfältig zwischen Entlohnung des Inhabers (von den Einnahmen abzuziehende, weil fortfüh___________ 458) BGH, Beschl. v. 25.1.2018 – IX ZA 19/17, ZIP 2018, 543.

285

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

rungsbedingte Ausgabe) und Unterhaltsgewährung (nicht von den Einnahmen abzuziehen, da abwicklungsbedingte Ausgabe) zu differenzieren. Grundsätzlich wird vermutet, dass Zahlungen an den Betriebsinhaber auf einer Entlohnung seiner Tätigkeit beruhen, also fortführungsbedingte Ausgaben sind; behauptet der Insolvenzverwalter, es handele sich lediglich um eine nicht fortführungsbezogene Unterhaltszahlung i. S. d. § 100 InsO, liegt die Beweislast beim Insolvenzverwalter.459) Liegt eine Entlohnung des für das Insolvenzverfahren im Rahmen der Betriebsfortführung tätigen Schuldners (oder Personengesellschafters) vor, kann das o. g. Hauptkonto mit einer Strukturziffer für Betriebsfortführung angesprochen werden. Werden für den Schuldner (oder Personengesellschafter) auch andere Kosten übernommen, wie z. B. Beiträge zur Kranken- oder Rentenversicherung, Berufshaftpflichtversicherung, Kammerbeiträge usw., gelten vorstehende Ausführungen entsprechend. 910 Ob es sich nun um abwicklungsbedingten Unterhalt oder fortführungsbedingten Unternehmerlohn handelt, es handelt sich immer um sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO, sodass auch in zeitlicher Hinsicht die richtigen Strukturziffern zu wählen sind, gerade auch im Hinblick auf eine eventuelle Zuordnung zu Alt- und Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 InsO) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Dies macht es im Zweifel auch erforderlich, vorher festzulegen, zu welchen Terminen der Schuldner Zahlungen erhalten soll, denn auch er kann im Zweifel lediglich Alt-Massegläubiger sein. 57. 7560 – 7585 (Abschlags- und Schlussverteilung einschl. Sozialplan und Motivationsrabatt) 911 Da ein Insolvenzverfahren als gerichtliches Gesamtvollstreckungsverfahren hauptsächlich der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient und die Rechnungslegungspflicht des Insolvenzverwalters auch nach der Schlussrechnung noch bis zur Auflösung des Sonderkontos andauert, müssen Konten für die Ausschüttungen an Insolvenzgläubiger und andere Berechtigte vorgehalten werden. Der Standardisierte Kontenplan sieht hierfür folgende Hauptkonten vor: SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2060

7560

00

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – allgemein

A

2060

7560

01

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

2060

7560

02

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Finanzämter (InsStatG)

A

2060

7560

03

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

___________ 459) BGH, Beschl. v. 4.5.2006 – IX ZB 202/05, ZIP 2006, 1307.

286

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2061

7561

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I.E. – allgemein

A

2061

7561

01

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I.E. – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

2061

7561

02

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I.E. – Finanzämter (InsStatG)

A

2061

7561

03

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO – Zinsen nach I.E. – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

2062

7562

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Kosten nach I.E. – allgemein

A

2062

7562

01

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Kosten nach I.E. – Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

A

2062

7562

02

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Kosten nach I.E. – Finanzämter (InsStatG)

A

2062

7562

03

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO – Kosten nach I.E. – Sozialversicherungsträger (InsStatG)

A

2063

7563

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO – Geldstrafen, Geldbußen usw.

A

2064

7564

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO – Unentgeltliche Leistungen

A

2065

7565

00

Ausschüttung § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – Kapitalersetzende Darlehen

A

2066

7566

00

Ausschüttung § 39 Abs. 2 InsO – Vereinbarter Nachrang

A

2070

7570

00

Vorrang § 264 InsO

A

2075

7575

00

Sozialplanansprüche § 123 InsO

A

2080

7580

00

Überschussherausgabe gemäß § 199 InsO

A

2085

7585

00

Motivationsrabatt gemäß § 292 I Satz 4 InsO460)

A

Die Hauptkonten 7560 bis 7566 erläutern sich selbst, es geht um die Erfas- 912 sung von Abschlagsverteilungen und der Schlussverteilung, aber auch um Zahlungen in der Wohlverhaltensphase. Dass es hier recht viele Konten gibt, beruht auf dem Umstand, dass es innerhalb der nachrangigen Insolvenzgläubiger eine Befriedigungsreihenfolge einzuhalten gilt. Einschlägig ist im Grundsatz immer die Strukturziffer 00, da es auf jedwede Unterscheidungen nicht ankommt. Das Insolvenzstatistikgesetz (§ 2 Nr. 3 Buchst. c InsStatG) verlangt jedoch eine Mitteilung über die Befriedigung öffentlich-rechtlicher Insolvenzgläubiger. In Anlehnung an amtliche Vordrucke wurden für den Kon___________ 460) Sachkonto abgeschafft zum 1.2.2021.

287

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

tenplan daher folgende Strukturziffern eingeführt, um das Zahlenwerk für die statistische Erhebung ermitteln zu können: Strukturziffer

Kontobezeichnung

00

Allgemein (gemeint: sonstige Insolvenzgläubiger)

01

Bundesagentur für Arbeit (InsStatG)

02

Finanzämter (InsStatG)

03

Sozialversicherungsträger (InsStatG)

913 Entsprechend dem in § 2 Nr. 3 Buchst. c InsStatG verwendeten Begriff der öffentlich-rechtlichen Gläubiger ist die praktische Zuordnung oftmals zweifelhaft. Die von den Landesjustizverwaltungen ermittelten Meldebögen (Insolvenzstatistik Meldung RB) sind dabei keine nennenswerte Hilfe. Da die Bundesagentur für Arbeit (01) ebenfalls ein Sozialversicherungsträger (03) ist, kann nur gemutmaßt werden, dass mit Bundesagentur für Arbeit der Anspruchsübergang i. S. d. § 55 Abs. 3 InsO gemeint ist, sodass weniger nach dem Empfänger als nach dem Forderungsgrund differenziert wird. Die Angabe Finanzämter (02) dürfte unvollständig sein; hier werden alle Steuergläubiger gemeint sein, insbesondere auch die Gemeinden wegen Gewerbe- und Grundsteuer sowie der Zoll wegen Kfz-Steuer. Im Übrigen müssen Sozialversicherungsträger (03) öffentlich-rechtlicher Natur sein, sodass hierzu nicht gehören z. B. Träger einer privaten Krankenversicherung, wohl aber z. B. die berufsständischen Versorgungswerke. 914 Ein Überschuss nach der Befriedigung aller Verfahrenskosten-, Masse- und Insolvenzgläubiger und aller Absonderungsberechtigten ist gemäß § 199 InsO an den Schuldner herauszugeben. Hierfür ist das Hauptkonto 7580 vorgesehen. Auch hier bedarf es lediglich der Strukturziffer 00. 915 Schließt sich dem Insolvenzverfahren eine (restliche) Wohlverhaltensphase zur Erlangung der Restschuldbefreiung an, steht dem Schuldner in den bis zum 30.6.2014 beantragten Insolvenzverfahren nach Maßgabe des § 292 Abs. 1 Satz 4 InsO a. F. ein sog. Motivationsrabatt in Gestalt eines Prozentsatzes des aus pfändbarem Einkommen generierten Massebestandes461) zu. Insoweit kommt es vor oder im Zusammenhang mit Auszahlungen an die Insolvenzgläubiger auch zu einer Zahlung an den Schuldner, für die das Hauptkonto 7585 vorgesehen ist. Das Hauptkonto ist zum 1.2.2021 abgeschafft worden, findet sich jedoch in den Kontenplänen vorheriger Fassung. 916 Das Hauptkonto 7575 erfasst Zahlungen auf einen nach Verfahrenseröffnung vereinbarten Sozialplan. Hierbei handelt es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 123 Abs. 2 Satz 1 InsO), gleichwohl ist das Konto systematisch korrekt verortet. Nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 InsO darf an die Gläubiger des Sozialplans nur ein Drittel desjenigen Betrages ausgeschüt___________ 461) Nach Verfahrensaufhebung handelt es sich nicht mehr um „Masse“ i. S. d. § 35 InsO, jedoch wird umgangssprachlich weiterhin von Masse gesprochen.

288

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

tet werden, der ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Es steht damit erst kurz vor Durchführung der Schlussverteilung fest, welcher Betrag unter Berücksichtigung einer Rückstellung für Verfahrenskosten und weiter notwendiger sonstiger Masseverbindlichkeiten für eine Schlussverteilung zur Verfügung steht. Hiervon ein Drittel darf an die Sozialplangläubiger ausgeschüttet werden, zwei Drittel an die Insolvenzgläubiger. Insofern kann bei den Sozialplanansprüchen auch von nachrangigen Masseverbindlichkeiten gesprochen werden. Diese Argumentation wird auch herangezogen, um zu verneinen, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB bereits ab Abschluss des Sozialplans laufen könnte;462) anderenfalls wären die Sozialplanansprüche im Zeitpunkt ihrer Befriedigungsmöglichkeit meist schon verjährt. Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer auf die Sozialplanansprüche sind 917 ebenfalls hier, d. h. auf dem Hauptkonto 7575, zu erfassen. Bei Ausschüttungen an ehemalige Arbeitnehmer als Insolvenzgläubiger im Zusammenhang mit Abschlags- oder Schlussverteilungen ist streitig, ob Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer einzubehalten sind. Dies kann bejaht werden mit dem Argument des Zuflussprinzips (für die Lohnsteuer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG), d. h. die Abgaben entstehen im Zeitpunkt der Zahlung des Lohns durch den Arbeitgeber. Dies ließe sich aber verneinen mit dem Argument, im Fall der Zahlungen an Insolvenzgläubiger handele der Insolvenzverwalter nicht (mehr) als Arbeitgeber, sondern im Rahmen eines gerichtlichen Gesamtvollstreckungsverfahrens ähnlich einem Gerichtsvollzieher. Sozialversicherungsbeiträge sind daher bereits fällig, sobald die Tätigkeit, für die das Arbeitsentgelt gezahlt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Folglich hätte der Sozialversicherungsträger seine Forderung selbst zur Tabelle anmelden müssen. Da Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben also zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig, aber auf Basis einer einheitlichen Gehaltsabrechnung ermittelt werden, sind beide Lösungsansätze aufgrund divergierender Gesetzgebung gleichermaßen richtig und falsch. Sofern der erstgenannten Auffassung gefolgt wird, sind auch die dem ehemaligen Arbeitnehmer von seiner Insolvenzquote einbehaltenen Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteueranteile auf das Hauptkonto 7560 zu buchen, da sonst die für die Schlussverteilung angesprochenen Konten in der Summe nicht mit dem Verteilungsverzeichnis i. S. d. § 188 InsO übereinstimmen. Etwas unglücklich angesiedelt ist das Hauptkonto 7570 für Verbindlichkei- 918 ten mit „Vorrang § 264 InsO“, hierzu wird auf Rz. 1288 f. verwiesen. 58. 7600 – 7686 (Steuern – Einnahmen und Ausgaben) Umsatzsteuer wird über die eingangs erläuterten Hauptkonten 3821 und 919 3822 (SKR 04-InsO) gebucht, auf die dortigen Erläuterungen (ĺ Rz. 583 ff.) ___________ 462) LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2013 – 5 Sa 747/13, NZI 2014, 183; LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2013 – 5 Sa 823/13, ZInsO 2013, 2560. Zu der Problematik auch Pott, NZI 2015, 539.

289

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

wird verwiesen. Im Nachfolgenden befasst sich der Standardisierte Kontenrahmen – dem handelsrechtlichen System folgend – mit Ertragsteuern und sonstigen Steuern. SKR 03 InsO

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer

2200

7600

xx

Einnahmen aus Körperschaftsteuererstattung

E

2201

7601

xx

Ausgaben Körperschaftsteuer

A

2208

7608

xx

Einnahmen aus Solidaritätszuschlagerstattung

E

2209

7609

xx

Ausgaben Solidaritätszuschlag

A

4320

7610

xx

Einnahmen aus Gewerbesteuererstattung

E

4321

7611

xx

Ausgaben Gewerbesteuer

A

2214

7630

xx

Ausgaben Zinsabschlagsteuer

A

2213

7631

xx

Einnahmen aus Kapitalertragsteuererstattung

E

xx

Ausgaben Solidaritätszuschl. auf Zinsabschlagst.

A

2218

7638

4340

7650

xx

Einnahmen aus Sonstige Steuererstattung

E

4341

7651

xx

Ausgaben Sonstige Steuern

A

2202

7660

xx

Einnahmen aus Einkommensteuererstattungen

E

2205

7661

xx

Ausgaben Einkommensteuer

A

2375

7680

xx

Ausgaben Grundsteuer

A

4510

7685

xx

Einnahmen aus Kfz-Steuererstattung

E

4511

7686

xx

Ausgaben Kfz-Steuern

A

920 (1) Diese Konten erläutern sich weitgehend selbst. Daher können sich die nachfolgenden Ausführungen auf Besonderheiten beschränken. 921 (2) Das Hauptkonto „Einnahmen aus Kapitalertragsteuererstattung“ dürfte einen reduzierten Anwendungsbereich haben. Es handelt sich bei der Kapitalertragsteuer, für bestimmte Veranlagungsjahre auch Zinsabschlagsteuer genannt, – wie auch bei der nunmehr einschlägigen Abgeltungsteuer463) – um eine (Art) Quellensteuer als Vorauszahlung auf die Ertragsteuer. Zu einer Erstattung kommt es daher i. d. R. nur im Zusammenhang mit der Einkommen- oder Körperschaftsteuerfestsetzung. Eine isolierte Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer ist nach § 44b EStG möglich, allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft; das hier diskutierte Hauptkonto sollte ausschließlich diesen Sachverhalt erfassen. Denkbar ist ferner der Sachverhalt, dass einbehaltene Steuerbeträge von den Gesellschaftern einer Perso___________ 463) Die Besonderheit der Abgeltungsteuer liegt lediglich darin, dass sie grundsätzlich Abgeltungswirkung hat. Liegt der individuelle Steuersatz des Steuerschuldners jedoch unter dem Steuersatz von 25 %, können die von der Abgeltungsteuer erfassten Einkünfte deklariert werden, um vom niedrigeren Steuersatz zu profitieren. Dann wird die Abgeltungsteuer als Vorauszahlung auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer behandelt.

290

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

nengesellschaft (GbR, oHG, KG, GmbH & Co. KG) zu erstatten sind, da nur sie Steuerobjekt bei den Ertragsteuern sind, also von den bei der Insolvenzmasse vorgenommenen Abzügen wirtschaftlich profitieren. Nach älterer Rechtsprechung hatte daher jeder Gesellschafter die Pflicht, die der Masse belasteten Abzugsbeträge in seiner Steuererklärung anzugeben und an die Masse zu erstatten; tat er dies nicht, machte er sich gegenüber der Gesellschaft (Masse) schadenersatzpflichtig.464) Dies hat der BGH jedoch inzwischen verneint, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder anderen Umständen etwas anderes ergibt.465) Sollte es zu derartigen Erstattungen kommen, könnte das Hauptkonto „Einnahmen aus Kapitalertragsteuererstattung“ verwendet werden. (3) Bei Einnahmen aus Körperschaftsteuererstattungen sollten zumindest im 922 Buchungstext die besonderen Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 5 KStG hervorgehoben werden. Hintergrund: Bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaften ersetzte das Steuersenkungsgesetz aus dem Jahr 2000 das bis dahin geltende Anrechnungsverfahren ab dem Veranlagungszeitraum 2001 durch das Halbeinkünfteverfahren. Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaften und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften aus dem Jahr 2006 wurde die ausschüttungsabhängige Körperschaftsteuerminderung geändert in eine ratierliche ausschüttungsunabhängige Auszahlung. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 KStG wurde das Körperschaftsteuerguthaben aus der Systemumstellung letztmals auf den 31.12.2006 ermittelt. Das Guthaben wurde gemäß § 37 Abs. 5 Satz 1 KStG in zehn gleichen Jahresraten von 2008 bis 2017 ausgezahlt. Nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums sollen jedoch Ansprüche von bis zu ¼ 1.000,00 in einer Summe ausgezahlt werden.466) Diese sog. Körperschaftsteuerguthaben stehen also nicht im Zusammenhang mit der jährlichen Veranlagung, sondern stellen einen eigenen Rechtsgrund dar. Zu beachten ist noch die Aufrechnungsbefugnis des Finanzamts, soweit solche Vorgänge noch in Bearbeitung sind. Nach Auffassung des BFH467) ist maßgeblicher Stichtag der 31.12.2006. Ist das Insolvenzverfahren danach eröffnet worden, gilt das Körperschaftsteuerguthaben i. S. d. § 37 Abs. 5 KStG als vorinsolvenzlich entstanden, es ist also der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen zugänglich. Ist das Insolvenzverfahren vor dem 1.1.2007 eröffnet worden, fällt das Körperschaftsteuerguthaben in die Masse und kann nicht mit Insolvenzforderungen aufgerechnet werden. Noch vor dem BFH anhängig ist die Frage, ob dem Körperschaftsteuerguthaben i. S. d. § 37 Abs. 5 KStG auch Solidaritätszuschlag als Guthaben hinzuzusetzen ist. Der BFH468) hatte die Frage dem Bundesverfas___________ 464) 465) 466) 467)

OLG Dresden, Beschl. v. 29.11.2004 – 2 U 1507/04, GmbHR 2005, 238. BGH, Urt. v. 16.4.2013 – II ZR 118/11, ZIP 2013, 1174, dazu EWiR 2013, 409 (Kahlert). BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) v. 21.7.2008, BStBl. I 2008, 741. BFH, Urt. v. 23.2.2011 – I R 38/10, BFH/NV 2011, 1298; BFH, Urt. v. 23.2.2011 – I R 20/10, ZInsO 2011, 1163. 468) BFH, Vorlagebeschl. v. 10.8.2011 – I R 39/10, BStBl. II 2012, 603; zuvor abgelehnt von FG Köln, Urt. v. 9.3.2010 – 13 K 64/09, EFG 2010, 1353.

291

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

sungsgericht vorgelegt. Dort wurde die Vorlage jedoch als unzulässig erachtet,469) sodass der BFH nun selbst entscheiden muss.470) 923 (4) Ist der Schuldner eine natürliche Person, wird Einkommensteuer über die Hauptkonten 7660 und 7661 (SKR 04-InsO) gebucht. Da die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist und nicht – wie die Körperschaft- oder Umsatzsteuer – in Rumpfwirtschaftsjahre aufgeteilt werden kann, stellt sich für die Veranlagung des Jahres der Insolvenzeröffnung und die Jahre weiterer zeitlicher Zäsuren (z. B. „Freigabe“ nach § 35 Abs. 2 InsO oder Verfahrensaufhebung) immer die Frage, ob die Masse überhaupt von der Einkommensteuerthematik betroffen ist oder sich Steuerforderungen und -guthaben nur auf die Bezifferung von Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) beziehen oder gar das insolvenzfreie Vermögen betreffen. Hier ist der festgesetzte Jahreswert in Ermangelung verschiedener Steuernummern nach §§ 268 ff. AO z. T. sehr komplex aufzuteilen. 924 Hinsichtlich des Zeitraums vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten, was umgekehrt auch für Erstattungsansprüche gilt. Insoweit sind stets Aufrechnungsversuche der Finanzämter zu prüfen und abzuwehren. 925 Mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wird der („starke“ vorläufige) Insolvenzverwalter zugleich Vermögensverwalter i. S. d. § 34 AO, sodass er für die Erfüllung steuerlicher Pflichten des Schuldners Sorge zu tragen hat. 926

Merke: Ab Eröffnung des Verfahrens ist der Insolvenzverwalter mithin schon wegen § 34 AO zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet. Dies gilt wegen § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO jedoch nur hinsichtlich des Massebeschlags; es können auch nur insoweit Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten entstehen.471)

927 Bei Verfahrensbeendigung wird regelmäßig beantragt, hinsichtlich der bis zur Aufhebung bzw. Einstellung des Insolvenzverfahrens noch nicht veranlagten Steuererstattungen die Nachtragsverteilung vorzubehalten. Dies ist ausreichend, um auch nach Verfahrensbeendigung noch eine die Masse betreffende Erstattung zu vereinnahmen. Erklärt das Finanzamt hingegen eine Aufrechnung, hat auch der ehemalige Insolvenzverwalter noch Anspruch auf Ertei___________ 469) BVerfG, Beschl. v. 27.10.2021 – 2 BvL 12/11, BVerfGE 159, 149. 470) Das Verfahren BFH – I R 49/21 (I R 39/10) ist noch anhängig. 471) Vgl. BFH, Urt. v. 7.4.2005 – V R 5/04 (Umsatzsteuer), ZIP 2005, 1376; BFH, Urt. v. 17.3.2010 – XI R 2/08 (Umsatzsteuer), ZInsO 2010, 1390; BFH, Urt. v. 18.5.2010 – X R 11/09 (Einkommensteuer), ZInsO 2010, 1556; FG Köln, Urt. v. 19.1.2011 – 7 K 3547/07 (Einkommensteuer), ZInsO 2011, 1117; FG München, Urt. v. 29.5.2008 – 14 K 4598/06 (Umsatzsteuer), ZIP 2008, 1889; FG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2008 – 4 K 1394/07 (Einkommensteuer, Gewerbesteuer), ZIP 2009, 1176; FG Thüringen, Urt. v. 11.9.2003 – IV 966/02 (Umsatzsteuer), ZInsO 2004, 392.

292

V. SKR 04-InsO (2021-01) – Erläuterungen

lung eines Aufteilungsbescheids, gegen den er auch noch rechtsmittelbefugt ist.472) Auch im Fall der Nachtragsverteilung ist die Steuererklärung vom Insolvenzverwalter zu unterzeichnen.473) Streitig war nach Einführung der Restschuldbefreiung im Jahr 1999, ob Ein- 928 kommensteuererstattungsansprüche für Zeiträume der Wohlverhaltensphase von der Abtretungserklärung des Schuldners i. S. d. § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO a. F. erfasst sind. Nach einigen Diskussionen wurde diese Frage von BGH474) und BFH475) verneint, sodass derartige Erstattungen grundsätzlich dem Schuldner zustehen und nicht der Masse. In diesem Zusammenhang war noch die Frage zu klären, ob das Finanzamt derartige Erstattungsansprüche aus Veranlagungszeiträumen der Wohlverhaltensphase mit den nach §§ 38, 39 InsO geltend gemachten Insolvenzforderungen aufrechnen darf oder an den Schuldner auskehren muss. Die Aufrechnungsbefugnis wurde schließlich von BGH476) und BFH477) bejaht, da in der Wohlverhaltensphase kein allgemeines Aufrechnungsverbot für Insolvenzgläubiger besteht und Restschuldbefreiung noch nicht erteilt wurde. Dieser Zeitraum ist also weniger für die Buchführung von Interesse als mehr für die Insolvenztabelle, da solche Aufrechnungen das Finanzamt eigentlich zwingen müssten, die zur Tabelle festgestellten Forderungen zu mindern, was Einfluss auf die jährlichen Verteilungen des Treuhänders haben kann. Selbstverständlich ist, dass aus der steuerlichen Veranlagung für diesen Zeitraum nach Aufhebung des Verfahrens auch keine Masseverbindlichkeiten resultieren können. Da der Treuhänder i. S. d. § 292 InsO nicht Vermögensverwalter i. S. d. §§ 34, 35 AO ist, ist er für den Zeitraum der Wohlverhaltensphase auch nicht zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet. Bei asymmetrischen Verfahren, in denen das eröffnete Verfahren nach Ablauf der Abtretungsfrist oder nach vorzeitiger Erteilung der Restschuldbefreiung noch nicht aufgehoben wurde, hängt die Frage, ob ein Steuererstattungsanspruch in die Masse fällt oder dem Schuldner zusteht, davon ab, ob sich der die Erstattung begründende Sachverhalt vor oder nach Ablauf der Abtretungsfrist bzw. vorzeitiger Erteilung der Restschuldbefreiung verwirklicht hat.478) Dies gilt umgekehrt freilich auch für Verbindlichkeiten. Im Ergebnis ist folglich für das entsprechende Veranlagungsjahr eine Aufteilung nach §§ 268 ff. AO erforderlich. Offenbar fehlt im SKR-InsO ein Konto „Einnahmen Grundsteuererstat- 929 tung“, obgleich ein entsprechendes Ausgabe-Konto existiert; im Bedarfsfall ___________ 472) BFH, Urt. v. 28.2.2012 – VII R 36/11, ZInsO 2012, 883; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.12.2010 – 10 K 15202/09, ZInsO 2011, 1804. 473) FG Düsseldorf, Urt. v. 28.8.2014 – 8 K 3677/13 E, ZInsO 2015, 323. 474) BGH, Urt. v. 21.7.2005 – IX ZR 115/04, NZI 2005, 565; BGH, Beschl. v. 12.1.2006 – IX ZB 239/04, NJW 2006, 1127. 475) BFH, Urt. v. 21.11.2006 – VII R 1/06, ZVI 2007, 137. 476) BGH, Urt. v. 21.7.2005 – IX ZR 115/04, NZI 2005, 565, Ziff. II. 2. b) ee). 477) BFH, Urt. v. 21.11.2006 – VII R 1/06, ZVI 2007, 137. 478) BGH, Urt. v. 13.1.2022 – IX ZR 64/21, ZVI 2022, 202.

293

G. Standardisierter Kontenrahmen SKR-InsO

ist ein solches Konto der Vollständigkeit halber anzulegen, um das System zu wahren – aus Vereinfachungsgründen kann aber auch das Konto für sonstige Steuererstattungen angesprochen werden, falls nicht ohnehin bloß eine negative Ausgabe vorliegt. Von größerer Bedeutung bei der Grundsteuer ist jedoch, dass die Abgrenzung von Insolvenz- zu Masseverbindlichkeiten nach den Verhältnissen am 1. Januar erfolgt (§ 9 Abs. 1 GrStG). Somit ist zu prüfen, ob der 1. Januar in den Zeitraum des eröffneten Verfahrens, den Zeitraum der vorläufigen Verwaltung oder in einen Zeitraum vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung fällt. Im Letzteren Fall handelt es sich lediglich um eine Insolvenzforderung. Allerdings lastet die Grundsteuer dinglich auf dem Grundstück (§ 12 GrStG), d. h. sie wird regelmäßig bezahlt, um eine lastenfreie Verwertung zu ermöglichen bzw. eine Zwangsversteigerung durch den Steuergläubiger zu vermeiden. Für diesen Teil der Grundsteuer bietet sich eher das Sachkonto 7531 (Abfindungen i. Z. m. Grundvermögen) an. Um eine Insolvenzforderung im Jahr der Anordnung der vorläufigen Verwaltung handelt es sich wiederum nicht, wenn aufgrund des Mietvertrages die laufende Grundsteuer (quartalsweise Fälligkeit ab Anordnung der vorläufigen Verwaltung) für ein gemietetes Grundstück unmittelbar vom Mieter entrichtet wird. 930 (5) Die sonstigen Steuern betreffen alle anderen Steuerarten, soweit nicht besondere Konten bestehen. Sonstige Steuern können sein Energiesteuer, Tabaksteuer, Versicherungsteuer, Grunderwerbsteuer, Stromsteuer, Erbschaftsteuer,479) Zölle, Brandweinsteuer, Lotteriesteuer, Kernbrennstoffsteuer, Kaffeesteuer, Luftverkehrsteuer, Vergnügungssteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Feuerschutzsteuer, Hundesteuer, Sport- und Rennwettsteuer, Zweitwohnungsteuer – und was noch so kommt. 931 (6) Hinsichtlich der Strukturziffern gelten die allgemeinen Regeln. Von großer Bedeutung ist neben der zeitlichen Komponente (unter besonderer Hervorhebung des § 55 Abs. 4 InsO) auch die Abgrenzung von Abwicklung und Betriebsfortführung. Für die Einkommensteuer hat der BGH eine solche Abgrenzung aus vergütungsrechtlichen Gründen explizit vorgegeben,480) für alle anderen Steuerarten gilt dies daher ebenso.481) 932 (7) Bei den Buchungstexten dürfte selbstverständlich sein, die Steuerarten und die Veranlagungszeiträume anzugeben. 933 (8) Bei der Abgrenzung von Einnahmen und Ausgaben ist wiederum eine vergütungsrechtliche Komponente zu beachten. Wurden Zahlungen aus der Masse geleistet (z. B. Einkommensteuervorauszahlungen) und später wieder erstattet (z. B. Jahresveranlagung zur Einkommensteuer), handelt es sich i. d. R. nicht um Einnahmen, sondern um negative Ausgaben. ___________ 479) Erbt der Schuldner, ist die Erbschaftsteuer Masseverbindlichkeit, so BFH, Urt. v. 5.4.2017 – II R 30/15, ZIP 2017, 1526. 480) BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – IX ZB 5/13, ZIP 2015, 230. 481) BGH, Beschl. v. 7.10.2021 – IX ZB 42/20, ZRI 2022, 40 (Umsatzsteuer).

294

H. Grundzüge der Umsatzsteuer I. Einleitung Das Insolvenzsteuerrecht kann hier nicht vollständig dargestellt werden. Er- 934 forderlich sind jedoch einige Grundkenntnisse im Umsatzsteuerrecht, die in diesem Kapitel vermittelt werden sollen. Denn nachdem das richtige Sachkonto nebst einschlägiger Strukturziffer gefunden wurde, muss noch die Entscheidung getroffen werden, ob mit oder ohne Steuerschlüssel gebucht wird und welcher Steuernummer (Masse oder Schuldner) die Umsatz- bzw. Vorsteuer zuzuordnen ist. Explizit ausgeklammert sind jedoch grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle und die umsatzsteuerliche Organschaft. Auch temporäre Änderungen aufgrund von Maßnahmen gegen Corona oder die Energiekrise (Stand Ende 2022) können nicht vollständig berücksichtigt werden. Allgemein ist zu beachten, dass der Insolvenzverwalter nach § 155 Abs. 1 935 Satz 1 InsO die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen hat. Dieser Norm bedarf es im Grunde nicht, da sich derselbe Regelungsgehalt aus §§ 35, 34 Abs. 3 AO ergibt, denn der Insolvenzverwalter ist Verwalter fremden Vermögens. Dies hängt von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ab, sodass auch der „starke“ vorläufige Verwalter von der Pflichtenübertragung betroffen ist, nicht aber der „schwache“ vorläufige Verwalter, der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase und der (vorläufige) Sachwalter; bei Letzterem ist gegenwärtig noch ungeklärt, ob sich an dem Ergebnis etwas ändert, wenn er gemäß § 275 Abs. 2 InsO die Kassenführung an sich gezogen hat.482) Die Pflicht ist allerdings auf die Masse beschränkt, sodass sie nicht für insolvenzfreies Vermögen gilt. Der Schuldner bleibt Steuerpflichtiger i. S. d. § 33 AO, da die Masse kein eigenständiges Steuersubjekt ist. Soweit der Schuldner nicht zur handelsrechtlichen Buchführung nach §§ 238 ff. HGB oder zur steuerrechtlichen Buchführung nach § 141 AO verpflichtet ist, bleiben immer noch die speziellen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG. Folglich obliegt dem („starken“ vorläufigen) Insolvenzverwalter nach §§ 34, 936 35 AO die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärungen sowie die Abführung von Steuern, eingeschränkt durch die Regelungen zur Masseunzulänglichkeit. Steuererstattungen fallen unter den Massebegriff des § 35 InsO und sind entsprechend zu vereinnahmen. Der Hauptstreitpunkt – neben der Massezugehörigkeit – ist die Zuordnung 937 zu Insolvenzverbindlichkeiten bzw. Masseverbindlichkeiten, d. h. im Wesentlichen die zeitliche Komponente. Während § 38 InsO auf die Begründung einer Verbindlichkeit abstellt, stellt § 38 AO auf das Entstehen einer Forderung oder Verbindlichkeit ab. Nachdem es zwischen BGH und BFH ___________ 482) Verneint von FG Düsseldorf, Urt. v. 12.3.2021 – 14 K 3658/16 H (L), NZI 2021, 694; Revision anhängig unter BFH – VII R 16/21.

295

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

einerseits und verschiedenen Senaten des BFH andererseits zunächst zu divergierenden Auffassungen gekommen war, liegt nunmehr ein weitgehend konsistentes Gesamtkonzept vor, das im Grundsatz fiskalfreundlich ausgestaltet ist und wohl der Deutungshoheit des V. Senats des BFH unterfällt. 938 Eine wesentliche Erläuterungshilfe zu einzelnen Tatbeständen ist der Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE – früher: Umsatzsteuerrichtlinien). Dieser wird anhand von Urteilen und anderer Ereignisse regelmäßig durch das Bundesfinanzministerium (BMF-Schreiben) aktualisiert.483) Der Anwendungserlass bindet als Verwaltungsanweisung jedoch nur die Finanzämter im Interesse einer Einheitlichkeit der Besteuerung, hat jedoch keinen Gesetzesrang, sodass Steuerschuldner bzw. Insolvenzverwalter sich immer auch auf andere rechtliche Würdigungen berufen können, um ggf. neue Rechtsprechung zu erwirken. Selbiges gilt natürlich für Finanzämter insoweit, als auch die Verwaltungsanweisungen gegen geltendes Recht verstoßen oder Lücken enthalten können. Die Abweichung von einer Verwaltungsanweisung durch den Insolvenzverwalter sollte jedoch transparent erfolgen und ausführlich begründet werden, um eine zeitnahe Klärung herbeizuführen. II. Allgemeines Prüfungsschema 1. Unternehmereigenschaft a) Allgemeine Tatbestandsmerkmale 939 Zunächst ist zu prüfen, ob der Schuldner Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG (d. h. Steuersubjekt) ist, da nur ein solcher Unternehmer steuerbare Umsätze i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Steuerobjekt) erbringen kann: § 2 Abs. 1 UStG 1

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. 2Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. 3Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

940 In Betracht kommen im Wesentlichen juristische Personen des Privatrechts (z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft, eingetragener Verein, Stiftung etc.) sowie Personengesellschaften (Gesellschaft bürgerlichen Rechts einschl. ARGE Bau und Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft einschl. Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, Kommanditgesellschaft einschl. GmbH & Co. KG, atypische stille Gesellschaft), soweit es sich nicht um eine reine Innengesellschaft handelt (z. B. typische stille Gesellschaft). Auch natürliche Personen sind Steuersubjekt, wenn sie nachhaltig gewerblich oder selbstständig tätig sind. Insbesondere bei natürli___________ 483) Hier verwendet wird der UStAE Stand 22.11.2022.

296

II. Allgemeines Prüfungsschema

chen Personen ist sorgfältig zwischen Betriebs- und Privatvermögen zu unterscheiden. Der Unternehmerbegriff wird in Abschn. 2.1 ff. UStAE konkretisiert. Hier 941 finden sich auch interessante Einzelfälle, wie z. B. „Strohmann“-Geschäfte, Unternehmereigenschaft bei heimischen oder auswärtigen Sportveranstaltungen, Jahreswagen-Verkäufern, „EBAY-Powersellern“484), Agenturgeschäften, Vermittlungsleistungen, Kommissionsgeschäften etc. Hier findet sich ebenfalls der Hinweis, dass die Umsätze angestellter Insolvenzverwalter der Arbeitgeber-Kanzlei zugerechnet werden (Abschn. 2.2 Abs. 3 Satz 5 und 6 UStAE). Von praktischer Bedeutung ist ferner die Frage der Unternehmereigenschaft beim Factoring (Abschn. 2.4 UStAE), bei der Organschaft (Abschn. 2.8 UStAE), beim Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung einschl. Photovoltaikanlagen (Abschn. 2.5 UStAE), bei Vereinen und Forschungsbetrieben (Abschn. 2.10 UStAE) und bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Abschn. 2.11 UStAE). b) Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft Nicht unwichtig sind die Definitionen zum Beginn und zum Ende der Un- 942 ternehmereigenschaft. Eine unternehmerische Tätigkeit beginnt nicht erst mit dem ersten Leistungsaustausch, sondern schon mit den ersten, nach außen hin erkennbaren Handlungen, die die eigentliche unternehmerische Tätigkeit als Investitionsausgaben vorbereiten (Abschn. 2.6 Abse. 1 – 4 UStAE). Folge ist die Vorsteuerabzugsberechtigung auch aus den vorbereitenden Handlungen, bevor überhaupt Umsatz generiert wird. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei Insolvenzverfahren über das Vermögen gescheiterter Existenzgründer. Die unternehmerische Tätigkeit endet erst mit der letzten Abwicklungs- 943 handlung und nicht schon mit einer Unterbrechung oder Einstellung des Betriebs (Abschn. 2.6 Abs. 6 UStAE). Grundsätzlich erforderlich ist die Abwicklung aller Rechtsbeziehungen, die mit dem (aufgegebenen) Betrieb in Zusammenhang stehen.485) Eine Gesellschaft besteht als Unternehmer so lange fort, bis alle Rechtsbeziehungen, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Finanzamt gehört, beseitigt sind.486) In Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen ist oftmals zu prüfen, ob der Schuldner vorinsolvenzlich einen Geschäftsbetrieb aufgegeben hat, ohne die Geschäftsaufgabe bzw. Privatentnahme von Betriebsvermögen deklariert zu haben. Dann handelt es sich bei einigen vorgefundenen Vermögensgegenständen vermutlich noch immer um Betriebsvermögen, auch die ___________ 484) Hierzu auch BFH, Urt. v. 12.05.2022 – V R 19/20, DB 2022, 2776. 485) BFH, Urt. v. 21.4.1993 – XI R 50/90, BStBl. II 1993, 696; vgl. auch BFH, Urt. v. 19.11.2009 – V R 16/08, BStBl. II 2010, 319. 486) Vgl. BFH, Urt. v. 21.5.1971 – V R 117/67, BStBl. II 1971, 540; BFH, Urt. v. 18.11.1999 – V R 22/99, BStBl. II 2000, 241.

297

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

Unternehmereigenschaft besteht fort. Eine Veräußerung der Gegenstände hat dann mit Ausweis von Umsatzsteuer zu erfolgen. Ob die Freigabe aus dem Massebeschlag zugleich steuerlich eine Privatentnahme i. S. d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 bzw. Abs. 9a Nr. 1 UStG bedeutet, ist nicht geklärt, jedoch zweifelhaft. Nach alledem kann sich sogar noch in Verbraucherinsolvenzverfahren (IK) eine Unternehmereigenschaft des Schuldners herausstellen. c) Besonderheiten bei § 35 Abs. 2 InsO („Freigabe“ eines Geschäftsbetriebs) 944 Hinsichtlich der Pflichten des Insolvenzverwalters gilt eine Beschränkung auf die Insolvenzmasse. Zu Abgrenzungsproblemen kommt es häufig bei natürlichen Personen, die selbstständig tätig sind. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden: 945 Selbstständigkeit mit unpfändbaren Mitteln: Nimmt der Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine neue (selbstständige) Erwerbstätigkeit auf, indem er nur durch seine Arbeit (also ohne Angestellte) und mit Hilfe von (gemäß §§ 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, 36 InsO)487) unpfändbaren Gegenständen steuerpflichtige Leistungen erbringt, gilt eine hierfür geschuldete Umsatzsteuer nicht als Masseverbindlichkeit.488) Ein Vorsteuervergütungsanspruch fällt allerdings als Neuerwerb in die Masse.489) Selbiges gilt, wenn der Schuldner bereits bei Insolvenzeröffnung mit unpfändbaren Mitteln selbstständig tätig war. Seit Einführung des § 35 Abs. 2 InsO ist die Berufung auf eine Selbstständigkeit mit unpfändbaren Mitteln nur noch Hilfskrücke, da die Prüfung der „Freigabe“ des Geschäftsbetriebs im Vordergrund steht. 946 Auch in laufenden Insolvenzverfahren wurde der Regelungsbereich des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO seit dem 1.1.2022 in § 811 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO verschoben, gleichzeitig wurde (ohne Übergangsregelung) § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO neugefasst.490) Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll dies die Betriebsfortführung erleichtern, um zuvor unpfändbare Gegenstände bis zu einer Freigabeentscheidung nutzen zu können.491) Hierdurch können seit dem 1.1.2022 bis dahin unpfändbare Gegenstände unter den Insolvenzbeschlag fallen, wenn der Schuldner keine überwiegend persönlichen Leistungen erbringt.492) Damit steigt das Risiko, dass die Umsatzsteuer aus einer solchen Tätigkeit – evtl. auch unerkannt – zur Masseverbindlichkeit wird.

___________ 487) 488) 489) 490)

In der jeweils bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung. BFH, Urt. v. 7.4.2005 – V R 5/04, ZIP 2005, 1376 = BStBl. II 2005, 848. BFH, Urt. v. 15.12.2009 – VII R 18/09, ZIP 2010, 635 = BStBl. II 2010, 758. Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes v. 7.5.2021 (BGBl. I 2021, 850). 491) Begründung zu § 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO, BT-Drucks. 19/27636, S. 34 f. 492) Zur Problematik ausführlich Wipperfürth, ZInsO 2021, 1148.

298

II. Allgemeines Prüfungsschema

Selbstständigkeit in den ab dem 1.7.2007 eröffneten Insolvenzverfahren: 947 Hier gilt § 35 Abs. 2 InsO, nach dem der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner zu erklären hat, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Die Erklärung ist dem Gericht anzuzeigen und öffentlich bekannt zu machen, wobei allerdings schon der Erklärungszugang beim Schuldner und nicht erst die Veröffentlichung konstitutive Wirkung hat.493) Die Erklärung gilt für die Zukunft,494) falls nicht ausdrücklich eine Rückwirkung z. B. auf den Tag der Eröffnung erklärt wird.495) Auf Antrag der Gläubigerversammlung bzw. des Gläubigerausschusses kann die Erklärung für unwirksam erklärt werden, allerdings nur für die Zukunft.496) Bei „Freigabe“ muss der Schuldner gemäß §§ 35 Abs. 2 Satz 2, 295a InsO die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter so stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Für den „freigegebenen“ Betrieb wird eine (dritte) Steuernummer erteilt; die 948 steuerlichen Pflichten liegen beim Schuldner. Daher sollte der Insolvenzverwalter das Finanzamt zeitnah informieren. Eine Umsatzsteuerzahllast ist vom Finanzamt gegen das insolvenzfreie Vermögen geltend zu machen, betrifft also nicht die Masse. Folglich fallen auch Vorsteuererstattungen nicht in die Masse. Das Finanzamt kann solche Erstattungen sogar mit Insolvenzforderungen aufrechnen.497) Das gelegentlich übersehene Problem liegt darin, dass es sich nicht um eine echte Freigabe vorhandener Vermögenswerte handelt. Wenn der Schuldner seine Tätigkeit aufgibt, müssen die Vermögenswerte vom Insolvenzverwalter verwertet werden,498) dann i. d. R. auch mit Umsatzsteuer unter der Steuernummer der Masse. Solche Gegenstände fallen dann auch nicht in die Masse eines Zweitinsolvenzverfahrens. Hatte der Insolvenzverwalter keine Kenntnis von der Selbstständigkeit und 949 deswegen keine „Freigabeerklärung“ abgegeben, entstehen jedoch keine Masseverbindlichkeiten.499) Hat der Insolvenzverwalter hingegen solche Kenntnis oder ist eine selbstständige Tätigkeit des Schuldners für ihn erkennbar, ist er gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO verpflichtet, unverzüglich zu erklären, ob er die Tätigkeit aus der Insolvenzmasse freigibt oder nicht; verletzt der Insolvenzverwalter diese Pflicht, führt sein pflichtwidriges Unterlassen dazu, dass Verbindlichkeiten „in anderer Weise“ i. S. d. § 55 Abs. 1 ___________ 493) BGH, Urt. v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11, Tz. 19, 24, ZIP 2012, 533, dazu EWiR 2012, 287 (Henkel); BGH, Urt. v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12, ZIP 2013, 1181. 494) BFH, Urt. v. 18.12.2019 – XI R 10/19, ZVI 2020, 341 = BStBl. II 2020, 480. 495) BGH, Urt. v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12, ZIP 2013, 1181 (allerdings ohne Steuerbezug). 496) BSG, Urt. v. 10.12.2014 – B 6 KA 45/13, ZIP 2015, 1079. 497) FG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.7.2015 – 1 K 732/14, ZInsO 2015, 2135. 498) Vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2019 – IX ZR 246/17, Rz. 21, ZInsO 2019, 678. 499) BFH, Urt. v. 6.6.2019 – V R 51/17, ZIP 2019, 2420 = BStBl. II 2021, 52.

299

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

Nr. 1 InsO begründet werden500) – mit anderen Worten: die verbummelte Freigabe schützt nicht vor Masseverbindlichkeiten. 950 Bis zum 30.6.2007 eröffnete Verfahren: In diesen Verfahren, in denen die vorgenannte Möglichkeit zur „Freigabe“ noch nicht bestand, war die Zulässigkeit der einheitlichen Freigabe eines Geschäftsbetriebs streitig, denn es können aufgrund des Bestimmtheitsgebots im Grunde nur einzelne Gegenstände aus dem Massebeschlag entlassen werden. Inzwischen steht jedoch auch für das alte Recht fest, dass Umsatzsteuer aus einem freigegebenen Geschäftsbetrieb keine Masseverbindlichkeit darstellt, wenn die vom Schuldner im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit erbrachten sonstigen Leistungen nicht im Wesentlichen auf der Nutzung von Massegegenständen beruhen.501) Allerdings fallen dann auch Vorsteuererstattungen nicht in die Masse.502) 2. Steuerbarer Vorgang a) Allgemeines 951 Nun ist zu prüfen, ob ein steuerbarer Vorgang vorliegt. Wichtigste Norm hierfür ist: § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

952 Insoweit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass alle Umsätze des Schuldners steuerbar sind, wenn er Unternehmer ist. Ausnahmen sind zu begründen. b) Geschäftsveräußerung im Ganzen 953 Nicht umsatzsteuerbar als kodifizierte Ausnahme ist die Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG), die bei einer übertragenden Sanierung regelmäßig zu prüfen ist. Hier gilt: § 1 Abs. 1a UStG 1

Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. 2Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. 3 Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

954 Zur (versuchten) Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (§ 613a BGB) wird in der Insolvenz nicht das ganze Unternehmen veräußert, sondern nur ___________ 500) BFH, Urt. v. 18.12.2019 – XI R 10/19, ZVI 2020, 341 = BStBl. II 2020, 480. 501) BFH, Urt. v. 17.3.2010 – XI R 2/08, ZIP 2010, 1405 = BStBl. II 2015, 196. 502) BFH, Beschl. v. 1.9.2010 – VII R 35/08, ZInsO 2011, 51 = BStBl. II 2011, 336; BFH, Beschl. v. 23.8.2011 – VII B 8/11, ZInsO 2011, 2037 = BFH/NV 2011, 2115.

300

II. Allgemeines Prüfungsschema

die einzelnen Gegenstände als sog. asset deal. Das wirft die Frage auf, aus wessen Perspektive die Tatbestandsmerkmale der Geschäftsveräußerung im Ganzen eigentlich erfüllt sein müssen. Hier hilft der Umsatzsteueranwendungserlass weiter: Abschn. 1.5 Abs. 6 UStAE 1

Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn der veräußerte Teil des Unternehmens vom Erwerber als selbstständiges wirtschaftliches Unternehmen fortgeführt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2012, XI R 38/10, BStBl. 2013 II S. 1053). 2Nicht entscheidend ist, dass bereits im Unternehmen, das eine Übertragung vornimmt, ein (organisatorisch) selbstständiger Unternehmensteil bestand. 3Es ist nicht Voraussetzung, dass mit dem Unternehmen oder mit dem in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teil in der Vergangenheit bereits Umsätze erzielt wurden; die Absicht, Umsätze erzielen zu wollen, muss jedoch anhand objektiver, vom Unternehmer nachzuweisender Anhaltspunkte spätestens im Zeitpunkt der Übergabe bestanden haben (vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 24/98, BStBl 2003 II S. 430). 4Soweit einkommensteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird (vgl. R 16 Abs. 3 EStR), kann vorbehaltlich des Absatzes 9 umsatzsteuerrechtlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden.

Die Veräußerung hat dann ohne Ausweis von Umsatzsteuer zu erfolgen. Um 955 die Insolvenzbuchführung mit dem (fortgeführten) Masseverzeichnis kompatibel zu machen, werden die Erlöse i. d. R. auf verschiedene EinnahmeKonten verteilt. Wird zunächst eine Veräußerung mit Umsatzsteuer vorgenommen und erst 956 anschließend eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen festgestellt, ist die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Erwerber zu erstatten; diese Ausgabe ist als negative Einnahme zu behandeln, damit nur der Kaufpreis ohne (zunächst vereinnahmte) Umsatzsteuer in die Berechnungsgrundlage fließt.503) Gleichfalls ist die vom Finanzamt einzufordernde Erstattung an die Masse keine Einnahme, sondern negative Ausgabe. c) Verwertung von Sicherungsgut und Kostenbeiträge – Vorbemerkung Aufgrund des Streits, ob Kostenbeiträge im Fall der Verwertung von Siche- 957 rungsgut (= Absonderungsgut) eine Gegenleistung für einen umsatzsteuerbaren Vorgang darstellen, widmen sich die nachfolgenden Kapitel etwas ausführlicher der Verwaltung und Verwertung von Absonderungsgut, da hier mehrere Fälle zu unterscheiden sind. Zunächst ist kursorisch zu berücksichtigen, dass das BGB im Wortlaut kein 958 Sicherungseigentum kennt. Entweder man ist Eigentümer oder nicht. Durch eine Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer somit rechtlicher Eigentümer i. S. d. §§ 929, 903 BGB. Nachdem jedoch die Wirtschaft ___________ 503) LG Koblenz, Beschl. v. 18.11.2014 – 2 T 495/14, nicht veröffentlicht.

301

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

ein Bedürfnis nach Kreditsicherheiten entdeckt hatte, wurde das Sicherungseigentum durch Praxis und Rechtsprechung entwickelt. Einerseits wird daher in den Darlehensverträgen oder anderen Orts vereinbart, dass der Sicherungsgeber einen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums hat, wenn er seine Verpflichtungen erfüllt hat. Andererseits kam es hierdurch zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums, denn handelsrechtlich bleibt der Sicherungsgeber trotz Sicherungsübereignung – soweit einschlägig – zur Aktivierung in der Bilanz verpflichtet, und nach dem Umsatzsteuerrecht handelt es sich bei der Sicherungsübereignung nicht um einen steuerbaren Vorgang. 959 Interessant wird das Thema Umsatzsteuer also erst bei der Sicherheitenverwertung nach Eintritt des Sicherungsfalls. Hierzu seien die nachfolgenden Fälle gebildet, wobei die Darstellung auf die wesentlichen und vor allem praxisrelevanten Bezüge zum Umsatzsteuerrecht beschränkt wird. d) Verwertung von Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens 960 Verwertet der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut außerhalb des Insolvenzverfahrens, so finden rechtlich zwei Umsätze statt (Doppelumsatz). Da das wirtschaftliche Eigentum noch beim Schuldner (Sicherungsgeber) liegt, betrifft der Erstumsatz die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Sicherungsnehmer, obgleich dieser bereits rechtlicher Eigentümer ist. Der Zweitumsatz betrifft die eigentliche Verwertung vom Sicherungsnehmer an einen Dritten. Da der Gesetzgeber erkannt hat, dass in solchen Fällen beim Schuldner nichts „zu holen“ ist, schuldet nun der Sicherungsnehmer die Umsatzsteuer aus beiden Vorgängen abzgl. der Vorsteuer aus dem Erstumsatz. Vereinfacht ausgedrückt: die Umsatzsteuerzahllast aus dem Erstumsatz, die eigentlich den Schuldner träfe, wird durch § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG auf den Sicherungsnehmer (Gläubiger) abgewälzt (Reverse-Charge-Verfahren). Für solche Umsätze gibt es in den Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen (des Gläubigers) eigene Felder. 961 Innerhalb des Insolvenzverfahrens ist dies nur dann von Bedeutung, wenn der Schuldner sich seinerseits hat Sicherheiten geben lassen, die Insolvenzmasse nunmehr als Sicherungsnehmer auftritt und der Insolvenzverwalter derartige Sicherheiten verwerten muss, weil z. B. der Drittschuldner nicht mehr leistungsfähig ist. e) Verwertung von Sicherungsgut (außer Grundstücken) innerhalb des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter unter Einbehalt gesetzlicher Kostenbeiträge 962 Nach Insolvenzeröffnung obliegt die Verwertung von beweglichen Gegenständen oder Forderungen, an denen Absonderungsrechte geltend gemacht werden, dem Insolvenzverwalter (§ 166 InsO). Der gesamte Erlös muss – in einem ersten, zivilrechtlichen Schritt – an den Absonderungsgläubiger ausgekehrt werden. Dies ist in zweifacher Hinsicht unbefriedigend. Da das oben

302

II. Allgemeines Prüfungsschema

beschriebene Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG) im eröffneten Insolvenzverfahren nicht gilt, schuldet die Masse die Abführung der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft sowohl dem Absonderungsgläubiger als auch dem Finanzamt. Daher hat die Masse – in einem zweiten, insolvenzrechtlichen Schritt – gegen den Absonderungsgläubiger einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer (§ 171 Abs. 2 Satz 3 InsO). Natürlich kommt es hier nicht zu zwei Zahlungsvorgängen, sondern die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft kann gleich bei der Auskehrung an den Absonderungsgläubiger einbehalten werden. Dies ist aber nichts anderes als – im dritten Schritt – eine Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche. Damit wäre der Vorgang masseneutral, was aber nicht beabsichtigt ist. Des- 963 wegen hat die Masse auch noch einen Anspruch gegen den Absonderungsgläubiger auf Erstattung der tatsächlichen Kosten der Feststellung des Absonderungsrechts; nach § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO wird regelmäßig eine Feststellungskostenpauschale in Höhe von 4 % des Verwertungserlöses beansprucht. Ferner gebührt der Masse eine Verwertungskostenpauschale in Höhe von 5 % des Veräußerungserlöses. Zunächst ist festzuhalten, dass diese Pauschalen auf den Brutto-Erlös be- 964 rechnet werden.504) Handelsrechtliche und steuerliche Betrachtungen, nach denen die Pauschalen auf den Netto-Erlös zu berechnen wären, gehen am Thema vorbei. Denn die Pauschalen beziehen sich auf den Wert des zivilrechtlichen Absonderungsrechts, das sich – wie ausgeführt – auf den gesamten Verwertungserlös erstreckt. Erst jetzt wird es etwas kompliziert. Ob die Kostenbeiträge ihrerseits Gegen- 965 leistung für eine sonstige Leistung i. S. d. § 1 Nr. 1 UStG, also umsatzsteuerbar sind, hatte der BFH zunächst nur für bestimmte frei ausgehandelte Kostenbeiträge entschieden. In einer weiteren und hier maßgeblichen Entscheidung505) hat der BFH in den Entscheidungsgründen als obiter dictum ausgeführt, er werde künftig davon ausgehen, dass der Verwertungskostenbeitrag auf einem (fingierten) Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Insolvenzverwalter (Insolvenzmasse) und Absonderungsgläubiger beruhe, also umsatzsteuerbar sei. Die Äußerungen des BFH sind so zu verstehen, dass er dies für die gesetzlichen Feststellungskostenbeiträge ausschließt, da insoweit ein nicht steuerbarer Schadenersatz anzunehmen sei. Es liegt jedoch (unter gleichzeitiger Veröffentlichung des o. g. Urteils im 966 Bundessteuerblatt) ein BMF-Schreiben vom 30.4.2014 zu dieser Frage vor,506) das etwas missverständlich ist. Aus nichtöffentlichen Schreiben des BMF an ___________ 504) BMF-Schreiben vom 30.4.2014, IV D 2 – S 7100/07/10037, ZInsO 2014, 1000 = BStBl. I 2014, 816. 505) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZInsO 2011, 1904 = BStBl. II 2014, 406. 506) BMF-Schreiben vom 30.4.2014, IV D 2 – S 7100/07/10037, ZInsO 2014, 1000 = BStBl. I 2014, 816.

303

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

diverse Insolvenzverwalter geht allerdings eindeutig hervor, dass weder der gesetzliche Feststellungskostenbeitrag noch der gesetzliche Verwertungskostenbeitrag auf einer steuerbaren Leistung beruhen sollen, d. h. die gesetzlichen Kostenbeiträge sind insgesamt nicht steuerbar. Das BMF konstruiert hier einen Dreifachumsatz, in welchem eine Geschäftsbesorgungsleistung des Insolvenzverwalters an den Gläubiger aufgeht. Wörtliches Zitat aus einem dieser Schreiben: „Die Geschäftsbesorgungsleistung in Gestalt der Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters ist somit umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. In dem Beispiel […] des o. g. BMF-Schreibens wurde daher zutreffend ohne Umsatzsteuerausweis auf die Verwertungskosten abgerechnet.“ 967

Merke: Insoweit ist eindeutig, dass zumindest nach der Auffassung des BMF weder der gesetzliche Verwertungskostenbeitrag noch der gesetzliche Feststellungskostenbeitrag mit Ausweis von Umsatzsteuer zu erheben sind.

968 Ob tatsächlich ein Dreifachumsatz anzunehmen ist, hatte der BFH jedoch ausdrücklich offengelassen und sogar angedeutet, nur einen Einfachumsatz anzunehmen.507) Dies entspräche der früheren Rechtsprechung des BGH und des EuGH.508) Ferner unterstellt das BMF-Schreiben eine regelmäßige Vorsteuerabzugsberechtigung des Sicherungsnehmers, was jedoch oftmals nicht der Fall ist. Zieht man das Beispiel aus dem BMF-Schreiben heran, um andere Fälle zu lösen, wird deutlich, dass die Kernargumentation des BMF, die Umsatzsteuer sei innerhalb des Dreifachumsatzes nicht auf den Verwertungserlös, sondern auf die Gläubigerbefriedigung zu erheben, zu unlösbaren Zirkelschlüssen und Widersprüchen führt. Ferner berücksichtigt das BMF nicht die Globalzession, da hier keine Verwertung i. S. e. Dreifachumsatzes vorliegt, sodass zumindest der gesetzliche Verwertungskostenbeitrag beim Einzug zedierter Forderungen nach dem obiter dictum des BFH weiterhin auf einer steuerbaren Geschäftsbesorgung beruht. Damit kann der Dreifachumsatz nur zur Anwendung kommen, wenn es um die Verwertung beweglichen Sachvermögens durch den Insolvenzverwalter geht, auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Absonderungsgläubigers scheint es dem BMF nicht anzukommen. 969

Merke: Die Regelung des BMF ist zwar bei der Verwertung von beweglichem Sachvermögen durch den Insolvenzverwalter eindeutig, aber Rechtssicherheit besteht nicht; der BFH könnte durchaus anderer Auffassung sein, wenn ihm eine entsprechende Sache zur Entscheidung vorgelegt wird.

___________ 507) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZInsO 2011, 1904 = BStBl. II 2014, 406. 508) de Weerth, NZI 2014, 597, 599 f.; de Weerth, NZI 2015, 884, 887.

304

II. Allgemeines Prüfungsschema

Ergänzend ist festzustellen, dass sich die obigen Ausführungen auf den Re- 970 gelfall beziehen, in dem der Insolvenzverwalter eine Verwertung im Namen der Masse (Sicherungsgeber) vornimmt.509) Erfolgt ausnahmsweise die Verwertung im Namen des Sicherungsnehmers510) (Absonderungsgläubiger), soll nur ein Doppelumsatz vorliegen mit der Folge, dass der Feststellungskostenbeitrag als Schadenersatz nicht steuerbar ist, die Verwertungskostenpauschale sei jedoch eine Gegenleistung für einen umsatzsteuerbaren Geschäftsbesorgungsvertrag. Insoweit entspricht das Ergebnis der bisherigen BFHAuffassung, aber nur für den seltenen Fall, dass die Verwertung zwar durch den Insolvenzverwalter, aber im Namen des Sicherungsnehmers erfolgt. Dies dürfte nicht im Interesse der Absonderungsgläubiger liegen, da sie dann auch die Gewährleistungspflichten träfen. Fraglich ist noch die buchhalterische Darstellung des Dreifachumsatzes. 971 Die Verwertung durch den Insolvenzverwalter an den Endkunden ist der Drittumsatz, die Darstellung folgt den allgemeinen Regeln: Beispiel:

972

Der Insolvenzverwalter veräußert nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Maschine, die an einen Absonderungsgläubiger sicherungsübereignet worden war, zum Preis von € 11.900,00 einschließlich 19 % Umsatzsteuer. Bei Geldeingang auf dem Sonderkonto des Insolvenzverwalters ist mit Steuerschlüssel zu buchen: 1800 00

Sonderkonto

11.900

an

4884 30 Verwertung Technische Anlagen und Maschinen, besichert

11.900

Auch an der buchhalterischen Erfassung der Auskehrung an den Absonde- 973 rungsgläubiger unter Einbehalt der Kostenbeiträge ändert sich nichts, nur dass die Einnahme-Konten für die Kostenbeiträge eben ohne Steuerschlüssel anzusprechen sind: Beispiel (Fortsetzung): 7522 00

Auskehrungen für Drittrechte i Z.m. technische Anlagen und Maschinen

974 11.900

an

4080 30

Umsatzsteuerbeiträge – § 171 InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

1.900

an

4060 30

Feststellungskostenbeiträge – § 171 I InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

476

an

4060 31

Verwertungskostenbeiträge – § 171 II InsO Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

595

an

1800 00

Sonderkonto

8.929

___________ 509) Im BMF-Schreiben v. 30.4.2014 als Alternative 2 bezeichnet. 510) Im BMF-Schreiben v. 30.4.2014 als Alternative 1 bezeichnet.

305

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

975 Der Erstumsatz ist die zeitgleiche Veräußerung vom Schuldner (Masse) an den Sicherungsnehmer. Dies soll kompensieren, dass die ursprüngliche Sicherungsübereignung noch kein steuerbarer Vorgang war. Zweitumsatz ist der ebenfalls zeitgleiche Rückerwerb vom Sicherungsnehmer an den Schuldner (Masse). Dies nun ist erforderlich, damit der Insolvenzverwalter den Gegenstand veräußern kann. Es handelt sich folglich in beiden Fällen um rein fiktive Umsätze nur aus steuerrechtlichen Gründen. Die Darstellung ist in der Insolvenzbuchführung erforderlich, wenn und weil die Umsatzsteuervoranmeldungen aus dieser Buchführung generiert werden sollen. Da es aber für den Leser der Schlussrechnung (primär Rechtspfleger) unübersichtlich wäre, nun zwei Verkäufe und einen Ankauf darzustellen, können Erst- und Zweitumsatz über Verrechnungskonten abgebildet werden; das Interimskonto „durchlaufende Posten“ eignet sich nicht, da es nicht mit Umsatzsteuerschlüssel angesprochen werden kann. Ein Verrechnungskonto ist im SKR InsO allerdings nicht vorgesehen, sodass es manuell angelegt werden muss. Aus den handelsrechtlichen Kontenrahmen können abgeleitet werden das Verrechnungskonto 1792 (SKR 03) oder 3630 (SKR 04). Erst- und Zweitumsatz sind betragsmäßig identisch (Rechnung und gleichlautende Gutschrift). Dieser Betrag ermittelt sich wie folgt: Die Auskehrung an den Absonderungsgläubiger nach Einbehalt der Kostenbeiträge (also der Betrag der Gläubigerbefriedigung) stellt den Netto-Betrag dar, dem Umsatzsteuer hinzugerechnet wird; der Brutto-Betrag ist folglich mit Steuerschlüssel zu buchen: 976 Beispiel (Fortsetzung): 1800 00

Sonderkonto

10.625,51

an

3630 00

Verrechnungskonto

10.625,51

3630 00

Verrechnungskonto

10.625,51

an

1800 00

Sonderkonto

10.625,51

977 Die Beträge haben folglich nur im Hintergrund mit dem tatsächlichen Verwertungserlös (brutto ¼ 11.900,00) zu tun und würden den Leser der Schlussrechnung eher verwirren. f) Unterfall: Übernahme durch den Absonderungsgläubiger (§ 168 Abs. 3 InsO) 978 Nach § 168 Abs. 3 InsO kann die Verwertung durch den Insolvenzverwalter auch darin bestehen, dass der Absonderungsgläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. Umgangssprachlich bedeutet dies eine Veräußerung an den Absonderungsgläubiger. Rechtlich kann natürlich nicht der Vermögensgegenstand an den Absonderungsgläubiger verkauft werden, da dieser bereits zivilrechtlicher Eigentümer ist. Es handelt sich rechtlich somit um einen Verzicht des Schuldners (Masse) auf das wirtschaftliche Eigentum. Insgesamt stellt dies aber nur einen Unterfall der Verwertung i. S. d. vorherigen Kapitels dar. 979 Daher stehen der Masse ein Feststellungskostenbeitrag, die Verwertungskostenpauschale und die Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft zu.511) ___________ 511) BGH, Urt. v. 3.11.2005 – IX ZR 181/04, ZIP 2005, 2214.

306

II. Allgemeines Prüfungsschema

Dies macht es natürlich erforderlich, sich mit dem Absonderungsgläubiger auf eine Gegenleistung zu einigen, auf die diese Werte berechnet werden können. Der Verzicht auf das wirtschaftliche Eigentum stellt eine sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG dar, also keine Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG. Dies ändert jedoch nichts daran, dass – wie bei einer normalen Verwertung – eine Rechnung an den Vertragspartner geschrieben werden muss. Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um einen Einfachumsatz. Erhält die Masse nun vom Gläubiger die gesetzlichen Kostenbeiträge, ändert sich an der Bewertung im vorangegangenen Kapitel nichts. Beispiel:

980

Der Absonderungsgläubiger übernimmt eine sicherungsübereignete Maschine selbst. Als Gegenleistung wird ein Betrag von netto € 100.000,00 vereinbart. Der Absonderungsgläubiger erhält hierüber vom Insolvenzverwalter eine Rechnung mit Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von € 19.000,00. Als zweites Dokument wird die übliche Abrechnung von Einnahmen aus der Verwertung von Absonderungsgut erstellt. Der Gläubiger erhält hiernach den Erlös (€ 119.000,00) abzgl. der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft (€ 19.000,00) und abzgl. der beiden Kostenbeiträge (€ 10.710,00). Aus der Differenz von Rechnung (€ 119.000,00) und Abrechnungsschreiben (€ 89.290,00) resultiert eine abschließende Zahllast des Gläubigers in Höhe von € 29.710,00. Hieraus ergibt sich eine etwas umfangreichere Splitt-Buchung: 1800 00

Sonderkonto

7522 30

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

29.710 119.000

an

4884 30 Verwertung Technische Anlagen und Maschinen, besichert512)

119.000

an

4080 30 Umsatzsteuerbeiträge – § 171 InsO, Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

19.000

an

4060 30 Feststellungsbeiträge – § 171 I InsO, Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)513)

4.760

an

4060 31 Verwertungsbeiträge – § 171 II InsO, Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Ab514) wicklung)

5.950

___________ 512) Mit Steuerschlüssel. 513) Ohne Steuerschlüssel. 514) Ohne Steuerschlüssel nach BMF-Schreiben v. 30.4.2014.

307

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

g) Verwertung durch den Absonderungsgläubiger nach Überlassung durch den Insolvenzverwalter (§ 170 Abs. 2 InsO) 981 Überlässt der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 InsO berechtigt ist, dem Gläubiger zur Verwertung, hat dieser aus dem von ihm erzielten Verwertungserlös einen Betrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrags (aus dem Veräußerungsgeschäft) an die Masse abzuführen (§ 170 Abs. 2 InsO). Hier ergeben sich hinsichtlich der Kostenbeiträge keine Besonderheiten, da bereits geklärt wurde, dass der Feststellungskostenbeitrag keine Gegenleistung für einen steuerbaren Vorgang ist und ein Verwertungskostenbeitrag gerade nicht anfällt. 982 Im Übrigen handelt es sich um zwei getrennte Umsätze (und nicht um einen Doppelumsatz) mit dem ersten Umsatz zwischen Masse und Gläubiger (Rechnung erforderlich!) und dem zweiten Umsatz zwischen Gläubiger und Erwerber. Der Sicherungsnehmer (Gläubiger) schuldet dem Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem zweiten Umsatz, er kann jedoch Vorsteuer aus der Rechnung über den ersten Umsatz ziehen. Die Masse schuldet dem Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem ersten Umsatz. h) Verwertung durch den besitzenden Absonderungsgläubiger (§ 173 InsO) 983 Verwertet der Absonderungsgläubiger das Sicherungsgut nach Verfahrenseröffnung selbst (§ 173 InsO), weil er sich bereits vorinsolvenzlich in den Besitz des Absonderungsguts gebracht hatte (anders als im vorherigen Fall also der Insolvenzverwalter selbst nie ein Verwertungsrecht hatte), kann der Insolvenzverwalter einen Feststellungs- oder Verwertungskostenbeitrag nicht beanspruchen, wohl aber analog § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG, §§ 170 Abs. 2, 171 Abs. 2 Satz 3 InsO die Herausgabe der Umsatzsteuer aus dem Veräußerungsgeschäft,515) da die Umsatzsteuer von der Masse zu deklarieren und als Masseverbindlichkeit abzuführen ist; denn § 13b UStG gilt hier nicht.516) 984 Somit liegen zwei getrennte Umsätze vor. Folglich muss der Insolvenzverwalter auch hier für einen ersten Umsatz eine Rechnung an den Absonderungsgläubiger erstellen. Für den zweiten Umsatz erstellt der Absonderungsgläubiger eine Rechnung an den Erwerber. Der Sicherungsnehmer (Gläubiger) schuldet dem Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem zweiten Umsatz, er kann jedoch die Vorsteuer aus der Rechnung über den ersten Umsatz ziehen. Die Masse schuldet dem Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem ersten Umsatz.

___________ 515) BGH, Urt. v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, ZIP 2007, 1126. 516) BFH, Beschl. v. 19.7.2007 – V B 222/06, ZIP 2007, 1998 = BStBl. II 2008, 163; BFH, Beschl. v. 1.3.2010 – XI B 34/09, NZI 2010, 451.

308

II. Allgemeines Prüfungsschema

Beispiel:

985

Der Absonderungsgläubiger veräußert eine ihm sicherungsübereignete Maschine zum Preis von € 100.000,00 zzgl. USt. Der Insolvenzverwalter ist hierüber zu informieren. Der Absonderungsgläubiger erhält nunmehr vom Insolvenzverwalter eine Rechnung mit Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 119.000,00 brutto. Der Absonderungsgläubiger zahlt € 19.000,00 an die Masse. Hieraus ergeben sich folgende Buchungen: Zunächst ist der reine Zahlungseingang zu erfassen: 1800 00

Sonderkonto

19.000

an

4080 30 Umsatzsteuerbeiträge – § 171 InsO, Technische Anlagen und Maschinen, nach IE (Abwicklung)

19.000

Da die Verwertung von Absonderungsgut aus der Rechnungslegung hervor- 986 gehen muss und auch die Umsatzsteuervoranmeldungen aus der Rechnungslegung generiert werden sollen, ist ferner zu buchen: 1800 00

Sonderkonto

119.000

7522 30

Auskehrungen für Drittrechte i. Z. m. technische Anlagen und Maschinen

119.000

an

4884 30 Verwertung Technische Anlagen und Maschinen, besichert517)

119.000

1800 00 Sonderkonto

119.000

i) Verwertung eines Grundstücks sowie „kalte“ Zwangsverwaltung/ frei ausgehandelter Kostenbeitrag Ob die Veräußerung des Grundstücks als solches mit Umsatzsteuer behaf- 987 tet ist, ist an dieser Stelle gleichgültig; insoweit wird auf die Ausführungen zu Steuerbefreiungen verwiesen. An dieser Stelle fraglich alleine ist, ob eine Massebeteiligung der Umsatzbesteuerung unterfällt. Nach der Konzeption der §§ 165, 166 InsO ist eine freihändige Verwertung eines dinglich belasteten Grundstücks durch den Insolvenzverwalter nicht vorgesehen. Folglich existieren auch keine gesetzlichen Kostenbeiträge. Bietet sich der Insolvenzverwalter an, außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens eine freihändige Verwertung vorzunehmen, wird regelmäßig eine bestimmte Massebeteiligung ausgehandelt. Mit dieser Fragestellung fing die Diskussion um die Steuerbarkeit von Kos- 988 tenbeiträgen überhaupt erst an. Der BFH unterstellt hier einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Insolvenzverwalter bzw. Schuldner (Masse) einerseits und Absonderungsgläubiger andererseits. Dies ist nachvollziehbar, weil es eben kein gesetzliches Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters bei Grundstücken gibt (§ 165 InsO sieht nur die Zwangsversteigerung vor), sondern ___________ 517) Mit Steuerschlüssel.

309

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

nur eines kraft Vereinbarung. Diese Geschäftsbesorgung ist eine sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG, mithin eine steuerbare Leistung i. S. d. § 1 Nr. 1 UStG, sofern der Schuldner Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist518) und das verwertete Absonderungsgut (bei natürlichen Personen) zum Betriebsvermögen gehört; nicht maßgeblich ist hingegen, ob bei dem Grundstücksgeschäft als solches zur Umsatzbesteuerung optiert wurde.519) Folglich fällt auf die Gegenleistung, den frei ausgehandelten Kostenbeitrag, Umsatzsteuer an. Daran ändert sich auch nichts daran, dass die Gegenleistung vertraglich in einen Feststellungs- und einen Verwertungskostenanteil aufgeteilt wird, denn dies hat dann nur eine vergütungsrechtliche Bedeutung. 989 Selbige Grundsätze gelten für die Massebeteiligung bei Vereinbarung einer „kalten“ Zwangsverwaltung,520) bei der noch andere Besonderheiten zu beachten sind (ĺ Rz. 726 ff.). 990 Diese Grundsätze sind aufgrund des BMF-Schreibens vom 30.4.2014521) in den Umsatzsteueranwendungserlass übernommen worden: Abschnitt 1.2 UStAE 1

(4) Die Grundsätze zum Doppel- und Dreifachumsatz finden auch bei der Verwertung von sicherungsübereigneten Gegenständen im Insolvenzverfahren Anwendung. 2Veräußert hingegen ein Insolvenzverwalter ein mit einem Grundpfandrecht belastetes Grundstück freihändig aufgrund einer mit dem Grundpfandgläubiger getroffenen Vereinbarung, liegt neben der Lieferung des Grundstücks durch die Masse an den Erwerber auch eine steuerpflichtige entgeltliche Geschäftsbesorgungsleistung der Masse an den Grundpfandgläubiger vor, wenn der Insolvenzverwalter vom Veräußerungserlös einen bestimmten Betrag zugunsten der Masse einbehalten darf. 3Der für die Masse einbehaltene Betrag ist Entgelt für diese Leistung. 4Vergleichbares gilt für die freihändige Verwaltung grundpfandrechtsbelasteter Grundstücke durch den Insolvenzverwalter. […]

j) Frei ausgehandelte Kostenbeiträge im Übrigen/Abweichen von gesetzlichen Kostenbeiträgen 991 Aus den Ausführungen im vorangegangenen Kapitel ergibt sich nun zwanglos, dass jeglicher frei ausgehandelte Kostenbeitrag zur Umsatzbesteuerung führen muss. Dies gilt insbesondere – aber ein anderer Fall bleibt auch nicht mehr übrig – für das Abweichen von gesetzlichen Kostenbeiträgen der Höhe nach. Hierbei sollte jedoch unterschieden werden zwischen dem gesetzlichen Feststellungskostenbeitrag (als eine Art Schadenersatz nicht steuerbar) und einem frei ausgehandelten Verwertungskostenbeitrag (steuerbar). Eine ent___________ 518) BFH, Urt. v. 18.8.2005 – V R 31/04, ZIP 2005, 2119 = BStBl. II 2007, 183. 519) BFH, Urt. v. 18.8.2005 – V R 31/04, ZIP 2005, 2119 = BStBl. II 2007, 183 (Grundstücksverwertung); BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZInsO 2011, 1904 = BStBl. II 2014, 406 („kalte Zwangsverwaltung“). 520) BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZInsO 2011, 1904 = BStBl. II 2014, 406. 521) BMF-Schreiben vom 30.4.2014, IV D 2 – S 7100/07/10037, ZInsO 2014, 1000 = BStBl. I 2014, 816.

310

II. Allgemeines Prüfungsschema

sprechende Vereinbarung mit dem Absonderungsgläubiger über eine solche Aufteilung ist zulässig.522) Dies gilt natürlich nur, wenn der Schuldner Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist und der Vermögensgegenstand – bei natürlichen Personen – zum Betriebsvermögen gehört. k) Kostenbeiträge in der vorläufigen Verwaltung Verwertungshandlungen in der vorläufigen Verwaltung kommen regelmäßig 992 vor in Gestalt des Forderungseinzugs. An dieser Stelle soll nur auf die Thematik Kostenbeiträge eingegangen werden. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 InsO gelten die §§ 170, 171 InsO entsprechend, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Insolvenzgerichts eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers einzieht. Ausschließlich in diesem Fall existieren mithin gesetzliche Kostenbeiträge. Auch hier ist der Feststellungskostenbeitrag als eine Art Schadenersatz nicht steuerbar. Der Verwertungskostenbeitrag dürfte hingegen steuerbar sein. Ohne den Beschluss des Insolvenzgerichts handelt es sich hingegen vollständig um frei vereinbarte Kostenbeiträge, die der Umsatzbesteuerung unterfallen. Dabei kommt es nicht darauf an, wann die Auskehrung an den Gläubiger erfolgt, sondern darauf, dass der Forderungseinzug während der vorläufigen Verwaltung erfolgte. Insoweit sollte die Berechnung und Auskehrung getrennt erfolgen für die während der vorläufigen Verwaltung und die während des eröffneten Verfahrens vereinnahmten Beträge. l) Nutzung von Sicherungsgut im eröffneten Verfahren Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 InsO darf der Insolvenzverwalter eine bewegliche Sa- 993 che (Absonderungsgut), zu deren Verwertung er berechtigt ist (§ 166 InsO), für die Insolvenzmasse nutzen, wenn er den dadurch entstehenden Wertverlust von der Eröffnung des Verfahrens an durch laufende Zahlungen an den Gläubiger ausgleicht. Solange ein solcher Gegenstand nicht verwertet wird, sind dem Gläubiger vom Berichtstermin an laufend die geschuldeten Zinsen aus der Insolvenzmasse zu zahlen (§ 169 Satz 1 InsO). Da weder der Wertverlust (Schadenersatz, vgl. Abschn. 1.3 Abs. 1 Satz 1 UStAE) noch die Zinsen der Umsatzbesteuerung unterfallen, ergeben sich theoretisch keine Probleme. In der Praxis erhält der Gläubiger jedoch eine Nutzungsentschädigung (oder 994 die vereinbarten Miet- oder Leasingraten), die Gegenleistung für eine sonstige Leistung ist, also der Umsatzbesteuerung unterfällt (als Vorsteuerabzug). m) Nutzung von Sicherungsgut in der vorläufigen Verwaltung Das im vorangegangenen Kapitel Gesagte gilt auch für eine Nutzung von Si- 995 cherungsgut aufgrund eines sog. Verwertungsstopps in der vorläufigen Ver___________ 522) BGH, Beschl. v. 22.7.2021 – IX ZB 85/19, ZRI 2021, 805.

311

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

waltung (§§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1, 169 Satz 2 InsO). Insoweit ist die Vorsteuerabzugsberechtigung im Rahmen des § 55 Abs. 4 InsO zu beachten. 3. Steuerbefreiungen 996 Wenn ein Vorgang steuerbar ist, kann er im Ausnahmefall jedoch von der Besteuerung befreit sein. Die Fälle der Steuerbefreiung sind in § 4 UStG geregelt. Beispiele sind Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen (Nr. 1), Gewährung und Vermittlung von Krediten (Nr. 8a), grunderwerbsteuerbare Vorgänge (Nr. 9), Versicherungsleistungen (Nr. 10), Grundstücksvermietung (Nr. 12), Leistungen der Ärzte (Nr. 14), Pflegeeinrichtungen (Nr. 16) etc. Die Norm ist sehr umfangreich. Hier sind Rechtsprechung, BMF-Schreiben und Änderungen des UStAE regelmäßig zu beobachten. So ergeben sich Steuerbefreiungen z. T. auch aus der Rechtsprechung zur Europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie, die insoweit über dem § 4 UStG steht. Zumindest die grundlegenden Fragen sollten im Insolvenz(antrags)verfahren so früh wie möglich geklärt werden. 997 Allerdings kann der Steuerpflichtige auch auf die Steuerbefreiung verzichten (§ 9 Abs. 1 UStG). Ein nicht seltener Fall sind Grundstücksgeschäfte, die gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG grundsätzlich steuerfrei sind (weil sie schon von der Grunderwerbsteuer erfasst werden). Der Steuerpflichtige kann gemäß § 9 Abs. 1 UStG jedoch auf diese Befreiung verzichten, was als Optierung zur Umsatzsteuer bezeichnet wird. Dies hat für den Steuerpflichtigen den Vorteil, dass er dann auch einen entsprechenden Vorsteuerabzug aus der Bebauung und Bewirtschaftung des Grundstücks geltend machen kann. Sobald ein Grundstück in der Insolvenzmasse ermittelt wird, sollte umgehend geprüft werden, ob der Schuldner vorinsolvenzlich zur Umsatzbesteuerung optiert hat, da auch die Verwertung des Grundstücks dann mit Ausweis von Umsatzsteuer zu erfolgen hat, um Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG (ĺ Rz. 1033 ff.) zu vermeiden. Entsprechendes gilt für eine Zwangsversteigerung, hier kann im Versteigerungstermin bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten zur Umsatzsteuer optiert werden (§ 9 Abs. 3 Satz 1 UStG).523) Bei freihändiger Veräußerung ist die Optierung nur im notariellen Kaufvertrag möglich (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG). 998 Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG – also die Optierung zur Umsatzbesteuerung – kann widerrufen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder nach § 164 AO änderbar ist.524)

___________ 523) Hierzu BFH, Beschl. v. 9.9.2015 – XI B 87/14, BFH/NV 2016, 78 = ZfIR 2015, 912. 524) BFH, Beschl. v. 2.7.2021 – XI R 22/19, DB 2021, 2606.

312

II. Allgemeines Prüfungsschema

4. Steuersatz a) Regelsteuersatz und ermäßigter Steuersatz Im nächsten Schritt ist der richtige Steuersatz zu ermitteln. Der Regelsteu- 999 ersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) beträgt: Prozentsatz

Leistungszeitraum

14 %

vom 01.07.1983 bis 31.12.1992

15 %

vom 01.01.1993 bis 31.03.1998

16 %

vom 01.04.1998 bis 31.12.2006

19 %

vom 01.01.2007 bis 30.06.2020

16 %

vom 01.07.2020 bis 31.12.2020

19 %

seit dem 01.01.2021

Der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 UStG) beträgt: Prozentsatz

Leistungszeitraum

7%

vom 01.07.1983 bis 30.06.2020

5%

vom 01.07.2020 bis 31.12.2020

7%

seit dem 01.01.2021

1000

Zur Abgrenzung zwischen Regel- und ermäßigtem Steuersatz gibt es immer 1001 wieder neue Rechtsprechung, sodass die erläuternden Abschn. 12.1 bis 12.17 UStAE recht umfangreich sind. Aktuell ist z. B. zu beachten, dass der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz befristet vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 von 19 % auf 7 % gesenkt wurde.525) Maßgeblich ist der letzte Tag des Abrechnungszeitraums, also der Tag der Zählerablesung.526) b) Durchschnittssteuersätze Sog. Durchschnittssteuersätze existieren in besonderen Fällen (§§ 23 ff. UStG), 1002 insbesondere für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 UStG). Die Berufs- und Gewerbezweige, für die Durchschnittssätze festgelegt werden, finden sich auch in der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). ___________ 525) Art. 1 des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasgesetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022, 1743). 526) Ausführlich BMF-Schreiben v. 25.10.2022 (GZ III C 2 – S 7030/22/10016 :005, DOK 2022/1014041).

313

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

Details ergeben sich aus Abschn. 23 und 24 UStAE. Die Steuersätze sind z. T. zum 1.1.2022 angehoben worden. c) Änderung des Steuersatzes 1003 Bei Änderungen des Steuersatzes ist maßgeblich, wann eine Steuer entsteht. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine Lieferung ausgeführt bzw. eine Leistung erbracht wird. Erstreckt sich der Vorgang über einen längeren Zeitraum, ist zu prüfen, ob es sich um eine teilbare oder unteilbare Leistung handelt. Eine teilbare Leistung liegt vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG). Dies ist regelmäßig bei Dauerschuldverhältnissen der Fall, sodass z. B. für die monatliche Miete der in diesem Monat geltende Steuersatz Anwendung findet. Auch wenn bei Warenbestellungen Teillieferungen vereinbart sind, handelt es sich um teilbare Leistungen. Nichtteilbare Leistungen liegen z. B. vor, wenn sich ein konkretes Mandat des Rechtsanwalts oder Steuerberaters über einen längeren Zeitraum erstreckt; hier gilt derjenige Steuersatz, der bei Beendigung der konkreten Tätigkeit einschlägig ist. Gegenwärtig ist zu beachten, dass der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz befristet vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 von 19 % auf 7 % gesenkt wurde.527) Maßgeblich ist der letzte Tag des Abrechnungszeitraums, also der Tag der Zählerablesung,528) d. h. es liegt eine nichtteilbare Leistung vor. Auch die Vergütungen nach InsO/InsVV sind i. d. R. nichtteilbare Leistungen.529) Problematisch sind Stundenvergütungen, wenn nicht eindeutig erkennbar ist, welche Abrechnungseinheiten heranzuziehen sind; wird eine Leistung geschuldet, dürfte eine teilbare Leistung vorliegen, während es sich um eine nichtteilbare Leistung handelt, wenn ein Erfolg geschuldet wird. 5. Bemessungsgrundlage 1004 Die richtige Bezugsgröße für die Anwendung des Steuersatzes wird Bemessungsgrundlage genannt. Sie ist – vereinfacht ausgedrückt – die Gegenleistung, d. h. ein Kaufpreis, eine Werklohnforderung u. a.: § 10 Abs. 1 Satz 2 und 5 UStG 2

Entgelt ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatz-

___________ 527) Art. 1 des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasgesetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022, 1743). 528) Ausführlich BMF-Schreiben v. 25.10.2022 (GZ III C 2 – S 7030/22/10016 :005, DOK 2022/1014041). 529) Ausführlich Zimmer, NZI 2020, 710.

314

II. Allgemeines Prüfungsschema steuer. […] 5Die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), gehören nicht zum Entgelt.

6. Steuerbetrag Alsdann ist anhand eines einfachen Dreisatzes die Höhe der Umsatzsteuer zu 1005 ermitteln, d. h. die Bemessungsgrundlage wird mit dem Steuersatz multipliziert. 7. Entstehung der Umsatzsteuer (Soll-/Ist-Besteuerung) Anschließend ist zu klären, wann die Steuer entsteht. Hier ist zu differenzie- 1006 ren zwischen der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten und der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (sog. Soll- oder Ist-Besteuerung). Zunächst ist unverzüglich zu klären, ob der Schuldner vorinsolvenzlich Ist- oder Soll-Versteuerer ist, da sich daran allein durch das Insolvenzverfahren nichts ändert. Der Regelfall der Soll-Besteuerung ist in § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG geregelt 1007 und hat zur Folge, dass die Umsatzsteuer mit Ablauf desjenigen Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistung ausgeführt wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG). Folgende Besonderheiten sind zu beachten. Bei Teilleistungen eines Soll-Versteuerers entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung ausgeführt wurde (Beispiele finden sich in Abschn. 13.4 UStAE). Bei Änderungen des Steuersatzes gilt derjenige für jede Teilleistung (Abschn. 12.1 Abs. 4 UStAE). Bei Anzahlungen gilt auch beim Soll-Versteuerer die Ist-Versteuerung, d. h. die Umsatzsteuer entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Anzahlung vereinnahmt wurde (siehe hierzu Abschn. 13.5 UStAE). Bei Änderungen des Steuersatzes gilt derjenige für die Gesamtleistung (Abschn. 12.1 Abs. 3 UStAE). Dies gilt auch hinsichtlich der Verwaltervergütung, die keine teilbare Leistung ist;530) Vorschüsse auf die Verwaltervergütung sind mit damalig angewendetem Steuersatz zu stornieren, die endgültige Vergütung ist mit aktuellem Steuersatz zu buchen. Die auf Antrag (§ 20 UStG) anzuwendende Ist-Besteuerung hat zur Folge, 1008 dass die Umsatzsteuer erst mit Ablauf desjenigen Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem das Entgelt vereinnahmt wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG). Wenn der Gesamtumsatz des Schuldners im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als ¼ 600.000 betragen hat oder der Schuldner von der Verpflichtung, Bücher zu führen, befreit ist (hier wird sehr häufig § 241a HGB übersehen), sollte im Zweifel unverzüglich geprüft werden, ob von einer Soll-Besteuerung zur Ist-Besteuerung übergegangen werden kann, was einen Antrag an das Finanzamt erfordert (§ 20 UStG), der auch konkludent gestellt ___________ 530) Ausführlich Zimmer, NZI 2020, 710.

315

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

werden kann.531) Allerdings gibt es auch hier Fallstricke zu beachten. Wer bewusst auf die Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG verzichtet und freiwillig Bücher i. S. d. §§ 238 ff. HGB führt, also i. S. d. § 4 Abs. 1 EStG bilanziert, soll nicht „schutzbedürftig“ sein, sodass der Antrag auf Übergang zur Ist-Besteuerung abzulehnen ist532) (Abschn. 20.1 Abs. 1 Satz 6 und 7 UStAE). 8. Vorsteuerabzug 1009 Im letzten Schritt ist für die Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Jahreserklärung zu prüfen, ob von der nach obigen Grundsätzen ermittelten Umsatzsteuer Vorsteuerbeträge in Abzug gebracht werden können (§§ 15, 16 Abs. 2 Satz 1 UStG). § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG Von der nach Absatz 1 berechneten Steuer sind vorbehaltlich des § 18 Abs. 9 Satz 3 die in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen.

1010 Diese sog. Zwangssaldierung innerhalb eines Voranmeldungszeitraums unterfällt nicht der Insolvenzanfechtung,533) obwohl das Finanzamt im Zeitpunkt dieser Aufrechnung bereits in Kenntnis der Krise des Schuldners ist. Das jeweilige Ergebnis verschiedener Voranmeldungszeiträume ist im Hinblick auf Aufrechnung (§ 96 InsO), Anfechtung (§§ 129 ff. InsO) und Befriedigungsreihenfolge (§ 209 Abs. 1 InsO) hingegen nach insolvenzrechtlichen Regelungen zu behandeln. Daher kann das Finanzamt beispielsweise auch nicht die Vorsteuer aus der Vergütung des vorläufigen Verwalters (zwangsläufig erst nach Verfahrenseröffnung festgesetzt und bezahlt) mit Insolvenzforderungen aufrechnen,534) wohl aber mit offenen Masseverbindlichkeiten. 1011 Die wichtigsten Fälle des Vorsteuerabzugs sind die für bezogene Leistungen in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG), die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG), sowie die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 UStG im Inland bewirkt wird (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG).

___________ 531) 532) 533) 534)

316

BFH, Urt. v. 18.8.2015 – V R 47/14, DB 2015, 2615 = BStBl. II 2018, 611. BFH, Urt. v. 22.7.2010 – V R 4/09, DStR 2010, 2541 = BStBl. II 2013, 590. BFH, Urt. v. 25.7.2012 – VII R 44/10, ZInsO 2012, 2162 = BStBl. II 2013, 33. BFH, Urt. v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZInsO 2011, 283 = BStBl. II 2011, 374. Da es sich bei gleichwohl erfolgter Aufrechnung um einen anfechtungsrechtlichen Vorgang handelt, verjährt dieser Anspruch analog § 146 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 195 ff. BGB bereits nach drei Jahren, siehe BFH, Urt. v. 5.5.2015 – VII R 37/13, ZIP 2015, 1598 = BStBl. II 2015, 856.

II. Allgemeines Prüfungsschema

Der wichtigste Fall für ein Abzugsverbot betrifft die Umsatzsteuer aus 1012 Rechnungen für (Eingangs-)Leistungen, die für steuerfreie Umsätze (Ausgangsleistung) benötigt werden (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Wird z. B. eine Immobilie steuerfrei vermietet (§ 4 Nr. 12 UStG), kann aus den Bewirtschaftungskosten keine Vorsteuer gezogen werden. Davon abzugrenzen sind nicht steuerbare Ausgangsleistungen, hier gilt der Vorsteuerabzug im Grundsatz uneingeschränkt. Darüber hinaus existieren Mischfälle, bei denen entweder eine wirtschaftliche 1013 Zuordnung (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG) oder – bei Grundstücken – eine konkrete Zuordnung (§ 15 Abs. 1b UStG) der Vorsteuer aus Eingangsrechnungen zu den vom Schuldner ausgeführten (Ausgangs-)Umsätzen zu erfolgen hat. Dies macht es erforderlich, zunächst innerhalb des Betriebsvermögens nach 1014 vorstehenden Kriterien einen Vorsteuerabzug zu prüfen. Hier gab es in der Vergangenheit Versuche, den Vorsteuerabzug einzuschränken, wenn die Eingangsleistungen nicht mehr der Betriebsfortführung, sondern nur noch der Abwicklung des Insolvenzverfahrens dienen. Maßgeblich ist jedoch eine Entscheidung des BFH vom 18.9.2019.535) Zwar gelte der Grundsatz, dass ein Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen nur dann besteht, wenn die Eingangsleistung vor der Ausgangsleistung erbracht wurde, also die Begründung von Verbindlichkeiten der Erzielung von Umsatz dient; von diesem operativen Zusammenhang abzugrenzen seien jedoch allgemeine Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die auch nach einer beendeten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen und zum Vorsteuerabzug berechtigen. Hintergrund dieser Entscheidung sind Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung der Organhaftung nach eingestelltem Geschäftsbetrieb. Die Besonderheit dieser Entscheidung lag lediglich darin, dass bei der Geltendmachung der Haftung aus § 93 InsO (Sondermasse) zu prüfen ist, wem genau dieser Vorsteuerabzug zusteht. Geklärt ist inzwischen auch, dass beim Vorsteuerabzug aus der Vergütung des 1015 Insolvenzverwalters nicht danach zu differenzieren ist, ob sich der Insolvenzverwalter mit steuerpflichtigen, steuerfreien oder nicht steuerbaren Vorgängen befasst hat, d. h. der Vorsteuerabzug innerhalb des Betriebsvermögens besteht zunächst uneingeschränkt.536) Nichts anderes kann gelten hinsichtlich der weiteren Vergütungen i. S. d. § 54 Nr. 2 InsO, also des vorläufigen Insolvenzverwalters, des (vorläufigen) Sachwalters, des Sonderinsolvenzverwalters oder der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Kein Vorsteuerabzug ergibt sich indes aus der Vergütung des Treuhänders in der Wohlverhaltensphase. Allerdings soll der Vorsteuerabzug aus der Vergütung des Insolvenzverwalters danach zu quoteln sein, in welchem Verhältnis die angemeldeten Tabellenforderungen im (vorinsolvenzlichen) Zusammenhang mit steuer___________ 535) BFH, Urt. v. 18.9.2019 – XI R 19/17, ZRI 2020, 100 = BStBl. II 2020, 172. 536) BFH, Urt. v. 2.12.2015 – V R 15/15, ZIP 2016, 631 = BStBl. II 2016, 486.

317

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

pflichtigen und steuerfreien Leistungen des Schuldners standen; insoweit sei auf den Steuerschlüssel im Jahr ihrer Entstehung abzustellen.537) Dies kann aber nicht für die Vergütung anderer Vergütungsberechtigter gelten, da deren Tätigkeit nicht auf die Befriedigung der Insolvenzgläubiger ausgerichtet ist. 1016 Bei natürlichen Personen ist zu berücksichtigen, dass für Ausgangsleistungen im Privatvermögen keine Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich der Eingangsleistungen besteht. Daher besteht eine Vorsteuerabzugsberechtigung nur dann, wenn sie Unternehmer sind bzw. waren und die Eingangsleistungen den betrieblichen Bereich betreffen. In Bezug auf den Vorsteuerabzug aus der Vergütung des Insolvenzverwalters gilt die wirtschaftliche Zuordnung, d. h. die Vorsteuer kann nur quotal geltend gemacht werden. Maßstab ist das Verhältnis der betrieblich zu den privat veranlassten Verbindlichkeiten, wie sie – ohne Rücksicht auf das Prüfungsergebnis – zur Insolvenztabelle angemeldet werden.538) Hinsichtlich der Vorsteuer aus der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters existiert noch keine Rechtsprechung, im Ergebnis dürfte jedoch selbiges gelten, dies aus Vereinfachungsgründen auch für die Vergütung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses. 1017 In formaler Hinsicht ist ein Vorsteuerabzug nur zulässig, wenn dem Steuerpflichtigen eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt wird. Nach §§ 14, 14a UStG sind die wichtigsten Bestandteile einer solchen Rechnung der vollständige Name nebst vollständiger Anschrift des leistenden Unternehmens und des Leistungsempfängers, die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmens, das Ausstellungsdatum, eine Rechnungsnummer (einmalige Vergabe), Angaben über Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung (Leistungsgegenstand), der Leistungszeitraum bzw. Leistungszeitpunkt, das nach Steuersätzen aufgeschlüsselte Entgelt, der angewendete Steuersatz und der sich ergebende Steuerbetrag (alternativ ein Hinweis auf Steuerbefreiung). In etwas komplizierter gelagerten Fällen können zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung i. S. d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG auch andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden, wenn das Abrechnungsdokument selbst darauf verweist und diese eindeutig bezeichnet; die in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen müssen der Rechnung nicht beigefügt sein.539) Es muss jedoch ein klarer Zusammenhang zwischen Rechnung und Abrechnungsdokument bestehen, sodass der Leistungsgegenstand eindeutig und leicht nachprüfbar sein muss; hieran fehlt es, wenn die Angaben in hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, was wiederum der Fall ist, wenn sich aus der Abrechnung keinerlei Anhaltspunkte für die Art ___________ 537) FG Münster, Urt. v. 20.1.2022 – 5 K 1179/19 U, ZRI 2022, 951, Revision anhängig unter BFH – XI R 8/22. 538) BFH, Urt. v. 15.4.2015 – V R 44/14, ZIP 2015, 1237 = BStBl. II 2015, 679; BFH, Urt. v. 21.10.2015 – XI R 28/14, ZIP 2016, 731 = BStBl. II 2016, 550. 539) BFH, Urt. v. 16.1.2014 – V R 28/13, ZIP 2014, 31 = BStBl. II 2014, 867.

318

III. Umsatz- und Vorsteuerkorrektur im Allgemeinen

des gelieferten Gegenstandes oder der sonstigen Leistung ergeben.540) Das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Rechnung gilt selbstverständlich auch für die Vergütung des Insolvenzverwalters, da allein der gerichtliche Festsetzungsbeschluss noch keine Rechnung darstellt.541) Sofern das Dokument vom Leistungsempfänger erstellt wird, ist es als Gut- 1018 schrift zu bezeichnen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Bei Kleinbeträgen bis ¼ 250,00 brutto ist aus Vereinfachungsgründen (§§ 33, 35 UStDV) lediglich erforderlich der vollständige Name nebst vollständiger Anschrift des leistenden Unternehmens, das Ausstellungsdatum, Angaben über Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung (Leistungsgegenstand), Bezifferung von Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe (also nur Brutto-Betrag) bzw. ein Hinweis auf eine Steuerbefreiung. III. Umsatz- und Vorsteuerkorrektur im Allgemeinen 1. Allgemeine Grundsätze (§ 17 UStG) Ungeachtet der Umsatzsteuerkorrektur aufgrund der noch darzustellenden 1019 Rechtsprechung zur Aufteilung des insolventen Unternehmens sind die allgemeinen Grundsätze zur Umsatz- und Vorsteuerkorrektur zu beachten, die hier nur kursorisch dargestellt werden. Sofern sich nachträglich Änderungen bei der Bemessungsgrundlage ergeben, 1020 hat der Unternehmer, der die Umsätze ausgeführt hat, die Umsatzsteuer zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG). Ebenso hat der Unternehmer, an den diese Umsätze ausgeführt worden sind, die Vorsteuer zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG). Hieraus folgt: x

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG hat der Insolvenzschuldner (als 1021 Leistender) die Umsatzsteuer zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für ihn uneinbringlich geworden ist. Hierunter fällt z. B. die Insolvenz des Drittschuldners (Debitors).

x

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG hat der Insolvenzschuldner (als 1022 Leistungsempfänger) die Vorsteuer zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für den Gläubiger uneinbringlich geworden ist. Früher hat die Finanzverwaltung oftmals die in den letzten zwölf Monaten angemeldeten Vorsteuerbeträge pauschal zur Insolvenztabelle angemeldet. Durch die noch zu erörternde Entwicklung der Rechtsprechung zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung dürfte dies so nicht mehr geschehen, jedenfalls bedarf es bei der Forderungsprüfung nunmehr einer noch engeren Abstimmung mit der Buchführung.

___________ 540) BFH, Urt. v. 12.3.2020 – V R 48/17, BStBl. II 2020, 604. 541) BFH, Urt. v. 26.9.2012 – V R 9/11, NZI 2013, 263 = BStBl. II 2013, 346.

319

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

1023 x

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG hat der Insolvenzschuldner (als Leistungsempfänger) die Vorsteuer zu berichtigen, wenn er aus geleisteten Anzahlungen Vorsteuern geltend gemacht hat und die beabsichtigte Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt worden ist.

1024 x

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG hat der Insolvenzschuldner (als Leistender) die Umsatzsteuer zu berichtigen, wenn er aus erhaltenen Anzahlungen Umsatzsteuer deklariert hat und die beabsichtigte Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt worden ist.

1025 Die beiden erstgenannten Grundsätze wurden aufgrund der Rechtsprechung zur Aufteilung des insolventen Unternehmens konkretisiert (siehe Kap. H. IV.). Bei den beiden letztgenannten Grundsätzen (Anzahlungen) sind insolvenzspezifische Konkretisierungen erforderlich, hierzu das folgende Kapitel. 2. Erfüllungswahlrecht (§ 103 InsO) 1026 Handelt es sich in den beiden oben letztgenannten Konstellationen (Anzahlungen) um Sachverhalte, die nach § 103 InsO zu lösen sind (Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei beiderseits nicht vollständig erfüllten Verträgen), ist zu differenzieren: a) Ablehnung der Erfüllung 1027 War der Schuldner Leistender und hat er vorinsolvenzlich eine Anzahlung mit Ausweis von Umsatzsteuer erhalten, ist die Forderung des Vertragspartners auf Erstattung der Anzahlung eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO). Da die Berichtigung der Umsatzsteuer gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG jedoch erst nach Verfahrenseröffnung erfolgt, da auch das Wahlrecht erst nach Verfahrenseröffnung ausgeübt werden kann, ist die Berichtigung der Umsatzsteuer (Erstattungsanspruch) unter der Steuernummer der Masse vorzunehmen; aufgrund der faktischen Ist-Versteuerung jedoch erst im Zeitpunkt der Zahlung, d. h. bei Auskehrung der Insolvenzquote im Rahmen der Abschlags- oder Schlussverteilung an den Vertragspartner.542) 1028 War der Schuldner Leistungsempfänger und hat er vorinsolvenzlich eine Anzahlung einschließlich Vorsteuerabzug geleistet, besteht ein Anspruch auf Erstattung der Anzahlung gegen den Vertragspartner. Dieser Anspruch fällt unter den Massebegriff des § 35 Abs. 1 InsO. Die Berichtigung der Vorsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG unter der Steuernummer der Masse (Zahllast) richtet sich ebenfalls nach dem Zeitpunkt der Vereinnahmung dieses Erstattungsanspruchs (faktische Ist-Versteuerung). ___________ 542) Vgl. BFH, Urt. v. 2.9.2010 – V 34/09, BFH/NV 2010, 383; BFH, Urt. v. 25.7.2012 – VII R 56/09, BFH/NV 2013, 413; BFH, Urt. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506.

320

III. Umsatz- und Vorsteuerkorrektur im Allgemeinen

b) Wahl der Erfüllung War der Schuldner Leistender und hat er vorinsolvenzlich eine Anzahlung 1029 mit Ausweis von Umsatzsteuer erhalten, besteht kein Erstattungsanspruch des Vertragspartners, denn sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag gelten als Masseverbindlichkeiten. Es bedarf daher keiner Berichtigung der Umsatzsteuer; denn die Berichtigung der Anzahlung würde nur diejenigen Masseverbindlichkeiten aus Umsatzsteuer mindern, die durch Neubuchung der gesamten Forderung des Vertragspartners (neu) entstehen würden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich nicht um Anzahlungen handelt, sondern um selbstständige Teilleistungen. War der Schuldner Leistungsempfänger und hat er vorinsolvenzlich eine 1030 Anzahlung einschließlich Vorsteuerabzug geleistet, besteht kein Anspruch auf Erstattung gegen den Vertragspartner, da der Vertrag ja eben erfüllt werden soll. Auch insoweit kommt es nicht zu einer Berichtigung der Vorsteuer. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Schuldner die vorinsolvenzlich fällig gewesene (und mit Vorsteuerabzug eingebuchte) Anzahlung tatsächlich noch nicht geleistet hatte. Dann tritt dieselbe Rechtsfolge ein wie nach den Grundsätzen der Aufteilung des insolventen Unternehmens.543) Die erste Berichtigung der Vorsteuer führt zur Erhöhung der Insolvenzforderungen, die zweite Berichtigung führt bei Zahlung auf die vertragliche Forderung zu einer Minderung der Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 3. Vorsteuerkorrektur nach Anfechtung einer vorinsolvenzlichen Zahlung Hatte der Schuldner vorinsolvenzlich auf eine Verbindlichkeit Zahlung ge- 1031 leistet, ist der Vorgang eigentlich erledigt. Nach Insolvenzeröffnung kann der Insolvenzverwalter eine solche Zahlung unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO allerdings anfechten. Rechtsfolge ist die Verpflichtung des Zahlungsempfängers, das Erhaltene nach den Grundregeln über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) an die Masse herauszugeben (§ 143 Abs. 1 InsO). Seine ursprüngliche Forderung lebt wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO), jedoch nur – weil ursprünglich ja vorinsolvenzlich begründet – als Insolvenzforderung. An dieser Stelle stellte sich die Frage, ob und unter welcher Steuernummer 1032 insoweit eine Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu erfolgen hat. Dass generell eine erste Vorsteuerkorrektur bei Zahlungseingang zu erfolgen hat, war unstreitig. Weil die Anfechtung erst im eröffneten Verfahren erfolgt, steht inzwischen auch fest, dass diese (erste) Vorsteuerberichtigung zu Masseverbindlichkeiten führt,544) und zwar im Voranmeldungszeitraum ___________ 543) BFH, Urt. v. 22.10.2009 – V R 14/08, ZIP 2010, 383, 386, Tz. 41 = BStBl. II 2011, 988. 544) BFH, Urt. v. 15.12.2016 – V R 26/16, ZIP 2017, 782 = BStBl. II 2017, 735; BFH, Urt. v. 29.3.2017 – XI R 5/16, ZIP 2017, 1121 = BStBl. II 2017, 738; BFH, Urt. v. 27.9.2017 – XI R 18/16, ZInsO 2017, 2765; BFH, Beschl. v. 13.11.2018 – V B 60/18, ZIP 2019, 184.

321

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

des Zahlungseingangs (faktische Ist-Besteuerung). Wenn der Gläubiger auf seine Forderung später eine Insolvenzquote erhält, wird bei Schlussverteilung eine zweite Vorsteuerberichtigung erforderlich, die nun zu einem Erstattungsanspruch der Masse führt (faktische Ist-Besteuerung). 4. Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG (Grundzüge) 1033 Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungsoder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG). Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG). Allerdings kann aus Vereinfachungsgründen eine Berichtigung entfallen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut in einem Kalenderjahr die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse um weniger als zehn Prozentpunkte geändert haben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 UStDV). Diese Bagatellgrenze gilt wiederum nicht, wenn der Betrag, um den der Vorsteuerabzug für dieses Kalenderjahr zu berichtigen ist, ¼ 1.000 übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 2 UStDV). Die Regelungen gelten sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Unternehmers. 1034 Ein großes Risiko besteht folglich bei Grundstücken im Massebestand, wenn (erkannt oder unerkannt) von steuerpflichtig (vorinsolvenzliche Errichtung und/oder Vermietung) auf steuerfrei (Vermietung, Veräußerung oder Zwangsversteigerung – auch durch Gläubiger!) umgestellt wird. Dann können aus der nach Verfahrenseröffnung notwendigen Berichtigung nach § 15a UStG hohe Forderungen als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO entstehen.545) Da bei der Zwangsversteigerung das Gebot und der Zuschlag grundsätzlich keine Umsatzsteuer enthalten, muss der Insolvenzverwalter im Zweifel bis zur Aufforderung von Geboten im Versteigerungstermin gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG zur Umsatzsteuer optieren,546) um derartige Vorsteuerkorrekturen zu verhindern. Ist das Grundstück hingegen Kaufgegenstand im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen, besteht die Notwendigkeit und Gefahr einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht,547) da die Geschäftsveräußerung im Ganzen schon nicht steuerbar ist (§ 1 Abs. 1a UStG), sodass die nächste Tatbestandsebene der Steuerbefreiung schon nicht erreicht wird. ___________ 545) BFH, Urt. v. 8.3.2012 – V R 24/11, ZInsO 2012, 746 = BStBl. II 2012, 466. 546) Hierzu BFH, Beschl. v. 9.9.2015 – XI B 87/14, BFH/NV 2016, 78 = ZfIR 2015, 912. 547) BFH, Urt. v. 25.11.2015 – V R 66/14, BStBl. II 2020, 793.

322

III. Umsatz- und Vorsteuerkorrektur im Allgemeinen

Werden tatbestandliche Nutzungsänderungen bereits in der „schwachen“ 1035 vorläufigen Insolvenzverwaltung vorgenommen, ist zwar ebenfalls eine Berichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen, jedoch sollen die hieraus resultierenden Verbindlichkeiten nicht von § 55 Abs. 4 InsO erfasst sein,548) es sei denn, die Änderung der Verhältnisse wurde im Rahmen der Befugnisse des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters veranlasst, z. B. durch seine Zustimmung zum Verkauf eines Grundstücks.549) Die Tätigkeit des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters muss sich jedoch stets auf ein Erfüllungsgeschäft beziehen, um § 55 Abs. 4 InsO anwenden zu können, da auf der Ebene von Verpflichtungsgeschäften überhaupt keine Befugnisse des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters bestehen. Damit widersprechen sich Rechtsprechung und Verwaltungsanweisung, sodass noch keine abschließende Rechtssicherheit gegeben ist. 5. Steuerberichtigung nach § 14c UStG (Grundzüge) Angenommen sei, dass der Unternehmer (Schuldner) in seinen Ausgangs- 1036 rechnungen fälschlich oder zu hohe Umsatzsteuer ausgewiesen hat. Der Leistungsempfänger wird die Rechnung bezahlt und seinerseits Vorsteuer gezogen haben. Stellt sich nun heraus, dass die Rechnungen zu korrigieren sind (§ 14c UStG), ergeben sich drei Konsequenzen: erstens muss der Unternehmer (Schuldner) den zu viel erhaltenen Betrag an den Vertragspartner erstatten, zweitens muss der Unternehmer (Schuldner) eine Umsatzsteuerkorrektur vornehmen (Folge: Erstattungsanspruch gegen Finanzamt), und drittens muss der Vertragspartner eine Vorsteuerberichtigung vornehmen, also seinem Finanzamt Beträge erstatten. Zu entscheiden ist die Frage, ob der Schuldner (Masse) seinen Erstattungsanspruch aufgrund der nun vom Insolvenzverwalter vorgenommenen Rechnungsberichtigung zur Masse erhalten oder aber das Finanzamt mit Insolvenzforderungen aufrechnen kann. Von der Begrifflichkeit her geht es bei § 14c UStG immer um die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens, denn es soll vermieden werden, dass der Unternehmer (absichtlich) zu hohe Umsatzsteuer ausweist und später berichtigt, ohne dass sichergestellt ist, dass auch der Vertragspartner seinerseits eine Vorsteuerberichtigung vornimmt (vgl. Umsatzsteuer-Karussell). Grundsätzlich gilt, dass der Insolvenzverwalter solche Umsatzsteuerberich- 1037 tigungen vornehmen kann, ohne dass dem Finanzamt eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen möglich wäre.550) Dieser Grundsatz ist jedoch mit er___________ 548) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, Tz. 46, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506; de Weerth, NZI 2015, 884, 885. 549) BMF-Schreiben v. 20.5.2015 zu § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2015/0416027), Tz. 22, BStBl. I 2015, 476 = ZIP 2015, 1093. Ebenso BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), Tz. 26, BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239. 550) BFH, Urt. v. 8.11.2016 – VII R 34/15, ZIP 2017, 584 = BStBl. II 2017, 496; BFH, Beschl. v. 25.4.2018 – VII R 18/16, ZInsO 2018, 2437.

323

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

heblichen Einschränkungen versehen worden. Denn eine wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG erfordert, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger tatsächlich zurückgezahlt hat, dessen bloße Anmeldung zur Insolvenztabelle genügt nicht.551) Dies ließe darauf schließen, dass die Steuerberichtigung nach § 14c UStG überhaupt erst nach der Schlussverteilung möglich ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Steuerberichtigung im selben Voranmeldungszeitraum vorzunehmen ist, in dem der Rechnungsempfänger die Vorsteuer an sein Finanzamt erstattet hat (erst dann ist die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt); war dies bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers (Schuldner) erfolgt, kann das Finanzamt des Schuldners mit eigenen Insolvenzforderungen aufrechnen.552) Ist dies erst nach Insolvenzeröffnung erfolgt, kann der dann maßgebliche Veranlagungs- und Berichtigungszeitraum in einen Zeitraum der eingetretenen Festsetzungsverjährung fallen, wenn erst Jahre später bei der Schlussverteilung die weitere Voraussetzung der tatsächlichen (quotalen) Rückzahlung an den Rechnungsempfänger erfüllt wird. IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens – zweifache Umsatzsteuerberichtigung) 1. Allgemeine Grundsätze und historischer Problemaufriss a) Ist-besteuerter Schuldner 1038 Ist der Schuldner Ist-Versteuerer, ändert sich durch die Insolvenz hieran nichts. Vereinnahmt der Insolvenzverwalter (oder der eigenverwaltende Schuldner) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Rahmen der Ist-Besteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten, § 20 Satz 1 UStG) gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG Entgelte für Leistungen, die bereits vor Verfahrenseröffnung erbracht wurden, handelt es sich bei der für die Leistung entstehenden Umsatzsteuer um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.553) Sofern der „starke“ vorläufige Verwalter den Einzug vorgenommen hat, handelt es sich bei der abzuführenden Umsatzsteuer um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO. Beim Einzug durch den „schwachen“ vorläufigen Verwalter handelt es sich bei der abzuführenden Umsatzsteuer um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO.554) In den seit dem ___________ 551) BFH, Urt. v. 16.5.2018 – XI R 28/16, NZI 2018, 813 = BStBl. II 2022, 570. 552) BFH, Beschl. v. 27.7.2021 – V R 43/19, DB 2021, 2804; BFH, Beschl. v. 26.8.2021 – V R 38/20, ZRI 2021, 1058. 553) BFH, Urt. v. 29.1.2009 – V R 64/07, ZIP 2009, 977 = BStBl. II 2009, 682. 554) Vgl. BFH, Urt. v. 29.1.2009 – V R 64/07, ZIP 2009, 977 = BStBl. II 2009, 682; BMFSchreiben v. 20.5.2015 zu § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2015/ 0416027), ZIP 2015, 1093 = BStBl. I 2015, 476, Tz. 19; ebenso BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), Tz. 23, BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239.

324

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

1.1.2021 beantragten (Art. 103m Satz 1 EGInsO) Insolvenzverfahren gilt dies wegen der Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO auch für den vorläufig eigenverwaltenden Schuldner.555) Dies alles gilt umgekehrt auch für die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen. b) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag Insolvenzeröffnung Nach der Entscheidung des BFH vom 9.12.2010556) ist bei einem Schuldner, 1039 der vor Insolvenzeröffnung seine Umsätze nach dem Prinzip der SollBesteuerung deklariert hat (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten, § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens von folgender Rechtslage auszugehen: Der Rechtsträger (Schuldner) ist gedanklich in zwei Unternehmensteile auf- 1040 zuspalten, den Unternehmensteil vor Verfahrenseröffnung und den Unternehmensteil nach Verfahrenseröffnung. Alle bis zur Verfahrenseröffnung noch nicht beglichenen Forderungen aus Lieferung und Leistung sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen (erste Berichtigung). Diese Norm stellt im Wortlaut eigentlich auf die Uneinbringlichkeit der Forderung aus Gründen in der Person des Drittschuldners (Debitor) ab. Eine solche Uneinbringlichkeit ergibt sich nun in der Person des Forderungsinhabers (Schuldner) aber daraus, dass der vorinsolvenzliche Unternehmensteil bzw. deren Leitungsorgane wegen Wegfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ab Verfahrenseröffnung rechtlich nicht mehr in der Lage sind, diese Forderung einzuziehen. Diese erste Berichtigung führt zu einer Minderung der Insolvenzforderungen. Mit Verfahrenseröffnung entsteht sodann ein neuer Unternehmensteil. Ge- 1041 hen nun, also nach Insolvenzeröffnung, Zahlungen auf die berichtigten Forderungen aus Lieferung und Leistung ein, ist eine zweite Berichtigung der Steueranmeldung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erforderlich, und zwar wegen § 17 Abs. 1 Satz 8 UStG im Voranmeldungszeitraum des Zahlungseingangs. Diese zweite Berichtigung (faktische Ist-Besteuerung) führt zu einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 1042

Merke: Der BFH hat nichts völlig Neues erfunden, sondern lediglich die These aufgestellt, der Wechsel in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei ein Fall der Änderung der Bemessungsgrundlage.

___________ 555) BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), Tz. 23, BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239. 556) BFH, Urt. v. 9.12.2010 – V R 22/10, ZIP 2011, 782 = BStBl. II 2011, 996.

325

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

1043 Dann gilt: § 17 UStG (Änderung der Bemessungsgrundlage) (1) 1Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. 2Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. […] 8Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. […] (2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn 1.

1 das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. 2Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

1044 Allerdings wird auch vertreten, dieses Ergebnis könne europarechtswidrig sein.557) 1045 Im Ergebnis wird somit die vorinsolvenzliche Umsatzsteuer (Insolvenzforderung, da unterstelltermaßen noch nicht abgeführt) – soweit es nur um eine einzelne Forderung aus Lieferung und Leistung geht – auf null reduziert, dafür entsteht nach Verfahrenseröffnung im Moment des Zahlungseingangs die Umsatzsteuer wieder neu, und zwar als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, was nichts anderes bedeutet als die faktische Ist-Besteuerung für Geschäftsvorfälle, die vor Insolvenzeröffnung begründet wurden, selbst wenn der Schuldner als solches – und immer noch für nach Verfahrenseröffnung begründete Geschäftsvorfälle – Soll-Versteuerer ist. 1046

Merke: Dies gilt für Insolvenzverfahren, die seit dem 1.1.2012 eröffnet558) werden. Die Regelungen gelten auch für die Eigenverwaltung.559) Für den Fall einer vorläufigen Verwaltung gelten neuere Regelungen, die nachfolgend erläutert werden. c) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag „starke“ vorläufige Verwaltung

1047 Wegen der Abhängigkeit von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gelten die o. g. Grundsätze aufgrund einer BFH-Entscheidung vom 1.3.2016560) be___________ 557) FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.4.2014 – 7 K 7337/12, EFG 2014, 1427 (aufgehoben durch BFH, Urt. v. 1.3.2016 – XI R 21/14, ZIP 2016, 1355 = BStBl. II 2016, 756); Kahlert, ZIP 2015, 11, 14 f. Eine vergleichbare Regelung in Rumänien wurde bereits als europarechtswidrig verurteilt, siehe EuGH, Urt. v. 3.6.2021 – C-182/20, ZRI 2021, 570. 558) BMF-Schreiben v. 9.12.2011, IV D 2 – S 7330/09/10001 :001 (DOK 2011/0992053), ZInsO 2012, 2525 = BStBl. I 2011, 1273. 559) BFH, Urt. v. 27.9.2018 – V R 45/16, ZIP 2018, 2232 = BStBl. II 2019, 356. 560) BFH, Urt. v. 1.3.2016 – XI R 21/14, ZIP 2016, 1355 = BStBl. II 2016, 756.

326

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

reits auf den Zeitpunkt der Anordnung einer vorläufigen Verwaltung unter Bestellung eines „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters i. S. d. §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1, 22 Abs. 1 InsO, d. h. die erste Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG hat auf den Stichtag der Bestellung eines „starken“ vorläufigen Verwalters zu erfolgen. Die zweite Berichtigung ist bei Zahlungseingang erforderlich (faktische Ist-Besteuerung). Erfolgt der Zahlungseingang während der vorläufigen Verwaltung, ist die Umsatzsteuer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO. Erfolgt der Zahlungseingang im eröffneten Verfahren, ist die Umsatzsteuer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Vorgenannte Rechtsprechung führte zur Ergänzung des Umsatzsteueran- 1048 wendungserlasses durch BMF-Schreiben vom 18.5.2016.561) Von Interesse ist die dortige Übergangsregelung, denn die Berichtigung von Altforderungen (vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründet) ist erst erforderlich in den Verfahren, in denen der „starke“ oder „schwache“ vorläufige Verwalter ab dem 1.1.2015 bestellt wird. 1049

Merke: Die faktische Ist-Besteuerung nach erster Berichtigung der vorinsolvenzlich begründeten Forderungen gilt bereits ab der Bestellung eines „starken“ oder „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters, sofern diese Bestellung ab dem 1.1.2015 erfolgt. d) Soll-besteuerter Schuldner: Stichtag „schwache“ vorläufige Verwaltung

In späteren Entscheidungen versuchte der BFH, seine These von der Auftei- 1050 lung des insolventen Unternehmens auf den Zeitpunkt der Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung vorzuverlegen, zunächst beschränkt auf die Berichtigung der Vorsteuer.562) In einer Entscheidung vom 24.9.2014563) hat er jedoch ein Konzept für Umsatz- und Vorsteuer entworfen; nunmehr gilt: Der Rechtsträger (Schuldner) ist gedanklich in zwei Unternehmensteile auf- 1051 zuspalten, den Unternehmensteil vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung und den Unternehmensteil nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung. Ob es sich um eine „starke“ oder „schwache“ vorläufige Verwaltung handelt, ist unerheblich. ___________ 561) BMF-Schreiben v. 18.5.2016, III C 2 – S 7330/09/10001 :002, ZIP 2016, 1091 = BStBl. I 2016, 506. 562) BFH, Urt. v. 8.8.2013 – V R 18/13, NZI 2013, 857 = BStBl. II 2017, 543; BFH, Urt. v. 3.7.2014 – V R 32/13, ZInsO 2014, 2112 = BStBl. II 2017, 666. Mit BMF-Schreiben vom 5.5.2014 war zunächst die vorläufige Nicht-Anwendung verfügt worden, da der BFH wegen anderer Fragen (Beendigung der Organschaft) in diesem Kontext den EuGH angerufen hatte. 563) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. Hierzu Kahlert, ZIP 2015, 11.

327

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

1052 Alle bis zur Anordnung der vorläufigen Verwaltung noch nicht beglichenen Forderungen aus Lieferung und Leistung sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen (erste Berichtigung). Das Argument besteht nun (für die „schwache“ vorläufige Verwaltung) darin, dass die Drittschuldner nicht mehr schuldbefreiend an den Schuldner zahlen dürfen, sondern an den vorläufigen Insolvenzverwalter leisten müssen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO). Diese erste Berichtigung der Umsatzsteuer führt zu einer Minderung der Insolvenzforderungen. 1053 Mit Anordnung der vorläufigen Verwaltung entsteht sodann ein neuer Unternehmensteil. Gehen danach Zahlungen auf die berichtigten Forderungen aus Lieferung und Leistung ein, ist eine zweite Berichtigung der Steueranmeldung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erforderlich, und zwar wegen § 17 Abs. 1 Satz 8 UStG im Voranmeldungszeitraum des Zahlungseingangs. Diese zweite Berichtigung führt zu einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO, wenn der Zahlungseingang in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung erfolgt, bzw. nach § 55 Abs. 2 InsO, wenn der Zahlungseingang in der „starken“ vorläufigen Verwaltung erfolgt, bzw. nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn der Zahlungseingang nach Verfahrenseröffnung erfolgt. Im Ergebnis handelt es sich bei der zweiten Umsatzsteuerberichtigung um eine faktische Ist-Besteuerung. 1054

Merke: Alle per Bestellung eines „starken“ oder „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters noch existenten Forderungen sind im Hinblick auf die darin enthaltene Umsatzsteuer zu berichtigen. Erst bei Zahlungseingang entsteht die Umsatzsteuer neu (zweite Berichtigung).

1055 Dasselbe gilt auch für die Vorsteuer, was vor diesem Urteil vom 24.9.2014 in Zweifel gezogen worden war. Alle bis zur Anordnung der vorläufigen Verwaltung noch nicht beglichenen Verbindlichkeiten sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen (erste Berichtigung). Das Argument besteht nun (für die „schwache“ vorläufige Verwaltung) darin, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter ebenso wie dem Schuldner eine Zahlung verboten ist. Diese erste Berichtigung führt zu einer Erhöhung der Insolvenzforderungen. 1056 Werden nunmehr Zahlungen geleistet, ist eine zweite Berichtigung der Steueranmeldung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erforderlich, und zwar wegen § 17 Abs. 1 Satz 8 UStG im Voranmeldungszeitraum der Zahlung. Diese zweite Berichtigung führt zu einer Minderung der Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO, wenn die Zahlung in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung erfolgt (z. B. Zahlungen an Lieferanten mit Aus- oder Absonderungsrecht), bzw. nach § 55 Abs. 2 InsO, wenn die Zahlung in der „starken“ vorläufigen Verwaltung erfolgt, bzw. nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn die Zahlung nach Verfahrenseröffnung erfolgt; wegen der faktischen Ist-Versteuerung kann demnach auch bei der Schlussverteilung eine solche zweite Berichtigung erforderlich sein, um den Vorsteuerabzug aus den mit der Schlussverteilung quotal befriedigten Verbindlichkeiten geltend zu machen. 328

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

1057

Merke: Alle per Bestellung eines „starken“ oder „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters noch existenten Verbindlichkeiten sind im Hinblick auf die darin enthaltene Vorsteuer zu berichtigen. Erst bei Zahlung entsteht die Vorsteuer neu (zweite Berichtigung). 2. Abschn. 17.1 Abse. 11 ff. UStAE

Ein praktisches Problem ergibt sich daraus, dass die zum vorgenannten Thema 1058 (zweifache Steuerberichtigung) und zu § 55 Abs. 4 InsO ergangenen BMFSchreiben564) einerseits und die Änderungen im UStAE andererseits nicht vollends übereinstimmen. Daher lässt es sich nicht vermeiden, auch weiterhin eine getrennte Darstellung des Umsatzsteueranwendungserlasses (in Bezug auf die sog. Aufteilung des insolventen Unternehmens) und der restlichen Folgen des § 55 Abs. 4 InsO aufgrund BMF-Schreiben und Rechtsprechung vorzunehmen. Nachfolgend die Regelungen gemäß UStAE in systematischer Reihenfolge. a) Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung Abschnitt 17.1 UStAE

1059

1

(13) Die Grundsätze zur Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen nach den Absätzen 11 und 12 finden auch im Falle der Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alternative InsO) und dem Recht zum Forderungseinzug (§§ 22 Abs. 2, 23 InsO) Anwendung (vgl. BFH-Urt. v. 24.9.2014, V R 48/13, BStBl. II 2015, 506). 2Gleiches gilt bei der Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit dem Recht zum Forderungseinzug (§§ 22 Abs. 2, 23 InsO), mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ohne ausdrückliches Recht zum Forderungseinzug oder wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter zur Kassenführung berechtigt ist. 3 Steuerbeträge aus Umsätzen, die der Unternehmer vor Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit in Satz 1 oder Satz 2 genannten rechtlichen Befugnissen erbracht hat, sind daher nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 4Gleiches gilt – im Unterschied zur Bestellung des sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. Abs. 12 Satz 6) – für die Steuerbeträge aus Umsätzen, die der Unternehmer danach bis zum Abschluss des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbringt. 5

Im Anschluss an die Uneinbringlichkeit kommt es durch die Vereinnahmung des Entgelts nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu einer zweiten Be-

___________ 564) BMF-Schreiben v. 9.12.2011, IV D 2 – S 7330/09/10001 :001 (DOK 2011/0992053), ZInsO 2012, 2525 = Beilage zu ZIP 8/2013 (S. 23 f.) = BStBl. I 2011, 1273; BMF-Schreiben v. 17.1.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2012/0042691), Beilage zu ZIP 8/2013 (S. 24 ff.); BMF-Schreiben v. 20.5.2015, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2015/0416027), BStBl. I 2015, 476 = ZIP 2015, 1093; BMF-Schreiben v. 18.11.2015, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2015/1037464), BStBl. I 2015, 886; BMF-Schreiben v. 18.5.2016, III C 2 – S 7330/09/10001 :002 (DOK 2016/0284329), ZIP 2016, 1091 = BStBl. I 2016, 506; BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239.

329

H. Grundzüge der Umsatzsteuer richtigung. 6Dem steht nicht entgegen, dass die erste Berichtigung auf Grund Uneinbringlichkeit und die zweite Berichtigung auf Grund nachfolgender Vereinnahmung ggf. im selben Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum zusammentreffen. 7Die auf Grund der während des Insolvenzeröffnungsverfahrens erfolgenden Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. 8Wegen der Einzelheiten zum Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO vgl. BMFSchreiben v. 20.5.2015, BStBl. I 2015, 476, und v. 18.11.2015, BStBl. I 2015, 886. 9 Erfolgt die Entgeltvereinnahmung erst während des eröffneten Insolvenzverfahrens, begründet die dadurch entstehende Steuerberichtigung eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. Abs. 11).

1060 Zu ergänzen ist, dass die Vereinnahmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter erforderlich ist und die Zahlung schuldbefreiende Wirkung für den Drittschuldner haben muss. Eine Vereinnahmung durch den Schuldner ohne schuldbefreiende Wirkung erfüllt nicht die Voraussetzungen der zweiten Umsatzsteuerberichtigung; erst wenn der Drittschuldner (dann erneut) an den (vorläufigen) Insolvenzverwalter zahlt, ist die zweite Umsatzsteuerberichtigung vorzunehmen.565) b) Anordnung der „starken“ vorläufigen Verwaltung Abschnitt 17.1 UStAE

1061

(12) 1Wird vom Insolvenzgericht ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 InsO bestellt, ist dieser Vermögensverwalter i. S. d. § 34 Abs. 3 AO. 2Da auf ihn die gesamte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht, tritt bereits mit seiner Bestellung die Uneinbringlichkeit der Entgelte und die Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile ein und der Steuerbetrag ist nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 3

Vereinnahmt später der sog. starke vorläufige Insolvenzverwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren oder der Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren das uneinbringlich gewordene Entgelt für eine Leistung, die vor Bestellung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht worden ist, ist der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG im Zeitpunkt der Vereinnahmung erneut zu berichtigen (vgl. BFH, Urt. v. 1.3.2016, XI R 21/14, BStBl I 2016, 756). 4Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO bei Vereinnahmung durch den sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO bei Vereinnahmung durch den Insolvenzverwalter.

5

Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, ist die nach Satz 2 durchgeführte Berichtigung rückgängig zu machen.

6 Für Steuerbeträge aus Umsätzen, die nach der Bestellung des sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht worden sind, kommt hingegen keine Berichtigung des Umsatzsteuerbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG in Betracht. 7Diese Steuerbeträge gelten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO.

___________ 565) BFH, Urt. v. 28.5.2020 – V R 2/20, ZRI 2020, 547.

330

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

c) Eröffnung des Verfahrens ohne vorläufige Verwaltung (allgemeine Grundsätze) 1062

Abschnitt 17.1 UStAE 1

(11) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des leistenden Unternehmers geht nach § 80 Abs. 1 InsO die gesamte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Empfangszuständigkeit für die offenen Forderungen auf den Insolvenzverwalter über. 2Demzufolge kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile, zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden können. 3Dabei handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen sowie einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil. 4 Der Unternehmer ist auf Grund des Übergangs der Empfangszuständigkeit für die offenen Forderungen auf den Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO selbst nicht mehr in der Lage, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zu vereinnahmen. 5

Erbringt der Unternehmer, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, eine Leistung vor Verfahrenseröffnung, ohne das hierfür geschuldete Entgelt bis zu diesem Zeitpunkt zu vereinnahmen, tritt daher spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Uneinbringlichkeit im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil ein (Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen). 6Der Steuerbetrag ist deshalb nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.

7

Vereinnahmt der Insolvenzverwalter später das zunächst uneinbringlich gewordene Entgelt, ist der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erneut zu berichtigen. 8Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. BFH-Urt. v. 9.12.2010, V R 22/10, BStBl II 2011, 996, und vom 27.9.2018, V R 45/16, BStBl II 2019, 356). 9Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen.

d) Zusammenfassung 1063

Merke: Mit Anordnung der vorläufigen Verwaltung (egal ob „schwach“ oder „stark“) bzw. mit Insolvenzeröffnung (ohne vorherige Verwaltung) sind die zu diesem Stichtag offenen (Alt-)Forderungen einer ersten Umsatzsteuerberichtigung zu unterziehen. Dies führt (wenn keine sonstigen Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt bestehen) zu einem Erstattungsanspruch, regelmäßig jedoch (aufgrund anderer Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt) nur zu einer Reduzierung der Insolvenzforderungen des Finanz-amts. Die bei anschließendem Zahlungseingang aufgrund zweiter Umsatzsteuerberichtigung neu entstehende Umsatzsteuer (faktische Ist-Besteuerung) ist sonstige Masseverbindlichkeit, entweder nach § 55 Abs. 2 InsO (Zahlungseingang während „starker“ vorläufiger Verwaltung) oder nach § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO (Zahlungseingang während „schwacher“ vorläufiger Verwaltung), oder nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Zahlungseingang nach Verfahrenseröffnung).

331

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

1064

Merke: Während der vorläufigen Verwaltung begründete Forderungen folgen dem Prinzip der Soll-Besteuerung. Bei „starker“ vorläufiger Verwaltung müssen die per Stichtag Insolvenzeröffnung noch offenen Forderungen nicht berichtigt werden, da die hierauf bezogene Umsatzsteuer ohnehin sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO ist. Bei „schwacher“ vorläufiger Verwaltung bedarf es mit Insolvenzeröffnung jedoch einer ersten Berichtigung, da die Umsatzsteuer zunächst nur als Insolvenzforderung entsteht; erst die zweite Berichtigung bei Zahlungseingang nach Verfahrenseröffnung führt dazu, dass die Umsatzsteuer nunmehr als sonstige Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO neu entsteht.

1065

Merke: Dies gilt umgekehrt auch für die Vorsteuer aus Verbindlichkeiten. Mit Anordnung der vorläufigen Verwaltung (egal ob „schwach“ oder „stark“) bzw. mit Insolvenzeröffnung (ohne vorherige Verwaltung) sind die zu diesem Stichtag offenen (Alt-)Verbindlichkeiten (Insolvenzforderungen) einer ersten Vorsteuerberichtigung zu unterziehen. Dies führt zu einer Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt als Insolvenzforderung. Die bei anschließender Zahlung aufgrund zweiter Vorsteuerberichtigung neu entstehende Vorsteuer (faktische Ist-Besteuerung) reduziert die sonstigen Masseverbindlichkeiten entweder aus § 55 Abs. 2 InsO (Zahlung während „starker“ vorläufiger Verwaltung) oder aus § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO (Zahlung während „schwacher“ vorläufiger Verwaltung), oder aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Zahlung nach Verfahrenseröffnung). Von besonderer Bedeutung ist, dass auch der Zahlungsfluss aus Schlussverteilung den Vorsteuerabzug bezogen auf die Befriedigungsquote ermöglicht, da auch diese Zahlungen zu einer zweiten Vorsteuerberichtigung führen.

1066

Merke: Während der vorläufigen Verwaltung begründete Verbindlichkeiten folgen dem Prinzip der Soll-Besteuerung. Bei „starker“ vorläufiger Verwaltung müssen die per Stichtag Insolvenzeröffnung noch offenen Verbindlichkeiten nicht berichtigt werden, da die hierauf bezogene Vorsteuer ohnehin die sonstigen Masseverbindlichkeit aus § 55 Abs. 2 InsO reduziert. Bei „schwacher“ vorläufiger Verwaltung bedarf es mit Insolvenzeröffnung jedoch einer ersten Berichtigung, da die Vorsteuer zunächst nur die Insolvenzforderungen reduziert, rückgängig gemacht eben durch die erste Berichtigung. Erst die zweite Berichtigung bei Zahlung nach Verfahrenseröffnung (oder gar bei Schlussverteilung) führt dazu, dass die Vorsteuer nunmehr die sonstigen Masseverbindlichkeit aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO reduziert oder zu einem Erstattungsanspruch führt.

332

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

Nun können sich Forderungen und Verbindlichkeiten allerdings auch aufre- 1067 chenbar gegenüberstehen. Allein das Bestehen einer Aufrechnungslage schließt jedoch nicht aus, dass eine Forderung uneinbringlich i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird; zu berichtigen sind sowohl der Umsatzsteuerbetrag als auch der Vorsteuerbetrag.566) e) Vereinnahmung (vorinsolvenzlich) wertberichtigter Forderungen in der vorläufigen Verwaltung Ist es bereits vor Anordnung der vorläufigen Verwaltung zu Wertberichti- 1068 gungen gekommen, d. h. zu Berichtigungen der Umsatzsteuer aufgrund mangelnder Durchsetzbarkeit der Forderungen aus gewöhnlichen Gründen, regelt dies der Umsatzsteueranwendungserlass wie folgt: Abschnitt 17.1 UStAE

1069

1

(14) Ungeachtet der Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Absätze 11 bis 13) findet § 17 UStG weiterhin Anwendung, wenn der Steuerbetrag bereits vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts aus tatsächlichen Gründen (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners, vgl. auch Absatz 16) nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurde und der vorläufige Insolvenzverwalter oder der Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters das Entgelt im vorläufigen Insolvenzverfahren vereinnahmt. 2Dann ist der hierauf entfallende Steuerbetrag (erneut) nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. 3Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet bei Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. 4 Wird hingegen vom Insolvenzgericht ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 InsO eingesetzt, liegen insoweit sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO vor. 5Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht, mithin im vorläufigen Insolvenzverfahren.

f) Vereinnahmung während der vorläufigen Verwaltung wertberichtigter Forderungen in der vorläufigen Verwaltung Etwas unklar ist folgende Regelung:

1070

Abschnitt 17.1 UStAE 6

(14) Das gilt auch, wenn die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erfolgt und das Entgelt durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt wird. 7Dieser Steueranspruch ist ebenfalls als sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO zu qualifizieren.

Während der vorläufigen Verwaltung begründete Forderungen sind – soweit 1071 sie nicht auch während der vorläufigen Verwaltung schon vereinnahmt werden ___________ 566) BFH, Urt. v. 13.2.2019 – XI R 19/16, ZInsO 2019, 1805.

333

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

konnten – grundsätzlich erst zum Stichtag Insolvenzeröffnung zu berichtigen. Dies gilt jedoch nur für die „schwache“ vorläufige Verwaltung. Bei „starker“ vorläufiger Verwaltung ist nichts zu berichtigen, weil die Umsatzsteuer ohnehin Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO ist. Wird sie dennoch berichtigt, weil von einer Uneinbringlichkeit der Forderung noch während der vorläufigen Verwaltung auszugehen ist, bedarf es der zweiten Berichtigung bei Zahlungseingang. Erfolgt der Zahlungseingang noch während der „starken“ vorläufigen Verwaltung, ist die Umsatzsteuer (wieder) Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO. Insoweit ist die Regelung eindeutig. Unklar ist die Regelung allerdings zur „schwachen“ vorläufigen Verwaltung. Auch hier mag es zu einer ersten Berichtigung noch während der vorläufigen Verwaltung kommen, wenn von Uneinbringlichkeit auszugehen ist. Wird die Forderung dennoch während der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung vereinnahmt, ist die Umsatzsteuer aufgrund zweiter Berichtigung zwar Masseverbindlichkeit, aber nach § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO und nicht nach § 55 Abs. 2 InsO; möglicherweise liegt nur ein Schreibfehler in Satz 7 vor. g) Regelungen für den Rechnungsempfänger (Debitor) 1072 Der nachfolgende Absatz betrifft den Rechnungsempfänger (Drittschuldner, Debitor), der seine Vorsteuer nicht zu berichtigen hat, da die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung weiterhin besteht: Abschnitt 17.1 UStAE 1

(15) Der Empfänger einer steuerpflichtigen Leistung, die vom Unternehmer vor Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. Absätze 12 und 13) bzw. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. Absatz 11) erbracht und für die das Entgelt aus Rechtsgründen uneinbringlich wurde, hat zu diesem Zeitpunkt die auf die steuerpflichtige Leistung entfallenden Vorsteuerbeträge nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 2Denn Zahlungsverpflichtung und Zahlungsbereitschaft des Leistungsempfängers bestehen fort und sind unabhängig von der Uneinbringlichkeit des Entgelts im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil des leistenden Unternehmers zu beurteilen.

h) Regelungen für die Gläubiger (Kreditoren) 1073 Der nachfolgende Absatz betrifft die Gläubiger (Kreditoren), die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre gegen den Schuldner gerichteten Forderungen berichtigen können. Erhalten sie später eine Insolvenzquote, haben sie eine zweite Berichtigung vorzunehmen, sodass auch für sie dann die faktische Ist-Versteuerung gilt: Abschnitt 17.1 UStAE 1

(16) Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, die vor Insolvenzeröffnung an den späteren Insolvenzschuldner erbracht wurden, werden im Augenblick der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters i. S. d. Absätze 12 oder 13 – spätestens aber mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens – unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich. 2Zu diesem Zeitpunkt ist die Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer und dementsprechend der Vorsteuerab-

334

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens zug beim Leistungsempfänger nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. 3Dies gilt sinngemäß auch, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (z. B. mangels Masse) abgewiesen wird. 4Wird das uneinbringlich gewordene Entgelt nachträglich vereinnahmt, ist der Umsatzsteuerbetrag erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). 5Das gilt auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die durch die Eröffnung uneinbringlich gewordene Forderung erfüllt (vgl. BFH-Urt. v. 22.10.2009, V R 14/08, BStBl II 2011, 988).

Die Regelung gilt auch für den Sicherungsgläubiger, wenn er eine Auskeh- 1074 rung von Erlösen erhält (§ 170 Abs. 1 Satz 2 InsO). Er erhält zwar wegen § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO nur den Erlös aus der Sicherheitenverwertung, gleichwohl ist nur dieser Betrag als Bruttobetrag für die Bemessung der zweiten Berichtigung heranzuziehen.567) Denn die Umsatzsteuer aus der Sicherheitenverwertung ist etwas anderes als die Umsatzsteuer aus der (gesamten) Forderung des Absonderungsgläubigers. i) Besonderheiten bei Eigenverwaltung Die BMF-Schreiben und der Umsatzsteueranwendungserlass äußern sich 1075 nicht zur Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO). Inzwischen steht jedoch fest, dass die Grundsätze der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung auch für das eröffnete Eigenverwaltungsverfahren gelten.568) Denn der Schuldner handelt nicht mehr kraft eigener Privatautonomie, sondern übt die ihm durch den Konstitutivakt der Anordnung zugewiesenen Befugnisse als Amtswalter aus.569) Damit kann auf Abschn. 17.1 Abs. 11 UStAE verwiesen werden. Da § 55 Abs. 4 InsO a. F. in den bis zum 31.12.2020 beantragten (Art. 103m 1076 Satz 1 EGInsO) Eigenverwaltungsverfahren keine Anwendung fand, war letztlich gleichgültig, ob die Grundsätze der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung ebenfalls auf die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung vorverlegt werden können. Denn ohne das Konstrukt zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung hatte § 55 Abs. 4 InsO a. F. überhaupt keinen Anwendungsbereich. In den ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren gilt § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO jedoch auch in der (vorläufigen) Eigenverwaltung. Daher wäre nun zu klären, ob die zweifache Umsatzsteuerberichtigung auf die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung vorzuverlegen ist, da § 55 Abs. 4 Satz 1 InsO eben nur dann einen Anwendungsbereich hinsichtlich der Umsatzsteuer hat. Insoweit existiert in diesen neuen Verfahren gegenwärtig noch keine Rechtssicherheit. Gegen die Anwendung der Regelungen zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung bereits auf den Stichtag der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung spricht Folgendes: der Schuldner ist ___________ 567) BFH, Beschl. v. 2.12.2013 – XI B 5/13, BFH/NV 2014, 588. 568) BFH, Urt. v. 27.9.2018 – V R 45/16, ZIP 2018, 2232 = BStBl. II 2019, 356. 569) BFH, Urt. v. 27.9.2018 – V R 45/16, Tz. 30, ZIP 2018, 2232 = BStBl. II 2019, 356; BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole).

335

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

weiterhin rechtlich in der Lage, die Forderungen einzuziehen,570) da ihm die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis belassen wurde.571) Die Drittschuldner können daher schuldbefreiend an den Schuldner zahlen.572) Anders als der eigenverwaltende Schuldner573) ist der nur vorläufig eigenverwaltende Schuldner kein Amtswalter in eigenen Angelegenheiten.574) 1077

Merke: Im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren gelten die Grundsätze der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung ebenfalls. Offen ist die Rechtsfrage, ob auch hier eine Vorverlegung der ersten Berichtigung auf die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung erfolgt. 3. Auswirkungen von § 55 Abs. 4 InsO a) § 55 Abs. 4 InsO als Rangvorschrift

1078 Für Insolvenzverfahren, die ab dem 1.1.2011 beantragt (Art. 103e EGInsO) und in der Folgezeit eröffnet wurden, wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 ein neuer § 55 Abs. 4 InsO mit folgendem Wortlaut eingeführt: § 55 Abs. 4 InsO Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit.

1079 Für Insolvenzverfahren, die ab dem 1.1.2021 beantragt (Art. 103m Satz 1 EGInsO) und in der Folgezeit eröffnet werden, wurde mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vom 22.12.2020575) § 55 Abs. 4 InsO wie folgt neugefasst: § 55 Abs. 4 InsO 1

Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insol-

___________ 570) Argument aus BFH, Urt. v. 9.12.2010 – V R 22/10, ZIP 2011, 782 = BStBl. II 2011, 996. 571) Argument aus BFH, Urt. v. 9.12.2010 – V R 22/10, ZIP 2011, 782 = BStBl. II 2011, 996; BFH, Urt. v. 1.3.2016 – XI R 21/14, ZIP 2016, 1355 = BStBl. II 2016, 756. 572) Argument aus BFH, Urt. v. 8.8.2013 – V R 18/13, NZI 2013, 857 = BStBl. II 2017, 543; BFH, Urt. v. 3.7.2014 – V R 32/13, ZInsO 2014, 2112 = BStBl. II 2017, 666. 573) BFH, Urt. v. 27.9.2018 – V R 45/16, Tz. 30, ZIP 2018, 2232 = BStBl. II 2019, 356; BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole). 574) BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole); BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, Tz. 21, ZRI 2020, 477. 575) BGBl. I 2020, 3256.

336

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens venzverfahrens als Masseverbindlichkeit. 2Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich: 1. sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben, 2. bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, 3. die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und 4. Lohnsteuer.

Soweit die Umsatzsteuerverbindlichkeiten in der vorläufigen Verwaltung 1080 entstehen, entstehen sie als Insolvenzforderungen, gelten jedoch ähnlich dem § 55 Abs. 2 InsO nach Verfahrenseröffnung als sonstige Masseverbindlichkeiten; im Ergebnis ist § 55 Abs. 4 InsO folglich nur eine Rangvorschrift. Neu an § 55 Abs. 4 InsO in der ab dem 1.1.2021 geltenden Fassung ist folgendes: Zum einen war zunächst unklar, auf welche Steuerarten § 55 Abs. 4 InsO a. F. Anwendung finden sollte; die neue Fassung nennt neben der Umsatzsteuer explizit und abschließend andere Steuerarten. Für hiesige Zwecke ist jedoch allein maßgeblich, dass bereits seit dem 1.1.2011 die Umsatzsteuer erfasst wird. Zum anderen erstreckt sich der Anwendungsbereich seit dem 1.1.2021 erstmals auch auf die vorläufige Eigenverwaltung. Bereits die erste Fassung des § 55 Abs. 4 InsO enthielt den Fehler, dass die 1081 Norm auf die Begründung einer Verbindlichkeit (Verpflichtungsgeschäft) abstellt, obgleich der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter (rechtlich) überhaupt nichts zur Begründung beitragen kann, denn seine Rechte und Pflichten beziehen sich nur auf die Zustimmung zu Verfügungsgeschäften (z. B. Zahlungen). Damit war die Norm im Grunde unbeachtlich. Dies hatte auch der BFH erkannt576) und daher schon mit Anordnung der vorläufigen Verwaltung die Notwendigkeit einer ersten Umsatzsteuerberichtigung ersonnen; denn mit der zweiten Umsatzsteuerberichtigung bei Zahlungseingang hat er das Entstehen der Umsatzsteuer auf die Ebene des Verfügungsgeschäfts verschoben und somit überhaupt erst einen Anwendungsbereich der Norm geschaffen. Warum die ab dem 1.1.2021 geltende Fassung diesen gravierenden Fehler wiederholt, ist unklar, jedoch ist der Fehler aufgrund der BFHRechtsprechung ohne Auswirkungen. b) BMF-Schreiben zu § 55 Abs. 4 InsO Die Folgen und die praktische Handhabung des § 55 Abs. 4 InsO a. F. waren 1082 lange streitig.577) Die OFD Koblenz578) (für Rheinland-Pfalz) sowie die OFD Münster/Rheinland579) (für Nordrhein-Westfalen) hatten in vorläufigen Ver___________ 576) 577) 578) 579)

BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. Ein erster Problemaufriss seinerzeit bereits bei Zimmer, ZInsO 2010, 2299. OFD Koblenz, Rundverfügung vom 26.4.2011, S 0550 – St 34.1. OFD Münster/OFD Rheinland, Vorläufige Verfügung zur Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO, S 0550 – 22 – St 32 – 41/S 7532 – 14 – St 44 – 32 – S 0550 – 1042 – St 315/S 7271 A – 1000 – St 444/O 2006 – LZ 251, ZInsO 2011, 1942.

337

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

fügungen zur Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO Stellung genommen. Es folgte ein BMF-Schreiben vom 17.1.2012580) mit zahlreichen Regelungen. Bis hierhin wurden die beiden Themen § 55 Abs. 4 InsO einerseits und Berichtigungspflichten nach § 17 UStG andererseits streng auseinandergehalten; der Zusammenhang wurde nicht erkannt. 1083 Das letztgenannte BMF-Schreiben wurde ersetzt durch das BMF-Schreiben vom 20.5.2015,581) das auch die Aufteilung des insolventen Unternehmens aufgrund der BFH-Entscheidung vom 24.9.2014582) einbezieht, sodass nun beide Themen miteinander verbunden wurden. Ein BMF-Schreiben vom 18.11.2015583) regelt lediglich ergänzend, dass die Kombination beider Themen nur in den Verfahren gilt, in denen Sicherungsmaßnahmen ab dem 1.1.2015 angeordnet wurden. Hinsichtlich des § 55 Abs. 4 InsO für die ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren (Art. 103m Satz 1 InsO) existiert ein BMFSchreiben vom 11.1.2022.584) 1084 Nachfolgend wird das BMF-Schreiben vom 11.1.2022 dargestellt und an neuralgischen Punkten kommentiert. Änderungen zum BMF-Schreiben vom 20.5.2015 (kursiv hervorgehoben) ergeben sich im Wesentlichen nur für die vorläufige Eigenverwaltung. Soweit sich auch Änderungen für die vorläufige Insolvenzverwaltung ergeben, wird dies hervorgehoben. Einleitung

1085

Dieses BMF-Schreiben findet Anwendung auf alle Insolvenzverfahren, deren Eröffnung ab dem 1.1.2021 beantragt wurde. Für Insolvenzverfahren, die vor dem 1.1.2021 beantragt wurden, sind die Regelungen des BMF-Schreibens vom 20.5.2015 – IV A 3 – S 0550/10/10020-05 –, BStBl. I 2015, 476, ergänzt durch BMF-Schreiben vom 18.11.2015 – IV A 3 – S 0550/10/10020-05 –, BStBl. I 2018, 886 weiterhin anzuwenden. I. Allgemeines [1] Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurde § 55 InsO um folgenden Absatz 4 erweitert: […] Diese neue Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem 1. Januar 2011 beantragt wurde. [1] Durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz wurde § 55 Abs. 4 InsO wie folgt gefasst […].

___________ 580) BMF-Schreiben v. 17.1.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2012/0042691), Beilage zu ZIP 8/2013 (S. 24 ff.). 581) BMF-Schreiben v. 20.5.2015 zu § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2015/ 0416027), BStBl. I 2015, 476 = ZIP 2015, 1093. 582) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. 583) BMF-Schreiben v. 18.11.2015, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2015/1037464), BStBl. I 2015, 886. 584) BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239.

338

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

§ 55 Abs. 4 InsO a. F. gilt zwar schon wegen Art. 103e EGInsO für die ab dem 1086 1.1.2011 beantragten Insolvenzverfahren, jedoch hat die Norm erst durch die Notwendigkeit der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung ab Anordnung der vorläufigen Verwaltung überhaupt einen Anwendungsbereich.585) Daher regelt das BMF-Schreiben vom 18.11.2015, dass diese Vorverlagerung erst in den Verfahren gilt, in denen ab dem 1.1.2015 ein „schwacher“ vorläufiger Verwalter bestellt wird; vorher war die Norm ein rechtliches Nullum. § 55 Abs. 4 InsO n. F. gilt in den ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren (Art. 103m Satz 1 InsO). Jedoch ist bislang unklar, ob die zweifache Umsatzsteuerberichtigung auch in der vorläufigen Eigenverwaltung gelten soll; bis zur Klärung dieser Frage hat die neue Fassung für die vorläufige Eigenverwaltung wiederum keinen Anwendungsbereich hinsichtlich der Umsatzsteuer. II. Anwendung

1087

II. 1. Betroffene Personen [2] § 55 Abs. 4 InsO findet Anwendung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen ist (so genannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter). Hierbei ist es unbeachtlich, ob der schwache vorläufige Insolvenzverwalter vom Gericht mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurde oder nicht. Auch ohne einen Zustimmungsvorbehalt i. S. d. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO können entsprechende Steuerverbindlichkeiten durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter begründet werden, insbesondere wenn ihm zahlreiche Rechte durch das Insolvenzgericht eingeräumt oder Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. [3] § 55 Abs. 4 InsO findet ebenfalls Anwendung auf den Schuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren, nachdem ein vorläufiger Sachwalter bestellt wurde. Hierbei ist es unbeachtlich, ob der Schuldner vom Gericht zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt wurde.

Satz 2 der Teilziffer 2 ist eine Erwiderung auf erste Versuche nach Einfüh- 1088 rung des § 55 Abs. 4 InsO, lediglich einen Gutachter mit Einzelbefugnissen zu bestellen („starker“ Gutachter“), um § 55 Abs. 4 InsO zu umgehen. Dies war bereits insolvenzrechtlich zweifelhaft. Ungeachtet dessen ist Satz 1 der Teilziffer 2 sprachlich missglückt, da die Norm nicht auf die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters Anwendung findet, sondern auf die Verpflichtungen des Schuldners aus dem Steuerschuldverhältnis. Teilziffer 3 ist neu eingeführt worden und bezieht sich auf die vorläufige Eigenverwaltung. Übernommen wurde die Ansicht des BFH, dass es für die Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO nicht darauf ankommt, ob Einzel- oder Gruppenermächtigungen erteilt wurden.586) [4] [3] Für den vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen ist (so genannter „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter), ist § 55 Abs. 4 InsO nicht anwend-

1089

___________ 585) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. 586) BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, ZRI 2020, 477.

339

H. Grundzüge der Umsatzsteuer bar, da insoweit sonstige Masseverbindlichkeiten bereits nach § 55 Abs. 2 InsO begründet werden.

1090 Für den „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter ist die Regelung eindeutig. Für den „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter stellt sich die Frage, ob eine Einzelermächtigung zur Begründung einer Verbindlichkeit dazu führt, dass auch die hierdurch ausgelöste Umsatzsteuer analog § 55 Abs. 2 InsO zu behandeln wäre. Dies ist zu verneinen. Abgesehen davon, dass eine Verbindlichkeit nicht zu einer Umsatzsteuerzahllast, sondern zu einem Vorsteuerabzug führt, ist diese dem § 55 Abs. 4 InsO zuzuordnen, nicht dem § 55 Abs. 2 InsO. II. 2. Steuerrechtliche Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters und des vorläufigen Sachwalters

1091

[5] [4] Die steuerrechtliche Stellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters und des vorläufigen Sachwalters wird durch die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO nicht berührt. Weder der schwache vorläufige Insolvenzverwalter noch der vorläufige Sachwalter ist Vermögensverwalter i. S. d. § 34 Abs. 3 AO, sodass er während des Insolvenzeröffnungsverfahrens weder die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen hat noch diese erfüllen darf. Die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners sind während des Insolvenzeröffnungsverfahrens vom Insolvenzschuldner selbst zu erfüllen.

1092 Der Schuldner bleibt generell der Steuerpflichtige und in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung auch weiterhin zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten zuständig (siehe auch Tz. 30). Da er jedoch für Verfügungsgeschäfte der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedarf und dieser einer Zahlung der Umsatzsteuer nicht zustimmen wird, kommt es während der vorläufigen Verwaltung nicht zu Zahlungen. Soweit § 55 Abs. 4 InsO n. F. auch die Eigenverwaltung erfasst, ist allerdings fraglich, ob dem vorläufig eigenverwaltenden Schuldner tatsächlich die Zahlung verwehrt ist. Denn die Nichthaftung der Geschäftsleitung nach § 15b Abs. 8 InsO lässt sich erst sehr viel später feststellen, da die Frage des rechtzeitigen Insolvenzantrages regelmäßig streitig ist; folglich wären Zahlungen auch während der vorläufigen Eigenverwaltung aus der Perspektive der Geschäftsleiterhaftung durchaus indiziert. II. 3. Verbindlichkeiten/Forderungen

1093

[6] [5] Die Vorschrift ist lediglich auf Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis anwendbar. Steuererstattungsansprüche und Steuervergütungsansprüche werden von der Vorschrift nicht erfasst (vgl. BFH, Urt. v. 23.7.2020 – V R 26/19, BFH/NV 2021, 146).587). Zur Ermittlung der Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer vgl. Rz. 34 und 35.

1094 Da hier nur die Umsatzsteuer von Bedeutung ist, sei auf die Kommentierung der Teilziffern 34 und 35 verwiesen. Grundsätzlich aber hat der BFH bestätigt, dass § 55 Abs. 4 InsO nur Masseverbindlichkeiten regelt, nicht hingegen ___________ 587) ZRI 2021, 93.

340

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

Erstattungsansprüche588) aus dem Zeitraum des gesamten Antragsverfahrens. Solche kann das Finanzamt erst mit Masseverbindlichkeiten und dann mit Insolvenzforderungen aufrechnen, erst ein dann noch bestehender Erstattungsanspruch muss an die Masse ausgezahlt werden. Denn § 55 Abs. 4 InsO ist lediglich eine Rangvorschrift für Verbindlichkeiten und hat nicht die Vorverlagerung der §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1 InsO für Forderungen zur Folge. II. 4. Betroffene Steuerarten und steuerliche Nebenleistungen

1095

[6] Der Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO erstreckt sich auf alle Steuerarten. [7] Der Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO erstreckt sich auf folgende Steuerarten: Umsatzsteuer, sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben, bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, Luftverkehr- und Kraftfahrzeugsteuer und Lohnsteuer.

Ob sich § 55 Abs. 4 InsO a. F. tatsächlich auf alle Steuerarten erstreckt, dürf- 1096 te zweifelhaft sein. Denn im Grunde hat der BFH589) den § 55 Abs. 4 InsO a. F. kassiert und nur für die Umsatzsteuer gerettet, indem er die Berichtigung der Umsatz- und Vorsteuer nach § 17 UStG auf die Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung vorverlagert hat und verlangt, dass auch die während der vorläufigen Verwaltung begründeten Forderungen und Verbindlichkeiten gleich wieder der ersten Berichtigung unterzogen werden müssen. 1097

Merke: Das Entstehen einer Steuer muss folglich an ein Verfügungsgeschäft anknüpfen, um von § 55 Abs. 4 InsO erfasst werden zu können.

So kann die Norm in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung z. B. nur 1098 Einkommensteuer erfassen, wenn der Schuldner nicht nach § 4 Abs. 1 EStG bilanziert, sondern Überschusseinkünfte erzielt oder eine vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vornimmt.590) Der enumerative Katalog der Steuerarten in der ab dem 1.1.2021 geltenden Fassung des § 55 Abs. 4 Satz 2 InsO lässt vermuten, dass der Gesetzgeber dies berücksichtigt hat. [7] Steuerliche Nebenleistungen zu den von § 55 Abs. 4 InsO erfassten Steuerarten teilen grundsätzlich das Schicksal der Hauptforderung (z. B. Säumniszuschläge auf als Masseverbindlichkeiten zu qualifizierende Steuern aus dem Eröffnungsverfahren). Die bis zur Festsetzung gegen den Insolvenzverwalter entstandenen Säumniszuschläge auf als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO zu qualifizierende Umsatz- und Lohnsteuerforderungen (vgl. Rz. 34 und 46) sind aber nach allgemeinen Grundsätzen als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle anzumelden.

1099

[8] Steuerliche Nebenleistungen werden von § 55 Abs. 4 InsO nicht erfasst. Die ab Festsetzung gegen den Insolvenzverwalter oder den eigenverwaltenden

___________ 588) BFH, Beschl. v. 21.9.2021 – VII R 9/18, ZRI 2021, 1006. 589) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. 590) BFH, Urt. v. 9.12.2014 – X R 12/12, ZIP 2015, 1035 = BStBl. II 2016, 852.

341

H. Grundzüge der Umsatzsteuer Schuldner entstehenden Säumniszuschläge auf als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO zu qualifizierende Umsatz- und Lohnsteuerforderungen (vgl. Rz. 35 und 43) sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO geltend zu machen.

1100 Säumniszuschläge sind ein Druckmittel der Finanzverwaltung zur Durchsetzung der pünktlichen Zahlung. Da jedoch in der vorläufigen Verwaltung denklogisch eine Krise des Schuldners gegeben ist, d. h. regelmäßig Zahlungsunfähigkeit vorliegt, sollte mindestens ein hälftiger Erlass der als Insolvenzforderungen zu behandelnden Säumniszuschläge beantragt werden.591) [8] Verspätungszuschläge, Zwangsgelder oder Verzögerungsgelder, die gegen den Insolvenzschuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren festgesetzt worden sind, fallen nicht unter den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO, da diese nicht vom schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. durch seine Zustimmung begründet worden sind.

1101

1102 In der neuen Fassung des BMF-Schreibens fehlt folglich ein Passus zu Verspätungszuschlägen. Inhaltlich dürfte damit jedoch keine Änderung verbunden sein, da Nebenleistungen allgemein nicht unter § 55 Abs. 4 InsO fallen. II. 4. 1. Umsatzsteuer

1103

II. 4. 1. 1. Umsatzsteuerverbindlichkeiten aufgrund ausgeführter Lieferungen und sonstiger Leistungen [9] Umsatzsteuerrechtliche Verbindlichkeiten aufgrund von Lieferungen und sonstigen Leistungen werden nach § 55 Abs. 4 InsO im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren vom Insolvenzschuldner selbst begründet. Dabei ist auf die Entgeltvereinnahmung durch den eigenverwaltenden Schuldner abzustellen. [10] [9] Umsatzsteuerrechtliche Verbindlichkeiten aufgrund von Lieferungen und sonstigen Leistungen im vorläufigen Insolvenzverfahren werden nach § 55 Abs. 4 InsO im Rahmen der für den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse begründet. Eine solche rechtliche Befugnis liegt insbesondere dann vor, wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter durch das Insolvenzgericht zum Forderungseinzug ausdrücklich ermächtigt wurde (vgl. BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, BStBl. II 2015, 506). Dabei ist auf die Entgeltvereinnahmung durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter sowie auf die Entgeltvereinnahmung durch den Schuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters abzustellen.

1104 Hier wird zunächst jene Sachverhaltskonstellation aufgegriffen, die auch der genannten BFH-Entscheidung zugrunde lag. [11] [10] Von einer Befugnis zur Entgeltvereinnahmung ist auch dann auszugehen, wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nur mit einem allgemeinen Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurde, denn der Drittschuldner kann schuldbefreiend nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters leisten (§ 24 Abs. 1 und § 82 InsO). Gleiches gilt, wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter zur Kassenführung berechtigt ist.

1105

___________ 591) BFH, Urt. v. 9.7.2003 – V R 57/02, ZIP 2003, 2036 = BStBl. II 2003, 901.

342

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

Diese Formulierung ist nicht sonderlich erhellend. Der erste Satz ist eine 1106 Tautologie, denn es ist gerade Definition des „schwachen“ vorläufigen Verwalters, nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet zu sein. Der zweite Satz ist falsch. Die Kassenführung, die beim vorläufigen Verwalter und beim (vorläufigen) Sachwalter einheitlich zu definieren ist, ändert nichts an der weiter bestehenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners, und auch die Drittschuldner können weiterhin schuldbefreiend an den Schuldner leisten. Damit fehlt es schon theoretisch an der Erfüllung der vom BFH aufgestellten Tatbestände. [12] [11] Darüber hinaus können auch Handlungen des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters zur Entstehung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO führen (z. B. Verwertung von Anlagevermögen durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter im Rahmen einer Einzelermächtigung, sofern nicht bereits § 55 Abs. 2 InsO einschlägig ist).

1107

Die Formulierung geht etwas an den insolvenzrechtlichen Regelungen vor- 1108 bei, da für eine Verwertung im Antragsverfahren keine Einzelermächtigung erforderlich ist. Ansonsten gelten hier die Regelungen zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung, da steuerlich gleichgültig ist, ob eine Forderung aus Lieferung und Leistung nun aus Abwicklung oder Betriebsfortführung resultiert. Der über die aktuelle Formulierung hinausgehende Verweis auf § 13b UStG in 1109 Tz. 11 des BMF-Schreibens vom 17.1.2012 war nur relevant, wenn der Schuldner Leistungsempfänger i. S. d. § 13b UStG, also Sicherungsnehmer ist. Auch ohne BMF-Schreiben dürfte § 13b UStG von § 55 Abs. 4 InsO erfasst sein, wenn und weil die Steuer auf der Ebene des Erfüllungsgeschäfts entsteht. Den üblichen Fall, dass der Schuldner Sicherungsgeber ist, regelt Rz. 27 n. F. 1110 Daran hat sich trotz Weglassung in der Neufassung nichts geändert, da es sich um materielles Umsatzsteuerrecht handelt. Im Ergebnis will das BMFSchreiben hier also nur ausdrücken, dass man die seinerzeitige Frage, ob für die Einzelermächtigung § 55 Abs. 2 InsO analog gilt, hier nicht vertiefen wollte. [13] [12] Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Daher führt auch der Erhalt einer Gegenleistung, z. B. beim Tausch oder bei tauschähnlichen Umsätzen, zu einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. Unentgeltliche Wertabgaben nach Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters i. S. v. § 3 Abs. 1b und 9a UStG fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO.

1111

Die Regelung vervollständigt lediglich das Konzept um allgemeine umsatz- 1112 steuerrechtliche Regelungen. Gleichwohl ist auch hier maßgeblich, dass die Entstehung der Umsatzsteuer an ein Verfügungsgeschäft anknüpfen muss, um von § 55 Abs. 4 InsO erfasst werden zu können.

343

H. Grundzüge der Umsatzsteuer II. 4. 1. 2. Umsatzberichtigung wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13)

1113

[14] [13] Aufgrund der Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO), mit Recht zum Forderungseinzug (§§ 22 Abs. 2, 23 InsO) oder mit Berechtigung zur Kassenführung werden bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die noch ausstehenden Entgelte für zuvor erbrachte Leistungen im Augenblick vor der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen uneinbringlich. Uneinbringlich werden auch die Entgelte für die Leistungen, die der Insolvenzschuldner nach Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt, mit Recht zum Forderungseinzug oder mit Berechtigung zur Kassenführung bis zur Beendigung des Insolvenzeröffnungsverfahrens (§§ 26, 27 InsO) erbringt. [15] [14] Maßgeblich hierfür ist nach Auffassung des BFH, dass entsprechend § 80 Abs. 1 InsO die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, die auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, auf den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Recht zum Forderungseinzug übergeht und dass der Insolvenzschuldner somit aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem eigenen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, da sie im Rahmen der Masseverwaltung und Masseverwertung zu vereinnahmen sind und damit zum Bereich der Masseverbindlichkeiten gehören. Die rechtlichen Auswirkungen des BFH-Urteils vom 9.12.2010 – V R 22/10 – BStBl. II 2011, 996 werden somit auf den Zeitpunkt der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vorverlegt. [16] [15] Die in den Rz. 14 und 15 dargelegten Ausführungen des BFH gelten auch bei der Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ohne ausdrücklichem Recht zum Forderungseinzug. [17] Die in Rz. 14 und 15 dargestellten Grundsätze gelten für den Schuldner auch bei der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters in der Eigenverwaltung. Der eigenverwaltende Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung hat aufgrund der weiter bestehenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auch die notwendige Vereinnahmungsbefugnis; er vereinnahmt aber bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren für die spätere Insolvenzmasse und begründet Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO. Der Schuldner übt die ihm verbliebenen Befugnisse im Insolvenzeröffnungsverfahren innerhalb der in §§ 270 ff. InsO geregelten Rechte und Pflichten aus und nimmt damit Aufgaben für den Unternehmensteil der späteren Insolvenzmasse wahr. [18] [16] Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Steuerbetrag für steuerpflichtige Ausgangsleistungen des Unternehmens zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden ist. Beispiel 1: Der Insolvenzschuldner hat Forderungen aus steuerpflichtigen Umsätzen, die er vor der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht hat, in Höhe von 11.900 ¼. Er hat diese Umsätze zwar angemeldet, die Entrichtung des Entgelts vom Leistungsempfänger steht aber noch aus. Durch die Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters werden diese Forderungen aus rechtlichen Gründen uneinbringlich, da der Leistungsempfänger nicht mehr an den Insolvenzschuldner leisten kann. Die

344

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens für diese Umsätze geschuldeten Steuerbeträge sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. Beispiel 2: Nach der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters erbringt der Insolvenzschuldner steuerpflichtige Umsätze i. H. v. 5.950 ¼. Diese Umsätze hat er im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung grundsätzlich zu versteuern. Gleichzeitig sind die Steuerbeträge für diese Umsätze nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen, da die Forderung aus rechtlichen Gründen uneinbringlich wird. [19] Die Grundsätze zur Umsatzberichtigung wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen gelten grundsätzlich auch im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren, weil der Schuldner zwar die Verwaltungs- und Verfügungsmacht über sein Vermögen behält, aber bereits jetzt schon für die spätere Insolvenzmasse vereinnahmt und damit Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO begründet. In der vorläufigen Eigenverwaltung ist daher die Umsatzsteuer auf ausstehende Entgelte für vom Insolvenzschuldner erbrachte Umsätze nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG aus Rechtsgründen zu berichtigen. II. 4. 1. 3. Forderungseinzug bei der Besteuerung nach vereinbarten und nach vereinnahmten Entgelten im Insolvenzeröffnungsverfahren [20] [17] Im Fall der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten kommt es im Anschluss an die Uneinbringlichkeit durch die Vereinnahmung des Entgeltes gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu einer zweiten Berichtigung. Dem steht nicht entgegen, dass die erste Berichtigung aufgrund Uneinbringlichkeit und die zweite Berichtigung aufgrund nachfolgender Vereinnahmung ggf. im selben Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum zusammentreffen (BFH, Urt. v. 24.10.2013 – V R 31/12, BFHE 243, 451, unter II.2.d). Beispiel 3: Von den berichtigten Umsätzen aus den vorherigen Beispielen vereinnahmt der schwache vorläufige Insolvenzverwalter 2.000 ¼. Durch die Vereinnahmung des Entgelts sind die darin enthaltenen Steuerbeträge für die Umsätze nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG insoweit ein zweites Mal zu berichtigen. Diese zweite Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erfolgt im Gegensatz zur ersten Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG im Unternehmensteil Insolvenzmasse und führt daher zu Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO. [21] Die vorstehenden Ausführungen gelten auch im Falle der vorläufigen Eigenverwaltung. [18] Dies gilt auch in Fällen der Vereinnahmung eines Entgelts, in denen das Entgelt bereits vor der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters aus tatsächlichen Gründen (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners) als uneinbringlich behandelt worden ist, und der darin enthaltene Steuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurde. Insoweit führt die aufgrund der Vereinnahmung erneut nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG durchzuführende Steuerberichtigung zur Entstehung von Masseverbindlichkeiten i. S. v. § 55 Abs. 4 InsO. [22] Wurde das Entgelt bereits vor dem Insolvenzeröffnungsverfahren aus tatsächlichen Gründen (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners) als uneinbringlich behandelt, und der darin enthaltene Steuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt, ist mit Vereinnahmung während des Insolvenzeröffnungsverfahrens erneut eine Berichtigung

345

1114

H. Grundzüge der Umsatzsteuer des Entgelts nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG durchzuführen. Die dabei entstehende Steuer führt zu einer Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 4 InsO.

1115 Ungeachtet der fehlenden Präzision bei der Verwendung der Fachbegriffe geben die Teilziffern 14 ff. lediglich das Konzept des BFH zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung beim soll-besteuerten Schuldner wieder. Präziser formuliert ist der bereits dargestellte Umsatzsteueranwendungserlass. Allerdings geht die Neufassung des BMF-Schreibens davon aus, dass die Grundsätze der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung auch für die vorläufige Eigenverwaltung gelten; hierzu liegt indes noch keine Rechtsprechung vor (ĺ Rz. 1184 ff.). Der ist-besteuerte Schuldner ist in Tz. 23 geregelt: 1116

[23] [19] Im Fall der Istversteuerung führt die Vereinnahmung der Entgelte durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren bzw. durch den Insolvenzschuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Entstehung von Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO (vgl. BFH, Urt. v. 29.1.2009 – V R 64/07, BStBl. II 2009, 682).

1117

II. 4. 1. 4. Vorsteuerrückforderungsansprüche nach § 17 UStG [24] [20] Der Vorsteuerberichtigungsanspruch aus nicht bezahlten Leistungsbezügen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG entsteht mit der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt. Der Gläubiger des Insolvenzschuldners kann nämlich seinen Entgeltanspruch zumindest für die Dauer des Eröffnungsverfahrens nicht mehr durchsetzen. Entsprechende Vorsteuerrückforderungsansprüche stellen Insolvenzforderungen dar. Der Vorsteuerabzug aus Leistungen, die der Insolvenzschuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren bezieht, ist ebenfalls aus rechtlichen Gründen uneinbringlich und entsprechend nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. Dies gilt sowohl bei der Besteuerung nach vereinbarten als auch nach vereinnahmten Entgelten. Da dieser Berichtigungsanspruch regelmäßig mit dem ursprünglichen Vorsteueranspruch im gleichen Voranmeldungszeitraum zusammenfällt, ergeben sich grundsätzlich keine Steueransprüche, die als Insolvenzforderungen geltend zu machen wären (vgl. analog zum Beispiel 2 in Rz. 18). In der vorläufigen Eigenverwaltung erfolgt ebenfalls eine Vorsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit, da bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht mehr durchsetzen kann (vgl. BFH, Urt. v. 20.7.2006 – V R 13/04, BStBl. II 2007, 25, Abschnitt 17.1. Abs. 5 Satz 2 UStAE).

1118 Die gegen den Schuldner per Stichtag der Anordnung der vorläufigen Verwaltung bestehenden Forderungen werden wegen der Insolvenz wirtschaftlich uneinbringlich. Der Schuldner muss die aus solchen Rechnungen gezogene Vorsteuer entsprechend berichtigen. Die hieraus resultierenden Forderungen der Finanzämter bleiben Insolvenzforderungen.

346

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

1119

Merke: Dies regelt die erste Vorsteuerberichtigung, die im Umsatzsteueranwendungserlass nicht erwähnt ist (dort nur Berichtigung der Umsatzsteuer).

Die Regelung behandelt ergänzend die während der vorläufigen Verwaltung 1120 entstandenen Vorsteuerabzüge. Die obige Regelung ist diesbezüglich der erste Schritt, zum zweiten Schritt siehe nun: [25] [21] Durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter veranlasste Zahlungen von Entgelten aus vor oder nach seiner Bestellung bezogenen Leistungen führen zu einer zweiten Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG. Auch dies kann im selben Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum zusammentreffen.

1121

Gleiches gilt bei Zahlungen des Schuldners im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren, wenn zuvor eine Vorsteuerberichtigung erfolgte. Die zweite Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG mindert den Steueranspruch und ist im Fall einer nachfolgenden Insolvenzeröffnung bei der Berechnung der sich für den Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum ergebenden Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

Dies regelt den Fall, dass der „schwache“ vorläufige Verwalter auf vor oder 1122 nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung begründete Verbindlichkeiten zahlt; ersteres dürfte im Wesentlichen nur im Zusammenhang mit Eigentumsvorbehaltsrechten von Lieferanten zulässig sein. Die Zahlung hat eine zweite Berichtigung der Vorsteuer zur Folge, die die Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO mindert. Ergänzend wird klargestellt, dass die Zwangsverrechnung innerhalb eines Voranmeldungszeitraums nach § 16 Abs. 2 UStG erhalten bleibt. 1123

Merke: Dies regelt die zweite Vorsteuerberichtigung, die im Umsatzsteueranwendungserlass nicht erwähnt ist (dort nur Berichtigung der Umsatzsteuer).

1124

II. 4. 1. 5. Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG [26] [22] Ist während der vorläufigen Insolvenzverwaltung des Insolvenzeröffnungsverfahrens eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG durchzuführen, fällt diese in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO, soweit die Änderung der Verhältnisse im Rahmen der Befugnisse des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters veranlasst wurde (z. B. Zustimmung zum Verkauf eines Grundstücks) oder durch den vorläufig eigenverwaltenden Schuldner veranlasst wurde.

Dies ist eine Klarstellung der etwas unpräzisen Formulierung in der BFH- 1125 Entscheidung vom 24.9.2014.592) Allerdings wird diese Regelung auch als zu weit gehend und nicht vor der Rechtsprechung gedeckt erachtet.593) ___________ 592) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, Tz. 46, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. 593) de Weerth, NZI 2015, 884, 885.

347

H. Grundzüge der Umsatzsteuer II. 4. 1. 6. Verwertung von Sicherungsgut

1126

[27] [23] Die Verwertung von Sicherungsgut begründet keine Umsatzsteuerverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO. Derartige Umsätze unterliegen weiterhin der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG. Durch die Fiktion in § 55 Abs. 4 InsO werden diese Umsätze nicht zu Umsätzen „innerhalb“ des Insolvenzverfahrens.

1127 Hiermit wird das sog. Reverse-Charge-Verfahren angesprochen, das jedoch nur bei einer Verwertung durch den Sicherungsnehmer (Absonderungsgläubiger) Anwendung findet. Erfolgt die Verwertung durch den Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, gelten die allgemeinen Grundsätze zur zweifachen Umsatzsteuerberichtigung. 1128 Die nachfolgenden Regelungen zu Ertragsteuern betreffen nur die bis zum 31.12.2020 beantragten Verfahren und den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO a. F., da in § 55 Abs. 4 InsO in der ab dem 1.1.2021 geltenden Fassung keine Ertragsteuern erwähnt werden. II. 4. 2. Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer

1129

[24] Werden durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters Ertragsteuern begründet, stellen diese nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO dar.

1130 In dieser Allgemeinheit ist die Formulierung unzureichend, da nicht auf die Begründung eines Geschäftsvorfalls abzustellen ist (Verpflichtungsgeschäft), sondern auf den Zahlungseingang (Verfügungsgeschäft).594) Dies führt zu folgender Unterscheidung: 1131 Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen (§§ 238 ff. HGB), und die auch nicht freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen, können für die Einkommensteuer als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Insoweit muss bei der Einkommensteuer der Zeitraum der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung isoliert betrachtet werden (durch spätere Aufteilung des Jahresergebnisses nach §§ 268 ff. AO). Nur wenn in diesem Zeitraum ein Einnahmen-Überschuss erzielt wurde, kann es zu einer Zahllast aus Einkommensteuer kommen, die unter § 55 Abs. 4 InsO a. F. fällt. Hier sind allerdings die allgemeinen Ausnahmen im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG zu beachten, die für einzelne Sachverhalte die Grundsätze des Betriebsvermögensvergleichs heranziehen (z. B. bei Aufdeckung stiller Reserven); diese Ausnahmen können hier nicht vertieft werden. 1132 Ist der Schuldner hingegen zur Gewinnermittlung nach dem Betriebsvermögensvergleich verpflichtet (§ 4 Abs. 1 EStG; „Bilanzierer“), fehlt dem Recht ___________ 594) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, Tz. 17, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506.

348

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

der Einkommensteuer eine dem § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG (erste Umsatzsteuerberichtigung) vergleichbare Regelung. Zwar sind auch bei der Einkommensteuer Wertberichtigungen bei Uneinbringlichkeit möglich, jedoch gibt es hier keine der BFH-Rechtsprechung zur Umsatzsteuer entsprechende Verpflichtung zur Wertberichtigung nur aufgrund eines Wechsels der Zuständigkeiten. Beim Bilanzierer dürften die o. g. Regelungen des BMFSchreibens vom 20.5.2015 daher nicht zu Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO a. F. führen,595) denn der Zahlungsfluss ist hier gleichgültig und die Begründung einer Bestandsveränderung als Verpflichtungsgeschäft ist dem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter verwehrt.596) Aus letzteren Gründen dürfte § 55 Abs. 4 InsO a. F. auch bei der Körper- 1133 schaftsteuer keinen (nennenswerten) Anwendungsbereich haben, da hier der Betriebsvermögensvergleich zwar nicht zwingend (vgl. §§ 7 Abs. 4 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 KStG), aber doch üblich ist; erst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zwingend zur Ermittlung der Bestandsveränderungen (§ 11 Abs. 7 KStG). Wurde bereits vorinsolvenzlich die Liquidation beschlossen, sind ebenfalls die Bestandsveränderungen maßgeblich (§ 11 Abs. 2 KStG); insoweit hat der BFH offengelassen, ob hinsichtlich der Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten zu Insolvenzforderungen nicht auch eine Zusammenfassung des vor- und des nachinsolvenzlichen Zeitraums erfolgen müsse,597) was zwar nicht die Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO a. F. betrifft, aber zu erheblichen Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO führen könnte. Für die Berechnung der Gewerbesteuer ist der nach dem Einkommensteuerge- 1134 setz oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn (§ 7 Satz 1 GewStG) unter Berücksichtigung von Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG maßgeblich. Insoweit setzt sich hier die Differenzierung zwischen Bilanzierung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung innerhalb des § 4 EStG fort. [25] Die Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters kann aktiv (z. B. Veräußerung von Anlagevermögen mit Aufdeckung stiller Reserven) oder durch konkludentes Handeln (z. B. Tun, Dulden, Unterlassen) erfolgen. Soweit der schwache vorläufige Insolvenzverwalter der Handlung des Insolvenzschuldners widersprochen hat oder von der Tätigkeit des Insolvenzschuldners keine Kenntnis haben konnte, entstehen keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO.

1135

Die Einschränkungen waren vormals598) im Allgemeinen Teil zu finden, im 1136 BMF-Schreiben vom 20.5.2015 aber nur noch unter der Gliederungsüberschrift für die Ertragsteuern. Dass Umsatzsteuer aus § 55 Abs. 4 InsO gleichwohl verhindert werden kann, indem der „schwache“ vorläufige Verwalter ___________ 595) 596) 597) 598)

BFH, Urt. v. 9.12.2014 – X R 12/12, ZIP 2015, 1035 = BStBl. II 2016, 852. BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – I R 81/12, BFH/NV 2014, 1593. BMF-Schreiben v. 17.1.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2012/0042691), Beilage zu ZIP 8/2013 (S. 24 ff.).

349

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

einer Handlung des Schuldners widerspricht, ergibt sich faktisch aus Tz. 33 des BMF-Schreibens vom 20.5.2015. In Bezug auf Ertragsteuern wird auf die o. g. Ausführungen verwiesen. [26] Im Fall des § 55 Abs. 4 InsO erfolgt die Zuordnung in Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten durch eine zeitliche Vorverlagerung der Wirkung des eröffneten Insolvenzverfahrens auf den Zeitpunkt der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters. In der Folge kann aber nur eine Verteilung des einheitlichen Jahresergebnisses erfolgen.

1137

1138 Diese Formulierung ist missverständlich. Keinesfalls erfolgt hier materiellrechtlich eine Vorverlagerung der Wirkungen der Verfahrenseröffnung auf die Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung. Es geht nur um die Frage, wie organisatorisch eine Zuordnung zu erfolgen hat. Bei der Körperschaftsteuer ist die Regelung überdies unzutreffend, da für den Teil nach Verfahrenseröffnung (einschl. der Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO a. F., soweit überhaupt anfallend) eine neue Steuernummer vergeben wird. Lediglich für die Einkommensteuer ist eine Aufteilung in Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen nach §§ 268 ff. AO erforderlich. II. 4. 2. Lohnsteuer

1139

[28] [27] Werden Löhne während des vorläufigen Insolvenzverfahrens Insolvenzeröffnungsverfahrens an die Arbeitnehmer ausgezahlt, stellt die hierbei entstandene Lohnsteuer mit Verfahrenseröffnung eine Masseverbindlichkeit dar. Dies gilt nicht für Insolvenzgeldzahlungen; diese unterliegen als steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 2 EStG nicht dem Lohnsteuerabzug.

1140 Relevant ist die Regelung sowohl für die alte wie für die neue Fassung des § 55 Abs. 4 InsO nur dann, wenn in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung oder während der vorläufigen Eigenverwaltung Löhne gezahlt werden. Dies kann der Fall sein, wenn die vorläufige (Eigen-)Verwaltung über den Insolvenzgeldzeitraum hinaus andauert oder die arbeitsvertraglichen Lohn- und Gehaltsansprüche nicht vom Insolvenzgeldanspruch abgedeckt werden. II. 4. 4. Kraftfahrzeugsteuer (gestrichen)

1141

[23 i. d. F. v. 17.1.2012] Das bloße (Weiter-) Halten eines bereits vor Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters auf den Insolvenzschuldner zugelassenen Fahrzeuges fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO. [24 i. d. F. v. 17.1.2012] Lässt der Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters ein Fahrzeug neu zu, fällt die entstehende Kraftfahrzeugsteuer in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO und stellt eine Masseverbindlichkeit dar, wenn das Fahrzeug zur späteren Insolvenzmasse gehört.

1142 Die im BMF-Schreiben vom 17.1.2012 enthaltene Formulierung wurde nicht in das BMF-Schreiben vom 20.5.2015 übernommen. Daher gilt die jetzt in § 55 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 InsO n. F. geregelte Anwendung auf die Kfz-Steuer auch im Bereich des § 55 Abs. 4 InsO a. F.

350

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens III. Verfahrensrechtliche Fragen

1143

III. 1. Steuererklärungspflichten [29] [28] § 55 Abs. 4 InsO ändert nicht den rechtlichen Status des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters oder des vorläufigen Sachwalters bzw. des Schuldners und lässt das Steuerrechtsverhältnis unberührt. [30] [29] Da weder der schwache vorläufige Insolvenzverwalter nicht noch der vorläufige Sachwalter Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 AO ist, hat er haben sie keine Steuererklärungspflichten für den Insolvenzschuldner zu erfüllen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens obliegen dem Steuerpflichtigen Schuldner die Steuererklärungspflichten auch für die Besteuerungsgrundlagen, für die § 55 Abs. 4 InsO gilt. [31] [30] § 55 Abs. 4 InsO verlagert lediglich den Zeitpunkt der Zuordnung von Steuerverbindlichkeiten in Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im vorläufigen Insolvenzverfahren auf den Zeitpunkt der Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren auf den Zeitpunkt der Bestellung des vorläufigen Sachwalters vor. III. 2. Entstehung der Masseverbindlichkeiten [32] [31] Erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die nach Maßgabe des § 55 Abs. 4 InsO in der vorläufigen Insolvenzverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren begründeten Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten.

Bis hierhin handelt es sich um allgemeine Formulierungen. Wie die Umsatz- 1144 steuer aus § 55 Abs. 4 InsO zu berechnen ist, ergibt sich aus folgenden Grundsätzen: III. 3. Zuordnung und Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer

1145

III. 3. 1. Berechnung und Verteilung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer [33] [32] Nach den Grundsätzen der BFH-Urteile vom 9.12.2010 – V R 22/10, a. a. O., und vom 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298, sind die mit Insolvenzeröffnung entstehenden selbständigen umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensteile „Insolvenzmasse“ und „vorinsolvenzrechtlicher Unternehmensteil“ bei allen Umsatzsteuersachverhalten im Insolvenzverfahren zu beachten. Bei der jeweiligen Steuerberechnung der einzelnen Unternehmensteile sind nur die Umsätze und die Vorsteuern der betreffenden Unternehmensteile zu berücksichtigen. Eine Vermischung der Besteuerungsgrundlagen der einzelnen Unternehmensteile untereinander ist nicht zulässig. Daher sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Steuerbeträge und die Vorsteuern aller Besteuerungszeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens, unabhängig davon, ob sich aus dem einzelnen Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum insgesamt eine Zahllast oder ein Guthaben ergibt, auf die einzelnen selbständigen umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensteile zu verteilen. Für Zwecke dieser Zuordnung gilt Folgendes: [34] [33] Die in den betreffenden Voranmeldungszeiträumen des vorläufigen Insolvenzverfahrens von oder mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Steuern aus Lieferungen und sonstigen Leis-

351

H. Grundzüge der Umsatzsteuer tungen i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO (vgl. Rz. 20, 22, und 26) sind um die mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Vorsteuerbeträge i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO (vgl. Rz. 25) zu mindern. Nur soweit sich aus der Summe der so ermittelten Ergebnisse aller Voranmeldungszeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens eine Zahllast ergibt, liegt eine Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO vor.

1146 Das BMF-Schreiben hält an der Formulierung des § 55 Abs. 4 InsO a. F. fest, Steuern könnten begründet werden, was beim ersten Lesen immer zu Verwechselungen mit der Begründung von Forderungen oder Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung führt. Steuern entstehen kraft Gesetzes, und es kommt im Rahmen des § 55 Abs. 4 InsO darauf an, wann nach allem Vorgesagten die Umsatz- oder Vorsteuer entsteht (§ 38 AO). Und das ist nach der Rechtsprechung des BFH im Hinblick auf alle Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, die vor Verfahrenseröffnung begründet wurden, der Zeitpunkt des Zahlungsflusses. 1147 Die Zwangsverrechnung nach § 16 Abs. 2 UStG innerhalb eines Voranmeldungszeitraums bleibt erhalten. Nunmehr steht auch fest, dass alle Ergebnisse sämtlicher Voranmeldungszeiträume der vorläufigen Verwaltung saldiert werden können; hierzu enthält das BMF-Schreiben ein Beispiel: Fortsetzung [34] [33] Beispiel: Nach den erforderlichen Berichtigungen gem. § 17 UStG (siehe insbes. Rz. 18 und 24) ergeben sich im vorläufigen Insolvenzverfahren für den Voranmeldungszeitraum 01 ein Erstattungsbetrag von 5.000 ¼ und für die Voranmeldungszeiträume 02 und 03 jeweils eine Zahllast von 10.000 ¼. Die Umsätze und Vorsteuern setzen sich wie folgt zusammen:

1148

UStVA 01

UStVA 02

UStVA 03

Umsatzsteuer auf Umsätze gem. § 55 Abs. 4 InsO

3.000 ¼

16.000 ¼

13.000 ¼

Vorsteuern gem. § 55 Abs. 4 InsO

8.000 ¼

6.000 ¼

3.000 ¼

–5.000 ¼

10.000 ¼

10.000 ¼

Summe

Da sich aus der Summe der so ermittelten Ergebnisse der Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens eine Zahllast ergibt (–5.000 ¼ + 10.000 ¼ + 10.000 ¼ = 15.000 ¼), liegen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO i. H. v. 15.000 ¼ vor.

1149 Nachdem die Beträge feststehen, wird nun der verfahrensrechtliche Teil geregelt: [35] [34] Die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Umsatzsteuerverbindlichkeiten (vgl. Rz. 34) sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die einzelnen (Vor-)Anmeldungszeiträume des Insolvenzeröffnungsverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter oder dem eigenverwaltenden Schuldner festzusetzen (vgl. BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, BStBl. II 2015, 506; Rz. 39 ff.). Einwendungen hiergegen können nach den

1150

352

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens allgemeinen Grundsätzen, insbesondere im Wege des Einspruchs nach § 347 AO, geltend gemacht werden. Beispiel: Im obigen Beispiel sind für den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum 01 ein Erstattungsbetrag, welcher sich aus den begründeten Steuern aus der Entgeltvereinnahmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO und den mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Vorsteuerbeträgen ergibt, i. H. v. 5.000 ¼ und für die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume 02 sowie 03 jeweils eine Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO i. H. v. 10.000 ¼ gegen den Insolvenzverwalter festzusetzten. Der Erstattungsbetrag für den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum 01 kann mit den Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO oder anderen Masseverbindlichkeiten verrechnet werden.

Die Regelungen sind eindeutig und betreffen das Festsetzungsverfahren durch 1151 das Finanzamt, fortgesetzt durch Tz. 38 ff. Doch zunächst erfolgt noch ein Hinweis an die Finanzverwaltung zur Geltendmachung von (restlichen) Insolvenzforderungen, fortgesetzt in Tz. 39: [36] [35] Nicht als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltend zu machende Umsatzsteuerverbindlichkeiten sind als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Dabei ist es zwar zulässig aber nicht erforderlich, zur Insolvenztabelle die einzelnen, ggf. vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch angemeldeten bzw. festgesetzten Umsatzsteuerforderungen aus den einzelnen Voranmeldungszeiträumen anzumelden. Ausreichend ist die Anmeldung der noch nicht getilgten Jahressteuer des Insolvenzeröffnungsjahrs für den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil. Die jahresbezogene Saldierung nach § 16 Abs. 2 UStG stellt keine Aufrechnung i. S. v. § 96 InsO dar und geht dieser somit vor (BFH, Urt. v. 25.7.2012 – VII R 44/10, BStBl. II 2013, 33).

1152

Nun findet sich die Verpflichtung des Schuldners, während der vorläufigen 1153 Verwaltung weiterhin Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben: [37] [36] Während des vorläufigen Insolvenzverfahrens Insolvenzeröffnungsverfahrens hat der Unternehmer für jeden Voranmeldungszeitraum eine Umsatzsteuervoranmeldung einzureichen, die sämtliche unselbständigen Besteuerungsgrundlagen enthält.

1154

Die bisherige Praxis verfährt hier sehr unterschiedlich. Zum Teil möchten die 1155 Finanzämter in dieser Phase gar keine Voranmeldungen, weil nach Verfahrenseröffnung ohnehin alles neu zu bewerten ist. In manchen Fällen nimmt der vorläufige Verwalter umgekehrt schon so viel Einfluss auf die Voranmeldungen, dass nach Verfahrenseröffnung die Voranmeldungen aus der vorläufigen Verwaltung als Null-Meldungen korrigiert und mit den alten Zahlen unter der Massesteuernummer neu abgegeben werden können. Ganz pragmatische Finanzämter erteilen auch schon in der „schwachen“ vorläufigen Verwaltung eine Masse-Steuernummer. Der BFH hat deutlich gemacht, dass ihn die Voranmeldungen nicht interessieren, die Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen habe über die Jahreserklärungen zu erfolgen.599) ___________ 599) BFH, Urt. v. 23.7.2020 – V R 26/19, ZRI 2021, 93.

353

H. Grundzüge der Umsatzsteuer III. 3. 2 Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Umsatzsteuer

1156

[38] [37] Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Umsatzsteuerverbindlichkeiten (vgl. Rz. 33 und 34) für die Voranmeldungszeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen und bekannt zu geben. Hierbei ist es unbeachtlich, wenn für denselben Voranmeldungszeitraum bereits vor der Insolvenzeröffnung ein Vorauszahlungsbescheid vorlag, der sich gem. § 168 Satz 1 AO auch aus einer Steueranmeldung ergeben kann, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (vgl. BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, BStBl. II 2015, 506). Eventuell erfolgte Zahlungen auf die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Umsatzsteuerverbindlichkeiten sind im Abrechnungsteil der Festsetzung anzurechnen. Für die Bekanntgabe der Festsetzungen gelten die allgemeinen Grundsätze zu § 122 AO und der Nrn. 4.3, 4.4, 6.1, 13.2 und 15.1 des AEAO zu § 251.

1157 Sofern also in der vorläufigen Verwaltung Umsatzsteuer abgeführt wurde, mindert dies nicht die Insolvenzforderungen, es ist auch nicht die Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO einschlägig, sondern die Zahlungen werden auf die nach Verfahrenseröffnung ermittelten Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO angerechnet. Das ist rechtlich eigentlich selbstverständlich, aber einige Finanzämter hatten anderes versucht. 1158 Nun geht es wieder um die (restlichen) Insolvenzforderungen aus dem Zeitraum der vorläufigen Verwaltung, nachdem die Masseverbindlichkeiten für eine separate Geltendmachung (s. o.) extrahiert wurden: [39] [38] Die bisher gegen den Insolvenzschuldner (vorinsolvenzrechtlicher Unternehmensteil) für die Zeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens festgesetzten Umsatzsteuern sind – korrespondierend zu den Festsetzungen gegen die Insolvenzmasse – in Form einer Steuerberechnung mit anschließender (ggf. berichtigter) Tabellenanmeldung zu ändern, soweit darin unselbständige Besteuerungsgrundlagen berücksichtigt sind, die wegen § 55 Abs. 4 InsO nach Insolvenzeröffnung als Masseverbindlichkeiten dem Unternehmensteil „Insolvenzmasse“ zuzurechnen sind.

1159

[40] [39] Der Insolvenzverwalter kann seiner Mitwirkungspflicht durch die schlichte Anzeige der unter § 55 Abs. 4 InsO fallenden Besteuerungsgrundlagen oder durch die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen entsprechen. Soweit der Insolvenzverwalter seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, sind die Besteuerungsgrundlagen zur Berechnung der Masseverbindlichkeiten sachgerecht zu schätzen.

1160 Dies dürfte für eine reibungslose Zusammenarbeit mit dem Finanzamt bedeuten, dass nach Verfahrenseröffnung zeitnah Umsatzsteuervoranmeldungen für die vorläufige (Eigen-)Verwaltung abgegeben werden. Einerseits Voranmeldungen unter der Masse-Steuernummer für dasjenige, was unter § 55 Abs. 4 InsO fallen soll, andererseits Voranmeldungen unter der Steuernummer des Schuldners für dasjenige, was unter § 38 InsO fallen soll; letztere sind als

354

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

berichtigte Voranmeldungen zu kennzeichnen, wenn in der vorläufigen (Eigen-)Verwaltung schon Voranmeldungen abgegeben worden waren. [41] [40] In der Umsatzsteuerjahreserklärung sind die die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO begründenden unselbständigen Besteuerungsgrundlagen mit den die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 und ggf. § 55 Abs. 2 InsO begründenden Besteuerungsgrundlagen in der (Teil-) Umsatzsteuerjahreserklärung des Unternehmensteiles Insolvenzmasse zu berücksichtigen.

1161

[42] Die Ausführungen der Rz. 38 bis 41 gelten analog auch für die Eigenverwaltung. Der eigenverwaltende Schuldner tritt an die Stelle des Insolvenzverwalters.

Dies ist folgerichtig und pragmatisch. Hinsichtlich der Formalitäten bleibt es 1162 aber dabei, das Rumpfwirtschaftsjahr für die Umsatzsteuererklärung mit Insolvenzeröffnung beginnen zu lassen. Die nachfolgenden Regelungen zu Ertragsteuern gelten nur im Bereich des 1163 § 55 Abs. 4 InsO a. F. (bis 31.12.2020 beantragte Insolvenzverfahren), da § 55 Abs. 4 InsO n. F. keine Anwendung auf Ertragsteuern findet. III. 4. Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei Ertragsteuern

1164

III. 4. 1. Bekanntgabe [41] Es gelten die allgemeinen Grundsätze zu § 122 AO und der Nrn. 4.3, 4.4, 6.1, 13.2 und 15.1 des AEAO zu § 251. Der vorläufige Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist nicht Bekanntgabeadressat für Verwaltungsakte. [42] Soweit bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Steuerfestsetzung (Steueranmeldung) der nach Verfahrenseröffnung nach § 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeiten geltenden Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenzschuldner erfolgt ist, wirkt diese gegenüber der Insolvenzmasse fort. Es ist keine erneute Bekanntgabe gegenüber dem Insolvenzverwalter vorzunehmen (zum Leistungsgebot vgl. Rz. 44 ff.). [43] Soweit noch keine Steuerfestsetzung der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeit geltenden Steuerverbindlichkeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzschuldner erfolgt ist, ist gegenüber dem Insolvenzverwalter die Steuer erstmalig festzusetzen.

Insoweit ist der Erlass eines Bescheids gegen den Insolvenzverwalter zuläs- 1165 sig.600) III. 4. 2. Leistungsgebot

1166

[44] Die Geltendmachung der noch nicht beglichenen Masseverbindlichkeiten bei Ertragsteuern erfolgt mittels Leistungsgebot (Ausnahme für Lohnsteuern siehe III. 4.3.). [45] Da § 55 Abs. 4 InsO für die tatbestandlichen Steuerverbindlichkeiten die Insolvenzmasse als „haftenden“ insolvenzrechtlichen Vermögensbereich bestimmt

___________ 600) BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506.

355

H. Grundzüge der Umsatzsteuer und gegenüber diesem Vermögensbereich noch kein Leistungsgebot erfolgt ist, ist insoweit an den Insolvenzverwalter ein Leistungsgebot mit der ursprünglichen Fälligkeit und unter Aufführung der bereits entstandenen Nebenleistungen zu erlassen.

1167 Da § 55 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 InsO a. F. explizit die Lohnsteuer erfasst, gelten die Regelungen unverändert fort: III. 4. 3. Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei der Lohnsteuer

1168

[43] [46] Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Lohnsteuerverbindlichkeiten (vgl. Rz. 28) für die Anmeldungszeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens Insolvenzeröffnungsverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen und bekannt zu geben. Hierbei ist es unbeachtlich, wenn für denselben Anmeldungszeitraum bereits vor der Insolvenzeröffnung eine Lohnsteuerfestsetzung vorlag, die sich gem. § 168 Satz 1 AO auch aus einer Steueranmeldung ergeben kann, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (vgl. BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, BStBl. II 2015, 506). Eventuell erfolgte Zahlungen auf die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Lohnsteuerverbindlichkeiten sind im Abrechnungsteil der Festsetzung anzurechnen. [44] [47] Die bisher gegen den Insolvenzschuldner für die Zeiträume des vorläufigen Insolvenzverfahrens Insolvenzeröffnungsverfahrens festgesetzten Lohnsteuern sind – korrespondierend zu den Festsetzungen gegen die Insolvenzmasse – in Form einer Steuerberechnung mit anschließender (ggf. berichtigter) Tabellenanmeldung zu ändern, soweit darin unselbständige Besteuerungsgrundlagen berücksichtigt sind, die wegen § 55 Abs. 4 InsO nach Insolvenzeröffnung als Masseverbindlichkeiten gelten. [45] [48] Der Insolvenzverwalter kann seiner Mitwirkungspflicht durch die schlichte Anzeige der unter § 55 Abs. 4 InsO fallenden Besteuerungsgrundlagen oder durch die Abgabe von Lohnsteueranmeldungen entsprechen. Soweit der Insolvenzverwalter seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, sind die Besteuerungsgrundlagen zur Berechnung der Masseverbindlichkeiten sachgerecht zu schätzen. [46] Die Ausführungen der Rz. 43 bis 45 gelten analog auch für die Eigenverwaltung. Der eigenverwaltende Schuldner tritt an die Stelle des Insolvenzverwalters.

1169 Die nachfolgenden Regelungen gelten für alle von § 55 Abs. 4 InsO a. F. oder § 55 Abs. 4 InsO n. F. erfassten Steuerarten. III. 5. Einwendungen gegen die Zuordnung als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO

1170

[49] Bei Streit über die Zuordnung anteiliger Beträge zur Insolvenzmasse kann der Insolvenzverwalter mit Verfahrenseröffnung die Rechte wahrnehmen, die dem Insolvenzschuldner zu diesem Zeitpunkt auch zugestanden hätten. Einwendungen gegen die Zuordnung können nach den allgemeinen Grundsätzen, insbesondere im Wege des Einspruchs gegen die Festsetzung bei der Umsatzsteuer sowie der Lohnsteuer und im Wege des Einspruchs gegen das Leistungsgebot bei den übrigen Ertragsteuern geltend gemacht werden.

356

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens [47] Einwendungen gegen die Zuordnung von Steueransprüchen als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO können nach den allgemeinen Grundsätzen, insbesondere im Wege des Einspruchs gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer sowie der Lohnsteuer, geltend gemacht werden. Der Insolvenzverwalter kann mit Verfahrenseröffnung die Rechte wahrnehmen, die dem Schuldner zu diesem Zeitpunkt auch zugestanden hätten. In Fällen der Eigenverwaltung nimmt der Schuldner die Rechte selbst wahr.

Eine Rechtsmittelfrist wird analog § 240 Satz 2 ZPO unterbrochen.601) Ein 1171 Fristablauf hinsichtlich vor Verfahrenseröffnung dem Schuldner zugestellter Bescheide ist allein durch Insolvenzeröffnung nicht zu befürchten. Selbstverständlich können auch während der vorläufigen Verwaltung Fristen ablaufen, aber dies zu überwachen hat nichts mit § 55 Abs. 4 InsO zu tun, sondern gehört zu den generellen Pflichten des vorläufigen Verwalters oder des vorläufig eigenverwaltenden Schuldners. Mit Bekanntgabe des Leistungsgebots beginnt im Übrigen eine neue Rechtsmittelfrist. Von Interesse ist ergänzend die Auffassung, die nach § 55 Abs. 4 InsO als 1172 Masseverbindlichkeiten zu qualifizierenden Steuerverbindlichkeiten seien nicht durch eine Rechtshandlung des vorläufigen Verwalters begründet, folglich als oktroyierte Verbindlichkeiten zu behandeln und somit einem Vollstreckungsverbot in den ersten sechs Monaten nach Verfahrenseröffnung (§ 90 Abs. 1 InsO) unterfallend.602) III. 6. Aufrechnung gegen Steuererstattungsansprüche

1173

[48] [50] Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Steuerforderungen und Steuererstattungen ohne Einschränkungen aufrechenbar, soweit die Aufrechnungsvoraussetzungen vorliegen. Der Umstand, dass bestimmte Steuerforderungen später (nach Insolvenzeröffnung) gem. § 55 Abs. 4 InsO zu Masseverbindlichkeiten werden, hindert die Aufrechnung nicht. [49] [51] Nach Verfahrenseröffnung noch bestehende Steuererstattungsansprüche aus dem Zeitraum des Eröffnungsverfahrens sind vorbehaltlich des BFH-Urteils vom 2.11.2010 – VII R 6/10 – BStBl. I 2011, 374 mit Insolvenzforderungen aufrechenbar. [50] [52] Sofern § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO einer Aufrechnung mit Insolvenzforderungen entgegensteht, kann gegen diese Guthaben mit Masseverbindlichkeiten (insbesondere mit Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 4 InsO) aufgerechnet werden. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gilt nicht für Massegläubiger, sondern nur für Insolvenzgläubiger.

Hinsichtlich der Aufrechnung von Guthaben aus dem Eröffnungsverfahren 1174 mit Verbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO ist der Aussagegehalt nicht ganz eindeutig, da Guthaben aus dem Eröffnungsverfahren ohnehin die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO mindern. Eine Aufrechnung von Gut___________ 601) BFH, Urt. v. 2.7.1997 – I R 11/97, ZIP 1997, 2160 = BStBl. II 1998, 428. 602) FG Niedersachsen, Urt. v. 7.8.2014 – 15 V 75/14, ZIP 2014, 2144.

357

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

haben aus dem Eröffnungsverfahren mit Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 1 InsO ist ohnehin möglich, hierauf geht auch Tz. 51 nochmals ein. 1175 Eine Aufrechnung von Guthaben aus dem Eröffnungsverfahren mit Insolvenzforderungen scheint das BMF-Schreiben nicht ernstlich für möglich zu halten, was sich bereits aus dem Verweis auf § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO und eine einschlägige BFH-Entscheidung ergibt. Zahlreiche Finanzgerichte halten indes eine solche Aufrechnung für zulässig.603) Etwas unübersichtlich ist eine Entscheidung des FG Münster vom 12.6.2019,604) da die Aufrechnung befürwortet wurde, aber gar keine Insolvenzforderungen bestanden zu haben scheinen. Auf der Sachverhaltsebene auch nicht hilfreicher ist die Rechtsmittelentscheidung des BFH vom 23.7.2020.605) Von Interesse ist allerdings, dass dann, wenn der Dezember in die vorläufige Verwaltung fällt, die in diesem Voranmeldungszeitraum notwendige Anrechnung einer vorinsolvenzlich gezahlten Sondervorauszahlung i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 2 UStDV (Dauerfristverlängerung) gerade nicht die Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO, sondern die Insolvenzforderungen mindern soll.606) Insgesamt dürfte ein Erstattungsanspruch aus dem Antragsverfahren wohl der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen zugänglich sein; denn § 55 Abs. 4 InsO ist lediglich eine Rangvorschrift für Verbindlichkeiten und hat nicht die Vorverlagerung der §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1 InsO für Forderungen zur Folge. 1176 Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist wegen § 210 InsO ergänzend zu beachten, dass Guthaben aus der Zeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mit Verbindlichkeiten aus § 55 Abs. 4 InsO aufgerechnet werden können, da es sich bei § 55 Abs. 4 InsO denklogisch immer um Alt-Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handelt. IV. Anfechtung

1177

[51] [53] Tatbestandlich ist § 55 Abs. 4 InsO im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Falle einer anfechtbar geleisteten Zahlung mangels bestehender Steuerverbindlichkeiten nicht erfüllt. Würde der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter nach der Insolvenzeröffnung die Anfechtung der Steuerzahlung erklären und das Finanzamt auf die Anfechtung hin zahlen, würde die ursprüngliche Steuerforderung nach § 144 Abs. 1 InsO unmittelbar, aber nunmehr als Masseforderung wieder aufleben. Das Finanzamt würde eine Zahlung leisten, die es sofort wieder zurückfordern könnte. Eine Zahlung auf den Anfechtungsanspruch kann daher wegen Rechtsmissbräuchlichkeit verweigert werden.

1178 Dies betrifft nochmals die in der vorläufigen Verwaltung bereits erfolgten Zahlungen auf Steuerverbindlichkeiten. Diese wären zwar im Grundsatz an___________ 603) FG Münster, Urt. v. 26.1.2017 – 5 K 3730/14 U, ZIP 2017, 831; FG Niedersachsen, Urt. v. 7.9.2017 – 11 K 10305/15, ZIP 2018, 740; FG Rheinland-Pfalz, Teilurt. v. 28.7.2022 – 6 K 2185/20, NZI 2022, 828. 604) FG Münster, Urt. v. 12.6.2019 – 5 K 166/19, ZIP 2019, 1490. 605) BFH, Urt. v. 23.7.2020 – V R 26/19, ZRI 2021, 93. 606) BFH, Beschl. v. 21.9.2021 – VII R 9/18, ZRI 2021, 1006.

358

IV. Entstehung der Umsatzsteuer (Aufteilung des insolventen Unternehmens

fechtbar i. S. d. §§ 129 ff. InsO. Durch die Anfechtung würde aber die Forderung des Finanzamts als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO wieder aufleben (§ 144 Abs. 1 InsO). Im Ergebnis also ein Null-Summenspiel. Zu beachten ist selbstverständlich, dass aufgrund anderer Teilziffern das in der vorläufigen Verwaltung Geleistete auf die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO anzurechnen ist, sodass derartige Zahlungen nicht „verloren gehen“. c) Besonderheiten bei Bestellung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters vor dem 1.1.2015 Das o. g. BMF-Schreiben vom 20.5.2015 enthält im Anschluss an die Teilzif- 1179 fer 53 folgende Bemerkung zum zeitlichen Anwendungsbereich: [ohne Teilziffer] Dieses Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 17.1.2012 – IV A 3 – S 0550/10/10020 – 05. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.607)

1180

Soweit das BMF-Schreiben auch die Folgen der Aufteilung des insolventen 1181 Unternehmens nach der Rechtsprechung des BFH regelt, fehlte zunächst eine rechtssichere Übergangsregelung. Wegen der Gefahr eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot wurde das BMF-Schreiben durch ein weiteres BMFSchreiben vom 18.11.2015608) um folgende (Überschrift und) Teilziffer ergänzt: V. Übergangsregelung hinsichtlich der Rechtswirkungen des BFH-Urteils vom 24.9.2014 – V R 48/13 – BStBl 2015 II S. 506

1182

[54] Die in diesem Schreiben entsprechend der Rechtsgrundsätzen des BFHUrteils vom 24.9.2014 – V R 48/13, BStBl. II 2015, 506 in Rz. 9 bis 23 getroffenen Regelungen sind erstmalig auf Besteuerungstatbestände in Steuerfällen anzuwenden, bei denen die Sicherungsmaßnahmen vom Insolvenzgericht nach dem 31.12.2014 angeordnet wurden. Wurden die Sicherungsmaßnahmen vor dem 1.1.2015 angeordnet, sind in diesen Fällen die Regelungen in Rz. 11 bis 19 des BMF-Schreibens vom 17.1.2012 – IV A 3 – S 0550/10/10020-05 – weiterhin anzuwenden.

Für Verfahren, in denen ab dem 1.1.2015 ein „schwacher“ vorläufiger Insol- 1183 venzverwalter bestellt wird, steht das BMF-Schreiben vom 20.5.2015 im Einklang mit dem durch BMF-Schreiben vom 18.5.2016609) geänderten Umsatzsteueranwendungserlass. Für Verfahren, in denen bis zum 31.12.2014 ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, gelten die „alten

___________ 607) BStBl. I 2015, 476 = ZIP 2015, 1093. 608) BMF-Schreiben v. 18.11.2015, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (DOK 2015/1037464), BStBl. I 2015, 886. 609) BMF-Schreiben v. 18.5.2016, III C 2 – S 7330/09/10001 :002, ZIP 2016, 1091 = BStBl. I 2016, 506.

359

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

Regelungen“ aus dem BMF-Schreiben vom 12.1.2012.610) Auf eine Darstellung sei wegen Zeitablaufs verzichtet.611) d) Besonderheiten bei Eigenverwaltung 1184 Ausweislich der Materialien zum Gesetzgebungsverfahren zum ESUG hatte der Bundesrat empfohlen, § 55 Abs. 4 InsO a. F. auch auf die Eigenverwaltung anzuwenden.612) Die Bundesregierung hatte dies in ihrer Gegenäußerung ausdrücklich abgelehnt.613) Folglich gilt § 55 Abs. 4 InsO a. F. nicht in der Eigenverwaltung,614) soweit das Insolvenzverfahren bis zum 31.12.2020 beantragt wurde (Art. 103m Satz 1 EGInsO). 1185 In den ab dem 1.1.2021 beantragten Insolvenzverfahren gilt § 55 Abs. 4 InsO n. F. jedoch auch in der Eigenverwaltung. Die Norm wird von § 5 Abs. 1 SanInsKG nicht erfasst.615) Dies ist im Hinblick auf die Umsatzsteuer nicht ohne Probleme. Denn der BFH hatte ja festgestellt, dass § 55 Abs. 4 InsO a. F. keinen Anwendungsbereich hat, wenn nicht durch das Konstrukt der zweifachen Umsatzsteuerberichtigung das Entstehen der Umsatzsteuer auf die Ebene des Verfügungsgeschäfts (Zahlungsvorgang) verschoben wird. Denn auf der Ebene des Verpflichtungsgeschäfts wird der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter nicht tätig. 1186 Eine zweifache Umsatzsteuerberichtigung dürfte in der vorläufigen Eigenverwaltung nach bisheriger Argumentation nicht in Betracht kommen.616) Der Schuldner ist unverändert verwaltungs- und verfügungsbefugt,617) er ist im Antragsverfahren noch nicht Amtswalter in eigenen Angelegenheiten.618) Er ist rechtlich noch in der Lage Forderungen einzuziehen619) und die Drittschuldner können auch schuldbefreiend an ihn leisten.620) Das BMF-Schreiben ___________ 610) BMF-Schreiben v. 17.1.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2012/0042691), Beilage zu ZIP 8/2013 (S. 24 ff.). 611) Siehe 2. Auflage, Rz. 1009 ff. 612) BR-Drucks. 127/11, S. 6 f. und S. 36 f. 613) BT-Drucks. 17/5712, S. 111 und S. 112 f. 614) BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, ZRI 2020, 477; BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, ZIP 2018, 2488. 615) Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz – SanInsKG) v. 27.3.2020 (COVInsAG) i. d. F. v. 31.10.2022 (BGBl. I 2022, 1966). 616) Kritisch auch Rickert/Tielmann/Trostheide, NZI 2022, 463. 617) Argument aus BFH, Urt. v. 9.12.2010 – V R 22/10, ZIP 2011, 782 = BStBl. II 2011, 996; BFH, Urt. v. 1.3.2016 – XI R 21/14, ZIP 2016, 1355 = BStBl. II 2016, 756. 618) BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16, Tz. 11, ZIP 2018, 2488, dazu EWiR 2019, 49 (Thole); BFH, Beschl. v. 7.5.2020 – V R 14/19, ZRI 2020, 477. 619) Argument aus BFH, Urt. v. 9.12.2010 – V R 22/10, ZIP 2011, 782 = BStBl. II 2011, 996. 620) Argument aus BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 48/13, ZIP 2014, 2451 = BStBl. II 2015, 506.

360

V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge)

vom 11.1.2022621) bejaht diese Frage dennoch, ohne dass bislang Rechtsprechung ersichtlich wäre. Die Regelungen aus dem BMF-Schreiben zur vorläufigen Eigenverwaltung haben noch keinen Eingang in den Umsatzsteueranwendungserlass gefunden, sodass offenbar auch bei der Verwaltung noch Rechtsunsicherheit besteht. V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge) 1. Übersicht Steuerermittlungsverfahren

Steuerfestsetzungsverfahren und Steuerfeststellungsverfahren

Steuererhebungs- und Steuerbeitreibungsverfahren bzw. Steuererstattungs- und Steuervergütungsverfahren

1187

Veranlagungsverfahren

(Abb. 47)

2. Steuerermittlungsverfahren Im Steuerermittlungsverfahren werden die steuerrelevanten Sachverhalte er- 1188 mittelt. Da das Steuerrecht zum öffentlichen Recht gehört, gilt im Grunde der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Gesetze sehen jedoch zahlreiche Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen vor. Hierzu gehört u. a. die Buchführungspflicht nach §§ 238 ff. HGB, die auch steuerlichen Zwecken dienen soll (§ 140 AO). Besteht keine Buchführungspflicht nach §§ 238 ff. HGB, besteht sie in den meisten Fällen doch nach § 141 AO. Solche Buchführungen haben Beweiskraft für das weitere Besteuerungsverfahren, soweit kein konkreter Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden (§ 158 AO). Soweit keine allgemeine Buchführungspflicht besteht, sind für die Umsatzsteuer die entsprechenden Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG zu beachten. Wird diese Mitwirkungspflicht verletzt, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 AO). Ebenfalls zu den Mitwirkungspflichten gehört die Abgabe von Steuererklärungen, im Bereich Umsatzsteuer ergänzt um Voranmeldungen. All diese Pflichten sind ab Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis i. S. d. § 80 Abs. 1 InsO vom („starken“ vorläufigen) Insolvenzverwalter zu erfüllen (§§ 155 Abs. 1 Satz 1 InsO, 34 AO), und zwar nach inzwischen wohl einhelliger Ansicht auch für frühere Zeiträume. 3. Steuerfestsetzungsverfahren Im Steuerfestsetzungs- bzw. feststellungsverfahren (§§ 155 ff. AO) wird anhand 1189 der ermittelten Sachverhalte die jeweilige Steuer festgesetzt. Dies ist im ___________ 621) BMF-Schreiben v. 11.1.2022 zur Neufassung des § 55 Abs. 4 InsO, IV A 3 – S 0550/21/10001 :001 (DOK 2022/0027292), BStBl. I 2022, 116 = ZRI 2022, 239.

361

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

Grundsatz Aufgabe des Finanzamts. Bei der Umsatzsteuer bestehen jedoch Besonderheiten, die im Zusammenhang mit den verschiedenen Arten von Steuerbescheiden stehen (Abb. 48): Endgültige Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und Steuerfestsetzung in einem einheitlichen Verfahren

Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung

Vorläufige Steuerfestsetzung (gedacht für objektive Aufklärungshindernisse, aber derzeit angewandt auf alle ESt.-Bescheide)

(Einfacher) Steuerbescheid (§§ 155, 157 AO)

Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§§ 164, 168 AO)

Vorläufiger Steuerbescheid (§ 165 AO)

Steuerbescheid mit uneingeschränkter Bestandskraft

Steuerbescheid mit eingeschränkter Bestandskraft

(Abb. 48)

1190 Wie bereits angedeutet, gilt im Bereich der Umsatzsteuer die Besonderheit, dass der Steuerpflichtige die Steuerbeträge selbst ermitteln und anmelden muss. Führt die Anmeldung zu einer Zahllast, steht die Steueranmeldung nach § 168 Satz 1 AO bereits mit Eingang beim Finanzamt einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Anmeldung hingegen zu einem Guthaben, gilt die Steueranmeldung erst dann als Steuerfestsetzung, wenn die Finanzbehörde zustimmt (§ 168 Satz 2 AO); dies kann auch konkludent durch Zahlung erfolgen. 1191 Eine förmliche Steuerfestsetzung (in Gestalt eines Bescheids) ergeht nur, wenn das Finanzamt die Steuer abweichend von der Steueranmeldung festsetzt oder schätzt. Hinsichtlich der Insolvenzforderungen sind Bescheide jedoch unzulässig, falls sich nicht ein Erstattungsanspruch ergibt.622) Ein Insolvenzverwalter muss als Inhaltsadressat eines die Insolvenzmasse betreffenden Steuerbescheids nicht ausdrücklich in dieser Eigenschaft bezeichnet werden; es ist ausreichend, wenn sich seine Funktion nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Bescheids aus der Sicht des Empfängers im Wege der Auslegung zweifelsfrei bestimmen lässt, wobei nicht nur die dem Bescheid ___________ 622) BFH, Urt. v. 5.4.2022 – IX R 27/18, ZVI 2022, 393.

362

V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge)

beigefügten Erklärungen, sondern darüber hinaus auch die dem Betroffenen bekannten Umstände heranzuziehen sind.623) 4. Veranlagungszeitraum a) Kalenderjahr Grundsätzlich ist Veranlagungsjahr das Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 1192 UStG). Daher muss zur Abgrenzung verschiedener Zeiträume (z. B. im Jahr der Insolvenzeröffnung) allerdings keine nachträgliche Aufteilung des Ergebnisses nach §§ 268 ff. AO erfolgen, sondern es können bereits im Veranlagungsverfahren Rumpfwirtschaftsjahre gebildet werden, die üblicherweise unter (zwei) verschiedenen Steuernummern verarbeitet werden. Da es freilich unsinnig wäre, für ein ganzes Jahr eine Voranmeldung abzugeben, ist das Vorgesagte von Bedeutung für die Umsatzsteuererklärung, die – mit oder ohne Verpflichtung zu Voranmeldungen – für jedes Kalenderjahr bzw. Rumpfwirtschaftsjahr abzugeben ist (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG). Frist bei Veranlagungszeiträumen ab dem Jahr 2017 ist grds. der 31. Juli des 1193 Folgejahres (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Allerdings gelten derzeit Sonderregelungen (Art. 97 § 36 Abs. 3 Nr. 3 EGAO). Die Fristen wurden gestaffelt verlängert für die Veranlagungsjahre 2020 (31.10.2021), 2021 (31.10.2022), 2022 (30.9.2023) und 2023 (31.8.2024). Bei Einschaltung eines Steuerberaters gilt eine Frist bis zum letzten Tag des Monats Februar des darauffolgenden Jahres (§ 149 Abs. 3 Nr. 4 AO). Allerdings gelten derzeit Sonderregelungen (Art. 97 § 36 Abs. 3 Nr. 1 EGAO). Die Fristen wurden gestaffelt verlängert für die Veranlagungsjahre 2020 (31.8.2022), 2021 (31.8.2023), 2022 (31.7.2024), 2023 (31.5.2025) und 2024 (30.4.2026). Bei Fristversäumung droht ein Verspätungszuschlag (§ 152 AO); es handelt sich hierbei um ein Druckmittel zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen. Die aus der Umsatzsteuererklärung resultierende Zahllast ist fällig einen Monat nach Eingang der Steuererklärung beim Finanzamt. Während im Zivilrecht gilt, dass ab Fälligkeit gezahlt werden muss, muss im Steuerrecht bis Fälligkeit gezahlt werden. Kommt es zu einer abweichenden Steuerfestsetzung durch das Finanzamt, ist die Zahllast fällig einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids. b) Voranmeldungen und Vorauszahlungen Aufgrund der sog. Allphasennettobesteuerung, die überhaupt erst (und das 1194 auch erst seit der Systemänderung im Jahr 1968 zur Vereinheitlichung europäischer Mehrwertsteuersysteme) einen Vorsteuerabzug auf den Zwischenstufen der Wertschöpfungskette ermöglicht, wird die Mehrwertsteuer – vereinfacht formuliert – ausschließlich vom Endkunden (meist vom nicht vorsteuerabzugsberechtigten Verbraucher) „bezahlt“. Auf den Zwischenstufen ___________ 623) BFH, Urt. v. 11.4.2018 – X R 39/16, ZIP 2018, 1833.

363

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

dient der Steuerpflichtige (die Unternehmen) somit nur als Steuereintreiber für den Fiskus. Dies wird schon außerhalb des Insolvenzrechts oftmals kritisiert, erklärt aber auch das etwas schwierige Verhältnis zwischen Insolvenzund Steuerrecht; denn wenn der Steuerpflichtige nur Treuhänder für den Fiskus ist, könnte ja an allen vom Insolvenzverwalter vereinnahmten Steuerbeträgen ein Aussonderungsrecht des Fiskus bestehen. Dem ist zwar anerkanntermaßen nicht so,624) erklärt aber den holprigen Zugang von Steuerrechtlern zum Insolvenzrecht mit den dortigen Verteilungsvorschriften. An dieser Stelle ist nur von Bedeutung, dass der Fiskus natürlich nicht bis zum Jahresende auf das Ergebnis der Steuerbeitreibung durch den Steuerpflichtigen warten möchte. Daher sind unterjährig Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. 1195 Die Voranmeldungszeiträume sind in § 18 Abs. 2 und Abs. 2a UStG wie folgt bestimmt (Abb. 49): Tatbestand

Zeitraum

Erläuterung

Kalendervierteljahr (Quartal)

verpflichtend

Erste zwei Geschäftsjahre

Monat

verpflichtend

Steuerzahllast im Vorjahr > ¼ 7.500

Monat

verpflichtend

Steuerzahllast im Vorjahr < ¼ 1.000

Befreiung

Grundsatz

Steuerguthaben im Vorjahr > ¼ 7.500

Monat

auf Antrag freiwillig mit Bindung für den Rest des Kalenderjahres

(Abb. 49)

1196 Die Umsatzsteuervoranmeldung muss bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums beim Finanzamt eingegangen sein (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Auch die Umsatzsteuervorauszahlung muss bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums beim Finanzamt eingegangen sein (§ 18 Abs. 1 Satz 4 UStG). 1197 Grundsätzlich existiert die Möglichkeit der Dauerfristverlängerung um jeweils einen Monat (§ 46 UStDV) für Voranmeldung und Zahlung. Erforderlich ist neben einem Antrag hierfür die Entrichtung einer Sondervorauszahlung in Höhe von 1/11 der Vorauszahlungen für das Vorjahr (§ 47 Abs. 1 UStDV). Nicht alle Finanzämter gewähren die Dauerfristverlängerung im eröffneten Insolvenzverfahren, obwohl aufgrund des Umfangs einer Betriebsfortführung oftmals erforderlich. Bei der letzten Voranmeldung des Kalenderjahres (Dezember bzw. IV. Quartal) wird die Vorauszahlung in Abzug zugebracht (§ 48 Abs. 4 UStDV). Eine vorinsolvenzlich geleistete Son___________ 624) Zu abweichenden Auffassungen siehe Kahlert, ZIP 2015, 11, 15.

364

V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge)

dervorauszahlung mindert auch dann lediglich die Insolvenzforderungen (§ 38 InsO), wenn der letzte Voranmeldungszeitraum des Jahres in eine vorläufige Verwaltung fällt.625) 5. Festsetzungsverjährung Die Festsetzungsfrist beträgt für die Umsatzsteuer vier Jahre (§ 169 Abs. 2 1198 Nr. 2 AO). Fristbeginn ist der Ablauf des dritten Kalenderjahres (31. Dezember), in dem die Steuer entstanden ist, wenn keine Steueranmeldung erfolgte, mithin keine Umsatzsteuervoranmeldung oder -erklärung abgegeben wurde (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Beispiel: Die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2017 entstand am 31.12.2017. Die Festsetzungsfrist begann am 31.12.2020 und endet am 31.12.2024. Die Frist beginnt jedoch alternativ mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem eine 1199 Steueranmeldung erfolgte (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Beispiel: Die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2017 entstand am 31.12.2017. Im Jahr 2018 wurde eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2017 abgegeben. Die Festsetzungsfrist begann nun bereits am 31.12.2018 und endete am 31.12.2022. Die regelmäßigen Ausführungen in der Berichterstattung von Insolvenzver- 1200 waltern, der Schuldner sei mit Steuererklärungen im Rückstand, kann und sollte also auch Gestaltungspotential eröffnen. Folge der Festsetzungsverjährung ist das Erlöschen der Forderung des Finanzamts (§ 47 AO). Im Zivilrecht führt eine Verjährung nur dazu, dass die Forderung nicht mehr durchsetzbar (erzwingbar) ist, gleichwohl ist eine Aufrechnung möglich. Im Steuerrecht führt das Erlöschen hingegen dazu, dass die verjährte Forderung auch keiner Aufrechnung mehr zugänglich ist. Allerdings sind die Regelungen zur Hemmung der Verjährung in § 171 AO etwas großzügiger als im Zivilrecht. 6. Kleinunternehmerprivileg § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG

1201

Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.

___________ 625) BFH, Beschl. v. 21.9.2021 – VII R 9/18, ZRI 2021, 1006.

365

H. Grundzüge der Umsatzsteuer

1202 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht die Befugnis des Steuerpflichtigen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten (§ 19 Abs. 2 UStG), dem Insolvenzverwalter zu. Er übt dieses Recht für das gesamte Unternehmen des Schuldners aus, da es zwar verschiedene Unternehmensteile, aber rechtlich nur ein Unternehmen geben könne.626) Die Ausübung des Rechts kann auch konkludent durch Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgen. Beispiel: Der Insolvenzverwalter führt den Betrieb einer natürlichen Person über die Insolvenzeröffnung hinaus fort und gibt regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Hierdurch wird konkludent auf das Kleinunternehmerprivileg verzichtet. Der Schuldner macht sich jedoch mit unpfändbaren Mitteln, d. h. im insolvenzfreien Vermögen, in einem zweiten Bereich selbstständig. Für diese insolvenzfreie Tätigkeit kann sich der Schuldner nicht auf das Kleinunternehmerprivileg berufen, da dem die Entscheidung des Insolvenzverwalters entgegensteht. 7. Steuererhebungsverfahren 1203 Nun ist noch zu klären, wie die Finanzbehörde bzw. der Steuerpflichtige seine festgesetzten Ansprüche realisieren kann. Soweit das Finanzamt eine Forderung hat, wird vom Steuererhebungs- und Steuerbeitreibungsverfahren gesprochen; hat der Steuerpflichtige eine Forderung, so kommt das Steuererstattungs- und Steuervergütungsverfahren zur Anwendung. 1204 Für den Steuerpflichtigen bestehen bei einer Zahllast folgende Handlungsmöglichkeiten: Zahlung (§§ 224, 225 AO), Aufrechnung (§ 226 AO), Beantragung der Stundung (§ 222 AO), Beantragung der Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 AO i. V. m. § 69 FGO), Beantragung des Erlasses (§ 227 AO) und im Ausnahmefall die Berufung auf die Vollstreckungsverjährung (§ 228 AO) unter Berücksichtigung der Verjährungsunterbrechung (§ 231 AO). 1205 Für den Steuergläubiger – regelmäßig das Finanzamt als Vertreter des jeweiligen Bundeslandes – gilt unter Berücksichtigung des Insolvenzrechts folgendes: 1206 Insolvenzforderungen: Sind die Forderungen des Finanzamts als Insolvenzforderungen i. S. d. §§ 38, 39 InsO zu qualifizieren, ist nach Verfahrenseröffnung eine Vollstreckung (§§ 249 – 346 AO) in das Vermögen des Steuerpflichtigen unzulässig (§ 89 Abs. 1 InsO). Insoweit muss eine Anmeldung zur Insolvenztabelle erfolgen (§§ 87, 174 ff. InsO; § 251 Abs. 2 AO). Aufrechnungen stehen unter dem Vorbehalt des § 96 InsO, d. h. Insolvenzforderungen können nicht mit nach Insolvenzeröffnung entstandenen Steuergut___________ 626) BFH, Urt. v. 20.12.2012 – V R 23/11, ZInsO 2013, 449 = BStBl. II 2013, 334.

366

V. Besteuerungsverfahren (Grundzüge)

haben aufgerechnet werden. Vorinsolvenzliche Vollstreckungserfolge oder Aufrechnungen unterliegen ggf. der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO). Masseverbindlichkeiten: Sind die Forderungen des Finanzamts als sonstige 1207 Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO zu qualifizieren, kann grundsätzlich in das Vermögen des Schuldners (Masse) vollstreckt werden (§§ 249 – 346 AO). Auch kann mit Steuerguthaben, die nach Verfahrenseröffnung entstanden sind, aufgerechnet werden (§ 226 AO). Wurde Masseunzulänglichkeit angezeigt (§ 208 InsO), gilt jedoch gemäß § 210 InsO ein Vollstreckungs- und Aufrechnungsverbot (ĺ Rz. 1257). 8. Fakultative Verfahren Die vorgenannten Verfahren sind obligatorisch, d. h. sie werden immer und 1208 zwingend angewendet. Fakultativ, d. h. vom Einzelfall abhängig, sind das Rechtsbehelfsverfahren sowie das Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitsverfahren. Auf diese Verfahren wird jedoch nicht weiter eingegangen.

367

I. Auswertungen I. Gemeinsamkeiten zum Auswertungsaufbau Grundsätzlich handelt es sich bei jeder Auswertung um eine Summen- und 1209 Saldenliste (ĺ Rz. 510), die jedoch im Stil einer Einnahmen-AusgabenRechnung alle Geschäftsvorfälle erkennen lassen soll. Im Grunde stehen sich diese beiden Begriffe konträr gegenüber. Folglich bieten sich zwei Varianten an: Variante 1: Ausdruck einer Summen- und Saldenliste (verdichtet)627) zzgl. Ausdruck der Kontenblätter zu jedem angesprochenen Geld-, Sach- und Interimskonto. Dies entspricht einem handelsrechtlichen Buchhaltungsverständnis.

1210

Variante 2: Ausdruck einer Summen- und Saldenliste (unverdichtet)628), d. h. mit Ausweis aller Geschäftsvorfälle, sortiert nach angesprochenen Sachkonten. Streng genommen handelt es sich hierbei jedoch nicht mehr (nur) um eine Summen- und Saldenliste. Dies entspricht eher dem BGBVerständnis einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in Staffelform. Soweit ersichtlich, ist die Auswahl einer Druckvariante Schlussrechnung in 1211 allen insolvenzspezifischen Software-Produkten nichts anderes als eine Summen- und Saldenliste mit veränderter Überschrift. Manche Rechtspfleger ziehen die Prüfung des Rechnungswesens anhand ei- 1212 nes ergänzend einzureichenden Journals vor, um chronologisch die auf den Kontoauszügen abgebildeten Einzahlungen und Auszahlungen „abhaken“ zu können. Ein Journal liefert jedoch keinen gesonderten Erkenntniswert. Die o. g. Variante 1 beinhaltet die Vorlage der Kontenblätter auch zu den Geldkonten, die zu jedem Geschäftsvorfall das entsprechende Gegenkonto (Sachkonto) erkennen lassen. Auch die o. g. Variante 2 enthält (hinter den Sachkonten) einen Ausweis aller angesprochenen Geldkonten nebst Ausweis des jeweiligen Gegenkontos (Sachkonto). Allerdings tritt hier ein anderes Problem der Chronologie zu Tage. Nicht 1213 immer gelingt es, die Buchführung zeitgerecht zu erstellen. Soweit es mit der eingesetzten Software möglich ist, sollte darauf geachtet werden, dass bei der Erstellung der Auswertung nach Belegdatum, und nicht nach Buchungsdatum gefiltert wird, da die Auswertungen sonst nicht mehr chronologisch sind und einen etwas ungeordneten Eindruck hinterlassen. Die vertikale Gliederung ergibt sich aus den grundsätzlich angelegten Glie- 1214 derungsüberschriften der Summen- und Saldenliste und der Zuordnung eines jeden Sachkontos zu einer dieser Gliederungsüberschriften (ĺ Rz. 510). ___________ 627) Im Sprachgebrauch eines Software-Anbieters. 628) Im Sprachgebrauch eines Software-Anbieters.

369

I. Auswertungen

1215 Manche Softwareanbieter wählen für die horizontale Gliederung eine Darstellung, die bei jeder Auswertung mit einem Anfangssaldo beginnt, dann die Geschäftsvorfälle des aktuellen Auswertungszeitraums und schließlich die aktuellen Summen aller angesprochenen Sachkonten als Endsaldo ausweist (Abb. 50). Berichtszeitraum Anfangssaldo €

Einnahmen €

Ausgaben €

Endsaldo €

Einnahmen […]

100.000,00

30.000,00

130.000,00

Ausgaben […]

40.000,00

15.000,00

55.000,00

Geldkonten […]

60.000,00

75.000,00

(Abb. 50)

1216 Mit dieser Technik lassen sich verschiedene Auswertungen sinnvoll erzeugen. Z. B. für Zwischenberichte scheint dies die sinnvollste Möglichkeit auch für den Insolvenzverwalter bzw. Sachbearbeiter zu sein, da er sich bei einem solchen Ausdruck noch einmal intensiv mit den Geschäftsvorfällen des aktuellen Berichtszeitraums befassen kann, bevor der Zwischenbericht erstellt wird. Der Anfangssaldo der aktuellen Auswertung muss dabei selbstverständlich identisch sein mit dem Endsaldo der letzten zur Gerichtsakte gereichten Auswertung. 1217 In der praktischen Umsetzung bereitet die o. g. horizontale Gliederung allerdings Probleme, da die Software-Anbieter nicht verinnerlicht haben, dass Antrags- und eröffnetes Verfahren zu trennen sind, da die Rechnungslegung rechtlich gesehen (auch bei Personenidentität) von verschiedenen Amtsträgern erstellt wird. Daher enthält die Spalte „Anfangssaldo“ leider immer auch das Ergebnis der vorläufigen Verwaltung, sodass diese Spalte ab der zweiten Zwischenrechnung für das eröffnete Verfahren schon keinen Aussagegehalt mehr hat, da sie die Summe aus vorläufiger Verwaltung und vergangenem Berichtszeitraum des eröffneten Verfahrens kumuliert. Unbrauchbar ist daher auch die Spalte „Endsaldo“, da sie gleichfalls das Ergebnis der vorläufigen Verwaltung inkludiert. Schlussrechnung ist daher (bei den meisten Software-Produkten) nur die Spalte „Einnahmen“ und die Spalte „Ausgaben“. Werden dann von den Buchhaltern allzu viele Sachkonten im Soll und im Haben angesprochen, weil auf die sog. Generalumkehr629) verzichtet wurde, ist überhaupt kein brauchbarer Saldo ersichtlich, was eigentlich nicht Zweck einer Schlussrechnung ist. ___________ 629) Generalumkehr bedeutet, dass z. B. eine Soll-Buchung eben auch mit negativem Vorzeichen im Soll und nicht (mit positivem Betrag) im Haben storniert wird.

370

I. Gemeinsamkeiten zum Auswertungsaufbau

Auf diese Weise lassen sich auch andere zeitliche Zeiträume filtern, z. B. ka- 1218 lenderjährliche Auswertungen für steuerliche Zwecke u. a. Bei nicht insolvenzspezifisch ausgerichteten Programmen, z. B. DATEV, 1219 sind die zeitlichen Filteroptionen eingeschränkt, da sie auf handelsrechtliche Auswertungszeiträume ausgelegt sind. Hier werden z. T. Auswertungen vorgelegt, die erst in einen sinnvollen Aussagegehalt uminterpretiert werden müssen, was schon einem professionellen Schlussrechnungsprüfer viel Zeit abverlangt und vom Insolvenzgericht nicht erwartet werden kann. 1220

Merke: Bei Einsatz einer insolvenzspezifischen Software für die Erstellung der Verwalterbuchführung unter Nutzung eines insolvenzspezifischen Kontenrahmens verbleiben mithin bei jeder Auswertung nur zwei Fragen zu beantworten: 1. Welcher Zeitraum soll gefiltert werden? 2. Sollen die Geschäftsvorfälle des gefilterten Zeitraums sichtbar sein oder nur die Summe aller Ein- und Auszahlungen zu jedem Sachkonto ausgewiesen werden?

Aus der Kombination der Abb. 34 (ĺ Rz. 510) und Abb. 50 (ĺ Rz. 1215) 1221 ergibt sich nun folgende Idealgliederung jeder Auswertung (Abb. 51): Berichtszeitraum Anfangssaldo €

Einnahmen €

Ausgaben €

Endsaldo €

A. Einnahmen/Ausgaben I. Einnahmen 1. Abwicklung a) vor vorläufiger Verwaltung begründet b) in vorläufiger Verwaltung begründet c) nach Insolvenzeröffnung begründet d) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 2. Fortführung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet

371

I. Auswertungen Berichtszeitraum Anfangssaldo € 3. Drittrechte (Verwaltung Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 4. Drittrechte (Verwertung Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 5. Sondermassen II. Ausgaben 1. Abwicklung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 2. Fortführung a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 3. Drittrechte (Auskehrungen Verwaltung Absonderungsgut) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet

372

Einnahmen €

Ausgaben €

Endsaldo €

II. Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters Berichtszeitraum Anfangssaldo €

Einnahmen €

Ausgaben €

Endsaldo €

4. Drittrechte (Auskehrungen Verwertungen Absonderungsgut einschl. Abfindungen, soweit nicht fortführungsbedingt) a) in vorläufiger Verwaltung begründet b) nach Insolvenzeröffnung begründet c) nach Anzeige Masseunzulänglichkeit begründet 5. Sondermassen III. Saldo Einnahmen/Ausgaben B. Geld- und Interimskonten I. Masse II. Sondermassen III. Interimskonten IV. Summe Bestände

(Abb. 51)

Unter jeder Gliederungsüberschrift sind die entsprechenden Sachkonten 1222 (Einnahmen/Ausgaben) bzw. Geld- und Interimskonten (Bestände) aufzuführen. Alternativ sind Kontenblätter auszudrucken. II. Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters Aufgrund der Verweisung auf § 66 InsO in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO ist 1223 eindeutig, dass auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter Schlussrechnung zu legen hat. Da die Schlussrechnung aus der Rechnungslegung generiert wird, scheint denklogisch, dass auch der vorläufige Insolvenzverwalter zu einer ordnungsgemäßen laufenden Rechnungslegung verpflichtet ist. Adressat einer Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters kann im 1224 Rechtssinn nur das Insolvenzgericht sein, da vorläufiger und endgültiger Insolvenzverwalter juristisch zwei verschiedene Personen sind und es in der vorläufigen Verwaltung noch keine Gläubigerversammlung gibt. Kommt es jedoch zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist die Gläubigerversammlung Adressat der Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters (§§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 InsO). Idealerweise sollten sich die Gläubigerversammlung und das Insolvenzgericht vor bzw. im Berichtstermin mit der Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters auseinandersetzen. Nur dann erfüllt sie ihre eigentliche Bedeutung. In der Praxis befasst sich das Insolvenzgericht mit der Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwal-

373

I. Auswertungen

ters oft erst im Rahmen der Verfahrensbeendigung oder im Rahmen der Entscheidung über den Vergütungsantrag des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sofern die Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters weder im Berichtstermin noch in einer folgenden fakultativen Gläubigerversammlung zum Gegenstand der Erörterungen gemacht wurde, ist sie spätestens im Schlusstermin der Gläubigerversammlung vorzulegen. 1225 Im Hinblick auf den vorläufigen Gläubigerausschuss im Antragsverfahren ist zu trennen zwischen laufender Buchführung und Schlussrechnung für die vorläufige Verwaltung. Da mit dem Ende der vorläufigen Verwaltung auch das Amt der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses endet, kann ein vorläufiger Gläubigerausschuss weder Adressat einer Schlussrechnung noch zu deren Prüfung verpflichtet sein. Im Hinblick auf die laufende Buchführung gilt allerdings auch für den vorläufigen Gläubigerausschuss § 69 Satz 2 InsO, d. h. es sind regelmäßige „Kassenprüfungen“ erforderlich. Ergänzend sei auf die Ausführungen zur Prüfung der Schlussrechnung verwiesen (ĺ Rz. 1290 ff.). 1226 In jedem Fall – aber meist unberücksichtigt – ist der Schuldner Adressat einer solchen Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters (§§ 666, 259 BGB), insbesondere bei Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens.630) 1227 Ob die Diskussion um eine Standardisierte Schlussrechnung (ĺ Rz. 1239) auch auf die Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters erstreckt werden wird, bleibt abzuwarten. 1228 Besonderheiten in der vorläufigen Eigenverwaltung sind nicht zu erkennen (ĺ Rz. 37 ff.). Zwar ist den §§ 270a – 270e InsO kein Verweis auf § 281 Abs. 3 InsO oder §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 66 InsO zu entnehmen. Jedoch dient die Eigenverwaltung lediglich dazu, das Gestaltungspotential für die weitere Verfahrensabwicklung dem Schuldner zuzuweisen; sie bleibt jedoch ein Gesamtvollstreckungsverfahren im Interesse der Insolvenzgläubiger, also im Antragsverfahren ein Vorbereitungs- und Sicherungsverfahren unter gleichzeitigem Schutz vor Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung. Ein Verzicht auf Rechenschaftslegung stünde mit diesen Zielen im Widerspruch. Daher regeln die §§ 270b Abs. 1 Satz 1, 274 Abs. 2 Satz 2 InsO, dass der vorläufige Sachwalter den vorläufig eigenverwaltenden Schuldner nach entsprechendem Beschluss des Insolvenzgerichts bei der insolvenzrechtlichen Buchführung unterstützen kann. III. Zwischenrechnung im eröffneten Verfahren 1229 Die Gläubigerversammlung kann dem Insolvenzverwalter aufgeben, zu bestimmten Zeiten während des Verfahrens Zwischenrechnung zu legen (§ 66 Abs. 3 Satz 1 InsO). Außerdem ist die Gläubigerversammlung nach § 79 ___________ 630) Vgl. auch Rz. 26 ff. sowie Zimmer, ZInsO 2010, 2203. So nun auch OLG Oldenburg, Urt. v. 20.12.2012 – 1 U 70/12, ZIP 2013, 786.

374

IV. Schlussrechnung zum eröffneten Verfahren

Satz 1 InsO berechtigt, vom Insolvenzverwalter einzelne Auskünfte und einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung zu verlangen. Von diesen Rechten macht die Gläubigerversammlung i. d. R. keinen Gebrauch, da bereits das Gericht regelmäßige Zwischenberichte vom Insolvenzverwalter einfordert. Was als Anlage aus der Buchführung diesen Zwischenberichten beizufügen ist, ist nicht gesetzlich geregelt und variiert von Gericht zu Gericht. Dies scheint unbefriedigend, entspricht jedoch der Regelung, dass ein Rechtspfleger selbst entscheiden kann, wie er die ihm obliegende Aufsichtsplicht aus § 58 InsO ausfüllt. Auf die Beifügung eines fortgeschriebenen Masseverzeichnisses bei einigen Insolvenzgerichten sei ergänzend verwiesen (ĺ Rz. 239 ff.). Wird jedoch von der Gläubigerversammlung ausdrücklich Zwischenrech- 1230 nung i. S. d. § 66 Abs. 3 Satz 1 InsO gefordert, tritt eine regelmäßige Prüfungspflicht des Gerichts gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO ein, wie sie ansonsten erst mit der Schlussrechnung von Bedeutung ist. Allerdings muss dann auch regelmäßig eine Gläubigerversammlung einberufen werden, weil es sonst keinen Adressaten für diese Zwischenrechnung gibt. Besonderheiten in der Eigenverwaltung sind nicht zu erkennen (ĺ Rz. 37 ff.).

1231

IV. Schlussrechnung zum eröffneten Verfahren 1. Allgemeines Obgleich in der Praxis regelmäßig von einem Schlussbericht die Rede ist, 1232 dem eine Schlussrechnung beigefügt wird, sieht die rechtliche Vorgabe andersherum aus. Das Gesetz kennt nur die Schlussrechnung (§§ 66 Abs. 1, 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Da eine rein zahlenmäßige Darstellung der Ergebnisse des Insolvenzverfahrens unvollständig wäre, ist jedoch ein Schlussbericht genauso selbstverständlich wie das Gutachten des Sachverständigen im Eröffnungsverfahren oder der Bericht des Insolvenzverwalters zum Berichtstermin. Rechtlich handelt es sich beim Schlussbericht jedoch lediglich um eine Erläuterung des Zahlenwerks und um eine Darstellung dessen, was mit Zahlen nicht zum Ausdruck gebracht werden kann. Ferner fungiert der Schlussbericht einerseits als Bindeglied zwischen Schluss- 1233 rechnung, Schlussverzeichnis, Vergütungsantrag und Gerichtskostenberechnung, andererseits aber auch als Leistungsnachweis betreffend aller zu Verfahrensbeginn (im Eröffnungsgutachten bzw. Bericht zum Berichtstermin) behaupteter Vermögenswerte und Bearbeitungsnotwendigkeiten. Nach hier vertretener Ansicht sollte ein Schlussbericht so ausgestaltet sein, dass alle später auftretenden Fragen vornehmlich anhand des Schlussberichts beantwortet werden können, ohne (evtl. nach Jahren) nochmals die Akten einsehen zu müssen; insoweit sollte auf Verweise auf bereits erfolgte Darstellungen in den Zwischenberichten weitgehend verzichtet werden. Insge-

375

I. Auswertungen

samt muss der Schlussbericht die Qualität eines anwaltlichen Schriftsatzes haben. 1234 Es muss dargestellt werden: x

die Ausgangslage auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung unter sprachlich sauberer Abgrenzung zu eventuellen Maßnahmen im Antragsverfahren;

x

die Anforderungen an das eröffnete Verfahren: was war im Hinblick auf die Ausgangslage notwendigerweise zu tun?

x

die Darstellung der Maßnahmen und Ergebnisse im eröffneten Verfahren: was wurde tatsächlich getan und was wurde warum nicht getan?

x

die Abgrenzung zwischen problematischen und weniger problematischen Vorgängen anhand der Prozessregel: was war streitig, welche Auffassungen wurden von Verwalter und Gegenseite vertreten, wer hatte die Beweislast, welche Beweismittel wurden eingesetzt, wie lautete das Ergebnis, warum konnte das Fehlen eines Erfolgs nicht vorhergesehen werden?

x

bei problematischen Sachverhalten: wie und auf welchen Sachkonten spiegelt sich der Vorgang in der Buchführung wider?

1235 Was genau unter Schlussrechnung zu verstehen ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Es kann daher vollständig auf die Ausführungen zum Auswertungsaufbau verwiesen werden (ĺ Rz. 1209 ff.). 1236

Merke: Bei Einsatz einer insolvenzspezifischen Software für die Erstellung der Verwalterbuchführung unter Nutzung eines insolvenzspezifischen Kontenrahmens und bei sorgfältiger Zuordnung der einzelnen Konten zu den Gliederungspositionen einer insolvenzspezifischen Summen- und Saldenliste entsteht eine Schlussrechnung – ähnlich einer GuV – letztlich auf Knopfdruck.

1237 Fraglich ist, ob der Schlussrechnung auch eine Schlussbilanz i. S. e. fortgeschriebenen Vermögensübersicht beizufügen ist. Die Frage wurde bereits eingangs behandelt (ĺ Rz. 226 ff.). 1238 Besonderheiten in der Eigenverwaltung sind nicht zu erkennen (ĺ Rz. 37 ff.). 2. Standardisierte Schlussrechnung (ZEFIS) 1239 Der Standardisierte Kontenrahmen SKR-InsO wurde im Rahmen der Vorbereitung einer Standardisierten Schlussrechnung entwickelt, denn ohne einen einheitlichen Kontenrahmen wird sich auch eine einheitliche Darstellung der Schlussrechnung nicht sinnvoll bewerkstelligen lassen. Der Gedanke an eine Standardisierte Schlussrechnung darf jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass bislang alles völlig falsch gelaufen wäre. Durch den Standardi-

376

IV. Schlussrechnung zum eröffneten Verfahren

sierten Kontenrahmen wird es den Lesern der Verwalterbuchführung allerdings erheblich leichter gemacht, Verwalter miteinander zu vergleichen, weil sich die Unterschiede jetzt auf das Finanzergebnis bzw. Kennzahlen beziehen und nicht auf die Darstellungsmethode. 1240

Merke: Mit einem standardisierten Kontenrahmen, der über standardisierte Gliederungsüberschriften auch zu standardisierten Auswertungen führt, ist das Kernziel einer Verbesserung des Buchführungswesens vollständig erreicht.

Da jedoch die Idee einer Standardisierten Schlussrechnung zuerst existierte, 1241 bevor der Standardisierte Kontenrahmen als vorrangig erkannt wurde, wird – trotz genereller Zielerreichung – an dem Projekt einer Standardisierten Schlussrechnung voraussichtlich festgehalten werden. Die Idee der Standardisierten Schlussrechnung setzt sich zusammen aus einem fortgeschriebenen Masseverzeichnis (Teil 1, Abb. 52) und einer Cash-flow-Darstellung (Teil 2, Abb. 53), die sich insgesamt weniger an buchhalterischen Vorgaben orientiert als eher an Kennzahlenerhebungen. Insoweit ist der Begriff der Standardisierten Schlussrechnung inhaltlich unzutreffend, korrekt wäre die Bezeichnung als Standardisierte Kennzahlenerhebung. Dieses Werk soll nach ersten Überlegungen wie folgt aufgebaut sein:

1242

377

378

B.

A.

Technische Anlagen und Maschinen

Betriebs- und Geschäftsausstattung

Summen

2.

3.

I.

1.

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

Vorräte *

0

*

*

* 0

Wertpapiere des Anlagevermögens

Summen

3.

0

0

*

*

*

*

Ausleihungen an verbundene Unternehmen, Beteiligungen

2.

*

*

*

*

*

Anteile an verbundenen Unternehmen, Beteiligungen

1.

Finanzanlagen

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte

1.

*

0

0

Sachanlagen

*

*

Firmenwert

*

Summen

3.

* *

Software

2.

Vermögensübersicht des Insolvenzverwalters

Standardschlussrechnung Letzte verfügbare Aufstellung des Vermögens vor Insolvenzantrag

*

Konzessionen, Patente, Markenrechte

1.

Immaterielle Vermögensgegenstände

Umlaufvermögen

III.

II.

I.

Anlagevermögen

Verwertungsübersicht Einnahmen aus Verwertungshandlungen

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen auf Aus- und Absonderungsrechte

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

Freie Masse

I. Auswertungen

* 0

Kasse

Summen

3.

0

0

Einnahmen-Überschuss aus der Verwertungsübersicht

* = manuelle Eingabe erforderlich 0 = mit der Buchführung verknüpft bzw. hinterlegte Formel.

0

0

*

*

*

0

*

Sonderkonto

Sonstige Geschäftskonten

1.

2.

*

0

0

Summen

Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten

*

*

Sonstige Vermögensgegenstände

3.

*

*

Forderungen aus dem vorläufigen Verfahren

2.

*

*

Altforderungen aus Lieferungen und Leistungen

1.

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände

Rechnungsabgrenzungsposten

C.

III.

II.

0

0

Summen

* *

* *

Unfertige Erzeugnisse

Fertige Erzeugnisse und Waren

3.

Vermögensübersicht des Insolvenzverwalters

Standardschlussrechnung Letzte verfügbare Aufstellung des Vermögens vor Insolvenzantrag

2.

Verwertungsübersicht

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen auf Aus- und Absonderungsrechte

0

0

0

0

0

0

0

Einnahmen aus Verwertungshandlungen

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

Freie Masse

IV. Schlussrechnung zum eröffneten Verfahren

(Abb. 52)

379

I. Auswertungen € 1.



Einnahmenüberschuss aus der Verwertungsübersicht (Abb. 52)

0

2.

+

Einnahmen aus Betriebsfortführung

0

3.

+

Sonstige Einnahmen (i. Z. m. der Betriebsfortführung)

0

4.

./.

Ausgaben aus der Betriebsfortführung:

5.

0

a) Materialausgaben

0

b) Personalausgaben

0

c) Miete und Leasing

0

d) Beratungskosten

0

e) Sonstige Ausgaben

0

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss aus der Betriebsfortführung

0

6.

./.

Ausgaben für Insolvenzverwaltung

0

7.

./.

Ausgaben für sonstige Massekosten

0

8.

./.

Gerichtskosten

0

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss aus der Insolvenzverwaltung

0

9. 10.

+

Einnahmen aus Dauerschuldverhältnissen (Mieten, Pachten, Leasing nicht aus Betriebsfortführung)

0

11.

+

Einnahmen aus Zinsen auf Forderungen, Beteiligungen und Wertpapieren

0

12.

+

Einnahmen aus außerprozessual durchgesetzten insolvenzbedingten Ansprüchen (z. B. Anfechtungsansprüche)

0

13.

+/ –

Sonstiges

0

14.

./.

Kosten der Verwertung

0

15.

./.

Verbindlichkeiten aus vorläufiger Insolvenzverwaltung

0

16.

+

Vorsteuer aus vorläufiger Verwaltung

0

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss aus der Abwicklung

0

17. 18.

+

Einnahmen aus Prozessen zur Abwehr von Aus- und Absonderungsrechten, sowie Prozessen zur Haftungsinanspruchnahme gegenüber Organen der Gesellschaft, Anfechtungen u. a.

19.

./.

Ausgaben für die Prozesstätigkeit (gem. 18.)

0

20.

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss aus der Prozesstätigkeit

0

21.

Einnahmen-Ausgaben-Überschuss aus dem eröffneten Insolvenzverfahren (1. – 20.)

0

22.

Quotenzahlungen an die Insolvenzgläubiger und nachrangige Gläubiger

0

23.

Endbestand liquider Mittel lt. Schlussrechnung

0

24.

Endbestand liquider Mittel lt. Kontoauszug

*

25.

Überschuss der Solleinnahmen über die Sollausgaben

0

* = manuelle Eingabe erforderlich 0 = mit der Buchführung verknüpft (Abb. 53)

380

V. Fortgeführte Schlussrechnung

V. Fortgeführte Schlussrechnung Die Rechnungslegungspflicht des Insolvenzverwalters dauert bis zur Auf- 1243 lösung des Sonderkontos an. Geschäftsvorfälle nach Einreichung des Schlussberichts sind regelmäßig die Begleichung der Verfahrenskosten, die Berichtigung restlicher sonstiger Masseverbindlichkeiten, weitere Einnahmen aus Zinsen, Steuererstattungen, laufendem pfändbaren Einkommen bei natürlichen Personen sowie die Schlussverteilung u. a. Hinsichtlich des Aufbaus einer fortgeführten Schlussrechnung bestehen keine 1244 Besonderheiten, sodass auf die allgemeinen Grundsätze verwiesen werden kann. Da die Standardisierte Schlussrechnung auch derartige Geschäftsvorfälle er- 1245 fasst, insbesondere die Schlussverteilung, wird auch eine Standardisierte Schlussrechnung bis zur Kontoauflösung fortzuführen sein. Da sie kein buchhalterisches Produkt ist, sondern ein Instrument zur Kennzahlenerhebung, könnte auch vertreten werden, eine Standardisierte Schlussrechnung ohnehin erst (und einmalig) nach Verfahrensaufhebung zu erstellen.

381

J. (Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut I. Masseunzulänglichkeit – Einleitung Grundsätzlich werden in der Verwalterbuchführung – anders als in einer 1246 handelsrechtlichen Buchführung – keine Personenkonten (Debitoren = Drittschuldner, Kreditoren = Massegläubiger) verwendet. Manch SoftwareProgramm bietet dies jedoch an, was eine sinnvolle Entwicklung ist, um insolvenzrechtliche und handelsrechtliche Buchführung einander anzunähern. Nicht selten allerdings werden Eingangsrechnungen ohne vorherige buchhalterische Erfassung bezahlt. Es kann in einem Insolvenzverfahren jedoch vorkommen, dass Eingangsrechnungen betreffend sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO aus Liquiditätsgründen nicht mehr bezahlt werden können. Spätestens dann wird es erforderlich, die nicht beglichenen Rechnungen zu erfassen, um den Überblick zu behalten. Insolvenzrechtlich geregelt ist dies durch die sog. Masseunzulänglichkeit:

1247

§ 208 Abs. 1 und 2 InsO 1

(1) Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt […]. (2) 1Das Gericht hat die Anzeige der Masseunzulänglichkeit öffentlich bekannt zu machen. 2Den Massegläubigern ist sie besonders zuzustellen. § 209 InsO (1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1.

die Kosten des Insolvenzverfahrens;

2.

die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;

3.

die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten 1.

aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;

2.

aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;

3.

aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

383

J. (Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut § 211 Abs. 2 InsO Der Verwalter hat für seine Tätigkeit nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gesondert Rechnung zu legen.

1248 Ungeachtet zahlreicher Rechtsprobleme ergeben sich hieraus spezielle Anforderungen an das Rechnungswesen des Insolvenzverwalters. Zunächst ist – schon aus eigenem Vergütungsinteresse – eine ständige Aktualisierung der (voraussichtlichen) Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO erforderlich. Ob Vorschüsse auf die Verwaltervergütung beantragt werden (§ 9 InsVV), ist Geschäftspolitik des Insolvenzverwalters. Nicht selten übersehen werden eigene Vergütungsansprüche und solche der Mitglieder des Gläubigerausschusses, wenn sich eine solche Planung ausschließlich in den Gedanken des Insolvenzverwalters bzw. Sachbearbeiters abspielt. Verfahrenskosten sind – anders als noch nach der Konkursordnung – ohne Ausnahme vorrangig zu bedienen, sodass eine konkrete Planung angezeigt ist. Der Vorrang der Verfahrenskosten ergibt sich schon grundsätzlich aus § 53 InsO, im Fall der angezeigten Masseunzulänglichkeit ergänzend aus § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO – oder zumindest ihr Rechtsgedanke – gilt aber selbst dann, wenn keine Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde, insbesondere auch in Stundungsverfahren;631) die Stundung der Verfahrenskosten bedeutet also nicht zugleich die Deckung der Verfahrenskosten aus der Staatskasse, sodass in Stundungsverfahren keine sonstigen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO beglichen werden dürfen, solange nicht eine tatsächliche Deckung der Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO aus dem liquiden Massebestand möglich ist. 1249 Auch eine ständige Aktualisierung der sonstigen Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO ist erforderlich. Grundsätzlich wird im Rahmen der Haftung des Insolvenzverwalters (§§ 60, 61 InsO) eine stetige Liquiditätsplanung gefordert.632) Eine solche Planung findet meist außerhalb der Verwalterbuchführung statt, z. B. in handelsrechtlichen Planrechnungen oder händischen Kalkulationen. II. Führung einer Massetabelle 1250 Da die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Insolvenzverwalters grundsätzlich keine Rückstellungen kennt, kann eine Erfassung offener und prognostizierter Masseverbindlichkeiten nur in einer sog. Massetabelle erfolgen, die in allen einschlägigen Software-Programmen verfügbar ist, schon weil anhand einer solchen Massetabelle auch die Daten für die in § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO vorgesehene Zustellung generiert werden. Es bietet sich an, schon gleich zu Verfahrensbeginn die einschlägigen Masseverbindlichkeiten mit ihrem prog___________ 631) BGH, Beschl. v. 14.10.2010 – IX ZB 224/08, ZInsO 2010, 2188 (Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 InsO nicht abzuführen, wenn die Verfahrenskosten i. S. d. § 54 InsO nicht gedeckt sind). 632) BGH, Urt. v. 17.12.2004 – IX ZR 185/03, NZI 2005, 222.

384

II. Führung einer Massetabelle

nostizierten Wert – hilfsweise mit einem Erinnerungswert – in die Massetabelle einzugeben, denn derartige Masseverbindlichkeiten mussten für das Eröffnungsgutachten, erst recht aber für die Erstellung des Gläubigerverzeichnisses, ohnehin schon einmal überschlägig ermittelt werden. 1251

Merke: Bereits mit Erstellung des Gläubigerverzeichnisses i. S. d. § 152 InsO sollte mit der Erstellung der Massetabelle begonnen werden.

Die in § 209 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 InsO vorgesehene Abgrenzung zwischen 1252 Alt- und Neu-Masseverbindlichkeiten erfolgt nach demselben Prinzip wie die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten, d. h. es kommt auf den Zeitpunkt der Begründung der gegen die Masse gerichteten Forderung an. Eine Besonderheit besteht bei Masseverbindlichkeiten aus einem Insolvenzplan (ĺ Rz. 916 f.). 1253

Merke: Die Abgrenzung von Alt- und Neu-Masseverbindlichkeiten ist eine Rechtsfrage und sollte vom Buchhalter im Zweifel mit dem Insolvenzverwalter geklärt werden.

Eine Massetabelle muss demgemäß mindestens folgende Gliederung enthalten 1254 (Abb. 54): lfd. Nr.

Gläubiger mit Anschrift

Datum der Begründung der Forderung

Grund der Forderung

Forderung in €

Verfahrenskosten (§§ 209 Abs. 1 Nr. 1, 54 InsO) […]

[…]

[…]

[…]

[…]

Summe Neu-Masseverbindlichkeiten (§§ 209 Abs. 1 Nr. 2, 55 InsO) […]

[…]

[…]

[…]

[…]

Summe Alt-Masseverbindlichkeiten (§§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 55 InsO) […]

[…]

[…]

[…]

[…]

Summe Masseverbindlichkeiten aus einem Sozialplan (§ 123 Abs. 2 Satz 1 InsO) […]

[…]

[…]

[…]

[…]

Summe (Abb. 54)

385

J. (Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut

1255 Ist ein Insolvenzplan nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vorgesehen (§ 210a InsO), ergeben sich zahlreiche rechtliche Probleme.633) Soweit hier von Interesse, muss der vorgenannten Massetabelle noch eine Spalte für die Zuordnung zu Gruppen zwecks Stimmrechtseinteilung angefügt werden. III. Zahlungsverkehr 1256 Da die Abteilung Buchhaltung regelmäßig nicht erst nach dem Zahlungsvorgang von einem Geschäftsvorfall Kenntnis erlangt, sondern bereits der Zahlungsverkehr über die Buchhaltung abgewickelt wird, sollte der Buchhalter nach einer Zahlungsanweisung des Insolvenzverwalters vorsorglich selbst noch einmal prüfen, ob die zu begleichende Verbindlichkeiten als Alt- oder Neu-Masseverbindlichkeit hinterlegt ist (Vier-Augen-Prinzip), um die Verletzung der Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO und einen darauf beruhenden Schadenersatzanspruch übergangener Massegläubiger (§§ 60, 61 InsO) zu vermeiden. IV. Weitere Auswirkungen 1257 Es sollte ferner beachtet werden, dass Alt-Massegläubiger wegen ihrer Forderungen nicht in die Insolvenzmasse vollstrecken dürfen (§ 210 InsO). Gelegentliche Vollstreckungsankündigungen insbesondere der Finanzämter sind daher unbeachtlich bzw. sollten entsprechend beantwortet werden. Da den Alt-Massegläubigern eine Vollstreckungsmöglichkeit fehlt, können sie auch keine Zahlungsklage gegen den Insolvenzverwalter erheben; möglich ist grundsätzlich nur noch eine Feststellungsklage.634) Auch ein Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Masse ist nicht mehr möglich, einschlägig ist lediglich ein Kostenfeststellungsbeschluss.635) Eine Leistungsklage des Alt-Massegläubigers ist jedoch zulässig, sobald der Insolvenzverwalter Schlussrechnung gelegt und die Neu-Masseverbindlichkeiten bedient hat.636) Soweit Gläubiger berechtigt sind, selbst einen Titel zu schaffen (Finanzämter, Sozialversicherungsträger etc.) ist der Erlass eines Bescheides zulässig.637) Entsteht nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu Lasten eines Alt-Massegläubigers eine Forderung der Insolvenzmasse, darf insoweit keine Aufrechnung mit der AltMasseverbindlichkeit erfolgen;638) da die Aufrechnungen durch Finanzämter oft – ohne „böse“ Absicht – durch Umbuchungsmitteilungen erfolgen, besteht ___________ 633) Zimmer, ZInsO 2012, 390. 634) BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, ZIP 2003, 914; BAG, Urt. v. 11.12.2001 – 9 AZR 459/00, ZIP 2002, 628; BAG, Urt. v. 5.2.2009 – 6 AZR 110/08, ZIP 2009, 984. 635) OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 19.11.2018 – 18 W 196/18, ZIP 2019, 1591. 636) BGH, Urt. v. 14.12.2017 – IX ZR 118/17, ZVI 2018, 202. 637) BFH, Beschl. v. 29.8.2007 – IX R 58/06, ZIP 2007, 2083 (Kfz-Steuern); BSG, Urt. v. 28.5.2015 – B 12 R 16/13 R, ZInsO 2015, 2583 (Sozialversicherungsbeiträge); OVG Sachsen, Beschl. v. 19.10.2012 – 5 D 97/12, ZInsO 2013, 743 (kommunale Abgaben). 638) BFH, Urt. v. 4.3.2008 – VII R 10/06, ZIP 2008, 886 (Vorsteuererstattungsanspruch aus der Vergütung des Insolvenzverwalters).

386

V. Erneute und wiederholte Masseunzulänglichkeit

hier ein besonderes Augenmerk. Der Alt-Massegläubiger hat wegen seiner Alt-Masseverbindlichkeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit auch kein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf weiter geschuldete Leistungen.639) Während der Dauer der Masseunzulänglichkeit ist das Entstehen von Verzugszinsen und Säumniszuschlägen jedoch nicht gehemmt.640) Diese Verbindlichkeiten teilen allerdings den Rang der Hauptforderung, sind mithin ebenfalls Alt-Masseverbindlichkeiten. Bei Säumniszuschlägen ist nach § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO (Erlassverfahren) indes ein mindestens hälftiger Erlass zu prüfen.641) Hatte der Insolvenzverwalter vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit einen Geldbetrag zur Abwendung der Zwangsvollstreckung hinterlegt (Sicherheitsleistung), steht die nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils erfolgte Anzeige der Masseunzulänglichkeit einer Auszahlung an den Gläubiger durch die Hinterlegungsstelle allerdings nicht entgegen.642) Ein nicht unerhebliches Problem stellt es dar, dass die Anzeige der Masseun- 1258 zulänglichkeit nicht zu einer Hemmung der Verjährung führt, da § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB nur für Insolvenzforderungen gilt.643) Oft sind Alt-Masseverbindlichkeiten, wenn quotale Zahlung auf sie geleistet wird, bereits verjährt. Insoweit wird vertreten, dass sich der Insolvenzverwalter immer auf Verjährung berufen muss, da er sonst eine Pflichtverletzung nach § 60 InsO gegenüber den Insolvenzgläubigern begeht.644) Dem wird entgegengehalten, dass dies den Verteilungsregeln in §§ 53, 209 InsO widerspräche, die sich auf den gesamten Verfahrenszeitraum bezögen.645) Tatsächlich ist der Insolvenzverwalter berechtigt, mit dem Gläubiger ein Stillhalteabkommen hinsichtlich des Leistungsverweigerungsrechts des Insolvenzverwalters oder eine Stundung zu vereinbaren.646) Eine Besonderheit soll bei Ansprüchen aus einem Sozialplan i. S. d. § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten, da wegen der dortigen Drittelregelung eine Fälligkeit (und ein Verjährungsbeginn) quasi erst in der Sekunde der Schlussverteilung eintreten soll.647) V. Erneute und wiederholte Masseunzulänglichkeit Kommt es nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu der Situation, dass 1259 auch die Neu-Masseverbindlichkeiten unter Berücksichtigung der Verfah___________ 639) 640) 641) 642) 643) 644) 645) 646) 647)

BAG, Urt. v. 8.5.2014 – 6 AZR 246/12, ZIP 2014, 1498, dazu EWiR 2014, 655 (Zimmer). BFH, Urt. v. 17.9.2019 – VII R 31/18, ZRI 2020, 317. BFH, Urt. v. 17.9.2019 – VII R 31/18, ZRI 2020, 317. Beschl. v. 14.2.2018 – IV AR (VZ) 2/17, NZI 2018, 353; OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 3.1.2017 – 20 VA 3/16, ZIP 2017, 1825. BGH, Urt. v. 14.12.2017 – IX ZR 118/17, ZVI 2018, 202. Ausführlich Wenner/Jauch, ZIP 2009, 1894. Runkel, in: Festschrift Kübler, S. 595, 599 ff. BGH, Urt. v. 14.12.2017 – IX ZR 118/17, ZVI 2018, 202. LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2013 – 5 Sa 747/13, NZI 2014, 183; LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2013 – 5 Sa 823/13, ZInsO 2013, 2560. Zu der Problematik auch Pott, NZI 2015, 539.

387

J. (Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut

renskosten nicht mehr vollständig bedient werden können, tritt erneute Masseunzulänglichkeit ein.648) Dies hat jedoch auf alles Vorgesagte keine Auswirkung, denn eine erneute Anwendung von §§ 208 ff. InsO mit einer Wirkung für und gegen alle Beteiligten (inter omnes) zu einem einheitlichen Zeitpunkt ist nicht möglich.649) Allerdings kann dem einzelnen Neu-Massegläubiger die erneute Masseverbindlichkeit als Einrede (inter partes) entgegengehalten werden. Dies macht ein separates Schreiben für jeden Neu-Massegläubiger erforderlich, aufgrund dessen der Neu-Massegläubiger dann analog § 210 InsO wiederum nur auf Feststellung seines Zahlungsanspruchs klagen und nicht in die Masse vollstrecken kann.650) 1260 Kommt es hingegen zur Beseitigung der Masseunzulänglichkeit, sollte auch dies analog § 208 Abs. 2 Satz 1 InsO öffentlich bekannt gemacht werden. Abgesehen vom Problem einer zwischenzeitlichen Verjährung der AltMasseverbindlichkeiten sind diese nun (ebenfalls) zu begleichen. Mit der Beseitigung der Masseunzulänglichkeit entfallen auch alle Vollstreckungs- oder Aufrechnungsverbote aus § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO, § 96 Abs. 1 Nrn. 1 – 4 InsO und § 210 InsO.651) 1261 Tritt danach wiederum Masseunzulänglichkeit ein, wird von wiederholter Masseunzulänglichkeit gesprochen, die wieder die oben beschriebenen Folgen der §§ 208 ff. InsO hat. VI. Gesonderte Rechnungslegung 1262 Der Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gesondert Rechnung zu legen (§ 211 Abs. 2 InsO). Die separate Rechnungslegung wird bislang nur von wenigen Gerichten tatsächlich verlangt. Hintergrund der Regelung ist jedoch, dass die Gläubigerversammlung als Adressat der Schlussrechnung prüfen können soll, ob die Befriedigungsreihenfolge des § 209 InsO verletzt wurde. Aufgrund der Vorprüfungspflicht des Insolvenzgerichts gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO hat das Insolvenzgericht die getrennte Rechnungslegung für die Zeiträume vor und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit einzufordern. 1263 Diese Rechnungslegung ist jedoch nicht so einfach, da ein bloßes Filtern der Auswertung nach dem Datum der Masseunzulänglichkeit nicht ausreicht. Denn die separate Rechnungslegung bezieht sich gerade nicht darauf, wann eine Masseverbindlichkeit beglichen wurde, worauf sich aber die Auswertung anhand der Verbuchung von Kontoauszügen beschränkt, sondern auf das ___________ 648) Ausführlich Ganter, NZI 2019, 7. 649) BGH, Urt. v. 13.4.2006 – IX ZR 22/05, ZIP 2006, 1004. 650) BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, ZIP 2003, 914, dazu EWiR 2003, 651 (Tetzlaff); BAG, Urt. v. 4.6.2003 – 10 AZR 586/02, ZIP 2003, 1850, dazu EWiR 2004, 243 (G. Pape). 651) BFH, Urt. v. 17.9.2019 – VII R 31/18, ZRI 2020, 317.

388

IX. Massetabelle als Bestandteil des Schlussberichts

Datum der Begründung der Masseverbindlichkeit, die der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Insolvenzverwalters nicht zu entnehmen ist. 1264

Merke: Insoweit sind ab Anzeige der Masseunzulänglichkeit andere Sachkonten zu nutzen, was durch den Standardisierten Kontenrahmen mit entsprechenden Strukturziffern erheblich erleichtert wird. VII. Drohende Masseunzulänglichkeit Alles Vorgesagte gilt ebenso bei Anzeige drohender Masseunzulänglichkeit:

1265

§ 208 Abs. 1 Satz 2 InsO Gleiches gilt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

VIII. Massearmut Keine spezielle Regelung existiert für den Fall der sog. Massearmut. Den- 1266 noch empfiehlt sich auch für diesen Fall die Führung einer Massetabelle, um die eigene Planung einerseits und Transparenz für alle Beteiligten andererseits zu gewährleisten. Ansonsten regelt das Gesetz für den Bereich des Rechnungswesens lediglich: § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen.

Somit entsteht wiederum eine neue Rangfolge, denn nunmehr sind zunächst 1267 die Auslagen der Verfahrenskostengläubiger i. S. d. § 54 InsO (ggf. quotal) zu begleichen. Erst bei vollständiger Deckung können auch die Hauptforderungen dieser Gläubiger quotal bedient werden. Bereits geleistete Vorschüsse sind nur im Hinblick auf Gerichtskosten von Bedeutung. IX. Massetabelle als Bestandteil des Schlussberichts 1268

Merke: Bei einer beabsichtigten Einstellung des Verfahrens wegen Masseunzulänglichkeit oder Massearmut ist die Massetabelle der Schlussrechnung und dem Schlussverzeichnis zwingend beizufügen.

Im Fall der Massearmut folgt dies schon aus § 207 Abs. 2 InsO, da die Mas- 1269 segläubiger nun ausnahmsweise Teilnahmeberechtigte einer abschließenden Gläubigerversammlung sind, mithin anhand der Daten der Massetabelle geladen werden müssen. Im Fall der Masseunzulänglichkeit folgt dies aus §§ 211

389

J. (Massetabelle bei) Masseunzulänglichkeit und Massearmut

Abs. 3, 205 InsO, da mit Verfahrensabschluss ein Verzeichnis aller Gläubiger vorhanden sein muss, die von einer eventuellen Nachtragsverteilung profitieren können; nach inzwischen einhelliger Ansicht gilt die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung allerdings auch im Fall der Massearmut.652) X. Besonderheiten bei Eigenverwaltung § 285 InsO

1270

Masseunzulänglichkeit ist vom Sachwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen.

1271 Diese sprachlich nicht auf höchstem Niveau angesiedelte Formulierung des Gesetzgebers bringt zahlreiche Rechtsprobleme mit sich. Für die Verwalterbuchführung ist fraglich, wer die o. g. Massetabelle führen soll. Ferner stellt sich die Frage, ob der Sachwalter die Einhaltung der Befriedigungsreihenfolge des § 209 InsO durch den Schuldner überwachen muss. 1272 Wird die Massetabelle als Bestandteil der Rechnungslegung verstanden, ist sie wegen § 281 InsO vom Schuldner selbst zu erstellen. Gleiches folgt aus dem Umstand, dass der Sachwalter keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, er selbst also die Massegläubiger nicht den Tatbeständen des § 209 Abs. 1 InsO zuzuordnen hat. 1273 Mit einer analogen Anwendung des § 283 Abs. 2 InsO auf Masseverbindlichkeiten im Fall der Masseunzulänglichkeit ließe sich allerdings begründen, dass der Sachwalter die Einhaltung der Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO zu prüfen habe.

___________ 652) BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 40/13, ZIP 2013, 2320, hierzu EWiR 2014, 19 (Zimmer); Zimmer, KTS 2009, 199, 216.

390

K. Insolvenzplan I. Grundsätzliches Soll ein Insolvenzplan zur Sanierung des Rechtsträgers (Schuldners) führen, 1274 sind dem Insolvenzplan gemäß § 229 InsO eine Plan-Bilanz, eine Plan-GuV und eine Plan-Liquiditätsrechnung beizufügen. Die Gläubiger können die Planrechnung vor dem Abstimmungs- und Erörterungstermin von einem Sachverständigen überprüfen lassen. Diese Werke sind ausschließlich anhand der handelsrechtlichen Buchführung bzw. nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu erstellen. Inzwischen wird auch eine Diskussion über Grundsätze ordnungsgemäßer Planungsrechnungen (GoP) diskutiert.653) Die hier diskutierte Verwalterbuchführung ist insoweit für den Insolvenzplan ohne Bedeutung. Auch an der Erstellung der Verzeichnisse i. S. d. §§ 151 ff. InsO ändert sich nichts, da der Abstimmungs- und Erörterungstermin, in dem die Gläubiger über das Zustandekommen eines Insolvenzplans entscheiden, immer nach dem Berichtstermin stattzufinden hat; wenn die Termine – und der Prüfungstermin – zusammengelegt werden (§ 236 InsO), gilt eine entsprechende Reihenfolge der Tagesordnungspunkte. II. Dauer der Rechnungslegungspflicht – Schlussrechnung Fraglich ist insoweit jedoch, wie lange die Rechnungslegungspflicht des In- 1275 solvenzverwalters fortdauert. Zunächst dürfte schon aus der übergeordneten Regelung der §§ 666, 259 BGB (ĺ Rz. 26 ff.) selbstverständlich sein, dass die Pflicht zur Rechnungslegung bis zum letzten Geschäftsvorfall, d. h. bis zur Auflösung des Sonderkontos besteht, jedenfalls gegenüber dem Schuldner. Allerdings gibt es nach dem Abstimmungs- und Erörterungstermin i. S. d. 1276 § 235 InsO keine weitere Gläubigerversammlung mehr, sodass es keinen Adressaten für die Schlussrechnung i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 InsO gibt. Ohne diesen Adressaten entfiele auch die Vorprüfungspflicht des Insolvenzgerichts gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO. Daher ist umstritten, ob der Insolvenzverwalter überhaupt eine insolvenzrechtliche Schlussrechnung zu erstellen hat und ob eine Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts besteht. Wenn diese Frage bejaht wird, z. B. wegen § 58 InsO oder der Überprüfung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage, hat das Insolvenzgericht für die Prüfung relativ wenig Zeit. Denn nach dem Abstimmungs- und Erörterungstermin hat das Gericht alsbald die Prüfung der Planbestätigung vorzunehmen (§ 248 InsO), die Bestätigung ist bekannt zu machen (§ 252 InsO), nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 253 InsO) tritt Rechtskraft des Plans ein, die wiederum zur unverzüglichen Aufhebung des Insolvenzverfahrens führt (§ 258 InsO). ___________ 653) Gutmann, NZI 2022, 457.

391

K. Insolvenzplan

1277 Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7.12.2011654) wurde daher § 66 Abs. 1 InsO um einen Satz 2 erweitert, der durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vom 22.12.2020655) in einen neuen § 66 Abs. 4 InsO verschoben wurde: § 66 Abs. 4 InsO Der Insolvenzplan kann eine abweichende Regelung treffen.

1278 Aus der Gesetzesbegründung656) zu der Gesetzesänderung im Jahr 2011 geht hervor, dass der Gesetzgeber das o. g. Problem erkannt und die Lösung der Gläubigerautonomie zugewiesen hat, jedoch nicht vollständig: „Im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens stellt sich in der Praxis die Frage, ob bei Beendigung des Verfahrens nach § 258 InsO eine Schlussrechnung nach § 66 Abs. 1 InsO zu legen ist und diese vom Insolvenzgericht geprüft werden muss. Diese Frage ist in der Praxis umstritten. Die Schlussrechnungslegung und eine Schlussrechnungsprüfung können die Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens erheblich verzögern, obwohl materiell-rechtlich eine Beendigung des Insolvenzverfahrens bereits durch die Planbestätigung eingetreten ist. Dies kann im Einzelfall Sanierungschancen beeinträchtigen, da der Schuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen erst verzögert zurückerhält. Den Gläubigern soll durch die Neuregelung Gelegenheit gegeben werden, im Insolvenzplan eine Regelung über die Notwendigkeit einer Schlussrechnung zu treffen und ggf. auf diese nach § 66 InsO ebenso vollständig zu verzichten. Alternativ kann der Plan jedoch auch eine zeitliche Verschiebung der Art vorsehen, dass zwar eine Schlussrechnung zu legen ist, das Verfahren aber bereits vorher aufgehoben werden kann.“

1279 Gerade der Schlusssatz der Begründung bedeutet lediglich, dass das Insolvenzgericht die Schlussrechnung auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens prüfen kann. Aus der Gesetzesbegründung657) zu der Gesetzesänderung im Jahr 2020 geht allerdings hervor, dass der Verzicht nun vollständig der Gläubigerautonomie unterfallen soll: „Durch die Verschiebung von § 66 Absatz 1 Satz 2 in den neuen Absatz 4 wird geregelt, dass die Schlussrechnungslegung in Gänze zur Disposition der Gläubiger steht. Die Rechnungslegung erfolgt im Interesse der Gläubiger. Wenn diese im Plan auf eine Rechnungslegung verzichten, soll für die Verfahrensaufhebung auch keine gerichtliche Vorprüfung der Schlussrechnung erforderlich sein.“

1280 Die Gesetzesbegründung und ebenso die Gesetzessystematik suggerieren nun, dass die Gläubigerversammlung im Insolvenzplan vollständig auf eine Schlussrechnung verzichten können soll. Dem kann nicht gefolgt werden, da die Gläubigerversammlung nicht in die Befugnisse des Insolvenzgerichts eingreifen kann. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das Insolvenzgericht auch keine Schlussrechnung für die Prüfung der Berechnungsgrundlage für die Ver___________ 654) 655) 656) 657)

392

BGBl. I 2011, 2582. BGBl. I 2020, 3256. BT-Drucks. 17/5712, S. 26 f. BT-Drucks. 19/24181, S. 194.

III. Verwendung des liquiden Massebestandes des Insolvenzverwalters

gütung und die Gerichtskosten einfordern können darf, hätte er gegen die Rechtsprechung658) auch die Vergütung zur Disposition der Insolvenzgläubiger stellen müssen. Dass die Insolvenzgläubiger nicht die Vergütung bestimmen dürfen, wohl aber dem Insolvenzgericht die Arbeitsgrundlage entziehen können sollen, ist sinnfrei. Hier hilft auch kein Verweis auf die Schätzung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 InsO, da sich dasjenige, was bereits geschehen und nachweisbar ist, einer bloßen Schätzung entzieht. Im Übrigen verlangen diverse Zuschläge i. S. d. § 3 Abs. 1 InsVV eine Vergleichsrechnung, insbesondere der Zuschlag für Betriebsfortführung bis zur Verfahrensaufhebung; ohne ein Rechenwerk ist eine Vergleichsrechnung nicht möglich. 1281

Merke: Ob eine Schlussrechnung des Insolvenzverwalters gewünscht wird (zu wessen Händen?) und ob eine solche Schlussrechnung vom Insolvenzgericht zu prüfen ist (und wenn ja: wann?), kann und sollte detailliert im gestaltenden Teil des Insolvenzplans geregelt werden, wobei allerdings nicht das Recht des Insolvenzgerichts aus § 58 InsO tangiert wird,659) auch nicht das Recht zur Prüfung der vergütungsrechtlichen Berechnungsgrundlage. III. Verwendung des liquiden Massebestandes des Insolvenzverwalters

Ebenfalls in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans gehört selbstverständ- 1282 lich die Frage, ob der beim Insolvenzverwalter vorhandene Geldbestand nach Begleichung der Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 258 Abs. 2 InsO)660) an die Insolvenzgläubiger verteilt werden muss oder aber dem Schuldner zur Erfüllung des Plans herauszugeben ist. Für die zuerst genannte Konstellation dürften sich buchhalterisch keine Besonderheiten ergeben. Für Zahlungen an Insolvenzgläubiger stehen im SKR-InsO u. a. zur Verfügung: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 2060

7560

00

Ausschüttung Insolvenzforderungen § 38 InsO

A

Für eine Herausgabe eines Geldbestandes an den Schuldner hingegen sieht 1283 der Standardisierte Kontenrahmen SKR-InsO bislang nur das Konto SKR 03 InsO 2080

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7580

00

Überschussherausgabe gemäß § 199 InsO

A

___________ 658) BGH, Beschl. v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, ZIP 2017, 482. 659) AG Ludwigshafen, Beschl. v. 10.4.2015 – 3 f IN 27/14 Lu, ZIP 2015, 991. 660) Zum Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit siehe Zimmer, ZInsO 2012, 390.

393

K. Insolvenzplan

vor. Dies trifft nicht ganz den Sachverhalt einer Herausgabe an den Schuldner gemäß gestaltendem Teil des Insolvenzplans. Da es hinsichtlich der Lebenssachverhalte jedoch nur das eine oder das andere geben dürfte, kann das Konto entweder umbenannt werden, oder es wird an entsprechender Stelle ein neues Konto angelegt, z. B.: SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

2081

7581

00

Kontobezeichnung Herausgabe an Schuldner gemäß Insolvenzplan

A

1284 Wie bei allen neu anzulegenden oder zu ändernden Konten muss jedoch darauf geachtet werden, dass auch die Gliederungsposition für Auswertungen korrekt angelegt bzw. geändert wird. IV. Vereinbarte Tätigkeiten nach Verfahrensaufhebung 1285 Oftmals wird in Insolvenzplänen vereinbart, dass der (dann ehemalige) Insolvenzverwalter (oder Sachwalter) weiterhin bestimmte Forderungen realisieren soll. Da das Amt des Insolvenzverwalters jedoch mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet, müsste hierfür eine entsprechende Nachtragsverteilung angeordnet werden, die in manchen Fällen jedoch nicht ausreicht. Daher wird der (ehemalige) Insolvenzverwalter im Insolvenzplan gelegentlich zum Treuhänder bestellt. Hierbei handelt es sich dann um ein Treuhandverhältnis analog Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB), das mit dem Insolvenzverfahren nichts zu tun hat. Ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit im Einzelfall besteht eine Pflicht zur Rechnungslegung gemäß §§ 666, 259 BGB. Aus rein praktischen Gründen wird diese Rechnungslegung in der für das Insolvenzverfahren angelegten Software fortgesetzt, was keinen Bedenken begegnet. V. Planüberwachung 1286 Wird im gestaltenden Teil des Insolvenzplans die Planüberwachung durch den Insolvenzverwalter angeordnet (§ 260 InsO), dürfte es im Grunde nicht zu Zahlungsflüssen auf einem Sonderkonto des Insolvenzverwalters kommen, da eine Kassenführung weit mehr wäre als eine bloße Überwachung. Wird jedoch vereinbart, dass bestimmte Geschäftsvorfälle über ein Sonderkonto des (ehemaligen) Insolvenzverwalters abgewickelt werden sollen, gelten die generellen Ausführungen zum Auftragsrecht, d. h. es entsteht zumindest konkludent ein Treuhandverhältnis analog §§ 662 ff. BGB mit entsprechender Rechnungslegungspflicht nach §§ 666, 259 BGB, und zwar wiederum nur gegenüber dem Schuldner. Nichts anderes gilt, wenn hier nicht der vormalige Insolvenzverwalter oder Sachwalter kraft Amtes, sondern ein neuer privatautonomer Überwachungssachwalter eingesetzt werden soll.661) Der gestaltende ___________ 661) Vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2021 – IX ZR 57/20, ZInsO 2021, 1302.

394

VI. Kreditrahmen/Vorrangforderungen (§ 264 InsO)

Teil des Insolvenzplans muss auch insoweit regeln, wer wann Adressat einer Buchhaltungsauswertung sein soll. § 261 InsO, der eine Überwachung durch das Insolvenzgericht vorsieht, dürfte den Fall der Kassenführung nicht erfassen. Überdies ist § 261 InsO eine problematische Norm, die keinen sinnvollen Anwendungsbereich hat und in die Vertragsautonomie der Beteiligten eingreift (soweit man den Insolvenzplan als Vertrag verstehen kann). Insoweit stehen hier die insolvenzrechtliche Überwachung des Insolvenzplans nach §§ 260 ff. InsO, die mangels Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis kein insolvenzrechtliches Treuhandverhältnis mehr ist, und ein zivilrechtliches Treuhandverhältnis nach §§ 662 ff. BGB nebeneinander. Der Standardisierte Kontenrahmen SKR-InsO sah bis September 2012 für 1287 solche Geschäftsvorfälle die Strukturziffer 80 (Planüberwachung) vor. In der im September 2012 verabschiedeten Fassung des SKR-InsO wurde die Strukturziffer 80 neu definiert und für die Eigenverwaltung reserviert. Die Fassung des SKR-InsO ab Februar 2021 enthält die Strukturziffer 80 nun nicht mehr. Daher steht einer Verwendung dieser (freien) Strukturziffer nichts im Wege. Bei der individuellen Belegung von Strukturziffern ist allerdings darauf zu achten, dass auch die Gliederungsüberschriften für die Auswertungen entsprechend definiert werden. VI. Kreditrahmen/Vorrangforderungen (§ 264 InsO) Wird im Insolvenzplan gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO vereinbart, dass der 1288 Schuldner während der Überwachung des Insolvenzplans einen Kredit aufnehmen kann und die Rückzahlung Vorrang vor der Auszahlung an Insolvenzgläubiger hat, stellt der SKR-InsO für die Rückzahlung des Darlehens das Ausgabe-Konto SKR 03 InsO

SKR 04 InsO

Strukturziffer

Kontobezeichnung

2070

7570

00

Vorrang § 264 InsO

A

zur Verfügung. Ähnlich der Aufnahme und Rückführung eines Massekredits hängt es jedoch vom Sachverhalt ab, ob die Rückzahlung nicht lediglich Geldtransit ist. Ebenfalls gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO kann im Insolvenzplan vereinbart 1289 werden, dass sonstige Massegläubiger ihre Forderungen entgegen dem Grundsatz, dass die Masseverbindlichkeiten vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu begleichen sind (§ 258 Abs. 2 InsO), in die Zeit der Überwachung hinein stehenlassen können. Kommt es dann in der Überwachungsphase zu Zahlungen an die Massegläubiger, gelten die allgemeinen Grundsätze, d. h. es werden genau jene Hauptkonten verwendet, die auch bei Begleichung vor Verfahrensaufhebung angesprochen worden wären.

395

L. Prüfung des Rechnungswesens I. Internes Kontrollwesen – interner Nutzen 1. Allgemeine Erwägungen Ein internes Kontrollwesen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Notwendig- 1290 keit hierfür ergibt sich jedoch im Umkehrschluss aus der Haftung des Insolvenzverwalters i. S. d. §§ 60, 61 InsO, §§ 69, 34 AO. Auch für die Frage der Bestellung des Insolvenzverwalters wird gelegentlich ein Risiko-Management als Auswahlkriterium ins Spiel gebracht. Es dürfte vom Grundsatz her zumindest selbstverständlich sein, dass der Insolvenzverwalter den Erfolg seiner Insolvenzverwaltung regelmäßig anhand seines Zahlenwerks überprüft. Ebenso selbstverständlich dürfte sein, dass der Insolvenzverwalter Sorge dafür zu tragen hat, dass die Buchführung den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, d. h. es erfolgt insoweit eine Überwachung des eigenen Personals anhand der Buchhaltungsauswertungen. 1291

Merke: Der Insolvenzverwalter übernimmt für die Verwalterbuchführung dieselbe Verantwortung, die von der Geschäftsführung außerhalb des Insolvenzverfahrens für die handelsrechtliche Buchführung zu tragen ist. Für Ent-scheidungsprozesse zieht der Insolvenzverwalter die Verwalterbuchführung genauso heran, wie es der Unternehmensführung außerhalb eines Insolvenzverfahrens mit der handelsrechtlichen Buchführung obliegt.

Daher dürfte es auch für den Insolvenzverwalter sinnvoll sein, dass er vor 1292 Einreichung eines jeden Zwischen- bzw. Schlussberichts nebst EinnahmenAusgaben- bzw. Schlussrechnung höchstselbst prüft, x

ob sich die tatsächlichen Sachverhalte ordnungsgemäß in der Buchführung widerspiegeln,

x

ob umgekehrt die verbuchten Vorgänge auch tatsächlich so stattgefunden haben und

x

ob die Vorgänge so gebucht wurden, wie es der rechtlichen Einstufung bedarf (Trennung von Abwicklung und Fortführung, Trennung von freien Erlösen und Drittrechten, Berücksichtigung vergütungsrechtlicher Vorgaben, Notwendigkeit einer Sondermasse etc.).

Dann ergibt sich zwangsläufig,

1293

x

ob und mit welchem Erfolg die im Gutachten – oder allgemein im Berichtswesen – angekündigten Maßnahmen umgesetzt wurden, soweit sie mit Zahlungsflüssen verbunden sind, und

x

ob die Buchführung die Geschäftsführung des Insolvenzverwalters vollständig und transparent widerspiegelt.

397

L. Prüfung des Rechnungswesens

1294 Je intensiver sich der Insolvenzverwalter mit dem eigenen Rechnungswesen auseinandersetzt, desto deutlicher gilt der Grundsatz: x

Die Schlussrechnung kann auf Knopfdruck erstellt werden,

x

ist damit schon der halbe (Rechenschafts- bzw.) Schlussbericht

x

und auch schon der halbe Vergütungsantrag.

2. Eigenständige Revisionsabteilung 1295 Hat eine Verwalterkanzlei eine Größe erreicht, in der die Arbeitsteilung bereits zu eigenständigen Abteilungen mit nennenswerter personeller Besetzung geführt hat, wird sich regelmäßig bereits eine Schlussrechnungsabteilung finden. Je nach angestrebter Qualität ist diese bereits einer Revisionsabteilung gleichzustellen. Nach den gängigen Begrifflichkeiten zur Revision soll im Folgenden versucht werden, eine solche Revisionsabteilung zu beschreiben. 1296 Revision ist kein legaldefinierter Begriff, er findet in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens mit unterschiedlicher Bedeutung Anwendung. Der kleinste gemeinsame Nenner aller Definitionen ist der Prüfungsbegriff. Nachfolgend werden für einen grundsätzlichen Überblick wesentliche Elemente der internen Revision im betriebswirtschaftlichen Sinne662) einem insolvenzrechtlichen Anwendungsbereich gegenübergestellt. Betriebswirtschaftliche Grundlagen

Insolvenzrechtlicher Anwendungsbereich

Die Interne Revision (IR) unterstützt die Unternehmensleitung in ihren Kontrollund Steuerungsaufgaben durch die Durchführung einer unabhängigen internen Prüfung. Die IR ist direkt der Geschäftsleitung einer Organisation unterstellt und daher zumeist eine Stabsstelle.

Die interne Revision im Insolvenzverfahren (REV) unterstützt den Insolvenzverwalter in seinen Kontroll- und Steuerungsaufgaben durch die Durchführung einer unabhängigen Prüfung. Die REV ist dem Insolvenzverwalter als Stabsstelle unterstellt. Zu beachten ist, dass jedes Insolvenzverfahren eine eigenständige organisatorische Einheit und nicht nur ein einzelner Prozessablauf der Verwalterkanzlei ist. Deren Organe – soweit der Verwalter nicht hierzu gehört (angestellte Insolvenzverwalter) – sind ebenfalls Adressat der Prüfungsergebnisse, um eine Bündelung der verfahrensbezogenen Ergebnisse vornehmen und übergeordnete Prozessabläufe optimieren zu können.

___________ 662) Da es sich hier nur um einen Orientierungsmaßstab handelt, um eine insolvenzspezifische Revision zu entwerfen, wurden z. T. ungeprüft entsprechende Definitionen u. a. aus Wikipedia übernommen.

398

I. Internes Kontrollwesen – interner Nutzen Funktionen der IR

Funktionen der REV

Die IR soll folgende Primärfunktionen erfüllen:

Die REV soll folgende Primärfunktionen erfüllen:

Vertrauensfunktion: Die Geschäftsleitung bzw. Entscheidungsträger im Allgemeinen sollen sich darauf verlassen können, dass Prozesse ordnungsgemäß ablaufen, Gesetze und Verordnungen eingehalten werden usw.

Interne Vertrauensfunktion: Der Insolvenzverwalter und die Organe der Verwalterkanzlei sollen sich darauf verlassen können, dass Prozesse ordnungsgemäß ablaufen, Gesetze und Verordnungen eingehalten werden usw.

Präventivfunktion: Erhöhung des Entdeckungsrisikos für Personen, die dolose Handlungen ausführen (wollen).

Externe Vertrauensfunktion: Da es sich bei einem Insolvenzverfahren um ein gerichtliches Gesamtvollstreckungsverfahren handelt, das den Schutz des Art. 20 GG genießt, müssen sich neben dem Insolvenzverwalter auch die weiteren Beteiligten des Insolvenzverfahrens (Schuldner, Insolvenzgericht und Insolvenzgläubiger) darauf verlassen können, dass Prozesse ordnungsgemäß ablaufen, Gesetze und Verordnungen eingehalten werden usw.

Informationsfunktion: Förderung oder Schaffung von Transparenz der Arbeitsprozesse und Organisationseinheiten.

Eine interne Präventivfunktion ist nur beschränkt möglich. Handelt der in Einzelkanzlei tätige Insolvenzverwalter dolos, geht eine interne Präventivfunktion ins Leere. Insoweit bezieht sich diese Funktion entweder auf das Verhältnis der Berufsträger untereinander in einer Kanzlei oder auf das Verhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und den eingesetzten Sachbearbeitern einschl. sog. Schattenverwaltern. Gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Anforderungen an die Einrichtung einer IR ergeben sich in Deutschland z. B. aus § 91 Abs. 2 AktG, § 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG, § 64a Abs. 1 VAG. Die Aufgaben der IR werden darüber hinaus in den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herausgegebenen Mindestanforderungen an das Risiko-Management (MaRisk) für Banken bzw. den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) für Versicherungen genauer beschrieben.

Eine gesetzliche Grundlage für eine interne Revision einschl. Dokumentation der Ergebnisse existiert nicht. § 56 InsO befasst sich mit der Eignung des Insolvenzverwalters für den Einzelfall, nicht jedoch mit einer nachträglichen Prüfung der ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung. § 66 InsO bestimmt den Adressatenkreis einer Schlussrechnung, deren Erstellung sich aus §§ 675 Abs. 1, 666, 259 Abs. 1 BGB ergibt. Anders als das schriftliche Eröffnungsgutachten (§§ 4, 5 InsO, § 411 ZPO) oder der Zwischenbericht (§ 58 Abs. 1 InsO) ist weder für den Bericht im Berichtstermin (§ 156 InsO)

399

L. Prüfung des Rechnungswesens noch für einen Schlussbericht Schriftform vorgesehen. Eine Grundlage für eine Revision innerhalb des einzelnen Insolvenzverfahrens kann sich jedoch in Regelwerken von Berufsverbänden oder in einem eigenen Berufsrecht finden. Notwendigkeit der Revision

Notwendigkeit der Revision

Vor dem Hintergrund zunehmender Unternehmensfinanzierung durch breit gestreutes privates Kapital (Aktionäre, Gesellschafter, (Pensions-) Fonds)) und zunehmender Knappheit von Mitteln für öffentliche Aufgaben gewinnt der wirtschaftliche Ressourceneinsatz sowohl für private als auch für öffentliche Organisationen an Bedeutung. Die gezielte Überwachung der Abläufe und Strukturen einer Organisation mit Blick auf das sachgerechte Verfolgen ihrer – legitimen – Ziele ist im Interesse einer Vielzahl von Interessengruppen (Stakeholder – Kapitalgeber, Kunden, Mitarbeiter und Öffentlichkeit).

Vor dem Hintergrund einer intensiven Diskussion um die Auswahl und Befähigung von Insolvenzverwaltern, einer zunehmend kritischen Verfolgung der Ergebnisse der Insolvenzabwicklung, einer rückläufigen Befriedigungsquote für ungesicherte Insolvenzgläubiger, einer restriktiveren Rechtsprechung im Vergütungsrecht, einer intensiveren wissenschaftlichen Begleitung des Insolvenzrechts, einer nach wie vor erheblichen volkswirtschaftlichen Bedeutung des Insolvenzrechts (Marktausscheidung nicht erhaltensfähiger Unternehmen, Erhalt von Arbeitsplätzen) sowie dem zunehmenden Kostendruck innerhalb der Verwalterkanzleien gewinnt der Ressourceneinsatz auch im Bereich der Insolvenzabwicklung zunehmend an Bedeutung, wobei unter Ressourcen nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die fachlichen Ressourcen erfasst werden.

Aufgaben der Revision

Aufgaben der Revision

Der IR kommt die Aufgabe zu, Vorgänge auf Ordnungsmäßigkeit zu prüfen und Ineffektivität, Unregelmäßigkeiten (Buchungsfehler, Rechtsfolgefehler) oder Manipulationen (z. B. Veruntreuungen) aufzudecken. Sie bildet somit neben dem Controlling, dem vornehmlich die Aufgabe der Verarbeitung und Validierung von Steuerungsinformationen zukommt, einen wesentlichen Teil des übergeordneten Steuerungs- und Überwachungssystems einer Organisation.

Der REV innerhalb eines Insolvenzverfahrens kommt die Aufgabe zu, Vorgänge auf Ordnungsmäßigkeit zu prüfen und Ineffektivität, Unregelmäßigkeiten oder Manipulationen aufzudecken. Ein Controlling findet insoweit eher kanzleiintern als verfahrensintern statt, soweit nicht das Controlling im Rahmen einer Betriebsfortführung gemeint ist.

Neben der Prüfung der thematisierten Ordnungsmäßigkeit werden mittels Prüfung von Geschäftsprozessen, -programmen und -projekten auch die Umsetzung und Effizienz strategischer

Die Prüfung der thematisierten Ordnungsmäßigkeit orientiert sich an den insolvenzrechtlich oder allgemein vorgegebenen Geschäftsprozessen, d. h. an den allgemeinen und insolvenzspezifischen

400

I. Internes Kontrollwesen – interner Nutzen Initiativen hinterfragt. Der modernen IR kommt zudem als Change Agent die Aufgabe zu, Veränderungsprozesse im Unternehmen einzuleiten und zunehmend (neben den klassischen Prüfungsmandaten) auch Beratungsmandate für die einzelnen Fachabteilungen wahrzunehmen.

Pflichten des Insolvenzverwalters. Als Change Agent wird die REV insoweit tätig, als aus dem Prüfungswesen notwendige Veränderungsprozesse für künftige Insolvenzverfahren bzw. für die Kanzlei des Verwalters abgeleitet werden können. Die REV nimmt ferner Beratungsmandate anderer Fachabteilungen wahr, um eine Interdependenz und Verzahnung der Prozesse aller Fachabteilungen zu unterstützen und zu fördern.

Prüfungsbegriff

Prüfungsbegriff

Unter Prüfung wird ein Soll-IstVergleich verstanden. Der Prüfer untersucht organisatorische Sachverhalte (z. B. einen Prozess, eine Vorgehensweise u. ä.) daraufhin, ob er mit den Vorgaben (Soll) übereinstimmt. Das Soll ist meist eine interne Regelung (Richtlinie, Handbuch, Arbeitsanweisung, Betriebsvorschrift etc.) oder ein Gesetz. Bei einer Differenz zwischen Ist und Soll (Fehler, Feststellung, Abweichung, Mangel) werden vom Prüfer Vorschläge für eine Verbesserung erwartet.

Unter Prüfung wird auch bei der REV ein Soll-Ist-Vergleich verstanden. Die REV untersucht organisatorische Sachverhalte daraufhin, ob sie mit den Vorgaben (Soll) übereinstimmen. Das Soll wird durch die Verzeichnisse gemäß §§ 151153 InsO bzw. ergänzende Angaben im Eröffnungsgutachten bzw. im gerichtlichen Berichtswesen im jeweiligen Insolvenzverfahren bestimmt. Bei einer Differenz zwischen Ist und Soll geht die REV über die IR hinaus, da Abweichungen bzw. Mängel in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter zugleich durch geeignete Maßnahmen beseitigt werden.

Die Prüfung hat primär einen beratenden Charakter, sinnvolle Vorschläge für die Verbesserung des Ist und ggf. des Soll (z. B. korrekte Auslegung von Gesetzesvorgaben etc.) können jedoch von großem Nutzen sein.

Die REV geht über den rein beratenden Charakter der IR hinaus, da der Prüfbericht zugleich in das Berichtswesen des Insolvenzverwalters, d. h. spätestens in den Schlussbericht integriert wird. Das auf das Verfahren bezogene Soll wird zuvor neu ermittelt (Schlüssigkeitsprüfung des Eröffnungsgutachtens), eine Verbesserung des Ist wird durch geeignete und erforderliche Maßnahmen (Nachholung von Unterlassenem bzw. Fehlerbeseitigung) vor Abfassung der für die Verfahrensbeteiligten bestimmten Berichterstattung umgesetzt. Ferner geht die REV insoweit über den beratenden Charakter der IR hinaus, als der Insolvenzverwalter bzw. Verfahrenssachbearbeiter bereits vor Erstellung eines jeden Zwischenberichts nach dem Maßnahmenkatalog der REV selbst eine interne Revision vornimmt oder eine solche veranlasst.

401

L. Prüfung des Rechnungswesens Revisionsfelder

Revisionsfelder

Einsatzfelder der internen Revision sind vielfältig und können wesentliche Informationen für die Außenbeziehung der Unternehmung liefern. Die klassische Unterteilung der Revisionstypen ist die folgende:

Die Einsatzfelder der REV sind vielfältig und liefern wesentliche Informationen für die Außenbeziehungen. Hierbei ist zwischen Außenbeziehungen in Bezug auf das konkret geprüfte Insolvenzverfahren und Außenbeziehungen der Kanzlei des Insolvenzverwalters zu differenzieren.

Financial Audits sind Prüfungen im Rechnungswesen einer Organisation (Buchführung) daraufhin, ob die Rechnungslegungsgrundsätze, z. B. nach HGB, IFRS oder Steuergesetzen, ordnungsgemäß eingehalten wurden. Die Organisation schützt sich damit gegen Fehler, die zu Problemen mit den Finanzbehörden oder der interessierten Öffentlichkeit führen könnten (Stakeholder, Shareholder). Im Vordergrund stehen hier der handels- und steuerrechtliche Jahresabschluss.

Das Financial Audit bezieht sich in erster Linie auf die interne Rechnungslegung des Insolvenzverwalters, d. h. die Verwalterbuchführung und – soweit Fortschreibung vorgegeben bzw. erwünscht – die insolvenzrechtlichen Verzeichnisse. Die Einhaltung der Steuergesetze wird im Vorfeld durch externe Prüfer/Steuerberater geprüft, die REV nimmt insoweit lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung sowie eine Prüfung abgerechneter Honorare vor; für die Einhaltung handelsrechtlicher Vorschriften gilt Entsprechendes. Der Insolvenzverwalter schützt sich damit gegen Fehler, die zu Problemen mit anderen Beteiligten des Insolvenzverfahrens führen könnten. Im Vordergrund der Tätigkeit der REV steht die insolvenzspezifische Einnahmen-/ Ausgaben-Rechnung unter Berücksichtigung der Vorgaben der InsVV sowie materiellen und formalen Insolvenzrechts.

Operational Audits sind prozessorientierte Prüfungen bestimmter Kernprozesse in einer Organisation. In einem Unternehmen sind dies z. B. Einkauf, Vertrieb, Personal. Ziel ist die Verbesserung der Prozesse durch Verringerung von Kosten oder der Verminderung von Risiken für dolose Handlungen (Wirtschaftskriminalität).

Bei Operational Audits ist zu differenzieren. Zum einen bezieht sich die Prüfung von Kernprozessen innerhalb eines Insolvenzverfahrens auf eine Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter, die einem laufenden Geschäftsbetrieb nahekommt. Insoweit findet eine IR innerhalb der Betriebsfortführung statt. Die REV beschränkt sich auf die restlichen Prozessabläufe des Insolvenzverfahrens.

Management Audits verfolgen speziell das Ziel, die Qualität der Geschäftsführung in den der obersten Leitung nachgeordneten Führungsebenen zu prüfen. Hierbei wird untersucht, inwieweit diese ihre definierten Ziele erreichen.

Management Audits sind innerhalb eines Insolvenzverfahrens problematisch, da zunächst die Frage zu beantworten ist, welche Aufgaben der Insolvenzabwicklung vom Insolvenzverwalter an Mitarbeiter delegiert werden können. Unproblematisch, d. h. allgemeinen Regeln folgend, ist ein Manage-

402

I. Internes Kontrollwesen – interner Nutzen ment Audit im Rahmen einer Betriebsfortführung, wenn die Ergebnisse bzw. Fähigkeiten des schuldnerischen Managements auf der Kompetenzebene unterhalb des Insolvenzverwalters zu betrachten sind. Problematischer – aber auch langfristig effizienter – sind Management Audits in Bezug auf eigene Mitarbeiter des Insolvenzverwalters (einschl. regelmäßig eingesetzter externer Fachkräfte). Compliance Audits sind die inhaltlichen Aufbereitungen der umwelt- und sicherheitsrechtlichen Anforderungen an das Unternehmen sowie Auditierung der Einhaltung.

Unter Compliance im insolvenzrechtlichen Sinne wird die Haftungsvermeidung zu verstehen sein, wobei zwischen der Haftung nach allgemeinen Vorschriften zur Unternehmensführung und der insolvenzspezifischen Haftung gemäß §§ 60, 61 InsO zu differenzieren ist.

Revisionsablauf

Revisionsablauf

Rahmenbedingungen für die Arbeit der IR sowohl bei Prüfungs- als auch Beratungsaufträgen sind in den Standards der Internen Revision (IIA Standards, IIAS) für zertifizierte oder den Fachverbänden angehörende interne Revisoren verbindlich geregelt. Für die reale Arbeit in der IR sind die Richtlinien nur eine Hilfe für die Ausrichtung, nicht aber für die praktische Durchführung. Ein Prüfungsprojekt läuft auf der Grundlage (nicht einheitlich) definierter Phasen ab. Genannt werden z. B.: Auftragsannahme, Prüfungsplanung (IIAS 2000), Vorerhebung (IIAS 2200), Sammlung und Auswertung von Informationen (Prüfung im engeren Sinne, IIAS 2100, 2300), aber auch Führung und Überwachung (IIAS 2110), Risikomanagement (IIAS 2120), Kontrollen (IIAS 2130), Berichterstellung und Berichtsabstimmung (IIAS 2400) und Nachschau (IIAS 2500) etc.

Der Revisionsablauf ist in Anlehnung an den IIAS, jedoch unter maßgeblicher Berücksichtigung kanzleiinterner Organisationsstrukturen, in einem Qualitätsmanagementsystem zu beschreiben und festzulegen.

Qualifikation der Prüfer

Qualifikation der Prüfer

Als Qualifikation werden gute Kenntnisse der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, des Controllings (im weitesten Sinn), der Wirkungsweise von Datenbanksystemen, eine überdurchschnittliche Sprachlogik (Modelldenken) und

Der Prüfer muss über gute Kenntnisse des Insolvenzrechts, der Rechnungslegung, des Vergütungsrechts und des Controllings (im weiteren Sinn) verfügen. Ferner bedarf es einer überdurchschnittlichen Sprachlogik (Modelldenken).

403

L. Prüfung des Rechnungswesens Kenntnisse der englischen Wirtschaftssprache verlangt. Ergänzend ist bei vielen Prüfungen auch die Beachtung der entsprechenden (steuer- und handels-) rechtlichen Vorschriften erforderlich. Revisionsprinzipien

Revisionsprinzipien

Wirtschaftlichkeit: Umfang und Häufigkeit der Revision sind nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit festzusetzen. Generell gilt: Die Revision muss sich als Task Force „bezahlt“ machen. Der Nutzen (Ertrag) durch Revisionsaktivitäten sollte deren Kosten übersteigen.

Eine REV findet grundsätzlich in jedem Insolvenzverfahren statt, wenn und weil das Ergebnis der REV in das Berichtswesen des Insolvenzverwalters integriert wird. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit wird dadurch gewahrt, dass die REV in einfach gelagerten Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter bzw. einen qualifizierten Verfahrenssachbearbeiter selbst wahrgenommen werden kann. Im Übrigen ist die REV eine eigene Stabsstelle bzw. Bestandteil einer Abteilung für Verfahrensabschlüsse und somit ebenfalls als Task Force zu verstehen, da sie dem Insolvenzverwalter bzw. Verfahrenssachbearbeiter in den nicht einfach gelagerten Insolvenzverfahren neben der Durchführung der Revision zugleich die Erstellung des Berichtswesens einschl. Schlussbericht abnimmt, was zu einer deutlichen Arbeitsentlastung des Insolvenzverwalters führt.

Wesentlichkeit: Revisionsbereiche und Kriterien für die Auswahl der zu untersuchenden Sachverhalte sind nach der Wesentlichkeit und Dringlichkeit für die Unternehmensführung zu bestimmen.

Das Prinzip der Wesentlichkeit gilt auch für die REV. Jedoch ist bei der Wesentlichkeit und Dringlichkeit auch der Erwartungshorizont weiterer Verfahrensbeteiligter (im Wesentlichen Insolvenzgericht und Insolvenzgläubiger) zu berücksichtigen.

Sorgfalt (Vollständigkeit, Objektivität, Urteilsfähigkeit, Urteilsfreiheit): Die IR ist einer strengen Sorgfalts- und Objektivitätspflicht unterzogen. Dies setzt auch eine Unabhängigkeit von Weisungsbefugnissen voraus.

Das Sorgfaltsprinzip gilt auch für die REV. Die Unabhängigkeit von Weisungsbefugnissen wird lediglich in Gestalt der vom Insolvenzverwalter selbst vorzunehmenden Darstellung problematischer Sachverhalte (im Schlussbericht) durchbrochen, nicht aber in den Prüfungsmethoden und Prüfungshandlungen. Soweit inhaltliche Differenzen zwischen REV und Insolvenzverwalter entstehen, ist ggf. ein separater Prüfbericht zu erwägen.

404

II. Prüfung durch das Insolvenzgericht

II. Prüfung durch das Insolvenzgericht Nach § 58 Abs. 1 InsO steht der Insolvenzverwalter unter der Aufsicht des 1297 Insolvenzgerichts. Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen. Außerdem hat das Insolvenzgericht die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters zu prüfen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 InsO). Meist verlangen die Insolvenzgerichte halbjährliche Zwischenberichte nebst 1298 Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Eine Prüfungspflicht i. S. d. § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO ist damit nicht verbunden, sie könnte sich allenfalls aus § 58 InsO ergeben; eine Prüfungspflicht nach § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO entsteht nur dann, wenn die Gläubigerversammlung dem Insolvenzverwalter gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 InsO Zwischenrechnungslegung aufgegeben hat. Funktionell zuständig für die Prüfung der Einnahmen-Ausgaben- bzw. 1299 Schlussrechnung ist der Rechtspfleger (§§ 3 Nr. 2e, 18 RPflG), falls sich der Richter am Insolvenzgericht diese Aufgabe nicht ausdrücklich vorbehalten hat (§ 18 Abs. 2 RPflG) – sog. Evokationsrecht. Dies gilt auch für das Rechnungswesen des vorläufigen Verwalters, soweit eine Prüfung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt.663) Eine Ausnahme besteht seit dem 1.1.2013 nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG im Insolvenzplanverfahren,664) dann ist auch für die Prüfung des Rechnungswesens der Richter am Insolvenzgericht zuständig.665) Damit steht zwar die Rechtsgrundlage für die Prüfung fest, aber nicht deren 1300 Umfang und Ausgestaltung. Zu berücksichtigen ist hier eine Beschränkung der Prüfungskompetenz auf die Rechtmäßigkeit der Verwalterbuchführung (während die Mitglieder des Gläubigerausschusses auch die Zweckmäßigkeit prüfen dürfen), da es sich bei § 58 InsO um Rechtsaufsicht handelt und nicht um Fachaufsicht. Die Aufsichtspflicht stellt keine Totalüberwachung dar. Ferner steht dem Insolvenzgericht kein Weisungsrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter zu, da zwischen Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter kein Dienstvertrag i. S. d. §§ 611 ff. BGB besteht. Wenn der Insolvenzverwalter weisungsfrei agieren kann, was auch aus der dem Insolvenzverwalter obliegenden eigenständigen Geschäftsführung i. S. d. § 63 InsO hervorgeht, orientiert sich seine Verantwortlichkeit ausschließlich an §§ 60, 61 InsO; die dortigen Rechte stehen nicht dem Insolvenzgericht zu. Diese eher restriktiven Eingangsfeststellungen relativieren sich jedoch aufgrund nachfolgender Betrachtungen erheblich. ___________ 663) Für eine Zuständigkeit des Richters hingegen Büttner, ZInsO 2020, 810, 813. 664) § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG eingefügt durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2582 mit Wirkung zum 1.1.2013 (Art. 10 Satz 1 des Änderungsgesetzes). 665) A. A.: AG Ludwigshafen, Beschl. v. 10.4.2015 – 3 f IN 27/14, ZIP 2015, 991 (für die Zeit vor dem Abstimmungstermin).

405

L. Prüfung des Rechnungswesens

1301 Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rechnungswesens des Insolvenzverwalters teilt sich in eine formelle und eine materielle Prüfung auf: 1302

Die formelle Prüfung umfasst sämtliche Prüfungshandlungen, die sich auf die äußere Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung beziehen: x

Vollständigkeit der Kontoauszüge im Original. Kopien sind grundsätzlich ungeeignet, auch Ausdrucke aus dem Online-Banking können allenfalls im Ausnahmefall fehlende Auszüge ersetzen, da sie bereits mit einfacher Software verändert werden können. Elektronische Kontoauszüge werden sich sukzessive nicht mehr vermeiden lassen, da die Kreditinstitute dies aus eigenen Kostengründen forcieren. Die Ausdrucke sind derzeit auch nicht mit handelsüblicher Software abänderbar. Mit ein bisschen Aufwand lassen sich aber Druckwerke erstellen, die diesen Ausdrucken elektronischer Auszüge täuschend ähnlich sehen. Manch Kreditinstitut hat selbst bei Originalauszügen schon auf einfaches Papier und Schwarz/Weiß-Druck umgestellt, sodass selbst Originale nicht mehr von Kopien oder selbst erstellten Dokumenten zu unterscheiden sind. Dies ist insgesamt keine der Rechtssicherheit dienende Entwicklung, aber dem Trend zur Digitalisierung geschuldet. Ggf. muss ein Zugang zum Online-Banking ermöglicht werden.

x

Wahrung des Grundsatzes „keine Buchung ohne Beleg“; bereits eine Vielzahl von Eigenbelegen führt zu einer Erhöhung der Prüfungsintensität.666)

x

Erfassung aller im Berichtswesen dargestellten zahlungswirksamen Geschäftsvorfälle in der Buchführung.

x

Verwendung aussagekräftiger Sachkonten und das Vorliegen von Kontenblättern (Sachkontennachweisen) zu jedem verwendeten Sachkonto; bereits unklare Sachkontenbezeichnungen führen zu einer Erhöhung der Prüfungsintensität.667)

x

Verwendung aussagekräftiger Buchungstexte.

x

Nachvollziehbarkeit der Buchungen auch auf Geld- und Interimskonten (Technik der doppelten Buchführung).

x

Zusammenfassung in einer Summen- und Saldenliste mit aussagekräftigen Gliederungsüberschriften.

___________ 666) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, Tz. 27, ZInsO 2014, 2361. 667) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, Tz. 27, ZInsO 2014, 2361.

406

II. Prüfung durch das Insolvenzgericht

Unter materieller Prüfung zu verstehen ist die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Buchführung. Hierzu gehören im Wesentlichen die Fragen, x

ob die Auswertung (meist Schlussrechnung) unter Einbeziehung des erläuternden Berichtswesens insgesamt ein schlüssiges und zuverlässiges Bild der Verfahrensabwicklung bzw. des Verwalterhandelns widerspiegelt;

x

ob die aus der Gerichtsakte erkennbare Insolvenzmasse vollständig und ordnungsgemäß verwertet worden ist;

x

ob die vollständige Verwertung der Vermögensgegenstände auch anhand der Rechnungslegung nachvollzogen werden kann (von nicht zahlungswirksamen Vorgängen, wie z. B. der Freigabe aus dem Massebeschlag, abgesehen);

x

ob der Masse zustehende Zahlungen rechtswidrig auf Konten vereinnahmt wurden, die nicht als Hinterlegungsstelle bestimmt wurden;668)

x

ob die vom Insolvenzverwalter befriedigten Ansprüche als Masseverbindlichkeiten i. S. d. §§ 54, 55, 100 Abs. 1, 123 Abs. 2 Satz 1, 135 Abs. 3 Satz 2, 169 Satz 1, 172 Abs. 1 Satz 2, 324 InsO anzusehen sind;

x

ob Auskehrungen an Absonderungsgläubiger sachlich korrekt vorgenommen und Kostenbeiträge korrekt ermittelt und vereinnahmt wurden;

x

ob eine eventuelle Abschlagsverteilung sachlich und rechnerisch zutreffend durchgeführt und buchhalterisch erfasst wurde;

x

ob die Befriedigungsreihenfolge des § 209 InsO eingehalten wurde;

x

in welchem Umfang und für welche Leistungen dem Insolvenzverwalter selbst oder mit ihm gesellschaftsrechtlich verbundenen Personen oder Unternehmen Zahlungen aus der Insolvenzmasse zugeflossen sind (Maßstab §§ 5, 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV);

x

ob die Vorgaben der InsVV eingehalten wurden, wenn und weil die vergütungsrechtliche Berechnungsgrundlage aus der Schlussrechnung abgeleitet und damit sogleich der Gegenstandswert i. S. d. § 58 GKG ermittelt wird;

x

ob folglich auch die Berechnungsgrundlage für die Vergütung sachlich und rechnerisch richtig ermittelt wurde, insbesondere auch hinsichtlich der Vergleichsrechnungen bei einigen Zuschlagsfaktoren;

x

ob die Zu- und Abschläge bei der Vergütung zutreffend ermittelt wurden, soweit ein Zusammenhang mit der Verwalterbuchführung besteht.669)

___________ 668) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, Tz. 27, ZInsO 2014, 2361. 669) Selbstverständlich hat das Insolvenzgericht den vollständigen Vergütungsantrag umfassend zu prüfen. Da sich das vorliegende Werk jedoch mit der Buchführung befasst, werden weitere Prüfungsrechte und -pflichten des Insolvenzgerichts hier nicht weiter erörtert.

407

1303

L. Prüfung des Rechnungswesens

1304 Das Insolvenzgericht hat nach erfolgter Prüfung einen Prüfungsvermerk zu erstellen und diesen samt Schlussrechnung und Belegen auf der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme der Beteiligten auszulegen (§ 66 Abs. 2 Satz 2 InsO). Da der Insolvenzverwalter nicht darauf verwiesen werden kann, Akteneinsicht zu beantragen, kann aus dem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG) unzweifelhaft abgeleitet werden, dass das Insolvenzgericht die aus seiner Sicht zu monierenden Vorgänge vor Erstellung des Prüfungsvermerks mit dem Insolvenzverwalter zu erörtern hat, ihm mindestens aber eine Möglichkeit zur Stellungnahme einräumt. 1305 Ist das Insolvenzgericht folglich berechtigt und verpflichtet, beispielsweise zu prüfen, ob Ausgaben wirklich Masseverbindlichkeiten waren, und hat das Gericht die Pflicht zur Dokumentation dieser Feststellung in Gestalt eines Prüfungsvermerks, handelt es sich nicht um die eingangs abgelehnte Totalüberwachung des Insolvenzverwalters. Auch schickt sich das Insolvenzgericht damit nicht an, durch Feststellung möglicher Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters Anwalt für die Gläubiger zu spielen. Stellt das Gericht im Rahmen dieser zulässigen Prüfung fest, dass beispielsweise Insolvenzverbindlichkeiten beglichen wurden, hat das Gericht einerseits wegen des Prüfungsvermerks (§ 66 Abs. 2 Satz 2 InsO) die Gläubigerversammlung zu informieren, andererseits und zugleich im Rahmen der Rechtsaufsicht (§ 58 InsO) den Anfangsverdacht eines Gesamtschadens i. S. d. § 92 Satz 2 InsO zu prüfen. Denn die Notwendigkeit der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters i. S. d. § 92 Satz 2 InsO obliegt zu prüfen einzig dem Insolvenzgericht, wobei eine solche Bestellung keinen Eingriff in die Berufsfreiheit des Insolvenzverwalters darstellt.670) Insgesamt ist das Insolvenzgericht verpflichtet, materielle und/oder formelle Unrichtigkeiten aufzudecken.671) Dabei sind allerdings die Möglichkeiten des Gerichts in §§ 58, 59, 66 InsO abschließend, das Gericht kann z. B. keine Versicherung der Richtigkeit der Rechnungslegung an Eides statt verlangen;672) dieser aus § 259 Abs. 2 BGB hergeleitete Anspruch steht nur dem Schuldner zu, das Insolvenzgericht ist insoweit nicht gesetzlicher Richter. III. Prüfung durch den Gläubigerausschuss 1. Einführung 1306 Grundsätzlich beschließt die Gläubigerversammlung im Berichtstermin, ob ein (endgültiger) Gläubigerausschuss bestellt und mit welchen Mitgliedern er besetzt wird (§ 68 InsO). Bereits zwischen Verfahrenseröffnung und Berichtstermin besteht jedoch oftmals Bedarf an einem Gläubigerausschuss, sodass dieser nach § 67 InsO durch das Insolvenzgericht als einstweiliger Gläubigerausschuss eingesetzt werden kann (§ 68 InsO). ___________ 670) BVerfG, Beschl. v. 15.3.2010 – 1 BvR 2288/09, ZIP 2010, 1301. 671) So auch Graeber/Graeber, NZI 2014, 298, 299 m. w. N. 672) A. A. Büttner, ZInsO 2020, 810, 814 f.

408

III. Prüfung durch den Gläubigerausschuss

Der Gläubigerausschuss hat in beiden Fällen vielfältige Aufgaben. Die Mit- 1307 glieder des Gläubigerausschusses haben im Wesentlichen gemäß § 69 InsO den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Sie haben sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten sowie die Bücher und Geschäftspapiere einsehen und den Geldverkehr und Geldbestand prüfen zu lassen. Ferner haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters zu prüfen (§ 66 Abs. 2 Satz 2 InsO). 1308

Zu berücksichtigen sind folgende Grundsätze: x

Die Prüfungspflicht ist keine kollektive, sondern persönliche Aufgabe jedes einzelnen Mitglieds des Gläubigerausschusses.673)

x

Prüfungsrecht bzw. Prüfungspflicht bestehen jederzeit, nicht nur in Bezug auf die Schlussrechnung.

x

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses können die Prüfung von Geldverkehr und -bestand durch förmlichen Beschluss auf ein Mitglied oder an einen Sachverständigen übertragen; insoweit haften die Ausschussmitglieder für ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden.674)

Bei größeren bzw. länger andauernden Verfahren bietet sich an, die Prüfung des Rechnungswesens in zeitliche Abschnitte zu teilen: x

Prüfung des Rechnungswesens der vorläufigen Verwaltung.

x

Prüfung des Rechnungswesens bis zur Beendigung der Betriebsfortführung durch Stilllegung oder übertragende Sanierung.

x

Prüfung der Schlussrechnung.

x

Innerhalb dieser Abschnitte richtet sich die zeitliche Prüfungsdichte nach dem Einzelfall, z. B. anhand Verfahrensstand, Anzahl der Kontobewegungen, Vorliegen einer Betriebsfortführung, bisherige Ungereimtheiten etc.675) Zutreffend wird vertreten, dass die Erwägungen für die gewählten Prüfungszeiträume als Ermessensentscheidungen sorgfältig abgewogen und dokumentiert werden sollten.676)

x

Wird ein sachverständiger Dritter mit der Prüfung beauftragt, sind die Prüfungszeiträume bzw. -intervalle vom Gläubigerausschuss vorzugeben, da hier eher eine Nähe zur Sachverständigentätigkeit analog ZPO als eine freie Dienstleistung vorliegt.

x

Sonderprüfung zu relevanten Zeitpunkten und Anlässen.

___________ 673) 674) 675) 676)

Wiederholt betont von BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361. BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361. BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361. Wilhelm/Oppermann/Chérestal, ZInsO 2014, 2562, 2563.

409

1309

L. Prüfung des Rechnungswesens

1310 Wann erstmals eine Prüfung vorzunehmen ist, ist nicht ganz eindeutig. Einerseits wird vertreten, allein der Amtsbeginn begründe eine sofortige Prüfungspflicht.677) Andererseits soll eine erstmalige Prüfung spätestens zwei Wochen nach der ersten Gläubigerversammlung, in der die Mitglieder des (zuvor einstweiligen) Gläubigerausschusses in ihrem Amt bestätigt und ggf. weitere Mitglieder gewählt worden sind, erfolgen.678) Dies widerspricht sich zumindest dann, wenn es nur einen einstweiligen Gläubigerausschuss gibt, der nach dieser Lesart überhaupt nichts zu prüfen hätte, wenn die Prüfungspflicht erst nach dem Berichtstermin einsetzen würde, aber dort kein (endgültiger) Gläubigerausschuss bestimmt wird. Eine Freizeichnung für einen solchen ausschließlichen einstweiligen Gläubigerausschuss kann es nicht geben. Folglich muss die Prüfungspflicht im Falle des einstweiligen Gläubigerausschusses i. S. d. § 67 Abs. 1 InsO bereits vor der ersten Gläubigerversammlung eintreten. Um das Konzept schlüssig zu machen, wäre auch hier zu fordern, dass die Prüfung spätestens zwei Wochen nach Amtsbeginn beginnen muss. Nach hier vertretener Auffassung könnte damit auch erreicht werden, dass die erste Gläubigerversammlung (Berichtstermin) regelmäßiger Empfänger einer (vom einstweiligen Gläubigerausschuss geprüften) Schlussrechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters sein kann. 1311 In den ab dem 1.3.2012 beantragten Insolvenzverfahren679) ist bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren ein vorläufiger Gläubigerausschuss möglich. Aufgrund der Verweisung auf §§ 69 – 73 InsO in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend, insbesondere auch im Hinblick auf den Beginn der Prüfungstätigkeit spätestens zwei Wochen nach Amtsbeginn. Das Amt der Ausschussmitglieder endet jedoch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sodass sich die Prüfungspflicht nur im Antragsverfahren ergibt. Wird mit Insolvenzeröffnung kein (einstweiliger) Gläubigerausschuss bestellt, wäre über eine nachlaufende Pflicht zur Prüfung der Rechnungslegung zu diskutieren. Wird mit Insolvenzeröffnung jedoch ein einstweiliger Gläubigerausschuss eingesetzt, gilt theoretisch Selbiges, da zwischen dem vorläufigen und dem einstweiligen Gläubigerausschuss keine rechtliche Identität besteht – praktisch sind es zwar meist dieselben Personen, jedoch in unterschiedlichen Ämtern. Hier trifft die Mitglieder des einstweiligen Gläubigerausschusses folglich die Pflicht, unverzüglich mit einer Prüfung des Rechnungswesens der vorläufigen Verwaltung zu beginnen, auch wenn eine förmliche Schlussrechnung des vorläufigen Verwalters oft erst später erstellt wird. Da der einstweilige und der vorläufige Gläubigerausschuss rechtlich nicht identisch, sondern verschiedene Organe sind, muss im ___________ 677) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, zweiter Leitsatz, ZInsO 2014, 2361; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.6.2015 – IX ZR 142/13, ZInsO 2015, 1563. 678) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, Tz. 40, ZInsO 2014, 2361. 679) Einfügung des § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO sowie des § 22a InsO durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2582 mit Wirkung zum 1.3.2012 (Art. 103g EGInsO).

410

III. Prüfung durch den Gläubigerausschuss

Prinzip sogar vertreten werden, dass die Mitglieder des einstweiligen Gläubigerausschusses die Buchführung der vorläufigen Verwaltung selbst dann vollständig zu prüfen haben, wenn ein vorläufiger Gläubigerausschuss bereits eine Prüfung vorgenommen hatte. Das dürfte in der Praxis allerdings nur dann zum Tragen kommen (und aus Gründen der Verpflichtung aller Beteiligten zur Masseschonung zulässig sein), wenn der einstweilige Gläubigerausschuss Bedenken gegen die Tätigkeit des (nun ehemals vorläufigen) Insolvenzverwalters hat und prüfen möchte (muss?), ob insoweit (auch) Pflichtverletzungen der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses vorliegen; ohne derartige Anlässe darf aus den unvollständigen gesetzlichen Vorgaben kein exzessiver Prüfungskreisel entstehen. 2. Prüfungsumfang Die Mitglieder des Gläubigerausschusses dürfen bei der Rechnungsprüfung 1312 auch nach dem Kriterium der Zweckmäßigkeit prüfen, während das Insolvenzgericht nur die Rechtmäßigkeit prüfen darf. Dies beruht auf § 69 InsO, ausweislich dessen die Mitglieder des Gläubigerausschusses ohnehin die Geschäftsführung des Insolvenzverwalters zu unterstützen und zu überwachen haben. Zunächst ist – wie durch das Insolvenzgericht – die Rechtmäßigkeit der 1313 Verwalterbuchführung zu prüfen. Hierzu gehören die formelle Prüfung (zur Definition ĺ Rz. 1302) und die materielle Prüfung (zur Definition ĺ Rz. 1303). Auf einen festgestellten Verstoß des (vorläufigen) Insolvenzverwalters haben 1314 alle Mitglieder des Gläubigerausschusses unverzüglich und angemessen zu reagieren, nicht etwa nur der mit der Prüfung Beauftragte. Dessen Aufgabe ist es, allen Ausschussmitgliedern das erforderliche Wissen zu vermitteln. Handelt es sich um einen geringfügigen Verstoß, der das Vertrauen in den Verwalter unzweifelhaft nicht insgesamt in Frage stellt, reicht es aus, den Verstoß zu rügen und (erforderlichenfalls) Abhilfe zu fordern. An das Insolvenzgericht muss ein solcher Verstoß nur berichtet werden, wenn die Abhilfe nicht kurzfristig erfolgt. Nicht lediglich geringfügige Verstöße sind regelmäßig sogleich dem Insolvenzgericht zu melden.680) Damit wird die Pflicht des Gläubigerausschusses als Kollektivorgan, für die Gläubigerversammlung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 InsO einen Prüfungsvermerk zur Schlussrechnung zu erstellen, zu einer permanenten Individualpflicht jedes einzelnen Mitglieds. Ferner wird damit deutlich, dass der Gläubigerausschuss nicht im Auftrag der Gläubigerversammlung tätig ist, sondern als eigenständiges Organ, das auch das Insolvenzgericht in dessen Überwachungsverpflichtung aus § 58 InsO zu unterstützen hat. Die Ermittlung und Geltendmachung eines vom Insolvenzverwalter verursachten Gesamtschadens kann nur durch einen ___________ 680) BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, Tz. 29, ZInsO 2014, 2361.

411

L. Prüfung des Rechnungswesens

neuen Insolvenzverwalter oder einen Sonderinsolvenzverwalter geltend gemacht werden (§ 92 Satz 2 InsO). Diesen einzusetzen obliegt dem Insolvenzgericht, dem relevante Sachverhalte denklogisch auch mitzuteilen sind, insbesondere von einem Organ, das ebenfalls und auf Kosten der Masse zur Überwachung des Insolvenzverwalters eingesetzt wurde. 1315 Gegenstand der ergänzenden Zweckmäßigkeitsprüfung sind die Fragen: x

ob Zahlungen an Massegläubiger dem Insolvenzzweck angemessen waren;

x

ob Abfindungen von Aus- und Absonderungsgläubigern (nicht zu verwechseln mit Auskehrungen) dem Insolvenzzweck angemessen waren;

x

ob die pflichtwidrige Begleichung von künftigen Insolvenzverbindlichkeiten während der vorläufigen Verwaltung im Einzelfall dem Insolvenzzweck entsprochen hat;

x

ob Masseunzulänglichkeit zum zutreffenden Zeitpunkt angezeigt wurde;

x

ob die handels- und steuerrechtlichen Pflichten i. S. d. § 155 InsO erfüllt wurden (nur in formeller Hinsicht).

x

Soweit der Gläubigerausschuss bzw. seine Mitglieder Sonderprüfungen vornehmen, richtet sich der Prüfungsumfang nach dem entsprechenden Auftrag.

1316 Bei alledem muss daran erinnert werden, dass die Mitglieder des Gläubigerausschusses den Insolvenzverwalter bei der Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen haben (§ 69 InsO). Interessiert sich ein Gläubigerausschuss nach dem Berichtstermin oder nach einer übertragender Sanierung oder Betriebsstilllegung nicht mehr für das Insolvenzverfahren, sollte der Gläubigerausschuss bei der Zweckmäßigkeitsprüfung erst im Rahmen der Prüfung der Schlussrechnung nach einigen Jahren nicht allzu viele Einwendungen erheben, da sonst gleichzeitig eine Aufsichtspflichtverletzung der Ausschussmitglieder evident wird, die deren persönliche Haftung nach § 71 InsO indiziert.681) Folglich gilt: Auch eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfordert eine zeitnahe Prüfung. 3. Vergütung der Ausschussmitglieder (aus buchhalterischer Sicht) 1317 Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 InsO i. V. m. §§ 17, 18 Abs. 1 InsVV hat jedes Mitglied des Gläubigerausschusses einen eigenständigen Vergütungs- und Auslagenerstattungsanspruch. Das Mitglied muss die Festsetzung beim Insolvenzgericht beantragen (§§ 73 Abs. 2, 64 Abs. 1 InsO). Die Festsetzung der Vergütung erfolgt durch gerichtlichen Beschluss. Für die Buchung der ___________ 681) Ausführlich BGH, Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361.

412

IV. Prüfung durch die Gläubigerversammlung

Zahlung als Verfahrenskosten i. S. d. § 54 Nr. 2 InsO steht als Sachkonto zur Verfügung: SKR 03 InsO 2009

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7509

00

Vergütung Gläubigerausschuss

A

Aus steuerlicher Sicht ist ferner Folgendes zu berücksichtigen: das Mitglied 1318 des Gläubigerausschusses muss in seinem Vergütungsantrag angeben, ob die Festsetzung von Umsatzsteuer beantragt wird (§§ 18 Abs. 2, 7 InsVV). Da für einen Vorsteuerabzug der Masse aus der Vergütung eine Rechnung erforderlich ist (§ 14 UStG), ist alleine der Beschluss des Gerichts nicht ausreichend. Das Ausschussmitglied muss folglich auf Basis des Vergütungsbeschlusses eine Rechnung vorlegen, auf die erst dann Zahlung (und Buchung mit Steuerschlüssel) erfolgen sollte. Ist das Ausschussmitglied kein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer, ist eine Rechnung hingegen entbehrlich. Die Prämie für die Haftpflichtversicherung des Ausschussmitglieds ist keine 1319 Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO, sondern muss vom jeweiligen Ausschussmitglied über seinen Vergütungsantrag als Auslagenersatz geltend gemacht werden; ggf. kann das Ausschussmitglied einen Vorschuss beantragen. Auch die Gläubigerversammlung ist nicht befugt zu beschließen, solche Prämien der Masse als Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO zu entnehmen, da die Gläubigerversammlung nicht die Kompetenz hat, Verschiebungen bei den Abgrenzungen zwischen Verfahrenskosten (§ 54 InsO), sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) und Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) vorzunehmen. Soweit es für zulässig erachtet wird, die Prämien direkt aus der Masse zu entrichten,682) handelt es sich lediglich um eine abgekürzte Zahlung; es verbleibt jedoch die Einstufung als Auslagen i. S. d. §§ 54 Nr. 2, 209 Abs. 1 Nr. 1, 207 Abs. 3 Satz 1 InsO. Daher ist das im SKR-InsO vorgesehene Konto SKR 03 InsO 4361

1320

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 6401

00

Haftpflichtversicherung Gläubigerausschuss (§ 54 A Nr. 2 InsO, § 18 Abs. 1 InsVV)

zwar systematisch unglücklich verortet, aber seit dem 1.2.2021 wenigstens korrekt bezeichnet. IV. Prüfung durch die Gläubigerversammlung Auch die Rechte der Gläubigerversammlung sind vielfältig. In Bezug auf die 1321 Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ist die Gläubigerversammlung Ad___________ 682) Zimmer, InsVV, § 18 Rz. 37 f.; zumindest erwähnt bei BGH, Urt. v. 29.3.2012 – IX ZB 310/11, ZIP 2012, 876.

413

L. Prüfung des Rechnungswesens

ressat der Schlussrechnung (§§ 66 Abs. 1, 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Sie kann dem Insolvenzverwalter ferner aufgeben, zu bestimmten Zeiten während des Verfahrens Zwischenrechnung zu legen (§ 66 Abs. 3 Satz 1 InsO). Davon macht die Gläubigerversammlung i. d. R. keinen Gebrauch, da bereits das Gericht regelmäßige – meist halbjährliche – Berichterstattung einfordert. Außerdem ist die Gläubigerversammlung gemäß § 79 Satz 1 InsO berechtigt, vom Insolvenzverwalter einzelne Auskünfte und einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung zu verlangen. Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, kann die Gläubigerversammlung den Geldverkehr und Geldbestand des Insolvenzverwalters prüfen lassen (§ 79 Satz 2 InsO). 1322 Damit hat die Gläubigerversammlung im Prinzip die gleichen Prüfungsrechte wie der Gläubigerausschuss, jedoch keine Prüfungspflicht. In der Praxis ist es jedoch selten, dass die Gläubigerversammlung ihre Rechte in Bezug auf die Rechnungsprüfung so umfänglich wahrnimmt, wie es als Grundsätze für den Gläubigerausschuss entwickelt wurde. 1323 Zum einen ist für das theoretische Modell zu berücksichtigen, dass eine Gläubigerversammlung aus Hunderten Gläubigern bestehen kann, was die Prüfungstätigkeit doch etwas erschweren würde. Zum anderen ist Gläubigerversammlung ein prozessualer Begriff; eine Gläubigerversammlung existiert nur vom Beginn bis zum Ende eines als Gläubigerversammlung bezeichneten Gerichtstermins, sodass die Prüfung während dieses Termins zu erfolgen hätte, was ersichtlich nicht realistisch sein kann. Völlig abwegig ist eine Prüfung im schriftlichen Verfahren, das nun den Regelfall darstellt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 InsO). Der Gläubigerausschuss hingegen ist ein von Gerichtsterminen und örtlichen Begebenheiten unabhängiges Organ, kann die Prüfung mithin jederzeit und jedenorts vornehmen. 1324 Wenn überhaupt ohne Vorhandensein eines Gläubigerausschusses eine Prüfung durch die Gläubigerversammlung stattfindet, dann in der Weise, dass die Gläubigerversammlung beschließt, dass ein Sachverständiger mit der Rechnungsprüfung beauftragt werden soll. Eine solche Beschlussfassung ist jedoch nur möglich, wenn dieser Tagesordnungspunkt in der Terminsbestimmung genannt wurde. Möglich ist z. B. ein entsprechender Beschluss der Gläubigerversammlung im Berichtstermin des Inhalts, dass bereits ab dem Berichtstermin eine sog. fortschreibende Schlussrechnungsprüfung durch einen Sachverständigen erfolgen soll. Allerdings ist die Gläubigerversammlung kein Rechtssubjekt, das eine solche Beauftragung vornehmen könnte; vielmehr ist ihr Beschluss darauf zu richten, dass der Insolvenzverwalter verpflichtet wird, einen Sachverständigen entsprechend zu beauftragen. Es ist nicht zu übersehen, dass dieses Konstrukt eine gewisse Alibifunktion hat. Einzig eine Gläubigerversammlung wäre in der Folgezeit sinnvoller Adressat der Prüfungsberichte eines solchen Sachverständigen. Dafür wäre jedoch stets eine fakultative Gläubigerversammlung nach den restriktiven Vorgaben des § 75 InsO einzuberufen. Dies scheint nicht der Lebenswirklichkeit zu entsprechen. Folglich sollte in einem solchen Konstrukt festgelegt werden, 414

V. Prüfung durch Sachverständige

dass der Sachverständige im Zweifel unmittelbar an das Insolvenzgericht berichten darf. Dann aber hätte auch gleich die förmliche Zwischenrechnungslegung nach § 66 Abs. 3 InsO beschlossen werden können. 1325

Merke: Die Möglichkeit der Gläubigerversammlung zur Rechnungsprüfung ist eher theoretischer Natur. Praxisrelevant ist nur ein bereits im Berichtstermin zu fassender Beschluss mit dem Inhalt der Verpflichtung des Insolvenzverwalters, mit der Durchführung einer fortschreibenden Rechnungsprüfung einen Sachverständigen zu beauftragen. Sinnvoll ist die Kombination mit einem Beschluss über die Pflicht zur Zwischenrechnungslegung i. S. d. § 66 Abs. 3 InsO, wobei das Insolvenzgericht in die Auswahl des Sachverständigen einbezogen werden sollte, damit ein derartiges Gutachten später nicht nur als unverbindliches Privatgutachten eingestuft wird.683) V. Prüfung durch Sachverständige 1. Beauftragung durch das Insolvenzgericht

Nach herrschender Ansicht ergibt sich aus §§ 66 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 1 1326 Satz 2 InsO, dass das Insolvenzgericht die Prüfung der Einnahmen-Ausgaben- bzw. Schlussrechnung des Insolvenzverwalters nicht höchstpersönlich vornehmen muss, sondern einen Sachverständigen beauftragen kann. Die Übertragung der Rechnungsprüfung auf private Sachverständige wird in der Literatur allerdings auch als verfassungswidrig684) bzw. (weitgehend)685) unzulässig686) bezeichnet oder in ihrer Zulässigkeit auf diejenigen Fälle reduziert, in denen es dem Gericht an Sachkunde fehlt.687) Teilweise wird die Berechtigung zur Beauftragung eines Sachverständigen auf umfangreiche Verfahren beschränkt.688) Diese Auffassungen dürften jedoch überwiegend veraltet sein, jedenfalls hat das Bundesverfassungsgericht mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Einsetzung eines Sachverständigen ohne weitere Begründung nicht zur Entscheidung angenommen,689) sodass von einer Zulässigkeit der Sachverständigenbestellung nach Ermessen des Rechtspflegers auszugehen ist. Über die Verweisungsvorschrift des § 4 InsO finden die zivilprozessualen 1327 Regeln für den Beweis durch Sachverständige gemäß §§ 402 ff. ZPO Anwen___________ 683) 684) 685) 686) 687) 688) 689)

Vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1993 – VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382. Vierhaus, ZInsO 2008, 521; Jakob, INDat Report 6/2015, S. 13 ff. Madaus, NZI 2012, 119. Franke/Goth/Firmenich, ZInsO 2009, 123. Weitzmann, ZInsO 2007, 449, 454. Hebenstreit, ZInsO 2013, 276. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 10.2.2016 – 2 BvR 212/15 (n. v.).

415

L. Prüfung des Rechnungswesens

dung. Der Sachverständige soll dem Gericht das erforderliche Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen vermitteln.690) Im Zivilprozess darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag und er den Parteien einen entsprechenden Hinweis erteilt, da sonst der Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. d. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt wird;691) selbst eine langjährige Befassung mit vergleichbaren Thematiken begründet noch keine ausreichende Sachkunde.692) Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Insolvenzverwalter gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 InsO lediglich unter der Rechtsaufsicht des Insolvenzgerichts steht, hingegen nicht unter der Fachaufsicht, sodass die fachlichen Anforderungen an das Insolvenzgericht (noch) niedriger sind als in einem streitigen Verfahren an das Prozessgericht. Im Ergebnis muss das für die Rechnungsprüfung erforderliche Fachwissen daher nicht beim Insolvenzgericht selbst vorhanden sein. 1328 Im Rahmen der vorliegenden Gesamtdarstellung wurde hinreichend erläutert, dass die Erforderlichkeit aussagekräftiger Sachkonten maßgeblich aus dem Vergütungsrecht resultiert, sodass derartige Sachverständigenprüfungen auch auf die Prüfung des Vergütungsantrags gerichtet sind, soweit zunächst die Berechnungsgrundlage und Vergleichsrechnungen betroffen sind. Wegen der vergütungsrechtlichen Auswirkung von Delegationen i. S. d. §§ 5, 4 Abs. 1 Satz 3, 3 Abs. 2 InsVV sowie weiteren vergütungsrelevanten Kostenbelastungen i. S. d. § 4 Abse. 2 und 3 InsVV und der Erkennbarkeit solcher Delegationen aus der Rechnungslegung erstreckt sich die Prüfung auch hierauf. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren ist wegen diverser Beschwerderechte quasikontradiktorisch, sodass dem Insolvenzgericht vergleichbare Rechte zustehen wie einer Prozesspartei, die bestreiten und Beweisangebote liefern kann. Daher gilt auch im Rahmen des § 5 Abs. 1 InsO der aus dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG entwickelte Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit. Dass ein Insolvenzgericht und in Folge der Sachverständige nur Tatsachen, aber keine Rechtsfragen prüfen darf,693) ist unzutreffend. Einzige Tatsache ist der Umstand, dass eine Schlussrechnung eingereicht wurde; ob sie ordnungsgemäß ist, ist immer eine Rechtsfrage. Die abzulehnende Auffassung würde dazu führen, dass nicht einmal die Begleichung einer Insolvenzforderung beanstandet werden dürfte, nur weil ein Beleg vorliegt. Dies stünde im Widerspruch zur Auffassung des BGH, dass das Insolvenzgericht von Amts wegen einen Sonderinsolvenzverwalter mit der Prüfung und Durchsetzung eines Gesamtschadens i. S. d. §§ 60 Abs. 1, 92 Satz 2 InsO beauftragen darf;694) hier ist die Rechnungsprüfung nicht nur das mildere Mittel, sondern ___________ 690) BGH, Urt. v. 18.3.1993 – IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796, 1797. 691) BGH, Urt. v. 23.11.2006 – III ZR 65/06, MDR 2007, 538; BGH, Beschl. v. 13.1.2015 – VI ZR 204/14, NJW 2015, 1311. 692) BGH, Urt. v. 20.2.1997 – VII ZR 231/95, MDR 1997, 779. 693) Holzer, INDat Report 07/2022, 28. 694) BGH, Urt. v. 12.3.2020 – IX ZR 125/17, NZI 2020, 671.

416

V. Prüfung durch Sachverständige

conditio sine qua non. Nicht Gegenstand des Prüfungsauftrags ist nach zutreffender Ansicht hingegen die Angemessenheit von Zuschlägen oder der Gesamtvergütung.695) Aus alledem folgt, dass die Kosten einer Sachverständigenbeauftragung 1329 (Vergütungsanspruch gemäß §§ 402 ff., 413 ZPO i. V. m. JVEG) nicht von der Durchführungsgebühr des GKG KV 2330 abgegolten sind.696) All dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Denn schon in der Gesetzes- 1330 begründung zu § 66 InsO findet sich die Formulierung:697) Die einzelnen Gläubiger bedürfen jedoch bei der Prüfung der Schlussrechnung sachkundiger Hilfe. In Absatz 2 Satz 1 ist daher vorgesehen, dass die Schlussrechnung zunächst vom Insolvenzgericht geprüft wird; eine derartige Prüfungspflicht wird, als Ausfluss der Aufsichtspflicht des Gerichts, schon für das geltende Konkursrecht überwiegend bejaht. Das Gericht kann dabei seinerseits die Hilfe von Sachverständigen in Anspruch nehmen.

Bei der Auswahl des Sachverständigen ist darauf zu achten, dass er im 1331 Grundsatz geeignet sein muss, die Qualifikation des § 56 InsO zu erfüllen. Die in manch Sachverständigengutachten erkennbare Einstellung, mit der Kenntnis einer „Handvoll“ Entscheidungen zur Reduzierung der Verwaltervergütung läge bereits ausreichendes Prüfungswissen vor, sollte auch von den Insolvenzgerichten erkannt werden. Ein neutrales und fachgerechtes Gutachten beinhaltet eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung bis hin zur sachgerechten Erläuterung, warum auch eine Entscheidung des BGH einmal völlig misslungen sein kann und nicht flächendeckend zur Anwendung kommen sollte. Denn das Gutachten soll die Entscheidung des Insolvenzgerichts nur vorbereiten, wozu bei nicht völlig eindeutigen Rechtslagen auch eine Darstellung des Streitstandes gehört. Das Gutachten ist höchstpersönlich zu erstellen. Es besteht ein Delegati- 1332 onsverbot, wenn und soweit durch Heranziehung anderer Personen die Verantwortung des Sachverständigen für das Gutachten in Frage gestellt wird.698) Insoweit ist es nicht unbedenklich, allzu große „Prüfungsgesellschaften“ zu bestellen, da solche Gesellschaften mit den Stundensätzen nach JVEG nur unter Einsatz von weniger qualifizierten Hilfskräften eine Umsatzrendite erzielen können. So beträgt beispielsweise die mittlere Zeitgebühr nach § 13 StBVV bereits ¼ 105,00 je (angefangene halbe) Stunde für Tätigkeiten, die z. T. auch auf Steuerfachgehilfen delegiert werden (können). Der Höchstbetrag von ¼ 150,00 wird sicher zur Anwendung kommen, wenn der nach StBVV Vergütungsberechtigte (Steuerberater) selbst prüft. Der bis ___________ 695) LG Dresden, Beschl. v. 22.6.2022 – 5 T 722/21, ZRI 2022, 613. 696) Bedenken bei Haertlein, NZI 2009, 577, 580; Hebenstreit, ZInsO 2013, 276. 697) Begründung zu § 76 RegE-InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 131, abgedruckt bei Kübler/ Prütting, RWS-Dok. 18, S. 239. 698) BGH, Beschl. v. 25.5.2011 – 2 StR 585, NStZ 2012, 103; AG Duisburg, Beschl. v. 19.1.2018 – 64 IN 267/14, ZInsO 2018, 622.

417

L. Prüfung des Rechnungswesens

zum 31.12.2020 mit ¼ 80,00 bewilligte und seit dem 1.1.2021 mit ¼ 105,00 kodifizierte Stundensatz für den Rechnungsprüfer liegt deutlich darunter, was in diesem Vergleich die Höchstpersönlichkeit der Gutachtenerstellung sicher nicht fördern dürfte. 1333 Subjektiv ärgerlich ist die Beauftragung eines Sachverständigen durch das Insolvenzgericht, wenn zuvor bereits durch Mitglieder des Gläubigerausschusses ein Sachverständigengutachten eingeholt worden ist oder Massearmut bzw. Masseunzulänglichkeit vorliegt. Das Gericht ist ebenso wie der Verwalter zur Masseschonung verpflichtet. Gleichwohl hat das Gericht seine Pflichten zu erfüllen. Eventuell beruhen Massearmut und Masseunzulänglichkeit auch auf zweifelhaften Delegationen zu Lasten der Masse (vgl. die Diskussion zu §§ 5, 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV) oder auf Pflichtverletzungen, die einen Gesamtschaden i. S. d. § 92 Satz 2 InsO bedeuten könnten. Gutachten im Auftrag des Gläubigerausschusses beantworten regelmäßig nicht die Fragen, die für das Insolvenzgericht von Interesse sind; insoweit ist eine mit dem Insolvenzgericht im Vorfeld abgestimmte Auswahl des Rechnungsprüfers stets sinnvoller. 1334 Zur Bestellung eines Sachverständigen ist ein Beschluss erforderlich, der als solchem keinem Rechtsmittel zugänglich ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 InsO). Insoweit ist zweifelhaft, ob die seit dem 1.1.2014 in § 232 ZPO vorgesehenen Rechtsmittelbelehrungen tatsächlich erforderlich sind. Teilweise wird aber auch vertreten, der Beschluss sei einer Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 RPflG zugänglich; dann wäre die Rechtsmittelbelehrung dringend zu verwenden. Diese Auffassung wird allerdings nicht geteilt, da die Bestellung eines Sachverständigen keine Entscheidung i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG darstellt. 1335 Der Insolvenzverwalter kann den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen (§ 4 InsO, § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine solche Befangenheit soll bereits zu bejahen sein, wenn ein im selben Bezirk tätiger Insolvenzverwalter, also ein unmittelbarer Marktkonkurrent, zum Sachverständigen bestellt wird.699) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung des Befangenheitsantrags abgelehnt wird, ist gemäß §§ 4 InsO, 406 Abs. 5 ZPO die sofortige Beschwerde möglich.700) Dieser Beschluss muss gemäß §§ 4 InsO, 232 ZPO eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung enthalten. 1336 Der Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. d. Art. 103 Abs. 1 GG macht es selbstverständlich, dass dem Insolvenzverwalter eine Abschrift des Sachverständigengutachtens zur Stellungnahme übermittelt wird. Aus selbigem Grund kann der Insolvenzverwalter sogar eine mündliche Anhörung des Sachverständigen einfordern.701) ___________ 699) OLG Köln, Beschl. v. 6.12.1989 – 2 W 173/89, ZIP 1990, 58; LG München II, Beschl. v. 5.9.2013 – 7 T 3096/13, ZIP 2013, 2475. 700) LG München II, Beschl. v. 5.9.2013 – 7 T 3096/13, ZInsO 2013, 2023. 701) Vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.3.2013 – 2 BvR 2918/12, NJW 2013, 3433.

418

V. Prüfung durch Sachverständige

Nach alledem scheint es sinnvoll, in Anlehnung an die Vorschriften zu einem 1337 Abschlussprüfer (§§ 318, 319 HGB) den Rechnungsprüfer im Insolvenzverfahren de lege ferenda zu einem fakultativen Organ des Insolvenzverfahrens zu machen.702) Auch denkbar wäre bei solchen Überlegungen allerdings, nicht das Gläubigerinteresse, sondern den Amtsermittlungsgrundsatz dominieren zu lassen; dann müsste eine Neugestaltung eher im Sinne einer Außenprüfung im Steuerrecht (§§ 193 ff. AO) ausfallen, d. h. der Staat setzt im Rahmen des § 66 Abs. 2 Satz 1 InsO „Betriebsprüfer“ ein. Letzteres ist nicht abwegig, da es sich bei InsO und AO um gleichrangige Verfahrensvorschriften handelt, die einen Amtsermittlungsgrundsatz um Mitwirkungspflichten ergänzen. Beide Lösungsansätze machten es erforderlich, zunächst das zu Prüfende zu regeln, d. h. einen Kontenrahmen gesetzlich zu regeln (ĺ Rz. 529 f.). 2. Beauftragung durch Mitglieder des Gläubigerausschusses Jedes Mitglied des Gläubigerausschusses ist zur Prüfung der Rechnungsle- 1338 gung verpflichtet, sodass jedes Mitglied die Prüfung an einen Sachverständigen vergeben kann (§ 69 Satz 2 InsO). Aus Kostengründen scheint jedoch zwingend, dass sich die Ausschussmit- 1339 glieder auf einen Sachverständigen einigen. Grundsätzlich kann es den bei einer solchen Abstimmung überstimmten Ausschussmitgliedern jedoch nicht verwehrt werden, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen (oder selbst zu prüfen), da es keine kollektive Haftung des Gläubigerausschusses gibt, sondern nur die individuelle Haftung jedes einzelnen Mitglieds (§ 71 InsO), und die Rechnungsprüfung keine kollektive, sondern individuelle Aufgabe ist. Diesem Ergebnis steht auch § 72 InsO nicht entgegen,703) da Parteien des Vertrags mit dem Sachverständigen lediglich die zustimmenden Ausschussmitglieder werden. Ein Beschluss ist ein Phänomen einer organisierten Gruppe, die damit den Gemeinschaftswillen ermittelt und ihn gleichzeitig für die Beteiligten verbindlich macht. Diese Formulierung entspringt dem Gesellschaftsrecht, in dem die Mitglieder eines Organs sich darauf einigen müssen, welche Willenserklärung die Gesellschaft, d. h. ein Rechtssubjekt, nach außen abgeben möchte. Der Gläubigerausschuss ist jedoch kein Rechtssubjekt, kann mithin keine Willenserklärung abgeben und wird auch nicht Partei des Vertrags mit dem Sachverständigen. Folglich fehlt es an einer Verbindlichkeit für das überstimmte Ausschussmitglied, da ansonsten ein Vertrag zu Lasten Dritter vorläge. Damit findet § 72 InsO auf eine derartige Einigung der Ausschussmitglieder weder direkte noch analoge Anwendung, denn § 72 InsO kann grundsätzlich nur kollektive Aufgaben des Gläubigerausschusses betreffen, nicht aber individuelle Aufgaben der Ausschussmitglieder. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind ebenso wie der Insolvenzver- 1340 walter zur Masseschonung verpflichtet. Zum einen sollte daraus folgen, dass ___________ 702) Jakob, INDat Report 6/2015, S. 13, 16. 703) Unzutreffend Schirmer, DStR 2012, 733, 736.

419

L. Prüfung des Rechnungswesens

die soeben eröffnete Möglichkeit der Beauftragung mehrerer Sachverständiger nicht aus sachfremden Erwägungen erfolgt. Zum anderen sollte daraus folgen, dass die Ausschussmitglieder mit dem Sachverständigen eine angemessene Honorarvereinbarung treffen. 1341 Aus alledem folgt ebenso, dass ein im Auftrag von Gläubigerausschussmitgliedern erstelltes Gutachten rechtlich lediglich ein Privatgutachten darstellt, das für das Insolvenzgericht oder die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht bindend ist. Insoweit sollte das Insolvenzgericht in die Auswahl des Sachverständigen einbezogen werden. 1342 Dies leitet über zu einer in der Praxis dominierenden Vorgehensweise, bei der die Ausschussmitglieder den Insolvenzverwalter verpflichten, mit dem ausgesuchten Sachverständigen einen Vertrag im Namen der Masse zu schließen. Dies ist aus vorgenannten Gründen formal unrichtig, aber auch nicht durchgreifend zu beanstanden. Denn das Prinzip „jeder muss, aber keiner darf“ ist nicht sonderlich zielführend. 3. Beauftragung auf Initiative der Gläubigerversammlung 1343 Zur Beauftragung eines sachverständigen Rechnungsprüfers auf Initiative der Gläubigerversammlung siehe Rz. 1321 ff. 4. Prüfungsumfang 1344 Der Prüfungsumfang des Sachverständigen richtet sich danach, von wem er beauftragt wurde. Wurde er vom Insolvenzgericht beauftragt, richtet sich seine Prüfungskompetenz nach der des Insolvenzgerichts (nur Rechtmäßigkeit). Wurde er von einem Gläubigerausschuss(mitglied) beauftragt, richtet sich seine Kompetenz nach der des Gläubigerausschusses (auch Zweckmäßigkeit); Entsprechendes gilt bei Beauftragung auf Initiative der Gläubigerversammlung. In allen Fällen sind Beschränkungen des Prüfungsauftrags möglich. Die formale Beschränkung auf die Rechtmäßigkeit bei einer Prüfung im Auftrag des Insolvenzgerichts bedeutet jedoch nicht, dass der Sachverständige von ihm erkannte Pflichtverletzungen verschweigen dürfte. Es bleibt dann dem Gericht überlassen zu prüfen, ob eine Ausweitung des Prüfungsauftrags zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters erforderlich ist. 5. Sachverständigenvergütung aus buchhalterischer Sicht a) Beauftragung durch das Insolvenzgericht 1345 Bei dem Vergütungsanspruch des Sachverständigen nach JVEG handelt es sich um Auslagen des Gerichts i. S. d. § 54 Nr. 1 InsO704) i. V. m. § 1 Nr. 1 ___________ 704) LG Heilbronn, Beschl. v. 4.2.2009 – 1 T 30/09, ZInsO 2009, 667.

420

V. Prüfung durch Sachverständige

Buchst. d GKG, KV 9005, und ausdrücklich nicht um sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO. Insoweit ist im SKR-InsO immer das Konto SKR 03 InsO 2001

1346

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7501

00

Gerichtskosten § 54 Nr. 1 InsO

A

einschlägig. Der Unterschied ist insbesondere beachtlich bei der Verteilung der Masse nach §§ 207 Abs. 3 Satz 1, 209 Abs. 1 InsO, aber auch im Hinblick auf spätere Kennzahlensysteme. Sollte ein Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter entgegen der eindeutigen 1347 Rechtslage auffordern, die Entschädigungsrechnung des Sachverständigen unmittelbar aus der Masse zu begleichen, ändert sich das anzusprechende Sachkonto nicht. Zu beachten ist jedoch, dass keine Vorsteuerabzugsberechtigung der Masse besteht, da keine Leistungsbeziehung zwischen Sachverständigem und Masse begründet wird und die Staatskasse als Auftraggeber kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist.705) b) Beauftragung durch Gläubigerausschussmitglieder Beauftragen Mitglieder des Gläubigerausschusses einen Sachverständigen, sind 1348 sie selbst Vertragspartner des Sachverständigen und insoweit zur Zahlung des Honorars verpflichtet. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses lediglich einen Auslagenerstattungsanspruch gemäß § 18 Abs. 1 InsVV, woraus wiederum folgt, dass es sich um Verfahrenskosten gemäß § 54 Nr. 2 InsO und nicht um sonstige Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO handelt. Dennoch erfolgt in der Praxis meist eine unmittelbare Zahlung aus der Masse ohne gerichtliches Festsetzungsverfahren.706) Sowohl für die Vergütung als auch für den Auslagenerstattungsanspruch ist 1349 im SKR-InsO vorgesehen das Konto SKR 03 InsO 2009

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7509

00

Vergütung Gläubigerausschuss

A

Dennoch hält der SKR-InsO auch noch das Sachkonto SKR 03 InsO 2010

1350

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7510

00

Vergütung Kassen- und Schlussrechnungsprüfer

A

___________ 705) Zimmer, ZInsO 2009, 1806. 706) Ausführlich hierzu Zimmer, InsVV, § 18 Rz. 40 ff.

421

L. Prüfung des Rechnungswesens

vor. Das Konto mag verwendet werden, ändert jedoch nichts an der rechtlichen Einordnung. 1351 Ist das Mitglied des Gläubigerausschusses Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, kann es auch die Umsatzsteuer aus der Rechnung des Sachverständigen als Auslagenersatz festsetzen lassen. Über die vom Gericht einschließlich Auslagenersatz festgesetzte Vergütung des Ausschussmitglieds hat das Mitglied dem Insolvenzverwalter eine Rechnung vorzulegen. Das Ausschussmitglied trifft dann eine Umsatzsteuerzahlast aus dieser Rechnung, der – soweit es den Auslagenersatz betrifft – ein gleichhoher Vorsteuererstattungsanspruch aus der Sachverständigenrechnung gegenübersteht. Für das Ausschussmitglied ist die Sachverständigenbeauftragung somit umsatzsteuerlich neutral. Die Insolvenzmasse hat nun aus der Rechnung des Ausschussmitglieds einen Vorsteuererstattungsanspruch, wobei unterstellt wird, dass der Schuldner ebenfalls Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist. Über den Umweg des Brutto-Auslagenerstattungsanspruchs des Ausschussmitglieds kommt der Insolvenzmasse zumindest wirtschaftlich auch der Vorsteuerabzug aus der Sachverständigenrechnung zugute.707) 1352 Ist das Mitglied des Gläubigerausschusses kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, kann es den Brutto-Betrag aus der Rechnung des Sachverständigen als Auslagenersatz festsetzen lassen. Für die Masse bestehen dann vordergründig kein Vorsteuerabzug und auch kein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil, da das Ausschussmitglied eben nicht berechtigt ist, eine Rechnung mit Ausweis von Umsatzsteuer zu erstellen. Jedoch sind neuere Entwicklungen zu beachten: 1353 Die vorstehenden Grundsätze wären auch dann zu berücksichtigen, wenn die Rechnung des Sachverständigen im abgekürzten Wege direkt aus der Masse bezahlt wird. An dem Hauptkonto ändert sich nichts. Vorsteuerabzugsberechtigung bestand bislang nur dann, wenn mindestens ein Ausschussmitglied selbst Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist. Nach neuerer Auffassung könnte jedoch stets eine Leistungsbeziehung zwischen Schuldner und Sachverständigem angenommen werden, sodass immer Vorsteuerabzugsberechtigung bestünde (wenn der Schuldner Unternehmer ist), wenn der Sachverständige von Mitgliedern des Gläubigerausschusses beauftragt wurde. Jedenfalls für den Fall, dass die Beauftragung des Sachverständigen im Namen der Mitglieder des Gläubigerausschusses durch den Insolvenzverwalter erfolgt (Regelfall in der Praxis), hat der BFH bereits die Vorsteuerabzugsberechtigung bejaht.708) c) Beauftragung für die Gläubigerversammlung 1354 Aus buchhalterischer Sicht ist bei einer sachverständigen Rechnungsprüfung auf Initiative der Gläubigerversammlung fraglich, ob das Honorar des Sachverständigen zu den Verfahrenskosten nach § 54 InsO oder zu den sonstigen ___________ 707) Zutreffend Schirmer, DStR 2012, 733, 737 f.; unpräzise evtl. Zimmer, ZInsO 2009, 1806. 708) BFH, Urt. v. 18.9.2019 – XI R 19/17, Rz. 28, ZRI 2020, 100; BFH, Urt. v. 21.4.2022 – V R 18/19, ZRI 2022, 779.

422

VI. Prüfung durch den Schuldner

Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gehört. Gegen eine Einordnung als Verfahrenskosten spricht, dass § 54 InsO diesen Sachverhalt – aber auch einige andere Vergütungsberechtigte – nicht erwähnt. Für eine entsprechende Einordnung spricht jedoch maßgeblich, dass § 79 Satz 2 InsO eine Delegation der Prüfung auf einen Sachverständigen vorsieht, was bei Vorhandensein eines Gläubigerausschusses zu Verfahrenskosten führen würde. Insoweit wird § 54 InsO teleologisch auf den vorgenannten Sachverhalt auszuweiten sein, obwohl die Gläubigerversammlung kein Rechtssubjekt ist und nun der Insolvenzverwalter bzw. die Masse Auftraggeber des Sachverständigen ist. Dies ist aus der Perspektive des Sachverständigen von Vorteil, wenn die Masse nach § 209 Abs. 1 InsO oder § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO zu verteilen ist; bei einer Einstufung als sonstige Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO wäre er hier inakzeptabel im Nachteil; der Rechnungsprüfer soll Sachverständiger und nicht Dienstleister sein. Der SKR-InsO sieht für einen solchen Fall das im Bereich der Verfahrens- 1355 kosten angesiedelte Konto SKR 03 InsO 2010

SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO ziffer 7510

00

Vergütung Kassen- und Schlussrechnungsprüfer

A

vor. Da Vertragspartner die Masse und der Sachverständige sind, besteht eine unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen beiden, sodass für die Masse Vorsteuerabzugsberechtigung aus der Rechnung des Sachverständigen besteht, wenn der Schuldner Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist. VI. Prüfung durch den Schuldner Das Prüfungsrecht des Schuldners wird kaum diskutiert, gleichwohl ist es e- 1356 xistent. Wie eingangs ausgeführt (ĺ Rz. 26 ff.), ergibt sich ein solches Recht schon aus §§ 666, 259 Abs. 1 BGB, da der Insolvenzverwalter Treuhänder des Schuldners ist. Der Schuldner könnte gemäß § 259 Abs. 2 BGB sogar verlangen, dass der Insolvenzverwalter die Richtigkeit seiner Rechnungslegung an Eides statt versichert. Dabei darf das Recht zur Prüfung der Buchführung allerdings nicht mit einem Anspruch auf zügige Verfahrensabwicklung verwechselt werden.709) ___________ 709) So aber OLG Koblenz, Beschl. v. 5.1.2015 – 3 W 616/14, ZIP 2015, 392, im irritierenden Leitsatz 2. Ausweislich der Entscheidungsgründe ging es in dem Rechtsstreit nur um die Frage, ob der Schuldner (natürliche Person) einen Anspruch auf zügige Abwicklung des eröffneten Verfahrens hat, um schnellstmöglich den Übergang in die Wohlverhaltensphase zu erreichen. Hintergrund war eine Erbschaft, die im eröffneten Verfahren wegen §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1 InsO vollständig in die Masse fiel, in der Wohlverhaltensphase wegen § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO a. F. aber nur hälftig an den Treuhänder herauszugeben gewesen wäre. Dies hat mit dem Anspruch auf Rechnungslegung nichts zu tun.

423

L. Prüfung des Rechnungswesens

1357 Unbestritten hat die Gläubigerversammlung ein Prüfungsrecht, wobei es hier jedoch nicht auf Stimmrechte, sondern lediglich auf eine Teilnahmeberechtigung ankommt. Eben jene Teilnahmeberechtigung hat auch der Schuldner (§ 74 Abs. 1 Satz 2 InsO). Folglich lässt sich das Prüfungsrecht des Schuldners auch aus dem Prüfungsrecht der Gläubigerversammlung ableiten. 1358 Die Legitimation des Prüfungsrechts ergibt sich ferner aus dem Vergütungsrecht, denn der Schuldner kann Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters einlegen (§ 64 Abs. 3 Satz 1 InsO). Dann muss er auch die Berechnungsgrundlage prüfen dürfen. 1359 Letztlich ließen sich im Zweifel das grundrechtsgleiche Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie der Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 GG) und das Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art. 19 Abs. 4 GG) anführen, denn es geht um die Verwertung und Verteilung des schuldnerischen Vermögens und eine Festsetzung der Vergütung zu Lasten des Schuldners.

424

M. Besonderheiten bei Verwalterwechsel Innerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens kann das Verwalteramt nur 1360 durch Tod, Entlassung oder Wahl eines neuen Insolvenzverwalters enden (§§ 56a Abs. 3 Satz 2, 57, 59 InsO). Im Fall des Todes richten sich alle nachgenannten Ansprüche gegen die Erben des Insolvenzverwalters (§ 1922 BGB). I. Massebegriff/Übernahme Geldbestände Der Massebegriff ist verwalterwechselspezifisch neu zu definieren, da der 1361 vormalige Verwalter i. d. R. schon Vermögenswerte des Schuldners in Geld liquidiert hat. Dieses Geld befindet sich – so sollte es jedenfalls sein – auf dem Sonderkonto des ehemaligen Verwalters. Da es sich insoweit immer noch um Vermögen des Schuldners handelt, diese Situation aber nicht vom herkömmlichen Massebegriff erfasst wird, lässt sich der Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den ehemaligen Verwalter als Neuerwerb verstehen, geltend zu machen vom neuen Insolvenzverwalter.710) Der Herausgabeanspruch stützt sich somit auf §§ 675, 667 BGB, §§ 35 Abs. 1 Alt. 2, 80 Abs. 1 InsO, der auch dann einschlägig ist, wenn sich körperliche Gegenstände des Schuldners im unmittelbaren Besitz des ehemaligen Verwalters bzw. seiner Erben befinden. Kommt es zu einer Zahlung des ehemaligen Verwalters auf ein Sonderkonto 1362 des neuen Verwalters, sind entsprechende Sachkonten zu suchen: Für den neuen Insolvenzverwalter lässt sich aus dem SKR-InsO folgendes 1363 Konto für die Einnahme verwenden: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 8005

4005

xx

Kassenbestands- und Guthabenübernahme

E

Für den ehemaligen Verwalter, der bis zur Null-Stellung seines Sonderkon- 1364 tos Rechnung zu legen hat, kommt folgendes Konto des SKR-InsO in Betracht: SKR 03 SKR 04 StrukturKontobezeichnung InsO InsO ziffer 2080

7580

00

Überschussherausgabe gemäß § 199 InsO

A

Zwar handelt es sich nicht um einen Überschuss i. S. d. § 199 InsO, jedoch 1365 scheint es das Konto mit der größten Sachnähe aus dem Standardisierten Kontenplan zu sein, das im Zweifel umbenannt werden kann. ___________ 710) Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 277 ff.

425

M. Besonderheiten bei Verwalterwechsel

II. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) 1366 Da das Masseverzeichnis Bestandteil der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung ist, hat der neue Insolvenzverwalter in jedem Fall ein eigenes Masseverzeichnis zu erstellen. Zeitlicher Bezugspunkt für die Aufstellung eines eigenen Masseverzeichnisses ist allerdings nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern der Verwalterwechsel. Insoweit kann für einen Herausgabe, Zahlungs- oder Schadenersatzanspruch (§§ 60 Abs. 1, 61, 92 Satz 2 InsO) gegen den ehemaligen Verwalter eine neue Vermögensposition gebildet werden. Im Übrigen kann vollständig auf Kap. B. II. verwiesen werden. Zwar hat auch der ehemalige Insolvenzverwalter die Pflicht zur Vorlage einer ordnungsmäßigen Schlussrechnung i. S. d. § 66 Abs. 1 InsO, zu der auch ein fortgeschriebenes Masseverzeichnis oder wenigstens ein Schlussbericht mit einer Darstellung des Schicksals der bislang dokumentierten Vermögenswerte gehört; jedoch zeigt die Praxis der Fälle des Verwalterwechsels, dass dies gar nicht, nicht ausreichend qualifiziert oder nicht zeitnah erfolgt. Der neue Verwalter muss für die Erstellung seines Masseverzeichnisses nahezu bei null anfangen. Er hat die gesamte Gerichtsakte auf mögliche Vermögenswerte hin zu durchforsten, er hat sämtliche schuldnerischen Unterlagen – sofern erreichbar – auszuwerten und Auskünfte bei den entsprechend Verpflichteten einzuholen. Folglich hat der neue Insolvenzverwalter – je nach Verfahrensstand und -umständen – auch eine Inventur durchzuführen. All dies ergibt sich im Ergebnis auch aus § 58 InsO, denn zu Beginn des Verwalteramts muss stets die Ausgangslage dokumentiert werden, um eine weitere Überwachung durch das Insolvenzgericht zu ermöglichen. Daraus kann generell abgeleitet werden: 1367

Merke: Bei jedem Wechsel in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist vom neuen Verwaltungs- und Verfügungsbefugten ein eigenständiges Masseverzeichnis zu erstellen, das auf einer eigenen Bestandsaufnahme basiert.

1368 Hatte der Amtsvorgänger entgegen §§ 151 ff. InsO noch keine Verzeichnisse vorgelegt, kann ein Masseverzeichnis als Bestandteil der Rechnungslegung des vormaligen Verwalters als Auskunftsanspruch vom amtierenden Insolvenzverwalter gegen den Amtsvorgänger klageweise eingefordert werden; Anspruchsgrundlage ist §§ 666, 259 BGB, §§ 151 ff., 35 Abs. 1 Alt. 2, 80 Abs. 1 InsO. Denn auch insoweit handelt es sich um einen Auskunftsanspruch des Schuldners gegen den ausgeschiedenen Verwalter, der als Neuerwerb unter §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1 InsO fällt. Ein eingewechselter Insolvenzverwalter hat stets alle Maßnahmen seines Amtsvorgängers zu prüfen, um nicht selbst regresspflichtig zu werden. Dies ist nur dann möglich, wenn ihm auch entsprechende Auskunfts- und Herausgaberechte an die Hand gegeben werden. Der BGH spricht insoweit von Amtshilfe des Amtsvorgän-

426

II. Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO)

gers,711) was in Konfliktsituationen jedoch keine hinreichende Anspruchsgrundlage darstellt. Erfolgt der Verwalterwechsel nach dem Berichtstermin, scheint die Erstel- 1369 lung eines neuen Gläubigerverzeichnisses entbehrlich zu sein. Jedenfalls die Informationsfunktion in der Gläubigerversammlung ist dann zeitlich überholt. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist ohnehin nur noch maßgeblich, was die Insolvenzgläubiger zur Insolvenztabelle anmelden. Bei dieser Betrachtung ist jedoch Vorsicht geboten. Da ein eingewechselter Insolvenzverwalter stets alle Maßnahmen seines Amtsvorgängers zu prüfen hat, sollte er i. S. d. § 152 Abs. 1 InsO prüfen, ob alle Gläubiger, die ihm aus den Büchern und Geschäftspapieren des Schuldners, durch sonstige Angaben des Schuldners, durch die Anmeldung ihrer Forderungen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, in dem vom Amtsvorgänger erstellten Gläubigerverzeichnis enthalten sind. Ggf. müssen Ergänzungen erfolgen, ggf. müssen noch Gläubiger über das Insolvenzverfahren informiert werden. Stichtag ist hier selbstverständlich die Verfahrenseröffnung, nicht der Verwalterwechsel. Auch das Thema Aus- und Absonderungsrechte muss neu angegangen werden, ferner ergeben sich aus eingereichten Dokumenten der Gläubiger evtl. auch anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche. Es müssen insoweit auch die Tabellenbände der Gerichtsakte durchgesehen werden, falls die Unterlagen des ehemaligen Verwalters nicht von hinreichender Sorgfalt sind. Insoweit ist auch hier anzuraten, quasi bei null anzufangen. Da im Gläubigerverzeichnis die Masseverbindlichkeiten nur geschätzt wer- 1370 den und auch dies nur selten wirklich belastbar ist, stellt sich die noch wichtigere Frage, wie der neue Amtsinhaber an die Information über bestehende Masseverbindlichkeiten kommt. Selbstverständlich kann und muss der neue Insolvenzverwalter hier eigene Ermittlungen anstellen. Sofern bereits vom Amtsvorgänger Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde, die auch für den neuen Insolvenzverwalter hinsichtlich der Befriedigungsreihenfolge des § 209 Abs. 1 InsO bindend ist,712) ergeben sich Hinweise aus der Gerichtsakte, da den zu diesem Zeitpunkt bekannten Massegläubigern die Anzeige individuell zuzustellen war (§ 208 Abs. 2 Satz 2 InsO). Ungeachtet dessen sollte auch hier ein Auskunftsanspruch des amtierenden Verwalters gegen den Amtsvorgänger aus §§ 666, 259 BGB, §§ 208, 35 Abs. 1 Alt. 2, 80 Abs. 1 InsO hergeleitet werden können. Da die Vermögensübersicht nach § 153 InsO keinen eigenständigen Inhalt 1371 hat, sondern nur Masseverzeichnis und Gläubigerverzeichnis gegenüberstellt, bedarf es hier keiner weiteren Vertiefung. Sind im Fall des § 57 InsO außer dem Tagesordnungspunkt Verwalterwahl 1372 alle weiteren Tagesordnungspunkte im Berichtstermin vertagt worden, gilt ___________ 711) BGH, Urt. v. 4.12.2003 – IX ZR 222/02, NZI 2004, 209. 712) Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 335 ff.

427

M. Besonderheiten bei Verwalterwechsel

die Niederlegungsfrist des § 154 InsO für den neuen Verwalter unmittelbar, sodass er die nun selbst zu erstellenden Verzeichnisse spätestens eine Woche vor dem vertagten Berichtstermin auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niederzulegen hat.713) Selbiges gilt, wenn es vor dem Berichtstermin zu einem Verwalterwechsel gekommen ist, sei es durch eine obligatorische Gläubigerversammlung i. S. d. §§ 57, 75 InsO, sei es nach Entlassung (§ 59 InsO) oder Versterben des Amtsvorgängers; ein Verwalterwechsel nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO zählt ebenfalls hierzu. Hat der Berichtstermin jedoch bereits abschließend stattgefunden, fehlt eine Regelung für einen Stichtag zur Vorlage der neuen Verzeichnisse. Nach dem Tod oder der Entlassung eines Insolvenzverwalters ist zwangsläufig ein neuer Insolvenzverwalter zu bestellen. Da dieser nicht von der Gläubigerversammlung legitimiert ist, entspricht es zwar einhelliger Ansicht, dass hier der Anwendungsbereich des § 57 InsO (erneut) eröffnet ist; dass aber auch eine obligatorische Gläubigerversammlung mit diesem Tagesordnungspunkt anzuberaumen ist, wird selten diskutiert und noch weniger praktiziert, ist aber zu bejahen.714) Dann ist § 154 InsO analog auf diese Gläubigerversammlung zu beziehen, d. h. die Verzeichnisse des neuen Verwalters sind spätestens eine Woche vor einer (obligatorischen) Gläubigerversammlung nach dem Verwalterwechsel auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niederzulegen. 1373 Selbiges gilt, wenn es im oder nach dem Berichtstermin zur Aufhebung einer Eigenverwaltung unter Bestellung eines Insolvenzverwalters kommt oder umgekehrt aufgrund nachträglicher Anordnung der Eigenverwaltung ein Sachwalter bestellt wird. Sofern allerdings Personenidentität der Amtsträger besteht, dürfte all dies von geringer Bedeutung sein. III. Schlussrechnung des Amtsvorgängers 1374

Merke: Grundsätzlich hat der ehemalige Insolvenzverwalter alle Geschäftsvorfälle bis zur Auflösung seines Sonderkontos zu buchen und eine Schlussrechnung zu erstellen, da § 66 Abs. 1 InsO nicht auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens abstellt, sondern auf die Beendigung des Verwalteramts.

1375 Wird eine solche Schlussrechnung nicht freiwillig erstellt, muss überlegt werden, wer welchen einklagbaren Rechtsanspruch hat. Da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (bzw. die Anordnung der „starken“ vorläufigen Verwaltung) ein gesetzliches, prozessuales Auftragsverhältnis zwischen Schuldner und Insolvenzverwalter begründet, hat der Schuldner bei Amtsbeendigung des Insolvenzverwalters einen Herausgabeanspruch analog §§ 675, 667 BGB gegen den ausgeschiedenen Verwalter. Dieser Anspruch, ergänzt um den ___________ 713) Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 326 ff. 714) Zimmer, Haftung des eingewechselten Insolvenzverwalters, S. 128 ff., 138.

428

III. Schlussrechnung des Amtsvorgängers

Auskunftsanspruch nach §§ 666, 259 Abs. 1 BGB stellt – da das Insolvenzverfahren durch den Verwalterwechsel nicht beendet oder unterbrochen wird – einen Gegenstand der Insolvenzmasse dar (Neuerwerb, § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO), wegen der Beschlagnahmewirkung des § 80 Abs. 1 InsO geltend zu machen vom amtierenden Insolvenzverwalter. Betroffen sind die Handakten des ausgeschiedenen Insolvenzverwalters sowie eine vollständige Buchführung nebst Schlussrechnung und Belegen. 1376

Merke: Anspruchsgrundlage für den amtierenden Insolvenzverwalter gegen den Amtsvorgänger (oder dessen Erben) auf Erteilung einer Schlussrechnung ist die Normenkette §§ 80 Abs. 1, 35 InsO, §§ 675, 666, 259 BGB.715)

___________ 715) Zimmer, ZInsO 2010, 2203. Der BGH hat dies zwar für den Anwendungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung verneint, BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 243/09, ZInsO 2010, 2134. Allerdings gab es im dortigen Anwendungsbereich auch keinen Neuerwerb. Dass ausschließlich das Insolvenzgericht über § 58 InsO zur Einforderung einer Schlussrechnung befugt sein soll, ist abzulehnen.

429

Stichwortverzeichnis Abfindung – Absonderung 376, 896 – Aussonderung 896 – SKR-InsO 896 Absonderung – Abfindung 376, 896 – Auskehrung 881 – Buchungstechnik 888 – Definition 78 – Gläubigerverzeichnis 146 – Kontenrahmen 339 – Kostenbeiträge 339 – Masseverzeichnis 77 – Umsatzsteuer 957 Amerikanisches Journal – Definition 284 Anderkonto – Bereicherung, ungerechtfertigte 631 – Geldkonto 466 Anfechtung – SKR-InsO 644 Anschaffungen – SKR-InsO 796 Archivierung – Kosten 775 Aufrechnung – Buchführung 461 – Gläubigerverzeichnis 156 – Masseunzulänglichkeit 1257 – Masseverzeichnis 82 Aufsicht, gerichtliche – Anwendungsbereich 2 Ausproduktion – Vergütungsrecht 331 Aussonderung – Abfindung 896 – Definition 80 – Gläubigerverzeichnis 159 – Masseverzeichnis 79

Beleg – Beweisfunktion 298

– GoB/GoBD 298 – Inhalt 302 – Kontierung 299 – Nummerierung 300 – Sicherung 300 – Zuordnung 301 Bereicherung, ungerechtfertigte – Anderkonto 631 – Ermächtigungstreuhandkonto 634 – Kürzung 636 – Rückzahlung 635 – SKR-InsO 627, 856 – Vergütungsrecht 629 – Vollrechtstreuhandkonto 632 Beteiligte – Finanzamt 35 – Gläubigerausschuss 16 – Gläubigerversammlung 12 – Insolvenzgericht 2 – Insolvenzgläubiger 7 – Insolvenzverwalter 31 – Massegläubiger 20 – Schuldner 26 Betriebsfortführung – Ausproduktion 331 – Interimsmanagement 773 – Kontenrahmen 323 – Lohnkosten 681 – Mieteinnahmen 719 – Strukturziffern 551 – Umsatzsteuer 587 – Unternehmerlohn 332 Betriebsvermögen – Gläubigerverzeichnis 141 – Kontenrahmen 387 – Masseverzeichnis 115 – Mieteinnahmen 719 – Verwertung 740 – Vorsteuerabzug 1014 Bilanz – Aktiva 262 – Passiva 264 431

Stichwortverzeichnis

Buchungstext – Anforderungen 294

Doppelte Buchführung – – – – – – –

Amerikanisches Journal 284 Definition 259 Gesamtbuch 292 Grundbuch 292 Hauptbuch 292 Insolvenzbezug 278 Nachvollziehbarkeit 294

Eigenverwaltung – – – – – – – – – – – – –

Aufhebung 131 Aufsicht, gerichtliche 2 Gläubigerverzeichnis 191 Inventur 120 Kassenführung 41 Massearmut 1270 Massetabelle 1270 Masseunzulänglichkeit 1270 Masseverzeichnis 121 Rechnungslegung 37, 575 Rechnungsprüfung 38 Sachwalter 42 Umsatzsteuer 1075, 1079, 1184 – Vermögensübersicht 209 – Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) 216 – vorläufige 39 – Vorsteuer 1079, 1184 Eigenverwaltung, nachträgliche – Inventur 126 – Masseverzeichnis 126 – Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) 218 Einkommen – fiktives (Freigabe) 433 – nach RSB 436 – SKR-InsO 601 Einnahmen-Ausgaben-Rechnung – Chronologie 1213 – Gliederung 1214, 1221 – Grundverständnis 251

432

– Journal 1212 – Schlussrechnung 1211; siehe auch Schlussrechnung – Summen- und Saldenliste 1209 Einzelaufzeichnungspflicht – GoB/GoBD 293 Einzelermächtigung – Definition 471 – Gläubigerverzeichnis 179 Ertragsteuern – SKR-InsO 919

Forderungseinzug – Erlösschmälerung 713 – SKR-InsO 706 – Zession 710 Fortführungswerte – Definition 95

Geldkonten – Anderkonto 466 – Beispiele 505 – Insolvenzgeldvorfinanzierung 497 – Insolvenzsonderkonto 467 – Interimskonten 485 – Kasse 465 – Kontenrahmen 465 – schuldnerische 479 – Treuhandkontenmodell 472 – Treuhandkonto 467 Gerichtskosten (§ 54 InsO) – Gegenstandswert 325 – SKR-InsO 867 Gerichtskosten (§ 55 InsO) – SKR-InsO 821 Geschäftsvorfälle – Abgeltungsteuer 921 – Abraumbeseitigung 851 – Abschlagsverteilung 911 – Absonderung 881 – Akteneinlagerung 775 – Anfechtung 644 – Anschaffungen 795 – Anspruchsübergang 763

Stichwortverzeichnis

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Aufrechnungslagen 461 Aufwendungen, sonstige 765 Ausgangsfrachten 806 Auskünfte 825 Bankgebühren 849 Bankguthaben 595 Bausparguthaben 595 Beiträge 790 Beleg 298 Bereicherung, ungerechtfertigte 627 Betriebsbedarf 843 Bonitätsauskünfte 825 Buchführung, Kosten 835 Bürobedarf 806 Darlehen 651 Delikt 661 Differenzlohn 762 Einkommen 601 Einkommensteuer 923 Einnahmen, sonstige 614 Einnahmen, ungeklärt 593 Einnahmen, Wohlverhaltensphase 622 Einzelaufzeichnungspflicht 293 Energielieferung 780 Entstehungszeitpunkt 443 Erlösschmälerung 713 Fahrzeugkosten 802 Forderungseinzug 706 Fremdleistungen 767 Gebühren, sonstige 765 Gerichtskosten (§ 54 InsO) 867 Gerichtskosten (§ 55 InsO) 821 Gerichtsvollzieherkosten 825 Geschäftsführerhaftung 654 Gesellschafterhaftung 654 Gewerbesteuer 919 Grundsteuer 929 Grundstücksaufwendungen 780

– Insolvenzgeldvorfinanzierung 497 – Insolvenzplanzuschuss 697 – Instandhaltung 793 – Interimsmanagement 773 – Inventarisierung 771 – Investitionszulage 746 – Jahresabschlüsse, Kosten 831 – Kapitalertragsteuer 921 – Kassenguthaben 595 – Kfz-Steuer 919 – Kontoführungsgebühren 849 – Körperschaftsteuer 922 – Kostenbeiträge 665 – Kostenerstattung 637 – Kostenfestsetzungsbeschlüsse 826 – Kursdifferenzen 852 – Leasing 797 – Lebensversicherung 611 – Lohnbuchführung 840 – Lohnkosten 753 – Massedarlehen 702 – Mietausgaben 780 – Mieteinnahmen 716 – Mietkauf 799 – Mietleasing 795 – Motivationsrabatt 915 – Nachfolgegesellschaft 617, 785 – Nachlassinsolvenz 844 – Nachvollziehbarkeit 294 – Nebenkosten Geldverkehr 849 – Porto 806 – Raumkosten 780 – Rechts- und Beratungskosten 808 – Reinigung 780 – Reisekosten 804 – Reparaturen 793 – Richtigkeit 295 – Schlussrechnungsprüfung 1345 – Schlussverteilung 911 – Solidaritätszuschlag 919 – Sozialplan 916

433

Stichwortverzeichnis

– Stammkapital 655 – Steuern, sonstige 930 – Telekommunikationskosten 806 – Transfergesellschaft 777 – Umsatzsteuer 583 – Unterhalt 907 – Unternehmensberatung 774 – Unternehmerlohn 907 – Verfahrensabschnitte 451 – Verfahrenskostenvorschuss 694 – Vergütung Gläubigerausschuss 875 – Vergütung Insolvenzverwalter 870 – Vergütung Sachverständiger 869 – Vergütung Sachwalter 873 – Vergütung Schlussrechnungsprüfer 876 – Vergütung Treuhänder 874 – Versicherungsleistungen 737 – Versicherungsprämien 735, 790 – Verwertungserlöse 739 – Verwertungskosten 772 – Verzugszinsen 860 – Vorsteuern 583 – Warenabgabe, Kosten 806 – Wareneingang 749 – Wartungskosten 793 – Werbekosten 804 – Zinsabschlagsteuer 921 – Zinsaufwand 863 – Zinserträge 860 – Zustellungskosten 868 – Zwangsverwaltung, kalte 726 Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) – Gesamtkostenverfahren 271 – Umsatzkostenverfahren 273 Gläubigerausschuss – Aufgaben 16 – einstweiliger 19

434

– Haftpflichtversicherung 792, 1319 – Haftung 431 – Schlussrechnung 17 – Schlussrechnungsprüfung 1306 – Vergütung 1317 – vorläufiger 18 Gläubigerversammlung – Aufgaben 13 – Schlussrechnung 12 – Schlussrechnungsprüfung 1321 Gläubigerverzeichnis – Absonderungsgläubiger 146 – Aufrechnungslagen 156 – Aussonderungsgläubiger 159 – Betriebsvermögen 141 – Definition 135 – Eigenverwaltung 191 – Einreichung 211 – Einzelermächtigung 179 – Fortschreibung 227 – Gliederung 189 – Insolvenzgläubiger 137 – Insolvenzgläubiger, nachrangige 154 – Masseunzulänglichkeit 197 – Masseverbindlichkeiten 168 – Masseverzeichnis 163 – Privatvermögen 141 – schriftliches Verfahren 213 – Schuldner 139 – Stichtag 144 – Treuhandkontenmodell 182 – Verbraucherinsolvenz 214 – Verwalterwechsel 1369 – Vollständigkeit 137 Globalzession – Auskehrung 881 – Einnahmen 710 – Umsatzsteuer 968 GoB/GoBD – Belegerfordernis 298 – Beweiskraft 304

Stichwortverzeichnis

– Definition 287 – Einzelaufzeichnungspflicht 293 – GDPdU 289 – Gesamtbuch 292 – GoB 287 – GoBD 290 – GoBIT 289 – GoBS 289 – Grundbuch 292 – Hauptbuch 292 – Kontenfunktion 291 – Kontenrahmen 291 – Kontierung 299 – Nachvollziehbarkeit 294 – Radierbuchungen 305 – Richtigkeit 295 – Saldierungsverbot 303 – Übersichtlichkeit 265 – Vollständigkeit 293 – zeitgerecht 297 GOI – Grundsätze ordnungsmäßiger Insolvenzverwaltung – Anforderungen 50

Haftpflichtversicherung – Gläubigerausschuss 792 – Insolvenzverwalter 792

IDW – Rechnungslegungshinweise 46 Insolvenzgeldvorfinanzierung – Definition 497 – Geldkonten 497 – SKR-InsO 758 Insolvenzgericht – Aufsicht 2 – Gerichtskosten (§ 54 InsO) 325 – Schlussrechnung 5 – Schlussrechnungsprüfung 1297 Insolvenzgläubiger – Arten 184

– Definition 7 – Einteilung 10 – Gläubigerverzeichnis 137 – Mitwirkungsrechte 9 – Partei 142 Insolvenzgläubiger, nachrangige – Gläubigerverzeichnis 154 Insolvenzplan – Kredit (§ 264 InsO) 1288 – Planüberwachung 1286 – Schlussrechnung 1275 – Schlussrechnung, Verzicht 1278 – SKR-InsO 1282 – Treuhand 1285 – Zuschüsse Dritter 396, 697 Insolvenzsonderkonto – Definition 467 Insolvenzverschleppungshaftung – Sondermassen 422 Insolvenzverwalter – Geschäftsführung 31 – Rechnungslegung 31 – Verwalterwechsel 1360 Interimskonten – durchlaufende Posten 487 – Geldtransit 485 – Kartenzahlung 493 – PayPal 493 – Saldenvorträge 503 Inventur – Antragsverfahren 117 – Delegierbarkeit 87 – Eigenverwaltung 120 – Eigenverwaltung, nachträgliche 126 – Einzelerfassung 68 – Fortführungswerte 95 – Kosten 771 – Masseverzeichnis 62, 67 – Schuldner 88 – Stichprobeninventur 86 – Stichtagsinventur 85 – Verwalterwechsel 1366 – Vollständigkeit 69

435

Stichwortverzeichnis

– Zeitpunkt 83 – Zerschlagungswerte 91

Kartenzahlung – Interimskonto 493 Kasse – Geldkonto 465 – Kartenzahlung 493 – Kassenbuch 465 – Zählbericht 465 Kassenbuch – Aufbau 251 – Beweiskraft 465 – BGB-Verständnis 251 – Kasse 465 – Sprachgebrauch 258 Kontenrahmen – Absonderung 339 – Abwicklung 323 – Ausproduktion 331 – Betriebsfortführung 323 – Betriebsvermögen 387 – DATEV 315 – Geldkonten 465 – Gemeinschaftskontenrahmen 315 – Industriekontenrahmen 315 – insolvenzspezifisch 317 – Kostenbeiträge 339 – Privatvermögen 387 – SKR-InsO 519 – Sondermassen 388 – Sowieso-Kosten 328 – Standardkontenrahmen 315 – Unterhalt 332 Kontierung – Beleg 299 Kostenbeiträge – Absonderung 339 – Antragsverfahren 364, 992 – Bemessungsgrundlage 352, 964 – Buchungstechnik 888 – Einbehalt 348 – gesetzliche 339 – Kontenrahmen 339

436

– SKR-InsO 665 – Umsatzsteuer 965 – vereinbart 356, 991 – Zwangsverwaltung, kalte 727 Kreditkarte – Interimskonto 493

Lohnkosten – Insolvenzgeldvorfinanzierung 758 – SKR-InsO 753

Massearmut – Massetabelle 1266 – Nachtragsverteilung 1269 Massedarlehen – SKR-InsO 702 Massegläubiger – Einteilung 23 – Gläubigerversammlung 21 – Informationsanspruch 20 Massetabelle – Aufbau 1250 – Eigenverwaltung 1270 – Massearmut 1266 – Masseunzulänglichkeit 1250 – Schlussverzeichnis 1269 Masseunzulänglichkeit – Aufrechnungsverbot 1257 – Beseitigung 1260 – Definition 1247 – drohende 1265 – Eigenverwaltung 1270 – erneute 1259 – Feststellungsklage 1257 – Gläubigerverzeichnis 197 – Massetabelle 1250 – Nachtragsverteilung 1269 – Rechnungslegung 1262 – SKR-InsO 565 – Sozialplan 916 – Umsatzsteuer 586 – Verjährung 1258 – Verwalterwechsel 1370 – Vollstreckungsverbot 1257

Stichwortverzeichnis

– wiederholte 1261 – Zahlungsverkehr 1256 – Zurückbehaltungsrecht 1257 Masseverbindlichkeiten – Arten 184 – Gläubigerverzeichnis 168 Masseverzeichnis – Absonderungsgut 77 – Aufrechnungslagen 82 – Aussonderungsgut 79 – Betriebsvermögen 115 – Definition 60 – Eigenverwaltung 121 – Eigenverwaltung, nachträgliche 126 – Einreichung 211 – Einzelfragen 106 – Fortführungswerte 95 – Fortschreibung 226, 230 – Gläubigerverzeichnis 163 – Gliederung 111 – Inventur 62 – Neuerwerb 72, 801 – Privatvermögen 115 – Rechnungslegung 56 – Rohvermögensrechnung 65 – Sachverständiger 116 – schriftliches Verfahren 213 – Sondermassen 115 – Stichtag 83 – Verbraucherinsolvenz 214 – Verwalterwechsel 1366 – Verzicht 133 – Vollständigkeit 69 – Zerschlagungswerte 91 Mehrvergütung – Definition 339 Mieteinnahmen – Betriebsfortführung 719 – Mietkaution 399 – SKR-InsO 716 – Zwangsverwaltung, kalte 726 Mietkaution – Sondermassen 399

Nachfolgegesellschaft – SKR-InsO 617, 785 Nachlassinsolvenz – SKR-InsO 844 Nachtragsverteilung – Massearmut 1269 – Masseunzulänglichkeit 1269 Neuerwerb – Anschaffungen 796 – Masseverzeichnis 72 Niederlegungsfrist (§ 154) – Eigenverwaltung 216 – Regelfall 211 – schriftliches Verfahren 213 – Verbraucherinsolvenz 214 – Verwalterwechsel 1372

PayPal – Interimskonto 493 Personalaufwand – Lohnbuchführung 840 – SKR-InsO 753 – Sozialplan 916 Personengesellschaft – Haftung 409 Privatvermögen – Gläubigerverzeichnis 141 – Kontenrahmen 387 – Masseverzeichnis 115 – Mieteinnahmen 719 – Verwertung 744 – Vorsteuerabzug 1016

Radierbuchungen – GOI (VID) 310 – HGB 305 Rechnungslegung – Amerikanisches Journal 284 – Anspruchsgrundlage 26 – Berufsauffassungen 44 – Beweiskraft 304 – brutto/netto 319 – Buchungstext 294

437

Stichwortverzeichnis

– Eigenverwaltung 37, 42, 575 – Einnahmen-AusgabenRechnung 251, 1209 – Einzelaufzeichnungspflicht 293 – externe 53 – Finanzamt 35 – Funktionen 54 – IDW 46 – Insolvenzplan 1274 – interne 53 – Kassenbuch 251 – Kontrollwesen, intern 1290 – Masseunzulänglichkeit 1262 – Masseverzeichnis 56 – Nachvollziehbarkeit 294 – Ordnungsmäßigkeit 31 – Qualität 32 – Revision, intern 1295 – Richtigkeit 295 – Sachwalter 42, 575 – Summen- und Saldenliste 1209 – Verwalterwechsel 1360 – Vollständigkeit 293 – ZEFIS 48 Rechts- und Beratungskosten – Erstattung 637 – SKR-InsO 808 – Vergütungsrecht 812 Revision – Definition 1296

Sachkonten – Staffelkonten 268, 276 – T-Konten 266, 274 Sachwalter – Kassenführung 41 – Rechnungslegung 42, 575 Saldenvorträge – Interimskonten 503 Saldierung – Gebot (InsVV) 303 – Verbot (HGB) 303

438

Schlussrechnung – Adressat 5, 12 – Amtsvorgänger 1374 – Berechnungsgrundlage 33 – Eigenverwaltung 37 – Fortschreibung 1243 – Gerichtskosten (§ 54 InsO) 325 – Gläubigerausschuss 17 – Gliederung 1221 – Insolvenzplan 1275 – Sachwalter 42 – Schlussbericht 1232 – Schlussbilanz 1237 – Standardisiert 1239 – Verfahrensabschnitte 451 – Verwalter, vorläufiger 1223 – Verwalterwechsel 1374 – Zwischenrechnung 1229 Schlussrechnungsprüfung – Eigenverwaltung 38 – Gläubigerausschuss 17, 1306 – Gläubigerversammlung 1321 – Insolvenzgericht 5, 1297 – Prüfungsvermerk Gericht 1304 – Prüfungsvermerk Gläubigerausschuss 1314 – Sachverständige 1326 – Schuldner 1356 Schlussverzeichnis – Massetabelle 1269 Schuldner – Beteiligter 26 – Gläubigerverzeichnis 139 – Inventur 87 – Schlussrechnungsprüfung 1356 – Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) 206 SKR-InsO – Entwicklung 519 – Fachausschuss 525 – Gesetzesvorschlag 529 – Grundkonzept 531

Stichwortverzeichnis

– Sondermassen 578 – Strukturziffern 551 – Synopse 03/04 540 – ZEFIS 48 Sondermassen – Bedeutung 437 – Einkommen nach RSB 436 – Gläubigerausschuss, Haftung 431 – Insolvenzplanzuschüsse 396 – Insolvenzverschleppungshaftung 422 – Kontenrahmen 388 – Masseverzeichnis 115 – Mietkaution 399 – Personengesellschaft 409 – Saldo 442 – SKR-InsO 578 – Verfahrenskostenvorschuss 391 – Vermögensvermischungshaftung 420 – Verwalterhaftung 428 – WEG-Verwaltung 405 Sowieso-Kosten – Definition 328 – Ertragsteuern 330 – Umsatzsteuer 330 Strukturziffern – Bedeutung 00 553 – Bedeutung 01 554 – Bedeutung 10 558 – Bedeutung 20 558 – Bedeutung 30 563 – Bedeutung 40 565 – Bedeutung 50 563 – Bedeutung 60 565 – Bedeutung 70 573 – Bedeutung 80 575 – Bedeutung 90 577 – Summen- und Saldenliste 580 – Übersicht 551, 571 Summen- und Saldenliste – Auswertungsaufbau 1214 – Gliederung 1221

– Herleitung 507 – mit Strukturziffern 580 – Teilergebnisse 511

Transfergesellschaft – SKR-InsO 777 Treuhandkontenmodell – Definition 472 – Gläubigerverzeichnis 182 Treuhandkonto – Bereicherung, ungerechtfertigte 632 – Definition 467

Umsatzsteuer – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Anwendungserlass 938 Bemessungsgrundlage 1004 Berichtigung § 14c UStG 1036 Berichtigung § 17 UStG 1019, 1039 Bescheid 1191 Besteuerungsverfahren 1187 Betriebsfortführung 587 BMF-Schreiben 938 Dauerfristverlängerung 1197 Eigenverwaltung 1075, 1184 Entstehungszeitpunkt Insolvenzrecht 1038 Entstehungszeitpunkt Steuerrecht 1006 Erfüllungswahlrecht 1026 Festsetzungsverjährung 1198 Geschäftsveräußerung im Ganzen 953 Insolvenzforderungen 1206 Ist-Besteuerung 1008 Kalenderjahr 1192 Kleinunternehmer 1201 Kostenbeiträge 965 Masseunzulänglichkeit 586 Masseverbindlichkeiten 1207 Pflichten 935 Prüfungsschema 939 Rumpfwirtschaftsjahr 1192 Sicherungsgut 957

439

Stichwortverzeichnis

– – – – – –

SKR-InsO 583 Soll-Besteuerung 1007 Sowieso-Kosten 330 steuerbarer Vorgang 951 Steuerbefreiung 996 Steuererhebungsverfahren 1203 – Steuererklärung 936 – Steuerermittlungsverfahren 1188 – Steuerfestsetzungsverfahren 1189 – Steuerpflichtiger 935 – Steuersatz 999 – Unternehmereigenschaft 939 – Vergütung Gläubigerausschuss 1318 – Voranmeldung 936 – Voranmeldungen 1194 – Vorsteuerabzug 1009 – Zwangssaldierung 1010 – Zwangsverwaltung, kalte 987 Unterhalt – Definition 332 – SKR-InsO 907 – Unternehmerlohn 332 Unternehmerlohn – Betriebsfortführung 332 – SKR-InsO 907

Verfahrenskosten – SKR-InsO 865 Verfahrenskostenvorschuss – SKR-InsO 694 – Sondermassen 391 Vermögensübersicht – Definition 198 – Eigenverwaltung 209 – Einreichung 211 – Fortschreibung 228 – schriftliches Verfahren 213 – Verbraucherinsolvenz 214 – Verwalterwechsel 1371 Verrechnungskonten – Definition 492

440

Verwalterwechsel – Anlässe 1360 – Gläubigerverzeichnis 1369 – Herausgabeanspruch 1361 – Inventur 1366 – Massebegriff 1361 – Masseunzulänglichkeit 1370 – Masseverbindlichkeiten 1370 – Masseverzeichnis 1366 – Niederlegungsfrist (§ 154) 1372 – Schlussrechnung 1374 – SKR-InsO 1363 – Vermögensübersicht 1371 Verwertung – Absonderungsgut 743 – Betriebsvermögen 740 – Kosten 772 – Privatvermögen 744 – SKR-InsO 739 Verzeichnisse (§§ 151 ff. InsO) – Bedeutung 56 – Eigenverwaltung 216 – Eigenverwaltung, nachträgliche 218 – Einreichung 211 – Fortschreibung 221 – Gläubigerverzeichnis 135 – Masseverzeichnis 60 – schriftliches Verfahren 213 – Schuldner 206 – Verbraucherinsolvenz 214 – Vermögensübersicht 198 Vorsteuer – Abzugsberechtigung 1009 – Abzugsverbot 1012 – Anfechtung 1031 – Berichtigung § 15a UStG 1033 – Berichtigung § 17 UStG 1019, 1055 – Eigenverwaltung 1075, 1184 – Entstehungszeitpunkt Insolvenzrecht 1038 – Erfüllungswahlrecht 1026 – Rechnung 1017

Stichwortverzeichnis

– SKR-InsO 583 – Zwangssaldierung 1010

Zerschlagungswerte – Definition 92 Zuschüsse – Insolvenzplan 700 – Restschuldbefreiung 702 – Verfahrenskosten 391

Zwangsverwaltung – echte 725 – kalte 726 – Umsatzsteuer 987 Zwischenrechnungslegung – Eigenverwaltung 40 – förmliche 12, 17 – Gliederung 1215

441